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Arbeitsbedingungen und Verdienst des Scharfrichters und Abdeckers zu Bentschen / Zbąszyń im Jahr 1760

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Torhaus der früheren Burg zu Bentschen / Aufnahme PM

Vertrag 1), aufgezeichnet im Jahr 1760 von dem Bürgermeister- und dem Woytamte für den

Bentschener Scharfrichter

Casimir Gundermann

Mit Einwilligung und auf Befehl des Hochgeborenen Herrn Stephan Garczynski, General-Major der Kronarmee, Sohnes des Wojewoden von Posen, unseres gnädigen Herrn (Grundherrn der Bentschener Güter), geben wir beide Ämter, nämlich das Bürgermeister- und das Woytamt, hiermit dem Scharfrichter von Bentschen Casimir Gundermann vorliegenden Vertrag, der folgenden Wortlaut hat:

Zunächst für das Enthaupten eines Delinquenten mit vorausgehender Tortur sollen dem Scharfrichter vier Taler feinen Silbers zukommen.

Ferner für das Hängen, verbunden mit vorangehender Tortur, stehen ihm vier Taler feinen Silbers zu.

Auch für das Verbrennen mit vorangehender Tortur erhält er vier Taler feinen Silbers.

Für sonstige Verrichtungen, die hier nicht mehr besonders aufgeführt werden, dürfte er denn nun schon auch nicht mehr, als nur vier Taler feinen Silbers verlangen.

Wenn er aber jemand eine körperliche Züchtigung erteilt, so erhält er für seine diesfällige Mühewaltung an jedem Tage drei polnische Gulden.

Wenn er jemanden zur Stadt hinaustreibt, hat er dafür auch nur drei polnische Gulden zu bekommen.

Wenn aber einem Städter oder einem Untergebenen auf den herrschaftlichen Gütern ein Stück Vieh krepiert, dann ist er verpflichtet, dasselbe auf den zu dem Behuf bestimmter Ort hinzuschaffen. Die Haut des Kadavers ist Eigentum des Scharfrichters; krepiert aber ein Stück vom herrschaftlichen Vieh, so soll er es fortschaffen lassen, wo es hin gehört, die Haut aber hat er an den Hof abzuliefern.

Wenn jemanden von den Leuten in den Dörfern oder in den Hauländereien ein Stück Vieh verendet, und wenn davon dem Scharfrichter durch einen Boten Kenntnis gegeben wird, so hat der Scharfrichter diesem Boten für seinen Gang fünfzehn polnischen Groschen zu zahlen.

Sollte sich jemand unterstehn, einen anderen zur Verrichtung des bezüglichen Geschäftes, gleichviel ob in der Stadt oder auf den herrschaftlichen Gütern, heranzuziehen, so verfällt er einer Strafe von 2 Talern feinen Silbers, die er an den Hof, und einer Strafe von 3 Tympfen, die er an den Scharfrichter zu bezahlen hat.

Zeigt sich irgend wo in der Stadt ein toller Hund, so hat er ihn zu töten und beiseite zu schaffen. Vom Bürgermeister erhält er hierfür sechs polnischen Gulden.

Ist es ein fremder (ein von auswärts zugelaufener Hund), so kann ihn der Eigentümer, oder, wer dazu Lust hat, töten, es wird aber in diesem Falle der Eigentümer des Hundes dem Scharfrichter für das Beseitigen des Hundekadavers drei polnische Gulden zahlen.

Krepiert jemanden ein Schwein, so hat er für das Wegräumen desselben sechs polnische Groschen dem Scharfrichter zu entrichten.

Auch für das Beseitigen einer toten Katze hat der Eigentümer dem Scharfrichter drei polnische Groschen zu bezahlen.

Der Scharfrichter erhält ein kleines Wohnhaus, welches er unentgeltlich bewohnen wird, außerdem wird ihm zu seinem beständigen unentgeltlichen Nießbrauch ein Stück Gartenland überwiesen, und er bezieht von den Städtern pro Jahr und per Kopf einen polnischen Groschen. Das bezügliche Geld wird vom Bürgermeister eingezogen und von diesem an den Scharfrichter als Gehalt ausgezahlt werden. (Von den Hauländern und den Bauern soll er auch ein jährliches Fixum erhalten.)

Dem Bürgermeister und dem Woyt hat er gehorsam zu sein, und wenn ihn Selbige bei vorkommenden Fällen in der Stadt brauchen wollten, muß er sich ihnen bereitwilligst zur Verfügung stellen.

Er soll von allen Leistungen (Abgaben) an die Grundherrschaft und die Stadtkommune frei sein.

An Stelle der üblichen an die Stadt abzuführenden St. Martins- und Kopfsteuer wird der nämliche Scharfrichter dem Bürgermeister, dem Woyt, den Herren Räten, den Schöffen des Woytamtes und dem Schreiber alljährlich je ein Paar Handschuh zum Geschenke machen.

So geschehen zu Bentschen am 22. des Monats September 1760.

Zur Bekräftigung des Vorsehenden unsere eigenhändigen Unterschriften. (Es fehlen die Unterschriften).

1) Eine wörtliche Übersetzung des polnischen Originals besorgt von Dr. Warminski, Pfarrer zu Jakschitz. Gedachtes Original in Form einer Handschrift wird aufbewahrt in den Sammlungen des polnischen Vereins der Freunde der Wissenschaft zu Posen, und zwar im Faszikel „Bruchstücke von Akten des Magistrats der Stadt Bentschen“

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Quelle: Der Text wurde übernommen aus „Stadt und Schloß Bentschen“ von Otto Jonas, Bentschen – Druck von Carl Albrecht 1909