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Einrichtung und Verpachtung der Stadtwaage – 1846

Rathaus bzw. Communalgefängnis der Stadtcommune - 1864 / Bild: Stadtbibliothek Nowy Tomysl - Hier könnte auch die Stadtwaage untergebracht gewesen sein [1]

Rathaus bzw. Communalgefängnis der Stadtcommune – 1864 / Bild: Stadtbibliothek Nowy Tomysl – Hier könnte auch die Stadtwaage untergebracht gewesen sein

Handelsgüter, hier sei nur der Hopfen als Beispiel angeführt, wurden nach Gewicht an- und verkauft. Zu diesem Zwecke musste die Ware verwogen werden. Noch im August des Jahres 1846 wurde dieses in Neu Tomysl auf privaten Waagen bei einigen Einwohnern erledigt.

Im August des genannten Jahres war es aber auch gewesen, dass gemäß hoher Verfügung der Hochwohllöblichen Regierung zu Posen, Abteilung des Innern mit der Verfügung 2915/7 46 I die Erlaubnis erteilt worden war in Neu Tomysl zugunsten der Stadtkämmereikasse eine öffentliche Stadtwaage nebst Gewichten anzuschaffen, diese einzurichten und den Betrieb derselben zu verpachten.

Mit Erteilung der Erlaubnis hatte die Stadtkämmerei alles Notwendige in die Wege geleitet. Ferner wurden im September 1846 die Vorbereitungen zur Verpachtung mittels einer Versteigerung zugunsten des Meistbietenden getroffen.

Als Versteigerungstermin war dann der 02. September 1846 am Vormittag um 9 Uhr im Magistratsbureau durch den damaligen Bürgermeister Katerla und die Stadträte Tepper, Kutzner, Kaulfuss und Stein angesetzt gewesen. Die Einladung an Pachtlustige war mittels öffentlichen Aushang in 2-facher Ausfertigung erfolgt; eine Zeitung hatte es in jenen Jahren noch nicht in der Stadt gegeben.

In den ausgearbeiteten Pachtvereinbarungen findet sich , das sich die Pachtzeit auf 3 Jahre, vom „1. October 1846 bis wieder dahin„, belaufen sollte. Auch war der finanzielle Teil schriftlich geregelt – einerseits, dass der Pächter die Pacht vierteljährlich im Voraus zu zahlen gehabt hat und andererseits auch die Höhe des Wiegegeldes, welches den Auftraggebern, z. B. Kaufleuten, nebst dem Verdienst des Pächters berechnet werden durfte. Selbst die Öffnungszeiten für den Sommer und Winter, welche der Pächter einzuhalten gehabt hatte, waren festgeschrieben gewesen. Ebenso waren Kosten für die geforderten gedruckten Wiegezettel sowie die eigentlichen Vertragskosten durch den Pächter zu tragen gewesen. Seitens der Stadt waren der Waagebalken mit den an Ketten hängenden Waagschalen, sowie auch die Gewichte gestellt worden. Für den Zustand und die Vollzähligkeit letzterer war der Pächter in der Verantwortung gewesen.

Als Gebote am Auktionstag waren wie folgt abgegeben worden:

lfd. No. Name des Bietenden Summe
1.
Kutzner August
5 Taler
2.
Huebner, Gottlieb
10 Taler
3.
Scheibe, Heinrich
15 Taler
4.
Schreiber, Moritz
16 Taler
5.
Wandrey, Gottlieb
20 Taler
6.
Huebner, Gottlieb
21 Taler
7.
Bonn, Meyer
25 Taler
8.
Wandel, Wilhelm
26 Taler
9.
Schreiber, Moritz
27 Taler
10.
Huebner, Gottlieb
28 Taler
11.
Scheibe, Heinrich
30 Taler
12.
Huebner, Gottlieb
30 Taler, 5 Sgr
13.
Scheibe, Heinrich
30 Taler, 10 Sgr
14.
Huebner, Gottlieb
30 Taler, 15 Sgr
15.
Scheibe Heinrich
30 Taler, 20 Sgr
16.
Huebner, Gottlieb
31 Taler
17.
Kroenert, Gottlieb
31 Taler, 10 Sgr
18.
Huebner, Gottlieb
31 Taler, 15 Sgr
19.
Kroenert, Gottlieb
31 Taler, 20 Sgr
20.
Schlestein, Hermann
32 Taler
21.
Schreiber, Moritz
32 Taler, 15 Sgr
22.
Schlestein, Hermann
32 Taler, 20 Sgr
23.
Kroenert, Gottlieb
33 Taler
24.
Schlestein, Hermann
33 Taler, 5 Sgr
25.
Kroenert, Gottlieb
22 Taler, 15 Sgr
26.
Schlestein, Hermann
33 Taler, 20 Sgr
27.
Kroenert, Gottlieb
33 Taler, 25 Sgr
28.
Schlestein, Hermann
34 Taler
29.
Kroenert, Gottlieb
34 Taler, 5 Sgr
30.
Schlestein, Hermann
34 Taler, 10 Sgr
31.
Kroenert, Gottlieb
34 Taler, 15 Sgr
32.
Schlestein, Hermann
35 Taler
33.
Kroenert, Gottlieb
35 Taler, 15 Sgr
34.
Schlestein, Hermann
35 Taler, 20 Sgr
35.
Kroenert, Gottlieb
36 Taler
36.
Schlestein, Hermann
36 Taler, 5 Sgr
37.
Kroenert, Gottlieb
36 Taler, 10 Sgr
38.
Schlestein, Hermann
36 Taler, 15 Sgr
39.
Kroenert, Gottlieb
36 Taler, 20 Sgr
40.
Schlestein, Hermann
36 Taler, 25 Sgr
41.
Scheibe, Heinrich
37 Taler
42.
Kroenert, Gottlieb
37 Taler, 5 Sgr.
43.
Schlestein, Hermann
37 Taler, 10 Sgr
44.
Kroenert, Gottlieb
37 Taler, 15 Sgr
45.
Scheibe, Heinrich
37 Taler, 20 Sgr
46.
Kroenert, Gottlieb
37 Taler, 25 Sgr.
47.
Schlestein, Hermann
38 Taler
48.
Kroenert, Gottlieb
38 Taler, 5 Sgr.
49.
Scheibe, Heinrich
38 Taler, 10 Sgr
50.
Kroenert, Gottlieb
38 Taler, 15 Sgr
51.
Schlestein, Hermann
38 Taler, 20 Sgr
52.
Kroenert, Gottlieb
39 Taler
53.
Schlestein, Hermann
39 Taler, 5 Sgr
54.
Kroenert, Gottlieb
39 Taler, 15 Sgr
55.
Schlestein, Hermann
39 Taler, 20 Sgr
56.
Scheibe, Heinrich
39 Taler, 25 Sgr
57.
Kroenert, Gottlieb
40 Taler
58.
Schlestein, Hermann
40 Taler, 5 Sgr
59.
Kroenert, Gottlieb
40 Taler, 10 Sgr
Der Mehl-Wäger. Den Mehl-Staub wischt sich ab, betrug fleckt bis ins Grab. ... Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Balance_scales_in_art? uselang=de#mediaviewer/File:Fotothek _df_tg_0008610_St%C3%A4ndebuch_^_Beruf_^_ Handwerk_^_W%C3%A4ger_^_M%C3%BCller_^_Waage.jpg [2]

Der Mehl-Wäger. Den Mehl-Staub wischt sich ab, betrug fleckt bis ins Grab. …
Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Balance_scales_in_art? uselang=de#mediaviewer/File:Fotothek _df_tg_0008610_St%C3%A4ndebuch_^_Beruf_^_ Handwerk_^_W%C3%A4ger_^_M%C3%BCller_^_Waage.jpg

Nach dem 59. Gebot traten „die übrigen Bietanten nunmehr von dem weiteren Bieten ab, und es blieb hiernach der Bürger und Färber Gottlieb Kroenert (aus Neu Tomysl )mit dem Gebote von Vierzig Thaler zehn Silbergroschen Meistbietender.

Da „weiter war nichts zu verhandeln gewesen„, wurde „daher vorstehende Verhandlung vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.“

Eine Transkription des Pachtvertrages findet sich am Ende dieses Beitrages.

Zur Gültigkeit des Vertrages war noch die Ratifizierung der „Hochwohllöblichen Königlichen Regierung“ in Posen notwendig gewesen.

Seitens des Magistrats und Stadtrats waren zum Zwecke des Erhalts der Erteilung der Genehmigung alle Unterlagen von der Bekanntgabe bis zum Ausgang der Versteigerung zusammengestellt und an den Landrat zur Weiterleitung und Einholung der Beurkundung durch „hohen Orts“ eingereicht worden.

Diese Dokumente begleitete ein Brief.

Nach dem mehr oder weniger amtlichen Teil betreffend der Angelegenheit der Stadtwaage, heißt es in diesem weiter „Gleichzeitig erlauben wir uns noch besonders nachstehend gehorsamt zu berichten, daß wegen Mangel einer städtischen Waage, alle bisher zur Waage passierenden Güter auf den hier Orts befindlichen Privat-Waagen ebenfalls gegen Entgelt gewogen worden sind„.

Dieser Punkt wurde noch ergänzt um den Kommentar “ wobei aber das Publicum auf eine fürchterliche Weise hintergangen worden ist„.

Doch der Magistrat befürchtete Schlimmeres, denn weiter heißt es „... und obgleich nunmehr zum wesentlichen Nutzen des Publicums eine städtische Waage angelegt und der hiesigen Stadt das Waagenmehl rechtmäßig verliehen ist; so beabsichtigen die nachstehend aufgeführten Besitzer von Privat-Waagen als 1. der Materialienhändler Dienegott Pflaum, 2. der Kaufmann Carl Dampmann, 3. der Gastwirth Gottlieb Wandrey, 4. der Gastwirth August Huebner und 5. der Kaufmann Alexander Männel , um sich in ihrem Gewerbe mehr Nutzen zu verschaffen, noch eben so wie früher das Waagegeschäft gegen Entgelt für Andere schlimmsten Falls unentgeltlich fortzubetreiben.“

Dieser Schändlichkeit der Kaufleute war es aber noch nicht genug, denn den zu „… ad 3 und 4 aufgeführten Gastwirthen“ wurde ausgeführt, dass diese „… dadurch das Publicum noch mehr zum Laster des Trunkes verleiteten und bei dieser Gelegenheit die bei ihnen einkehrenden Wiegegäste in ihrem angetrunkenen Zustande beim Abwiegen ihrer Produkte, welche größten Theils aus Hopfen bestehen, zum Vortheil der Käufer zu hintergehen suchen.

Ihre eigentlichen Befürchtungen durch das Verhalten der Kaufleute mit der Einrichtung der Stadteigenen Waage ein Minusgeschäft zum machen wurde deutlich zum Ausdruck gebracht: „… sollte dieses (der Fortbetrieb der Verwiegung) den Besitzern von Privatwaagen auch gegenwärtig noch gestattet werden, auch noch ferner hin für Anderer gegen Entgelt oder auch nur aus vorangeführten Gründen unentgeltlich zu wiegen, so würde die städtische Waage wohl nicht nur allein in ihrem Rechte gestört werden, sondern auch einen bedeutenden Verlust erleiden„.

Relief der alten Kleinen Stadtwaage Nürnberg - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:N%C3%BCrnberg_Winklerstra%C3%9Fe_22_IHK_Hauszeichens_der_Kleinen_ Stadtwaage.jpg [3]

Relief der alten Kleinen Stadtwaage Nürnberg – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:N%C3%BCrnberg_Winklerstra%C3%9Fe_22_IHK_Hauszeichens_der_Kleinen_ Stadtwaage.jpg

Man war sogar noch weiter gegangen, diese Verluste würden mit sich gebracht haben, dass „… die Stadtwaage ohne Beschäftigung sein“ würde, “ ... und solche auch Niemand mehr pachten würde, und dieserhalb die hiesige Kämmerei Kasse, die ohnehin nur sehr geringe Einnahmen besitze, in dieser Revenue bedeutend“ das Nachsehen gehabt haben würdee, und man letztlich dadurch auch nicht in der Lage gewesen sein würde, “ … den Zustand der Stadt, in eine bessere Lage zu versetzen.“

Wobei letztere Anmerkung sich nicht etwa auf die Verhinderung und das Unterbinden von Betrug und dergleichen bezogen hatte, sondern die Anschaffung und Ausführung des „... so dringend nöthigen Pflasters auf dem so genannten Kirchenringe (Alter Markt)“ betroffen hatte.

Der Magistrat hatte mit der letzten Bemerkung somit auch gleich den Punkt geklärt, da Hauptstraßen bzw. Verbindungswege mit Pflaster zu versehen gewesen waren, dass man ja den Willen zur Befestigung der Straßen gehabt habe, dieses aber ohne Einnahme nicht durchführbar gewesen sein würde, die Stadtverwaltung somit auch nicht in der Verantwortung für verspätete oder sogar die Nichtausführung dieser Auflage verantwortlich gewesen wäre.

Mit der Einleitung „gehorsamst wird darauf angetragen“ präsentierte der Magistrat jedoch dann auch gleich einen Lösungsvorschlag aus dieser unleidlichen Situation: „Hochgeneigtest höheren Orts dahin wirken zu wollen, daß den vorbenannten Besitzern von Privat-Waagen das fernere Wiegen für Andere gegen Entgelt als auch unentgeltlich bei Androhung einer angemessenen Polizei Strafe untersagt, und daß die städtische Waage in den ihr verliehenem Recht dadurch geschützt werde, daß alle und jeder zur Waage passierenden Güter auf keine Andere als nur auf die Stadtwaage gebracht werden müßen„.

Trotz intensiver Durchsicht der alten Dokumente fand sich nicht, dass die Stadt Neu Tomysl ein Monopol für Verwiegungen zugesprochen bekam. Bestätigt wurde der Kontrakt zwischen der Stadt Neu Tomysl und Gottlieb (Erdmann) Krönert per 6. October 1846 durch die Königliche Regierung Abtheilung des Innern, Posen – gez. Gründler

* * *

Pacht-Kontrakt
Zwischen dem Magistrate und Stadtrathe hierselbst einer, und dem Bürger und Färbermeister Gottlieb Kroenert von hier anderer Seits, wurde nachstehender Pacht-Kontrakt wohlbedächtigt verabhandelt und geschloßen

Da beide Theile diesen vorbezeichneten Pacht-, resp. Verpachtungs Kontrakt ein mehrerer nichts hinzugefüget hatten, so wurde dieser unter Vorbehalt der höheren Approbation nach geschehener nochmaliger Vorlesung eigenhändig vollzogen

Neutomysl 7. September 1846
Der Magistrat und Stadtrath als Verpächter             Der Pächter
gez. Katerla                                                                      gez. G. E. Kroenert, Junior
gez. Tepper – Kaulfuss – Stein – Kutzner
/L.S. Stelzer“

 * * *