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Wilanowo Dampfziegelei – Familie Quartiermeister aus Grätz – 1906-1920

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Wilanowo w gm. Kamieniec – widok od północy/https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/28/Wilanowo_from_north.jpg / Urheber MOs810

Eines der zur heutigen Landgemeinde Kamieniec gehörenden Dörfer ist Wilanowo.

Der Ort liegt annähernd 15 km südöstlich von Grodzisk Wielkopolski. Zu Fuß ist die Strecke in ca. 4 Stunden zu bewältigen, mit dem Fahrrad wäre man in einer knappen Stunde vor Ort.

Wilanowo ist wie viele andere Dörfer unspektakulär.

In der Vergangenheit jedoch, auch wenn nur wenige Hinweise gefunden wurden, muss es für Grodzisk bzw. Grätz von großer Bedeutung gewesen sein.

Wir haben nicht ermitteln können, wer vor 1906 der Besitzer der Dampfziegelei G.m.b.H. Wilanowo gewesen war, aber ab 1906 befand diese sich als Dampfziegelei Wilanowo M. Quartiermeister im Besitz des Moritz Moses Quartiermeister, welcher sie bis ca. 1919/1920 betrieben hat.

Viele in jenen Jahren entstandener Gebäude der Stadt Grätz und deren Umgebung wurden vermutlich aus in Wilanowo hergestellten Mauersteinen errichtet und mit aus Wilanowo stammenden Dachziegeln eingedeckt.

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Im Jahr 1881 zeigte der Handelsmann Philipp Quartiermeister den Tod seiner Mutter an.

Er gab an, dass Reichel Quartiermeister, mosaischen Glaubens, 97 Jahre alt, und die Witwe des Handelsmanns Josef Quartiermeister gewesen war. Sie müsste also ca. im Jahr 1784 in Grätz, die Stadt war als ihr Geburtsort benannt worden, als Kind der Heimann und Vögelchen Glass’schen Eheleute zur Welt gekommen sein.

Als Tochter der Eheleute Josef und Reichel Quartiermeister wurde bei Durchsicht der Personenstandsunterlagen Ernestine Quartiermeister gefunden, welche im Jahr 1890 im Alter von 80 Jahren als Ehefrau des Rabbiners Hirsch Lewin zu Grätz verstarb. Rückgerechnet müsste Sie um 1810 geboren worden sein.

Neben dem o. g. Philipp Quartiermeister fanden sich keine weiteren männlichen Nachkommen. Sein Toteneintrag wurde im Jahr 1889 in den Standesamtsunterlagen von Grätz verzeichnet, in diesem war sein Alter mit 56 Jahren angegeben worden, rückgerechnet ergibt sich daraus das Geburtsjahr 1833.

Betrachtet man die Daten, das ca. Geburtsjahr 1810 von Ernestine und das des Philipp mit 1833, liegen die Geschwister altersmäßig weit auseinander; es wurden jedoch keine weiteren Eintragungen gefunden, aus denen man den Rückschluss auf die Eltern hat entnehmen können.

Als Vermutung könnte man vielleicht noch einen Itzig Isaak Quartiermeister der Familie von Josef und Reichel Quartiermeister zuschreiben; zu ihm und zu seiner Familie kommen wir noch später.

Wann Philipp Quartiermeister die Ehe mit Johanna, auch Hannchen genannt, geborene Guttmann geschlossen hat, ist nicht bekannt. Johanna, Tochter des Schneiders Leib Guttmann und dessen Ehefrau Esther, ihr Familienname wurde nicht erwähnt, verstarb im Alter von 74 Jahren (Geburtsjahr ca. 1826) in Grätz, welches auch ihr Geburtsort gewesen sein soll.

Als Kinder der Eheleute Philipp und Johanna Quartiermeister fanden sich in den Archivakten die 1856 geborene Ernestine, ihr folgte 1859 Sophia, 1862 Elias, 1864 Moses Moritz und 1866 Charlotte.

Philipp Quartiermeister verstarb 1889 in Grätz und Johanna im Jahr 1900.

Philipp Quartiermeister ließ 1862 die Firma Philipp Quartiermeister zu Grätz, Inh. Philipp Quartiermeister im Handelsregister eintragen, noch im Jahr 1906 findet sich im Deutschen Reichs-Adressbuch eine Eintragung auf diesen Namen für eine Getreidehandlung.

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Wilanowo – Ausschnitt Kreiskarte Schmiegel / Wielkopolska Digital Library (wbc.poznan.pl)

Ernestine und Charlotte waren mit den Brüdern Itzig David und Moses Kirschstein aus Krosniewice Kreis Kutno verehelicht worden, Sophia schloss die 1ste Ehe mit dem in Breslau tätigen gewesenen Konsulatssekretär David Heilpern, gebürtig aus Berdyczow im Government Kiew, die 2te mit Samuel Berliner, gebürtig aus Neisse aus dem Kreis Opole, welcher zum Zeitpunkt der Eheschließung als Kaufmann in Berlin ansässig gewesen war. Elias Quartiermeister ging nach Berlin und ehelichte dort Selma geborene Glück.

Moses Moritz Quartiermeister ehelichte Gertrud Friedländer aus Grünberg. Die Eheleute siedelten in Doktorowo, ihre Söhne waren noch dort geboren worden; Philipp im Jahr 1898 und Ludwig im darauffolgenden Jahr 1899. Die Eingemeindung von Doktorowo nach Grätz war im Jahr 1905 vollzogen worden.

In der Ostdeutschen Bau-Zeitung vom Februar 1906 war veröffentlicht worden, dass per 22.03.1906 die Zwangsversteigerung der Dampfziegelei Wilanowo G.m.b.H., Grätz stattfinden würde.

Die Ortschaft Wilanowo war, laut Veröffentlichung des Amtsblattes der Königlichen Regierung zu Posen im Jahr 1840, im Dezember des Jahres 1839 als neues Etablissement eingerichtet worden: „Im Krotschiner Kreise sind in Folge der Regulierungen durch den Abbau mehrerer bäuerlicher Wirthe von dem Hauptgut Wyganowo, zwei neue Ortschaften entstanden, welche nach dem Wunsche des Guts-Besitzers die Namen „Fijakowo“ und „Wilanowo“ erhalten haben …“

Moritz Quartiermeister war es vermutlich, der das Geschäft des Vaters, die Getreidehandlung in Grätz fortführte.  Gemäß Zeitungsnotiz im Amtlichen Kreisblatt Grätz vom 30. März 1906, erwarb der Kaufmann Quartiermeister aber auch die Dampfziegelei Wilanowo in der Zwangsversteigerung für 33.000 Mark.

Als letzte Veröffentlichung aus dem Jahr 1920 in der „Tonindustrie-Zeitung und Keramische Rundschau“ war zu finden: „Dampfziegelei Wilanowo, Moritz Quartiermeister Grätz, Bez. Posen – Die Firma ist erloschen.“

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Dampfziegelei Wilanowo – M. Quartiermeister Grätz Amtliches Kreisblatt u. Anzeiger des Kreises Grätz

Um ca. 1939 emigrierte die Familie nach Brasilien.

Kommen wir nochmals zurück auf den schon o. g. Itzig Issak Quartiermeister. Er war verehelicht mir Fanny geborene Levy. Weder sind von den Beiden die Geburts- und Todesdaten noch ein Heiratsdatum auffindbar.

Im Jahr 1867 reiste die aus Grätz gebürtige 19-jährige Jette Quartiermeister von Hamburg mit dem Schiff „Germania“ nach New York. Sie könnte eine Tochter des Paares gewesen sein.

Zur Familie gehörte die 1853 geborene Jeanette, sie ehelichte 1879 Julius Pinner; er war zum Zeitpunkt der Eheschließung als Kaufmann in Spremberg tätig.

Weiterhin der Familie zugehörig war Julius Quartiermeister, im Jahr 1855 geboren, ging er ca. 1871 nach Berlin und verstarb im Jahr 1897 auch dort. Er hinterließ seine Ehefrau Paula Quartiermeister geborene Friedberg. Carl & Max Cohn, Inhaber der Firma Carl Cohn, beschrieben ihn in der Todesanzeige als langjährigen, treuen Mitarbeiter und Prokuristen des Unternehmens mit rastlosem Fleiß, sowie außerordentlichem Interesse während einer 26-jährigen Tätigkeit in ihrem Hause, gepaart mit den edelsten Charaktereigenschaften.

Ebenfalls der Familie von Itzig Isaak und Fanny Quartiermeister angehörig war die 1858 geborene Bertha Quartiermeister. Sie heiratete 1886 den aus Kröben gebürtigen und als Kaufmann in Gnesen ansässigen Joseph Bergmann.

Letztlich ist noch der 1879 in Schwersenz als 14½-Jähriger (geb. ca. 1865) Schüler verstorbene Isidor Quartiermeister als Sohn des Paares zu nennen.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Wikipedia PL; Amtsblatt der kgl. Regierung zu Posen – Wielkopolska Digital Library (wbc.poznan.pl); Sammlung der deutschen Handels-Register – BSB Bayerische Staatsbibliothek; Ostdeutsche Bauzeitung – Wielkopolska Digital Library (wbc.poznan.pl); Kostener Kreisblatt – Wielkopolska Digital Library (wbc.poznan.pl); Amtliches Kreisblatt u. Anzeiger des Kreises Grätz – UM Grodzisk Wielkopolski : Muzealna Izba Tradycji Ziemi Grodziskiej (wlkp.pl)