Das durch Postkarten bekannte Gebäude der Landwirtschaftlichen Schule wurde am 05.11.1912 eingeweiht. Anlässlich der Einweihung dieses „neuen“ Schulhauses wurde ein kurzer Rückblick in die Anfänge der Einrichtung einer Winterschule in der Stadt Neutomischel im „Landwirtschaftlichen Centralblatt für die Provinz Posen“ – Sonderabdruck der No. 37 des Jahrganges 1913 veröffentlicht, der nachtstehend zu finden ist.
Eingefügt wurde die Schülerliste der 16 Schüler welche als Erste die Winterschule in der Stadt Neutomischel besuchten.
* * *
Die landwirtschaftliche Winterschule Neutomischel
Die landwirtschaftliche Winterschule Neutomischel bezog im Herbste des vergangenen Jahres ein neues, schmuckes Heim. Wir nehmen daher Anlaß, das alte und das neue Gebäude im Bilde vorzuführen und eine kurze Beschreibung der Anstalt zu bringen, um auch denjenigen Landwirten unseres Bezirkes, welche die Schule noch nicht kennen, mit dieser näher vertraut zu machen.
Die Schule ist ein Institut der Landwirtschaftkammer; sie wurde am 1. April 1904 eröffnet. Das erste Schuljahr begann am 31. Oktober 1904 mit 16 Schülern.
Lfd.No. |
Name des Schülers |
Alter in Jahren |
Geburtstag |
Konfession |
Name und Stand des Vaters |
Geburtsort |
Wohnort und Kreis |
| 1. |
Fenske, Karl Otto |
23 1/4 |
07.07.1881 |
ev |
Heinrich, Landwirt |
Sontop |
Sontop / Neutomischel |
| 2. |
Fenske, Richard Hermann |
22 |
10.11.1882 |
ev |
Gottlieb, Eigentümer |
Neutomischel |
Paprotsch / Neutomischel |
| 3. |
Gutsche, Gustav Oskar Karl |
17 |
26.09.1887 |
ev |
Wilhelm, Ackerbürger |
Bomst |
Bomst / Bomst |
| 4. |
Gebauer, Erdmann Oskar |
20 1/4 |
10.09.1884 |
ev |
Heinrich, Landwirt |
Sontop |
Sontop / Neutomischel |
| 5. |
Horlitz, Friedrich Wilhelm |
19 |
14.10.1885 |
ev |
August |
Alt-tomischel |
Alttomischel / Neutomischel |
| 6. |
Klemke, Alexander |
18 |
12.10.1886 |
kth |
Emanuel, Freigutbesitzer |
Lowin |
Lowin / Meseritz |
| 7. |
Klisch, Robert Reinhold |
17 1/2 |
16.04.1887 |
ev |
Paul, Ackerbürger |
Bomst |
Bomst / Bomst |
| 8. |
Knoll, Karl Otto |
17 3/4 |
14.05.1887 |
ev |
Wilhelm, Landwirt |
Alttomischel |
Alttomischel / Neutomischel |
| 9. |
Lukas, Emil Otto |
15 |
23.09.1889 |
ev |
Gottlieb, Eigentümer |
Neu-Boruy |
Neu Boruy / Bomst |
| 10. |
Meier, Arthur |
16 1/4 |
07.07.1888 |
ev |
Gottlieb, Lehrer |
Cichagora |
Komorow Hld / Neutomischel |
| 11. |
Prüfer, Adolf Oswald |
21 1/4 |
27.08.1883 |
ev |
Wilhelm, Ackerbürger |
Komorowo Hauland |
Komorow Hld / Neutomischel |
| 12. |
Rausch, Ernst Otto |
21 1/4 |
30.08.1883 |
ev |
Traugott, Ackerbürger |
Zinskowo |
Zinskowo / Neutomischel |
| 13. |
Rausch, Johann Hermann |
19 1/4 |
11.09.1885 |
ev |
Heinrich, Landwirt |
Kunik |
Kunik / Meseritz |
| 14. |
Schostag, Gustav Alfred |
18 1/4 |
14.08.1886 |
ev |
Otto, Bäckermeister |
Bentschen |
Bentschen / Meseritz |
| 15. |
Schostag, Julius Kurt Paul |
17 1/2 |
13.05.1887 |
ev |
Albert, Gastwirt |
Nielengowo |
Bentschen / Meseritz |
| 16. |
Tepper, Paul Richard |
19 1/2 |
11.08.1885 |
ev |
Dienegott, Landwirt |
Sontop |
Sontop / Neutomischel |
Herr Direktor Foß, der die Anstalt seit der Gründung leitete, verstand es, Dank größter Energie und Arbeitsfreudigkeit, ihr in kurzer Zeit bei den Landwirthen ein großes Ansehen zu verschaffen. Herr Foß war bei allen Landwirthen ein stets willkommener, erfolgreicher Berater, sodaß auch der Besuch der Schule bis zu 39 Schülern stieg.
Die Schule führte in diesen Jahren eine große Anzahl Sortenanbau- und Düngungsversuche durch, die den Erfolg hatten, daß heute in vielen Betrieben bessere Sorten zum Anbau gelangen, ein ständiger Saatgutwechsel sich eingebürgert hat und intensiv gedüngt wird. Besonders vorbildlich arbeitete die Schule auf dem Gebiete der Wiesenverbesserungen. Ebenso zeitigten die Bestrebungen auf dem Gebiete des Hopfenbaues viele Erfolge. Die Viehzucht hob sich durch Einkauf erstklassiger Zuchttiere.
Kurz, auf allen Gebieten wurden wertvolle Ratschläge gegeben, und auf der letzten großen landwirtschaftlichen Ausstellung in Neutomischel im vergangenen Herbste, bewies der Bezirk, welche großen Fortschritte er in den letzten Jahren gemacht hat. Die in jeder Weise gelungene Schau wurde von dem Verein „Landwirtschaftliche Winterschule Neutomischel“ veranstaltet. Es ist eine Vereinigung der früheren Schüler der Anstalt. Durch alljährliche Veranstaltung von ernsten und fröhlichen Zusammenkünften will der Verein die ehemaligen Schüler in inniger Verbindung untereinander und mit der Schule, ihre alte Pflegestätte halten, um so das Band zwischen Schule und Haus immer fester zu knüpfen. Nur das gegenseitige Verstehen, das volle Vertrauen zu einander, kann schöne Erfolge krönen.
Der Magistrat der Stadt Neutomischel wußte diese Erfolge wohl zu schätzen und ließ es sich deshalb auch nicht nehmen, der Schule im Hinblick ihrer großen Förderung der Landwirtschaft, ein würdiges und zweckmäßig eingerichtetes neues Heim zu erbauen.
Im Dienstgebäude befinden sich im Erdgeschosse die Schulräume, im 1. Stocke die Wohnung des Direktors. Dem allgemeinen Unterrichte dienen zwei Lehrsäle. In einem dritten Lehrsaal, der mit besonderen Einrichtungen versehen ist, wird der physikalische und chemische Unterricht erteilt. Der große Sammlungssaal enthält die Bibliothek und die für den Unterricht notwendigen Sammlungen (Geräte, Tiermodelle, Dünger- und Samensammlung, Präparate u. v. a.). Es wird nicht das veraltete Verfahren mechanischer Abrichtung und toten Auswendiglernens gepflegt, sondern auf Ausführung von Versuchen und praktischen Anschauungen baut sich der Unterricht auf. Aus Beobachtungen heraus werden feste Grundsätze von den Schülern selbst gefunden und so leicht erlernt. Gute Beobachtungen zu machen und logische Schlußfolgerungen daraus zu ziehen, ist ein Hauptschulungsmittel, um die Schüler zur Selbständigkeit und richtigen Anwendung aller Verfahren in der Landwirtschaft zu bringen. Außer der weiteren intensiven Schulung in allgemein bildenden Fächern ist auch der praktischen Arbeit und Anleitung gedacht. Im Obstgarten der Schule, bietet sich Gelegenheit, Schnitt und Pflege der Obstbäume kennen zu lernen. Eine Stellmacherei und eine Sattlerei der Schule, dienen einem Stellmachermeister und einem Sattlermeister zur Unterrichtserteilung.
Das (untenstehende) Bild zeigt eine Windmühle, die von 1787 bis zum Jahr 1911 auf einem Sandhügel stand, dort wo heute die neue Winterschule steht, die zweitletzte der alten „Windböcke“ von Neutomischel, die in die Landschaft zu prächtig hineinpassen, aber modernen Maschinen zum Opfer fallen müssen. Über 100 Jahre hat man hier Korn gemahlen, und nach Abbruch der Mühle beim Ausschachten der Grundmauern für die Winterschule fand man nach Feststellung des Herrn Karl Eduard Goldmann, Neutomischel, einen prähistorischen Brennofen aus der Steinzeit.
Möge die Schule, die auf alter Kulturstätte steht, wo ehemals unsere Vorfahren unter weit ungünstigeren Verhältnissen wie heute ihren Lebensunterhalt fristeten, sich immer freudiger entwickeln und den Landwirten dank der fortgeschrittenen Wissenschaft und Technik immer mehr dazu verhelfen, ihr Gewerbe einträglicher zu gestalten!
Diese altgeweihte Stätte, auf der sich die Schule erhebt, soll die Schüler täglich daran erinnern, daß ihre Vorfahren schon für sie gearbeitet haben, daß auf deren Arbeitserfolg unsere heutige, hochentwickelte Kultur sich aufbaut, und ganz besonders soll sich ihnen der Gedanke einprägen, daß nicht alles Geschaffene und Gebaute ewig bleibt und bleiben darf, sondern ständig aus alten Erfahrungen heraus neue Erfahrungen emporsprießen, neue Gedanken neue, bessere, zweckmäßigere Lebensformen und ein glücklicheres, höher entwickeltes Kulturleben entsteht.
Ganz besonders darf die Landwirtschaft als wichtiger Kulturfaktor nicht zurückstehen. Alte Verfahren verschwinden, bessere Mittel such man zu erringen. Mit Hochdruck hat man ja gerade in den letzten Jahren in der Landwirtschaft daran gearbeitet, neue bessere Arbeits- und Anbauverfahren zu erreichen und Riesenfortschritte dadurch gemacht.
Aufgabe der Landwirtschaftskammer und ihrer Winterschulen ist es, gute praktische Erfahrungen zu sammeln und weiter zu verbreiten und die jungen Landwirte mittelst einer guten Schul- und Fachbildung fähig zu machen, alle neuzeitlichen Hilfsmittel und Erfahrungen in immer weiteren Umfange in der Praxis anzuwenden, um die Fülle der Naturkräfte sich in immer stärkerem Maße zunutze zu machen und immer größere Werte der heimatlichen Scholle abzuringen.
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Quelle: Staatsarchiv Poznan, Akten des Kgl. Landrats-Amtes Neutomischel betreffend – hier:
Landwirtschaftliche Winterschule (Starostwo 4350 0157) – Landwirtschaftliches Centralblatt für die Provinz Posen – Sonderabdruck aus Nr. 37 des Jahrganges 1913- Die Bilder und Bildunterschriften sind dem Original Artikel entnommen


