- Tomischler Hauland - http://hauland.de -

Brandunglück – 1876 – Rakwitz, östliche Seite des Marktes

[1]

Rakwitz – Ostseite Marktplatz (Ausschnitt AK Sammlung Wojciech Szkudlarski)

Feuersbrunst – Meldung vom 1. August 1876 aus Grätz – Posener Zeitung

In unserer Nachbarstadt Rakwitz brach heute in der Mittagsstunde an der östlichen Seite des Marktes Feuer aus, welches bei der großen Dürre und dem herrschenden Luftzuge mit großer Schnelligkeit um sich griff.

Auf telegraphischem Wege war von hier und Wollstein aus Hülfe requiriert worden, doch sind, trotzdem 22 Spritzen anwesend waren, über zwanzig Wohnhäuser mit den Nebengebäuden abgebrannt.

Glücklicherweise ist kein Menschenleben zu beklagen, nur ein Kind soll starke Brandwunden auf dem Rücken davon getragen haben.

* * *

Meldung vom 02. August 1876 aus Rakwitz – Posener Zeitung

[2]

Bekanntmachung / Hilfeaufruf 1876 – veröffentl. Posener Zeitung

„Über die Entstehungsart des großen Brandes in unserem Städtchen ist bisher nichts Näheres ermittelt worden.

Sechzig Familien, die etwa dreihundert Seelen repräsentieren, haben ihre Wohnstätten und zumeist ihre ganz bewegliche Habe eingebüßt.

Glücklicherweise ist kein Menschenleben, auch keine erhebliche Verwundung zu beklagen; was voraussichtlich der Fall gewesen wäre, wenn das Feuer des Nachts zum Ausbruch gekommen wäre, da binnen einer Stunde 80 Gebäude auf den Grund eingeäschert wurden.

Die Gebäude waren nur sehr gering, das Mobiliar dagegen mit wenigen Ausnahmen gar nicht versichert. Wegen des letzten Umstandes dürfen indeß die Verunglückten auf schonende Beurtheilung rechnen, da viele Versicherungsanträge wegen allzu großer Feuergefährlichkeit gänzlich abgewiesen wurden.

Das Feuer brach in dem Hause des Fleischer Paul Kuhn am Markte aus und verbreitete sich zu beiden Seiten. Das weitere Umsichgreifen wurde auf dem Markte an dem massiven Hause des Herrn Ernst Hermann und in der Grätzer Straße an dem massiven Hause des Hrn. August Knappe aufgehalten. Vom Winde angefacht ergriff es in der dahinterliegenden Christinenstraße eigenthümlicher Weise zuerst die Hintergebäude, pflanzte sich auf die Vordergebäude fort und fand, nachdem es fast die Hälfte der Gebäude dieser Straße in Trümmer und Schutt verwandelte, durch Niederreiß7ung des Schöneich‘schen Hauses, welche Arbeit bei den herannahenden Gluten mit großer Aufopferung verknüpft war, an dem Hause des Herrn Rudolph Gellert seine Begrenzung.

Besonders hilfreich war die Wirksamkeit des Grafen v. Schlieffen zu Wioska, der mit einer Spritze seines Guts auf die Brandstätte geeilt war (und der nebenher bemerkt Tags darauf dem Magistrate hier 100 M zur Unterstützung der Verunglückten überreichte.) Außerdem zeichneten sich bei der Rettung die hiesigen Bürger Müller Walzschmidt, die Zimmerleute Hirsch und Rösler, Handelsmann Philipp Goldschmidt und der Fleischer Louis Koch, sowie auch viele Andere in hervorragender Weise aus.

Die Noth ist hier sehr groß.

Ein Theil der Hausbesitzer ist durchaus nicht im Stande, aus eigenen Mitteln die Häuser neu aufzubauen. Außerdem sind die Betten, Wäsche, Kleidungsstücke, Möbel und Hausgeräthschaften der Betroffenen eine Beute des verherrenden Elements geworden. Von den Geretteten wurde übrigens ein Theil durch schlechte Menschen, die dergleichen Verwirrungen auszubeuten suchen, geraubt. Hilfe und zwar recht schleunige ist erforderlich, damit armen Handwerkern und Tagearbeitern jedenfalls nothdürftiger Ersatz geboten wird. Auch eine Unterstützung der Hausbesitzer ist dringend nothwendig, damit zu dem bevorstehendem Winter Wohnungen geschafft werden, da für die Dauer in einem Städtchen wie Rakwitz eine so große Anzahl von Obdachlosen nicht untergebracht werden kann.

Die Nachbarstädte Wollstein und Wielichowo haben bereits reichliche Geldspenden den Unglücklichen zu Theil werden lassen.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Posener Zeitung 1876 – über Jagiellonian Library / Jagiellonian University, 30-059 Cracow, Poland