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Die Verwaltung der Stadt Bentschen und ihre gestiegenen Steuereinnahmen für die Kriegsjahre 1914/1916

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Rathaus – Bentschen / AK Sammlung Kraft

Im Posener Tageblatt vom 06. März 1917 wurde nachfolgender Beitrag veröffentlicht:

„Bentschen 04. März 1917

Aus dem städtischen Verwaltungsbericht, den der Bürgermeister in der letzten Stadtverordnetensitzung erstattete, entnehmen wir folgendes:

Die Verwaltung und der Stand der Gemeindeangelegenheiten im Jahr 1916 ist naturgemäß auf allen Gebieten von den Begleiterscheinungen des Krieges beeinflußt worden.

Die Bevölkerungszahl der Stadt (über 6.000) ist dieselbe geblieben.

Eine erfreuliche Entwicklung zeigt das Staatssteuer- und Gewerbesteuersoll trotz des Krieges. Ersteres betrug

das Gewerbesteuersoll

Diese Zusammenstellung ergibt ein sehr beträchtliches Steigen des Staats- u Gewerbesteuersolls besonders in den Kriegsjahren.

Man würde aber zu einer irrigen Annahme gelangen, wollte man daraus schließen, daß die Bürgerschaft im Allgemeinen während des Krieges wirtschaftlich erstarkt sei. Die hohen Steuersätze sind lediglich erzielt worden von einigen Unternehmen und Privatpersonen als Kriegsgewinne.

Die städtischen Betriebsanstalten (Gasanstalt, Sparkasse, Stadtforst und Pferdemarktunternehmen) hatten zum Teil recht erhebliche Überschüsse zu verzeichnen, und zwar

Außerdem verfügen Gaswerk und Sparkasse über ansehnliche Reservefonds.

Das Gaswerk hat eine Jahresabgabe von rund einer halben Million Kubikmeter erreicht, die größte Tagesabgabe war am 23. Dezember mit 2.214 Kubikmetern, die kleinste am 09. Juli 1916 mit 133 Kubikmetern. Die Erweiterung des Gasrohrnetzes nach dem Bahnhof hat 21.111 M Kosten verursacht, die aus dem Reservefonds bestritten wurden.

Die Einlagen der Sparkasse betrugen am 01. April 1914: 4.707.038,75 Mark. Im Rechnungsjahr 1915 kamen hinzu neue Einlagen 3.350.243,06 M, zugeschriebene Zinsen 144.156,23 M, zusammen 8.200.438,04 M, also ein beträchtliches Steigen trotz des Krieges.

Die Sparkasse hat Postscheck-, Reichbankgiro- und Sparkassengiroverkehr eingeführt. Es sind bei der Sparkasse bisher gezeichnet und bezahlt worden rund 3 Millionen Mark Kriegsanleihe.

Die öffentliche Armenpflege verursachte 5.359 M Kosten, also etwas über 1 M auf den Kopf der Bevölkerung. Zieht man in Betracht, daß die preußischen Gemeinden im Rahmen des Unterstützungswohnsitzgesetzes vor dem Kriege durchschnittlich 1,75 M auf den Kopf der Bevölkerung für Armenzwecke aufzuwenden hatten, so können diese Ausgaben für Armenzwecke als mäßig bezeichnet werden.

Der Armen- und Krankenpflege dienen außerdem das Krankenhaus des Vaterländischen Frauenvereins „Karolinenstift“, das katholische Hospital, das Waisenheim des Frauenvereins für die Ostmarken sowie der Vaterländische Frauenvereins und die Frauenhilfen.

Die Feuerlöschgeräte sind in ausreichender Anzahl und guter Beschaffenheit vorhanden.

Außer den Volksschulen besteht am Orte eine städtische höhere Schule für Knaben und Mädchen. Sie gliedert sich in eine dreiklassige Vorschule und einen fünf Klassen umfassenden, aus einer Gymnasial- und einer Realabteilung bestehenden Aufbau, in dem die Knaben auf die Untersekunda, die Mädchen auf Klasse 3 der höheren Töchterschule vorbereitet werden.  Der staatliche Zuschuß zu den Kosten des höheren Schulwesens beträgt 3.000 M, der Zuschuß der Stadt rund 9.000 M.

Die gewerbliche und kaufmännische Fortbildungsschule wurde im Berichtsjahr von 120 Personen besucht.

Auf dem Gebiete der Kriegsfürsorge ist hervorzuheben, daß dank dem Zusammenwirken von Kreis- und Stadtverwaltung besonders bedürftigen Kriegerfamilien Mietsbeihilfen, Feuerungsmaterial und andere Vergünstigungen gewährt werden.

Daneben erstrecken der Vaterländische Frauenverein und die Frauenhilfen im verständnisvollen Zusammenarbeiten mit der Stadtverwaltung ihre verdienstvolle Fürsorgetätigkeit ganz besonders auf die Familien der Kriegsteilnehmer, so daß den letzteren die Sorge um das Schicksal ihrer Lieben in der Heimat abgenommen ist.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Posener Tageblatt” 1917-03-06