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Spuren der Familie Rabbow über Pasewalk und Angermünde nach Kosten und Grätz / ca. 1821

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Todeseintrag 05. August 1821 / Kirchenbuch Graetz – Staatsarchiv Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Viele Hugenotten, wie die Protestanten in Frankreich genannt wurden, mussten um ihres Glaubens Willen aus ihrem Heimatland fliehen.

Die Flucht führte sie in die Schweiz und in Richtung Württemberg, Hessen und Brandenburg.  Erst 1787 wurde durch das Toleranzedikt Ludwigs XVI. der Verfolgung ein Ende gesetzt; im Jahr 1791 garantierte dann die Verfassung die Glaubensfreiheit.

Zu diesen ursprünglich aus Frankreich gebürtigen Hugenotten haben vermutlich auch Angehörige der Familien Rabeau – Rouvier-Mannoury gehört. Eine Spur, leider ohne den genauen französischen Heimatort ermitteln zu können, konnte ab Pasewalk und  Angermünde nach Kosten und letztlich nach Grätz verfolgt werden.

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Die Schreibweise der Familiennamen und der Vornamen wechselte: z. B. wurde der französische Name Rabeau zu Rabour, Rabo oder auch Rabbo und letztlich zu Rabbow, gleiches findet sich bei Mannoury, dieser Name fand sich eingedeutscht als Manori; Vornamen wie z. B. Jean wurden zu Johann, Guillaume Theophile zu Wilhelm Gottlieb, Pierre war Peter und Goddefroid der Gottfried.

Unter dem 5. August 1821 findet sich im Kirchenbuch der evangelischen Kirche zu Grätz der Eintrag des Todes von Dorothea verwittwete Rabeau, früher verwittwete Manori geborene Rouvier. Laut diesem hatte sie ein Alter von 75 Jahren und 4 Monaten erreicht; rechnerisch wäre sie um 1746 geboren worden.

Als 2ter Ehemann, wurde in der Aufzeichnung Peter Rabeau, Lohgerber zu Kosten genannt.

Neben der Nennung ihres verstorbenen Ehemannes finden sich als die Eltern – Gottfried Rouvier, Schneidermeister zu Angermünde in der Uckermark und dessen Ehefrau Dorothea geborene Le Grain.

Aber:  Wie schon erwähnt war Dorothee Rouvier in 1ster Ehe mit dem in Angermünde ansässigen Gerber Isaac Mannoury verheiratet gewesen.

Es muss hier eingeschoben werden, dass im Eheeintrag des Jahres 1777 per 17. Mai mit Isaac Mannoury geschrieben wurde, dass die Eltern der Braut der Charles Rouviere und die Elisabeth Michelett gewesen seien.

Welche der gemachten Angaben korrekt ist ? – wir wissen es nicht

Aus dieser Ehe stammte die im Dezember 1777 geborene Tochter Maria Louise Mannoury.

Jean Pierre Rabeau, wurde demnach der Zieh- bzw. Pflegevater der Maria Louise Mannoury, als dieser im Jahr 1779 die Witwe Dorothee Mannoury geborene Rouviere ehelichte. Er, aus Pasewalk kommend, hatte sich ebenfalls als Gerbermeister in Angermünde niedergelassen.

Wann genau die Übersiedlung der Familie nach Kosten erfolgte ist nicht bekannt.  1816 gab Johann Wilhelm / Guillaume bei seiner Eheschließung in Dresden noch an, dass er der Sohn des in Angermünde ansässigen Lohgerbers Peter Rabbow gewesen sei. Möglich wäre, dass die Eltern sich im Alter zu ihrem Sohn Jean David, welcher in Kosten ansässig gewesen worden war, begeben hatten und die Mutter  sich letztlich als Witwe bei ihrer in Grätz ansässigen Tochter bis zu ihrem Tod aufhielt.

Als Kinder des Ehepaares Rabeau/Rabbow und Rouvier, recherchiert aus den Eintragungen der Kirchenbücher, waren geboren worden:

Die Eintragungen der Geburten und Taufen finden sich in den Kirchenbüchern der jeweiligen Jahrgänge der französisch-reformierten bzw. den evangelischen Gemeinden.

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Maria Louise Mannoury war in Angermünde an den Bäckermeister Warenbourg verehelicht worden.

Jean David / Johann David Rabbow, geboren 1782, hatte sich als Lohgerber zu Kosten niedergelassen und wurde dort auch später Rathsherr.

Guillaume Theophile / Wilhelm Gottlieb Rabbow, geboren 1786, war als Lohgerber zu Dresden ansässig geworden.

Jean Pierre / Peter Rabbow, siehe die nachstehende Bekanntmachung des Polizeibürgermeisters von Moschin, wurde zum Rothgerbermeister der Stadt, späterhin fand er auch als Gastwirth Erwähnung.

„Nachdem es meinen Bemühungen gelungen ist, den Rothgerbermeister Peter Rabbow hier ansäßig zu machen, und durch ein für ihn erkauftes Haus sein Bleiben der hiesigen Stadt zu sichern, nehme ich mir die Ehre, davon ein hochgeehrtes und hierbei interessirtes Publicum zu benachrichtigen.

Ich kann versichern, daß Herr Peter Rabbow sich durch Verdienste, Rechtschaffenheit, und Vorzüge vor vielen andern seines Gleichen, Berücksichtigungen werth macht.

Aus dieser Ursache trage ich kein Bedenken, das in der hiesigen Gegend mit Leder Handel, oder dessen Verarbeitung sich beschäftigende Publicum bittlichst zu ersuchen, demselben volles Zutrauen zu schenken.

Besonders muß ich einen jeden, der rohe Leder oder eichne und Haarweiden-Borke feil hat, bitten, diese dem hier ansässigen Gerber zu vergönnen, und beim Verkauf sich unmittelbar an ihn zu wenden; gern wird derselbe so viel mehr bezahlen, als die jüdischen Unterhändler und Mackler Gewinn nehmen.

Wer es nur für vortheilhaft halten sollte, zu seinem Bedarfe Felle zum Ausgerben zu geben, kann schon deshalb sich billige und prompte Aufwartung von dem hier ansäßigen Gerber versprechen, weil derselbe auf eine englische und kurze Art zu gerben versteht.

Uebrigens muß ich bemerken, daß dessen fertige Leder sich selbst durch Güte vor anderweit fabricirten empfehlen werden.

Moschin, den 14. December 1816

Schröder, Polizei Bürgermeister“

Charlotte Caroline / Johanna Caroline, geboren 1790 wurde im Jahr 1808 in Schmiegel mit dem verwitweten Bürger und Müllermeister Johann Christian Stahn (*ca. 1767) aus Grätz getraut. Nach dessen Tod schloss sie im Jahr 1822 zu Grätz die Ehe mit dem Müller Samuel Zugehör (* 1767).

Ob der 1794 geborene Goddefroid identisch ist mit dem späterhin in Posen ansässigen Müllermeister Gottfried Rabbow konnte bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels nicht belegt werden.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Personenstandsunterlagen: www.Ancestry.com; Staatsarchiv Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/ [2]); Veröffentlichung Moschin: Oeffentlicher Anzeiger – Beilage des Amts-Blattes Nro. 50. der Königl. Regierung zu Posen. – Nro. 16. – Posen den 24. December 1816

Gebäude der Stadt Neutomischel – Posener Str. 76 – die Anfänge

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Im Jahr 1806 ehelichte der Böttcher Meister Johann Gottfried Hecke die Johanna Rosina Kern. Während von letzterer der Vater Johann Gottfried (ca 1758-1815), ein Bürger und Müller zu Neu Tomysl, genannt worden war, blieb bis jetzt die Herkunft des Johann Gottfried unbekannt. Nach den Eintragungen der Eheschließung der Brautleute im Kirchenbuch waren diese ca. 1783 bzw. 1788 geboren worden.

Ihre Kinder Carl August, Johann Gottlieb, Johann Julius, Johanna Caroline, Johanna Juliane und Johann Wilhelm Heinrich waren in den Jahren 1807 – 1817 geboren worden. Während seine älteren Geschwister in der Umgebung ansässig geworden waren, blieb der jüngste Sohn Johann Wilhelm Heinrich, geboren 1817, in der Stadt als Bürger und Böttcher wohnhaft.

Johanna Rosina Hecke, geborene Kern, lebte nach 1828, dem Todesjahr ihres Ehemannes weiterhin  in Neutomischel. Im Jahr 1836, als die Gebäude der Stadt für die einzudeckende Feuerversicherung taxiert werden mussten, galt sie als Eigentümerin des Wohnhauses mit Stall in der Posener Straße 76. Sie verstarb im Jahr 1852.

Beschrieben wurde eines seinerzeit in der Stadt üblichen Häuser. Das Wohngebäude war ca. 14,5×9,5 Meter lang bzw. breit und ca 2,3m hoch. Es war von Fachwerk, welches mit Ziegeln ausgemauert gewesen war. 5 Stuben und eine Kammer, 1 Keller und eine Küche, welche über 1nen Kachel- und 3 Ziegelöfen beheizt wurden. Licht gelangte in das Gebäude über 12 zweiflügelige Fenster und eine Giebelluke.

Ein Giebel des Gebäudes stieß an das Haus des Johann Friedrich Thomas (No. 75), und der andere an die offene Einfahrt zum Grundstück. Dass dieses Gebäude schon etwas älter war zeigte sich darin, dass eine Dachhälfte als in schlechtem Zustand, einige Säulen des Fachwerks als im unteren Bereich angefault und in einer Stube und einem Flur der Boden als ausgetreten beschrieben worden waren.

Das Gebäude war zum Zeitpunkt der Bewertung ca. 40 Jahre alt (BJ ca. 1796) gewesen und es waren jährlich Reparaturen durchgeführt worden.

Auf dem Grundstück stand neben dem Wohnhaus noch ein Stallgebäude; 8,8×4,5×1,80m (Breite,Länge,Höhe). Erbaut von 3 Zoll starken Bohlen, mit Bretter verschlagenen Giebeln, einem Lehmboden und einem zum Teil mit Schindel und/oder Brettern gedecktem Dach, letzteres war als schlecht eingestuft worden.

Das Alter des Stalles war mit etwa 20 Jahren angegeben worden, also einem Baujahr um das Jahr 1816 herum.

Mit dem genannten Alter der Bebauung auf der Stadtparzelle 76, könnten das Ehepaar Johann Gottfried Hecke und Johanna Rosina Korn die Erbauer gewesen sein.

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Wie schon erwähnt galt der jüngste Sohn Johann Wilhelm Heinrich Hecke, von Beruf Böttcher wie sein Vater, als in Neu Tomysl ansässig. 1842 war Rosina Dorothea Johanna Schirmer an ihn verheiratet worden.

Sie war im Jahr 1816 zu Sontop als älteste Tochter der Eheleute Johann Samuel und Rosina Dorothea, geborene Tepper geboren worden. Ihr Vater hatte als Eigentümer und Bäckermeister des Dorfes gegolten.

Im Januar 1854 verstarb Johann Wilhelm Heinrich Hecke. Laut Toteneintrag im Kirchenbuch hinterließ er ein Vermögen von 700 Thalern aber keine Kinder.

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Die Witwe Rosina Dorothea Johanna Hecke geborene Schirmer ehelichte im April 1855 Johann Wilhelm Friedrich Schröter; Sohn des Müllers Johann Friedrich Wilhelm Schröter und dessen Ehefrau Rosina Dorothea Lehmann. Sein Pflegevater, sein leiblicher Vater war bereits 1836 als er 6 Jahre alt gewesen war, verstorben, war der Fleischer Adolph Eduard Röstel gewesen.

Im Jahr 1863 war von ihnen auf dem Grundstück ein größerer, zwei Stock hoher Stall mit einer Grundfläche von ca. 40 Quadratmetern errichtet worden. Die Schätzung des Wertes zur Eindeckung der Feuerversicherung für dieses Gebäude war mit 100 Thalern vorgenommen worden.

Rosine Dorothea Johanna Schröter, verwitwete Hecke, geborene Schirmer verstarb 1864. Auch ihre zweite Ehe war kinderlos geblieben.

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Es war im Jahr 1869 als Anna Mathilde Gerlach, geb. 1838 zu Zinskowo an den Witwer Johann Wilhelm Friedrich Schröter verehelicht wurde. Sie war die Tochter des Lehrerehepaares Wilhelm August Carl Gerlach und seiner Ehefrau Johanna Dorothea geborene Pohl aus Zinskowo gewesen.

Im Juli 1870 wurde der gemeinsame Sohn Paul Wilhelm Oscar in Neutomischel geboren. Weitere Kinder sind nicht bekannt.

Mit Schreiben vom 16. Februar 1886 informierte das Königliche Amtsgericht Neutomischel unter Aktenzeichen 76 / Ordnungs-No. 14 den Königlichen Herrn Landrath

“… ergebenst, daß der Eigenthümer Wilhelm Schröter aus seinem Grundstücke Neutomischel No. 76 eine Parzelle von 0 Hektar, 18 Ar 90 Quadrat Meter an den Böttchermeister Wilhelm Knoll verkauft hat.

Auf Grund der Auflassung vom 15. d. Mts. Ist diese Parzelle von dem Grundbuchblatte No. 76 Neutomischel abgeschrieben, auf das neue Grundbuchblatt No. 186 Neutomischel übertragen und der oben genannte daselbst als Eigentümer eingetragen worden.“

 Wir nehmen an, das es sich um Johann Wilhelm Heinrich Knoll, geb. 1845 zu Glinau, in 1ster Ehe verbunden mit Johanna Wilhelmine Mathilde Zithier (verstorben 1873 zu Neutomischel) und in 2ter Ehe mit Ernestine Emilie Zithier gehandelt hat.

Etwa ab dem Jahr 1897 war Paul Schröter als Tischler in Berlin in der Stendaler Straße 8 ansässig. Seine Anschrift änderte sich erst nach seiner Eheschließung im Jahr 1905.

Sein Vater verstarb im Dezember 1900 in Berlin, als seine Anschrift, wurde die seines Sohnes im Sterbeeintrag genutzt. Seine Mutter verstarb im Mai 1914, ihre letzte Adresse wurde mit der Schwerinstraße 4 in Berlin angegeben.

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Nach dem Wegzug der Familie Schröter aus Neutomischel war die Stadtparzelle 76 in der einstigen Posener Straße durch den Fleischermeister Wilhelm Georg Friedrich Scheibe übernommen worden. Er war im Jahr 1825 in Neu Tomysl als Sohn der Eheleute Johann Wilhelm Samuel und Johanna Susanna (geb. Kaulfuss) Scheibe zur Welt gekommen.

In 1ster Ehe, diese war 1850 geschlossen worden, war Wilhelm Scheibe mit Johanna Juliane geborene Fechner, sie war 1833 zu Alt Jastremske geboren worden, verbunden gewesen. Sie verstarb nach nur kurzer Zeit im Februar 1853. Die Kinder aus dieser Ehe waren zum Zeitpunkt ihres Todes schon verstorben gewesen. Zur 2ten Ehefrau war Juliana Beate Johanna geborene Bautz im Jahr 1853 geworden. Sie war in Konkolewo als Tochter der Eheleute George Friedrich Bautz und Dorothea Elisabeth Korn geboren worden.

Beide Ehepartner verstarben im Jahr 1900; Juliana Beate im Februar und Wilhelm im September.

Hinterlassen wurden der Sohn Johann Carl Hermann August, geboren 1855 und die Tochter Anna Emilie geboren 1859.

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Etwa um die Jahrhundertwende, so wird geschätzt, veränderte sich das Antlitz der Posener Straße. Die kleinen Häuser, mit ihren Gärten hatten großen imposanten Häuserzeilen weichen müssen.

Auch die einstige Stadtparzelle 76 wandelte sich unter neuen Besitzern. Doch dazu später mehr.

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Tirschtiegel nach Port Adelaide – 15.200 km – Familienclan Braunack / 1850

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Tirschtiegel – Bentschener Strasse / AK Ausschnitt

In unserem Artikel „1865 Steinborner und Prüfer verliessen Milostowo in Richtung Australien [4]“ haben wir den Schneider Johann Gottlieb Fromm, geboren im Mai 1821 zu Milostowo, als Onkel von Wilhelmine Caroline Prüfer erwähnt.

Er war gemeinsam mit seiner Ehefrau Auguste Dorothea geborene Braunack, letztere gebürtig aus Tirschtiegel auf dem Schiff „San Francisco“ am 23. Juni 1850 ab Hamburg nach Port Adelaide, wo sie am 14 Oktober 1850 anlangten, ausgewandert.

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Auguste Dorothea war jedoch nur ein Familienmitglied der großen Familie Braunack und deren angeheirateten Verwandten, welche die Zukunft ihres Lebens in Australien sahen. Ableitend aus den aus verschiedensten Quellen zusammengestellten Passagierlisten des Robert Janmaat, die Originale sind längstens nicht mehr erhalten, haben wir nachstehend einiges über die Ausgewanderten zusammengestellt.

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Einige Ausarbeitungen sind Vermutungen. Dabei haben wir dargestellt, aus welchen Quellen sich diese ergaben. Gegenprüfbar sind diese nach derzeitigem Stand nicht. Leider sind zu viele noch erhaltene Kirchenbücher nicht für „Alle“ zugängig und werden wie streng vertrauliche Geheimakten auch noch nach hunderten von Jahren unter Verschluss gehalten. Nach derzeitigem Wissensstand ist auch nicht vorgesehen diesen Umstand bei den betroffenen Einrichtungen zu ändern. Ebenso sind sehr viele Dokumente noch nicht archiviert und die Arbeiten hierzu sind längst nicht abgeschlossen, sie schreiten aber voran. Ja und letztlich nicht zu vergessen die Unterlagen, welche durch Kriege und Unruhen unwiderruflich vernichtet sind.

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Als älteste Ahnen dieser Familie sind Christian Gottlieb Braunack (1747-1807) und seine Ehefrau Johanna Juliana Eleonore geborene Schirmer (1747-1805) anzusehen. Der Ehr- und Wohlgerechte Meister Christian Gottlieb Braunack war als bestallter Schulhalter und Kirchenschreiber zu Bauchwitz tätig.

Vermutlich wurden hier alle Söhne des Paares geboren. Wir haben die Geburtsdaten meist geschätzt oder errechnet aus den gefundenen Eheeintragungen. Es waren Johann Gottlieb, Christian Gotthilf, Samuel Gottlieb, Emanuel Gottlieb, Carl Ludwig, Daniel Gottfried und Friedrich Wilhelm welche in den Jahren 1770 – 1788 geboren wurden.

Von Emanuel Gottlieb ist das exakte Geburtsjahr 1777 bekannt und er findet Erwähnung als 4ter Sohn; gleiches gilt für Carl Ludwig er hatte das exakte Geburtsjahr 1780 und wurde als 5ter Sohn genannt; bei Daniel Gottfried fand sich lediglich, dass er der 6te Sohn gewesen war und als jüngster galt Friedrich Wilhelm.

Irgendwann zwischen den Jahren 1780-1805 gab Christian Gottlieb seine Tätigkeit in Bauchwitz auf. Er galt fortan als Bürger und Tuchmacher zu Tirschtiegel und gleichfalls als Schulhalter zu Hüttenhauland oder vielleicht umgekehrt ? oder war er lediglich in der Innung der Tuchmacher zu Tirschtiegel ? oder nur Schulhalter ? Gefunden wurden nur Einträge, welche ihn und seine Frau als in Hüttenhauland ansässig erwähnten.

Belegt ist, dass Johanna Juliane Eleonore Braunack geborene Schirmer im Jahr 1805 und Christian Gottlieb im Jahr 1809 zu Hüttenhauland verstorben sind. Letzterer als Schulhalter und -vorsteher.

Alle Söhne des Paares wurden Bürger in Tirschtiegel und galten als Tuchmacher und -meister der Stadt.

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Partie an der Obra / AK Ausschnitt

Legen wir unser Augenmerk auf den „jüngsten“ Sohn, den ca. 1788 geborenen Friedrich Wilhelm Braunack. Im Jahr 1815 wurde die ca. 1796 geborene Johanna Beate Hoffmann an ihn verheiratet. Ihr Vater war lt. Eheeintrag Johann Gottfried Hoffmann, Bürger und Eigentümer in Tirschtiegel, eine Mutter wurde nicht angegeben.

Kinder des Paares waren Johanna Justina geboren im Jahr 1816, Carl Heinrich Wilhelm 1818, Johanna Eleonore Juliana 1821, die oben erwähnte Auguste Dorothea 1823, Johann Rudolph 1825, Gustav Reinhold 1827 und Gotthilf Hermann 1831.

Johanna Justina verstarb 1817 im Alter von knapp 2 Jahren und Johann Rudolph verstarb nur 2 Stunden nach seiner Geburt.

Die Passage auf der Barge „San Francisco“ welche im Juni 1850 von Hamburg nach Australien versegelte müsste nach dem März 1848 gebucht worden sein. Dem Jahr, in dem Johanna Eleonore Juliane mit Johann Samuel Müller Ehe schloss und die Entscheidung gefallen war ebenfalls auszuwandern.

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Hier allerdings kommt ein erster Widerspruch zu der Veröffentlichung „Um des Glaubens willen nach Australien“ von Pastor W. Iwan aus dem Jahr 1931 und den später seitens des Robert Janmaat zusammengestellten Passagierlisten.

In seinem Buch erwähnt Pastor W. Iwan für die Jahre 1838-1841 die Auswanderer Karl Braunack, 57 J, Tuchmacher mit 5 Kindern, das älteste 20 J, welcher über 400 Taler Vermögen verfügte und Vorsteher der luth. Gemeinde gewesen sein soll. Weiterhin wird aufgeführt ein Friedrich Braunack, 47 J, ebenfalls Tuchmacher, Bruder des Karl, mit 5 Kindern, wovon das älteste 16 J.

Somit hätten sie zu den „lutherischen Separatisten aus Meseritz, Tirschtiegel, Bentschen und Prittisch gehört, welche um Erlaubnis zur Auswanderung nachgesucht hatten“.

Ebenfalls genannt wurde Wilhelm Hampel, 41 J, wiederum Tuchmacher, mit 4 Kindern, wovon das älteste 9 J gewesen sein soll; er soll ebenfalls Vorsteher der luth. Gemeinde zu Tirschtiegel gewesen sein. Auf diese Familie kommen wir später nochmals zurück, da auch diese mit den Braunack verbunden gewesen zu sein scheint.

Wollte der ältere Bruder Carl Ludwig die Reise mit Friedrich Wilhelm gemeinsam antreten ?

Eine Erklärung hierzu haben wir nicht, Gründe für eine Verschiebung einer Ausreise mag es einige gegeben haben, wie z. B. fehlende, von den Behörden geforderte, Dokumente zur Ausreise oder Krankheiten in der Familie.

Es vergingen zwischen den erwähnten Daten bei W. Iwan mit einer Ausreise für die Jahre 1838/1841 und den gefundenen Daten für das Jahr 1850/1851 neun Jahre, eine lange Zeit, welche auch einschneidende Veränderungen mit sich brachte.

Aus den Aufzeichnungen des lutherischen Pastor Schilter ist zu erfahren: … dass die preußische Regierung die so genannte „General Konzession für die von der Gemeinschaft der evangelischen Landeskirche sich getrennt haltenden Lutheraner vom 23. Juli 1845 erlassen hatte. Diese gewährte den Lutheranern freie Religionsübung. Bereits am 25. März wurde in Tirschtiegel durch Pastor Oster in Gegenwart der dortigen Gemeinde der Grundstein einer Kirche gelegt, die am 22. Oktober 1846 gleichen Jahres eingeweiht wurde.“

Dieses müsste die Familie Braunack noch in Tirschtiegel miterlebt haben.

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Wie auch immer, kommen wir zurück zur Familie Friedrich Wilhelm Braunack für das Jahr 1850. Eine Stütze der nunmehr älteren Eheleute Braunack, sie waren ca. 62 bzw. 54 Jahre alt, war es wohl gewesen, dass die Söhne Carl Heinrich Wilhelm ca. 32 und Gotthilf Hermann ca. 19 Jahre alt, sowie die Schwiegersöhne – Johann Samuel Müller ca. 47 und Johann Gottlieb Fromm ca. 29 Jahre alt – mitreisten.

Keine Informationen wurden zu dem 1827 geborenen Sohn Gustav Reinhold gefunden, sein Verbleib ist zur Zeit noch unbekannt.

Auch ein Mitreisender war Johann August Minge, alleinreisend, ca. 20 Jahre alt, Halbbruder des Johann Gottlieb Fromm.

Ebenfalls gehörten noch die Müller Kinder aus der ersten Ehe des Johann Samuel mit der im Jahr 1846 verstorbenen Johanna Eleonore geborene Dreher zu den Reisenden; es waren Anna Rosina Erdmuthe geboren 1829, Carl Samuel 1840 und Carl Eduard Andreas 1842.

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Es kam bei den Braunack ebenfalls zur Wiederholung der Geschichte der Nachwanderung von Nachkommen der Ausgewanderten.  Die 1865 nach Australien ausgewanderte Familie Steinborner – Prüfer waren die schon Nachfahren früher Ausgewanderter; und indirekt waren auch sie mit den Braunack familiär verbunden.

Bei einem Rückblick nach Tirschtiegel, ist zu finden, dass dort der 1780 geborene Carl Ludwig Braunack, als Bürger und Tuchmachermeister mit seiner ihm im Jahr 1807 angetrauten Ehefrau Dorothea Elisabeth geborene Hoffmann lebte. Er verstarb im Jahr 1851.

Ein Sohn dieses Paares war Gotthilf Adolph Braunack; 1818 zu Tirschtiegel geboren. Der 1850 ausgewanderte Friedrich Wilhelm war sein Onkel, bzw. er der Neffe von ihm.

Im Jahr 1851 hatte er die im Jahr 1831 geborene Johanna Juliana Horlitz geehelicht.

Als Kinder des Paares wurden Emilie ca. 1852, Maria ca. 1854, Carl ca. 1857, Ernst August 1860 (er verstarb im gleichen Jahr) und Pauline Martha 1861 geboren. Die Familie siedelte zu Lipke ehe sie im November 1861 auf dem Schiff „Wandrahm“ nach Australien auswanderte.

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Zu Beginn unserer Ausarbeitung haben wir Johanna Beate Hoffmann als Ehefrau des Friedrich Wilhelm Braunack erwähnt. Rückgerechnet aus dem Eheeintrag müsste sie ca. 1796 geboren worden sein. Geschrieben fand sich, dass sie die jüngste Tochter des Johann Gottfried Hoffmann, Bürger und Eigentümer zu Tirschtiegel gewesen sei.

Verwunderlich war bei den Recherchen, dass nichts zu einer Familie Hoffmann zu Tirschtiegel in den Kirchenbuchaufzeichnungen gefunden wurde.

Daher ist es reine Vermutung, dass Dorothea Elisabeth Hoffmann, geboren ca 1790, und verehelicht gewesen mit Carl Ludwig Braunack eine ältere Schwester der Johanna Beate, Ehefrau des jüngeren Bruders Friedrich Wilhelm gewesen ist.

Unsere Vermutungen gehen sogar noch weiter.

Johanna Louise Hoffmann, geboren ca. 1805, wurde 1827 mit Friedrich Wilhelm Hampel verehelicht. Im Eheeintrag wurde geschrieben, dass sie die jüngste Tochter des Johann Gottfried Hoffmann, Bürger und Tuchmacher, aus Tirschtiegel gewesen sei.

Dieses Paar hatte sich mit ihren Kindern Friedrich Gustav geboren 1826, Gotthilf Heinrich geboren 1830, Rudolph Hermann geboren 1832, Maria Caroline Wilhelmine geboren 1836 und der Johanna Emilie geboren 1839 auf der im Jahr 1841 von Altona versegelten „Skjold“ eingeschifft.

Auf dieser Reise waren auf See neben vielen anderen der Friedrich Wilhelm Hampel und die kleine Johanne Emilie ums Leben gekommen.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Personenstandsunterlagen: www.Ancestry.com; Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/ [2]), www.theshipslist.com

 

Einer blieb zurück – August Johann Friedrich Kalewske, geboren 1816

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Gollmuetz – Strasse am Teich / AK Ausschnitt

August Johann Friedrich Kalewske wurde im Jahr 1816 zu Bauchwitz geboren. Seine Eltern waren Johann George Kalewske und Johanna Dorothea geborene Geyer. Er war der älteste Sohn der Familie.

In unserem Beitrag  1838 Auswanderung der Familie Kalewske/Geyer nach Australien [7] haben wir bereits eine kleine Zusammenstellung seiner Familie veröffentlicht.

August blieb als junger Mann von 22 Jahren als einziger in der Heimat zurück. Was seine oder die seiner Eltern gewesenen Beweggründe zu dieser Entscheidung gewesen waren ist längstens nicht mehr bekannt.

Schon mehrfach kam in Gesprächen auf, ob zwischen den Zurückgebliebenen und den Ausgewanderten eine Verbindung aufrecht erhalten wurde bzw. werden konnte ? Im Fall von August und seinen Eltern scheint eine solche vielleicht gar nicht mehr bestanden zu haben.

August, im 31zigsten Lebensjahr, er war als Wirtschafts-Aktuarius zu Gollmütz bei Schwerin an der Warthe tätig gewesen, hatte beschlossen im Februar 1847 die Ehe mit Johanna Louise Pietschke einzugehen.

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… die Einwilligung seines ausgewanderten Vaters nicht beibringen konnte … / Hinweis im Eheeintrag KB Züllichau 1847

Die „Aeltern“ der Braut, ihr Alter wurde mit 23 ¼ Jahren angegeben, willigten in die Eheschließung ein. Jedoch fühlte der Pastor sich bemüßigt im Hinblick auf den Bräutigam zu vermerken „da er die Einwilligung seines ausgewanderten Vaters nicht beibringen konnte, (ihn) mit der Folge, die es für ihn haben könnte, bekannt gemacht“ zu haben.

Was mag in August vorgegangen sein ? – er war im 31zigsten Lebensjahr, er war der letzte seiner Familie, der nicht ausgewandert war, seine Eltern waren seit vielen Jahren in Australien, er wollte heiraten und ihm fehlte die Einwilligung des Vaters zur Eheschließung, welche dadurch schlimmstenfalls für ungültig erklärt werden konnte.

Doch die Ehe wurde vollzogen und im Laufe der Jahre kamen seine Kinder Eduard Carl Heinrich und Maria Amalie zu Gollmütz, Johann George Richard zu Liebuch, Johann Friedrich Wilhelm zu Goray, Emma Liebegott zu Wierzebaum, Gustav Adolph zu Glosewo und Anna Elisa zu Bielsko in den Jahren 1848-1867 zur Welt.  Alle Orte lagen im Gebiet der Kreise Schwerin an der Warthe, Prittisch und Birnbaum. Letztlich ist die Familie in Grüne Tanne (Zielona Chojna) bei Bielsko, in etwa 4,5 km von Birnbaum (Miedzychod) ansässig gewesen.

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Der Familienname wurde in verschiedenen Variationen verwendet: Kalewske – Kaleske – Kalleske – Kaliske – u. a.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Personenstandsunterlagen: www.Ancestry.com und Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/ [2])

Die „Rabiger“ – von Deulowitz zur Hammritzker Wassermühle

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Deulowitz bei Guben / Kartenausschnitt

Im Oktober 2023 haben wir unseren Artikel über die Erbmüller der Hammritzker Wassermühle für die Jahre 1776-1900 veröffentlicht. Im Zuge der Recherchen fand sich, dass die verwittwete Frau Anna Lowisa Wierse geborene Paulckin, den Herrn Johann Gottlob Rabiger im Jahr 1779 ehelichte.

Wie eigentlich in der Mehrzahl der Eintragungen wurde nichts über die Herkunft der Brautleute erwähnt

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Umso interessanter war daher ein Eintrag aus dem Jahr 1786 – in diesem steht geschrieben, dass den 28. Februar 1786 des Herrn Johann Gottfried Rabigers, gewesenen ehemaligen Erbbesitzers der „Deylowitzer Waßer Mühlen“ in Sachsen, welcher sich aber seit geraumer Zeit bey seinem lieben Bruder, Herrn Johann Gottlob Rabiger, Erbbesitzer der hiesigen Hammritzker Waßer Mühlen, aufgehalten, liebe Ehe Frau Johanna Christiana Elisabeth, geborene Pötschkin, mit einer Station und Leichen Predigt, auf unserem Neu Städtschen Gottes Acker beerdigt worden; alt 40 Jahr, 3 Monathe und 3 Wochen.

Deylowitzer Waßer Mühlen ? – nach Nachschlagen in einigen alten Ortsbüchern fand sich, dass hier vermutlich der Ort Deulowitz gemeint ist. Als Archiv-Akte im Brandenburgischen Landeshauptarchiv Potsdam wird dann noch im Inhaltsverzeichnis: „17B 7694; Konfirmation des Kaufvertrages zwischen Hans Georg von Rabiger und seinen Sohn Johann Christoph Rabiger über die Erbmühle zu Deulowitz; 1741 (Akte)“ aufgeführt, welcher die Vermutung bekräftigt.

Die Brüder Johann Gottlieb und Johann Gottfried Rabiger könnten rein rechnerisch Söhne des oben erwähnten Johann Christoph Rabiger gewesen sein.

Vielleicht ist es durch unseren Beitrag möglich die Familien Rabiger zusammen zu führen und weiteres zu erfahren . . .

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Personenstandsunterlagen: Ancestry.com und Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/ [2]); Karte –  Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa

Jahresende und – wechsel 2023/2024

geschrieben von Gudrun Tabbert
(GT)
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Frohe Weihnachten und Alles Gute für das Neue Jahr

2023 – 2024

Wesołych Świąt i Szczęśliwego Nowego Roku

Cjarmatter, Cöllmno Hauland war Garmatter, Chelmno Hauland / 1878

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Verkaufsofferte / 1878

„Krankheithalber will ich meine zu Cöllmno Hauland gehörige Ackerwirtschaft für 5.500 Thlr. verkaufen.

70 Morgen Acker, meist Weizen- und Gerstenboden mit todtem und lebendem Inventarium, 3 Pferde, 7 Stck. Rindvieh, Schafe, Schweine, 2 Wagen, Dresch- und Häckselmaschine u. s. w.

Carl Cjarmatter, Cöllmno Hauland bei Pinne, Kreis Samter in Posen“

Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung,  Dienstag, 19.02.1878

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Der Familienname Cjarmatter und auch der Wohnort Cöllmno Hauland bei Pinne waren doch etwas ungewohnt beim ersten Lesen dieser Verkaufsanzeige.

Bei dem Verkäufer handelte es sich um Carl Ludwig Garmatter, geboren ca. 1830 in Pennsylvanien als Sohn des David Ludwig Garmatter und dessen Ehefrau Johanna Wilhelmine geborene Strache. Beide Elternteile verstarben 1883 bzw. 1885 noch zu Chelmno Hauland.

Carl Ludwig Garmatter hatte im Jahr 1867 die aus Zammorze gebürtige Wilhelmine Erdner (*ca. 1837) geehelicht.

Ihre gemeinsamen Kinder Johanna Louisa Bertha, Carl Friedrich Wilhelm, Auguste, Franz August und Gustav Gotthold waren alle zwischen 1869-1879 zu Chelmno Hauland geboren worden.

Wilhelmine Garmatter geborene Erdner verstarb 1901 zu Lubosch und Carl Ludwig Garmatter im Jahr 1906 zu Bialokosz Hauland.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Zeitungen deutsche-digitale-bibliothek.de; Personenstandsunterlagen: Ancestry.com und Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Erbmüller der Wassermühlen von Sempolno und Mitrenga – Teil 2 / 1779-1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Grab der Anna Maria Steindamm geborene Eisermund 1783-1856 / Aufn. PM

Die Wassermühlen von Sempolno und Mitrenga waren vor über 220 Jahren familiär eng verbunden.

Während für die Sempolnoer Wassermühle als älteste Kirchenbuchaufzeichnung der Erbbesitzer Samuel Eisermund mit seiner Ehefrau Anna Rosina geborene Zeh gefunden wurde, so war der Erbbesitzer der Mitrengaer Wassermühle Gottlieb Müller / Miller  mit seiner bzw. seinen nicht namentlich genannten Ehefrau/en, er war zumindest zweimal verheiratet gewesen.

Im Jahr 1803 ehelichte der älteste Sohn der Eheleute Samuel und Anna Rosina Eisermund von der Sempolnoer Wassermühle, der ca. 1779 geborene Johann Daniel Eisermund, Nachfolger als Erbbesitzer, die Maria Elisabeth Müller, jüngste Tochter aus 2ter Ehe des Gottlieb Müller von der Mitrengaer Wassermühle.

Dieses war bereits die zweite Verbindung der Familien, denn schon ca. 1799 hatte die Tochter Anna Maria Eisermund, geboren 1783, den Friedrich Christian Müller, Erbbesitzer der Mitrengaer Wassermühle, geehelicht.

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Teil – 2 – Die Mitrenga’er Mühle oder auch Mitrenger Mühle

Friedrich Christian Müller verstarb im Jahr 1811. Mit seinem Tod wurde seine Witwe Anna Maria Müller geborene Eisermund zur Erbbesitzerin der Mitrenga Mühle.

Es fanden sich in den Kirchenbuchaufzeichnungen fünf in dieser Ehe geborene Kinder; 4 Mädchen und als jüngstes ein Junge. Letzterer wurde 2 Monate vor dem Tod des Vaters geboren. Laut seinem Taufeintrag erhielt er die Namen Ernst Gottlieb, er führte in späterer Zeit dann den Namen Ernst August – vielleicht im Gedenken an seinen Vater ?

Die Mühlenbesitzerin ehelichte im Jahr 1812 den aus dem Raum Zielenzig gebürtigen August Friedrich Steindamm (ca. *1783), welcher durch diese Eheschließung zum Erbbesitzer der Mitrenga Mühle wurde.

In dieser Ehe wurden 2 Söhne, 1813 und 1818 und 1 Tochter, im Jahr 1822 geboren. Die Söhne waren später als Mühlenbesitzer in Tomnice Dorf und in Tirschtiegel ansässig.

Die Mühle zu Mitrenga ging in den Erbbesitz des Ernst August Müller über, eben jenen Sohn, welcher seinen Vater nie hat kennengelernt. Dieser heiratete ca. 1838 in 1ster Ehe Ulrike Wilhelmine Vollmer. Ihre Herkunft ist unbekannt. In dieser Ehe wurde im Jahr 1839 ein Sohn geboren. Er wurde Müller zu Schönlanke im Kreis Czarnikau.

Nach dem Tod seiner 1sten Ehefrau im Jahr 1845, schloss Ernst August Müller im Jahr 1847 die Ehe mit Henriette Auguste Lehmann. Sie war gebürtig von der Neumühle, seinerzeit im Kreis Bomst später im Kreis Wollstein belegen.

In dieser 2ten Ehe wurde Friedrich Wilhelm Heinrich Müller im Jahr 1850 geboren. Er wurde der nächste Besitzer der Mitrenga‘er Mühle.

Seine Ehefrau wurde im Jahr 1876 Maria Mathilde Haendtschke. Sie war gebürtig von der Neumühle bei Tirschtiegel.

Friedrich Wilhelm Heinrich Müller starb im Jahr 1913, wir haben keine Nachkommen auffinden können. Sein Tod wurde durch Wilhelm Seydlitz angezeigt. Dieser war als Mühlenbescheider auf der Mühle tätig gewesen.

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Wassermühle zu Mitrenga, die Erb-/Besitzer – ca Zeiträume

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Ancestry.com und Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Erbmüller der Wassermühlen von Sempolno und Mitrenga – Teil 1 / 1779-1907

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Sempolno Muehle / AK-Ausschnitt Sammlung Kraft

Die Wassermühlen von Sempolno und Mitrenga waren vor über 220 Jahren familiär eng verbunden.

Während für die Sempolnoer Wassermühle als älteste Kirchenbuchaufzeichnung der Erbbesitzer Samuel Eisermund mit seiner Ehefrau Anna Rosina geborene Zeh gefunden wurde, so war der Erbbesitzer der Mitrengaer Wassermühle Gottlieb Müller / Miller  mit seiner bzw. seinen nicht namentlich genannten Ehefrau/en, er war zumindest zweimal verheiratet gewesen.

Über die Herkunft der Familie Eisermund ist nichts bekannt. In den Kirchenbuchaufzeichnungen ist nur zu finden, dass bei den Eintragungen ab und an der häufig in der Region vorkommende Familienname Eisermann in den selteneren Namen Eisermund korrigiert wurde.

Im Jahr 1803 ehelichte der älteste Sohn der Eheleute Samuel und Anna Rosina Eisermund von der Sempolnoer Wassermühle, der ca. 1779 geborene Johann Daniel Eisermund, Nachfolger als Erbbesitzer, die Maria Elisabeth Müller, jüngste Tochter aus 2ter Ehe des Gottlieb Müller von der Mitrengaer Wassermühle.

Dieses war bereits die zweite Verbindung der Familien, denn schon ca. 1799 hatte die Tochter Anna Maria Eisermund, geboren 1783, den Friedrich Christian Müller, Erbbesitzer der Mitrengaer Wassermühle, geehelicht.

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Teil – 1 – Die Sempolnoer Mühle

Johann Daniel Eisermund wurde schon 1808 Wittwer und schloss seine 2te Ehe mit Johanna Liebegott Haendtschke (ca * 1792). Es wurde nur eine Tochter aus dieser Ehe gefunden, welche kurz nach ihrer Geburt verstorben ist. Nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahr 1828 wurde Johanna Liebegott Eisermund geborene Haendtschke zur Erbbesitzerin der Sempolnoer Mühle.

Im Jahr 1832 schloss Johanna Liebegott Haendtschke, verwitwete Eisermann mit dem aus der Neumark gebürtigen Johann Gottfried Hildebrandt (ca *1792) die Ehe, welcher durch diese Heirat zum Besitzer der Sempolnoer Mühle wurde. Doch diese Ehe währte nur bis 1835, in diesem Jahr verstarb Johanna Liebegott Haendtschke, verwitwete Eisermund, wiederverehelichte Hildebrandt.

Der Witwer Johann Gottfried Hildebrandt heiratete ein Jahr nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahr 1836 Charlotte Anna Rosina Herzberg (ca. *1817). Im Eheeintrag wurden ihre Eltern nicht genannt, lediglich, dass sie die Pflegetochter des August Wagner zu Palziger Hammermühle bei Züllichau gewesen sei. Doch nur 5 Jahre später, im Jahr 1842, verstarb Johann Gottfried Hildebrandt und seine hinterlassene Witwe Charlotte Anna Rosina Hildebrandt geborene Herzberg wurde Besitzerin der Sempolnoer Mühle. Bei richtiger Interpretation der Kirchenbucheintragungen, wurde keiner, der in dieser Ehe geborenen Söhne Nachfolger auf der Mühle.

Die Witwe Charlotte Anna Rosina Hildebrandt geborene Herzberg schloss im Jahr 1843 die Ehe mit Adolph Wilhelm Haendtschke (*1810), womit letzterer zum Besitzer der Sempolnoer Mühle wurde.

Eine nicht zu belegene Vermutung ist, dass der Bräutigam ein Neffe der Johanna Liebegott Eisermund geborene Haendtschke war.

Nach nur 8 Jahren Ehe verstarb Adolph Wilhelm Haendtschke im Jahr 1851. Durch die dritte Eheschließung der Witwe Charlotte Anna Rosina Haendtschke, verwitwete Hildebrandt, geborene Herzberg wurde Wilhelm Friedrich Herzog 1852 zum neuen Besitzer der Sempolnoer Mühle.

Wann genau Wilhelm Friedrich Herzog verstarb ist nicht bekannt, es war auf jeden Fall vor 1875, da bei der Eheschließung seiner Tochter notiert wurde, dass der Vater verstorben gewesen sei.

Die Nachfolge als Besitzer der Sempolnoer Mühle trat Gustav Adolph Haendtschke, geboren ca. 1844 als Sohn des Adolph Wilhelm Haendtschke und der Charlotte Anna Rosina, an. Seine Ehefrau wurde Wilhelmine Hempel, gebürtig aus Mühlberg in Sachsen.

War es der Umschwung der wirtschaftlichen Entwicklung, das Aufkommen der großen Dampfmühlen oder gegebenenfalls auch fehlendes Kapital zur Umrüstung oder Sanierung, oder waren Geschwister oder andere Erbnehmer auszuzahlen gewesen, oder waren es gesundheitliche Gründe, die Gustav Adolph Haendtschke bewogen oder vielleicht sogar gezwungen haben den Familienbesitz aufzugeben?

Im Jahr 1879 ist Gustav Adolph Haendtschke nicht mehr als Mühlenbesitzer erwähnt, er war jedoch noch als Mühlenbescheider tätig; 1882 findet sich dann die Berufsbezeichnung Müller aus Neu Bolewitz.

Die Mühle ging vermutlich in den Jahren 1879-1882 über an Johann Friedrich Giese, geboren 1813 zu Filehne. Aber auch er verstarb bald nach der Übernahme; 1882 zeigt sein Sohn Otto seinen Tod an.

Ihm folgte, vermutlich im Jahr 1882 oder kurz darauf, Carl August Fitzner mit seiner Frau Alma Julie Mathilde geborene Polnow und ihren Kindern. Er war 1833 in Neustadt bei Pinne geboren worden und ehemaliger Bürgermeister von Tirschtiegel. Die Mühle war in seinem Besitz als der Dammbruch der Mühlenteiche im Jahr 1888 zu weiträumigen Umleitungen führte (sh. Kurzmeldung, Beitrag 13. Juli 2013).

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Wassermühle zu Sempolno, die Erb-/Besitzer – ca Zeiträume

 

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Ancestry.com und Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Erbmüller auf der Hammritzker Wassermühle / 1776-1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Hammeritzke – Die Mühle / AK Ausschnitt

Hammeritzke galt letztlich, neben Neumühle und Waldvorwerk als Ortsteil von Altvorwerk. Wann die erste Wassermühle erbaut, und in Betrieb genommen wurde, weiß heute niemand mehr zu sagen. Auch sind die ersten Müller der Hammeritzke Wassermühle längst in Vergessenheit geraten.

Die Müller Familien für die Jahre 1776 bis zum Jahr 1900 haben wir in diesem Beitrag aufgelistet.

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Anhand der noch erhaltenen Kirchenbücher wurde gefunden, dass im Jahr 1776 Herr Christian Wierse der Erbbesitzer der Hammritzker Mühle gewesen war. Im July dieses Jahres hieß es „Herr Christian Wierse, Erbbesitzer der Hammritzker Mühle“ hat „taufen laßen ein Söhnlein, welches die Nahmen Christian Friedrich bekommen“.

Nach dieser Taufe im Juli 1776 aber vor Mai 1779 müsste er verstorben sein. Wann genau wurde nicht gefunden; genauso wenig wie etwas über seine Herkunft oder sein Alter.

Im Mai 1779 ehelichte, „Frau Anna Lowisa gebohrene Paulckin, des Verstorbenen Herrn Wierse, Erbbesitzers der Hammritzker Mühle, hinterlaßene Frau Wittwe“ Herrn Johann Gottlob Rabiger, nunmehrigen Erbbesitzer der Hammritzker Mühle.

Es kann nicht gesagt werden, aus welchem Grund kein Wierse Sohn die Nachfolge angetreten ist. Einzig findet sich, dass Christian Gottlieb Wierse (ca. 1771-1827) als Mühlenbescheider auf der Hammeritzker Wassermühle tätig gewesen war. Die Bezeichnung Mühlenbescheider, welche als in Betrieben der Müllerei vorkommende Sonderbezeichnung für einen als Obermüller oder Mühlenwerkführer beschäftigten verwendet wurde, weist ihn als gelernten und besonders qualifizierten Müller aus.

Anna Lowisa geborene Paulckin verstarb vor dem Jahr 1791. Ihr hinterlassener Witwer Johann Gottlob Rabiger, Erbbesitzer der Hammeritzker Wassermühle schloss im November 1791 seine 2te Ehe mit der Jungfrau Maria Dorothea geborene Fitzke. Sie war die älteste (ca. geb. 1774) Tochter des Herrn Gottfried Fitzke, Arendator der Herrschaft Tomysl, gewesen.

Während die erste Ehe vermutlich kinderlos geblieben war, wurde nun neben seinen Geschwistern auch der „neue“ Erbbesitzer der Hammeritzker Wassermühle Johann August Carl Rabiger (*1801) geboren.

Die Mutter, Maria Dorothea geborene Fitzke verstarb vermutlich im Jahr 1807; und der Vater heiratete ein drittes Mal; Johanna Christina geborene Wittke.

In den Jahren 1825/1826 verstarb einerseits der Vater des Johann August Carl Rabiger und andererseits schloss er selbst die Ehe mit Auguste Friederike Juliana Vollmar. Über ihre Herkunft ist nichts bekannt.

Gustav Adolph Ferdinand Rabiger, geboren im Oktober 1826 als ältester Sohn des Ehepaares, wurde der nächste Besitzer der Hammritzker Mühle.

Er schloss 1868 die Ehe mit Franciska Ulrike Emilie Follenius, Tochter des königlichen Postmeisters zu Tirschtiegel, Herrn Friedrich Anton Julius Follenius und seiner Ehefrau Ida Louise Auguste geborene Röstel.

Doch nur 2 Jahre später, im Jahr 1870 verstarb Gustav Adolph Ferdinand Rabiger. Über seine Nachkommen, ein Sohn und eine Tochter, konnte nichts in Erfahrung gebracht werden.

Seine hinterlassene Witwe heiratete im Januar 1873 erneut. Mit dieser Eheschließung wurde Robert Friedrich August Rittwagen, er war in Tirschtiegel als Wirtschaftprüfer tätig gewesen, zum Besitzer der Hammritzker Mühle.

Im Oktober 1900 wurde seitens des Königlichen Amtsgerichts zu Tirschtiegel das Erlöschen der Firma Robert Rittwagen, Hammeritzker Mühle bei Tirschtiegel eingetragen. Die Familie Rittwagen/Follenius siedelte nach Kemnath Kreis Sternberg über.

Nach 1900 werden Ernst Schulz oder auch ein Herr Borchert als Inhaber der Hammeritzker Mühle genannt. Leider sind diese Angaben aber zu vage, als dass ermittelt werden konnte, ob es sich um weitere Verwandtschaft handelte oder ob ein Verkauf der Hammeritzker Mühle stattgefunden hatte.

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Die ungefähren Zeiträume der Müller auf der Hammeritzker Mühle waren :

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Ancestry.com und Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Kunstdenkmäler in den Kirchen zu Birnbaum

geschrieben von Gudrun Tabbert
(J. Kohte 1895 - Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Grabstein Christoph von Unruh / Bild Original Artikel

Gesucht werden nähere Einzelheiten zu einer Arbeit des Holzbildhauers Gustav Kuntzsch (1848-1919). Eines seiner Werke, ein Altarkreuz, soll für die Kirche Birnbaum, leider ohne nähere Einzelheiten oder einer Angabe des Liefertermins, gefertigt worden seien.

Im Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen, erschienen 1895, wurden für die katholische und evangelische Kirche zu Birnbaum durch Julius Kohte, Regierungs-Baumeister nachstehende Einzelheiten aufgelistet bzw. beschrieben, ein hölzernes Altarkreuz wurde nicht explizit erwähnt, aber vielleicht weiß jemand mehr ?

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„Birnbaum, polnisch Miedzychod, Kreishauptstadt, an der Warthe, Station der Eisenbahn Posen-Meseritz.

Birnbaum, im Mittelalter gegründet, war eine adelige Stadt und gelangt 1597 in den Besitz der zum Protestantismus übergetretenen Familie von Unruh, welche die Herrschaft fast 200 Jahre lang behielt.

W. Reinhold, Chronik der Stadt und des Kreises Birnbaum 1843.

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Kath. Kirche zu Miedzychod / AK

Katholische Pfarrkirche, in der Altstadt – Patron: der Staat

Spätgotischer Ziegelbau, im Grundriss ein einfaches Rechteck von 8 m Spannweite. Die Strebepfeiler lassen vermuten, dass die Kirche ursprünglich gewölbt war: die Ostfront hat auch in der Mitte einen Strebepfeiler.

Auf der Südseite steht nahe der Westfront ein quadratischer Turm, welchem sich ein runder Treppenturm anlehnt. Die beiden Giebel gehören der Renaissance, das hölzerne Tonnengewölbe sowie der Ausbau dem 17. und 18. Jahrhundert an. Im Jahre 1660 fand eine Weihung der Kirche statt (Korytkowski II. S. 148)

An dem südwestlichen Strebepfeiler eine kleine, auf einem senkrechten Thonstück modelliert, bärtige Fratze.

Barockes Holzbild, die Anbetung des Christkindes durch die Hirten darstellend, von denen einer auf dem Dudelsack bläst: darüber im Halbrund Gottvater.

Taufkessel aus Holz, einfach, mit aufgemaltem Zierrat, Renaissance.

Monstranz aus vergoldetem Silber, Spätrenaissance, dreitürmiger Aufbau mit den Heiligen Maria, Stanislaus und Adalbert, 67 cm hoch.

 

Zwei einfache silberne Kelche. Der eine mit dem Stempel der Stadt Angsburg, unter dem Pinienzapfen E (1741-43), und dem Meisterstempel FN. Der andere mit dem alleinigen Stempel NO.

Zwei silberne Krenze. Das eine nüchterne Arbeit aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, 40 cm hoch. Das andere reich getrieben, aus dem 17. Jahrhundert, 89 cm hoch, 1847 aus dem Bestande des Klosters Lubin überwiesen.

Weihwasserkessel aus getriebenem Kupfer, 1711. Zwei Messingleuchter, 17. Jahrhundert, 34 cm hoch.

Mittlere Glocke, am Rande: Opera Joannis Zachariae Neuberdt 1765.

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Ehem. Evgl. Kirche zu Birnbaum / AK

Evangelische Pfarrkirche, in der Lindenstadt.

Mit dem Eindringen der Reformation wurde der Gottesdienst in der mittelalterlichen Pfarrkirche protestantisch, 1591 aber der katholische Gottesdienst wiederhergestellt. Nachdem Christoph von Unruh 1597 die Herrschaft Birnbaum erworben hatte, gestattete er im Jahre 1600 unweit seines Schlosses den Bau einer evangelischen Pfarrkirche. Die alte Kirche brannte 1692 ab; der darauf von dem Zimmermeister Hans Lindener aus Bojanowo errichtete Fachwerkbau wich wieder dem gegenwärtigem, geputzten Ziegelbau, welcher nach Plänen der preußischen Oberbaudeputation ausgeführt und am 15. Oktober 1840 geweiht wurde (nach der, mit der Neubegründung des Kirchspiels angelegten handschriftlichen Pfarrchronik).

Fünf silberne, barocke Kelche. Der älteste wurde 1665 geschenkt. Zwei andere in einfacher Ausführung sind als Lissaer Arbeit beglaubigt; der eine, 1719 geschenkt, trägt neben dem städtischen Stempel eine 12 und den Meisterstempel ICS, der andere den Meisterstempel IFC. Wiederum ohne Stempel ist ein 31 cm hoher, durch reiches, getriebenes und graviertes Schmuckwerk ausgezeichneter Kelch aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.

Drei silberne Oblatenbüchsen. Die eine achteckig, 11:9:5 cm, auf dem Deckel getriebenes Blumenwerk: Stempel der Stadt Angsburg und Meisterstempel GOT. Die andere oval, 12:10:5,5 cm, mit getriebenem Blumenwerk auf dem Deckel und auf den Seiten:  undeutlicher Stadtstempel (nach rechts springender Löwe ? (als Ergänzung bzw. Korrektur: Nach links (in heraldischem Sinne, statt rechts springender Löwe)) und Meisterstempel IL. Die dritte und kleinste von 1762 ohne Stempel.

Zwei Altarkrenze. Das eine aus Zinn, 1,10 m hoch, auf vierseitigem Fusse, 1762 gestiftet. Das andere aus Silber, 61 cm hoch, auf dreiseitigem Fusse, vom Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Stempel WIEN.

Zwei runde Messingleuchter, 71 cm hoch, 1712 geschenkt. Altardecke im Provinzial Museum zu Posen

Glocken. Im Jahre 1693 goss Wilhelm Hampel aus Posen am Orte in Birnbaum eine 10 Centner schwere, später umgegossene Glocke für die Kirche (Kohte, Z. 11. Ges. VIII. S. 412). Von den beiden vorhandenen Glocken wurde die grössere mit 93 cm Durchmesser 1752 beschafft; sie trägt am Halse zwischen Rokokofriesen die Inschrift: Johann Gottfried Weinhold goss mich. Die Andere misst 70 cm Durchmesser und trägt am Halse die Inschrift: Johann Friedrich Schlenkermann goss mich in Posen 1789.

Grabstein des Christoph von Unruh, Starosten von Deutsch-Krone und Gnesen, * 1689 (Abb., ehemals vor dem Altare liegend, jetzt in der Vorhalle unter dem Turme aufgestellt. Roter Marmor, leider übertüncht, Höhe 2,65m, Breite 1,62m. Auf dem Rande die Umschrift:

Illustris et magnificus dominus Christophorus de Miedzychod Unrug, capitaneus Valccusis et Gnesnensis, suae regiae majestatis colonellus etc., placideute domino obdormivit anno MDCLXXXIX die XXIX. Januarii, actatis anni LXIIII., mensis IX. Et I. diei, cujus ossa requiescant in pace.

In der Sakristei mehrere Blechschilde mit Bildnissen, aus dem 18. Jahrhundert, ohne besonderen Wert. An der Orgelbühne ein besseres mit dem Bildnisse des Ratsherrn Klippel, im Rokokorahmen.

Brustbild des in der evangelischen Pfarrkirche beigesetzten Christoph von Unruh, 1677 gefertigt, ursprünglich auf der Treppe des alten Herrenhauses, jetzt im Provinzial-Museum zu Posen.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen, im Auftrag des Provinzial Verbandes bearbeitet von Julius Kohte, Regierungs-Baumeister, Berlin Verlag von Julius Springer 1895

Die „Bromberger Hercules – Mühlen“, ein Bericht aus dem Jahr 1855

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Artikel wurde signiert mit C. Br. - Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Alt-Bromberg – Partie an den Mühlen – AK

„Nach den Mitteilungen mehrerer Zeitgenossen des frühern Besitzers der Bromberger Mühlen, des Mühlen-Bau-Inspectors Koplin, soll das Mühlen Etablissement bei Besitzergreifung durch letzteren nur sehr unbedeutend gewesen sein und nur aus drei Mühlen bestanden haben, nämlich aus einer Mahlmühle mit 4 Gängen an dem Orte, wo jetzt der katholischen Pfarrkirche gegenüber die Wilhelms-Mühle steht, ferner aus einer Loh- und Walkmühle, die einst neben der Pfarrkirche an der jetzigen II. Freiarche stand und aus einer Sägemühle mit einem Gatter auf dem Mühlendamm. Sämmtliche Mühlenwerke waren nach der damals üblichen Bauart nur aus Holz ausgeführt. Der Zugang zu den Mühlen bestand zu jener Zeit theils über den Mühlendamm, theils von der noch vorhandenen so genannten alten Mühlengasse aus, hinter dem Probsteigebäude und neben der Pfarrkirche vorbei, über eine Brücke an der Oberbrahe. Die Reste dieser Brücken waren 1826 noch vorhanden.

Der kleine Mehlspeicher auf dem Graupenmühlenhofe, der katholischen Pfarrwohnung gegenüber, bildete damals das Wohnhaus des Besitzers, in welchem die nachmalige Besitzerin der Mühlen, die Generalin v. Pouchelon geboren wurde.

Anmerkung:
Wilhelm Gustav Koplin wird als Mühlenhausinspektor zu Bromberg mit seiner Ehefrau Eva Dering als Vater der am 17 Dez 1779 zu Bromberg geborenen Beate Sophie genannt.
Beate Sophie Koplin wiederum ehelichte im Nov 1796 den königlichen Hofgerichtsrath zu Bromberg Herrn Christoph Ludwig Polycarpus Strümpfler. Als Kinder gelten Henriette Juliane Strümpfler, ca 1797 geboren und 1823 verstorben, sowie Emma Bona Josephina Strümpfler geboren im Okt 1800, sie ehelichte 1824 in Posen Theodor August von Frankhen.
Es kann vermutet werden, dass diese Ehe um das Jahr 1806 herum geschieden wurde.
Aus Beate Sophie wurde dann vermutlich mit der ca. 1808 erfolgten Eheschliessung mit dem Obristen und Commandeur des 33zigsten französischen Linien Infanterie Regiments Herrn Etienne Francois Reymond Baron de Pouchelon, Frau Baronne Beatrix Sophie de Pouchelon

Die große Baulust des G. Koplin, sein richtiger Blick, sein Unternehmungsgeist, unterstützt vom Staat durch baare Vorschlüsse und Lieferung freier Baumaterialien, schuf das Etablissement in nicht sehr langer Zeit fast gänzlich um und brachte es zu einer außerordentlichen Bedeutenheit. So wurden von demselben folgende für einen einfachen Privatmann gewiß sehr großartige Werke geschaffen, welche das Erstaunen eines jeden Sachkenners erregen müssen:

Nachdem die Brücke neben dem Mühlen-Waage-Amt dem Verkehr übergeben war, hörte die Communication über die Brücke bei der Pfarrkirche auf, weshalb diese Brücke auch abgebrochen wurde.

Zu jener Zeit ließ das Königl. Proviant-Amt, um sich einen bequemern Zugang zu den Mühlen bei größern Vermahlungen zu schaffen, die jetzige Proviant-Amts-Brücke zum alleinigen Gebrauch erbauen.

Ob die Beschäftigung der Mühlen unter Koplin sich bloss auf den örtlichen Bedarf beschränkt, oder ob dieselben zu jener Zeit auch für den Absatz nach auswärts thätig gewesen, läßt sich mit Bestimmtheit nicht angeben, jedoch ist behauptet worden, daß die Mühlen vollauf beschäftigt gewesen seien.

Nach dem Tode des p. Koplin war dessen an den französischen General v. Pouchelon verheirathete Tochter Besitzerin der Mühlen (siehe oben). Die Leitung eines so großen Geschäfts, einer Frau überlassen, konnte keinen guten Fortgang nehmen, vielmehr ging das Geschäft von Jahr zu Jahr mehr zurück, und die Besitzerin sah sich durch die fortwährende Schmälerung ihrer Revenuen veranlaßt, die Mühlen im Jahre 1824/25 an die Kaufleute Griebel und Dorn in Stettin, Gebrüder Schickler in Berlin und den damaligen Holzhändler Radecker zu verkaufen.

Diese gaben dem gesammten Etablissement den Namen: „Bromberger Hercules-Mühlen“, unter der Firma: „Actien-Verein der Bromberger Hercules-Mühlen“, und den verschiedenen Mühlen die Vornamen mehrerer Familienglieder, als:

Während diese Herren die Mühlen besaßen und durch Herrn Radecker verwalten ließen, (der kürzlich in Warschau gestorben ist), wurden nachstehende bauliche Veränderungen vorgenommen:

Die Besitzer beschäftigten die Mühlen, soweit dieselben nicht von der Vermahlung für die Stadt- und Landbevölkerung beansprucht wurden, für eigne Rechnung und sandten das Fabrikat nach Berlin, woselbst den Herrn A. Reißner Söhne der Debit desselben übergeben war.

Dies ging mehrere Jahre ganz gut, später gerieth das Geschäft in’s Stocken, hörte zuletzt ganz auf und beschränkte sich nur auf Ausführung von Bestellungen einiger Berliner Bäcker, welche das Getreide hier kaufen und vermahlen ließen.

Als durch das Entstehen der Dampfmühlen in Berlin und die Verbesserung der in der Umgegend Berlins belegenen Mühlen auch diese Bestellungen nach und nach einschliefen, waren die Mühlen mehrere Jahre nur auf Bestreitung des örtlichen Bedarfs angewiesen.

Eine wohlthätige Unterbrechung dieses Scheinlebens brachte die polnische Revolution 1830 zu Wege, indem zur Verproviantirung der russischen Armee eine gewaltige Masse Roggenschrotmehl und Gerstengrütze bereitet werden mußte. Zur Bergung dieser großen Massen hatte der Staat der Mühlen-Inspection das Königl kleine lange Magazin, der Rudolphs-Mühle gegenüber, und die Königl. Magazine auf Grostwo gegen billige Miethe überlassen.

Im Jahre 1835/36 übernahmen die Herren Gebr. Schickler in Berlin die Mühlen.

Nun begann sich wieder neues Leben in dem Geschäft zu regen, und letzteres gewann besonderen Aufschwung, als Vermahlungen von Waizen-Dauermehl zum Export nach Brasilien und Großbritannien unternommen wurden. Leider dauerte dieser Betriebszweig nicht lange, der Absatz wurde von Jahr zu Jahr unbedeutender und endlich durch den starken Exporthandel der nordamerikanischen Freistaaten in Mehl ganz erstickt.

Eine ziemlich bedeutende Lieferung in Roggenschrotmehl für Petersburg abgerechnet, war nun wieder der größte Theil der Werke zum Stillstand verdammt. Während Schicklers Besitz fanden nachstehende Neubauten resp. Veränderungen der Mühlen statt:

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Alt-Bromberg – An den Königl. Mühlen – AK

Von Schickler wurde käuflich erworben:

  1. die früher dem Kaufmann Löwe gehörigen beiden Getreidespeicher unfern der Post;
  2. das frühere Räuber’sche Grundstück, der Sägemühle gegenüber.

Der bis dahin auf den Mühlen lastende Canon wurde von Schickler mit 15.000 Thlrn. abgelöst.

Im Jahre 1842 kamen die Mühlen durch Kauf in die Hände der Königl. Seehandlung.

Während der ersten Jahre bis zum Antritt des Herrn Baumeister Wulff im Jahre 1844, fanden nachstehende Veränderungen statt:

Der Ankauf der p. Drümmer’schen und p. Miller’schen Grundstücke auf der Mühlen-Insel wurde eingeleitet und unter Herrn Wulff in Vollzug gesetzt.

Was nun seit der obern Leitung des Herrn Baumeister Wulff geschaffen und in’s Leben getreten, ist sichtbar und zur Genüge bekannt.“

* * *

Mühlen-Etablissement der Kgl. Seehandlungs-Societät in Berlin:

Mühlenadministration:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Veröffentlichung Bromberg 1855 – Verlag M. Aronsohn’s Buchhandlung, Bromberg; Personenstandsunterlagen Ancestry.com und Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Längst vergessen – Familie Fehlan auf Gut Solacz – ca 1872-1893

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[20]1872 im Adressbuch des Grundbesitzes im Grossherzogtum Posen findet sich, dass das Dominium Solacz über 1.429 Morgen Gesamtfläche verfügte; 1.212 an Ackerflächen, 192 an Wiesen, 23 an Wäldern und letztlich 2 Morgen Wasserflächen. Als Besitzer der Liegenschaft wurde Adolph Fehlen – korrekt wäre hier Adolph Joseph Ludwig Fehlan – genannt.

Zu finden waren, wie eigentlich immer, mehr oder weniger keine weiteren Informationen in deutschen Geschichtsaufzeichnungen. Nur vereinzelte „Puzzlesteine“ lassen eine Rekonstruktion eines kurzen Zeitraumes der Vergangenheit zu.

Der genannte Adolph Fehlan wurde im Oktober des Jahres 1840 zu Solacz geboren. Er war somit im Jahr 1872, als er als Besitzer des Gutes genannt wurde, gerade einmal 32 Jahre alt. Als er, wie es in der Totenanzeige heisst, nach langem und schwerem Laden am 02. April 1893 verstarb, war er 52 Jahre alt gewesen.

Bei seinem Tod hinterließ er seine Witwe Wilhelmine Helene geborene Boldt, ca. geboren 1848. Und, soweit festgestellt werden konnte, eine Tochter Elisabeth Adelheid Anna, geboren 1866 zu Neudorf bei Kazmierz (südlich von Samter), welche im Januar 1891 mit dem königlich preußischen Major und Bataillons-Kommandanten des Infanterie Regiments Nr. 77 Axel Paul Julius von Petersdorff, gebürtig aus Gollnow, verehelicht worden war.

Das Rittergut Solacz wurde per 01. April 1893, einen Tag vor dem Tod des Besitzers, erstmalig zum Verkauf angeboten: „Das Rittergut Solacz, ca. 1.400 Morgen groß, eine Viertelstunde von der Stadt Posen in anmuthiger Lage gelegen, mit großer Brennerei und sehr hohem Contingent in höchster Cultur und mit vorzüglichem Saatenstandt, günstigsten Wiesenverhältnissen, meisten chaussirten Feldwegen, etwas Wald mit großer Fasanerie, herrschaftlichem Wohnhause, großer Gärtnerei und großen Parkanlagen, soll möglichst bald freihändigt verkauft werden.

Das Rittergut eignet sich durch obige Vorzüge nicht nur für einen Landwirth, sondern auch durch die Nähe der Stadt durch die angrenzende Lage des Dorfes Jersitz mit zwölftausend Einwohnern besonders zur Parzellirung als Kapitalsanlage für Kapitalisten.

Behufs Anknüpfung von Verhandlungen wird gebeten sich zu wenden an George Fritsch, Posen, Konkursverwalter.“

Der Tod des Besitzers veränderte die Sachlage allerdings, per 28.04.1893 wurde die Zwangsversteigerung angekündigt: „Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Solacz Band 1 Blatt Nr. 1 auf den Namen des Rittergutsbesitzers Adolph Fehlan eingetragene Rittergut Solacz am 27. Juni 1893, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – Sapiehaplatz Nr. 9, Zimmer Nr. 8, versteigert werden.

Das Grundstück ist mit 3.318,69 M Reinertrag und einer Fläche von 347.0405 Hektar zur Grundsteuer, mit 2.049 M Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt.

Posen, den 17. April 1893. Königliches Amtsgericht, Abtheilung IV.“

Mit nur 2 Sätzen kam es dann per angesetztem Termin zu Abschluss und der etwas über 20jährigen Anwesenheit der Familie Fehlan : „Das Rittergut Solacz ist bei dem heutigem Subhastationstermin in den Besitz der hiesigen Firma Isidor Kantorowicz (Inh. Felix und Julius Kantorowicz) übergegangen. Der Kaufpreis beträgt 401.000 Mark.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Adressbuch des Grundbesitzes im Grossherzogthum Posen erschienen 1872; Deutsches Zeitungsarchiv / Deutsche digitale Bibliothek – Norddeutsche allgemeine Zeitung, Abend-Ausgabe 04.04.1893 und Morgen-Ausgabe 28.04.1893; Saale-Zeitung: allgemeine Zeitung für Mitteldeutschland / Hallesche neueste Nachrichten Ausgabe Samstag 01.04.1893; Wielkopolska Bilioteka Cyfrowa – Posener Zeitung 28.06.1893; Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Grabstätte Flieger auf dem Friedhof zu Kaszczor / Altkloster

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Altkloster,Bez kategorii,Friedhöfe,Genealogie,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
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Grabstätte Flieger – Foto: PM

1851 wurde August Flieger als Sohn des Andreas Flieger und seiner Ehefrau Barbara geborene Markwitz in Altkloster geboren.

Er galt als Bauerngutsbesitzer zu Altkloster, als er im Jahr die Ehe mit Anna Maria Drauschke schloss. Letztere war 1860 zu Neuguth bei Fraustadt zur Welt gekommen; ihre Eltern waren Thomas Drauschke und Johanna Theresia geborene Jacob.

Als Kinder der Eheleute August und Anna Maria Flieger wurden geboren

Wie groß muss der Schmerz des Verlustes der Kinder gewesen sein … ?

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Bomst – Bergschlösschen „Augusthöhe“ – um 1854

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Bomst / Babimost | Kommentare sind deaktiviert

[22]Inmitten der Weinberge auf einer Anhöhe bei Bomst, also mit einer wunderschönen Aussicht über das Land und die Seen, soll um das Jahr 1854 durch Freiherr Hans August von Unruhe-Bomst das „Bergschlößchen“ errichtet worden sein.

Vornehmlich wurde es vermutlich als Lust- und Jagdschloss genutzt um abseits von Hofzeremoniell und anderen Verpflichtungen die Freizeit zu verleben. Die weitläufigen Keller des Anwesens dienten zudem der Weinlagerung.

Nach dem Tod des Freiherrn Hans August von Unruhe-Bomst im Jahr 1863, so eine Überlieferung, gelangte das Schlösschen in den Besitz des ältesten, im Jahr 1824 geborenen, noch lebenden Sohnes Wilhelm Stanislaus Johann Constantin Lorenz von Unruhe. Er soll zum Gedenken an seinen Vater dem Anwesen den Namen „Augusthöhe“ gegeben haben.

Heute ist vom Schloß nichts mehr erhalten. Das Gebäude wurde abgetragen, die Keller versiegelt, vielleicht sogar vollständig zugeschüttet und nur der ein oder andere Stein auf der Anhöhe lässt vermuten, dass es überhaupt jemals ein Gebäude gegeben haben mag.

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Augusthöhe Bomst, Kreis Bomst, Provinz Posen – Sammlung Duncker

Freiherr Hans August von Unruhe-Bomst (1794-1863) und seine Ehefrau Henriette Sophie Wilhelmine geborene (von) Wiebel (1796-1870)

als ihre Kinder wurden geboren:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Bild Bergschlößchen AK Ausschnitt und Ausschnitt Karte des Kreises Bomst Lith. u. Druck v. Paul Baron i. Liegnitz, 1909; Personenstandsunterlagen Ancestry.com

Der verheerende Brand bei Familie Schmacht 1795 zu Rybojadel / Rybojady

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Ausschnitt Messtischblatt 3661

Im Kirchenbuch von Tirschtiegel wurde durch Pastor Stürtzel niedergeschrieben:

„Den 11. April 1795 sind in der Neustadt Tirschtiegel des Christoph Schmacht, Bauer und Eigenthümer in Reibejadel in der Nacht den 8ten April im Feuer verunglückte 5 Kinder begraben worden, nehmlich:

den 15. April 1795 ist der Vater vorerwähnter Kinder Nahmens Christoph Schmacht, der ebenfalls in dieser Feuerbrunst tödtlich verwundet worden, alhier in der Neustadt  Tirschtiegel begraben worden, welcher am 12ten April Abends um 6 Uhr verstorben, alt 44 Jahr

den 1. May 1795 ist in der Neustadt Tirschtiegel begraben worden, des oben genannten Christoph Schmachts Wittwe Anna Elisabeth geb. Kurtz.in, welche am 30 April früh um 3 Uhr an den Folgen der schrecklichen Feuersbrunst verstorben. Alt 41 Jahr

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Die traurige Geschichte ist folgende: In der Nacht am 8ten April um 10-12 Uhr entstand im Dorfe Reibejadel im Hause des Bauern Christoph Schmacht, eine plötzlich und … Feuersbrunst, von der man die eigentliche Ursache des Entstehens nicht genau angeben kann, die aber wahrscheinlich aus Vernachläßigung über das Feuer herrührte.

Die Leute, die im ersten Schlafe waren, verlohren nicht nur Hauß und Hof, und alle ihre Haabseeligkeiten, sondern mußten auch 3 ihrer ältesten Kinder lebendig verbrennen sehen, ohne daß sie gerettet werden konnten. Sie selbst retteten sich zwar mit den übrigen Kindern, wurden aber so beschädigt, daß nicht nur 2 davon den folgenden Tag noch starben, sondern daß auch Vater und Mutter wenig Tage darauf … aller angewandten Mühe sie am Leben zu erhalten, dennoch ihren Geist aufgeben mußten.

Von dieser ganzen Familie die aus 10 Personen bestand, sind nicht mehr als 3 Kinder am Leben geblieben nehmlich 2 Töchter, von denen die älteste schon verheirathet war, und ein Sohn von …halben Jahre.“

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Anhand der noch einsehbaren Kirchenbücher, diese sind nicht vollständig, wurde versucht die Familiendaten zu rekonstruieren:

 

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
1) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Kirchenbuchaufzeichnungen/Personenstandsunterlagen Ancestry.com;

 

 

Bünde 26. Oktober 1905 – Unglückfall – Stephan Zeh

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Gestern nachmittag starb plötzlich infolge Unglücksfall mein lieber Gehülfe Stephan Zeh aus Rybojadel, Pr Posen im 23. Lebensjahre. Der Gestorbene war während seiner 2 1/2 jährigen Tätigkeit bei mir ein treuer, zuverlässiger Gehülfe, dem ich stets ein ehrendes Andenken bewahren werde. C. Baruth, Bezirksschornsteinfegermeister Die Beerdigung findet in der Heimat des Verstorbenen statt.

„Gestern (26. Oktober 1905) Nachmittag verunglückte der bei dem Schornsteinfegermeister Baruth hierselbst in Diensten stehende Gehülfe Stephan Zeh bei einer in Südlengern auszuführenden Beschäftigung.

Er stürzte durch die Bodenluke und schlug mit dem Kopf auf einen eisernen Handgriff. Der Schädel wurde zertrümmert, sodaß der Tod nach wenigen Augenblicken eintrat.“

Bünder Tageblatt, Freitag 27.10.1905

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Zeitungen deutsche-digitale-bibliothek.de

Samuel Hugo Student – Bekanntmachung 1879

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[26]Bekanntmachung – veröffentlicht Berliner Börsen-Zeitung, Morgen-Ausgabe – Donnerstag, 24.07.1879

Samuel Hugo Student, geboren am 2. Juli 1842 zu Tirschtiegel, Sohn des verstorbenen Organisten und Kämmerer Carl Friedrich August Student und seiner hinterbliebenen Wittwe Johanne Caroline geb Roehr daselbst, welcher Ende December 1862 Matrose auf dem Preußischen Schiffe „Mama“ oder „Mamma“ war und im Jahre 1863 in Soledad erkrankt, seitdem aber verschollen ist, sowie seine Rechtsnachfolger werden zum Termin

den 9. Februar 1880, vormittags 10 Uhr,

auf die hiesige Gerichtsstelle geladen, widrigenfalls der Verschollene  selbst für todt erklärt und sein Nachlaß den nächsten bekannten Erben zuerkannt werden wird.

Meseritz, den 9. April 1879. – Königliche Kreisgericht, I. Abtheilung.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
1) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Personenstandsunterlagen Ancestry.com; 3) Zeitungen deutsche-digitale-bibliothek.de 

Die Rogasener Brandkatastrophen vom Jahre 1794

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Edmund Klinkowski - veröffentlicht 1938 / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Rogasen – AK Ausschnitte

Als Großpolen im Jahr 1793 an Preußen fiel, wiesen die Posener Städte noch einen äußerst geringen Prozentsatz an massiven Häusern auf.

In den mittleren und kleinen Städten der jetzt „Südpreußen“ genannten Provinz gehörte ein steinernes Wohnhaus mit Ziegeldach zu den allergrößten Seltenheiten.

Selbst Rogasen, das damals noch aus den selbständigen Teilen der Altstadt und Neustadt, jede mit eigener Verwaltung, bestand und fast 3.000 Einwohner zählte, hatte unter seinen insgesamt 313 aus Fachwerk oder Holz erbauten Häusern nur zwei mit Ziegeln gedeckte Gebäude. Alle übrigen Behausungen waren teils mit Schindeln (224 Häuser), teils sogar noch mit Stroh gedeckt (87).

Bei der landeüblichen Bauweise jener Zeit – Haus eng an Haus, die Ställe dicht dahinter (es wurde ja noch viel Viehzeug von den Bürgern in der Stadt gehalten), die Schornsteine sogar aus Holz und nur dünn mit Lehm bestrichen – konnte das kleinste ausbrechende Feuer nur allzu leicht unabsehbare Folgen haben, besonders auch, weil damals noch viele Scheunen mitten in der Stadt zwischen den Wohnhäusern standen. Wollte es das Unglück, daß bei einem aufkommenden Brande etwa noch ein starker Wind wehte, dann half so gut wie nichts mehr gegen die Flammen, die am Holz und Stroh überreichliche Nahrung fanden.

Die Rogasener Feuerlöschgeräte bestanden zwar i. J. 1793 aus einer Metallspritze (der Neustadt gehörend), 7 Holzspritzen und über 300 Feuerleitern (für jedes Haus eine), aber daß das alles völlig unzureichend war, bewiesen gerade die Unglücksfälle des nachfolgenden Jahres.

Es war am 01. Juni 1794, einem Sonntage. Beim Bürgermeister Krzywoszynski, in seinem Hause auf der Südseite des Altstadt-Marktes, saß das Gesinde beim Abendbrot. Der Bürgermeister selbst war nach Posen gefahren. Plötzlich, kurz vor 9 Uhr, bemerkte der eine Knecht, der 68 jährige Bartholomäus Roszmichowicz, durchs Hoffenster an der Spitzes des strohgedeckten Pferdestalles Flammen, bei dem herrschenden trockenem Wetter mit ungeheurer Schnelligkeit um sich griffen.

„Feuer!“

Schreiend stürzte er auf den Markt hinaus und schrie „noch etliche mal“. Paul, der zweite Knecht, rannte auf den Hof zum Stall, um die Pferde zu retten. Der herbeigeeilte Schwager des Bürgermeisters, Andreas Foltynski, suchte ihm dabei zu helfen, aber es war schon zu spät, vom Dachgebälk fielen bereits brennende Latten und zwei angrenzende, jüdischen Nachbarsleuten gehörende Ställe, brannten auch schon lichterloh. Ein lebhafter Ostwind trieb die Funken über die Gassen ins Judenviertel zur Synagoge hin und in nicht mehr als 4 Stunden waren 8 Christen und 38 Juden zu Bettlern geworden. In der kleinen Judenstraße lagen 10 Häuser in Asche, in der großen Judenstraße 17, in der „blanken Straße“ 8 und am Markt und in der Posener Straße ebenfalls 8 Häuser. Außerdem verbrannten noch ein Brauhaus, das jüdische Hospital, die jüdische „Kanzlei“ und 5 Ställe mit 16 Schweinen, 3 Pferden und 2 Kühen. Wenn auch kein Menschenleben zu beklagen war, so zeigten sich doch die Sachverluste als ganz beträchtlich, da von den zahlreichen (1.044) Rogasener Juden gerade die wohlhabendsten durch das Unglück betroffen worden waren. An eine Rettung war um so weniger zu denken gewesen, als die große Feuerspritze vor einigen Tagen gerade unbrauchbar geworden war.

Der nächtliche Feuerschein lockte aus den umliegenden Dörfern zahllose Menschen herbei, die sich auch bei der Rettungsaktion sehr hilfreich bezeigten. „Außer deren Fleiß und besonderer Beihilfe der Neustadt würde auch diese von der Glut ergriffen worden sein, da bereits an dem einen Ende derselben ein Brandthaus (Branntweinhaus) durch das dahin geflogene Feuer mitten unter den Scheunen und übrigen Häusern ein Raub der Flammen geworden.“

Erst am Montag konnte der Brand völlig „gedämpfet“ werden. Aus Posen erschien ein Kommissar, der Steuerrat von Timroth, sorgte für die vorläufige Unterbringung der Abgebrannten und veranlaßte, daß den ganz Verarmten aus den nächsten Dörfern und Städten „eine kleine Unterstützung von Lebensmitteln gereicht“ wurde. Auch befahl er die Aufstellung von Tages- und doppelten Nachtwachen, um etwaige Plünderungen auf den Brandstellen zu verhüten. Noch an demselben Tage erstattete er durch die Posener Kammer Bericht an das Ministerium nach Berlin, wobei er hinzufügte: „Der Knecht (Paul) des Bürgermeisters, er hatte eben als das Feuer ausgebrochen, in der Stube Abendbrodt gegessen, ist entwichen; man gibt sich alle Mühe zu seiner Habhaftwerdung …“ Durch das spurlose Verschwinden hatte der Knecht den Verdacht der Brandstiftung auf sich gezogen.

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Rogasen – Kartenausschnitt Handtke 1862

Schon am 3. Juni fand eine eingehende Untersuchung statt, wobei der erste Knecht, Bartholomäus, vernommen wurde, die beiden Dienstmägde des Bürgermeisters, Franziska und Helena, der Schwager des Krzywoszynski und die beiden Juden David und Seelig, deren Häuser an das Bürgermeister-Grundstück grenzten und als erste mitverbrannt waren. Bartholomäus konnte nur aussagen, daß der verschwundene Knecht nachmittags auf dem Boden geschlafen, danach in der Stadt auf einer Hochzeit gewesen, „wo er getanzet und sich stark angetrunken“, und gegen 8 Uhr zum Abendessen wieder nach Hause gekommen sei, wo man lange am Tisch gesessen und „discurirt“ habe. Seiner Ansicht nach sei der Paul nur weggelaufen vor Angst, der Bürgermeister werde ihn bestrafen, weil er die Pferde nicht aus dem Stalle gerettet habe. Die 20jährige Franziska erklärte, „am Feuer hat der Paul gewiß nicht Schuld“, da ja auch seine Sachen, wenn dessen Bruder sie nicht zufällig gerettet hätte, mitverbrannt wären. Im übrigen habe der Knecht nur sehr selten Tabak geraucht und am Sonntage habe sie solches nicht bemerkt. Die andere Magd wußte nichts zu sagen. Auch der Schwager und die Juden hielten den Knecht für unschuldig. Niemand konnte sich das plötzliche Ausbrechen des Feuers erklären und die ganze Untersuchung blieb erfolglos.

Die Aufregung in der Stadt hatte sich kaum gelegt, als nach einem halben Monate eine neue Katastrophe hereinbrach, wiederum ein Brand, diesmal in der Neustadt. Am 18. Juni brach dort am Ringe, bei den Ställen der Bürger Klatt und Kunckel, Feuer aus, griff sogleich auf die anstoßenden Wohnhäuser über, dehnte sich mit Windeseile rechts und links über die Posener- und Kirchhofstraße aus, vernichtete diese beiden Straßen völlig und legte sogar noch 8 zur Altstadt gehörige Häuser in Asche. Die Akten zählen als niedergebrannt auf: am Ringe 3 Häuser und Ställe, in der Posener Straße 16 Häuser und Ställe, in der Kirchhofstraße 14 Häuser und 13 Ställe und in der „Altstädter Vorstadt“ 8 Häuser und 5 Ställe, insgesamt also 41 Wohnhäuser und 37 Stallungen. Menschen oder Vieh waren nicht zu Schaden gekommen.

Hatte schon das Unglück vom 1. Juni und das damalige Verschwinden des Knechtes Anlaß gegeben zu Gerüchten über eine Brandstiftung, so glaubte man an eine solche bei der neuerlichen Katastrophe erst recht. Der wiederum aus Posen eingetroffene Kommissar schrieb an seine Behörde: „Übrigens dürfte dieser Brand durch bösliche Anstiftung einer alten Frau, die durch ihr aufmerksames Zuschauen beim Brand Verdacht erweckte und bereits in feste Verwahrung genommen, entstanden sein. Sie soll, nach Anzeige des Magistrats, durch einen bei ihr gewesenen Knaben verrathen worden sein, dem man theils durch Versprechungen, theils durch Drohungen das Geheimnis entlockte, daß solche (Frau) die Ursache des Unglücks gewesen.“

Das Berliner Ministerium nahm mit größtem „Mißvergnügen“ von dem abermaligen Brande in Rogasen Kenntnis und teilte ebenfalls den Verdacht der Brandstiftung. Die Festnahme der „verdächtigten Weibsperson“ wurde ausdrücklich gebilligt. Aber alles blieb umsonst. Genau wie nach dem ersten Brande brachten auch diesmal die Nachforschungen und Verhöre trotz der vorliegenden Verdachtsmomente keine Aufklärung über die Ursachen des in so auffällig kurzer Zeit zum zweitenmal eingetretenen Unglückes.

Das schwierigste Kapitel bildete der Wiederaufbau der Stadt, deren Schaden durch beide Brände auf rund 363.000 Zloty geschätzt wurde. In Posen erwog man umfangreiche Hilfsmaßnahmen. Rogasen als königliche Stadt, schrieb die Kammer nach Berlin, biete die beste Gelegenheit, „die hier in Südpreußen noch so äußerst geringe Kultur mehr zu verbreiten“. Man müsste den Ort auf alle Art „emporheben“ und besonders nach solchen Bränden zu unterstützen suchen. Die Kammer schlug einen 12jährigen Steuererlaß vor, Berlin genehmigte 8 Jahre. Auch der Rogasener Starost wurde aufgefordert, den Abgebrannten seinerseits einen 6jährigen Erlaß der starosteilichen Abgaben zu bewilligen. Er lehnte jedoch ab; er würde „gewiß diesem so edlen Gefühl, Menschen zu beglücken, gern folgen“, sei aber bloss Nutznießer, nicht Eigentümer der Starostei und müsse überdies schon seine Revenuen mit 50% versteuern. Daraufhin ermäßigte ihm die Regierung die Steuern, damit er den Bürgern wenigstens eine anderhalbjährliche Abgabenfreiheit gewähren könnte, was dann auch schließlich geschah.

Im Juli 1796 waren von den insgesamt 87 niedergebrannten Häusern 24 wieder aufgebaut und 7 im Bau. Zum Leidwesen der preußischen Behörden waren aber 11 der neuen Häuser wieder mit Rohr und Stroh gedeckt worden und ein Bürger hatte wiederum einen hölzernen Schornstein angelegt. „Ist uns nicht lieb“ schrieb das Ministerium nach Posen, als es davon hörte. Die Kammer wurde angewiesen, darauf zu sehen, daß wenigstens Schindeldächer, und zwar mit feuersicherem Anstrich aufgelegt würden, auch sollte der Posener Bauinspektor Wernicke die Rogasener Bauten alle 4 Wochen revidieren.

Im Oktober 1796 standen bereits 27 Häuser. Allen, die ihre Häuser vorschriftsmäßig feuersicher errichteten, wurden besondere Bauhilfsgelder gezahlt. Dabei entstanden jedoch einige Kalamitäten, weil der Magistrat die Gelder einigen Leuten voll auszahlte, bevor diese ihren Bau fertiggestellt hatten und ohne von ihnen Sicherheiten zu verlangen.

Die Berliner Zentralbehörde nahm dieses „unordentliche Gebahren“ mit „vielem Mißfallen“ auf.

Sechs Abgebrannten, darunter 4 Witwen, die erklärt hatten, aus eigenen Mitteln nicht anfangen zu können, wurde im Herbst 1796 angedroht, wenn sie nicht in einem Jahre Anstalten zum Bau machten, würden ihre Grundstücke meistbietend verkauft werden. Verwirklicht wurden diese Drohungen jedoch nicht.

Zur Erweiterung der Stadt wurden von der Kämmerei unentgeltlich Bauplätze auf städtischem Grunde zur Verfügung gestellt, wovon auch Viele Gebrauch machten.

Im September 1797 war das Retablissement so weit gediehen, daß bereits 43 Häuser fertig waren, 12 davon zeigten sich aber als nicht den Vorschriften entsprechend; an weiteren 12 Häusern wurde gebaut. Einschließlich der noch im Bau befindlichen waren also 63% des Gebäudeverlustes wieder wettgemacht.

Wann der Wiederaufbau zum eigentlichen Abschluß gekommen, ist aus den Akten nicht ersichtlich, zweifellos zog er sich aber noch viele Jahre hin. Viele Abgebrannte – vor allem die Tuchmacher unter ihnen, die fast alle ihre Webstühle verloren hatten – konnten die zu Anfang notwendigen Baugelder nur mit Mühe aufbringen. Mit dem fertigen Haus war es ja auch noch nicht getan, das ganze Inventar mußte neu beschafft werden.

Ein Gutes aber hatten die Brände doch zur Folge: man baute jetzt soweit angängig möglichst feuersicher, geräumiger, mit mehr Überlegung und nicht zu regellos und bunt durcheinander wie in früheren Zeiten. Diese Verbesserung wirkte sich allerdings nur auf einen kleinen Teil der Stadt mit ihren über 300 Häusern aus, der überwiegende Teil mit seinen engen Straßen und im Judenviertel recht üblen Gassen zeigte noch jahrzehntelange das althergebrachte Aussehen. Die dort stehenden alten stroh- und schindelgedeckten Holz- und Fachwerkbauten bildeten noch lange Zeit einen Gefahrenherd, wie schon der nächste Brand vom Juni 1903 bewies, wo trotz des verbesserten Feuerlöschwesens doch noch innerhalb einer Stunde 9 Häuser den Flammen zum Opfer fielen.

Im Zusammenhange mit dem Brande vom 1. Juni sei hier noch ein Bittgesuch erwähnt. Vier Jahre nach dem Unglück, im Oktober 1798, richtete der Jude Moses Jakob Gros eine Immediatvorstellung an den König Friedrich Wilhelm III. nach Berlin. Vor fünf Jahren, heißt es darin, habe er in Rogasen ein Haus am Markte besessen, und zwar das Eckhaus neben dem Bürgermeister Krzywoszynski. Bei der preußischen Besitznehmung im Jahr 1793 habe er nun sein Haus einem „Capitaein“ zum Quartier einräumen müssen, „Nach dem derselbe von dar weg und nach Posen marchirte, Schloss derselbe das Haus und geheft dichte zu“ mit dem Bemerken, wenn er zurückkomme, werde er wieder beim dem Juden sein Quartier nehmen. Das alles habe der Offizier getan, „ohngeachtet unseres mer malligen Schreibens um die Schlüssel zu erhalten“, denn inzwischen hätte sich ein Käufer eingefunden gehabt, der ihm, den Juden, 1.500 Taler (= 9.000 Zloty) für das Haus habe geben wollen, „wen ers besehen haben würde“. „Wir wanndten uns auch dieserhalb an der Posener Kammer, ich blieb aber immer ohn erhört“, bis schließlich das Grundstück am 1. Juni 1794 „in die Asche gelegt worden“. Vielleicht wäre noch eine Rettung möglich gewesen, wenn nicht sein Gehöft, das als letztes mit abgebrannt, verschlossen gewesen wäre. Gegenwärtig sehe er sich außerstande, mit eigenen Mitteln wieder aufzubauen, da er bereits 5 mal „abgebrannt“ sei. Mehrmals habe er die Posener Kammer um Unterstützung gebeten und solche auch erhofft, „da mein Haus grösten theils wegen des Eigensinnes des Capitaeins abgebrand ist“ und dieser auch die Ursache gewesen, daß der Verkauf nicht zustande gekommen sei. Wie er mit seinem „ganz gehorsamten gesuch von einer zeit zu andern verwiesen“, bitte er jetzt, ebenso wie die übrigen Abgebrannten eine kleine Bauhilfe erhalten zu dürfen.

In Berlin wurde aber das Ansuchen strikt abgelehnt. Die angeführten Gründe verdienten keine Berücksichtigung, wurde geschrieben, und im übrigen frage es sich noch, ob der Bittsteller sich zu einer Unterstützung qualifiziere oder vielleicht sogar schon Baugelder erhalten habe Kannten doch die Behörden durch die vielen Klagen über die Betrügereien der zahllosen Juden nur allzugut deren Manöver, um nicht von vornherein einem solchen Gesuche mit Mißtrauen zu begegnen. Dem Moses Jakob Gros blieb nicht weiter übrig als sich selbst zu helfen, denn ein zweites Gesuch reicht er nicht mehr ein und von einer Unterstützung der Kammer ist in den Akten nichts zu lesen.

 

Fußnote des Autors: Nach den im Geh. Staatsarchiv Berlin: Gen.-Dir. Südpreußen Tit. LXXII Nr. 1242 u 1252/53

 

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Deutsche Wissenschaftliche Zeitschrift für Polen – Herausgegeben von Dr. Alfred Lattermann – Heft 35 / Poznan (Posen) 1938

Erinnerungen an einen Sensationsprozeß – Kwilecki / 1903-1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Wroblewo – AK Ausschnitt

„Posen, 11 . Okt. 1928

Im Alter von nur 31 Jahren ist der Majoratsherr von Wroblewo, Graf Joseph Kwilecki gestorben.

Der Tod des Grafen Kwilecki ruft die Erinnerung wach an einen der größten Sensationsprozesse der Vorkriegszeit. Er ließ hineinblicken in Lebensführung und Lebensauffassung des Hochadels.

Der alte Graf Kwilecki war, obwohl er Inhaber des riesigen Familienmajorates Wroblewo war, bis über die wenigen Haare seines fast kahlen Kopfes verschuldet. Auf den großen Grundbesitz Geld aufzunehmen, war schwer möglich, denn das Familiengesetz bestimmte, daß sich das Majorat nur im Mannesstamme vererbe. Dem Grafen aber hatte die Gattin, Sproß einer Adelsfamilie aus dem damaligen Deutsch-Polen, nur drei Töchter geboren.

Unfern, auf seinem Gute, lauerte Vetter Hektor Kwilecki, der nächste Agnat, auf den Tod seines Verwandten, um die willkommene Erbschaft antreten zu können.

Als die Gräfin Kwilecki-Wroblewo nahezu 60 Jahre alt war, als ihre Töchter schon großjährig waren, fuhr sie im Jahre 1879 eines Tages nach Berlin und quartierte sich in einer Privatpension ein. Hier gebar sie einen Knaben – vorausgesetzt, daß ihre Angaben stimmen – des vorgestern verstorbenen Grafen Joseph Kwilecki.

Der „Thronfolger“ war da, wenn auch als Spätling gekommen; das Fideikommiß vererbte sich in gerader Linie, der Graf auf Wroblewo konnte aufatmen und vor allen Dingen Geld aufnehmen.

Der Vetter Hektor aber bekam einen Wutanfall, der durch Jahre anhielt. Was? Das Erbe war weg, die große Sehnsucht zerronnen, verflogen wie ein Phantom? Nein! Hier mußte gehandelt werden! Der „Balg“ der aus Berlin nach Wroblewo gebracht wurde, war kein echter Kwilecki, der kleine Joseph war untergeschoben! Der rasende Hektor alarmierte Detektivbureaus, alarmierte die Polizei, alarmierte die Gerichte, alarmierte die Staatsanwaltschaft.

Ein Rattenkönig von Prozessen war die Folge.

Die Zeitungen berichteten ausführlich, Tag für Tag, über den „Kampf um das Majorat!

Plötzlich platzte eine Bombe, gab es eine Sensation: Hektors Geheimagenten hatten in Ungarn eine Bahnwärterfrau Meyer entdeckt, die behauptete, Graf Joseph sei ihr Sohn, den sie gegen Geld in Lemberg an den Bevollmächtigten der Gräfin verkauft habe.

Nun beantragte die Staatsanwaltschaft die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Gräfin wegen Kindesunterschiebung, das Gericht gab dem Antrag statt. Ein wochenlanger Sensationsprozeß nahm seinen Anfang. Hierbei geschah es, daß die feindlichen Grafen und Gräfinnen sich aufs heftigste bekämpften.

Jedes Geheimnis wurde auf das genaueste durchgekramt, Graft Hektor wühlte im Dreck. Ihm war auch das schmutzigste Mittel recht – Wie hoch waren die Schulden des hochgeborenen Herrn Vetters? Was aß man auf Wroblewo? Falschen Hasen oder Hummermayonnaise? Wieviel Jagden, wieviel Diner, wieviel Gesellschaften gab man im Jahr? Aufklären, aufklären, aufklären, vor breitester Oeffentlichkeit! „Nackt soll mir die Verwandtschaft dastehen, sonst geht mir das Majorat flöten!“

In diesem Prozeß gab es eine Szene, wie sie selten vor einem Tribunal erlebt ward. Zwei unwissende Knabe standen vor dem Gerichtshof, der eine der erstgeborene Sohn der Bahnwärtersfrau, der andere der kleine Joseph, der eine im schlechtsitzenden Kinderkittel, der andere im schneeweißen, spitzenbesetzten Anzüglein eines jungen Grafen. Sachverständige gaben ihre Gutachten über Körperbau, Gesichtsausdruck, Stirn, Blick und Nase der Kinder ab, kamen aber zu keinem Schluß. Graf Hektor war blaß, die beiden Jungen sahen dem Schauspiel aus leeren, vergeblich ratenden Augen zu.

Justizrat Wronker, heute ein Nestor unter den deutschen Verteidigern, vertrat die Gräfin Kwilecki-Wroblewo und geißelte in einem der bedeutendsten Plädoyers das Verhalten des Grafen Hektor.

Die Gräfin ward freigesprochen.

Die Eltern und der feindliche Onkel sind tot. Jetzt starb auch, kaum über die Dreißiger hinaus, der Knabe von damals, der junge Joseph, bei seinem Tode Majoratsherr von Wroblewo.

Seine Standesgenossen, im Dünkel ihres Namens, haben ihn nie anerkannt, sie sahen ihn als einen Bastard an.“

Bergisch Gladbacher Volkszeitung Samstag – 13.10.1928

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* * * Rückblick * * *

 

„Die Kinderunterschiebungsaffäre der Gräfin Wensierski-Kwilecki vor Gericht

Berlin, 24. Oktober 1903

Ein Sensationsprozeß, wie er selbst in den Annalen der Berliner, an Sensationsprozessen so reichen Rechtsgeschichte einzig dasteht, nimmt nach einer mehr als vierjährigen Voruntersuchung nunmehr am kommenden Montag vor dem Schwurgericht des Berliner Landgerichts I. seinen Anfang. Auf der Anklagebank sitzt die jetzt im 57. Lebensjahre stehende polnische Gräfin Isabella Wensierski-Kwilecki, geb. Gräfin Bnin-Bnitzki auf Wroblewo unter der Beschuldigung der Kindesunterschiebung und der Verleitung zum Meineide, während neben ihr noch weitere vier Personen und zwar ihr Gatte, der Majoratsherr Graf Zbinginew Wensierski-Kwilecki, die Hebamme Ossowska aus Warschau, die Kammerfrau der Gräfin Frau Chwialkowska aus Troppau in Mähren und deren Mutter, die Dienstfrau Knoska aus Wroblewo in Posen wegen Beihilfe zur Kindesunterschiebung und wegen wissentlichen Meineids, bzw. Verleitung zu diesem Verbrechen mit unter Anklage stehen.

Die der Hauptangeklagten zur Last gelegte Kindesunterschiebung liegt volle sechs Jahre zurück. Sie soll begangen worden sein, um das im Besitz des Mitangeklagten Grafen Kwielecki befindliche Majorat Wroblewo im Kreis Samter in Posen der Familie desselben zu erhalten. Diese besteht zur Zeit aus drei Töchtern und dem angeblich untergeschobenen Sohne, bei dessen Nichtvorhandensein das Majorat nach dem Mirislaw Kwilecki, bzw. dessen Sohn, den Reichstagsabgeordneten Graf Hector Kwilecki gefallen sein würde. Das Majorat ist 18.000 Morgen groß und hat einen jährlichen Nutzwert von 60.000 M. Die Unterschiebung soll in folgender Weise vor sich gegangen sein:

Während der mitangeklagte Graf, angeblich wegen Kränklichkeit, im Süden weilte, reiste die Gräfin am 25. Januar 1897 nach Berlin, um hier ihre nahe bevorstehende Niederkunft, die mit Rücksicht auf ihr Alter von 51 Jahren als eine voraussichtlich sehr schwierige bezeichnet worden war, in nächster Nähe der ersten Geburtshelfer zu erwarten.

Sie mietete also in dem Hause Kaiserin-Augusta-Straße 74, dem vornehmsten Teile des Berliner Tiergartenviertels, eine große Wohnung, die auf das prächtigste ausgestattet wurde. Dienerschaft wurde jedoch nicht angenommen, da sie bereits die Mitangeklagten Chwialkowska und Knoska sowie die Hebamme Ossowska von Wroblewo mitgebracht hatte. Zwei Tage nach ihrem Einzuge kam die Gräfin dann in Gegenwart dieser drei Personen, die kein Wort deutsch können und aus diesem Grunde den übrigen Hausbewohnern von dem freudigen Ereignis keine Mitteilung gemacht haben wollen, nieder.

Auch in Wroblewo wurde die Geburt des künftigen Majoratsherrn so spät bekannt, daß der schleunigst nach Berlin abgereiste Hausarzt der gräflichen Familie bei seiner Ankunft mit der Nachricht heimgeschickt werden konnte, es sei alles in schönster Ordnung und es brauche sich deshalb niemand nach Berlin bemühen. Mutter und Kind bekam der Hausarzt bei diesem Besuche gar nicht zu sehen. Nachdem die Gräfin das Wochenbett mit seltener Frische überstanden hatte, kehrte sie in Begleitung ihrer drei Mitangeklagten nach Wroblewo zurück, wo sich alsbald auch der glückliche Vater einfand und die Geburt des Stammhalters mit großem Pomp feierte.

Allein die Tatsache, daß der alte Graf in den Kreisen des polnischen Hochadels als bekannter Lebemann galt, der die größte Zeit des Jahres über an der Riviera zu verbringen pflegt, während die im 51. Lebensjahre stehende Gräfin sehr zurückgezogen in Wroblewo lebte und vor 17 Jahren das letzte Mal niedergekommen war, ließ immer mehr Stimmen laut werden, daß bei der Sache nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei, sodaß schließlich auch die nächstberechtigten Grafen Kwilecki von der älteren Linie, nämlich das Herrenhausmitglied und der Reichstagsabgeordnete und Rittergutbesitzer im Interesse ihrer Familie auf Klarstellung der Angelegenheit drangen. Es kam zu einem Zivilprozeß vor dem Posener Landgericht und in diesem erschien die angeklagte Gräfin persönlich wie weiland Maria Theresia mit ihrem Sohn auf dem Arm im Gerichtssaal, um die Echtheit ihrer damaligen Niederkunft zu bezeugen. Ebenso beschwor ihr Gatte und das Dienerinnentrio Chwialkowska, Knoska und Ossowska, daß die Gräfin in Berlin wirklich niedergekommen sei. Die Aehnlichkeit der Mutter und des Kindes, welche frappant sein soll, sowie das bestimmte Zeugnis der Hebamme und der beiden Kammerfrauen bestimmte denn auch die Posener Richter, die klagende ältere Linie zur Anerkennung der Legitimität des Knaben zu verurteilen.

[30]Inzwischen wurde jedoch die Berliner Staatsanwaltschaft mit einer sehr merkwürdigen Affäre befaßt. Die Bahnwärterstochter Karoline Paretza in Zwierzine, welche am 25. Januar 1897, also an demselben Tage, an welchem die angeklagte Gräfin von Wroblewo nach Berlin gefahren war, von einem Knaben entbunden worden war und diesen gegen eine einmalige Entschädigung von 100 Gulden an die inzwischen verstorbene Hebamme Barberina Cewell in Warschau abgetreten hatte, erbat nämlich durch Vermittelung der österreichischen Polizei die Hilfe der Berliner Polizei bei ihren Nachforschungen nach dem Verbleib ihres Knaben, der einem Liebesverhältnis der Paretza mit einem österreichischen Hauptmann entstammte. Das Mädchen hatte inzwischen den Bahnwärter Meyer in Lipping bei Haresbutte in Mähren geheiratet und diesem ihr früheres Verhältnis und die Existenz des Knaben eingestanden, worauf der Mann sich großmütig bereit erklärt hatte, das Kind als sein eigenes anzunehmen. Die Ermittelungen ergaben, daß der Knabe von der Hebamme Cewel wieder weitergegeben worden war und zwar an eine unbekannte Dame, welche schon vor der Entbindung der Paretza bei dieser einmal erschienen war und sich nach dem Datum der voraussichtlichen Niederkunft des Mädchens erkundigt hatte. Als diese Unbekannte entpuppte sich schließlich eine früher in Diensten der angeklagten Gräfin gestandene Russin, die das Kind nach Krakau gebracht haben will. Hier soll es dann einer Amme übergeben worden sein, die den Auftrag hatte, mit dem Kinde nach Berlin zu reisen. Am Abend des 26. Januar 1897 traf die Amme auf dem Schlesischen Bahnhof ein, wo ihr das Kind von zwei polnisch sprechenden Frauen abgenommen wurde. Sie selbst mußte sofort nach Krakau zurückfahren und ist inzwischen ebenfalls verstorben.

Als gravierendes Moment wird nun gegen die Gräfin geltend gemacht, daß an diesem Abend des 26. Januar der Droschkenkutscher Adolf Wilke zwei polnisch sprechende Frauenspersonen, die ein Bündel vom Bahnsteig vorsichtig herunterbrachten, nach dem Hause Kaiserin-Augusta-Straße 74 gefahren hat und daß von Hausbewohnern beobachtet wurde, wie die beiden Frauen dieses Paket vorsichtig aus der Droschke hoben und in die Wohnung der Gräfin schafften. Am Tage darauf ist dann der junge Graf bei dem zuständigen Polizeibureau unter dem Geburtsnamen Josef Adolf Stanislaw Kwilecki angemeldet worden. Die Staatsanwaltschaft nimmt aus allen diesen Gründen an, daß der Sohn der Bahnwärtertochter Paretza mit dem jungen Grafen identisch ist und daß die Gräfin die Schwangerschaft im Jahre 1897 mit künstlichen Mitteln vorgespielt hat. Dafür spreche auch das Alter der Gräfin und die auffällige Geheimniskrämerei, welche bei der Entbindung getrieben worden sei. Unter diesen Umständen liege aber auch eine Verleitung zum Meineide vor, den die drei Frauen im Posener Prozeß geleistet hätten, als sie die Echtheit der Entbindung beschworen. Dasselbe Verbrechen wird dem Grafen zur Last gelegt, der zweifellos um die Affäre gewußt und die Frauen mit zu ihrer falschen Aussage verleitet habe.

Die Verhaftung der Gräfin erfolgte hier in Berlin im Anschluß an eine Vernehmung, die sie in dieser Sache vor dem Untersuchungsrichter zu bestehen hatte. Mit Rücksicht auf den außerordentlichen Umfang der Sache sind sechs Wochen für die Verhandlung des Prozesses in Aussicht genommen. Die Verhandlungen müssen mit Rücksicht auf die größtenteils nicht deutschen sprechenden Angeklagten und Zeugen teilweise in polnischer, russischer, französischer, czechischer und ungarischer Sprache geführt werden. Unter den zu der Verhandlung geladenen ca. 200 Zeugen, befinden sich u. a. der jetzt im 6. Lebensjahre stehende Sohn der Gräfin, Graf Stanislaw Kwilecki, das Herrenhausmitglied Graf Hector Kwilecki-Oporowo, der Reichstagsabgeordnete Graf Kwilecki-Dobrojewo, die drei Töchter der Hauptangeklagten, der die Ermittelungen leitende Kriminalkommissar von Trescow, der aus dem Wreschender Prozeß her bekannte Justizrat Wolinski aus Posen und zahlreiche Mitglieder des polnischen Hochadels, die frühere Dienerschaft der Angeklagten, mehrere Richter aus Posen, die in Frage kommenden Hebammen und Wartefrauen sowie die angebliche Natürliche Mutter des untergeschobenen Kindes. Die Verteidigung der Gräfin hat der Justizrat Wronker-Berlin, die der übrigen Angeklagten der Justizrat Lewinski-Posen und die Rechtsanwälte Seida-Posen, Zborowski-Berlin und Justizrat von Sikorski-Berlin übernommen.“

Badische Presse: Generalanzeiger der Residenz Karlsruhe und des Großherzogtums Baden – Abendausgabe – Sonntag, 25. 10.1903

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„Die Tragödie des jungen Kwilecki.

Der Kampf um das Grafenkind ist vorläufig beendet. Das Oberlandesgericht Posen hat den bisherigen jungen Grafen Joseph Kwilecki der Bahnwärtersfrau Cecilie Meyer als Sohn zugesprochen.

Posen, 20 Dezember 1909. Das hiesige Oberlandesgericht hat heute vormittag auf die Berufung der Bahnwärtersfrau Cecilie Meyer wegen Herausgabe ihres Sohnes das Urteil gefällt und die Entscheidung des Landgerichts, die das Kind der Gräfin Kwilecki zusprach aufgehoben. Das Oberlandesgericht stellte fest, daß der junge Graf Josef Kwilecki nicht der Sohn des Grafen Ignatius Kwilecki und dessen verstorbener Ehefrau, der Gräfin Kwilecki ist, sondern der Sohn der Bahnwärtersfrau Meyer.

… es steht allerdings zu erwarten, daß die gräflich Kwileckische Partei sich mit diesem Urteilspruch des Oberlandesgerichts nicht zufriedengeben, sondern von dem ihr zustehenden Rechtsmittel der Revision beim Reichsgericht Gebrauch machen wird. Auf diese Weise können wieder Jahre vergehen, ehe ein rechtskräftiges Urteil diese Affäre, die fast ein Jahrzehnt in der Schwebe ist, zum definitiven Abschluß bringt …

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Der junge Graf Kwilecki

Der junge Graf

Es ist gewiß kein alltägliches Schicksal, aus einem Grafenschloß in eine Bahnwärterbude versetzt zu werden. Nach so langen Jahren konnte die Familie des Grafen Kwilecki kaum noch erwarten, daß der Prozeß ein solches Ende nehmen würde, wie es jetzt geschehen ist. Der junge Graf, der jetzt den gut bürgerlichen Namen Stanislaus Meyer führen soll, lebte bisher auf dem Majorat Wroblewo beim alten Grafen Kwilecki, der ihm eine sorgfältige Erziehung zu teil werden ließ. Der junge Graf, der am 27. Januar das dreizehnte Lebensjahr erreicht, wird von einer der Familie nahestehenden Seite als ein hübscher schwarzlockiger Knabe geschildert, der sich im Unterricht, den er von Hauslehrern erhält, als reichbegabt und lernbegierig zeigt. Der Knabe führte bisher ein sorgloses Leben auf dem Gute Wroblewo und war wegen der frischen Natur recht beliebt.“

General-Anzeiger für Dortmund die Provinz Westfalen – Dienstag, 21.12.1909

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„Der junge Kwilecki bleibt Graf – Aufhebung des Posener Urteils

Das Reichsgericht hat das Urteil des Posener Oberlandesgerichts in der Kwileckiaffäre aufgehoben. Der junge Kwilecki, der zurzeit Gymnasiast in Breslau ist, bleibt also zunächst Graf Kwilecki und fällt nicht der Bahnwärterfrau Cäcilie Meyer zu. Mit dem Urteilsspruch des Reichsgerichts hat ein kapitelreicher Roman aus dem Leben, der erbitterte Kampf, der seit fast acht Jahren um den Besitz des jungen Grafen Joseph Adolf Stanislaus Kwilecki geführt wurde, sein vorläufiges Ende gefunden. Ein Telegramm meldet über den Gang der Verhandlung folgendes:

Leipzig 14. Mai 1911. Der vierte Zivilsenat des Reichsgerichts hat in der Revision des Grafen Kwilecki gegen das Urteil des Zivilsenats des Oberlandesgerichts Posen das Urteil aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Lissa aus dem Jahre 1907 dahin abgeändert, daß Frau Meyer mit ihrer Klage, mit der sie die Herausgabe des jungen Grafen als ihren Sohn verlangte, abgewiesen wurde. – Die Plädoyers der Verteidiger der Parteien dauerten über sechs Stunden. Zum Schluß sprach Justizrat Asch-Posen. Er erhob den Einwand, daß die Klage auf Herausgabe des Kindes überhaupt unzulässig sei, solange nicht die Feststellung des Status bezüglich des Personenstandes des jungen Grafen Kwilecki erfolgt und ein Antrag auf Berichtigung des Standesamts III Berlin gestellt und entschieden sei. Denn zurzeit stehe Joseph Kwilecki im Standesamtsregister noch als Kind des gräflichen Paares, er sei danach deutscher Staatsangehöriger, während das Berufungsgericht Posen das Kind der Bahnwärterfrau Meyer in Krakau in Galizien zugesprochen habe, womit das Kind österreichischer Untertan wäre.“

General-Anzeiger für Duisburg, Ruhrort, Meiderich und Umgegend – Montag, 15.05.1911

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Das Urteil im Kwilecki-Prozeß. Breslau, 10. Juni 1913. Die hiesige Zivilkammer sprach heute, wie schon kurz mitgeteilt, das Urteil in der viel erörterten Kwilecki-Affäre und brachte damit einen Streit zum vorläufigen Abschluß, der seit 13 Jahren die deutschen Gerichte in verschiedenen Straf- und Zivilprozessen beschäftigt hat.

… wurde in dem heutigen Urteil die Klage der Bahnwärtersfrau Cäcilie Meyer gegen den Grafen Kwilecki auf Abänderung des Standesamtsregister in der Richtung, daß der junge Graf ihr uneheliches Kind sei, kostenpflichtig abgewiesen.

Jeversches Wochenblatt: Friesisches Tageblatt; gegr. 1791 – Samstag, 14.06.1913

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Zeitungen deutsche-digitale-bibliothek.de – Einzelheiten sh. Text/-e

Richard Heinrich Günther – geb. 1847 in Unruhstadt – gestorben 1874 in Copenhagen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der Friedhof Assistens Kirkegård in Copenhagen – Wikimedia Commons – Dieses Werk wurde von seinem Urheber Thue als gemeinfrei veröffentlicht

„Kopenhagen, 12 April 1874

Ein junger Bauführer, Richard Günther aus Unruhstadt (Karge) in der Provinz Posen, der als Reserve-Leutnant im brandenburgischen Infanterie-Regiment Nr. 12 den Krieg gegen Frankreich mitgemacht und bei Spicheren einen Schuß durch den rechten Arm bekommen hatte, so daß ihm dieser steif geblieben war, machte zum Osterfeste von Hannover aus, wo er in königlichem Dienste stand, einen Ferien-Ausflug hierher.

Am Charfreitage, den 3. April, Abends hier angekommen, befand er sich am Samstag Abend auf dem Spaziergange an der „Langen Linie“, als der Ruf erscholl, es sey ein Kind in den Stadtgraben gefallen. Ohne daran zu denken, daß er zu den Schwimmbewegungen nur den linken Arm verwenden konnte, stürzte sich der junge Mann ins Wasser, ergriff den bereits untergesunkenen Knaben und brachte ihn in die Nähe des Ufers, wo weitere hilfreiche Hände ihn erwarteten, sank aber selber plötzlich, in Folge der erfolgten Abkühlung vom Lungenschlage getroffen, in die Fluth zurück.

Der Knabe war gerettet, der hochherzige Retter aber verloren.

Das erregte allseitige Theilnahme in der hiesigen Bevölkerung, und überall war man einig in dem Gedanken, daß dem deutschen Offizier, der ein dänisches Kind gerettet, ein Ehrenbegräbnis bereitet werde, das dem allgemeinen Gefühl für seine That entspreche.

Am Sonntag, den 12. April fand das Leichenbegräbnis statt. Die Betheiligung der Bevölkerung an der Feierlichkeit war ganz außerordentlich. Der Sarg war mit Lorbeerkränzen bedeckt und mit dem eisernen Kreuze, das der Verstorbene sich bei Spicheren erworben, geschmückt.

Im Auftrage des Königs fügte der Polizei-Direkt, Etatsrath Crone, die „Medaille für edle That“ hinzu. Als nächster Anverwandter war der Bruder, der Mühlenbesitzer Oswald Günther aus Unruhstadt, herbeigeeilt; die Eltern, die Schwester und der 90jährige Großvater hatten daheim bleiben müssen.

Der König Christian war durch seinen Adjutanten, der Gesandte des deutschen Reichs, v. Heydebrand und der Lasa, der deutsche Generalkonsul Quehl, der Kommandant von Kopenhagen, Oberst Wolle, der Oberpräsident Kammerherr Rösenörn, der Bürgermeister Hansen, der Vorsteher der Bürgervertretung, der Höchstengerichts-Advokat Henrichsen, der Polizei-Direktor, viele Offiziere, Ingenieure und Mitglieder der Freimaurerloge, sowie eine unabsehbare Menge von Bürgern dänischer und deutscher Nationalität.

Die deutsche Liedertafel mit umflorter Fahne sang den Trauerpsalm, drei Musikkorps führten den Todtenmarsch aus.

Pastor Schmaltz von der Petrikirche hielt die Grabrede in deutscher und Stiftsprobst Rothe in dänischer Sprache. Edmund Lobedanz widmete dem Verstorbenen einen (in der Berliner Zeitung abgedruckten) poetischen Nachruf, aus dem wir folgende Strophe hervorheben:

Gebt ihm Alle das Geleite,
Dänen, Deutsche, weihevoll,
Und Versöhnung mit Euch schreite,
Bannend allen Haß und Groll.
Aechte Liebe überwindet,
Stürzt die Schranke, füllt die Kluft,
Und ein neues Leben findet
Manches Herz an off’ner Gruft.

Ein Choral schloß die Begräbnißfeier auf dem St. Petri Friedhofe. Danach empfing der König den Bruder des Bestatteten, um demselben seine Theilnahme und durch ihn der Familie sein Beileid zu bekunden.

Es ist bereits eine Zeichnung in Gang gebracht, um die Grabstätte mit einem Denkmal zu schmücken.

Die dänische Hauptstadt hat in dieser sinnigen, schönen Todtenfeier sich und uns das Zeugniß ausgestellt, daß zwischen Dänen und Deutschen kein eingewurzelter Nationalhaß, sondern gegenseitige Achtung alles Aechtmenschlichen besteht.“

Dieser Artikel erschien in Badische Landes Zeitung, I. Blatt – Sonntag, 19.04.1874

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„Dänemark – Kopenhagen, 13 Apr 1874.

Am 3. d. M. (03. Apr 1874) traf hier ein junger 30 jähriger bei der Hannoverschen Eisenbahn angestellter Ingenieur, Herr Richard Günther, ein, um Kopenhagen, dessen Besuch ihm von Freundes Seite warm empfohlen worden war, kennen zu lernen.

Nachdem Herr Günther sich am 4. verschiedene Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt angeschaut, machte er gegen Abend einen Spaziergang längst der „Lanzenlinie“, eine beliebte Promenade am Sunde.

Hier hörte er den Hülferuf eines ins Wasser gefallenen Knaben, stürzte sich in den Sund, um den Knaben zu retten, was ihm auch gelang, jedoch leider mit Aufopferung seines eigenen Lebens. Erhitzt, wie der junge Mann von dem Spaziergange war, wirkte die plötzliche Kälte des Wassers so schädlich auf ihn, daß er, getroffen von einem Lungenschlage, als Leiche nach der Stadt zurückgebracht wurde.

Die edle That des jungen Mannes und die traurigen Folgen derselben waren bald in der ganzen Hauptstadt bekannt, und man kann sagen, daß seit Jahren kein Fall vorgekommen ist, der die Bevölkerung vom Höchsten bis zum Niedrigsten so tief angegriffen hat, als das durch jene edle That herbeigeführte unglückliche Ende des jungen deutschen Gastes. Diese zeigte sich recht deutlich bei der gestern stattgefunden Beerdigung desselben. Die Kapelle, in welcher der Sarg aufgestellt, war aufs Reichste geschmückt, ebenso der Sarg selber, auf welchem der Degen und die Orden und Ehrenzeichen des Verstorbenen, der den deutsch-französischen Feldzug als Artillerie-Offizier mitgebacht hatte, sowie ein großer Lorbeerkranz gelegt waren.

Das Gefolge zählte nach Tausenden und alle Straßen, durch welche sich der Leichenzug bewegte, waren gedrängt voll Menschen. Der König, sowie der Kriegsminister ließen sich bei der Beerdigung durch ihre Adjutanten vertreten; außerdem nahmen an derselben theil der hiesige deutsche Gesandte von Heidebrandt, der deutsche General-Consul Quehl, der Oberpräsident, der Souscommandant und der Polizeidirector von Kopenhagen, fast sämmtliche Beamte und Ingenieure der seeländischen Eisenbahnen und so ziemlich alle hier lebenden Deutschen.

Von den Verwandten befand sich ein Bruder des Verstorbenen, ein Mühlenbesitzer Oswald Günther, im Gefolge. Derselbe wurde nach der Beerdigung vom Könige empfangen, der seiner tiefen Theilnahme an der Trauer der Familie des edlen Verunglückten in waren Worten Ausdruck gab.

Der Polizeidirector legte auf Befehl des Königs die Medaille für edle Thaten auf den Sarg, wobei er bemerkt, daß dieselbe als ein Zeichen der Anerkennung der edlen That seitens des Königs und der gesammten Bevölkerung der Hauptstadt dienen und später der Familie übersandt werden solle. Am Grabe hielt der Prediger der hiesigen deutschen Gemeinde, Herr Schmaltz, eine deutsche, und der Stiftsprobst Rothe eine dänische Rede. Die deutsche Liedertafel trug einige Grablieder vor. In den nächsten Tagen soll eine Subscription in der Hauptstadt zum Zwecke der Errichtung eines Denkmals auf dem Grabe des Verstorbenen eröffnet werden.“

Dieser Artikel erschien in Bonner Zeitung. 1850-1891 – Sonntag, 19.04.1874

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„Das Kopenhagener „Extrabladet“ teilt mit, dass auf dem Assistenzkirchhof zwei deutsche Gräber geschleift werden sollen … in dem anderen Grabe liegt der deutsche Eisenbahningenieur Richard Günther, der am Karfreitag 1874 dabei ums Leben kam, als er an der Langen Linie einen Knaben vor dem Ertrinken rettete … „Ekstrabladet“ bemerkt, dass entweder die deutsche Gesandtschaft oder die deutsche Kolonie etwas tun sollten, um diese beiden Gräber verdienstvoller Landsleute vor der endgültigen Vernichtung zu bewahren… 48 Jahre nach dem Tod Günthers wurde sein Grab abgeräumt und eingeebnet

Diese Mitteilung erschien bei „Der Nordschleswiger“ – Artikel Chronik: Gedenken, Grenzen und ein Besuch bei H. C. Andersen – Jürgen Ostwald – 10. September 2022 Nordschleswig – www.nordschleswiger.dk

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Richard Heinrich Günther – geboren 05. März 1847 in Unruhstadt – gestorben 04. April 1874 in Copenhagen

seine Eltern waren der Windmüller zu Unruhstadt Gustav Robert Günther und dessen Ehefrau Johanna Henriette geborene Michaelis. Der genannte Oswald – Oswald Bernhard Gustav Günther -, Mühlenbesitzer zu Unruhstadt, war sein älterer, im Jahr 1844 geborene Bruder. Weitere Geschwister waren Maria Henriette Alwina *1850, Rosina Dorothea Ottilie *1854, Clementine Auguste Marthe *1856, Anna Elisabeth Hulda *1859 und Johannes Gustav Robert *1862.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:1) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Personenstandsunterlagen Ancestry.com; 3) Zeitungen deutsche-digitale-bibliothek.de 

Heinrich Fechner 1845 Unruhstadt -1909 Berlin

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Neue Fibel – Nach den Grundsätzen der reinen Schreiblese- und der Normalwörter Methode – von Professor Heinrich Fechner

„Professor Heinrich Fechner, der durch seine Fibeln und Lesebücher weitbekannte Methodiker, erlag einem längeren Leiden.

Fechner, der einfachen Verhältnissen entstammte, wurde im Jahre 1845 zu Unruhstadt in der Provinz Posen geboren.

Er besuchte die Volksschule, dann die Präparandenanstalt und das Seminar in Bromberg. Nicht ganz ein Jahr unterrichtete er dann an der dortigen Realschule.

1865 kam er nach Berlin, wo er an der Vorschule des Wilhelms-Gymnasiums unterrichtete. Michaelis 1871 wurde er an das Berliner Seminar für Stadtschullehrer berufen, an dem er bis zu seinem Tode segensreich wirkte.

Er unterrichtete zuerst Deutsch und Französisch, dann Mathematik.

13 Jahre lang war er dann Lehrer sämtlicher kaiserlicher Kinder. (die Berliner Börsen Zeitung vom 02.09.1909 schrieb „… ehemaliger Erzieher der königlichen Prinzen und Oberlehrer am Königlichen Seminar für Stadtschullehrer in Berlin)

Fechner ist der Verfasser viele methodischer Lehrbücher. Bekannt sind seine Fibeln, Lese- und Rechenbücher.  Im Auftrage des Kriegsministeriums schrieb er ein Lese- und Rechenbuch für Kapitulantenschulen.“

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Heinrich Ludwig Wilhelm Fechner 17. Mai 1845 Karge – 01. September 1909 Berlin

Sohn des Schuhmachers Ludwig Wilhelm Fechner *1814 und dessen Ehefrau Sophie Margarethe Caroline geborene Einsiedel *ca 1823, sie verstarb 1888 und er 1895 zu Berlin.

Aus der ersten Ehe (1872) mit Helene Anna Maria geborene Lucas, entstammte der Sohn Max Heinrich Georg Fechner *1879, welcher später als Studienrat in Berlin ansässig gewesen ist. In der zweiten Ehe mit Helene Julie Louise geborene Vater (1888) wurde die Tochter Helene Maria Auguste im Jahr 1889 geboren, welche später den Doktor der Philosophie Wilhelm Kurt Blass ehelichte.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
1) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Personenstandsunterlagen Ancestry.com; 3) Zeitungen deutsche-digitale-bibliothek.de – hier: Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen-Ausgabe – Freitag, 03.09.1909

Notizen zu Bomblin / Bąblin Schloss

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Schloss Bomblin, hier schon als Eisenbahner Erholungsheim / Aus dem Posener Lande

„In der Nähe, nur durch die Warthe und einen großen, prächtigen Wald von Ruxmühle getrennt, lag die „Herrschaft Bomblin“. Der Besitzer, Herr von Dobrzycki, übertrug im Jahre 1842 meinem Vater, der sich kurz vorher in Samter niedergelassen hatte, den Bau eines Schlosses und der dazu gehörenden Wirtschaftsgebäude.“

Diese Zeilen sind zu finden in dem Buch des Xaver Scharwenka – „Klänge aus meinem Leben“ – Erinnerungen eines Musikers (Verlag Koehler, Leipzig 1922). Scharwenka … die Brüder Philipp Louis und Xaver Franz waren beide später weltbekannte Komponisten, Pianisten und Musikpädagogen, welche in den Jahren 1847 und 1850 zu Samter geboren worden waren.

Ihr Vater war der Baumeister und Architekt Wilhelm August Scharwenka (1811-1879) und ihre Mutter die Emilie Apollonia geborene Golisch (ca 1823-1894) aus Ruxmühle.

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Die Warthe bei Bomblin / Aus dem Posener Lande

Wilhelm August Scharwenka war gebürtig aus Letschin, gelegen im heutigen Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg und cirka 190 km von Samter / Szamotuly entfernt. Wir haben in Berichten über Letschin keine weiteren Erwähnungen zu ihm gefunden, sodass zu vermuten ist, dass er dort längst in Vergessenheit geraten ist.

Es wurde geschrieben, dass Wilhelm August Scharwenka den Weg von Samter / Szamotuly zur Baustelle nach Bomblin / Bąblin über Rux Mühle / Ruks Mlyn nutzte (ca. 10 km und dann über die Warthe nochmals annähernd 5 km).

Professor Karl Graeter beschrieb den Weg, der ihn bei einer seiner Wanderungen von Ruxmühle über die Warthe führte … „Der Wald bei der Mühle gehört zu den schönsten, die ich gesehen: Kiefern, Eichen, Fichten und Birken drängen sich dicht aneinander, hohe Wacholder und zierliche Farren, Blau- und Erdbeeren verhüllen den Boden. Von der steilen Waldeshöhe bietet sich ein recht hübscher Blick auf die Warthe und dem aus dichtem Waldeslaube hervorragenden Schloßturm von Bomblin. Bei dem Forsthause Warthekrug nehme ich Abschied von meinen freundlichen Begleiterinnen und eilte zum Ufer der Warthe, wo auf hohem Rande eine stolze Eiche thront. Wohl eine Viertelstunde muß ich warten, bis der Fährmann mich herüberholt. 1)

Über Bomblin / Bąblin selbst ist wenig bekannt. Das Anwesen selbst ist sehr alt, erste Erwähnungen sollen sich bereits im 15. Jahrhundert finden. Wie bei vielen Herrschafts-Sitzen fanden zahlreiche Besitzwechsel statt.

Die Norddeutsche allgemeine Zeitung, berichtete in ihrer Abend Ausgabe vom Samstag, d. 04. Januar 1896 „Das Rittergut Bomblin bei Obornik mit den Vorwerken Marianowo und Krug, etwa 1.500 Hektar groß, ist für 590.000 M(ark) in den Besitz des Ingenieurs Albert Schmidt aus Berlin übergegangen. Bisher gehörte es Herrn Heinrich (Henryk) von Dobrzycki.

(Albert Carl Robert Schmidt, geb. 1859 zu Fraustadt, später den Namen Schmidtbomblin führend)

In der Ausgabe o. g. Zeitung vom 24. November 1903 heißt es dann: „Das Rittergut Bomblin bei Obornik , 6.600 Morgen, bisher dem Patentanwalt Schmidt in Berlin gehörend, ist von der Ansiedlungskommission für 800.000 M(ark) gekauft worden.

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Obornik – Eisenbahner-Erholungsheim – Schloss Bomblin / AK

Die Ansiedlungskommission hat das Anwesen parzelliert.

Auch hier hat die Norddeutsche allgemeine Zeitung in ihrer Ausgabe vom Sonntag, d. 07. Februar 1909 die Berichterstattung fortgeführt: „Der Bezirks-Eisenbahnverein Bromberg hat, wie die Eisenbahn mitteilt, von der Ansiedlungskommission in Posen das Schloß Bomblin für die Zwecke eines Erholungsheims für Eisenbahner, das eine neu zu gründende Genossenschaft einrichten will, für den Preis von 40.000 M(ark) angekauft. Das Schloß, das in seinen älteren Teilen etwa 75 Jahre alt ist, liegt an der Warthe, 10 Kilometer von der Stadt Obornik entfernt, unmittelbar bei der Station Bomblin der im Bau begriffenen Nebenbahnstrecke Wronke-Obornik mitten in einem schönen 2,86 Hektar großen Park, dem sich ein Gemüsegarten von 1,22 Hektar Größe anschließt. Außerdem ist ein 3,52 Hektar großes, unmittelbar an den Ufern der Warthe gelegenes Wäldchen mit Kiefernbeständen gleichzeitig mit dem Schlosse erworben worden. Nach ärztlichen Gutachten eignet sich das Schloß wegen seiner gesunden Lage an Wasser und Wald, die zur Folge hat, daß die Luft auch im Sommer vollkommen staubfrei sein wird, vorzüglich für ein Erholungsheim….“

* * *

Erwähnung findet der Ort auch durch Mikołaj Dobrzycki, einem Major der polnischen und napoleonischen Armee. Letzlich führte er 1848 während des Aufstandes die Bauernarmee an. Er wurde bei der Erstürmung der Brücke bei Obornik getötet. Ein Obelisk, welcher die Grabstätte des Mikołaj Dobrzycki markiert, findet sich noch heute auf dem Anwesen

Am Ende dieses Artikels finden Sie einen Ausschnitt aus den Erinnerungen des Generals der Infanterie z. D. Dr. Heinrich von Brandt. In diesem wurde der Name zwar „Dobczynski“ geschrieben, es handelte sich aber wohl um oben erwähnten Mikołaj Dobrzycki.

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Heute, nach Umbauten, welche das eigentliche Gebäude nur noch erahnen lasseb, beherbergt das Schloss Missionare der Heiligen Familie, eine Ordensgemeinschaft in der römisch-katholischen Kirche.

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Erinnerungen des Generals der Infanterie z. D. Dr. Heinrich von Brandt

„… Er bat zugleich um Erlaubniß, eine Deputation der Nationalgarde von Schroda einführen zu dürfen. Es erschienen auch bald darauf drei Männer von einem fabelhaften Aeußern, ein ungemein dicker Fleischer mit einem Schnurrbart à al Sobieski und einem Schleppsäbel von enormer Länge, aber sonst traktabel und nachgebend, als Kommandant derselben; eine kleiner Mann mit gewölbtem Nacken, mit einem vollen grauen Barte aber sonst fein geschnittenem Gesichte, aus dem ein Paar blitzende Augen hervorleuchteten, reinlich aber ärmlich gekleidet, mit einer Krabele (Säbel ohne Bügel) an der Seite und endlich eine dritte weniger markante Person. – Nachdem wir einen Augenblick über den Zustand der Dinge in Schroda gesprochen und nun auf Besetzung der Stadt kamen, näherte sich mir der Mann mit dem gewölbtem Nacken und sagte zu mir: „Ich hoffe, Herr Oberst, Sie gewähren einem alten Bekannten Alles, was mit Ihrer Pflicht verträglich ist.“ „Sie sind wohl so gütig“, antwortete ich ihm, „meinem Gedächtniß zu Hülfe zu kommen; ich entsinne mich nicht des Vergnügens Ihrer Bekanntschaft.“ „Und doch“, war die Antwort, „sind wir Regimentskameraden. Ich heiße Dobczynski!“ „Dobczynski?“ antwortete ich mit Erstaunen, „von der zweiten Boltiguer-Kompagnie, der bei Monzón (ca. 1809) gefangen ward? Das ist unmöglich!“ „Und doch“, entgegnete der Pole, „mein Haar ist auf den Pontons in England gebleicht, Kummer und Sorgen haben mir die Stirn und Wangen gefurcht, Ketten mir die Glieder verunstaltet und in den Kasematten am Zamość und Bobruysk (Bobruisk) bin ich zum Krüppel geworden.“ – Es war der derselbe Dobczynski, der seit 1831 eine Hauptfigur in allen polnischen Verschwörungen bildet und dessen Name mit dem Krzynonowski’s in stetem Zusammenhange genannt und der als besonderes Opfer russischer Tyrannei bezeichnet wurde. Er war in seiner Jugend ebenso liebenswürdig als tapfer, war für sein ausgezeichnetes Betragen bei der Wegnahme von San José bei Saragossa im Tagesbefehl genannt worden und hatte später das Unglück, nach dem verunglückten Cinca-Uebergange unter General Hubert bei Monzón gefangen zu werden.

Nach Tarragona und von hier nach den Balearen geführt, hatte er auf dem Felsenriff Cabrera mehrere Jahre gesessen, war dann nach England auf ein Ponton gekommen und hatte hier 1815 seine Freiheit erhalten.

In seine Heimath zurückgekehrt, war ihm eine Stelle im Zollwesen (in anderen Quellen Gründung der Filialloge der Nationalen Freimaurerei) im Kalischer Departement geworden. Bald (1821) in Umtriebe verwickelt, ward er eingezogen, in Ketten gelegt (1822) und brachte, später verurtheilt, mehrere Jahre in Zamość als Festungsarbeiter zu, bis er kurz vor 1831 befreit ward. 1831 trat er wieder in Dienst und ward Major. Bei Grochow und Bialotecka fiel unter Kurkowiecki Verrath vor, weswegen dieser ein Pistol auf ihn abschoß; aber später verwundet und gefangen, saß er darauf mehrere Jahre in Bobruysk, entfloh von hier und entkam als Bettler, Tagelöhner und vagirender Musikus verkleidet glücklich nach dem Großherzogthum, wo er lange Zeit unter fremden Namen bei entfernten Verwandten in Bablin bei Obornik ein Unterkommen fand. Hier fanden ihn die Ereignisse von 1846 und 1848. „Glaube mir“, sagte mir der gebeugte Mann im Vertrauen, „ich bin der Sache herzlich überdrüssig; doch, einmal den revolutionären Mächten verfallen, treibt mich mein Unstern von Unternehmung zu Unternehmung; Du siehst meine gebrochenen Kräfte, meine verunstalteten Glieder – wie gern wäre ich zu Hause geblieben, aber der Terrorismus der öffentlichen Meinung hat mich in diesen Strudel gezogen.“ Ich bat meinem Jugendfreunde an, bei mir zu bleiben; ich versprach ihm Sicherheit und Ruhe, wenn er dem revolutionären Treiben entsagen wolle; ich erbot mich, mit ihm meine Baarschaft zu theilen. Aber er schlug Alles aus. „Ich mache mein Buch zu“, sagte er „ich sagen Allem Valet und“, fügte er mit einem schmerzlichen Lächeln hinzu, „wären die Klöster nicht aufgehoben, ich nähme noch heute die Kutte.“ Wir schieden als alte Freunde und Bekannte und ich bat ihn, mich später in Posen zu besuchen. Als ich ihn aufforderte, seinen Einfluß zur Beruhigung der Gemüther in Schroda anzuwenden, sagte er mir, „lieber Brandt, die Bürger sind in der Mehrzahl ganz ruhig; die Unruhigen sind die Holota (Gesindel), die man dort zusammengetrieben und die man Soldaten nennt. Mit der zweiten Boltigeur-Kompagnie (bei dieser hatte er im Regiment gestanden) hätte ich die ganze Gesellschaft auseinander gesprengt.“ Wie es schien, war er etwas darüber erzürnt, daß man ihm einen zu untergeordneten Wirkungskreis angewiesen, daß man seine Brauchbarkeit zu niedrig angeschlagen. Er versprach, mich noch mal zu besuchen, aber die Ereignisse brachten uns bald weiter auseinander. Nach Beendigung der Unruhen erkundigte ich mich nach ihm und erfuhr, daß er in dem kleinen Gefecht bei Obornik erschossen worden. …

Ich habe Nikolay Dobczynski in seinen jüngeren Jahren schön, liebenswürdig, tapfer, gefühlvoll, schwärmerisch, für romantische Poesien, Gesang und schöne Mädchen eingenommen gekannt; als Greis, gebrandmarkt, gebeugt und gedrückt, zerfallen mit Allem, was ihn umgab, und ohne Hoffnung, als Verschwörer verfolgt und geächtet, sah ich ihn wieder. …. – Sanft ruhe seine Asche!“

Passage entnommen aus: „Aus dem Leben des Generals der Infanterie z. D. Dr. Heinrich von Brandt“ – Dritter Theil – Aus den Tagebüchern und Aufzeichnungen seines verstorbenen Vaters zusammengestellt von Heinrich v. Brandt, Oberst z. D. / Berlin 1882 / Seite 103-105

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Wanderbericht und Bilder Aus dem Posener Lande – Heft 6 / 1915; Norddeutsche allgemeine Zeitung bei deutsche-digitale-bibliothek.de

Die Nobiling’s zu Kolno bei Birnbaum und Chraplewo / ca 1842-1863

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Bez kategorii,Birnbaum,Chraplewo,Genealogie,Kolno bei Birnbaum,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
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Kolno (später Kulm) – Ausschnitt Messtischblätter 3361+3471

Viel ist über das am 02. Juni 1878 in Berlin von Dr.Karl Eduard Nobiling verübte Attentat auf Kaiser Wilhelm I. geschrieben worden.

Eingeschoben sei hier, dass Karl Eduard Nobiling, obwohl er vielfach als Mörder bezeichnet wurde, nicht zu diesem wurde; Kaiser Wilhelm I. überlebte das Attentat.

Und die Familie Nobiling? – sie erhielt zwar die kaiserliche Erlaubnis ihren Familiennamen Nobiling in Edeling zu ändern, doch das Stigma verwandt mit dem Attentäter gewesen zu sein blieb.

* * *

Der Vater des Attentäters war Hans Eduard August Nobiling. Dieser war ca. 1807 als Sohn des Oberförsters Ferdinand Wilhelm Nobiling und seiner Ehefrau Louise Neubauer geboren worden. Es kann angenommen werden, dass er in Lödderitz, wo seine Eltern ansässig gewesen waren, geboren worden ist.

Sein Bruder war der 1801 zu Lödderitz geborene Eduard Adolph Nobiling, er wurde bekannt durch seine Tätigkeit in den Jahren 1836-1877 zum Ausbau und der Regulierung des Rheinverlaufes und dessen Nebenflüssen und der späteren Bekleidung des Postens als Rheinstrombaudirektor der Rheinstrom-Bauverwaltung.

Hans Eduard August Nobiling selbst wurde späterhin beschrieben als ein aufbrausender, mit spleenhaften Neigungen behafteter Mensch 1). Das Leipziger Tageblatt 3) schrieb: „Der Vater des Attentäters Nobiling war, wie der „Bromb. Ztg.“ von einem früher in Birnbaum wohnhaften Gewährsmann mitgetheilt wird, ein äußerst excentrischer Mensch. Er hatte in Kolno bei Birnbaum die dortige Domäne in Pacht und war seines auffällig groben, abstoßenden Wesens wegen wenig beliebt. Wer unberufen seine Feldmark betrat, den pflegte er wohl mit Todtschießen zu bedrohen.“

Das Hallesche Tageblatt 4) brachte hingegen die Einschätzung des ehemaligen Lehrers der Nobiling Söhne Karl und Otto, Herrn Schleicher aus Glienicke bei Köpenick;

„ … erlaube ich mir gleichzeitig die vielfach falschen Gerüchte, welche über die Familienverhältnisse des Nobiling verbreitet werden, zu berichtigen.

Der Vater des Attentäters war königlicher Domänenpächter in Kolno bei Birnbaum; er war ein thätiger und durch und durch tüchtiger Landwirth, was durch seine Musterwirthschaft, seine Ackerbauschule (siehe am Ende), so wie durch seine verschiedenen Schriften anerkannt und bestätigt worden; leider neigte er dabei sehr ins Excentrische, und die wiederholt vorgekommenen Eigenthümlichkeiten trugen ihm den Beinamen der verrückte – auch der wilde – Nobiling ein; einigen Herren stellte er sich in meiner Gegenwart als das „Unthier von Kolno“ vor.

Gegen seine Bediensteten war er streng, aber gerecht, verlangte die größtmögliche Thätigkeit und Anstrengung und zahlte die höchsten Löhne und Gehälter der ganzen Gegend. Bei ihm war ein häufiger Personenwechsel, so habe ich in 1 Jahr 7 Monaten meines Dortseins allein fünf Ober-Inspektoren kennen gelernt. Es mögen hauptsächlich diese Eigenschaften zu obigen Bezeichnungen veranlaßt haben.

Er war dreimal verheirathet und hatte damals acht Kinder aus diesen Ehen. ….“

Nicht bekannt ist der Name seiner 1sten Ehefrau. Aus der Verbindung mit ihr stammte seine älteste Tochter Auguste Helene Louise. Rückgerechnet aus ihrem Eheeintrag des Jahres 1856 mit dem Gymnasiallehrer Arthur Robert Heffter müsste sie ca. 1835 geboren worden sein. Als weitere Tochter kommt allerdings noch eine Anna Nobiling, geb. am 07. Apr 1837 zu Leitzkow in Frage. Sie wird in Archivunterlagen als Fräulein bezeichnet und lebte bei Auguste Charlotte Maria Morgenstern, geborene Nobiling. Beide letztgenannten nahmen mittelst Allerhöchstem Erlasse vom 08. Juli 1878 bei ihrem Aufenthalt in Posen den Geburtsnamen Edeling an.

Seine 2te Ehe schloss er Im Jahr 1839 in Detershagen mit Johanna Charlotte Caroline geborene Kosmak. Doch bereits im Sommer 1844 verstarb sie in Kolno. Sie wurde nur 34 Jahre alt. Als Todesursache wurde im Kirchenbuch von Birnbaum im Toteneintrag „Auszehrung“ notiert.

In dieser Ehe wurden die Töchter Auguste Charlotte Maria (geb. 1841) und Emma Maria Helene (ca. 1842) geboren. Erstere ehelichte Ernst Gustav Morgenstern und das Paar lebte zu Starzyny im Landkreis Posen; letztere verstarb knapp 4jährig im Jahr 1846 in Kolno bei Birnbaum.

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Der heute verfallene Herrensitz zu Kolno / Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pozosta%C5%82o%C5%9Bci_parku_i_zabudowa

Etwa in der Zeit nach der 2ten Eheschließung und der Geburt der Töchter, also um das Jahr 1842, müsste die Übersiedlung nach Kolno bei Birnbaum erfolgt sein.

Der Wittwer Hans Eduard August Nobiling, königlicher Domänenpächter zu Kolno bei Birnbaum, schloss im August 1846 eine dritte Ehe. Seine Ehefrau wurde Amalie Auguste Friederike Johanna geborene Viebig. Sie war 1829 in Prittisch als einzige Tochter des Oberamtmann Heinrich Friedrich Viebig und der Anna Dorothea Amalie geborene Bartsch geboren worden.

Aus dem Bericht des Lehrer Herrn Schleicher 4) ist zu erfahren: „ … Karl und Otto, waren die ältesten Kinder von der dritten Frau, einer geborenen Viebig, Tochter eines Domänenpächters in Rokitten bei Schwerin a. d. W., einer sehr schönen, ruhigen, die Häuslichkeit liebenden Frau. Sie empfing sehr wenig Besuche und machte fast gar keine; die beinahe einzigen Ausfahrten waren die zur Kirche nach Birnbaum, wo Kögel – der Vater des Hof- und Dompredigers – Oberprediger war.“

In dieser Ehe wurden in Kollno geboren im Jahr

Zu den Söhnen fanden wir nachstehende Äußerungen und Einschätzungen:

Das Leipziger Tageblatt 2) äußert sich zu den Kindern wie folgt: „ … zwei seiner Schwestern sind an Gutsbesitzer verheirathet, zwei seiner Brüder sind noch jetzt Officiere in der preußischen Armee. Einer derselben war Lehrer am Cadettenhause und der Centralturnanstalt und wurde zum Generalstab commandirt. Ein dritter Bruder war Officier im 59. Regiment, mußte aber aus finanziellen Gründen seinen Abschied nehmen, lernte dann in Berlin den Prinzen Hassan von Aegypten kennen und begleitete den Letzteren nach dessen Heimat, wo er auch die Bekanntschaft des Khediven machte.“

Die „N. Pr. Z.“ ergänzt diese Mittheilung dahin, daß die beiden ersterwähnten Brüder des Dr. Karl Nobiling dem 4. Posenschen Infanterie-Regimente Nr. 59, bez. dem 3. Hannoverschen Infanterie-Regimente Nr. 79 angehören; ersterer Bruder ist bereits Premier-Lieutenant und mit dem Eisernen Kreuze ausgezeichnet.“

Am 07.06.1878 schrieb das Leipziger Tageblatt 3) weiterhin:

„Aus unserem Leserkreise geht uns unter dem 6. Juni folgendes Schreiben zu: „……Ich hatte Gelegenheit, vorgestern in Glogau, woselbst Nobiling’s Regiment jetzt steht, den Bruder des Mörders, den Lieutnant Nobiling zu sehen. Rührend war die Scene, als er sich von seinen Kameraden, von denen sich ca. 20 mit ihm zum Bahnhof begeben hatten, verabschiedete. Alle umstehenden Personen waren tief gerührt, als dieser Officier, der ehrenvoll in der Armee diente, von seinen Kameraden Abschied nahm. Wie ich auf Befragen in Glogau hörte, war vorgestern ein Ehrengericht (vom Officiercorps des 59. Regiments) zusammengetreten und hatte beschlossen, daß Nobiling vorläufig seinen Abschied nehmen, um später vielleicht, etwa nach Verlauf eines halben Jahres einen anderen Namen anzunehmen und wieder in die Armee einzutreten. … In Glogau selbst äußert man sich sehr günstig über den Lieutenant Nobiling; er soll das gerade Gegentheil seines Bruders, des Mordbuben, sein und früher öfter die Besorgniß geäußert haben, daß sein Bruder Carl ihm und seiner Familie einst Schande bereiten werde.“

Das „Hallesche Tageblatt“ vom Sonnabend, 15.06.1889 (Anm. es waren 11 Jahre seit dem Attentat vergangen) meldete: „In der Irrenanstalt zu Bonn starb am 5. des Monats im Alter von 34 Jahren der Landwirth Eduard Edeling, ein Bruder des Attentäters Nobiling. Edeling hielt sich vor seiner Ueberführung in die Anstalt, zu Köln auf. Nahe Verwandte des Attentäters, darunter Offiziere in der deutschen Armee, erhielten s. Z. die Erlaubniß, ihren Namen Nobiling in Edeling umzuändern. In der Sterbeurkunde des jetzt verstorbenen Edeling heißt der Vater Nobiling.“

Das Berliner Tageblatt .7) vom 25.03.1886 (Anm. es waren 8 Jahre seit dem Attentat vergangen) veröffentlichte nachstehenden Beitrag: „Der ehemalige Premier-Lieutenant Edeling, des Attentäters Nobiling Bruder, stand heute, wie bereits gemeldet, vor der Strafkammer, angeklagt der Veruntreuung von 60.000 Mark zum Nachtheile der Firma Uhlhorn in Grevenbroich, deren Agent Ebeling seit dem Jahre 1882 war. Der Angeklagte lebt auf einem großen Fuße, hielt Wagen und Pferde, war aber sonst nicht ganz mittellos, so daß seine Angaben, er habe das Geld nur geliehen, und daß er zur Zurückgabe wohl fähig sich gefühlt hätte, einigen Glauben gewinnt. Der Vertheidiger, Rechtsanwalt Schnitzler, kritisiert scharf das Verfahren des Vertreters der geschädigten Firma, die zunächst alles Mobiliar und sonstige Vermögen Edelings und seiner Frau mit Beschlag belegt und dann schließlich noch wegen des Defizits die gerichtliche Verfolgung einleitete. Auch hat die Vertheidigung um mildernde Umstände mit Rücksicht auf die glänzenden militärischen Zeugnisse des Angeklagten, sein Streben, Alles möglichst zu decken, und mit Rücksicht auf die Aufopferung seiner Frau, die ihr ganzes Eigenthum ebenfalls hingegeben habe und jetzt mit ihrem Kinde an den Bettelstab gebracht sei. Der Staatsanwalt beantragte 2 ½ Jahre Gefängniß, der Gerichtshof ging indeß viel niedriger und verurtheilte den Angeklagten zu einem Jahr Gefängniß und drei Jahren Ehrverlust. Edeling war während der Verhandlung ziemlich gefaßt, wandte aber stets dem Publikum sein Gesicht ab, so daß seine Züge Niemand außer den vor ihm stehenden Richtern etc. sehen konnte. Vom Präsidenten hiernach befragt, erkannte der Angeklagte das Urtheil an und wird derselbe Revision nicht einlegen.

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Herrensitz zu Chraplewo – ob es tatsächlich das Anwesen der Nobiling’s war ist nicht bekannt / AK Ausschnitt

Ob wirklich die Pacht für Kolno auslief wie geschrieben worden ist, oder ob Hans Eduard August Nobiling, welcher ein leidenschaftlicher Landwirt gewesen sein soll, immer schon den Traum eines eigenen Rittergutes gehabt hat, wissen wir nicht.

Im Buch der „Hand-Matrikel der in sämmtlichen Kreisen des Preussischen Staats auf Kreis- und Landtagen vertretenen Rittergüter“, veröffentlicht 1857, wurde Hr. Hans Eduard Nobiling, Oberamtmann und Domainen-Pächter zu Kolno Kreis Birnbaum als Besitzer von Chraplewo mit Zubehör aufgeführt; im Dezember 1856, war der jüngste Sohn noch in Kolno geboren worden.

Im Dezember des Jahres 1859 wurde sein erstes Enkelkind, Therese Helene Elisabeth, in Bromberg geboren; einer ihrer Taufpaten war der Oberamtmann Nobiling in Graplewo (Anm.: Chraplewo).

Wann Chraplewo tatsächlich übernommen worden war, bleibt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages unklar. Selbst aus der Berichterstattung ergeben sich Datumsmäßige Abweichungen, einmal heißt es,   „…daß „in den vierziger Jahren die Pacht in Kollno aufgeben wurde 1)“; andererseits findet sich im Bericht des Lehrer Herrn Schleicher 4) „… dass Chraplewo bereits 1854 angekauft worden war.“

Wie auch immer, es kam das Jahr 1863.

In diesem Jahr findet sich im Kirchenbuch von Neustadt bei Pinne im Eintrag No. 61:

Hans Eduard Nobiling, Rittergutsbesitzer und königlicher Oberamtmann, 50 Jahre, 9 Monate verstarb am 30. Mai des Jahres, er fand den Tod durch Entladung des Gewehrs. Seine Beerdigung hat am 2. Juni 1863 in Chraplewo stattgefunden.

Hierzu findet sich in der Berichterstattung des Jahres 1878: „… Dort (Chraplewo) soll er, wahrscheinlich in Folge ehelicher Zerwürfnisse, unter eigenthümlichen Verhältnissen ums Leben gekommen sein“ 1).

„ … und als er dort eines Tages zur Jagd gefahren war, brachte ihn sein Kutscher als Leiche nach Hause zurück. Es hieß, das Gewehr habe sich unterwegs entladen und Nobiling getödtet, das Urtheil der öffentlichen Meinung ging jedoch dahin, daß er sich selbst getödtet habe, da der Schuß in den Mund gegangen war … “ 3), so berichtete wiederum das Leipziger Tageblatt.

In dem Bericht des Lehrer Herrn Schleicher 4) heißt es: „ …. 1854 kaufte Nobiling das Rittergut Chrablewo bei Neustadt bei Pinne von einem Polen für 95.000 Thaler mit einer Anzahlung von 60.000 Thlrn. Das Gut umfaßte circa 5.000 Morgen Areal, verschlang aber, da vorher polnische Wirthschaft getrieben, zu den mannichfachsten Verbesserungen, namentlich Bauten, große Summen und gaben die Vorwürfe seiner Frau und der durch letztere zu Hülfe gerufenen Verwandten Veranlassung, daß Nobiling sich auf einer Fahrt in das Feld mit seiner kurzen zweiläufigen Bürschbüchse, ohne welche er sehr selten ausfuhr, erschoß.“

Während seine Töchter aus den ersten beiden Ehen schon älter waren, und, wenn alle Recherchen korrekt zusammengestellt wurden, nicht mehr im Elternhaus lebten, so waren die in 3ter Ehe geborenen Kinder erst zwischen 7 und 15 Jahre alt. Sie müssten, wenn es Unstimmigkeiten zwischen den Eltern gegeben hat und auch den Tod des Vaters direkt miterlebt haben. Zumal ihre Mutter, die Wittwe des Hans Eduard August Nobiling schon kurze Zeit nach dessen Tod, es waren erst ca. 3-4 Monate nach gefundenen Verkaufsofferten vergangen, den Verkauf des Anwesens in Chraplewo in die Wege leitete.

Widersprüche zu Pressemeldungen verbleiben aber auch in diesem Punkt, denn als am 16. September 1863 die Anzeige

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Verkaufsanzeige vom 16. September 1863 in zahlreichen Zeitungen

„Durch den Tod meines Mannes finde ich mich veranlaßt, mein Rittergut Chraplewo mit vollständiger Aernte, todtem und lebendem Inventarium zu verkaufen. Dasselbe liegt im Kreis Buk, Großherzogthum Posen, hat 3.280 Morg. Areal des besten Bodens, darunter 2.095 Morgen Acker, 411 Morgen Wiesen, 131 Morg. Schonungen, 518 Morg. Laubwald, 54 Morg. Gärten und Hofstellen, 71 Morg. Gräben, Wege und Brücher, Brennerei, Oel- und Mahlmühle, Stammschäferei. Anzahlung 40- bis 60.000 Thlr. – Frankiert Anfragen nimmt entgegen das Dominium Chraplewo Neustadt bei Pinne.“

erschienen waren, vermeldete die Posener Zeitung vom 14. September 1863 bereits den vollzogenen Verkauf

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Die Meldung des bereits getätigten Verkaufes vom 14. September 1863

„Neustadt bei Pinne, 12 September. (Gutskauf.) Gestern (11.09.1863) ging das eine Meile von hier belegene, der Frau Oberamtmann Nobiling gehörige Rittergut Chraplewo käuflich für den Preis von 160.000 Thlr. an den Rittergutsbesitzer Herrn von Treskow auf Owinsk über. Das Gut hat 3.290 Morgen Areal, worunter 2.095 M Ackerland, 411 Morgen Wiesen, 649 M Wald und Schonung. Die Gebäude sind in sehr gutem Zustande, ebenso auch das Inventarium. Auf Chraplewo befindet sich eine neuerbaute Dampfbrennerei, verbunden mit einer Mehl- und Oelmühle.6).“

Die Wittwe Nobiling ließ sich mit ihren Söhnen anfangs in Züllichau nieder, ehe sie nach Berlin übersiedelte.

Im Bericht über die Evangelische Kirchen-Gemeinde .5) Neustadt bei Pinne aus dem Jahr 1879 ist noch folgenden Hinweis zu finden: „ … In diesem Jahre erreichte auch der seit 5 Jahren (Anm. seit ca. 1875) wegen eines Kirchenkapitals von 200 Thalern geführte Prozess der Kirche ein Ende. Es stammt dieses Kapital von der Witwe des Gutsbesitzers Nobiling in Chraplewo, welche es zur Zeit des Pastors Bethge der Kirche geschenkt hatte, mit der Verpflichtung, dafür das auf dem Chraplewoer Kirchhofe befindliche Grabmal des Nobiling für alle Zeiten in Stand zu halten.

Im Jahr 1866 heiratete Amalie Auguste Friederike Johanna geborene Viebig, verwittwete Nobiling den Major a. D. Herrn Rudolph von Gauvain, geboren 1814 und gebürtig aus Zabakuck. „Auf kurze Zeit soll das Gut Klappstein bei Schneidemühl“ von dem Paar übernommen worden sein 1). 1869 wurde der gemeinsame Sohn Friedrich Franz Rudolph von Gauvain in Klappstein im Regierungsbezirk Marienwerder geboren.

Die Mitglieder der Familie Nobiling erhielten nach dem Attentat des Jahres 1878 mittelst Allerhöchsten Erlasse vom 08. Juli 1878 die Erlaubnis, ihren Familiennamen von Nobiling in Edeling umzuändern.

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Bekanntmachung – Betrifft die Ackerbauschule in Kolno, bei Kähme, Kreis Birnbaum

In Kolno, Kreis Birnbaum, ist zu Johanni 1850 eine Ackerbauschule auf Staats-Kosten eröffnet worden.

Indem ich hiermit die für die Anstalt geltende Haus- und Disciplinar-Ordnung, so wie den Unterrichtsplan zur Kenntniß des betheiligten Publikums bringe, fordere ich zur Benutzung der Anstalt mit dem Bemerken auf, daß diejenigen, welche für ihre Söhne, Mündel oder sonstige Angehörige die Aufnahme wünschen, sich unter Einreichung amtlicher Atteste über die Aufnahmefähigkeit ihres Sohnes oder Mündels (cons. §1 des Unterrichtsplans) an den Dirigenten der Anstalt, Domänenpächter Nobiling in Kolno bei Kähme zu verwenden haben.

Posen, den 4. Februar 1851 – Der Oberpräsident für das Großherzogthum Posen – In Vertretung v. Kries

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Haus- und Disciplinar-Ordnung der Ackerbauschule in Kolno .8)

§1 Die Zöglinge wohnen in einem besonderen Hause, woselbst sie auch schlafen und an einem gemeinschaftlichen Tische gespeist werden, in der unmittelbaren Nähe des in demselben Hause mitwohnenden Vorstehers der Anstalt. Die Zöglinge erhalten dieselbe Beköstigung wie das hiesige Gesinde, nur wird für sie der Tisch in ihrem Zimmer besonders gedeckt.

§2 Die Zöglinge stehen in demselben Diciplinarverhältnis, wie solches bei dem Gesinde hier gesetzlich festgestellt ist, mit der Maßgabe, daß die Zöglinge in dieser Beziehung nur unmittelbar unter dem Vorsteher der Anstalt sehen, welcher in dergleichen besonderen Fällen von dem Unterzeichneten specielle Anweisung nach genommener Rücksprache erhalten wird. Die übrigen Wirthschafts-Officianten haben in Disciplinar-Beziehung den Zöglingen keine Vorschriften zu machen.

§3 Zur bequemeren Uebersicht und festeren Begründung eines richtigen Urtheils über die moralische Führung und übrige Qualifikation wird über jeden Zögling eine genaue Conduitenliste tabellarisch geführt, mit der Einrichtung, daß in einer Colonne der etwa über einen Zögling ausgesprochene Tadel von dem betreffenden eigenhändig und somit anerkennend unterschrieben wird.

§4 Wiederholter Ungehorsam, fortgesetzte Nachlässigkeit und grobe Fahrlässigkeit, anhaltende Faulheit, entschiedene Unfähigkeit, so wie Verübung von groben Unsittlichkeiten ziehen die Exmittierung aus der Anstalt nach sich, ingleichen wenn ein Zögling von einer ansteckenden Krankheit befallen sein sollte. Die Exmittierung erfolgt in diesen Fällen von dem Unterzeichneten unter gleichzeitiger Anzeige an der Herrn Oberpräsidenten.

§5 Böswillige, oder aus grober Fahrlässigkeit hervorgehende Beschädigung der Inventarienstücke hat der betreffende Zögling zu ersetzen.

§6 Mit Kleidungsstücken und Leibwäsche müssen die Zöglinge sowohl beim Eintritt in die Anstalt, als während ihres Aufenthaltes in derselben zur Erhaltung der Ordnung und Reinlichkeit versehen sein.

§7 Zur unerläßlichen Pflicht wird den Zöglingen Reinlichkeit gemacht, sowohl an ihrem eigenen Körper, als in ihrer Wäsche und Bekleidung; auch müssen sie zu diesem Ende jede Woche die Leibwäsche wechseln und rein gewaschen anziehen.

§8 Die Zöglinge dürfen ohne besondere Erlaubniß das Gehöft nicht verlassen.

§9 Der Kirchenbesuch wir ihnen zur Pflicht gemacht, und zwar in der Art, daß jeden Sonntag die Hälfte dahin geht; jeder Zögling also (alle) 14 Tage zur Kirche kommt.

§10 Selbstredend gelten für die Zöglinge der Anstalt dieselben aus dem Betriebe der ganzen Wirthschaft hervorgehenden Regeln über die Zeit des Aufstehens, der Arbeit, des Essens und der Erholung, so wie des Schlafengehens, ebenso wie bei dem Gesinde der hiesigen Wirthschaft und weist der Vorsteher der Anstalt jedem Zöglinge täglich Beschäftigungen an.

§11 Dem Vorsteher, so wie dem Dirigenten der Anstalt und deren Anordnungen haben die Zöglinge überall Folge zu leiten. Ueberhaupt wird Fleiß, Ordnungsliebe, Reinlichkeit, Mäßigkeit, Bescheidenheit und Folgsamkeit, ingleichen ein streng sittlicher Lebenswandel den Zöglingen zur Pflicht gemacht, wie denn überhaupt von dem festen Verharren in diesen Tugenden das Gedeihen der Anstalt abhängt.

Kolno, den 30. Jan 1847 H. E. Nobiling

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Unterweisungsplan für die Zöglinge der Ackerbauschule in Kolno.

§1 Zur Aufnahme in die Anstalt gelangen nur solche junge Burschen, die ein Alter von circa 17 Jahren erreicht haben, die gesund und kräftig sind, welche ein deutsches Buch in gewöhnlicher Schreibart lesen und verstehen können und im Schreiben und Rechnen diejenigen Fertigkeiten erlangt haben, die nach dem Stande des Elementar-Unterrichts in unsern Dorfschulen von fleißigen und fähigen Knaben bis zur Confirmation zu erwerben sind, und welche ferner aus der Zeit von der Confirmation bis zu ihrer Aufnahme in die Anstalt gute Zeugnisse über Fleiß und Betragen aufzuweisen haben.

§2 Der Lehrplan wird nach den bekannten Grundsätzen auf einen dreijährigen Cursus gegründet, dergestalt, daß in jedem Jahre vier Zöglinge in die Anstalt aufgenommen werden und eben so viele ausscheiden.

§3 Im ersten Jahre verrichten die Zöglinge die gewöhnlichen Handarbeiten mit den Tagelöhnern, um alle dabei vorkommenden Handgriffe kennen zu lernen und einzuüben. Besondere Rücksicht wird in dieser Beziehung darauf genommen, daß die Zöglinge während dieses Zeitraumes alle Arbeiten, sowohl auf den Aeckern, als Wiesen, als Gärten, als auf dem Wirthschaftshofe, ferner in der inneren Haushaltung selbst mit durchmachen und vollständig einüben.

§4 Im zweiten Jahre arbeiten sie mit den Ochsen, lernen das Pflügen, Eggen und Fahren im Sommer mit denselben und füttern sie im Winter; ebenso werden sie während dieses Zeitraumes in der Schäferei bei Wartung der Schaafe, bei der Pflege von Füllen und Zuchtstuten, als auch bei der Futterung und Abwartung der Kühe, der Kälber und des Jungviehs, selbst der Schweine beschäftigt und eingeübt.

§5 Im dritten Jahr rücken sie als Pferdeknecht ein und verbleiben in dieser Station circa ein halbes Jahr und arbeiten nachher einige Monate beim Stellmacher, um die gewöhnlichen Ackerwerkzeuge, als: den Pflug, die Egge, den Hacken selbst anfertigen zu können, legen auch beim Beschlagen dieser Instrumente in der Schmiede selbst mit Hand an.

§6 Bei vorkommenden mehrseitigen Arbeiten auf dem Felde oder dem Wirthschaftshofe werden diejenigen Zöglinge, welche die bemerkten Stationen durchgemacht haben, als Aufseher angestellt, damit sie die Leitung solcher von vielen Leuten zu verrichtenden Arbeiten einüben.

§7 Ferner wird den Zöglingen im Laufe des dritten Jahres Unterweisung im Gartenbau und der Obstbaumzucht gegeben werden und müssen sie auch hierbei mit Hand anlegen und die Handgriffe einüben.

§8 Die Zöglinge müssen vom frühen Morgen bis späten Abend in angestrengter ausdauernder Thätigkeit erhalten werden, damit sie die gute Gewohnheit des persönlichen Fleißes annehmen. Auch müssen sie vor allen hohlen Theorien bewahrt werden.

§9 Die Gründe, warum gerade so und nicht anders bei den Arbeiten verfahren wird, erhalten die Zöglinge zur Erlangung eines richtigen und gesunden Urtheils bei der Anweisung zu den einzelnen Ausführungen selbst.

§10 An den Sonntagen wird im Erbauungsbuch gelesen, und von dem Lehrer weitere Erläuterung darüber gegeben und überhaupt auf die moralische Ausbildung möglichst hingewirkt.

§11 Die Zöglinge werden in den langen Winterabenden im Schönschreiben, im Briefschreiben und Rechnen geübt. An denjenigen Wintertagen, wo keine dringenden Wirthschafts-Geschäfte vorfallen, oder abwechselnd in den Winterabendenden wird ein landwirthschaftliches Lehrbuch oder ein anderes deutsches Buch in gewöhnlicher Schreibart, und auf die weitere Ausbildung der Zöglinge hinzielend, gelesen, der Inhalt von dem Lehrer erklärt und von den Zöglingen wiedergegeben, entweder mündlich oder schriftlich. Hieran werden sich kurze fachliche Vorträge von dem Vorsteher oder dem Dirigenten der Anstalt über Fruchtfolge, Wiesenkultur, Futterbau, Viehhaltung und Viehzüchtung anknüpfen, mit besonderer Berücksichtigung des Bildungsstandes der Zöglinge.

Auch werden den Zöglingen demonstrative Instructionen an lebenden Thieren über deren Formation und Alter und am betreffenden Orte über Verschiedenheit der Fruchtfolgen etc. gegeben werden.

§12 Ferner erhalten die Zöglinge in veterinärischer Beziehung Unterweisung im Hufbeschlage und Behandlung des Hufes der Pferde, so wie über den normalen und krankhaften Gang des Pulses bei unsern größeren Hausthieren; lernen Aderlassen, Haarseile ziehen und Arzneien eingeben, ingleichen wird ihnen das Einimpfen der Pokken bei den Schaafen gelehrt werden.

Kolno, den 30. Januar 1847 – H. E. Nobiling

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Eine Meldung aus dem Jahr 1860 bzgl. Der Landeskultur-Gesetzgebung .9) besagt, dass „… In der Provinz selbst ist die einzige auf Staatskosten eingerichtete Ackerbau-Schule in Kolno, Kreises Birnbaum, seit kurzem ganz eingegangen und es bestehen nur noch zwei Privat-Anstalten ähnlicher Art.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
1) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Personenstandsunterlagen Ancestry.com; 3) Zeitungen deutsche-digitale-bibliothek.de – hier: .1) Berliner Börsen-Zeitung – Abend-Ausgabe – Dienstag, 4. Juni 1878; .2) Leipziger Tageblatt und Anzeiger: Amtsblatt des Königlichen Amts- und Landgerichtes Leipzig und des Rathes und Polizeiamtes der Stadt Leipzig – Donnerstag, 06.06.1878; .3) Leipziger Tageblatt und Anzeiger: Amtsblatt des Königlichen Amts- und Landgerichtes Leipzig und des Rathes und Polizeiamtes der Stadt Leipzig – Freitag, 07.06.1878; .4) Hallesches Tageblatt – Sonntag, 16.06.1878; .7) Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Abend-Ausgabe – Donnerstag 25.03.1886; 4) Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa – hier: .6) Posener Zeitung. 1863, No. 214 – 14. September; .8) Amtsblatt der Königlichen Preußischen Regierung zu Bromberg: 1851; .9) Die Landeskultur-Gesetzgebung, deren Ausführung und Erfolge im Großherzogthum Posen, J. Klebs 1860; Hauland.de – .5) Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Tomischler Hauland | Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Teil 6

 

 

 

 

 

 

Tod des Jungen Michael Koza auf der Feldmark Katschlin / 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Meseritz Gebäude des Landgerichts / Ausschnitt AK

Am 10. Juli 1901 verhandelte das Schwurgericht Meseritz gegen den Forstlehrling Felix Bessert aus Ostrowo, der beschuldigt war, am 20. August v. J. (1900) auf der Feldmark Katschlin den Häuslersohn Michael Koza vorsätzlich körperlich durch Anschießen mißhandelt zu haben, mit der Folge, daß der Tod des Verletzten eingetreten ist.

* * *

Standesamtseintrag No. 105 – Sierakow / Zirke, am 29. August 1900

Auf Mittheilung des königlichen Distriktsamts hier vom heutigen Tage No. 3400/00 ist der Schulknabe Michael Koza, 12 Jahre alt, katholischer Religion, wohnhaft in Katschlin, geboren in Katschlin, Sohn des Häusler Franz und Agnes geborene Kokocinska Koza’schen Eheleute beide wohnhaft in Katschlin, am zwanzigsten August des Jahres tausend neunhundert, nachmittags gegen vier Uhr auf der Katschlin’er Feldmark durch einen Kugelschuß derart verletzt worden, daß der Tod in Folge von Verblutung nach ganz kurzer Zeit eintrat

 

Bessert war Forstlehrling in der Oberförsterei Zirke. Am 20. August v. J. , dem Tage der ihm zur Last gelegten That, will er im Walde Forstschutz ausgeübt haben und dabei im Walde nach Kaninchen mit Schrot, an der Waldesgrenze nach dem freien Feld zu mit der Kugel nach einer Krähe geschossen haben, die auf einer Kiefer saß.

Gleich nach dem letzten Schuß habe er ein markerschütterndes Geschrei vernommen; er sei schnell nach einer Anhöhe gelaufen, von wo aus er den Knaben Koza sich habe im Blute wälzen sehen. Er hätte nun in der Nähe arbeitende Leute herbeigeholt, die den angeschossenen Jungen nach Hause tragen sollten.

Unterwegs sei Koza gestorben.

An der Richtigkeit dieser Darstellung des Angeklagten waren schon bei den verschiedenen Lokalbesichtigungen Zweifel aufgetaucht, auch hatten einige Personen, die an dem Tage auf benachbarten Feldern gearbeitet hatten, Rufe wie „Halt“, „Stehenbleiben“ unmittelbar vor dem Schuß gehört. Die weiteren Zeugenaussagen ergaben, daß der erschossene Koza in den Wald gegangen war, um Holz zu stehlen; auch sind Fußspuren eine barfüßigen Jungen, die neben abgeschnittenem Holze gefunden wurden, vom Vater des Koza als die seines plattfüßigen Sohnes bezeichnet worden.

Auf Grund der Beweisaufnahme ist daher anzunehmen, daß Bessert den Koza beim Holzstehlen betroffen und ihn verfolgt hat. Dafür spreche, wie der Staatsanwalt anführte, auch der Umstand, daß der barfüßige Junge über ein Stoppelfeld gelaufen sei, um möglichst schnell, den schützenden Wald wieder die erreichen.

Schießversuche, die mit der Büchse des Bessert vorgenommen worden seien, hätten zudem ergeben, daß ein Schuß, wie ihn Bessert abgegeben haben will, fast unmöglich ist.

Die Geschworenen folgten durchweg den Ausführungen des Staatsanwaltes und sprachen den Angeklagten der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig.

Der Gerichtshof erkannte nach dem Antrage der Staatsanwaltschaft auf sechs Monate Gefängniß

Mes. Krbl.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/ [2]): 2) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Feuer in Kasinowo / Kosinowo / Konsinowo 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Aussschnitt Kartogr. Abtlg der Kgl. Preuss. Landesaufnahmen von 1894

Samter. – Im nahen Kosinowo (Kasinowo/Konsinowo) entstand auf bisher unaufgeklärte Weise Feuer, das sich rasch über das halbe Dorf verbreitete und 13 Gebäude einäscherte, die zum Theil schon alt und von leichter Bauart, dem Feuer reichliche Nahrung boten.

* * *

Ein Spendenaufruf mit der Bitte um Unterstützung der „Abgebrannten“ oder eine Information, ob die Brandopfer versichert waren, war nicht zu ermitteln.

* * *

Kasinowo galt als Rittergut. Die Ortschaft gehörte zum Kreis Samter, in welchem auch die Zuständigkeit der Post-, Telegraphen und Eisenbahn-Dienste lag. Ebenso war in Samter das zuständige Amtsgericht angesiedelt.

1883 wurde Gen.-Landschaftsrath Edmund von Zoltowski auf Myszkowo (Krs. Samter) genannt; als Inspector fand sich Franc. Nawrocki.

Das Gesamtareal belief sich auf 890,82 ha; welches sich unterteilte in

650,17 ha Acker
98,57 ha Wiesen
82,12 ha Weiden
53,17 ha Holzungen
0,46 ha Wasser
0,83 ha Ödland und letztlich
5,50 ha Hofräume etc.

 

Der Grundsteuer-Reinertrag wurde mit 6.908 Mk beziffert. Zum Ort zählte eine Dampfbrennerei mit Mühle.

Soweit die Zahlen und Daten im Grossgrundbesitzer- und Güter Lexikon zugleich Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer in der Provinz Posen – Paul Hoffmann – Berlin, 1883

Ergänzend fand sich in Neumann’s Orts-Lexikon des Deutschen Reiches in der Überarbeitung von Wilhelm Klein im Jahr 1894 die Einwohnerzahl von 340 Personen.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  1) Personenstandserfassung Posen Projekt nach Unterlagen des  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”; 3) Grossgrundbesitzer- und Güter Lexikon zugleich Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer in der Provinz Posen – Paul Hoffmann – Berlin, 1883; 4) Neumann’s Orts-Lexikon des Deutschen Reiches in der Überarbeitung von Wilhelm Klein im Jahr 1894 

 

Kurzmeldung – Feuer in Klein Posemukel / 1888

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Klein Posemukel – Dorfstrasse / Ausschnitt AK

Am vergangenen Mittwoch (16. Mai 1888), Nachmittag gegen 2 Uhr, entstand in dem Dorfe Klein-Posemukel bei Bomst Feuer, welches sich bei dem heftigen Winde sehr schnell ausbreitete; zwölf Wohnhäuser und vier Scheunen wurden ein Raub der Flammen; etwa 14 Familien sind obdachlos.

Über die Entstehung dieses Feuer sind verschiedene Gerüchte im Umlauf (näheres zu dieser Aussage konnte nicht ermittelt werden).

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de) – Der sächsische Erzähler: Bischofwerdaer Tageblatt (Tageblatt für Bischofswerda, Neukirch und Umgebung – Samstag, 19.05.1888

Militärpflichtige und Invalidenprüfungsverfahren im Juni 1902

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der ehemalige Schwarze Adler / Ausschnitt aus AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

“Im Jahr 1871 dehnten die Artikel 57 ff. der Reichsverfassung die in Preußen seit 1814 geltende allgemeine Wehrpflicht auf ganz Deutschland aus. So hatte nun „jeder Deutsche“ mit vollendetem 20. Lebensjahr 7 Jahre lang dem Heer oder der Marine anzugehören. Um im Allgemeinen wissenschaftliche und gewerbliche Ausbildung so wenig wie möglich durch die allgemeine Wehrpflicht zu stören, war es jedem jungen Mann überlassen, schon nach dem vollendeten 17. Lebensjahr, wenn er die nötige moralische und körperliche Qualifikation hatte, freiwillig in den Militärdienst einzutreten.  Alle Wehrpflichtigen waren, wenn sie nicht freiwillig in die preußische Armee eintraten, vom 1. Januar des Kalenderjahres an, in welchem sie das 20. Lebensjahr vollenden, der Aushebung unterworfen (militärpflichtig). Sie hatten sich zu diesem Zwecke bei den zuständigen Ersatzbehörden regelmäßig zu melden, bis über ihre militärische Verwendung entschieden wurde, jedoch höchstens zweimal jährlich” (2)

Am Freitag, den 16. Mai 1902 wurde im Amtlichen Teil des Kreisblattes von Neutomischel wie folgt bekannt gegeben:

* * *

Das diesjährige Ober-Ersatz-Geschäft findet am Dienstag, den 10. und Mittwoch, den 11. Juni im Hotel zum Schwarzen Adler in Neutomischel (Inhaber H. Niedbal) statt.

Sämmtliche vorzustellenden Militärpflichtigen fordere ich hierdurch auf, an den vorbezeichneten Tagen Morgens 6 Uhr pünktlich und im nüchternen und reinlichen Zustande auf dem Gestellungsplatze zu erscheinen und dort solange anwesend zu bleiben, bis ihre Entlassung erfolgt.

Mannschaften, welche unentschuldigt fehlen in oder trunkenen Zustande oder nicht rein gewaschen erscheinen sollten, haben ihre Bestrafung auf Grund der Regierungs-Polizei-Verordnung vom 14. Mai 1885 mit Geldstrafe bis zu 30 Mk. event. verhältnismäßiger Haftstrafe zu gewärtigen.

Personen, zu deren Gunsten, Reklamationen angebracht worden sind, wie Vater, Mutter oder andere Familienangehörige, haben im Aushebungsgeschäft persönlich zu erscheinen.

Die Herren Guts- und Gemeindevorsteher oder im Behinderungsfalle deren Stellvertreter haben dem Ober-Ersatz-Geschäft, welches an jedem Tage um 8 Uhr beginnt, beizuwohnen und insbesondere genau auf die Identität der vorzustellenden Mannschaften zu achten. Es kommen zur Vorstellung:

am Dienstag, den 10. Juni 1902 

a. die dauernd Untauglichen, und zwar:

  1. Schönfeld Martin, Owinsk
  2. Jarnot Franz, Zembowo
  3. Stanko Johann, Neustadt b. P.
  4. Dziurla Stanislaus, Porazyn
  5. Hoffmann Hermann, Dombrowo
  6. Siegesmund Karl Gustav, Kuschlin
  7. Poelchen Reinhold Otto, Linde
  8. Rotecki Vincent, Neustadt b. P.
  9. Rausch Karl Otto, Sontop
  10. Kubiak Franz, Zgierzynka
  11. Gube Erich Ludwig Albert, Pakoslaw
  12. Schulz Johann Wilhelm Gotthold, Brody
  13. Schanzenbach Paul Hermann, Glinau
  14. Maennel Johannes Alexander Nathanael, Neutomischel
  15. Netka Stanislaus, Alttomischel
  16. Sauer Karl Hugo, Neutomischel

b. die zur Ersatz-Reserve designierten Mannschaften und zwar:

  1. Sperling Hermann Otto, Glinau
  2. Deckert Heinrich, Neufeld
  3. Steinborn Richard Fritz, Neutomischel
  4. Schneider Gustav Otto, Neustadt b. P.
  5. Weber Anton, Neufeld
  6. Wygocki Stefan, Steinhorst
  7. Szymanski Woyciech, Alttomischel
  8. Girndt Johann Wilhelm Otto, Cichagora
  9. Wilhelm Robert Hermann, Neutomischel
  10. Müller Johann Karl Gustav, Kozielaske
  11. Matuszewski Karl Gustav, Paprotsch
  12. Bielke Johann Oswald Paul, Neutomischel
  13. Szaj Adalbert, Porazyn
  14. Nyga Emil, Rose
  15. Hecke Otto Emil Ferdinand, Zinskowo
  16. Steinbrenner Ernst Reinhold Berthold, Zinskowo
  17. Seide Ferdinand Wilhelm, Scherlanke
  18. Dziubinski Martin, Zgierzynka
  19. Beier Alfred Franz Paul, Bukowiec
  20. Maier Otto Wilhelm, Scherlanke
  21. Buhler Karl Friedrich Ernst, Eichenhorst

c. die zum Landsturm designierten Mannschaften u. zwar:

  1. Baensch Friedrich Wilhelm, Albertoske
  2. Giering Otto Paul Hermann, Konkolewo
  3. Liberra Johann, Alttomischel
  4. Knobel Wilhelm, Brody
  5. Slocinski Wilhelm, Bukowiec
  6. Franz Julius, Paprotsch
  7. Jochade August, Chmielinko
  8. Lodyga Martin, Konin
  9. Ehrlich Georg, Neustadt b. P.
  10. Radowski Johann, Neustadt b. P.
  11. Jurga Roman, Sworzyce
  12. Lisek Franz, Zembowo
  13. Switala Johann, Michorzewko
  14. Kokocinski Peter Stefan, Komorowo Gut
  15. Luczak Melchior, Glupon
  16. Meier Paul Otto, Kozielaske
  17. Winter Johann Reinhold, Alttomischel
  18. Müllerchen Otto August Konrad, Paprotsch
  19. Lotka Filipp, Bobrowke
  20. Cieply Vincent, Chraplewo
  21. Roy Gustav Adolph, Neurose
  22. Werner Ernst Albert, Neutomischel
  23. Banas Andreas, Brody
  24. Gojowy Jacob, Porazyn
  25. Galgan Michael, Posadowo
  26. Freitag Paul Otto, Zinskowo
  27. Basinski Michael, Sworzyce
  28. Mäder Ernst Gustav Albert, Neutomischel

d. die vom Truppentheil abgewiesenen Freiwilligen,

e. die vorläufig beurlaubten Rekruten,

f. die zur Disposition der Ersatz-Behörden entlassenen Mannschaften,

g. die kranken Reservisten und Wehrleute.

Ferner findet das Invaliden-Prüfungs-Verfahren statt

am Mittwoch, den 11. Juni 1902

a. die brauchbaren Mannschaften und zwar:

  1. Freitag Viktor, Grudno
  2. Rembacz Franz, Konin
  3. Wittke Karl Ernst Rudolf, Jastrzembnik
  4. Kowalski Bruno Leo Linus, Linde
  5. Spychala Stephan, Glupon
  6. Koza Stanislaus, Brody
  7. Dornfeld Reinhold, Buchwerder
  8. Lüdke Friedrich Oskar, Cichagora
  9. Schulz Gustav Heinrich, Cichagora
  10. Foerster Karl Heinrich Hermann, Glinau
  11. Luczak Stefan, Glupon
  12. Müller Johann Hermann Erdmann, Komorowo Hld
  13. Galganek Joseph Melchior, Konin
  14. Kuhnert Paul Gustav Heinrich, Kozielaske
  15. Roy Gustav Reinhold, Dombrowo
  16. Kutzner Gotthold Johann Berthold, Kuschlin
  17. Paschke Stefan, Linde
  18. Zippel Hugo Willy Arthur, Groß-Lipke
  19. Kalek Franz, Michorzewko
  20. Knorr Reinhold, Neufeld
  21. Geßner Max, Neustadt b. P.
  22. Mendelski Karl, Neustadt b. P.
  23. Schermer Johann, Wymyslanke
  24. Witkowski Stefan, Neustadt b. P.
  25. Reisch Karl Robert, Neutomischel
  26. Fenske Otto Konrad, Paprotsch
  27. Kraft Paul Hermann, Neutomischel
  28. Hoffmann Friedrich Karl, Sontop
  29. Majocczyk Franz, Wonsowo
  30. Nowak Stanislaus, Brody
  31. Jaede Ferdinand August, Konkolewo
  32. Müller Johann Paul Hermann, Neutomischel
  33. Kraft Karl Heinrich, Paprotsch
  34. Zurowski Johann, Brodki
  35. Roy Vincent, Neustadt b. P.
  36. Mai Johann Hermann, Cichagora
  37. Janus Stanislaus, Konkolewo
  38. Stojenthin Friedrich Max Emil, Neustadt b. P.
  39. Marcinkowski Ignatius, Neutomischel
  40. Torchala Martin, Bolewitz
  41. Spychala Stanislaus, Brody
  42. Schulz Gustav Reinhold, Neutomischel
  43. Feliksiak Ludwig, Chraplewo
  44. Kaczmarek Andreas, Brody
  45. Ratajczak Valentin, Pawlowko
  46. Falbierski Anton, Michorzewo
  47. Janiczewski Franz, Pakoslaw
  48. Skirecki Johann, Neustadt b. P.
  49. Bilawa Johann Karl Otto, Paprotsch
  50. Henkel Friedrich Wilhelm, Scherlanke
  51. Bielke Karl Gustav, Sontop
  52. Flak Stanislaus, Sworzyce
  53. Wolff Karl Ernst, Scherlanke
  54. Sierant Anton, Michorzewo
  55. Kasperczak Joseph, Neutomischel
  56. Siegmund Karl Dienegott, Neutomischel
  57. Rausch Heinrich Gustav, Scherlanke
  58. Fließ Stanislaus, Witomischel Gem.
  59. Kaczmarek Andreas, Bukowiec
  60. Heuer Heinrich Wilhelm Max, Neustadt b. P.
  61. Kinol Peter, Rose
  62. Hojan Franz, Michorzewko
  63. Schwalowski Hermann Otto, Glupon
  64. Piatek Stanislaus, Pakoslaw
  65. Seide Karl Reinhold, Glinau
  66. Lehmann Andreas, Brodki
  67. Kowalczyk Martin Posadowo
  68. Merke Karl Rudolf, Wengielno
  69. Gezegorek Ignatz, Grudno
  70. Pawlik Franz, Wymyslanke
  71. Pieta Vincent, Bukowiec
  72. Czypracki Stephan, Neutomischel
  73. Adamczak Adalbert, Neutomischel
  74. Jänsch Karl Berthold, Kuschlin
  75. Koch Emil Reinhold, Dombrowo
  76. Jurasz Anton, Bolewitz
  77. Helmchen Gustav, Chmielinko
  78. Gierke Johann Paul, Albertoske
  79. Weinert Andreas, Paprotsch
  80. Pusch Johann Friedrich, Glinau
  81. Nowak Ludwik, Chmielinko
  82. Jänsch Karl Gotthold, Kuschlin
  83. Hildebrandt Karl Gustav, Julianna
  84. Paschke Anton, Groß-Lipke
  85. Kaczmarek al. Byda Vincent, Sworzyce
  86. Cieszak Franz (Franciszek), Groß Lipke
  87. von Zuromski Stephan Ludwig (Stefan Ludwik), Neustadt b. P.
  88. Klemm Johann Gottlieb, Glinau
  89. Kucz Joseph, Rose
  90. Krüger Max, Neustadt b. P.
  91. Fenske Paul Heinrich Otto, Paprotsch
  92. Fenske Paul August, Paprotsch
  93. Fechner Friedrich, Groß-Lipke
  94. Miskowiak Anton, Konkolewo
  95. Piechoto Anton, Konkolewo
  96. Hiersekorn Berthold Karl Oskar, Neutomischel
  97. Winter Karl Reinhold, Neurose
  98. Kazmierczak Stanislaus, Bukowiec
  99. Dremel Vincent, Grudno
  100. Grünberg Reinhold, Sempolno
  101. Koza Stanislaus, Bukowiec
  102. Jankowski Franz, Steinhorst
  103. Lisek Wladislaus Johann, Zembowo
  104. Radomski Franz, Neustadt b. P.
  105. Nowak Stanislaus, Neustadt b. P.
  106. Starzak al.  Kozub Paul, Grudno
  107. Schulz Karl Heinrich Oskar, Sontop
  108. Koza Martin, Bukowiec
  109. Piechoto Casimir, Komorowo
  110. Linke Karl Ferdinand Otto, Zinskowo
  111. Saage Paul Friedrich, Neubolewitz
  112. Häusler Karl Oswald Hermann, Wengielno
  113. Pfeiffer Johann Karl Albert, Chraplewo
  114. Mai Michael, Wonsowo
  115. Sternal Anton, Pakoslaw
  116. Cebernik Joseph, Konin
  117. Sobek Stanislaus, Neustadt b. P.
  118. Kalek Valentin, Michorzewko
  119. Marciniak Ignatz, Michorzewo
  120. Hellwig Heinrich Herrmann, Neutomischel
  121. Babelek Joseph, Chmielinko
  122. Kutzner Otto Emil, Cichagora
  123. Tritt Johann, Neutomischel
  124. Gebauer Max Oskar Richard, Sontop
  125. Kasperczak Johann, Michorzewko
  126. Idziak Johann, Steinhorst
  127. Bielke Karl Gustav, Scherlanke
  128. Kaczmarek Vincent, Posadowo
  129. Helmchen Johann Hermann, Komorowo
  130. Sobieszczyk Leo, Posadowo
  131. Karczmarek Adalbert, Gronsko
  132. Mendelski Leo, Neustadt b. P.
  133. Prüfer Otto Paul, Alttomischel
  134. Osinski Anton, Michorzewo
  135. Kowal Martin, Bolewitz
  136. Winter Robert Paul, Sontop
  137. Kupsz Andreas, Alttomischel
  138. Zawarty Johann, Konin
  139. Ramm Erdmann, Konin

a. Seemännische Bevölkerung.

  1. Röske Oskar Emil, Neustadt b. P.

b. die in Zugang gekommenen Militärpflichtigen

  1. Marchewka Jacob, Neutomischel
  2. May Franz Robert, Neustadt b. P.

Neutomischel, den 10. Mai 1902

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1901; 2) Einleitung:https://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fische_Armee

 

Kurzmeldung – Einbruch in die katholische Kirche zu Samter / 1911

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Samter | Kommentare sind deaktiviert
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Samter, katholische Kirche – Ausschnitt AK

Ein Einbruch in die katholische Kirche wurde hier nachts verübt.

Als der Kirchendiener früh die Kirche betrat, fand er den Hochaltar in Unordnung. Bilder waren beschädigt und umgeworfen und ein kostbares Fenster zertrümmert. In der Kirche waren die Opferkästen erbrochen und ihres Inhalts beraubt.

Die Einbrecher hatten auch versucht, die Tür zur Sakristei zu sprengen, um die dort aufbewahrten kostbaren Geräte zu rauben; hierbei müssen sie aber gestört worden sein.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Neutomischeler Kreisblatt” 1911.10.13

Kurzmeldung – Aufruf für die durch das Hochwasser im Kreis Birnbaum Geschädigten / 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Birnbaum,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[47]

Die Warthe bei Birnbaum – Ausschnitt AK

„Das Hochwasser der Warthe hat viele Bewohner des Kreises Birnbaum in eine trostlose Lage gebracht.

Die Aecker und Wiesen sind meterhoch unter Wasser gesetzt, und außer der Heu- und einem Teil der Roggenernte ist die ganze Mühe und Arbeit des Landmannes vernichtet. Durch den Verlust des für sie notwendigsten Nahrungsmittels, der Kartoffel, und durch das Fehlen jeglicher Futtervorräte für das Vieh werden die kleinern Landwirte sowie die Handwerker und Arbeiter des Hochwassergebiets um so härter getroffen, als ein Teil ihrer Felder bereits im Frühjahr überschwemmt war und neu bestellt werden mußte. Außerdem sind viele Gebäude arg beschädigt. Sofortige Hülfe ist dringend erforderlich.

Die Unterzeichneten sind daher zu einem Komitee zusammengetreten und rufen die private Wohltätigkeit und Opferwilligkeit zu schneller Hülfe durch Gewährung von Geldmitteln an.

Wir bitten, Geldspenden an Herrn Rentmeister Krug hier zu senden.

Birnbaum, den 28. Juli 1903.“

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de) – Kölnische Zeitung mit Wirtschafts- und Handelsblatt – Mittwoch, 12. August 1903

Pieske und Kurzig – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani / Anm.: Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Kurzig,Personen, Familien,Pieske | Kommentare sind deaktiviert
[48]

Kirche zu Pieske – Ausschnitt AK

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen “ – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen

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 * * * Pieske mit Kurzig * * *

Die Parochie Pieske besteht bereits seit der Mitte des 16. Jahrhunderts; sie wird aus den beiden an der brandenburgischen Grenze gelegenen Mutterkirchengemeinden Pieske Dorf nebst Dominium und Sandmühle mit zusammen 516 Seelen und Kurzig Dorf nebst Dominium und Samst mit zusammen 459 Seelen gebildet.

Die Familien v. Luck, v. Bronikowski, v. Unruh und v. Kalkreuth werden als ihre Begründer und Wohlthäter genannt.

Das Pfarrpatronat über die Kirchen in Pieske und Kurzig steht heute (1898) noch dem Dominium Pieske bezw. Kurzig zu.

An der Stelle einer verfallenen Kirche in Pieske, die nach einem Brande, welcher 1671 das ganze Dorf verzehrte, im Jahre 1672 erbaut worden war, ließ der Patron, Rittergutsbesitzer Schröder mit Zuhülfenahme eines Vermächtnisses von 12.000 Mark eine neue Kirche für 36.000 Mark erbauen. Sie wurde am 19. Oktober 1847 durch den Bischof D. Freymark feierlich geweiht und ist eine der schönsten Dorfkirchen in der Provinz Posen. Zu dem Kirchbau wurden 3.000 Thaler von dem Legate des Kaufmanns Johann Jakob Volmer zu Meseritz verwendet.

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Kirche zu Kurzig – Ausschnitt AK

In Kurzig stand, wie mit Sicherheit angenommen werden kann, schon 1555 eine hölzerne Kirche; diese wurde durch Anfügung einer den Socinianern abgenommenen Kapelle, welche in dem nahegelegenen Dorfe Kaintsch stand und von dem Fürstbischof v. Czartoryski einer Frau v. Bronikowski geschenkt worden war, erweitert. Diese Kirche in Kurzig gehörte nach dem Kirchenbuche „zu den zwölf Kirchen, welche König Karl XII. von Schweden den Dissidenten in Polen garantierte.“ Sie wurde im Jahre 1803 abgebrochen, und darauf ward die gegenwärtige von dem Patron v. Kalkreuth erbaut.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts war die Kirche, in Pieske eine Zeitlang mit Obergörzig, das jetzt zu Weißensee gehört, verbunden, weil, wie ein altes Kirchenbuch sagt: „Die Piesker Gutsherrschaft besorgte, die Kurziger Kirche möchte den Evangelischen genommen und zugleich die Piesker mit in Gefahr gesetzt werden“.

Im Jahre 1879 vermachten die in Charlottenburg  verstorbenen Rittergutsbesitzer Schröderschen Eheleute der Gemeinde Pieske noch ein Legat von 5.100 Mark.

Sowohl in Pieske wie in Kurzig befinden sich Pfarrgebäude. In Pieske brannte das erste Pfarrhaus 1671 ab, das zweite, außerhalb des Dorfes belegen, wurde 1805 abgebrochen, nachdem an der Stelle, des ersten mitten im Dorf ein Neubau fertiggestellt war. In Kurzig benutzt der Pächter des Pfarrackers das Pfarrgehöft, dessen Gebäude 1820 bezw. 1722 aufgeführt sind.

Die Pfarrer sind erst vom Jahr 1600 an bekannt, diese waren:

  1. Aegidius Piperius, lebte 1620, war beinahe fünfzig Jahre hier im Amte. In den letzten Jahren seines Lebens folgt ihm
  2. Johann Stübner, starb schon nach fünfjähriger Amtsführung
  3. Daniel Titius, folgt, nachdem er sechs Jahre hier Pfarrer gewesen, einem Rufe nach Ostrow bei Zielenzig. In seiner Zeit war Pieske mit Obergörzig verbunden, ihm war daher nur die Kurziger Kirche anvertraut. Er verließ die Stelle, weil er an der Kurziger Kirche allein sein Auskommen nicht finden konnte.
  4. Gideon Bretag, war ebenfalls nur Prediger in Kurzig; er ging nach zwölfjähriger Amtsführung 1681 als Diakonus nach Meseritz.
  5. Samuel Xenodochius, vereinigte 1686 wieder beide Kirchen miteinander, die seitdem auch verbundenen geblieben sind. Nach 33-jähriger Amtsführung überließ er 1698 das Pfarramt seinem Sohne (Augustin)

Ein weiterer Sohn:

„Samuel Gottlieb Xenodochius. Er war 1701 zu Pieske in Polen gebohrn, woselbst sein Vater Sam. Xenodochius Prediger war. Erstlich war er v. 1727-1737 Prediger zu Schweinert in Polen u. v. 1737-1742 zu Trebschen an der Grenzkirche. Bey den vereinigten Kirchen zu Kontop u. Boyadel lies er sich 1742 zum ersten Ev. Pastor bestellen. Redlich diente er denselben bis an sein Ende, welche 24. Okt. 1776 erfolgt ist. Er hatte 1732 Anne Eleonore, Sam. Ribbeks Ober-Pf. U. Guarnis. Predigers zu Driesen einzige Tochter geheirathet mit der er fast 41 J. lebte, u. 1 Tochter (die bald starb) und 1 Sohn Sam. Sigism. Xenodochius, der 1763 als Pastor zu Mondschütz unverehelicht starb, zeugte“

Quelle: Presbyterologie der Evangelischen Schlesiens, gedruckt 1783, Autor: Siegismund Justus Ehrhardt 

  1. Augustin Xenodochius, der ebenfalls 33 Jahre von 1698-1730 im Amte war und von dem die ältesten Kirchenbücher herrühren.

Lt. Eintrag im Kirchenbuch von Pieske des Jahres 1731 verstarb Augustinus Xenodochius Pfarrer zu Pieske und Kurzig, 62 Jahre, 7 Monate und 11 Tage alt, nachdem er schon im Jahre vorher (1730) sein Amt niedergelegt hatte, und sein Schwiegersohn Carl Friedr. Cammann sein Nachfolger geworden war, welcher am 1. Adv. 1730 introduciert wurde.

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Eintrag im KB zu Pieske zum Tod des Augustinus Xenodochius, der Amtsniederlegung und der Introduction des Schwiegersohnes Carl Friedrich Cammann

  1. Karl Friedrich Cammann, von 1731-61

Er war durch die Eheschliessung im November 1730 in Pieske mit Christiana Beata Xenodochin der Schwiegersohn des Augustin Xenodochius

  1. Samuel Wilhelm Degner, 1761-92
  2. Samuel Gottlieb Fendler, 1793 berufen, Sohn des Pfarrer Johann Christian Fendler in Kranz, wurde zum Superintendenten ernannt, starb 1834
  3. Johann Gottlieb Eger, seit 5. Juli 1825 Rektor der Stadtschule in Schwerin an der Warthe, trat 1836 das hiesige Pfarramt an, wurde 1880 nach mehr als fünfzigjähriger Amtsführung emeritiert und starb am 9. März 1881.
  4. Otto Bock, vorher Hülfsprediger in Kottbus, 1880 zum Pfarrer berufen, trat 1884 nach Wreschen über.
  5. Wilhelm Johannes Franz Blieske, aus Dramburg, trat 1884 das Pfarramt an

* * *

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek; eingesehene Personenstandsunterlagen: Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Ancestry.com

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 32 Neuer Markt – Rosenbaum, Baehr, Längert und andere

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Stadtparzelle No. 32 – AK Ausschnitt

Heute ist die Parzelle des einstigen Stadtgrundstücks No. 32 unbebaut. Die ehemaligen Gebäude sind längst abgetragen und nichts erinnert mehr an die Vergangenheit.

Schaut man in die Gebäudebeschreibung der Provinzial Feuerversicherung stand im Jahr 1836, rechts an das Grundstück der Gutsch’en Erben und links an die einstige Friedhofstraße grenzend, das Wohnhaus des Gottfried Längert.

Es war kein spektakulärer Bau – 39 Fuß lang, 20 ¾ Fuß breit und 7 Fuß hoch (ca. 11,90×6,30×2,10m = knapp 75 Quadratmeter Grundfläche). Die Wände waren von 4 Zoll (ca. 1,20) starken Bohlen errichtet worden, das Ganze war auswendig mit Lehm zur Isolierung beworfen worden. Nur der eine zum Markt zeigende Erker war von mit Lehm ausgekleidetem Fachwerk. Im Hinterhof hatten sich keine weiteren Gebäude auf dem Grundstück befunden.

Die im Inneren vorhanden gewesenen 2 Stuben und 2 Kammern sowie auch die 1 Dachkammer waren über 2 Flure verbunden gewesen. Durch 5 zweiflügelige Fenster war Licht in das Gebäude gelassen worden. Zur Beheizung hatten 2 Kachelöfen gedient.

Der Gutachter der Feuerversicherung befand im Jahr 1836 das Dach, die Wände, die Fenster und die 8 Türen für gut, lediglich die Stubendielen waren etwas ausgetreten.

Zum Zeitpunkt der Besichtigung wurde das Alter des Anwesens auf etwa 54 Jahre geschätzt, dieses würde auf eine Errichtung für das Jahr 1782 deuten. Eine rundum Reparatur hatte 6 Jahre vorher (ca. 1830) stattgefunden.

* * *

Johann Gottfried Längert / Lengert, geboren 1804 in Sontop, kann nicht der Bauherr des Gebäudes gewesen sein. Im Jahr 1826 hatte er in Neu Tomysl im Alter von 22 Jahren die Ehe mit der 44-jährigen Witwe Frau Barbara Elisabeth geborene Baehr verwitwete Rosenbaum geschlossen.

Bis zur Wiederverehelichung der Witwe war gerade das einjährige Trauerjahr eingehalten worden.

Johann Gottfried Laengert wurde als Bürger und Schuhmachermeister in Neu Tomysl bezeichnet. Da er noch recht jung war wäre eine Vermutung, dass er ein „Jungmeister“ gewesen war und die o. g. Ehe als eine Zweckehe zum Fortbestand der Schuhmacherwerkstadt Rosenbaum geschlossen worden war.

Johann Rosenbaum, Bürger und Schuhmachermeister zu Neu Tomysl war im Juli des Jahres 1825 im Alter von 58 Jahren verstorben. Er war aus Marienburg gebürtig gewesen. Es heißt, dass er der einzige Sohn des Bürgers und Schuhmachers Christoph Rosenbaum gewesen sei, leider wurde keine Mutter genannt. Schon im Eheeintrag des Jahres 1792 wurde er als Bürger und Schuhmacher zu Neutomischel notiert, seine Braut war die Jungfer Barbara Elisabeth Baehr, älteste Tochter des Einwohners Johann Baehr zu Meseritz.

Rechnerisch ist Johann Rosenbaum ca. 1767 geboren worden, er wäre erst 15 Jahre alt gewesen, als das Gebäude No. 32 errichtet worden ist, somit bleibt der eigentliche Bauherr unbekannt denn ältere Aufzeichnungen als die ausgewerteten stehen nicht zur Einsicht zur Verfügung.

* * *

Wann Johann Gottfried Laengert und Barbara Elisabeth geborene Baehr verw. Rosenbaum nach Jablone übersiedelten ist nicht bekannt. 1852 verstarb dort Barbara Elisabeth; Johann Gottfried schloss in den Jahren 1853 und 1864 noch zwei weitere Ehen, bevor auch er in Jablone im Jahr 1877 verstarb.

Alle Ehen scheinen nach bisherigem Kenntnisstand kinderlos geblieben zu sein.

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Ansicht vom Neuen Markt auf das Gebäude mit Werbetafel „Reisch“ – Foto Maennel

Der Zeitpunkt wann der Schmiedemeister Johann August Manthey (auch Manthay, Mantei oder ähnl.) das Stadtgrundstück nebst Gebäude kaufte oder pachtete ist nicht bekannt. Er wird erstmals im Mai 1850 bei seiner Eheschließung in Neu Tomysl erwähnt.

Dem Eheeintrag ist zu entnehmen, dass er aus Gross Sokolnik / Solkolniki Wielkie gebürtig gewesen ist. Sein Geburtsort liegt ca. 10 km südwestlich von Samter und 40 km entfernt von Neu Tomysl.

Zu seiner Ehefrau wurde Juliana Amalie geborene Haendtschke, geboren 1827 zu Neu Tomysl. Ihr Familienname wurde auch als Henschel, Hentschke, Handschke und in ähnlichen Varianten geschrieben. Geht man nach dem Geburtseintrag aus dem Jahr 1832 wäre sie eine geborene Handschuh und ihre Vorfahren wären aus Budizin gebürtig gewesen.

Es wurden in den eingesehenen Personenstandsunterlagen in dieser Ehe 9 Kinder geboren. Einige wurden später in Aufzeichnungen als in Tirschtiegel, Nienburg, Berlin und Boruy lebend wieder erwähnt.

Vermutlich sind Johann August Manthey und seine Ehefrau Juliane Amalie geborene Haendtschke vor 1877 in Neu Tomysl verstorben, genaueres konnte nicht ermittelt werden.

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Zu 1875 findet sich Heinrich Johann Gottlieb Schiller als Schmiedemeister auf dem Anwesen No. 32 in Neu Tomysl.

Er hatte 1872 Anna Maria Krepl (Kraepel) geheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Heinrich Johann Gottlieb Schiller verstarb im August des Jahres 1882.

Als Eigentümerin ging Anna Maria verwitwete Schiller geborene Krepl im November 1883 die Ehe mit dem verwitweten Stellmacher Wilhelm August Friedrich Loechel ein.

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Als weitere Besitzer des Stadtgrundstücks No. 32 galten der Eigentümer Wilhelm Roy mit seiner Ehefrau Emilie Ernestine geborene Tepper.

Die Roy’s,  sh. Schreiben des Kgl. Amtsgerichts des Jahres, verkauften im Jahr 1886, einen Teil des Anwesens – Hofräume, ein Wohnhaus mit Schmiede und Holz- und Schweinestall, an den Stellmachermeister Wilhelm Loechel. Fortan war die alte Parzelle No. 32 a und das abgeteilte Grundstück die No. 32 b.

1913/1914 galt für die No. 32 a der Müllermeister Robert Reisch als Eigentümer, es ist zu vermuten, dass das Grundstück im Laufe der Zeit innerhalb der Familien vererbt oder verkauft wurde. Die hier erwähnten Lengert, Tepper, Krepl und Reisch hatten gemeinsame Vorfahren. – No. 32 b war unverändert im Besitz des Wilhelm Loechel (vgl. Polizeiverordnung über den Anschluss an die städtische Wasserleitung 1913/1914)

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Wie sich die Eigentumsverhältnisse wirklich verhielten, war nicht aus dem eingesehenen Archivmaterial festzustellen, ist aber auch nicht relevant.

Interessant ist der Wechsel der Bewohner und die Nutzung des Gebäudes als Schuhmacherwerkstatt, Schmiede und letztlich als Stellmacherbestrieb und Verkaufsstelle für Mühlenprodukte.

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Die Stadtparzelle No. 32 am Neuen Markt mit seiner vermutlichen Erbauung des Gebäudes im Jahr 1782 war eine der ältesten Besitzungen in der Ansiedlung, welche 1778 ihr Kirchenprivilegium erhielt und ab 1786 zur Stadt Nowy Tomysl wurde.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Von Konkolewo nach Curitiba/Brasilien – Angehörige der Familien Labsch und Adam – in der Zeit um 1880

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii,Genealogie,Konkolewo,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
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Konkolewo am Dorfteich / AK Ausschnitt

Johanna Agnes Olga Adam, geboren am 09. December 1854, Tochter des verstorbenen Eigentümers und Gastwirts Carl Gottlieb Adam und dessen Ehefrau Eleonore geborene Schlawe zu Konkolewo,

ehelichte am 01. Dezember 1880

den Johann Gottfried Rudolph Labsch, geboren am 23 Januar 1854, Sohn des Altsitzers Johann Gottfried Labsch und dessen Ehefrau Louise geborene Hildebrandt zu Konkolewo.

Trauzeugen waren der Kaufmann Berthold Adam zu Konkolewo und der Eigentümer Otto Labsch, 24 Jahre, zu Konkolewo

* * *

Zu dieser Eheschließung fand sich in der „Kölnischen Zeitung: mit Wirtschafts- und Handelsblatt“ vom Donnerstag, dem 18.11.1880 nachstehende Veröffentlichung:

„Es wird zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß:

der Wirtssohn Johann Gottfried Rudolf Labsch aus Konkolewo, früher wohnhaft zu Curitiba, Sohn des Ausgedingers Gottfried La(b)sch und dessen Ehefrau Luise geb. Hildebrand, und die Johanna Agnes Olga Adam, wohnhaft zu Konkolewo, Tochter des verstorbenen Hopfenhändlers Carl Gottlieb Adam und dessen Ehefrau Eleonora geb. Schlawe

die Ehe miteinander eingehen wollen.

Dem unterzeichneten Standesbeamten ist ein Hindernis dieser Ehe nicht bekannt. Etwaige auf Ehehindernisse sich stützende Einsprachen sind bei dem unten verzeichneten Standesbeamten anzubringen.

Die Bekanntmachung des Aufgebots hat in der Gemeinde Curitiba u. Konkolewo zu geschehen.

Konkolewo, 10. November 1880 – Der Standesbeamte, Rothe“

Über die Auswanderungen nach Australien ist vieles bekannt und es gibt zahlreiche Veröffentlichungen; über die Auswanderungen nach Süd-Amerika findet sich kaum eine Erwähnung. Für Curitiba heißt es, dass ab dem Jahr 1870 vermehrt europäische Immigranten, vornehmlich Wolgadeutsche eingewandert sein sollen.

Weder fand sich eine Passagierliste mit der Auswanderung, noch eine in welcher die Rückreise des Johann Gottfried Rudolph Labsch erwähnt worden ist. Auch für weitere Familienmitglieder – Labsch und Adam – war vor 1880 kein Zusammenhang mit Brasilien herzustellen.

Dieses änderte sich mit der Veröffentlichung in der Berliner Börsen-Zeitung, Abend-Ausgabe vom Mittwoch, dem 06.04.1898. Darin erschien nachstehende Warnung:

„Am Sonnabend, d. 2. April (1898), Nachm., ist mir auf dem Posener Centralbahnhof eine Handtasche, enthaltend diverse Schuldscheine von

Ein Prima-Wechsel über M 603,15 ausgestellt von der Banco da Republica do Brasil, Rio de Janeiro 90 T. S., sowie ein Beglaubigungsschreiben des K. Deutschen Consulats in Curitiba, abhanden gekommen.

Vor Ankauf wird gewarnt. Frau Olga Labsch, Gartenstr. 20, III.“

——

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Blick auf Curitiba / AK Ausschnitt

Berthold Adam in Curitiba Brasilien, älterer Bruder (geb 1849) und Trauzeuge seiner Schwester im Jahr 1880 in Konkolewo. Von ihm soll es eine Biographie im Buch „130 anos de vida Parlamentar Paranaense“, 1954, von Maria Nicolas geben. Diese war uns nicht möglich einzusehen. Nach dieser Biographie soll er im Mai des Jahr 1881 in Curitiba eingetroffen sein. Wieder sind keine Passagierlisten zu finden, welche die Ausreise des Ehepaares Labsch noch die des Berthold Adam belegen.

——

Bleiben wir noch in der „Alten Welt“.

Die beiden anderen Zeichner von Schuldscheinen waren aus der Familie ihres verstorbenen Ehegatten. Carl Gutsche – eigentlich Carl Friedrich Wilhelm Gutsche -, Müllermeister zu Rakwitz war der Ehemann der Schwester Maria Martha geborene Labsch; Otto Labsch – eigentlich Otto Ernst Labsch -, verheiratet mit Anna Johanna Juliana geborene Gierke, war ein Bruder.

——

In der Meldekartei von Posen findet sich eine Karteikarte zu Olga Labsch, geb. Adam, Wittwe geboren am 09.12.1854 zu Konkolewo. Weiterhin sind genannt die Söhne Alfred, geboren am 10. August 1883 und Fritz, geboren am 07. Jul 1889 zu Curitiba in Brasilien; alle sind brasilianische Bürger.

Vermerkt wurde, dass die Drei am 28. August 1895 aus Curitiba / Brasilien in die Grünestr. 1/41 bei Friebel zugezogen seien, ein Unterkunftswechsel per 09. Oktober 1895 in die Halbdorfstr. 3 wurde ebenfalls notiert, unter dieser Anschrift findet sich auch ein Eintrag im Posener Adressbuch, ehe ihre Abreise per 20. März 1900 nach Konkolewo bei Neutomischel verzeichnet wurde.

——

Nach knapp 5 Jahren Aufenthalt, finden sich Olga Labsch und ihre beiden Söhne in der Passagierliste des Schiffes „Maceio“, welches per 29. April 1900 von Hamburg nach Paranagua versegelte.

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Zeittafel

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Nachstehend die Übersicht

der Familie Johann Carl Gottlieb Adam, Eigentümer, Schneider und Gastwirt zu Konkolewo (1818-1879) und Johanna Eleonore geborene Schlawe (1820-1900), wie Sie aus den einsehbaren Personenstandsunterlagen zusammengestellt wurde. Die geborenen Kinder des Paares waren:

der Familie Johann Gottfried Labsch, Eigentümer und Gerichtsmann zu Konkolewo (1811-1891 und Louise geborene Hildebrandt (1822-1890), wie Sie aus den einsehbaren Personenstandsunterlagen zusammengestellt wurde. Die geborenen Kinder des Paares waren:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de); 2) Personenstandsunterlagen und Einwohnerkartei Posen Staatsarchiv Poznan (szukajwarchiwach.pl/); 3) Segellisten Ancestry.com

Der Tod der Knaben Tesmer und Wandrey – Zinskowo und Neutomischel / 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsberichte / Ergänzungen und Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Blick über die Landschaft Sekowos / AK Sammlung Kraft

Am 22. März 1904 berichtete der „Sächsische Erzähler: Bischofswerdaer Tageblatt“, dass auf einem Spaziergange, den der Rektor der höheren Knabenschule in Neutomischel mit seinen Schülern nach dem nahegelegenen Zinskowo unternahm, ein 11jähriger und ein 10jähriger Schüler in eine Torfgrube gerieten und vor den Augen des Lehrers und ihrer Mitschüler versanken.“

* * *

Das Neutomischeler Kreisblatt vom 18. März 1904 veröffentlichte dazu nachstehenden Artikel:

„Am vergangenen Dienstag (15. März 1904) Nachmittag unternahm der Leiter der hiesigen gehobenen Knabenschule mit seinen Schülern einen Ausflug nach Zinskowo, wo sich die Knaben im Walde dem Kriegsspiel hingaben. Gegen Ende des Spiels – es war etwa ¾ 5 Uhr – sonderte sich der Schüler Otto Wandrey plötzlich von seinen Spielgefährten ab und lief trotz des Verbots, welches den Kindern des Öfteren eingeschärft worden war, auf das jetzt nicht mehr tragfähige Eis eines nahen Torfgrabens.

Die Eisscholle gab nach, und obwohl ihn seine Mitschüler sofort auf die drohende Gefahr aufmerksam machten, vermochte er nicht mehr das Land zu erreichen und versank vor den Augen derer, die eben noch mit ihm gespielt hatten.

Einer seiner Kameraden, der Sohn des Herrn Distriktskommissars Tesmer aus Hammer, versuchte in beherzter Weise den ertrinkenden Freund zu retten, wurde aber bei der mutigen und edlen Tat selbst ein Opfer des verhängnisvollen Schicksals.

Auf das Geschrei der übrigen Kinder eilten Erwachsene herbei, denen es vereint mit dem Herrn Rektor bald gelang, die beiden Verunglückten aus dem Wasser herauszuholen. Die eifrigen Wiederbelebungsversuche, welche sachgemäß längere Zeit forciert wurden, blieben leider ohne Erfolg.

Wahrscheinlich hat ein Herzschlag, der auch von dem herzugerufenen Arzt konstatiert sein soll, schon beim Einbrechen in die eiskalte Flut der beim Spiel erhitzten Knaben ihrem jungen Leben ein jähes Ziel gesetzt.

Die hiesige Einwohnerschaft bringt den schwergeprüften Eltern der beiden verunglückten Kinder die wärmste Anteilnahme entgegen, möge Gott ihr Tröster sein !

Aber auch dem tieferschütterten Herrn Rektor Reh gehört unsere Sympathie, denn wir sind fest überzeugt, daß ihm keine Schuld beizumessen ist.“

* * *

Weiterhin erschien am 22. März 1904 der Beitrag:

„Herr Rektor Reh teilt uns zur Klarstellung bzw. Ergänzung unseres Berichtes über den betrübenden Unglücksfall in Zinskowo Folgendes mit:

„Der Verfasser Ihres Artikels hat den Tatsachen gemäß berichtet, doch muß ich betonen, daß ich bei der verhältnismäßig schnellen Bergung der verunglückten Knaben aus dem Torfgraben nicht unmittelbar mithelfen konnte aus Gründen körperlicher Unbeholfenheit, die mir auch stets Mitspielen und Mitlaufen verbot; bei den Wiederbelebungsversuchen habe ich mich nach Kräften beteiligt.

Der Hauptverdienst der Bergung gebührt ohne Frage Herrn Manzke, welcher selbstlos und opfermutig das Menschenmöglichste leistete, er war es auch, welcher bei den Belebungsversuchen die sachgemäße Leitung übernahm und selbst eifrigst Hand ans Werk legte.

Die Herren Tischlermeister Thomas, Max Ludwig, Apotheker Dr. Vitó, Rentmeister Lange, ein Arbeiter des Herrn Kutzner, die Familie Kutzner und späterhin, einige mir Unbekannte aus Zinskowo haben gleichfalls rührig mitgeholfen. Ihnen allen schuldet man tiefgefühlten Dank.

Gott der Allmächtige, der Herr über Leben und Tod, hat es nicht gewollt, daß wir die beiden lieben Schüler ins Leben zurückriefen. Unsere stundenlange Bemühung war umsonst, das sahen wir erst tiefbetrübt ein, als der herbeigerufene Arzt, Herr Dr. Loechner, bei seinem Eintreffen den Tod feststellte und damit der vergeblichen, menschlichen Hülfe ein Ziel gesetzt wurde.““

* * *

Anmerkung:

Es wurden viele Beteiligte erwähnt, auffällig ist, dass bei „dem Arbeiter des Herrn Kutzner“ versäumt wurde, den Namen zu nennen. Jedoch noch auffälliger ist, das der 9jährige Gustav Adolf Robert Gerhard Tesmer keine namentliche Erwähnung fand, bzw. lediglich in die Position des Sohnes des Distriktskommissars reduziert wurde.

* * *

Gemäß der Mitteilung der Polizeiverwaltung zu Neutomischel wurde am 17. März 1904 unter den Einträgen 47 und 48 in den Standesamtsunterlagen der Stadt wie folgt notiert:

„… der Schüler Gustav Adolf Robert Gerhard Tesmer, 9 Jahre alt, evangelischer Religion, wohnhaft in Neutomischel, geboren zu Smolary Kreis Wongrowitz, Sohn des königlichen Districtscommissarius Robert Tesmer und seiner Ehefrau Martha geborene Schwarz, wohnhaft in Borui Dorf Kreis Bomst

… der Schüler Otto Hermann Hans Wandrey, 10 Jahre alt, evangelischer Religion, wohnhaft in Neutomischel, geboren zu Neutomischel, Sohn des verstorbenen Gasthofbesitzers Emil Hermann Wandrey und seiner Ehefrau Constanze geborene Rossner wohnhaft in Neutomischel

zu Zinskowo in einem ehemaligen Torfstich des Eigentümers Heinrich Kutzner am fünfzehnten März des Jahres tausendneunhundert vier, nachmittags gegen 5 Uhr ertrunken seien.“

* * *
Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de) – Der sächsische Erzähler: Bischofswerdaer Tageblatt vom 22.03.1904; 2) Wielkopolska Digitale Bibliothek (www.wbc.poznan.pl/dlibra); 3) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Arbeiterinnen auf dem Dominium Ruchocice erstickt / 1888

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Ruchocice Kirche – AK Ausschnitt

Wollstein, 17. Oktober.

„Auf dem Dominium Ruchocice bei Rakwitz arbeiteten in voriger Woche 8 Mädchen bei einem starken Regengusse den ganzen Tag über beim Zuckerrübenausnehmen auf dem Felde, wobei sie bis auf die Haut durchnäßt wurden.

Die Mädchen kamen des Abends durchfroren und vor Nässe zitternd nach ihrem gemeinsamen Quartier auf dem Dominialhofe. Es wurde der dort vorhandene Kochherd; der mit Eisenplatten und Ringen versehen ist, stärker als sonst mit Steinkohlen geheizt.

Als Tags darauf zur gewohnten Zeit keines der acht Mädchen zur Arbeit kam, wurde die Thür der Schlafstelle mit Gewalt geöffnet und es bot sich hier den Eintretenden ein grausiger Anblick dar.

Sämtliche acht Mädchen lagen bewußtlos da, ihre durchnäßten Kleider lagen theils auf dem Herde, theils hingen sie an demselben.

Dem aus Grätz herbeigerufenen Arzte gelang es, vier Mädchen ins Bewußtsein zurückzurufen; die vier anderen gaben ihren Geist auf.

Nach einigen Tagen starben jedoch von den vier ins Bewußtsein zurückgerufenen Mädchen noch drei und nur das achte Mädchen dürfte, wie die „Pos. Ztg.“ meldet, nach dem Ausspruch der Aerzte am Leben erhalten bleiben.

Die sieben Leichen wurden am vergangenen Sonnabend von der Unglücksstelle aus unter sehr zahlreicher Betheiligung auf dem katholischen Kirchhofe in ein Grab gebettet.“

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Die Verstorbenen waren 16, 17, 18, 19, 24, 31 und 52 Jahre alt

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Im Standesamts Verzeichnis von Rakwitz finden sich die Einträge No. 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124 vom 30. Oktober 1888

die unverehelichte Katharina Blaszka, geboren am 18. November 1869 in Konkolewo Kreis Grätz, Tochter der daselbst noch lebenden Häusler Johann und Marianna geborene Labeska Blaszki’schen Eheleute in der Nacht vom 9. zum 10. dieses Monats

die unverehelichte Anastasia Merza aus Konkolewo Kreis Grätz, 16 Jahre alt, Tochter des verstorbenen Häusler Andreas Meiza und der daselbst noch lebenden Ehefrau Marianna geborene Berlinska, in der Nacht vom 9. zum 10. dieses Monats

die unverehelichte Helene Bielawska, geboren am 08. Januar 1871 in Kubaczyn Kreis Grätz, Tochter der daselbst noch lebenden Eigenthümer Stanislaus und Florentina geborene Piotronska Bielawski’schen Eheleute in der Nacht vom 09. zum 10. dieses Monats

die Wittwe und Ausgedingerin Franziska Mlynkowiak geborene Twardigorska aus Piotrowo Kreis Schmiegel, 52 Jahre alt, Tochter des im Jahre 1870 verstorbenen Tagelöhners Franz Twardigorski und seiner 1866 ebenfalls daselbst verstorbenen Ehefrau Marianna geborene Demba, verheiratet gewesen mit dem vor etwa drei Jahren in Berlin verstorbenen Häusler Martin Mlynkowaiak, am 10. October d. J. früh 7 Uhr

die unverehelichte Antonia Wabinska aus Porthof Kreis Kosten, 18 Jahre alt, Tochter der Arbeiter Vinzent und Marianna Wabinski’schen Eheleute lebend in Porthof Kreis Kosten am 10. October d. J. abends 10 ½ Uhr

die unverehelichte Victoria Raykowska aus Druzyn Kreis Grätz, 24 Jahr alt, geboren 1864 in Granowo Kreis Grätz, Tochter der in Druzyn lebenden Ausgedinger Valentin und Frau Ziska geborene Krajewicz Raykowski’schen Eheleute am 11. October d. J. früh zehn Uhr

die unverehelichte Maria Rajczak aus Druzyn Kreis Grätz, geboren am 4. September 1857 in Boczyslau Kreis Grätz, Tochter des verstorbenen Arbeiters Mathias Rajczak und dessen im Jahre 1866 zu Karczewo Kreis Schmiegel ebenfalls verstorbenen Ehefrau Barbara geb. Stachowiak am 12. dieses Monats früh ein einhalb Uhr

auf dem Gute Ruchocice in einer Gesinde Wohnung, die sie vorübergehend bewohnte/n, an einer Kohlenoxyd-Gas-Vergiftung verstorben ist/sind

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de) – Hallesches Tageblatt, Sonntag 21.10.1888; 2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Apotheker Speichert, Bomst – Wiederaufnahmeverfahren gegen die Verurteilung wegen Mordes / 1886-1887 – Teil -3 / Schluss-

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsartikel / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Crone, Blick auf die Strafanstalt – AK Ausschnitt

Bericht Berliner Börsen-Zeitung, Abend Ausgabe – Mittwoch 29.06.1887

Die Strafsache gegen den Apotheker Speichert aus Bomst, welcher im Jahre 1876 von dem Schwurgericht zu Meseritz des Mordes an seiner Ehefrau schuldig befunden wurde, ist neuerdings aus Anlass eines von dem Verurtheilten gestellten Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahren vielfach besprochen worden.

Die Angelegenheit ist nunmehr dadurch endgiltig erledigt, dass der Strafsenat des Ober-Landesgerichts zu Posen das Gesuch als unbegründet verworfen hat.

Die „Nord-Allgem. Ztg.“ bemerkt zu der vorstehenden Mittheilung: „Dieses Ergebniss lässt erkennen, wie voreilig es ist, wenn Tagesblätter in Criminalfällen ohne Weiteres Irrthümer der Justizpflege behaupten und dadurch nur zu leicht das Vertrauen zu der letzteren in ununterrichteten Kreis erschüttern. Die Redactionen sollten sich gegenwärtig halten, dass die ersten Nachrichten über Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahren in rechtskräftig entschiedenen Strafsachen in der Regel von Seiten ausgehen, die ein Interesse daran haben, den Glauben zu verbreiten, dass die Strafe einen Unschuldigen getroffen habe.“

* * *

Bericht Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen Ausgabe – Samstag 03.12.1887

Die Zurückweisung des Wiederaufnahme-Antrages … bringt den Fall des Apothekers Speichert-Bomst in Erinnerung. In diesem hat der Strafsenat des Oberlandesgerichts zu Posen den Wiederaufnahme-Antrag des Speichert zurückgewiesen, obgleich durch die Professoren Geheimräthe Hoffmann und Rammelsberg zur Evidenz nachgewiesen ist, daß das Gutachten des verstorbenen Professors Dr. Sonnenschein, wonach Frau Speichert mit Arsenik vergiftet worden sein, absolut unzutreffend war. Auf eine in den Akten befindliche Andeutung hin, daß die Krankheitserscheinungen auf eine Strychnin-Vergiftung hindeuten könnten, und auf die von den Sachverständigen ausgesprochene Vermuthung, daß laut dem festgestellten Befund eine Strychninvergiftung wahrscheinlich sein, nahm das Oberlandesgericht zu Posen an, daß eine solche Vergiftung wohl vorliege, und daß es für die Beurtheilung des Falles ganz gleichgiltig sei, mit welchem Gift die Tödtung der genannten Person erfolgt sei. …

* * *

Bericht Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen Ausgabe – Dienstag 06.12.1887

Der frühere Apotheker Speichert aus Bomst, dessen erneutes Wiederaufnahme-Gesuch bekanntlich von dem Oberlandesgericht zu Posen abgelehnt worden ist, war, wie wir damals berichteten, nach Anordnung der Wiederausgrabung der Leiche der verstorbenen Frau Speichert aus der Strafanstalt zu Cronthal wegen Krankheit beurlaubt worden.

Vielfache Anfragen, ob nach der Ablehnung des Wiederaufnahme-Antrages der Verurtheilte wieder eingezogen worden ist, veranlassen uns zu der Mittheilung, daß dessen Wiedereinziehung bisher nicht stattgefunden hat und daß vielmehr, große Aussicht auf eine Begnadigung des Speichert vorhanden sein soll. Die Einreichung des Gnadengesuchs soll den Angehörigen desselben von maßgebender Seite empfohlen worden sein. Uebrigens beschäftigt diese Angelegenheit noch verschiedene wissenschaftliche Autoritäten auf den Gebieten der Medizin und Chemie

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Bericht Berliner Börsen-Zeitung, Morgen Ausgabe – Dienstag 17.01.1888

Der wegen Gattenmordes verurtheilte Apotheker Speichert aus Bomst, welcher nach mehrmonatiger Beurlaubung im Juni vorigen Jahres in das Zuchthaus zu Cronthal wieder eingeliefert worden war, ist daselbst am 13. des Monats gestorben.

Der Gesundheitszustand des Gefangenen war dermaßen zerrüttet, daß er gleich nach seiner Einlieferung in das Lazareth der Anstalt gebracht wurde, in dem er bis zu seinem nun erfolgten Tode verblieben ist.

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Ergänzungen:

Lt. Deutschem Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischem Staats-Anzeiger von 1873 lag die Strafanstalt Cronthal bei Polnisch Crone. Sie verfügte über Platz für 556 männliche Zuchthausgefangene katholischer Religion. Die Häftlinge waren in gemeinschaftlicher Haft untergebracht, es hatten 60 Isolierzellen existiert.

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Die erste Ehefrau, ihr Name wurde in keinem der Beiträge erwähnt, war Anna geborene Schemmel gewesen. Sie war am 6. Mai 1875 zu Bomst verstorben. Ihr Alter wurde im Kirchenbucheintrag mit 26 Jahren, 2 Monaten und 28 Tagen notiert. Als Todesursache findet sich: Starrkrampf.

Über ihre Herkunft, oder auch über ihre Eltern konnte bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nichts in Erfahrung gebracht werden.

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Im Jahre 1875 wurde der Apotheker Speichert des Mordes beschuldigt, am 13. November 1876 wurde er vor dem Schwurgericht zu Meseritz des Mordes für schuldig befunden.

Nicht erwähnt wurde, dass er sich bereits im Februar 1876 ein 2tes Mal verehelicht hatte. (Seine Wittwe heiratete im Mai 1891 erneut).

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de)

Apotheker Speichert, Bomst – Wiederaufnahmeverfahren gegen die Verurteilung wegen Mordes / 1886-1887 – Teil -2-

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsartikel / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Blick auf Bomst – AK Ausschnitt

Bericht Hannoverscher Kurier – Hannoversche Tageblatt – Dienstag 23.11.1886

Bomst. In der Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den wegen Gattenmordes zum Tode verurtheilten und zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigten Apotheker Speichert in Bomst, derselbe büßt die Strafe im Zuchthause zu Cronthal – fand am jüngsten Montag die Exhumierung der Leiche der Frau des Verurtheilten auf dem hiesigen evangelischen Kirchhofe statt.

Als Sachverständige waren anwesend und wurden wie folgt im Protocoll verzeichnet die Herren: Kreisphysikus Dr. Schnabel aus Wollstein, Geheimer Medicinalrath Professor Dr. Liman aus Berlin, gerichtlicher Chemiker Dr. C. Bischoff aus Berlin, Professor der Chemie und Director des chemischen Instituts der Universtität zu Breslau, Dr. Loewig, Geheimer Medicinalrath Dr. Koch aus Berlin, Geheimer Medicinalrath Dr. Wolff aus Berlin.

Von der königlichen Staatsanwaltschaft wurde verlangt, daß die Herren feststellen sollten: „in welchem Zustande die Leiche, die Kleidung, der Sarg und die Graberde seien“. Am Grabe angelangt wurde durch den anwesenden Todtengräber und die übrigen drei Arbeiter die Beerdigungsstätte der Frau Speichert constatiert und gegen Mittag war der Sarg bloßgelegt. Der Deckel des Sarges war zwar flach gedrückt, doch die Bretter leidlich erhalten. Mit Tüchern und Stricken, zufällig unter dem Geläute der Mittagsglocke, war es den vier Arbeitern möglich, den Sarg aus dem Grabe auf eine Tischplatte zu heben. Von allen Seiten des Sarges waren Erdtheile zur Untersuchung auf ihre chemische Beschaffenheit entnommen worden, welche aus ziemlich trockenem Sande bestand. Vorsichtig wurden die Holztheile des Sargdeckels entfernt. In gutem Zustande fand man den festen Seidenstoff des Kleides, während von dem leinenen Sterbehemde nur vermoderte Reste vorhanden waren. Die Leiche selbst bestand jedoch nur noch aus Knochen, die sich leicht von einander lösten. Von Fleisch war nichts mehr vorhanden, nur in den Weichtheilen fand man noch eine dunkelbraune, feuchte Masse. Eine Mumifizierung der Leiche konnte nicht constatiert werden. Der Trauring wurde am blanken Fingerknochen gefunden und in Verwahrung genommen.

Sorgsam wurden die wichtigsten Leichentheile, Kleiderreste und Sargstückchen, sowie die entnommenen Erden in Kruken, Gläsern und festem Papier gesammelt und, in einer Kiste verpackt, unter gerichtliches Siegel genommen, um schließlich von Bentschen aus nach Berlin gebracht und dort auf das Vorhandensein von Giften chemisch untersucht zu werden.

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Bericht Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen Ausgabe – Freitag 19.11.1886

Bei dem berechtigten großen Aufsehen, welches das mit einer Leichen-Exhumierung verknüpfte Wiederaufnahme-Verfahren in dem Prozesse des zum Tode verurtheilten und zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigten Apothekers Speichert-Bomst in weitesten Kreisen erregt, dürfte es für unsere Leser von Interesse sein, etwas Näheres über den Verurtheilten zu erfahren, der bereits seit elf Jahren (sein Leben) im Zuchthause zu Cronthal verbringt.

Unsere Mittheilungen rühren von einem Manne her, der als Buchhalter mehrere Jahre in einer Fabrik thätig war, welche ihre Artikel zum Theil in der Strafanstalt zu Cronthal anfertigen ließ und der fast täglich Gelegenheit hatte, mit Speichert, der dem betreffenden Fabrikanten zur Beschäftigung überwiesen war, geschäftlich zu verkehren. Wir geben unserem Gewährsmann das Wort:

Speichert ist einer sehr großer, starknochiger Man, dessen Haar bereits dünn zu werden begann, sein Gesichtsausdruck ist ein intelligenter, sein Benehmen und seine Bewegungen sind ruhige. Man sieht sofort, daß man einen den besseren Ständen angehörigen Mann vor sich hat, trotz der Anstaltskleidung. Die mechanische Beschäftigung behagte ihm nicht, jedenfalls gab die Ausführung seiner Arbeiten öfter zu Klagen Veranlassung. Er war, wie man so sagt, nicht bei der Sache, seine Gedanken waren anderswo. Er arbeitete damals allein in einer Zelle, die einen Tisch mit seinem Arbeitsgeräth, einen Schemel und eine während des Tages an der Wand hochgeklappte und angeschlossene Bettstelle enthielt. Kam man nun in seine Zelle, um die von ihm gefertigte Arbeit zu revidieren oder nachzusehen, ob er noch Arbeits-Material habe, so war sein Benehmen stets das eines gebildeten Mannes, grundverschieden von dem der anderen Gefangenen, die zum Theil kaum ein Wort Deutsch sprechen können.

Ich glaube, es war ihm wohl stets eine angenehme Unterbrechung, wenn man aus erwähnter Veranlassung zu ihm kam, denn er suchte dann möglichst lange über die Arbeit, das Material etc. zu sprechen und behauptete zum Schluß immer seine Unschuld und bejammerte sein Loos.

Ich erinnere mich eines Ausspruchs von ihm: „Herr“, sagte er zu mir, „wenn ich meine Frau hätte vergiften wollen, so würde ich doch nicht so dumm gewesen sein und Arsenik genommen haben, da ich als Apotheker doch weiß, daß Arsenik in der Leiche gefunden wird, ich bin unschuldig hier.“ Da nun fast jeder der Sträflinge in der Strafanstalt behauptet, er sei „unschuldig“, so gibt man natürlich bei täglichem Verkehr mit diesen Leuten nichts mehr auf solche Aeußerungen, doch gerade bei Speichert sagte ich mir stets, er müsse wirklich entsetzlich sein, wenn er in der That unschuldig und so zum „lebendigen Tode“ verurtheilt sein sollte.

Jedenfalls hatte er weder große Lust noch Geschick zur mechanischen Arbeit, und dies ist wohl erklärlich bei einem Menschen, der so lange eine ganz andere Beschäftigung hatte. Er wurde auf mehrfache Klagen bald unserer Beschäftigung entzogen und einer anderen zugetheilt. Auch dort dauerte es nicht lange und bei meinem Abgang sah ich Speichert in einem gemeinschaftlichen Arbeitssaal noch Garn spulen für die Anstalt.

Beliebt war Speichert gerade nicht, weder bei den übrigen Sträflingen noch bei den Privatwerkmeistern und den Aufsehern. Er wollte denselben „imponieren“ und das wurde ihm verdacht. Denn daß er unschuldig sein könne, daran wurde ja nicht im Geringsten gedacht. Die Sträflinge sahen einen Ihresgleichen in ihm, der sich über sie erheben wolle, die Werkmeister einen Sträfling wie jeden anderen, der ihnen zur Beschäftigung zugetheilt war, und die Aufseher einen Gefangenen, den sie zu beaufsichtigen hatten. Die Behandlung der Gefangenen in der Strafanstalt ist eine sehr humane, doch blieben für Speichert Disziplinarstrafen nicht aus, die er sich aus verschiedenen Ursachen zuzog.“

So weit unser Gewährsmann. – Es wäre in der That entsetzlich, wenn Speichert die lange Reihe von Jahren wirklich unschuldig im Zuchthause verbracht hätte. Er, der Gebildete, unter verwilderten Verbrechern des Tags über im Arbeitssaal und während der Nacht in einem gemeinsamen Schlafsaal!

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Bericht Leipziger Tageblatt und Anzeiger – Amtsblatt des Königlichen Amts- und Landgerichtes Leipzig und des Rathes und Polizeiamtes der Stadt Leipzig – Sonntag 21.11.1886

Posen, 20. November (Privattelegramm) Apotheker Speichert aus Bomst, der wegen vermeintlicher Vergiftung seiner Frau zum Tode verurtheilt, sodann zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt war und schon 10 Jahre im Zuchthause verbracht hat, ist wegen schwerer Erkrankung aus seiner Haft entlassen worden und befindet sich gegenwärtig hier bei seiner Mutter.

Bekanntlich kommt seine Angelegenheit jetzt nochmals zu gerichtlicher Verhandlung, da nach Professor Loewig’s Gutachten keine Vergiftung stattgefunden hat.

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Bericht Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen Ausgabe – Dienstag 23.11.1886

Zur Affaire Speichert-Bomst. In Ergänzung der bereits in unserer Montags-Ausgabe veröffentlichten Nachricht über die Entlassung des Apothekers Speichert aus dem Zuchthause in Cronthal wird uns von befreundeter Seite geschrieben, daß ein inniges Gefühl tiefer Theilnahme alle Umstehenden ergriff, als Speichert, von seinem Bruder, der Amtsrichter in Bromberg ist, und dem Strafanstaltsdirektor Wolf geleitet, das seiner harrende Gefährt bestieg, um nach einem Hotel in Crone a. Br. überführt zu werden.

Der ehemals kräftige Mann ist völlig gebrochen, das Gesicht ist fahl und bleich – er leidet an Rheumatismus – und es ist keine gegründete Hoffnung vorhanden, daß er neben seiner Rehabilitierung auch seine verlorene Gesundheit wieder erhalten wird.

Für unsere Leser dürfte es wohl von Interesse sein, zu erfahren, daß eine an und für sich geringfügige Ursache seiner Zeit Veranlassung zur Erhebung der Anklage gegeben hat.

In Bomst, dem früheren Domizil des Speichert, fand im Jahre 1875 ein Honorationenball statt, an dem sich auch Speichert, da das Trauerjahr nach dem Ableben seiner Frau bereits vorüber war, betheiligte. Bei dieser Gelegenheit gerieth Speichert mit einem in der Gesellschaft anwesenden Gutsbesitzer in einen heftigen Wortwechsel, wobei der von dem Letzteren öffentlich des Gattenmordes bezichtigt wurde.

Speichert strengte gegen seinen Beleidiger die Klage an, und dieser bestand darauf, den Beweis der Wahrheit antreten zu wollen. Die Leiche wurde, trotzdem ein Jahr nach dem Tode der Frau Speichert verstrichen war, exhumiert und von dem jetzigen Geh. Medizinalrath Koch, der zur Zeit Kreisphysikus in Wollstein war, seziert und zur weiteren chemischen Analyse dem Professor Sonnenschein in Berlin überwiesen. –

Das Gutachten fiel bekanntlich zu Ungunsten Speicherts aus, und dieser wanderte nach seiner Verurtheilung  zunächst nach der Strafanstalt zu Rawitsch, von wo aus er nach einigen Jahren in dem Zuchthause zu Kronthal interniert wurde.

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Bericht Hallesche Tageblatt – Dienstag 30.11.1886

Die Freilassung des Apothekers Speichert-Bomst ist zwar mit Rücksicht auf die zweifelhafte Beurtheilung in Folge der Sonnenschein’schen Analyse, vom Minister des Innern und der Justiz angeordnet worden, wie die B.Z. erfährt, aber vorläufig nur auf 6 Wochen wegen des zerrütteten Gesundheitszustandes des Speichert

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Bericht Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen Ausgabe – Samstag 11.12.1886

Wissenschaft und Strafrechtspflege. – Unsere raschlebige Gegenwart, die, wie weiland Heinrich Percy täglich ein Dutzend Schotten zum Frühstück verspeiste, so für gewöhnlich jeden Tag eine Handvoll sensationeller Ereignisse verschlingt, ohne sich dabei sonderlich viel aufzuhalten, wird doch zuweilen aus dieser Gleichgiltigkeit ein wenig unsanft aufgerüttelt.

Freilich muß es schon alsdann etwas ganz Besonderes sein !

Solch etwas ganz Besonderes ist aber die Angelegenheit Speichert, der des Gattenmordes bezichtigt, von den Geschworenen für schuldig befunden und zum Tode verurtheilt, später zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt worden ist.

Der Unglückliche hat vom ersten Augenblick an seine Unschuld betheuert, er ist während seiner nunmehr dreizehnjährigen Zuchthausstrafe bei der Behauptung seiner Unschuld verblieben. Er sowohl wie seine Angehörigen haben es an Anstrengungen, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu ermöglichen, nicht fehlen lassen. Alles war vergeblich.

Bis endlich im vergangenen Jahre die entsetzliche Angelegenheit in die Hände des bekannten Breslauer Chemikers Loewig gelangt und derselbe, durch einen „Zufall“ – wie er es selbst ausdrückt – veranlaßt wurde, das gesamte Aktenmaterial einer erneuerten gründlichen Prüfung zu unterwerfen. Das Ergebniß dieser mit einem erstaunlichen Aufwande von Scharfsinn durchgeführten Prüfung war bekanntlich die vorläufige Entlassung des seit dreizehn Jahren im Zuchthaus gefangen gehaltenen Apothekers Speichert, denn es ist nach der Ansicht Loewigs kein Zweifel, daß hier die Verurtheilung eines Unschuldigen vorliegt. Allein dieser Umstand einer unrechten Verurtheilung an sich ist es nicht, welcher diesem Falle Speichert eine so ungemein hohe Beachtung in den meisten Kreisen unseres Volkes verschafft hat. Vielmehr ist eine Anzahl anderer Momente hierbei mitwirkend, welche allerdings ganz dazu angethan sind, die schärfste Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ja die berechtigtste Verwunderung zu erregen.

In dem Falle Speichert handelte es sich um die Bezichtigung einer beabsichtigten Arsenikvergiftung. Man beachte wohl, der des Verbrechens Bezichtigte war Apotheker. Die Leiche der Frau Speichert wird auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft ausgegraben, einzelne Theile derselben (Magen, Eingeweide) werden untersucht, ebenso die Holzspähne im Sarge, die umgebenen Erden. Kurzum, es wird Alles auf das Peinlichste durch einen bewährten chemischen Sachverständigen untersucht. Man findet auf Grund der sorgfältigst ausgeführten Untersuchungen Spuren von Arsenik, die indessen nach den unbestrittenen und unbestreitbaren Ansichten aller Mediziner, Chemiker, Gerichtsärzte nicht einmal vermögend waren, ein ernsteres Unwohlsein hervorzurufen. Aber – die Haut der bei der Ausgrabung theilweise im Grundwasser liegend vorgefundenen Leiche war in ihrem ganzen Umfange pergamentartig hart, eingetrocknet, dunkelbraun, der Körper war in seinem Zusammenhange vollständig erhalten. Mit einem Worte – die Leiche war vollständig mumifiziert.

Um jedoch einen derartigen Mumifikationsprozeß hervorrufen zu können, dazu ist nach einer vielbewährten Erfahrung mindestens ein halbes Gramm Arsenik erforderlich. Von außen konnte diese Menge Arsenik nicht in die die Leiche eingedrungen sein, denn die ganze Umgebung war arsenikfrei. Mumifiziert war andererseits die Leiche, dieser Zustand wird aber durch Arsenik herbeigeführt, also ist die zur Mumifizierung der Leiche erforderliche Menge Arsenik bei Lebzeiten der Frau Speichert beigebracht worden. Daß aber etwa die Mumifikation der Leiche aus lokalen Ursachen durch die Verhältnisse auf dem Bomster Kirchhofe herbeigeführt sein könnte, daran ist ja nicht entfernt zu denken. In Bomst ist etwas Derartiges nie beobachtet worden. Wie sollte auch der gelbliche Sandboden jenes Friedhofes dazu kommen, auf Leichen eine mumifizierende Wirkung auszuüben! Zudem war der vermeintliche Giftmord im Mai geschehen, die Leiche hätte also in den darauf folgenden Sommermonaten unbedingt verwest sein müssen! All das ist indessen nicht eingetroffen! Die Leiche zeigt sich vielmehr vollständig mumifiziert, und diese Thatsache war somit hinreichend, die Geschworenen zur Fällung eines Todesurtheils zu veranlassen! Hier an diesem Punkte setzte nun der wackere, alte, gewissenhafte Forscher seine kritischen Hebel ein, um das ganze Gutachten der Sachverständigen in die Lüfte zu blasen und das Geschworenenurtheil als ein verfehltes nachzuweisen.

Nun ist zunächst gar nicht als erwiesen anzusehen, daß jede Arsenikvergiftung mit Nothwendigkeit solch eine Mumifikation einer Leiche zur Folge haben muß. Vielmehr verzeichnet die gerichtliche medizinische Literatur sehr viele Fälle, in denen ohne eine vorhergegangene Arsenikvergiftung eine Mumifikation eingetreten, während umgekehrt Leichenverwesungen trotz unbestreitbarer Arsenikvergiftungen vorhanden waren. Da nun aber eingestandener Maßen die in dem Falle Speichert vorgefundene Arsenikmenge so außerordentlich gering war, daß dieselbe nicht einmal genau bestimmt werden konnte, so ergibt sich die Frage von selbst, wie wohl das Geschworenenurtheil gelautet hätte, falls diese Mumifikation nicht vorgefunden worden wäre. Die wirklich nachgewiesene Menge von Arsenik war durchaus nicht hinreichend, um ein Menschendasein auch nur leichthin zu gefährden! In dem ganzen Beweisverfahren ist, wie Professor Loewig sehr richtig bemerkt, auch nicht ein einziger positiver Nachweis geführt, kraft dessen auf eine wirkliche Arsenikvergiftung geschlossen werden konnte. Immer wieder wird auf jene Mumifikation hingewiesen, als auf ein untrügliches Anzeichen dafür, daß dem betreffenden Organismus Arsenik und zwar in einer zur Hervorbringung des genannten Zustandes erforderlichen Menge von 0,5 Gramm eingeflößt gewesen sein müßte!

Auf die eine Frage, ob jede Arsenikvergiftung eine Mumifikation zur Folge haben müsse, ist entschieden mit Nein zu antworten.

Es bleibt also nur noch das Räthsel der Mumifikation jener Leiche im gelben Sande des Bomster Friedhofes zu lösen. Loewig erklärt diese räthselhafte Mumifikation auf die natürlichste Weise; einmal, indem er von unbestreitbaren allgemeinen chemischen Lehrsätzen ausgeht, und sodann, indem er dieselben gerade auf die lokalen Verhältnisse jenes Bomster Friedhofe anwendet. Die Leiche lag nämlich theilweise im Grundwasser. Der in das Grab hinein sich ergießende Sauerstoff – um dieses Beiwort zu gebrauchen – bildet aber durch die im Grundwasser stets vorhandenen organischen Bestandtheile Kohlensäure. Diese Kohlensäure ist indeß bekanntlich ein vortrefflicher Stoff, um die Verwesung zu verhindern; aus diesem Grunde bleiben Leichen in Torfmooren vollständig erhalten, vollständig mumifiziert, weil sie sich stets in einer Atmosphäre von Kohlensäure befinden und der Zutritt von Sauerstoff zur Leiche eben hierdurch verhindert wird. Aber außerdem war die Leiche der Frau Speichert in Stoffe eingelagert, die zu den fäulnißwidrigsten gehören und bei dem Mumifikationsprozeß in erster Linie in Rechnung gezogen werden müssen. Es sind diese die in den Sägespähnen enthaltenen Gerbstoffe, die sogenannten Gerbsäuren. Solch eine Mumifikation muß eintreten, wenn eine Leiche in einem Sarge bei Holzspähnen von der Fichte, der Birke, der Eiche, der Buche, der Pappel und noch anderen Holzarten liegt und der Sarg sich sodann mit Wasser füllt. Alsdann geht ein Auslaugungsprozeß vor sich und der ausgelaugte Gerbstoff verwandelt die Leiche in eine braune, lederartige Mumie. Im Grundwasser wird die Mumifizierung noch schneller erfolgen, als im Bachwasser. Alle diese Umstände vereinigen sich in dem unglückseligen Falle Speichert, um die Mumifikation der Leiche auf die natürlichste Weise zu erklären, ohne zu der schwachgestützten Annahme einer durch Arsenik hervorgerufenen Mumifikation seine Zuflucht zu nehmen, zumal ja das fragliche Gift weder in der Umhüllung der Leiche, noch in dieser selbst in genügender Menge vorgefunden worden ist.

Daß aber auf dem Bomster Friedhofe nie zuvor eine ähnliche Thatsache, wie diese Mumifikation, beobachtet wurde, läßt doch nur auf die dort selten oder nie zuvor nothwendig gewordene Leichenwiederausgrabung schließen – denn zu wissenschaftlichen Beobachtungen sind auf dem Friedhofe der genannten Stadt doch wahrhaftig keine Mumifikationsversuche angestellt worden.

Wenn aber dem so ist, woher kam dann die verhängnißvoll geringe Arsenikmenge in der Leiche? Hierauf antwortet der ebenso vorsichtige, wie scharfsinnige und gewissenhafte Loewig, daß diese Spuren von Arsenik gar nicht in der Leiche vorhanden waren, sondern erst durch das Untersuchungsmaterial des Chemikers hineingeschaftt sind. Und hiermit ist etwa kein Vorwurf gegen den die gerichtsärztliche Untersuchung ausführenden Chemiker ausgesprochen, in diesem Falle gegen einen vielerprobten Forscher. Es kann beispielshalber, trotz aller angewandten Vorsicht, eine Täuschung durch die Reagentien hervorgerufen werden, deren Reinheit eben einmal keine absolute gewesen. Um derartige fatale Möglichkeiten aber auszuschließen, müßten sämmtliche für gerichtliche Zwecke zu verwendenden Untersuchungsmaterialien von einer staatlichen Centralstelle aus geliefert werden, die eine ununterbrochene Prüfung der Materialien vorzunehmen hätte.

Daß für den Geschworenen sich hieraus immer wieder die Lehre ergibt, lieber zehn Schuldigscheinende freizusprechen, als möglicherweise einen Unschuldigen zu verurtheilen, das bedarf keines weiteren erklärenden Wortes.

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Bericht Berliner Börsen-Zeitung, Morgen Ausgabe – Dienstag 08.02.1887

In dem vielbesprochenen Mordproceß gegen den Apotheker Speichert aus Bomst dürfte die Entscheidung des Strafsenats des Oberlandesgerichts zu Posen über den neuen Wiederaufnahme-Antrag des Vertheidigers, des Rechtsanwalts Dr. Haillant in Bromberg, in Bälde bevorstehen.

Ueber das Resultat der nochmaligen Exhumierung der Leiche der verstorbenen Ehefrau des Angeklagten, deren Ermordung durch Vergiftung mit Arsenik demselben zur Last gelegt worden ist, haben wir s. Z. berichtet.

Die aus dem Grabe durch die zahlreiche Sachverständigen-Commission entnommenen Objecte wurden in der vorletzten December-Woche vom Posener Oberlandesgericht den Geh. Medicinalräthen Professoren Hoffmann und Rammelsberg zur chemischen Analyse übersandt, und diese hat nunmehr stattgefunden. Ueber das Resultat derselben vermögen wir selbstverständlich Sicheres nicht mitzutheilen, doch erscheint es nach verschiedenen Andeutungen nicht mehr zweifelhaft, daß die Situation für den bekanntlich wegen Krankheit aus der Straftanstalt zu Kronthal entlassenen Angeklagten sich äußerst günstig gestaltet hat.

Wie wir hören, hat sich der bedenkliche Zustand des Letzteren bei der außerordentlichen Pflege, die ihm seitens seiner Mutter und Geschwister zu Theil wird, gehoben und seine vollständige Genesung steht in Aussicht.

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Bericht Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen Ausgabe – Donnerstag 07.04.1887

In der Wiederaufnahme-Affaire Speichert-Bomst ist, wie bereits mitgetheilt, das Grab der Frau Speichert auf Anordnung des Oberlandesgerichts zu Posen vor einigen Tagen nochmals geöffnet und der Apotheker zu Bomst mit der Entnahme von Erde daraus betraut worden.

Dies geschieht, wie wir hören, zu dem Zwecke, um durch die chemischen Sachverständigen Geh. Räthe Professoren Hoffmann und Rammelsberg, welchen bisher nur Erde des Grabes über dem Sarge vorgelegen hat, auch den unter dem Sarge befindlichen Boden zur chemischen Untersuchung zu unterbreiten. In der erstgedachten Erde sollen Spuren von Arsen aufgefunden worden sein.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de)

 

Apotheker Speichert, Bomst – Wiederaufnahmeverfahren gegen die Verurteilung wegen Mordes / 1886 – Teil -1-

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsartikel 1886 / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bomst Marktplatz – AK Ausschnitt

„Die Arbeiten des letzten Naturforscher Kongresses, insbesondere die für gerichtliche Medizin, haben für eine wegen Gattenmordes zum Tode verurtheilte, zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigte Person ein überraschend hoffnungsreiches Resultat gezeitigt.

Am 13. November 1876 wurde der Apotheker Wladislaus Speichert zu Bomst von dem Schwurgericht zu Meseritz in Folge des mit 7 gegen 5 Stimmen gefällten Wahrspruchs der Geschworenen, dem der Gerichtshof beitrat, für schuldig befunden, im Mai 1875 seine Ehefrau durch Beibringung von Gift (und zwar von Arsenik) mit Überlegung getödtet zu haben.

Dieses Urtheil stützte sich hauptsächlich auf die Gutachten des im Jahre 1879 verstorbenen Professor Dr. Sonnenschein, des Kreiswundarztes Dr. v. Zagrodzki, des damaligen Kreisphysikus, jetzigen Geh. Rath Professor Dr. Koch und Medizinalraths Dr. Wolff aus Berlin.

Professor Dr. Sonnenschein hatte in den von ihm untersuchten Theilen der Leiche der Frau Speichert, welche etwa ein Jahr nach ihrer Beerdigung ausgegraben worden und in mumifiziertem Zustande gefunden worden ist, eine Spur von Arsenik entdeckt, auf Grund welcher Thatsache hin er den sicheren Schluß zog, daß der Verstorbenen Arsenik beigebracht worden ist, welches ihren Tod zur Folge gehabt hat.

Die medizinischen Gutachten bauten auf diesen Ausspruch und namentlich auf die Thatsache hin, daß die Leiche mumifiziert war, ihre Ansicht auf, daß, obgleich die Krankheitserscheinungen nicht darauf hindeuteten, eine Arsenikvergiftung vorliege.

Der Angeklagte hatte bereits im Termin auf das Allerenergischste die Richtigkeit der Sonnenschein’schen Analyse bestritten und verlangt, daß andere Leichentheile von einem anderen Chemiker untersucht würden; der damalige Gerichtshof lehnte dies aber mit Rücksicht auf Sonnenschein’s unzweifelhafte Autorität ab. Der Verurtheilte wanderte, als die Todesstrafe in lebenslängliches Zuchthaus umgewandelt worden war, in die Strafanstalt zu Cronthal, in welcher er sich noch heute befindet. Aus dieser heraus wandte er sich an bedeutende Chemiker mit der Bitte um Prüfung des Sonnenschein’schen Verfahrens bei der Untersuchung und dessen Gutachtens.

Unterm 28. April 1882 gab der Medizinalrath Professor der Chemie an der technischen Hochschule zu Braunschweig Dr. R. Otto in einem eingehend motivierten Schriftstück sein Urtheil dahin ab, daß das Sonnenschein’sche Verfahren keinen sicheren Schluß darauf zulasse, daß die gefundene Spur von Arsenik sich in den Leichentheilen befunden habe; er erklärte es vielmehr für sehr wahrscheinlich, daß diese Spur durch das aus Schwefeleisen gezogene Schwefelwasserstoffgas in die Untersuchungsmenge hineingebracht worden sei.

Das auf dieses Gutachten hin gestützte Wiederaufnahmegesuch des Vertheidigers Rechstanwalt Dr. v. Jazdzewski in Posen wurde vom Landgericht zu Meseritz als unzulässig zurückgewiesen, ebenso die dagegen eingelegte Beschwerde vom Oberlandesgericht zu Posen, obwohl damals bereits die Oberstaatsanwaltschaft im Interesse der Aufklärung dieser Sache die Erhebung der beantragten neuen Beweise anheimgestellt hatte.

Ein Jahr später hatte ein Bruder des Verurtheilten die Bekanntschaft des hiesigen gerichtlichen Chemikers Dr. Karl Bischoff gemacht und diesen für die Sache interessiert. Auch dieser wohlrenommierte Sachverständige gelangte aus der Prüfung der ganzen Sache zum dem gleichen Resultat, wie sein Braunschweiger Kollege Dr. Otto, und Rechtsanwalt Dr. Ph. Fränkel in Berlin unternahm es, einen erneuten Wiederaufnahme-Antrag einzureichen.

Damals gelangten Mittheilungen über diesen Prozeß in die Presse, und es wird noch bekannt sein, wie zahlreichen Angriffen die Hr. Otto und Bischoff, die ohne jedes Verschulden in diese Sache hineingezogen waren, ausgesetzt worden sind.

Auch dem zweiten Wiederaufnahme-Antrag wurde seitens der Gerichte der Erfolg versagt, obwohl namentlich in der Beschwerdeschrift nichts weiter verlangt war, als daß eine Exhumierung der Leiche angeordnet und dieselbe nochmals auf Arsenik hin untersucht würde.

Inzwischen beschäftigte sich Geh. Rath Professor Dr. Liman mit diesem so merkwürdigen Fall. Da er ihn für überaus wichtig erachtete, brachte er ihn auf dem letzten Naturforscher-Kongreß in der Sektion für gerichtliche Medizin zur Sprache, und sein vor einem gefüllten Auditorium von medizinischen Autoritäten gefälltes Urtheil war für die früheren Gutachten, daß aus der Mumifizierung der Leiche auf eine Arsenvergiftung zu schließen sei, geradezu vernichtend. Nach zahlreichen wissenschaftlichen Erfahrungen kommen aus anderen Ursachen erheblich mehr Mumifizierungen von Leichen vor, als durch Vergiftung mit Arsen. Alsdann wiesen auch die Krankheitserscheinungen durchaus nicht auf eine solche Vergiftung hin.

Zu unserer großen Freude erfahren wir nun, daß ein neuer Versuch des jetzigen Vertheidigers Rechtsanwalt Dr. Hailliant in Bromberg, wenn zwar auch erst in der Beschwerdeinstanz, die Sache zur Wiederaufnahme zu bringen, den erhofften Erfolg gehabt hat. Das Oberlandesgericht zu Posen soll die Wiederaufnahme für zulässig erachtet haben; denn es findet nächsten Montag, den 15. des Monats, in Bomst die nochmalige Ausgrabung der Leiche der Frau Speichert statt, und zwar im Beisein des Geh. Medizinalrath Professor Dr. Liman, des Geh. Medizinalrath Dr. Wolff, des Dr. Carl Bischoff aus Berlin, des Professor der Chemie, Direktors des chemischen Instituts der Universität zu Breslau, Dr. Loewig, des Kreisphysikus und des Kreiswundarztes zu Bomst.

Es soll festgesellt werden, ob die Mumifizierung der Leiche noch besteht und ob sie aus der Bodenbeschaffenheit oder in Folge einer Vergiftung entstanden ist, ferner sollen noch, wenn möglich, von der Leiche zu entnehmende Theile nach dem Vorhandensein von Giften untersucht werden. – Wir werden über das Resultat seiner Zeit berichten“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Berliner Volksblatt, Ausgabe Freitag, 12. Nov. 1886 – Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de)

Die Geschichte eines Lotterielooses – 1892 – Berlin/Jablone

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsartikel / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Landgericht Berlin – Ansichtskarte / Beispielbild

„Die Geschichte eines Lotterielooses lag einer eigenartigen Anklage wegen Betruges bzw. Beihilfe dazu zu Grunde, welche gestern (18. Juli 1892) vor der dritten Strafkammer des Landgerichts I. gegen den 19jährigen Arbeiter Hermann Schulz und dessen Vater, den Arbeiter Dienegott Schulz, verhandelt wurde.

Ein armer Weichensteller im Polnischen spielte im vorigen Herbst beim Loosehändler Heinze in Berlin ein Achtel eines Braunschweiger Loose. Seine Freude war groß, als Heinze im mittheilte, daß das Loos mit einem Gewinn von 30.000 Mark gezogen sei und auf seinen Theil somit 3.156 Mark entfielen.

Der glückliche Gewinner sandte Loos nebst Gewinnliste in einem eingeschriebenen Brief an seinen hier (Berlin) wohnenden Bruder, den Hausverwalter Schulz, und bat denselben, das Geld bei Heinze zu erheben.

Da der Absender nicht wußte, daß sein Bruder die Stellung eines Hausverwalters bekleidete, so lautete die Adresse des eingeschriebenen Briefes einfach: Herrn Hermann Schulz in Berlin, Blücherstraße 10.

Nun wohnte im Hause Blücherstraße 10 zu damaliger Zeit bei dem Arbeiter Kornowski der erste Angeklagte, der vor kurzer Zeit aus dem Dorfe Jablone bei Neutomischel nach Berlin gekommen war.

Er erhielt aus seiner Heimath mehrfach Briefe, die ebenfalls an „Herrn Hermann Schulz, Blücherstraße 10“ adressiert waren. Der Briefträger gab auch den eingeschriebenen Brief an den Angeklagten ab.

Als dieser von dem Inhalte Kenntniß genommen, erhob er bei Heinze das Geld und reiste sofort nach seiner Heimath ab. Er will den Seinen erzählt haben, daß er das Geld in der „Sklavenlotterie“ gewonnen habe.

In dem kleinen polnischen Dorfe herrschte großer Jubel, der Vater des angeblichen Gewinners wußte sich vor Freude nicht zu fassen, mit vollen Händen theilte er das ihm von seinem Sohne gegebene Geld aus, und nach einigen Wochen, als der Betrug entdeckt worden war, waren nur noch 800 Mark vorhanden, die dem rechtmäßigen Gewinner ausgehändigt worden sind.

Vater und Sohn mußten unter polizeilicher Begleitung die Reise nach Berlin antreten.

Im gestrigen Termine bestritten beide ihre Schuld. Hermann Schulz will bei einem Cigarrenhändler ein Loos für 1 Mk. 50 Pf. Gekauft und sich darüber gar keine Rechenschaft abgelegt haben, daß das ihm von auswärts gesandte Loos unmöglich mit dem von ihm identisch sein konnte.

Der Staatsanwalt hielt sowohl Vater wie Sohn durch die Beweisaufnahme für zweifellos überführt und beantragte gegen den Ersteren drei, gegen den Letzteren neun Monate Gefängniß.

Der Gerichtshof erkannte auf Freisprechung beider Angeklagten. Allerdings sei es dem Gerichtshofe schwer geworden, dies Urtheil mit Bezug auf den Angeklagten Hermann Schulz zu fällen. Indessen besitze derselbe eine so geringe Intelligenz, daß er weder lesen noch schreiben könne und sein Wirth ihm die an ihn anlangenden Briefe vorlesen mußte. Bei der Aufregung, von der sein Gehirn durch das unverhoffte Glück ergriffen wurde, könne es wohl sein, daß ihm von dem übrigen Inhalte des Briefes nicht im Gedächtnisse geblieben sei. Aus denselben Gründen sei der Vater freizusprechen.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen-Ausgabe, Dienstag, 19.07.1892 – Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de)

Brandunglück – 1876 – Rakwitz, östliche Seite des Marktes

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Posener Zeitung / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Rakwitz – Ostseite Marktplatz (Ausschnitt AK Sammlung Wojciech Szkudlarski)

Feuersbrunst – Meldung vom 1. August 1876 aus Grätz – Posener Zeitung

In unserer Nachbarstadt Rakwitz brach heute in der Mittagsstunde an der östlichen Seite des Marktes Feuer aus, welches bei der großen Dürre und dem herrschenden Luftzuge mit großer Schnelligkeit um sich griff.

Auf telegraphischem Wege war von hier und Wollstein aus Hülfe requiriert worden, doch sind, trotzdem 22 Spritzen anwesend waren, über zwanzig Wohnhäuser mit den Nebengebäuden abgebrannt.

Glücklicherweise ist kein Menschenleben zu beklagen, nur ein Kind soll starke Brandwunden auf dem Rücken davon getragen haben.

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Meldung vom 02. August 1876 aus Rakwitz – Posener Zeitung

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Bekanntmachung / Hilfeaufruf 1876 – veröffentl. Posener Zeitung

„Über die Entstehungsart des großen Brandes in unserem Städtchen ist bisher nichts Näheres ermittelt worden.

Sechzig Familien, die etwa dreihundert Seelen repräsentieren, haben ihre Wohnstätten und zumeist ihre ganz bewegliche Habe eingebüßt.

Glücklicherweise ist kein Menschenleben, auch keine erhebliche Verwundung zu beklagen; was voraussichtlich der Fall gewesen wäre, wenn das Feuer des Nachts zum Ausbruch gekommen wäre, da binnen einer Stunde 80 Gebäude auf den Grund eingeäschert wurden.

Die Gebäude waren nur sehr gering, das Mobiliar dagegen mit wenigen Ausnahmen gar nicht versichert. Wegen des letzten Umstandes dürfen indeß die Verunglückten auf schonende Beurtheilung rechnen, da viele Versicherungsanträge wegen allzu großer Feuergefährlichkeit gänzlich abgewiesen wurden.

Das Feuer brach in dem Hause des Fleischer Paul Kuhn am Markte aus und verbreitete sich zu beiden Seiten. Das weitere Umsichgreifen wurde auf dem Markte an dem massiven Hause des Herrn Ernst Hermann und in der Grätzer Straße an dem massiven Hause des Hrn. August Knappe aufgehalten. Vom Winde angefacht ergriff es in der dahinterliegenden Christinenstraße eigenthümlicher Weise zuerst die Hintergebäude, pflanzte sich auf die Vordergebäude fort und fand, nachdem es fast die Hälfte der Gebäude dieser Straße in Trümmer und Schutt verwandelte, durch Niederreiß7ung des Schöneich‘schen Hauses, welche Arbeit bei den herannahenden Gluten mit großer Aufopferung verknüpft war, an dem Hause des Herrn Rudolph Gellert seine Begrenzung.

Besonders hilfreich war die Wirksamkeit des Grafen v. Schlieffen zu Wioska, der mit einer Spritze seines Guts auf die Brandstätte geeilt war (und der nebenher bemerkt Tags darauf dem Magistrate hier 100 M zur Unterstützung der Verunglückten überreichte.) Außerdem zeichneten sich bei der Rettung die hiesigen Bürger Müller Walzschmidt, die Zimmerleute Hirsch und Rösler, Handelsmann Philipp Goldschmidt und der Fleischer Louis Koch, sowie auch viele Andere in hervorragender Weise aus.

Die Noth ist hier sehr groß.

Ein Theil der Hausbesitzer ist durchaus nicht im Stande, aus eigenen Mitteln die Häuser neu aufzubauen. Außerdem sind die Betten, Wäsche, Kleidungsstücke, Möbel und Hausgeräthschaften der Betroffenen eine Beute des verherrenden Elements geworden. Von den Geretteten wurde übrigens ein Theil durch schlechte Menschen, die dergleichen Verwirrungen auszubeuten suchen, geraubt. Hilfe und zwar recht schleunige ist erforderlich, damit armen Handwerkern und Tagearbeitern jedenfalls nothdürftiger Ersatz geboten wird. Auch eine Unterstützung der Hausbesitzer ist dringend nothwendig, damit zu dem bevorstehendem Winter Wohnungen geschafft werden, da für die Dauer in einem Städtchen wie Rakwitz eine so große Anzahl von Obdachlosen nicht untergebracht werden kann.

Die Nachbarstädte Wollstein und Wielichowo haben bereits reichliche Geldspenden den Unglücklichen zu Theil werden lassen.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Posener Zeitung 1876 – über Jagiellonian Library / Jagiellonian University, 30-059 Cracow, Poland

 

 

 

Johann Gottlieb Werner aus Rakwitz und Ehefrau Johanna Schacker; 1799/1802-1891

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsartikel 1891 / Zusammenstellung u. Ergänzungen Gudrun Tabbert)
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Kernwerk Winiary – Posen, Ansicht 1835, Ausschnitt AK aus Wirtualne Muzeum Historii Poznania

„Der älteste active Soldat des preußischen Heeres, Feldwebel Joh. Gottl. Werner, der Schlüsselmajor (ein vertrauter Unteroffizier, welcher die Schlüssel der Festung vom Commandanten holt, die Thore auf- u. zuschließt etc.) des Posener Kernwerks, ist am 19. Juni, einen Tag vor seinem 92. Geburtstage, in Posen gestorben.

Werner wurde, wie das Posener Tageblatt berichtet, am 20. Juni 1799 zu Rakwitz als Sohn eines Stellmachers geboren.

1822 wurde er zur Fahne berufen und der 2. Compagnie des 18. Infanterie-Regiments, dessen 1 Bataillon damals in Rawitsch garnisonierte, zugeteilt.

Der junge Soldat war bei einer Witwe im Quartier, mit deren Pflegetochter er sich im Sommer 1825 verheiratete. (Es handelte sich um Johanna Maria geborene Schacker, geb. ca 1802 zu Rawitsch)

Ihrem Gatten, der schon nach halbjähriger Dienstzeit zum Gefreiten befördert worden war, suchte die junge Frau dadurch, daß sie als Marketenderin mit ins Manöverfeld zog, einen bei den etwas spärlichen Löhnungsverhältnissen doppelt willkommenen Einnahmezuschuß zu liefern.

Im Jahre 1830 rückte Werner, als anläßlich der polnischen Erhebung in Rußland preußisches Militär nach der Grenze beordert worden war, mit aus und kam nach beendetem Aufstande, unterdes zum Unteroffizier befördert, nach Fraustadt und später nach Posen.

Im Jahre 1850, nach 28jähriger Dienstzeit erfolgte seine Versetzung als Sergeant zum Reservebataillon Nr. 5, und am 1. April 1860 wurde er Schlüsselmajor des Kernwerks Winiary. Im Jahre 1872 wurde er anläßlich seines 50jährigen Dienstjubiläums zum Feldwebel befördert, und im Jahre 1875 feierte er die goldene, 10 Jahre später die diamantene Hochzeit mit seiner gleich ihm bis in das hohe Alter hinein wunderbar rüstigen treuen Lebensgefährtin. (Johanna Werner, geborene Schacker verstarb nur wenige Wochen nach ihrem Ehemann am 10. August 1891 zu Posen)

Mehrfache Auszeichnungen sind dem „Papa Werner“ seitens zweier Kaiser zuteil geworden, zahlreiche Ovationen wurden ihm anläßlich seine 90. Geburtstages dargebracht, der Kaiser hatte im 500 M und das Officiercorps der hiesigen Garnison 400 M zum Geschenk gemacht.

Dem Kaiser wurde das Ableben des ältesten Soldaten seiner Armee sofort mitgeteilt.“

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Kölnische Zeitung mit Wirtschafts- und Handelsblatt – Donnerstag, 25.06.1891 – Deutsches Zeitungsportal (deutsche digitale bibliothek.de;  2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 3) Ancestry.com; 4) Mithilfe durch Mitglieder der Wollstein-Liste

Zustand des Landes – Südpreußen 1793 / Provinz Posen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Rodgero Prümers 1895 / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Sonder-Veröffentlichungen der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen – 1895

Am 25. März 1893 war ein Jahrhundert verflossen, seit der Haupttheil der heutigen Provinz Posen dem Königreich Preußen einverleibt wurde. Die Historische Gesellschaft für die Provinz Posen hielt es angesichts dessen für ihre Aufgabe, der Erinnerung an die politischen und kulturellen Segnungen, die diese Wendung der Provinz gebracht hat, in würdiger Weise bleibenden Ausdruck zu verleihen. In diesem Sinne hat sie die Veröffentlichung der Originalurkunden, die den Zustand des Landes zur Zeit der Besitznahme und die ersten Schritte zur Neuordnung betreffen, in Angriff genommen

* * *

Das Land, welches General von Moellendorff für seinen König in Besitz genommen hatte, deckt sich in seinen Grenzen im Großen und Ganzen mit dem alten Großpolen und umfasste die heutige Provinz Posen, dazu die Landschaften Kalisch, Sieradien und Wielun, Rawa, Lentschitz, Brzesc in Cujavien, Dobrzyn, Plock und Zakroczyn, welche in den Wiener Traktaten an Rußland gekommen sind.

Eine Aufnahme gab es jedoch nicht, und so die Angaben über die Größe der Erwerbung, Zahl der Städte, Dörfer, Einwohner usw. recht verschieden.

Nach der statistischen Tabelle, welche Graf Moszynski, Groß-Sekretär von Lithauen, dem polnischen Reichstage vom 19. April 1790 vorlegte, umfasste Groß-Polen 1.061 Quadratmeilen und enthielt 262 Städte sowie 8.274 Dörfer mit zusammen 195.016 Feuerstellen.

Die Zahl der Einwohner wurde 1.136.389 geschätzt, während von Voß sie zu 1.078.518, mithin 1.113 auf die Quadratmeiler, annahm.

Und dieses große Land brachte Alles in Allem für den Staat nur ein jährliches Einkommen von 787.188 Thl. 19 g. Gr. 3 Pf. auf. Wie war dieser beispiellos geringe Ertrag zu erklären ?

Von der Natur ist Großpolen durchaus nicht vernachlässigt. Holsche, der treffliche Geograph und Statistiker, dem wir die besten gleichzeitigen Nachrichten über dasselbe verdanken, nennt es sogar „ein gesegnetes Land, welches, im Ganzen genommen, in Ansehung der Fruchtbarkeit Schlesien wenig nachgibt, einer höheren Kultur fähig ist und den Grad der Bevölkerung Schlesiens bald erreichen kann, wenn die Brücher ausgetrocknet, in Wiesen und Weiden verwandelt, die wüsten Gegenden urbar gemacht werden und der Viehstand vermehrt, ingleichen die Industrie belebt wird.“

Und ferner sagt er: „Die Produkte dieser Provinz bestehen in Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen, Linsen, Wicken, Hirse, Buchweizen, allen Arten von Gartengewächsen, Obst, Vieh, Wolle, Flachs, Holz und allem was in diesem Klima, das dem sächsischen und schlesischen beinahe gleichkommt, gezogen werden kann.“

Die Kultur des Landes aber lag im Argen. Es ist kaum glaublich, wie sehr dieselbe vernachlässigt war.

Aus den amtlichen Erhebungen der preußischen Kommissare ergab sich, dass selbst in Großpolen, welches nach allen Berichten der beste Theil Polens war, so dass es dem übrigen Lande ein halbes Jahrhundert vorauseilte, der Getreide Ertrag ein außerordentlich geringer war. Das Meseritzer Winterfeld liefert z. B. im Jahr 1793 zu 1/20 das fünfte Korn, zu 19/20 aber nur das zweite, und an der Ostgrenze des Landes, in Krotoschin, ergab die eine Hälfte des Roggens das vierte Korn, die andere das 3 1/2, Hafer das Dritte, Buchweizen gar nur das zweite Korn. Diese Beispiele wären mit Leichtigkeit ins Unendliche zu vermehren.

Ganz besonders schlimm lagen die Verhältnisse im späteren Petrikauer Departement. Man lese nur den Anfang des Berichtes der Petrikauer Kammer aus dem Juni des Jahres 1793: „Die wenige Sorgfalt, die man ehedem auf das Wohl und die Aufnahme der hiesigen Provinz verwendet hat, der Mangel an Industrie, weil sie ganz ohne Aufmunterung blieb, verbunden mit den Kriegen, womit sie von Zeit zu Zeit heimgesucht wurde, verursachten, dass sie in einen Zustand von Rohheit und Wildnis zurücksank, aus welchem sie nur durch ununterbrochene Thätigkeit und beträchtliche Unterstützung gerissen werden kann.“ Oder „Städte und plattes Land befinden sich in dieser traurigen Verfassung, und ihre Bewohner, gewöhnt an Armuth, genügsam aus Liebe zur Unthätigkeit und unbekannt mit den Annehmlichkeiten einer nur irgend kultivierten Lebensart, haben nie getrachtet, auch zum Theil nie dahin trachten dürfen, sich ein besseres Loos zu erringen. Fabriqu7en und Manufakturen mangeln fast ganz, und nur selten sieht man einen Flecken Landes in zweckmäßiger Kultur.“ „Bisher war es schwer zu bestimmen, wer am meisten von der Kultur entfernt war, ob der Mensch oder das Land, so ihm erzeugte.“

Und weiterhin: „Der Landmann wird wenig von seinen Erzeugnissen in einer Stadt absetzen können, deren Bewohner sich in dem Zustande befinden, worin sie in fast allen Südpreußischen Städten gegenwärtig sind, dahingegen diese an den ersteren ebenso schlechte Abnehmer der Produkte ihrer Industrie haben werden, weil die wenigsten mehr besitzen, als sie brauchen, um ihr Leben von einem Tage zum andern kümmerlich durchfristen zu können. Die Aufnahme des platten Landes öffnet der Thätigkeit, wo nicht ein größeres, wenigstens ein ebenso großes Feld, als die der Städte, und es bedarf nicht geringerer Unterstützungen und Aufmunterungen aus allerhöchster Gnade, um zur Erreichung diese Zwecks den Grund zu legen. Ackerbau ist die Grundveste des ländlichen Wohlstandes, und es ist kaum zu viel gesagt – des ganzen Staats. Wie weit Südpreußen hierin noch zurück ist, zeigt die Menge unbebauter Felder und ihre größtentheils schlechte Kultur, aber es fehlt bisher an Aufmunterung und gutem Beispiel.“

Können wir uns da wundern, wenn von Voß in seinem Bericht an den König sagt, dass der größere Theil dieser Provinz einer Wüstenei ähnlich sei? Das waren in der That die Eindrücke, welche das unbefangene Auge in sich aufnahm, die auch nur durch wenige erfreulichere Beobachtungen gemildert wurden.

Und in den Städten sah es nicht besser aus.

Seit dem Niedergange des polnischen Staates im 17. und 18. Jahrhundert hatten auch sie mehr und mehr an Reichthum wie an Ansehen verloren, ihre Privilegien wurden für nichts geachtet oder durch Anlegung neuer Städte und Städtchen seitens der Grundherren werthlos gemacht.

Damals entstanden jene kleinen Orte mit städtischen Gerechtsamen, in denen die stolz sich Bürger nennenden Bewohner schließlich froh waren, wenn sie, hauptsächlich durch Ackerbau, soviel erwarben, dass sie mit den Ihrigen nicht buchstäblich Noth litten.

Wir lernen aus den Aufzeichnungen der preußischen Kommissare Städte kennen, wie Mielzyn mit 37 Feuerstellen, Mietschisko mit 40 Häusern, an wüsten Baustellen waren in Schwetzkau 20, in Mielzyn 10, in Miloslaw 40, in Obersitzko 10, in Rakwitz 17 usw. vorhanden. Jaratschweo hatte 72 Häuser gehabt, davon waren 41 durch Brand verloren, so dass im Jahre 1793 nur 31, und zwar 20 mit Schindeln, 11 mit Stroh gedeckt, bewohnbar waren. In Kempen waren 264 Häuser und 56 wüste Baustellen. In Grabow gab es kein einziges massives Haus, dagegen 30 wüste Baustellen; von den vorhandenen Häusern waren 41 mit Schindel, 65 mit Stroh gedeckt. Pleschen hatte bei 226 Feuerstellen gleichfalls kein massives Haus, alle waren von Holz mit Schindeln, 20 mit Strohdach. Und selbst ein so bedeutender Ort wie Fraustadt konnte unter seinen 807 Häusern nur 32 mit Ziegeln aufweisen, 14 Wohnhäuser aber standen ganz leer, und 62 wüste Baustellen zeugten von dem Rückgange der Stadt.

„Unter 245 hiesigen Städten verdienen kaum 10 diesen Namen.“ sagt von Voß in seinem Reiseberichte vom 31. Mai 1793, „die übrigen sind Dörfern gleich, und selbst die, so für Städte gehalten werden können, sind, die Stadt Posen allein ausgenommen, so schlecht erbaut, dass in jedem Jahre mehrere Städte ganz abbrennen.“ Kalisch und Lissa lagen bei der Übernahme der Provinz in Asche, Kopnitz brannte noch im Jahre 1793 ab. Das Fehlen einer ordentlichen Baupolizei und der Mangel jeglicher Vorbeugungsmaßregeln leisteten beim gefräßigen Elemente den besten Vorschub.

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Historische Gesellschaft für die Provinz Posen

Ein rascher Wiederaufbau aber war mit sehr großen Schwierigkeiten verknüpft. Der Mangel an Baumaterialien, die einem leichten Transporte sich gegenüberstellenden Hindernisse, schon allein wegen der wenigen vorhandenen Pferde, zumal das gänzliche Fehlen von geschickten Handwerkern machten dergleichen Arbeiten ungemein theuer. Dass die Städte aus eigener Kraft sich emporraffen würden, daran war gar nicht zu denken. Denn die Magistrate, unerfahren in den Geschäften und ohne feststehende Besoldung, kümmerten sich um das Wohl ihrer Stadt sehr wenig. An eine ordentliche Verwaltung der Kämmereien wurde nicht gedacht, und gerade hierin lag nach Ansicht der Petrikauer Kammer größtentheils die Ursache ihre Verfalls, da die meisten städtischen Einkünfte entweder ruhten oder neu geschaffen werden mußten.

(Der Bürgermeister von Posen, Präsident von Kotecki, in seinem bürgerlichen Leben Bierbrauer, hatte ein Gehalt von 1.500 polnischen Gulden, der Vizepräsident 1.200 fl.; in Rostarzewo erhielt der Bürgermeister jährlich 5 Thl., dazu an Emolumenten etwas 12 g. Gr.; der Bürgermeister von Pleschen hatte für seine Bemühungen jedes Jahr 3 ½ Gebräu Bier frei, fern die Einnahmen von zwei Jahrmärkten zu 6, auch zu 7 Thl., Nutzung einer Wiese, geschätzt auf 3 Thl. Und von jedem Jahrmarkt 1 Thl. Ellengeld; der Adelnauer Bürgermeister stand sich auf 100 fl. – Aus den Städte-Spezialkaten im Staats-Archiv Posen)

Um eine gründliche Besserung all dieser Übelstände zu erzielen, bedurfte es sehr großer Mittel und zielbewußter Maßnahmen. Beides aber fehlt in den letzten Zeiten der polnischen Herrschaft.

Die königlichen Städte entbehrten jedes Schutzes gegen den stets weiter um sich greifenden Adel, die Mediat-Städte wurden von ihren Grundherren nur so hoch geschätzt, als die eine Einnahme-Quelle bei deren ständigen Geldnoth bildeten. Industrie war, abgesehen von der stellenweise blühenden Tuchmacherei, so gut wie gar nicht vorhanden. Schlesien versorgte das Land theilweise mit eigenen Fabrikaten, theils mit auswärtigen Produkten, die auf der Oder oder durch die Mitte Schlesiens einen bequemen Zufuhrweg hatten.

In den Besitz des Landes theilten sich der Adel und die Geistlichkeit. Dem Namen nach freilich gehörten dem Staate große Domänen, die Starosteien.

Aber wenn in früheren Zeiten dem Könige noch ein gewisses Recht zugestanden hatte, durch ihre Verleihung besondere Verdienst zu belohnen oder aber in schwierigen Zeiten ihre Einkünfte zum Besten des Staates zu verwenden, so war ihm seit dem Jahr 1662 die freie Verfügung überhaupt genommen.

Der Adel hatte eine Bestimmung durchzusetzen gewußt, nach welcher eine frei gewordene Starostei innerhalb vier Monaten, besonders auf Empfehlung des Großfeldherrn, wieder auf Lebenszeit verliehen werden musste. Mit dem Tode des Inhabers fiel sie in den meisten Fällen einer anderen Familie zu, die derzeit gerade am höchsten in Gunst stand oder über die meisten Machtmittel verfügte, um den König ihren Wünschen gefügig zu machen.

Ein besonders großes Interesse lag daher für den jeweiligen Besitzer gar nicht vor, für Hebung und erst in der Zukunft Frucht tragende Verbesserung der ihm anvertrauten  Domäne zu sorgen, da der Lohn seiner Arbeit und Mühe voraussichtlich Fremden zu Gute kam.

Das ganze Streben ging dahin, möglichst viel Ertrag aus den Gütern herauszuschlagen. Für die Zukunft mochte der Nachfolger sorgen.

Begreiflicherweise wurden die Werthe zuerst in Anspruch genommen, welche auf die leichteste Weise zu Gelde gemacht werden konnten, und das waren die anscheinend schier unerschöpflichen Wälder, die in früheren Zeiten weithin das Land bedeckten.

Solange die Nachbarn selbst Holz genug hatten, waren diese Wälder natürlich werthlos gewesen; je mehr Grund und Boden dort aber unter den Pflug genommen wurde, und je mehr der Wald vor der andrängenden Kultur, wie vor der rasch sich entwickelnden Industrie zurückwich, desto größer war der  Anreiz für die Starosten, ihren Holzreichthum zu verwerthen. Leider gingen sie hierbei ohne jegliche Rücksicht vor, und schier endlos sind die Klagen über die Raubwirtschaft, die Waldverwüstung, die in Polen um sich gegriffen hatte. So war der Stand der Forsten in den Starosteien, in denen ohne besonderen Consens kein Bauholz verkauft werden durfte. Man kann sich daraus ein Bild von der Behandlung machen, denen die Forsten auf den Erbgütern des Adels ausgesetzt waren.

Nicht als ob es gerade an Holz gemangelt hätte, – fast zu jeder größeren Herrschaft gehörte auch Waldung – aber die rationelle Wirthschaft hatte gefehlt. Kaum ein Wald war anzutreffen, der nicht Spuren von Feuer getragen hätte. Ganz Strecken waren abgebrannt, um die derart gewonnene Pottasche nach Danzig auszuführen, anderswo waren die schönsten Bäume geringelt, um sie zum Absterben zu bringen und Ackerland für Ansiedler frei zu bekommen. Wenn auf diese Weise neue Land dem Ackerbau erschlossen wurde, so war ein solches Vorgehen gewiß anerkennenswerth, aber nur zu oft sagte das Land den Ansiedlern nicht zu, oder sie zogen wegen Mißhelligkeiten mit den Grundherren weiter, und der verwüstete und abgestorbene Wald blieb zurück, dessen Wegräumung dem Besitzer keinen Vortheil versprach, da er ihn wegen der schlechten Land- und Wasserstraßen nicht verwerthen konnte.

Die Ströme waren überall verflacht und versandet, sie hatten zum Theil ihr altes Bett verlassend und waren dadurch zu aller Schiffahrt und Flößerei untauglich geworden. Wo noch genügend Wasser in ihnen vorhanden, hinderten zum Zweck der Fischerei oder des Mühlenbetriebs quer durch den Fluß gebaute Wehre jeglichen größeren Verkehr.

Die Landstraßen befanden sich in derart verwahrlosten Zustande, dass sie kaum zu passieren waren. Zu- und Abfuhr ließ sich im Winter meist nur mit Schlitten ermöglichen. Zölle und Abgaben wurden allerorten von den Berechtigten beansprucht, dass ihnen dafür aber auch die Verpflichtung oblegen hätte, die Wege fahrbar zu halten, kam ihnen nicht in den Sinn. Ein Beispiel möge hier für viele andere sprechen. Der zuständige Kriegs- und Domänenrath berichtet im Jahr 1794 nach den amtlichen Angaben des Magistrats zu Schwersenz (Staats-Archiv Posen, Spezial-Akten von Schwersenz): „Schon seit undenklichen Jahren nahm die Herrschaft immer das Wegegeld, wenn die Wege gut waren, und behielt diese Einnahme so lange fort, bis gedachte Wege in die allerschlechteste Verfassung geriethen; dann nur überließ sie diese Einnahme der Stadt, die nun ungesäumt bessern mußte. Waren die Wege erst im Stande, dann zog sie diese Einnahme wieder an sich und kontinuierte, bis sie wieder ganz impassable geworden.“

Klagen gegen den allmächtigen Adel bei den nur mit Adelichen gesetzten Gerichten nützten herzlich wenig. Die Stadt Rogasen beschwert sich im Jahr 1793, vor etwa 50 Jahren sie der Mokrzetzer Wald ihr durch den Starosten Zytomierski ganz widerrechtlich genommen und zu den Welnaschen Gütern eingegrenzt. „Die Stadt habe zwar dagegen protestiert, jedoch da bekanntlich damals der Bürgerstand gegen den Adel nichts auszurichten im Stande gewesen, so wäre auch auf den Widerspruch der Stadt bei den polnischen Gerichtshöfen keine Rücksicht genommen worden.“ (Eingabe des Magistrats vom 16. Dez. 1793, Staats-Archiv Posen, Spezial Akten der Stadt Rogasen)

Selbst von den Lasten, welche dem Adel durch Reichstagsbeschluß auferlegt wurden, suchte er sich dadurch frei zu machen, dass er sie auf seine Unterthanen abwälzte. Der Adel selbst schied sich in zwei große Klassen, die dem dem Wortlaute der Verfassung nach völlig gleich waren. In Wirklichkeit aber that sich zwischen beiden eine unermeßliche Kluft auf. Die großen Familien, die Magnaten, beherrschten die Geschicke des Landes durch ihren auf ungeheurem Grundbesitz beruhenden Einfluß, bei ihnen lagen alle wichtigen Entscheidungen. „Die Freiheit, Einfluß und Macht gehörten den Herren allein. Der kleine und ärmere Adel diente, kroch und erniedrigte sich“, sagt Kajetan Kozmian. Nur zu natürlich, denn in allen seinen Lebensbedingungen war er von den Magnaten abhängig. Sie gaben ihm Unterkunft auf ihren großen Gütern als Verwalter, Pächter, in ihren Häusern als Offizianten, oder nahmen sie unter ihre Haustruppen auf. Unter ihrem Schutze gelangten sie in staatliche Stellungen in der Verwaltung, beim Heere oder bei der Justiz, deren Mitglieder eines Fachstudiums nicht bedurften. Dafür standen sie ihren Herren für Alles zu Gebote, und die Masse, so wenig der Einzelne zu bedeuten hatte, wirkte durch sich selbst auf den Reichstagen, die ehrgeizigen Absichten der Magnaten selbst gegen das allgemeine Staats-Interesse durchzusetzen.

Die Erziehung der adelichen Jugend, fast durchweg in den Händen der Jesuiten, war ganz dazu angethan, sie in unterwürfigem Gehorsam zu erhalten. Gegenstand des Unterrichts waren fast nur Religion und Latein, nach einer rein äußerlichen Methode vorgetragen. So wuchsen die Elemente heran, welche auf den Reichstagen durch ihre Stimme über das Wohl und Wehe des Vaterlandes zu entscheiden hatten. Welch einen Ausblick eröffnet nicht die Schilderung Szujskis: „Die ganze Fülle von üppiger Kraft, das aufbrausende, stürmische Element, welches in der Natur dieses Adels lag und früher im Kriege und auf den Reichstagen Gelegenheit gehabt hatte, sich auszuzeichnen, wurde jetzt in jubelnden Lustbarkeiten und Saufereien daheim oder auf den Land- und Gerichtstagen vergeudet. Die größten Säufer und Raufbolde wurden berühmt, wie früher Helden des Krieges oder Redner des Reichstags. Man pries riesenhafte Humpen und erzählte sich weit und breit von den Helden, welche sie in einem Zuge austranken. Das ganze Jahr verfloß in dem seligen Genuß unaufhörlich auf einander folgender Festlichkeiten, zu welchen der Adel auf die verschiedensten Veranlassungen, auch bei den häufigen kirchlichen Festen, zusammenkam, wo dann, nach gewissenhafter Theilnahme am Gottesdienst, der heiligen Messe reiche Gastmähler und der Vesperandacht rauschende Trinkgelage und Tänze folgten.“

Recht bezeichnend für die maßlose Überhebung des Adels sind die Forderungen, welche man im April des Jahres 1793 vor den König zu bringen gedachte. Der Kammerherr von Potworowski meint, sie seien meist der Art, dass sie dem Könige kaum vorgelegt werden könnten. Und in der That hätten sie den Siegern nach einem glücklichen Kampfe eher geziemt, als den Angehörigen einer neuen Provinz des preußischen Staates. Man verlangte unter anderem die Beibehaltung aller Vorrechte des Adels, Fixierung der einmal bestimmten Abgaben für ewige Zeiten, eigene Wahl der Landräthe, Besetzung aller öffentlichen Ämter wenigstens zur Hälfte durch Eingeborene, die auf den Landtagen zu wählen seien. Es gelang aber doch den besonneneren Köpfen, das Übergewicht über diese Extremen zu erlangen, und die von der polnischen Deputation im Mai des Jahres dem Könige zu Frankfurt am Main geäußerten Wünsche bewegen sich in einer bedeutend gemäßigteren Richtung.

Sicherlich das traurigste Loos von allen Ständen in Polen war dem Bauern zu Theil geworden. Eigenes Besitzthum hatte er überhaupt nicht, stets mußte er gegenwärtig sin, dass er seiner heimathlichen Scholle beraubt wurde. Kam es doch vor, dass der Grundherr einem fleißigen Arbeiter sein Gut nahm, welches ordentlichen Ertrage brachte, und es an einen schlechten Wirth vergab, während der frühere Besitzer noch froh sein konnte, wenn er irgend ein durch liederliche Wirtschaft heruntergekommenes Gut wieder in die Höhe bringen durfte. Wer sollte da noch den Muth und den Drang haben, durch seiner Hände Mühe dem Boden höhere Erträge abzuringen? Welcher Bauer hatte ein Interesse daran, sein Gut in gehörigem Stand zu halten, für seine Verbesserung zu sorgen, wenn der Grundherr ihn mit einem Worte zum Knechte, seinen Knecht zum Bauern machen konnte?  wenn er ihn verkaufen, vertauschen, verschenken durfte? Zumal auf den Gütern des Adels waren die Bauern ganz rechtlos. Nicht nur, dass die Dienste sowohl wie die Abgaben völlig ungemessene waren, selbst über Leib und Leben schaltete der Herr. Gegen die größten Frevelthaten war der Bauer schutzlos, denn Klagen konnten niemals zu einem guten Ende führen, da nur der Herr seinen  Unterthan vor Gericht vertrat.

Besser standen allerdings die Bauern auf den Königlichen Gütern. Sie waren freilich auch zu Diensten verpflichtet, durften in diesen aber nicht erhöht werden. Auch hatten sie das Recht, gegen den Starosten zu klagen.

Eines gesicherten Besitzes erfreuten sich die Hauländer, welche auf Grund besonderer Privilegien von dem polnischen Adel zur Verbesserung seiner Einkünfte vielfach angesetzt waren. Auch sie hatten ja bestimmte Dienste zu leisten und Abgaben zu zahlen. Aber diese Hauländer, die ihrer Hauptmasse nach von Deutschland herangezogen waren, hätten ihren neuen Besitz nicht angetreten, ehe ihnen nicht ihre Rechte verbrieft und versiegelt gewesen wären. Und es lag im wohlverstandenen Interesse des Adels, diese Rechte zu achten, da der aus ihnen erwachsende Wohlstand ihm selbst durch die steigende Grundrente zu Gute kam.

Abgesehen von diesen Ausnahmen „stand die polnische Bauernschaft als eine träge, stumpfe, durch Trunk und Elend verthierte Masse dem Untergang des Reiches theilnahmslos gegenüber. Von der Änderung konnte sie nur Besserung erwarten, eine schlimmere Stellung war nicht möglich. Aber sie erwarteten nichts; sie, die keine Geschichte bis dahin gehabt, konnten von keiner Zukunft etwas hoffen.“ (Hüppe, Verfassung der Republik Polen, S. 62).

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Sonder-Veröffentlichungen der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen III. Das Jahr 1793 – Posen 1895
Auszug – Zweites Kapitel – Zustand des Landes – Seite 65 ff

Jahresende und – wechsel 2022/2023

geschrieben von Gudrun Tabbert
(GT)
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Frohe Weihnachten und Alles Gute für das Neue Jahr

2022 – 2023

Wesołych Świąt i Szczęśliwego Nowego Roku

 

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 10 Alter Markt – Seide, Dampmann, Friedlaender, Hecke u. A.

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Neutomischel – Alter Markt Haus No. 10

Im Jahr 1836 findet sich in der Gebäudebeschreibung für die Provinzial Feuerversicherung das Haus des Gottfried Seide.

Das 36 Fuß breite, 21 ½ Fuß tiefe und 6 ¾ Fuß hohe Gebäude war durchgehend von Bohlen errichtet und auswendig mit Lehm beworfen, sowie innwendig mit Brettern verschalt. Die Giebel waren mit Brettern verschlagen. Das Dach war ein gewöhnliches Schindeldach gewesen, es hatte einen Erker nach vorn gegeben, welcher rechts und links jeweils eine hölzerne Rinne zum Ablauf des Regenwassers hatte. Die Feuer Esse war aus Holz errichtet und mit Lehm ausgeflochten und der Schornstein massiv gewesen.

Im Innern haben waren die Stuben und Kammern, sie hatten Dielenboden, durch 3 Türen zu 2 Flügeln und 7 einfachen Türen zu erreichen gewesen bzw. getrennt. Licht in das Gebäude kam durch 1 Fenster zu 3 Flügeln, 2 Fenster zu 2 Flügeln und 1 Fenster, welches nur einflügelig gewesen war.

Ein Keller wurde in der Beschreibung nicht erwähnt, jedoch hatte das Häuschen über einen Boden verfügt.

Alle Räumlichkeiten waren über 1nen Kachelofen beheizt worden.

1836 war das Gebäude seit mehreren Jahren nicht mehr repariert worden; bei der Zustandsaufnahme waren die Decken und das Dach als fehlerhaft, das Übrige des Hauses jedoch als gut befunden worden.

Im Hof der Stadtparzelle No. 10 gab es noch einen Stall; 22 x 12 x 6 Fuß in den Abmessungen. Dieser war durchweg von Bohlen, welche mit Brettern verschlagen worden waren, errichtet worden. Er war mit einem Strohdach gedeckt gewesen. Über 2 Türen gelangte man ins Innere, wo sich eine Pferde- und ein Kuhstall für je 2 Tiere befunden hatte.

Für dieses Gebäude war das Dach als schlecht und das Holz im Gebäude für gut befunden worden

Das Alter der Gebäude war mit 45 Jahren notiert worden, d. h., dass das Bau ca. im Jahr 1791 errichtet worden sein müsste. Der 1836 genannte Besitzer Johann Gottfried Schneider, geboren 1784 kann somit nicht der Bauherr gewesen sein.

Das Wohnhaus und der Stall wurden im Jahr 1845 abgetragen.

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Johann Gottfried Seide – Bürger und Schneider zu Neu Tomysl war verehelicht mit Dorothea Elisabeth Kannewischer

Als ihre Kinder waren geboren worden:

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Direkter Blick auf das Gebäude No. 10 (unten roter Backstein, oben weiß verputzt) – AK Sammlung Kraft

Im Jahr 1845 hat der Kaufmann Carl Jonathan Dampmann mit seiner Ehefrau Auguste Caroline Hampel (Hempel) das Grundstück No. 10 gelegen am Alten Markt zu Nowy Tomysl neu bebaut.

Das Hauptgebäude war von Beginn an zweistöckig. Als bebaute Grundfläche galten 38×36 Fuß (ca 127 m2); mit einer Deckenhöhe im Erdgeschoss von 10 Fuß (ca 3,04m) und im 1sten Stock von 11 Fuß (ca. 3,35m). Die Wände waren massiv, die Böden gedielt, lediglich der Hausflur war mit Ziegeln gepflastert, das Gebäude besaß ein Ziegeldach, wobei in der Gebäudebeschreibung auch 3 Fledermausdachfester Erwähnung fanden. Die Feueresse des Gebäudes war von massiver Bauweise.

Im Erdgeschoss befand sich abgehend vom Flur der Kramladen, sowie 3 Stuben und der Zugang zum Keller. Im Obergeschoss waren wiederum über einen Hausflur weitere 4 Stuben und der Bodenraum erreichbar.

Das Gebäude hatte über 3 doppelte Haustüren verfügt, ferner fanden sich 13 einflügelige und 2 zweiflügelige Fenster im Haus, welche alle über 15 vierflügelige Fensterläden verschlossen werden konnten.

Im Haus selbst haben sich 3 Doppeltüren mit Glas, 7 einfache Türen, 5 Kachelöfen zur Beheizung und 1 Kochherd befunden. Der Keller war über 1 doppelte Kellertür zu verschließen gewesen. Die einzelnen Etagen waren über 3 Treppen erreichbar gewesen.

Schon im Jahr 1850 wurde an das südliche Ende des Wohnhauses ein Anbau angefügt. Ein Fachwerkbau mit Mauerziegel, das Ganze unter einem Zinkdach. Im Inneren war 1 Stube und 1 Küche untergebracht und das Ganze war unterkellert.

Der Anbau bildete mit dem Wohnhaus letztlich ein bauliches Ganzes.

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Gebäude No. 10 links / Blick Richtung der ehemaligen Posener Str – AK Ausschnitt

Als weiteres Gebäude wurde im Jahr 1845 eine Warenremise auf dem Grundstück errichtet. 27 ½‘ lang, 21‘ tief, 7 ½‘ hoch (ca 8,38×6,40×2,28m). Die Wände waren massiv erbaut und der Fußboden mit Feldsteinen gepflastert worden; die Remise hatte ein Ziegeldach bekommen. Im Inneren befanden sich 2 Abteilungen und der Raum unter dem Dach.

Im Jahr 1854 waren umfangreiche Ausbaumaßnahmen vorgenommen worden. Das Gebäude war auf 17,5‘ (ca. 5,33m) aufgestockt worden. Im Obergeschoß waren 3 weitere Stuben und 2 weitere Kammern eingerichtet worden.

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1845 war auch ein Stall erbaut worden, 37‘ lang, 12‘ tief, 6 ½‘ hoch (ca 11,27×3,65×1,98m).  In ihm war der Pferde- und der Schweinestall untergebracht worden, sowie auch eine Siedekammer und ein Abteil zur Holzlagerung. Das Gebäude hatte über einen Torweg verfügt.

♦ ♦ ♦

1850 waren ein Kegelstand 26 x 15 ½ x 8 Fuß (ca 7,92×4,72×2,43m) und eine Kegelbahn 100x5x6 Fuß (ca 30,48×1,52×1,82m) freistehend auf dem Grundstück errichtet worden.

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1854 wurde weiterhin vom Anbau aus im Winkel ein Verbindungsgang gestaltet. Ein Flügel war 14×5 Fuß (ca 4,26×1,52m), der Andere hatte die Masse von 13×4 Fuß (ca 3,96×1,21m); die Höhe betrug 7 ½ Fuß (ca. 2,28m), der Gang selbst war mit einem Zinkdach versehen gewesen.Über diesen Gang war der Kegelstand bzw. die Kegelbahn vermutlich „trockenen Fußes“ zu erreichen gewesen.

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1853 folgte dann noch die Errichtung einer Scheune; 23 ½ x 20 ½ x 10 Fuß (ca 7,16×6,24×3,04m). Die Wände waren mit Bohlen erbaut, und das Gebäude hatte ein Ziegeldach gehabt. Über 2 Doppeltore waren 1 Tenne und 1 Bansen zu erreichen gewesen. Das nördliche Ende der Scheune schloss sich an die Kegelbahn an.

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Carl Jonathan Dampmann, Bürger und Kaufmann zu Neu Tomysl war verehelicht mit Auguste Caroline Emilie Hampel (Hempel)

Ihre Kinder waren gewesen:

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Das Königliche Kreis-Gericht; 99. Abtheilung zu Grätz teilte am 22ten November 1870 mit, dass

der Kaufmann Hirsch Friedlaender das zu Neutomysl sub Nro. 10 belegene Grundstück durch Adjudicatoria vom 17. September 1870 in der nothwendigen Subhastation für 4.356 Taler erworben hat.

 ♦  ♦ ♦

[71]

No. 10, links im Vordergrund noch erkennbar – AK Ausschntt

Hirsch Friedlaender fand in unserem Beitrag „Schlechte Erträge mit dem Handel der Hopfenernte des Jahres 1870 – die Hopfenhändler Friedlaender“ schon Erwähnung. Er galt als einer der bedeutendsten Hopfenhändler der Stadt – über welchen sich leider kaum Informationen finden.

Es wird vermutet, dass die Familien Friedlaender Neutomischel im Jahr 1897 verliessen und sich in Berlin niederließen.

In Berlin verstarb im Januar 1904 nach langem schwerem Leiden Hirsch Friedländer, Das Neutomischeler Kreisblatt meldete, dass derselbe der Neutomischeler Synagogengemeinde zu Wohltätigkeitszwecken ein Legat von 5.000 Mark aussetzte.

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 1913/1914 in der Auflistung der Grundstücke mit den jeweiligen Eigentümern aus der Zeit der bevorstehenden Inbetriebnahme des Wasserwerkes findet sich für das Grundstück No. 10 Alter Markt der Schneidermeister Reinhold Hecke.

♦ ♦ ♦

Schneidermeister Reinhold Paul Bruno Hecke, geb. im Okt 1876, Sohn der Eheleute Johann Carl Heinrich Hecke und Albertina Maria Amalie geborene Fenske

ehelichte im Okt 1906 zu Neutomischel

Hermine Lucilie Frieda Tepper, geb März 1887, Tochter der Eheleute Johann Carl Heinrich Tepper und Maria Henriette geborene Fischer

[72]

Ganz links (nicht erkennbar) Lewy, mittig Saegenschnitter und rechts Hecke – Bild Sammlung Kraft

* * * * * * * * *

[73]

Anzeige vom 07. Januar 1902 – Adolf Saegenschnitter ließ sich als Tischler in Neutomischel nieder – Meldung Neutomischeler Kreisblatt 07. Jan 1902

Ein weiterer Bewohner des Hauses waren der Tischlermeister Adolf Saegenschnitter, geb im Juni 1869, Sohn der Eheleute Johann Christian Saegenschnitter und Rosina Dorothea Wilhelmine geb Jachmann

welcher im März 1901 zu Neutomischel die Ehe mit

Emma Maria Ida Hecke, geb im Februar 1879 geschlossen hatte. Sie war eine Schwester des vorgenannten Schneidermeister Reinhold Paul Bruno Hecke.

* * * * * * * * *

[74]

Sal. Lewy Schriftzug erkennbar – AK Ausschnittsvergrößerung

Ebenfalls war der Kaufmann Sal. Lewy im Haus wohnhaft. Bei ihm handelte es sich vermutlich um Salomon Siegismund Lewy, sei 1879 verheiratet gewesen mit Johanna geborene Wittkowsky.

Dieses Paar ist ca 1912 von Neutomischel nach Berlin verzogen

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Bomst – Geschichte der evangelischen Parochien

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Albert Werner – früher Pastor in Tremessen, überarbeitet von Johannes Steffani / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Bez kategorii,Bomst / Babimost,Genealogie,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[75]

Seit 1945 ist die Kirche geschlossen / Bild IwS

Bomst – Diöcese Karge

Seit wann und in welcher Weise die schon in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts ziemlich zahlreichen evangelischen Einwohner der Stadt Bomst (Diöcese Karge) gemeinsame Religionsübungen gehalten haben., lässt sich nicht mehr ermitteln.

Zu einer selbstständigen Gemeinde vereinigten sie sich, als der Starost von Bomst, Christoph Zegorki im Jahre 1652 den dortigen Bekennern augsburgischer Konfession ein Privilegium zur Erbauung eines Bethauses erteilte.

* * *

Viele Jahre behalf sich die Gemeinde unter mancherlei Bedrückungen mit diesem damals erbauten und 1781 mit einem großen Teile der Stadt eingeäscherten Bethause, in dessen unterem Stockwerk zugleich die Prediger- und Kantorwohnung sich befand.

[76]

Der einst stattliche Kirchenbau / AK Ausschnitt

Als Prinz Carl Ernst Biron von Curland in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts Inhaber der Bomster Starostei geworden war, erließ er nicht nur der Gemeinde das an die Starostei bis dahin gezahlte Schutzgeld von 60 Dukaten, sondern es gelang dieser auch unter Beihülfe desselben einen Kirchenplatz zu erwerben, auf welchem am 11. April 1782 der Grundstein zu einer Kirche gelegt wurde, deren Einweihung am 28. Januar 1789 erfolgte.

Nach mündlicher Überlieferung soll hierzu der russische General Tottleben, der in dem Bomster Schlosse eine Zeitlang krank darniederlag, der Gemeinde eine sehr bedeutende Geldsumme durch den Prinzen von Curland haben zukommen lassen.

Zwar machte der nachfolgende Starost Graf Peter von Potocki wiederum Anspruch auf das übliche Schutzgeld; er musste aber in Folge eines Befehls des Königs Stanislaw August vom Jahr 1785 davon absehen.

Zu südpreußischer Zeit erhielt diese starosteilichen Güter der General von Köckeritz zum Geschenk, welcher sie an den Ritterschaftsrat von Unruh verkaufte.

Die Kirche ist bis jetzt (1898) erhalten, in den Jahren 1828 und 1829 wurde sie im Innern neu ausgebaut, wozu König Friedrich Wilhelm III. ein Geschenk von 3.600 Mk. gewährte; außerdem schenkte derselbe 1.500 Mark zur Tilgung einer Schuldenlast, in welche die Gemeinde geraten war.

[77]

Die einstige Schönheit der Architektur ist noch erkennbar / Bild IwS

Am 12. April 1852 beging sie in feierlicher Weise ihr 200jähriges Jubelfest.

Im Jahre 1891 wurde die Kirche unter Verwendung eines Allerhöchsten Gnadengeschenkes von 6.500 Mark mit einem Kostenaufwande von 12.000 Mk. renoviert und am 11. Dezember 1891 durch den General-Superintendenten D. Hesekiel eingeweiht.

Ihre Majestät die Kaiserin hatte zu dieser Feier ein Altarbild zu schenken geruht.

Zum Kirchenspiel gehören außer der Stadt Bomst die Ortschaften: Schloß- und Bergvorwerk Bomst, Groß- und Klein-Posemukel, Bellwitz, Alt- und Neu Kramzig, Groß- und Klein-Groitzig, Koebnitz, Woyciechowo, Godziszewo als definitiv eingepfarrte, Neudorf Gut und Gemeinde, Vorwerk Dombrowo als Gastgemeinden. Die Gesamtzahl der Parochianen beträgt 1.439.

Die Pfarrer waren:

  1. Christoph Albinus oder Weiß, vorher Pfarrer in Kranz, war 1652 hierher berufen, verließ aber sein Amt wegen großer Verfolgungen während des Krieges bald wieder, war später Pfarrer in Chlastawe
  2. Tobias Schubert, verwaltete die Pfarrstelle nur kurze Zeit
  3. Christoph Rumpel, aus Züllichau, 1665 berufen, starb 1673
  4. Michael Gerbau, aus Züllichau, 1673 berufen, musste 1688 wegen Misshelligkeiten mit der Gemeinde die Stelle verlassen
  5. Martin Lindner, aus der Mark, übernahm schon nach einjähriger Amtsführung eine andere Pfarre

    [78]

    Diesen Eingang nutzt schon lange niemand mehr / Bild IwS

  6. Samuel Knospe, aus Schwerin a. W., 1691 berufen. Mancherlei Bedrückungen machten ihn so verzagt, dass er 1722 das Pfarramt heimlich verließ, und sich bei Züllichau ein kleines Gut kaufte, wo er 1729 starb
  7. Johann Heinrich Hillebrand, 1722 berufen, wurde 1725 Diakonus in Meseritz
  8. David Reckzeh, 1696 auf einem Dorfe bei Sagau geboren, war Rektor in Meseritz und trat 1725 das hiesige Pfarramt an, das er bis zu seinem Tode, der 1769 erfolgte, mit großer Treue verwaltete. Er hinterließ ein Manuskript einer Geschichte der hiesigen Pfarre
  9. Gottlieb Riedel, aus Birnbaum, war Diakonus in Karge und wurde nach kurzer Amtsführung 1763 Pfarrer in Schmiegel
  10. Ephraim Gottlob Hofmann, aus Schmiegel, 1763 berufen, wurde nach segensreicher Wirksamkeit hierselbst 1778 Oberprediger in Lemberg in Galizien. Er befand sich 1775 auf der Generalsynode zu Lissa mit dem Auftrage, die Reformierten zur Teilnahme an der Synode aufzufordern
  11. Caspar Wilhelm Hofmann, des vorigen Bruder, trat 1778 sein Amt an. Er erwarb sich um Kirche und Gemeinde große Verdienste und starb, nachdem er seit 1806 Senior gewesen, im Jahre 1808

    [79]

    Die Wetterfahne gibt es noch, die Kirchturmuhr nicht mehr / Bild IwS

  12. Daniel Gottfried Eck, war Lehrer in Alt-Jastrembski (Friedenhorst), wurde 1809 hierher berufen. Streitigkeiten mit der Gemeinde, in welche seine heftige Gemütsart ihn verwickelt, veranlasste das Ministerium der geistlichen Angelegenheiten, 1828 seine Amtsentsetzung auszusprechen. Er starb im Jahre 1833 in Bentschen, 73 Jahre alt.
  13. Gustav Eduard Ferdinand Elsner, geboren 5. Dezember 1799 zu Berlin, ein Sohn des dortigen böhmischen Predigers an der Bethlehems Kirche B. D. Elsner, wurde in Folge der Empfehlung des Besitzers der Herrschaft Bomst, Rittmeister von Unruh, welcher der Gemeinde bei ihren Wahlstreitigkeiten zu Hülfe kam, hierher berufen und am 4. Juli 1830 in sein Amt eingeführt. Er war ein strenggläubiger Seelsorger und wirkte mit großem Segen. Bald nach seiner Emeritierung starb er am 3. November 1874 zu Gnesen. Er hat einige Predigten, Reden und Berichte, in Zeitschriften veröffentlicht
  14. Heinrich Schiersand, vorher Hülfsprediger in Tirschtiegel, wurde 1874 Pfarrverweser und 1876 Pfarrer

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Quelle: Geschichte der evangelischen Parochieen in der Provinz Posen, verfasst von Albert Werner – früher Pastor in Tremessen, überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonus an der St. Petrikirche zu Posen – Druck 1898

Glasmacher und Andere der Glashütte Wioske/Wioska

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Glasmacher,Personen, Familien,Wiosker Hauland | Kommentare sind deaktiviert

[80]Im 18. Jahrhundert gehörten die Areale von Jablone und Wioska den Brüdern Mielecki, welche den gesamten Besitz – Hammer, Wioska und Jablone geerbt hatten

Als späterer Besitzer gilt Wigand Adolf Baron von Gersdorf (1799-1855)

Dessen Nachkommen veräußerten dann das annähernd 5.500 Hektar große Anwesen, nachdem sie dieses zuerst weiterbewirtschaftet hatten,  im Jahr 1871 an Grafen Oskar von Schlieffen, einem Major der preußischen Armee.

Die Glashütte Wioske soll eine „kleine“ Glashütte mit 23 Glasmachern gewesen sein, wir haben einige der Beschäftigten gefunden, ob es Alle sind ?, über Ergänzungen durch unsere Leser würden wir uns freuen

* * *

Friedrich Bentling, Glasmacher zu Wioska und seine Ehefrau Auguste geborene Lubitz wurden 1854 bei der Geburt ihrer Tochter Auguste Henriette Louise genannt

Carl Ludwig Ferdinand Bentling, Glasfabrikant zu Wioska und Caroline Wilhelmine Haamann schliessen 1844 zu Rakwitz die Ehe

Das Ehepaar Friedrich Blum (auch Bluhm), Glasmacher zu Wioska und Auguste geborene Rösler finden sich als Eltern der 1854 geborenen Tochter Milda Emilie Ottilie

Die Kinder des Johann August Gottlieb Brauer, Glasfabrikant und Gastwirth zu Wioska und der Wilhelmine geborene Springborn werden in den Jahren 1846 und 1850 geboren; sein Bruder war der nachstehende Friedrich Brauer

Friedrich Brauer, Bruder des Johann August Gottlieb Brauer, war ebenfalls Glasmacher zu Wioska, mit Juliana geborene Rösler war er seit 1832 verehelich, drei ihrer Kinder wurden in den Jahren 1844-1849 zu Wiosker Glashütte geboren

Wilhelm Erzleben (auch Erxleben), Glasmacher, Sohn eines Schiffers aus Ucz hatte im Jahr 1850 Johanna Wilhelmine Henriette Schlichting geheiratet, ihre Kinder wurden in den Jahren 1851, 1852 und 1853 zu Wioske geboren

Der Glasmacher Carl Ludwig Gondlach (auch Gundlach) und seine Ehefrau Christina geborene Blum (Bluhm) lebten in den Jahren 1852 bis 1855 auf der Glashütte zu Wioska

Carl Haamann, Glasmacher zu Wioske Glashütte und seine Ehefrau Wilhelmine geboren Nike lebten in den Jahren 1844-1854 im Ort; Kinder des Paares finden sich später von Lübeck kommend in Osternburg/Niedersachsen

Bei den Glasmacherfamilien Haamann, verlor sich im Laufe der Jahre das zweite „a“, die jüngeren Generationen schrieben sich nur noch als Hamann

Wilhelm Haamann, Schmelzmeister zu Wiosker Glashütte, vermutlich ein Bruder des Vorgenannten heiratete 1849 die Johanna Caroline Henriette Kunkel geb ca 1823, Tochter des Werkmeisters Wilhelm Kunkel zu Steinbusches Glashütte (Privathütte am Ufer der Drage), das Paar war im Jahr 1851 noch vor Ort, wanderten dann aber Richtung Hamburg, und zumindest ein Sohn später dann nach Berlin

Friedrich Wilhelm Halwass, Glasmacher u Fabrikant, verehelicht mit Helene Auguste geborene Schröder lebte in den Jahren 1845-1849 auf der Glashütte zu Wioske

Der als Glasmacher/-Fabrikant genannte Ferdinand Hannemann war mit Johanna Caroline geborene Blum (Bluhm) verehelicht, ihr Aufenthalt zu Wioske Glasfabrikant ist zumindest für die Jahre 1846-1851 in den einsehbaren Unterlagen notiert worden, ehe die Familie nach Lübeck weiterzog

Carl Friedrich Kempin, Schmelzmeister zu Wiosker Glashütte, er war verheiratet mit Wilhelmina Haamann, ihre Kinder wurden in den Jahren 1845-1854 zu Wioske Glashütte geboren, die Familie soll nach Gerretsried gezogen sein, wie es in einem Toteneintrag eines Sohnes in Boxhagen heißt

Heinrich Hermann Eduard Kunkel, Glasmacher/-Fabrikant, geb. ca. 1826, war der Bruder der Johanna Caroline Henriette Kunkel verehelichte Wilhelm Haamann. Er ist im Jahr 1850 zu Jablone die Ehe mit Johanna Eleonore Reimann, geb. ca. 1825 eingegangen. Ihre Kinder waren in den Jahren 1850-1855 geboren worden. Die Familie findet sich in den Jahren 1862 und 1865 in Waitze

Friedrich Lippert verdiente den Lebensunterhalt als Glasmacher zu Wioske, er war verheiratet gewesen mit Carolina Gondlach (auch Gundlach), ihre Kinder waren in den Jahren 1846-1851 geboren worden, die Familie findet sich 1862 in der Lübecker Volkszählung

Alexander Müller, der Glashütteninspektor zu Wioske war mit Louise geb Stylow verheiratet gewesen, ihre Kinder waren in den Jahren 1845-1850 geboren worden. Von Wioske ging es vermutlich direkt nach Bomst. Einige ihrer Kinder wohnten dann später zu Berlin

Carl Ludwig Nike, Tafel-Glasmacher zu Wioske hatte im Jahr 1849 in Jablone die Ehe mit Charlotte Henriette Friederike Springborn geschlossen, bis ins Jahr 1855 wurden Kinder in dieser Familie zu Wioske geboren, Carl Ludwig Nike hatte bei der Eheschließung angegeben, dass sein gleichnamiger Vater ebenfalls Glasmacher zu Wioske gewesen sein, der Vater seiner Ehefrau war auf der Glasfabrik bei Hammerstein tätig.

Carl Rösler war Glasfabrikant zu Wiosker Glashütte. Er war verheiratet gewesen mit Caroline geborene Rösler. Ihre Kinder wurden in den Jahren 1850-1855 geboren, nach derzeitigem Wissensstand zog die Familie nach Gottesberg in Schlesien

Gotthilf Leopold Rösler war im Jahr 1848 der Werkmeister zur Glashütte Wioske, er war verheiratet gewesen mit Ernestine geborene Nike

Die Kinder der Eheleute Friedrich Schwoerk, Glasmacher/-Glasfabrikant zu Wioske und seiner Ehefrau Wilhelmine geborene Brauer wurden in den Jahren 1842-1852 geboren

Johann Spiller, Glasfabrikant und Johanna Sophie Lotsen (Lotze) sind zu Wiosker Glashütte in den Jahren 1845 und 1852 genannt

Beide Familien Tefke,

zum einen die des Carl Tefke, Glasmacher und seiner Ehefrau Johanna Louise geborene Kempe sowie

zum anderen die des Ferdinand Tefke, Glasmacher und seiner Ehefrau Amalie Ottilie geborene Lippert

waren in den Jahren 1844-1851 in Wiosker Glashütte tätig und zogen über Dänemark nach Schweden, ihre Nachfahren sind bis nach Finnland zu finden

Friedrich Witt, Glasmacher verstirbt im Jahr 1852 im Alter von 40 Jahren zu Wiosker Glashütte, seine Eltern waren ein Glasmacher Carl Witt und dessen Ehefrau Friederike geborene Schiller

Der Glasmacher Heinrich Wolf und seine Ehefrau Louise geborene Munke waren aus Waitze kommend, in den Jahren 1846 und 1852 in Wiosker Glashütte ansässig

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); www.ancestry.de 

Ein vom Schwurgericht unschuldig Verurtheilter – Daniel Lehmann 1858/1861- Zeitungsmeldung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Boruy,Genealogie,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert

[81]„Am 7. Februar (1861) kam die Untersuchungssache wider den Wirthschafter Daniel Lehmann aus Neu-Boruy, welcher durch Urtheil des Schwurgerichts in Meseritz (in Preußen) vom 7. Juli 1858 wegen Raubes auf öffentlicher Straße unschuldig zu 10 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden, zur nochmaligen Verhandlung.

Die frühere Verurtheilung gründete sich hauptsächlich auf die bestimmte Rekognition seitens des angeblich beraubten Wirthsohnes August Deutschmann aus Wiosker Hauland.

Während Lehmann im Zuchthause saß, war seine Ehefrau eifrig bemüht gewesen, Beweise seiner Unschuld aufzusuchen.

Ihre Bemühungen hatten den Erfolg, daß Lehmann, der die angetragene Begnadigung abgelehnt hatte, einstweilen aus dem Zuchthause entlassen, gegen Deutschmann aber die Untersuchung wegen fahrlässigen Meineides eingeleitet und derselbe zu 6 Monaten Gefängnis verurtheilt wurde.

Die Verhandlung am 7. Februar stellte die Unschuld des Lehmann vollständig heraus. Deutschmann hatte ihn verkannt und mit einem Taglöhner Bläschke aus Neu-Boruy verwechselt. Dieser war nämlich in Begleitung von drei Frauen mit Deutschmann an demselben Orte und zu derselben Zeit, wo Lehmann den Letzteren um 10 Sgr. beraubt haben sollte, zusammengetroffen, hatte eine gleiche Mütze wie Lehmann, dem er auch an Gestalt ähnlich ist, aufgehabt und den ziemlichen angetrunkenen Deutschmann wegen seines ungebührlichen Betragens gegen die drei Frauen gemißhandelt.

Die 10 Sgr. mochte Deutschmann vertrunken oder verloren haben, wenigstens hatten die Frauen nichts von der Beraubung gesehen. Die letzteren, durch Bläschke bestochen, hatten von diesem Vorfalle geschwiegen und erst nach der Verurtheilung des Lehmann geplaudert, daß derselbe unschuldig sitze.

Auf diese Weise hatte dessen Ehefrau von diesen Beweisen Kenntniß erhalten.

Seit dem 12-jährigem Bestehen des hiesigen Schwurgerichts ist dieß der erste Fall des sogenannten Restitutions-Verfahrens, indem ein Verurtheilter seine Unschuld darzuthun suchte.

Der Staatsanwalt selbst hob das Beklagenswerthe in der Nothwendigkeit und zugleich das Erfreuliche in der Möglichkeit einer solchen Verhandlung hervor und forderte am Schlusse seines Vortrages die Geschworenen auf, durch einstimmige Freisprechnung dem Angeklagten eine Genugthuung zu gewähren. Diesem Antrag gemäß wurde von den Geschworenen erkannt.“

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Quelle: Augsburger Tagblatt, Freitag 08. März 1861

Glasmacher und Andere der Glashütte Lomnitz / Lomnica

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Glasmacher,Lomnica (Zbaszyn),Lomnitz,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[82]

Lomnitz Glashütte / Ausschnitt Messtischblatt 3661

Über die Familien Zbaski, Ciswicki, Garczynski, dem Graf Pourtale-Gorgiel, dem Grafen Julian von Lippe-Biesterfeld, sowie über Wiktor Bornikowski soll Lomnitz mit der Glashütte Lomnitz nach dem Verkauf durch die Witwe des Letzteren in den Besitz der Familie Opitz gelangt sein.

Überliefert ist, dass Hermann Julius Moebius ca. 1862 die Glashütte pachtete, seine Familie blieb bis ca. 1865 im Ort, sein Nachfolger und zugleich auch der letzte Pächter war dann Albert Friedrich Stosch.

Aus einem Artikel im Neutomischeler Kreisblatt vom 26. November 1897 war dann zu entnehmen, dass die Schließung zu Jahresbeginn 1898 erfolgen würde. Der Pachtvertrag hatte vorgesehen, dass der Verpächter das Holz zum Betrieb der Glashütte kostenlos zur Verfügung hat stellen müssen, der Holzpreis war allerdings im Laufe der Jahre stark angestiegen, sodass die Weiterverpachtung und damit der Weiterbetrieb der Glashütte nicht mehr als lukrativ angesehen und ihr Betrieb eingestellt wurde.

[83]

Blick in die ehemalige Ansiedlung der Glashütte / Bild GT

Annähernd 100 Arbeiter sollen Ihren Arbeitsplatz verloren haben und abgewandert sein.

Wir haben einige der Beschäftigten der Glashütte gefunden, jedoch sind es nur wenige; über Ergänzungen durch unsere Leser würden wir uns freuen

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Johann Baldermann und Ehefrau Maria geb. Wandrae – 1854 wurde zur Glashütte Lomnitz der Sohn Robert Franz geboren

Joseph Baldermann und Ehefrau Sophia geb. Baldermann – heirateten 1854 zu Bentschen und Ihre Kinder Pauline (1854), Anna Maria (1856), August (1858) und Carl (1860) wurden in Lomnitz geboren, die Familie siedelte vermutlich in den Jahren 1861-1864 nach Penzig Kreis Görlitz über

Eduard Bitter, Glasmacher zu Lomnitzer Glashütte, und seine Frau Julia geb. Springboden (vermutlich Springborn) sind die Eltern ihres 1867 totgeborenen Kindes, bei einem später geborenen Sohn wurde Windau als dessen Geburtsort genannt

Johann Wilhelm Bock (*ca. 1861) Glasmacher zu Lomnitz ehelichte 1886 Anna Lerch (*1867)

Heinrich Denkert, Glasmacher oder auch Glasfabrikant und seine Ehefrau Henrietta geborene Strecker, lebten anhand der Geburtsdaten ihrer Kinder in den Jahren 1843-1851 auf der Lomnitzer Glashütte

George Dohnke, ein Dienstknecht zu Lomnitz Glashütte und seine Ehefrau Anna Rosina geborene Schmeiss waren in Lomnitz Glashütte ansässig; ihr Sohn

George Dohnke, geboren ca. 1806 und verstorben 1861 war wiederum als Dienstknecht auf der Glashütte tätig, es wird vermutet, dass Johanna Eleonora geborene Hoffmann, geb. ca. 1821 und verstorben 1861, zu Glashütte seine Ehefrau gewesen ist

Rosalie Dohnke war zu Lomnitzer Glashütte ansässig, ihr Sohn Albert wurde 1863 geboren und verstarb im Folgejahr 1864, ob sie einer oben genannten Dohnke Familien zugehörig ist, ist nicht bekannt

Der mit Vornamen nicht bekannte Glasmacher Ebert und seine Ehefrau Johanna Fritz (ca. 1784-1870) waren die Eltern des ca. 1821 geborenen

Johann Carl Ebert, welcher als Schmied aus Ober-Tepperbuden nach Lomnitzer Glashütte gelangte. Er ehelichte 1845 in Karge die Henriette geborene Mittelstädt, geb. ca. 1822 und gebürtig aus Kolzig, ihr Sohn Johann Carl Hermann Ebert verstarb 1870, ledig, zu Lomnitzer Glashütte

Hermann Einwald. tätig als Glashütteninspektor und seine Ehefrau Friederike geborene Erzleben waren wenigstens in den Jahren 1863-1871 zu Lomnitz Glashütte ansässig, um 1871 finden sie in Berlin Erwähnung

Ob August Eduard Fechner, geb. ca. 1829 als Schäfersohn und seine Ehefrau Anna Dorothea geborene Brodach gebürtig aus Klein Narodznik, sie hatten 1853 geheiratet, wirklich auf der Glashütte tätig gewesen waren ist nicht eindeutig, sie wurden jedoch als Einwohner zu Lomnitz Glashütte erwähnt

Adolph Fischer, mal Kaufmann, mal Glasfabrikant zu Lomnitz Glashütte und seine Ehefrau Augusta geborene Klingsporn fanden 1843 und 1871 Erwähnung

Der Schürer zu Lomnitz Glashütte Christian Fischer, geb. ca. 1817 ehelichte als Witwer im Jahr 1849 die Caroline Sophie Elisabeth geborene Kapping, geb. ca. 1821, Kinder kamen in den Jahren 1850 und 1852 zur Welt

Der Privatoberförster der Lomnitzer Glashütte Johann Oswald Gustav Frenzel, gebürtig aus Schlesien heiratete als Witwer Friederike Wilhelmine geborene Wandel, geb. 1850 verst. 1896 zu Lomnitz, er selbst verstarb 1905 zu Lomnitz

Der Glasfabrikant Carl George, der Familienname könnte auch Georgi gelautet haben, geb. ca. 1821, schloss 1849 die Ehe mit Julia Schild, verwitwete Ehrmann, geb. ca. 1822, sein gleichnamiger Vater Carl George bzw. Georgi bereits verstorben

1874 verstarb zu Lomnitz Bertha Grabein, geb. 1873, Tochter der Eheleute Ernst Grabein einem Glasmacher und seiner Ehefrau Clara geborene Mittelstädt, Spuren dieser Familie führen nach Heid(e)mühle bei Spremberg oder auch nach Dresden

Greiner war einer der Namen, welcher für die „alten ganz großen“ Glasmacherfamilien steht. Auch zu Lomnitzer Glashütte waren Angehörige dieses Namens tätig: Eduard Greiner und seine Ehefrau Rosalie geborene Bischoff waren, soweit es zu ermitteln war, über Leobschütz nach Lomnitz gelangt und dort vermutlich zumindest bis ins Jahr 1876 (letztes ermitteltes Heiratsdatum eines ihrer Kinder) ansässig gewesen. Später finden sich Familienangehörige im Raum Penzig und Rauscha wieder

Weiter lebten Hartwig August Greiner und seine Ehefrau Ernestine Johanna geborene Schmidt zur Glashütte Lomnic. Ihre Kinder zeigen mit ihren Geburtsorten den Weg dieser Glasmacherfamilie auf –um 1863-1865 zu Charlottenburg, um 1866 zu Schlegel Kreis Neurode, 1868-1873 zu Penzig ehe 1874 Lomnitz genannt wurde, hier findet sich eine letzte Erwähnung für das Jahr 1878, ehe 1880 Burxdorf Kreis Liebenwerda erwähnt wurde, um dann in Rauscha Kreis Görlitz zu enden

Der letzte der Greiner, welcher sich nach den ausgewerteten Unterlagen in Lomnitz aufhielt war Heinrich Carl Franz Greiner mit seiner Ehefrau Johanna geborene Fillinger, sie gelangten über Neukrug Kreis Schlochau vermutlich 1870 nach Lomnitz. Später finden sich Hinweise für Familienangehörige zu Halle und wiederum zu Penzig.

Alwina Hallwass gebar 1870 zu Lomnitz Glashütte ein totgeborenes Kind

Der Glasmacher Franz Adam Hiller und seine Ehefrau Ernestine geb. Stumpe haben sich ca. 1853 zu Lomnitz Glashütte aufgehalten. Vermutlich ist Franz Hiller über Ilmenau bei Namslau und seine Frau, gebürtig aus Cunnersdorf im Kreis Hirschberg über Waitze im Kreis Birnbaum zugezogen. Als ein späterer Aufenthaltsort fand Lübeck Erwähnung.

Auch die Familien Namens Hirsch zählten zu den „großen“ Glasmacher Dynastien. Ob der Florian Christian Hirsch zu ihnen zählte, wir wissen es nicht. Er wurde als Sohn des Michael Hirsch zu Glasfabrik Friedrichsthal im Jahr 1807 geboren, die Ehe mit Friederike geborene Gabler schloss er 1830 zu Klettwitz. Als Geburtsorte ihrer Kinder wurden Friedrichsthal und Himmelpfort im Kreis Templin genannt. Um 1846 ist die Familie dann in Lomnitz erwähnt. Friederike Hirsch geborene Gabler verstarb 1849, Florian Christian Hirsch 1851, beide zu Lomnitz Glashütte. Einer ihrer Söhne verstarb viele Jahre später zu Rauscha

In den Jahren 1860 und 1861 waren der Tischler Friedrich Wilhelm Hoffmann und seine Ehefrau Rosina Dorothea geborene Buchwald zu Lomnitz Glashütte ansässig

1862 verstarb Maria Elisabeth Koch geborene Laube, Ehefrau des Glasmachers Gottfried Koch

Theodor Kunkel, Glasmacher zu Lomnitz Glashütte, geboren ca. 1836, sein Vater Christian Kunkel war Glasmacher zu Wilze bei Karge, ehelichte 1862 Wilhelmine Juliane geborene Lüdke aus Zinskowo

Als Tagelöhner war Carl Heinrich Kutzer auf der Glashütte Lomnitz tätig. Seine Ehefrau war Henriette geborene Braun, erwähnt wurde das Paar um das Jahr 1850 herum; später wird Carl Heinrich Kutzer als Glasschmelzer zu Klitschdorf erwähnt, aber auch wieder zu Penzig

1853 ehelichte der Hütteninspektor der Lomnitzer Glashütte Friedrich Ernst Lehmann, geb. ca. 1820, die aus Bentschen gebürtige Augusta Julia Maria Christina Brix, geb. ca. 1833

Auf der Glashütte war als Tagelöhner der Wilhelm Friedrich Lindner tätig, er war verehelicht mit Antonia Woschke. Ihre Söhne Carl Lindner, geb. ca. 1842, ebenso wie Johann Paul Lindner, geb. 1851, fanden sich als Glasmacher zu Lomnic Glashütte

Der Glasmacher Rudolph Meissner verstarb vermutlich vor 1888 zu Lomnitz Glashütte. Seine Witwe Anna geborene Kieslinger wird später zu Penzig oder auch zu Senftenberg erwähnt

Der Leutnant Richard Mittelstädt, geb. ca. 1821 und verehelicht mit Emilie Wagner hielt sich vermutlich in den Jahren 1849 – 1852 zu Lomnic Glashütte auf, in welcher Eigenschaft, konnte noch nicht ermittelt werden

Hermann Julius Moebius, geb. ca. 1827, ehelichte 1862 Anna Emilie Dorothea Auguste geborene Wende, vermutlich war er bis 1865 der Pächter der Glashütte Lomnitz

Der Tischlermeister und Gastwirt zu Lomnitz Glashütte war Vincent Mokronski mit seiner Ehefrau Romualda Wierzejewska, zeitlich belegt ist die Anwesenheit von 1866-1873

Um das Jahr 1870 sind August Oelmann, Glasmacher und seine Ehefrau Agnes Star in Lomnitz Glashütte aus dem Raum Schildberg angekommen, Töchter des Paares lebten später in Hamburg

Ehe die Familie Martin Pohl und seine Ehefrau Friederika geborene Albert nach Politzig übersiedelten, waren sie Eigentümer zu Lomnic Glashütte und betrieben dort eine Gastwirtschaft

Anna Rückl gab bei ihrer Eheschließung 1897 an, dass ihr Vater Joseph Rückl, als Glasschleifermeister mit ihrer Mutter Anna geb. Vogel zu Lomnitz Glashütte ansässig gewesen sei

Der Glasmacher Franz Schäfer und seine Ehefrau Emilie geborene Hamann waren vermutlich in den Jahren 1866-1874 in Lomnitz Glashütte wohnhaft. Töchter des Paares heirateten wiederum in die Glasmacherfamilien Linder und Greiner ein.

Albert Friedrich Stosch, Glasfabrikant und Pächter der Glashütte zu Lomnitz, seine Ehefrau Hedwig Charlotte Catharina geborene Ernst verstarb 1884 zu Lomnitz Glashütte, müssten ab ca. 1865 zu Glashütte Lomnitz ansässig geworden sein

Wann Carl Strecker und seine Ehefrau Johanna geborene Schlichting in Lomnitz Glashütte ankamen ist nicht bekannt; Johanna verstarb im August 1862, ihr Sohn

Carl Strecker verheiratete sich 1861 mit Paulina geborene Greiner, dieses Paar verließ vermutlich 1862/1863 die Glashütte in Richtung Hoyerswerda

Philippina Strecker geb. ca. 1788 verstarb 1869 zu Glashütte Lomnitz, ihre Tochter

Ernestina Strecker wurde ebenfalls als Einwohnerin zu Lomnic Glashütte in den Jahren 1862-1866 erwähnt, ehe sie die Ehe mit Gustav Kassiski, einem Sattler, einging

1872 wurde das Ehepaar Ludwig Strecker, Glasmacher zu Lomnitz Glashütte und Hulda geborene Hirsch erwähnt

Eltern der Auguste Eugenie Anna Schumann geb. 1872 gest. 1873 waren der Glasmacher Oswald Schumann und seine Frau Auguste geborene Werner

Die Kinder der Eheleute Carl Ferdinand Tietz und Christina Hoffmann, er war als Glaser und Schmelzer auf der Glashütte tätig gewesen, wurden in den Jahren 1839-1850 geboren, der Sohn

Carl Moritz Tietz, ebenfalls Glasmacher und seine Ehefrau Emilie Schulz, wurden noch 1854 bei der Geburt ihres Sohnes Carl Robert erwähnt

Der Schirrmeister zu Lomnitz Glashütte Carl August Weber und seine Frau Johanna Christine Ernestine geb. Lenz waren zumindest in den Jahren 1850-1852 auf der Glashütte Lomnitz ansässig. Eine Tochter des Paares findet sich annähernd 60 Jahre später in Bergedorf bei Hamburg

August Wenzel, wiederum Glasmacher, und seine Frau Anna Auguste, deren Zuname nicht genannt wurde, waren die Eltern der 1851 zu Lomnitz Glashütte geborenen Hulda Wenzel

August Weber, Glasfabrikant war 1846 auf der Glashütte zu Lomnitz ansässig

Thomas Wolny (*1870), Glasmacher zu Lomnitz, geboren zu Weidenvorwerk ehelichte 1897 die verwitwete Anna Bock geborene Lerch (*1867)

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); www.ancestry.de 

Bentschen / Zbąszyń unter preußischer Herrschaft – 1793

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Otto Jonas 1909 / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[84]Otto Jonas verfasste in seinem Buch die unterschiedlichsten Aspekte der Geschichte Bentschen’s, in diesem hier wiedergegebenen Ausschnitt geht es um die Regulierung der Ablösung der alten Gerechtsamen nach langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen:

„Durch die zweite Teilung Polens kamen Stadt und Herrschaft Bentschen im Jahre 1793 unter preußische Herrschaft.

Die Stadt hatte damals 1.050 Einwohner, darunter 146 Juden. Noch immer war die Tuchmacherei die Hauptbeschäftigung der Bürgerschaft geblieben. Man rechnet, dass in Bentschen jährlich für mehr 2.600 Taler Tuche gewebt wurden. Der Grundherr, Eduard Garczynski, legte eine Zeugmanufaktur an, in welcher 30 Webestühle beschäftigt wurden.

Die Arbeiter und Weber siedelten sich in der heutigen Webergasse und am Kirchplatz an, mit der evangelischen Kirche die Gemeinde Neuhäuser bildend.

Das Fabrikgebäude (jetzt Wohnhaus des Lokomobilenbesitzers Reinhold Franke) mit dem dazu gehörigen Garten, dem gegenüber gelegenen Gebäude – die Officin (ist nicht mehr vorhanden) genannt -, der bis zum Probsteigrundstück reichenden und der jenseits des Dammes gelegenen Wiese wurde von Garczynski im Jahre 1826 an den Kapitän von Sawicki für 1.900 Taler verkauft.

Die Herrschaft Bentschen ging im Jahr 1797 in den Besitz des polnischen Rittmeisters Stefan von Garczynski für 1.060.000 polnische Gulden oder 176.666 Reichstaler über. Zur Herrschaft Bentschen gehörten:

Nach dem unterm 27. und 28. September 1820 abgeschlossenen Erbrezess nach Stephan von Garczynski wurde die Herrschaft Bentschen aufgeteilt und es erhielt

* * *

Kammerherr Thaddäus von Garczynski: Stadt und Schloss Bentschen, Gr. Dammer, Schrompe, Bohlener Hauland, Pierschin, Neudorf, Nandel, Stefanowo und Stefanowo Hauland, Jastrzemski, einen Teil von Brandorf, den zu Rajewo gehörigen Wald nebst Erlenbusch und die Gemeinde Neuhäuser;

* * *

Victor von Bronikowski und Alexandra, geborene von Garczynski: Grubsker- und Kuniker Hauland, Vorwerk Ewandowo, Lomnitz, Kopce, Bilawy, Amtskassner-, Lentschen-, Zisker- , Przychodsker-, Jastrzemsker-Hauland, Weidenvorwerk, Kawczynski, Konti, Rajewo, Strese, den größten

[85]

Panorama Ansicht Bentschen – im Hintergrund die alte ehemalige evgl. Kirche / Postkartenausschnitt

Teil von Brandorf und Kroschnitz

* * *

Victor von Bronikowski verkaufte im Jahre 1828 an den Bauinspektor Opitz: Lomnitz, Kroschnitz, Bilawy, Kopce, Amtskassner-, Lentschen-, Zisker-, Przychodsker-, Jastrzemsker-, Grubsker- und Kuniker-Hauland und den Kawczynsker Wald

und an den Baron von Gersdorff im Jahr 1827: Weidenvorwerk, Kawczynski, Konty, Rajewo, Strese und den Anteil von Brandorf.

* * *

Der Kammerherr von Garczynski verkauft im Jahre 1826 an den Baron von Schwartzenau: Gr. Dammer, Schrompe und Bohlener Hauland

* * *

Durch die fortschreitende Abholzung des Waldes und Urbarmachung brachliegender Äcker verloren die Bentschener Bürger mehr und mehr das durch das Privilegium des Grundherrn Zbaski ihnen im Jahr 1568 gewährte Holz und Weiderecht.

So kam es 1805 schon zum Prozeß. Als nun gar eine beträchtliche Anzahl von Gütern von der Herrschaft Bentschen abverkauft wurden, und die nunmehrigen Besitzer von den alten Privilegien nichts wissen wollten, entbrannte der Streit aufs Neue.

Auf Grund des erwähnten Privilegiums, wonach

„sie – die Bürger – werden auch Freiheit haben, die Wälder und die Heiden frei zu gebrauchen, sowohl zum Bau als zum Brennen“ und „sie werden auch frei Hütung haben für ihr Vieh auf ewige Zeiten auf den Feldern, Heiden und Wäldern

entschied das Landgericht Meseritz in dem von der Bentschener Bürgerschaft gegen den Grafen von Garczynski angestrengten Prozeß durch Urteil vom 24. Mai 1824 „dass das Dominium Bentschen nicht schuldig sei, der klagenden Bürgerschaft ihren Bau- und Brennholzbedarf unentgeltlich zu verabfolgen, vielmehr sie – die gedachte Bürgerschaft – nur berechtigt sei, durch einen Bürger soviel Raff- und Leseholz aus der Bentschener Heide zu holen, als er mit einer Trage oder mit einem Schubkarren fortzubringen imstande ist, und wenn das Holzholen mit einem Wagen geschehen sollte, die Bürger für einen Wagen mit Pferdegespann 4 Scheffel, für einen Wagen mit Ochsengespann 2 Scheffel Hafer an das Dominium zu entrichten gehalten und dass die Bürgerschaft auch ferner, wie bisher, in der Bentschener Forst mit ihrem Vieh zu hüten befugt, jedoch verpflichtet sei, sich einen gemeinschaftlichen Hirten zu halten, und mit dem Antrage auf freie Weide auf den Dominialgrundstücken abzuweisen.“

Das Urteil des Königlichen Ober-Appellationsgerichts zu Posen vom 5. Jul 1838, bestätigt durch Entscheidung des Königlichen Geheimen Ober-Tribunals zu Berlin vom 17. Januar 1840, stellt nicht nur fest, dass die Abgabe von Hafern für das Holzholen mit Gespannen nur eine jährlichen sein kann, sondern spricht auch der Bürgerschaft die Holz- und Weidegerechtigkeit auf sämtlichen zur ehemals ungeteilten Herrschaft Bentschen gehörigen Gütern zu.

[86]Die von der Bürgerschaft gezahlten Prozeßkosten betrugen 396 Taler.

Als man sodann feststellte, welche Entschädigung für die von 1805-1840 entzogenen Holz- und Weidenutzungen zu fordern wäre, kam man zu folgenden Ergebnissen:

Das Weidegeld für eine Kuh betrug

Man zählte in der Stadt:

Während also in den 1805 bis 1840 die Zahl der Grund- und Hausbesitzer ziemlich gleich blieb, vermehrte sich der Viehstand bedeutend.

Die Bentschener Viehweide befand sich an dem heutigen Ernestinowo und Konti, sowie zu beiden Seiten der Grätzer Landstraße.

Dem vielen Streit wurde erst ein Ende gemacht, als man sich entschloß, die alten Gerechtsamen abzulösen.

Die Stadt Bentschen erhielt als Entschädigung für die Aufgabe der Holz- und Weidegerechtigkeit und die ihr früher entgangenen Nutzungen mit Wirkung vom Jahr 1843

Durch Rezeß vom 25. Februar 1848 wurde das der Gutsherrschaft Weidenvorwerk auf den Grundstücken der Gemeinde Rajewo zugestandene Weiderecht aufgehoben und die Gemeinheitsteilung und „spezielle Separation“ der Grundstücke auf der Feldmark Rajewo vorgenommen.

Das Dominium  Weidenvorwerk trat sämtliche auf der linken Seite der Obra und der Feldmark Rajewo belegene Grundstücke in der Größe von 259 Morgen mit dem Schafhütungsrecht, welches der Gutsherrschaft Weidenvorwerk auf den bäuerlichen  Grundstücken in der Feldmark Rajewo zustand, an die Bürgerschaft Bentschen ab.

Danach findet auf der Feldmark Rajewo eine gänzliche Aufhebung der gemeinschaftlichen Hütung statt, zugleich erfolgt eine besondere Aufteilung der Grundstücke. Von den zur Teilungsmasse gegebenen Grundstücken werden 8 Morgen 126 Quadrat-Ruten vorbehalten als Bauplatz für eine neue Schule und 5 Morgen 66 Quadrat-Ruten Schulzenland; von den nun zur Verteilung kommenden Grundstücken erhält die Stadt Bentschen 328 Morgen. Das Schulland (in der Bahnhofstraße belegen) soll verpachtet und der Pachterlös einem Schulblaufonds zugeführt werden.

Das Dominium Weidenvorwerk tritt im Jahr 1858 die bei der Abfindung vorbehaltene Rohrnutzung auf den der Stadt überlassenen Wiesen der Stadt Bentschen ab und erhält dafür 200 Taler bar und die vom Dominium Lomnitz der Stadt als Abfindung überwiesene Parzelle am Lomnitz-Kroschnitzer Wege – von Holz vollständig abgeräumt – zum Eigentum.

Beseitigte schon die Städteordnung von 1808, welche die Mediatstädte aufhob, den gutsherrlichen Einfluß in allen städtischen Angelegenheiten, so zögerte die Bürgerschaft auch nicht mehr mit der vollständigen Auseinandersetzung gegenüber der Gutsherrschaft.

Die Befreiung der Stadt von den Verpflichtungen gegen die Grundherrschaft erfolgte bereits in den 30er Jahren des vorigen Jahrhundert.

Die Grundherrschaft beanspruchte den Grundzins von jedem Haus und Grundstück in Summa etwa 266 Taler jährlich, ferner bei allen Grundstückveräußerungen 10 Prozent des Kaufpreises, von jedem Brauer drei viertel Malz von jedem Gebräu, von den 14 Branntweinschenken der Stadt jährlich eine Abgabe von je 1 Taler 20 Silbergroschen, von den 6 Branntweinschenken der Vorstadt jährlich je 12 Taler, von jedem Fleischer jährlich je 3 Taler, von jedem Bäcker 1 Taler und einen Striezel;  das Schuhmachergewerk zahlte 12 Taler, die Kaufmannschaft 40 Taler und die Juden ein Schutzgeld von 126 Talern. Nach langwierigen Verhandlungen einigte man sich dahin, diese schweren Lasten durch eine Kapitalisierung der Renten abzulösen.

Das zum Gut gehörige Recht zur Erhebung eines Damm-, Brücken- und Pflasterzolles und eines Marktstandgeldes in der Stadt Bentschen, übereignete der Grundherr Garczynski im Jahre 1827 an den Kaufmann Isaac Marcussohn in Brätz für eine Summe von 400 Talern und einen jährlichen Kanon von 80 Talern. Im Jahre 1879 kaufte die Stadt dieses auf die Kaufleute Bornstein und Lewin übergegangene Recht für 4.700 Mark.

Von der Verpflichtung, das Straßenpflaster ausbessern und neu herstellen zu lassen, befreite sich im Jahre 1879 der damalige Besitzer der Herrschaft Bentschen, Graf zu Lippe, durch Zahlung einer Abfindungssumme von 13.500 Mark.“

* * *

Quelle: Der Text wurde übernommen aus „Stadt und Schloß Bentschen“ von Otto Jonas, Bentschen – Druck von Carl Albrecht 1909

Das „Hotel de Gielda“ der Memelsdorf’s wechselt den Besitzer / 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[87]

„Hotel de Gielda“ – Am Markt – Samter / Collage AK

Kurzmeldung des Kreis Blattes für den Kreis Neutomischel

Dienstag, den 24 Juni 1913

Hotelbesitzer Richard Memelsdorf hier (Samter) hat sein am Markt belegenes Hotelgrundstück „Gielda“, das größte und älteste Hotel der Stadt, für 90.000 Mark an den Rentier Josef Wosinski aus Wreschen, verkauft“

* * *

Richard Raphael Memelsdorf wurde vermutlich im Jahr 1858 in Samter als Sohn des Adolph Memelsdorf (ca 1818-1886) und der Hannchen Reich (ca 1826-1883) geboren

1888, 30 jährig, hatte er die Ehe mit der 6 Jahre jüngeren, aus Bromberg gebürtigen Elisa Elisabeth Busse geschlossen. Alice Johanna, die Tochter des Paares, wurde im Jahr 1889 in Samter geboren.

* * *

Die Geschwister des Richard Memelsdorf lebten „in alle Winde“ verstreut – Moritz, geb ca 1849 als Apotheker zu Gnesen, Esther Emma verh. Gottstein zu Mainz und Berlin, Meyer Louis lebte als Rechtsanwalt und Notar in Limburg an der Lahn, Reichel Relina Maria Elisabeth verehel. Zimmermann zu Hanau, Siegmund war als Apothekenbesitzer in Hamburg ansässig und lediglich Alex Alexander war als Drogeriebesitzer wie auch Richard in seiner Geburtsstadt wohnhaft geblieben.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); www.ancestry.de 

„Gute Freunde“ – der Tod des Kutschers Carl Kannewischer 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[88]

Berlin – Baumschulenweg, Teltow Kanalbrücke / Symbolbild / AK

Gute Freunde“ – so wurde die Zeitungsmeldung im August 1906 eingeleitet.

Weiterhin wurde berichtet: „In der Nähe der Späth‘schen Baumschule badeten gestern (Donnerstag, d. 02. August auf Freitag,d. 03. August 1906) einige junge Leute im Teltowkanal.

Sie trieben allerhand Allotria und veranstalteten schließlich ein Wettschwimmen.

Einer der Schwimmer, der Kutscher Kannewischer aus der Köpenickerstraße 22a, blieb plötzlich zurück. Wahrscheinlich war er von einem Krampf befallen worden.

Er rief um Hilfe, aber die rohen Burschen lachten ihn aus, und so ging der 19 Jahre alte Mensch vor den Augen der Kameraden unter.

Die guten Freunde gingen dann an Land, durchsuchten die Kleider des Ertrunkenen und raubten die Uhr, die sie auf dem nächsten Leihamt versetzten.

Die Leiche des jungen Mannes ist rotz eifrigen Suchens noch nicht gefunden worden.

Hoffentlich wird den rohen Burschen für ihre unglaublich verkommene Handlungsweise ein gehöriger Denkzettel zuteil.

* * *

Durch den Ortsvorsteher in Treptow wurde am 07. August 1906 vor dem Standesbeamten angezeigt, dass

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Die Eltern des Verstorbenen waren Paul Johann August Kannewischer – *1854 Glinau / +1914 Berlin – Schuhmacher zu Neutomischel –Schuhmachermeister zu Berlin, verehelicht im Jahre 1879 in Neutomischel mit Bertha Anna Caroline geborene Gutsch – *1855 Neutomischel / + Berlin

Die Kinder des Paares, die Geschwister des Toten waren:

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); https://zefys.staatsbibliothek-berlin.de –  „Berliner Morgenpost“ No. 180 vom Sonnabend, 4. August 1906.; www.ancestry.de – Standesamt Treptow/Berlin

Kurzmeldung – Feuersbrunst 1834 in Pinne / Pniewy

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[89]

Regenburger Zeitung 1834

Unter der Rubrik „Vermischte Nachrichten“ erschien in der Regensburger Zeitung No. 145 von Donnerstag, dem 18. Juni 1834 nachstehende Meldung:

„In den beiden Nächten vom 7. zum 8. April und vom 17. zum 18. Mai (1834) legt eine furchtbare Feuersbrunst 51 Häuser und 36 Nebengebäude des Städtchens Pinne auf der großen Berliner Straße zwischen Meseritz und Posen in Asche.

Ein ziemlich heftiger Wind und die enge und schlechte Bauart machten die Hülfe fast unmöglich.

Es hat dieses Unglück gerade die ärmsten Bewohner, 109 Familien, worunter 66 christliche und 43 jüdische, zusammen 498 Köpfe, betroffen, welche von dem Ihrigen zum Theil nur sehr wenig retten konnten.

* * *

Quelle: „Die Regensburger Zeitung“ auf das Jahr 1834, verlegt von Friedrich Heinrich Neubauer

1838 Auswanderung der Familie Kalewske/Geyer nach Australien

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[90]

Bauchwitz ehem. evgl. Kirche – Ausschnitt AK Sammlung Kraft

Am 03. Januar 1794 wurde des Johann George Kalewskis Söhnlein Johann George geboren; seine Mutter war Maria Dorothea Jachmannin gewesen. Die Kalewskis haben, so der Kirchenbuch Eintrag, in der Czychogurer Gemeinde gewohnt.

Die Taufe wurde am 06ten, also 3 Tage nach seiner Geburt, in Boruy vollzogen. Die Paten des kleinen Johann George waren Christoph Muster, George Loechel und Anna Catharina Gieringin.

Als Geschwister wurden gefunden

Johann George war im 20zigsten Lebensjahr als sein jüngster Bruder geboren worden war und noch ebenso lange hätte es gedauert, ehe dieser dann volljährig gewesen wäre. Realistisch betrachtet hatten etwaige Zukunftsaussichten für Johann George nicht in Cichagora gelegen.

Wann er die Entscheidung getroffen hatte sein Elternhaus und sein Heimatdorf zu verlassen ist heute nicht mehr bekannt. Im Jahr 1815 findet sich im Kirchenbuch von Bauchwitz unter dem ein und zwanzigsten / 21 / November der Eintrag, das allhier (Bauchwitz) getrauet worden ist der Junggeselle Johann George Kalewski, 22 Jahr alt, Sohn des Johann George Kalewski, Eigenthümer in der Czychogurzer Gemeinde, mit Jungfer Johanne Dorothea Geiern, 22 Jahr alt, nachgelassene einzige Tochter des verstorbenen Johann Gotthilf Geiers, gewesenen Einwohner und Schuhmachers allhier (Bauchwitz).

Wie schon erwähnt war Johanne Dorothea Geier (auch Geyer) die Tochter des verstorbenen Einwohners und Schuhmachers  Johann Gotthilf Geier zu Bauchwitz. Im Jahr der Eheschließung seiner einzigen Tochter galt er als verstorben. Seine Wittwe, Johanne Dorotheas Mutter, Catharina Elisabeth Geyer geborene Otto, verstarb im August des Jahres 1844 zu Brätz.

Anhand der Geburts- und Taufeintragungen der Kinder des Johann George Kalewske und seiner Ehefrau Johanne Dorothea geborene Geier ist der weitere Weg des Paares nachzuvollziehen.

Erwähnt sei hier noch, dass die Schreibweise des Namens Kalewski auch unter anderem in den Schreibweisen Kalewske, Kaleske und Kalleske zu finden ist.

1838 war dann das Jahr der Auswanderung mit der „Prince George“, welche am 8 Juli 1838 von Hamburg über Plymouth nach Australien versegelte. Die Auswanderung wurde begleitet von Pastor Kavel und dessen Familie.

Aufgeführt wird die Familie Kalleske hier mit

Einige Quellen, u. a. „Um des Glaubens willen nach Australien“ von Wilhelm Ivan führen an, dass Johann Georg Kalleske ein ehemals aus Brätz stammender Händler gewesen war und nach seiner Ankunft in Australien als Botengänger der lutherischen Ansiedler tätig gewesen sei.

Heute siedeln Nachkommen des Paares in Barossa Valley und weiteren Orten Australiens.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Übergabe des Bürgermeisteramtes 1905 in Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[91]

Das ehem Rathaus zu Neutomischel / Aufn Maennel Archiv

Die Neutomischeler Kreiszeitung berichtete wie folgt:

„Neutomischel, 10. Februar 1905

Um die hiesige am 01. April (1905) vakant werdende Bürgermeisterstelle, die in verschiedenen Blättern ausgeschrieben worden war, haben sich bis jetzt etwa 60 Bewerber gemeldet, die den verschiedensten Berufen angehören. Unter den Bewerbern befindet sich eine große Zahl von Bürgermeistern kleinerer Städte bzw. Stadtsekretären, welche bei Vergebung des Postens in erster Linie in Frage kommen. Da die Meldefrist am 20. d. Mts. erst abläuft, so dürften noch mehr Bewerbungen zu erwarten sein.“

„Neutomischel, 28. Februar 1905

Herr Bürgermeister Franke in Tirschtiegel ist in der gestrigen Stadtverordneten-Sitzung einstimmig zum Bürgermeister von Neutomischel gewählt worden.

Herr Bürgermeister Franke besitzt von seiner vorgesetzten Behörde die allerbesten Zeugnisse, er wird gerühmt als tüchtiger Verwaltungsbeamter, als ein Mann, der es verstanden hat, in seiner bisherigen Wirksamkeit sich mit der gesamten Bürgerschaft gut zu stellen, die bei seinem Amtsantritte vorgefundenen nationalen und konfessionellen Gegensätze auszugleichen, und sieht man ihn deshalb dort auch ungern scheiden.

Es ist erwogen worden, ob die Wahl bis nach der geplanten Reorganisation der Stadtverwaltung verschoben werden soll. Da aber bis jetzt eine Bestätigung der noch zu wählenden Stadtverordneten seitens der Königlichen Regierung nicht erfolgt ist, auch nicht abzusehen ist, ob und wann eine solche erfolgt, die Bestätigung des neuen Bürgermeisters auch noch lange Zeit in Anspruch nehmen kann und somit ein zu langes Interregnum geschaffen würde, so ist mit Rücksicht darauf die Wahl schon jetzt vorgenommen worden.

Da Herr Bürgermeister Franke unter 150 Bewerbern einstimmig gewählt wurde, ist anzunehmen, dass eine gute Wahl getroffen und diese im Sinne der gesamten Bürgerschaft erfolgt ist.“

„Neutomischel, 04. April 1905

Die Bürgermeisterfeier im Rathause.  Sonnabend vormittag 11 ¼ Uhr versammelten sich im Magistratszimmer des Rathauses die Stadtverordneten, Magistratsmitglieder und die beiden Bürgermeister zur feierlichen Einführung des neugewählten Herrn Bürgermeister Frank in sein Amt.

Um 11 ½ Uhr erschien auch Herr Landrat v. Daniels, um im Auftrag des Herrn Regierungspräsidenten diesen feierlichen Akt zu vollziehen.

Herzliche Worte richtete der Herr Landrat zuerst an den scheidenden Herrn Bürgermeister Witte, welcher länger als ein Menschenalter im Amte war und unter drei Königen treu gedient hat. Achtundzwanzig Jahre davon war Herr Witte Bürgermeister in Neutomischel und hat während dieser Zeit durch sein zuvorkommendes Wesen, durch die Treue und Hingebung, mit welcher er der kleinen aufstrebenden Stadt gedient hat, stets die Achtung und Anerkennung der gesamten Bürgerschaft besessen. Die patriotische königstreue Gesinnung wurde vorbildlich für alle Bewohner. Schon vor 3 Jahren hat Sr. Majestät diese patriotische Gesinnung dadurch ausgezeichnet, dass Herrn Bürgermeister Witte der Kronen-Orden verliehen worden ist, „und ich bin sehr erfreut“, so etwa fuhr der Landrat fort, „Ihnen heute erneut eine Auszeichnung Sr. Majestät überbringen zu können, indem ich Ihnen hiermit den Roten Adlerorden überreiche.“

Sichtlich überrascht, dankte der Bürgermeister tiefbewegt.

Sodann wandte sich der Herr Landrat an Herrn Bürgermeister Franke, sagte diesem, dass die königl. Regierung die von den Stadtverordneten vollzogene Wahl anerkannt ihn zum Bürgermeister von Neutomischel bestätigt habe. „Sie sind“, so ungefähr lautete die Ansprache, „in der Verwaltung kein Neuling mehr, da Sie der städtischen Körperschaft in der Nachbarstadt Tirschtiegel bereits einige Jahre vorgestanden und sich dort volle Anerkennung erworben haben. Hier in der Provinz komme es hauptsächlich darauf an, das Deutschtum zu fördern, deutsches Wesen und deutsche Sitte zu pflegen, deutschen Fleiß zu betätigen. Auch die Stadtverordneten werden dem schönen Ideal der Selbstverwaltung am besten diesen, wenn sie nur fachlich verhandeln, alle Parteipolitik fernhalten und die Ansichten gegenseitig achten.“

Auch Bürgermeister Franke dankte gleichfalls tiefbewegt und versprach, jederzeit bemüht zu bleiben, das in ihn gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen.

Nachmittags hatten sich zum Festessen zu Ehren des scheidenden bzw. des kommenden Herrn Bürgermeisters vierzig Herren aus Stadt und Umgebung eingefunden.

Herr Landrat v. Daniels brachte das Kaiserhof aus, Herr Stadtrat Peikert gedachte des Herrn Bürgermeisters Witte, der 28 Jahre hier segensreich amtierte, Herr Bürgermeister Witte trank auf das Wohl unserer Stadt, Herr Stadtverordneter Dampfmühlenbesitzer Männel begrüßte den neuen Bürgermeister Herrn Franke, Herr Bürgermeister Franke versprach, Neutomischel seine ganze Kraft zu weihen, Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski würdigte die Verdienst des Herrn Witte als Amtsanwalt, Herr Polizeirat Roll beleuchtete als ältester Beamter die Fortschritte Neutomischels, die er selbst unter der Amtsführung des bisherigen Stadtoberhauptes miterlebte, Herr Kantor Jungnik sprach im Namen der Lehrer und feierte Herrn Bürgermeister Witte als Vorsitzenden des Schulvorstandes, Herr Kandidat Reh rühmte die Frauen als die treuesten Freunde der Männer, Herr Bürgermeister Witte legte seinem Nachfolger besonders die Armenpflege ans Herz. Herr Spediteur Goldmann sammelte persönlich für die Errichtung eines Bismarckdenkmals. Die Sammlung ergab genau 100 Mk. Hoffen wir, dass die abwesenden Bismarckverehrer auch das Ihre beitragen.

Für vortreffliche Speisen und Getränke und für hübschen Tafelschmuck sorgte der rührige Herr C. G. Toeffling.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 

Grabstein des Jungen Erich Konrad Franke in Juliana

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[92]

Grabstein des Erich Konrad Franke / Aufn GT

Hier ruht in Gott

unser geliebtes Söhnchen u. Brüderchen

Erich Konrad Franke

*16.3.1907

+  9.3.1920

Eintrag beim Standesamt zu Cicha Gora unter No. 3 am 10ten März 1920

Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschien heute der Eigentümer August Franke wohnhaft in Cichagora und zeigte an, daß

Erich Konrad Franke,

12 Jahre 10 Monate alt, evangelischer Religion, wohnhaft in Cichagora, geboren zu Cichagora, Sohn des Anzeigenden und dessen Ehefrau Emma geborene Rosenau, wohnhaft in Cichagora,

zu Cichagora, in der Wohnung des Anzeigenden am neunten März des Jahres tausend neunhundert und zwanzig nachmittags um zehn Uhr verstorben sei

* * *

Die Eltern Carl August Franke und Emma Amalie Rosenau hatten im Februar 1900 die Ehe geschlossen. Als Kinder des Paares wurden notiert (jeweils geboren im Jahr):

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Grabplatte des Ehepaares Drange-Janotte in Juliana

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[93]

Die Grabplatte des Ehepaares Drange-Janotte / Aufn GT

Tief im Unterholz auf dem ehemaligen Friedhof zu Juliana findet sich eine Grabplatte mit den Namen

Die Platte ist schlicht gehalten, die Inschrift in einfacher Schreibschrift. Wer auch immer sie angefertigt hat, tat dieses vermutlich, um seine schmerzlich vermissten Vorfahren zu ehren und nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Unwichtig kommt es dann vor, dass die Geburtsdaten nicht mit den Eintragungen in den Kirchenbüchern in Einklang gebracht werden können.

Bei den hier einstmals Beerdigten handelte es sich um das Ehepaar

Er war der Sohn des Christian Drange (ca 1781-1823) und dessen Ehefrau Maria Elisabeth geborene Pusch (ca 1778-1837) gewesen, beide  zuletzt in Konkolewo ansässig; sie war die Tochter der unverehelichten Louise Janotte aus Paprotsch gewesen.

Gottfried Drange und Rosina geborene Janotte hatten die Kinder:

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Kurzmeldung – Grätz, das Geschenk der Kaiserin – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Das Mosaik in heutiger Zeit; die erwähnte Umschrift ist nicht mehr vorhanden / Bild GT

Das Neutomischler Kreisblatt meldete per 08 November 1904

Grätz

„Von der Kaiserin ist der hiesigen evangelischen Kirche zur Ausschmückung ein Geschenk überwiesen worden, nämlich ein Mosaikbild über dem Hauptportal.

Es stellt in wunderschöner Ausführung in übernatürlicher Größe den einladenden Christus mit der Umschrift: „Kommet her zu mir“ dar.“

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 

Familie Dr. Emanuel Wreschner zu Rakwitz ab ca 1861

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[94]

Todesanzeige / ZEFYS – Berliner Tageblatt u Handels-Zeitung

Folgender Nachruf findet sich in „Im deutschen Reich“ 6 (1900) Heft 3 (März 1900) Berlin:

„Vor kurzer Zeit starb in Berlin ein altes treues Mitglied unseres Vereins, Herr Dr. Emanuel Wreschner.

Als Sohn eines jüdischen Privatgelehrten in einem kleinen Städtchen der Provinz Posen (hierzu wurde im Toteneintrag Exin genannt) geboren, arbeitete er sich aus eigener Kraft zu einer allseitig geachteten Stellung empor.

Schon von Kindheit an widmete er sich dem Studium der hebräischen Wissenschaften und bildete sich unter der Leitung berühmter jüdischer Gelehrter in der Fremde weiter aus. Ohne Beihülfe der Seinigen, allein auf sich angewiesen, überwand er mit eisernem Fleiß und größter Energie alle Schwierigkeiten, so daß es ihm möglich wurde, das Gymnasium zu besuchen und das Abiturienten-Examen zu bestehen.

Er studiert dann anfänglich Jura – immer auf eigene Kraft angewiesen – später Philologie und Theologie. Nach Ablegung der Examina wurde er Prediger in Kosten. Eine tiefe Bildung und außerordentliche Rednergabe, verbunden mit einem prächtigen Organe, zeichneten den jungen Prediger aus.

Einige Jahre später (nach Okt 1860/vor Apr 1862) entschloß er sich aus äußeren Gründen einen anderen Lebensberuf zu erwählen.

Er wurde Kaufmann (er betrieb lt Reichsadressbuch eine Getreidehandlung) in Rakwitz. Trotzdem er sich erst in neue Verhältnisse einleben mußte, vermochte er bald sein Geschäft zu hoher Blüthe zu bringen. Mehr denn 25 Jahre stand er an der Spitze der jüdischen Gemeinde und ebenso lange Zeit war er Stadtverordneter und Stadtverordneten-Vorsteher zu Rakwitz.

Vor mehreren Jahren (nach 1894) überließ er das Geschäft seinem ältesten Sohne (Siegfried Wreschner, geb 1858 in Kosten) und zog nach Berlin.

Hier konnte er sich wieder seinen Studien, die er mit großem Eifer aufnahm, widmen, übernahm auch ein Ehrenamt in der jüdischen Gemeinde. Als ihn im 72. Lebensjahre ein plötzlicher Tod ereilte, legten zahlreiche Zeichen der Trauer und des Beileids Zeugniß ab von der großen Liebe und Achtung, welche der Verblichene genoß.“

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Siegfried Wreschner, geb 1858 zu Kosten, galt als Kaufmann zu Rakwitz und wurde auch als Ringofen-Ziegelei Besitzer genannt, im Reichsadressbuch des Jahres 1906 findet sich unter der Rubrik Ziegeleien – OETTINGER und WRESCHNER zu Stodolsko -. Siegfried Wreschner’s Schwester Johanna Wreschner, geb 1850 in Rakwitz, war 1883 mit Moritz Oettinger, geb 1853 zu Rakwitz, Kaufmann zu Rakwitz, verehelicht worden.

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Weitere Kinder des Dr. Emanuel Wreschner und seiner Ehefrau Charlotte geborene Wasser, über ihren Verbleib ist lediglich bekannt, dass sie zum Zeitpunkt des Todes Ihres Ehemannes in Berlin lebte, waren

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  ZEFYS (Staatsbibliothek Berlin) hier Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung vom 06.03.1900 und vom 08.03.1900; Goethe Universität Frankfurt am Main hier „Im deutschen Reich“ 6 (1900) Heft 3 (März 1900) Berlin; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Die Verwaltung der Stadt Bentschen und ihre gestiegenen Steuereinnahmen für die Kriegsjahre 1914/1916

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Rathaus – Bentschen / AK Sammlung Kraft

Im Posener Tageblatt vom 06. März 1917 wurde nachfolgender Beitrag veröffentlicht:

„Bentschen 04. März 1917

Aus dem städtischen Verwaltungsbericht, den der Bürgermeister in der letzten Stadtverordnetensitzung erstattete, entnehmen wir folgendes:

Die Verwaltung und der Stand der Gemeindeangelegenheiten im Jahr 1916 ist naturgemäß auf allen Gebieten von den Begleiterscheinungen des Krieges beeinflußt worden.

Die Bevölkerungszahl der Stadt (über 6.000) ist dieselbe geblieben.

Eine erfreuliche Entwicklung zeigt das Staatssteuer- und Gewerbesteuersoll trotz des Krieges. Ersteres betrug

das Gewerbesteuersoll

Diese Zusammenstellung ergibt ein sehr beträchtliches Steigen des Staats- u Gewerbesteuersolls besonders in den Kriegsjahren.

Man würde aber zu einer irrigen Annahme gelangen, wollte man daraus schließen, daß die Bürgerschaft im Allgemeinen während des Krieges wirtschaftlich erstarkt sei. Die hohen Steuersätze sind lediglich erzielt worden von einigen Unternehmen und Privatpersonen als Kriegsgewinne.

Die städtischen Betriebsanstalten (Gasanstalt, Sparkasse, Stadtforst und Pferdemarktunternehmen) hatten zum Teil recht erhebliche Überschüsse zu verzeichnen, und zwar

Außerdem verfügen Gaswerk und Sparkasse über ansehnliche Reservefonds.

Das Gaswerk hat eine Jahresabgabe von rund einer halben Million Kubikmeter erreicht, die größte Tagesabgabe war am 23. Dezember mit 2.214 Kubikmetern, die kleinste am 09. Juli 1916 mit 133 Kubikmetern. Die Erweiterung des Gasrohrnetzes nach dem Bahnhof hat 21.111 M Kosten verursacht, die aus dem Reservefonds bestritten wurden.

Die Einlagen der Sparkasse betrugen am 01. April 1914: 4.707.038,75 Mark. Im Rechnungsjahr 1915 kamen hinzu neue Einlagen 3.350.243,06 M, zugeschriebene Zinsen 144.156,23 M, zusammen 8.200.438,04 M, also ein beträchtliches Steigen trotz des Krieges.

Die Sparkasse hat Postscheck-, Reichbankgiro- und Sparkassengiroverkehr eingeführt. Es sind bei der Sparkasse bisher gezeichnet und bezahlt worden rund 3 Millionen Mark Kriegsanleihe.

Die öffentliche Armenpflege verursachte 5.359 M Kosten, also etwas über 1 M auf den Kopf der Bevölkerung. Zieht man in Betracht, daß die preußischen Gemeinden im Rahmen des Unterstützungswohnsitzgesetzes vor dem Kriege durchschnittlich 1,75 M auf den Kopf der Bevölkerung für Armenzwecke aufzuwenden hatten, so können diese Ausgaben für Armenzwecke als mäßig bezeichnet werden.

Der Armen- und Krankenpflege dienen außerdem das Krankenhaus des Vaterländischen Frauenvereins „Karolinenstift“, das katholische Hospital, das Waisenheim des Frauenvereins für die Ostmarken sowie der Vaterländische Frauenvereins und die Frauenhilfen.

Die Feuerlöschgeräte sind in ausreichender Anzahl und guter Beschaffenheit vorhanden.

Außer den Volksschulen besteht am Orte eine städtische höhere Schule für Knaben und Mädchen. Sie gliedert sich in eine dreiklassige Vorschule und einen fünf Klassen umfassenden, aus einer Gymnasial- und einer Realabteilung bestehenden Aufbau, in dem die Knaben auf die Untersekunda, die Mädchen auf Klasse 3 der höheren Töchterschule vorbereitet werden.  Der staatliche Zuschuß zu den Kosten des höheren Schulwesens beträgt 3.000 M, der Zuschuß der Stadt rund 9.000 M.

Die gewerbliche und kaufmännische Fortbildungsschule wurde im Berichtsjahr von 120 Personen besucht.

Auf dem Gebiete der Kriegsfürsorge ist hervorzuheben, daß dank dem Zusammenwirken von Kreis- und Stadtverwaltung besonders bedürftigen Kriegerfamilien Mietsbeihilfen, Feuerungsmaterial und andere Vergünstigungen gewährt werden.

Daneben erstrecken der Vaterländische Frauenverein und die Frauenhilfen im verständnisvollen Zusammenarbeiten mit der Stadtverwaltung ihre verdienstvolle Fürsorgetätigkeit ganz besonders auf die Familien der Kriegsteilnehmer, so daß den letzteren die Sorge um das Schicksal ihrer Lieben in der Heimat abgenommen ist.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Posener Tageblatt” 1917-03-06

1927 Uhrenschmuggel über Bentschen – Kurzmeldung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[96]Aron Schmul Katzenellenborgen aus Antwerpen, der versucht hatte, 11 goldene Uhren nach Polen zu schmuggeln und dadurch den Staat um 800 zl Zoll zu schädigen, dabei aber in Bentschen abgefasst wurde, wurde von der 4. Strafkammer (zu Posen) zu 3.080 zl Strafe verurteilt.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Posener Tageblatt” 1927.07.05

Arbeitsbedingungen und Verdienst des Scharfrichters und Abdeckers zu Bentschen / Zbąszyń im Jahr 1760

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Otto Jonas 1909 / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Torhaus der früheren Burg zu Bentschen / Aufnahme PM

Vertrag 1), aufgezeichnet im Jahr 1760 von dem Bürgermeister- und dem Woytamte für den

Bentschener Scharfrichter

Casimir Gundermann

Mit Einwilligung und auf Befehl des Hochgeborenen Herrn Stephan Garczynski, General-Major der Kronarmee, Sohnes des Wojewoden von Posen, unseres gnädigen Herrn (Grundherrn der Bentschener Güter), geben wir beide Ämter, nämlich das Bürgermeister- und das Woytamt, hiermit dem Scharfrichter von Bentschen Casimir Gundermann vorliegenden Vertrag, der folgenden Wortlaut hat:

Zunächst für das Enthaupten eines Delinquenten mit vorausgehender Tortur sollen dem Scharfrichter vier Taler feinen Silbers zukommen.

Ferner für das Hängen, verbunden mit vorangehender Tortur, stehen ihm vier Taler feinen Silbers zu.

Auch für das Verbrennen mit vorangehender Tortur erhält er vier Taler feinen Silbers.

Für sonstige Verrichtungen, die hier nicht mehr besonders aufgeführt werden, dürfte er denn nun schon auch nicht mehr, als nur vier Taler feinen Silbers verlangen.

Wenn er aber jemand eine körperliche Züchtigung erteilt, so erhält er für seine diesfällige Mühewaltung an jedem Tage drei polnische Gulden.

Wenn er jemanden zur Stadt hinaustreibt, hat er dafür auch nur drei polnische Gulden zu bekommen.

Wenn aber einem Städter oder einem Untergebenen auf den herrschaftlichen Gütern ein Stück Vieh krepiert, dann ist er verpflichtet, dasselbe auf den zu dem Behuf bestimmter Ort hinzuschaffen. Die Haut des Kadavers ist Eigentum des Scharfrichters; krepiert aber ein Stück vom herrschaftlichen Vieh, so soll er es fortschaffen lassen, wo es hin gehört, die Haut aber hat er an den Hof abzuliefern.

Wenn jemanden von den Leuten in den Dörfern oder in den Hauländereien ein Stück Vieh verendet, und wenn davon dem Scharfrichter durch einen Boten Kenntnis gegeben wird, so hat der Scharfrichter diesem Boten für seinen Gang fünfzehn polnischen Groschen zu zahlen.

Sollte sich jemand unterstehn, einen anderen zur Verrichtung des bezüglichen Geschäftes, gleichviel ob in der Stadt oder auf den herrschaftlichen Gütern, heranzuziehen, so verfällt er einer Strafe von 2 Talern feinen Silbers, die er an den Hof, und einer Strafe von 3 Tympfen, die er an den Scharfrichter zu bezahlen hat.

Zeigt sich irgend wo in der Stadt ein toller Hund, so hat er ihn zu töten und beiseite zu schaffen. Vom Bürgermeister erhält er hierfür sechs polnischen Gulden.

Ist es ein fremder (ein von auswärts zugelaufener Hund), so kann ihn der Eigentümer, oder, wer dazu Lust hat, töten, es wird aber in diesem Falle der Eigentümer des Hundes dem Scharfrichter für das Beseitigen des Hundekadavers drei polnische Gulden zahlen.

Krepiert jemanden ein Schwein, so hat er für das Wegräumen desselben sechs polnische Groschen dem Scharfrichter zu entrichten.

Auch für das Beseitigen einer toten Katze hat der Eigentümer dem Scharfrichter drei polnische Groschen zu bezahlen.

Der Scharfrichter erhält ein kleines Wohnhaus, welches er unentgeltlich bewohnen wird, außerdem wird ihm zu seinem beständigen unentgeltlichen Nießbrauch ein Stück Gartenland überwiesen, und er bezieht von den Städtern pro Jahr und per Kopf einen polnischen Groschen. Das bezügliche Geld wird vom Bürgermeister eingezogen und von diesem an den Scharfrichter als Gehalt ausgezahlt werden. (Von den Hauländern und den Bauern soll er auch ein jährliches Fixum erhalten.)

Dem Bürgermeister und dem Woyt hat er gehorsam zu sein, und wenn ihn Selbige bei vorkommenden Fällen in der Stadt brauchen wollten, muß er sich ihnen bereitwilligst zur Verfügung stellen.

Er soll von allen Leistungen (Abgaben) an die Grundherrschaft und die Stadtkommune frei sein.

An Stelle der üblichen an die Stadt abzuführenden St. Martins- und Kopfsteuer wird der nämliche Scharfrichter dem Bürgermeister, dem Woyt, den Herren Räten, den Schöffen des Woytamtes und dem Schreiber alljährlich je ein Paar Handschuh zum Geschenke machen.

So geschehen zu Bentschen am 22. des Monats September 1760.

Zur Bekräftigung des Vorsehenden unsere eigenhändigen Unterschriften. (Es fehlen die Unterschriften).

1) Eine wörtliche Übersetzung des polnischen Originals besorgt von Dr. Warminski, Pfarrer zu Jakschitz. Gedachtes Original in Form einer Handschrift wird aufbewahrt in den Sammlungen des polnischen Vereins der Freunde der Wissenschaft zu Posen, und zwar im Faszikel „Bruchstücke von Akten des Magistrats der Stadt Bentschen“

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Quelle: Der Text wurde übernommen aus „Stadt und Schloß Bentschen“ von Otto Jonas, Bentschen – Druck von Carl Albrecht 1909

1850 mit der „San Francisco“ nach Australien – Angehörige der Familien Fromm und Minge

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Milostowo – Dorfansicht / Aufn PM

Im Artikel vom 09. November 2021 haben wir über die Auswanderung des Paares Steinborner/Prüfer im Jahr 1865 nach Australien berichtet.

Erwähnt wurde in diesem Beitrag auch der Johann Gottlieb Fromm, geboren 1821 zu Milostowo, mit seiner Ehefrau Auguste Dorothea geborene Braunack, geboren 1823 zu Tirschtiegel, wie auch seine Schwester Christina Fromm verehelichte Prüfer.

Das Paar Fromm-Braunack hatte bereits im Jahr 1850 auf der „San Francisco“ die Reise von Hamburg nach Port Adelaide angetreten.

Johann Gottlieb Fromm war der Sohn des 1821 zu Milostowo verstorbenen Gottlieb Fromm und dessen hinterlassener Wittwe Anna Rosina geborene Matschke (Matzke) gewesen.

Seine Mutter hatte im Januar 1824 die Ehe mit Johann Gottlieb Minge, gebürtig aus Schleife geschlossen. In dieser Ehe waren noch die Kinder Anna Renata Minge – 1824, Johann Gottlieb Carl Minge – 1827, Johann August Minge – 1830 und Wilhelm Friedrich Minge – 1833 geboren worden.

Christina Fromm, geboren ca. 1817 war beim Tod Ihres Vaters ca. 4 Jahre alt gewesen und ihr Bruder Johann Gottlieb Fromm, geboren 1821, ca. 6 Monate. Beide haben vermutlich nur wenige, vielleicht sogar keine, Erinnerungen an ihren leiblichen Vater gehabt.

Ihr Stiefvater verstarb im Jahr 1836, die beiden Fromm Kinder waren nunmehr 19 und 15 Jahre alt gewesen, die Minge Kinder 12, 9, 6 und 3 Jahre.

Vermutlich hat die Mutter, eine weitere Ehe ihrerseits wurde in den Archivaufzeichnungen nicht gefunden, den Hof mit Ihren Kindern allein weiter bewirtschaftet, ehe die Familie sich zerstreute.

Christina Fromm wurde 1837 verehelicht und verblieb in Milostowo,

Johann Gottlieb Fromm wanderte 1850, er war 29 Jahre alt gewesen, nach Australien aus,

Anna Renata Minge wurde 1845 nach Bieganin Hauland / Kreis Pleschen verheiratet,

Johann Gottlieb Carl Minge schloss 1851 mit Johanna Erdmine geborene Matschke/Matzke die Ehe und war vermutlich der Hoferbe,

Johann August – geboren am 09.Mai 1830 in Milostowo, findet sich als Alleinreisender ebenfalls auf der im Jahr 1850 von Hamburg nach Port Adelaide versegelten „San Francisco“ , er war 20 Jahre alt gewesen und

der Jüngste Wilhelm Friedrich Minge, lebte, heiratete und verstarb als Schneider zu Milostowo.

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Johann August Minge ehelichte in Australien die Ernestina Wilhelmine geborene Ramm. Ihre Familie war gleichfalls auf der „San Francisco“ im Jahr 1850 nach Australien ausgewandert.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); TheShipsList: Passengers, Ships, Shipwrecks [99]

Samuel Dreissiger ca 1783 – 1803 / Kirchenbucheintrag

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der Weg des Verunglückten / Ausschnitt Messtischblatt (http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80)

Eintrag im Kirchbuch von Grätz unter dem 02. Februar 1803

Ist auf dem Alt Dambrower Kirchhof begraben worden, der Dienst-Knecht Samuel Dreissiger, des Eigentümers in Alt Dambrowe Samuel Dreissiger, ältester Sohn welcher am 25ten Januar Vormittag von seinem Wirthaus Alt Dambrowe Johann George Steinborn mit ein(em) Fuder Brennholz nach Grätz geschickt worden, war auf dem Wege in der Slocsyna Heide von diesem beladenen Wagen erschlagen worden, alt 20 Jahre

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Samuel Dreissiger – Hauländer zu Alt Dabrowe (ca. 1745-1805) oo Anna Maria Schulz (ca. 1750-1837)

Kinder:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

 

Daniel Pfeiffer und Louise Maria verw. Gier geb. Ramm / Eheeintrag 1851

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Kopie aus dem Kirchenbuch zu Buk

Der evangelische Pfarrer Erdmann zu Buk schrieb im Kirchenbuch wie folgt nieder:

1851 am 28ten/achtundzwanzigsten December

„Der Schmied Daniel Pfeiffer hierselbst, ein Freilediger, zweiter ehelicher Sohn des Akkerwirths und Eigenthümers Christian Pfeiffer zu Przyranie bei Kahlisch im Königreich Polen u. dessen Ehefrau Louise Beate geborene Busch, mit der verwittweten Schmiedemeister Maria Louise Gier geb. Ramm, hierselbst in Buk, eheliche Tochter des Ausgedingerwirths Andreas Ramm u. dessen Ehefrau Louise geb.Knispel.
Trauung in der Kirche.“

Beide Ehepartner waren evangelisch, der Bräutigam 27 Jahre und die Braut 37 Jahre alt.

„Für die Braut gab das königl. Kreisgericht zu Grätz den Heiraths Consens; für den Bräutigam dessen Eltern schriftlich ihre Einwilligung. Die letztere befindet sich bei der königl. Regierung.“

Aufgeboten wurde das Paar am 3ten u 4ten Sonntage des Advents u am Sonntage nach Weihnachten.

„Der Bräutigam wurde auf Grund eines ihm von der königl Regierung zu Posen unterm 1ten August 1851 No. 2905 / 7 I. ausgefertigten Naturalisations Patentes getrauet u hatte bereits schon 2 3/4 Jahre mit der Braut im Concubinat als deren Schmiedegeselle gelebt. Ein noch lebendes uneheliches Kind war die resp. Frucht dieses Concubinates.“

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Kinder dieses Paares:

Johann Gustav Pfeiffer – geboren 1850, er war das oben erwähnte uneheliche Kind, in seinem Geburtseintrag war vermerkt worden: „die Mutter ist Wittwe, der Schmiedegeselle Johann Pfeiffer aus Przyranie bei Stawiszyn im königl Polen hat sich selbst als Vater des Kindes angegeben, zur Zeit der Geburt des Kindes war er Schmiedegehilfe der Gier“

Anna Pauline Pfeiffer – geboren 1852 / verstorben 1858

Johann Daniel Eduard Pfeiffer – geboren 1855

Johann Daniel Pfeiffer – geboren 1857

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Louise Maria Pfeiffer, verwittwete Gier, geborene Ramm verstarb 1858 zu Buk, ihr hinterlassener Ehemann schloss 2 Jahre später im Jahr 1860 die Ehe mit der aus Mokre Dakowy gebürtigen Anna Dorothea Griesche.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl)

Birnbaum – aus der Chronik, die Jahre 1701 – 1806 // 2ter Teil

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Werner Reinhold (Ergänzungen/Zusammenstellung Gudrun Tabbert))
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Birnbaum – Partie am Markt / AK Kopie Sammlung Kraft

Einst schrieb Dr. Werner Reinhold: „Chroniken zu schreiben, in Archiven zu wühlen, ist Leidenschaft bei mir geworden, und ich freue mich, daß selbst hochstehende Geschichtsforscher mein Streben anerkennen. Was vorliegende Arbeit betrifft, so habe ich nur zu bemerken, daß es mir immer verdienstlicher erscheint, das zu sammeln, was noch vorhanden, als nichts zu thun, indem man sich damit entschuldigt, es seien zu wenige Quellen und Nachrichten vorhanden, und der Lücken zu viele.“

Er verfasste die „Chronik der Stadt und des Kreise Birnbaum oder Geschichte der Städte: Birnbaum, Schwerin, Zirke, Kähme, Blesen und der zu dem Kreise gehörigen Dörfer“; erschienen Birnbaum, 1843.

Dr. Reinhold schreibt, das sein Werk „nach sämmtlichen vorhandenen gedruckten und ungedruckten Quellen“ von ihm bearbeitet worden war.

Auszugsweise geben wir hier aus dem Originaltext einige Kapitel wieder, wie sie seinerzeit erschienen sind, Dr. Reinhold schrieb:

„Im April (1701) hat Unser Gnädiger Starosta eine Mals-Mühle zu Görschin (Gorzyn) angefangen zu bauen. Gott segne das Werk, und gebe Friede! Die Stricher Windmühle soll noch diesen Sommer zum Gehen kommen.“ Nun folgt von anderer Hand: Es hat Sie lassen bauen Ihro Gnaden Herr Balthasar Unruh Erbherr auf Striche.“

Im September desselben Jahren (1701) gingen durch Birnbaum zurück nach Sachsen alle diejenigen Regimenter, welche vor Riga bisher gestanden, und zwar „elend und bloß“. Während des Durchmarsches erstach hier ein Soldat einen seiner Cameraden, und entging der gerechten Strafe durch die Flucht. Die Leiche wurde nur „nach großer Vorbitte auf dem Kirchhofe beym Planken geleget“. Gott sei Dank daß wir in dieser Beziehung jetzt vernünftiger geworden sind. Nicht genug, daß der arme Schelm erstochen war, er sollte auch nicht einmal ehrlich und christlich begraben werden, eben weil er erstochen war, als ob er daran schuld, als ob es sein Wille gewesen! Unsere alten Vorfahren ergötzen uns oft geschichtlich durch dergleichen Sonderbarkeiten, – aber vielleicht zucken unsere Nachkommen nach hundert Jahren über uns ebenfalls die Achseln.

Das Jahr 1703 brachte gleich eine Schaudergeschichte. Ein Schneidergeselle zu Zirke ermordete seinen Meister nebst dessen schwangeren Frau und kranken Schwester im Schlafe. Derselbe wurde in 2 Tagen, am 3ten und 4ten Januar hingerichtet; nämlich

„Das Ende des 1704ten Jahres war vor hiesiger dioeces. hauptsächlich vor unserer Stadt Birnbaum sehr unglücklich, zumahlen die Schweden nach erhaltener Schlacht bei Punitz wider den General Schulenburg, zu uns herunter kamen und die Winterquartiere einnahmen. Bey uns stund das Hochgräfl. Melinische Regiment aus Pommern, der Commandirende Oberstlieutnant war Carl Gustav v. Wolfrath. Ob sie nun zwar leydlich genug noch mit denen Leuten umgingen, so kam es doch den Bürgern blutschwer an; sie kamen zu uns den …ten Dezember und zog(en) nach Pommern Mense Junio (1705)

„Dieses Jahr (1705) ist der König in (von) Schweden Carolus XII. Dreymahl bey uns allhier in Birnbaum gewesen und hat en passant allemahl die Ehre dem Pfarrhause gegeben, darin einzukehren, wie der kommandirende Oberstlieutnant Wolfrath darin lag“. (Näheres unten im 3ten Abschnitt dieser Chronik. Hier stehe nur die Bemerkung, daß Carl XII. bei dem ehrwürdigen Pastor Mathäus Balde logirte.)

Im Monat März desselben Jahres (1705) ging der General Remischild durch Birnbaum nach Pommern, und brachte auf der Rückreise die Gräfin Piper nebst seiner eigenen Gemahlin mit sich, blieb eine Nacht hier und speisete des Abends auf dem hiesigen adeligen Hofe.

Vom Juni desselben Jahres (1705) an mußten, nachdem das Mellmische Regiment nach Pommern gezogen war, die Einwohner Birnbaums Tag für Tag Proviant bringen ins schwedische Lager des Generals Nemischild, welches zuerst in Meseritz, dann aber bei Benschen zu stehen kam.

Am 10ten Juni des Jahres 1706 (Donnerstag nach 1 Trinitat.) schlug der Blitz in den polnischen Glockenthurm, und beschädigte viele Leute welche gerade in der Kirche saßen. Durch Gottes Gnade gelang es, das Feuer bald wieder zu löschen, indem man oben die Spitze des Thurmes mit einem Seil herunter zog; auch kamen die beschädigten Personen alle davon, bis auf Einen, welcher, vom Blitz getroffen, zur Erde gefallen war.

Am 20ten Juni desselben Jahren (1706) erschlug der Blitz einen Birnbaumer Bürger, Meister Georg Hellmann, welcher gerade zu seiner Tochter nach dem Holländer gehen wollte, und sich wegen des Gewitters bei Merin unter eine Eiche gestellt hatte. An demselben Tage schlug es in die Stricher Windmühle, welche ein Jahr vorher erbaut worden war, und zündete dieselbe an. „Bald darauf erfolgten schreckliche Winde“.

Vorher am 12ten Mai desselben Jahres (1706) „war eine so erschreckliche Finsterniß an der Sonnen, daß man bey Menschengedenken dergleichen nicht gesehen. Man kunte die Sterne am Himmel erblicken, und war nicht anders als wie zur Nachtzeit. Es wärete diese Totalfinsterniß fast zwo Minuten, hoc anno (in diesem Jahre) sind auch bey uns sonsten sehr viel ostenta und prodigin coeli (Zeichen und Wunder am Himmel) gesehen worden. Gott wende alles Unglück ab“.

„1706. Septemb. Unverhofft und wider aller Menschen vermuthen ward friede gemacht zwischen Friderico Augusto dem Könige in Pohlen und Carolo XII. Reg Sueciae, nachdem die Schweden zuvor in Sachsen herinmarschiret waren, und hatten ein kleins Corps von etlichen 1.000 Mann unter dem General Marderfeld bei Calisch zurückgelassen. Augustus res gnirte die Crona, und da wir meinten, nun würde es einmahl im Lande besser werden, so war es fast noch schlimmer“. „Der Herbst in diesem zu Ende laufenden 1706ten Jahre war vor die arme Stadt Birnbaum sehr fatal. Denn nachdem der schwedische General Marderfeld von der Cron Polnisch – Sächs. und Moscowitischen Armee, bey welcher auch Calmugkische Tartaren waren, unter Commando des Königs Augusti bey Calisch tatliter geschlagen wurde, so entstund nicht allein eine schreckliche Furcht vor denen Tartaren, weil man vermeinte, sie würden gar zu uns herunterkommen, daß alle Leute mit ihren Sachen wieder von neuem flüchtig wurden, sondern es kam auch wirklich eine Parthey von Pohlen, so unsere Gegend herumb ganz unsicher machte, und nicht lange darauff 3 Fahnen, so unter Commando Liebomirskes stunden. Die drawten (drohten) mit der Plünderung und preßten aus den armen Städtchen fast 10.000. Fl. Ob man nun gleich verhoffte, es würden die Herren Schweden ein Mitleiden mit uns haben, so mußte Ihnen doch ihr contingeni von der ordinairen schatzung eben sowohl gegeben werden, als sonst (,) ohne daß wir eine revision erlangten.“

Ich wollte zwar anfänglich die alte Handschrit der Kirchenchronik, was Styl und Orthographie betrifft, verändert mittheilen, wie auch bisher geschehen; – allein ich glaube jetzt, besser zu thun, wenn ich die alte Handschrift ganz so wieder gebe, wie sie ist. Einmal nämlich ist es gewiß nur ein kümmerliches Verdienst, alte Schriften auf diese Weise zu modernisiren, und dieselben unserer jetzigen Schreibart anzupassen, indem dies ohne Mühe ein hoffnungsvoller Terianer sich eben so gut, wie der größte Gelehrte, erwerben kann. Dann aber ist noch sehr die Frage, ob dies ein wirkliches Verdienst ist. Ich glaube, diese Frage entschieden mit Nein beantworten zu müssen. Die alten Schriften charakterisiren auch durch ihren Styl ihre Zeit und jede Veränderung ist eine Ballhornisirung; – ja, es ist uns gar nicht mehr möglich, Ton und Farbe der Darstellung so wieder zugeben. Mit Recht haben deshalb tüchtige Männer in jüngster Zeit alte Schriften unverändert herausgegeben, wie Kosegarten und Böhme die alte Handschrift von Kantzows Pommerania, mit ungetheiltem Beifall aller Sachkenner; ich sage aller Sachkenner; es giebt leider! Allenthalben unberufene Kritiker, welche den Historiker, weil sie deutsch verstehen, tadeln zu können glauben. So wird es auch nicht an Leuten fehlen, welche meinen werden, es sei keine Kunst, eine alte Handschrift entweder selbst abzuschreiben, oder abschreiben zu lassen, und dem Drucker zu übergeben, und so könnte einjeder Chroniken schreiben. So unvernünftig eine solche Ansicht auch ist, so fühle ich mich doch veranlaßt, derselben kurz zu begegnen. Die hier mitgetheilte Kirchenchronik bildet nur einen Theil meines geschichtlichen Werkes. Was ich im Ganzen geleistet, darüber erwarte ich das Urtheil der Geschichtsforscher. Freilich giebt es wieder, so wie in Polen, so in Tirolen, und auch hier in Birnbaum, Leute, welche Geschichtskundige zu sein sich dünken, weil sie auf dem Gymnasium Beckers Weltgeschichte zur Hand gehabt haben; – allein der Historiker läßt die Herren reden, und hält ihnen die kleine Eitelkeit großmüthig zu gute, indem er ihnen nebenbei zu verstehen giebt, daß der Geschichtsforscher doch ein klein wenig mehr in diesem Fache bewandert ist, als ein Anderer. Muß er zwar oft im lieben Leben viel erdulden, und gewöhnlich desto mehr, je größer seine Kenntnisse sind, namentlich an Orten, wo er keine beamtete Collegen findet, welche ihn gegen so manche Unbill schützen könnten durch ihr Ansehen; – so ist er doch zufrieden in sich selbst, und das ist genug, ja, ist mehr, als diese Herren sich träumen lassen. Die Kirchenchronik fährt fort:

1707 März. In diesem Monat, da wir dachten, das Winterquartier überhoben zu sein, kam unvermuthet das Hornische Regiment, so vormals hinter Posen gestanden, aber von denen herunter kommenden Moskowitern gejaget würde, allhier zu stehen. Der Oberste lag in des Herrn Diaconi Hause. Sie hielten ziemlich aus, bis an Pfingsten und wären ohne Zweifel noch länger geblieben, wenn nicht die Moskowiter näher und näher herunter gekommen wären. Nachgehender Zeit haben wir hier immerdar an unsern Ort in Furcht und Zittern, wegen der Moskowiter stehen müssen; sonderlich, da man vernahm, daß Rawicz und Lissa von jenen war abgebrannt worden, und ob man gleich zur Zeit von ihnen nichts feindliches hatte erfahren dürfen, so kamen doch zu 3malen unterschiedene Billete vom Obersten Schulz, einem Moskowitischen General hierher, unter der größten Bedrohung der allerschärffsten Exekution, weil sie aber zu hoch und pro jeden fumo (Schornstein) 10, dann gar 20 Rthlr. preatendirten, so konnten wir selbige nicht bezahlen und daher kam die Furcht.

August (1707). Um diese Zeit fanden sich hier in unserer Gegend viel polnische Völker ein, so theils dem General Brand theils Smigelski, theils auch andern angehörten. Herr Smigelski und Brand waren raisonable und theilten unsern armen Ort in regard des Herrn Starosten libertationes aus, allein dagegen kamen 13 Fahnen von des Czerneckis Leuten, die plünderten anfangs unsere, über der Warte gelegenen Vorwerke alle mit einander, nachgehends kamen sie auch in unser Großdorf allhier an und hasten eben nicht am besten, zogen endlich weiter weg, nachdem ihnen die Stadt 1.200 Tympf, 4 Stücke Tuche, 4 Stücke Kramleinwand gegeben.

(Im vorigen Jahre (1706) find sich die Pest in Polen an. Der Anfang wurde gemacht in Kalisch; hernach breitet sie sich in diesem Jahre schon weiter und weiter und nahm Jaroszyn, Punitz etc. ein.)

1708 In diesem Jahre gingen die Kriegspressuren noch immer fort, doch gab Gott Gnade, daß es noch leidlich war, 1. weil man ohne Einquartirung lebte, 2. die Stadt ihre Contribution laut Revision nach Posen an die Schweden überliefern mußte.

Hierauf folgte ein Winter, der, bei Menschengedenken, nicht härter gewesen, wobei denn auch großer Schnee sich mit einfand. Als dieser verging, folgte ein großes Gewässer.

1709 (den 23ten Februar) geschah ein gräulicher Casus in unserer Stadt, nämlich Meister Martin Kierink, Bürger und Schneider, ein frommer und ehrlicher Mann, ward nebst seiner Ehefrau des Morgens im Bette todt gefunden mit blutigen Merkmalen eines vorhergegangenen Mordes; wer aber Thäter gewesen, hat man nicht können erfahren.

1709 Jun. In diesem Jahre kamen die Sachsen wieder in Polen nach Pfingsten und schlugen ihr erstes Lager bei Bomst auf.

August (1709). Kurz vor der Pest kam ein freches Weibsbild hier an, die hatte vornehmen Leuten aus Berlin, Leipzig, Stettin gewisse Briefe weggestohlen, gab vor, die Verstorbenen, davon in den Personalien gedacht worden, wären ihre Freunde gewesen und sonderlich wäre ein gewisser Doctor Medic. und Apotheker aus Hamburg ihr Bruder. Nachdem er nun gestorben, wie sie vorgab, wäre alles haereditate ihre, wußte auch Briefe zu produciren, die sie aber selbst geschrieben, daß sie nur kommen sollte und sollte alles abholen, wäre alles parat, allein es war erlogen. Endlich kam man hinter das Licht und sie schlich sich auf heimliche Art und Weise weg. Das Beste war, daß ihr Bubenstück noch in der Zeit ausbrach. Denn 1) hatte sie eine Leichenpredigt bestellt, die ihrem seligen Bruder, wie sie vorgab, dem vorgedachten Doctor aus Hamburg sollte allhier gehalten werden, wozu sie den Text nebst denen Personalien mußte herauszureichen, 2) so hatte sie durch ihre Aufschneiderei es so weit gebracht, daß eines gewissen Rathsherrn Sohn . . . . ? gar mit ihr hatte Sponsalia und Hochzeit machen wollen; wir Prediger waren auch schon auf einen gewissen Tag dazu invitirt. Gott aber gabs, daß es hernachmals unterweges blieb.

1709 den 28ten August. Kommt, leider Gottes, auch die Pest hier bei uns an. Der Ursprung war ganz ungewiß, einige sagten, ein Bauer von Obrzicko, der eine gewisse Magd aus unserm Großdorf heirathen wollte, der hätte sie hierher gebracht, nachdem er sich heimlich in die Stadt geschlichen. Andere gaben vor, es wäre eine polnische Schneiderfrau in Zirke gewesen, und von daher hätte sie verpestete Lumpen mitgebracht. Es sei nun wie wolle, so nahm doch die Pest ihren Anfang in eines gewissen Tuchmachermeisters Hildebrands Haus. Zuerst starb der polnische Hausmann drinnen, der sonst Feldläufer war gewesen, ganz plötzlich. Des Abends  kam er frisch und gesund vom Feld, des Morgens ward er todt gefunden, hierauf kam eine gewisse Frau, die man sonst Karges Tochter nannte, deren Mann abwesend war, in diesem Hause herunter, genaß eine gesunden Kindes, welches auch die Taufe noch erhielt, bald aber sterben mußte, worauf die Mutter des andern Tages folgte. Nach diesem legte sich der Wirth, die Wirthin, wie auch sämmtliche Kinder nieder, wurden krank und starben. Das malum conlagiosum (die ansteckende Krankheit) breitete sich hierauf bald in der ganzen Stadt dermaßen aus, daß man ganz deutlich spüren konnte, es sei nicht mehr richtig. Den 30ten August zogen darauf die besten und vermögensten Bürger aus bis auf etliche so drinnen blieben und auch sterben mußten. Sie schlugen ein Feldlager auf bei Merin, allein sie nahmen sich nicht in Acht, sondern schleppten sich nachdem noch bisweilen in die inficirte Stadt, holten sich aus denen Häusern bald dieß und jenes, so sie annoch vergessen hatten, und dadurch kam die Pest auch ins Lager, daß sie genöthigt wurden sich wieder zu zerstreuen, doch bewahrte Gott gleichfalls noch Merin und alle andere Vorwerke, daß sie nicht angesteckt wurden. Die Zahl derer Ausgezogenen waren 368 Seelen, wie sie aber einzogen, waren ihrer nicht mehr als 219 Personen so sich noch kümmerlich theils in den Mochodschiner Holländer, theils auf denen Vorwerken erhalten hatte.

In der Stadt sollen von denen Todtengräbern angegeben worden sein, die durch die Pest weggerissen, an der Zahl 1.600.

Das Dorf hielt sich noch 14 Tage, allein es kam die Pest hierauf noch herein und starben drinnen 294 Personen, nachdem noch übrig geblieben waren 106. Die gnädige Herrschaft machte sich auch von dannen auf, und zog nach Gorzyn, verbot dabei, daß man keinen Gottesdienst mehr in den Kirchen halten sollte, aus Beisorge, wenn die Leute im Gotthause zusammen kommen sollten, so würde das malum (das Uebel) noch mehr und mehr propagirt (verbreitet) werden welches man denn auch aus der klüglichen Erfahrung anderer Oerter hatte.

Nach diesem Weil kein Gottesdienst mehr in der Kirche gehalten werden sollte, zogen wir Prediger beide auch aus: 1. weil es der Herr so haben wollte, 2. erforderte es auch der damalige Zustand unserer Gemeine, die gnädige Herrschaft bedurfte eines Predigers an ihren Ort und waren auch noch dabei einige Ortschaften, die reine waren, die konnten doch nicht also gelassen werden. Darum wurde der Herr Diaconus, Herr Joh. Sommer beordert, sich da hinaus zuverfügen. Der Herr Pastor M. Mathäus Balde hatte damals eben die arende über die Vorwerke. Weil nun die ausgezogenen Bürger nebst denen Kirchen Kindern über die Warthe wohnhaftig auch eines Seelsorgers bedurften, so machte er sich auf die andere Seite hinaus und zog nach Radgosz; damit aber gleichwohl auch diejenigen, die in der Stadt und Großdorf bleiben und inficiret waren, nicht ohne Seelensorge gelassen werden möchten, so wurde der damalige Herr Cantor Johann Jacob Strombeck pro pestilentiario (Pestprediger) angenommen auf Befehl des gnädigen Herrn auch von uns ordiniret, und also der noch übrigen Gemeine vorgestellt. Er lebte aber nur 6 Wochen bei seinem Amte, so starb er nebst Frauen und Kindern an der Pest. Nachdem er verschieden, so mußte die ministerialia (geistlichen Verrichtungen) auf sich nehmen der Pastor, wiewohl er kam nicht in die Stadt, sondern predigte, trauete, taufte und admistrirte draußen auf dem Anger, bis man merkte, daß man sich getrauen durfte weiter zu gehen (;) alsdann erwählte man hierzu den Kirchenplatz.

1710 gegen das heilige Osterfest in der Charwoche machten sich wieder die Ausgezogenen in die Stadt in ihre Häuser, nachdem sie selbige gut hatten säubern und reinigen lassen, der Gottesdienst ward auch zum ersten mal das Osterfest in der Kirchen wieder celebriret, allein nachdem sich wieder ein casus contagiosus (Ansteckungsfall) ereignete, so mußte man sich draußen auf dem Kirchplatze kümmerlich bergen und seine Andacht sowohl Sonntags als Wochentags halten bis zum Advent. Indessen breckelte sichs mit der Staupe fast den ganzen Sommer auch saßen die Leute nicht anders als wenn sie täglich wieder laufen wollten. Gott aber erhielt doch noch die Stadt durch seine Gnade.

1711 Januar. Bald nach dem sogenannten heiligen drei Königsfeste ging eine Execution vor sich, mit einer armen Sünderin von Mokritz, des Hohmes daselbst gewesene Tochter. Diese hatte heimlich mit einem gewissen Mühlischen zugehalten, und da sie nachmals ein Kind gebar, wollte sie’s auch heimlich gehalten wissen. Zu diesem Ende erwürgte sie das Kinder, und begrub es heimlich in den Kuhstall unter der Krippe. Gottes allsehendes Auge aber offenbarte diese böse That, und überantwortete sie der Hand der Gerechtigkeit. Die Strafe war die decollation so ihr auf Vorbitte wiederfuhr. Sie bereitete sich wohl zum Tode und erlitt mit getrostem Muthe den Schlag.

28ten August (1711) ersoff George Jacob der Homen von Radegosz allhier auf der Warthe, nachdem er in der Stadt sich vollgesoffen hatte, und in der Trunkenheit auf einen kleinen Kahn nach Hause fahren wollte.

August (1711). Gegen den Anfang dieses Monats ging der sächsische und moskowitische Mark aus Pohlen nach Pommern. Erst kamen die Sachsen und theilten sich halb durch die Stadt und halb durch die Vorwerke, alle nach Schwerin und Blesen zugehend, nachgehends aber kamen die Moscowiter aus 6 Regimentern bestehend, alle auf die Vorwerke.

1711 Dieses Jahr hat der moscowitische Marck continuiret nach Pommern. Die Meisten sind durch Birnbaum durchgegangen, und haben der guten Stadt viel Jammer und Herzeleid angelegt.

Junius. Gegen diesem Monden zu bauten sich die Moscowiter die Trifften, und nahmen alle Kähne hinweg, den Proviant zu Wasser nach Pommern zu bringen. Die Stadt mußte 5 Schock Holz, 100 Klaftern Stricke, eine Leine für 60 Rthlr., auch Pech und allerhand andere Materialien zum Schiffgeräth dazu geben, wie nichts weniger Aexte etc. Wie sie nun fertig werden, daß sie mit denen Trifften fahren konnten, so war das ärgste, daß keine Manns-Person in der Stadt sicher war. Es war nicht genug, daß ihnen die Stadt 38 Mann mußte liefern, sondern wenn sie vorbei kamen gefahren, so platzten sie noch dazu in die Stadt, nahmen alle Manns-Personen die sie antrafen mit Gewalt auf die Kähne mit, und plünderten alles, was sie antrafen, das währete ziemlich bis ins andere Jahr.

1712 Juni, Juli und August. In diesen 3 Monaten ging das fast in ganz Europa gewöhnliche Viehsterben auch an diesem Orte an; es war so vehement, daß in der Stadt, Dorfe und Schlosse nicht über 30 Stück mehr übrig blieben.

Am 13ten September kam das Unglück auf den höchsten Grad, denn außerdem, daß die arme Stadt mit vielen Moskowitern angefüllt lag die ihr sehr beschwerlich fielen wegen des Magazins, so strafte der liebe Gott das gute Birnbaum noch mit einer erschrecklichen Feuersbrunst, in welcher auf 146 Häuser darauf gingen. Das Feuer kam aus des Morgens an einem Diensttage zwischen 2 und 3 Uhre am Markte aus einem Hause, welches man Olszewskes nennte. Herr Klippel aber hatte es gekauft, durch was für Verwahrlosung kann man eigentlich nicht wissen; ob die Soldaten es angesteckt, oder ob durch Verwahrlosung Herrn Klippels Mägde, welche Dienstag vorher in diesem Hause Feuer gehabt und Tonnen gewaschen haben, es geschehen; kommt auf eine Inquisition an. Es blieben nicht mehr als 8 Häuser an der Brücke gegen dem Dorfe und die Töpfergasse gegen Bielsko übrig, das andere Alles, Ring, Neustadt, Rathaus und unterschiedliche Gassen gingen in Feuer auf.

1713 Bald bei dem Anfang des Jahres kam die Czaarin nebst dem Czarowicz aus Pommern hier an, und gingen wieder in ihr Land. Sie blieben 2 Nächte allhier stehen. Die Czaarin nebst den Frauenzimmern, worunter die Fürstin Galliczynin war, die Stunden auf dem Schlosse. Der Czarowicz aber bei den Herrn Doctore und was die Pfarr- und Schulhäuser anbelangt, die wurden auch nicht verschonet.

1713 den 16ten Novemb. Ward in Muchodczyn eine gewisse Frauens-Person Namens Margarethe Schabbelin von dem damaligen Schulzen Sebastian Piltzen der Hexerei beschuldigt. Die Ursache nahm er daher; sagte seine Kinder wären ihm vor einiger Zeit alle mit einander verlahmt. Er hätte aber einen besessenen Kerlen katholischer Religion der sich damals in der Stadt aufhielt gefragt, wer es gethan, darauf ihm dieser vorgedachte Margarethe Schabbelin genannt, und weil er denn nun ebenfalls auf keine andere, als auf Sie Präsumtion machte, so bleibe er dabei, und nehmen sie auf sein Gewissen. Sie wäre eine Hexe.

Wir Prediger redeten dem Kerlen Anfangs scharf ins Gewissen, und erwiesen ihm die Nichtigkeit derer documenten. Es steckte sich aber hinter dem damaligen Erbherrn, einen jungen Herrn v. Kalkreuth und brachte es so weit, daß sie nicht nur allein wurde eingezogen, sondern auch geschwemmet. Nun steckten wir Prediger uns wohl hinter die Gerichten, die aus der Stadt Birnbaum wurden herausgeholet, und erwiesen Ihnen, sie sollten sich weder mit der Schwemme noch mit der Tortur übereilen, denn solche Mittel wären nicht probat, sonderlich, wo keine andre Documente vorhanden waren, als wie sonst bisher, es wollte aber der Teufel dennoch sein Spiel haben, und brachte es so weit, daß es zur Schwemme kam. Als sie nun soll geschwommen haben, so bekam ihr Adversarius Gift, und brachte es bei der Herrschaft so weit, daß sie auch mußte gemartert werden. Wir Prediger schrieben diesfalls und predigten auch zugleich dawider; es wollte aber nichts helfen.

2 mal waren unsere Gerichten aus der Stadt dabei, als sie lorquiret wurde, bekannte aber nichts, damit wollten sie nichts mehr zu schaffen haben. Der Herr des Orts Carl v. Kalkreuth aber wollte nicht ablassen, sondern ließ die pohlnischen Gerichte aus Cham, einem Städtchen, eine Meile weges von Birnbaum abholen und ließ sie noch einmal lorquiren. Als sie aber auch da nichts bekennen wollte, so hat er sie auf einen Kreuzweg führen und noch einmal aufs ärgste martern lassen.

Ob Sie nuns was vor Marter mag bekennet haben oder nicht, hat man recht sicherlich nicht können erfahren, indessen kam die Post den 29sten November morgens in die Stadt herein, das Weib wäre in der Tonne todt; wie es sei eigentlich zugegangen, obs natürlich oder violento modo (auf eine gewaltthätige Weise) das können wir nicht wissen, im übrigen ist es memoratu dignum (merkwürdig).

1714 In diesem Jahre wurde der Thurm der evangelischen Kirche schon wandelbar daher mußte man wieder auf eine Reparation bedacht sein. Der Meister, der die Mühe auf sich nahm hieß Meister Jakob Herzog, war gebürtig aus Mähren, ein Katholike, hielt sich aber damals in Posen auf. Seine Arbeit bestund darinnen, daß er erstens angeben mußte wie das Fundament am Thurme zu repariren, 2) wie man den Thurm, der sich weit von der Kirchen hatte abgewandt, mit der Kirche wieder vereinigen sollte, und endlich mußte er 3) das unterste Dach neu decken; die obersten aber nur ausbessern. Es kostet der Kirche die Arbeit mit Zwecken und Blechen, Schindeln und Fließen 120 Thlr. Dem Meister alleine wurde nur pro labore gegeben 60 Thlr. und 2 Tonnen Bier. Um diese Zeit gefiel es Ihro Großmächtige Gnaden dem Herrn Starosten, den Stern auf den Thurm vergülden zu lassen. Er spendierte darauf 2 Ducaten. Der Thurmdecker bekam aber vor Abnehmen und Aufsetzen 4 ½ Thaler und ½ Tonnen Bier.

1715 Dieses Jahr ging noch ziemlicher maaßen wegen der Kriegestrouble mit, allein gegen das Ende desselben fand sich alles Unglück wieder mit Haufen, denn circa finem (gegen das Ende) Novembers kamen die Moskowiter wieder von neuem bei uns angestochen und wollten ihren Marsch durchs Brandenburgische denen Alliirten zu Hülfe nach Stralsund nehmen, weil aber der Winter nunmehr vor der Thür, so brauchte man ihrer nicht mehr an gedachtem Orte und schickte ihnen dannenhero contra ordre. Nun war das eben damals das Schlimmste, daß wie die Ordere einlief, sie schon in unserer Gegend eingerückt waren, und also wußten sie nicht, wo sie sich sollten alsbald hinwenden, der Winter war nunmehr vor der Thüre; müde waren sie auch von ihrem Marsch, dahero blieben sie uns auf 3 Wochen bald liegen auf den Hals, ehe und bevor sich die Armee ein wenig zu moviren begunte, ja, obgleich die Armee, so wie man vorgab aus 30.000 Mann bestund, sich von unseren Gränzen ein wenig weiter hinauf gegen Preußen hatte gezogen, so blieb doch immer der Feldmarschall Czeremetoff annoch bei uns liegen, und wartete auf dem König Augustum, der den 28ten Dezember von Guben nach Meseritz kam und weiter nach Posen avancirte, um also gewisse Ordre von ihm zu empfangen, wohin er eigentlich die Armee zum Winterquartier hinführen sollte. Hierzu kam noch ein neues Unglück: Des Feldmarschalls Gemahlin hatte, weil sie Hochschwanger war zurückbleiben, und also in Lithauen die Zeit ihrer Entbindung auswarten müssen. Nachdem Sie nun mit einem jungen Prinzen entbunden worden war, machte sie sich auf, in Willens ihren Herrn nach Pommern zu folgen, und diesen ihren Prinzen im Beisein Königl. Majestät sowohl von Preußen als Dänemark taufen zu lassen, und diese kam nun retour mit ihrem Hofstaat auf uns zu und blieb auch eine hübsche Zeit bei uns liegen aber auf unsere Unkosten.

1717 Gleich zu Anfang dieses Jahres kamen etliche Regimenter, welche so lang im Mecklenburgischen gelegen hatten wieder zurück nach Polen, und blieben liegen bis zu der Erndte.

In diesem Jahre war das was ungewöhnliches daß sich die Störche auf unsern Anger und Pasternack zu stark versammelten. Sie waren manchmal etliche 100 beisammen, und ließen sich nicht irren wenn gleich die Leute Ihnen auf den Hals kamen. Es war nicht anders als wenn sie immerdar ein Colloqium (Zwiegespräch) hielten, und mit einander worüber deliberirten, welches denn etliche Zeit nach einander gewährt.

Den 6. August wurde ein Weib in Skrzydlewo im Bette liegend vom Donner erschlagen. Das Mädchen so bei ihr lag dermaßen von dem Knall erschreckt, daß sie bei einer Stunde lag, ehe sie sich besinnen konnte, endlich ermunterte sie sich doch kam davon.

Um diese Zeit kam der Rest von denen Moskowitischen Truppen aus Mecklenburg zurück und den 18ten August stund der General Adam Heyde v. Weyde bei uns.

1718 Endlich ging der letzte Rest von denen Moskowitern die so lange in Schwerin gestanden und auf die aus Dänemark angekommenen Matrosen gewartet hatten eben den Charfreitag hier durch wieder zurücke in Ihr Land. Der General hieß Matuscheck.

1719 war ein schrecklicher Mißwachs zur Zeit der Erndte, dahero folgte hernach eine ungemeine Theuerung. Das Viertel Korn galt 10 Tympfle. Der Weitzen war im gleichen Preiss, das Viertel Gerste zu 8 Fl. Schilger das Viertel Erbsen 12 Fl. Schilger das Viertel Hafer 4 Fl. Schilger. Es war großes Elend unter denen armen Leuten, doch starb Niemand vor Hunger. Das Korn wurde bis von Thoren herunter geholet aus den Szkuten, die aus Klein Polen waren angekommen.

1720 den 30ten Decbr. dieses Jahres passirte noch allhier ein merkwürdiger Casus in der Kollnoer Mühle mit der Müllern, Namens … ? Diese Frau ward krank und fiel zuletzt in solche Ohnmacht, daß alle Leute sie vor Todt schon hielten, sie wurde gewaschen wie ein Todter, es wurde ihr auch ausgeläutet, und nachdem man sie in den Sarg hineingelegt um sie zu begraben, allein zu ihrem Glücke ermunterte sie sich wieder, nachdem sie 24 Stunden vor todt gelegen. Kam wieder auf und lebte nun recht gesund.

1721 den 1sten März zur Nachtglocke 11 war eben Sonnabend vor Invocavit geschah ein solches erschreckliches Himmelszeichen hier in unserer Gegend dergleichen noch niemals so entsetzlich mag gesehen worden sein. Der Anfang ließ sich allbereits spüren Glocke 8 Uhr des Abends, denn da ward es so lichte am Himmel, nicht anders, als wenn der Mond so pflegte zu scheinen, und war doch gleichwohl kein Mond mehr vorhanden, denn er war um 8 Uhr schon untergegangen. Hierauf fanden sich gewiße lichte Strahlen die gingen auf Nord-Ost und zogen sich gegen Westen, und nahmen fast mit ihren Umschweif und Glanz den ganzen Theil von Mitternacht bis Abend ein. Sie spielten aber mit solchen mannigfaltigen Farben, daß sich ein jedweder der es sahe nicht genugsam zu verwundern wußte, weil er dergl. seltsame couleures (Farben) noch nie gesehen. Endlich brach es aus, was aus dergleichen ungewöhnlichem Lichte werden wollte, denn nach 11 Uhr zu Mitternacht praesentirte sich zu aller spectatorum (Zuschauer) Schrecken eine große und erschreckliche Feuerkugel, die stand bis nach 1 Uhr mit solchem Entsetzen, daß alle, die sie gesehen, die Haut geschauert, und sich nicht anders eingebildet haben, als würde der Tag des Herrn kommen. Das Centrum von diesem sogenannten Feuerballen soll wie ein großer runder Tisch sein anzusehen gewesen, voller Feuer, nicht anders als wenn man durch ein so großes rundes Ofenloch in einen recht hellen und feurigen Brennofen, da nichts als lauter Feuer zu sehen, einen Blick hereiner thäte, das grauerlichste davon hat darin bestanden, daß aus dem Centro lauter Feuerstrahlen und Funken um und um herausgeschossen und fast den halben Theil von Norden nach Westen mit Flammen angefüllt, die dann zuletzt, wenn sie vergangen, einen recht dampfenden Rauch von sich gegeben, der auf die Erde gegangen. Es ist hier auf der Erden davon so licht gewesen, daß man gar füglich hätte von solcher resplendescenz (Wiederschein) Geld auf der Gaßen zählen können. Gegen 3 Uhr des Morgens ist darnach dergleichen Phaenomen (Himmelszeichen) verschwunden, und ist die Nacht geworden wie gewöhnlich. Von der Zeit an hat man dergleichen Nordscheine fast alle Jahr in folgenden Zeiten bemerkt, und ist nicht ein Jahr gewesen, da nicht zum wenigsten etliche mahle darinnen wären etliche observirt worden.

Den 14ten August hujus anni wurde ein Weibsbild mit Namen … ? decolliret (enthauptet). Sie hatte Anfangs bei dem Schwarzfärber M. Paul Thielen gedient vor Magd und hatte ihm etwas entwendet. Hierauf wurde sie davor ausgepeischet und mußte die Stadt verschwören. Sie kam aber demungeachtet noch 2mal wieder und bestahl ihm. Darüber wurde sie von Landsberg abgeholet, eingezogen und decolliret. Es waren noch mehr peccala (Verbrechen) die dazu kommen, und außer den Meineid und Diebstahl hat sie auch wollen anstecken das Haus des Schwarzfärbers, hat auch gehuret. Sie bekannte aber alles ohne Tortur und ging auch recht fröhlich und getrost zum Tode hin.

Eben um diese Zeit kaufte der Herr Staroste Bielsko, damit er eine Walkmühle möchte daselbst aufbauen können. Es ist nachgehender Zeit wegen dieses Gutes halber ein großer Prozeß entstanden, bis endlich die Sache auf dem Tribunal per decretum 1736 ist ausgesprochen worden.

1722 im Monat Juni und zwar den 3ten huj. kam die Walkmühle, welche Ihro Gnaden der Herr Starost bei Bielsko hatte erbauen lassen zum vollkommenen Stande und fing zum ersten Male an zu arbeiten. Gott lasse sie zum Aufnehmen unserer Stadt gedeihen!

Eodem die (an demselben Tage) schlug das Wetter einen Hütsjungen auf dem Feld zu Altgörzig todt.

1723 In diesem Jahr war das Getreide so wohlfeil, daß ein Viertel Korn zu 24 gr. Schillinger auf denen pohlnischen Märkten, das Viertel Gerste 18 gr. und das Viertel Haafer 12 gr. Schillinger galt.

1724 Der gnädige Herr verkaufte in diesem Jahre die Starostei Obornik und bezahlte Schulden.

1725 den 16ten März hora 9 anie meridiane (früh 9 Uhr) wurde unser gnädiger Herr der hoch und Wohlgeb. Herr Boguslaus v. Unruh Erbherr von Birnbaum vom Schlage gerührt in der Kirchen, da er eben freiwillig war von sich hereingegangen zu keinem Gottesdienste (denn denselben Tag ward eben kein Gottesdienst nicht celebrirt) sondern nur eine Disposition zu machen wegen derer Stellen halber, die da sollten verkaufet werden. Er ward bald todt herausgetragen auf den Hof und starb nicht lange darnach um 12 Uhr. Gott sei seiner Seele gnädig.

1727 den 2ten Oktober erschlug der Kirchenwächter im Zorn seinen Sohn. Zwar auf der Stelle bald blieb Er nicht todt, sondern er lebte noch eine kleine Zeit. Wie ihn aber eine starke Ohnmacht befiel, so war nichts bei der Hand wodurch man ihn erwecken kunte und also blieb er weg. Der Vater war ein geborner Schwede mit Namen Andreas Fisch echappirte.

1728 fingen die Sprengel (Heuschrecken) aus der Niederlausitz in den Glogauschen sich her zu begeben, und thaten bis an Karge heran großen Schaden, doch kamen sie noch nicht auf die pohlnische Gränze.

1729 den 17ten August kamen auch die Sprengel hierher zu uns mit hellen Haufen. Sie waren wie eine Wolkenbrucht und fielen alle mit einander auf die Gerste, weil das Korn war allbereits Gottlob eingeerndtet worden. Doch wir ließen sie sitzen, und wollten uns nicht mit ihnen jagen, dahero kam es, daß sie auch nicht gar zu großen Schaden thaten. In unserer Nachbarschaft zu Schwiebsen, Meseriteschen Kreis und auch in unserer Gegend haben sie alles glatt abgefressen, und ist in Prittisch gar nicht, in Striche aber Blutwenig erhalten worden. Im Gubenschen, Croßnischen und schlesischen Lande haben sie nun schon 2 Jahre nach einander gewüthet, und das macht der garstige Bruth den sie des Winters über zurücke ließen auch sogar in der Erden sich Nester machen wie mich deucht, daß solchen zu dämpfen kein besser Mittel, als Brühheiß Wasser, welches man auf dem Felde in Kesseln nicht weit von ihren Nestern kocht, und sie damit verbrüht. Man hat bishero sie insgemein mit großen Geschrei, Drommeln und Klingen derer Becken, wenn sie sind angekommen, von denen Feldern vertreiben wollen, aber man hat bemerkt, daß sie nur giftiger und hitziger worden sind, und wenn sie nachher wieder auf das Getreide gefallen sind, haben sie desto größerer Schaden gethan. Viele unter denen Heuschrecken waren wie die kleinen Vögel so groß, haben 4 Fliegel, welche inwendig sehr artig mit lineamenten gezeichnet waren, ein Maul wie ein Verkel so spitzig nebst 4 weißen Spitzen oder Stacheln die aus ihrem Munde rageten, und statt derer Zähne sein sollten. Gott bewahre uns ferner vor solche Fressers!

1730 In diesem Jahre continuirten die Sprenkel eben so wie voriges Jahr, doch war das dabei ein großes Wunder, daß das Getreide nicht aufschlug, sondern galt das Viertel Korn 1 fl. 15 gr. das Viertel Gerste 4 Schostack.

1731 post Festum Paschatos in diesen Jahren wurde die sogenannte alte Kirchstube auf dem Schlosse eingerissen und wurden neue apartementen daraus gemacht.

1732 trat unser gnädigster Herr Oberste, Herr Xtoph v. Unruh die Regierung der Stadt Birnbaum an, welche er, nachdem die gnädige Mamma ihre etliche Jahre geführte administration deponiret, vor baares Geld an sich gekaufet hatte und nahm alle Onera und Schulden auf sich, und damit kam der Disput zu Ende wegen Aufbauung und Reparirung der katholischen Kirche, weil er sich mit Macht des jus Patronatus vindicirite, und also auch Anstalt dazu machte, daß die Kirche ausgebessert wurde.

1732 starb unser gewesener König Friedrich Augustus und von der Zeit an ward es recht schlimm im Lande, weil sich die Pohlen wegen eines neuen Königs nicht vertragen kunten.

1734 vagirten di malionienten, die Augusto 3 dem neu erwählten Könige zuwider waren und hielten die Parthei Stanislaus, ziemlich in den Lande herum und kamen auch 2 mal hierher nach Birnbaum und erpreßten etliche 100 # (Ducaten) und wollten mich fangen; allein der Herr mein Gott verbarg mich vor ihren Augen, daß ich sicher blieb.

1735 mußte zu Steurung der Hurerey und Ehebruch Dom. Rogate auf Befehl des Herrn Obersten ein Edict publiciret werden, daß von dato an weder Huhrer noch Ehebrecher sollten verschont, sondern die Hurerei sollte mit Staupenschlag und der Ehebruch mit Kopf und Schwertschlag gestrafet werden. Tempus docebit, (die Zeit wird’s lehren) ob dem nachgekommen waren wird.

1736 In diesem Jahre war es auf der Straße sehr unsicher, sintemal gegen Pfingsten ein Jude nicht weit von Culm erschlagen wurde, und nach Johannis mußte auch ein Bürger aus der Stadt mit Namen Jacob Frey, zwischen Milostowo und Linde herhalten, da er eben von einem pohlnischen Bauer, den er zum Wegweiser mitgenommen hatte und Compagnon, erdrosselt worden.

Gleich darauf im Julie kam hernach ein solch groß Gewässer; welches dem anno 1698 nicht viel nehmen wird, alle Ställe und Hintergebäude in der Stadt wurden eingerissen, und ging das Wasser über und über. Keinen Planken noch Zaun sah man mehr, und war nicht anders als wie eine Zerstörung anzusehen. Die Vorderhäuser an der Brücke waren voll Wasser, bis an Vogelbergs Hause und kunte niemand drinnen wohnen, alle Brücken gingen weg, und daß Wasser kam bis bald an meine (des Prediger) Planken Ecke, nur daß noch ein kleine Spatium war trocken zu Fuße zu gehen; bei den Herrn Diacono wäre es, wenn es noch einen Tag gewachsen hätte, gewiß schon an der Ecke zum See zu in die Kammer getreten, denn der halbe Hoff bei ihm stund voll Wasser, in dem Großdorfe waren 4 Häuser hinter den Spittel voll Wasser, also mußten die Leute ausziehen, doch war dieses Wasser darin ärger und schädlicher als das erste 1698, weil ersteres in Martio (im Monat März) ankam, und also weder Wiesen noch Saat kunte schädlich sein auf dem Stadtfelde aber dieses nahm Wiesen und Getreide weg, und also kunten die armen Stadtleute nichts von den allen nutzen.

In allen Färbereien in der Stadt(,) deren 3 waren (,) stand alles voller Wasser, auch war kein Keller mehr in der Stadt fast anzutreffen, da nicht alles voll Wasser war, viel Brandmauern (,) Kachelofen und Feuermäuern fielen ein. Suma es war ein groß Elend allenthalten. Ob nun gleich dieß große Wasser im Oktober etwas abnahm, so währete es doch nicht lange, sondern kam wieder und währete hernach den ganzen Winter durch bis Martius (Monat März) daher kam auch die große Theuerung und Hungersnoth da das Viertel Korn zu 8 fl. Schilger und das Viertel Gerste zu 6 fl. galt, welches vor die armen Leute ein groß Elend war, zumal da die Nahrung ohnedem bei denen Tuchmachern sehr in gecadance (Verfall) gerieth.

Den 30ten September hora 10 vesperi (10 Uhr früh) starb unsere alte Fr. Starostin Ludovica Constantiariny geborene Zychlinskin im 68ten Jahre ihres Lebens nachdem Sie von anno 1732 die Güter allbereits cediret hatte und hatte bisher von Ihren gewissen Wittwengelder zehren müssen.

1738 den 17ten Januar kam der Sohn des Hohmens auf dem Berge bei Ihro Gnaden dem Herrn Wladislaw sich aufhaltend zu mir und bestellte das Begräbnis vor seinem Vater, wie es um und um kam, mußte ich den 19ten noch herauskommen und mußte ihm berichten. Die Ursache war: Er hatte die Schwarzenoth bekommen und damit lag er anders nicht, als wenn er mit dem Tode rang. Der gnädige Herr war damals gleich zugegen, und hatte noch niemals einen Menschen sterben gesehen, bildete sich ein, das wäre schon die Todesangst, befiehlt darnach dem Sohne, er soll nur schon zu mir laufen, und das Begräbniß bei Zeiten bestellen, aber siehe, er lebet noch, und solch ein Casus ist mir auch bald im Anfang meines Ministerii (geistlichen Amtes) begenet, mit einer Schneiderin aus der Stadt, wie auch mit der Colnoer Müllerin, welche allbereits in den Sarg gelegt worden war, und war ihr auch ordentlich ausgeläutet worden, nach dennoch recolligirte sie sich und lebt noch bis diese Stunde, also hat man mit denen Begräbnissen nicht zu eilen.

Um den May in diesem Jahre kam der Prozeß mit denen Hasen wegen Bielsko halber zum Ende, und wurde unserer Herrschaft ganz und gar übergeben.

Den Sonnabend vor Rogate war der 10te May fing es recht erst bei uns zu frieren, und des Tages am Morgen fiel so ein Schnee als wenn es Fastnacht wäre gewesen.

1764 wurde der Herr Graf v. Poniatowski durch Unterstützung Rußlands zum König von Pohlen erwählt, und das sächsische Haus ausgeschlossen. Dieser neue Regent besaß alle Eigenschaften eines guten und weisen Fürsten nur fehlte es ihm an Macht dieselbe gehörig zum Besten des Landes anzuwenden.

Anno 1789 fing sich der in dem Geschäfte ewig merkwürdige Reichstag an; worauf man an einer ganz neuen Verfassung von Pohlen arbeitete, sich von Rußland los riß und mit Preußen alliirte.

Bei der neuen Regulierung der Abgaben mußten die Edelleute den 10ten von ihrer Erndte und Propination abgeben und die Geistlichen von allen christlichen Confessionen ebenfalls den 10ten von den fixen Einkünften, die nicht voll 2.000 fl. betrugen, wer aber über 2.000 fl. fix Einkünfte hatte, mußte 20 Procent geben.

1791 den 6ten May wurde die neue Constitution in Warschau publicirt und vom König und den mehresten Reichstaggliedern beschworen, diese große Revolution wurde ohne alles Blutvergießen ausgeführt und gereicht der pohlnischen Nation zum unsterblichen Ruhm.

1791 den 28ten April vorher wurden alle Königl. Städte zu freien Städten erhoben und erhielten adliche Rechte

* * *

Anno 1763 starb der Herr Reichsgraf Christoph v. Unruh Erbherr auf Birnbaum in Dresden. Sein Bruder Herr Peter v. Unruh nebst seinem Sohn den Kammerjunker Boguslaw v. Unruh waren von ihm zu Erbfolge von der Herrschaft Birnbaum bestimmt. Dieser letztere vermählte sich 1675 mit der ältesten Fräulein Tochter des Herrn Generals von Bojanowski, Erbherrn auf Bojanowo etc. Er zeugte mit ihr 4 Söhne und 2 Töchter.

Anno 1779 starb dieser Herr an der Brustwassersucht im 38ten Jahre seines Alters. Seine hinterlassene Frau Gemahlin heirathete 1780 den Herrn von Milencki aus dem Hammerischen Hause, reformirter Confession, dieser kaufte von dem Herrn Carl v. Unruh Rozbitek.

Birnbaum kam nun unter Vormundschaft. Die Vormünder waren Sr. Excellenz der Herr Starost v. Unruh, Erbherr auf Karge etc. und der Herr Land Kammerrath Carl v. Unruh, ehemaliger Erbherr von Rozbitek.

Die beiden ältesten Herren Söhne des verstorbenen Erbherrn von Birnbaum: Peter Stefan und Boguslaw wurden in Warschau erzogen. Die beiden jüngsten gingen in Preußische Dienste.

Gewisse Irrungen, die in der Familie entstanden, waren Ursache, daß die beiden ältesten aus ihrer schönen Laufbahn herausgerißen worden und 1785 nach Hause kamen. Es wurden verschiedene Anstalten gemacht, daß sie Birnbaum übernehmen sollten, allein da man nicht Gelder negociren konnte, um den Herrn Peter v. Unruh seinen Vorschuß, welcher an 40.000 Rthlr. betrug, auszuzahlen, so mußte dieses Project aufgegeben werden.

Nun ward beschlossen Birnbaum zu verkaufen

Anno 1790 verkauften die Erben die Herrschaft Birnbaum an ihren Pflegevater den Hochwohlgeb. Herrn Carl v. Mielecki Königl. Pohlnischen Kammerherrn für 160.000 Rthl. Nachdem die Unruhsche Familie diese Herrschaft an 200 Jahre besessen hatte.

1789 heirathete der älteste Sohn aus dem Birnbaumer Hause, Peter Stefan v. Unruh die jüngste Fräulein Tochter aus dem Hause Bronikowski auf Chlastawe und Guschi und hatte die Vorwerker Radegosz Mokritz, und Caplin in Pachtung.

1786 heirathete der 2te Sohn aus diesem Hause Herr Boguslaw v. Unruh eines Advocaten Tochter in Posen des Herrn Jasinski älteste Tochter, und kaufte 1790 das Dorf Roszbitek.

1790 heirathete der 3te Sohn August von Unruh die älteste Fräulein Tochter 2ter Ehe aus dem Hause Tzemnowski auf Powdowe und kaufte 1791 das Dorf Poppen bei Lissa.

1790 heirathete der 4te Sohn Christoph v. Unruh eine gewiße Fräulein von Bornstaedt in Schlesien.

1790 heirathete die älteste Fräulein aus dem Birnbaumer Hause Friederike v. Unruh den Grafen v. Bronikowski, Erbherrn auf Chlastawe und Guschi.

Herr v. Milecki verkaufte die Herrschaft Birnbaum, von welcher er 6 Jahre hindurch Besitzer gewesen an den Herrn Landrath v. Stentsch aus Schlesien; welcher jedoch dieselbe vor Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts dem Staatsminister Freyherrn v. Stein käuflich überließ.

Am Ende des Jahres 1816 wurde die Herrschaft Birnbaum ein Königliches Domainen-Amt. Der bisherige Besitzer, der Herr Minister v. Stein erhielt dagegen andere Güter in Westphalen.

* * *

1789 brach in Frankreich die gewaltige Revolution aus, welche ganz Europa erschütterte.

1793 Im Anfange dieses Jahres wurde Großpolen von dem Könige von Preußen in Besitz genommen, und nunmehr Südpreußen genannt.

1806 den 25. Novbr. rückten die Französischen Truppen unter dem Kaiser Napoleon allhier ein. Südpreußen mußte beim Frieden der 1807 in Tilsit war geschlossen worden, zurückgegeben werden und bekam den Namen Herzogthum Warschau und zum Regenten den König von Sachsen. In dem Letztern, mit den Franzosen unter dem Kaiser Napoleon in den Jahren 1813, 1814 und 1815 geführtem Kriege, wurden jene überwunden – und die Folge davon war unter andern diese, daß ein Theil von dem ehemaligen Südpreußen und nachherigen Herzogthum Warschau, unter dem Namen: „Großherzogthum Posen“ an Preußen abgetreten, und von ihnen in Besitz genommen wurde.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – 

Birnbaum – aus der Chronik, die Jahre bis 1700 // 1ster Teil

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Werner Reinhold (Ergänzungen/Zusammenstellung Gudrun Tabbert))
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Birnbaum / Miedzychod in der ehemaligen Provinz Posen

Einst schrieb Dr. Werner Reinhold: „Chroniken zu schreiben, in Archiven zu wühlen, ist Leidenschaft bei mir geworden, und ich freue mich, daß selbst hochstehende Geschichtsforscher mein Streben anerkennen. Was vorliegende Arbeit betrifft, so habe ich nur zu bemerken, daß es mir immer verdienstlicher erscheint, das zu sammeln, was noch vorhanden, als nichts zu thun, indem man sich damit entschuldigt, es seien zu wenige Quellen und Nachrichten vorhanden, und der Lücken zu viele.“

Er verfasste die „Chronik der Stadt und des Kreise Birnbaum oder Geschichte der Städte: Birnbaum, Schwerin, Zirke, Kähme, Blesen und der zu dem Kreise gehörigen Dörfer“; erschienen Birnbaum, 1843.

Dr. Reinhold schreibt, das sein Werk „nach sämmtlichen vorhandenen gedruckten und ungedruckten Quellen“ von ihm bearbeitet worden war.

Auszugsweise geben wir hier aus dem Originaltext einige Kapitel wieder, wie sie seinerzeit erschienen sind, Dr. Reinhold schrieb:

* * *

Wir wollen jetzt die Geschichte der Stadt nach der handschriftlichen, von den hiesigen verschiedenen evangelischen Predigern verfaßten Chronik vortragen, indem wir oft den Styl, ja sogar die Orthographie der Handschrift beibehalten.

Die Chronik berichtet:

Anno 1597 hatt der Hoch- und Wohl-Gebohrene Herr, Herr Christoph von Unruh der Uhr-ältere, diese Stadt Birnbaum, zum Ersten Erkaufft von dem Hoch- und Wohl-Gebornen Herrn undt Graffen Sel. Ostorog genanndt.

Im Jahr 1600 ließ der genannte Christoph von Unruh die deutsche evangelische Kirche bauen.

Im Jahr 1620 erbte dessen Sohn, Georg von Unruh, die väterlichen Güter, und ließ die evangelische Kirche erweitern.

Im Jahr 1626 herrschte hier, wie überall in Polen, die Pest so wüthend, dass gar wenig Wirthe (Hausbewohner) in Birnbaum und Großdorf übrig blieben. Das Viertel Korn galt 9 Guldden.

1627 theilten sich die Brüder Georg und Baltzer von Unruh also, daß George Birnbaum, Großdorf und alle Vorwerke, nebst dem ausdrücklichen Patronatsrecht über die katholische Kirche in der Stadt, Balthasar Striche und Muchodczyn nebst der Mühle erhielt, in welcher sich der Birnbaumische Hof ausdrücklich die Freiheit des unentgeldlichen Mahlens, sowie das Recht, noch eine Mühle bauen zu lassen, vorbehielt, wohingegen sie Balthasar von Unruh nebst seinen Nachkömmlingen das Patronatsrecht über die evangelische Kirche reservierte, auch versprach, sich mit den Seinigen stets zu derselben zu halten, und die nöthige Vorsorge zur Beförderung des Gottesdienstes daselbst zu haben. In diesem Vertrage wird zugleich bemerkt, daß der „Mannsfelder viele Privilegien und Kleinodien von dem Birnbaumschen Hofe weggeraubt.“ Es wird auch gemeldet, daß sich der Aelteste von den Brüdern, Christoph, das Dorf Schweinert allein vorbehalten zu seiner Subsistenz, weil er sich entschlossen, unverheirathet zu bleiben, und habe deshalb die übrigen Güter seinen beiden Brüdern freiwillig cedirt.

Verhängnißvoll schwebt der letzte Pfingsttag nach dem Königsschuß des Jahres 1635 über Birnbaums friedlichen Wohnungen; ein Schützenbruder, Georg Naske, verursachte durch einen unvorhergesehenen Schuß eine Feuersbrunst, wodurch die ganze Stadt in Asche gelegt wurde.

1648 Gleich am Mathiastage, war ein überaus großer Sturmwind, daß er fast Menschengedenken nicht so groß gewesen, welcher großen Schaden an Thürmen, Gebäuden, Windmühlen und Bäumen gethan, das nicht alles zu erzählen ist.

Im Jahre 1652 erbte der Rittmeister Christoph von Unruh von seinem Vater Georg die Herrschaft Birnbaum.

Im Jahre 1655 (am 25ten Juli gegen Abend) kamen die Schweden bei Uscht an; zwar wollten die Einwohner von Großpolen Widerstand leisten, allein sie fühlten sich zu schwach, und man ließ die Schweden ein.

Im Jahre 1656 (nach Margarethen) zeigte sich die große Pest in Birnbaum, welche in der Stadt an polnischen und deutschen Einwohnern 500 und im Großdorf 203 Personen hinwegraffte. Eine andere Hand hat hier bemerkt: „Sie wurde bei dem Durchmarsch derer brandenburgischen Völker hereingebracht in Martin Assmanns des Schneiders und Daniel Petzolts, des Kürschners Behausungen. Damals sind die Prediger ausgezogen, vid. Kirchenbuch ad annum 57.“

Im Jahr 1657 ließ Christoph von Unruh, „Starosta zu Gnesen“, den Thurm an der evangelischen Kirche zum ersten Male bauen.

„Anno 1657 gleich in den Fasten, kam der Tzernetzki mit seiner ganzen Armaelie, bey uns allhier in Birnbaum an, und ging bei der Giertze, so an Küstrin liegt, durch die Oder durch, streifte auf die 4 Wochen lang in der Mark und Pommern herum, kam wieder anhero zurücke; darnach währten die Durchzüge immerzu.“

Im Jahre 1658 (am 7ten Juni) kam der König von Polen, Johann Casimir nebst seiner Gemahlin zu Zirke (2 Meilen von hier) an, reiste am 25ten Juni nach Driesen, kehrte aber am folgenden Tage wieder nach Zirke zurück, wo hingegen die Königin nach Berlin zum Kurfürsten reiste, wobei der Starost Christoph von Unruh die Ehre hatte, dieselbe zu begleiten. Am 6ten Juli d. J. kehrte dieselbe von Berlin kommend in Birnbaum an, begleitet von 3 Compagnien Polen und einer Compagnie kaiserlicher Völker, hielt auf dem Schlosse eine Mittagsmalzeit, und reist von hier über Zirke weiter.

Am 27ten Juli d. J. (1658) kam die ganze kaiserliche Armee nach Birnbaum. 10.000 Mann stark und wurde in die umliegenden Dörfer vertheilt. Der General-Feldmarschall Montecuculi, logierte auf dem hiesigen Schlosse, der ganze Stab, als der General Spork, General Götze, der Markgraf v. Baden, Oberst Ranft nebst allen General-Stückmeistern, logirte in der Stadt; die Kriegskanzelei im Pfarrhause, die Kanzelei des Montecuculi im Schulhause.

Im Jahre 1668 (den 23ten März) wurde hinter dem hiesigen Schlosse, nahe bei den Weiden ein Schießhaus erbaut, da man zuvor nur Hütten gehabt, unter denen man das Schießen verrichtet.

In demselben Jahre 1668 (den 12ten August zwischen 2 und 3 Uhr) brannten die Vorwerke in Birnbaum ab. Das Feuer brach aus bei einem polnischen Töpfer, Namens Matthes Marchollen, durch Vernachlässigung des Töpferofens.

Später, 1671, baute Christoph von Unruh auf der genannten Stelle eine Neustadt an, und wurde das erste Haus aus seinen Mitteln erbaut.

Im Jahre 1672 (den 7ten Juli) entstand in Birnbaum ein großes Ungewitter, welches in den polnischen Glockenthurm einschlug. Das Feuer wurde aber durch Gottes Gnade bald wieder gelöscht. Der Thurm wurde noch in demselben Jahre wieder neu erbaut.

Vom Jahre 1673 berichtet uns die Chronik einen Vorfall, welcher Empörung und Mitleid in uns zugleich erregt; Empörung, weil eine solche Handlung das menschliche Gefühl mit Füßen tritt; Mitleid, weil der Thäter wahnsinnig gewesen sein muß.

Es heißt: „Anno 1673 (den 3ten Juli) ist allhier bei uns zwischen 9 und 10 Uhr Mittags, ein junger, frommer und fast schier blinder Mann, seines Handwerks ein Schneider, Namens M. Gurg. Jakob, welcher durch Antrieb des leidigen Satans, sich mit einer Sau vermischt, so von einem unserer Bürger, in desselben Forwerke, Namens Johann Manlowitzen, ist gesehen und offenbaret worden, welcher, wie er darum befraget, Was ihn dazu verursacht, hat derselbe zur Antwort gegeben, eß Wehre Ihm von einem alten Weibe gerathen Worden, Wann er daß thun Würde, Würde er Wiederumb zu seinem Gesichte kommen. Ist ihme aber oben bemerkten Tages, Erstlichen das Haupt abgeschlagen, Hernachmals Nebest der Sau, so noch am Leben war, auff das Holz geleget und verbrannt worden.“

Vom Jahre 1674 berichtet die Chronik, daß Johann Sobiewsky zum König von Polen erwählt worden.

Im Jahre 1677 ließ der Starost Christoph von Unruh die evangelische Kirche in Birnbaum zum zweiten Mal erweitern.

Im folgenden Jahre, 1678, wurde der Glockenthurm an der evangelischen Kirche mit einem „Durchsichtigen“ auf’s Neue erhöht. In den Knopf legte man die Namen

1, des damaligen Besitzers: Christoph von Unruh, Starosta zu Gniesen, Erbherr auf Birnbaum, Unruhstadt, Punitz, Tirstiegel, Casemir, Karge etc. etc.

2, der demaligen Geistlichen: Magister Michael Lieffmann, vertriebener Pfarrer von Kaschaw aus Ungarn; des Diaconus Ebert

3, der Kirchenväter: Martin Fenger und Casper Chrysander, beide Gerichts-Assessores.

Im Jahre 1679 (am 12ten Juni, Morgens zwischen 8 und 9 Uhr) erhängte sich in Großdorf der 18 jährige Sohn des Dorfschmidtes Paul Urbahn, Christoph mit Vornamen, in seines Vaters Kuhstall, weil er beschuldigt worden, einen Hofmagd beschwängert zu haben. Die Leiche wurde durch den Nachrichter (Scharfrichter) in der Nacht ausgefahren und abseiten des Gerichts (des Galgens) begraben.

In demselben Jahre 1679, zeigten sich in Zirke und den umliegenden Dörfern „einige fliegende Würmer, von zwei Gliedern des Fingers lang, welche an Menschen und Vieh großen Schaden thaten. Ihre Gestalt ist gewesen ein Schwartz Rauhes Gesichte, mit zweien Hörnern, auff dem Rücken ganz gelbstreifficht, vier gelbe Flügel, zwei große und zwo kleine, 9 Beine, 6 gelb streifigte und 3 Schwartze, mitten unten dem Bauche einen langen Spitzigen Stachel, und eine scheide, worin er (der Wurm, das Insekt) den Stachell gelegt, wan er geflogen; die Dicke des Stachels war wie eine Schweines-Crust; und Welche Menschen oder Welches Vieh, eß mocht sein Ochse, oder Pferdt, Er damitt stach, mußte in 24 Stunden des Todes sein, so ferne Ihme nicht balde gerathen wardt, durch außschneidung der Gifft; Undt sindt auff die 30 Persohnen von diesen Würmern Umbs leben gebracht worden, ohne daß Rindt und Pferde Vieh. Ihre Regierung (!!!) War 5 Monath lang, als vom Mart. (März) biß auff den letzten July, darnach haben sie sich verlohren, vundt nicht mehr gesehen Worden. Unter andern ist auch einer von unsern Mitbürgern, Nahmens Meister Gottfried Wulffsberger, ein Riemer, Welcher in Zirk(e) zu Markt gewesen, ins Angesicht gestochen worden, Welcher aber durch alßo balde außschneidung der Gifft beim Leben ist erhalten Worden, Wie solches genungsam an Ihme zu ersehen gewesen.“

Im folgenden Jahre 1680, (den 16ten August) fiel der hiesige Bürger und Tuchmachermeister Martin Söhn vom Rathhause herunter, indem er in trunkenem Zustande sich auf die Lehne des Umgangs gesetzt, darauf eingeschlafen, und so „liederlicher Weise herunter gestürzet.“ Er starb am 3ten Tage.

Am letzten heiligen Weihnachtstage desselben Jahres 1680, Abends zwischen 8 und 9 Uhr, zeigte sich ein überaus großer Comet. Aus Thorn berichtete man, daß „die Länge des Straußes (der Blume, des Schweifes) so er hinter sich stehende gehabt, in sich begriffen 810 Meilen, die Breite aber 30 Meilen. Seine Bedeutung soll sein Krieg und Pestilenz. Der Höchste Woll solcheß in Gnaden von Unß abwenden.“ (Man bedenke, daß dies ein evangelischer Prediger schrieb! Wie dunkel waren also damals die Begriffe“) Zwei Jahre darauf,

1682 (den 11ten August) zeigt sich wieder ein Comet, welcher aber nicht so groß, wie der vorige, war. Die Notiz schließt: „Dessen Bedeutung ist dem Allerhöchsten Gott bekandt.“

Im darauf folgenden Jahre 1683 (den 15ten März, Mittags zwischen 12 und 1 Uhr) ertrank in Birnbaum ein „Kunstpfeifergesell“ (Musikusgehülfe) Namens Mathäus Nerling, Sohn eines Tuchmachers aus Bojanowa, in der Warthe.

Vier Jahre darauf, 1687 (den 29ten Januar in der Nacht zwischen 12 und 1 Uhr) stürzte sich des jungen Baders Johann Müllers Ehefrau, Elenore, des Baders Leubloß in Neustadt Tochter, auf der Warthe in eine sogenannte „Wohne“ (Wake, plattdeutsch; – ein Eisloch) und ertrank.

Am 13ten Februar desselben Jahres (1687) in der Nacht zwischen 12 und 1 Uhr fiel der Tuchknappe, hiesiger Bürgersohn, Johann Dubner von der hiesigen Dorfbrücke nieder und wurde des Morgens todt gefunden.

Im Jahre 1692 (den 19. April, Mittags 12 und 1 Uhr) brach in Großdorf plötzlich bei dem Bauern Martin Dörffert eine Feuersbrunst aus, welche das ganze Großdorf, die Kirche, Pfarr-, Schul- und Hospital-Häuser in zwei Stunden in Asche legte; es blieb nichts stehen als eine Calup nahe bei dem Pfarrhause und zwei Scheuren im Dorfe.

Im Jahre 1695 wurde das deutsche Schulhaus wiederum erbaut, und am 9. November fertig. Der Zimmermeister war Hans Strauch. Es wird bemerkt: „Die Klassen sind nach der Zeit, 3 an der Zahl. Eine lange Taffel und ein kleiner Tisch vor die adeliche Jugend hineingeschafft worden.“

In demselben Jahre 1695 (am 26ten April) zwischen 1 und 2 Uhre fiel das Birnbaumer Thorhaus auf der Wartenbrücke bei dem großen Gewässer in des Riemers Garten und erschlug die 18 jährige Tochter des Stadtdieners Hansen, welcher daselbst wohnte.

Am 7ten Oktober desselben Jahres Nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr fiel der hiesige Tuchmachermeister Martin Sprenger aus dem Prahm und ertrank. Die Leiche fand man erst nach 6 Wochen.

In dem darauf folgenden Jahre, 1696 (am 3ten Juni, welches gerade ein Sonntag war) brannte, ehe zum letzten Male eingeläutet wurde, Mockritz mit Ausnahme einiger Häuserchen, ganz ab. Die Feuersbrunst entstand auf dem Vorwerke durch ein Versehen beim Einheitzen.

In demselben Jahre 1696 am 30ten August des Morgens früh zwischen 5 und 6 Uhr entstand ein so schweres Gewitter und ein so starker Regen, und fiel ein solcher Hagel, daß alles Sommergetreide, Hafer, Erbsen, Gerste, so wie auch das Kraut und der Kohl alles überschwemmt und zerschlagen wurde.

Im folgenden Jahre 1697 (am 1ten Juli Mittags zwischen 3 und 4 Uhr) entstand in Großdorf in der Wohnung eines Bauern, Georg Hubscher, – oder sonst Georg Mattheß genannt, – wiederum eine Feuersbrunst; durch Gottes Gnade verzehrte das Feuer jedoch nur des genannten Bauern Habe und den Stall des Dorfschmieds.

In demselben Jahre 1697 (den 15. August Mittags zwischen 1 und 2 Uhr), ertrank auf der großen Warthe der hiesige Tuchmachermeister Johann Apt.

In dem darauf folgenden Jahre 1698 entstand an der Dorfbrücke ein großes Gewässer; es stand in der Stadt an Meister Paul Matczewskes Thüre. Die Leute, welche an der Dorfbrücke wohnten, mußten die Häuser verlassen, indem die Brandmauern und die Kachelöfen einstürtzten. In den Hinterhäusern am See konnte Niemand wohnen, indem das Wasser zu den Fenstern hineinlief. Kein Stacketenzaun war zu sehen; zwischen den Häusern des Meisters Caspar Kühn und Meisters Michael Schön mußte man mit Kähnen fahren, wenn man auf den „Ring“ wollte. An der Wartenbrücke stand das Wasser bis an des Niemers Ecke; zu dem Thor an der Töpfergasse konnte man nicht hinaus, sondern mußte oben um die Töpfergruben gehen und fahren (wahrscheinlich auch reiten!) Das Wasser stand an 6 Wochen und richtete einen überaus großen Schaden an.

„Im Jahre 1699 (am 19ten May) ließ Balthasar von Unruh auf Stiche 2 Hexen verbrennen, des alten Hans Koberling (dessen erstes Weib auch eine Hexe gewesen) und des alten Tachens Eheweib. Sie haben bekannt, daß Sie nicht allein Ihrer gnädigen Herrschaft, an Leib und Vieh geschadet, sondern auch andern Menschen.“ Auf diese kurze Hexengeschichte folgt eine etwas ausführlichere, welche wir hier ebenfalls wörtlich mittheilen wollen:

„Den 14ten Julii (1699) wurden auf Biltzig, zu unter den Birken verbrannt 4 Hexen:

Unser Gnädiger Herr Staroste hat der Pap-Hansen, weil Sie sehr suspecta (verdächtig) nur dräuen lassen, worauf Sie schon ein halbes Bekenntniß abgelegt. Zum Weglauffen hätte Zeit genug gehabt, Sie hat aber nicht gekonnt, bis Sie ordentlich unter das Examen gekommen. Diese hat hernach auf die andern bekannt. Und welches merkwürdig, so haben Sie alle 4 ohne Marter die Hexerei offenbaret. Sie saßen in einem alten Hause auf die Töpfergasse zu. Als Sie sollten bei der Pohlnischen Kirche vorbei auf den Holzstoß geführet werden, wollte des Dn. Piehanns nicht zulassen und schickte zuvor an den Magistrat. Unsere gn.(ädige) Herrschaft befahl bey dem alten Gange und unserer Gerechtigkeit zu bleiben. Also wanderten wir getrost fort. Die Spitalliese und Pap-Hansen beteten am meisten; die Anderen schliffen unterwegens immer ein, daß Sie mit den Wagen, die ans Unserem Großdorff waren, immer warten mußten. Auf dem Richtplatz hielt ich (der Prediger) ehe das Feuer anging, eine kleine Rede. Hernach fragte ich von den Hexen etlichen Fragen, die zur Abschwerung gehörten, damit Sie es öffentlich erwiesen, Sprach sie los nochmals von ihren Sünden. Darauf folgten Stoßgebethe. Wir sangen: „Alle Menschen – sterben.“ „Es wurde Ihr gewehret“. Am 23ten Juli desselben Jahres wurde auch eine Hexe aus dem polnischen Hospital verbrannt.

Schon vorher am 7ten Januar desselben Jahres, 1699, wurde Monsky, ein Tuchknappe lutherischer Religion auf öffentlichem Markte hingerichtet, weil er etliche Jahre seinem Meister viel gestohlen. Hierbei ist bemerkt: „Wir Prediger kriegen pro Labore (für die Mühwaltung, Bemühung) nichts, als eine Kanne Wein.“

Das neue Jahrhundert begann mit Brand. Am 13ten Januar 1700 brannte das Brauhaus zu Mochotschin ganz ab. Die Feuersbrunst entstand durch Verwahrlosung des Brauers, welcher sich von der Darre entfernt hatte.

Am 18ten Januar desselben Jahres verglich sich in der Pastors Stube Christoph Schultz, Bürgermeister zu Meseritz, mit Johann Zöber, Handelsmann von hier, der sich mit seiner Tochter verlobt. Der Herr p.p. Schultz zahlte und die Sache wurde durch einen schriftlichen Vergleich abgemacht.

Am 20ten April desselben Jahres 1700, erblickten der Notarins Zachert und sein Wirth, Meister Christoph Lange, sonst „der Winkelbäcker“ genannt – gegen Driesen zu 2 feurige Strahlen, oben krumm, einen halben Arm lange, carmosinroth.

Noch wird bemerkt, daß der Starost v. Unruh zu Ende des vergangenen (17. Jahrhunderts) eine Glashütte in seiner Tirschtiegelschen Herrschaft eine halbe Meile von der Stadt habe bauen lassen, und daß der Bau derselben im Jahre 1700 völlig zu Stande gekommen sei.

Am 17ten Mai desselben Jahres 1700 marschirten durch Birnbaum 3 Regimenter Kavallerie, welche ihr Lager auf eine Nacht unter den Birken gegen Biltzig (Bielsko) hatten. Der Generalfeldmarschall hieß Steinau, ein katholischer Commissarius. Von der polnischen Ritterschaft war ein Kornatowski. Die Regimenter hießen:

Tags darauf folgte das Neustische Regiment, welches sein Lager auf dem Anger aufschlug. Der General logirte in Brehmers des Jüngern Scheune. Tags darauf stellten sich 5 Regimenter Infanterie ein

  1. das Tiesenhausensche
  2. von der Garde
  3. das Rövelsche
  4. das Brinkendorfische
  5. das Bornstädtische

Alle 5 Regimenter standen unter dem Kommando des General-Lieutenants Rövel und lagerten auf dem Anger oberhalb der ersten Wartenbrücke. Besonders scharf war die Mannszucht unter ihnen; wovon ein Beispiel den Beweis liefern mag. Ein „Kerl“ (gemeiner Soldat), welcher ein Stück Holz vom Zaune gerissen hatte, wurde sofort in Arrest genommen und nur nach großer Vorbitte wieder auf freien Fuß gestellt.

Am 28ten Juli desselben Jahres 1700, warf ein heftiger Sturm den Schaafstall zu Dzienczeline (Tschinscheline) um, wobei 26 Schaft erschlagen, die Wagen umgedreht, die Bäume ausgerissen und vieles Getreide in der Luft hin und her geführt wurde.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – 

Nein zum Krieg ! – Wann wird man je verstehen ?

geschrieben von Gudrun Tabbert
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Chraplewo und Wonsowo – die Abramowski – Abraham – ansässig ab ca. 1862

geschrieben von Gudrun Tabbert
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Kaufhaus Jesse, Wonsowo links, Gasthaus Abraham, Chraplewo, rechts – heute das Dorfclubhaus des Ortes – Collage aus alten Ansichtskarten und einem Teilausschnitt des Messtischblattes 3663

Friedrich August Abramowski wurde, rückgerechnet vom Sterbedatum, im Jahr 1828 zu Birnbaum als jüngster Sohn der Familie geboren.

Seine Eltern waren Samuel Benjamin Abramowski und dessen Ehefrau Rosina Friederike geborene Simon gewesen. Der Vater war, soweit dieses die Geburtsorte der Kinder aussagen, von Neu Görziger Vorwerk, über Gorzyn und Alt Görzig letztlich in Birnbaum als Maurer tätig gewesen.

Als Maurergeselle aus Birnbaum heiratete Friedrich August im November 1850 Amalie Henriette Jokisch (Joksch). Sie war im Jahr 1826 als Tochter der Eheleute Johann Jokisch und Johanna Louise geborene Müller in Dziecielin geboren worden.

Aus dieser Ehe stammten der 1853 geborene Hermann Adolph, ihm waren im Jahr 1856 Juliana Bertha, 1859 Ida Elisabeth und 1862 Auguste Clara gefolgt.

Friedrich August findet sich wieder als Geschiedener im Aufgebot des Jahres 1870 mit seiner 2ten Ehefrau, der aus Wytomysl gebürtigen Juliana Antonia Müller, geboren 1844 als Tochter des Ernst Friedrich Müller und der Anna Caroline geborene Siedler.

In dieser 2ten Ehe wurden dann die Kinder Maria Emma 1870, Johanna Pauline 1872, Carl Otto 1874, Gustav Paul 1876, Maria Erdmunde 1878, Carl Hugo 1880 und Gustav Reinhold 1882 geboren; außer Maria Erdmunde verstarben alle im Kindesalter.

Im Geburtseintrag von Auguste Clara im Jahr 1862 wurde erstmals der Wohnsitz in Wonsowo erwähnt. Schon früher, geschätzt um das Jahr 1853 wandelte sich der Familienname von Abramowski in Abraham.

Wann Friedrich August seine Tätigkeit als Maurer aufgab, um als Gastwirt zu Wonsowo tätig zu sein, konnte nicht ermittelt werden; bis zum Jahr 1882 wurde in den Personenstandseintragungen als Berufsbezeichnung Maurer verwendet.

Friedrich August Abraham verstarb am 31. Dezember 1895, die Gastwirtin Juliana Abraham geborene Müller, wohnhaft zu Wonsowo zeigte den Tod ihres Ehemannes noch am gleichen Tag beim Standesamt in Kuschlin an. Sie gab an, dass ihr die Eltern ihres verstorbenen Ehemannes nicht bekannt gewesen seien.

Die Mädchen aus der 1sten Ehe Juliana Bertha, Ida Elisabeth gingen im Jahr 1877 als Dienstmädchen nach Posen, Auguste Clara war ihnen im Jahr 1886 gefolgt, alle drei heirateten in Posen.

Der Sohn Hermann Adolph war wie sein Vater als Maurer tätig gewesen. Johanna Bertha Auguste Roy und er schlossen im Jahr 1880 in Alt Tomysl die Ehe. Sie war in Klein Lipke als Tochter des Eigentümers Johann Wilhelm Roy und der Johanna Dorothea geborene Siegesmund im Jahr 1857 zur Welt gekommen.

Ihre Kinder kommen in den Jahren 1881 bis 1901 in Glupon zur Welt. Im Eheeintrag des ältesten Sohnes findet sich 1910, dass er als Gastwirtssohn aus Chraplewo die Ehe schloss, demnach müsste der Umzug von Glupon nach Chraplewo nach 1901 aber vor 1910 stattgefunden haben, um dort dann das Gasthaus zu betreiben.

Maria Erdmunde, das einzige Kind aus der 2ten Ehe ihres Vaters heiratete 1898 den aus Wittenberg Kreis Westpriegnitz gebürtigen Wilhelm Friedrich Erdmann Jesse. Galt er bei der Eheschließung noch als Buchhalter, war er mit der Heirat zum Kaufmann in Wonsowo geworden.

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Kreisblatt Neutomischel 1908-10-20 Wonsowo
Am Freitag (Todesdatum 17.10.1908 lt. Meldung des Königlichen Distriksamtes Kuschlin an das Standesamt Kuschlin / Eintrag 119/1908) Abend schoß sich der Kaufhausbesitzer Wilhelm Jesse von hier mit einem 9 mm Tesching eine Kugel in die Schläfe, sodaß in kurzer Zeit der Tod eintrat. Der im besten Alter stehende, verheiratete, aber dem Trunke ergebene Mann hat die bedauernswerte Tat in der Trunkenheit begangen. Er kam von einem Zechgelage, bei welchem ihm ein erbetenes Darlehen von 1.000 Mark verweigert worden war. Seine Frau, mit der er schon lange nicht in bestem Einvernehmen lebte, ahnte daher nichts Gutes, als ihr Mann aufgeregt nach Hause kam und zum Tesching griff. Sie flüchtete und riegelte schnell die Tür hinter sich zu in der Annahme, daß er sie erschießen wollte. Bald darauf vernahm sie die Waffe sich entladen. Als sie hierauf nichts mehr hörte, öffnete sie die Tür und fand ihren Mann im Blute liegend vor. Er atmete zwar noch, doch trat der Tod infolge des großen Blutverlustes bald ein.

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Alle Daten wurden von uns aus den Archivunterlagen entnommen, bitte lassen Sie uns wissen, wenn Sie Fehler feststellen oder auch Ergänzungen machen können, wir wissen nicht und können nicht beurteilen, ob die eingesehenen Dokumente immer vollständig und korrekt sind.
Vielen Dank !

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 

 

Jablone – Postagentur – Gasthaus / um 1910

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Jablone – Postagentur / AK Sammlung Kraft

Gustav Adolph Oscar Gewiss war 1911 der Postagent zu Jablone.

Er war am 21. Februar 1875, als Sohn der Eheleute Johann Heinrich Gewiss (1839-1910) und Johanna Beata geborene Richter in Jablone geboren werden. Seine Eltern waren gebürtig aus Komorowo Hauland hatten sich dann aber direkt nach ihrer Eheschließung im Jahr 1861 in Jablone angesiedelt. Johann Heinrich Gewiss galt als Eigentümer Müllermeister zu Jablone.

36jährig schloss Gustav Adolph Oscar Gewiss in Jablone im Jahr 1911 die Ehe mit der 14 Jahre jüngeren Margarethe Magdalena Elisabeth Hirsekorn.

Sie war am 21. Februar 1889 in Neu Tomysl als Tochter des Berthold Carl Alwin Louis Hirsekorn und seiner Ehefrau Anna Mathilde Ottilie geborene Seidel zur Welt gekommen. Während der Vater, er wurde als Handelsmann bezeichnet, aus Neu Tomysl stammte, war die Mutter aus Jablone gebürtig. Von 1888-1890 war der Wohnsitz der Familie in der Stadt gewesen, von 1891-1895 in Paprotsch, 1895 findet sich dort eine Eintragung, dass schon eine Gastwirtschaft betrieben worden war, erst nach 1895 erfolgte dann die Übersiedlung nach Jablone, wo die Eheleute dann wiederum ein Gasthaus unterhielten.

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Jablone – Gasthaus Hirsekorn / AK Ausschnitt Sammlung Kraft

Berthold Carl Alwin Louis Hirsekorn wurde am 01. November 1860 in Neu Tomysl geboren. Seine Eltern waren der in der Stadt ansässige Handelsmann Ernst Carl Samuel Hirsekorn und dessen Ehefrau Albertine Mathilde Louise geborene Toeffling.

Im Februar 1888 hatte er die Ehe mit Anna Mathilda Ottilie Seidel geschlossen, welche am 23. September 1865 in Jablone geboren worden war. Ihr Vater Friedrich Wilhelm Carl Seidel, geboren am 23. April 1826 stammte gebürtig wiederum aus Neu Tomysl. Ihre Mutter Johanna Juliana Handtke hingegen war am 12. September 1838 in Jablone geboren worden

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Familienübersicht zu diesem Artikel

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);

Wioske und Jablone – Die Namensträger Reckzeh siedeln sich an / ab ca. 1827

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Gasthaus Reckzeh – AK Ausschnitt Jablone – Sammlung Kraft

Im November 1827 ehelichte der aus Alt Kleppen bei Naumburg am Bober gebürtige Franz Augustin Reckzeh die Luise Linke aus Sandvorwerk. Die Trauung fand in Rakwitz statt. Bei Eheschliessung wird der Bräutigam als dem katholischen Glauben und die Braut als dem evangelischen angehörig im Kirchenbuch von Rakwitz eingetragen.

Während Luise als Dienstmagd in Wioske tätig gewesen war, übte Franz Augustin die Tätigkeit eines Brauers aus.

Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels ist es nicht gelungen die Geburtseintragungen der Kinder des Paares, bis auf den der Johanna Ernestine Beate, sie wurde geboren im Jahr 1835 und verstarb 1838, aufzufinden.

In den Toteneinträgen des August Franz Reckzeh, er wurde ca. 1831 geboren, vom September 1896 ist er als Sohn der o. g. Eheleute benannt, gleiches gilt für Louis (eigentlich Ludwig) Emil Reckzeh, welcher ca. 1845 zur Welt kam und im Mai 1913 verstarb. Beide lebten mit ihren Familien in Wioske.

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August Franz Reckzeh, der ältere Sohn, war als Eigentümer und Windmüllermeister zu Wioska ansässig gewesen. Er und seine Frau Ernestine geborene Thiel, sie stammte aus Pirnik / Provinz Schlesien, hatten, soweit bekannt, 8 Kinder:

Carl Friedrich geboren 1858, Wilhelm August und dessen totgeborener Zwilling geboren im Jahr 1860, es folgten Friedrich August 1862, er verstarb 1877, Gustav Adolph 1867, er verstarb 1890, Anna Ernestine 1869, später verehelichte Egel, Emma Lydia 1872, sie war eine verehelichte Runge und im Jahr 1877 schließlich Auguste Emilie Bertha, später verheiratete Hartmann.

Die Söhne Carl Friedrich und Wilhelm August galten bei ihren Heiraten wiederum als Eigentümer und Windmüller zu Wioske.

Ersterer ehelichte 1886 die aus Jablone gebürtige Emilie Auguste Bertha Ludwig (geb. 1856).  Beide verstarben in Jablone, Carl Friedrich im Jahr 1925 und Emilie Auguste Bertha 1942. Es wurden 5 Kinder des Paares aus den einsehbaren Personenstandsunterlagen notiert.

Lediglich vom ältesten Sohn Hermann Carl Reckzeh, geboren 1887, wurde gefunden, dass er als Gastwirt zu Jablone 1912 die Ehe mit Hedwig Renate Friedenberger schloss.

Wilhelm August, als jüngerer Sohn, heiratete 1898 die aus Mlyniewo gebürtige Anna Ottilie Alwine Blesing. Sechs ihrer Kinder wurden in den Jahren 1899 – 1911 in Wioske geboren.

* * *

Louis Reckzeh heiratete 1860 die Mathilde Pauline Wilhelmine geschiedene Adam, geborene Degen. Das Paar blieb ebenfalls in Wioske ansässig.

Ihre Kinder waren:

Anna Mathilde ca. 1870 geboren und mit nur 15 Jahren verstorben, Heinrich Gotthold geboren 1871, ein weiterer Gotthold verstarb im Jahr 1897 mit 23 Jahren und ledig, rechnerisch müsste er im Jahr 1874 geboren worden sein, im Jahr 1876 folgte die Geburt von Auguste Wilhelmine, später in erster Ehe mit Gastwirt Fechner zu Wioske und in zweiter mit einem Wachtmeister Bleschke aus Burg bei Magdeburg verheiratet und letztlich im Jahr 1879 Wilhelm Friedrich, welcher später mit Johanna Margarethe Wirth als Gastwirt in Wioske ansässig war.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);

Jahresende und -wechsel 2021/2022

geschrieben von Gudrun Tabbert
(GT)
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Frohe Weihnachten und Alles Gute für das Neue Jahr

2021 – 2022

Wesołych Świąt i Szczęśliwego Nowego Roku

Kurzmeldung – Unfall des Fuhrmann Reinhold Weber – Neutomischel / 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Fuhrwerke in der ehemaligen Hinterstraße / AK-Ausschnitt

„Von einer Geschäftsreise heimkehrend, verunglückte am Abend des 23. September 1904 der Fuhrmann Reinhold Weber aus Neutomischel, indem er von seinem Wagen fiel und sich dabei das rechte Bein in der Nähe des Hüftgelenks brach.

Der Verletzte musste fast die ganze Nacht im Freien hilflos liegen bleiben, ehe er aufgefunden wurde und dann nach seiner Wohnung gebracht werden konnte.“

* * *

Reinhold Johann August Weber war 1865 zu Alt Tomysl als Sohn der Eheleute Gottlieb Weber und Aemilia geborene Maj zur Welt gekommen.

Im Jahr 1890 war er als Arbeiter zu Tarnowko ansässig gewesen und ehelichte im selben Jahr die ebenfalls sich in Tarnowko aufhaltende Agnes Jechorek.

Sie war im Jahr 1865 in Mlynkowo Kreis Obornik als Tochter der Eheleute Andreas und Susanna geb. Putz Jechorek’schen Eheleute geboren worden.

Der älteste Sohn des Paares Reinhold Weber und der Agnes Jechorek, Stanislaus Weber, verstarb 1892 in Alt Tomysl. In dem Eintrag zu seinem Tod ist als Geburtsort Schmatzfeld im Kreis Wernigerode vermerkt. Die Kinder Michael (*1893), Johann (*1895), Anna Agnes (*1896), Otto Stephan (*1897), Helena (*1899), Max (*1901), Leo (*1902), Joseph (*1905), Anton (*1906), Maria Agnes (*1907) und Bruno (*1909) wurden ausnahmslos in Neutomischel geboren.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 

Heymann Wittkowsky und Ernestine geb. Lewy in Neutomischel, Bahnhofstrasse 109, ca. 1867-1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Wittkowsky – ehem. Bahnhofstr. 109 / AK Auschnitt

Am 07. August 1907 verstarb in Neutomischel Herr Heymann Wittkowsky.

Er soll gebürtig aus Schroda gewesen sein und war ca. 1838 als Sohn des Hirsch Samuel Wittkowsky und dessen Ehefrau Hodes Hanne Johanna geborene Ruben zur Welt gekommen.

Heymann Wittkowsky war der Gründer und Senior der Hopfenfirma „H. Wittkowsky“, das Unternehmen war ca. 1867/1870 gegründet worden; er verstarb im August des Jahres 1907 in Neutomischel. 6 Monate vor seinem Tod war das Unternehmen auf seinen Sohn Louis übergegangen.

Am 14. Januar 1913 verstarb seine hinterlassene Witwe Ernestine Wittkowsky geborene Lewy.

Sie war ca. 1837 als Tochter des Joseph Louis Leib Lewy und dessen Ehefrau Amalia Hudes geborene Lewy geboren worden. Diese waren von Birnbaum nach Boruy übersiedelt.

Heymann Wittkowsky und Ernestine geborene Lewy haben vermutlich im Jahr 1862 die Ehe geschlossen.

Das Paar gelangte über Boruy, hier war im Jul 1863 die Tochter Hedwig geboren worden, und Bentschen, hier war die Tochter Selma im Februar 1867 zur Welt gekommen, nach Neutomischel. In der Stadt selbst wurden dann die Kinder Johanna 1870, Louis 1872, Isidor Georg 1875, ein Sohn 1878 (er verstarb bei der Geburt) und Richard 1880 geboren.

In ihren Todesanzeigen wurden als Trauernde aus Neutomischel, Berlin, Burg, Bentschen und HamburgHeinrich Wittkowsky und Frau, Louis Wittkowsky und Frau, Georg Wittkowsky und Frau, Louis Danziger und Frau, Sally Philippsborn und Frau und letztlich Richard Wittkowsky genannt.

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Heinrich Hirsch Wittkowsky war der Ehemann ihrer 1863 geborenen Tochter Hedwig Wittkowsky. Hedwig und Heinrich Hirsch Wittkowsky hatten im Jahr 1883 die Ehe geschlossen und lebten dann in Neutomischel.

Louis Wittkowsky hatte 1898 in Nürnberg die Ehe mit Babette geborene Lewy geschlossen. Sie war 1876 in Georgensgmünd als Tochter des Heinrich Lewy und dessen Ehefrau Röslein Selling zur Welt gekommen. Heinrich Lewy stammte aus Boruy und war vermutlich ein Bruder der Verstorbenen. Louis und Babette Wittkowsky wohnten in Berlin. Ihr begegnen wir wieder im Buch „Die Anderen“ – Das fränkische Georgensgmünd und seine Juden vor und während des Dritten Reiches von dem Autoren Gerd Berghofer. Louis Wittkowsky hatte im Februar 1907, das Geschäft der Hopfenfirma „H. Wittkowsky“, welche seinerzeit schon seit ca. 40 Jahren in Neutomischel bestanden hatte von seinem Vater übernommen. In seinen Besitz, so ein Artikel in der Kreiszeitung vom Februar 1907, war ebenfalls das Hausgrundstück in der Bahnhofstraße No. 109 (heute No. 46) für den Preis von 50.000 Mark übergegangen.

Georg Isidor Wittkowsky war vor seiner Eheschließung in Heilbronn ansässig gewesen. Er und Berta Leila geborene Wittkowsky, sie gebürtig aus Glogau, hatten 1904 in Dresden geheiratet. Beide waren dann in Burg bei Magdeburg als Eigentümer des Kaufhauses Wittkowsky, welches 1922 von Karstadt übernommen worden war, ansässig gewesen. Georg Wittkowsky blieb zwar nach dem Verkauf noch bis 1933 Geschäftsführer des Kaufhauses, aber 1934 erfolgte dann die Auswanderung nach Palästina aus Angst vor den Repressalien der Nationalisten.

Louis Leib Danziger, gebürtig aus Neutomischel und bei der Eheschließung Kaufmann in Crimmitschau, war der Ehemann der Selma Wittkowsky, die beiden hatten 1888 in Neutomischel geheiratet. Die Mutter des Leib Louis Danziger war eine geborene Levy und vermutlich eine Schwester der Verstorbenen.

Sally Salomon Phillipsborn, geboren 1860 zu Bentschen war der Ehemann der Johanna Wittkowsky. Nach der Eheschließung im Jahr 1892 war das Paar in Bentschen ansässig gewesen, ehe eine Übersiedlung nach Schwiebus erfolgt war. Wiederum war die Mutter des Sally Phillipsborn eine geborene Lewy aus Boruy und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch sie eine Schwester der Verstorbenen gewesen war.

Einen Einblick in das Leben des Richard Wittkowsky, Pianist in Hamburg, haben wir mit unserem Artikel – http://hauland.de/familie-richard-wittkowsky-1880-1944/ [114] – versucht zu geben.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Ancestry (www.ancestry.de); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 

 

Hauländer in Ostrowo bei Schrimm – 1790 und früher – Fiedler, Förster, Gutsch, Hampel, Hoffmann, Jaehn, Lengert, Rausch, Schlecht, Seidel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Am 04. Mai 1821 verstarb in Konkolewo die Maria Elisabeth Lengert geborene Bautz. Sie hatte im Februar 1775 die Ehe mit dem Witwer Christian Lengert aus Sontop geschlossen.

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1798 Ausschnitt Kreis Schrimm / Karte: Wikipedia

Aus dessen 1ster Ehe mit Dorothea geborene Gebauer, ihr genaues Todesdatum ist nicht bekannt, wurden 5 Mädchen aus den Kirchenbüchern ermittelt.

Eines dieser Mädchen war „Gottlob Försters Frau bei Ostrowo bei Schrimm Maria Elisabeth und deren Kinder 3 Mädchen u 2 Söhne NN“ wie dem Toteneintrag aus dem Jahr 1821 zu entnehmen ist.

Es gibt heute noch weiße Punkte auf den alten Landkarten der Siedlungsgebiete der Hauländer; Ostrowo ca. 30 km südlich von Schrimm und annähernd 80 km südöstlich von Konkolewo gelegen, ist allerdings sogar makellos weiß. Geschichtlich war absolut Nichts zu finden.

Bei Wikipedia 1) ist zumindest noch erwähnt, dass dieser Ort existiert: Ostrowo ist ein Dorf im Landkreis Gmina Gostyń im Landkreis Gostyń in der Woiwodschaft Großpolen im Westen Polens. Es liegt etwa 5 km nördlich von Gostyń und 55 km südlich der Landeshauptstadt Posen. Das Dorf hat 220 Einwohner.

Folgen wir also der Maria Elisabeth Förster geborene Lengert, soweit dieses nach über 250 Jahren noch möglich ist, nach Ostrowo bei Schrimm.

Maria Elisabeth wurde im Okt 1769 in Sontop als Tochter der Eheleute Christian Lengert und Dorothea geborene Gebauer geboren. Nach derzeitigem Wissensstand hatte sie zumindest 3 ältere und 1 jüngere Schwester. Sie war gerade noch nicht einmal 6 Jahre alt, als ihr Vater als Witwer die 2te Ehe schloss und von Sontop nach Rojewo übersiedelte.

Vermutlich schloss sie im Jahr 1788 die Ehe mit Martin Gottlob Förster; eine Aufzeichnung wurde nicht gefunden. Er wurde ca. 1760 als Sohn des Johann Christian Förster, Bürger und Bäcker zu Grätz, geboren; seine Mutter war nicht zu ermitteln.

Wieder vermutlich, erfolgte unmittelbar nach der Eheschließung, die Übersiedlung ins Ostrower Hauland. Martin Gottlob Förster galt fortan als Freyhübner zu Ustrower u. Borgower Hauland. Als Kinder des Paares wurden geboren Gottfried 1789 +, Johann Gottlieb 1791, Johann Martin 1794 +, Anna Rosina Dorothea 1796, Maria Elisabeth 1799, Eleonore 1801 +, Johann Christoph 1804 +, George Friedrich 1806 +, Christian ca. 1808 + und Johann Gottfried im Jahr 1810 +.

Eigentlich waren ja 3 Mädchen und 2 Söhne im Jahr 1821 als hinterlassen genannt, jedoch konnten lediglich für zwei Mädchen und einem Sohn eigene Familiendaten fortgeschrieben werden.

Maria Elisabeth Förster geborene Lengert verstarb als Witwe Weihnachten 1813, ihr Ehemann Martin Gottlieb Förster war 2 Jahre zuvor im August des Jahres 1811 verstorben.

Die junge Familie Förster, war jedoch nicht allein übersiedelt.

Gottfried Lengert, geb. ca. 1735 zu Paprotsch, und dessen Ehefrau Anna Maria geborene Hampel, geb. ca. 1748 zu Sontop, hatten sich ebenfalls im Ostrower Hauland angesiedelt. Auch bei ihnen kann die Ansiedlung auf die Jahre zwischen 1783 und 1790 eingegrenzt werden. Waren bis zum Jahr 1783 ihre Kinder noch in Sontop geboren worden, war für die ca. 1786 geborene Tochter kein Geburtseintrag zu finden, und für die ab 1790 geborenen Kinder, war deren Geburtsort Ostrowo Hauland bzw. Ostrowo.

Gottfried Lengert, war der Bruder des Vaters der Maria Elisabeth Förster geborene Lengert.

Weitere Hauländer definieren sich über die Eheschließung des Jahres 1804 der Anna Rosina Dorothea Gutsch, geboren ca. 1782, mit Johann Christoph Fiedler geboren ca. 1777. In dieser heißt es:

„12 Nov 1804 Wurde in der Ostrower Schule getraut der zu Miedzychod angestellte Windmüller Namens Johann Christoph Fiedler ein Junggeselle, des weyland Valentin Fiedler Müllers zu Bombst hinterlaßener und von daher gebürtige eheleibl. jüngster Sohn; mit Jungfer Anna Rosina Gutschin des dasigen Freyhübners zu Ostrowo Andreas Gutsch eheleibl. jüngste und im Schwarzen Hauland bey Graetz gebürtige Tochter.“

Die Schwester der Anna Rosina Dorothea Gutsch verehelichte Fiedler, Maria Elisabeth Gutsch geboren ca. 1777 wiederum ehelichte 1795 den 1769 in Sontop geborenen Gottfried Lengert, Sohn der Eheleute Gottfried Lengert und Anna Maria Hampel.

Anna Rosina Dorothea Gutsches Bruder, der Andreas Gutsch, geboren ca. 1774 zu Sontop, wiederum ehelichte 1797 die aus dem Baruschen gebürtige Maria Dorothea Seidel:

„29ten Jun 1797 Sind in allhiesiger Kirche getraut worden der zeitige Junggesell Andreas Gutsche des Andreas Gutsches Freyhübner zu w Ustrowe ältester und zu Sontop gebürtiger Sohn; mit Jungfer Maria Dorothea Seideln des Johann George Seidels, Gerichtsscholtzes daselbst in w Ustrowe älteste und aus dem Baruschen gebürtige Tochter 23/15 Jahre.“

Das Baruschen ist Boruy, dort findet sich der Taufeintrag der Maria Dorothea Seidel im Jahr 1781.

Das Unglück vom 03. August 1800 auf dem See nahe Ostrowo Hauland zeigt weitere Hauländer auf:

„06. Aug 1800

Ist aus der Ostrower Hauländer Gemeine auf dem dasigen Todtenberg beerdigt worden Gottfried Laengert dasiger Freyhübner, welcher am 3ten August dieses Jahres nachmittags um 4 Uhr in dem dasigen See verunglückt und als ertrunken aus demselben herausgezogen worden, nachdem er 30 Jahr 9 Mon 2 Tage gelebt

Ist aus der Ostrower Hauländer Gemeine daselbst auf dem Todtenberg begraben worden der dasige Freyhübner Namens Andreas Schlecht, welcher am 3ten August nachmittags um 4 Uhr auf dem Kahne verunglückte und für ertrunken aus dem nahgelegenen See herausgezogen worden; nachdem er alt worden 35 Jahr 8 Monate 2 Tage“

Andreas Schlecht ,ca. geboren zwischen 1765-1769, war der 2te Sohn aus 1ster Ehe des Christoph Schlecht aus Dombrowo. Über seine Mutter, wahrscheinlich eine geborene Siegesmund, wurden keine weiteren Informationen gefunden.

Er war mit der 1774 geborenen Anna Maria Hoffmann verehelicht. Sie wiederum war die Tochter der aus Neu Rose stammenden Eheleute George Hoffmann (geb. ca. 1741) und der Anna Maria geborene Gutsch (geb. ca. 1742), beide starben, er 1817, sie 1806, im Ostrower Hauland.

Als weitere Tochter wäre die Dorothea Elisabeth Hoffmann, geboren ca. 1773, zu nennen, sie ehelichte 1791 den im Ostrower u Burgower Hauland ansässigen Windmüller Gottlieb Jaehn (vor 1771 geb.).

Der Windmüller Gottlieb Jaehn war der Sohn des Christoph Jaehn (ca. 1730-1812), Freyhübner im Borkowo Hauland und seiner Ehefrau der Anna Maria geborene Rausch (ca. 1732-1813).

Während die Tochter Eva Rosina Jaehn (geb. ca. 1769) den Gottfried Lengert (geb. 1769) geehelicht hatte, ging die Maria Dorothea Jaehn, geboren ca. 1779, im Jahr 1799 die Ehe mit Gottfried Kern, geboren ca. 1772, ein:

„18ten Nov. 1799

Sind aus der Ostrower Gemeinde, daselbst in ihrer Schule getraut worden, der dasige Freyhübner Gottfried Kern des weyl Gottlieb Kerns Freyhübner daselbst hinterlaßener ältester w im Tomischler Haulande gebürtige Sohn; mit Jungfer Maria Dorothea Jähn gewesenen Freyhübners daselbst Namens Christoph Jähn ehel jüngster w im Lomnitzer Haulande gebürtige Tochter“

Der als dritter Sohn geltende Gottlieb Jaehn (geb. vor 1771) wiederum heiratete 1791 die Dorothea Elisabeth Hoffmann (geb. 1773), eine Tochter der Eheleute George Hoffmann und Anna Maria Gutsch.

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Dieses ist nur ein kurzer Abriss der „Wanderbewegung“, sind Korrekturen notwendig ?, haben Sie Ergänzungen ?, haben Sie Informationen über den späteren Werdegang der Familien ? – wir freuen uns über Ihre Zuschriften

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 1.) https://de.wikipedia.org

 

1776 die Konfirmierten zu Kirchplatz Boruy

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Kirche noch ohne Turm – Postkartenausschnitt aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Die Konfirmation der Jugendlichen fand meist im Alter von 14 Jahren mit der Schulentlassung statt.

Mit der Konfirmation wurde der kirchliche Unterricht beendet und es wurde die Zustimmung zum christlichen Glauben und der Kirchenzugehörigkeit bestätigt. Mit der Konfirmation wurde die Teilnahme am Abendmahl zugelassen. Ebenfalls konnte die Konfirmierten nun als Taufpaten agieren.

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An Ostern 1776 wurden laut den Registern der Kirche zu Boruy nachstehende Kinder konfirmiert:

  1. Michael Giering, Neue Gemeinde
  2. Friedrich Loechel, Szarke
  3. Gottfried Muster, Alte Gemeinde
  4. Johann George Schulze, Alte Gemeinde
  5. Martin Schulze, Neue Gemeinde
  6. Johann Christoph Gutsche, Alte Gemeinde
  7. Christian Koth, Cichagora Gemeinde
  8. Christian Neumann, Cichagora Gemeinde
  9. Ludewig Braemer, Cichagora Gemeinde
  10. Christoph Heinrich, Tomysl Gemeinde
  11. Martin Rau, Bentschener Gemeinde
  12. Johann Christoph Delius, Weisshauland
  13. Elias Quast, Weisshauland
  14. Johann George Kuhl, Weisshauland
  15. Anna Dorothea Hirtin, Szarke
  16. Anna Maria Schaedler, Alte Gemeinde
  17. Anna Elisabeth Schaedler, Alte Gemeinde
  18. Anna Dorothea Zeuschner, Alte Gemeinde
  19. Anna Dorothea Reich, Alte Gemeinde
  20. Anna Christina Donke, Neue Gemeinde
  21. Anna Elisabeth Türk, Neue Gemeinde
  22. Anna Elisabeth Lange, Neue Gemeinde
  23. Anna Elisabeth Puhahn, Neue Gemeinde
  24. Maria Elisabeth Loechel, Szarke
  25. Maria Elisabeth Janott, Alte Gemeinde
  26. Maria Elisabeth Quast, Neue Gemeinde
  27. Maria Elisabeth Rosenau, Neue Gemeinde
  28. Anna Rosina Schulz, Bentschener Gemeinde
  29. Eva Maria Zerbe, Bentschener Gemeinde
  30. Maria Elisabeth Zimmermann, Cichagora Gemeinde
  31. Maria Quast, Schwarzhauland

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Es handelt sich nicht um eine Transkription, es wurden lediglich, soweit lesbar die Namen und Herkunftsorte übernommen

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/ [2])

1865 Steinborner und Prüfer verliessen Milostowo in Richtung Australien

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Blick in das Dorf Milostowo / Aufn PM

Im Jahr 1865 fiel das Osterfest auf Sonntag, den 16. April. Der 5te Sonntag nach Ostern war somit der 21. Mai 1865 – DD Cantate Rogate – und gleichzeitig der Tag der Trauung des Junggesellen August Wilhelm Steinborner mit der Jungfer Wilhelmine Caroline Prüfer in der lutherischen Kirche zu Birnbaum.

Im Eheeintrag wird August Wilhelm Steinborner als des weiland Gottlob Steinborners, gewesenen Eigenthümers in Milostowo nachgelassener ehelicher 3ter Sohn beschrieben. Sein Alter wurde mit 25 Jahren angegeben und seine Konfession als lutherisch.

Wilhelmine Caroline Prüfer war die eheliche älteste Tochter des August Prüfer, eines Einwohners in Milostowo. Ihr Alter zum Zeitpunkt der Eheschließung wurde mit 27 Jahren angegeben und sie war wie ihr Bräutigam lutherischen Glaubens.

Der Bräutigam war zum Zeitpunkt der Heirat volljährig; und die Eltern der Braut gaben ihre Einwilligung zur Eheschließung mündlich.

Der Pastor vermerkte „das junge Ehepaar reiste schon Tags darauf ab nach Australien, welches auch die Trauung möglichst beschleunigt werden musste“.

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Die Familie der Braut:

August Prüfer wurde in den einsehbaren Personenstandsunterlagen als Einwohner von Milostowo beschrieben. Seine Tätigkeiten waren die des Schuhmachers aber auch die des Schwarzviehhändlers. Seine Herkunft konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Seine Ehefrau Christina geborene Fromm war die Tochter des Hauländerwirthes Gottlieb Fromm aus Milostowo, welcher mit Anna Rosina Matschke verehelicht gewesen war. Nach seinem Tod hatte sie im Jahr 1824 die Ehe mit Johann Gottlieb Minge geschlossen.

Das Paar August Prüfer und Christina geborene Fromm hat im Juni 1837 in Neustadt bei Pinne die Ehe geschlossen.

1838 war Wilhelmine Caroline geboren worden, ihr folgten 1840 Ernestine Wilhelmine, 1843 Johann Gottlieb, 1846 Johann August Friedrich, 1848 Auguste Amalie, 1850 Wilhelmine, 1853 Pauline Albertine und 1857 Friedrich Wilhelm.

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Der Schneider Johann Gottlieb Fromm, geboren im Mai 1821 zu Milostowo, ein Bruder von Christina Fromm verehelichte Prüfer schloss im Oktober 1847 die Ehe mit Auguste Dorothea Braunack aus Tirschtiegel und reiste auf dem Schiff „San Francisco“ am 23. Juni 1850 ab Hamburg nach Port Adelaide, wo sie am 14 Oktober 1850 anlangten. In der Passagierliste wurde er als Lehrer aufgeführt.

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Die Familie des Bräutigams:

Der Eigenthümer zu Milostowo Johann Gottlieb Steinborner geboren ca. 1801, galt als Sohn der Eheleute Gottfried Steinborner, ebenfalls Eigenthümer zu Milostowo und der Christina geborene Görks. Er hatte im November 1824 die Ehe mit Maria Elisabeth Hirschmann, sie war um das Jahr 1809 in Schleife als Tochter des Schmieds Christian Hirschmann und seiner Ehefrau Eva Rosina geborene Gutsch zur Welt gekommen, geschlossen. Sie ehelichte nach seinem Tod im Jahr 1847 den Johann August Matzke.

Es wurden die Steinborner Kinder Anna Rosina 1826, Johann Carl August 1828, Anna Beate 1830, Johann Gottlieb 1833, Daniel Heinrich 1836, Gottfried August 1839, Caroline Wilhelmine 1842 und Johann Friedrich 1845 geboren.

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Aber es gibt Fragen, die nicht zu beantworten sind.

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Geburtseintrag 1839 Gottfried August Steinborner / Ausschnitt Kirchenbuch Neustadt bei Pinne

Wie oben schon angeführt wurde im Eheeintrag vom April 1865 August Wilhelm Steinborner als des weiland Gottlob Steinborners, gewesenen Eigenthümers in Milostowo nachgelassener ehelicher 3ter Sohn beschrieben. Sein Alter wurde mit 25 Jahren angegeben. Nimmt man als Geburtsdatum den 20. August 1839 an, hierzu fand sich ein Geburtseintrag, ergibt sich rückgerechnet ein Alter von 25 Jahren, 9 Monaten und 1nem Tag, nur, der an diesem Tage geborene Knabe Steinborner war auf den Namen Gottfried August getauft worden und hieß somit eigentlich nicht August Wilhelm. Ein Taufeintrag auf den Namen August Wilhelm fand sich jedoch nicht.

Auch war er nicht der 3te Sohn seiner Eltern. Seine älteren Brüder Johann Carl August geboren 1828 war im Jahr 1832 verstorben und Johann Gottlieb geboren 1833 im Jahr 1850. Lediglich Daniel Heinrich geboren 1836 als älterer und Johann Friedrich geboren 1845 als jüngerer Bruder waren in den Archivunterlagen zu finden gewesen; zumindest wäre er, wenn man den 1839 geborenen Gottfried August als den auswandernden August Wilhelm annimmt, einer von 3 Söhnen gewesen

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Das junge Paar findet sich dann auf der Passagierliste der „Iserbrook“ von Hamburg nach Port Adelaide. Aufgeführt unter der No. 56 findet sich Steinborner, Wilhelm aus Milostowo, Landmann 26 Jahre und unter der No. 57 Steinborner Caroline 26 Jahre; beide waren nun gleich alt.

Die Süd Australische Zeitung vom Freitag, dem 29. September 1865 berichtete wie folgt:

[119]

Zeitungsmeldung über die Ankunft der „Iserbrook“ 1865 / Quelle Trove Partner (www.trove.nla.gov.au)

„Deutsche Einwanderer. Am Freitag traf in Port Adelaide die Godefrey’sche Brig „Iserbrook“, Capt. F. M. Schultze, mit 100 Passagieren ein, nachdem sie die Fahrt von Hamburg, welchen Hafen das Schiff am 21. Mai verlassen, glücklich zurückgelegt hatte. Die „Iserbrook“ hat außer dem Gepäck der Passagiere keine weitere Ladung, so soll, wie man hört, nächstens ein anderes Schiff von den Herren Godefrey expediert werden, um ein volles Cargo nach Port Adelaide zu schaffen.  Auf der Fahrt der „Iserbrook“ ereignete sich ein Todesfall, während sich die Passage sonst durch nichts Bemerkenswerthes auszeichnete.“

Das Schiff selbst soll am 22. September 1865 in Adelaide eingelaufen sein.

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Wann der ältere Bruder Daniel Heinrich Steinborner (geboren 1836), die Reise nach Australien angetreten ist, ist nicht bekannt. Er hatte im Februar 1861 in der Altlutheraner Gemeinde zu Berlin die Ehe mit der Charlotte Wilhelmine Kelm, geboren ca. 1831 zu Hochzeit Kreis Arnswalde, geschlossen.

In Berlin war er als Victualienhändler tätig gewesen.

Die gemeinsame, im Jahr 1862 geborene, Tochter verstarb im Jahr 1867 zu Berlin.

Eine Wilhelmine Steinborner, alleinreisend, mit letztem Wohnsitz in Berlin, 38 Jahre findet sich auf der Passagierliste der Cesar Godefrey welche am 05. Juni 1869 von Hamburg aus, die Reise nach Port Adelaide aufgenommen hatte.

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Anmerkung: es wurde die Schreibweise Steinborner als Familienname in diesem Artikel verwendet, in den gesichteten Unterlagen zu findet  auch die Schreibweisen Steinbörner, Steinberner u. a.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/ [2]) und Ancestry (www.ancestry.de [120]); Passagier-/Schiffslisten des Robert Janmaat – German Emigrants to South Australia – www.theshipslist.com [121] und Ancestry (www.ancestry.de [120]); Zeitungsmeldung Trove Partner (www.trove.nla.gov.au)

1841, 1846, 1858, 1875 Nachkommen der Zeuschner Familie wanderten nach Australien aus

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[122]

„Hafenromantik“ früherer Zeit, die nur zu oft die Schicksale der Auswanderer verbarg – Bild: Maennel Archiv

Seitens der Nachkommen der Familie Andreas Zeuschner (ca. 1745-1839), eines Landwehrmannes, Schneiders und Eigentümers zu Albertoske und seiner Ehefrau Maria Elisabeth geborene Schlecht (ca. 1768-1826) erfolgten mehrere Übersiedelungen nach Australien.

In unserem Bericht vom März 2018 „1875 mit der „Lammershagen“ nach Wellington – die Familien Schaeler, Strauch und Timm [123]“ haben wir von den nach Australien ausgewanderten Familien Schaeler, Strauch und Timm berichtet.

Als Ehefrauen waren seinerzeit die Zwillingsschwestern Bohr, Anna Rosina Dorothea verheiratete Schaeler und Johanna Juliana verheiratete Strauch, mit auf die Reise gegangen.

Die am 25. Mai 1844 in Deutsch Böhmisch geborenen Schwestern waren als Kinder des Johann Gottfried Bohr (ca. 1804-1874) und dessen Ehefrau Anna Rosina geborene Zeuschner (1806-1847) zur Welt gekommen. Anna Rosina geborene Zeuschner selbst hatte im Dezember 1806 als Tochter der Eheleute Andreas Zeuschner und Maria Elisabeth geborene Schlecht das Licht der Welt erblickt.

Ihre jüngere Schwester Johanna Dorothea Rosina Zeuschner, geboren im Jun 1813, ist vermutlich die im Eheeintrag vom Januar 1835 genannte Anna Dorothea (rechnerisch lt. Eheeintrag 1811 geboren). In dieser Eintragung im Kirchenbuch von Bentschen ist die Eheschließung mit Gottlieb Blesing aus dem Kuniker Hauland schriftlich festgehalten worden.

[124]

Eheschliessung Blesing-Zeuschner / Kirchenbuch Bentschen

In diesem Eintrag sind einige Ungereimtheiten, die nicht geklärt werden konnten. Weder der Vater noch die Mutter, bei richtiger Zuordnung der eingesehenen Personenstandsunterlagen, des Gottlieb Blesing waren zum Zeitpunkt der Eheschließung verstorben, noch konnte für Anna Dorothea Zeuschner ein Geburtseintrag im Jahr 1811 gefunden werden, daher die Vermutung, dass es sich um die 1813 geborene Johanna Dorothea Rosina gehandelt haben könnte.

Als erstes Kind des Paares wird Wilhelm Dienegott Blesing im Juli 1835 zu Deutsch Böhmisch geboren, ihm folgte Johanne Juliane Blesing im November 1837 zu Grubske und als drittes die Johanne Louise Blesing im Januar 1840 zu Szarke. Laut den Taufeinträgen wurden alle Kinder evangelisch getauft.

Diese kleine Familie Blesing  findet sich auf der von Robert Janmaat anhand von Archivmaterialien zusammengestellten Passagierliste der „Skjold“, welche unter Pastor Fritzsche im Juli 1841 von Altona mit Ankunft im Oktober 1841 in Port Adelaide versegelte.

Nach den Überlieferungen erkrankten auf dieser Reise zahlreiche Passagiere, viele, unter anderem auch zahlreiche Kinder, verstarben. Dem Tagebuch der mitreisenden Familie Nitschke ist zu entnehmen, dass auch von der Familie Blesing 2 Kinder verstarben

Es wird in diesen Notizen unter anderem aufgeführt, dass am 24. Juli 1841 als Todesfall Gottlieb Bläsings Tochter von 1 ½ Jahren (Johanne Louise) und am 12. August 1841 als Todesfall Gottlieb Bläsings Sohn, 6 Jahre (Wilhelm Dienegott) alt, verstarben.

* * *

Aus der Familie der älteren Schwester von Anna Rosina Zeuschner der Maria Elisabeth Zeuschner geboren 1795, welche 1821 den Gottfried Müller geehelicht hatte, machten sich weitere Nachkommen auf die Reise.

Die Tochter Johanna Rosina Dorothea Müller, welche 1840 Johann Samuel Schulz geehelicht hatte, reiste auf der „Heloise“ von Bremen im Oktober 1846 mit Ankunft per März 1847 nach Port Adelaide. Auf der Passagierliste finden sich ihre Kinder Johanna Juliana 6 Jahre, Caroline 4 Jahre und der zweijährige Johann August, welche mitreisten.

Ein Jahr später, 1858, versegelte im April ab Hamburg die „Grasbrook“ mit Ankunft im August in Port Adelaide.

Als Alleinreisende Person befand sich Johanne Beate Muller (Müller), 28 Jahre, an Bord. Sie war die jüngere Schwester der Johanna Rosina Dorothea Schulz geborene Müller.

* * *

Andreas Zeuschner (ca. 1745-1839) und Maria Elisabeth geborene Schlecht (ca. 1768-1826) haben die Auswanderungen ihrer Nachkommen nicht erlebt

1841 auf der Skjold die Tochter verheiratete Blesing mit Familie

1846 auf der Heloise ein Enkelkind Müller verehelichte Schulz mit Familie

1858 auf der Grasbrook ein Enkelkind Müller,

1875 auf der Lammershagen die Enkelkinder Bohr verehelichte Schaeler und Strauch

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/ [2]); Schiffslisten des Robert Janmaat – German Emigrants to South Australia – www.theshipslist.com; Die Auswanderung preußischer Lutheraner nach Australien – ISBN978-3-9811997-4-1

Militärpflichtige und Invalidenprüfungsverfahren im Juni 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Albertoske,Alt Tomysl,Bez kategorii,Bolewitz,BukowiecDE,Chmielinke,Chraplewo,Cichagora,Duschnik,Genealogie,Glinau,Glupon,Groß Lipke,Jastremske,Klein Lipke,Komorowo Hauland,Konin,Kuschlin,Michorzewo,Neu Tomysl,Neustadt bei Pinne,Neutomischel,Paprotsch,Personen, Familien,Rose,Sontop,Wasowo / Wonsowo,Wengielno,Wymyslanke | Kommentare sind deaktiviert
[45]

Der ehemalige Schwarze Adler / Ausschnitt aus AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

“Im Jahr 1871 dehnten die Artikel 57 ff. der Reichsverfassung die in Preußen seit 1814 geltende allgemeine Wehrpflicht auf ganz Deutschland aus. So hatte nun „jeder Deutsche“ mit vollendetem 20. Lebensjahr 7 Jahre lang dem Heer oder der Marine anzugehören. Um im Allgemeinen wissenschaftliche und gewerbliche Ausbildung so wenig wie möglich durch die allgemeine Wehrpflicht zu stören, war es jedem jungen Mann überlassen, schon nach dem vollendeten 17. Lebensjahr, wenn er die nötige moralische und körperliche Qualifikation hatte, freiwillig in den Militärdienst einzutreten.  Alle Wehrpflichtigen waren, wenn sie nicht freiwillig in die preußische Armee eintraten, vom 1. Januar des Kalenderjahres an, in welchem sie das 20. Lebensjahr vollenden, der Aushebung unterworfen (militärpflichtig). Sie hatten sich zu diesem Zwecke bei den zuständigen Ersatzbehörden regelmäßig zu melden, bis über ihre militärische Verwendung entschieden wurde, jedoch höchstens zweimal jährlich” (2)

Am Freitag, den 24. Mai 1901 wurde im Amtlichen Teil des Kreisblattes von Neutomischel wie folgt bekannt gegeben:

Das diesjährige Ober-Ersatz-Geschäft findet am Mittwoch, den 20. und Donnerstag, den 21. Juni im Hotel zum Schwarzen Adler in Neutomischel (Inhaber H. Niedbal) statt.

Sämmtliche vorzustellenden Militärpflichtigen fordere ich hierdurch auf, an den vorbezeichneten Tagen Morgens 6 Uhr pünktlich und im nüchternen und reinlichen Zustande auf dem Gestellungsplatze zu erscheinen und dort solange anwesend zu bleiben, bis ihre Entlassung erfolgt.

Mannschaften, welche unentschuldigt fehlen in oder trunkenen Zustande oder nicht rein gewaschen erscheinen sollten, haben ihre Bestrafung auf Grund der Regierungs-Polizei-Verordnung vom 14. Mai 1885 mit Geldstrafe bis zu 30 Mk. event. verhältnismäßiger Haftstrafe zu gewärtigen.

Personen, zu deren Gunsten, Reklamationen angebracht worden sind, wie Vater, Mutter oder andere Familienangehörige, haben im Aushebungsgeschäft persönlich zu erscheinen.

Die Herren Guts- und Gemeindevorsteher oder im Behinderungsfalle deren Stellvertreter haben dem Ober-Ersatz-Geschäft, welches an jedem Tage um 8 Uhr Vormittags beginnt, beizuwohnen und insbesondere genau auf die Identität der vorzustellenden Mannschaften zu achten. Es kommen zur Vorstellung:

Am Sonnabend, den 15 Juni 1901

a) die dauernd Untauglichen, und zwar:

  1. Dobkowicz Joseph Robert, Brody
  2. Filipowski Johann, Neutomischel
  3. Koster Friedrich, Chmielinko
  4. Arlt Johannes Ernst August, Konkolewo
  5. Linke Johann Wilhelm, Zinskowo
  6. Pochstein Karl Otto, Dombrowo
  7. Kahl Karl Bruno, Glinau
  8. Pasicka Valentin, Michorzewko
  9. Swat Alexander, Neustadt b. P.
  10. Häusler Karl Richard, Jastrzembnik

b)  die zur Ersatz-Reserve designierten Mannschafen, und zwar:

  1. Kintzel Wilhelm, Chmielinko
  2. Wierzchacz Michael, Glupon
  3. Lehmann Johann Gottlieb, Zembowo
  4. Piechota Franz, Zembowo
  5. Bielke Karl Emil, Glinau
  6. Helmchen Gustav, Chmielinko
  7. Köter Johann Friedrich Gustav, Albertoske
  8. Pflaum Otto Heinrich, Glinau
  9. Dombrowski Bartholomäus, Pawlowko
  10. Piechocki Andreas, Pakoslaw
  11. Steinborn Johann Erdmann Otto, Wonsowo
  12. Chmielewski Wladislaus, Neustadt b. P.
  13. Hirsch Gustav Berthold, Scherlanke
  14. Roy Paul Otto Wilhelm Paprotsch
  15. Nowak Wawrzyn, Komorowo Hauland
  16. Janotte Karl Gottlieb, Neutomischel
  17. Stein Friedrich Wilhelm, Neustadt b. P. Stadt
  18. Krajewski Anton, Neustadt b. P. Stadt
  19. Arndt Bernhard Benjamin, Steinhorst

c)  die zum Landsturm designierten Mannschaften, und zwar:

  1. Horlitz Karl Otto, Cichagora
  2. Hämmerling Johann Ferdinand Erdmann, Paprotsch
  3. Prüfer Paul Reinhold, Sontop
  4. Wrzyscz Michael, Konin
  5. Hoffmann Gustav Paul, Neustadt b. P. Stadt
  6. Birkholz Richard Otto, Neutomischel
  7. Winter Karl Otto, Albertoske
  8. Chwalisz Anton, Bolewitz
  9. Grynia Martin, Bolewitz
  10. Kamyszek Franz, Zembowo
  11. Weimann Franz, Linde
  12. Gularek Stephan, Zgierzynka
  13. Eichberg Otto Herrmann, Wengielno
  14. Haake Karl Friedrich, Neustadt b. P. Stadt
  15. Krzyszko Joseph, Linde
  16. Rosenau Karl August, Albertoske
  17. Wojthys Josef, Chraplewo
  18. Adam Karl Ferdinand Felix, Konkolewo
  19. Neumann Johann Paul Wilhelm, Konkolewo
  20. Hoffmann Paul Reinhold, Neurose
  21. Burdajewicz Maximilian, Neustadt b. P. Stadt
  22. Wiesner Karl, Neustadt b. P. Stadt
  23. Joachim Ernst Reinhold, Paprotsch
  24. Abraham Ernst Otto, Sontop
  25. Sperling Paul Friedrich Wilhelm, Wengielno
  26. Ortlieb Johann Herrmann, Wymyslanke
  27. Fender Anton, Bolewitz
  28. Grocholewski Stanislaus, Brodki
  29. Giering Johannes Ferdinand, Julianna
  30. Liedke Gustav Reinhold Heinrich, Zinskowo

d) die vom Truppentheil abgewiesenen Freiwilligen

e) die vorläufig beurlaubten Rekruten

f) die zur Disposition der Ersatzbehörden entlassenen Mannschaften

g) die kranken Reservisten und Wehrleute

Ferner findet das Invaliden-Prüfungs-Verfahren statt

am Montag, den 17. Juni 1901

a) die brauchbaren Mannschaften, und zwar:

  1. Müller Richard Ferdinand, Rose
  2. Bernat Michael, Gronsko
  3. Skiba Andreas, Gefängnis Hameln
  4. Kaczmarek Franz, Bolewitz
  5. Pieta Albert, Bukowiec
  6. Herkt Emil Otto, Paprotsch
  7. Kuß Friedrich Konrad, Cichagora
  8. Heinrich Johann Otto, Glupon
  9. Lasik Johann, Glupon
  10. Müller Stanislaus, Grudna
  11. Redlich Johann Bruno, Grudna
  12. Szoffer Johann, Witomischel Gemeinde
  13. Schilke Hermann Robert, Komorowo
  14. Kortus Bartholomäus, Michorzewo
  15. Nowak Mathias, Michorzewko
  16. Deckert Hermann, Neufeld
  17. Kapella Andreas, Neutomischel
  18. Gottschalk Leon, Neustadt b. P. Stadt
  19. Jendke Karl Friedrich, Neutomischel
  20. Owczarczak Andreas, Pakoslaw
  21. Piontek Adalbert, Pakoslaw
  22. Namicki Johann, Pakoslaw
  23. Joachim Johann Reinhold, Paprotsch
  24. Schinske Robert Berthold, Albertoske
  25. Kasper Wilhelm, Paprotsch
  26. Heinrich Friedrich Wilhelm, Sontop
  27. Heinrich Paul Bruno, Sontop
  28. Janotte Paul Otto, Wonsowo
  29. Nawrocki Andreas, Wonsowo
  30. Greiser Johann Karl Heinrich, Glinau
  31. Kuhnke Gottlieb Heinrich Ferdinand, Zinskowo
  32. Zellmer Karl Heinrich, Paprotsch
  33. Otter Johann, Scherlanke
  34. Strebe Gustav Friedrich Christoph, Blake
  35. Becker Hermann Robert, Schleife
  36. Stein Wladislaus, Neutomischel
  37. Wittke Karl Ernst Rudolf, Jastrzembnik
  38. Paul August Joseph, Kuschlin
  39. Bartelt Friedrich Wilhelm Oskar, Albertoske
  40. Kühn Johann Karl Robert, Konkolewo
  41. Pogorzelczyk Franz, Neustadt b. P. Stadt
  42. Spychala Andreas, Neustadt b. P. Stadt
  43. Brzuszik al. Burszik Blasius Ignatz, Neutomischel
  44. Gmerek Johann, Brodki
  45. Spychala Stephan, Glupon
  46. Batura Vinzent, Brody
  47. Knobel Wilhelm, Brody
  48. Abraham Paul Arthur, Bukowiec
  49. Franz Julius, Glinau
  50. Helmchen Wilhelm, Chmielinko
  51. Poschwald Lorenz, Neutomischel
  52. Joachim Karl Otto, Cichagora
  53. Kuß Johann Wilhelm Heinrich, Cichagora
  54. Schlinke Gustav Hermann, Glinau
  55. Werner Wilhelm Hermann, Glinau
  56. Kriese Karl Otto, Glupon
  57. Pretki Stephan, Neustadt b. P.
  58. Sauer Heinrich Robert, Komorowo Hauland
  59. Schulz Johann Otto, Konkolewo
  60. Lipke Friedrich Wilhelm Gotthold, Glupon
  61. Bilon Leo, Linde
  62. Koszitzke Johann Paul, Klein-Lipke
  63. Poschwald Martin Johann, Chmielinko
  64. Lukaszyk Vinzent, Witomischel
  65. Ochla Adalbert, Dombrowo
  66. Tepper Paul Reinhold, Neurose
  67. Banas Franz, Brody
  68. Nitschke Paul, Neustadt b. P. Schloß
  69. Wittkowski Stephan, Neustadt b. P. Stadt
  70. Hirsekorn Ernst Wilhelm Richard, Neutomischel
  71. Reisch Karl Robert, Neutomischel
  72. Czapracki Valentin, Pakoslaw
  73. Przewozny Adalbert, Pakoslaw
  74. Sobkowiak Martin, Pakoslaw
  75. Fenske Oskar Bruno, Paprotsch
  76. Pretki Joseph, Neustadt b. P. Schloß
  77. Wittchen Paul Wilhelm, Sontop
  78. Schulz Heinrich Wilhelm, Neutomischel
  79. Lausch Ernst Otto, Sontop
  80. Lecinski Max, Pakoslaw
  81. Ortel Johann Adolf Bruno, Albertoske
  82. Pawlik Joseph, Wymyslanke
  83. Lisek Franz, Zembowo
  84. Grieger Otto Oswald, Brody
  85. Reschke Karl Adolf, Konin
  86. Baum Albert Friedrich, Neutomischel
  87. Miczek Franz, Pakoslaw
  88. Klapa Johann, Paprotsch
  89. Köhler Theodor Paul Oskar, Neustadt b. P. Schloß
  90. Mroskowiak Joseph, Neustadt b. P. Stadt
  91. Bittner Emil, Neutomischel
  92. Helmchen Wilhelm, Groß-Lipke
  93. Jaindy Franz, Neutomischel
  94. Meißner Karl Reinhold, Scherlanke
  95. Sobiak Anton, Posadowo
  96. Luczak Melchior, Glupon
  97. Bielke Karl Gustav, Sontop
  98. Muczka Benjamin, Linde
  99. Schwaiza Franz, Neustadt b. P. Stadt
  100. Abraham Paul Richard, Sontop
  101. Hoffmann Ernst Gustav Adolph, Neutomischel
  102. Kluj Franz, Glupon
  103. Skirecki Johann, Neustadt b. P. Stadt
  104. Murek Michael, Steinhorst
  105. Wald Johann Heinrich Paul, Paprotsch
  106. Hecke Wilhelm Otto, Paprotsch
  107. Andrzejewski Franz, Brody
  108. Zirke Johann Friedrich Karl, Blake
  109. Lehmann Gustav Arthur Richard, Glinau
  110. Engelmann Johann August, Brody
  111. Kasperczak Joseph, Neutomischel
  112. Deutschmann Gustav Robert, Scherlanke
  113. Flak Stanislaus, Sworzyce
  114. Rzepka Johann, Glupon
  115. Palicki Martin, Jastrzembnik
  116. Welke Friedrich Wilhelm Scherlanke
  117. Rothe Ernst Hermann, Konkolewo
  118. Pakula Theophil, Neustadt b. P. Stadt
  119. Drescher Albert, Grudna
  120. Aldefeld Otto Gustav Richard, Neutomischel
  121. Kowal Melchior, Bolewitz
  122. Bernhardt Johann Berthold Reinhold, Glinau
  123. Käthner Friedrich Wilhelm Heinrich, Neutomischel
  124. Lehmann Franz Brodki
  125. Gorny Stephan, Posadowo
  126. Jentke Johann Wilhelm Reinhold, Cichagora
  127. Groll Lorenz, Witomischel
  128. Kaczmarek Xaver, Zinskowo
  129. Täubner Friedrich Paul, Neurose
  130. Kahl Hermann Hugo, Glinau
  131. Guzek Johann, Glupon
  132. Rußak Max, Neustadt b. P. Stadt
  133. Kaczmarek Bartholomäuse, Bukowiec
  134. Lewandowski Stephan, Michorzewo
  135. Schulz Karl Hermann, Komorowo Hauland
  136. Heinrich Johann Karl Gustav, Sontop
  137. Tißmann Karl Reinhold, Scherlanke
  138. Malaszkiewicz Wazlaw, Neutomischel
  139. Lange Karl Wilhelm, Albertoske
  140. Stengert Franz, Chmielinko
  141. Michalski Roman, Neustadt b. P. Stadt
  142. Polus Michael, Neufeld
  143. Gierczyk Michael, Neutomischel
  144. Furmanek Roman Filip, Zembowo
  145. Nowak Anton, Michorzewo
  146. Gebauer Heinrich Hermann, Sontop
  147. Jarnot Stephan, Komorowo
  148. Lehmann Wilhelm Adolf Berthold, Neutomischel
  149. Hala Wladislaus, Pakoslaw
  150. Sierant Anton, Michorzewo
  151. Müller Paul Hermann, Krummwale
  152. Twardosz Jakob, Brody
  153. Vinas Adalbert, Jastrzembnik
  154. Kucz Karl, Alttomischel
  155. Fister Berthold Hermann, Glinau
  156. Falbierski Anton, Michorzewo
  157. Schwedler Georg Karl Ernst, Neutomischel
  158. Lange Alwin Berthold, Paprotsch
  159. Ozorkiewicz Anton, Neustadt b. P. Stadt
  160. Seifert Johann Friedrich Wilhelm Chraplewo
  161. Wojtasik Franz, Komorowo
  162. Winter Robert Paul, Sontop
  163. Wilk Nikolaus, Steinhorst
  164. Baarsch Gustav Ewald, Krummwalde
  165. Kupsz Andreas, Alttomischel
  166. Ramm Johann Hermann Richard, Schleife
  167. Stieler Ludwig, Neustadt b. P. Stadt
  168. Szymszak Johann, Neustadt b. P. Schloß
  169. Zawarty Johann, Konin
  170. Rau Ernst Friedrich Wilhelm, Blake
  171. Ramm Erdmann, Konin
  172. Bartkowiak Johann, Pakoslaw
  173. Geisler Stanislaus, Witomischel Gemeinde
  174. Rentel Oskar, Neustadt b. P. Stadt
  175. Adamczak Martin, Komorowo

b) die in Zugang gekommenen Militärpflichtigen, und zwar:

  1. Jarnot Andreas, Zembowo
  2. Jakubowicz Leopold, Neustadt b. P. Stadt
  3. Musial Johann, Konin

Neutomischel, den 15 April 1901

Der Civilvorsitzende der Ersatzkommission des Aushebungsbezirks Neutomischel – von Daniels, Landrath

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1901; 2) Einleitung:https://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fische_Armee

Scharfenort / Ostroróg – 1383 erstmalig erwähnt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[125]

Karte F. Handtke – 1862 – Provinz Posen

Scharfenort oder mit polnischem Namen Ostroróg soll 1383 urkundlich erstmals erwähnt worden sein.

1412 erhielt der Ort das Stadtrecht und 1546 wurden dem Ort unter Siegismund dem Alten einige der umliegenden Gehöfte und Weiler angeschlossen.

Seit 1436 war Ostroróg im Besitz der Adelsfamilie Ostroróg. Jakob Ostroróg nahm um das Jahr 1550 das Bekenntnis der böhmischen Brüder an.

Über diese Zeit heißt es im Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“ 1):

„ …Städtchen Scharfenort, polnisch Ostroróg, befand sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als Eigentum der hochadligen Familie Ostroróg in dem blühendsten Zustande. Jakob Ostroróg übergab 1555, nachdem er selbst das Bekenntnis der böhmischen Brüder angenommen hatte, die hiesige katholische Pfarrkirche mit allen Stiftungen seinen neuen Glaubensgenossen, und nun bildete sich hier eine der Hauptgemeinden der böhmischen Brüder in Großpolen.

Viele reiche schottische Familien ließen sich hier nieder, hier war achtzig Jahre hindurch der Wohnsitz der Senioren (Anm. durch die Böhmischen Brüder wurde anstelle des Titels „Bischof“ der Titel „Senior“ genutzt), hier fanden die Synoden statt, es bestand hier eine sehr besuchte Schule, ein geistliches Seminar, hier befand sich das Archiv und die Bibliothek der Unität.

Die Kirche und die Pfarrgebäude brannten mehrmals nieder; die Familie Ostroróg ließ sich jedes Mal in großartigerem Maßstabe wieder aufbauen.

Als diese Familie im Jahre 1632 ausstarb, nahmen die Katholiken von der Kirche als ihrem ehemaligen Eigentum sofort Besitz; es traten Verfolgungen ein, und wenngleich evangelische Pächter noch eine Zeitlang in dem Schlosse Gottesdienst halten ließen, so war doch des Städtchens Bedeutung dahin. Die meisten und angesehensten Bewohner hatten es bereits verlassen, als es 1660 in den Besitz katholischer Grundherren gelangte …“

Ab dieser Zeit, so heißt es in o. g. Artikel zu „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“, wurde Scharfenort / Ostroróg zu einem unbedeutenden Städtchen.

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Scharfenort Marktplatz / Ausschnitt Ansichtskarte

Im „Städtebuch des Landes Posen“ von Heinrich Wuttke 2) wurde weiterhin bzw. ergänzend zu obigem Beitrag ausgeführt, dass der katholische Grundherr Christof Graf Radziwill, er hatte den Ort 1660 käuflich erworben, diesen später an die Kwilecki weiterveräußerte.

Die im Schloss eingerichtete Brauerei und 13 Jahrmärkte, zu denen die Stadt berechtigt gewesen war, halfen ihr nicht wieder zu ihrer vorherigen Größe und Bedeutung aufzusteigen.

Am Ausgang des 18. Jahrhunderts wohnten in Scharfenort / Ostroróg 442 Menschen, die Stadt bestand zu jener Zeit aus 80 Wohnhäusern, 3 Mühlen und 1 katholischen Kirche, 24 Baustellen waren unbebaut geblieben. Der Stadt unterhielt einen Nachtwächter. Gewerbetreibend waren 12 Schuster, 6 Schneider, 3 Müller, 3 Kürschner, 3 Stellmacher, 2 Leinweber, 2 Bäcker, 2 Böttcher, 2 Töpfer, 1 Schmied, 1 Gerber, 1 Barbier und 4 Gastwirte. 1816 gab es 358 Einwohner, 1837: 634, 1843: 687, 1858: 828 und 1861:872 in der Stadt.

In der Veröffentlichung „Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinde in den Posener Landen“ 3) aus dem Jahr 1909 findet man, das den Juden die Niederlassung verwehrt gewesen war.

Im Stadtprivileg vom 14.04.1701 soll es geheißen haben: „Juden, welche weder dem Schloß noch dem Städtchen Nutzen schaffen, sondern vielmehr Schaden zufügen, wenn sie Wolle, Felle u. and. Waren von den Christen aufkaufen, soll keine Wohnung in den Häusern erlaubt werden, wohl aber können selbige Farben u. and. Sachen vor die Tuchmacher in dem Städtchen bringen, und wenn sie damit fertig, sich länger nicht verweilen und Waren aufkaufen. …“

Auch soll die Stadt noch 1796 nicht von Juden bewohnt gewesen sein; in dem am „01. Juni 1796 vom Steuerrat der Meseritzer Inspektion an den Minister Graf Hoym gesandten Bericht lautet eine Stelle über Ostrorog: „wegen der Nahrlosigkeit des Ortes ist es auch noch nie einem Juden eingefallen, sich daselbst niederzulassen.““

Es wurde geschrieben, dass sich erst zu späterer Zeit vereinzelt jüdische Bürger ansiedelten – 1899 z. B. soll es in Scharfenort 11, 1905: 19 und 1907: 10 jüdische Seelen gegeben haben.

* * *

Lt. Wikipedia 4) ist Ostroróg (deutsch Scharfenort) heute eine Stadt mit etwa 1.900 Einwohnern im Powiat Szamotulski der Woiwodschaft Großpolen in Polen. Sie ist Sitz der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde mit 4931 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2020).

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
1) „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“ – Verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani – Herausgegeben von dem Königlichen Consistorium der Provinz Posen – 1898; 2) „Städtebuch des Landes Posen“ verfasst von Heinrich Wuttke – Herausgegeben 1864 in Leipzig; 3) „Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinde in den Posener Landen“ – Dr. A. Heppner und J. Herzberg – erschienen 1909; 4) Wikipedia https://de.wikipedia.org

Gebäude der Stadt Neutomischel – Posener Str. 82 Karney und Krepl – ca. 1836 bis 1873

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Ansicht der ehemaligen Posener Str., No. 82 müsste sich rechts als vorletztes Haus befunden haben / AK Ausschnitt Sammlung Kraft

Im Jahr 1836 standen auf dem Neu Tomysler Stadtgrundstück No. 82 das Wohnhaus und die Stallungen des Besitzers Friedrich Wilhelm Karney.

Das Wohnhaus wurde beschrieben als 38 Fuß lang, 22 ½ Fuß breit (ca. 11,00 x 6,90 m) und 6 ½ Fuß (ca. 1,98 m) hoch. Wie es in jenen frühen Jahren in der Stadt üblich gewesen war, hat es sich um einen Fachwerkbau, welcher mit Lehm beworfen worden war, gehandelt. Das Dach war mit gewöhnlichen Schindeln eingedeckt gewesen und wies einen Erker auf. Gegen die Wettereinflüsse waren beide Giebel mit Brettern verschlagen. Im Haus selbst haben sich 1 Flur, 3 Stuben, 1 Kammer und 1 Dachkammer befunden. Die Räumlichkeiten waren mit insgesamt 9 Türen ausgestattet gewesen. Licht kam in das Haus über 1 Fenster mit 3 und 5 Fenster mit 2 Flügeln. Zum Heizen konnten 2 vorhandene Öfen von Kacheln und 1 Ofen von Ziegeln genutzt werden.

Im Stallgebäude auf dem Grundstück, es war 15×11 ½x 5 ½ Fuß groß gewesen, war Platz für einen Kuhstall für 2 Kühe und einen Schweinestall für 2 Schweine vorhanden gewesen; letzterer war mit Steinen gepflastert gewesen.

Das ca. 1806 errichtete Gebäude, das Alter war im Jahr 1836 mit etwa 30 Jahren angegeben worden, hatte sich in einem guten Zustand befunden, da es 3 Jahre zuvor, also ca. im Jahr 1833, durchweg repariert worden war.

Friedrich Wilhelm Karney hatte im Jahr 1820 in Neu Tomysl die Ehe mit Johanna Eleonore Krepl geschlossen.

Anhand der im Eheeintrag gemachten Altersangabe müsste er ca. 1796 geboren worden sein. Sein Vater wurde als Bürger und Schneidermeister zu Schwerin an der Warthe benannt. Daten zur Mutter fanden sich nicht. Er hatte sich als Schneidergeselle in der Stadt aufgehalten.

Wenn das Häuschen No. 82 tatsächlich im Jahr 1806 errichtet worden war, so kann er nicht der Bauherr gewesen sein.

Hier kommt vielmehr der Vater seiner Frau, der Bürger und Schneidermeister in Neu Tomysl Johann Gottlieb Krepl (*ca. 1769 + 1831) in Frage. Dieser hatte im Jahr 1791 die, wie es im Kirchenbucheintrag heißt, tugendsame Frau Dorothea Elisabeth verwitwete Pohlin geehelicht. Wenn die Kirchenbucheintragungen korrekt zusammengefügt sind, müsste sie den Geburtsnamen Zithier geführt haben (*ca. 1755 zu Scherlanke, + 1814 zu Neu Tomysl).

Sie hat die Kinder Anna Rosina Pohl (*1781), George Friedrich Pohl (*1783) und Dorothea Elisabeth Pohl (*1786) mit in die Ehe gebracht. Christina (*1778) und Anna Christina (*1788) Pohl waren beide im frühen Kindesalter verstorben.

Die Kinderschar vergrößerte sich mit der Geburt des Johann Gottfried Krepl (*1794) und der schon erwähnten Johanna Eleonore Krepl (*1796).

Johann Gottfried, der Bruder von Johanna Eleonore, war späterhin als Steuer-Aufseher und Kontrolleur tätig. Bei der Ausübung dieser Tätigkeit hielt er sich an den verschiedensten Orten auf, Erwähnungen wurden gefunden für Ostrowo, Dresden, Kuchary im Kreis Pleschen und Lissa.

Von Friedrich Wilhelm Karney wurden bis zur Veröffentlichung dieses Beitrages keine weiteren Aufzeichnungen gefunden.

1853 verstarb seine Witwe Johanne Eleonora Karney geborene Krepl an „Schwäche“ in Neutomischel. Ihre Ehe war kinderlos geblieben, sie hinterließ lediglich ein Haus mit Garten und Stallung und 500 Taler.

Aus ihrem Nachlass wurde das Haus No. 82 in der Stadt Neu Tomysl vermutlich von ihrem Bruder übernommen, es ist nicht bekannt, ob er der einzige Erbe war.

Johann Gottfried Krepl verstarb im September 1873 zu Neu Tomysl. Mit seinem Tod wurde das Stadtgrundstück nunmehr veräußert.

Im Buker Wochenblatt für die Städte des Buker Kreises und deren Umgegend, No. 46, veröffentlicht Grätz, den 14 November 1873, erschien die

[128]Bekanntmachung

Das zum Nachlasse des verstorbenen Steuer-Aufseher Johann Gottfried Krepel gehörige, in der Stadt Neutomysl an der Posener Straße belegene Grundstück No. 82, bestehend aus einem Wohnhause, Stallung, Hofraum, Hausgarten und zwei Feldgärten soll aus freier Hand im Wege der Licitation im

Termine, den 24 November d. J.  (1873) Morgens 11 Uhr

Im Gasthofe des Herrn Palicki in Neutomysl verkauft werden. Der Verkauf des Grundstücks kann im Ganzen oder auch in einzelnen Theilen erfolgen

Grätz, den 7 November 1873.

Klemme – Rechtsanwalt & Notar

* * *

Anmerkung: es wurde die Schreibweise Krepl als Familienname in diesem Artikel verwendet, in den gesichteten Unterlagen zu finden waren aber auch die Schreibweisen Krepel, Kräpel, Kraepel u. a.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen und Zeitung Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Grätz / Am Markt – Louis Krueger, Destillationsbetrieb und Hermann Fuss, Glasswaren/Glaserei

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[129]

Das Bild links, ein Ausschnitt einer alten Ansichtskarte, zeigt als linkes Gebäude das des Louis Krueger und mittig das des M. Fuss Inh. Hermann Fuss, nicht leserlich ist die Beschriftung des rechten Gebäudes Jan Now…?; das rechte Bild zeigt die heutige Ansicht der Häuser

[130]

 

Gewerbetreibende aus dem Deutschen Reichs-Adressbuch; erschienen 1906 

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Das Deutsche Reichs-Adressbuch von 1906 weist aus, dass Louis Krueger eine Destillation betrieben hat.

Über die Familie Krueger ist wenig bekannt. Louis war der Sohn des dem mosaischem Glauben angehörenden Benjamin Krüger und dessen Ehefrau Rosa, einer geborenen Levy. Letztere verstarb 1879 in Grätz. Louis, der den Tod seiner Mutter anzeigte hatte, hatte angegeben, dass sie 77 Jahre alt geworden und in Grätz geboren worden sei; ihre Eltern sollen die Salomon und Parche Levy‘schen Eheleute gewesen sein.

Wann Louis Krueger zur Welt kam und wann er die Ehe mit Helene geborene Cohn schloss war nicht zu ermitteln.

Aus den Personenstandsunterlagen konnten 3 Töchter des Paares notiert werden; Hedwig (geboren 1869) lebte nach ihrer Eheschließung in Samter, Chana (geboren 1874) heiratete einen in Glogau ansässigen Kaufmann und Marjem, sie war im Jahr 1876 zur Welt gekommen, schloss die Ehe mit einem Kaufmann aus Posen.

Weitere Kinder des Paares sind bis zur Veröffentlichung dieses Beitrages nicht gefunden worden.

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[131]

Zeitung Aufbau – ein jüdisches Nachrichtenblatt, New York – Ausgabe Freitag 27. Jul 1945

Hermann Fuss war Inhaber eines Glaser-Betriebes in Grätz. Das Unternehmen hat er vermutlich von seinem Vater Meyer Fuss übernommen, der es wiederum von seinem Vater Michael Fuss und auch dieser wiederum von seinem Vater Hirsch Fuss übernommen hatte.

Hermann Fuss war 1870 in Grätz als Sohn des Meyer Fuss und seiner Ehefrau Adelheid, einer geborenen Nürnberg zur Welt gekommen. Im 1899 hatten er und die Sara Bick (geboren 1876), auch sie war aus Grätz gebürtig gewesen, die Ehe geschlossen

Hermann Fuss wurde im 74zigsten Lebensjahr im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet; dieses gilt auch für andere Angehörige der Familien Fuss welche in Grätz ansässig gewesen waren.

Lucie, seine älteste Tochter (geboren 1900) war in die USA nach Chicago emigriert.

Es wurde nebenstehende Todesanzeige im Juli 1945 in dem Nachrichtenblatt „Aufbau“ veröffentlicht

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Pinne / Am Markt – Stanilaus Weglewski, Maler und Paul Brucks, Gastwirt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[132]

Links im Vordergrund das Maler Geschäft des St. Weglewski, daran anschliessend die Gastwirtschaft des Paul Brucks / AK und AK Ausschnitte aus Sammlung A. Kraft und Foto Bildausschnitt Google

 

 

[130]

 

 

 

Gewerbetreibende aus dem Deutschen Reichs-Adressbuch; erschienen 1906

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Stanislaus Weglewski wurde 1877 als Sohn des Postboten Anton Weglewski und dessen Ehefrau Ludwika geborene Ewicz in Pinne geboren.

Im Jahr 1897, so ein Vermerk im Heiratseintrag seiner Schwester Wladislawa, galt der Vater bereits seit 13 Jahren, also ungefähr seit dem Jahr 1884, als verschollen.

Stanislaus Weglewski, er war als Maler in Pinne ansässig, ehelichte 1907 in Pinne die aus Podrzewie, Kreis Samter gebürtige Marianna Chermula. Sie war 1885 als Tochter der Eheleute Anton Chermula und dessen Ehefrau Martianna geborene Klemka geboren worden.

Als Kinder des Paares wurden 1908 Ludwik, 1910 Stanislawa und 1911 Benigna geboren

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Paul Brucks war der uneheliche Sohn der Juliana Brucks und 1865 in Gross Dobritsch / Kreis Sagan geboren worden.

Seine Mutter ehelichte späterhin den Jacob Brzezinski, einen in Lubosch im Kreis Birnbaum ansässigen Milchpächter. Von seinem Stiefvater übernahm Paul dann vermutlich die Kenntnisse des Handwerks eines Milchpächters und die der Käseherstellung. Dieses Gewerbe übte er, so die Berufsbezeichnung in den Personenstandsaufzeichnung, bis ca. 1893 in Steinhorst aus.

Im Jahr 1890 ehelichte er Maria Dubkiewicz, geboren 1871 als Tochter der in der Tutschemper Gemeinde ansässigen Eheleute Carl und Susanna (geborene Mika) Dubkiewicz.

Während die Kinder des Paares Carl 1891, Maria 1892 und Lucia im Jahr 1893 noch in Steinhorst geboren worden waren, findet man erstmalig im Geburtseintrag der Antonia im Jahr 1895 und nochmals im Jahr 1901 bei Johann Bernhard, dass die Eheleute nun als Gastwirte zu Pinne ansässig geworden waren.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Wilanowo Dampfziegelei – Familie Quartiermeister aus Grätz – 1906-1920

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Wilanowo w gm. Kamieniec – widok od północy/https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/28/Wilanowo_from_north.jpg / Urheber MOs810

Eines der zur heutigen Landgemeinde Kamieniec gehörenden Dörfer ist Wilanowo.

Der Ort liegt annähernd 15 km südöstlich von Grodzisk Wielkopolski. Zu Fuß ist die Strecke in ca. 4 Stunden zu bewältigen, mit dem Fahrrad wäre man in einer knappen Stunde vor Ort.

Wilanowo ist wie viele andere Dörfer unspektakulär.

In der Vergangenheit jedoch, auch wenn nur wenige Hinweise gefunden wurden, muss es für Grodzisk bzw. Grätz von großer Bedeutung gewesen sein.

Wir haben nicht ermitteln können, wer vor 1906 der Besitzer der Dampfziegelei G.m.b.H. Wilanowo gewesen war, aber ab 1906 befand diese sich als Dampfziegelei Wilanowo M. Quartiermeister im Besitz des Moritz Moses Quartiermeister, welcher sie bis ca. 1919/1920 betrieben hat.

Viele in jenen Jahren entstandener Gebäude der Stadt Grätz und deren Umgebung wurden vermutlich aus in Wilanowo hergestellten Mauersteinen errichtet und mit aus Wilanowo stammenden Dachziegeln eingedeckt.

* * *

Im Jahr 1881 zeigte der Handelsmann Philipp Quartiermeister den Tod seiner Mutter an.

Er gab an, dass Reichel Quartiermeister, mosaischen Glaubens, 97 Jahre alt, und die Witwe des Handelsmanns Josef Quartiermeister gewesen war. Sie müsste also ca. im Jahr 1784 in Grätz, die Stadt war als ihr Geburtsort benannt worden, als Kind der Heimann und Vögelchen Glass’schen Eheleute zur Welt gekommen sein.

Als Tochter der Eheleute Josef und Reichel Quartiermeister wurde bei Durchsicht der Personenstandsunterlagen Ernestine Quartiermeister gefunden, welche im Jahr 1890 im Alter von 80 Jahren als Ehefrau des Rabbiners Hirsch Lewin zu Grätz verstarb. Rückgerechnet müsste Sie um 1810 geboren worden sein.

Neben dem o. g. Philipp Quartiermeister fanden sich keine weiteren männlichen Nachkommen. Sein Toteneintrag wurde im Jahr 1889 in den Standesamtsunterlagen von Grätz verzeichnet, in diesem war sein Alter mit 56 Jahren angegeben worden, rückgerechnet ergibt sich daraus das Geburtsjahr 1833.

Betrachtet man die Daten, das ca. Geburtsjahr 1810 von Ernestine und das des Philipp mit 1833, liegen die Geschwister altersmäßig weit auseinander; es wurden jedoch keine weiteren Eintragungen gefunden, aus denen man den Rückschluss auf die Eltern hat entnehmen können.

Als Vermutung könnte man vielleicht noch einen Itzig Isaak Quartiermeister der Familie von Josef und Reichel Quartiermeister zuschreiben; zu ihm und zu seiner Familie kommen wir noch später.

Wann Philipp Quartiermeister die Ehe mit Johanna, auch Hannchen genannt, geborene Guttmann geschlossen hat, ist nicht bekannt. Johanna, Tochter des Schneiders Leib Guttmann und dessen Ehefrau Esther, ihr Familienname wurde nicht erwähnt, verstarb im Alter von 74 Jahren (Geburtsjahr ca. 1826) in Grätz, welches auch ihr Geburtsort gewesen sein soll.

Als Kinder der Eheleute Philipp und Johanna Quartiermeister fanden sich in den Archivakten die 1856 geborene Ernestine, ihr folgte 1859 Sophia, 1862 Elias, 1864 Moses Moritz und 1866 Charlotte.

Philipp Quartiermeister verstarb 1889 in Grätz und Johanna im Jahr 1900.

Philipp Quartiermeister ließ 1862 die Firma Philipp Quartiermeister zu Grätz, Inh. Philipp Quartiermeister im Handelsregister eintragen, noch im Jahr 1906 findet sich im Deutschen Reichs-Adressbuch eine Eintragung auf diesen Namen für eine Getreidehandlung.

[134]

Wilanowo – Ausschnitt Kreiskarte Schmiegel / Wielkopolska Digital Library (wbc.poznan.pl)

Ernestine und Charlotte waren mit den Brüdern Itzig David und Moses Kirschstein aus Krosniewice Kreis Kutno verehelicht worden, Sophia schloss die 1ste Ehe mit dem in Breslau tätigen gewesenen Konsulatssekretär David Heilpern, gebürtig aus Berdyczow im Government Kiew, die 2te mit Samuel Berliner, gebürtig aus Neisse aus dem Kreis Opole, welcher zum Zeitpunkt der Eheschließung als Kaufmann in Berlin ansässig gewesen war. Elias Quartiermeister ging nach Berlin und ehelichte dort Selma geborene Glück.

Moses Moritz Quartiermeister ehelichte Gertrud Friedländer aus Grünberg. Die Eheleute siedelten in Doktorowo, ihre Söhne waren noch dort geboren worden; Philipp im Jahr 1898 und Ludwig im darauffolgenden Jahr 1899. Die Eingemeindung von Doktorowo nach Grätz war im Jahr 1905 vollzogen worden.

In der Ostdeutschen Bau-Zeitung vom Februar 1906 war veröffentlicht worden, dass per 22.03.1906 die Zwangsversteigerung der Dampfziegelei Wilanowo G.m.b.H., Grätz stattfinden würde.

Die Ortschaft Wilanowo war, laut Veröffentlichung des Amtsblattes der Königlichen Regierung zu Posen im Jahr 1840, im Dezember des Jahres 1839 als neues Etablissement eingerichtet worden: „Im Krotschiner Kreise sind in Folge der Regulierungen durch den Abbau mehrerer bäuerlicher Wirthe von dem Hauptgut Wyganowo, zwei neue Ortschaften entstanden, welche nach dem Wunsche des Guts-Besitzers die Namen „Fijakowo“ und „Wilanowo“ erhalten haben …“

Moritz Quartiermeister war es vermutlich, der das Geschäft des Vaters, die Getreidehandlung in Grätz fortführte.  Gemäß Zeitungsnotiz im Amtlichen Kreisblatt Grätz vom 30. März 1906, erwarb der Kaufmann Quartiermeister aber auch die Dampfziegelei Wilanowo in der Zwangsversteigerung für 33.000 Mark.

Als letzte Veröffentlichung aus dem Jahr 1920 in der „Tonindustrie-Zeitung und Keramische Rundschau“ war zu finden: „Dampfziegelei Wilanowo, Moritz Quartiermeister Grätz, Bez. Posen – Die Firma ist erloschen.“

[135]

Dampfziegelei Wilanowo – M. Quartiermeister Grätz Amtliches Kreisblatt u. Anzeiger des Kreises Grätz

Um ca. 1939 emigrierte die Familie nach Brasilien.

Kommen wir nochmals zurück auf den schon o. g. Itzig Issak Quartiermeister. Er war verehelicht mir Fanny geborene Levy. Weder sind von den Beiden die Geburts- und Todesdaten noch ein Heiratsdatum auffindbar.

Im Jahr 1867 reiste die aus Grätz gebürtige 19-jährige Jette Quartiermeister von Hamburg mit dem Schiff „Germania“ nach New York. Sie könnte eine Tochter des Paares gewesen sein.

Zur Familie gehörte die 1853 geborene Jeanette, sie ehelichte 1879 Julius Pinner; er war zum Zeitpunkt der Eheschließung als Kaufmann in Spremberg tätig.

Weiterhin der Familie zugehörig war Julius Quartiermeister, im Jahr 1855 geboren, ging er ca. 1871 nach Berlin und verstarb im Jahr 1897 auch dort. Er hinterließ seine Ehefrau Paula Quartiermeister geborene Friedberg. Carl & Max Cohn, Inhaber der Firma Carl Cohn, beschrieben ihn in der Todesanzeige als langjährigen, treuen Mitarbeiter und Prokuristen des Unternehmens mit rastlosem Fleiß, sowie außerordentlichem Interesse während einer 26-jährigen Tätigkeit in ihrem Hause, gepaart mit den edelsten Charaktereigenschaften.

Ebenfalls der Familie von Itzig Isaak und Fanny Quartiermeister angehörig war die 1858 geborene Bertha Quartiermeister. Sie heiratete 1886 den aus Kröben gebürtigen und als Kaufmann in Gnesen ansässigen Joseph Bergmann.

Letztlich ist noch der 1879 in Schwersenz als 14½-Jähriger (geb. ca. 1865) Schüler verstorbene Isidor Quartiermeister als Sohn des Paares zu nennen.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Wikipedia PL; Amtsblatt der kgl. Regierung zu Posen – Wielkopolska Digital Library (wbc.poznan.pl); Sammlung der deutschen Handels-Register – BSB Bayerische Staatsbibliothek; Ostdeutsche Bauzeitung – Wielkopolska Digital Library (wbc.poznan.pl); Kostener Kreisblatt – Wielkopolska Digital Library (wbc.poznan.pl); Amtliches Kreisblatt u. Anzeiger des Kreises Grätz – UM Grodzisk Wielkopolski : Muzealna Izba Tradycji Ziemi Grodziskiej (wlkp.pl)

Alt Tomysl / Der schwere Kampf um die Scholle und engere Heimat – Nach dem 1sten Weltkrieg / erster Abschnitt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Max von Poncet)
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[136]

J. Franz von Poncet 1799-1891 / gemalt 1887 / Herkunft/Rechte: Niederlausitzer Heidemuseum, Kreismuseum des Landkreises Spree-Neiße im Spremberger Schloss, – Dietmar Fuhrmann – https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/de/ – https://nat.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=58223

Die Besitzung Alt Tomysl, einst 45.000 Morgen groß, abzüglich der 32.000 Morgen, welche an die Gemeinden und weiteren 2.400 Morgen welche bei der Regulierung an Bauern abgetreten worden waren und letztlich abzüglich des von dem letzten Verkäufer zurückbehaltenen Vorwerks Roza, bestand noch aus 3.400 Morgen Ackerland und Wiesen und 5.300 Morgen Forstals Johann Franz Heinrich von Poncet-Satigny die Herrschaft im Jahr 1843 erwarb.

Johann Franz Heinrich von Poncet, 1799 in Hoyerswerda geboren, war verehelicht gewesen mit Sophie Auguste Bigon von Czydzachowska (wechselnde Schreibweisen des Geburtsnamens), welche 1837 in Insterburg geboren worden war.

Zur Welt kamen als Kinder des Paares 1838 Franz August Clemens, 1839 Hans Franz, 1840 Franz Heinrich, 1842 Franz Günther, ca 1844 Augusta Elisabeth, 1845 Franz August Max, 1847 Margarethe Bertha Amalie Hedwig und 1850 Richard Franz August.

Johann Franz Heinrich von Poncet und seine Brüder Carl Franz (1797-1890) und Julius Eduard (1802-1883) galten seit dem Jahr 1837 als Besitzer der  1766/1767 gegründeten Glashütte Friedrichshain im Süden der Niederlausitz.

Seine Erinnerungen an die Geschehnisse in Alt Tomysl und dessen Umgebung schrieb Herr Max von Poncet, geboren 1873 und ein Enkel des Johann Franz Heinrich von Poncet, als letzter Besitzer der Herrschaft, gegen das Vergessen für seine Kinder und Nachkommen nieder.

Der Text wurde ohne Änderungen übernommen.

Unser besonderer Dank geht an Herrn Nicolai von Poncet; er gestattet uns die Veröffentlichung.

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Schloß Alt Tomysl Zeichnung Veröffentlichung 1861/1862 aus: Die Laendlichen Wohnsitze, Schloesser und Residenzen der Ritterschaftlichen Grundbesitzer in der Preussischen Monarchie – https://www.wbc.poznan.pl/dlibra/publication/5978/edition/10701

„Der unglücklich verlaufene Weltkrieg brachte meiner engeren Familie, insbesondere meiner Frau und mir, schwere Schicksalsschläge und Sorgen.

Mit Beendigung des Krieges, mit der begonnenen Revolution kehrte ich am 22. Dezember 1918 aus dem Kriege zurück. Das Weihnachtsfest verlief fröhlich im Kreise meiner Frau und Kinder, die ich doch nun seit August 1914, dem Kriegsanfang, nur auf kurzen Urlaubszeiten hatte sehen können und die sich doch nun auf das Wiedersehen gefreut hatten. Die Kinder waren sehr herangewachsen, und für den Ältesten musste bereits der Lebensberuf gewählt werden. Offiziersberuf und Beamtenlaufbahn waren durch die Umwälzung im Staatswesen verschlossen, so war es natürlich, den Beruf des Vaters, den des Landwirts, zu ergreifen.

Aber schwere Wolken zogen am politischen Himmel auf. Durch die Machtlosigkeit Deutschlands, hervorgerufen durch Meutereien der heimkehrenden Truppen und durch schnöden Verrat am eigenen Volk, durch gewissenlose Lumpen aufgestachelt, erhob sich das polnische Volk, um sich als Volk wieder nach der langen Zeit der Unterwerfung freizumachen. Wer kann es ihm verdenken, dass es die Gelegenheit, auf die es lange gelauert hatte, nun ergriff?

Aber die Art und Weise, wie es geschah und wie das folgende Jahrzehnt nur Hass und wieder Hass gegen das Deutsche sah, das ist nicht zu verstehen. Wer hatte den Polen die Kultur gebracht im letzten Jahrhundert? Wo war der europäische Teil des neuentstandenen Polens? Doch nun der Westen, d. h. Posen, Westpreußen und Schlesien. Aber hier setzte ein sonst nie erlebter Hass gegen alles Deutsche ein, während den Österreichern nichts geschah.

Am 27. Dezember 1918, einen Tag nach Weihnachten, setzte der Aufstand in Posen ein. Ernsthafter Widerstand wurde nicht geleistet, das deutsche Generalkommando wurde gefangen gesetzt, und auf die öffentlichen Gebäude, wie Schloß und Bahnhof, begann der Sturm. Eine Weisung kam an die abrüstenden Truppen, keinen Widerstand zu leisten. Trotz wiederholter Bitten und Aufklärungen an die neue deutsche Regierung, keine weiteren Truppen und Waffen zur Abrüstung nach der Provinz Posen zu senden, da die Polen dadurch nur bewaffnet würden, geschah nichts.

An diesen durch die Abwehr der deutschen Bevölkerung sich abspielenden Kämpfen nahmen aber auch leider einzelne Deutsche teil. Ich hatte hier in Alttomischel allein zwei Brennereiverwalter hintereinander nach dem Kriege, von denen ich erfuhr, dass der erste, mit rein deutschem Namen Hildebrand, sich am Sturm auf die öffentlichen Posener Gebäude beteiligt hatte, der zweite Folgende, Scheffler mit Namen, desgleichen; er war auch revolutionärer deutscher Soldatenrat gewesen.

Der hiesige Landrat Rißmann, ein energischer Mann, sandte nach Opalenitza einen Bezirksoffizier – Leutnant Anderson aus Neutomischel -, von dem er sagte, er könne sich auf ihn verlassen, mit einem Maschinengewehr den einzelnen anrückenden polnischen Abteilungen entgegen. Im Zivilberuf war dieser Herr Volksschullehrer, ein junger circa 28 jähriger Mann, der mit seiner Frau in Neutomischel lebte und beim Bezirkskommando seinen Dienst als Leutnant tat. Er war mit seiner Frau oft zu Tisch bei dem hiesigen Oberförster. Wie es sich dann später herausstellte, war diese Dame nicht seine Frau. Der Name dieses Herrn muss der Nachwelt erhalten bleiben, er hieß, wie schon erwähnt Anderson.

Dieser preußische Leutnant übte nun Verrat. In Opalenitza ließ er sich, ohne einen Schuss abzugeben, von polnischen halbwüchsigen Bengels entwaffnen und kam zurück nach Neutomischel, wo er uns von Gefechten und heroischen Taten erzählte.

Am selben Tage, Ende Dezember 1918, hatte nun das Leibgrenadier-Regiment von Frankfurt a. d. Oder aus, eine Kompagnie zum Schutz nach Bentschen geschickt. Von dieser Kompagnie waren ein Offizier und acht Unteroffiziere nach Neutomischel abgesandt, um die deutschen Bauern zur Abwehr aufzurufen und zu bewaffnen. Hier setzt ein trauriges Kapitel ein. Der Adjutant des Bezirkskommandeurs, Leutnant Werner, von Beruf Lehrer, der mit der Tochter des Neutomischeler Bürgermeisters verlobt war, entdeckte sein rotes Herz und hielt in preußischer Leutnantsuniform auf dem Marktplatz aufrührerische Reden an die Bevölkerung.

Die Nacht brach an. Nach einem telephonischen Gespräch des verräterischen Leutnants Anderson mit einem polnischen Besitzer auf dem Lande, rückten auf Wagen langsam und vorsichtig, mit Sensen und Knüppeln bewaffnete Landarbeiter polnischer Nationalität heran. Sie überwältigen die acht Unteroffiziere des Leibregiments und den jungen Leutnant im Schlaf, verhafteten den Bezirkskommandeur und den Pferdevormusterungskommissar Major v. Bothmer. Dann belagerten sie den Landrat, der jeden zu erschießen drohte, der sich ihm näherte.

Während am Morgen darauf der Leutnant mit seinen acht Unteroffizieren in das Kellergefängnis des Magistrats eingeliefert wurde, wurde dem deutschen Landrat und den beiden höheren Offizieren freies Verlassen der Stadt unter Begleitung gewährt. Das elendeste Schauspiel, das sich uns, die wir vom Lande in die Stadt geeilt waren, bot, war aber, dass auf freiem Marktplatz sich der polnische Magnat mit dem verräterischen Leutnant auf polnische Art küsste. Ein Judaskuss.

In dem Kellergefängnis des Gerichtsgebäudes saß seit einigen Tagen ein deutscher Nachbar, Herr v. Haza-Radlitz aus Lewitz, ein aufrechter, frommer Mann, der den Krieg als Samariter mitgemacht hatte. Er hatte auf seinem Besitz Lewitz, als die Kämpfe um das Dorf tobten und dieses heute deutsch, morgen polnisch war, einen deutschen Fliegeroffizier in seinem Hause verbunden. Auf dessen Bitten hatte er das Maschinengewehr des Flugzeugs der Witterung wegen in sein Haus genommen. Darob wurde er von den Polen verhaftet. Er war deutsch-katholisch. In Friedenszeiten war er als Gegenkandidat gegen polnisch-katholische Geistliche aufgetreten und hatte sich dadurch wohl nicht beliebt gemacht. Da von Haza-Radlitz seit etwa einer Woche bereits im Gefängnis saß und mit ihm ein Ansiedlersohn aus dem Kreise, so trat ich und mein Nachbar, Herr von Beyme, Eichenhorst, wiederholt an den polnischerseits eingesetzten Starosten heran, doch Herrn v. Haza-Radlitz die Rückkehr auf seinen Besitz zu gestatten und ihn dort erst zu verhören, denn er fühlte sich vollkommen und in jeder Weise unschuldig. Wir Besitzer boten zusammen eine Kaution von 25.000 Goldmark für seine Freilassung an; es wurde nicht gestattet. Meine Frau durfte die Gefangenen besuchen, mir wurde dies nicht gestattet. So war es ihr möglich, den Gefangenen Lebensmittel und Zigarren zu bringen und ihre Wünsche anzuhören. Es glückte ihr auch, den Leutnant vom Leibregiment, der nierenkrank auf der Pritsche lag und von seinem Burschen gepflegt wurde, durch Vermittlung des Arztes in das hiesige Krankenhaus zu bringen, was für ihn die Rettung vom Tode bedeutet hat.

Ein paar Tage später landete infolge Motorschadens in Witomischel auf meinem Acker ein deutsches Kampfflugzeug mit Begleitmannschaften: ein junger Fliegerleutnant, ein Feldwebel und zwei Mann. Polnisches Militär gab es zu der Zeit hier noch gar nicht. Die Möglichkeit, die offene Seite nach Tirschtiegel zum Entweichen zu benutzen, lag durchaus vor. Da die herbeieilende Bevölkerung den Apparat umringt und eine feindselige Haltung einnahm, beschloss der Offizier, das Flugzeug zu zerstören. Er hielt die Menge mit dem Revolver in Schach, während der Feldwebel den Benzintank auslaufen ließ. Hierauf schoss der Leutnant mit einer Leuchtpistole in das Benzin und das Flugzeug verbrannte restlos.

Darauf machten sich die Flieger auf und erreichten den nahen Wald. Leider folgten sie der Einladung des nahewohnenden deutschen Hegemeisters zu Kaffee und Kuchen. Die polnische Bevölkerung, hiervon benachrichtigt, sammelte sich verstärkt wieder, umzingelte das Forsthaus und nahm, unterstützt von polnischen Gendarmen, sämtliche Flieger gefangen. Diese wurde nach Neutomischel geschafft und dort einem Verhör unterworfen. Da der Leutnant beharrlich die Aussage verweigerte, wurde er mit Schimpfworten traktiert und angespuckt. Hierauf wurden sie nun alle in das Neutomischeler Kellergefängnis abgeführt. Es war am 1. Januar 1919.

Am 2. Januar gelang es dem kleinen, schmalen Fliegeroffizier mit Hilfe einer Feile, welche ihm in einer langen Semmel versteckt, durch das Gitter gereicht werden konnte, das Gitter anzufeilen und in der folgenden Nacht sich durchzuzwängen. Schnee lag weit und breit, und bei der weiten Geländesicht gelang es dem Offizier durch den Wald nach Tirschtiegel zu entkommen. Hier mobilisierte er die Bevölkerung, und unter seiner Führung wurden Abwehrmaßnahmen getroffen und Drahtverhaue angelegt. Ihm ist es mitzuverdanken, dass Tirschtiegel heut noch deutsch geblieben ist. Dem Feldwebel der Flieger glückte es am darauffolgenden Tage, ob durch Bestechung oder sonstige Veranlassung, auch zu entfliehen.

Alle übrigen Gefangenen, die Unteroffiziere des Leib-Regiments, die Fliegermannschaften, Herr von Haza-Radlitz wurden daraufhin nach Posen auf ein Fort gebracht. Was sich hier nun abgespielt hat, das wird wohl niemals herauskommen. Sämtliche Gefangenen sollten in einen tiefen dunklen Kellerraum geschafft werden, wogegen sie Protest erhoben. Polnische Aussagen lauten, die unbewaffneten Gefangenen hätten sich im Keller zur Wehr gesetzt und die bewaffneten Soldaten angegriffen. Fest steht nur, dass sämtliche Gefangenen mit tödlichen Schüssen oder mit eingeschlagenem Schädel aufgefunden wurden, Herr v. Haza-Radlitz mit Kopfschuss. Wer Letzteren kannte, wird ihn nie für fähig gehalten haben, eine gewaltsame Gegenwehr zu leisten. Auf deutsches Ansinnen wurde einige Tage später ein jüdischer Arzt zur Besichtigung zugelassen. Als Zeugen wurden die polnischen Soldaten vernommen, dieselben, die die Täter dieses Dramas waren.

Die Welt geht leider zu schnell über diese Schicksale hinweg, jeder hatte in den folgenden schweren Zeiten genug mit sich und seinem Schicksal zu tun; und so wird auch dieser Menschen Episode vergessen werden. Auch hier sind deutsche Männer, die sich in schwerer, schicksalsreicher Zeit wieder dem Vaterlande zur Verfügung stellten – als Teile des deutschen Landes dem Volke entrissen werden sollten – umsonst gefallen.

Hilfe von Berlin war bei der neuen revolutionären sozialdemokratischen Regierung nicht mehr zu erwarten. Truppensendungen nach Posen, zum Niederwerfen des Aufstandes, wurden abgeschlagen. Ein Infanterieregiment hätte damals genügt, um die Ordnung wieder herzustellen. Ebert, Scheidemann und Noske verboten es.

Da sich deutscherseits kein Widerstand im Lande geltend machte und Gewehre, Geschütze, Fahrzeuge und Pferde, durch die Abrüstung der deutschen Truppen, den Polen in die Hände fielen, so war es ihnen auch ein leichtes, das Volk weiter zu bewaffnen, Truppen aufzustellen und nun allmählich gegen die deutsche Bevölkerung und die deutschen Truppen vorzurücken. Hier, zwischen Bentschen und Neutomischel spielten sich dann Grenzkämpfe ab, namentlich um Strese bei Bentschen. Von der deutschen Regierung wurde uns mitgeteilt, dass es keinen Zweck hätte, sich weiter zu wehren, da die neuen Grenzen sowieso von der Entente festgesetzt werden würden.

Durch diese mangelnde Unterstützung, man kann wohl sagen im höchsten Grade unpatriotische Preisgabe der eigenen Landsleute, konnte es nur geschehen, dass die von deutschen Bewohnern gehaltenen Dörfer und Stadt zum Schluss doch auf Geheiß der feindlichen Entente geräumt werden mussten. Die Verwünschungen und Anklagen gegen die deutsche Regierung, die dieses Entscheiden doch indirekt und direkt hervorgerufen hatte, waren ehrlich und verbitterten Viele.

Über die weiteren Kämpfe will ich hinweggehen und sie den Geschichtsschreibern überlassen. Nur das will ich erwähnen, was mich mit meiner Familie und Umgebung betrifft.

Jetzt begann für uns, vom Vaterland abgeschlossene Deutsche, das eigentliche Martyrium. Der Kriegszustand wurde verhängt, sämtliche Jagd- und anderen Waffen, Revolver und Säbel wurden abgeliefert; wiedergesehen habe ich sie fast alle nicht. Die damit Beauftragten hatten durch Verkauf ihre Privateinnahmen. In jedem Dorfe wurde ein polnischer Einwohner oder Arbeiter als Ortskommandant bestimmt.

Neutomischel wechselte öfter diese Herren. Die Gesetzlosigkeit setzte hier schon ein.

Wagen und Pferde wurden requiriert. Der Kommandant von Neutomischel sandte eine Patrouille nach Alttomischel heraus. Er requirierte für sich ein Pferd zum Reiten. Selbstverständlich suchten sie sich eine wunderschöne Fuchsstute aus, mit der sie verschwanden. Wiedergesehen habe ich auch dieses Pferd niemals.

Meine beiden Söhne Günther und Siegfried sandte ich nun, da die Grenze nach Tirschtiegel durch den Wald noch ziemlich offen lag, begleitet von meinem Beamten Kreisel, per Wagen nach Bauchwitz über Tirschtiegel, um diese Kinder wenigstens vor den sich nun abspielenden, unübersehbaren Zuständen, in Sicherheit zu wissen und sie einen Beruf und der Schule zuzuführen.

Günther lernte in Bauchwitz, dank des gütigen Entgegenkommens der Familie v. Gersdorff, Landwirtschaft. Siegfried konnte auf der Ritterakademie, Brandenburg unterkommen. Bald wurde aber die sich nun herausbildende Grenzzone zwischen Polen und Deutschland ganz besetzt, der Verkehr nach Deutschland ganz unterbunden, und zwar, wenn ich heute daran zurückdenke, für recht lange Zeit. Briefe kamen nicht an oder wurden unterschlagen und gelesen, und alles wurde argwöhnisch überwacht, selbst Telefongespräche oder Unterhaltungen. Mit meinen beiden Söhnen verlor ich ganz die Verbindung. Kein Geld, keine Kleidungsstücke konnte ich ihnen lange Zeit zukommen lassen; sie gingen schon recht abgerissen einher und hatten auch keine Nachricht von zuhause.

Wie abgesperrt wir hier in der Grenzzone waren, mag allein darauf erhellt werden, dass ich den in Frankfurt a. Oder erfolgten Tod meiner lieben Schwester Editha fast 5 Monate später erst erfuhr.

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Schloß Alt Tomysl – AK Ausschnitt Sammlung A. Kraft

Polnisches Militär rückte nun in Alttomischel eines Abends ein, darunter ein ehemals russischer Wachtmeister, Bolschewist, als Führer und verlangte Quartier usw. Am nächsten Tage wollte er den besten Wagen haben; wie er sagte: „Den die gnädige Frau sonst fährt“, er wolle vierspännig nach Posen fahren. Sämtliche Sättel, Wollachs, Schlafdecken usw. requirierte er, und als ihm der Kutscher nicht gleich zu Willen war, hatte er den Karabiner in geladenem Zustande gleich bei der Hand und erzwang sich alles. Auch in der Nachbarschaft hatte er so gehaust. Später hat das Schicksal auch diesen Herren erwischt, da er zu viel Unterschlagungen machte und in seine Tasche wirtschaftete.

Gespanne zur Beförderung von Militär und Sachen hatte ich alle Augenblicke zu geben. Kamen dann die Soldaten am Wald oder Feld vorbeigefahren, wo Rehe standen, setzte stets ein Schnellfeuer ein. Eine disziplinlose Gesellschaft; wieviel verwundetes Rehwild wurde dann stets gefunden, verludert und elend eingegangen. Sogar mit Maschinengewehren haben diese Helden vom Wagen herunter auf die unglücklichen Geschöpfe geschossen.

Nun begann auch die Pferdeaushebung für die aufzustellenden polnischen Kavallerie- und Artillerie-Regimenter. Was der deutsche Krieg mit seinen vielen Aushebungen uns an Pferden gelassen hatte, es wurde mir, der ich doch noch über gutes herangewachsenes, jüngeres Material verfügte, fortgenommen. Hier in der Grenzzone musste ich allein in 7 Aushebungen 22 Pferde abgeben, darunter auch einen Teil meiner Mutterstuten. Seitdem war meine, einst bekannte, gute Zucht ruiniert.

Täglich brachten die polnischen Gendarmen in meinen Stall Pferde bäuerlicher Besitzer, die ihre Pferde der Vorführung zum Zwecke der Aushebung, entzogen hatten. Ich wurde gezwungen, die Pferde zu füttern, bis weiter Verfügung über diese getroffen worden war. Entschädigung hierfür ist mir niemals zuteil geworden. Als ich auf vorherige Anmeldung die mir gebliebenen Requisitionsscheine der polnischen Intendantur nach Posen einsenden musste, erhielt ich auf wiederholte Anfrage die Mitteilung, dass eine Entschädigung nicht gezahlt werden könne, da diese Papiere verschwunden seien. Ein Zahlmeister hätte größere Unterschlagungen begangen und sei mit allen Papieren flüchtig.

Ähnlich erging es mir, als ich die Scheine für die abgelieferten Waffen und Jagdgewehre der Behörde vorzeigte. Auf ihre Bitte, ihnen den Schein zur neuen ordnungsgemäßen Ausstellung zu überlassen, hatte ich das Vertrauen zum Offizier und zur Behörde. Ich habe aber keinen neuen Schein jemals bekommen, auch der alte war fort. Seitdem habe ich auch keinerlei Behörde mehr irgendein Dokument oder Schriftstück im Original überlassen, sondern nur die Abschrift.

Übergehen möchte ich aber nicht das Einsperren deutscher Frauen und Männer in das Gefangenenlager Szczypiorno, ein Barackenlager, welches im Kriege die Deutschen für russische Kriegsgefangene gebaut hatten. Eines schönen Tages setzt die Jagd gegen die Deutschen auch im Kreise Neutomischel ein. Überall erschienen Soldaten oder Polizisten, die die einzelnen in Listen namentlich Aufgeführten in Sammelstellen nach Neutomischel brachten. Posten waren vor den Höfen und Gebäuden aufgestellt, um die Deutschen, meistens Männer zu bewachen. Da ich in Alttomischel einen Gendarmerieposten auf dem Hofe und in Einquartierung hatte, wurde ich von einer Gefangennahme verschont, aber dafür wurden mir mein Wirtschaftsinspektor und mein Brenner in das Gefangenenlager abgeführt.

Zur Belohnung für seinen verübten Verrat wurde der deutsche Leutnant und Volksschullehrer Anderson polnischer Distriktskommissar. Diesen Posten vertauschte er später mit dem Führer einer polnischen Infanteriekompagnie, die in Lomnitz die neue Grenzverteidigung gegen die Deutschen hatte.

Mein Nachbar, Forstmeister Packenius, vom Staatsforst Bolewitz, kam im Januar 1919 aus Bialowies, wo er während der letzten Kriegszeit gewesen war, in seine Heimat nach Bolewitz zurück. Sein einziger Sohn war im Kriege gefallen. Kaum war er in sein Haus zu Frau und Tochter zurückgekehrt, wurde er bereits von polnischen Soldaten auf Befehl verhaftet. Sein Koffer wurde durchwühlt und der Revolver des gefallenen Sohnes darin gefunden, und dieser dann als Grund der Verhaftung angegeben, da alle Waffen bei Todesstrafe abgegeben werden sollten. Wie sollte Packenius eine Ahnung von derartigen Bestimmungen haben, da er gerade direkt mit der Bahn nach Hause zurückgekehrt war? Eine halbe Stunde hat er im Ganzen zu Hause verweilt. Er wurde nach Grätz in das dortige Hotel als Gefangener abgeführt, wo schon etliche andere Deutsche waren. Seine Frau und Tochter hat er nie wiedergesehen. Der Ärger und der Zorn um das ihm Zugefügte ließen ihn dort bald einen schnellen Tod finden. Er war stets zuckerkrank gewesen, sein Zustand verschlimmerte sich in der Gefangenschaft. Er hat die Gefangenschaft nicht ausgehalten.

Mein Nachbar in Eichenhorst, von Beyme, der sich auch krank fühlte und meinte, wir hier in Polen würden noch schrecklichen Zeiten entgegengehen, verkaufte seinen schönen Besitz an einen Polen. Die Heimat ging der Frau und den Kindern verloren. Schmerzlich gedenken sie noch ihres Besitzes und würden es gern ungeschehen machen. Herr von Beyme starb ein Jahr darauf.

Nicht viel anders erging es meinem nächsten Nachbar in Rose, Herrn Schwartzkopff. Ein aufrechter deutscher Mann, ein Hüne von Gestalt und Stimme, betonte er stets die deutsche trutzige Art und forderte die Bauern auf, treu zum deutschen Vaterlande zu halten. Den Polen verweigerte er jede Unterstützung. War es ein Wunder, dass sie danach trachteten, ihn loszuwerden, ihm Schwierigkeiten zu machen, oder ihn einzusperren. Eines Tages erschienen ein Offizier und 10 Mann, besetzten das Haus und nahmen eine Haussuchung vor mit der Begründung, Schwartzkopff wäre angezeigt worden, dass er verbotene Waffen im Hause versteckt hätte. Trotz seiner Beteuerung, er hätte alles abgeliefert, wurde die Untersuchung vorgenommen; nichts fand sich. Der Offizier wollte aufbrechen und abmarschieren, als er von einem Unteroffizier noch darauf aufmerksam gemacht wurde, dass sie auf dem Boden noch nicht nachgesehen hätten. Widerwillig erteilte der Offizier nochmals die Erlaubnis, nachzusehen. Und siehe da: die Soldaten kamen vom Boden mit einem alten verrosteten Jagdgewehr ohne Hähne wieder und gaben an, es dort versteckt gefunden zu haben. Ein Protokoll wurde aufgenommen. Herr Schwartzkopff hatte keine Ahnung von dem Vorhandensein eines derartigen alten Jagdgewehrs. Wahrscheinlich hatte es der Unteroffizier selbst hingelegt. Dieses genügten den Polen aber vollkommen, um ihn verhaften zu lassen. Da sie aber vor dem Jähzorn und der Kraft des Mannes wohl Angst hatten, nahmen sie die Verhaftung am nächsten Tage nachmittags im Park vor, als er mit seiner Frau seinen gewohnten Nachmittagssparziergang machte. Sie gestatteten ihm, im eigenen Wagen zum Gefängnis zu fahren. Ich sehe ihn noch vor mir, als er durch Alttomischel gefahren kam, auf dem Bock ein polnischer Gendarm, zu beiden Seiten des Wagens zwei Berittene und er selber Wut geschwollen und aufrecht sitzend. In der Stadt angekommen wollten sie ihn in das Kellergefängnis stecken, wo die unglücklichen totgeschlagenen deutschen Gefangenen gesessen hatten. Kein Bett war darin, nichts. Hier brach aber der Zorn los, laut brüllte er nach dem Kommandanten. Als dieser nicht erschien – sie waren alle ins Mauseloch gekrochen -, gaben sie ihm doch eine obere Gefängniszelle, und auch ein Bett wurde hineingestellt. Auch hier wurde mir der Besuchszutritt verweigert, meiner Frau aber gestattet, so dass Schwartzkopff mit Büchern und Zigarren versorgt werden konnte. Da die Gefahr vorlag, dass er auch nach Posen in ein Fort überführt werden sollte, griff der Starost ein, und nach acht Tagen Zellenhaft wurde Herr Schwartzkopff nach Hause entlassen. Die Haft und die Behandlung hatten aber auf ihn so eingewirkt, dass er mit dem Plan umging, seinen Besitz zu verkaufen. Dieses verwirklichte er ganz  plötzlich. Er verkaufte den Besitz an einen polnischen Herrn und zog nach Deutschland. Die Zeitungen frohlockten, eine Bresche sei nun in den Kreis Neutomischel, einem der deutschesten Kreise geschlagen. Es war hart für uns Zurückbleibende, denn die Geschlossenheit der Deutschen hatte durch seinen Fortzug und Verkauf eine fühlbare Lücke erhalten.

Ein volles Jahr hatte ich nun in Haus und Hof polnisches Militär als Einquartierung, erst Kavallerie, dann Infanterie, zum Schluss Artillerie. Wir sind mit allen gut ausgekommen, aber es blieb doch eine besondere Last, die uns Unglücklichen in der Grenzzone ein gutes volles Jahr auferlegt worden ist.

Ein tolles Gesindel an Soldaten, sowohl auf polnischer als auch auf deutscher Seite lagen sich in Bobrowke und Mischke an der Grenze meines Waldes gegenüber. Verbrechergesellschaften waren beide Parteien, Gesindel in Uniform, die arbeitsscheu und auf Plünderung ausgingen. Rehwild war dort auf Wiese und im Walde zur Seltenheit geworden, fast restlos war es diesen Raubschützen zum Opfer gefallen. Auf alles wurde geknallt. Als ich und mein Oberförster die mir gehörigen Wiesen in Mischke betreten mussten, sandte mir der polnische Feldwebel eine Patrouille nach, die uns mit einigen Schüssen beehrte.

Es war auch die Zeit des Jahres 1919, als die Grenzkämpfe um Bentschen sich abspielten. Allmählich kam auch größere Ordnung in die beiderseitigen Truppen. Das nächste Hauptquartier auf polnischer Seite war Posadowo, auf deutscher Seite Meseritz. Als ich einmal in Posadowo vorsprach, um mich über die Übergriffe der polnischen Truppen in Bobrowke zu beschweren, die dort Wald abholzten und sonstigen Unfug verübten, wurde dieser Truppenteil sofort abgelöst und durch einen neuen ersetzt. Die neuen Truppen waren aber noch schlimmer als die abgelösten, denn nun ging erst das Wildern und Waldplündern richtig los. Die ersten waren satt geworden, die neuen wollten es erst werden. Ich habe nun nicht wieder um Ablösung gebeten. Die Grenzkämpfe nahmen allmählich geordnete Verhältnisse an. Schlechtes Material wurde nach Hause geschickt, die Disziplin herrschte wieder auf beiden Seiten. Tag für Tag hörte man das Maschinengewehrfeuer, die Artillerie setzte ein. Auch Handgranatenkämpfe und Minenwerfer traten in Erscheinung. Jeden Abend war auf deutscher Seite von hier aus, ein Beobachtungsballon zu sehen. Flieger erschienen, und auch die Leuchtraketen fehlten nicht.

In Meseritz war der General Hoffmann als Führer der Deutschen. In Bauchwitz, wo mein ältester Sohn war, lag der Stab des Verteidigungsabschnittes. Meine polnische Einquartierung und die in Neutomischel liegenden Truppen waren ängstlich geworden, es war durchgesickert, dass ein allgemeiner deutscher Angriff bevorstünde. An Nachtschlaf wurde wenig gedacht. Aber bei mir wurde von diesen und jenen Erkundigungen eingezogen, welches der beste Rückzugsweg wäre. Viel Widerstand wäre hier nicht geleistet worden. Eines Tages brach frühmorgens ein Artillerie-Trommelfeuer los, wie es der große Krieg uns oft gezeigt hatte. Die Deutschen schickten sich an, vorzubrechen. Die Provinz Posen wäre damals befreit worden. Stattdessen kam vom Präsidenten Ebert telegraphischer Befehl, sofort den Kampf abzubrechen. Die sozialdemokratische Partei würde unter keinen Umständen einen Vorstoß dulden und jeden Nachschub an Verpflegung und Munition hindern. So unterblieb im letzten Augenblick der Angriff, und Posen und wir wurden endgültig polnisch.

Beruhigung auf polnischer Seite, Resignation auf deutscher Seite. Eines schönen Tage trat der Adjutant des polnischen Truppenteils mit der Bitte an mich heran, dass es ihnen gestattet sei, in dem Schloße ein Dinner mit Gästen geben zu dürfen. Sie baten um Geschirr, Besteck usw. und um Zurverfügungstellung der Wirtin. Ich wurde feierlichst dazu eingeladen. Meine Frau war gottlob vereist. Ich war mit dem Kinderfräulein allein zu Hause. Auf den Wiesen am Hause sollten Rennen stattfinden. Die Heuernte hatte gerade begonnen, es war eine rechte Störung. Aber was war zu machen? Alles war abgesperrt. Eintrittsgeld wurde erhoben; auch ich musste mein Scherflein beitragen. Pferderennen von Offizieren und Unteroffizieren wechselten mit Wettlaufen der Mannschaften ab. Die Musik spielte. Wurstbuden, Postkarten und Andenken-Verkaufsbuden fanden Ihre Käufer. Stangenklettern und Kochgeschirren mit Inhalt war für die Mannschaften ausgedacht.

Hinterher war das Dinner im Hause.

Als ich vom Rennen ins Haus zurückkam, kamen mir aus den Gastzimmern, in denen die Leutnants einquartiert waren, bereits zwei junge Damen mit Begleitung entgegen. Diese Damen wurden mir vorgestellt und nahmen auch am Essen teil.

An der Hinteren Tür meines Hauses klopfte es, und als ich öffnete, erschien ein eingeladener Herr mit Frau, Tante und Bruder und einem vierjährigen Jungen. Das Ehepaar war aber erst ein Jahr verheiratet. Bei dem frisch gebohnerten Parkett hatte ich Angst, dass die Frau, die wohl jeden Tag ein zweites Kind erwartete – was auch nach acht Tagen eintrat -, sich in meinem Hause Schaden antun könnte. Ich ließ sie also in Obhut meines Kinderfräuleins.

Das Essen dauerte lange, verlief anregend durch reichen Zuspruch von Wein. Reden wurden gehalten. Die Musiker bearbeiteten inzwischen unseren Konzertflügel und ihre Geigen. Es war gut, dass meine Frau nicht zu Hause war. Des Öfteren sah ich, dass die Tischdamen von ihren Herren in die Backen gekniffen wurden, auch sonst herrschte ungezwungene Fröhlichkeit.

Nach dem Essen trat der Tanz in seine Rechte. Mein polnischer Diener zählte die silbernen Bestecke mit dem Bemerken, man könnte doch nie wissen, ob …. Ich selbst saß, Schnäpse trinkend, in meinem Herrenzimmer mit dem Kommandeur und Stabsveterinär Jakubowitz. So war alles verteilt. Meinem Fräulein hatte ich nochmals den Schutz der Dame eingeschärft. Die ganze Verwandtschaft blieb mit dem 4-jährigen Jungen bis ½ 2 Uhr nachts. Die jungen Mädchen waren noch um 6 Uhr da, erst als ich erklärte, kein Nachtquartier für die Damen zu haben, verschwanden auch diese.

So endete auch bald die Einquartierung im Hause, aber nicht ohne, dass ein Herr sich nicht entblödete, wenn auch in betrunkenem Zustande, ein Frauenzimmer über Nacht einige Tage später, als meine Frau bereits nach Hause zurückgekehrt war, bei sich zu behalten. Ein Krach mit meiner Frau, Aussprache und Abbitte beendeten auch die Episode.

Die Angst vor den Deutschen, sie könnten sich wehren, einen Aufstand machen, nahm immer groteskere Formen an. Eines Abends als es dunkel war, erschien der Starost des Kreises persönlich mit dem polnischen Distriktskommissar bei mir. Beide umgeschnallt und mit Revolvern bewaffnet, forderten mich auf, das Maschinengewehr, welches ich auf dem Boden des Hauses haben sollte, herauszugeben. Ob sie sich noch Unterstützung draußen bereitgestellt hatten weiß ich nicht. Ich sagte ihnen, dass ich kein Maschinengewehr besäße, sie könnten ja nachsehen, ich würde mitkommen. Im Übrigen könnte ich ihnen sagen: wenn ich wirklich ein Maschinengewehr oder Waffen zur Abwehr im Hause hätte, mit der Absicht, mich zu wehren, dann stünden sie jetzt nicht beide im Hause. Darauf sagten sie, ich hätte geheime Kammern im Hause, die verschließbar wären und für andere nicht zugängig seien. Ja, sagte ich, das kann nur mein Geldschrank sein, von dem jeder im Hause wüsste, wo er wäre, sie mögen doch hineinschauen, ob Waffen darin wären. Mein deutscher Beamter war mittlerweile auf ihren Wunsch herangeholt worden, und wir beide mussten an Eidesstatt erklären, keinerlei Waffen im Hause zu haben, worauf unter Händedruck die Herren mein Haus wieder verließen und wohl von ihrem Alpdruck befreit waren. Anzunehmen ist es wohl, dass anonyme Anzeigen, in denen ja die polnische Bevölkerung groß ist, die Ursache gewesen ist, denn polnische Maurer und polnische Arbeiter hatten beim Bau des Hauses z. Zt. geholfen.

Nicht lange darauf erschien ein polnischer Wachtmeister, um einer Anzeige nachzukommen, die andeutete: Abend für Abend wäre beobachtet worden, dass im Erbbegräbnis der Familie geheime Zusammenkünfte stattfänden. – Die Nachforschungen ergaben aber, dass die Frau des deutschen Vogtes einige Tage mit der hellbrennenden Laterne bewaffnet, in der Dunkelheit ihre jungen Enten in den Wiesengräben gesucht hatte. – Es war also wieder nichts.

Bald erfolgte wieder Anzeige, die behauptete, ich hätte Waffen in der Gruft und in den Särgen verborgen. Dem mit den Nachforschungen beauftragten Polizisten, dem dieser Auftrag sichtlich peinlich, und der von der Sinnlosigkeit dieses Auftrages überzeugt war, bat ich, mir doch endlich die Namen dieser anzeigenden Lumpen bekannt zu geben. Er erklärte mir, es wäre ein Besitzer in dieser Gegend, den Namen dürfe er nicht nennen. Wir gingen also in die Gruft und ich bat ihn, die Toten ruhen zu lassen, worauf er nur unter die Särge sah und sich dann entfernte. Ein andermal erschien ein Abgesandter vom Starostwo mit der Anschuldigung, ich hätte umfangreiche Geldschiebungen nach Deutschland, mit dem damaligen polnischen Kassen-Rendanten vorgenommen. Als ich ihm erklärte, dass ich kein Geld herübergeschafft hätte und auch den Herrn gar nicht kenne, meinte er, der Herr wäre aber schon lange beobachtet worden, wie er des Abend nach Alttomischel herausführe. Auch dieses klärte sich denn auf, da der Herr hier in der Gegend eine Liebschaft hatte, die er per Fahrrad besuchte.

Eines Tages kam mein Oberförster entsetzt angelaufen und meldete, dass er die Tür des Erbbegräbnisses offen gefunden habe, die doch sonst verschlossen sei. Bei näherer Untersuchung stellte sich denn heraus, dass Einbrecher die Tür aufgebrochen hatten und einige Särge der weiblichen Familienmitglieder geöffnet hatten, um nach Schmuck zu suchen.

An Aufregungen war die Zeit reich, denn der Kampf gegen uns deutsche Besitzer nahm immer schärfere und schikanösere Formen an. Da der polnische Staat uns Deutschen in den ersten Jahren keine Staatshengste zur Verfügung stellt, hatte ich drei eigene Hengste auf meiner Hengststation aufgestellt, erstens für meinen eigenen wirtschaftlichen Zweck und zweitens für die Bauern. Ich war auf einige Tage verreist, und bei meiner Rückkehr erzählte mir mein mit der Pflege der Hengste betrauter deutscher Vogt, ich wäre angezeigt, denn die Hengste seien krank und mir würde vorgeworfen, dass ich auf Grund des Seuchengesetzes keine Anzeige erstattet hätte. Bald darauf erschien auch der Kommissar in eigener Person, nahm ein Protokoll auf. Dann erschien der Tierarzt, ein Säufer und unsympathischer Mensch. Doch dem machte ich es klar, dass ich mindestens ebenso viel verstände wie er, und seine Behauptungen nicht richtig wären. Einige Tage darauf erschien eine hohe tierärztliche Kommission von der Wojewodschaft aus, die mir in meiner Auffassung recht geben musste. Ich betrachtete die Angelegenheit als erledigt, doch eines schönen Tages, nach fünfeinviertel Jahren, erhielten ich und mein Vogt eine Vorladung vor das hiesige Gericht in der Pferdeseuchenangelegenheit. Mein Vogt und ich kamen auf die Anklagebank, die Tür wurde geschlossen, der Gerichtsdiener nahm davor Aufstellung und dem Tierarzt wurde, als polnischer Zeuge, vorne ein Stuhl angeboten. Nach langem Verhör wurden wir beiden Angeklagten aufgefordert, ob wir noch etwas zu sagen hätten. Mein Vogt verlor die Nerven. Mit weinerlicher Stimme beteuerte er seine Unschuld und beschwor die Richter, ihn frei zu sprechen. Ich erhob eine Gegen-Anklage gegen die verantwortlichen Beamten und der Enderfolg war, nach ¾-stündiger Beratung, ein Urteil mit politischen Hintergründen. Beantragung einer Strafe von 5 Monaten Gefängnis gegen jeden von uns beiden. Dieses Urteil kam aber nie zur Vollstreckung, es wurde abgeändert und fiel schließlich unter die allgemeine Amnesie.

Deutsche Beamte, deutsche Eisenbahner, Kaufleute und Handwerken waren von den Polen unter verschiedenen Versprechungen hier gehalten worden. Es wurde ihnen gesagt, dass sie gleichberechtigte Stellen innehaben könnten, wie die polnischen Angestellten. Von Deutscher amtlicher Seite wurden sie auch zum Bleiben genötigt, schon mit dem Gedanken der deutschen Regierung, dass ein Massenauswandern eine Katastrophe an Wohnungsnot und Verpflegung, Berufs- und Erwerbsarbeit hervorrufen würde. Die ersten, die nach dem Polen-Aufstand auswanderten, waren die Lehrer, die doch in erster Linie berufen waren, das Deutschtum hochzuhalten und dem deutschen Nachwuchs die deutsche Sprache zu lehren. So trat bald ein nie wieder gut zu machender Mangel an deutschen Lehrkräften ein, den die polnischen Schulbehörden, von ihrer Regierung unterstützt, ausnützten. Die deutschen Schulen wurden durch Gesetze zertrümmert, der deutsche Unterricht war fast unmöglich und die deutschen Kinder mussten fast ausschließlich in polnischen Schulen untergebracht werden. An dieser Stelle ist durch das so schnelle Auswandern der deutschen Lehrer viel gesündigt worden. Bald kam aber auch die Zeit, wo sich der Nachwuchs der Polen unter der Leitung der deutschen Zurückgebliebenen eingearbeitet hatte, und nun hatte der Mohr seine Schuldigkeit getan und konnte gehen. Jetzt setzte eine Massenauswanderung nach Deutschland ein, da eine Existenz-Möglichkeit nicht mehr vorhanden war. Wenn ich heute diese Austreibung der Deutschen, diese Massenauswanderung, die noch durch die zwangsweise Auswanderung der Optanten, Liquidanten und der enteigneten Domänenpächter, vor meinen Augen Revue passieren lasse, so waren doch die Schlauen und Praktischen die, die mit weniger Idealen ausgerüstet, als erste nach der Polnisch-Werdung nach Deutschland zurückgewandert sind. Für sie wurde vom Staate in ausreichendem Masse gesorgt. Sie erwarben sich gute Existenzbedingungen und ausreichende Entschädigung wurde ihnen geboten, sie fanden passende Wohnung und sofortiges Unterkommen für ihre Familien. Die später Auswandernden, die ausgeharrt hatten, weil man es als Pflicht gegen ihr Vaterland hingestellt hatte, sie konnte nicht mehr untergebracht werden und mussten, falls sie über wenig Mittel verfügten, in Sammellagern oder Baracken so lange warten, bis auch für die die Möglichkeit des Erwerbes und der Wohnungsbeschaffung kam.

Es ist traurig sagen zu müssen, dass leider die Zeit, die wir durchgemacht haben, es vielen Menschen vor Augen geführt hat, dass Rücksichtslosigkeit gegen die Mitmenschen, Mangel an Patriotismus, Fehlen der Liebe und des Einsatzes seinem deutschen Vaterlande gegenüber, sie im Leben sehr weit geführt haben. Im Gegensatz zu den Menschen, die hier den Kampf für ihr Vaterland, für die deutsche Sprache in Schule und Haus, für die Liebe zur engeren Heimat, für ihre Pflicht gehalten hatten, und die die Hoffnung auf bessere Zeiten in sich trugen.

Es ist nicht der schlechteste Teil, der hiergeblieben ist und ausharrte. Leicht wurde es ihm nicht gemacht. Es würde zu weit führen, aller Schwierigkeiten zu gedenken, aller Schikanen, aller Anärgereien, die einem das Leben verbittern sollten und schließlich auch zur Auswanderung führen musste, wenn nicht Unterstützung oder Hilfe vom alten Vaterland kommt. Auf diese Hilfe gründete sich unser aller Hoffnung.

Die neue Regierung in Deutschland, die nach der Revolution ans Ruder kam, hatte auch nicht viel übrig für den Osten; er war ihr zu bodenständig, zu konservativ gesinnt. Dieser prägte sich schon dahin aus, dass wir, an fremdes Land vom eigenen Vaterland Geopferten, zunächst keine Unterstützung fanden. Als eine bekannte Dame aus der Provinz Posen zu einen der sozialdemokratischen Minister (Noske) fuhr und ihm die Verhältnisse vorstellte und um Unterstützung bat, wurde ihr die Antwort zuteil: „Die Provinz Posen hat ja bei der letzten Wahl überwiegend deutschnational gewählt. Wir haben darum auch kein Interesse mehr. Anders wäre es, wenn ihr sozialdemokratisch gewählt hättet.“ Es wurde damals schon, 1919, alles politisch durch die Parteibrille gesehen. Die neue deutsche Regierung stärkte auch, anfangs gewollt oder ungewollt, die militärischen Machtmittel Polens. Laut Versailler Vertrag sollten ja die überzähligen Waffen in Deutschland vernichtet werden. War es nun Absicht der Regierung oder war es das Schiebertum, das sich in Deutschland breit machte, und welches die Situation ausnutzte? Manche Waffensendung, die nicht der Vernichtung anheim fallen sollte, kam über die polnische Grenze und wurde bezahlt. Manches Flugzeug kam mit deutschen Piloten herüber und wurde oder war schon verkauft. Hier in Alttomischel notlandete 1919 eins von diesen auf dem Felde. Der Flieger übernachtete bei uns und wurde verpflegt. Durch diesen erfuhr ich, dass eine deutsche Firma die Flugzeuge nach Polen verkauft hätte; es wäre doch besser, meinte er, sie brächten noch Geld, als dass sie zerschlagen würden. Er nannte mir damals auch die Summe, die er als Pilot für das Über-die-Grenze-bringen bekäme. Dass alles sehr geheim vor sich ging und wohl auch nicht auf ganz ehrliche Weise, geht schon daraus hervor, dass kurz nach seiner Notlandung sofort Polizeiposten da waren, die niemanden an den Flugapparat heranließen. Sie verweigerten jede Auskunft und selbst den Piloten in meinem Hause überwachten sie streng, damit er mit niemanden über Zweck und Absicht sprechen durfte. Selbst beim Essen saß der Polizeiwachtmeister im Speisezimmer mit uns und dem Piloten und musste aufpassen, dass dieser harmlose Gespräche führte. Nur dadurch, dass ich zufällig beim Landen des Apparates auf dem Felde war, stammt mein Wissen von ihm. Der Flugapparat wurde von einem polnischen Piloten dann abgeholt, während der deutsche Pilot über Posen nach Deutschland, wohl nach Empfang seines ihm zustehenden Lohnes, zurückkehrte.

Was ich hier im ersten Abschnitt meiner Niederschrift niederlegte, ist nicht übertrieben. Viele Erlebnisse habe ich fortgelassen. Ich denke, diese Erinnerungen werden auch genügen, um ein Bild zu geben, von der Zeit, die wir hier durchgemacht haben. Es ist nur ein kleiner Abschnitt von dem großen Geschehnis, das sich hier im Osten des deutschen Vaterlandes abspielte. Wie wenig Menschen fühlten in Deutschland in dieser Zeit mit uns. Jeder hatte seine eigenen Sorgen, jeder war mit sich selbst beschäftigt.

Da meine Familie ganz besonders unter der Zeit, unter den Bestimmungen des fluchwürdigen Versailler Vertrages und dem Hass gegen alles Deutsche zu leiden hatte, und wir durch unseren harten Kampf um den Besitz sehr viel erlebten, so habe ich auf Wunsch vieler Bekannten einen Teil unserer Erlebnisse für die Kinder und Kindeskinder meiner Familie niedergeschrieben. Möge es ihnen ein Bild geben, von dem zähen Kampf, den ihre Vorfahren um den Besitz ihrer Schollen, ihres Familienbesitzes, geführt haben.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Gothaisches genealogisches Taschenbuch der briefadeligen Häuser, 1914   (Digitale Sammlungen / (1914) . Achter Ja… [732] (uni-duesseldorf.de) [139]

Tomysl – Tamysl – Stary Tomysl – Alt Tomysl – Alt Tomischel – Alttomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Schloß Alt Tomysl / Quelle: https://fbc.pionier.net.pl/search#fq={!tag=dcterms_accessRights}dcterms_accessRights%3A%22Dost%C4%99p%20otwarty%22&q=id%3AnnnXt7v

Die Herrschaft Tomysl wird für das Jahr 1671 als Besitzung des Christoph von Unruh und ab dem Jahr 1690 als die seines Sohnes des Boguslaus von Unruh erwähnt. Die Adelsfamilie von Unruh hatte durch Parzellierung auf ihren Ländereien die ersten Ansiedlungen der „Hauländer“ ermöglicht.

Marianne von Unruh wurde um 1700, vielleicht schon im Jahr 1668, ehelich mit Graf Ludwig Szoldrski verbunden. Ihre Mitgift soll die Herrschaft Tomysl dargestellt haben. Als Jahr der Eheschliessung findet sich ab und an sogar erst das Jahr 1705, dieses scheint aber fraglich, da es bereits zu Martini 1704 für die Besiedlung des „Tommischler Pusch“ heisst: Ich Ludovicus von Szoldry Szoldrsky, Fennrich aus der Woiewodschafft Posensche, Marschalck in Gros Pollen Erbher der feyherlichen Herschafften Pinne – Grosdorf – Wilkowa – Polsche – Tommischel – Wietommischel“; auch wird vereinzelt für seinen Sohn Stephan bereits das Geburtsjahr 1702 genannt.

Die ca. 2 Quadratmeilen große Besitzung der Herrschaft bestand zum größten Teil aus Wald, Wiese, Sumpf- und Wasserflächen.

Letztlich ging die Herrschaft von Ludovicus von Szoldrsky auf dessen Sohn Stephan, und nach dessen Tod auf den Enkel Felix Antonis Ignatius von Szoldrski über. Als dieser kinderlos verstarb, trat die Erbschaft der Enkel seines Onkels an.

Für die Herrschaft folgte eine unruhige Zeit. Durch Misswirtschaft und Abschöpfung des Kapitals gelangte das Anwesen in die Zwangsversteigerung.

Der nun folgende Eigentümer Landschaftrat Powelski hatte es nur kurze Zeit im Besitz, ehe er es im Jahr 1839 an Carl Eduard Graf von Haugsdorf veräußerte. Über ihn schrieb K.E. Goldmann: „Der damalige Besitzer der Herrschaft Alttomischel, Eduard Grabs von Haugsdorf (1839/43), [hier wahrscheinlich ein Fehler:  vermutliches Datum des Verkaufs 1845] hatte die von großem Kiefernwald umschlossenen beiden Mühlen angekauft, die Seen abgelassen und zu Acker und Wiesenland umgewandelt.“ Durch Ankauf wurde bereits 1843, oder war es doch im Jahr 1845, der nächste Besitzer Franz Heinrich von Poncet-Satigny.

Das Vorwerk Rose war noch unter den von Haugsdorf aus der Besitzung Tomysl herausgelöst worden und sollte als deren Altersruhesitz dienen. Grabs von Haugsdorf veräußerte dieses dann im Jahr 1848 an August Hempel, ehe es im Jahr 1858 von der Familie Schwartzkopff käuflich erworben wurde.

Im Verlauf der Zeit scheinen vom Gutsland Landwirtschaftflächen abgetrennt und verkauft worden zu sein. Die Käufer bzw. Siedler sollen mit Ihren Höfen nicht nach „Hauländer-Recht“ gesiedelt haben.

Die einzelnen bäuerlichen Anwesen lagen verstreut in der Landschaft und waren von unterschiedlicher Größe. Es heißt z. B. bei A. Kraft, dass sich die Größe der Höfe nach den Geldmitteln der Besitzer beim Ankauf gerichtet habe.

Im Jahr 1820 sollen in Alt Tomysl ohne Rittergut 50 Feuerstellen bewohnt von 323 Seelen bestanden haben. Selbst im Jahr 1885 wurden in der Statistik nur 60 Wohngebäude mit 424 Bewohnern gezählt. Die Ortschaft hatte somit keine großen Veränderungen erfahren.

Leichtsinn, Mutprobe oder Vorfreude auf den Geburtstag ? – der Tod des Andreas Lotka 1899

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Alt Tomysl,Genealogie,Personen, Familien,Wytomysl / Witomischel | Kommentare sind deaktiviert

Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel – 01. Dezember 1899

„Mehrere Arbeiter auf dem Dominium Alttomischel waren mit dem Füllen der Spiritusfässer beschäftigt und fanden Gelegenheit sich an dem urkräftigen Stoff zu laben.

Der 35 jährige Arbeiter Lotka legte sich zur Erde und ließ sich den Spiritus aus dem Krahn in den Hals laufen. Er büßte die unsinnige Gier mit dem Tode, denn bald darauf verstarb er an Alkoholvergiftung.

Eine Frau mit 5 Kindern hat ihren Ernährer verloren.“

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Eintrag beim Standesamt Neutomischel No. 182 vom 25. November 1899

Vor dem Unterzeichneten Standesbeamten erschien heute, der Persönlichkeit nach bekannt, die Frau Marianna Lotka geborene Wyrwal, wohnhaft zu Alttomischel und zeigte an, daß ihr Ehemann, der Arbeiter Andreas Lotka, 35 Jahre alt, katholischer Religion, wohnhaft zu Alttomischel, geboren zu Witomischel Gemeinde, Sohn des verstorbenen Arbeiters Mathias Lotka, zuletzt wohnhaft zu Witomischel Gemeinde, und dessen Ehefrau Agnes geborene Kowala, wohnhaft zu Witomischel Gemeinde, zu Alttomischel am fünfundzwanzigsten November des Jahres tausend acht hundert neunzig und neun, vormittags um ein Uhr verstorben sei.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Neutomischel – Gustav Steinborn – Unfall 1902

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Alt Dombrowo,Genealogie,Neutomischel,Paprotsch,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
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Bahnhof Neutomischel / AK Sammlung A. Kraft

Neutomischeler Kreisblatt vom 20.06.1902

Kurzmeldung !

Von dem Schnellzug, welcher nachts 2:32 Uhr hier durchgeht, wurde heute der Bahnwärter Gustav Steinborn an seiner Bahnwärterbude überfahren und sofort getödtet.

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StA Eintrag No. 89 Neutomischel, am 28. Juni 1902

Zufolge Mitteilung des Königlichen Distriktsamtes zu Neutomischel vom 28. Juni d. Js. Z. 2034/02 ist heute eingetragen worden, dass der Bahnwärter Karl Leopold Gustav Steinborn wohnhaft zu Paprotsch, verheiratet mit der Mathilde geborene Bielke, 48 Jahre alt, evangelischer Religion, geboren zu Altdombrowo Kreis Neutomischel, Sohn des verstorbenen Eigenthümers Wilhelm Steinborn, zuletzt wohnhaft in Altdombrowo und dessen Ehefrau Karoline (?) geborene Kranich, jetzt verehelichte Roy, wohnhaft in Glinau, in Paprotsch auf dem Eisenbahndamm der Königlich Preußischen Nachteisenbahn am zwanzigsten Juni des Jahres tausendneunhundertzwei vormittags drei Uhr todt aufgefunden worden ist.

Über den Todesfall hat eine amtliche Ermittelung stattgefunden

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Lubosch – Tod der Marianna Witkowska – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
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Lubosch Gut Messtischblatt 3463 Ausschnitt und Lubosch Schloss AK Ausschnitt

In Lubosch Gut ist am 4. Februar 1912 die 18 Jahre alte Arbeiterin Marie Witkowska von dem Arbeiter Martin Przewozny mit einem Holzschlägel erschlagen worden.

Das junge Mädchen sollte beim Sprengen der Mieten (der hart gefrorenen Erde) einen Keil halten, welchen Przewozny mittels eines Schlägels hineintreiben sollte.

Zum Schlage ausgeholt, löste sich der schwere Holzklotz vom Stiele ab und traf die Witkowska so unglücklich am Kopfe, dass sie trotz ärztlicher Hilfe in der darauffolgenden Nacht (in der Wohnung der Eltern) an den Folgen der Verletzung starb.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Konkolewo – Unfall des Traugott Erdmann Kühn – 1901

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(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[142]

Strasse am Dorfteich in Konkolewo / AK Ausschnitt

Standesamt Konkolewo Eintrag Nummer 32 vom 19ten September 1901

Auf Mitteilung des Königlichen Distrikts-Amtes zu Neutomischel ist heute eingetragen worden, daß der Arbeiter und Eigenthümer Johann Erdmann Traugott Kühn, evangelischer Religion, geboren den fünften Februar Eintausend achthundert acht und vierzig, in Slocin Hauland Kreis Graetz, ehelicher Sohn des in Rattey Kreis Bomst verstorbenen Eigenthümers Traugott Kühn und dessen in Slocin Hauland verstorbenen Ehefrau Louise, geborene Quiesdorf, verheirathet gewesen mit der in Konkolewo noch lebenden Auguste geborene Redlich, zu Konkolewo in der Wohnung des Eigenthümers Ernst Neumann am Sonnabend den vierzehnten September des Jahres Eintausend neunhundert und eins Nachmittags sieben Uhr verstorben ist.

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Das Neutomischeler Kreisblatt schrieb in der Ausgabe vom 20. September 1901 zu diesem Eintrag:

Der Eigenthümer U. in Konkolewo läßt auf seinem Gehöfte einen Brunnen herstellen, der bis zu einer Tiefe von 9 m ausgegraben war, als am Sonnabend, den 14. des Monats, nach Feierabend der Brunnen zugedeckt wurde. Es geschah dies mit Brettern und Leisten.

Die Sicherheit der Bedeckung wurde vom anwesenden Gendarm in Frage gestellt und um dieselbe zu erweisen, stellte sich der Arbeiter Traugott Kühn mit Wucht auf ein dünnes Brett, das dem mit großer Kraft ausgeführten Betreten sofort nachgab und entzwei brach, so daß Kühn sofort in die Tiefe stürzte.

Er wurde zwar noch lebend wieder nach oben gebracht, verschied aber nach einer Stunde, so daß der sofort hinzugerufene Arzt ihn nicht mehr lebend antraf.

Die Staatsanwaltschaft hat, da eine Schuld dritter nicht vorlag, die Beerdigung der Leiche gestattet.

* * *

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Neutomischel – Familie Schmidt – ab ca.1873

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Untersee-Insel bei Kyritz >/ Ansichtskarte

Es gibt Schicksalsschläge, die erzeugen Wunden für die Ewigkeit.

Sie heilen nicht; sie verblassen höchstens.

Vielleicht war es der Mutter und der Tochter vergönnt gewesen die Erinnerungen an eine hoffentlich gute gemeinsame Zeit zu bewahren.

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Neutomischel, 12. Juli 1901

Am Abend des 6. Juli ereignete sich in Barenthin bei Kyritz in der Priegnitz ein recht betrübender Unglücksfall, von dem eine hiesige Mutter schwer betroffen ist.

Die Handwerksgesellen, als Schlosser der Hermann und als Schneider der Paul Schmidt aus Neutomischel, die seit acht Tagen hier in Arbeit standen, gingen mit ihren Freunden, drei anderen Gesellen baden in einem vom Dorfe weit entfernten, abgelegenen Pfuhle, der sogenannten Räuberkuhle. Dieses Gewässer ist an einigen Stellen tief und sumpfig, was die Obigen aber wohl nicht wußten. Als nun der eine von ihnen plötzlich in der Tiefe verschwand, sprang der Bruder ihm nach, um ihn zu retten; doch auch er sank unter.

Nun eilten die andern anwesenden Gesellen zur Hilfe herbei, aber auch ihre Rettungsversuche waren vergeblich: die beiden Brüder ertranken.

Sie wollten in der nächsten Zeit gemeinsam nach Leipzig wandern, und nun wurden sie in einem gemeinsamen Grabe zur letzten Ruhe gebettet.

Wir beklagen die Unglücklichen, bedauern die Hinterbliebenen derselben, die Mutter und eine Schwester in Neutomischel und einen Bruder, der gegenwärtig in Kyritz als Schuhmachergeselle arbeitet und möchten an der Hand dieses traurigen Vorfalls die Jugend, besonders auch die Schulkinder eindringend ermahnen, beim Baden ja vorsichtig zu sein und unbekannten Gewässern fern zu bleiben !

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Emil Julius Reinhold Schmidt geboren ca 1843 in Ramioneck ? verstorben 1898 in Neutomischel

und seine Ehefrau Johanna Emilie Ottilie geborene Rutschke geboren 1846 in Glinau

heirateten 1873 in Neutomischel

Ihre Kinder:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”;

Neu Bolewitz – Johann Friedrich Wilhelm Lange 1866-1901; die Lebensnot eines 14 Jährigen aus Albertoske

geschrieben von Gudrun Tabbert
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[144]

Ausschnitt Messtischblatt 3662 / mapy.amzp.pl

Welch blutrünstiges Szenario wurde in der Zeitungsmeldung vom 28. Juni 1901 beschrieben:

„Berlin, 28. Juni. Einem furchtbaren Verbrechen ist der „Berl. Ztg.“ zufolge der 15 jährige Handlungsgehilfe Wilhelm Lange zum Opfer gefallen. Ohne Vorwissen seiner Angehörigen hat er am vorigen Freitag (21.06.1901) eine Reise unternommen.

Gestern wurde er mit durchschnittenem Halse und gespaltenem Schädel, den ganzen Körper mit Stichwunden bedeckt, in einem unweit der Chaussee gelegenen Gehölz in der Gegend von Neutomischel aufgefunden. Ein Betrag von etwa 12 Mk., den er bei sich trug, fehlte. Uhr und Taschenmesser wurde noch bei ihm vorgefunden.“

Doch was war geschehen . . . die Neutomischeler Kreiszeitung berichtete in ihren Ausgaben 

* * *

Neutomischel, 25 Juni 1901 

Die hiesige Gegend ist in den letzten Tagen in eine unliebsame Aufregung versetzt worden. Am Freitag, den 21. d. M. (21.06.1901) Nachmittags wurde in einer kleinen Waldparzelle von Neu Bolewitz in unmittelbarer Nähe der Chaussee Neustadt b. P. – Tirschtiegel die Leiche eines jungen Mannes von etwa 17 Jahren gefunden, welche einen tiefen Schnitt am Halse aufwies und in deren Nähe große Blutlachen vorhanden waren. Nach den umlaufenden Gerüchten sollte der Kopf Messerstiche gezeigt haben, welche auf eine Ermordung durch fremde Hand hindeuten sollten.

Durch die stattgehabten amtlichen Erhebungen hat sich nun herausgesellt, was wir zur Beruhigung der Gemüther hier gleich vorweg bemerken wollen, dass die Annahme eines Mordes durch fremde Hand als ausgeschlossen gilt, dass vielmehr Selbstmord vorliegt, so dass die öffentliche Sicherheit jener Gegend nach wie vor als gefährdet nicht zu betrachten ist. Es wird diese Nachricht für Fußgänger und Radfahrer auf der sehr belebten Chausseestrecke voraussichtlich sehr beruhigend empfunden werden.

Der junge Mann ist am genannten Tage mit dem Mittagszuge von Berlin hier angekommen und hatte sich mit einem jungen Mädchen in ein und demselben Wagenabtheil befunden, welchem der junge Mann durch sein außerordentlich niedergeschlagenes Wesen auffiel. Er nahm von dem mitleidig sich seiner annehmenden Mädchen Speise und Trank an und während das Mädchen sich zu Wagen einem nahen Forsthaus zuwendete, pilgerte der junge Mann auf der Chaussee weiter. Hier wurde er von mehreren Personen gesehen. Von denselben Personen wurde er kurze Zeit später gefunden, weil er noch immer in derselben Lage sich befand, in welcher er von diesen Personen zuletzt gesehen wurde.

Es stellte sich heraus, dass er sich den Hals durchgeschnitten und das Messer in der Richtung, in welcher der Schnitt erfolgt war, vor sich hingeworfen hatte. Er schleppte sich mehrfach von einer zur anderen Stelle, bis er verblutet war und nun liegen blieb. Nichts deutet auf einen vorher stattgehabten Kampf oder Überfall durch eine andere Person hin. Vorläufig ist nichts über die Person des Selbstmörders bekannt, die genaue Adresse seiner Eltern, aber ohne deren Namen, welche in Berlin wohnen, hatte er aufgeschrieben in der Tasche. Eine Quittung über 1.000 Mark mit der Unterschrift zweier Personen fand sich bei der Leiche vor.

Neutomischel, 2. Juli 1901

Die Öffnung der auf der Landstraße bei Neu Bolewitz gefundenen Leiche hat zweifellos Selbstmord ergeben, worauf die Behörden die Untersuchung der Angelegenheit eingestellt haben.

Der junge Mann, namens Lange, ist früher hier heimisch gewesen und mit seinen Eltern nach Berlin gezogen, wo er als Hausdiener beschäftigt gewesen ist. Offenbar drückte ihn eine schwere Gewissensschuld, die ihn in den Tod getrieben hat.

* * *

Johann Friedrich Wilhelm Lange

geboren 07. November 1886 Albertoske – gestorben 06. Juli 1901 bei Neu Bolewitz

sein Vater war der verstorbene Johann Samuel Lange (1847-1888) , seine Mutter die Juliane geborene Schulz (1864-?)

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”; Einreichung der Berliner Zeitungsmeldung MARCUS – Wollstein Forschung https://ahnensuche.wordpress.com

Neustadt bei Pinne / Am Markt – Richard Mierwald gebürtig aus Broniewice

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[145]

Richard Mierwald / AK und AK-Ausschnitte aus Sammlung Lwówek na dawnej pocztówce

[130]

 

 

 

 

Gewerbetreibende aus dem Deutschen Reichs-Adressbuch; erschienen 1906

* * *

Ein durch seine angebrachten großen Werbetafeln in deutscher und polnischer Schrift sehr „auffälliges“ Geschäft am Markt in Neustadt bei Pinne war das des Uhrmachers und Fahrradhändlers Richard Mierwald.

* * *

Sein Vater war der 1846 in Eylau geborene Rudolf Mierwald, seine Mutter die Pauline geborene Berger, welche 1848 in Pinne das Licht der Welt erblickt hatte. Wo und wann das Paar die Ehe geschlossen hat ist nicht bekannt. Ihre Kinder

wurden in Broniewice geboren. Die jüngeren Geschwister

kamen in Szezytniki zur Welt. Lediglich der Sohn

wurde in der Stadt Posen geboren, dem nächsten Wohnort der Familie; der Zuzug hatte im Jahr 1888 stattgefunden.  Erst im Jahr 1910 erfolgte ein weiterer Umzug nach Berlinchen.

Kommen wir aber zurück auf den im Jahr 1879 in Broniewice geborenen Richard Mierwald. Er ging 1897 nach Senftenberg, wo er sich ca. 2 Jahre aufhielt. 1899 kehrte er kurzzeitig nach Posen zurück, um noch im Frühjahr desselben Jahres nach Obornik zu reisen; dort verblieb er nur knapp 4 Monate. Nach wiederum nur einem kurzen Zwischenstopp in Posen begab er sich im Sommer des Jahres nach Wreschen. Auch hier verblieb er nur etwa 2 Monate, um im Oktober ins Elternhaus nach Posen zurückzukehren. Dort hielt er sich dann bis zum Januar des Jahres 1900 auf um anschließend Chemnitz in Sachsen aufzusuchen. Wann er zu seinem Wehrdienst einberufen wurde ist nicht bekannt, aus diesem kehrte er im Spätjahr des Jahres 1903 nach Posen zurück.

[146]

Das ehemalige Gebäude des Geschäftes Richard Mierwald / Aufn. PM

Leider gibt die Einwohnerkartei der Stadt Posen keine weitere Auskunft.

Es kann angenommen werden, dass Richard Mierwald frühestens im Jahr 1904 nach Neustadt bei Pinne von Posen aus aufgebrochen ist. Wenn wir dann weiter annehmen, dass die Anzeigen für die Ausgabe des Jahres 1906 des Deutschen Reichs-Adressbuchs im Jahr 1905 bestellt wurden, dann wäre dieses der Zeitraum – 1904 bis 1905 – in dem die Geschäftseröffnung stattgefunden haben müsste.

Richard Mierwald betreute mit Adam Minski den Mechanismus und das Werk der Stadtuhr auf dem Markplatz zu Neustadt bei Pinne.

Das Uhrmachergeschäft Minski befand sich ebenfalls am Markt / Ecke Pinner Straße. Gefundenes ist zu finden im Artikel Neustadt bei Pinne / Pinner Straße Ecke Marktplatz – Krutsch, Minski und Röstel“ 

1921 entschied Richard Mierwald sich für die deutsche Staatsbürgerschaft; er hat vermutlich bis er Neustadt bei Pinne verlassen musste nicht geheiratet.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Personenstandsunterlagen und Meldekarten der Stadt Posen – Staatsarchiv Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);
Information zum Uhrenturm – https://www.google.de/url? [147]a=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwjG9KLj7bnuAhX2BGMBHXNRAFoQFjALegQIAxAC&url=http%3A%2F%2Fwww.znaczki-turystyczne.pl%2Fznaczkowe-miejsca-turystyczne%2Fwieza-zegarowa-na-rynku-w-lwowku-c387&usg=AOvVaw1Hrz63zc2Gx6LlF-CktKad [147];
Uhrmacher Minski – http://hauland.de/neustadt-bei-pinne-pinner-strasse-ecke-marktplatz-krutsch-minski-und-roestel/

Neustadt bei Pinne / Am Markt – Grün’s Hotel – H. Grün aus Slonin Krs. Kosten

geschrieben von Gudrun Tabbert
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[148]

Grün’s Hotel / AK-Ausschnitt aus Sammlung Lwówek na dawnej pocztówce

 

[130]

 

 

 

Gewerbetreibende aus dem Deutschen Reichs-Adressbuch; erschienen 1906

* * *

Der Betrieb des „Grüns Hotel“ in Neustadt bei Pinne wurde erstmals unter Hermann Grün erwähnt. Zu jener Zeit galt dieser als Gasthofbesitzer der Stadt.

Hermann Grün, geboren um 1833 zu Slonin Krs. Kosten war verehelicht mit Johanna, genannt Hannchen, geborene Joel, welche gebürtig aus Neustadt bei Pinne gewesen sein soll. Beide verstarben in der Stadt, sie im Jahr 1906, er 1910.

Als Kinder der Eheleute Hermann Grün und Johanna geborene Joel wurden aus den Personenstandsunterlagen des Staatsarchives Poznan notiert

Rosa – ca 1854 geboren und 1876 im Alter von 22 Jahren verstorben

Julius – ca 1859 geboren, er lebte als Schneidermeister in Berlin

Selma – geboren 1861, war nach ihrer Eheschliessung mit Wolf Hermann ebenfalls mit ihrer Familie in Berlin ansässig

Auguste – geboren 1862, blieb bis zu ihrem Tod im Jahr 1940 in Berlin unverheiratet

Michael – kam im Jahr 1863 zur Welt, schloss im Jahr 1899 die Ehe mit der Paulina Speter aus Grabow, sie führten das „Grün Hotel“ zu Neustadt bei Pinne, ihre Kinder waren Lucie (*1900), Bertha (*1902), George Theobald Jacob (*1904/+1905), Hans (*1907) und Hertha (*1909/+1910).

Amanda – 1865 in Neustadt bei Pinne geboren, sie war die Hausmutter im jüdischen Mädchenstift in Berlin und wurde 1952 im Konzentrationslager Treblinka ermordet

Adolph – er war 1868 geboren worden, er lebte ebenfalls in Berlin als Schneidermeister

Sallygeboren 1870 war vermutlich das jüngste Kind der Familie und wie seine älteren Brüder ebenfalls als Schneidermeister in Berlin tätig

* * *

Die Aufzeichnungen der jüdischen Bewohner sind leider immer sehr lückenhaft, sodass es schwer ist ein vollständiges Bild von Familien aufzuzeichnen; noch wissen wir, ob es nicht weitere Familienmitglieder oder anderweitige Familienverbindungen gegeben hat.

* * *

 

[149]

Durch die Bäume verdeckt, links am Eck, das ehemalige Hotelgebäude / Aufn. EA 2013

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Die Wohlfahrtseinrichtungen von Groß-Berlin, Wegweiser für die praktische Ausübung der Armenpflege in Berlin / Springer Verlag Berlin Heidelberg GmbH, erschienen 1910

 

Neustadt bei Pinne – die jüdische Gemeinde – die Synagoge

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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A. links unten: Blick vom Marktplatz Richtung ehem. Hotel Glier; B. rechts unten: ehem. Hotel Glier und daran anschließend die ehem. Synagoge; C. rechts oben die ehem. Synagoge / Zusammenschnitt AK-Ausschnitte aus Sammlung Lwówek na dawnej pocztówce

In Neustadt bei Pinne (poln. Lwow und seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Lwowek), einer unmittelbaren Stadt unter der Herrschaft adeliger Geschlechter *1, bestand schon im Jahre 1719 eine jüdische Gemeinde, die nach einem Dokument *2 aus dieser Zeit an den Altaristen des heiligen Fabian und Sebastian der kath. Pfarrkirche daselbst 1.266 Gulden 20 Groschen = 1.000 Tymphen oder 211 Taler 3 Silbergroschen 4 Pfennige schuldete. Außer dieser Summe werden im Schuldenverzeichnis der Judenschaft noch aufgeführt:

  1. Für den Altar der heiligen Barbara 253 Gulden 10 Gr = 200 Tymphen oder 38 Tal. 11 Sgr. 8 Pfg. seit dem 6. März 1728, 500 Guld. = 83 Tal. 10 Sgr. seit dem Jahre 1730, 380 Guld. = 63 Tal. 10 Sgr. seit dem 27. Sept. 1753.
  2. Für den Altar des heiligen Adalbert 2.000 Guld. = 333 Tal. 10 Sgr. seit dem Jahre 1730.
  3. Für den Prediger der kathol. Kirche 4.000 Guld. = 666 Tal. 20 Sgr. seit 1755 und
  4. für den Altar Maria Dolorosa 1.266 Guld. 20 Grosch. = 211 Tal. 3 Sgr. 4 Pfg seit dem 5. November 1762.

Inbetreff dieser Schulden, deren Gesamtsumme 9.666 Gulden. 20 Gr. = 1.611 Tal. 3 Sgr. 4 Pfg. betrug, kam es am 14. August 1832 zu einem Vergleich zwischen der Kirche und der jüdischen Gemeinde, nach welchem sich diese verpflichtete, die Summe mit 5% zu verzinsen und alljährlich am 1. Mai 50 Taler abzuzahlen *3.

Außer den genannten Summen schuldet die jüd. Gemeinde noch

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Ehem. Hotel Glier und daran anschließend die ehem. Synagoge / AK-Ausschnitte aus Sammlung Lwówek na dawnej pocztówce

Am 20. Juni 1725 gab der damalige Erbherr, Adam Casimir v. Werbno Pawlowski den Neustädter Juden ein Privileg, in welchem bestimmt wurde:

  1. dass sie alljährlich Aelteste wählen dürfen.
  2. wird ihnen erlaubt mit Eisen, Tuch, Stricken, Leder, Spitzen, seidenen Schnüren und Schleifen, Wolle etc. zu handeln; ausgenommen sind Kirchen– und Hofsachen. Ferner soll ihnen freistehen Ochsen, Kühe, Kälber und Schöpfe zu schlachten und zu verkaufen.
  3. ist ihnen gestattet fremde Juden, welche auf den herrschaftlichen Gütern Ochsen, Kühe, Kälber, Hammel oder anderes Vieh kaufen, zu pfänden, ausgenommen an Jahrmärkten.
  4. in Kleinigkeiten sollen sie nur nach ihrer Gewohnheit schwören
  5. am Ende des Vorwerks sollen sie einen Begräbnisplatz *6 erhalten
  6. zur Stadtwache haben die Juden zu gehören, auch müssen sie für die Soldaten einen Beitrag leisten; befreit hiervon sind nur die Aeltesten. Feuerspritzen und Wasserzuber muss ein jeder jüdische Wirt bei 5 Mark Strafe haben
  7. klagt ein Christ gegen einen Juden, dann sollen die Aeltesten die Sache entscheiden, doch steht ihnen die Berufung bei dem Grundherrn frei
  8. klagt ein Jude gegen einen Christen, dann entscheidet der Bürgermeister oder Stadtrichter, doch darf ebenfalls an den Grundherrn appelliert werden
  9. sollen die fremden Juden sowie die in anderen Städten von Leder und Fell 3 Groschen pro Stück bezahlen, Futter aber dürfen sie nicht kaufen; weder in der Stadt noch in den Vorstädten noch auf den Stadtgründen
  10. den jüdischen Schneidern u Kürschnern ist es erlaubt, sich bei ihren Zünften einzukaufen, diese sollen aber 4 Pfd. Wachs geben und bei der Zunft die gewöhnliche Auslage zu entrichten
  11. mit Salz oder Heringen dürfen sie bei einer Strafe von 30 Mark nicht handeln
  12. Schneiderhandwerk dürfen sie betreiben und einen Rabbiner sich halten
  13. die Judenschule und die jüdischen Häuser sind von Schlosszinsen befreit
  14. eine jüdische Obrigkeit ist ohne Approbation des Schlosses ungiltig
  15. bei Hochzeiten dürfen sie Musik haben, doch müssen sie den Probst darum bitten
  16. dem Cantor der Neustädter Pfarrkirche haben sie jährlich 10 Gulden zu zahlen
  17. einen Kirchhofe dürfen sie in der Breite bis an den Zaun bauen
  18. kein Jude, auch nicht die herrschaftlichen Faktoren, die zur Neustädter Synagoge gehören, sind von jüdischen Abgaben frei; „ausgenommen Jakob Beer (?), welchem meine Neustädter Juden selbst in meiner Gegenwart als einem alten verdienten Manne Respekt zu bezeugen versprochen, bleibt mit meiner Bewilligung hiervon ausgeschlossen“
  19. fremde Juden, die der Gemeinde nicht zusagen, brauchen nicht aufgenommen zu werden
  20. fremde Juden sollen an Werktagen den Neustädter Juden auf dem Markte beim Einkauf nicht hinderlich sein, doch dürfen sie die Wolle vom Schlosse und den Vorwerken kaufen, desgl. Ochsen, Kühe etc. und jede dem Schlosse gehörende Sache; auch dürfen sie Krüge und Branntweinbrennerei pachten und sind von den Abgaben der Neustädter Synagoge befreit
  21. Neustädter Juden, die bauen wollen, bekommen unentgeltlich das Holz hierzu
  22. die Neustädter Juden haben an das Schloss Fleisch gegen Bezahlung zu liefern, doch die Herzen von dem geschlachteten Vieh haben sie unentgeltlich für die Vögel zu geben
  23. Leder und Felle wird das Schloss den Neustädter Juden abnehmen, doch sollen diesen keine Tiere, als Bären, Wölfe, Füchse wie auch Vögel zu füttern und zu halten gegeben werden
  24. Hammel, Schafe, Lämmer u. a. Hornvieh sind sie nicht verpflichtet vom Schlosse zu nehmen
  25. das Schloss wird ihnen keine Pferde verkaufen und auch nicht von ihnen nehmen
  26. Fische wird ihnen das Schloss nicht zum Verkaufe geben, doch soll es ihnen freistehen, soviel sie brauchen, davon zu kaufen
  27. Kälber und Talg brauchen sie an das Schloss nicht zu liefern
  28. von Advent bis Palmsonntag dürfen sie bei Strafe von 20 Mark von den Bauern auf den Dörfern oder von Personen, die wenig Vieh haben, solches nicht kaufen
  29. die Neustädter Juden, die Pferde haben, dürfen einmal in der Woche, am Montag, sich unentgeltlich Holz zum Bauen holen
  30. selbst wenn die Anzahl der Juden in Neustadt 100, 200 oder mehr betragen sollte, brauchen sie keine größeren Abgaben als die genannten zu entrichten
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Das ehem. Synagogengebäude / AK-Ausschnitte aus Sammlung Lwówek na dawnej pocztówce

Für die erwähnten Freiheiten und den Schulz verpflichten sich die Neustädter Juden gutwillig und ohne allen Zwang, alljährlich 2.000 Gulden in 2 Raten zu zahlen *7.

Am 30. November 1793 wurde zwischen der jüdischen Gemeinde, vertreten durch Feibisch Itzig, Raphael Itzig, Hirsch Libschütz, Salomon Michael, Moses Michael Löser, Jacob Isaak und Itzig Lewin und dem Grafen Melchior von Lacki zu Bolewice folgendes Abkommen getroffen:

Der Graf erlässt der jüdischen Gemeinde

  1. die jährliche Abgabe von 200 Floren, welche sie seit langen Jahren für den Pferdehandel und die Weide gezahlt haben – (doch dürfen sie nicht mehr ihre Pferde auf herrschaftlichem Grunde weiden; der Pferdehandel ist ihnen weiter gestattet)
  2. die jährliche Abgabe von 7 Dukaten für den Gewürzhandel und
  3. die jährliche Zahlung von 10 Dukaten oder die Lieferung von 10 Zuckerhüten für den Handel mit diesen

Zur Nachzahlung dieser rückständig gebliebenen Abgaben wird den Juden eine zweijährige Frist (in halbjährlichen Raten ohne Zinsen) bewilligt.

Die Verpflichtung der Juden zur Entnahme des herrschaftlichen Bieres wird auf 2 Tonnen die Woche beschränkt; ferner auf ihren Bedarf zu Hochzeiten, Beschneidungen und anderen Festlichkeiten und zu den wöchentlichen Sabbaten; jede Zuwiderhandlung soll mit 5 Taler Strafe belegt werden.

Zum Bau eines Rabbinerhauses soll der jüdischen Gemeinde unentgeltlich Bauholz, Ziegel, Steine und Lehm geliefert und die Schindeln gegen Entgelt ausgearbeitet werden.

Dieser Vergleich wurde später noch unterzeichnet von:

Löb Moses, Lewin Zirke, Jacob Manas, Marcus Lewin, Feibel Libschütz, Simon Lewin, Falk Lewin, Jacob Lewin, Lewin Falk, Boruch, Israel Simon und seinem Sohne, Salomon Loeser, Joseph Lewin, Levin Juda, Loebel Michael, Joel Abraham, David Gumprecht, Isaak Moses, David Manas, Aron Isaak, Michael Hirsch, Saul Hirsch, Levin Schmul, Moses Gumprecht, Itzig Michel, Levin Itzig, Leib Levin, David Manas, Moses Joseph, Joel Marcus, Loebel Lewin, Seelig Reer (Beer?), Jakob Michael, Itzig Mosche, Juda Marcus, Isaak Abraham, Abraham Lewin, Feibisch Benjamin, Cantor Manuel Itzig, Abraham Kalman, Itzig Seelig, Behr Levin, Abraham Leiser, David Levin, Juda Mendel, Joachim David, Falck Falck, Behr Potschak, Levin Behr, David Falck, Aron Jacob, Marcus Moses, Salomon Baruch, Elias Michel, Saul Hirsch, Wolf Hirsch, Mendel Levin und Hirsch Marcus *8.

Im August 1813 wurde Neustadt von einer gewaltigen Feuersbrunst, welcher fast alle jüdischen Häuser und auch die Synagoge zum Opfer fielen, heimgesucht. Viele Juden verließen die Stadt, und die Gemeinde verarmte derart, dass sie nicht imstande war, aus eigenen Mitteln das Gotteshaus wiederaufzubauen. Sie wandte sich daher durch den Lehrer und Nebenrabbiner Hirsch Saul an den damaligen Grundherrn, den Grafen von Lacki, und beauftragte jenen auch, eine Reise zum Zwecke der Sammlung von Beiträgen zu unternehmen. Zwei Jahre lang (um 1817), so behauptet Hirsch Saul in einer Klage gegen die Gemeinde vom Jahr 1843, sei her umhergereist, bis nach Warschau und weitergekommen und habe überall durch seine Vorträge die Gemeinden zum Spenden von Beiträgen veranlasst. Auch der Grundherr und seine Familienangehörigen hätten reiche Gaben, besonders an Baumaterialien, gespendet, so dass es möglich wurde, die Synagoge zu erbauen, ohne die Gemeinde zu belasten. Als Vorsteher fungierten damals: David Manasse, Wolff Samuel und Selig Schwerin und als Rabbiner Jacob Cohn Spiro *9.

Seine Nachfolger im Rabbinat waren:

Seit 1904 ist Neustadt an das Pinner Rabbinat angeschlossen.

Im Jahre 1858 wurde die Synagoge umgebaut und am 8. März 1859 feierlich eingeweiht. An dieser Feier nahmen auch Rabbiner Dr. Gebhard-Bromberg und Rabbiner Oberdorfer-Pinne teil *13.

Schon um 1834 gab es in Neustadt eine jüdische Elementarschule, an welcher als Lehrer Michaelis Roeder, Jakob Nürnberg, Isidor Plonsk (seit 26.098.1849), Russak, Bruck, Danziger, Thilo und Berlowicz fungierten.

1872 hatte die Schulgemeinde 106 *14 Steuerzahler, die 624 Taler Schul- und 720 Taler Klassensteuer aufbrachten, während im Jahre 1899 nur 66 steuerzahlende Mitglieder vorhanden waren. 1878 wurde die bis zu dieser Zeit zweiklassige Schule in eine einklassige verwandelt. 1898 zählte die Schule noch 45 Kinder, 1903 noch 30, 1905 noch 19, 1907 noch 17 und 1909 wieder 20 Kinder.

An Vereinen gab es in der Gemeinde eine Schneider-Chebra *15, einen Mildtätigkeits-Verein (Gemilluth-Chassodim), einen Ner-Tomid-Verein *16, eine Jugendgesellschaft *17, eine Chebra-Beth-Hamidrasch und eine Chebra Kadischa, von denen gegenwärtig noch der letztere besteht, während ein Frauen- ein Jungfrauen- und ein Verein für jüdische Geschichte und Literatur hinzugekommen sind *18.

Als ein Neustädter Kind wird in einem Schriftstück *19 vom Jahre 1835 ein Berliner Schriftsteller Isaak Salomon Borchardt, Candidat der Philosophie und Medizin, bezeichnet und von ihm berichtet, „dass er der Borchardt sei, über welchen während der Cholerazeit so viel in den öffentlichen Blättern wegen der von ihm erfundenen Heilmethode geschrieben worden ist.“

Von Stiftungen werden erwähnt:

An den Feldzügen 1864 nahmen von den Juden der Gemeinde Neustadt bei Pinne teil:

Abraham Resie, Bernhard Lipschütz, Hermann Heym und Aron Lewin, 1866 die drei Letztgenannten und Markus Pinner und 1870/71 waren es 15 Personen. Von diesen wurde einer Gefreiter, 3 Unteroffiziere und einer (Louis Lesser) mit dem Eisernen Kreuze ausgezeichnet. (Näheres über diesen und seine Kriegstaten siehe: Heppner-Herzberg Teil 1 S. 257).

Gegen den schon mehrmals erwähnten Antrag „Wagner“ vom 20. Januar 1856 richtete auch die Gemeinde Neustadt b. P. eine energische Petition *23 an das Abgeordnetenhaus.

Im Jahre 1765 hatte Neustadt bei Pinne 336 jüdische Seelen, gegen Ende des Jahrhunderts 443 *24. (unter 1681 Einwohnern), 1840 waren es 815 (unter 2.460 Einw.), 1856 waren 715 (98 Familien), 1871 waren es 540 (unter 2.4546 Einw.), 1882 waren 445 (mit Wonsowo und Brody), 1890 waren es 400 (80 Familien, 1895 waren es 280 (unter 2.600 Einw.), 1907 waren es noch 180 (unter 2.731 Einw.) unter 1911 wiederum 186 *25.

In der Zeit von

Steuerzahlend waren 1844 143 Personen, 1850 – 130, 1853 – 127, 1856 – 116, 1858 – 129, 1871 – 108, 1875 – 105, 1878/1879 – 95, 1885/1886 – 87 und 1909 noch ca. 49 Personen.

An Rekrutensteuer wurden im Jahre 1834 146 Taler 12 Sgr. und in den Jahren 1836/1837 149 Tal. aufgebracht.

Die Ausgaben der Gemeinde betrugen im Jahr 1834 – 1.170 Tal. 6 Sgr. 7 Pfg., 1836 – 1.033 Tal. 9 Sgr. 8 Pfg., 1838 – 1.034 Tal. 22 Sgr. 6 Pfg., 1845/48 – 1.216 Tal. 19 Sgr. 8 Pfg., 1903/05 – 2.700 Mark und 1907/09 – 2.800 Mark *27.

Wahl- und stimmberechtigt waren 1859 – 73, 1867 – 89, 1874 – 78, 1877 und 1882 – 77, 1899 – 46, 1901 – 42 und 1904 – 40 Personen

[153]

Auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge befindet sich ein Garagenhof / Bild Lwówek na dawnej pocztówce

_ _ _

*1            Warschauer, die städtischen Archive, Seite 161

*2            Auszug aus dem Protokoll des Pos. Grodgerichtes in einem Aktenstück der jüd. Gemeinde Neustadt b. P.  – Diese Summe überwies Adam von Berno Pawlowski der genannten Kirche als eine Stiftung. Aus dem Protokoll ist jedoch nicht ersichtlich, ob und wofür die Gemeinde dem Grundherrn die 1.000 Tymphen schuldete.

*3            Akten des Magistrats zu Neustadt b. P. Diese wurden uns in der liebenswürdigsten Weise von dem dortigen Bürgermeister, Herrn Heidekorn, zur Verfügung gestellt. – Auch ein Aktenstück der jüd. Gemeinde berichtet über diese Schulden und diesen Vergleich.

*4            Inbetreff dieser Forderung kam es im Jahre 1832 zu einem Prozeß zwischen dem Gutsbesitzer Joseph von Kierski zu Posen, einem Erben des erwähnten Burggrafen, und der jüdisch. Gemeinde, der in zwei Instanzen zu Gunsten der letzteren entschieden wurde. (Akten der jüd. Gem. Neustadt b. P.)

*5            Zur Sicherheit wurden diesem vom Jahre 1819 ab die Einnahmen aus der Krupka verpfändet

*6            1908 wurde der Friedhof mit einer Mauer umgeben und zur Bestreitung der Unkosten ein Darlehn von 1.500 Mark aufgenommen. Die Südseite (58m lang und 1 ½ m hoch) ließ der Kaufmann Reinhold Pinner-Berlin auf eigene Kosten ausführen, und die Gemeinde beschloss, dafür an der Mauer eine, dem Andenken der am 25. Juli 1902 in Berlin verstorbenen Frau Selma Pinner, geb. Cohn gewidmete Tafel anzubringen zu lassen. (Protokollbuch der Repräsentanten in Neustadt b. P.)

*7            Nach den im Posener Staatsarchiv und bei den Neustädter Magistratsakten liegenden Abschriften des Privilegs

*8            Akten des Magistrats zu Neustadt b. P. (betreff. Privilegien der jüdisch. Corporation)

*9            Akten der jüdischen Gemeinde Neustadt b. P.

*10           Nach einer, von ihm geschriebenen und unterschriebenen Abschrift seines „Rabbonusbriefes“ (im Besitze des Rabbiners Dr. Heppner-Koschmin) erhielt er in Neustadt an Gehalt: 2 Tal. die Woche, 5 mal im Jahr Feiertagsgeschenke von den Gemeindemitgliedern und 3 mal aus der Gemeinde- und der Chebra-Kadischa-Kasse, Mehl und Wein zu Pessach, einen Ethrog zu Succoth, ein Pfund Wachs zu Jom Kippur, freie Wohnung, bei Verlobungen und Verheiratungen von je 100 Gulden 16 Sgr. und von der Trauung eines Paares, das keine Mitgift erhalten hat, 8 Gulden

*11           Geboren 10. November 1826 zu Breslau, seit Jahrzehnten Landrabbiner von Mecklenburg-Strelitz und Verfasser der „Realencyklopädie für Bibel und Talmud“

*12           Geboren am 09. Juni 1850 in Stanislaw, wurde 1883 naturalisiert und ging von Neustadt nach Niedersept (Ober-Elsaß).

*13           Protokollbuch der Repräsentanten der jüdischen Gemeinde Neustadt bei Pinne

*14           Unter diesen waren Bäcker, Schneider, Barbiere, Fleischer, Glaser, Kürschner und Schuhmacher. (akt. Der jüd. Gem. Neustadt b. P.)

*15           Dieser Verein wurde um 1790 ins Leben gerufen

*16           1830 wurden Gemilluth-Chassodim und Ner-Tomid.-Verein zu einem Verein verschmolzen

*17           1838 hatte der Verein 36 (86?) stimmberechtigte Mitglieder

*18           Akt. der jüd. Gem. Neustadt und Stat. Jahrb. des D.J.G.B.

*19           Im Besitz des Rabbiners Dr. Heppner-Koschmin

*20           2.000 Mark (Zins. an jüd. Arme der Gemeinde) z. A. an Frau Henriette Wolfsohn geb. Cohn (21. Elul), Wolf Samuel Wolfsohn (6. Jiar), Lieb Wolfsohn, geb. Israel (23. Cheschwan) und Sara Cohn, geb. Marcus

*21           800 Mark zum Bau des Wärterhauses auf dem Friedhof, z. A. an Frau Ernestine Hirschfeld (30. Siwan), ferner 600 Mark z. A. an Wolf Hirschfeld (13. Jiar)

*22           1.000 Mark gespendet von Frau Rosette Wolfsohn, geb. Pinner, z. A, an Sigismund Wolfsohn (3. Tebeth).

*23           Diese lautete: Das, was die Cultur und das weitere Fortschreiten auf dem Wege des Erkenntnisses für uns Juden getan, was auch Se. Majestät unser allergeliebtester König, durch die Verleihung der Verfassungs-Urkunde mit dem unversehrten Artikel 12. uns Juden zu schenken geruht, dessen sollen wir nun mit einemmale wieder verlustig werden.

Wir, die wir ebenfalls die Lasten, die das gemeinsame Staatswohl jedem Bürger auferlegt, zu tragen haben, wir, deren Söhne gleich denen des christlichen Glaubensbekenntnisse in die Armee eingereiht, und die bereit sind, für Gott, König und Vaterland zu streiten und zu sterben, wir, die wir durch das eben allgemeine Fortschreiten der menschlichen Bildung und Gesittung dahin gelangt sind, gleichfalls aus den Bahnen der Unwissenheit herauszutreten; wir, die wir ebenso gute und loyale Preußen sind, als unsere Brüder christlichen Glaubens, wir sollen urplötzlich und durchaus wieder in den bürgerlichen Zustand, in dem wir vor Jahrhunderten gedrückt, gepeinigt, verfolgt, schmachten mussten, zurückgestoßen, uns so die Parias der jetzigen bürgerlichen Gesellschaft werden, und nur darum, weil wir nicht christlichen sondern jüdischen Glauben sind. Dass dies der Zweck des vorgedachten Antrages, geht aus demselben evident hervor.

Wir enthalten uns jeder weiteren Erörterung der Consequenzen dieses Antrages, aber wir können denselben nicht mit Stillschweigen übergehen, wir müssen, wie schwach auch unsere Stimme, doch entschieden und laut gegen denselben protestieren. (Philippson, der Kampf der preußischen Juden etc. S. 78)

*24           Unter diesen waren: 27 Schneider, 10 Kürschner und 4 Posamentierer (Wuttke, Städtebuch).

*25           Akten der jüd. Gemeinde Neustadt b. P. – Stat. Jahrbücher der D.J.G.B. – H – Heppner-Herzberg, Seite 274

*26           Die niedrigste Zahl der Eheschließen betrug 5 (1835 und 1847), die höchste 16 (1839, 1840 und 1845); die niedrigste Geburtsziffer 7 (1871), die höchste 53 (1845), die niedrigste Zahl der Todesfälle betrug 4 (1870), die höchste 59 (1840); Akten des Magistrats in Neustadt b. P.

*27           Akt. der jüd. Gem. u. Stat. Jahrb. d. D.J. G.B.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüd. Gemeinde in den Posener Landen nach gedruckten und ungedruckten Quellen von Dr. A. Heppner – Rabbiner in Koschmin und J. Herzberg – Lehrer in Bromberg – Wielkopolska Digital Library / https://www.wbc.poznan.pl/dlibra

 

Neustadt bei Pinne / Am Markt – Franz Wiczorek – gebürtig aus Dorf Schilln

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[154]

Hotel Franz Wiczorek / AK-Ausschnitte aus Sammlung Lwówek na dawnej pocztówce

 

[130]

 

 

 

Gewerbetreibende aus dem Deutschen Reichs-Adressbuch; erschienen 1906

* * *

Franz Julius Wiczorek wurde im März 1957 in Dorf Schilln als Sohn des Ackerwirts Joseph Wiczorek und dessen Ehefrau Justina geborene Hämmerling geboren.

Als er im März 1881 in Meseritz die Ehe mit der Bauunternehmertochter Auguste Florentine Therese Wagner aus Winice schloss, wurde sein Berufsstand mit Gastwirth und Fleischer zu Neustadt b/P. notiert.

Wann genau Franz Wiczorek nach Neustadt bei Pinne kam und letztlich den Hotelbetrieb eröffnete ist nicht bekannt. Eine erste Erwähnung in der er als Hotelbesitzer genannt wurde, fand sich für das Jahr 1904.

Als Kinder des Paares wurden geboren 1881 Leo (er verstarb 1889), 1883 Auguste (sie verstarb 1884), 1884 Maria später verehelichte Gierszewski, 1886 Francisca und 1887 Anna beide später verehelichte Wohlauf und im Jahr 1882 Valeria.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);

Neustadt bei Pinne / Am Markt – Felix Stoinski gebürtig aus Wydory

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[155]

Felix Stoinski / AK-Ausschnitt aus Sammlung Lwówek na dawnej pocztówce

 

 

[130]

 

 

 

Gewerbetreibende aus dem Deutschen Reichs-Adressbuch; erschienen 1906

* * *

[156]

Głupoń im Norden, südl davon Tomaszewo und nochmals süd-westlich Wydory /Bild: Skąd przychodzimy, dokąd zmierzamy…Przewodnik po gminie Kuślin

Wydory (auch Wydovy) war laut „Adressbuch des Grundbesitzes im Grossherzogthum Posen“, erschienen im August 1872 zu Berlin, zu Tomaszewo gehörig; Tomaszewo wiederum zu Głupoń. Der Besitzer im Jahr 1872 war Louis Asch in Głupoń.

Den Ort selbst bildete vermutlich nur eine Försterei mit einigen Wirtschaftsgebäuden.

Ca. in den Jahren 1860 bis 1874 lebte in Wydory der Förster Marcel Stoinski mit seiner Ehefrau Rosalie geborene Wagner. Als Kinder des Paares wurden 1860 Victoria Veronica, 1862 Felix, 1867 Marcel, ca 1870 Wanda (sie verstarb 1876 zu Neustadt b. Pinne), 1872 Seraphin und 1874 Anastasia geboren.

Ungefähr im Jahr 1874 muss Marcel Stoinski verstorben sein; seine Witwe heiratete in 2ter Ehe Friedrich Ludwig aus Neustadt bei Pinne, einen Gastwirt und Fleischermeister der Stadt.

Marcel Stoinski jun. wohnte in Pinne, als Beruf für ihn findet sich, dass er als Kaufmann tätig war. Felix und Seraphin wurden beide Fleischer. Seraphin vermutlich zu Posen, während Felix in Neustadt bei Pinne sein Geschäft führte.

Felix Stoinski ehelichte 1898 die Fleischermeistertochter Helene Marianne Jurasz; sie war aus Bolewitz gebürtig.

[157]

Die heutige Ansicht / www.google.de

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);  

 

Głupoń – Familie Asch – ca. 1861-1881

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Altes Schloss zu Głupoń vor der Renovierung / Bild: Skąd przychodzimy, dokąd zmierzamy…Przewodnik po gminie Kuślin

Als frühere Besitzer der Liegenschaft Głupoń mit seinen Vorwerken Tomaszewo und Wydovy/Wydory werden heute in geschichtlichen Aufarbeitungen z. B. um das Jahr 1435 Mikołaj Watt de Głuponie und zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Ostrorogs aus Neustadt bei Pinne genannt. Die Besitzer wechselten immer wieder.

1765 wird die Familie Urbanowski genannt, welche es wiederum von der Familie Koszutski angekauft haben soll. Nicht eindeutig geklärt ist, ob ein erstes barockes Herrenhaus durch die Koszutskis oder durch die Urbanowskis erbaut worden ist.

Laut der Volkzählung von 1837 hatte das Dorf Głupoń 31 Schornsteine (Wohnstätten) mit 371 Einwohnern.

Die Besitzer des Anwesen wechselten weiter … genannt werden die Familien Święcicki, Sczaniecki – in dem „Alphabetischen Nachweis in den Preußischen Staaten mit Rittergütern angesessenen Adels“, erschienen 1857 in Berlin, wurde als Besitzerin Stanislawa von Szczaniecka – genannt, und auch die Kamiński – im Verzeichnis der Rittergüter Posen 1859 findet sich ein Peter v. Kamienski – finden Erwähnung.

Im „Grossgrundbesitzer- und Güter-Lexikon der Ritterguts- und Gutsbesitzer in der Provinz Posen“ aus dem Jahr1883 findet sich als Eigentümer des annähernd 603,5 ha großen Areals Richard Hardt. Dieser zählte auch Chraplewo und Wonsowo zu seinen Besitzungen.

Zwischen der Nennung des Peter v. Kamienski im Jahr 1859 und der des Richardt Hardt im Jahr 1883 liegen 24 Jahre.

In diesem Zeitraum findet sich für annähernd 20 Jahre ein weiterer Besitzer für das Gut Głupoń, welcher aber scheinbar in „Vergessenheit“ geriet ?

♦ ♦ ♦

Louis Asch, er wurde im Verzeichnis der Rittergüter in Posen im Jahr 1859 in Lubowice bei Kiszkowo Krs. Genesen erwähnt. Er war im Dezember 1828 in Kurnik und seine Ehefrau Johanna geborene Hirschberger bzw. Hirschberg im Februar 1834 in Gnesen geboren worden. Im Jahr 1859 waren ihre Tochter Clara und im Juli 1871 ihr Sohn Adolph in Lubowice geboren worden.

[159]

Altes Schloss zu Głupoń / Bild: Skąd przychodzimy, dokąd zmierzamy…Przewodnik po gminie Kuślin

Die Übersiedlung nach Głupoń erfolgte vermutlich nach 1861 aber vor Ende des Jahres 1863.

Dagusch (Dagobert), der zweite Sohn des Paares war am 01. November 1861 bereits in Głupoń geboren worden. Ihm gefolgt war noch die Tochter Sophie, sie war am 06. Dezember 1868 zur Welt gekommen.

Im „Adressbuch des Grundbesitzes im Grossherzogthum Posen dem Areal nach von 500 Morgen aufwärts“ wird Louis Asch als Besitzer des Dominium Głupoń für das Jahr 1872 aufgeführt. Louis Asch war neben dem N.L. Szamotolski, dem Abraham Borchardt, neben Heimann und David Levy und auch Gustav Meyer, eine der jüdischen Familien welche sich der Landwirtschaft gewidmet hatten.

Es ist sind keine Einzelheiten über das Leben der Familie Asch bekannt.

Erst Jahre später findet sich in der Einwohnermeldekartei der Stadt Posen ein Vermerk, dass Johanna Asch geborene Hirschberger mit den Kindern Clara, Adolph, Dagusch und Sophie am 17. Februar 1876 aus Głupoń in die Stadt gezogen sei. Louis Asch selbst übersiedelte erst per 20. Oktober 1880 von Głupoń zu seiner Familie nach Posen. Die Tochter Clara verstarb im März 1881 in Posen.

Per 02. Oktober 1884 verlegte die Familie ihren Wohnsitz nach Berlin.

♦ ♦ ♦

Johanna Asch geborene Hirschberger verstarb 1902 in Berlin, 1905 Dagusch (Dagobert) Dr. der Rechtswissenschaft, ebenda. Louis Asch hielt sich 1892 in Neuheim im Landkreis Bromberg auf. Von Adolph Asch, Doktor der Medizin wird angenommen, dass er nach London übersiedelte. Sophie Asch ehelichte 1889 den Arzt Isidor Boas, er gilt als Begründer des Fachgebiets der Gastroenterologie. Nach dem Einmarsch der deutschen Nationalsozialisten im Jahr 1938 in Wien, wohin er und seine Frau aus Berlin emigriert waren, nahm er sich, fast 80zig jährig, das Leben. Sophie Boas geborene Asch emigrierte 1938 über die Schweiz nach Holland, dort wurde sie inhaftiert und in das Vernichtungslager Sobibor verbracht; sie wurde 1943 in Sobibor im Alter von 75 Jahren ermordet.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);  Todesanzeigen Berliner Tageblatt – zefys.staatsbibliothek-berlin.de; https://wikipedia.org/wiki/ismar_boas

Neustadt bei Pinne / Am Markt – J. Philippsthal

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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J. Phillipsthal / AK-Ausschnitt aus Sammlung Lwówek na dawnej pocztówce

 

 

[130]

 

 

 

Gewerbetreibende aus dem Deutschen Reichs-Adressbuch; erschienen 1906

* * *

Jacob Isidor Philippsthal ist als Betreiber einer Destillation und als einer Kolonialwaren- und Holzhandlung unter den Eintragungen der Gewerbetreibenden für das Jahr 1906 zu finden.

Er, Sohn des Itzig Philippsthal, eines Handelsmannes aus Lubasz Krs. Czarnikau und dessen Ehefrau Sara geborene Rosenthal, war 1850 in Lubasz zur Welt gekommen. Aus Czarnikau stammte Jette Rosenthal, geboren 1863, Tochter der Eheleute Heimann Rosenthal und Hanne geborene Gottgetreu.

Beide, Itzig Jacob und Jette Henriette haben im Jun 1882 in Czarnikau die Ehe geschlossen.

Die Übersiedlung des Paares in das von Lubasz ca. 60 km entfernte Neustadt bei Pinne war vermutlich unmittelbar nach der Eheschließung, denn schon im Mai 1883 war dort der Sohn Julius geboren worden. Gefolgt waren als seine jüngeren Geschwister 1884 Siegfried, 1886 Hugo, 1888 Selma, 1890 Gertrud, 1894 Hertha (verstarb 1894), 1895 Hermann und 1898 Paul.

Jette Philippsthal geborene Rosenthal verstarb 1901; Ihre Mutter Hanne Rosenthal geborene Gottgetreu im Jahr 1910; beide in Neustadt bei Pinne.

Einige der Philippsthal Kinder haben in Berlin gewohnt, gearbeitet und geheiratet. Auch Itzig Jacob Philippsthal war im Alter von 70 Jahren in der Hauptstadt ansässig gewesen.

[161]

https://regionwielkopolska.pl/artykuly-dzieje-wielkopolski/lwowek/#&gid=1&pid=1

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);  

Neustadt bei Pinne – Restauration Glier – ab ca. 1872

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[162]

Glier’s Hotel / Bild-Quelle: Lwówek na dawnej pocztówce

Heute ist das ehemalige Hotel Glier Sitz der „Gminna Spółdzielnia Samopomoc Chłopska”, einer Produktions-, Handels- und Dienstleistungsgenossenschaft.

Blättert man in den Aufzeichnungen der Personenstandsunterlagen der Stadt Neustadt bei Pinne zurück, so findet man einen Joseph Glier als einzigen Namensträger.

Joseph Glier war, so wird in den Akten erwähnt, in Kosel in Schlesien als Sohn eines Schuhmachermeisters geboren worden; nähere Angaben wurden jedoch nicht erwähnt. Zurückgerechnet aus Eintragungen mit Altersangaben müsste er ca. im Jahr 1825 zur Welt gekommen sein.

Im August des Jahres 1848 ging dann der katholische Junggeselle und Barbier Joseph Glier im Alter von 23 Jahren mit der evangelischen, 27 jährigen Wittwe, Mathilde Florentine Kadula geborene Kliemchen die Ehe ein. Die Braut war in der ersten, im Jahr 1843 geschlossenen Ehe, mit dem Chirugius Gehilfen Alexander Kadula verheiratet gewesen. Er wurde auch der Pflegevater der Amalie Bertha Kliemchen, geboren 1840 in Neutomischel, einer Tochter seiner Frau aus ihrer Zeit als Dienstmagd.

Von 1863 bis 1869 wird Joseph Glier entweder mit dem Beruf des Chirugius Gehilfen oder dem des Barbiers genannt. Dieses wandelt sich mit der Eintragung des Jahres 1872 als seine einzige Tochter Minna (Wilhelmine) im Alter von 17 Jahren (ca. geboren 1855) den 29 jährigen Junggesellen und Schmiedemeister Friedrich Wilhelm Kern aus Neustadt bei Pinne ehelichte. In diesem Eintrag wird er erstmals als Restaurateur Joseph Glier betitelt.

Selbst im Jahr 1890 findet sich noch die Berufsbezeichnung Restaurateur, als sein im Jahr 1861 geborener Sohn Andreas Michael, er bekam die Berufsbezeichnung Restaurateursohn, die Ehe mit der im Jahr 1853 geborenen Ackerbürgertochter Friederike Bertha Hesse einging.

Etwas verwirrend ist, dass bei dem Tod des Joseph Glier im Jahr 1895, seine Wittwe Mathilde Florentine geborene Kliemchen angab, dass er Heilgehilfe gewesen sei – er hatte zu diesem Zeitpunkt seit mehr als 20 Jahren als Restaurateur gegolten. Auch sein Sohn gab beim Tod der Mutter im Jahr 1896 an, dass sie als die Wittwe des Barbiers Joseph Glier verstorben war.

Wie die Restauration des Joseph Glier aussah wird vermutlich nicht mehr in Erfahrung zu bringen sein. War es vielleicht nur ein Schankwirtschaft mit Hausmannskost oder doch schon ein „gehobeneres“ Restaurant ?

Es wird vermutet, dass der Sohn Andreas Michael Glier, er galt seit 1891 als Hausbesitzer und ab 1894 als Schankwirtbesitzer den Aus- und Umbau bzw. die Erweiterung der Restauration Glier zum Hotel vorgenommen hat.

Als Kinder des Ehepaares Andreas Michael Glier und der Bertha Friederike geborene Hesse waren in Neustadt bei Pinne geboren worden:

1891 Otto, 1894 Margarethe, 1895 Franz (verstarb 1895), 1898 ein während der Geburt verstorbenes Mädchen, 1899 Ferdinand Andreas (verstarb 1902), 1901 Andreas Fritz, 1903 Hans Ferdinand und 1907 Franz Willy Karl (verstarb 1907).

[163]

Das Gebäude heute / Bild-Quelle: https://fotopolska.eu/1114188,foto.html?o=u179326&p=1 – aufgenommen 2017 / Fotograph Wieslaw Smyk

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Neustadt bei Pinne / Pinner Straße Ecke Marktplatz – Krutsch, Minski und Röstel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Neustadt b.P. – die ehemalige Pinner Str. / AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

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Gewerbetreibende aus dem Deutschen Reichs-Adressbuch; erschienen 1906

* * *

[165]

Putz u. Modewaren Hulda Krutsch

Putz und Modewaren – Krutsch, H

Hulda Krutsch war 1869 als Tochter des Baruch Krutsch, gebürtig aus Ritschenwalde, und dessen Ehefrau Sara Driesen in Neustadt bei Pinne geboren worden. Mit dem Eintrag im Deutschen Reichs-Adressbuch aus dem Jahr 1906 verliert sich ihre Spur in Neustadt bei Pinne.

Wann und wo sie Ihren späteren Ehemann Max Salinger ehelichte konnte nicht ermittelt werden. Das Paar wohnte letztlich in Berlin, Cöpenicker Str. 123.  In den Jahren 1925/ 1926 verstarb vermutlich der Kaufmann Max Salinger und ab 1927 hatte  die Wittwe Hulda Salinger in der Cöpenicker Str. 123 eine Posamentenhandlung geführt. Im Jahr 1943 war die 74 jährige Hulda Salinger geb. Krutsch nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet worden.

* * *

[166]

A. Minski, Adam Minski, Fahrradhandlung u. Reparatur und Werkstatt

Uhrmacher  – Minski

Adam Minski  (geb ca 1871) und Casimira Tuliszka (geb ca 1876) beide aus Buk gebürtig, hatten im Jahr 1893 dort die Ehe geschlossen.

Die Übersiedlung nach Neustadt bei Pinne erfolgte vermutlich sofort nach der Heirat, denn schon im November 1894 war die Tochter Melanie dort geboren worden. Ihr waren die Kinder 1896 Stephen und Joanna, 1898 Sewerina, 1900 Halina, 1902 Bronislaw, 1904 Henryk, 1905 Adele Wiktorya und 1907 Stefania gefolgt.

Im Reichs-Adressbuch war der Name Minski nur unter den Uhrmachern zu finden.

Allerdings fand sich in den Personenstandsunterlagen von Neustadt bei Pinne lediglich ein A. Minski (Adam Minski).  Die Annahme ist, da um die Jahrhundertwende das Fahrrad als Fortbewegungsmittel mehr und mehr aufgekommen war, dass Adam Minski neben dem Uhrmachergewerbe auch eine Fahrrad Handlung und Reparaturwerkstatt betrieben hatte.

* * *

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G. R. Roestel

Manufakturwaren und Tuchhandlung – Roestel G.R.

Gustav Robert Julius Röstel war im Jahr 1826 in Neustadt bei Pinne als Sohn des Schwarz- und Schönfärbers Gottlieb Friedrich Röstel und dessen Ehefrau Johanna Henriette geborene und verehelichte Röstel zur Welt gekommen.

Er selbst betrieb ebenfalls das Färberhandwerk. 1858 ehelichte er Anna Louisa Jokisch. Als Kindes des Paares waren geboren worden 1859 Friedrich Heinrich Richard, 1861 Anna Paulina, 1862 Emma Augusta Clara, 1865 Hugo Eduard Julius, 1867 Paul Robert Julius und 1871 Willy George. 1908 verstarb Gustav Robert Julius Röstel als Stadtältester.

* * *

[168]

Die ehemalige Pinner Straße / Ecke Marktplatz heute – www.google.de/maps

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa (https://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Dipl.-Ing. Bruno Schmidt – geboren 1888 in Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Bruno Schmidt 1930 / Ergänzungen und Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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U110 / I. Weltkrieg – Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:SM_U-110_(submarine,_1917)_-_NH_2092_-_cropped.jpg

„Ich bin geboren am 04. April 1888 zu Neutomischel, Prov. Posen.“

So begann Bruno Schmidt seinen Lebenslauf, welchen er anlässlich seiner 1930 verfassten Dissertation zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs verfasste.

„Meine Schulbildung erhielt ich auf verschiedenen Realschulen und Oberrealschulen und erwarb das Zeugnis der Reife einer Oberrealschule.

Am 01. Oktober 1906 trat ich bei der Kaiserlichen Marine als Marine-Ingenieuranwärter ein und wurde nach 7 jähriger praktischer- und theoretischer Ausbildung – darunter 2jähriges Studium an der Kaiserlichen Marine-Ingenieurschule Kiel – und nach Bestehen der Marine-Ingenieurprüfung in das Ingenieuroffizierkorps der Kaiserlichen Marine aufgenommen.

Vom Kriegsbeginn ab war ich als Wachingenieur, Ressortingenieur und Lecksicherungsingenieur auf Linienschiffen kommandiert. Die Skagerrakschlacht mache ich auf dem Linienschiff „Hessen“ mit, Ende 1916 ging ich zur U-Waffe über und übernahm im April 1917 als leitender Ingenieur das Unterseeboot „U 110“. Mit dem Boot machte ich mehrere Fernunternehmungen in die Irische See und kam kurz vor Abschluß der letzten Unternehmung – am 15. März 1918 – als das Boot nach einer Wasserbombenverfolgung durch britische Zerstörer auftauchen mußte und von mir versenkt wurde, in englische Kriegsgefangenschaft.“

Ω Ω Ω

Hier schieben wir in den Lebenslauf ein:

Eine kurze Zusammenfassung aus dem Buch, welches unter dem Titel „U-Boote am Feind“ – Deutsche U-Boot Fahrer erzählen – Autor: Werner v. Langsdorff – Erstausgabe 1937 mit dem Artikel „U 110’s letzte Fahrt“ von Bruno Schmidt erschienen ist.
Bruno Schmidt war als leitender Ingenieur an Bord von U110. Zusammenfassend berichtete er, dass man mit der U110 eigentlich bereits auf der Heimfahrt aus der Irischen See war; das U-Boot hatte mehrere Schäden bzw. Mängel – Havarie am Gebläse, Havarie an den Tiefenrudern, ein verbogener Bug, ein lecker Ölbunker und zwei unbrauchbare Torpedorohre. Auf dieser Heimfahrt kam es durch einen Fehler beim „letzten“ Angriff durch die U110 auf einen Dampfer und den vielen Mankos des Bootes dazu, dass das U-Boot selbst von 5 Zerstörern mit Wasserbomben angegriffen wurden. Nach mehreren Manövern war es der Besatzung der U110 nochmals gelungen das U Boot an die Oberfläche zu bringen. Der Kommandant (Karl Albrecht Kroll) erteilte dann den Befehl „Besatzung Schwimmwesten anlegen, außenbords gehen“; Oberleutnant Rusteberg und Leutnant Busch erhielten den Befehl Operationsbefehle und Kriegstagebücher zu vernichten, während Bruno Schmidt den Befehl erhalten hatte, das Boot so zum Versenken zu bringen, dass es nach einigen Minuten, in denen es noch schwamm, sicher versinken würde.

Und die Veröffentlichung aus Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/SM_U_110 [170] – Einzelheiten und/oder weitere Informationen sh. dort:

 U110 wurde am 5. Mai 1916 in Auftrag gegeben, lief am 28. Juli 1917 bei der Germaniawerft in Kiel vom Stapel und wurde am 25. September 1917 in Dienst gestellt. Im Dezember 1917 wurde das Boot der IV. U-Flottille in Emden und Borkum zugeordnet.
U 110 führte während des Ersten Weltkriegs drei Unternehmungen um die britischen Inseln durch. Dabei wurden neun Handelsschiffe mit einer Gesamttonnage von 24.324 BRT versenkt, Zudem traf am 24. Dezember 1917 ein Torpedo von U 110 die U-Boot-Falle Penshurst im Bristol-Kanal, was zwei Todesopfer kostete und zum Verlust des Schiffes führte.
Das größte von U 110 versenkte Schiff war das britische Passagierschiff Amazon mit über 10.000 BRT. Das Schiff wurde am 15. März 1918 auf seiner Fahrt von Liverpool nach Buenos Aires etwa 30 Meilen nordwestlich von Malin Head torpediert. Sämtliche Passagiere und Besatzungsmitglieder wurden durch den britischen Zerstörer HMS Moresby gerettet, der anschließend Jagd auf U 110 machte.
Das SOS-Signal der sinkenden Amazon alarmierte die beiden britischen Zerstörer Michael und Moresby. Sie entdeckten die Stelle, an der U 110 kurz zuvor getaucht war und warfen sofort Wasserbomben. Dabei wurde U 110 so schwer beschädigt, dass das Boot nicht mehr austrimmbar war. Nach gefährlichen Tauchmanövern gab der Kommandant Karl Albrecht Kroll das Boot schließlich auf und ließ die Besatzung über Wasser aussteigen. Lebend geborgen wurden jedoch nur vier Männer – der Chefingenieur und drei Seeleute. U 110 erhielt Artillerietreffer durch die Zerstörer und sank etwa auf der Position 56° N, 8° W.
Im September 1918 wurde U 110 geborgen und nach Wallsend verbracht. In einen Trockendock von Swan Hunter wurde das Boot mit einem Befehl die Kampffähigkeit wiederherzustellen, überholt. Nach dem Waffenstillstand am 11. November 1918 wurden die Arbeiten gestoppt. U 110 wurde am 19. Dezember 1918 von Wallsend zum Northumberland Dock bei Howdon geschleppt und anschließend als Schrott verkauft.
Ω Ω Ω

„Im Oktober 1919 kehrte ich nach Deutschland zurück und reichte am 15. Januar 1920 wegen der durch den Ausgang des Kriege geschaffenen Verhältnisse meinen Abschied ein, der mir durch Erlaß des Reichswehrministers vom 28. Januar 1920 bewilligt wurde.

Zur Fortsetzung meines früheren Studium an der Kaiserlichen Ingenieurschule ließ ich mich im Februar 1920 an der Technischen Hochschule Charlottenburg immatrikulieren und studiert an der genannten Hochschule und an der Universität Berlin Allgemeinen Maschinenbau, Verwaltungswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. Im Juli 1920 bestand ich an der TH Charlottenburg die Diplom-Vorprüfung für Maschinen-Ingenieurwesen mit dem Prädikat „Gut“, und am 25. November 1921 erteilte mir die Technische Hochschule Charlottenburg den Grad eines Diplom-Ingenieurs, nachdem ich die Diplom-Hauptprüfung für Allgemeinen Maschinenbau und Verwaltung abgelegt und das Prädikat „Mit Auszeichnung bestanden“ erhalten hatte.

In den Jahren 1922 bis 1925 war ich in leitenden Stellungen in der Maschinenbau-Industrie tätig, u. zw. Januar 1922 bis August 1923 als Abteilungsleiter bei der G. Polysius A.-G., Eisengießerei und Maschinenfabrik, Dessau, vom September 1923 bis September 1925 als Leiter der Kasseler Maschinenfabrik der AMBI-Maschinenbau A.-G., Berlin. Im Oktober 1925 wurde ich in das Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit (RKW) berufen und mit der Aufgabe betraut, die Gründung des Ausschusses für wirtschaftliche Verwaltung (AWV) in die Wege zu leiten. Unter meiner Geschäftsführung – in den Jahren 1926 bis 1929 – ist der Ausschuß für wirtschaftliche Verwaltung beim Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit zu seinem heutigen bekannten Stande entwickelt worden.“

1933 erlangte Bruno Schmidt die Würde des Titels Doktor Ingenieur

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Bruno Gerhard Wilhelm Schmidt wurde am 05. April 1888 in Neutomischel geboren

Seine Eltern waren der Eisenbahn Stations Diätar Gerhard Schmidt und sein Ehefrau Clara geborene Limpach. Woher die Familie in die Stadt zugezogen ist, ist nicht bekannt. Ihr Aufenthalt scheint aber nur vorübergehend gewesen zu sein, die Familie war im Jahr 1890 in Crossen und ab 1895 in Berlin Reinickendorf ansässig gewesen. Bruno Gerhard Wilhelm Schmidt ehelichte 1916 in Frankfurt/Main Catharina Schäfer.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Dissertation „Wege zur Verbesserung der Produktions- und Wettbewerbslage der Deutschen Personenkraftwaren – Industrie – Von der Technischen Hochschule Darmstadt zur Erlangung der Würde eines Doktor Ingenieurs genehmigte Dissertation – Vorgelegt von Dipl.-Ing. Bruno Schmidt, Berlin (Privatbesitz)

 

Dr. M. Mosse Krankenhaus zu Grätz, Dr. Rubensohn und der Baumeister Chocieszynski / 1891

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[171]

Dr. Mosse Krankenhaus / Bild: „Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüd. Gemeinden in den Posener Landen“ – 1909

„Am 10. November 1891 wurde, wie die „Posener Zeitung“ berichtet, das von Herrn Rudolf Mosse in Berlin gestiftete Dr. Mosse’sche Krankenhaus eingeweiht.

Das nach den neuesten Erfahrungen der Krankenhaushygiene eingerichtete Gebäude war festlich dekoriert. Der 10. November war als Sterbetag des seligen Dr. (Marcus) Mosse, Vater des Stifters, zur Einweihung gewählt worden.

Die Feier wurde Nachmittag 1 Uhr damit eröffnet, dass die Tochter des Baumeisters Chocieszynski, welchem die Ausführung des Baues übertragen war, ein die Krankenpflege und die Stiftung behandelndes Gedicht vortrug und die Schlüssel Herrn Rudolf Mosse überreichte. Letzterer hielt eine Ansprache, dankte den städtischen Behörden für die Annahme der Stiftung, für die richtige und vorzügliche Ausführung des Bau-Projekts, den Königlichen Behörden für die erwirkte allerhöchste Genehmigung zur Annahme dieser Stiftung, wünschte, dass das Krankenheim im Sinne seines seligen Vaters, der hier mehr als 30 Jahre in aufopferndster Weise, verehrt von allen Bürgern, als Arzt gewirkt und gelebt, verwaltet werden möge. Sodann überreichte er die Schlüssel Herrn Beigeordneten Grünberg, welcher den als Zeugen zum Schwurgerichts in Meseritz geladenen und deshalb abwesenden Bürgermeister Bäntsch vertrat. Herr Grünberg übernahm die Schlüssel, dankte dem Stifter für die Schenkung und übergab die Schlüssel dann dem Vertreter der Lazarethkommission, Stadtrath und Sanitätsrath Dr. Rubensohn.

In längerem Vortrage schilderte nun der Herr Kreisphysikus Dr. Rubensohn die Entwicklung des Krankenwesens in Grätz, die Geschichte des Baues und der inneren Ausstattung des Krankenhauses, betonte besonders, wie durch die Gewährung der erforderlichen Mittel (84.000 Mk.) nicht nur der Bau selbst so hergestellt werden konnte, dass er als Musteranstalt von Fachmännern anerkannt wird, sondern auch das Operationszimmer so mit Instrumenten ausgerüstet ist, wie kaum, mit Ausschluss der Stadt Posen, ein zweites im Regierungs-Bezirk Posen existieren dürfte.

Hierauf wurde unter Leitung des Herrn Dr. Rubensohn ein Rundgang durch das Kranken- und das sich anschließende Desinfektionshaus vorgenommen. Gegen 3 Uhr fand im Kutzner’schen Saale ein Festessen statt, an dem außer den Ehrengästen die städtischen Behörden und eine größere Anzahl unserer Bürger sich betheiligten.

Der erste Toast wurde vom Beigeordneten Grünberg auf den Kaiser ausgebracht, Rabbiner Dr. Friedmann toastete auf den Stifter, Stadtverordneten-Vorsteher Herzfeld auf die gesamte Mosse’sche Familie, Sanitätrath Dr. Litthauer entwickelte in gediegener Rede die edle Moral, die der selige Dr. Mosse während seiner ganzen Lebenszeit bewiesen, wie er sie in der Erziehung seiner Kinder bis zum Tode zur Geltung gebracht, wie gerade ihm kein schönerer Denkstein als ein Krankenhaus errichtet werden konnte. Er dankte den städtischen Behörden für das Interesse und die Förderung des Baues und toastete auf das Wohl der Stadt und ihre Vertreter.“

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[172]

Villa Rubensohn – Mossestraße 2 / Ul. Mossego 2, Grätz / Grodzisk, das Gebäude steht noch heute / AK Sammlung A. Kraft

1890 war das seit ca. 1856 bestehende Stadtkrankenhaus durch das neu, durch Spenden des Herrn Zeitungsverleger Rudolph Mosse, Berlin, errichtete Krankenhaus ersetzt worden. Als Vorstand fungierte der Magistrat; als Arzt der Kreisphysikus Dr. Rubensohn. Als Wartepersonal wurden 2 Diakonissen aus dem Diakonissenhause zu Posen beschäftigt. Das Haus verfügte über 21 Betten – 15 von diesen für Männer, 6 für Frauen. 1899 wurden 87 Männer und 26 Frauen für durchschnittlichen 28 Tage verpflegt; 3 Männer verstarben. Es wurde außerdem noch 1 Sieche Person gepflegt. Die Ausgeben und Einnahmen 1899 betrugen 3.625,46 Mark, letztere setzten sich zusammen aus 1.952,14 Mark Verpflegungsgeld und 1.673,32 Mark Zuschuss der Stadt.

♦ ♦ ♦ ♦ ♦

Dr. Jacob Rubensohn (ca. geboren 1840) war verehelicht mit Bertha geborene Friedländer. Als Kinder des Paares galten ein Sohn, Arthur (geb. 1870 Bischofswerda), er war es vermutlich, der sich 1898 in Rybnik als Rechtsanwalt niederließ, die Tochter Elsbeth genannt Else (geb. 1877 zu Osterrode in Ostpreußen / Ostrada und die im Jahr 1880 in Grätz geborene Tochter Betty.

1902 wurde der Kreisarzt Dr. Rubensohn zum Geheimen Medizinalrath ernannt.

1913 wurde der Frau Geheime Medizinalrath Bertha Rubensohn, geborene Friedländer die Rote Kreuzmedaille dritter Klasse verliehen.

Wiederum 1913 zum 1. November trat der Herr Kreisarzt Geheimer Medizinalrath Dr. Rubensohn, welcher viele Jahre hindurch in Grätz amtlich tätig gewesen war, in den Ruhestand. Aus diesem Anlass wurde ihm der Kronenorden 3. Klasse verliehen.

1914 wurde, in Ausführung der Beschlüsse der städtischen Körperschaften zu Grätz, der Herr Geheime Medizinaltrath Dr. Rubensohn anlässlich seines Übertritts in den Ruhestand wegen seiner langjährigen Verdienst um die Stadt zum Stadtältesten ernannt und ihm hierzu das Diplom durch den Bürgermeister feierlich überreicht.

1918 beging der langjährige Kreisarzt des Kreises Grätz Geheimer Medizinalrath Dr. Rubensohn sein fünfzigjähriges Arztjubiläum. Herr Dr. Rubensohn wurde als Arzt und Mensch gleich geachtet und geschätzt. Dem Jubilar gingen von amtlicher und privater Seite vielfache Glückwünsche zu.

Nach Mai 1918 und vor November 1919 übersiedelte die Familie Rubensohn von Grätz nach Charlottenburg / Berlin.

1919 im November beging Geheimer Medizinalrath Dr. Rubensohn, früher in Grätz, jetzt in Charlottenburg lebend, mit seiner Gattin das schöne Fest der goldenen Hochzeit.

[173]

Elsbeth Rubensohn geb. 1877 / https://www.stolpersteine-berlin.de/en/biografie/3082

[174]

Betty Rubensohn geb. 1880 / https://www.stolpersteine-berlin.de/en/biografie/3082

Bis zum Jahr 1926 findet sich im Berliner Adressbuch der Eintrag: Rubensohn, Jacob, Dr. Geh. Mediz. Rat, Wilmersdf., Joachim Friedrich Str. 42 I (Post Halensee)

1927 fand sich, dass Else Rubensohn unter o.g. Anschrift lebte; 1928 lebten dann Else, von Beruf Kassiererin und ihre Schwester Betty, letzte hatte eine Konfitürenhandlung betrieben, in der Windscheidstr. 9.

1943 wurden die Schwestern Elsbeth und Betty Rubensohn nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

♦ ♦ ♦ ♦ ♦

Wenig war über den erwähnten Baumeister Chocieszynki zu finden.

In Grätz / Grodzisk lebten der Maurer- und Zimmermeister Felix / Feliks Chocieszynski und seine Frau Angela / Aniela Marie Ludowiga geborene Zeyland.

Ihre Kinder waren Leo geb. 1881, Stephan geb. 1882/verst. 1883, Marianna Veronica geb. 1884, Antonina geb. 1885, Anna geb. 1887, Franziska geb. 1891 und Juliana geb. 1893. Die Familie war katholischen Glaubens.

Ob er weitere, heute noch erhaltene, Bauten in der Stadt Grätz / Grodzisk errichtet hat, war den uns vorliegenden Dokumenten und dem deutschsprachigem Internet nicht zu entnehmen.

Wir würden uns freuen, wenn uns jemand weitere Informationen zu ihm zukommen lassen könnte

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lesen Sie auch:
Berühmte Männer der Familie Mosse / http://hauland.de/beruhmte-manner-der-familie-mosse/

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); zlb – Zentral- und Landesbibliothek Berlin – Berliner Adressbücher – https://digital.zlb.de/viewer/cms/141/; Goethe Unversität Frankfurt am Main – Sammlungen – Allgemeine Zeitung des Judenthums des Jahres 1891, 1898, 1902, 1913, 1914, 1918, 1919; Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa, Poznan – http://www.wbc.poznan.pl/dlibra [175] – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel, zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung des Jahres 1918

Johanna Wilhelmina Silbernagel verheiratete Schulz 1829 Zakrzewko – 1901 Lyndoch

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[176]

Ortsschild Zakrzewko

Am 01. Februar 1829 erhielt die am 26 Jan 1829 geborene Tochter der Eheleute Matthaeus und Anna Rosina Silbernagel (geborene Boy) die Namen Johanna Wilhelmine. Ihre Taufe fand in der evangelischen Kirche von Bentschen statt.

[177]

Ihre Paten waren der Junggeselle Johann Samuel Woyt, eines verstorbenen Eigentümers und Schmieds nachgelassener Sohn und die Rosina Dorothea Silbernagel, eines Eigentümer Ehefrau.

Ihr Vater galt als Eigentümer zu Zakrzewko ( Sakrziwke), einem Dorf mit 37 Bauernhöfen und knapp 250 Einwohnern, von denen ca. 120 evangelischer Konfession waren. Das Dorf selbst lag ca. 7,3 km südöstlich von Zbąszyń / Bentschen und ca. 2,5 km südlich von Stefanowo; eine kleine verträumte Ortschaft ohne besondere Sehenswürdigkeiten.

Ihre Geschwister waren Johann Friedrich Wilhelm August (*ca. 1815), Johanna Beata (*ca. 1817), Johanna Juliana (*ca. 1820), Anna Rosina Dorothea (*ca. 1824), Johanna Louise (*1826), Johann Carl August (*1833-+1834) und Johanna Paulina (*1836).

1834 beim Tod Ihres Bruder Johann Carl August war Johanna Wilhelme knapp 5 Jahre alt, 9 bzw. 13 Jahre war sie, als ihre Schwestern Johanna Juliana 1838 im Alter von 18 und Johanna Beata 1842 im Alter von 25 Jahren verstarben.

2 Monate vor ihrem 14ten Geburtstag am 01. Dezember 1842 erlebte sie aber auch die Eheschließung ihrer 18 jährigen Schwester Anna Rosina Dorothea. Der Bräutigam war der 14 Jahre ältere Johann Wilhelm Haeusler (geb. am 08 September 1810) aus Boruy. Er war Wittwer von der Anna Dorothea Lehmann, welche im März 1840 in „Kindesnöten“ mit nur 19 Jahren verstorben war. Johann Wilhelm Haeusler brachte die am 08 März 1840 in Boruy geborene Johanna Beate mit in die Ehe. In dieser Ehe wurden die Kinder Johanna Wilhelmine (*1843/+1843), Rosina Dorothea (*1845), Johann Wilhelm (*1847) und Traugott Heinrich (*1850) geboren. 1847 und 1850 fanden die Taufen der Kinder in der lutherischen Kirche zu Boruy statt.

Wiederum 2 Monate vor Johanna Wilhelmines nunmehr 20zigsten Geburtstag, am 07. Dezember 1848, fand die Hochzeit ihrer 22 jährigen Schwester Johanna Louise mit dem 4 Jahre älteren Johann Wilhelm Friedrich Linke, er war gebürtig aus Grünthal bei Kuschten, statt. Das Paar lebte dann in Kręcko / Kranz.

[178]

Blick über Barossa Valley (3)

Ob Johanna Wilhelmine Silbernagel nach Boruy übersiedelte, oder diese Angabe später nur der „Einfachheit“ halber genutzt wurde, ist nicht bekannt. 1850 bei der Taufe des Traugott Heinrich Haeusler wurde als 3te Taufpatin die Jungfrau Wilhelmine Silbernagel, Ausgedingertochter aus Stephanowo Hauland, genannt.

Über die kleine Familie Haeusler findet sich aber die weitere Spur der jungen Frau.

Durch Robert Janmaat wurden Passagier-Listen (4) über deutsche Einwanderer (German Emigrants to South Australia) in Australien erstellt. Dabei trug er Daten aus verschiedensten Quellen zusammen.

So wurde durch ihn auch die Liste für die Barge „Helena“, welche am 5ten September 1851 von Hamburg nach Australien versegelte, rekonstruiert. Das Schiff kam am 24zigsten Dezember 1851 in Port Adelaide mit seinen Passagieren an.

Unter den Passagieren finden sich Wilhelm Haeusler, 41 Jahre, aus Boruy mit Frau Dorothea und den Kindern Anna Beate 11 Jahre, Rosina 6 Jahre, Wilhelm 4 Jahre und letztlich Traugott 1 Jahr.

Ein Fehler ist, dass im Nachhinein bei Frau Dorothea als Geburtsname Lehmann, welche zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war, ergänzt wurde, während die nach Australien reisende Ehefrau eine geborene Silbernagel war.

Bei weiterer Betrachtung der Passagierliste fällt ein Eintrag unter den genannten Alleinreisenden auf. Es findet sich dort der Name Wilhelmine Silberei aus Boruy. Den Familiennamen Silberei hat es in Boruy in allen eingesehenen Dokumenten nicht gegeben. Wir stellen hier die Vermutung in den Raum, dass es sich um Johanna Wilhelmine Silbernagel handelte, die die Familie ihrer Schwester begleitete.

[179]

Ruhestätte Joh. Wilhelmine Schulz geb. Silbernagel und Joh. August Schulz in Lyndoch/Südaustralien (2)

Im Mai 1852 schloss Johanna Wilhelmine Silbernagel mit Johann August Schulz die Ehe. Er war der Sohn der Eheleute Gottlieb Schulz und Johanna Caroline geborene Gnifke und war am 06. Januar 1825 in Tirschtiegel geboren worden. Laut im Internet zu findenden Informationen soll er um 1849 in Australien angekommen sein.

Späterhin wurde die Familie Schulz bekannt durch das Unternehmen „Schulz Wines“ – https://schulzwines.com.au/

Wie der Kontakt zu den Verwandten nach Deutschland aufrecht erhalten wurde ist uns nicht bekannt; bestanden haben muss er aber.

Matthaeus Slbernagel, der Vater von Johanna Wilhelmine, verstarb am 08. Dezember 1855 zu Zakrzewko.

Ihre Mutter, die Anna Rosina Erdmuthe Silbernagel geborene Boy hat nach dem Tod ihres Ehemannes in Stefanowo, ihrem Geburtsort, in Ausgedinge gewohnt. Dieses mit der zu diesem Zeitpunkt noch ledigen jüngsten Tochter Johanna Pauline (*1836).

Was letztlich die Entscheidung auslöste im Alter von 60 Jahren noch auf die anstrengende Reise nach Australien zu gehen, ist heute vermutlich nicht mehr in Erfahrung zu bringen. Doch beide Frauen sind auf dem Schiff „August“ welches am 08. Mai 1856 von Hamburg unter Kapitän Meyer nach Port Adelaide versegelte in der Passagierliste zu finden.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
  1. Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);
  2. Grabstein Schulz/Silbernagel – https://billiongraves.de/grave/Johann-August-Schulz/27480384;
  3. Weinanbaugebiet Barossa Valley – https://www.australia.com/de-de/places/adelaide-and-surrounds/guide-to-the-barossa-valley.html;
  4. German Emigrants to South Australia – http://www.theshipslist.com/ships/australia/SAgermanindex.shtml

 

Familie O. Scheumann – Herausgeber der Neutomischler Kreiszeitung von 1889 – 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[180]

Wormditt-Schloßstrasse / veröffentlicht www.nasza-orneta.pl – rechts im Bild das Buchbindergebäude des Dargel, welcher 1898 die Buchdruckerei in Wormditt übernahm

Schauen wir vorerst einmal nach Wormditt, gelegen im Kreis Braunsberg in Ostpreussen, heißt der Ort heute Orneta und ist eine Kleinstadt mit mehr als 12.000 Einwohnern in der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren.

Franz Buchholz veröffentlichte 1931 das Buch „Bilder aus Wormditts Vergangenheit“.

Darin findet sich zur Stadtgeschichte:

„Seit 1880 besitzt die Stadtverwaltung in der „Wormitter Zeitung“ ein amtliches Publikationsorgan. Buchdrucker Otto Scheumann ließ sie zuerst zweimalig wöchentlich erscheinen; die beiden Innenseiten wurden bedruckt aus Stuttgart bezogen. 1888 erwarb Oskar Striese aus Friedrichshagen die Druckerei und den Zeitungsverlag, dessen Witwe von 1891-1898 das Geschäft weiterführte. … 1898 kaufte Buchbinder Arnold Dargel Zeitung und Druckerei, die nun in das jetzige Geschäftshaus übersiedelten.“

[181]

Die Druckerei „Kazimierz“ in der Pilsudskiego / Bahnhofstrasse, die derzeitigen Druckereibesitzer in Nowy Tomysl

Eine Meldung aus der „Thorner Presse“ No. 161 von Donnerstag, dem 14 Juli 1887, in welcher es unter den Meldungen des Standesamtes Thorn heißt, dass als ehelich verbunden gelten: Der Buchdruckereibesitzer Friedrich Wilhelm Otto Scheumann zu Wormditt mit Renata Johanna Friederike Dorothea Stange zu Thorn-Bahnhof, rundet den kurzen geschichtlichen Abriss der Wormditter Geschichte ab.

Der Eheeintrag im evangelischen Kirchenbuch aus Thorn unter der laufenden Nummer 17 vom 05. Juli 1887 ergänzt dann noch, dass beide Ehepartner vorher nicht verheiratet gewesen waren. Weder ist über das Alter des Brautpaares noch über deren Eltern eine Eintragung vorgenommen worden.

Von Renata Johanna Friederike Dorothea Scheumann geborene Stange kann heute das Geburtsdatum mit dem 17. Juli 1864 ergänzt werden. Sie kam in Colberg / Kolobzreg in Pommern als Tochter des Johann Friedrich Albert Ludwig Stange und dessen Ehefrau Auguste Caroline Louise geborene Goebel zur Welt.

Da in Wormditt der Besitzerwechsel der Buchdruckerei Scheumann / Striese im Jahr 1888 erfolgt sein soll, ist das Paar vermutlich erst einmal nach ihrer Eheschließung dorthin zurückgekehrt.

[182]

Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel, No. 61 vom Dienstag, d. 06 August 1889

Wie letztlich der Kontakt von O. Scheumann aus Wormditt mit O. Hemster in Neutomischel, dem bis dahin veranwortlichen Redakteur des Neutomischelers Kreisblattes, zwecks der Übernahme der Druckerei hergestellt wurde bzw. zustande kam ist nicht bekannt.

Die letzte Ausgabe des Kreisblattes in Neutomischel in welcher sich O. Hemster für Redaktion, Druck und Verlag verantwortlich zeichnete wurde mit der Ausgabe vom 07. Dezember 1888 ausfindig gemacht.

Bemerkt sei hier, dass die Zeitungen allerdings nicht vollständig erhalten sind.

Da die erste aufgefundene Ausgabe unter der Verantwortung von O. Scheumann mit der Nr. 61 vom Dienstag, den 06. August 1889 belegt werden konnte, müsste in dem Zeitraum von Dezember 1888 bis August 1889 der Übergang Hemster / Scheumann der Buchdruckerei in Neutomischel stattgefunden haben.

Als Kinder des Paares O. Scheumann und seiner Ehefrau Renate geborene Stange werden in Neutomischel geboren: Elsa Amalie Malwine (*1889), Meta Johanna Gertrud (*1890), Johannes Albert Ernst (*1896/+1899) und Wilhelm Ernst Kurt (*1900).

Als verantwortlicher Herausgeber des Neutomischelers Kreisblatt zeichnet O. Scheumann bis zur Ausgabe vom 07. April 1903. Die Ausgabe vom 11.04.1903 erfolgt dann schon unter der Regie seines Nachfolgers Wilhelm Busch.

[183]

Familie Scheumann verabschiedet sich per 07. April 1903 aus Neutomischel

Die Familie Scheumann übersiedelte nach Cöpenick. Noch nicht belegt ist, ob Otto Scheumann in Verbindung zu bringen ist mit dem „H. Jenne Zeitungsverlag Otto Scheumann“, Freiheit 17, Berlin-Köpenick.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” – Ortsgeschichte Wormditt http://www.wagner-b.de/PDF/Bilder_aus_Wormditts_Vergangenheit.pdf – „Thorner Presse“ https://kpbc.ukw.edu.pl/dlibra/results?q=thorner+presse&action=SimpleSearchAction&type=-6&p=0 – www.nasza-orneta.pl

Familie Haase aus Pinne / 1887-1910

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[184]

Pinne / Laurentiusstrasse – AK Ausschnitt Sammlung A. Kraft

Neutomischler Kreisblatt vom 15. April 1910

Eigentlich ist es nur eine kleine unscheinbare Meldung gewesen

„Pinne. Den Arbeiter Haaseschen Eheleuten ist das 21. Kind geboren worden. Sieben Kinder sind nur am Leben“

und doch waren es die 2 Sätze, welche die hohe Sterblichkeit von Neugeborenen, und Kindern und die Stellung der Frau vor 110 Jahren und davor deutlich darstellte.

Später analysierte und begründete man die Lebensumstände in jenen Jahren z. B. mit

„…der soziale Stand der Mutter hat einen großen Einfluß auf die Lebensfähigkeit ihres Kindes. Je niedriger der Stand der Mutter, je niedriger ihr Einkommen und ihre Bildung, desto größer die Gefahr für den Säugling. Die besitz- und bildungsarme Schicht war im 19. Jahrhundert sehr groß, und sie hatte viele Kinder – schon aus diesem Grund war eine höhere Sterblichkeit der Säuglinge fast unausbleiblich.“

Der Erzeuger, also der männliche Part, und dessen „sozialer Stand“, welcher unter den Arbeitsleuten, wenn überhaupt, kaum höher war, als der der Mutter, findet leider keine Erwähnung. Er galt in jener Zeit als Versorger, strenger Vater und als Familienoberhaupt, womit er schlussendlich das „sagen“ hatte.

Nicht einbezogen wurde , dass die Ernährung of dürftig war, die Hygiene miserabel und es eine nur schlechte medizinische Versorgung gab, die sich zudem nicht jeder leisten konnte.

Weiterhin keine Erwähnung findet, dass in jener Zeit eine verheiratete Frau ohne offizielle Zustimmung ihres Mannes weder arbeiten (galt bis 1957), noch über Geld verfügen durfte, dieses noch nicht einmal, wenn sie es selbst verdient haben sollte. Neben der  Haushaltsführung und der Kinderbetreuung, erledigte sie oft Arbeiten aller Art wobei ein normaler Arbeitstag über 12-14 Stunden ging.

Ihr, der Frau, stand das Recht auf eine „höhere“ Bildung nicht zu. Nicht zu vergessen ist, dass Sie hatte weder ein offizielles Recht noch einen gesetzlichen Anspruch auf  ihre eigenen Kinder hatte. Es galt, dass sie die „absolute Treue“ gegenüber ihrem Ehegatten zu erfüllen hatte.

Mit dem Jahr 1878 wurde ein erstes Schutzgesetz für „werdende Mütter“ erlassen, welches ein Arbeitsverbot – unentgeltlich selbstverständlich –  für die Zeit von drei Wochen nach der Geburt vorschrieb. Die Frauen nahmen jedoch von sich aus diese Regelung nicht in Anspruch, da ansonsten ein Überleben Ihrer Familie nicht garantiert war.

Galt doch:

„Was war das Leben eines Neugeborenen schon wert? In der Familie seiner Mutter, schreibt Oskar Maria Graf, „machte man … kein großes Aufheben. Jedes Jahr wurde eins geboren. Starb es, so war es schade, blieb es am Leben, war es gut.“ Das Neugeborene hatte zunächst nicht einmal eine eigene Individualität – wenn es starb, bekam ein anderes seinen Namen

In den Jahren vor 1910 hatte Deutschland zwei Millionen Geburten im Jahr – rund 400 000 Neugeborene starben im ersten Lebensjahr.

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Wir vermuten, dass es sich bei den „Arbeiter Haaseschen Eheleuten“ um Wilhelm Carl Friedrich Haase (geb. 1857 zu Nesselgrund Krs Soldin) und die Maria Auguste geborene Pochstein (geb. 1868 zu Podpniewki Krs. Samter) handelte. Die Eheschließung der beiden war im September 1887 in Pinne vollzogen worden.

Von den erwähnten 21 Kinder haben wir aus den Personenstandsunterlagen 18 ermitteln können:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” – Zitate aus: Zeit Online vom 28. Februar 1992 / Artikel „Der Herr hat’s gegeben; der Herr hat’s genommen“ / Autor „Manfred Vasold“

Familie Pischemische – Heimannsohn / ca. 1794 bis 1904 in Samter

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[185]

Samter – Markplatz / Westseite um 1905 – Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft

„In Samter in der Provinz Posen lebte ein alter Mann, der vor der, wie man sagt, polnischen Kommission einen Namen, den er führen wolle, angeben sollte.

Wie er dies aber niederschreiben wollte, fiel ein Klecks auf das heilige Amtspapier. Schnell wollte er es mit seinem Rocke sauber wischen. Da aber verschmierte er den ganzen Bogen.

Wütend sagte ihm der Beamte: „To pisze, to misze“? (Hier schreibst du, und da wischst du?). „Du sollst Pißemiße (sprich Pischemische) heißen!

Und dieser Name blieb ihm und seinen unschuldigen Nachkommen. Als die Familie vor etwa zwei Jahrzehnten nach Berlin übersiedelte, erreichte sie es, daß ihr nachträglich der Name Heymannsohn gegeben wurde.

Kurz vorher hatte sich ein Fräulein aus Wronke geweigert, den wie einen Schimpfnamen klingenden Namen, der vielleicht doch so aus dem Jüdischdeutschen zu erklären ist, dadurch zu erwerben, daß sie einen Herrn Piszemisze heiratete. Sie wies die Werbung zurück. Eine andere kühnere Jungfrau heiratete den trefflichen jungen Mann, dem sonst kein Fehler anhaftete, und wurde die Triebfeder, daß der als häßlich empfundene Familienname verschwand.“

* * *

Gefundene Aufzeichnungen des Familiennamens Pischemische in den Personenstandsunterlagen im Staatsarchiv Poznan:

Pischemische, Neumann geb  vor 1794 oo mit Julia geb. Glogauer

deren Sohn Pischemische, Heimann geb 1814 oo Sara geb. Obersitzko

und dessen Kindern

◊ ◊ ◊ ◊ ◊ ◊

Abraham (Adolph) Pischemische wird späterhin mit dem Familiennamen Heimannsohn erwähnt, verehelicht war er mit Eva Emma geborene Kaatz geb. 1873 aus Schwersenz gebürtig; ihre Kinder:

◊ ◊ ◊ ◊ ◊ ◊

Auch Gustav Pischemische führt späterhin den Zunamen Heimannsohn. er ehelichte Ida geborene Cohn. Ihr Sohn war:

◊ ◊ ◊ ◊ ◊ ◊

Den o. g. Familien nicht einwandfrei zugeordnet werden konnten:

* * *

Quellen: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Artikel entnommen aus der Zeitschrift der „Gesellschaft für jüdische Familienforschung“ in gekürzter Fassung unter dem Titel „Geschichten von jüdischen Namen“ – von Heinrich Loewe; erschienen in „Das Jüdische Echo“ No. 10 vom 09. März 1928 / 15. Jahrgang

Unfall im Vorwerk Bobrowke – 1905

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Zeitungsmeldung zum Unfall - Quelle: (1) + (2) [186]

Zeitungsmeldung zum Unfall – Quelle: (1) + (2)

Im Kreisblatt Neutomischel wurde über den schweren Unfall mit Todesfolge des Zimmermanns Johann Wilhelm Ferdinand Wandke berichtet.

„Durch einen unglücklichen Zufall kam am 30. v. Mts. (30.03.1905) der Eigentümer und Zimmermann Ferdinand Wandtke in Alttomischel zu Tode. Derselbe führte in Mischke den Bau einer Scheune aus und wurde dabei von niederfallenden Balken so unglücklich getroffen, daß er alsbald seinen Geist aufgab“.

Auch in der Eintragung No. 52 (3) in den Standesamtseintragung vom 01. April des Jahres 1905 der Stadt Neutomischel ist dieser Unfall vermerkt.

„Zufolge Mitteilung des Königlichen Distrikts-Amtes zu Neutomischel vom 30. März 1905 / No. 1122/05 ist heute eingetragen worden, daß der Zimmermann

Johann Wilhelm Ferdinand Wandke,

verheiratet mit der in Alttomischel wohnhaften Berta geborenen Arlt, 43 Jahre alt, evangelischer Religion wohnhaft in Alttomischel, geboren zu Glinau, Sohn des verstorbenen Eigentümers Gottfried Wandke und seiner verstorbenen Ehefrau Rosina geborene Seifert, zuletzt wohnhaft in Glinau, in Bobrowke Vorwerk unter dem zusammengebrochenen Wohnhause des Gutsbesitzers Schwartzkopff aus Rose, am dreißigsten Maerz des Jahres tausendneunhundertfünf, vormittags um elf einhalb Uhr verstorben ist.

Ueber den Todesfall hat eine amtliche Ermittelung stattgefunden.

* * *

Johann Wilhelm Ferdinand Wandke

hinterließ, soweit dieses in den Standesamtsunterlagen nachvollzogen werden konnte neben seiner Ehefrau Berta Mathilde geborene Arlt auch die Kinder

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Quellen:

Das Kirchhofgespenst zu Grzebienisko/Kammthal – Sagen und Märchen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Sagen und Märchen)
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Grzebienisko/Kammthal - Bild Katze: Brehms Tierleben - Seite 442 - www.BioLib.de - ttp://caliban.mpipz.mpg.de/brehm/band1/high/IMG_6595.html u. Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 hier 3565 [187]

Grzebienisko/Kammthal – Bild Katze: Brehms Tierleben – Seite 442 – www.BioLib.de – ttp://caliban.mpipz.mpg.de/brehm/band1/high/IMG_6595.html u. Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 hier 3565

In Grzebienisko / Kammthal lebte einst ein Mädchen, welches sich durch besondere Furchtlosigkeit auszeichnete.

Wenn sie im Winter eine Spinnstube besuchte, ging sie, um sich den Weg abzukürzen, stets hin und zurück, auch in dunkler Nacht, über den Kirchhofe. Die Leute warnten sie häufig davor, weil auf dem Kirchhofe ein Gespenst umging, das denen, die es antraf, Schaden zufügte. Als sie nun wieder einmal in einer hellen Mondnacht trotz der Warnungen über den Kirchhofe ging, sah sie auf einem Grabstein, an welchem sie vorübergehen musste, eine weiße Gestalt sitzen.

Trotzdem ging sie furchtlos weiter. Als sie aber zu dem Grabstein kam, erhob sich das Gespenst und wollte sie ergreifen. Doch die Jungfrau wehrte sich und versetzte ihm mit der Kunkel einen Schlag auf den Kopf. Das Gespenst tat darauf einen lauten Schrei und verschwand, worauf das Mädchen ungehindert seinen Wege fortsetzte.

Seitdem ließ sich das Gespenst nicht mehr sehen, wohl aber zeigt sich auf dem Kirchhofe ein weißes Kätzchen, das auch bei Tage gewöhnlich auf dem Grabe liegt, an welchem das Mädchen mit dem Gespenst zusammengetroffen war.

* * *

Quelle: Aus dem Posener Land – Dritter Jahrgang 1908 – Erstes April Heft – veröffentlicht über die Großpolnische Digitale Bibliothek: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Helena Gallas – geb. 1884

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[188]

Vesta Nähmschine / Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Vesta_sewing_machine_IMGP0718.jpg – Urheberschaft Nikodem Nijaki [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)]

Amtliches Kreisblatt für Neutomischel – Meldung vom 25. Februar 1902

Der Kaiser hat der taubstummen Tochter Helena des Arbeiters Stephan Galas aus Duschnik eine Nähmaschine als Geschenk bewilligt.

* * *

Helena Gallas

kam am 21. Februar 1884 als Tochter des Tagelöhners Stefan Gallas und dessen Ehefrau Veronica geborene Miężał zur Welt.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel

Nicolaus (Philip) Napierała – ca. 1848-1902

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(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[189]

Neustadt im Süden – Zamorze im Norden / Ausschnitt Messtischblatt 3563

Immer wieder finden sich alte Aufzeichnungen über Menschen, welche „durch die Maschen der Gesellschaft“ gefallen waren. Die Gründe sind heute nicht mehr bekannt und die Menschen längstens in Vergessenheit geraten.

Einer dieser Vergessenen ist und war auch Nicolaus Napierała, wurde er vielleicht Philip genannt, wie in der Zeitungsnotiz zu seinem Tod geschrieben wurde ? Er erfror am Heiligabend des Jahres 1902 . . . obdachlos, ohne Familie und als Sohn unbekannter Eltern.

* * *

Amtliches Kreisblatt für Neutomischel – Meldung vom 03. Januar 1903

Pinne 25. Dezember 1902

Gestern früh ist der Arbeiter Philip, ohne Domizil, zuletzt in Neustadt bei Pinne wohnhaft gewesen, in einem Strohschober, dem Rittergutsbesitzer Freiherrn von Massenbach in Pinne Dominium gehörig, welcher nicht weit vom Dominialgehöft stand, erfroren aufgefunden.

* * *

Der amtliche Standesamtseintrag Nr. 11 – Pinne am 10. Januar 1903 lautet:

Dem unterzeichneten Standesbeamten geht heute von dem königlichen Districts-Amt hierselbst die schriftliche Mitteilung zu, daß am vier und zwanzigsten Dezember vorigen Jahres Vormittags gegen 9 Uhr an einem Strohschober unweit des Weges nach Zamorze der Arbeiter

Nikolaus Napirala,

54 Jahre alt  (ca. 1848), katholischer Religion, geboren zu Pinne, wohnhaft bis zum 10. Oktober 1902 zu Neustadt, ledig, Sohn der unbekannten Eltern, erfroren aufgefunden worden ist. Die Erlaubnis zur Beerdigung der Leiche ist seitens der Staatsanwaltschaft zu Posen unterm 25. Dezember 1902 No. 2. J. 2430/02 ertheilt

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Bestrafung der Wilddiebe Freytag / 1901

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[190]

Blick auf die heutige Ansiedlung Krzywy Las, welches früher in deutsch Krummwalde hieß; gemäß der Volkszählung des Jahres 1905 hatte das Dorf 24 Wohnhäuser mit 146 Bewohnern / Aufn. PM

Amtliches Kreisblatt für Neutomischel – Meldung vom 08. Februar 1901 – Bestrafung zweier Wilddiebe.

Am 1. Februar (1901)wurde vor der ersten Strafkammer in Posen gegen die am 14. Januar (1901) in Untersuchungshaft genommenen Eigenthümer Ignatz Freitag aus Krummwalde und dessen Sohn Roman Freitag wegen Jagdvergehens verhandelt.

Nach den Aussagen des Försters Kurkiewicz (1) aus Komorowo und des Försters Kara (2) aus Wengielno hat Roman am 4. Oktober in den gräflichen Forsten zu Grudna einen Rehbock erlegt; der Vater wurde in unmittelbarer Nähe seines Sohnes angetroffen. Letzterer behauptete ganz unschuldig, Pilze gesucht zu haben, obwohl es dort keine Pilze gibt.

Der Schütze Roman Freitag, den der Förster genau erkannt hat, ist, als er den Förster erblickte, unter Zurücklassung des Rehbocks im Dickicht verschwunden.

Ferner wurde dem Vater noch zur Last gelegt, daß er am Buß- und Bettag auf dem Anstand gewesen sei und dem Förster Kara Widerstand geleistet habe.

Der Staatsanwalt beantragte je ein Jahr Gefängniß. Die Vertheidiger Rechtsanwalt Dr. Celichowski und Rechtsanwalt Dr. Kaempfer baten um Freisprechung.

Das Urtheil lautete gegen Ignatz Freitag auf neun Monate Gefängniß, gegen Roman Freitag auf drei Monate Gefängniß und Einziehung des Jagdgewehrs. Auf Antrag des Vertheidigers, Rechtsanwalt Dr. Kaempfer, wurde Roman Freitag vorläufig aus der Haft entlassen, wahrscheinlich um die Wirthschaft zu Hause besorgen zu können. Ignatz Freitag wurde schon vielfach wegen Diebstahls und Jagdvergehens bestraft; zuletzt 1890 vom Schwurgericht in Posen zu 1 Jahr Gefängniß.

* * *

Amtliches Kreisblatt für Neutomischel – Meldung vom 10. Mai 1901

Ein gefährlicher Wilddieb ist der Eigenthümer Ignatz Freytag aus Krummwalde, Kreis Neutomischel. Am 21. November vorigen Jahres hatte er wieder seiner Leidenschaft gefröhnt, als er von dem Förster Kara bemerkt wurde. Freytag versteckte seine Flinte in einem Gebüsch und bestritt dem Förster gegenüber, daß er eine Waffe bei sich geführt habe. Als der Beamte nach dem Gewehr suchte, warf ihn Freytag zu Boden und erreichte bei seiner überlegenen Körperkraft, daß Kara von weiteren Schritten damals Abstand nahm.

Mit Rücksicht auf die vielen Vorstrafen wurde der Angeklagte, der bereits 9 Monate Gefängniß zu verbüßen hat, von der Strafkammer in Posen zusätzlich zu 1 Jahr und 3 Monaten Gefängniß verurtheilt.

* * *

(1) Privatförster Theodor Kurkiewicz; gebürtig aus Wonsowo, verehelicht mit Apollonia geborene Goralska

(2) Unterförster Anton Kara; gebürtig aus Zabierzau O/Schl. (heute: Zabierzów), verehelicht mit Marianna Bednarska

* * *

Ignatz Freytag

Er war der Sohn des Daniel Freytag und dessen Ehefrau Catharina geborene Lissek; er war im Jahr 1840 geboren worden. 1865 hatte er mit Marianna Nowak die Ehe geschlossen.

Als Kinder des Paares wurden geboren: 1866 Zusanna Marianna, 1868 Franziscus Josephus, 1869 Joannes Martinus*, 1871 Joannes Josephus*, 1873 Leo Adalbertus*, 1875 Martin Anton*, 1876 Roman Andreas, 1879 Anna, 1881 Veronica*, 1882 Helena, 1885 Marianna (*im frühen Kindesalter verstorben)

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Heftige Gewitter – Blitzeinschlag bei Ferdinand Fenske in Paprotsch / 1902

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[191]

Ehemaliger Hauländer Hof zu Paprotsch/Paproc – Aufn. IS

Amtliches Kreisblatt für Neutomischel – Meldung vom 02. September 1902

Das Gewitter, welches am Sonnabend nachmittag mit reichlichem Regenguß hier vorüberging, hat in der Umgegend schweren Schaden angerichtet.

Ein Blitzstrahl schlug in einen Stall des Eigenthümers und Hopfenhändlers Herrn Ferdinand Fenske in Paprotsch ein und brachte ihn sofort in Flammen. Die daneben stehende große massive Scheune entzündete sich ebenfalls und brannte mit allen Erntevorräthen nieder. In dem Stall kamen auch drei Kühe und ein Kalb in den Flammen um. Zwei während des Blitzschlags im Stall befindlichen Frauen gelang es noch, ohne größeren Schaden ins Freie zu gelangen. Die von allen Seiten zahlreich herbeigeeilten Löschhilfen mußten sich hauptsächlich auf die Verhinderung der weiteren Ausdehnung des Brandes beschränken.

Ein anderer Blitzstrahl schlug in das Gebäude des im vergangenen Jahre durch Blitzschlag abgebrannten Eigenthümers Kurz in Friedenau ein, ohne jedoch zu zünden, während in weiterer westlicher Entfernung noch ein Feuer zu sehen war, welche auch vom Blitzschlag herzurühren schien.

* * *

Nach Auswertung der Personenstandsunterlagen kommt nachstehender Herr Ferdinand Fenske als Betroffener in Betracht:

 Johann Heinrich Ferdinand Fenske

geboren am 20. Mai 1837 zu Paprotsch als Sohn des Eigentümers und Gerichtsschulzen Johann George Fenske und dessen Ehefrau Maria Dorothea Elisabeth geborene Pflaum.

Er und Paulina Maria Mathilde Protsch (geboren 1839 zu Paprotsch) hatten im März 1859 die Ehe geschlossen.

Ihre Kinder Maria Ida (*1859), Emma Hermine (*1862) und Anna Florentine (*1872) waren sämtlich in Paprotsch geboren worden.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Paul Gottlieb Eichholtz – Unfall 1902

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[192]

Blick in die Hinterstraße, der späteren Langestraße, der heutigen ul. Długa vom Neuen Markt aus gesehen / Aufn. PM

Amtliches Kreisblatt für Neutomischel – Meldung vom 25. November 1902

Ein Unglück kommt nicht allein. Wiederum hat sich ein solches in einer Werkstelle ereignet, welches den Verlust eines Auges zur Folge hat. Herr Böttchermeister Eichholz war mit Holzhobeln beschäftigt, als ihm ein Splitter ins Auge flog und dasselbe so unglücklich beschädigte, dass er sich in eine Posener Klinik begeben musste.

* * *

Paul Gottlieb Eichholtz

geboren am 21. Oktober 1865 zu Meseritz als Sohn des Böttchermeisters Johann Friedrich Wilhelm Eichholtz und dessen Ehefrau Emilie Louise geborene Briese.

1899 hatte er in 1ster Ehe Emma Peschel  (geboren ca. 1879 zu Chlastawa, 1905 zu Neu Tomysl verstorben) geheiratet.

Kinder des Paares waren Emilie Frieda geboren 1900, Friedrich Wilhelm geboren 1902 und Auguste Anna geboren 1904.

Als Wittwer schloss er 1907 die Ehe mit Anna Auguste Weber (geboren 1873 zu Friedenau)

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

 

Otto Gustav Adolf Buresch 1862-1900

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[193]Amtliches Kreisblatt für Neutomischel – Meldung vom 08. Mai 1900

Ein jäher Tod ereilte in der Nacht zu Sonntag den im besten Mannesalter stehenden Kantor Herrn Buresch in Kirchplatz Borui.

Am Sonnabend nachmittag nahm er an einer Jubiläumsfeier eines Kollegen in Jablone theil.

Auf dem Heimwege machten sich bei ihm Herzbeklemmungen bemerkbar, welche binnen kurzem den Tod durch Herzschlag herbeiführten.

* * *

Otto Gustav Adolf Buresch

geboren am 06.06.1862 zu Wollstein als Sohn des Ferdinand Buresch, Hausvater des Förster-Knappe’schen Waisenhauses für Jungen zu Wollstein und dessen Ehefrau Dorothea geborene Weichert.

Er hatte am 22. Oktober 1889 zu Neutomischel die Ehe mit Martha Auguste Maria Seide (geboren 20 Dezember 1870 zu Paprotsch) geschlossen.

Kinder des Paares waren die 1894 geborene Louise und die im Jahr 1899 geborene Margarethe

* * *

Im Nachruf des Lehrervereins für Neutomischel und Umgegend wurde der Hauptlehrer und Kantor Herr O. Buresch als stets hilfsbereiter Kollege und treuer Freund beschrieben. Sein Charakter galt als offen und bieder. Er galt als Mann, der die Grenzen seines Berufes weiter steckte und seine ganze große Kraft in den Dienst desselben stellte.

[194]

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

 

Unfalltod des Eduard Friedrich Endler / 1902

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[195]

Guschin – Dorfstrasse / AK-Ausschnitt

„Standesamt Rakwitz / Eintrag 1902/61 – Rakwitz, am 31. Mai 1902

Auf Mittheilung des Königlichen District Amtes zu Rakwitz ist heut eingetragen worden, daß der Eigenthümer Eduard Endler, 56 Jahre alt, evangelischer Religion, wohnhaft zu Guschin, geboren zu Guschin, verheirathet gewesen mit der zu Guschin wohnhaften Pauline geborene Neldner, Sohn des Eigenthümers Endler, Vorname unbekannt und dessen Ehefrau Wilhelmine geborene Schlawe, beide verstorben und zuletzt wohnhaft in Guschin, zu Guschlin am acht und zwanzigsten Mai tausend neunhundert und zwei vormittags zwischen 6 und 9 Uhr verstorben ist, und daß über den Todesfall eine amtliche Ermittelung stattgefunden habe.“

* * *

Im Neutomischler Kreisblatt wurde in der Ausgabe vom 03. Juni 1902 über den Unfall berichtet:

„Rakwitz, 28. Mai.

Heute Vormittag stieg der Eigenthümer Endler aus Guschin (heute Goździn) auf seine Scheune.

Beim Herabsteigen muß er wohl eine Sprosse der Leiter verfehlt haben, denn er stürzte aus einer ziemlichen Höhe so unglücklich herab, daß er besinnungslos liegen blieb.

Als der aufs schnellste aus Rakwitz herbeigeholte Arzt in Guschin eintraf, war Endler bereits todt.“

* * *

Eduard Friedrich Endler

wurde am 24. April 1846 zu Guschin geboren

Seine Eltern waren der Einlieger und spätere Eigentümer Johann Gottlieb Endler und und dessen Ehefrau Johanna Carolina Wilhelmine geborene Schlawe.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Familie Richard Wittkowsky / 1880-1944

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[196]

Richard Wittkowsky – Stolperstein in der Marienstraße in Hamburg-Harburg / Aufn. GT

Am 3. Juni 1880 wurde in Neutomischel Richard Wittkowsky geboren. Er war der jüngste Sohn von Heymann Wittkowsky und dessen Ehefrau Ernestina geborene Levy.

Über seine Jugend und seinen Werdegang ist nichts bekannt. Im Jahr 1913 findet sich, dass er in Hamburg ansässig geworden war.

Seine Eheschließung mit Emmi geborene Stein, einer Nichtjüdin – sie war evangelisch lutherischen Glaubens, fand am 16. März 1932 in Hamburg statt.

Lt. der Veröffentlichung „Stolpersteine in Hamburg-Harburg und Hamburg-Wilhelmsburg“ einer Biographischen Spurensuche der Autoren Barbara Günther,  Margret Markert, Hans-Joachim Meyer und Klaus Möller hatte das Paar in Harburg bei Hamburg in der Marienstraße 38 im ersten Stock eine Wohnung bezogen.

[197]

Heinz Wittkowsky – Stolperstein in der Marienstraße in Hamburg-Harburg / Aufn. GT

Hier wurden dann die Kinder Heinz 1930 und  Gerda 1933 geboren.

Für die Jahre 1934 und 1935 findet sich Hamburger Adressbuch, dass Richard Wittkowsky – Pianist –  in der Weidenallee 48/50 H7 gemeldet gewesen war. Eine Eintragung für das Jahr 1936 ist nicht zu finden gewesen, erst für die Zeit von 1937-1941 fand sich, dass die Familie in der Rentzelstraße 12 H10 in Hamburg ihren Wohnsitz genommen hatte.

Durch die NS-Regierung wurde vielen Juden Berufsverbot erteilt; dieses galt auch für Richard Wittkowsky. Als arbeitsloser Musiker bezog er Wohlfahrtsunterstützung, er durfte vor deutschem Publikum nicht mehr auftreten. Er arbeitete dann für den jüdischen Kulturbund. Aber diese Tätigkeit wurde durch die Rassengesetze der NS-Regierung stark eingeschränkt, Künstler durften z. B. nur noch vor jüdischem Publikum auftreten und Programme wurden zensiert.

[198]

Gerda Wittkowsky – Stolperstein in der Marienstraße in Hamburg-Harburg / Aufn. GT

Im Jahr 1940 wohnte Siegmund Fiebelmann, er war jüdischen Glaubens, als Untermieter bei  der Familie Wittkowsky in der Rentzelstraße 12.  Die nicht jüdische Emmi Wittkowsky und Siegmund Fiebelmann gingen ein kurzes sexuelles Verhältnis ein. Die Verbindung der Beiden, sie hatten sich bereits getrennt und Siegmund Fiebelmann hatte sich verheiratet, war der Polizei bekannt geworden; nähere Umstände hierzu wurden nicht beschrieben, Siegmund Fiebelmann wurde Anfang 1941 jedoch wegen „Rassenschande“ verhaftet (sh. hierzu http://www.stolpersteine-hamburg.de/?MAIN_ID=7&BIO_ID=4728).

Ob dieses Verhältnis oder aber Versprechungen der Nationalisten, dass wenn sich nichtjüdische Ehepartner von ihren Familien trennten und in die Volksgemeinschaft zurückkehrten von Sanktionen verschont blieben, die Trennung des Richard Wittkowsky und der Emmi Stein herbeigeführt hatte bzw. haben, ist nicht bekannt.

Letztlich wurde das Leben des Richard Wittkowsky durch die Scheidung von seiner Frau Emmi Stein noch schwieriger; zumal er für die beiden Kinder Heinz und Gerda, welche nach der Trennung bei ihm lebten, zu sorgen hatte.

Für die Jahre 1942-1943 findet sich ein Eintrag im Hamburger Adressbuch, dass Richard Wittkowsky – Arbeiter – unter der Meldeadresse Karlstraße 1 (heute Kroosweg) in Hamburg-Harburg gewohnt hatte.

Im Februar 1943 wurden Richard Wittkowsky und seine beiden Kinder in das Ghetto „Theresienstadt“ verschleppt.

Richard Wittkowsky (64 Jahre) überlebte die Strapazen und unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto  nur 1 Jahr, Heinz (14 Jahre) und Gerda (11 Jahre) wurden im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Emmy Erna Ida geschiedene Wittkowsky geborene Stein verstarb im Juli 1942 in Hamburg

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/), „Stolpersteine in Hamburg-Harburg und Hamburg-Wilhelmsburg“ einer Biographischen Spurensuche der Autoren Barbara Günther,  Margret Markert, Hans-Joachim Meyer und Klaus Möller; http://www.stolpersteine-hamburg.de/?MAIN_ID=7&BIO_ID=4728; http://agora.sub.uni-hamburg.de/subhh-adress/digbib/asearch

Grätz – Alter Markt – Bäckerei – Familie Schwarz

geschrieben von Gudrun Tabbert
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[199]

Alter Markt – Die Bäckerei – der Familie Schwarz; das Gebäude ist wie einst belassen und in einem rosaton in der Häuserzeile erkennbar / Quelle: links Postkartenausschnitt, rechts www.google.de/maps

Ebenfalls am Alten Markt in Grätz, als Nachbar der Familie Bloch, war das Gebäude der Familie Schwarz. An der Hausfront was das Haus mit „Johannes Schwarz“ versehen. Beim Blick in das Deutsche Reichs-Adressbuch des Jahres 1906 findet sich lediglich ein Eintrag unter den Bäckern für „Schwarz, N.“.

Ein Bäcker Nicolai Schwarz findet sich auch in den ausgewerteten Personenstandsunterlagen. Sein im Jahre 1892 geborener Sohn Johann Nepomucen könnte in der Nachfolge das Geschäft übernommen haben. Wir müssen hier aber einschieben, dass es sich um eine Vermutung handelt.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Feuer bei Zittier in Kuschlin / 1897

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[200]

Kuschlin Dorfansicht / AK Ausschnitt Sammlung Kraft

Kuschlin, 2. Mai 1897

Gestern Abend nach 9 Uhr wurde die hiesige Einwohnerschaft durch Feuerlärm in Aufregung versetzt, es brannte ein Stall auf dem Gehöfte des Böttchermeisters Zittier.

Durch thatkräftiges Eingreifen der Bewohner von Kuschlin wurde das Feuer bald auf seinen Herd beschränkt, welches sich sonst sehr leicht zu einem größeren Schadenfeuer hätte ausbreiten können.

Wie energisch die Einwohnerschaft eingegriffen hat, beweist, daß ein noch nicht einen Meter vom brennenden Stalle entfernt stehender, mit Stroh gedeckter Schuppen bezw. Stall, geschützt worden ist, und später abgedeckt und erhalten wurde.

Dank dem am Tage gefallenen Regen, und der Zuverlässigkeit besonnener Männer, namentlich des hiesigen Ortschulzen Herrn Reimann, konnte das Wohnhaus des hiesigen Amtsboten, welches mit Stroh gedeckt ist, von den Flammen verschont bleiben.

Die Einwohnerschaft von Kuschlin ist vor Feuerlärm besonders empfindlich, weil in den letzten 10 Jahren hierorts mehrere größere Schadenfeuer herrschten. (Lesen Sie hierzu auch den Bericht über das Feuer vom Mai 1892 Feuer im Tomischler Hauland / Kuschlin – 1892 [201])

Herr Zittier erleidet einen bedeutenden Verlust, da der Stall verhältnißmäßig gering, und das Inventar, bestehend aus Heu, Stroh und Böttchervorräthen gar nicht versichert ist.

Die Ursache des Feuers ist noch nicht ermittelt.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897; 2) Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

 

Seifert Kinder verlassen das Troszczyner Hauland

geschrieben von Gudrun Tabbert
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[202]

Vom Troszcyner Hauland nach Aarberg/Schweiz und über Nauen, Monterotondo/Italien der Schweiz nach Nordrhein-Westphalen

Das Troszczyner Hauland lag ca. 3 km südlich von Opalenitza. Ein unbedeutende Siedlung umgeben von einem großen sumpfigen Wiesengebiet und Laubwäldern. Die Bewohner waren des katholischen und protestantischen Glaubens angehörig.

Wann die eigentliche Besiedlung erfolgt war ist nicht bekannt, einige Familien sind in die Zeit um 1780 zurückzuverfolgen.

Für das Jahr 1820 sollen lt. alten polnischen Steuerlisten 16 Feuerstellen, also 16 Höfe, in Troszczyn bestanden haben.

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Eine Familie, welche seit mehreren Generationen  im Troszcyner Hauland siedelte waren die Woyth’s. So auch der  im Jahr 1818 geborene Johann Friedrich Wilhelm Woyth welcher 1843 die aus Blenke gebürtige  Johanna Caroline Matschke ehelichte. Aus den noch einzusehenden Personenstandsunterlagen konnten nur 2 Kinder des Paares ermittelt werden; die 1849 geborene Tochter Johanna Ernestine Bertha und der 1853 zur Welt gekommene Johann Carl Ernst. Von letzterem wurden keine weiteren Informationen gefunden, sein Verbleib ist ungeklärt.

Die Tochter Johanna Ernestine Bertha Woyth jedoch ehelichte mit 19 Jahren im Oktober 1867 den aus Snowidowo gebürtigen, im Jahre 1840 geborenen, also 27 jährigen  Johann August Seifert. Ab dem Jahr der Eheschließung bis zu ihrem Tod in den Jahren 1913 bzw. 1929 lebte das Paar im Trozczyner Hauland. Eine Vermutung wäre, dass sie den einstigen Hof Woyth übernommen hatten.

Im Trozczyner Hauland wurden die Kinder des Paares geboren – 1868 Johann Adolph Gustav, 1869 Johanna Auguste Bertha Friederike +; Johann Adolph Robert +; 1872 Johanna Ottilie Emma; 1875 Anna Martha +; 1876 Richard Gustav; 1878 Johanna Alma Augusta; 1879 Johann Gustav Otto, 1881 Auguste Hulda und 1883 Anna Ernestine +. Die mit einem  + versehenen Kinder verstarben bevor sie das Erwachsenenalter erreichten.

Die drei ältesten Kinder, der 1868 geborene Johann Adolph Gustav, die 1872 Johanna Ottilie Emma und der 1876 geborene Richard Gustav haben das Hauland verlassen.

[203]

Ausschnitt Messtischblatt 3343 – Paaren im Glien und Nauen, nordwestlich von Berlin gelegen

In jenen Jahren waren es viele junge Leute, die aus ihrer Heimat abwanderten, einesteils da sie mit ihrem Einkommen zum Familienunterhalt beitragen mussten, andererseits aber auch um Geld zu verdienen und anzusparen um ihren eigenen Haushalt zu gründen. Der Verdienst in der Heimat war zu gering um dieses zu verwirklichen,  im „Ausland“  wurde weitaus mehr gezahlt als in der Heimat. Man nannte die Leute, welche in der Erntesaison aufbrachen um sich anderswo zu verdingen und dann nach dieser wieder zurückkehrten „Grenzgängern“ ; etliche von ihnen verließen ihre Geburtsorte aber auch für immer.

Johanna Ottilie Emma (*1872) schloss 1897 die Ehe mit dem Gutsbesitzer Wilhelm Friedrich Kersten zu Paaren im Glien im Krs. Osthavelland.  Nach dessen sehr frühen Tod heiratete sie im Jahr 1900 ihren Cousin  Erdmann Hermann Otto Matschke; zumindest bis 1902 hielt sich das Paar dann im Trozczyner Hauland auf.

Richard Gustav (*1876) hat seinen Heimatort vermutlich auch schon in jungen Jahren verlassen. er wurde nur noch einmal im Jahr 1907 im Alter von 30 Jahren als Trauzeuge bei der Eheschließung seiner Schwester Auguste Hulda mit Karl Adolf Reschke erwähnt. Zu diesem Zeitpunkt wurde er als Fabrik-Aufseher aus Aarberg in der Schweiz personifiziert.

Über den Weg von Johann Adolph Gustav war aus Aufzeichnungen etwas mehr in Erfahrung zu bringen.

1897 bei der Eheschließung seiner Schwester Johanna Ottilie Emma mit Wilhelm Kersten wurde er als Eigenthümersohn Adolph Seifert, 28 Jahre und wohnhaft zu Nauen im Kreis Osthavelland genannt. Nur 2 Jahre später,  im Juli 1899, war er, dieses  nach den Daten seiner Aufgebotsunterlagen aus dem April 1902, schon in Monterotondo bei Rom in Italien als Zuckersieder ansässig gewesen.

Das Aufgebot wurde am 02. April 1902 von der unverehelichten Bertha Emma Alma Vogt in Grätz bestellt. Sie war am 25. Oktober 1876 in Wolfshayn im Kreis Bunzlau geboren worden. Als ihre Eltern  wurden aufgeführt der Oberbrenner Johann Karl Traugott Vogt und die Maria Mathilde geborene Drümecker; beide wurden als verstorben und zuletzt wohnhaft in Lichtenwaldau im Krs Bunzlau von der in Grätz wohnhaften Tochter angegeben.

Über das Kaiserlich Deutsche Konsulat in Rom wurde das Aufgebot in der „viel gelesenen“ Morgenzeitung „Il Popole Romane“ per 09. April 1902 veröffentlicht, da, so der  kaiserliche Konsul Nast-Kolp, Monterotondo „eine unbedeutende“ Ortschaft bei Rom ohne eigene Zeitung gewesen sei.

Am 22. Mai 1902 fand in Grätz die Trauung des Brautpaares statt.

Über die Geburtsorte der Kinder des Paares waren Abschnitte des weiteren Weges zu zeichnen. Eine Tochter wurde 1903 in Montorotondo geboren, eine 1907 in Aarberg in der Schweiz und 1912 ein Sohn in Jülich, ehe sich die Familie in Dormagen ansiedelte.

Waren Johann Adolph Gustav und sein Bruder Richard Gustav der Zuckerindustrie gefolgt?

Sie waren 16 bzw. 8 Jahre alt als in Opalenitza im Jahr 1884 die erste Zuckerfabrik fertiggestellt worden war. Beide haben vermutlich auch noch im Jahr 1896 den Brand und die völlige Zerstörung der 2ten Zuckerfabrik erlebt.

Im Jahr 1889 nahm auch die Zuckerfabrik in Nauen / Brandenburg ihren Betrieb auf, hier hatte zumindest 1897 Johann Adolph Gustav Seifert seinen Wohnsitz. In Monterotondo bei Rom war er dann bei  der Fabbricazione Dello Zucchero Societa Anonima – Sede in Roma / Werk Monterotondo tätig, ehe diese Mangels an Rüben zur Zuckergewinnung endgültig geschlossen worden war.

In Aarberg in der Schweiz war im Jahr 1898 die „Zuckerfabrik Aarberg“ gegründet worden, welche 1899 ihren Betrieb aufgenommen hatte. Diese ging zwar 1909 in Konkurs, war aber bis zum Jahr 1912, als sie dann durch eine Feuerbrunst zerstört wurde, von der Kantonalbank Bern weiterbetrieben worden.

Auch in Jülich in Nordrhein-Westfalen hatte 1880 die „Zuckerfabrik Jülich“ ihre Arbeit aufgenommen. Von der Gesellschaftsform einer OHG, über die einer GmbH wechselte diese 1906 zur AG; 1912 wurde diese dann an der Berliner Börse zum Handel zugelassen und notiert.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); http://www.woydt.be/genealogie/genstart.htm;  http://hauland.de/ein-gang-durch-die-zuckerfabrik-opalenitza-1898/; http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Grätz – Alter Markt – Schankwirtschaft – Familie Bloch

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[204]

Alter Markt – Der Gasthof – Oberża – des Wirtes Otto Bloch; das Gebäude ist um ein Stockwerk erhöht und die Fassade ist in einem hellgrün in der Häuserzeile gehalten / Quelle: links Postkartenausschnitt, rechts www.google.de/maps

Der einstige Alte Markt in Grätz, heute Stary Rynek war der südliche Endpunkt der Breiten Straße.

Mitten auf dem quadratisch angelegten Platz steht das Rathaus der Stadt. Der Platz selbst wird an allen vier Seiten von Geschäftshäusern begrenzt.

Wiederum haben wir anhand alter Postkartenausschnitte zu dem ein oder anderen Haus und den darin wohnenden Familien Daten zusammengetragen, es sind nur wenige, aber wir hoffen vielleicht noch Weiteres im Laufe der Zeit ergänzen zu können.

Wir würden uns freuen weitere Daten und Bilder zu erhalten; aber bitte schreiben Sie uns auch, wenn etwas zu korrigieren ist.

Vielen Dank

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Grätz – Breite Straße – Manufaktur- und Modewaren – Familie Wollstein; und Kolonial- und Spezereiwaren mit Cigarren- und Tabakhandlung Haarzopf

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[205]

Breite Str. – links Geschäftsinhaber M. Wollstein und rechts Geschäftsinhaber Moritz Haarzopf / Quelle:links Postkartenausschnitt, rechts http://www.grodzisk.turystyka.pl/wszystkie/?lang=de

Die einstige Breite Straße in Grätz / Szeroka Ulica in Grodzisk verband die beiden Marktplätze der Stadt.

Heute wie auch einst war es eine Geschäftsstraße.

Anhand alter Postkartenausschnitte haben wir für das ein oder andere Haus und zu den Menschen, welche darin lebten Daten aus der Vergangenheit zusammengetragen, oftmals ist es nur wenig, doch sind Bruchstücke besser, als wenn die Geschichte ganz in Vergessenheit geraten würde.

Wir würden uns freuen ergänzende Daten und Bilder zu erhalten; bitte übersenden Sie uns aber auch Informationen, wenn wir etwas korrigieren müssen

Vielen Dank

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Grätz – Breite Straße – Destillation und Weingrosshandlung – Familie Lewek, Silberberg und Caesar

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[208]

Das Gebäude in neuerer Zeit – Aufn PM

Die einstige Breite Straße in Grätz / Szeroka Ulica in Grodzisk verband die beiden Marktplätze der Stadt.

Heute wie auch einst war es eine Geschäftsstraße.

Anhand alter Postkartenausschnitte haben wir für das ein oder andere Haus und zu den Menschen, welche darin lebten Daten aus der Vergangenheit zusammengetragen, oftmals ist es nur wenig, doch sind Bruchstücke besser, als wenn die Geschichte ganz in Vergessenheit geraten würde.

Wir würden uns freuen ergänzende Daten und Bilder zu erhalten; bitte übersenden Sie uns aber auch Informationen, wenn wir etwas korrigieren müssen

Vielen Dank

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David Lewek

 

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Zeitungsausschnitt / Quelle: Muzeum Ziemi Grodziskiej

Ein letzter Hinweis des Geschäftsinhaberwechsels findet sich im Amtlichen Kreisblatt und Anzeiger des Kreises Grätz vom 5. Januar 1906 in der  Werbeanzeige der Destillation und Weingrosshandlung

S. Caesar vorm. M. Silberberg, Grätz

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Neu Dombrowo – Neu Dabrowa – Neo Dabrowa / Dąbrowa Nowa

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(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[211]

Auf dem Gelände des ehemaligen evgl. Friedhofes / Aufn PM

Im „Handbuch zu dem Atlas von Preußen – Verzeichnis sämmtlicher Ortschaften“, erschienen 1835 in Erfurt ist für Dombrowo (Neu) zu finden, dass es sich um ein Hauland handelte. In der Veröffentlichung werden 13 Höfe mit 95 Einwohner aufgeführt.

In der Haushaltsaufstellung aus dem Jahr 1793 sind zumindest 9 Höfe mit 66 Einwohnern  protestantischen Glaubens benannt.  Der Ort hat also in den 42 Jahren, welche zwischen den Datenerhebungen liegen, kaum Veränderungen erfahren.

Eigentlich erübrigt es sich schon zu schreiben, das einige der Bewohner Nachkommen von Siedlern der umliegenden Hauländergemeinden waren und wieder von einigen nicht bekannt ist woher diese stammten. Eine Annahme, dass die Familien vornehmlich aus Alt Dombrowo stammten, kann nach derzeitigem Wissensstand jedoch ausgeschlossen werden.

* * *

[212]

Neu Dombrowo südlich von Kuschlin gelegen / Ausschnitt Messtischblatt 3663 – http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Im Jahre 1793 wurden folgende protestantische Haushalte in Neu Dombrowo dokumentiert:

  1. Godofredus Freyer mit Frau Anna Dorothea geborene Schulze und ab 1808 mit Anna Maria geborene Dach
  2. Johann George Schulz mit Frau Anna Elisabeth geb Gebauer
  3. Christoph Schlecht mit Frau Maria geb. Siegesmund
  4. George Pochstein mit Frau Anna Maria geb. Schlecht
  5. Christian Hoehne mit Frau Ewa Rosina
  6. Michael Zibull mit Frau Anna Dorothea geb. Klug
  7. Martin Reschke mit Frau Ewa Elisabeth Schacks
  8. Godofredus Schlecht mit Frau Anna Rosina geb. Hofmann
  9. Johann George Bansen mit Frau Maria Elisabeth

Die Daten wurden durch uns teilweise ergänzt, sind somit keine Transkription. Weiterhin haben wir nur die Hausherren mit Ehepartnern aufgeführt und nicht deren Kinder oder weitere im Haushalt lebende Personen.

Die Aufstellung schließt mit 35 männlichen und 31 weiblichen Einwohnern für das Jahr 1793

Alt Dombrowo – Alt Dabrowo – Vetus Dombrowo / Dąbrowa Stara

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[213]

Das alte Gasthaus zu Dombrowo / Postkartenausschnitt (aus der Schulchronik des Ortes)

Im „Handbuch zu dem Atlas von Preußen – Verzeichnis sämmtlicher Ortschaften“, erschienen 1835 in Erfurt ist für Dombrowo (Alt) zu finden, dass es sich um ein Hauland handelte. In der Veröffentlichung werden 30 Höfe mit 221 Einwohner aufgeführt.

In der nicht vollständigen Haushaltsaufstellung, es fehlt die Endseite, aus dem Jahr 1793 sind zumindest 21 Höfe mit 113 Einwohnern  protestantischen Glaubens benannt.  Der Ort hat also in den 42 Jahren, welche zwischen den Datenerhebungen liegen, kaum Veränderungen erfahren.

* * *

Woher die Ansiedler kamen, sie waren protestantischen und katholischen Glaubens, ist nicht bekannt. Jedoch kann von einigen aufgrund der Namensgleichheit vermutet werden, dass es sich um Angehörige und um Nachkommen von Siedlern aus den umliegenden Hauländergemeinden handelte.

[214]

Alt Dombrowo – Ausschnitt Messtischblatt 3663 / http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Im Jahre 1793 wurden folgende protestantische Haushalte in Vetus Dombrowo dokumentiert

  1. Christian Steinborn mit Frau Anna Maria geb. Rau (Sohn Christian unter 3.)
  2. Christoph Rau mit Frau Anna Maria geb. Heckert ab ca. 1794 mit Anna Maria geb. Binder und vor 1793 mit Maria Elisabeth geb. Schmidt
  3. Christian Steinborn mit Frau Maria Elisabeth geb. Giese (Vater Christian Steinborn unter 1.)
  4. George Steinbrenner mit Frau Maria Elisabeth geb Sperling
  5. Andreas Bansen mit Frau Anna Rosina geb. Franzke
  6. Samuel Xenodochius mit Frau Maria Elisabeth geb. Kitschel
  7. Christoph Rufke mit Frau Anna Rosina Neumann ?
  8. George Stieler mit Frau Anna Rosina
  9. Martin Klemke mit Frau Dorothea geb. Pochstein
  10. Christian Koschizke mit Frau Rosina
  11. Martin Klemke mit Frau Anna
  12. Christoph Pochstein mit Frau Dorothea
  13. Gottlieb Quiesdorf mit Frau Christina
  14. Christoph Laeufer mit Frau Dorothea Elisabeth geb. Lengert
  15. Christian Pochstein mit Frau Maria Elisabeth geb. Seifert
  16. Christian Pfeiffer mit Frau Beata
  17. Johann Christoph Schulz mit Frau Rosina
  18. Christian Schulz mit Frau Anna
  19. Martin Freyer mit Frau Dorothea Elisabeth
  20. Samuel Dreissiger mit Frau Maria geb. Schulz ?
  21. Godofredus Reich mit Frau Anna Dorothea geb. Schulz
[215]

Blick über das Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes / Aufn GT

Die Daten wurden durch uns teilweise ergänzt, sind somit keine Transkription. Weiterhin haben wir nur die Hausherren mit Ehepartnern aufgeführt und nicht deren Kinder oder weitere im Haushalt lebende Personen.

Der Aufstellung fehlt die Beendigung; im Register wurden insgesamt 113 Einwohnern protestantischen Glaubens für das Jahr 1793 dokumentiert

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Weitere Artikel

Gottlob Winter und dessen Kinder, ein Grabstein auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof von Alt Dombrowo, heute Dąbrowa Stara [216]
Das neue Schulgebäude von Dabrowo, erbaut 1901 [217]
Die Einsamkeit des Haulandes – Hugo Bock – Lehrer in Alt Dabrowo 1895-1900 [218]

 

Opalenitza Hauland – Opalenitzer Wiesenhauland – Lenkerhauland / Łęczyce

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[219]

Lenkerhauland Ausschnitt Messtischblatt 3664 / http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Es kann vermutet werden, dass die frühen Aufzeichnungen des Opalenitzer Haulandes bzw. des Opalenitzer Wiesenhaulandes sich auf Lenkerhauland beziehen.  Łąka aus dem polnischen übersetzt ist die Wiese und für nicht polnisch Sprachige kann das Łąka gesprochen schon zu Lenker werden.

Auch für dieses Hauland wird wieder eine Gründung um das Jahr 1750 herum vermutet. Das Dorf war nördlich von Opalenitza begründet  worden. Es lag einerseits an dem Weg nach dem westlich gelegenen Jastrzembnik und andererseits nach Rudnik, welches im Norden zu finden war.

Einige Siedler konnten wieder als gebürtig aus den umliegenden Hauländer Gemeinden ermittelt werden, von anderen ist die Herkunft unbekannt

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Die protestantischen Haushalte des Hauland Opalenicensis Haulandia wurden im Jahr  1793 wie nachstehend dokumentiert:

  1. Martin Seiffert und Frau Maria Elisabeth geb. Hampel
  2. George Leske und Frau Anna Dorothea geb. Kern, ab 1812 mit Frau Eva Rosina geb. Gebauer und ab 1825 mit Frau Christina geb. Hauf
  3. Godofredus Seifert und Frau Anna Rosina geb. Zibull
  4. Friedrich Gotthelf Zschornek und Frau Elisabeth
  5. Samuel Gottlieb Grossmann und Frau Anna Elisabeth geb. Reimann
  6. Godofredus Gebauer und Frau Anna Catharina geb. Friedrich
  7. Christoph Reimann und Frau Rosina Anna geb. Beijer
  8. Christian Günther und Frau Anna Maria geb. Seiffert und ab 1809 mit Maria Elisabeth geb. Schulz verw. Rau
  9. Martin Zibull und Frau Anna Maria geb. Hoffmann
  10. Johann George Seiffert und Frau Anna Rosina geb. Fitzner
  11. George Engelmann
  12. Godofredus Gebauer und Frau Elisabeth Anna geb. Loden
  13. Friedrich Gellert
  14. Matthaeus Beyer und Frau Anna Dorothea geb. Reimann und ab 1829 mit Frau Anna Elisabeth geb. Knopp verw. Lobstein
  15. George Beyer (der Vater von Matthaeus unter No. 14) seine Frau Catharina geb. Fechner war vermutlich schon verstorben
  16. Elias Stechbart und Christina geb. Zibull
  17. Johann Schulz und Frau Maria Elisabeth
  18. Johann Reimann und Frau Anna Maria geb. Fechner
[220]

Das ehemalige Gelände des evgl. Friedhofes / Photo: PM

Die Daten wurden durch uns teilweise ergänzt, sind somit keine Transkription. Weiterhin haben wir nur die Hausherren mit Ehepartnern aufgeführt und nicht deren Kinder oder weitere im Haushalt lebende Personen.

Die Auflistung endet mit 66 männlichen und 59 weiblichen Einwohnern im Jahr 1793.

Das Opalenitzer Hauland bzw. Opalenitzer Wiesenhauland ist dahingehend interessant, dass von dort Familien nach Südpreußen weiterwanderten und deren Angehörige später bis Wollhynien unter den Siedlern zu finden sind.

* * *

Lesen Sie auch Das Geständnis des Gottlob Reimann – 1817 –  [221]http://hauland.de/das-gestaendnis-des-gottlob-reimann-1817/

 

Die „Borchardtmühle“ zu Pinne – Abraham Borchardt 1833-1908

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(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[222]

Einst – Früher – und heute

Von Mittwoch, den 09. September 1908 blieb die BORCHARDTMÜHLE in Pinne bis zum Montag, den 14. September 1908 wegen Todesfalles geschlossen.

Am Sonntag, dem 06. September 1908 war der Herr Dampfmühlenbesitzer Abraham Borchardt im Alter von 75 Jahren verstorben.

Es heißt, dass er nach einem längerem Krankenlager verschieden sei.

Abraham Borchardt wurde vom Magistrat, vertreten durch Hr. Woyth, und von den Stadtverordneten, vertreten durch Hr. Otto, als langjähriges Mitglied der Stadtverordneten-Versammlung von Pinne geehrt. In seinem Nachruf wurde er als Mann beschrieben, welcher als Mitglied der städtischen Körperschaften mit großer Uneigennützigkeit, Treue und Gewissenhaftigkeit gedient habe.

* * *

Abraham Borchardt

wurde ca 1833 zu Pinne als ältester Sohn des Isaak Abraham Borchardt (ca. *1793) und dessen 2ten Ehefrau Chowe Eva geborene Rachmiel  ( ca *1808) geboren.

Seine Geschwister waren

Weiterhin gehörten zur Familie aus der 1sten Ehe seines Vater mit Rosa geborene Rachmiel, einer Schwester von Chowe Eva, die Kinder

Abraham Borchardt ehelichte vermutlich im Jahr 1873 Rosalie Kwilecki (*1848). Immer wieder hatte es unter den Familien verwandtschaftliche Verbindungen gegeben, so auch hier über Abrahams Halbschwester Caroline welche mit Eduard Kwilecki verehelicht gewesen war.

In ihrer Ehe wurden geboren

Rosalie Borchardt, geborene Kwilecki verkaufte nach dem Tod ihres Mannes die dampfbetriebene BORCHARDTMÜHLE in Pinne und zog nach Berlin. Dort verstarb sie im Jahr 1939.

* * *

Als neuer Besitzer traten der in Pinne ansässige Handelsmann Gustav Meyer und dessen Ehefrau Frieda geborene Hirsch ab etwa 1910 auf.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” und Posener Tageblatt 1908; 2) Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 3) https://www.findagrave.com/memorial; 4) https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezirk/geschichte/stolpersteine/

Weisshauland – Biała Wieś

geschrieben von Gudrun Tabbert
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[223]Auch dieses Dorf gehört zu jenen, über die mehr oder weniger nichts bekannt ist. Wieder wird seine Gründung um das Jahr 1750 herum vermutet. Dieses, da es die Zeit war, als die Familie Opaliński Ländereien ihrer Besitztümer parzellierte um Kolonisten anzusiedeln.

Das Dorf erstreckte sich an dem Weg zwischen Grätz und Bukowiec, nur wenige Höfe lagen direkt in den Wäldern vom Bukowiecer oder vom Lasuwkoer Forst.

Nicht zu belegen ist bis heute woher die Ansiedler eigentlich kamen, alle Ausführungen dazu beruhen auf Vermutungen und konnten nicht belegt werden, von einigen konnte anhand von alten Personenstandsunterlagen nachgewiesen werden, dass sie Nachkommen von Siedlern der umliegenden Hauländereien waren, welches jedoch nicht die eigentliche Frage beantwortet, woher die Hauländer eigentlich stammten.

* * *

Im Jahre 1793 wurden folgende protestantische Haushalte in Alba Haulandia dokumentiert:

  1. Wittwe Maria Elisabeth Quast geb. Herrmann, verwittwet von Christian Quast ehelichte 1795 den Jacob Pawloski (sh. 2)
  2. Jacob Pawloski mit Frau Anna Elisabeth geb. Hecke bis 1787 und ab 1795 mit der Wittwe Maria Elisabeth Quast geb. Herrmann
  3. Christoph Hofmann mit Frau Anna Dorothea geb. Schmidt
  4. George Friedrich Kahle mit Frau Ewa Rosina geb. Steinborn
  5. Godofredus Gewiss mit Frau Anna Maria geb. Herrmann
  6. Martin Krepel mit Frau Maria Dorothea (Anna Rosina) geb. Fröhlich
  7. Samuel Sperling mit Frau Maria Elisabeth geb. Dubrall bis 1791 und ab 1793 mit Anna Dorothea Fischer geschiedene Hämmerling
  8. George Schonert mit Frau Anna Maria geb. Rutschke bis 1796 und ab 1798 mit Beata geb. Herrmann
  9. Gottlieb Jaensch mit Frau Anna Maria
  10. George Herrmann mit Frau Anna Elisabeth geb. Kernchen
  11. Christoph Steinborn mit Frau Hedewiga geb. Gebauer
  12. Christian Herrmann mit Frau Ewa Rosina
  13. Johann Gutsche mit Frau Anna Rosina
  14. Johann George Kubke mit Frau Anna Dorothea geb. Fischer
  15. Gottlieb Werner mit Frau Anna
  16. Matthaeus Hauf mit Frau Dorothea geb. Niedrig
  17. Friedrich Hauf mit Frau Elisabeth Anna geb. Kruschel
  18. Godofredus Kernchen mit Frau Anna Rosina
  19. Friedrich Pech mit Frau Maria
  20. Christian Schele mit Frau Maria
  21. Johann George Fizner mit Frau Anna Elisabeth
  22. Christoph Herrmann mit Frau Lowisa Rosina
  23. Andreas Lehmann mit Frau Rosina
  24. Erdmann Hofmann mit Frau Beata geb. Türk
  25. Wittwe Anna Züche
  26. George Appelt mit Frau Christina
  27. George Sommerfeld mit Frau Maria Elisabeth
  28. Martin Brüger mit Frau Maria Elisabeth
  29. Godofredus Herrmann mit Frau Anna Dorothea
  30. Johann George Marquardt mit Frau Anna Maria geb. Schonert
  31. Maria Heidern
  32. Christian Matschke mit Frau Anna Rosina geb. Graetz
  33. Wittwe Anna Maria Herrmann geb. Scheibner, verw. 1792 von Johann Christoph Herrmann
  34. Friedrich Xenodochius mit Frau Maria Elisabeth Brauer/Bräuer

Die Daten wurden durch uns teilweise ergänzt, sind somit keine Transkription. Weiterhin haben wir nur die Hausherren mit Ehepartnern aufgeführt und nicht deren Kinder oder weitere im Haushalt lebende Personen.

Die Aufstellung schließt mit 85 männlichen und 76 weiblichen Einwohnern für das Jahr 1793

 

Rojewo – Rojevskie Olendry

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[224]

Die Lage von Rojewo / Ausschnitt Messtischblatt No. 3763 – http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Rojewo lag südlich von Sworzyce mitten im Wald. Die Gründung der Siedlung wird um das Jahr 1750 herum vermutet.

Seinerzeit hieß der Flecken Rojevskie Olendry. Der nördliche Teil – eigentlich Lassowkoer Hauland – wurde späterhin mit dem südlich gelegenen Rojewo zu einer Ortschaft zusammengefasst.

Später bekam das Dorf den Namen Waldhorst, siehe hierzu den Kartenausschnitt

Woher die Ansiedler kamen, sie waren protestantischen und katholischen Glaubens, ist nicht bekannt. Jedoch konnte von einigen ermittelt werden, dass es sich um die Nachkommen von Siedlern aus den umliegenden Hauländergemeinden handelte.

* * *

[225]

Das Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofe von Rojewo / Aufn. PM

Im Jahre 1793 wurden folgende protestantische Haushalte in Rojewo dokumentiert:

  1. George Friedrich Kernchen mit Frau Christina geborene Muster
  2. Christian Bautz mit Frau Rosina Dorothea geborene Lengert
  3. Godofredus Berndt mit Frau Anna Dorothea geborene Pausch
  4. Christian Lengert mit Frau Maria Elisabeth geborene Bautz
  5. Gottlieb Wegner mit Frau Maria Elisabeth geborene Klich/Klisch
  6. Martin Schiller mit Frau Elisabeth geborene Kutzner, es kann angenommen werden, dass es für Beide frühere Ehen gab, da Christian Gutsch, welcher mit der jüngsten Tochter des Martin Schiller verheiratet war, als Stiefschwiegersohn der Elisabeth Kutzner erwähnt wurde; ebenso wurde Elisabeth als früher verehelichte Kliem bezeichnet
  7. Christian Seifert mit Frau Anna Maria geborene Rittke
  8. Christian Pierschel mit Frau Elisabeth geborene Gellert
  9. Martin Kruschel mit Frau Rosina Dorothea geborene Schiller

Die Daten wurden durch uns teilweise ergänzt, sind somit keine Transkription. Weiterhin haben wir nur die Hausherren mit Ehepartnern aufgeführt und nicht deren Kinder oder weitere im Haushalt lebende Personen.

Die Aufstellung schließt mit 30 männlichen und 32 weiblichen Einwohnern für das Jahr 1793

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Weiter Artikel zu der Ansiedlung

Das viel zu kurze Leben der Emma Pawel / 1891-1907 [226]

Kopanke, Kapontke, Kopantke und auch Kopanki = eine Ansiedlung

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[227]

Warenhandlung Stechbart in Kopoanke – Postkartenausschnitt / Sammlung Kraft

Eine erste Erwähnung des Ortes soll sich in Aufzeichnungen der Gemeinde Opalinica für das Jahr 1752 finden.

Die Ansiedlung der Kolonisten durch  Karol Opaliński, er parzellierte einen Teil seiner Liegenschaften, wird um das Jahr 1755 herum  vermutet.

Die Herkunft der Siedler ist wiederum nicht belegt und sämtliche Ausführungen zu diesem Thema beruhen bis heute lediglich auf Vermutungen.

* * *

[228]

Die Lage von Kopanke / Ausschnitt Messtischblatt 3763 – http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Die Bewohner der Siedlung gehörten überwiegend dem protestantischen Glauben an. Im Jahre 1793 wurden folgende protestantische Haushalte in Kopantke dokumentiert:

  1. Martin Marschall mit Frau Anna
  2. Christoph Kosann mit Frau Elisabeth Maria geb. Marschalk/Marschall
  3. Christian Fizner mit Frau Anna Maria geb. Friedrich
  4. Siegmund Schulz mit Frau Anna Maria geb. Reich und später mit Frau Johanna Friederika geb. Below
  5. Anna Dorothea (durchgestrichen Wittwe von George)
  6. Christoph Nitschke mit Frau Ewa geb. Weiss und später mit Frau Maria Elisabeth Anna geb. Klemke
  7. Johann George Werner mit Frau Anna Maria geb. Plot
  8. Johann George Bluemel mit Frau Dorothea Elisabeth geb. Sommerfeld
  9. Johann George Schmidt mit Frau Elisabeth Maria geb. Rothe
  10. Martin Wald mit Frau Christina geb. Jaeschke
  11. Christoph Dubrall mit Frau Anna Maria
  12. Wittwe Rosina Seide
  13. Kinder Anna Elisabeth 19 Jahre, Rosina 12 Jahre, Godofredus 17 Jahre, Christian 11 Jahre, George 8 Jahre – leider ist kein Familienname genannt
  14. Christian Schmidt mit Frau Elisabeth
  15. Christian Kroke mit Frau Maria geb. Haupt
  16. Christoph Degen mit Frau Elisabeth
  17. Andreas Haeusler mit Frau Dorothea Anna geb. Adolph und später mit Frau Anna Dorothea geb. Doil ?
  18. Godofredus Pohl mit Frau Anna Maria geb. Freyschultz
  19. Johann George Pohl mit Frau Maria Elisabeth Anna geb. Dubrall und später mit Frau Maria Elisabeth Kunert
  20. Christian Sperling mit Frau Maria Elisabeth geb. Gellert
  21. Johann Michael Hauf mit Frau Anna Elisabeth geb Egel, vorher mit Frau Anna Maria geb. Klemke
  22. Gottlieb Xenodochius mit Frau Eleonora geb. Jahnchin/Jaenchin verstarb 1809 lt. Kirchenbuch Eintrag im Alter von 83 Jahren

Die Daten wurden durch uns teilweise ergänzt, sind somit keine Transkription. Weiterhin haben wir nur die Hausherren mit Ehepartnern aufgeführt und nicht deren Kinder oder weitere im Haushalt lebende Personen.

Die Aufstellung schließt mit 62 männlichen und 59 weiblichen Einwohnern für das Jahr 1793

[229]

Blick auf die noch erhaltenen Grabsteine; links im Hintergrund das Gedenkkreuz, welches Familie Krok im Jahr 2014 zur Erinnerung an Ihre Vorfahren aufgestellt hat

* * *

Weiter Artikel zu der Ansiedlung

Der ehemalige evangelische Friedhof in Kopanke / Kopanki – 2015 [230]

Auf den Spuren meiner Vorfahren – 2014 [231]

Ein Ort – viele Namen: Zdroyer Hauland, Schwarzhauland oder auch Czarna Wieś

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Grätz,Hauland,Personen, Familien,Schwarzhauland | Kommentare sind deaktiviert
[232]

Die Häuser sind rechts und links der Strasse zu finden / Aufn. PM

Wiederum ist es wenig was über dieses Hauland überliefert wurde. Es wird vermutet, dass die Ansiedlung nach dem Jahr 1720 entstand.

Sie ist gelegen südlich des Lasuwkoer Forstes und nördlich des Wioskaer Waldes. Die Häuser befanden und befinden sich noch heute  rechts und links gelegen an der Straße, welche von Grätz/Grodzisk nach Westen führt hin. Im Norden finden sich Konkolewo/Kąkolewo und im Süden die Ansiedlungen Blenke/Blinek und Jablone/Jabłonna.

Woher die Ansiedler kamen ist nicht bekannt. Jedoch konnte von einigen ermittelt werden, dass es sich um die Nachkommen von Siedlern aus den umliegenden Hauländergemeinden handelte.

* * *

[233]

Die Lage von Schwarzhauland / Ausschnitt Messtischblatt 3763 – http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Die Bewohner der Siedlung gehörten überwiegend dem protestantischen Glauben an. Im Jahre 1793 wurden folgende protestantische Haushalte in Nigra Haulandia dokumentiert:

  1. Christoph Pfeiffer mit Frau Anna Rosina geb. Jentke
  2. Christian Weiss mit Frau Maria geb. Glubs
  3. Samuel Herrmann mit Frau Rosina Dorothea geb Marquardt
  4. George Herrmann mit Frau Anna Catharina geb. Kirschke
  5. Johann Hoehne mit Frau Anna Rosina geb. Reschke
  6. Martin Kruschel mit Frau Maria Elisabeth verw. Gutsch geb. Herrmann
  7. Michael Griszke mit Frau Elisabeth geb. ? später verehelichte Poese
  8. George Hirsch mit Frau Anna Elisabeth geb. Kirschke
  9. Martin Abraham mit Frau Anna Dorothea geb. Liersch
  10. Godofredus Kirschke mit Frau Christiana Seifert
  11. Johann Kirschke mit Frau Dorothea geb. Abraham
  12. George Kernchen mit Frau Anna Dorothea geb. Kruschel
  13. George Koschizko mit Frau Anna Elisabeth
  14. Johann George Klobstein mit Frau Rosina Dorothea geb. Giering
  15. Christoph Hoehne mit Frau Anna Elisabeth geb. Gellert
  16. Martin Schulz mit Frau Urte
  17. Johann Gutsche mit Frau Maria
  18. Michael Baer mit Frau Anna Maria geb. Linke
  19. Johann Lenz mit Frau
  20. Wittwe Anna Elisabeth Gellert geb. Schmid
  21. George Rittke mit Frau Anna Elisabeth geb. Abraham
  22. Siegmund Herrmann mit Frau Anna Catharina ? und später mit Frau Anna Maria geb. Rüdiger
  23. Johann Fiebig mit Frau Maria Elisabeth geb. Koch
  24. Christan Hoehne mit Frau Anna Maria
  25. George Müllerchen mit Frau Anna Elisabeth
  26. Andreas Gallas mit Frau Anna Maria geb. Rau
  27. Samuel Franke mit Frau Anna Elisabeth geb. Bremer
  28. Johann George Herrmann mit Frau Anna Elisabeth
  29. Christian Züche mit Frau Elisabeth geb. Hoehne
  30. Gottfried Ehrenfeld mit Frau Hedewiga geb. Herzke
  31. Wittwe Maria Kosann
  32. Christoph Woyt mit Frau Anna Rosina geb. Hoehne
  33. Matthaeus Wald mit Frau Anna Maria geb. Rumpel
  34. Christoph Haupt mit Frau Urte
  35. Johann Preuss mit Frau Maria Elisabeth
  36. Godofredus Hoehne mit Frau Chtahrina
  37. Andreas Lobstein mit Frau Elisabeth geb. Pausch
  38. Christian Nitschke mit Frau Anna Maria geb. Preuss
  39. Michael Gallas mit Frau Maria Elisabeth Haeusler und später mit Frau Maria Elisabeth geb. Fuchs
  40. Johann Anaker mit Frau Anna Dorothea

Die Daten wurden durch uns teilweise ergänzt, sind somit keine Transkription. Weiterhin haben wir nur die Hausherren mit Ehepartnern aufgeführt und nicht deren Kinder oder weitere im Haushalt lebende Personen.

Die Auflistung endet mit 106 männlichen und 112 weiblichen Einwohnern im Jahr 1793.

[234]

Das Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes von Schwarzhauland / Aufn. PM

Das Zdroyer bzw. Schwarzhauland ist dahingehend interessant, dass von dort viele Familien nach Südpreußen weiterwanderten und deren Angehörige später bis Wollhynien unter den Siedlern zu finden sind.

* * *

Ein weiterer Artikel zu Schwarzhauland Schulneubau in Schwarzhauland – „Gut Ding braucht Weil“ [235]

 

 

Jahreswechsel 2018/2019

geschrieben von Gudrun Tabbert
(GT)
am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert
[236]

Grußkarte 1917 Berlin-Sontop

Wir senden allen unseren Lesern die besten Neujahrsgrüsse
Przesyłamy najlepsze życzenia noworoczne wszystkim naszym czytelnikom

Gudrun Tabbert & Przemek Mierzejewski

Erinnerungen des Waldemar Adolf Otto Mogdans – 1930 bis heute

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Waldemar A. O. Mogdans / Gerlinde Sabais)
am in Albertoske,Bez kategorii,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[237]

Hans, Bertha, Waldi, Eduard / Foto Familie Mogdans

[238]

Das Elternhaus / Foto Familie Mogdans

Ich, Waldemar Adolf Otto Mogdans wurde am 8. Mai 1930 in Groß Lipke – oder vielleicht auch in Neufeld – geboren. Mein Vater Eduard Ferdinand Mogdans wurde am 5. September 1898 in Staszyce und meine Mutter (Anna) Bertha (geborene Lork) 17 November 1903 vermutlich in Groß Lipke, geboren. Mein grosser Bruder Hans wurde am 13. Mai 1928 in Groß Lipke geboren.

Die ersten 10 Jahre meines Lebens verbrachte ich in Albertoske.

Zur Kirche liefen wir; manches Mal fuhren wir auch mit dem Pferdewagen, im Winter mit dem Pferdeschlitten.

Der Lehrer Herr Hoch brachte mir das das Lesen und Schreiben bei.

Im Dezember 1939 verunglückte meine Mutter mit dem Fahrrad. Später heiratete mein Vater ihre Schwester Klara Hedwig geb. Lork (am 8. April 1909 in Gross Lipke geboren).

Unser Haus wurde an den Grossbauern Schulz verkauft und wir zogen nach Opalenica, Berliner Strasse 67. Hier arbeitete mein Vater bei der Reichsbahn.

[239]

Klara Hedwig und Eduard Mogdans / Foto: Familie Mogdans

[240]

Schulklasse / Foto Familie Mogdans

Im Januar 1945 flüchteten meine Stiefmutter und ich von da aus vor den anrückenden Russen über Görlitz, Augsburg, Habach (Weilhelm-Schongau) nach Bayern. Mein Vater und mein Bruder Hans waren im Krieg.

Ich bin in Billingshausen (bei Würzburg) gelandet. Hier kam auch nach dem Krieg ein Teil der Familie (Vater, Bruder, Onkel und Tante) zusammen.

Leider verstarb mein Vater schon 1952.

1953 habe ich Margarete Böll aus Würzburg geheiratet.  Den Grossteil meines Arbeitslebens verbrachte ich wie mein Vater bei der Deutschen Bahn. Meine Stiefmutter verstarb 2003.

Mit meiner Frau habe ich vier Kinder und mitterweile 6 Enkel und 4 Urenkel.

* * *

Beitrag und Bilder wurden mit der Genehmigung der Veröffentlichung eingesandt – Erinnerungen des Waldemar Adolf Otto Mogdans

Das Forsthaus in Porazyn / Eichenhorst brennt – 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[241]

Forsthaus und Postagentur zu Eichenhorst / Porazyn – AK Ausschnitt – Quelle: https://galeria.nowytomysl.pl/porazyn/Wisniewska_Dorota_gm_004

Am Montag (19.02.1906), abends zwischen 8 und 9 Uhr, bracht in dem Forsthause Porazyn Feuer aus, welches das Wohnhaus vollständig in Asche legte, während die anderen Gebäude stehen blieben.

Von dem Eigentum des Försters Hinz konnte nur wenig gerettet werden, doch ist der Schaden durch Versicherung gedeckt.

Infolge des herrschenden Nebels wurde das Feuer von den Nachbargemeinden nicht bemerkt, sodaß erst Hilfe per Telephon herbeigerufen werden mußte.

Das Forsthaus gehört dem Rittergutsbesitzer Herrn von Beyme.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1906-02-23

Der tragische Tod des Hermann Redschlag / 1899

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Komorowo Hauland,Kreisblatt,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert

 

[242]

Friedhofsimpression auf dem ehem. Begräbnisplatz in Komorowo Hauland / Aufn. PM

Am 13. Januar 1899 findet sich ein Eintrag im Standesamtsverzeichnis von Tirschtiegel, dass aufgrund einer amtlichen Mitteilung vom 12. des Monats am 10. Januar 1899 eine männliche Leiche in der Altstädtischen Feldmark aufgefunden worden war.

Der Eigentümer Johann Heinrich Redschlag aus Komorowo Hauland / Kreis Neutomischel identifizierte diese dann als die seines Sohnes Hermann Johann Heinrich Redschlag, welcher am 18. November 1881 geboren worden war. Seine Mutter war Paulina geborene Mücke verwittwete Quast gewesen.

Das Neutomischler Kreisblatt vom 17.01.1899 berichtete zu diesem Todesfall:

Der Eigenthümersohn Hermann Redschlag aus Komorowo-Hauland im Alter von 22 Jahren und blödsinnig, hatte sich schon im Dezember aus der elterlichen Wohnung entfernt und es blieben alle Nachforschungen nach seinem Aufenthalt ohne Erfolg.

Donnerstag Nachmittag nun fanden in Tirschtiegel Kinder beim Schlittschuhlauf denselben in der Nähe des alten Schloßberges im Eise an der Obra eingefroren als Leiche vor; Stiefel und Mütze fehlten ihm. Redschlag ist mutmaßlich in der Dunkelheit in das Rohr am Flußufer hineingerathen, eingesunken und elend umgekommen.

Nachdem die Eltern des Redschlag von der Polizeiverwaltung telegraphisch von dem Auffinden ihres Sohnes in Kenntniß gesetzt worden, holten sie die Leiche, welche aus dem Eise herausgehauen und stark in Verwesung übergegangen war, zur Beerdigung nach Komorowo ab.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1899; 2) Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

 

Das Kähmer Fließ und das Gorzyner Hügelland – Reisebericht aus dem Jahr 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Professor Karl Graeter / Ergänzungen und Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[243]

Forsthaus Heidchen – Bild aus dem Original Artikel

Nachstehender Reisebericht aus dem Jahr 1908 ist als Teilauszug – Kapitel 6 – entnommen aus dem im Jahr 1909 erschienenen „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“. Professor Karl Graeter beschreibt darin seine Wanderung mit seinem Reisegefährten Remus, welcher seine botanischen Kenntnisse einfließen ließ.

Der Autor verzichtete auf Quellenangaben. Leider sind daher einige Ausführungen nicht nachvollziehbar und nicht zu belegen, sodass die Ausführungen als persönliche Aussagen zu werten sind und nicht als historisches Material angesehen werden können.

* * *

[244]

Ausschnitt Messtischblätter 3361-3561 der 6sten Etappe von Lewitz nach Birnbaum / http://mapy.amzp.pl

Der fünfte Tag sollte uns an einen der Glanzpunkte unserer Reise bringen, an das Kähmer Fließ. Wir nahmen Abschied von Lewitz, seinen freundlich im tiefen Tal gebetteten Häusern und seiner auf einem Hügel fast ausschließlich aus Feldsteinen erbauten schmucken Kirche, vor der eine alte mit Blüten übersäte Linde Schatten spendend ihre Zweige über die ebenfalls aus Feldsteinen erbaute Mauer ausstreckt. Durch einen wohlgepflegten Park, dessen schönster Schmuck seine hohen alten Bäume sind, gelangen wir in allmählichem Übergange in ein Buchenwäldchen und nach der Kleinen Mühle, die heute, ihrer ursprünglichen Bestimmung entzogen, einem pensionierten Offizier, einem Verwandten des Lewitzer Besitzers, als Buen retiro dient.

Bis zur Brand-Mühle erstreckt sich der schönste Naturpark; erst hier treffen wir wieder in der Nähe menschlicher Wohnungen Getreidefelder. Durch das Mühlengehöft gehen wir am Stalle vorbei, verfolgen einen Fußpfad und gelangen zu einer durch ihre Größe und Höhe imponierenden Rotbuche, die wir durch eine photographische Aufnahme unseren Reiseerinnerungen dauernd einverleiben. Auf der linken Seite des Fließes geht es wie im Gebirge bergauf und bergab durch hochrangende Kiefernstämme hindurch, an einem Dohnenstieg vorbei, wo üppig wachsende Farrenkräuter – wir merken die Nähe des Wassers – uns bis zur Brust reichen. Idyllisch schön liegt das Forsthaus Heidchen, wie Dornröschen in des Waldes tiefstem Schweigen vergraben.

Eine Brücke führt uns nach der Groß-Mühle, die von der Ansiedelungs-Kommission gekauft und bis auf 4 oder 5 Stellen schon aufgeteilt ist. Der Administrator des Gutes nimmt uns aufs liebenswürdigste auf, interessiert sich lebhaft für unseren Plan, unsere schöne Westposener Wald- und Seelandschaft dem Fremdenverkehr zu erschließen, weist darauf hin, wie die Förster, Mühlenbesitzer und Ansiedler Sommerfrischler mit Vergnügen bei sich aufnehmen würden, und krönt sein freundliches Entgegenkommen damit, daß er anspannen läßt und in dreistündiger Fahrt uns alle sehenswürdigen Punkte – auch in den Seitentälern des Flusses – zeigt. Welche Waldespracht ! Welche Riesenbuchen ! Welche Höhen ! Wie tiefe Schluchten ! Es ist das Eigenartige einer charakteristischen Landschaft, daß man keine Einzelheiten beschreiben kann; alle zusammen ergeben erst ein Bild; wie bei der Beschreibung der Hauländereien ergeht es uns auch hier im Kähmer Fließ. Ich kann hier nur auf zwei charakteristische Merkmale aufmerksam machen, die sich beständig wiederholen. Das eine ist das parkartige Aussehen der üppigen Wiesen, die sich am Fuße der über 20 Meter hoch über ihnen sich erhebenden Anhöhen hinziehen, einzelne Erlen oder kleiner Erlengruppen breiten ihre Zweige über das kräftige Dunkelgrün der Matten aus, durch die in starkem Gefälle das Mühlenfließ sich dahin schlängelt. Und das zweite ist das inselartige Auftreten sandiger Flächen, die von kleinen Erlenhainen bedeckt sind. Der Mittelpunkt aller dieser Naturschönheit ist das Forsthaus Papiermühle, sein schönster Punkt Klein-Münche, wo über dem Schlosse der Ziegenberg bis zu einer Höhe von 111 Metern ansteigt. Der Wanderer, der dieses Ziel erreichen will, muß sich auf der linken, östlichen Seite des Fließes halten, an der entlang ein Fahrweg führt.

[245]

Grossmühle bei Lewitz / AK-Ausschnitt Sammlung Kraft

Auf unserer Fahrt trafen wir einen Bauern, der auf seinem Wagen Holz fuhr. Es war ein russischer Rückwanderer, der, ursprünglich als Einlieger beschäftigt, sich durch seinen und der seinen Fleiß soviel erübrigte, daß er ein kleines Grundstück pachten konnte, das er sicherlich bei weiterem Vorwärtsstreben auch einst als Eigentum erwerben wird. Also auch Erfreuliches hören wir von unseren Landsleuten, die in ihre alte Heimat wiedergekehrt sind.

Unser freundlicher Geleitsmann brachte uns noch an den Weg nach Glozewo, und wir schieden mit herzlichem Danke; denn wir hatten durch ihn so manches Schöne gesehen, das wir sonst nicht zu Gesicht bekommen hätten.

Auf einem ziemlich langweiligen Wege erreichten wir das um einen großen Teich gelagerte Glozewo und kehrten hier im Gasthause „Zum Deutschen Kaiser“ ein. Trotz dieses anerkennenswerten Namens war alles polnisch, wenn die Wirtsleute sich auch deutsch mit uns verständigen konnten. In den Gasthäusern wurden wir oft mit Mißtrauen empfangen. Die Leute wußten nicht recht, was sie mit uns machen sollten. Meistens hielten sie uns wegen des Stativs, das ich trug, für reisende Berufsphotographen. So ssagte denn auch die Wirtin zu Glozewo zu uns: „Womit machen Sie? Werren Sie gestern hier gewesen, hätten Sie gut Geschäft gemacht!“ Etwas Warmes gab es natürlich nicht zu essen; so mußte der fürsorglich im Rucksack mitgenommene Vorrat herhalten.

Wir beschlossen, nicht unmittelbar nach Gorzyn, das allgemeiner als Sehenswürdigkeit bekannt ist, zu wandern, sondern in das Dormowoer Fließ einzubiegen, das sich parallel dem Kähmer Fließ hinzieht und seinen Abschluß im Gorzyner See findet. An der Schmiede fragten wir uns zurecht. Rechts sahen wir die drei Kuppen von Proppers Bergen, die trotz ihrer Höhe (106 Meter) bis oben angebaut sind. Ein Wegweiser deutete die Richtung nach der Neueren (Oberen) und der Alten (Unteren) Mühle an. Wir schlugen den letzteren Weg ein der uns über Berg und Tal führte. Ein großer, zur Hälfte gesprengter Feldstein redete stumm von jenen uralten Zeiten, als hier gewaltige Gletschermassen die Erdoberfläche bedeckten. Plötzlich änderte sich die Eintönigkeit des Landschaftsbildes: im Norden und Westen blaue bewaldete Höhen, im Westen glänzt der Spiegel eines Sees auf. Das unermeßliche Schweigen unterbrechen nur der Lerchen jubelnde Stimmen. Links öffnet sich eine tiefe, mit Bäumen bestandene Schlucht; der Weg biegt rechts ab und führt uns unserem Ziele, der Alten Mühle, zu, die nach einer Feuersbrunst ganz neu im Rohbau aufgeführt ist. Der Besitzer weist uns zurecht. An dem seeartig erweiterten, tief in die Hügel eingebetteten Mühlenteiche vorüber wandern wir weiter.

[246]

Gorzyn / Altes Schloss – AK Ausschnitt Sammlung Kraft

Kiefern- und Birkenwald umfangen uns, eine üppig strotzende, vom Fließe bewässerte Wiese dehnt sich rechts von uns aus. Auch hier treffen wir dieselbe Physiognomie der Landschaft wie im Kähmer Fließe, nur in verkleinertem Maßstabe, an: parkartig von einzelnen Bäumen unterbrochene Wiesen, kleinere, inselartige auf höheren Stellen aus ihnen auftauchende Kieferngruppen. An einer von links kommenden Quelle gedeihen in voller Lebenslust wilde Balsaminen (Rühr mich nicht an). Dieses Landschaftsbild begleitet uns, bis wir die Chaussee und bald darauf die Heinrichsmühle erreicht haben. Einen zu dieser gehörenden Park, der sich zwischen der Chaussee und dem Gorzyner See ausdehnt, zu besichtigen wird uns freundlich gestattet. Es ist kein Kunstprodukt, die Natur hat hier frei walten dürfen.

Da die Zeit drängte, beschlossen wir, nicht den ganzen Gorzyner See zu umwandern, sondern nur seine westliche Seite und uns dann nach Alt-Görtzig zu wenden. Wir gehen etwa 500 Schritte auf der Chaussee nach links und biegen dann in einen Weg ein, der durch den schönsten Wald führt; denn unter die Kiefern mischen sich hier nicht nur Fichten, sondern auch Laubbäume, wie Erlen, Birken und Weißbuchen, die dem Walde ein lebhafteres und freundlicheres Gepräge verleihen. Da, wo der Weg sandig wird, folgen wir einem Fußpfade, der uns in die Höhe von einem prachtvollen Aussichtspunkte geleitet, wo Tische und Bänke den müden Wanderer zum Ausruhen und zur Umschau einladen. Wie sehr viele Posener Seen enthält auch der Gorzyner eine Insel. Auf diese, die gerade in der Mitte des Sees liegt, fällt unser Blick. Sie ist vollständig mit Laubwald bedeckt, und um sie flutet dunkelgrün der See. Es läßt sich nicht leicht ein lieblicheres Bild denken als das, das sich hier unseren Augen bot. Dazu die lautlose Stille. Wenn die zahlreichen Sänger der Vogelwelt nicht gewesen wären, so hätte eine Stille wie des Todes Schweigen um uns geherrscht. Auf einer ungefähr 50 Stufen zählenden Treppe steigen wir zu dem Ufer des Sees hinab, wo sich uns dieselbe Aussicht wie bisher zeigt, nur tritt jetzt neben den Wipfeln der Bäume, die sich auf der Insel erheben, noch das weiße Schloß von Gorzyn hinzu. Auf einem prächtigen Promenadenweg, den Fichten, später Buchen umrahmen, schreiten wir an dem Gorzyner See entlang. Das liebliche Wald- und Seebild fesselt unser Auge und unser Herz so sehr, daß wir eine lange, lange Zeit uns an seinem Ufer niederlassen und dem leisen Anschlagen der Wellen und dem Flüstern des Rohres lauschen. Der Promenadenweg hört am Ende des Gorzyner Sees nicht auf, sondern geleitet uns noch weiter zu einem kleineren, namenlosen See und endlich zu dem Dorfsee, wo an den steilen Abhängen massenhaft die Waldrebe anzutreffen ist.

In Alt-Görzig hofften wir auch für unseren leiblichen Menschen sorgen zu können. Ein Wirtshaus war aber nicht vorhanden, und die Tür des Schulzenhauses war verschlossen, da alle Leute auf dem Felde mit der Roggenernte beschäftigt waren. Eine alte Frau erbarmte sich endlich unser und gab uns ein Glas Wasser. Wie prächtig mundete das ! Ein Stück Wurst und etwas Semmel aus unserem Reisevorrat stellte bald unsere Kräfte so weit her, daß wir unsern Weitermarsch nach Birnbaum fortsetzen konnten. Der Weg dorthin bietet wenig Interessantes; er steigt in dem hügeligen Gelände auf und ab, weite Getreidefelder dehnen sich zu beiden Seiten aus. Erst spät, da Birnbaum tief im Warthethal (nur 33 Meter über dem Normal-Nullpunkt) liegt, während die Höhen im Süd Westen der Stadt noch 64 Meter erreichen, wird uns die Stadt sichtbar, für deren patriotischen Geist der auf der Höhe vor der Stadt errichtete Bismarckturm spricht. Bevor wir die eigentliche Stadt betreten, müssen wir noch die beiden Vororte Birnbaums, Großdorf (1.400 Einwohner) und Lindenstadt (700 Einwohner) durchwandern. Lindenstadt hat als Geburtsort Karl Busses ein besondere Interesse für uns Posener. Hier befindet sich auch das Landrathsamt des Kreises Birnbaum und eine eigene evangelische Kirche.

[247]

Blick über Birnbaum – AK Ausschnitt Sammlung Kraft

Wie wenige Städte der Provinz ist Birnbaum Sommerfrischlern zu empfehlen, da sich von hier recht nette Ausflüge nach dem großen Luttomer und dem Schrimmer See mit ihren steillen Buchenwaldungen, nach dem Kulmer See mit seinen Eichen und Buchen, in die Wartheniederung nach Merine und Waitze unternehmen lassen. Auch das Kähmer Fließ ist vom Bahnhof Pruschim und noch leichter von Lewitz (an der Bahnstrecke Birnbaum-Tirschtiegel) aus zu erreichen.

Die Stadt Birnbaum zählt 3.000 Einwohner, besitzt ein Amtsgericht, eine evangelische und eine katholische Kirche, eine Synagoge, eine Präparandenanstalt, eine Eisengießerei, eine Maschinen- und eine Tabakfabrik, eine große Dampfmühle und eine Bierbrauerei. In der Nähe sind Braunkohlengruben und Ziegelbrennereien.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“ – Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz; 

 

 

Verzeichnis der bei dem Königlichen Land- und Stadtgericht zu Grätz in dem Jahre 1838 eingeleiteten Fiskalischen Untersuchungen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Alt Dabrowo,Bentschen,Bez kategorii,Bolewitz,Brody,buk,Doktorowo,Glinau,Hauland,Juden,Komorowo,Kopanke / Kopanki,Neustadt bei Pinne,Neutomischel,Opalenitza,Paprotsch,Personen, Familien,Posadowo,Schwarzhauland,Sliwno | Kommentare sind deaktiviert
[248]

Stadtansicht Grätz – im Vordergrund der alte Stadtpark, im Hintergrund die alte evgl. Kirche / AK-Ausschnitt Sammlung Kraft

Nachstehend geben wir das Verzeichnis der im Jahr 1838 durchgeführten Untersuchungen und Verurteilungen bei dem Königlichen Stadtgericht in Grätz wieder.

Wir wissen keine Einzelheiten über die Vergehen der Genannten; von keiner der Gerichtsakten war zum Zeitpunkt dieses Beitrages ein Aufbewahrungsort bekannt.

Für eine fiskalische Untersuchung wurden Straffälle herangezogen, so ist es im Handbuch „Repertorium der Polizeygesetze und Verordnungen in den Königlichen Preußischen Staaten mit Hinweisung auf die Vorschriften der Preußischen Justiz-Verwaltung, in Betreff des Verfahrens bey den Untersuchungen und Bestrafungen der Vergehen und Verbrechen“ aus dem Jahre 1822 zu entnehmen, welche z. B.  „Übertretungen der Abgaben-Gesetze, Widersetzlichkeiten gegen Staatsbediente bey Ausübung ihres Amtes und Gemeine Vergehen aller Art, worauf nur eine Geld- oder Gefängnißstrafe von 6 Monaten stehet“ betrafen.

* * *

Verzeichnis  der bei dem Königlichen Land- und Stadtgericht zu Grätz in dem Jahre 1838 eingeleiteten Fiskalischen Untersuchungen:

No.

Vor- und Zuname, Stand und Wohnort der Angeschuldigten

Gegenstand der Untersuchung

Alter

wie erkannt worden:

1

Amtmann Busse zu Koscielne Stackow

Selbsthülfe

28 Jahre

Denunciat ist mit einer Geldbusse von fünf Thalern, welche für den Unvermögensfalle von achttägiges Gefängnis substituiert, bestraft

2

Oelhändler Johann Badowski zu Buk

Unangemeldet betriebender Handel mit Oel

Den gegen den Denunciaten festgesetzte Strafe von 5 Th ist in eine achttägige Gefängnisstrafe umgewandelt

3

Schuhmacher Peter Biskupski zu Doktorowo

Widersetzlichkeit bei der Pfändung

28 Jahre

Dekulpat ist mit einem zweimonatlichen Gefängnis bestraft

4

Eigenthümer Gottlieb Blaesing zu Schwarzhauland

Jagdkontravention

Denunciat ist ausserordentlich mit einer Geldbusse von vierzig Thalern, welche im Unvermögensfall von viermonatlicher Zuchthausstrafe substituiert bestraft

5

Schlosser Daniel Baehr zu Buk

Beleidigung eines Beamten im Dienst

Dem Denunciaten ist auf sein Ansuchen die Strafe erlassen

6

Vorwerksbesitzer Bierwagen zu Pawlowko

Beleidigung des Landrath Szubert

Noch nicht erkannt

7

Handelsmann Jacob Byk zu Graetz

Gewerbesteuer Defraudation

Denunciat ist mit einer Geldbusse von 2 Th welche im unvermögenden Falle von zweitägiger Gefängnisstrafe substituiert bestraft

8

Handelsmann Seelig Behak zu Graetz

Beleidigung eines Unterbeamten im Dienst

28 Jahre

Denunciat ist mit sechtägiger Gefängnisstrafe belegt

9

Schuhmachergeselle Michael Borowiak zu Grätz

Verletzung des Hausrecht

29 Jahre

Noch nicht erkannt

10

Kaufmann Floryan Cichoszewski zu Graetz

Pacht … mention

44 Jahre

Denunciat ist freigesprochen

11

Scherkt?waarenhändler Itzig Pinn Cohn zu Opalenica

Gewerbesteuer Defraudation

Die dem Denunziaten auferlegte Strafe von 24 Th ist in eine Gefängnisstrafe von vier Wochen und sechs Tagen umgewandelt

12

Einlieger Lucas Zerba zu Rattey

Annahme eines falschen Namens

Noch nicht erkannt

13

Zimmergeselle Gottlob Dunk, Anton Rösler, Tagelöhner Kahl aus Graetz, Zimmergeselle Beissert aus Ratai

Körperliche Verletzung aus Fahrlässigkeit

32 Jahre

Inkulpaten sind freigesprochen

14

Amtmann Vincent Dwornecki zu Neustadt

Beleidung des Gendarm

Noch nicht erkannt

15

Bürger Wilhelm Drescher zu Neutomysl

Jagdkontravention

desgl

16

Schänker Christian Freyer  zu Wydary

Widersetzlichkeit gegen Abgeordnete der Obrigkeit

57 Jahre

Denunciat ist ordentlich mit zweimonatlichem Gefängnis betraft

17

Schänker Christian Freyer  zu Wydary

Thätliche Widersetzlichkeit gegen einen Abgeordneten der Obrigkeit

57 Jahre

Denunciat ist mit einer zweiwöchentlichen Gefängnisstrafe bestraft

18

Marcus Freydel zu Graetz

Beleidigung am Amte

24 Jahre

Denunciat ist mit einer sechsunddreissigtägigen Gefängnisstrafe bestraft

19

Einwohner Philipp Jacob Faibisch zu Neustadt

Widersetzlichkeit

Noch nicht erkannt

20

Fleischergeselle Carl Geltner zu Neustadt

Widersetzlichkeit gegen Abgeordnete der Obrigkeit

28 Jahre

Dekulpat ist mit einer zweimonatlichen Gefängnisstrafe belegt

21

Pferdehändler Levin Glass zu Graetz

Stempelkartenmanipulation

52 Jahre

Denunciat zur Zahlung der Stempelstrafe von 26 Th verurtheilt

22

Bäckermeister August Grunwald zu Neutomysl

Beleidigung im Dienst

33 Jahre

Deklulpat ist mit einer zweimonatlichen Gefängnisstrafe belegt

23

Uhrmacher August Grossmann zu Graetz

Beleidigung des Gendarm Hanke

26 Jahre

Noch nicht erkannt

24

Apotheker Gramsch zu Buk

Beleidigung

desgl

25

Güttel hierselbst, Hirsch Breslauer hierselbst

Thätliche Widersetzlichkeit gegen Abgeordnete der Obrigkeit

desgl

26

Kaufmann Elkan Hirschfeld zu Neustadt

Beleidigung eines Beamten

43 Jahre

desgl

27

Rosina verwittwete Hecke zu Neutomysl

Beleidigung im Amte

40 Jahre

Die Angeschuldigte ist mit einer zweitägigen Gefängnisstrafe bestraft

28

Unverehelichte Wilhelmine Hampel zu Slocin Hauland

Beleidigung des Schulzen

24 Jahre

Die Beschuldigte ist vorläufig freigesprochen

29

Wilhelm Hirschfeld zu Neustadt

Beleidigung im Amte

22 Jahre

Noch nicht erkannt

30

Gendarm Hanke zu Graetz

Missachtung und Ueberschreitung der amtlichen Befugnisse

35 Jahre

desgl

31

Eigenthümer Christian Jaensch zu Alt Dabrowo

Unerlaubte Selbsthülfe

34 Jahre

Denunciat ist ordentlich mit einer Geldbusse von 5 Th welche im Unvermögendfall einer achttägigen Gefängnisstrafe subsituiert bestraft

32

Elisabeth verwittwete Jakuboska zu Kosten

Beleidigung des Land- und Stadtgerichts zu Kosten

Die Angeschuldigte ist wegen schwerer wörtlicher Beleidigung des  Land und Stadtgerichts zu Kosten mit einer sechswöchentlichen Gefängnisstrafe bestraft

33

Schulz Michael Kostrzecki zu Januszewice, der Schullehrer Olsztynski zu Zemsko

Jagdkontravention

24 Jahre

Von den Denunciaten ist ein jeder unter Verlust ihrer Gewehre mit einer Geldstrafe von 10 Th, die im Unvermögensfalle einer vierzehntätigen Gefängnisstrafe substituiert belegt

34

Verehelichte Unterförster Karpinska zu Porazyn

Beleidigung im Amte

63 Jahre

Denunciatin ist mit einer achtständigen (achttägigien?) Gefängnisstrafe belegt

35

Kaufmann Israel Kwilecki zu Neustadt und Graf von Lacki

Stempelkartendefraudation

26 Jahre

Noch nicht erkannt

36

Gastwirth Kühn und dessen Tochter Wilhelmine zu Doktorowo

Beleidung eines Unterbeamten im Dienst

43 Jahre

desgl

37

Einwohner Andreas Kazmierek, Michael Ladyga, Anton und Joseph Puczta zu Bolewice

Unerlaubte Selbsthülfe

desgl

38

Einwohner Kaehme zu Neustadt

Beleidigung des Bürgermeisters

desgl

39

Wirtschaftsschrieber Wawrzyn Koniecki zu Komorowo

Widersetzlichkeit

44 Jahre

Noch nicht erkannt

40

Doktor Mosse zu Graetz

Beleidigung eines Unterbeamten

30 Jahre

desgl

41

Michael Masztalerz und dessen Sohn zu Niegolewo

Pfandkehr

desgl

42

Knecht Casimir Niewicozucla zu Brodki

Thätliche Widersetzung

31 Jahre

desgl

43

Wirth Jacob Napierata zu Mochorzewko

Beleidigung des Schulzlen im Amte

27 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit einer sechstägigen Gefängnisstrafe belegt

44

Jude Moses Ningo zu Graetz

Widersetzlichkeit gegen Obrigkeit und Beleidigung eines Unterbeamten im Dienst

54 Jahre

Die Untersuchung ist auf den Antrag des Denunciaten von dem Magistrat hierselbst als un… dem Denunciaten niedergeschlagen

45

Bürger Joseph Ochocki zu Buk

Beleidung des Bürgermeister Streck zu Buk

Noch nicht erkannt

46

Wirth Gottfried Pausch zu Weisshauland

Jagdkontravention

66 Jahre

Der Angeschuldigte ist völlig freigesprochen

47

Stellmacher Pietrowski zu Graetz

Grobe Misshandlungen

34 Jahre

Der Angeschuldigte ist freigesprochen

48

Gutsbesitzer Louis Philippsborn zu Linde

Unerlaubte Selbsthülfe

30 Jahre

Noch nicht erkannt

49

Hauländerwirth Gottfried Paul zu Glinau

Jagdkontravention

38 Jahre

desgl

50

Jude Salamon Pergamenter zu Neustadt

Gewerbesteuer Defraudation

Die gegen den Angeschuldigten erkannte Geldstrafe von 48 Th ist in eine Gefängnisstrafe von neun Wochen und fünf Tagen umgewandelt

51

Handelsmann Itzig David Pergamenter zu Neustadt

Unerlaubte Selbsthülfe

Denunciat ist ordentlich mit einer Geldbusse von 5 Th und im Unvermögensfall einer achttägigen Gefängnisstrafe substituiert bestraft

52

Kencht Jacob Rogacz zu Possadowo

Beleidigung eines Beamten

36 Jahre

Noch nicht erkannt

53

Hauländer Gottfried Schmidt zu Paprotsch

Jagdkontravention

25 Jahre

Denunciat ist völlig freigesprochen

54

Müller Wilhelm Stahn’sche Eheleute zu Neutomysl

Widersetzlichkeit bei der Pfändung

36 Jahre

Denunciat ist ordentlich mit einer neunwöchentlichen Gefängnisstrafe und Kodenunciaten ausserordentlich mit einer vierwöchentlichen Gefängnisstrafe bestraft

55

Leinweber Stanislaus Sworacki zu Buk

Beleidigung im Dienst

Noch nicht erkannt

56

Fleischer Ignatz Suchorski, Martin Wisniewski, Franz Ktoniecki zu Graetz

Widersetzlichkeit gegen die Abgeordneten der Obrigkeit und Versagung von Hülfe der Obrigkeit

31 Jahre

desgl

57

Bürger Styczynski, Daniel Minski, Lorenz Pawlowicz, Joseph Ginter zu Buk

Widersetzlichkeit

desgl

58

August Schaefer und Bäckergeselle Dienegott Pflaum zu Neutomysl

Jagdkontravention

desgl

59

Wittwe Maryanna Skrzypinska zu Neustadt

Unerlaubte Selbsthülfe

60 Jahre

Die Angeschuldigte ist mit einer dreitägigen Gefängnisstrafe und einer Geldbusse von 2 th belegt

60

Einlieger Valentin Skotarek zu Linde

desgl

36 Jahre

Noch nicht belegt

61

Handelsmann Elias Slomke zu Neustadt

Selbsthülfe

Denunciat ist mit einer achttägigen Gefängnisstrafe bestraft

62

Glaser Moses Scheimann zu Bentschen

Gewerbesteuer Defraudation

Die gegen den Denunciaten festgesetzte Geldstrafe von 16 Th ist in eine Gefängnisstrafe von zwei und zwanzig Tagen und zwölf Stunden umgewandelt

63

Bäcker Dienegott Frost’sche Eheleute zu Graetz

Beleidigung

42 Jahre

Noch nicht erkannt

64

Eigenthümer George Wald zu Kapunke

Beleidigung des Schulzen im Amte

44 Jahre

Der Angeschuldigte ist ausserordentlich mei einer sechstägigen Gefängnisstrafe bestraft

65

Handelsmann Abraham Wolff zu Neustadt

Unerlaubte Selbsthülfe

54 Jahre

Noch nicht erkannt

66

Eigenthümer Gottlieb Werner zu Terespotocke

desgl

40 Jahre

desgl

67

Bauer Maci Ziemiak zu Brzoza

Gewerbesteuer Defraudation

26 Jahre

Denunciat ist völlig freigesprochen

68

Handelsmann Itzig Bobak zu Graetz

desgl

85 Jahre

Noch nicht erkannt

 

Grätz den 5ten Februar 1839  – Königlich Preussisches Land und Stadtgericht – Michels

Gertrud Henkel 1925-2018

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Nachruf der Autoren)
am in Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert

[249]

Frau

Gertrud Henkel

ist am 23. August 2018 im Alter von 93 Jahren verstorben

Unsere Gedanken waren in aufrichtiger Teilnahme bei Ihr, Ihren Angehörigen und Freunden, bei Allen welche wie wir um sie trauern

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[250]

Frau Gertrud Henkel – Aufn. 2011 is

Du kannst Tränen vergießen,
weil sie gegangen ist
oder Du kannst lächeln,
weil sie gelebt hat.
Du kannst die Augen schließen und Beten,
dass sie wiederkehrt.
Oder Du kannst die Augen öffnen
und all das sehen, was sie hinterlassen hat.

                                                                                                                                                      Unbekannter Verfasser

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Frau Gertrud Henkel war am 15. August 1925 in Neutomischel geboren worden. Sie war zeitlebens Ihrer Heimatstadt verbunden geblieben. Im Laufe der Jahre hatte sie diese immer wieder besucht.

Im Beitrag „Das Haus Ochla – meine Erinnerungen – Gertrud Henkel“ hatte Sie uns an Ihrer Jugendzeit teilhaben lassen. Weiterhin haben wir im Beitrag „Im Heute auf den Wegen der Kinder- und Jugendjahre“ über sie berichten dürfen.

Vielen Dank und Auf Wiedersehen

Gudrun Tabbert – Przemek Mierzejewski

Das Schwarzwassertal – Reisebericht aus dem Jahr 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Professor Karl Graeter / Ergänzungen und Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[251]

Sempolno Gasthof / AK Ausschnitt Sammlung Wojciech Szkudlarski

Nachstehender Reisebericht aus dem Jahr 1908 ist als Teilauszug – Kapitel 5 – entnommen aus dem im Jahr 1909 erschienenen „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“. Professor Karl Graeter beschreibt darin seine Wanderung mit seinem Reisegefährten Remus, welcher seine botanischen Kenntnisse einfließen ließ.

Der Autor verzichtete auf Quellenangaben. Leider sind daher einige Ausführungen nicht nachvollziehbar und nicht zu belegen, sodass die Ausführungen als persönliche Aussagen zu werten sind und nicht als historisches Material angesehen werden können.

* * *

Hatte bisher das Wetter uns begünstigt, war die Luft kühl und recht geeignet für das Wandern gewesen, so strömte, als wir von Neutomischel aufbrachen, ein recht eindringlicher Regen vom Himmel hernieder. Da es aber warm war, konnte es sich nur um einen Gewitterregen handeln, und deshalb zogen wir unter dem Schutz unsrer Regenschirme getrost die mit Akazien und Eschen bepflanzte Chaussee dahin, die Neutomischel einerseits mit Tirschtiegel, anderseits mit Neustadt b. Pinne verbindet. Einer Kalksandsteinfabrik, die neben einem hohen Sandhügel auf der rechten Seite der Chaussee gelegen ist, statteten wir einen Besuch ab. Das Landschaftsbild war recht wechselvoll; auch hier dehnten sich weite Wiesen aus, die durch eingestreute Baumgruppen einen parkartigen Charakter erhielten. Wiederholt stieg die Chaussee an, da sie zwei Höhenrücken überschreitet. Zunächst begleitete uns ein hoher Kiefernwald, dann traten stattliche Fichten hinzu, rechts und links blieben die Häuser von Glinau und Scherlanke, zweier Hauländereien, liegen, bis wir endlich die so genannten „Eichen“, einen beliebten Ausflugsort der Neutomischler, erreichten.

[13]

Sempolno Muehle / AK-Ausschnitt Sammlung Kraft

Dieser eine Stunde von Neutomischel gelegene Platz ist ein wunderschöner Fleck auf Gottes Erde. Knorrige Eichen stehen neben mächtigen Buchen, dazu treten niedrigere Fichten, die aber gerade durch den Gegensatz der Färbung und Gestalt ihre Wirkung nicht verfehlen. Ein günstiger Zufall fügte es, daß von einem Feste, das am vorhergehenden Tage begangen worden war, eine Bude mit Tisch und Bänken stehen geblieben war. So konnten wir uns in ihr niederlassen, ungestört von dem Regen einen Imbiß einnehmen und uns an dem sehenswerten Bilde erfreuen.

Auf dem weiteren Wege wurde das Bild noch reicher an Abwechslung, da sich unter die Eichen, Buchen und Fichten noch Kiefern mengten, und ein dichtes Unterholz, sowie eine Menge von Blaubeerensträuchern den Boden bedeckte. Das Schweigen des Waldes unterbrachen der Kuckuck und der Baumpieper mit ihren Rufen, die Amsel schlug, die Holztaube gurrte, kurz, es war das schönste Freikonzert. So marschierten wir stundenlang durch den Buchwerder Forst, gelangten nach Sempolno und hielten in der Wirtschaft an der Chaussee unser Mittagsmahl, das aus einem wohlgelungenen Eierkuchen bestand. Unsre kulinarischen Gelüste müssen wir schon einzuschränken wissen, da die Leute hier auf einen Fremdenverkehr nicht eingerichtet sind. Dies wird aber anders werden, wenn wir erst einen „Westposener Wald- und Seenverein“ haben werden, wenn eine Wegebezeichnung eingeführt und Hunderte von Touristen diesen schönen Erdenwinkel durchstreifen werden. Doch dies ist noch Zukunftsmusik.

[252]

Dorfstrasse Lewitz; im Hintergrund die ehemalige evgl. Kirche / AK Sammlung Wojciech Szkudlarski

Als der Regen etwas nachließ und wir uns ausgeruht hatten, griffen wir aufs neue zum Wanderstab. Ein Fußpfad, der geradeüber von dem Gasthause von der Chaussee abbiegt, führte uns zu dem nördlichen Zuflusse des Schwarzwassers, das bei Sempolno auch den südlichen Arm dieses Flüßchens aufnimmt. Von Sempolno-Mühle steigt der Sandweg durch Kiefernschonung ziemlich steil empor, doch können wir einen festen für den Fußgänger bestimmten Pfad, der neben ihm hinläuft, benutzen. Entblößte Heide und junge Kiefern wechseln miteinander ab. Als wir auf dem Plateau angelangt waren, wurde der Wald kräftiger. Unermüdlich scholl der Finken Wechselgesang. Hin und wieder schob sich ein Getreidefeld in den Kiefernwald hinein, im Nord-Westen wurde der Aussichtsturm auf dem Stutberg (110 Meter) sichtbar, im Osten weidete sich unser Auge an dem frischen Grün des Schwarzwassertales, einzelne Gehöfte zeigten sich links. Bald nahm uns Wobschalls Gasthof auf, der noch zu Sawade gehört. Eine Kanne Familienkaffee, unschädlich der Gesundheit, wohltätig gegen den Durst, und eine Schnitte Landbrot stellten die ermatteten Lebensgeister wieder her.

Der nächste Teil des Weges, auf dem das langgestreckte Lewitz-Hauland links liegen blieb, verlief wieder eintönig: Kiefernwald, Getreidefelder, Wiesen. Der Weg stieg etwas an, auf beiden Seiten traten Höhenzüge auf, die die Wasserscheide zwischen dem Schwarzwasser und dem Kähmer Fließ bilden. Gleichsam um uns die Einförmigkeit des zweiten Teiles unserer Tagestour zu trösten, war das Ende um so schöner. Von der Höhe des Weges (101 Meter) geleitete uns eine wirklich prachtvolle Kastanienallee zu dem in einem Talkessel, besser in einem Zirkustal, gelegenen reichen Kirchdorfe Lewitz. Da zwei Gasthäuser am Orte sind, wegen des Bahnbaues der Strecke Birnbaum-Tirschtiegel (die Bahn war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eröffnet) auch eine Menge von Arbeitern hier untergebracht ist, brauchen wir um die Verpflegung keine Sorge zu haben. Im Gasthause „Zum Kronprinzen wurden auch alle unsere Forderungen in ausreichendem Maße erfüllt.

[253]

Der Weg der 5ten Etappe / Zusammenschnitt Messtischblaetter

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“ – Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz; 

Durch die Hauländereien – Reisebericht aus dem Jahr 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Professor Karl Graeter / Ergänzungen und Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[254]

Hopfenfelder bei Cichagora / Aufn. GT

Nachstehender Reisebericht aus dem Jahr 1908 ist als Teilauszug – Kapitel 4 – entnommen aus dem im Jahr 1909 erschienenen „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“. Professor Karl Graeter beschreibt darin seine Wanderung mit seinem Reisegefährten Remus, welcher seine botanischen Kenntnisse einfließen ließ.

Der Autor verzichtete auf Quellenangaben. Leider sind daher einige Ausführungen nicht nachvollziehbar und nicht zu belegen, sodass die Ausführungen als persönliche Aussagen zu werten sind und nicht als historisches Material angesehen werden können.

* * *

Am nächsten Morgen, einem Sonntage, ging es in die Hauländereien, die ihren Mittelpunkt in Neutomischel haben.

Kurze Zeit, nachdem wir Borui an seinem Nordende verlassen haben, biegen wir rechts in einen hochstämmigen Kiefernwald ein. Der Weg steigt allmählich, auf beiden Seiten erheben sich Anhöhen bis über 90 Meter. Kein Mensch ist sichtbar; nur die Stimmen unsrer Singvögel unterbrechen die sonntäglich Ruhe. Plötzlich senkt sich die Straße, wendet sich – bei einer tieferen Talmulde – nach rechts; das Krähen eines Hahnes deutet die Nähe einer Ansiedelung an, und bald wird der Horstkrug sichtbar. Es ist ein ärmliches Haus mitten im Walde, daneben ein Ziehbrunnen; man denkt unwillkürlich an die Räuberhöhle im Spessart. Aber seine Bewohner sind friedliche Leute, die uns bereitwillig auf unsere Fragen nach dem Wege Bescheide geben. Die Schankgerechtigkeit ist übrigens nicht mehr mit dem Hause verknüpft.

Wieder tauchen wir in dem Schweigen des Waldes unter. Einzelne Lichtungen öffnen sich, einzelne Gehöfte werden sichtbar. Dem dürren Boden haben seine Bewohner den zum Schnitt reifen Roggen abgewonnen. Neben dem Getreide erblicken wir hier zuerst in größerer Menge die den Neutomischlern Hauländereien eigentümlichen Hopfenpflanzungen. An hohen Stangen recken sich die Pflanzen empor. Der Boden muß peinlich sauber gehalten werden. Wegen der hohen Holzpreise wird statt der hölzernen Stangen wohl auch Draht angewandt; da sich an diesem die Ranken aber nicht kräftig und stark genug entwickeln können, ist sein Gebrauch nicht ratsam. Der Hopfenbau geht überhaupt zurück. Dies kommt daher, daß man es gelernt hat, die Hopfenpflanze zu konservieren. In Jahren, wo der Hopfen weniger gut geraten ist und demgemäß der Preis höher sein müßte, benutzt der Brauer den Konservenhopfen, und der Pflanzer muß ihn, wenn er ihn los sein will, zu demselben Preise verkaufen wie in den Jahren guter, d. h. reichlicher Ernte. Deshalb ist man in der Neutomischeler Gegend wie auch in anderen Teilen des Westens unsrer Provinz dazu übergegangen, an Stelle des Hopfens die amerikanische Weide anzubauen, die an den Korbmachern regelmäßige Abnehmer findet.

[255]

Hopfenernst – Bild aus dem Original-Artikel

Die Eigentümlichkeit der um Neutomischel liegenden Hauländereien liegt darin, daß ihre Gehöfte nicht dorfartig und an Straßen zusammenliegen, sondern abseits vom Wege in der Mitte des Grundstückes erbaut sind. So wurden auch uns die Häuser von Scharke zwar sichtbar, doch von dem Leben und Treiben der Bewohner merkten wir nichts. Der Regen, der uns überraschte, zwang uns, in einem Hauländerhause Unterkunft zu suchen. Es war dies ein Blockhaus, aus kernigen, vom Alter geschwärzten Stämmen zusammengesetzt, in die die kleinen Fenster eingefügt waren. Die Lücken, die sich zwischen den einzelnen Baumstämmen befanden, waren mit Lehm ausgefüllt; ein breit ausladendes Strohdach breitet sich schirmend über das Ganze. Die Bewohner hatten ein nicht gerade einladendes Äußeres; als mir die Frau zum Abschied die Hand reichte, übersah ich sie geflissentlich; sie war doch zu unappetitlich.

Bei der Anlage der Hauländereien ist ein Abirren vom Wege leicht möglich. Auch uns war es so gegangen, so daß wir den Kirchplatz Borui, den religiösen Mittelpunkt des südlichen Teiles der Hauländereien, nicht gleich bei der Kirche betraten, sondern zunächst nach Osten, nach Alt-Borui, verschlagen wurden, wo wir auf die Chaussee kamen, die uns auf einem nicht allzu großen Umwege zu unserm Ziel, dem Kirchplatz Borui, führte. Da mein Wandergenosse ein Namensvetter des dortigen Kantor war, traten wir bei ihm ein. Er war zwar augenblicklich in der Kirche beschäftigt, erschien aber auf die Nachricht von unsrer Ankunft nach der Liturgie. Die Untersuchung der Familienverhältnisse ergab zwar kein nachweisbares verwandtschaftliche Verhältnis, doch bestanden mancherlei Beziehungen zwischen den beiden Trägern desselben Namens.

Bei dem erwähnten Kantor zu Kirchplatz Boruy könnte es sich um Otto Remus, geb. 1858, gehandelt haben. Er war der Sohn des Carl Ferdinand Wilhelm Remus, Lehrer und Kantor zu Kirchplatz Boruy und dessen Ehefrau Johanna Auguste Emilie geb. Heinrich gewesen

Eine Naturmerkwürdigkeit war eine uralte Linde in dem Garten, in deren Zweigen eine Laube eingebaut war, zu der eine Treppe hinaufführte. Bei einem Glase edlen rheinischen Rebenblutes ließ es sich dort oben recht gemütlich plaudern.

Unser Gespräch wandt sich auch der Frage zu, ob der Ausdruck „Hauländereien“ oder „Holländereien“ der richtige sei. Ich hatte vor meiner Reise mich mit dieser Frage beschäftigt. Ich hatte geglaubt, daß die Hausanlage auf die Herkunft dieser Siedler hindeuten müsse, und den Aufsatz Kothes über das Bauernhaus in der Provinz Posen durchgelesen. Die dort abgebildeten Laubenhäuser dürften auf die Herkunft der Hauländer aus der Neumark und der Uckermark schließen lassen. Aus den Untersuchungen Erich Schmidts ergibt sich, daß allerdings Holländer am Ende des 16. Jahrhunderts in der Schulitzer Weichselniederung sich niedergelassen haben. Aus das Vorkommen von Tabaksdosen mit Inschriften in holländischer Sprache, die aus dem Ende des 17. Jahrhunderts stammen, kann als Beweis für ihre holländische Abkunft angeführt werden. Jedenfalls ist die Zahl der eingewanderten Holländer nur gering gewesen; aber der Name „Holländereien“ ist auf alle Siedelungen übertragen worden, die mit denselben weitgehenden Rechten ausgestattet wurden wie jene ersten Holländern ausgehenden Anlagen. Entscheidend für die Frage ist – was Erich Schmidt nachweist – , daß erst im Jahre 1758 in einer einzigen Urkunde der Ausdruck „Hauländer“ vorkommt, während in hunderten aus früherer Zeit stammenden die Einwanderer als „Hollandones“ bezeichnet werden. Die Frage nach der Herkunft dieser Holländer kann nur die Sprachwissenschaft lösen.

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Der „Ziegenkrug“ – AK Ausschnitt Sammlung Kraft

Da die Predigt bald beendigt sein mußte und den Herrn Kantor seine Pflicht rief, so verabschiedeten wir uns, um weiter nach Schichagura, auch einem Haulande zu wandern. Der Weg dorthin biegt zwischen der Kirche und dem gegenüber liegenden Schulhause rechts ab; eine Entfernung von nur 3 Kilometer trennt Kirchplatz Borui von dem schon zu Schichagura gehörenden Ziegenkrug.

Die Hauländerlandschaft in der Neutomischeler Gegend ist recht anmutig. Auf Wald folgt Wiese oder Ackerland, oder es dehnen sich weite Flächen aus, auf denen die Hopfenpflanze an hohen Stangen sich emporrankt (s. Abb. 3). Eigentümlich ist dem Hauländer seine Vorliebe für die Bäume; diese, oft Linden, schmücken nicht nur den Eingang des Gehöftes, sondern sie werden auch dazu benutzt, die einzelnen Grundstücke von einander zu trennen. Die Verbindung mit der Straße und den einzelnen Gehöften stellen eine Menge von Fahr- und Fußwegen her. In früheren Zeiten waren diese Stege noch durch Zäune gesperrt, über die man hinüber klettern mußte, oder in denen die oberen Stangen sich aus einem Verschluß herausheben ließen.

Den Umweg über Schichagura hatte ich gewählt, weil mich persönliche Interessen mit diesem Orte verbanden. Vor sechzig Jahren war mein Vater dort Lehrer gewesen. In dem bewegten Jahre 1848 hatte er dort als Kommandeur der Bürgerwehr gewirkt. Denn Schichagura grenzt an das durch den Schulstreik des Jahres 1907 bekannte polnische Dorf Bukowiec. Beide Teile hatten Furcht vor einander, beide besorgten einen Überfall; da wurden denn in der Nacht Posten ausgestellt, um die Bewohner rechtzeitig von dem Herannahen des Feindes zu benachrichtigen. Zu einem Zusammenstoß ist es aber nicht gekommen.

Carl David Friedrich Graeter, evgl. Schullehrer zu Cichagora, ältester Sohn aus der 1sten Ehe des in Posen ansässigen Schneidermeisters Albrecht Friedrich Graeter, wurde am 30 Jul 1843 in Neutomischel aufgeboten mit der 5ten Tochter aus der 1sten Ehe des Johann Heinrich Dampmann, Schullehrer in Schildau bei Hirschberg/Schlesien, und dessen Ehefrau Johanna Beate geb. Lucas, Namens Alwine Theodora Dampmann. Die Trauung fand am 14. August 1843  in der Kirche zu Kirchplatz Boruy statt.

Im Ziegen-Krug wurde eine kurze Mahlzeit eingenommen und dann der Wege nach Schichagura fortgesetzt, wo wir uns glücklich nach dem Schulhause durchfragten. Hier verlebten wir in dem gastfreundlichen Hause des Lehrers einige Stunden in gemütlichem Gespräche, das sich über die Verhältnisses des Ortes in alter und neuerer Zeit erging. Einen Bewohner, der noch den Unterricht meines Vaters genossen, gab es leider nicht mehr. Erwähnt wurde in dem Gespräche das eigentümliche Wort „Keute“ für Teich.

Der Sohn des Lehrers führte uns auf Fußwegen durch das Hauland Paprotsch bis zum Bahnübergange. Nur wenige Schritte, und wir standen auf der Landstraße, die Bukowiec mit Neutomischel verbindet, und verfolgten fortan diese nach Westen. Vor Neutomischel, in der Nähe des Schützenhauses, erfreute uns ein liebliches Panorama: in der Tiefe breiteten sich üppige Wiesen aus, die bald durch wogende Getreidefelder, bald durch Hopfenplantagen, bald durch einzeln hochragende Laubbäume unterbrochen wurden, und über uns lachte wieder freundlich Frau Sonne.
Neutomischel (an der Doyca) hat 1.800 Einwohner, ist Sitz eines Landratsamtes, besitzt ein Amtsgericht, eine evangelische und eine katholische Kirche, eine Landwirtschaftliche Winterschule, eine Zigarrenfabrik. Seine Hauptbedeutung liegt in dem Hopfenmarkt, zu dem alljährlich aus Bayern und Böhmen Händler sich einfinden.

[257]

Die Etappe von Boruy nach Neutomischel / Zusammenschnitt Messtischblätter

* * *
Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“ – Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz; 2) Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Das Doycatal – ein Reisebericht aus dem Jahr 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Professor Karl Graeter / Ergänzungen und Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[258]

Die „Alte Muehle“ bei Wollstein / AK Sammlung Kraft

Nachstehender Reisebericht aus dem Jahr 1908 ist als Teilauszug – Kapitel 3 – entnommen aus dem im Jahr 1909 erschienenen „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“. Professor Karl Graeter beschreibt darin seine Wanderung mit seinem Reisegefährten Remus, welcher seine botanischen Kenntnisse einfließen ließ.

Der Autor verzichtete auf Quellenangaben. Leider sind daher einige Ausführungen nicht nachvollziehbar und nicht zu belegen, sodass die Ausführungen als persönliche Aussagen zu werten sind und nicht als historisches Material angesehen werden können.

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Das Doycatal

Der Berzyner und der Wollsteiner See gehören den sogenannten Rinnseen an, die durch Ausfüllung von früheren Gletscherflußläufen entstanden sind. Die Richtung dieses alten Tales wird heute durch die Doyca bestimmt, die, bei Schichagura entspringend, im Obrasee endet; der Wasserreichtum dieser großen Talfurche wird durch den Obra-Nord-Kanal der Obra zugeführt, auf deren Lauf ich späterhin noch eingehen werde. Ursprünglich bildeten alle Seen, die die Doyca durchfließt, einen einzigen großen See, dann wurde durch die alluviale Moorbildung, die sich auch heute noch fortsetzt, ihr Zusammenhang unterbrochen. Eingebettet ist dieses liebliche Tal in ein sie rings umgebendes Diluvialplateau.

Wollstein selbst hat an 3.500 Einwohner, ist Sitz des Landratsamtes für den Kreis Bomst, besitzt ein Amtsgericht, eine katholische und eine evangelische Kirche, eine Realschule, eine Maschinen- und eine Zigarrenfabrik und treibt einen regen Getreide-, Hopfen- und Schuhwarenhandel.

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Etappe von Wollstein nach Borui – Kapitel 3 / Zusammenschnitt Messtischblätter

Als wir Wollstein frühmorgens verließen, war der Himmel mit Wolken bedeckt. Auf einem anmutigen Promenadenweg wandelten wir am Westrande des Sees nach dem Etablissement Bleiche, das wir durchschritten. Ein freundliches Bild bot sich uns dar. Aus dem dichten Baumschmuck der Gärten ragen uns gegenüber die Häuser und Kirchen Wollsteins hervor; weit in den See hinaus erstreckt sich eine bewaldete Halbinsel; stahlgrau fluten die Wogen; am Ufer lispelt leise in lindem Winde das Rohr. Auch weiterhin fehlt es nicht an Abwechslung. Eine Insel, mit Laubwald bedeckt, erscheint; die Dächer von Karpitzko unterbrechen des Waldes Grün. In der Nähe des Sees erscheint Torfmoos, da in seinen Blüten an das Edelweiß der Alpen erinnert. Es erhöht, indem es abstirbt, den Boden. So erblüht aus dem Tode neues Leben. Malerisch breiten sich längs des Sees grüne Matten aus, die dadurch, daß sie von Eschen – und Birkengruppen unterbrochen werden, das Aussehen englischer Parkanlagen erhalten. Da, wo der Weg die erlenumwachsene Doyca berührt, liegt die Alte Mühle so poetisch schön, wie wir uns eine rechte Wassermühle denken, vor uns. Unter einer Reihe sehr starker Lebensbäume laden Tische und Bänke den müden Wanderer zur Rast ein. Wir folgen der freundlichen Einladung und erhalten, da der Besitzer Schankgerechtigkeit besitzt, ein Glas unverfälschter Milch und kernige, eigengebackenes Brot.

Nachdem wir uns erholt, setzen wir unsern Marsch fort, der uns an einer jetzt still stehenden Schneidemühle vorbeiführt. Aus früheren Zeiten stammt ein Badehause, um das sich eine Fülle von Seerosen gruppiert. An der Ruchotscher Mühle berühren wir den schmalen Wiosker See. Unterdessen hat sich der Himmel geklärt, heiß brennt die Sonne auf uns hernieder. Deshalb nehmen wir mit Dank den uns gebotenen Trank, einige Gläser Milch, an.

Aber wie angenehm auch der Aufenthalt in der vorgebauten Veranda ist, wir müssen scheiden. Auf dem westlichen Ufer des Sees breitet sich wieder Wald aus, auf dem östlichen, an dem wir entlang schreiten, harrt des Schnitters der Ähren goldige Flut. Nach ungefähr 17 Minuten stößt unser Weg auf einen von Ost nach West verlaufenden Sandweg. Wir verfolgen ihn etwas zehn Schritte nach links und treffen auf eine Schneise, die fortan unsern Weg bildet. Rechts erheben sich hohe Sandhügel bis zu der respektablen Höhe von 90 Metern. Auf dem unfruchtbaren Sandboden haben die Kiefern schwer um ihr Dasein zu kämpfen. Nicht kerzengrade erheben sie ihre Wipfel; ihre Äste laden sich breit und verkrüppelt aus, als suchten sie Schutz bei der Mutter Erde, die ihnen, die arme, eine so kärgliche Nahrung beut.

Da ein Kreuzweg, und Sand und Sand ! Durch einen Hohlweg, neben dem durch die Kiefern ein festgetretener Fußpfad führt, steigen wir rechts empor und erblicken den einsamen Friedhof und dahinter die Häuser von Blumer Hauland. Hier gedachten wir ein, wenn auch einfaches Mittagsbrot einzunehmen. Aber wir hatten unsre Rechnung ohne die Wirtin gemacht. Wir baten, da es kein Fleisch gab, um einige Eier. Die Wirtin erklärte, sie habe keine zu Hause. Auf die Bitte, im Dorfe welche zu besorgen, erwiderte sie, gestern sei Markttag in Wollstein gewesen und die Nachbarn hätten allen ihren Vorrat verkauft. Später erzählte uns ein Fuhrknecht, der auch eingekehrt war, der Wirt sein ein „warmer Bruder“, d. h. er sei ein reicher Mann, seine Schwiegertochter stamme aus einer wohlhabenden Wirtschaft. Sie war also nicht auf die Einnahme aus der Schankwirtschaft angewiesen; sie war zu träge, um sich ihren Gästen zuliebe zu bemühen. Ohne ein einziges freundliches Wort, wie eine erhabene Prinzessin, stellte sie ihren Gästen das Verlangte hin; mit gleichgültiger Miene strich sie das empfangene Geld ein. Es war natürlich, daß wir so bald wie möglich das ungastliche Gasthaus verließen.

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Blick von der Bleiche auf Wollstein / AK Sammlung Kraft

Durch einen recht guten Waldbestand, an dem jetzt eingegangenen Boruiker Krug vorbei, wo in der Tiefe die kleine Doyca durch eine parkartige Wiesenlandschaft fließt, kamen wir nach Hammer, wo wir die freudige Erfahrung machten, daß solche Wirtinnen wie die, die wir in Blumer Hauland kennen gelernt hatten, doch zu den Ausnahmen gehören. Im Gasthause zu Hammer war geschlachtet worden; bald stand vor jedem von uns beiden ein Teller mit zwei Semmelwürsten und eine riesige Kanne Kaffee. Dazu die liebenswürdige Geschäftigkeit der jungen Maid, die uns bediente! Doch unsre Freude erreichte ihren Höhepunkt, als wir unsre Zeche bezahlten. Zwanzig Reichspfennige für die Person!

In Hammer ist eine Königliche Domäne. Vor dem ansehnlichen Herrenhause breitet sich ein umfangreiches Blumenrondell aus; alte Bäume spenden erquickenden Schatten; den Hintergrund bildet ein wohlgepflegter Park. Bei dem unmittelbar an das Gut angrenzenden Forsthause war kupiertes Gelände, durch das der Weg steil emporstieg. Die Landschaft nahm zeitwiese einen gebirgsartigen Charakter an. Durch die Stämme schimmerte die Flut des Hammersees, der in seiner Form an den Gurkasee bei Moschin erinnert. Ein prächtiger Promenadenweg begleitet das westliche Ufer des Sees, der als Grundmoränensee zu betrachten ist, bis Sand-Vorwerk. Eine volle Stunde lagen wir an seinem Ufer, lauschten den plätschernden, auf- und abgleitenden Wellen, freuten uns an der Finken fröhlichen Liede und der stillen, von dem Getriebe der Menschen völlig abgeschlossenen Einsamkeit. Der Hammersee ist unzweifelhaft zu den schönsten unsrer Heimat zu rechnen.

Eine Viertelstunde später waren wir in Borui, wohin ein Feldweg von Sand-Vorwerk führt. Das Dorf ist gemischtsprachig, Sitz eines Distrikskommissarius. Altertümliche mit dem Giebel der Straße zugekehrte Blockhäuser wechseln mit freundlichen modernen Ziegelhäusern. Im Gasthause von Richard Fechner fanden wir gute Aufnahme und billige Verpflegung.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“ – Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz;

Kloster Obra und seine Umgebung – ein Reisebericht aus dem Jahr 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Professor Karl Graeter / Ergänzungen und Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[261]

Etappe bis Wollstein – Kapitel 2 / Zusammenschnitt Messtischblaetter

Nachstehender Reisebericht aus dem Jahr 1908 ist das 2te Kapitel aus dem im Jahr 1909 erschienenen „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“. Professor Karl Graeter beschreibt darin seine Wanderung mit seinem Reisegefährten Remus, welcher seine botanischen Kenntnisse einfließen ließ.

Der Autor verzichtete auf Quellenangaben. Leider sind daher einige Ausführungen nicht nachvollziehbar und nicht zu belegen, sodass die Schilderungen und Erwähnungen historischer Ereignisse  nur als persönliche Aussagen zu werten sind und nicht als historisches Material angesehen werden können .

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Kloster Obra und seine Umgebung

Die Freuden, die uns unser Osterausflug bereitet hatte, bewogen uns, in den großen Ferien im Juli eine größere Fußtour zu unternehmen, die uns mit den landschaftlichen Reizen des Westposener Wald- und Seengebietes bekannt machen sollte.

Das Westposener Wald- und Seengebiet erstreckt sich im Osten von Priment über Wollstein, Neutomischel, Lewitz bis Birnbaum und wird im Norden von der Warthe, im Westen von der Obra und Faulen Obra und im Süden von dem Obrabruche begrenzt.

Da wir bei unserm Osterausfluge das Gebiet bis zum Obra-Süd-Kanale bereits kennen gelernt hatten, fuhren wir um 5:58 Uhr früh von Lissa nach Silz-Hauland. Wir ließen dieses rechts liegen und verfolgten den anfangs mit Kirsch-, später mit Weidenbäumen bepflanzten Weg nach dem Dorfe Silz. Kiefernwald bedeckt die niedrigen, sandigen Hügel, die als diluviale Insel aus dem Alluvium emporragen, dazwischen wogen goldige Getreidefelder im frischen Morgenwinde, das helle Grün der Wiesen schiebt sich zwischen das Dunkel der Kiefernstämme, von Süden senden uns die waldigen Höhen, die wir zu Ostern durchwandert, freundliche Grüße zu, und zum wolkenlosen Himmel erheben sich trillerilierend die Lerchen in schnellem Flug.

Schnell war das Dorf Silz durchschritten; überall sehen wir Gardinen an den Fenstern, überall hören wir deutsche Laute. Silz wird in der Mitte durch einen lang gestreckten, seeartigen Teich durchschnitten, an dessen Rande hohes Rohr wächst. Aus ihm grüßt uns ein alter Bekannter, der Rohrsperling, der heute aber nicht, wie sonst seine Gewohnheit, schimpft, sondern nur einzelne Töne von sich gibt; vielleicht erteilt er der jüngeren Generation eine Sprachstunde. Überall sehen wir eine große Menge Steine aufgeschichtet, Zeugen jener Zeit, wo dies Gebiet von den Gletschern der Eiszeit bedeckt war. Hinter der Brücke, die über den fischreichen Dorfteich führt, bogen wir bei dem Gasthause rechts in die Chaussee ein und erreichten nach einer Viertelstunde den Obra-Mittel-Kanal. An der Kanalbrücke fanden wir im Wasser blühende Sagittarien und Butomus, auf der Oberfläche schwammen gelbe Mummeln, am Rande stand in Menge die sogenannte polnische Grütze „Mannagrütze“-Glyceria, die in früheren Zeiten als Nahrung diente.

Auf einem Fußpfade schnitten wir den Weg nach Stradyn ab und machten in dem Kiefernwäldchen hinter dem Dorfe unter einem Muttergottesbilde Rast. Stradyn selbst wir von Polen bewohnt; die Boza Meka bewies uns, daß in dieser Gegend der Katholizismus vorherrscht.

Merkwürdig war die Flora in diesem Kiefernwäldchen. Nicht Sand bedeckte den Boden, sondern üppiges Gras und krautartige Gewächse. Dies läßt sich nur dadurch erklären, daß der Grundwasserspiegel nicht tief liegen kann. Einen direkten Beweis für unsere Annahme bildet das Vorkommen von Sumpfgewächsen, Weidenröschen und Solanum Dulcamara. In den prachtvollsten Exemplaren kamen die Königskerze und die duftende nickende Distel vor.

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Marktplatz in Kiebel / AK-Ausschnitt Sammlung Kraft

Beim Ausgange des Waldes sehen wir schon den Marktflecken Kiebel vor uns, dessen Marktanlage auf den deutschen Ursprung hindeutet. Heute ist dieser wahrscheinlich im Anfang des 14. Jahrhunderts zu deutschem Rechte angelegt Ort überwiegend polnisch. Hinter der Stadt erheben sich mit Kiefern bedeckte Sandhügel, die im Westen 18 Meter erreichen. Im Walde trafen wir Hunderte von Staren an, die geschwätzig durcheinander lärmten. Da wir das Südende des Obraer Sees umwandern wollten, bogen wir rechts ab an dem Forsthause vorbei, wo ein an einer Stange angenagelter Hühnerhabicht zur Warnung für seine Geschlechtsgenossen dienen sollte. Der weitere Wege, auf dem wir den Obra-Mittel-Kanal zum zweiten Male überschritten, war recht einförmige: Sand und Kiefern, Totenstille um uns her, nur hin und wieder ließ sich der lockende Ruf der Amsel vernehmen. Erst als wir in die Nähe des Sees gelangten, trat uns ein älterer, kräftigerer Bestand von Kiefern entgegen, die zierlichere Fichte mischte sich unter sie und brachte eine erwünschte Abwechslung hervor.

Auf der Chaussee angelangt, lenkten wir unsre Schritte nach rechts; das alte ehrwürdige Kloster Obra, das 1231 von frommen Mönchen des Zisterzienserklosters Lekno, seinerseits wieder eine Filiale des Zisterzienserklosters Altenberg bei Köln, gegründet worden war, lag vor uns. Wie die Mönche von Priment, haben auch diese als Kulturträger gewirkt. Nur Deutsche fand in ihrem Kloster Aufnahme, deutsche Siedlungen entstanden unter ihrer Leitung. Edlere Obstarten wurden von ihnen eingeführt, der eiserne Pflug der Deutschen brachte reicheren Ertrag. Aber wenn es sich auch unter dem Krummstab gut leben ließ, sollte gerade die Zugehörigkeit zu diesen deutschen Klöstern den deutschen Bauern zum Schaden gereichen. Als die Reformation auch in Polen Eingang fand, blieben diese deutschen Dörfer, da sie geistlichen Grundherren gehörten, dieser deutschen Bewegung fern; ja, als in der Mitte des 16. Jahrhunderts -1552- ein polnischer Abt in Obra eingesetzt wurde, die deutschen Konventsbrüder nach Schlesien flüchteten und an ihre Stelle Polen traten, waren sie unrettbar der Polonisierung verfallen. Aber ihre guten Eigenschaften, ihre Arbeits- und Ordnungsliebe, vererbten sich auch auf ihre Nachkommen, so daß diese ursprünglich deutschen Dörfer sich auch heute noch vorteilhaft von ihrer Nachbarschaft unterscheiden.

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Kloster Obra / AK-Ausschnitt Sammlung Kraft

In Obra besichtigen wir unter Führung des Küsters der, ein Pole, den deutschen Namen Gärtner führte, die Klosterkirche, die zwar sehenswert ist, aber doch nicht an Schönheit an die des Klosters in Priment heranreicht. In dem ursprünglichen Kloster sind heute emeritierte Geistliche untergebracht. Das Kloster mit Kirche und Wirtschaftsgebäuden nimmt einen ansehnlichen Raum ein. In Beißerts Gasthaus fanden wir eine sehr gute Unterkunft und für lange Zeit das letzte, auch verwöhnten Ansprüchen genügende Mittagsmahl; das ist umso mehr hervorzuheben, als die übliche Stunde schon überschritten war. Leider ist dieses Gasthaus jetzt in die Hände des bekannten Polen Biedermann übergegangen.

Hier lernten wir auch den Sohn des Hauses kennen, dem wir für unsre weitere Fahrt manchen wertvollen Wink verdanken. Von ihm erfuhren wir auch, daß wir klüger getan hätten, wenn wir von Kiebel über Neu-Dembowiec unsern Weg genommen hätten; denn dieser sei nicht nur kürzer, sondern biete auch eine hübsche Aussicht dar. Im Orte wohnen nur wenige deutsche Familien, die übrigen sind Polen, wenn sie auch teilweise deutsche Namen tragen.

Unter Führung des erwähnten Herrn und eines Obraer Lehrers setzten wir unsern Marsch nach Osten fort und gelangten über das Vorwerk Neudorf (Neuhof?) an die Ostseite des Berzyner Sees. Auf dem Wege vom Kloster zum Doycatale stießen wir auf eine botanische Merkwürdigkeit, zwei zweibeinige Buchen. Wir schritten durch üppige Wiesen, rechts tauchte am Horizonte das Vorwerk Neu-Dembowiec auf; ruhig ästen in der Ferne vier Rehe. Wir verabschiedeten uns von den Herren mit aufrichtigem Danke.

Immer weiter ging es durch weite Wiesengründe, die von einer Kuhherde belebt wurden. Über uns zwitscherten die Lerchen, mit schrillem Ruhe flatterten Kiebitze aus dem Röhricht des Sees. Vor uns lag breit gelagert Wollstein mit seinen Türmen; in übermütigem Spiel legten die in grünlichen Kleide prangenden Wellen kosend ihre schaumgekrönten Köpfchen auf den weichen gelben Ufersand. So ging es bald durch Wiesen, bald unter breitem Kieferndache, bald unter hohen rauschen Schwarzpappeln dem zwischen zwei großen Seen freundlich gelagerten Wollstein zu.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“ – Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz;

Der gewaltsame Tod des Rittergutpächters Szulczewski in Groitzig / 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Bez kategorii,Groitzig,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
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Kartenausschnitt mit den Ortschaften Gross und Klein Groitzig und dem Groitziger See; das Bild zeigt die einstige Groitziger Faehre / Quelle 1), 1a)

„Am Sonnabend (01. Oktober 1904) gegen Abend machte der Rittergutspächter Szulczewski in Groitzig seinen Hofeleuten Vorhaltungen über kleine auf dem Gutshofe verübte Diebereien.

Plötzlich sprang ein Arbeiter auf Szulczewski zu und würgte ihn am Halse. Auf die Hilferufe des Szulczewski eilte ein Inspektor herbei, um die Angreifer abzuwehren. Da ergriff ein anderer Arbeiter einen schweren Knüppel und hieb damit aus allen Kräften auf den Inspektor und Szulczewski ein; beide brachten bewußtlos zusammen; während der erstere wieder zu sich kam, hat der letztere das Bewußtsein nicht mehr wieder erlangt.

Der von hier schnell herbeigeholte Arzt Dr. Krause konstatierte eine schwere Gehirnerschütterung und Verletzungen der Schädeldecke, herbeigeführt durch einen wuchtigen Hieb auf den Hinterkopf. Ärztliche Hilfe war vergebens; nach 10 Stunden starb Szulczewski an den Folgen der Verletzungen im blühenden Alter von 36 Jahren.

Der Verstorbene war erst einige Zeit verheiratet. Wie herzzerreißend die Klagen der erst 24 jährigen Witwe sind, kann sich der Leser wohl denken.“

Meldung in der Mittag-Ausgabe des Posener Tageblatt vom Dienstag, 4. Oktober 1904

* * *

„Der Rittergutspächter Hippolyt Szolczewski in Groitzig ist am Sonntag von einem seiner Knechte erschlagen worden. Als Szolczewski einen Knecht wegen eines begangenen Diebstahls an Weizen zur Rede stellt, und dieser den Diebstahl trotz des Hinweises, daß Szolczewski ihn selbst gesehen habe, ableugnete, versetzte ihm Szolczewski einen Schlag ins Gesicht.

Nun eilt ein anderer Knecht mit einer Holzschwinge herbei und schlug den Szolczewski derart auf den Kopf, daß Szolczewski besinnungslos liegen blieb. Die hin zugeeilten Inspektoren und ein Schwager des Szolczewski wurden gleichfalls durch Schläge mit der Schwinge verletzt.

Szolczewski starb, ohne die Besinnung wiedererlangt zu haben, kurze Zeit darauf. Er war erst 36 Jahre als und seit kurzer Zeit verheiratet.“

Meldung im Kreisblatt Neutomischel vom 07. Oktober 1904

* * *

Ueber den Nachlaß des am 02. Oktober von einem seiner Knechte erschlagenen Rittergutspächters Hypolit Szulczewski aus Groitzig ist der Konkurs eröffnet und zum Verwalter der Rechtsanwalt Krochmann von hier (Bentschen) ernannt worden

Meldung im Kreisblatt Neutomischel vom 21. Oktober 1904

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„Eine Auktion von selten großem Umfange fand dieser Tage auf dem Gute Groitzig statt.

Dort wurde nämlich das gesamte tote und lebende Inventar des vor einem Jahre von einem seiner Arbeiter erschlagenen Gutsbesitzers Szulczewski durch den Konkursverwalter verkauft. Die Zahl der anwesenden kauflustigen Personen belief sich auf mehrere Hundert.

Die bei der Auktion erzielten Preise waren ganz enorme. Die Arbeitspferde, die zum Teil in wenig gutem Stande waren, brachten 250 bis 430 Mk. Ein Stück Rindvieh galt bis 270 Mk. und darüber, ein Kutschwagen fand für 640 Mk. einen Käufer, kurz, sämtliche Inventarstücke gingen zu ganz ungewöhnlich hohen Preisen an die Käufer über.“

Meldung im Kreisblatt Neutomischel vom 04. Juli 1905

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„In dem Konkurse des verstorbenen Rittergutspächters Szulczewski in Groitzig erfolgt gegenwärtig durch den Konkursverwalter Herrn Rechtsanwalt Krochmann aus Bentschen eine Abschlagsverteilung. Viel wird dabei allerdings auf die einzelnen Gläubiger nicht gerade entfallen; denn der verfügbar Betrag beläuft sich auf 68.000 Mk., während die Forderungen 211.958 Mk. betragen.

Meldung im Kreisblatt Neutomischel vom 04. August 1905

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Es wurden in diesem Beitrag die differierenden Daten und Schreibweisen von Namen beibehalten, wie diese in den Artikeln verwendet wurden.

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Am 10. Februar 1901 hatten in Stenschewo, der Rittergutspächter

Martin August Hipolit Szulczewski und die Maria Anna Rzyska

die Ehe geschlossen.

Er war katholischer Religion gewesen und am 13. August 1869 zu Boguniewo, Krs. Obornik als Sohn des bereits zum Zeitpunkt der Eheschliessung zu Boguniewo verstorbenen Gutsbesitzers Wladislaus Szulczewski und dessen bereits ebenfalls, allerdings zu Brattian in Westpreussen, verstorbenen Ehefrau Josepha geb. Herwig geboren worden. Im Eheeintrag ist notiert, dass er seinerzeit in Groitzig, Krs. Bomst ansässig gewesen war.

Die Braut, war ebenfalls katholischer Religion gewesen, geboren am 21. Juni 1877 zu Kramplewo Krs. Posen West; sie war als Tochter des im Jahr 1901 bereits verstorbenen Gutsbesitzers Andreas Rzyski, zuletzt wohnhaft gewesen in Kramplewo und dessen Ehefrau  Maria geborene Kasubeka zur Welt gekommen.

* * *

Beim Standesamt Koebnitz wurde am 4ten Oktober 1904 die Eintragung des Todes des Rittergutspächter Hippolyt Szulczewski, verstorben im Alter von 35 Jahren und 52 Tagen, durch den Landwirt Wladislaus Rzyski, dieser wohnte seinerzeit in Kramplewo, angezeigt. Als Todesdatum bzw. Zeitpunkt wurde der 02. Oktober 1904 vormittags um 7 1/2 Uhr eingetragen.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) „Führer durch das Westposener Wald- und Seengebiet“ – Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz; 1a) Messtischblatt No. 3861 Kobnitz – http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80; 2) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” und „Posener Tageblatt – Mittag-Ausgabe 1904; 3) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Unglück in der Familie Kozubowski / Mroczek – 1907

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Personen, Familien,Pinne | Kommentare sind deaktiviert
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Schloss Pinne / AK Sammlung Wojciech Szkudlarski

Am 17. Januar 1888 erschienen auf dem Standesamt von Pinne/Pniewy der Tagelöhner Michael Kozuboski und die Dienstmagd Josepha Mroczek zur Eheschliessung.

Michael Kozuboski war am 22. September 1858 zu Brody im Kreis Buk geboren und am 26zigsten desselben Monats getauft worden. Er war der Sohn des in Neustadt bei Pinne ansässig gewesenen Knechtes (Hilfsarbeiters) Stanislaus Kozuboski und dessen zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits zu Brody verstorbenen Ehefrau Dorothea geborene Olesch (auch Olesik/Oliesik) gewesen.

Josepha Mroczek wiederum war lt. dem Eheeintrag am 15. Januar 1858 zu Luborz im Kreis Birnbaum,  laut Geburtseintrag widersprüchlich jedoch am 25. Februar 1858 zu Lubocina, Kirchenbuch zu Otorowo im Kreis Samter, als Tochter der Eheleute Valentin und Marianna (geborene Michalak(owa)) Mroczek, welche beide im Jahr 1888 schon verstorben gewesen waren und sich zu zuletzt in Przystanki Kreis Samter aufgehalten hatten, zur Welt gekommen.

Folgt man den Eintragungen aus den Personenstandsunterlagen, so war Josepha Mroczek vor ihrer Eheschliessung als Dienstmagd in Rudki tätig gewesen, dort war im Mai 1879 ihre Tochter Marianna geboren worden. Im Januar 1882 verstarb das kleine Mädchen zu Pinne Dorf. Im Januar 1886, Josepha war noch immer als Dienstmagd zu Pinne Dorf tätig gewesen, kam ihr Sohn Valentin zur Welt. Nach seiner Geburt war sie dann ins „Rübenland“ gegangen um dort Geld für ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ob es sich beim „Rübenland“ um etwa Sachsen oder aber z. B.  um die Gegend von Opalenica gehandelt hat, ist heute nicht mehr bekannt. Dieser Hinweis ist dem Toteneintrag ihres Sohnes, welcher im Alter von nur wenigen Monaten im September 1886 zu Popniewki verstorben war, und wo er als Pflegekind bei Marianna Mackowiak geborene Sturzebecher gelebt hatte.

Etwa im Jahr 1887 hielt sie sich wiederum in Pinne auf. Dort ist sie dann mit ihrem späteren Ehemann Michael Kozuboski, welcher sich zu diesem Zeitpunkt als Tagelöhner in Podpniewki (Kreis Samter) verdingte, zusammen gekommen.

Wann sich der Familienname von Kozuboski zu Kozubowski wandelt ist nicht mehr bekannt. In Aufzeichnungen nach der Eheschließung im Jahr 1888 scheint diese Schreibweise jedoch beibehalten worden zu sein.

Die Tochter Valentina wurde im Januar 1893 und der Sohn Stephan / Szczepan im Januar 1900 geboren. Über weitere Kinder wurden keine Eintragungen gefunden.

Im Januar 1907 geschah dann das Unglück !

Im Kreisblatt Neutomischel, der einstige Kreis Buk war aufgelöst, erschien am 25. Januar 1907 die Meldung:

„P i n n e. Im hiesigen Schloßparke wurde der Arbeiter Kazubowski beim Bäumefällen von einem Baume erfaßt, zur Erde geworfen und fast vollständig zerquetscht.

Der Verunglückte wurde ins Krankenhaus geschafft, in dem er nach einer Stunde unter gräßlichen Schmerzen starb.

Der Verstorbene hinterläßt eine Witwe und drei unerzogene Kinder.“

Der Tod wurde am 11. Januar 1907 beim Standesamt zu Pinne registriert. Darin heißt es, dass der Arbeiter Michael Kozubowski am 10. Januar 1907 nachmittags um acht ein halb Uhr im Johanniter Krankenhause zu Pinne verstorben sei.

Josepha Kozubowski geborene Mroczek, so ein Vermerk bei der Eheeintragung, verstarb am 29. September 1942 zu Posen.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1907; 2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 11 Am Kirchenring – ein Haus in dem die „Bäckerprofession“ betrieben wurde

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
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Rechts im Vordergrund das Gebäude der einstigen No. 11 – erkennbar durch den Giebel zur Straßenfront – AK Sammlung Wojciech Szkudlarski

Am Kirchenring war das Gebäudegrundstück No. 11 im einstigen Neu Tomysl zu finden gewesen.

Das 53 1/2 Fuß lange, 29 Fuß breite und 7 Fuß hohe (ca. 16,3 x 8,8 x 2,1 Meter) Gebäude war im Jahr 1836 das Wohnhaus des Carl Peter Kaulfuss gewesen.

Das Haus war aus kiefernem Fachwerk, welches mit Lehm ausgefüllt gewesen war, errichtet worden. Die Giebelwände hatte man außerdem halb mit Brettern verschlagen.

Im Haus waren über einen Flur 3 Stuben und 1 Laden erreichbar gewesen, im Obergeschoss waren vermutlich 3 Kammern und eine Rauchkammer eingerichtet gewesen; außerdem hatte das Haus über einen Keller verfügt. Geheizt wurde das Gebäude über 3 Öfen, wovon 2 Kachelöfen gewesen waren.

Die Giebelwände wurden im Jahr 1836 als etwas verwittert beschrieben. Die gelehmten Fachwerke waren durch Überlaufen aus den hölzernen Regenrinnen in schlechtem Zustand gewesen. Das Schindeldach des Hauses war als teils gut und teils schlecht befunden worden.

Das Haus selbst stand mit 1 Giebel zum Kirchenring und mit dem anderen zum Hof; die Hausfront verlief also in das Grundstück hinein. Nach den Aufzeichnungen der Provinzial Feuerversicherung war dieses das einzige Haus, welche nicht längs zum Alten Markt errichtet gewesen war.

Das Alter des Hauses war auf etwa 24 Jahre geschätzt worden; das  Baujahr war also um 1812 angenommen worden.

Der 1836 als Eigentümer genannte Carl Peter Kaulfuss war zum Zeitpunkt der Errichtung des Hauses ca. 12 Jahre alt und somit nicht der Bauherr gewesen;  er hatte dieses Anwesen nach 1827, in diesem Jahr wurde er noch als in Glinau Hauland wohnhaft erwähnt, erworben. Aufzeichnungen zum Grundstück No. 11 aus der Zeit vor 1836 wurden jedoch nicht gefunden.

Erwähnenswert ist noch, dass in dem Haus die „Bäckerprofession“ betrieben wurde, galt der Eigentümer doch in den ältesten zu ihm gefundenen Eintragungen als Schuhmachermeister. Erst im Jahr 1850 wurde er im Stammbuch der Meister als Windmühlenpächter erwähnt; im Jahr 1854 dann als Mitglied der Müllerinnung.

Carl Peter Kaulfuss war es auch, der die 1854 beschriebene, auf dem Grundstück im Jahr 1853 errichtete Bockwindmühle bei der Provinzial Feuerversicherung anmeldete.

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Diese Windmühle hatte ganz isoliert auf dem Grundstück No. 11 im Felde gestanden.

Sie war in 2 Etagen 17 1/2 Fuß hoch gewesen; 19 Fuß lang, 17 Fuß breit (ca. 5,3 x 5,8 x5,2 Meter), mit einer Grundfläche von 323 Quadratfuß (ca. 30 Quadratmeter). Sie war aus kiefernem Fachwerk, welches mit Brettern verschlagen und an der Wetterseite mit Schindeln versehen war, gewesen. Die Ober- und die Untermühle hatten über 1 Mahlgang und 2 Stampfen verfügt.

* * *

Carl Peter Kaulfuss

war im Januar 1803 in Neu Tomysl als Sohn des Johann Christian Heinrich Kaulfuss und dessen Ehefrau  Anna Maria Meer geboren worden.

Im Juli 1826 hatten er und Johanna Dorothea Elisabeth Rausch in Neu Tomysl die Ehe geschlossen. Als einziger Nachkomme des Paares gilt Carl Ferdinand Kaulfuss, geboren am 26. März 1827 in der Stadt. Er übte späterhin das Bäckerhandwerk aus.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Verzeichnis der bei dem königlichen Land und Stadtgericht zu Grätz in dem Jahre 1838 eingeleiteten Criminal Untersuchungen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Alt Dabrowo,Alt Tomysl,Bez kategorii,Dakowy Mokre,Doktorowo,Genealogie,Glinau,Grätz,Grubske,Hauland,Lenker Hauland,Lomnitz,Neu Tomysl,Neustadt bei Pinne,Neutomischel,Personen, Familien,Sontop | Kommentare sind deaktiviert
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Stadtansicht Grätz – im Vordergrund der alte Stadtpark, im Hintergrund die alte evgl. Kirche / AK-Ausschnitt Sammlung Kraft

Nachstehend geben wir das Verzeichnis der im Jahr 1838 durchgeführten Untersuchungen und Verurteilungen bei dem Königlichen Stadtgericht in Grätz wieder.

Wir wissen keine Einzelheiten über die Vergehen der Genannten; von keiner der Gerichtsakten war zum Zeitpunkt dieses Beitrages ein Aufbewahrungsort bekannt.

Einerseits erfolgten “völlige” und “vorläufige” Freisprüche, andererseits wurden Gefängnis- und Zuchthausstrafen verhängt. Ebenfalls sind Urteile zur Züchtigung mit Peitschenhieben und Stockschlägen, zum Teil in großer Zahl, gesprochen worden; selten findet sich, dass diese in mäßiger Form ausgeführt werden sollten.

Neben den genannten Strafen kam es bei Männern zum Verlust des Rechts die National Kokarde u. ä. Abzeichen zu tragen; erstere symbolisierte als äußeres Kennzeichen die “herzerhebende allgemeine Aeußerung treuer Vaterlandsliebe“, welche dem Verurteilten durch die begangene Straftat abgesprochen wurde.

* * *

Verzeichnis der bei dem königlichen Land und Stadtgericht zu Grätz in dem Jahre 1838 eingeleiteten Criminal Untersuchungen

Nro Vor- und Zuname, Stand und Wohnort des Angeschuldigten Gegenstand der Untersuchung Alter Wie erkannt worden
1

Hauländerwirth Martin Abraham zu Santop

Holzdiebstahl

45 Jahre

Inkulpat ist völlig freigesprochen

2

Schuhmacher Nicolaus Beyer und Tagelöhner Johann Stankowski zu Doctorowo

Diebstahl

50 Jahre und

28 Jahre

Inkulpat ist mit Verlust der National Kokarde und sechswöchentlichen Gefängniß, Coinkulpat dagegen ebenfalls außerordentlich unter Versetzung in die 2te Klasse des Soldatenstandes mit dem Verlust der National Kokarde bei Landwehrkreuzes oder Nationalmilitairabzeichens und achttägigen Gefängniß bestraft

3

Eigenthümer Friedrich Blaesing zu Koseloske und Tagearbeiter Johann Friedrich Giehr zu Wytomysl

Diebstahl unter erschwerenden Umständen

49 Jahre und

36 Jahre

Vorläufig freigesprochen

4

Tagelöhner Anton Blazejewski zu Paprotsch

Diebstahl

24 Jahre

Inkulpat ist mit zwanzig Peitschenschieben, zweimonatlicher Gefängnißstrafe belegt, und das Recht die Nationalkokarde zu tragen verlustig erklärt

5

Jude Itzig Basch zu Graetz

desgleichen

26 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit fünfzehn Peitschenhieben bestraft

6

Tagelöhner Johann Wilhelm Becker zu Wiosker Hauland, Gottlieb Püsching und Elisabeth Becker geb. Baehr

desgleichen

24 Jahre und

21 Jahre und

21 Jahre

Inkulpat ist außerordentlich mit Verlust der Nationalkokarde und einjähriger Zuchthausstrafe, Coinkulpat ad 1. ordentlich mit Verlust der Nationalkokarde mit dreißig Peitschenhieben in zwei Raten in zwei aufeinander folgenden Tagen, in den für den Nichtzüchtigungsfall eine vierwöchentliche Zuchthausstrafe substituiert und außerdem mit einjähriger Zuchthausstrafe  nebst Dekretion (Dekret=Verordnung/Beschluss?), Coinkulpat ad 2. außerordentlich mit dreimonatlicher Zuchthausstrafe bestraft.

7

Bettler Martin Buda zu Porazyn

Diebstahl

60 Jahre

Inkulpat ist mit dem Verluste der Nationalkokarde und einer achttägigen Gefängnißstrafe bestraft

8

Dienstjunge Roch Bakowski zu Otusz

desgleichen

16 Jahre

Inkulpat ist mit dem Verluste der Nationalkokarde, zehn Peitschenhieben so wie mit einer sechswöchentlichen Gefängnißstrafe bestraft

9

Knecht Jacob Budzin zu Bendlewo

Pelz Diebstahl

29 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

10

Pferdeknecht Jacob Bandura zu Dakowy Suche

Diebstahl

39 Jahre

Inkulpat ist unter Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstande, Verlust der Nationalkokarde, des Nationalmilitair Abzeichens oder des Landwehrkreuzes zu achttägigem Gefängniß verurtheilt

11

Hauländer Matheus Banasch zu Lenker Hauland

desgleichen

58 Jahre

Inkulpat ist freigesprochen

12

Handelsmann Itzig Basch zu Graetz

Betrug

26 Jahre

Noch nicht erkannt

13

Tischlerlehrling Ignatz Boks zu Buk

Beschädigung aus Muthwillen

19 Jahre

Noch nicht erkannt

14

Pensionierte Actuar Benetsch zu Buk

Betrug

Noch nicht erkannt

15

Tagelöhner Ludwig Ciszewski zu Doktorowo

Diebstahl

25 Jahre

Ínkulpat ist mit einer Züchtigung von zwanzig Peitschenhieben an einem Tage und mit vierzehntägigem Gefängniß bestraft, auch das Recht die Preußische National Kokarde zu tragen für verlustig erklärt

16

derselbe

desgleichen

Inkulpat ist mit einer Züchtigung von zwanzig Peitschenhieben, einer vierwöchentlichen Gefängnißstrafe und mit dem Verlust der National Kokarde bestraft

17

Juliane verehelichte Kaufmann Czapaza zu Wymyslanke

desgleichen

Inkulpatin ist wegen ersten gewaltsamen Diebstahls mit einer einjährigen Gefängnisstrafe bestraft

18

Daniel Benjamin Damke zu Grätz

Beschädigung aus Muthwillen

14 Jahre

Inkulpat ist mit einer körperlichen Züchtigung von zwanzig Peitschenhieben in zwei gleichen Raten und an zwei aufeinander folgenden Tagen bestraft, und im Fall seiner Nichtzüchtigungsfähigkeit aber diese Strafe vierzehntätiges Gefängniß substituiert

19

Unverehelichte Antonina Dlugoszweska zu Neustadt

Diebstahl

29 Jahre

Inkulpatin ist außerordentlich mit einer vierzehntägigen Gefängnißstrafe betraft

20

Komonrek ?  Woyciech Dobiala zu Niegolewo

Diebstahl

24 Jahre

Noch nicht erkannt

21

Einlieger Lucas Dupiaky alias Kaczmarek zu Stusz

desgleichen

36 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

22

Unverehelichte Antonina Dlugoszewska zu Neustadt

Diebstahl unter erschwerenden Umständen

29 Jahre

Inkulpatin ist ordentlich mit dreiwöchentlicher Gefängnißstrafe bestraft

23

Gebrüder Casimir und Johann Eichler zu Buk

Körperliche Verletzung

26 Jahre

Noch nicht erkannt

24

Wirth Johann Fabisch zu Niepahanno, Woyciech Spiewak zu Wilke, Casimir Iczowiak

Diebstahl

41 Jahre, 39 Jahre, 36 Jahre

Inkulpat ist ordentlich unter Versetzung an die zweite Klasse des Soldatenstandes mit dem Verlust der Nation Kokarde pp und zehn Stockschlägen, oder im Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit, mit einer achttägigen Gefängnißstrafe belegt.

Koinkulpat ad 1 ordentlich mit dem Verluste der National Kokarde und mit zehn Peitschenhieben oder im Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit mit einer achttägigen Gefängnißstrafe

Koinkulpat ad 2. ist außerordentlich unter Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes mit dem Verluste der National Kokarde pp und einer sechswöchentlichen Einstellung in die Strafsektion bei einer Garnison Kompagnie bestraft

25

Ehemaliger Hülfsbote Franke zu Graetz

Verletzung des Amtseides

44 Jahre

Noch nicht erkannt

26

Schmied George Flieger zu Niegolewo

Thätliche Mißhandlung

28 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

27

Unverehelichte Pauline Foltmann zu Neustadt

Diebstahl

16 Jahre

Inkulpatin ist mit 8 tägiger Gefängnißstrafe belegt

28

Kaufmann Meyer Friedlaender zu Neutomysl

Störung des Gottesdienstes

48 Jahre

Noch nicht erkannt

29

Schuhmachergeselle Johann Freyer und Borowiak zu Graetz

Kleiner Diebstahl

20 Jahre, 29 Jahre

Noch nicht erkannt

30

Müller Freytag zu Posadowo

Schwere Beleidigung

41 Jahre

Noch nicht erkannt

31

Tagelöhner Christian Gregor zu Paprotsch

Entweichung aus dem Gefängniß

25 Jahre

Inkulpat ist mit fünfzig Peitschenhieben in zwei Raten, welche im Falle der Nichtzüchtigungsfähigkeit eine sechsmonatliche Zuchthausstrafe substituiert bestraft

32

Bürger Wawrzyn Glowniewskie zu Opalenica

Holz Diebstahl

28 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

33

Büttchergeselle Vincent Galkowski zu Neustadt

Diebstahl

25 Jahre

Inkulpat ist das Recht die Nationalkokarde, das Nationalmilitairabzeichen oder das Landwehrkreuz für verlustig erklärt, in die zweite Klasse des Soldatenstandes versetzt und dreißig Stockschläge in zwei aufeinander folgenden Tagen und im Nichtzüchtigungsfalle mit einem vierwöchentlichen Gefängniß bestraft

34

Rosina verehelichte Tagearbeiter Groch zu Alt Boruy

desgleichen

36 Jahre

Inkulpat ist mit einer dreimonatlichen Zuchthausstrafe belegt

35

Tagelöhner Christian Günther und Carl Ludwig Jahnke zu Neustadt

desgleichen

44 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

Koinkulpat außerordentlich des Rechts die Nationalkokarde und die Kriegesgedenkmünze per 1812/13 zu tragen für verlustig erklärt und mit einer sechsmonatlichen Zuchthausstrafe belegt

36

Einwohner Jacob Grzeszkiewicz zu Neustadt

desgleichen

30 Jahre

Inkulpat ist unter Versetzung in die zweite Klasse das Soldatenstande, Verlust der National Kokarde, des Landwehrkreuzes oder Nationalmilitairabzeichens zu einer zweimonatlichen Einstellung an die Strafsection einer Garnisonskompagnie außerordentlich verurtheilt

37

Wirth Anton Gwarny zu Brody

Diebstahl

30 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

38

Einlieger Jacob Gocha zu Lagwy und Joseph Horleczka

desgleichen

26 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit dem Verlust der National Kokarde mit dreißig Peitschenhieben in zwei Raten, welche im Falle der Nichtzüchtigungsfähigkeit eine sechswöchentliche Freiheitsstrafe substituiert und mit einer zweijährigen Zuchthausstrafe, sowie der Dekretion bestraft.

Koinkulpat ist ebenso mit der Maßgabe bestraft, daß er zu zwanzig Peitschenhieben, welche im Falle der Nichtzüchtigungsfähigkeit eine vierwöchentliche Freiheitsstrafe substituiert, verurtheilt

39

Dienstmädchen Marianna Galezewska zu Graetz

desgleichen

23 Jahre

Inkulpatin ist vorläufig freigesprochen

40

Wirth Anton Gwarny zu Brody

desgleichen

34 Jahre

Noch nicht erkannt

41

Tagelöhner Jacob Grzeszko alias Grzeszkiewicz und Peter Morkowski zu Neustadt

desgleichen

30 Jahre

Noch nicht erkannt

42

Hauländer George Horlitz und Hauländer Gottfried Köter zu Paprotsch

Diebstahl

42 Jahre

Inkulpaten sind völlig freigesprochen

43

Hauländer Johann Christian Hämmerling zu Paprotsch

desgleichen

34 Jahre

Inkulpat ist freigesprochen

44

Valentin Huebner zu Opalenica

Holz Diebstahl

25 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

45

Fleischer Lewin Hirsch, Geselle Szczpan Kurczynski und Lehrbursche Jonek zu Neustadt

Betrug

35 Jahre

Noch nicht erkannt

46

Einlieger Christian Huske und Eigenthümer Gottlob Hanelt zu Schleife

Diebstahl

26 Jahre

Noch nicht erkannt

47

Tagelöhner August Hildebrandt zu Brody

Diebstahl

21 Jahre

Inkulpat ist ordentlich wegen eines gewaltsamen Diebstahl und außerordentlich wegen eines kleinen gemeinsamen Diebstahl unter erschwerenden Umständen mit Verlust der Nationalkokarde, zwanzig Peitschenhieben, welche im Nichtzüchtigungsfalle eine neunwöchentliche Gefängnisstrafe substituiert, und einer Zuchthausstrafe von einem Jahr und acht Tagen nebst Dekretion bestraft

48

Schuhmacher Thomas Hapinski zu Graetz

Versätzliche körperliche Beschädigung

56 Jahre

Noch nicht erkannt

49

Hauländer Johann Hecke, Wittwe Steinke, Wirth Christian Blaesing, Gottfried Bielke, Gottfried Kahl; zu Paprotsch

Diebstahl

28 Jahre

Inkulpat ist zwar mit Strafe verschont, jedoch in die Kosten renunthiert, Koinkulpaten sind aber völlig freigesprochen

50

Wirth Christian Haemmerling zu Paprotsch

Diebstahl

Noch nicht erkannt

51

Hauländer Gottlieb Joachim zu Michorzewo

Forstdefraudation

Inkulpat ist verurtheilt eine Strafe von 6 Thlr. an das Dominium zu zahlen, welche im Unvermögensfalle eine Gefängnißstrafe von neun Tagen oder Forst oder sonstiger Arbeit substituiert und zwar von gleicher Dauer

52

Einlieger Gottfried Jentke zu Konkolewo

Diebstahl

Inkulpat ist mit der Nationalkokarde und zehn Peitschenhieben welche im Falle der Nichtzüchtigungsfähigkeit eine achttägige Gefängnißstrafe substituiert bestraft

53

Einwohner Bartholomeus Jech zu Lwow

desgleichen

20 Jahre

Noch nicht erkannt

54

Komorek Franz Janyszka zu Remiorek, Woyciech Szbala

desgleichen

40 Jahre

Inkulpat ist unter Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes mit dem Verluste des Militairabzeichens oder des Landwehrkreuzes, der Nationalkokarde und demnächst mit 30 Stockhieben, denen einen dreiwöchentliche Gefängnißstrafe substituiert ordentlich bestraft;

Koinkulpat dagegen freigesprochen

55

Dienstjunge George Jablonski zu Opalenica

Sodomitammy

16 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

56

Schneider Gottfried Kahl und Eigenthümersohn Wilhelm Deutschmann zu Grupsker Hauland

Diebstahl

19 Jahre

Inkulpaten sind ordentlich mit dem Verluste der Nationalkokarde und mit fünfzehn Peitschenhieben, so wie mit einer einjährigen Zuchthausstrafe belegt, und falls einer oder der andere Angeschuldigte nicht züchtigungsfähig, der körperlichen Züchtigung eine dreiwöchentliche Gefängnißstrafe substituiert, auch so lange datieret bis sie auf…, daß sie sich künftig auf ehrliche Art zu ernähren im Stande sind

57

Schneider Franz Kaiecki aus Kraczewo, Franz Zwierzejewski, Thomas Rzanny, Joseph Skalecki

desgleichen

35 Jahre

Inkulpat ad 1 ist außerordentlich wegen eines gewaltsamen und zweiten Diebstahls mit 2 1/2 jähriger Zuchthausstrafe belegt;

Koinkulpaten sind freigesprochen

58

Johann Kandula zu Alttomysl

Diebstahl unter erschwerenden Umständen

19 Jahre

Inkulpat ist wegen ersten kleinen gemeinen Diebstahls mit einer zehntägigen Gefängnisstrafe und dem Verlust der Nationalkokarde bestraft

59

Anton v. Kowalski zu Wysoczka

Beleidigter Majestät

14 Jahre

Noch nicht erkannt

60

Schäfer Gottfried Klopsch zu Zembowo

Diebstahl

46 Jahre

Inkulpat ist mit Verlust der Nationalkokarde, neun monatlicher Zuchthausstrafe und zwanzig Peitschenhieben, welche im Falle er nicht züchtigungsfähig befunden werden sollte, einer neunwöchentlichen Verlängerung der anberaumten Freiheitsstrafe substituiert, bestraft

61

Schuhmacherlehrling Carl Kolinski zu Grätz, verehelichte Grabowski, Herr und Müllerin Nowak zu Steszewo

Diebstahl und Ankauf gestohlener Sachen

20 Jahre

Noch nicht erkannt

62

Gebrüder Christian und Dienegott Kahl zu Paprotsch

Diebstahl

25 Jahre

Inkulpat ist außerordentlich mit dem Verlust der Nationalkokarde und einer 14 tägigen Gefängnisstrafe bestraft. Inkulpat ad 2 ist vorläufig freigesprochen

63

Schneider Franz Kawiecki und Jacob Gocha

Beabsichtigte Entweichung aus dem Gefängniß

35 Jahre

Inkulpaten sind ordentlich jeder mit dreißig Peitschenhieben belegt

64

Kubuska aus Crusnice

Diebstahl

25 Jahre

Noch nicht erkannt

65

Gebrüder Gottlieb und Gottfried Kuhlke zu Kapunke

desgleichen

25 Jahre

Noch nicht erkannt

66

Knecht Valentin Krol alias Krolinkowski, Wirthschaftssohn Michael Szymanski zu Sliwno

Auflauern und Mißhandlung auf öffentlicher Straße

25 Jahre

Noch nicht erkannt

67

Gottfried Kliche, Gebrüder Siegismund und Gottlieb Strauch zu Paprotsch

Widersetzlichkeit

28 Jahre

Noch nicht erkannt

68

Knecht Mathias Kaczmarek zu Gnin

Körperliche Verletzung

24 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit einer zweimonatlichen Einstellung bei einer Strafsection bestraft

69

Fleischerlehrling Krug zu Neustadt

Diebstahl

16 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit Verlust der Nationalkokarde, einer achttägigen Gefängnisstrafe und zehn Peitschenhieben, welche im Nichtzüchtigungsfalle ebenfalls eine achttägige Gefängnißstrafe substituiert

70

Schulz Kubczyk zu Bukowiec

Wegen Beleidigung des Probstes im Amte und Störung des Gottesdienstes

62 Jahre

Noch nicht erkannt

71

Tagelöhner Mathias Lewandowski alias Kuzczke, Stanislaus Garczarek, Marianna Gierlinska, Joseph Tomaszewski alias Buczak; zu Opalenica

Diebstahl

36 Jahre

Inkulpaten sind vorläufig freigesprochen

72

Einwohner Joseph Lukaszewicz zu Ruchocice

Diebstahl

38 Jahre

Inkulpat ist wegen ersten kleinen gemeinen Diebstahl ordinaria mit Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes, Verlust der Nationalkokarde, des Landwehrkreuzes oder des Nationalmilitairabzeichens und mit achttägiger Gefängnißstrafe bestraft

73

Bürger Johann Lawicki zu Opalenica

desgleichen

49 Jahre

Inkulpat ist wegen ersten kleinen unter erschwerenden Umständen verübten Diebstahl ordentlich mit einer achttägigen Gefängnisstrafe und dem Verlust des Rechts die National Kokarde zu tragen, bestraft

74

Einlieger Jacob und Johann Lisek zu Groß Lipke, August Haenelt, Gottlob Neumann, Gottlob Haenelt

desgleichen

29 Jahre

Koinkulpaten ad 3. und 4. sind vorläufig freigesprochen, ad 5. mit dem Verlust der Nationals Kokarde und 20 Peitschenhieben belegt.

Inkulpat ad 1. Jacob vorläufig freigesprochen, Johann hingegen mit Verlust der National Kokarde und mit einer dreimonatlichen Zuchthausstrafe belegt

75

Tagelöhner Johann Lisek und Martin Makowski zu Bolewice

Diebstahl

29 Jahre

Inkulpat vidi No. 74 ad 2.

Koinkulpat ist wegen eines Diebstahls unter erschwerenden Umständen mit dem Verluste der Nationalkokarde, zehn Peitschenhieben und sechswöchentlicher Zuchthausstrafe belegt

76

Dienstknecht Gottfried Lange zu Lenker Hauland

desgleichen

24 Jahre

Noch nicht erkannt

77

Beata verehelichte Luedke und Elisabeth verehelichte Fiege zu Glinau

desgleichen

23 Jahre

Noch nicht erkannt

78

Anastasia verehlichte Musial zu Neustadt

desgleichen

55 Jahre

Inkulpatin ist vorläufig freigesprochen

79

Tagelöhner Joseph Masur zu Opalenica

desgleichen

20 Jahre

Inkulpat ist außerordentlich mit einer neuntägigen Gefängnißstrafe belegt und des Rechts die Nationalkokarde zu tragen für verlustig erklärt

80

Schäfer Samuel Meyer zu Konkolewo

Diebstahl

36 Jahre

Inkulpat ist mit zwei Thaler Geld oder dreitägiger Gefängnisstrafe belegt, und zwar wegen Widersetzlichkeit bei der Pfändung, von der Anschuldigung Holz aus dem Walde entwendet zu haben ist er freigesprochen

81

Dienstjunge Joseph Mankowski und Valentin Skrzeypczak; zu Sliwno

Gewaltsamer Diebstahl

14 Jahre

Inkulpat ist unter Verlust des Rechts die Nationalkokarde zu tragen mit einer körperlichen Züchtigung von 30 Ruthenhieben in zwei Raten um den anderen Tage belegt, auf ein Jahr in das Zuchthaus einzusperren und aus demselben nicht eher zu entlassen, als der Inkulpat nachgewiesen, daß und wie er sich künftig auf ehrliche Art zu ernähren im Stande, im Falle er nicht züchtigungsfähig eine zweimonatliche Zuchthausstrafe substituiert.

Koinkulpat ist vorläufig freigesprochen

82

Andreas Musielak zu Tarnowo, Mathias Wozny, Franz Dera

Diebstahl

30 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit dem Verlust der Nationalkokarde, des Landwehrkreuzes oder Militairabzeichens, einjähriger unter Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes, auch Einstellung in die Strafsection einer Garnisonskompagnie abzubüßenden Zuchthausstrafe und mit 30 Stockhieben an zwei aufeinander folgenden Raten oder neunwöchentlichem Gefängniß bestraft

Koinkulpaten dagegen freigesprochen

83

Doktor Mosse zu Grätz

Fahrlässiger Tödtung eines Kindes

30 Jahre

Noch nicht erkannt

84

Bürger Paul Mazantowiecz, Franz Sterlewicz, Paul Richter, Woyciech Sterlewicz; zu Buk

Diebstahl

34 Jahre

Noch nicht erkannt

85

Tagelöhner Johann Müller zu Boruy

desgleichen

56 Jahre

Inkulpat ist wegen Diebstahls unter erschwerenden Umständen ordentlich mit Verlust der National Kokarde, einer sechswöchentlichen Gefängnißstrafe und zehn Peitschenhieben welche im Nichtzüchtigungfähigkeitsfalle eine achttägige Verlängerung der erkannten Freiheitsstrafe substituiert, bestraft

86

Schuhmacher Franz Michalowcki zu Dakow Mokre

desgleichen

23 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit Verlust der National Kokarde und einer vierzehntägigen Gefängnisstrafe bestraft

87

Graf v. Mielzynski zu Karczewo

Beleidigter Majestät

60 Jahre

Noch nicht erkannt

88

Dienstjunge Gottfried Mentzel zu Alt Dabrowo

Diebstahl

16 Jahre

Inkulpat ist mit Verlust der National Kokarde und vierzehntägiger Gefängnißstrafe bestraft

89

Dienstknecht Paul Malinski zu Woznik

desgleichen

20 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit dem Verlust der National Kokarde, mit zehn Peitschenhieben, oder im Falle von Nichtzüchtigungsfähigkeit, mit einer achttägigen Gefängnißstrafe belegt

90

Tagelöhner August May zu Brzoza

desgleichen

28 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit dem Verluste des Rechts die preußische Nationalkokarde zu tragen, einer körperlichen Züchtigung von vierzig Peitschenhieben oder im Nichtzüchtigungsfalle einer neunwöchentlichen Gefängnißstrafe substituiert, und einer neunmonatlichen Zuchthausstrafe bestraft

91

Dienstjunge Gottfried Mentzel zu Alt Dabrowo

Entweichung aus dem Gefängnisse

16 Jahre

Inkulpat ist mit einer körperlichen Züchtigung von 20 Peitschenhieben in zwei Raten, welche im Nichtzüchtigungsfalle einer 14 tägigen Zuchthausstrafe substituiert, bestraft

92

Tagelöhner Valentin Napierala zu Dobiezyn

Diebstahl

35 Jahre

Inkulpat ist ordentlich unter Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes, mit dem Verluste des Militair Abzeichens, des Landwehrkreuzes und der National Kokarde, mit fünfzehn Stockhieben, welche im Falle der Nichtzüchtigungsfähigkeit eine achttägige Gefängnisstrafe substituiert, bestraft

93

Dienstkencht Constantin Nawracala zu Psarski

Diebstahl

22 Jahre

Inkulpat ist wegen eines zweiten grossen gemeinen Diebstahl ordentlich mit einer körperlichen Züchtigung von dreißig in zwei Raten zu ertheilenden Peitschenhieben und einer einjährigen Zuchthausstrafe belegt

94

Nachtwächter Simon Nowicki zu Glupon

desgleichen

37 Jahre

Noch nicht erkannt

95

Elisabeth geschiedene Noack zu Rakwitz

desgleichen

34 Jahre

Inkulpatin ist wegen wiederholtem dritten Diebstahls mit achtwöchentlichem Gefängniß bestraft, auch sodann in eine Besserungs-Anstalt einzusperren, und nicht eher zu entlassen bis die Vorgesetzten derselben sich überzeugt haben, daß sie durch die erlittene Strafe merklich gebessert worden und im Stande ist sich ehrlich zu nähren

96

Strafgefangener Johann Nowaczyk zu Rawicz

desgleichen

Noch nicht erkannt

97

Eigenthümer Christian Arlt zu Alt Boruy

desgleichen

31 Jahre

Inkulpat ist wegen zweiten verübten großen gemeinen und wegen eines gewaltsamen Diebstahls in unbewohnten Gebäuden mit Verlust des National Militair Abzeichens oder Landwehrkreuzes und der National Kokarde, Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes, neunzig Stockschlägen in zwei Raten und einer dreiwöchentlichen Einstellung in eine Strafsection einer Garnisons Kompagnie bestraft

98

Tagelöhner Walentin Szloza zu Urbanowo, Tagelöhner Antoni Mlotek zu Urbanowo, Woyciech Garczak

Diebstahl

31 Jahre

Inkulpaten sind mit dem Verluste des Rechts die National Kokarde zu tragen, sechswöchentlichem Zuchthause und jedem demselben mit zehn Peitschenhieben belegt

99

Dienstjunge Franz Orlik zu Niepruszewo

Diebstahl unter erschwerenden Umständen

18 Jahre

Noch nicht erkannt

100

Maurergeselle Samuel Papke zu Paprotsch und Schneider Gottfried Seidelt zu Neu Bolewitz

Diebstahl

18 Jahre

Inkulpaten sind vorläufig freigesprochen

101

Exekutor Gottfried Probst zu Grätz

Unterschlagung von Geldern

44 Jahre

Inkulpat ist wegen Unterschlagung von Geldern aus einer Geldkasse von 50 Thlr. 21 Silbergroschen, 8 Pfg. und event: 331 Thlr, 10 Silbergroschen, welche im Unvermögensfall ein Jahr Zuchthause substituiert, bestraft, seines Amtes entsetzt, zu allen ferneren öffentlichen Aemtern für unfähig, auch des Rechts die National Kokarde, auch Kriegesdenkmünze und die Militairauszeichnung verlustig erklärt, auch nach verbüßtem Rente, der Haft nicht eher zu entlassen, …  bis er die unterschlagenen Gelder erstattet hat

102

Woyciech Popiel zu Ujazd

Diebstahl

33 Jahre

Noch nicht erkannt

103

Tagelöhner Augustin Ponczak zu Buk

desgleichen

50 Jahre

Noch nicht erkannt

104

Dienstjunge Stanislaus Piatkowski zu Zegowo

desgleichen

22 Jahre

Inkulpat ist mit zehn Ruthenhieben und im Nichtzüchtigungsfalle mit achttägigem Gefängniß bestraft

105

Einwohner Clemens Paulowicz, Marianna verehelichte Paulowicz, Dienstjunge Nepomocen Deutschmann; zu Neustadt

desgleichen

40 Jahre

Inkulpat ad 1. ist des Rechts die Nationalkokarde und das Landwehrkreuz oder das Militair Abzeichen zu tragen für verlustig erklärt und außerordentlich mit einer 14 tägigen Gefängnisstrafe belegt.

Inkulpatin ad 2. ist vorläufig freigesprochen

Inkulpat ad 3. ist des Rechts die Nationalkokarde zu tragen für verlustig erklärt und mit einer körperlichen Züchtigung von 20 Peitschenhieben belegt, welche im Fall der Züchtigungsunfähigkeit eine 14 tägige Gefängnißstrafe substituiert.

106

Hülfsbote und Exekutor Paetsch zu Grätz

???

45 Jahre

Noch nicht erkannt

107

Einwohner Clemens Paulowicz zu Neustadt

Diebstahl

40 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit dem Verlust der National Kokarde und vier wöchentlichem Gefängniß bestraft

108

Einwohner Johann Przybylski zu Wronczyn

desgleichen

40 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

109

Johann Pauluszyk, Sohn des Eigenthümer Franz Paluszyk in Snowidowo

desgleichen

11 Jahre

Inkulpat ist wegen eines kleinen gemeinen Diebstahls mit fünf Ruthenhieben belegt

110

Schmied Johann Pausch zu Gräaetz

desgleichen

49 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit dem Verlust der National Kokarde und zehn Peitschenhieben bestraft, welche im Falle der Nichtzüchtigungsfähigkeit eine achttägige Gefängnißstrafe substituiert

111

Tischler Przyborowicz zu Buk

desgleichen

38 Jahre

Noch nicht erkannt

112

Schreiber August Piechocki zu Niegolewo

Betrug

Noch nicht erkannt

113

Eigenthümer Gottfried Pirschel zu Lomnitzer Hauland

Diebstahl

43 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

114

Gebrüder Pawlik zu Komorowo Hauland

Raub

Noch nicht erkannt

115

Tagelöhner Augustin Ponczak zu Buk

Entweichung aus dem Gefängniß

50 Jahre

Noch nicht erkannt

116

Schäferknecht Melchior Roguszczak und Johann Inspektorek

Diebstahl

Noch nicht erkannt

117

Dienstjunge August Radke zu Neutomysl

desgleichen

17 1/2 Jahre

Inkulpat ist mit zehn Peitschenhieben oder achttägiger Gefängnißstrafe belegt

118

Eigenthümer Valentin Swoboda zu Wasowo

Holz Diebstahl

44 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

118 (2x)

Sophia verwittwete Schubert zu Rostarzewo

Diebstahl

73 Jahre

Inkulpatin ist vorläufig freigesprochen

119

Bahnbursche Vincent Sokolowski und Simon Sokolowski, Scharfrichter Dietrich; zu Grätz

Diebstahl

20 Jahre

Inkulpat ad 1. ist mit Verlust des Rechts die National Kokarde zu tragen und zwanzig Peitschenhieben, denen für den Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit eine vier wöchentliche Zuchthausstrafe substituiert und einer achtwöchentlichen Zuchthausstrafe nebst Dekretion bestraft.

Inkulpat ad 2. außer dem Verlust der National Kokarde mit einer körperlichen Züchtigung von zehn Peitschenhieben, denen für den Nichtzüchtigungsfall eine achttägige Gefängnisstrafe substituiert und einer zehntägigen Gefängnißstrafe bestraft

Inkulpat ad 3. von der Anschuldigung der Theilnahme an dem Diebstahl vorläufig freigesprochen

120

Samuel Sommer zu Doktorowo, Thomas Jankowski, Martin Jankuowski und Mathaei Konatkiewicz

Holz Diebstahl

Gegen den Inkulpaten ist die Untersuchung vorbehalten und die Koinkulpaten sind völlig freigesprochen

121

Tagearbeiter Johann George Schelski und Tagelöhner Michael Kuhnke, Christian Arlt zu Alt Boruy

Diebstahl unter erschwerten Umständen

36 Jahre

Ein jeder der Inkulpaten ist mit Verlust der Tragung der National Kokarde, vierzig Peitschenhieben in zwei Raten und einer dreimonatlichen Zuchthausstrafe bestraft

122

Magd Julie Szezecinska zu Grossdorff

Diebstahl

30 Jahre

Inkulpat ist mit achttägiger Gefängnißstrafe bestraft

123

Dienstjunge Ludwig Schiderski zu Pinne

desgleichen

21 Jahre

Inkulpat ist mit zwanzig Peitschenhieben bestraft, auch der National Kokarde für verlustig erklärt

124

Schuhmacher August Spahnke’sche Eheleute zu Neutomysl

desgleichen

36 Jahre

Inkulpaten sind mit einer vierwöchentlichen Gefängnißstrafe belegt, und der Ehemann mit Verlust der Nationalkokarde bestraft und in die zweite Klasse des Soldatenstandes versetzt

125

Nachtwächter Matheus Schiller zu Szewce

desgleichen

48 Jahre

Inkulpat ist völlig freigesprochen

126

Schulze Christian Steinborn zu Alt Dabrowo

Diebstahl an stehendem Holze

39 Jahre

Inkulpat ist außer dem Ersatze des … von 1 Thlr, 10 Silbergroschen mit einer Geldbuße von 5 Thlr. 10 Silbergroschen, welche im Unvermögensfalle auch der Wahl des Waldeigenthümers eine Gefängnißstrafe von 8 Tagen oder Forst- oder andere Arbeit von gleicher Dauer substituiert, bestraft

127

Schuhmacher Gottlob Sperling zu Neustadt, Johann Weber

Diebstahl

24 Jahre

Inkulpat ist außerordentlich mit einer neuntägigen Gefängnißstrafe und dem Verlust der Nationalkokarde bestraft.

Koinkulpat mit einer achttägigen Gefängnißstrafe und Verlust der National Kokarde bestraft

128

Zimmermann Szymon Sekurski alias Przybyl zu Alt Tomysl

desgleichen

40 Jahre

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

129

unverehelichte Agnes Suchorska zu Buk

desgleichen

17 Jahre

Inkulpatin ist wegen eines zweiten kleinen gemeinen Diebstahls mit einer vierwöchentlichen Gefängnißstrafe belegt

130

Einlieger Ignatz Trzebinski zu Opalenica

desgleichen

Inkulpat ist vorläufig freigesprochen

131

Zimmermeister Christian Ullert zu Alt Dabrowo

Diebstahl wegen einer schwachen Eiche

32 Jahre

Inkulpat ist mit zwei Thaler Geldstrafe an die Forstkasse welche im unvermögenden Falle eine 2 1/2 tägige Gefängnißstrafe oder Forst- oder andere Arbeit substituiert bestraft

132

Elisabeth verwittwete Werner zu Rojewo

Diebstahl

44 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit einer vierzehntätigen Gefängnißstrafe belegt

133

Einlieger Franz Wierkiewicz zu Opalenica

desgleichen

29 Jahre

Inkulpat ist wegen eines zweiten kleinem unter erschwerten Umständen verübten Diebstahls extraordinaria unter Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes mit dem Verlust der National Kokarde, des Landwehrkreuzes oder Militair Abzeichens mit vier wöchentlichem Gefängniß bestraft

134

Knecht August Werner zu Glinau

desgleichen

21 Jahre

Inkulpat ist mit 10 Peitschenhieben, welche im Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit acht Tage Gefängniß substituiert, bestraft, und des Rechts die Nationalkokarde zu tragen verlustig erklärt

135

George Werber zu Koseloske

desgleichen

Noch nicht erkannt

136

Tagelöhner Gottlob Wald zu Kapunke

Körperliche Verletzung

31 Jahre

Inkulpat ist ordentlich mit einer zweimonatlichen Einstellung in eine Strafsection bestraft

137

Einwohnerin Helena Woltysanka aus Ceradz Dolny

Diebstahl

Noch nicht erkannt

138

Casimir Woliczak zu Reginsko

Diebstahl

22 Jahre

Noch nicht erkannt

139

Landwehrmann Mathias Wieczorek zu Brody

Störung des Gottesdienstes

34 Jahre

Noch nicht erkannt

140

Eigenthümer Johann Friedrich Zych zu Weisshauland

Diebstahl

28 Jahre

Der Angeschuldigte ist wegen Entwendung eines … Bohlstammes zur Erlegung dessen Wertes mit 15 Sgr und dessen vierfachen Betrages mit 2 Thlr an die Forstadministrationskasse zu Bukowiec, eventl aber zur Forst- oder sonstigen Arbeit oder Gefängnißstrafe von drei Tagen verurtheilt

141

Hauseigenthümer Mathias Zielaskiewicz zu Doktorowo

desgleichen

70 Jahre

Inkulpat ist wegen ersten gemeinen Diebstahls mit einer achttägigen Gefängnißstrafe belegt

142

unverehelichte Rosina Dorothea Zerbe zu Paprotsch

Verheimlichte Schwangerschaft und Geburt …

34 Jahre

Noch nicht erkannt

143

Schäferknecht Martin Zembowski und Bartholomeus Landy zu Tuzowo

Diebstahl

25 Jahre

Noch nicht erkannt

 

Grätz, den 5ten Februar 1839 – Königlich Preussische Land- und Stadt-Gericht

 

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in den Bildunterschriften genannt Staatsarchiv Poznan – http://szukajwarchiwach.pl/  – Oberpräsidium -0290-3331 Buk – Verwaltungsberichte

1875 mit der „Lammershagen“ nach Wellington – die Familien Schaeler, Strauch und Timm

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Boruy,Deutsch Böhmisch,Genealogie,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
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Familien Schaeler, Strauch und Timm – 1875 Auswanderung / Bilder: Brad Schealer

Wanderungsbewegungen hat es in der Geschichte immer gegeben. So sind letztlich auch die deutschsprachigen Siedler, die „Hauländer“, in das Gebiet von Tomysl gelangt.

Größtenteils ist bis heute nicht bekannt woher diese Kolonisten kamen oder auch nicht wohin, wenn sie nicht vor Ort blieben, abwanderten.

Durch das Interesse der Nachkommen, welche über alle Welt verstreut sind und durch die Möglichkeiten, die das Internet bietet, kann ab und an der Weg, den die Vorfahren beschritten haben nachvollzogen werden.

Special thanks goes to this place at Brad Schealer in the far away Australia. It was he, who traced the way of his ancestors from the settlement „Deutsch Böhmisch“ in the year 1875 via Hamburg to Wellington.

Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an Brad Schealer im weit entfernten Australien. Er war es, der den Weg seiner Vorfahren aus der Ansiedlung Deutsch Böhmisch im Jahre 1875 über Hamburg nach Wellington nachvollzog.

* * *

Die  „Lammershagen“ versegelte am 1sten April 1875 ab Hamburg nach Wellington / Neuseeland. Die Ankunft wurde unter dem 11. Juli 1875 im Ankunftshafen verzeichnet.

Es waren 3 Farmer Familien aus Deutschland,  welche ihre Passage eingebucht hatten, die einwandfrei mit ihrer Herkunft aus dem Tomischler Hauland stammend,  ermittelt wurden.

In der Passagierliste sind zu finden unter der

No. 46. mit 2 Personen – Scheler, Henn – 32 Jahre und seine Ehefrau Anna – 30 Jahre,

unter der No. 47 mit 4 Personen – Timm, Wilhelm – 36 Jahre und seine Ehefrau Beata – 33 Jahre mit den Kinder Wilhelmine – 13 Jahre, Anna – 6 Jahre und Wilhelm – 9 Jahre und

unter der No. 48 mit 2 1/2 Personen – Strauch, Gohtfr. – 31 Jahre und seine Ehefrau Julianne – 30 Jahre mit ihrem Sohn August – 4 Jahre

Bei  den unter No. 46 genannten hat es sich um Christian Heinrich Schaeler und dessen Familie gehandelt. Er war am 22. September 1842 in Neu Boruy als Sohn des Eigentümers Johann Gottlieb Schaeler und dessen Ehefrau Johanna Eleonore geb. Rybozke/Rebotzky (u. ä. Schreibweisen) zur Welt gekommen. Am 24. Juli 1870 hatte er in der evangelischen Kirche zu Bentschen die Ehe mit Anna Rosina Dorothea Bohr geschlossen. Sie war am 25. Mai 1844 in Deutsch Böhmisch geboren worden. Ihre Eltern waren der dortige Eigentümer Johann Gottfried Bohr und dessen Ehefrau Anna Rosina geborene Zeuschner gewesen.

Ihre Zwillingsschwester Johanna Juliana Bohr (*25. Mai 1844) hatte im Jahr 1870 in Neu Tomysl den Johann Gottfried Strauch geheiratet. Dieser war am 22. Dezember 1843 in Paprotsch als Sohn des Hauländers Johann Gottfried Strauch und dessen Ehefrau Rosina Dorothea Kubsch zur Welt gekommen. Das Paar hatte sich ebenfalls auf der „Lammershagen“ eingeschifft und war unter der No. 48 mit ihrem 4 jährigen Sohn August verzeichnet worden.

Das dritte Paar, dieses war unter der Passagen-No. 47 registriert worden, waren der Johann Friedrich Wilhelm Timm und dessen Ehefrau Johanna Beate geborene Schaeler gewesen. Er war als Sohn des Eigentümers Johann August Timm und dessen Ehefrau Johanna Juliana geb. Leitloff (alias Hirsch) am 27. Mär 1838 in Neu Boruy geboren worden. Sie war die am 23. September 1841 in Neu Boruy geborene Tochter des dort ansässig gewesenen Johann Paul Christian Schaeler und dessen Ehefrau Johanna Beate geboren Gutsch gewesen. Mit ihren Eltern gingen die Kinder Wilhelmine Johanna – *1861, Wilhelm Carl Friedrich *1865 und Anna Maria Augusta geb. *1866 auf die Reise.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Bilder: Privatbesitz Brad Schealer

 

Einbruch und Diebstahl bei den Gebrüdern Gobion zu Rakwitz – Nacht vom 26. zum 27. April 1827

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Rakwitz – Ostseite Marktplatz (Ausschnitt AK Sammlung Wojciech Szkudlarski)

Der Oesterreichische Beobachter vom Montag, den 24. Juli 1825 brachte nachstehende Meldung:

„Kürzlich wurde ein sehr bedeutender Diebstahl von Blutigeln bei einem gewissen Godion in Paris begangen, der diesen Gewerbszweig im Großen betreibt.

Sein Hauptbehälter ist dicht bei Perpignan. Sieben bis acht junge Diebe, welche glücklich entdeckt wurden, und wovon fünf schon verhaftet sind, hatten mehrere Streifereien dahin gemacht und die Quantitäten dieser Thiere, welche es ihnen auf jeder Reise glückte zu rauben, zu sehr niedrigem Preise verkauft. Man sagt, daß sie Käufer gehabt, die für 10 bis 12 Franken an sich brachten, was zwei bis dreihundert werth war.“

Dieses war allerdings nicht der einzige Verlust, den die Godion’s aus Paris zu verzeichnen hatten.

Nicht einmal 2 Jahre später waren diese nach Rakwitz in der Provinz Posen gereist und machten dort in bedeutsamer Weise auf sich aufmerksam.

* * *

„Am 24. April 1827 kamen die Blutegelhändler Gebrüder Gobion aus Frankreich mit Extrapost in Rakwitz an, wo sie in dem am Markte belegenen Klinder’schen Gasthaus abstiegen.

In Rakwitz wohnten und wohnen noch viele sehr berüchtigte Diebe, zu welchen insbesondere Abraham Schmerl, Israel Byk und Baer Leib Winterfeld gehörten.

Unmittelbar nach der Ankunft der Fremden – eine, in Rakwitz seltene, Erscheinung – fand sich Israel Byk, der im Klinder’schen Gasthause häufig zu verkehren pflegt, bei Schmerl ein, und erzählte ihm, daß die Franzosen einen Koffer mit Geld mitgebracht hätte, und, mittelst Einsteigen in das Fenster, leicht bestohlen werden könnten.

Noch an demselben Tage erschien der 16 jährige Sohn des Schmerl, Namens Moses, zu zweien verschiedenen Malen in der Wohnung der Fremden; das erstemal unter dem Vorwande, ihnen eine Flöte verkaufen, das andere Mal mit dem Anerbieten, ihnen hübsche Mädchen zuführen zu wollen. Beide Anträge wurden abgelehnt, aber erst den Bestohlenen fiel es auf, daß der junge Mensch bei diesen Gelegenheiten sich im Zimmer nach allen Seiten umgesehen hatte.

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Rakwitz – Nordseite Marktplatz (Ausschnitt AK Sammlung Wojciech Szkudlarski)

Als man von der Lokalität gehörig unterrichtet und der Möglichkeit des Diebstahls versichert war, schickte Schmerl am folgenden Tage einen Expressen an den professionierten, als Einbrecher berüchtigten Dieb Rehmann Jakob Königsberger, genannt Rachmiel nach Rostarczewo, um denselben, behufs der Vollführung des Diebstahls, nach Rakwitz zu bestellen. Königsberger folgte ohne Verzug dieser Aufforderung, kam am 25. April bei Schmerl an, und traf bei ihm dessen Schwiegersohn Baer Leib Winterfeld, der gleichfalls in den Plan gezogen wurde. Den nächsten Abend setzten die drei Consorten zur Ausführung des Diebstahls fest.

Demzufolge holte Schmerl, etwa um 10 1/2 Uhr, seinen Schwiegersohn Winterfeld aus seiner Wohnung ab, um sich mit ihm zunächst nach einer, vor der Stadt liegenden, Scheune zu begeben, wo Königsberger ihrer wartete. Auf dem Wege dahin traf er Israel Byk, welcher eben aus dem Klinder’schen Gasthause kam und den Rath ertheilte, noch ein Weilchen mit der Vollführung des Diebstahls zu warten, da die Leute im Gasthause noch wach seien. An jener Stelle, wo Königsberger getroffen wurde, warteten daher die Diebe bis 11 1/2 Uhr, gingen dann um die Stadt herum, bis zum entgegengesetzten Ende, wo ebenfalls Scheunen stehen. An einer derselben hing eine große Leiter, welche die Diebe herunternahmen und durch ein Seitengäßchen bis nach dem Klinder’schen Gasthause trugen. Dasselbe, mit der Fronte nach dem Markte liegend, hat ein Gehöft, welches, von jenem Hintergäßchen aus, ganz unverwahrt ist. Rechts auf diesem Gehöft befindet sich eine Kegelbahn. Diese gingen die Diebe entlang, bis zu dem, mit der Hintergasse parallel laufenden, Gaststalle. Hier war eine unverschlossene Oeffnung, durch welche die Diebe mit der Leiter in den vorderen, für die Kegelschieber bestimmten, Theil der Bahn, und von dort durch eine andere unverschlossenen Thür in den eigentlichen Hofraum an die hintere Wand des Hauses gelangten, wo sich in der ersten Etage das Fenster befand, durch welches der Einbruch verübt werden sollte.

Dieses Fenster führte in das hintere der, überhaupt aus zwei Zimmern bestehenden, Gobion’schen, Wohnung. Hier lagen die Effekten der Reisenden, welche selbst in der vorderen Stube schliefen, und, zur größten Sicherheit, die Verbindungsthür offen gelassen hatten, um, bei etwaigem Diebstahlsversuche, durch das damit gewöhnlich verbundene Geräusch sogleich geweckt zu werden. Man sieht, sie hatten an die Möglichkeit eines Attentates auf ihr Vermögen sehr wohl gedacht, die Vorkehrungen aber waren, für gewerbsmäßige Diebe, völlig unzureichend.

Vermittelst der Leiter stieg Schmerl, während Königsberger und Winterfeld Wache standen, zum Fenster hinan, öffnete dasselbe mit dem Brecheisen und stieg ein. Weil in der Vorderstube, wie gedacht, die zu Bestehlenden schliefen, durfte er es nicht wagen, Licht anzuzünden. Indem er also im Finstern herumtappte, entdeckte er einen kleinen, mit einem rauhen Fell überzogenen und mit einem Vorlegeschloß verschlossenen Reisekoffer. Diesen sehr schweren Koffer trug er an’s Fenster und reichte ihn dem, auf der Leiter nachgestiegenen, Königsberger zu, welcher denselben bis zur Mitte der Kegelbahn trug. Schmerl, der inzwischen ebenfalls nach dem Hofe hinunter gestiegen war, wollte die Leiter wieder an ihren Orte, wo sie weggenommen, zurücktransportieren, argwöhnte jedoch Verrath, als er, etwa auf der Hälfte des Weges, Jemanden auf sich zukommen sah, warf die Leiter weg, und kehrte zur Kegelbahn zurück, wo Königsberger und Winterfeld während dessen den geraubten Schatz bewacht hatten. Alle drei begaben sich nun mit dem Koffer, durch dasselbe Hintergäßchen, vor die Stadt bei den Scheunen, wo der Koffer aufgesprengt ward.

Sie fanden darin 18 Geldrollen, zwei Beutel mit losem Gold und Courant, und außerdem einige Kleidungsstücke. Diese ließen sie in dem Koffer liegen, stellten den letztern selbst in einen benachbarten Garten, und legten das gestohlene Geld unter die Schwelle einer Scheune chawure (vergruben es), worauf sie sich, die Theilung aufschiebend, trennten.

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Rakwitz – Nordostseite Marktplatz (Ausschnitt AK Sammlung Wojciech Szkudlarski)

Der Diebstahl, als er am folgenden Morgen entdeckt wurde, machte große Sensation, denn er betrug nicht weniger als 19.000 Francs, theils in Fünffrankenstücken, theils in Napoleonsd’ors bestehend. Der Verdacht lenkte sich zwar sogleich auf die wirklichen Thäter, es wurden auch noch an dem nämlichen Tage, sowohl bei Schmerl in Rakwitz, als bei Königsberger in Rostarczewo polizeiliche Hausuchungen abgehalten, die aber natürlich fruchtlos ausfallen mußten.

Zu derselben Zeit befand sich der Vigilant (Polizeiagent) Joseph Adolph Rosenthal gerade in Betsche anwesend. Ihm war, als er von dem Diebstahle Kenntniß erhielt, die Thäterschaft des Schmerl unzweifelhaft, und so proponiert er, der betreffenden Behörde Ueberführungsmittel, namentlich gestohlenes Gut, herbeizuschaffen. Schmerl gestand ihm, in die Enge getrieben, auch seine Thäterschaft bald ein, und behändigte ihm von dem gestohlnen Geld 60 Napoleonsd’ors. um damit sein Stillschweigen zu erkaufen.

Statt der ganzen Bestechungssumme lieferte Rosenthal jedoch nur 28 Napoleonsd’ors an die Justizbehörde ab, während er die übrigen 42 für sich behielt. Es wurde nun zwar gegen Schmerl wegen gewaltsamen Diebstahls die Untersuchung eingeleitet, diese auch in der Folge auf den Rosenthal, wegen Diebeshehlerei, ausgedehnt, Beide jedoch, da sie hartnäckig und gewandt leugneten, auch wohl noch andere Umstände ihnen günstig waren, der Erstere vorläufig, der Letztere aber gar gänzlich freigesprochen.

Anlangend nun den Verbleib der so beträchtlichen gestohlenen Summen, so wagt man kaum nachzusprechen, was die Akten darüber ergeben. Nur, das ist gewiß, daß der verbrecherische Reichthum schon in weniger als Jahresfrist gänzlich verschwunden war, und daß mehr als eine Hand damit vergoldet wurde, die über die Häupter der Gauner sich bedrohlich ausstrecken zu wollen schien.“

Soweit der Bericht in der Veröffentlichung „Die jüdischen Gauner in Deutschland“ aus dem Jahre 1842

* * *

Im Oeffentlichen Anzeiger No. 21, erschienen in Bromberg, den 25ten Mai 1827, erschien hinsichtlich der Ereignisse noch nachfolgende Bekanntmachung der Königlichen Regierung:

„Betrifft einen in der Stadt Rakwitz in der Nacht vom 25. zum 26. v. M. (25./26. April 1827) statt gehabten bedeutenden Diebstahl.

Die drei Gebrüder Gobion aus Paris, welche am 23. v. M. (23. April 1827) mit Extrapost in Rakwitz eintrafen, um dort eine große Quantität Blutegel anzukaufen, sind in der Nacht vom 25. zum 26. v. M. (25./26. April 1827) bei dem Gastwirth Siegfried Klinder daselbst, mittelst gewaltsamen Einbruchs bestohlen worden.

Der ihnen aus einer Kammer neben ihrer Wohnstube entwendete Koffer hat, außer Kleidungstücken und Wäsche, nachstehende Gelder und Credit-Briefe enthalten:

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Rakwitz – Südwestseite Marktplatz (Ausschnitt AK Sammlung Wojciech Szkudlarski)

Den Koffer selbst hat man am Morgen nach gesehener Wahrnehmung des Diebstahls, unweit der Stadt gewaltsam erbrochen vorgefunden, doch ohne daß von den darin befindlichen Kleidungsstücken und Wäsche etwas herausgeworfen und entwendet worden wäre.

Die Ortsbehörden und das Publikum werden hierdurch auf Ausgeber französischen Geldes aufmerksam gemacht.

Sollten dieselben nicht ganz bekannte und zugleich ganz sichere Menschen seyn, so sind sie unter polizeilicher Aufsicht zu stellen und den betreffenden Landräthen sogleich Anzeige zu machen, damit diese die Sache weiter verfolgen.

Bromberg, den 11. Mai 1827 – Abtheilung des Innern.

* * *

Schon in der Chronik zum 100jährigen Bestehen der evangelischen Kirche von Friedenhorst wurde im 2ten Kapitel hinsichtlich der Ansiedler auch über Räuber und Diebe geschrieben, welche als „viel schlimmere Räuber“ tituliert und welche unter „den ehrlichen Ansiedlern ihren Wohnsitz aufgeschlagen“ haben sollten, geschrieben. Wenn man den Überlieferungen Glauben schenkt, dann hatten einst im Gebiet der Stadt Rakwitz ganze Banden gewohnt und von dort aus ihre Raubzüge geplant und durchgeführt.

„Diese wurden aber nicht Räuber sondern Schenker genannt. Sie erwiesen sich gegen die Nachbarn sehr freundlich, bewirteten sie reichlich in ihrer Wohnung hinter dem Kirchhofe nordwestlich von der Kirche und teilten häufig Geschenke aus. Sie waren aber in der Tat ruchlose Räuber, welche in der Ferne große Kirchendiebstähle und andre Räubereien ausgeübt hatten. Sie glaubten sich hier im Busche geborgen und sollen ihre Schätze hinter und in den Grubsker Bergen vergraben haben. Aber die Hand Gottes fand sie doch; sie wurden entdeckt und an einem Galgen ausgehängt, welcher um ihretwillen an der Grenze des Neutomischeler Kreises errichtet wurde. Der Eigentümer Friedrich Grunwald hier, welcher 1866 in einem Alter von 66 Jahren starb, hat die Säulen desselben nebst der Staupsäule für unzüchtige Frauenzimmer, wenn auch schon halb umliegend, gesehen. Bis auf unsre Tage hat sich das Andenken an diese Schenker in einem Sprichworte in den Buschgemeinden erhalten. Wenn Jemand sagt: „Du könntest mir das schenken”, so antwortet der Angesprochene: „Die Schenker sind gehängt“.“

Wir haben daher entschlossen den Lebenslauf des J. A. Rosenthal, welcher erst als Räuber, dann als Polizeispitzel und letztlich als Räuber im Polizeidienst tätigt gewesen war, und welcher auch in obiger Berichterstattung erwähnt wurde, hier wiederzugeben, möglich wäre es unter Umständen auch, dass hier Zusammenhänge bestanden haben.

* * *

„Kurzer Lebens-Abriß des Inquisiten Joseph Adolph Rosenthal

An merkwürdigen Lebensgeschichten berüchtigter Gauner könnte ich zwar viele mittheilen; dieselben gehören jedoch in die Personalnotizen. Dagegen will ich hier in raschen Zügen die Lebensgeschichte des Inquisiten Rosenthal beschrieben, … da sie das treue Bild eines Gauners widerspiegelt … So aufrichtig Rosenthal auch in seinen Bekenntnissen gewesen ist, sein Lebenslauf liegt nicht überall ganz klar zu Tage, was denn freilich zum großen Theile mit in dem Umstande beruht, daß die meisten der früher gegen ihn verhandelten Aktenstücke leider verloren gegangen sind.

Joseph Adolph Rosenthal ist am 3. April 1778 zu Joachimsthal in der Kurmark geboren. Sein längst verstorbener Vater, Henschel Moses, war, allen Umständen nach, ein ehrlicher Handelsjude. Zwar zu Joachimsthal wohnhaft, genoß er doch nicht des Judenschutzes, sondern stand eigentlich nur im Dienste der dortigen Schutzjuden, weil man ihn nur als Krankenwärter und Todtengräber duldete. Die Mutter des Rosenthal, Schönchen, geborne Simon, lebt noch zu Joachimsthal; von seinen 10 Geschwistern aber sind 8 verstorben.

Rosenthal, welcher bei der Beschneidung die Namen Jacob Henschel erhielt, blieb bis zum vierzehnten Jahre im elterlichen Hause, besuchte während der Zeit die jüdische Schule und erwarb sich ziemlich guten Elementarkenntnisse. Nach vollendetem vierzehnten Jahre aber hörte die glückliche Einförmigkeit seines bisherigen Lebens auf; er sollte sich jetzt selbst ernähren und fing einen Schacherhandel in der Umgegend zu betreiben an. Damit legt er den Grund zu seinem späteren Lebenslaufe, denn er erweckte den Brodneid der Judenschaft zu Joachimsthal. Auf ihr Andringen wurde ihm, der, von einem nicht beschützten Juden abstammend, auch des Staatsschutzes in den preußischen Landen ermangelte, im Jahre 1796, der Aufenthalt zu Joachimsthal gänzlich untersagt.

Ohne Zweck, ohne Ziel, verließ der 18 jährige junge Mensch das Vaterhaus, in die weite Welt tretend, die er nicht kannte, worin er ein Fremdling war. Von der Stätte seiner Geburt hatte man ihn vertrieben, hatte ihn nach gesetzlichen Formen zum heimathlosen Landstreicher, gemacht. Wer kann mit ihm rechten, daß er, Groll im blutig zerrissenen Herzen, der Behörde und dem Gesetze zu trotzen beschloß? Wohin er sich auch wenden mochte, für ihn den Heimathlosen gab es nirgends einen Ruhepunkt, überall war er vogelfrei. Er blieb daher in der Nähe von Joachimsthal, besuchte heimlich, im Dunkel der Nacht, dann und wann seine Eltern, hausierte, unter beständiger Gefahr, auf dem Lande herum, und verkroch sich vor dem Auge der Polizei in schmutzige Schänken und Wirthshäuser. Hier machte er die Bekanntschaft von allerhand schlechtem Gesindel, das damals auf den Landstraßen, namentlich an der mecklenburgischen Grenze, mit dem Schleichhandel, sein Wesen trieb.

Bei seiner Jugend, bei den für ihn bestehenden Verhältnissen, war er fast willenlos auf den Beistand dieser Menschen angewiesen. Er schloß sich ihnen an, wurde eingeweiht in die Geheimnisse ihres verbrecherischen Gewerbes, und die Würfel seines Geschickes waren geworfen.

Noch hatte er es nicht bis zum eigentlichen Diebe gebracht, als er, im Jahre 1799, beim Verkaufe eines von seinen Genossen gestohlenen Mantels, verhaftet, und von den Schulamtsgerichten zu Joachimsthal zur Untersuchung gezogen ward. Er leugnete, weil er die Thäter nicht zur verrathen wagte, und wurde deshalb, wegen ersten großen gemeinen Diebstahls, rechtskräftig zu dreimonatiger Zuchthausstrafe verurtheilt; nach Verbüßung derselben, in der Strafanstalt zu Spandau, aber mit der Bedrohung über die preußisch-sächsische Grenze gebracht, daß er im Rückkehrungsfalle mit Festungsstrafe belegt werden solle. Gleichwohl kehrte er noch an demselben Tage in’s Preußische zurück, und kam nach Berlin, wo er bei einem, damals an der Königsmauer No. 7 wohnhaften Kochemer, Namens Faesel, heimlich Aufnahme fand.

Hier lernte er zwei jüdische Diebe kennen, Daniel Sprenger aus Polen und Levin Hirsch aus Wrietzen a.d.O., welche hierselbst im Gasthofe zum goldnen Stern in der Klosterstraße logierte. Sie wollten nach Mecklenburg reisen, um Contrebande über die Grenze zu bringen. Rosenthal betheiligte sich bei ihrem Unternehmen und bewogh sie, von Sehnsucht nach seinen Eltern getrieben, mit ihm über Joachimsthal zu reisen. Dort aber angekommen, weigerten sich seine Eltern, ihn zu beherbergen, weil sie daraus üble Folgen für sich, die ja gleichfalls nur geduldet waren, befürchteten. Das Versöhnungsfest, wo bekanntlich die Juden, nach ihrem Religionsgebrauche, nicht reisen dürfen, war indessen vor der Thür, und dadurch bestimmte, suchte Rosenthal mit seinen Gefährten Zuflucht auf dem Hausboden eines Joachimsthaler Schutzjuden. Hier fanden sie eine Quantität Schaaffelle, welche sie stahlen. Rosenthal verkaufte sie an den Schlächter Krohn zu Joachimsthal und ging dann mit seinen Gefährten, behufs des Contrebandirens, nach Mecklenburg, wurde aber von den Landhusaren angehalten, und, da er keinen Paß hatte, über die preußische Grenze zurücktransportiert. Wieder umkreister er darauf, wie ein verscheuchter Vogel, das heimathliche Nest, traute aber seinem eigenen Vater nicht mehr, und schlich nur, wenn er diesen abwesend wußte, bei nächtlicher Weile auf einige Stunden zu seiner Mutter hin. Doch war er, bei all‘ seiner Vorsicht, nicht unbemerkt geblieben, und auf Veranlassung des Krohn, der inzwischen wegen der, bei ihm gefundenen, gestohlenen Felle in gerichtlichen Anspruch genommen worden war, erfolgte bei einem jener nächtlichen Besuche, am 31. Dezember 1799, seine Verhaftung. Abermals wegen Diebstahls zur Untersuchung gezogen, entledigte er sich eines Tages, in Abwesenheit des Gefangenenwärters, mittelst eines Beiles, das er sich zu verschaffen wußte, seiner Fesseln und entsprang. Dies geschah am 20. Januar 1800.

Während er als Jakob Henschel mit Steckbriefen verfolgt wurde, verfertigte er sich auf den Namen eines Brenners Bremer einen Dienstentlassungsschein, und ging damit nach Stettin, wo er auf Grund desselben einen Gouvernementspaß erhielt. In Pommern, wo er sich jetzt vorzüglich umhertrieb, brachte ihn sein flüchtiges unstetes Leben mit vielen christlichen Dieben zusammen, und erst jetzt eigentlich begann er seine Laufbahn als Gauner und Dieb, auf welcher er denn freilich jetzt auch erstaunlich schnelle Fortschritte macht. Noch im Sommer 1800 wurde er in dem Dorfe Krussow bei Angermünde wegen Tücherdiebstahls arretiert; da er aber die gestohlenen Tücher restituiert und die Atzungskosten bezahlte, so ließ man ihn nach einigen Tagen ungestraft wieder laufen. Mehrere, um dieselbe Zeit zu Freyenwalde verhafteten, Verbrecher bezeichneten ihn schon als Mitglied einer in der Mark zerstreuten Diebesbande.

Mit dreien christlichen Spitzbuben, Blass, Noske und Tanke, machte er im Jahre 1891 Streifereien in Mecklenburg. Unweit Neukalden trafen sie in einem Wirthshause mit einem reisenden Schlächter zusammen, dem sie seine beiden Hunde zu vergiften versuchten, vermuthlich in der Absicht, ihn unterweges des bei sich führenden Geldes zu berauben Auf die Anzeige dieses Schlächters wurden sie, bei ihrer Ankunft in Neukalden verhaftet, und viele verdächtige Sachen, unter anderem auch Krähenaugenteig, bei ihnen gefunden. Rosenthal, der sich Jakob Bremer nannte, und auf diesen Namen einen (falschen) Paß des preußischen Consulates zu Bremen bei sich führte, gab sich mit vieler Consequenz für einen Christen aus, und entsprang endlich, noch vor beendigter Untersuchung, auf sehr pfiffige Weise aus dem Gefängnisse, nachdem er beinahe 8 Monate lang eingesperrt gewesen war.

In Kerkow bei Angermünde fand er sich am 26. Januar 1802 mit einem Passe ein, worin er als der Sohn eines Reiters vom Lei-Kürassier-Regiment, Namens Heinrich Cohn, welcher die Kammerjägerkunst erlernt hatte, aufgeführt war. Die Dorfgerichte visierten ihm seinen Paß, an dessen Richtigkeit sie nicht zweifelten; mehrere daselbst einsitzende Diebe aber hatten ihn gesehen, und verriethen, daß er ein Jude sei. Man setzte ihm nach und brachte den Flüchtling nach Kerkow zurück, wo er von einem, früher zu Joachimsthal im Dienste gestandenen, Knecht als der von dort entsprungene Jakob Henschel erkannt wurde.

Die Folge davon war seine Ablieferung nach Joachimsthal, wo er diesmal ein Geständnis, nicht nur über den Felldiebstahl, sondern auch noch über mehrere andere Verbrechen, ablegt. Durch das Erkenntniß der Kriminal-Deputation des Königl. Kammergerichts vom 3. März 1802 wurde er zu 60 Peitschenhieben und dreijähriger Festungsarbeit mit der Maßgabe verurtheilt, daß er nach verbüßter Strafe über die Grenze zu transportieren, und ihm die Wiederbetretung der preußischen Staaten bei lebenwieriger Festungsarbeit zu untersagen sei.

Er appellierte und sollte, nach berichtigtem Defensionspunkte, zur Antretung seiner Strafe nach der Festung Spandau abgeführt werden. Der Gerichtsdiener aber hatte ihn lieb gewonnen, und erbot sich, ihm zu seiner Flucht behilflich zu sein. Zu dem Ende händigte er ihm, kurz vor seiner Abführung, die durch zwei ziemlich einfältige Bürger-Transporteure bewirkt wurde, einen zweiten Schlüssel zu seinen Fesseln und eine Flasche mit Branntwein ein, mit deren Hilfe er in der Lank’schen Heide, wo seine Transporteure zur Einnahme des Frühstücks Rast machten, am 13. Mai 1802 wirklich entsprang. Keck genug kehrte er nach Joachimsthal zurück, präsentierte sich dem Gerichtsdiener als dankbarer Schuldner, erhielt von dem Gefälligen noch 1 Thlr. Reisegeld, sagte seinen Eltern Lebewohl, und verließ eine Gegend, die ihm jetzt keine Sicherheit mehr bot.

Das Nächste, was er zu thun hatte, war, seine früheren Bekannten, die christlichen Gauner, wieder aufzusuchen, was ihm, der alle ihre Schlupfwinkel wußte, nicht schwer werden konnte. Außer dem, schon früher erwähnten, Tanke, der ihm jetzt einen Paß auf den Namen Schultze fabrizierte, lernte Rosenthal bis zum Jahre 1805 vorzüglich noch einen gewissen Mai, Papke, den Kesselflicker Schultze und mehrere Andere kennen, mit denen er in Pommern und der Mark eine Reihe von Diebstählen verübte. Wegen eines Einbruchs beim Krüger zu Nabern, unweit Neudamm, wurden Rosenthal, Mai, Tanke und Papke in der Radung bei Vietze arretiert, und nach Cüstrin zur Untersuchung geliefert. Sie gestanden jedoch nicht nur nichts, sondern entwichen sogar am Abend des 25. Dezember 1803 sämmtlich aus dem Gefängnisse, wozu ihnen wiederum ein Gerichtsdiener behilflich war.

Sie hatten nämlich das in Nabern gestohlne Gut, vor ihrer Verhaftung, in einem Walde Chawure gelegt, und davon hatten Tanke dem Gerichtsdiener vertrauliche Nachricht gegeben. Beide waren in einer Nacht nach der Chawure gegangen, hatten das Geld erhoben, und waren damit nach Cüstrin zurückgekehrt. Der Gerichtsdiener erhielt davon seinen Antheil, den Rest aber verzehrten die Gauner im Gefängnisse und drohten, als nchts mehr da war, die ganze Sache zu verrathen, wenn ihnen nicht Gelegenheit zum Entkommen verschafft würde. Auf diese Weise vermochten sie den geängsteten Mann zur Beförderung ihrer Flucht.

Schon einige Monate nach seiner Entweichung aus Cüstrin gerieth Rosenthal, wegen Paßfälschung, von Neuem zu Sonnenburg in Untersuchung und Haft. Welchen der vielen in seinem Leben geführten Namen er sich damals beigelegt, hat er selbst nicht angegeben, noch hat diese sonst ermittelt werden können.

Das Erkenntniß erster Instanz verurtheilte ihn zu einer dreimonatigen Strafarbeit nach Cüstrin, und, da er sich für einen Ausländer ausgegeben, zum demnächsten Transport über die Grenze. Er wurde, zur vorläufigen Antretung der Strafe, nach der Festung Cüstrin abgeliefert; schon nach einigen Wochen aber erging das zweite Erkenntniß, welches ihn von der Instanz absolvierte. Er ward nun nach Sonnenburg zurücktransportiert, und dort einem Boten übergeben, der ihn über die sächsische Grenze bringen sollte. Nur bis Frankfurt a.O. aber geleitete dieser ihn; dort schrieb ihm Rosenthal einen fingierten Ablieferungsschein, mit dem er nach Sonnenburg zurückkehrte.

Daß Rosenthal nun nicht freiwillig über die Grenze ging, versteht sich von selbst. Er begab sich nach Schwerin a. W., wurde dort mit einem in jener Gegend damals sehr berüchtigten Diebe, Namens Wilhelm bekannt, knüpfte mit dessen Stieftochter, Marie Elisabeth, ein Liebesverhältnis an, und veranlaßte sie, ihm nach Scneidemühl zu folgen, wo sie, eine Christin, zum Judenthum übertrat und sodann nach jüdischem Ritus mit ihm getraut wurde.

Dies Bekehrungswerk hielt Rosenthal ein ganzes Jahr lang in Schneidemühl auf, während dessen er mit den dort und in der Umgegend sich aufhaltenden christlichen Dieben verkehrte. Mit dem genannten Wilhelm, einem gewissen Retzlaff, Havenstein und Carl Michaelis, der Berliner Carl genannt, verübte er unter andern auf dem Gute Wallbruch bei Tempelburg mittelst Einbruchs einen Kleiderdiebstahl, wurde aber mit dem gestohlnen Gute, sammt seinen Genossen, ergriffen, und nach Graudenz, von da aber an das Hofgericht zu Bromberg zur Untersuchung abgeliefert. Rosenthal, zu dreimonatiger Zuchthausstrafe verurtheilt, hatte bereits 10 Wochen davon in dem Gefangenenhause zu Bromberg abgemacht, sollte aber doch zur Verbüßung des kleinen Restes, noch nach der Strafanstalt zu Rössel geschaft werden. Auf dem Transporte dahin entsprang er, zwischen Fordon und Culve, zum fünften Male.

In dem Gefängnisse zu Bromberg hatte Rosenthal, der bis dahin nur mit Christen verkehrt und gestohlen hatte, verschiedene jüdische Diebe, theils von Person, theils ihrem Namen und Wohnorte nach, kennen gelernt. Zu ihnen gehörte namentlich Jüdel Joseph aus Schneidemühl, Hirsch Joseph aus Czarnikau, Israel Gutkind, gen. Schocher, Abraham aus Storchnest, und Andere. Die beiden Letzteren und den bereits erwähnten Retzlaff, traf er, nach seinem Entspringen vom Transporte, in dem Städtchen Margonin. Sie hatten eben einen Diebstahl an Silberwaaren verübt, auch das gestohlene Gut bereits verschäfte, von dessen Erlöse sie ihm einige Thaler als Branntweinsgeld gaben. Sie forderten ihn auf,, an einem von ihnen beabsichtigten Diebstahle Theil zu nehmen, wozu er bereitwillig war.

Durch Schneidemühl kommend, wurde von Rosenthal ein Diebstahl in der dortigen Post in Vorschlaft gebracht. Er und Retzlaff inspicierten die Lokalität, indem sie ein, in Briefformat zusammengelegtes und mit einer Adresse versehenes, Stück Papier zur Beförderung auf die Post gaben. Im Expeditionszimmer bemerkten sie zwei Fäßchen mit Geld, welche die Gauner zu stehlen beschlossen. Am Abend des folgenden Tages, bis wohin die Wittwe D. zu Schneidemühle, die frühere Wirthin des Rosenthal, sie beherbergte, wurde das Unternehmen ausgeführt. Unfern des Postgebäude trafen sie den, früher erwähnten; Wilhelm und einen Schuhmacher Gerhardt, welche eben auf einen Schnittwaaren Diebstahl ausgehen wollten. Sie wurden mit unter den Massematten genommen, und dieser selbst durch Einlegung der hinteren Hauswand ausgeführt. In den beiden Fäßchen fanden die Diebe 2.000 Thlr Courant, welche sie unter sich theilten, und wovon denn auch für die Wittwe D. eine namhafte Summe abfiel.

Dies war das letzte Verbrechen, welches Rosenthal in Gemeinschaft christlicher Diebe beging; denn im Jahre 1805 siedelte er, der damals unter seinen Genossen den Namen Juden-Heinrich führte, sich in Betsche an, und hat seitdem ausschließlich mit Juden verkehrt.

„Der Grund welcher mich bestimmte,“ so lauten die eigenen Worte des Rosenthal, „von nun an meinen Aufenthalt in Betsche zu wählen, war der, daß ich erfahren hatte, wie man in Betsche sehr leicht Leute, die nirgend sich ansäßig zu machen vermöchten, aufnehme, und daß dies bei den Ortsbehörden und den Judenältesten durch Geld zu bewirken sei. Die beiden Judenältesten waren damals die unlängst verstorbenen berüchtigten Diebe Jakob Nathan Stahl und Simon Baer, welcher letztere damals erst kürzlich von Leipzig, wo er eine 10 jährige Zuchthausstrafe verbüßt hatte, zurückgekehrt war. An diese, welche mich ganz genau, nach meinem Namen, meinem Geburtsorte und meinem Treiben kannten, wandte ich mich zuerst. Mit ihnen verabredete ich, daß ich den Namen Jakob Ascher annehmen, und Danzig für meinen Geburtsort ausgeben solle, um unter diesen Angaben in Betsche mein Domicil aufschlagen zu können. Ihre Bereitwilligkeit zu meiner Aufnahme ward von meiner Seite mit 4 Louisd’ors belohnt. Durch 4 andere Louisd’ors, die meine Frau dem Bürgermeister, und durch 6 Louisd’ors, welche sie dem (verstorbenen) Landraht N.N. behändigte, erlangte sie auch die Einwilligung dieser Behörden, zu meiner, ohne Vorwissen der Regierung erfolgenden, Aufnahme in Betsche etc.“

Es ist überflüssig zu sagen, daß auf ähnliche Weise die Domicilierung noch vieler andern Verbrecher, und nicht nur in Betsche allein, vor sich ging, wovon schon früher die Rede gewesen ist, und was überhaupt nicht in die Lebensgeschichte des Inquisiten Rosenthal gehört. Kaum wohnhaft in Betsche, war sein erstes Geschäft eine Reise in diebischer Absicht zum Markte in dem Städtchen Bernstein, wozu er von den genannten beiden Judenältesten selbst aufgemuntert wurde. In ihrer Gemeinschaft bestahl er, auf dem Rückwege nach Betsche, einen Gastwirth in der Gegend von Colberg mittelst einer sogenannten Pleite. Nicht lange darauf reiste er, gleichfalls in diebischer Absicht, mit Salomon David Stock aus Betsche und Daniel Herschel Spiegel aus Rostarczewo zum Danziger Dominikmarkte. Dort trafen sie, eben von einem Diebstahle kommend, den Moses Levi Altenburger, Simon Levin Grätzer und noch drei andere jüdische Diebe aus Schermeysel und Betsche. Sie vereinigten sich und es wurde beschlossen, zunächst einem Kloster einen Besuch abzustatten. Einer von ihnen schloß auf und Rosenthal ging hinein, um, als Neuling unter den jüdischen Dieben, sein Probestück zu machen. Noch zu wenig beherzt, wagte er jedoch im Innern nicht Hand anzulegen, und ging daher unverrichteter Sache wieder hinaus, seinen Genossen vorlügend, daß er Alles erbrochen, aber nichts gefunden habe. Ein anderer Diebstahl in einem Wirthshause, welcher nun vorgeschlagen wurde, lief so unglücklich ab, daß Altenburger und Grätzer dabei verhaftet wurden, und von einem dritten, den sie, ungeschreckt bei einem am Walle wohnenden Spediteur unternahmen, wurden sie verjagt. Auf der Rückreise dagegen baldowerte ein gewisser Thier Wolff einen Diebstahl bei einem Dorfschmied, der verübt und wobei 100 Thlr. erbeutet wurden.

So ging es fort, bis zum Jahre 1806, wo die Invasion der Franzosen erfolgt, und wo Rosenthal, wie viele Andere, sich ein Fuhrwerk anschaffte und marketenderte. Im Jahr 1808 kehrte er nach Betsche zurück, und es begann nun der diebische Verkehr nach um so größerem Maßstabe, als mehrere der Gauner jetzt schon eigenes Fuhrwerk besaßen.

Es wäre eine undankbare Mühle, die große Anzahl von Diebstählen alle beschrieben zu wollen, welche er nunmehr in ununterbrochener Reihenfolge bis zu seiner, bald näher zu erwähnenden, Verhaftung in Frankfurt a. O. hin, verübte; und wenn er selbst gesteht, während dieser Zeit nur ausschließlich vom Diebstahle gelebt zu haben, so wüßte ich diesem Geständnisse auch in der That nichts hinzuzufügen.

Wegen eines, in Gemeinschaft mit seinem Bruder Levi und Daniel Simon Michaelis aus Betsche, bei einem Juden zu Soldin vollführten gewaltsamen Diebstahls.

„Und dieser Umstand,“ erzählt Rosenthal, „bewog mich, Betsche auf einige Zeit ganz zu verlassen. Während derselben Zeit war meine Frau bemüht, ein Abzugsattest von Betsche für mich, meine Frau und unser einziges Kind, welches wir in der Ehe erzeugt hatten, auszuwirken, indem ich nämlich beschlossen hatte, von nun an in Rostarczewo meinen Wohnsitz zu nehmen. Meiner Ehefrau gelang es, während meiner Abwesenheit das nöthige Abzugsattest zu bewirken. Demgemäß zog ich im September 1812, unter dem Namen Jacob Ascher Rosenthal, nach Rostarczewo. Ich wußte, daß man in dieser Stadt bei Aufnahme von Juden eben so wenig schwierig war, wie in Betsche. Durch Vermittelung des damaligen (verstorbenen) Judenältesten und mehrerer andern Personen, an die ich mich wandte, und denen ich mich dafür erkenntlich zeigt, erfolgt denn auch meine Aufnahme ohne sonderlichen Anstand.“

In Rostarczewo wohnte Rosenthal bis zum Jahre 1819, während welcher Zeit er fast mit allen berüchtigten Dieben des Großherzogthums, auch mit solchen, die nur temporair durch ihr Geschick dorthin verschlagen wurden, Chawer war. Dazu gehörten Ruben Abraham gen. Meyerchen Rhin, Marcus Michel vulgo Mortgen Schwerin, Salomon Levin gen. Schmul Mannheim und Andere.

Nachdem er wegen Diebstahlsverdacht im Jahre 1813 zu Hermsdorf und 1814 zu Warmbrunn eine Zeit lang in Untersuchung gesessen, ohne daß jedoch etwas Erhebliches gegen ihn ermittelt werden konnte, machte er im Jahre 1815 mit Jacob Jacubowitz, Jacob Gerson Levinstein, Jacob und Aron Rehfeld und Selig Joel eine große Diebes-Excursion durch Schlesien, die Mark und Pommern nach Preußen. In Stolpe schloß der berüchtigte Marcus Joel sich der Chawrusse an, worauf es über Danzig, wo mittelst Einbruchs 329 Thaler erbeutet wurden, nach Memel ging. Hier wurden Jacubowitz und Marcus Joel beim Nachschlüsseldiebstahle in flagranti ergriffen und die Uebrigen, welche mit dem Fuhrwerke vor der Stadt gewartet und die Flucht ergriffen hatten, zurückgeholt. Gegen Rosenthal, welcher, wie alle Anderen, hartnäckig leugnete, wurde hier die Untersuchung wegen des Soldiner Diebstahls wieder aufgenommen und er deshalb nachträglich mit 40 Peitschenhieben und 6 monatiger Zuchthausarbeit bestraft. Seine Entlassung hatte auch wieder eine Diebesreise nach Schlesien zur Folge.

Im Jahre 1819 endlich bestahl er mit Moses Levin Altenburger, Becker, Grätzer, Chaium Krotoschyn und Hirschgen Neubrück hintereinander das Gerichts-Depositorium zu Lübben, und den Kaufmann Krüger zu Cottbus um die sehr bedeutende Summe von zusammen 8.000 Thalern. Durch einen von Berlin abgesandten Polizeibeamten wurde er deshalb mit seinen Genossen verhaftet und zu Frankfurt a.O. von einer zu diesem Zwecke besonders niedergesetzten Commission zur Untersuchung gezogen. Daß er wegen seiner offenen Geständnisse in dieser Untersuchung und wegen seiner ersprießlichen Thätigkeit bei Gelegenheit einer, damals nach dem Großherzogthum Posen gesandten, Sicherheits-Commission in der Folge begnadigt wurde, habe ich schon früher erwähnt.

Im Jahr 1821 zog er sodann, mit höherer Genehmigung, nach Berlin, trat hier zum christlichen Glauben über, und wurde mit sehr großem Erfolge zu sicherheitspolizeilichen Zwecken benutzt. Frägt man nun aber nach den Umständen, unter welchen er wieder zum Verbrecher ward, nach der Art und Weise, wie es ihm möglich wurde, fast 10 Jahre lang seine eigentliches Treiben so geschickt zu verbergen, daß er selbst die umsichtigsten Behörden täuschte; nach seinen Thaten, während seiner Doppelrolle als Spitzbube und Polizeiagent; so knüpfen sich an diesen Punkt Interessen von so zarter Natur, daß sie ohne schmerzliche Verwunderung von der Hand des Biopgraphen nicht leicht berührt werden können. Die bloße Aufzählung einer zahllosen Menge von Diebstählen, an deren Vollführung er wieder, anfangs nur mittel-, nachher aber sogar unmittelbar Theil nahm, würde aber schwerlich etwas anders als die Ermüdung des Lesers bezwecken, die man mir also ohne Entschuldigung erlassen wird.“

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: „Österreichischer Beobachter“ 1825/No. 206; http://hauland.de/zum-100-jahrigen-jubilaum-der-evgl-kirche-in-friedenhorst-2-kapitel-die-ansiedler/; Amtsblatt No. 21 Bromberg – Öffentlicher Anzeiger; „Die jüdischen Gauner in Deutschland“ – Berlin 1842 – Autor A. F. Thiele

 

 

 

Itzig Lamm 1820-1900 – Gemeinnützige Stiftung und Errichtung der jüdischen Leichenhalle zu Grätz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Gedenkstein auf dem Gelände des ehem. jüdischen Friedhofes; die alte Jüdische Begräbnishalle

In der Zeitschrift des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens „Im deutschen Reich“, erschienen in Berlin im October 1900 / No. 10. fand sich ein Nachruf, der einmal mehr aufzeigt, dass einstige Bewohner „ihre“ Geburtsstadt nicht vergessen und mit großzügigen Spenden bedacht hatten; sie selbst aber längst in keiner Geschichtsschreibung mehr erwähnt werden.

In der Stadt Grätz gab es seit dem 17. Jahrhundert den „neuen“ jüdischen Friedhof, nachdem der einstige „alte“ Friedhof, er befand sich in der Nähe des Bernhardinerklosters bei der Ul. Bukowska, wegen Überfüllung geschlossen worden war. Dieser „neue“ Friedhof lag an der Ul. Żwirki i Wigury. Heute erinnert nur ein Gedenkstein noch an ihn.

Vergessen sind längst die hier einst zur letzten Ruhe Bestatteten; selbst an die Prominenten unter ihnen wie z. B. dem Rabbiner Eliyahu Guttmacher (+1874), einst ein Pionier der Idee der jüdischen Kolonisierung Palästinas oder auch Moses Marcus Mosse (+1865), einem Arzt, der sich im März/April 1848 öffentlich und uneingeschränkt mit den Zielen der polnischen Nationalbewegung identifiziert hatte und dessen Söhne in späteren Jahren soziale Einrichtungen in der Stadt etablierten, sind dem Vergessen anheimgefallen.

Auf der bis heute einzigen aufgefundenen Abbildung ist zu erkennen, dass das Friedhofsareal zumindest an der Straßenfront von einer Mauer umgeben war; die Begräbnishalle ist als staatliches Gebäude mit zwei Ecktürmen, welche mit Kuppeldächern versehen waren, zu erkennen.

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„Grätz (Prov. Posen), 2 Oktober (1900) 

Am 25. September d. J. starb in Berlin der Rentier I. Lamm.

In Grätz geboren, kam derselbe im Jahre 1848 nach Berlin, etablierte ein Manufaktur-Waaren-Geschäft und erwarb sich damit ein größeres Vermögen. Vor zehn Jahren (um 1890) baute er auf dem jüdischen Friedhofe zu Grätz mit einem Kostenaufwande von 15.000 Mark eine Leichenhalle, die so schön und praktisch ausgestattet ist, daß die Zeichnung derselben von vielen großen Gemeinden als Muster benutzt wurde.

Außerdem errichtete der Verstorbene eine mit einem Kapital von 20.000 Mark dotierte „Lamm’sche Stiftung“ mit der Maßgabe, daß die Zinsen dieser Summe zur Unterhaltung einer Religionsschule und zu sonstigen gemeinnützigen Zwecken dienen sollen.

Friede seiner Asche !“

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Im Berliner Tageblatt vom 26. September 1900 erschien seine Todesanzeige:
Am Montag Abend starb nach schwerem Leiden unser lieber Vater, Grossvater, Urgrossvater, Schwiegervater, Schwager und Onkel, der Rentier
I. Lamm
im 81. Lebensjahre.
Die Hinterbliebenenen
Die Beerdigung findet Donnerstag, den 27. September, 4 Uhr, von der Leichenhalle des jüdischen Friedhofes in Weissensee statt.

* * *

Beim Standesamt Charlottenburg wurde unter der Eintragung vom 25ten September 1900 durch den Rentier Richard Lamm, wohnhaft Flemming Straße 10, Berlin angezeigt, daß der Rentier

Itzig Lamm,

80 Jahre alt, mosaischer Religion, wohnhaft Charlottenburg, Kurfürsten Allee 38, geboren zu Grätz, verheiratet gewesen mit der Amalie geborene Bruck, Sohn des Rentier Ruben Lamm und seiner Ehefrau, deren Ruf- und Geburtsname nicht mehr bekannt gewesen war, welche zuletzt in Grätz wohnhaft gewesen und schon verstorben waren, am vierundzwanzigsten September 1900 nachmittags um sechs drei viertel Uhr verstorben sei.

* * *

Itzig Lamm
geboren ca. 1820 in Grätz lt. Toteneintrag, verstorben am 24. September 1900 in Charlottenburg.

Er war mit Amalie Bruck verehelicht.

Als Kinder des Paares gelten:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Berliner Tageblatt und Handelszeitung 1900; 3) StA-Unterlagen Charlottenburg Berlin; 4) http://www.eszkola-wielkopolska.pl/eszkola/projekty/gimnazjum-ptaszkowo/szalom/aktualnosci/; 5) http://www.luckauer-juden.de/

Die Kutzner-Stiftung – 1872 – Die Stadt Neu Tomysl erbt ein Vermögen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Auch August Kutzner war einst Besitzer des Gasthofes an der Ecke Alter Markt/Posener Strasse (Ausschnitt AK Sammlung Wojciech Szkudlarski)

Die deputierten Gerichtspersonen in Bromberg hatten sich am 7 Juli des Jahres 1872 in die Wohnung der Wittwe Rechtsanwalt Froehner, Anna Mathilda geb. Kutzner, zwecks Aufnahme ihres Testamentes begeben.

Seitens der Beamten wurde ihr die vollständige Dispositionsfähigkeit zuerkannt.

Frau Rechtsanwalt Froehner erklärte, dass es ihr freier und ernster Wille sei, ihr Testament zu errichten. Gleichzeitig gab sie zu Protokoll, dass sie hinsichtlich der Disposition über ihr Vermögen durch Nichts eingeschränkt sei.

Es wurde festgehalten, dass sie weder Eltern noch Kinder habe.


* * *

Ein Vorbehalt, welcher von Beginn an durch Anna Froehner geborene Kutzner bei der Testamentsniederlegung gemacht wurde, lautete:

„Ich behalte mir übrigens das Recht vor dies mein Testament durch Nachträge zu ergänzen und sollen dieselben, wenn sie in meinem Nachlasse gefunden werden und eigenhändig von mir ge- und unterschrieben sind mit diesem Testament gleiche Kraft haben.“

Anhand der im Staatsarchiv in Poznan eingesehenen Unterlagen lauteten die letztlichen Verfügungen wie folgt:

2) Die Stadt Bromberg soll Sechstausend Thaler erhalten und soll verpflichtet sein, aus den Zinsen meine und meines Mannes Grab hierselbst zu unterhalten, und den Rest der Zinsen zu wohlthätigen Zwecken für Alte und Kranke Leute zu verwenden, und der Stadtverordneten -Versammlung über die Verwendung Rechnung zu legen, deren thätiges Mitglied mein Mann gewesen ist. Diese Stiftung soll den Namen „Froehner-Stiftung“ führen.

3) Die hiesige Loge (Janus) soll Sechstausend Thaler und die Meseritzer Loge soll auch Sechstausend Thaler erhalten.
Ich bemerke dabei, daß diese beiden Logen zu dem System der Loge zu den Drei Weltkugeln in Berlin gehören.
Diese beiden Stiftungen sollen auch den Namen „Froehner-Stiftung“ führen.

Bei der erwähnten Loge zu den Drei Weltkugeln handelte es sich um die Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ , sie gilt als die älteste Freimaurer-Großloge in Deutschland. Sie wurde am 13. September 1740 in Berlin gegründet.

4) Es soll ferner die Wittwe des Doctor Wallis, Emilie, geborene Froehner zu Berlin, eine Schwester meines Mannes, Fünftausend Thaler erhalten

5) Ferner soll die Wittwe des Justiz-Raths Schultz-Voelcker zu Bromberg Fünftausend Thaler erhalten.

6) Es soll ferner der Bruder meines verstorbenen Vaters, Gottlieb Kutzner, Brauermeister zu Trebschen bei Züllichau Zweitausend Thaler erhalten, jedoch nur in dem Falle, wenn er mich überlebt.

7) Es leben, von meiner Seite, viele Verwandte, die ich jetzt nicht ihren Namen und Wohnort nach bezeichnen kann. Diese Verwandten sollen zusammen Fünftausend Thaler erhalten, jedoch soll dies Legat nicht auf entferntere Verwandte gehen, als auf die Kinder der Geschwister meiner verstorbenen Eltern.

Am 25. Juli 1872 nutzte Anna Froehner den von ihr gemachten Vorbehalt, dass von ihr geschriebene und unterschriebene testamentarische Verfügungen, welche man unter ihren hinterlassenen Papiere vorfinden würde, und welche dieselbe Gültigkeit haben sollten, wie das Testament selbst. Sie erklärte die Bestimmung unter Punkt 7) betreffend dem Legat von 5.000 Th. an ihre Verwandten väter- und mütterlicherseits für aufgehoben.

8) Jeder der Dienstboten, welcher sich zur Zeit meines Todes in meinen Diensten, eine Damen als Gesellschafterin oder Pflegerin befindet, so soll dieselbe Tausend Thaler erhalte.

9) Wenn sich zur Zeit meinesTodes in meinen Diensten eine Dame als Gesellschafterin oder Pflegerin befindet, so soll dieselbe Tausend Thaler erhalten

Durch den Testamentsvollstrecker waren späterhin zu Punkt 8) und 9) ein Kutscher und eine Köchin sowie als Pflegerin das Fräulein Gretchen Schultz-Voelker als im Haushalt lebend benannt worden.

10) In diesem Punkt war verfügt worden, dass alle Restkapitalien, welche nach Abzug der unter 1) bis 9) aufgeführten Summen übrig bleiben würden, sowie das gesamte Inventar, die Wirtschaftseinrichtungen, der Schmuck, Wäsche und Kleidungsstücke an die Kinder des Nachlassverwalters Herrmann Mandel in Breslau gehen sollten. Dieses unter dem Aspekt des Andenkens an sie und ihren Mann, da der Vater Herrmann Mandel als wohlhabender Mann galt.

Ausgespart hatten wir den Punkt 1) hierin war verfügt worden:

„Meine Geburtsstadt Neutomysl soll nach meinem Tode achttausend Thaler erhalten, dafür aber auch verpflichtet sein, aus den Zinsen den Wilhelm und Beate Roesler’schen Eheleuten zu Neutomysl, die bei meinen Eltern den Gutsbesitzer Kutzner’schen Eheleuten, länger als zwanzig Jahre in Dienst gestanden haben, jährlich sechszig Thaler zu zahlen und zwar, falls einer der Roesler’schen Eheleute sterben sollte, ganz, also die vollen sechszig Thaler an den überlebenden Ehegatten.

Ferner soll die Stadt Neutomysl verpflichtet sein, die dort befindlichen Gräber meiner Eltern, der Kutzner’schen Eheleute zu unterhalten, namentlich das um die Gräber befindliche Gitter reparieren und resp. erneuern zu lassen“

Das Kapital der Achttausend Thaler soll aber nicht angegriffen werden, sondern den Namen „Kutzner’sche Stiftung“ führen. Der Ueberschuß an Zinsen soll namentlich für alte arbeitsunfähige und kranke Leute verwandt werden.

Am 24. August 1872 ergänzte Anna Froehner Ihre Verfügung nochmals:

“ Ich habe in meinem Testament festgesetzt, daß mehrere Kommunen und Logen, sowie Legatare Kapitalien aus meinem Nachlaß erhalten sollen. Da nun ein großer Theil meines Vermögens aus Hypothekenforderungen besteht und dies Hypotheken behufs Auszahlung der festgesetzten Erbsummen gekündigt werden müßten, so kann bei mehreren Hypothekenschuldnern der Fall eintreten, daß sie das Kapital anderweitig sich nicht beschaffen können.

Es ist aber nicht meine Wille diesen Hypothekenschuldnern ohne Noth, lediglich zur Realisierung meines Nachlasses lästig zu fallen, um so mehr, als viele derselben noch von meinem seligen Vater die Kapitalien erhalten haben und prompte Zinszahler gewesen sind.

Ich setze deshalb fest, daß die im Testament eingesetzten Erben nicht berechtigt sein sollen, die ihnen vermachten Kapitalien in baarem Geld zu verlangen, daß vielmehr mein Testamentsvollstrecker befugt sein soll, anstatt des baaren Geldes den Erben auch nach seiner Wahl Hypothekenforderungen auf ihren Antheil zu überweisen und zwar zum vollen Namenswerth derselben und daß die Erbberechtigten nicht berechtigt sein sollen, hiergegen Einspruch erheben zu dürfen, sondern mit der Vertheilung der Hypotheken seitens des Testamentsvollstreckers sich zufrieden geben müssen.“

So wurde denn auch verfahren; es fand sich:

Der unterzeichnete Magistrat bekennt hierdurch auf das der Stadt Neutomischel von der am 29. August 1872 zu Bromberg verstorbenen verwittweten Frau Rechtsanwalt Froehner Anna geb. Kutzer vermachte Legat von

Achttausend Thalern

durch den ernannten Testamentsvollstrecker Herrn Direktor Herrmann Mandel zu Breslau nachstehende Hypothekendokumente und Zinsen, Werthpapiere und baar nach Abzug der Stempelgelder als

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richtig erhalten zu haben, worüber quittiert – Neutomischel, den 24ten Januar 1873 Der Magistrat

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Anna Mathilda Kutzner

war am 12. Juli 1841 als Tochter des Guts- und Gasthofbesitzers Johann Carl August Kutzner (verstorben 1866 in Neu Tomysl) und dessen Ehefrau Anna Rosina Dorothea geborene Tepper (verstorben 1859 zu Hammer-Vorwerk) zur Welt gekommen. Sie war das einzige nachgelassene Kind ihrer Eltern.

Am 28. Juni 1863 hatte sie die Ehe mit dem 16 Jahre älteren Königlichen Rechtsanwalt und Notar Theodor Franz Adalbert Froehner, seinerzeit noch in Meseritz ansässig, in Tirschtiegel geschlossen. Er war der jüngste Sohn des verstr. Königlichen-Geheimen-Regierungsrathes Herrn Ferdinand Froehner zu Berlin und dessen Ehefrau Caroline geborenw Rochow gewesen.

Die Ehe des Paares war kinderlos geblieben.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl; Stadtakten Akta Miasta Nowy Tomysl – 4385-13 Legate

 

Familie Saulsohn aus Buk – um das Jahr 1850

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Todesanzeige aus dem Jahre 1904 . Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung

Es sind die Zufallsfunde, welche ab und an etwas über die ein oder andere Familiengeschichte preisgeben. Dieses ist häufig zwar nur wenig und oft auch nur oberflächlich, aber so doch zumindest wird der Weg aufzeigt, den die Familie und deren Angehörige beschritten hatten.

So auch im Falle der Familie Saulsohn, welche seinerzeit in Buk ansässig gewesen war, ehe eine Übersiedlung nach Berlin stattgefunden hatte.

Es war die Todesanzeige der am 01. Oktober 1904 in Berlin verstorbenen Pauline Saulsohn geborene Schaul welche die Aufmerksamkeit erregte und als Ausgangspunkt für weitere Recherchen diente.


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Pauline Saulsohn geborene Schaul

war die hinterlassene Wittwe des Loebel Saulsohn, Kaufmann zu Buk gewesen.
Als Kinder des Paares konnten Sara (*ca 1854), Siegmund (*1857), Eugen (*1858), Gustav (*1861), Bertha (*1862) und Louis (*1868). in den Personenstandsunterlagen und einigen anderen Aufzeichnungen notiert werden.

Siegmund und Gustav Saulsohn, beide noch in Buk geboren, gründeten im Jahr 1889 ein Papier- und Schreibwarengroßhandelsgeschäft in Berlin. Nach anfänglicher Tätigkeit im Handel mit Papier und Scheibwaren, begann man dann sich mit dem Druck von Glückwunschkarten und letztlich mit dem Vertrieb von photographischen Ansichtskarten unter dem Firmennamen „Postkartenvertrieb S. & G. S. i. B.“ zu beschäftigen.

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Verlag Saulsohn Berlin – Ansichtskarten Signatur

Besitzer alter Gruss- und Ansichtskarten können die Verlagssignatur oftmals noch auf auf der Rückseite dieser finden.

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Pauliene Saulsohn geb. Schaul – ca. geb. 1829, verstorben am 01. Oktober 1904 in Berlin im Alter von 75 Jahren – als Trauernde Hinterbliebene in der Todesanzeige galten:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Berliner Tageblatt und Handelszeitung 1904; 3) http://www.tpa-project.info/html/body_s___g_saulsohn.html

Der letzte Wille der Amanda Schiller – 1873-1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Das Gelände des städtischen Krankenhauses heute – Postkartenausschnitt

Am 19. Dezember 1900 zeigte die Diakonissin, Schwester Emilia Fenrich, den Tod der Dienstmagd Amanda Schiller an. Diese war ledigen Standes und evangelischer Religion gewesen.

Die nur 27 jährige Amanda Schiller, war am 18. Dezember 1900 nachmittags um 11 Uhr im städtischen Krankenhaus zu Neutomischel verstorben.

Nachstehende Verhandlung des Königlichen Amtsgerichts wurde im städtischen Krankenhause zu Neutomischel am 07. Dezember 1900 abgehalten. Gegenwärtig waren der Amtgerichtsrath v. Grabski als Richter und der Gerichtsassistent Klumbies als Gerichtsschreiber

„Auf den Antrag des Bürgermeisters Witte haben sich heute, die unterzeichneten Beamten nach dem hiesigen Krankenhause begeben. In dem Zimmer No. 4, welches nach dem Garten belegen ist und ein Fenster hat, wurde eine Frauensperson liegend im Bette angetroffen, die sich für die unverehelichte Amanda Schiller aus Neutomischel ausgab. Sie ist zwar von Person nicht bekannt, wurde aber von dem bekannten Nachtwächter Gottlieb Bielke aus Neutomischel als diejenige, für welche sie sich ausgab anerkannt.“

(Herr Bielke unterschrieb zum Zeichen diesen vorstehenden Vermerk. – Vorgelesen, genehmigt und wie folgt Gottlieb Bielke unterschrieben.)

„Die Amanda Schiller ist zwar bettlägerig krank, sie ist jedoch, wie eine längere Unterredung mit ihr ergab, vollkommen verfügungsfähig. Sie bestätigte zunächst, daß sie den Bürgermeister Witte beauftragt habe, die Absendung einer Gerichtskommission nach dem Krankenhause zu erbitten und daß es noch jetzt ihr ernster und freier Wille sei, ihr Testament zu gerichtlichem Protokoll zu errichten. Sie gab hierauf ihren letzten Wille dahin zu Protokoll.“

„Ich ernenne zu meinem alleinigen Erben die Oberamtsverwaltung der Stadt Neutomischel. Ich lege meiner Erbin die Verpflichtung auf, mir ein vollständiges Begräbniß auszurichten und sowohl mein Grab, wie das Grab meiner Eltern in Ordnung zu halten.

Ich bemerke, daß ich weder Eltern noch Kinder habe und in der Verfügung über meinen Nachlaß nicht beschränkt bin.

Weiter habe ich nichts zu bestimmen.“

„Da die p. Schiller behauptete, wegen Lähmung der Hände nicht schreiben zu können und da Augenschein die Richtigkeit dieser Angabe bestätigte, wurde ihr das Protokoll vorgelesen, worauf sie erklärte, daß sie in Inhalt desselben, als ihre letzte Willensmeinung genehmige.

Geschlossen
gez. Grabski, Amtsgerichtesrath – Klumbies, Gerichtsassistent

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Aus einer Randbemerkung in der Archivakte ist zu entnehmen, dass das Legat nach Abzug der Pflege- und Begräbniskosten 600 Mark betragen hatte; dieses war zu 3% jährlichen Zinsen angelegt worden. Von dieser Zinseinnahme war die Grabpflege zu bestreiten gewesen ( 3 Mark für Hügeln und Bepflanzen gem. Rechnung des Todtengräbers G. Bielke); der Rest war zur Bestreitung von Armenpflegekosten vorgesehen gewesen.

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Amanda Rosamunde Schiller

war am 01 Mail 1873 zu Glinau geboren worden. Ihre Eltern waren der Glinau’sche Gastwirth Johann Gottlieb Schiller (*1844 zu Konkolewo + 1884 zu Neutomischel) und dessen Ehefrau Rosalie Caroline geborene Protsch (*1848 zu Glinau + 1881 zu Neutomischel) gewesen

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl; Stadtakten Akta Miasta Nowy Tomysl – 4385-13 Legate

Dezember – Grudzień 2017

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski)
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Gewalt in Pinne – Dezember 1897

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Pinne / Pniewy – kath. Kirche – Postkartenausschnitt Sammlung Kraft

Die begreifliche Aufregung, die die Einwohner der Stadt Pinne infolge der Demolierung des evangelischen Kirchhofs, die zuerst als ein Racheakt für die Ausweisung ausländischer „Missionare“ ausgelegt wurde, ergriffen hat, erhält immer neue Nahrung und beginnt auch in weiteren Kreis gerechte Entrüstung hervorzurufen.

Die ursprünglich anscheinend von interessierter Seite geflissentlich verbreitete Nachricht, daß das Zerstörungswerk von Zigeunern ausgeübt worden sei, und eigentlich der katholischen Begräbnisstätte gegolten hätte, weil diese Vagabunden einem Groll gegen den katholischen Probst hätten Luft machen wollen, verliert immer mehr an Glauben, seit auch der evangelische Kirchhof des etwas 8 km von Pinne entfernt liegenden Ortes Lubosin nächtlicher Weile in ganz ähnlicher Weise geschändet worden ist.

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Pinne / Pniewy – ehemalige evgl. Kirche – Postkartenausschnitt Sammlung Kraft

Es kann nicht Wunder nehmen, daß unter solchen Verhältnissen die abenteuerlichsten Gerüchte herumschwirren, von denen wir einige – jedoch nur als solche, da ihre Richtigkeit sich bisher unserer Kontrolle entzieht, – verzeichnen wollen.

So soll nicht nur der evangelische Bürgermeister in Pinne mehrfach durch anonyme Briefe mit Gewaltthätigkeiten bedroht, sondern auch angeblich eine radfahrende Person in Frauenkleidung, die sofort nach der That das Weite suchte, im (oder am ?) Rathhaus einen Zettel angeklebt haben, der die Drohung enthielt, am zweiten oder dritten Weihnachtsfeiertage werde Pinne an allen vier Ecken angezündet werden.

Da inzwischen schon zweimal zweifellos von ruchloser Hand angelegte Brände gewüthet haben, die mehrere Scheunen in Asche gelegt haben, sieht man dem kommenden Fest mit großer Besorgniß entgegen. Möchte die eingeleitete Untersuchung recht bald Licht in diese unheimliche Angelegenheit bringen.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

Bau einer neuen Kirche zu Bentschen/Zbąszyń – Teil 1, die Jahre 1901-1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung: Gudrun Tabbert)
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Die alte evangelische Kirche zu Bentschen, geplant und erbaut 1783-1785 - Bild: (1) [281]

Die alte evangelische Kirche zu Bentschen, geplant und erbaut 1783-1785 – Bild: (1)

Mit einer kleinen Zeitungsmeldung vom 26. März 1901 wurde den Lesern des Neutomischeler Kreisblattes die Entwicklung zum Stand des Baues einer neuen evangelischen Kirche in Bentschen mitgeteilt:

„Große Freude hat hier die Nachricht hervorgerufen, daß durch die Gnade Sr. Majestät des Kaisers zum Bau der hiesigen evangelischen Kirche die Summe von 60.000 Mark bewilligt worden ist. Man hofft, daß nunmehr der Kirchenbau gesichert ist, umsomehr als die Baupläne zu demselben bereits vorliegen. Dem Vernehmen nach soll die Kirche vollständig runde Form und eine Kuppel erhalten, ähnlich wie die Dreifaltigkeitskirche in Berlin. Auch steht zu erwarten, daß der Gustav-Adolf-Verein unsere arme evangelische Gemeinde dem Kirchenbau durch Gewährung einer größeren Beihilfe unterstützen wird.“

Die Unterstützung für weitere finanzielle Mittel, fand sich im Zeitungsartikel vom 08. Oktober 1901:

„Die große Liebesgabe, welche der Gustav-Adolf-Verein der evangelischen Gemeinde in Bentschen zuerkannte, beläuft sich auf 20.000 Mk. Bentschen ist die erste Grenzstadt nach Brandenburg hin. Die evangelische Gemeinde stammt aus dem Reformationszeitalter, hat viel Noth und Verfolgung, namentlich im dreißigjährigen Kriege, erlitten und war zeitweise ganz aufgelöst. Heute zählt sie 4.500 Seelen. Die in Holzfachwerk errichtete Kirche ist 1783 gebaut, sie ist aber nicht nur viel zu klein, sondern auch ganz baufällig, mit Balken abgesteift, um den Einsturz zu hindern. Bei heftigem Sturme wird der Gottesdienst ausgesetzt.  Der Neubau erfordert 146.500 Mk., er muß 1.000 Besuchern Raum geben. Die große Liebesgabe wird den Neubau ermöglichen. „

Hinsichtlich des genannten Baujahres 1783 gibt es eine weitere Aussage in dem von dem früheren Pastor Albert Werner in dem im Jahr 1898 veröffentlichten Werk „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen. Hier heißt es:

Erst im Jahre 1782 gelang es, von dem Erbherrn auf Schloss Bentschen, dem Kastellan Eduard v. Garczynski, um den Preis von 200 Dukaten ein Grundstück zum Bau einer Kirche zu erwerben. Bedingung war, die Kirche nicht in der Stadt, sondern weit hinaus, zurückgeschoben von jeder Strasse zu errichten. Am 1. August 1785 ward es der Gemeinde möglich, in dieser Kirche den ersten öffentlichen Gottesdienst zu halten. Gleichzeitig berief sie auch den ersten Pfarrer Rutsch.“

Postkarte erschienen anlaesslich des Kirchenneubau zu Bentschen - Bild (2) [282]

Postkarte erschienen anlaesslich des Kirchenneubau zu Bentschen – Bild (2)

Der erste Fachwerkkirchenbau war also, als die Finanzierung eines neuen Kirchengebäudes weitesgehenst gesichert war, über 110 Jahre alt.

Im April des Folgejahres übernimmt die Kaiserin die Schirmherrschaft über den Kirchenbau. Das Kreisblatt vom 18. April 1902 berichtete wie folgt:

Neue evangelische Kirche in Bentschen, Prov. Posen, Abb. 60 - Bild: (3) [283]

Neue evangelische Kirche in Bentschen, Prov. Posen, Abb. 60 – Bild: (3)

„Die Kaiserin hat das Protektorat über die neu zu erbauende evangel. Kirche übernommen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten hat den Regierungs-Baumeister Hagedorn, z. Z. in Springe am Deister, mit der Leitung des Neubaues der Kirche beauftragt.“

Erst zum 01. Juli 1904 findet sich ein weiterer Artikel zum Kirchenbau:

„Dieser Tage fand in dem Rohbau der hiesigen (Bentschen) evangelischen Kirche die Weihe des Glockengeläutes statt. Im Schiff der Kirche waren die drei Glocken, zwei neue und eine von dem alten Geläute, aufgestellt und mit Blumen und Guirlanden geschmückt. Die Weiherede hielt Pfarrer Füllkrug. Die größte Glocke wiegt 24 Zentner und trägt die Inschrift: „Kaiserglocke. Herr Gott, Du bist unsere Zuflucht für und für“, die kleinere: „Zum Gedächtnis der großen Gustav Adolf-Liebesgabe“. Am Schlagering liest man die Namen sämtlicher Geistlichen, die seit der Begründung der Gemeinde im Jahre 1784 hier gewirkt haben.“

Weitere und auch detailliertere Informationen finden sich dann in der Ausgabe vom 08. April 1905, des in Berlin erschienenen Zentralblatt der Bauverwaltung / No. 29. In einem Kapitel der Stadt- und Landkirchen wurde durch die Schriftleiter Otto Sarrazin und Friedrich Schultze wie folgt geschrieben:

“ Bei der Kirche in Bentschen (Abb. 60 bis 64) legten die gegebenen Verhältnisse die Wahl einer Zentralanlage nahe.

Zunächst der Bauplatz dessen dreieckige Gestalt einen gestreckten Grundriß ausschloß. Sodann aber auch der Wunsch, einen vollwichtigen Gegensatz zu der alten zweitürmigen katholischen Kirche der Stadt zu schaffen, und zwar nicht bloß im Aufbau, sondern im ganzen Plangedanken der Kirche. So ist der Kuppelbau entstanden, der sich über der ungewöhnlichen Grundform eines durch zwei Flügel zu einer Art Winkel erweiterten Kreises erhebt.

Grundriss zu ebener Erde, Querschnitt mit Blick auf den Kanzelaltar, Grundriss der Emporenhoehe, Abb. 61-63 - Bild: (3) [284]

Grundriss zu ebener Erde, Querschnitt mit Blick auf den Kanzelaltar, Grundriss der Emporenhoehe, Abb. 61-63 – Bild: (3)

Zwischen dem mit kleinen Vorräumen versehenen Flügeln liegen die Haupteingangshalle , die vorderen Emporentreppen und der Orgelraum, gegenüber die Altarnische mit zwei Nebentreppen zur Seite und mit der Sakristei im Rücken. Dadurch erhält der Grundriß annähernd Dreiecksgestalt und fügt sich dem Platze derart ein, daß die Eingangsfront (Abb. 60) der östlich vorüberführenden Straße zugekehrt ist, während sich die Rückseite des Baues (Abb. 64) nach dem Bentschener See hin wendet.

Für den Aufbau ist in dem Bestreben, ihn in den Rahmen der Landschaft und des Stadtbildes passend einzufügen, an die Formen des 18. Jahrhunderts angeknüpft.

Der Versuch, die Kuppel auf einen Tambour zu stellen, um die Flügeldächer gegen diesen anlaufen zu lassen, mußte aus Kostenrücksichten aufgegeben werden. In künstlerischer Hinsicht nicht zum Schaden der Sache, denn die in dem Verzicht auf jenen Bauteil liegende Zurückhaltung, die breite Lagerung der Massen, die mäßige Höhenentwicklung im Inneren verleihen der Kirche einen protestantischen Zug und machen sie für den Predigtzweck geeignet, tragen also dazu bei, das Bauwerk charakteristisch zu machen.

Verschwiegen darf übrigens nicht werden, daß sich einige der in den allgemeinen Vorbemerkungen erörterten Schattenseiten des Zentralbaues auch in diesem Falle fühlbar gemacht haben. So waren die konstruktiven Schwierigkeiten nicht gering, und an Bauzeit haben drei volle Jahre aufgewendet werden müssen. Auch war es nicht möglich, die Flügel stützenfrei an den Hauptraum anzuschließen. Dagegen gelang es, durch Einfachheit der Gesamtgestaltung des Baues die Kosten trotz schwieriger Gründung in verhältnismäßig bescheidene Grenzen zu halten. Sie belaufen sich ohne Bauleitung und ohne die von der Gemeinde allein bestrittenen Kosten der Niederdruckdampfheizung und Beleuchtung auf 148.800 Mark, mit Heizung und Beleuchtung auf rund 160.000 Mark. Der Sitzplatz berechnet sich somit auf 137 bezw. 147 Mark.

Wie aus den Grundrissen ersichtlich, ist der Raum allerdings stark ausgenutzt. Zu ebener Erde befinden sich 662, auf den Emporen 384 Sitzplätze und 40 Sängerplätze vor der dem Kanzelaltar gegenüberliegenden Orgel.

Neue evangelische Kirche in Bentschen, Prov. Posen, Rückseite, Abb. 64, Der Bildwirkung zuliebe ist der See näher an die Kirche herangerückt, als in Wirklichkeit der Fall. Der Pfarrgarten liegt noch dazwischen - Bild: (3) [285]

Neue evangelische Kirche in Bentschen, Prov. Posen, Rückseite, Abb. 64, Der Bildwirkung zuliebe ist der See näher an die Kirche herangerückt, als in Wirklichkeit der Fall. Der Pfarrgarten liegt noch dazwischen – Bild: (3)

Über die Ausführung (eingehendere Mitteilung über das Gebäude und seine Ausführung werden in einiger Zeit in der „Zeitschrift für Bauwesen“ gemacht werden)  sei bemerkt, daß die Fundamente aus Beton, die Mauern aus innen und außen mit Graukalk geputzten Ziegeln bestehen. Aus dem gleichen Mörtel sind auch alle Gesimse gezogen, ohne jede Verwendung von Zement. Im Inneren erhielt der Graukalk Gipszusatz. Die Emporensäulen sind um einen Eisenkern gemauert und stuckiert, die Emporen als Koenensche Decke zwischen T-Trägern konstruiert. Die Außenkuppel ist in Eisen ohne Fußbalkenlage hergestellt und mit Kupfer auf Bohlensparren und Holzschalung gedeckt. Ebenso der Turm, in dessen unterer Laterne der Glockenstuhl steht. Die innere Kuppel ist aus verdoppelten Bohlensparren zwischen eisernem Fuß- und Scheitelring konstruiert und oben mit Lehm ausgestakt, unten geschalt, geputzt und flachem Relief stuckiert; sie hält wärmer und ist erheblich billiger als eine Monierkuppel, an die auch gedacht war.

Bemerkenswert ist, daß die einfachen Stuckverzierungen des Inneren an den Gewölben, Wänden,  Säulen und Pilastern nach Pappschablonen, die der örtliche Bauleiter, Regierungsbaumeister Clingestein gezeichnet hat, von schlichten Maurern hergestellt worden sind.

Ansichtskarte von der Rückseite mit dem Pfarrgarten, der das Kirchengelände vom See trennte - Bild: (1) [286]

Ansichtskarte von der Rückseite mit dem Pfarrgarten, der das Kirchengelände vom See trennte – Bild: (1)

Den bildnerischen Schmuck des Portalgiebels (Christus und die Samariterin) sowie die von Engeln gehaltene Kartusche über der Altarnische führ der Bildhauer Petri aus Niederschönhausen bei Berlin in angetragenem Stuck aus.

Im Inneren werden die Wände und Decken im allgemeinen weiß gehalten und nur in den dafür vorbereiteten Flächen leicht farbig ausgegründet sowie an hervorragenden Punkten mit etwas Vergoldung versehen. Der Fußboden besteht in den Gängen und Vorräumen aus roten Wesersandsteinplatten, die Treppen aus Kunstsandstein, das Gestühl aus braungebeiztem Kiefernholz. Der Kanzelaltar und die mit 20 klingenden Stimmen in reichem Gehäuse ausgestattete Orgel werden bemalt und vergoldet, ebenso die Emporenbrüstung.

Die Gasbeleuchtung ist hängendes Auer’sches Glühlicht ohne Mittelkronleuchter; auf den Bankwangen des Mittelganges stehen überdies Kandelaber. Die Niederdruckdampfheizung, deren Heizräume unter der Sakristei und der Altarnische liegen, enthält 150 qm in den Fensternischen untergebrachte Radiatoren.

Über die Akustische Bewährung läßt sich noch nichts sagen, da die Kirche erst im Juli d. J. fertig wird. Die Reliefbehandlung der Decken und Wände, auch die Emporeneinbauten und die Art und Größe der Ausstattungsstücke lassen ein günstiges Ergebnis erhoffen.

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Bild-Quellen:  (1) Zbąszyń na dawnej pocztówce – Autor Krzysztof Rzepa – erschienen Nowy Tomy´sl 2012; (2) Zbąszyń na dawnych pocztówkach – Autoren Halina Ciszewska, Jan Ciszewski – erschienen Zbąszyń 2010; (3) Bilder der Original Veröffentlichung Abb. 60-64 Zentralblatt der Bauverwaltung, No. 29, Berlin 08.04.1905, Seite 187 ff – Zentral- und Landesbibliothek Berlin – http://opus.kobv.de/zlb/volltexte/2008/3846/pdf/ZBBauverw_1905_029.pdf ; Text-Quellen: Kreisblatt Neutomischel 26.03.1901, 08.10.1901, 18.04.1902, 01.07.1904 – Digital Library of Wielkopolska [287]; Geschichte der evgl. Parochien in Posen Ausgabe 1898 – Digital Library of Wielkopolska [287]; Zentralblatt der Bauverwaltung, No. 29, Berlin 08.04.1905, Seite 187 ff – Zentral- und Landesbibliothek Berlin – http://opus.kobv.de/zlb/volltexte/2008/3846/pdf/ZBBauverw_1905_029.pdf

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Soziale Stiftungen in Grätz – 1906 und 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Das ehemalige Heim der "Rudolf Mosse Stiftung" (1.) [288]

Das ehemalige Heim der „Rudolf Mosse Stiftung“ (1.)

Eine Stiftung ist eine Einrichtung, die unter Zuhilfenahme eines Vermögens einen durch den Stifter festgelegten Zweck verfolgt. In der Regel wird das Vermögen auf Dauer erhalten und die Begünstigten erhalten die Erträge aus der Anlage des Vermögens.  Stiftungen haben in der Regel eine Satzung, in welcher auch der Zweck und die Art des Stiftungszwecks festgelegt ist. Stiftungen werden von einem Vorstand nach außen vertreten.

Wie in anderen Städten so gab es auch in Grätz mehrere Stiftungen.

Nachfolgend die Begründung der „Rudolf Mosse Stiftung“ , welche die Errichtung eines Heims in der Stadt Grätz für unbemittelte und würdige, alte, gebrechliche, ganz oder teilweise erwerbsunfähige Personen ohne Unterschied des Geschlechts und der Konfession aus dem Jahr 1906 durch Rudolf Mosse vorsah.

Und  auch die der „Abraham Herzfeld Stiftung“.  In ihr wurden  „verschämte Arme der Stadt Graetz, welche sich scheuen, die öffentliche städtische Armenpflege in Anspruch zu nehmen“ begünstigt.

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Stiftungsgeschäft des Verlags-, Buchhändlers- und Rittergutsbesitzer Rudolf Mosse zu Berlin betreffend Begründung eines Heims in der Stadt Grätz Provinz Posen

§ 1. Anläßlich der bevorstehenden silbernen Hochzeit des deutschen Kaiserpaares will ich eine Stiftung errichten, deren Zweck und Verfassung wie folgt bestimmt werden

§ 2. Zweck der Stiftung , welche den Namen „Rudolf Mosse- Stiftung“ führen soll, ist die Begründung eines Heimes in der Stadt Grätz für unbemittelte und würdige, alte, gebrechliche, ganz oder teilweise erwerbsunfähige Personen ohne Unterschied des Geschlechts und der Konfession, sofern sie in Grätz oder einer Nachbargemeinde den Unterstützungswohnsitz haben denen dort Wohnung, Beherzung, Beleuchtung, Pflege und Wartung, sowie nötigenfalls, je nach dem Grade der Bedürftigkeit und der Höhe der aus dieser Stiftung verfügbaren Mittel, volle oder teilweise Beköstigung gewährt werden soll.

§ 3. Für Begründung der Stiftung ist dem Magistrat der Stadt Grätz ein Kapital von 150.000 M in Worten Einhundertfünfzigtausend Mark zu übergeben

§ 4. Zum Erwerbe des Grundstücks, auf welchem das Heim errichtet werden soll, für die Ausstattung sämtlicher zum Heim erforderlichen Baulichkeiten und Anlagen einschließlich der inneren Einrichtung dürfen nicht mehr als 6.000 M verwendet werden. Zeichnungen und Kostenanschläge des Heims sind vor Beginn des Baues dem Stifter zur Genehmigung vorzulegen.

Von dem Grundkapitale sind auch an die Stadtgemeinde die Kosten der geplanten baulichen Erweiterungen und Änderungen schließlich einer Zentralheizungs-Anlage des Dr. Marcus Mosse – Krankenhauses bis zu dem Betrage von 30.000 M auszuzahlen, wenn und soweit die Verausgabung für diese Zwecke nachgewiesen ist.

Der Restbetrag von 60.000 Mark und … Beträge, welche für die in diesem Paragraphen bezeichneten Zwecke nicht Verwendung zu gelangen haben, bilden einen eisernen, mündelsicher anzulegenden Fond, dessen Erträge in erster Linie zur Instandhaltung des Heims, dann auch zur Verpflegung der in das Heim Aufgenommenen dienen sollen.

§ 5. Den der Stiftung etwa zufließenden Kapitalien sind zur Vermehrung des Grundkapitals bestimmt, falls der Geber nicht anderweite Verfügung darüber getroffen hat.

§ 6. Der Verwaltung der Stiftung wird von dem Magistrat der Stadtgemeinde Grätz geführt. Das Heim nebst Zubehör ist gegen Feuergefahr zu versichern.

§ 7. Über die Aufnahme Bedürftiger in das Heim und den Umfang der den Aufgenommenen zu gewährenden Unterstützung, sowie deren Entziehung oder Einschränkung beschließt ein Kuratorium. Bei der Bestimmung derjenigen Personen, welche Aufnahme in das Heim finden sollen, sind in erster Reihe die in der Stadt Grätz Unterstützungswohnsitz berechtigten zu berücksichtigen.

§ 8. Das Kuratorium besteht aus folgenden Personen:

  1. dem Bürgermeister der Stadt Grätz als Vorsitzenden
  2. dem Stadtverordneten Vorsteher der Stadt Grätz als stellvertretenden Vorsitzenden
  3. dem Vorsteher der jüdischen Gemeinde zu Grätz
  4. dem Pfarrer der evangelischen Gemeinde zu Grätz
  5. dem Probst der katholischen Gemeinde zu Grätz
  6. einem vom Magistrat zu Grätz zu wählenden Mitgliede
  7. einem von den Stadtverordneten zu Grätz zu wählenden Mitgliede

Die Wahl der unter 6. und 7. genannten Mitglieder des Kuratorium ist so zu treffen, daß jede der drei Konfessionen mindestens durch zwei Mitglieder im Kuratorium vertreten ist. Die Wahl des Magistrats geht der der Stadtverordneten vor.

Die Beschlüsse des Kuratoriums sind gültig wenn sie mit einfacher Majorität bei Anwesenheit von mindestens vier Mitgliedern gefaßt werden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

Im Übrigen regelt das Kuratorium seine Geschäftsordnung

 

Berlin, den 25. Januar 1906 – Rudolf Mosse

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Der Vorstand und die Repräsentanten-Versammlung der Synagogen-Gemeinde zu Graetz i. Posen veröffentlichte einen Nachruf zum Gedenken an das verstorbene Ehrenmitglied der jüdischen Gemeinde - Herrn Abraham Herzfeld - Quelle: Berliner Tageblatt [289]

Der Vorstand und die Repräsentanten-Versammlung der Synagogen-Gemeinde zu Graetz i. Posen veröffentlichte einen Nachruf zum Gedenken an das verstorbene Ehrenmitglied der jüdischen Gemeinde – Herrn Abraham Herzfeld – Quelle: Berliner Tageblatt

Stiftungsgeschäft der verwittweten Rentierin Julie Herzfeld zu Berlin betreffend Begründung einer Stiftung in der Stadt Graetz Prov. Posen

§ 1. Zum Andenken an meinen am 8. Juni 1838 zu Graetz geborenen, am 23. December 1907 zu Berlin verstorbenen Gatten Abraham Herzfeld, Ehrenbürger der Stadt Graetz, will ich am heutigen Tage, an welchem er sein siebzigstes Lebensjahr vollendet hätte, eine Stiftung errichten, deren Zweck und Verfassung wie folgt bestimmt wird

§ 2. Zur Begründung der Stiftung, welche den Namen Abraham Herzfeld Stiftung führen soll, wir dem Magistrate der Stadt Graetz ein Kapital von zehntausend Mark übergeben.

Die Zinsen dieses Kapitals sollen alljährlich am Todestage meines Gatten, dem 23. December in Beträgen von nicht unter zehn und nicht über fünfzig Mark tunlichst an verschämte Arme der Stadt Graetz, welche sich scheuen, die öffentliche städtische Armenpflege in Anspruch zu nehmen, verteilt werden.

Mit einem Drittel der Zinsen sollen jüdische Bedürftige bevorzugt sein, die andern zwei Drittel möglichst gleich … an Bedürftige beider christlichen Confessionen verteilt werden.

Bei gleicher Bedürftigkeit sollen gebürtige Graetzer gegen von auswärts zugezogene den Vorzug erhalten.

§ 3. Die Verwaltung der Stiftung wird vom Magistrat der Stadt Graetz geführt.

§ 4. Ueber die Verteilung der Zinsen beschließt ein Kuratorium, welches aus den Mitgliedern des Kuratorium der Rudolf Mosse Stiftung besteht, hierzu soll jedoch der Rabbiner der jüdischen Gemeinde zu Graetz als stimmberechtigtes Mitglied zugezogen werden.

§ 5. Die Beschlüsse des Kuratoriums sind gültig, wenn sie mit einfacher Majorität bei Anwesenheit von midestens fünf Mitgliedern gefasst werden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

Im Uebrigen regelt das Kuratorium seine Geschäftsordnung.

 

Berlin 8. Juni 1908 – gez. Julie Herzfeld geb. Badt

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: (1.) Abdruck der Stiftungeinrichtungen – Autor: Piotr Bartkowiak, Buch „Rola i działalność mniejszości żydowskiej w Grodzisku Wlkp w XIX i XX wieku“ – Grodziskie Zeszyty Historyczne nr 11, Grodzisk 2003 – Wydawnictwo Muzeum Ziemi Grodziskiej przy MGOK w Grodzisku (MGOK – Miejsko-Gminny Ośrodek Kultury)

2007 – 2017 Tomischler Hauland – Olędry Nowotomyskie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski)
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2007 - 2017 10 Jahre [290]

2007 – 2017
10 Jahre

 Vielen Dank

an 

alle Helfer, alle Autoren, Erzähler und Leser,

alle Interessierten;

ohne Sie / Euch

wäre dieses Jubiläum nicht möglich gewesen!

Serdecznie dziękujemy

wszystkim tyn,

którzy nam pomogli,

wszystkim autorom, czytelnikom

wszystkim tym, którzy zechcieli nam

opowiedzieć swoją historię.

 

Straßen- und Verkehrs-Polizeiverordnung für die Stadt Neutomischel vom 1. September 1907 – Teil 2 – Verkehr und Ordnung auf Straßen, Wegen, Plätzen us.w.

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der ehemalige Alte Markt (AK Sammlung Wojciech Szkudlarski) [291]

Der ehemalige Alte Markt (AK Sammlung Wojciech Szkudlarski)

Zur öffentlichen Kenntnis, Neutomischel am 30. März 1908

Straßen- und Verkehrs-Polizeiverordnung für die Stadt Neutomischel vom 1. September 1907

Auf Grund der §§ 5,6 und 15 des Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 (Gesetz-Sammlung Seite 388) sowie der § 143/144 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetzessammlung Seite 195) wird unter Zustimmung des Magistrats (Gemeindevorstandes) für den Polizeibezirk der Stadt Neutomischel und der mit diesem bezüglich der Straßenpolizei mit Genehmigung der Königlichen Regierung des Innern zu Posen vereinigten Grundstücke von Glinau folgende Polizei-Verordnung erlassen:

Verkehr und Ordnung auf Straßen, Wegen, Plätzen usw.

§ 12. Während des Gottesdienstes in der evangelischen Kirche darf der Teil des Marktplatzes zwischen der Kirche und der evangelischen Schulze von Fuhrwerken jeder Art nicht benutzt werden, ebenso darf während dieser Zeit jedes an der Kirche vorbeifahrende Fuhrwerk nur im Schritt fahren.

Auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen dürfen Gegenstände, durch welche der freie Verkehr gehindert wird, nicht aufgestellt werden; dies gilt auch von dem Aufstellen oder Anhalten von Fuhrwerken an den Jahr- und Wochenmarktstagen besonders in den Straßen an den Ausgängen der Stadt (Alttomischeler Straße, Bahnhofstraße und Neustädter Straße, Straße nach dem Schützenhause). Zur Erhaltung der Ordnung, Sicherheit, Bequemlichkeit, Reinlichkeit und Ruhe, sowie der Leichtigkeit des Straßenverkehrs und behufs Vermeidung von Verkehrserschwernissen auf den öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen wird das Anhalten und Aufstellen von Fuhrwerken jeder Art, sowie die Ausübung des Handels (Kauf oder Verkauf von Wochen- und Jahrmarktsartikeln und anderer Gegenstände) an den Wochenmarkts- und Jahrmarktstagen auf den Straßen am Ausgang der Stadt, das sind: a.die Alttomischeler Straße, b. die Bahnhofstraße, c. die Straße nach dem Schützenhause, d. die Neustädter Straße, sowie in der Goldstraße verboten.

§ 13. Beim Einbiegen von einer Straße in die andere, beim Herausfahren aus Gehöften, sowie bei Menschenansammlungen, öffentlichen Aufzügen, Begegnen von Militär, Schulen, Vereinen usw. muß jedes Fuhrwerk im Schritt fahren, rechtzeitig ausweichen und nötigenfalls anhalten, ebenso müssen Viehtreiber und Karrenschieber rechtzeitig ausweichen oder anhalten und warten, bis der Zug vorüber ist. Auf den Straßen und Plätzen innerhalb der Stadt darf niemand schneller als im kurzen Trabe reiten oder fahren.

Alle Fracht-, Last-, Roll- und Kastenwagen, ohne Unterschied ob sie leer oder beladen sind, müssen im Schritt fahren.

Die Hinterstraße darf in ihrer ganzen Länge mit Fuhrwerken, gleich welcher Art, nur im Schritt befahren werden.

Das Befahren der freien Marktplätze außerhalb auf denselben liegenden Fahrdämme mit Lastfuhrwerken ist verboten.

Das Aufstellen von Wagen auf Straßen und Plätzen ist nur mit polizeilicher Genehmigung gestattet, auch muß der Wagen mit einer Laterne erleuchtet sein.

§ 14. Personen, welche mit der Führung eines Fuhrwerks betraut sind, dürfen während der Leitung und Aufsicht desselben auf öffentlicher Straße nicht schlafen oder in trunkenem Zustande sein.

§ 15. Die in der Fahrtrichtung stehenden oder sich bewegenden Personen sind durch lautes und zeitiges Anrufen auf die Annäherung des Fuhrwerks aufmerksam zu machen.

Wird der Zuruf nicht gehört, so ist das Fuhrwerk so lange anzuhalten, bis die Fußgänger bei Seite getreten oder gebracht sind. Die Fußgänger sind verpflichtet, auf den Zuruf auszuweichen.

§ 16. Die zur Fürsorge für kleine Kinder verpflichteten Personen müssen Sorge tragen, daß diese Kinder nicht ohne Aufsicht auf der Straße und den Plätzen verweilen.

§ 17. Die gleichzeitige Benutzung von Fahrrädern, welche zur Beförderung von nur einer Person bestimmt sind, durch mehrere Personen, ist verboten. Während der Fahrt beide Hände an der Lenkstange loszulassen, ist verboten

Das Befahren sämtlicher für Fußgänger bestimmten Steige (Trottoirs pp.) innerhalb des Stadtbezirks mit Fahrrädern ist verboten. In den Straßen und auf Plätzen innerhalb des Stadtbezirks dürfen Kraftfahrzeuge, bezugnehmend auf § 17 und 21 der Polizei-Verordnung des Oberpräsidenten der Provinz Posen vom 22. September 1906 die Höchstgeschwindigkeit nicht überschreiten, ebenso keine Bürgersteige, Bankette oder Promenaden befahren.

§ 18. Pferde, Rindvieh, Schafe, Ziegen, Schweine dürfen in der Nähe von Laternen, Brunnen, Bäumen, Mauern und Umwährungen nur in einer Entfernung von mindestens 1 Meter aufgestellt werden und nicht an diese angebunden werden.

§ 19. Weidevieh muß auf den öffentlichen Straßen und den Wegen der Stadtfeldmark an Stricken geführt und darf nicht freigetrieben werden.

§ 20. Bespannte Wagen, abgeschirrte Pferde oder Reitpferde dürfen niemals ohne Aufsicht auf der Straße halten; selbst bei vorhandener Aufsicht dürfen sie nur an der Seite der Straßen und nur so lange stehen, als es ein bestimmter Zweck erfordert. Unbespannte Fuhrwerke jeder Art, auch Handwagen und dergleichen dürfen, außer zum Zwecke des sofortigen Beladens und Entladens, auf der Straße nicht stehen bleiben. Ist Jemand genötigt, ausnahmsweise ein Fuhrwerk, gleichviel, ob leer oder beladen, bespannt oder unbespannt, bei Dunkelheit auf der Straße oder den Plätzen stehen zu lassen, wozu die vorherige Genehmigung der Polizei-Verwaltung einzuholen ist, so muß dasselbe ausreichend beleuchtet sein und zwar mittelst einer Laterne, welche an der Spitze der Deichsel anzubringen ist. Schlitten dürfen nur mit befestigten Deichseln und mit Schellen oder Glockengeläute gefahren werden und zwar solche mit glatten unbeschlagenen Kufen nur im Schritt durch die Straßen der Stadt.

§ 21. Während der Dauer des Wochen- oder Jahrmarktsverkehrs ist es erlaubt, Fuhrwerke, welche den Marktbesuchern gehören, gleichviel, ob sie zur Personen- oder Lastbeförderung dienen, auf den Marktplätzen und an den Straßenseiten – ausgenommen ist hiervon die Goldstraße sowie die Straßen am Ausgange der Stadt, das sind: a. die Alttomischeler Straße, b. die Neustädter Straße, c. die Bahnhofstraße, d. die Straße nach dem Schützenhause, aufzustellen; doch sind die Führer dieser Fuhrwerke verpflichtet, den auf die Ausstellung derselben ergehenden Anordnungen der Polizei- und Aufsichtsbeamten unweigerlich und unverzüglich nachzukommen. An allen anderen Tagen dürfen Gespanne außerhalb der Gehöfte nur auf dem neuen Marktplatze und zwar innerhalb der eingezäunten beiden Viehmarktplätze und hinter dem Rathause in der Breite des letzteren stehen, jedoch nur abgesträngt und unter Aufsicht, sodaß Beschädigungen der Bäume oder sonstiger Schaden verhütet wird.

Das Füttern von Pferden oder anderen Zugtieren ist nur auf den zur Aufstellung von Gespannen freigegebenen Plätzen (Viehmärkte und hinter dem Rathause) und nur dann gestattet, wenn das Füttern in Krippen oder auf dem Wagen passiert. Das Hinwerfen von Futter auf die fraglichen Plätze ist verboten. Auf den übrigen Straßen und Plätzen dürfen Tiere überhaupt nicht gefüttert werden.

Das Füttern von Pferden sowie überhaupt das Aufstellen von Fuhrwerken an Sonn- und Feiertagen auf den Straßen und Plätzen ist verboten.

§ 22. Außerhalb der Marktzeit und der Marktplätze Handelsstellen auf Straßen oder Plätzen zu errichten oder einzunehmen, ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Polizei-Verwaltung gestattet.

§ 23. Das Waschen und Wäschespülen, Reinigen von Gefäßen jeglicher Art an den Straßenpumpen ist verboten; ebenso der Aufenthalt bezw. Spielen von Kindern an den Pumpen.

§ 24. Gemüll, Kehricht, Bauschutt, Schnee, Eis, Scherben, Glas, Metallstücke, Knochen oder Lumpen oder sonstiger Unrat oder Abfälle dürfen nur an den von der Polizei-Verwaltung hierzu bestimmten Stellen abgeladen werden. Insbesondere ist es verboten, öffentliche Wege, Plätze, Wasserläufe als Ablagerungsstätte für derartige Gegenstände zu verwenden.

Fuhrwerke, die zum Transport von staubentwickelnden Massen, z. B. Mehl, Ziegeln, Asche usw. dienen, dürfen nur im Schritt durch die Straßen der Stadt fahren, dabei ist es gleich, ob dieselben beladen oder unbeladen sind.

§ 25. Die Veranstaltung gewerbsmäßiger Musikaufführungen auf Straßen und Plätzen oder von Haus zu Haus ist nur zweimal wöchentlich und zwar am Dienstag von 9 Uhr vormittags bis 7 Uhr nachmittags im Sommer, im Winter bis 5 Uhr nachmittags und Freitag von 9 Uhr bis 7 bezw. 5 Uhr nachmittags gestattet; die Erlaubnis hierzu ist vorher einzuholen. Musikaufführungen mit Gesangbegleitung dürfen nur mit besonderer polizeilicher (schriftlicher) Genehmigung erfolgen.

§ 26. Auf den Bürgersteigen darf keinerlei Vieh geführt oder getrieben werden.

Bullen (Stiere) und bösartige unruhige Ochsen und Kühe müssen, sofern sie nicht mittels Fuhrwerk befördert werden, auf den Straßen einzeln mit Nasenzangen und gehörig gefesselt von 2 erwachsenen Männern geführt werden.

Niemand darf sein Vieh, auch Federvieh, auf Straßen und Plätzen umherlaufen lassen.

Das einfahren junger, noch nicht angespannt gewesener Pferde, sowie das Zureiten derselben auf öffentlichen Straßen und Plätzen ist verboten, ebenso das Longieren von Pferden.

§ 27. Bösartige bezw. bissige Hunde, sowie Kettenhunden sind jederzeit so zu verwahren, daß sie am Tage wie bei Nacht weder Menschen noch Tiere belästigen oder verletzen können. Bösartige oder bellende Hunde dürfen weder während der Dunkelheit noch zur Nachtzeit sich auf der Straße aufhalten, ebenso dürfen Hunde zur Nachtzeit nicht auf die Straße ausgesperrt werden. Die Besitzer von Hunden haben dafür zu sorgen, daß ihre Hunde nicht durch anhaltendes Bellen oder Heulen die Ruhe am Tage als die nächtliche Ruhe stören. Als Nachtzeit gilt die Zeit von 8 Uhr abends bis 7 Uhr morgens. Versäumen die Besitzer diese Pflicht, so kann – unbeschadet der verwirkten Strafe – die Entfernung der Hunde aus den betr. Grundstücken auf Kosten der Besitzer im Wege des polizeilichen Zwanges angeordnet werden.

Ebenso ist dafür zu sorgen, daß Personen durch anhaltendes Bellen, Anfallen oder Verfolgen seitens der Hunde nicht belästigt noch gefährdet werden.

Läufige Hündinnen dürfen nicht frei auf die Straße gelassen und nicht in öffentliche Lokale oder öffentliche Gärten mitgenommen werden.

Hunde, welche zum Zwecke der Bewachung von Buden, Wagen pp. auf der Straße belassen werden, müssen so angekettet sein, daß Passanten nicht angefallen werden können. Auf öffentliche Begräbnisplätze dürfen Hunde nicht mitgebracht werden.

Niemand darf Hunde in offene Geschäftsläden, in welchen Nahrungs- und Genußmittel offen ausgestellt werden, mitbringen. Ebenso dürfen eigene Hunde sich nicht in den Fabrikations- und Verkaufsräumen aufhalten.

§ 28. An allen Dächern, die nach den Straßen abfallen, müssen Dachrinnen angebracht werden, letzere dürfen nicht über 15 cm über Erdoberfläche geführt werden (cfr. § 40 Absatz 2 der Baupolizei-Verordnung für den Regierungsbezirk Posen vom 28. April 1904).

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

 

Straßen- und Verkehrs-Polizeiverordnung für die Stadt Neutomischel vom 1. September 1907 – Teil 1 – Reinigung und Reinhaltung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Plan der Stadt Nowy Tomyśl / Neutomischel (1) [292]

Plan der Stadt Nowy Tomyśl / Neutomischel (1)

Zur öffentlichen Kenntnis, Neutomischel am 30. März 1908

Straßen- und Verkehrs-Polizeiverordnung für die Stadt Neutomischel vom 1. September 1907

Auf Grund der §§ 5,6 und 15 des Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 (Gesetz-Sammlung Seite 388) sowie der § 143/144 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetzessammlung Seite 195) wird unter Zustimmung des Magistrats (Gemeindevorstandes) für den Polizeibezirk der Stadt Neutomischel und der mit diesem bezüglich der Straßenpolizei mit Genehmigung der Königlichen Regierung des Innern zu Posen vereinigten Grundstücke von Glinau folgende Polizei-Verordnung erlassen:

1. Reinigung und Reinhaltung der Straßen, Plätze, Bürgersteige, Rinnsteine, Gehöfte und Gräben

§ 1. Jeder Besitzer oder Verwalter eines an der Straße – hierzu gehören auch:

a. die Bahnhofstraße, b. die Alttomischelerstraße, c. die Neustädter Straße, d. die Friedhofstraße, e. die Straße nach dem Schützenhause

– oder an einem öffentlichen Platze belegenen Grundstücke, mag dasselbe bebaut oder unbebaut sein, ist verpflichtet, in der ganzen der Straße oder dem Platze zugewendeten Ausdehnung seines Grundstücks, den Bürgersteig, den Rinnstein, die nach der Straße oder dem Platze führenden Gerinne und den Straßendamm, letzteren bis zur halben Breite, stets rein zu halten, mindestens aber wöchentlich zweimal und zwar an jedem Dienstag und Sonnabend vor Sonnenuntergang, außerdem am Tage nach jedem Jahrmarkt, am Tage vor gesetzlich anerkannten Feiertagen, vollständig reinigen zu lassen, d. h. den Bürgersteig und die Straßen rein abfegen, Gras entfernen, den Rinnstein, die Mündungen von Brücken und Durchlässen bis zur Sohle ausschippen und mir einem Wasser gehörig ausspülen, sowie den zusammengekehrten Kehricht und Moder sofort entfernen zu lassen.

Wo eine Verunreinigung an Wochenmarktstagen (Donnerstag) stattgefunden hat, hat die Reinigung auch an diesem Tage bis Sonnenuntergang zu geschehen. Bei Eckgrundstücken erstreckt sich die vorstehend bezeichnete Verpflichtung auch auf diejenige Fläche der Straßen, welche durch die Verlängerung der Mittellinien der sich kreuzenden Straßen über die Grenzen des Grundstücks hinaus bis zu ihrem Schnittpunkte entsteht.

Die Reinigung der Marktplätze und sonstiger öffentlichen Plätze, einschließlich des daranstoßenden halben Fahrdamms wird nach Beendigung der Märkte, sonst nach Bedürfnis, für Rechnung der Stadt bewirkt. Den Eigentümern werden gleich geachtet: Die gerichtlichen und außergerichtlichen Administratoren, Inhaber von Dienstwohnungen und solche Personen, welchen die Aufsicht über Grundstücke von Amtswegen obliegt.

§ 2. Wird von der Polizei-Verwaltung eine öftere Reinigung der Straße oder eine Spülung und Desinfektion der Rinnsteine für erforderlich erachtet, so ist diese Reinigung auf öffentliche Aufforderung in der gestellten Frist auszuführen. Verkaufsstände Gewerbetreibender auf Straßen und Plätzen müssen alle Abende geräumt und von Unrat gesäubert werden.

§ 3. Bei trockener Witterung muß vor dem Beginn und während des Kehrens sowohl der Bürgersteig als auch der Straßendamm, dermaßen mit Wasser besprengt werden, daß bei der Reinigung kein Staub entsteht.

§ 4. Die Bürgersteige und die Rinnsteine sind im Winter von Schnee und Eis frei zu halten. Mit der Fortschaffung des Schnees und Eises von dem Straßendamme ist seitens der Hausbesitzer sowohl bei eintretendem Tauwetter, als auch dann unverzüglich vorzugehen, wenn dies die Polizeiverwaltung anordnet. Bei Glätte sind die Bürgersteige durch Bestreuen mit Sand, feiner Asche oder Sägespänen in einem sicher gangbaren Zustand zu bringen.

Die auf den Dächern, den Bürgersteigen und in den Höfen angesammelten Schnee- und Eismassen dürfen nicht auf den Straßendamm gebracht werden.

In Straßen in denen Bürgersteige nicht vorhanden sind, muß der von Menschen gewöhnlich begangene Teil der Straße mit Sand, feiner Asche oder anderem abstumpfenden Material bestreut werden.

§ 5. Niemand darf die Straßen, Plätze, Bürgersteige, Rinnsteine, Wasserläufe, Durchlässe durch Auswerfen von Unrat, Scherben, Knochen, Lumpen, Kehricht, Dünger, Federn, Küchenabfällen und dergl. mehr, durch Ausgießen oder durch Ausfließenlassen von übelriechendem Wasser, Jauche, Lauge, Küchenspülicht usw. aus seinem Grundstücke verunreinigen oder seine Notdurft auf öffentlichen Hofeinfahrten verrichten. Auch das Auswerfen der Seifenreste seitens der Barbiere auf die Straßen oder Bürgersteige ist verboten. Dünger darf zum Aufladen nur da auf die Straße geschafft werden, wo Ausfahren fehlen; der herausgeschaffte Dünger muß jedoch sofort auf Wagen geladen und in der Zeit von 8 Uhr abends bis 8 Uhr morgens abgefahren werden. Gleich nach beendigter Abfuhr des Düngers muß das verunreinigte Pflaster sorgfältig, event. mit Wasser, gereinigt werden. Die Abfuhr von Kloakengrubeninhalt darf, soweit dabei Straßen des bebauten Stadtteils berührt werden, nur in der Zeit von 10 Uhr abends bis 6 Uhr morgens erfolgen, im Winter bis 7 Uhr morgens.

Düngerwagen, d. h. mit Dung beladene Wagen, gleich ob von einheimischer oder von auswärts wohnenden Personen, dürfen die hiesige Stadt nur in der Zeit von 8 Uhr abends bis 8 Uhr morgens passieren, desgleichen mit Kloackengrubeninhalt beladene Wagen nur in der Zeit von 10 Uhr abends bis 6 Uhr morgen, im Winter bis 7 Uhr morgens.

Flüssigkeiten und Unrat müssen in gemauerten und verdeckten Senkgruben untergebracht werden. Die aus den Höfen nach den Straßenrinnsteinen führenden Gerinne dürfen nur Regenwässer ableiten, nicht andere überriechende Wässer.

Hausbesitzer, welche sich dieser Bestimmung nicht fügen oder dulden, daß Unreinlichkeiten durch die Gerinne nach der Straße zu abfließen bezw. abgeführten werden, haben neben der verwirkten Strafe die Kassierung der Gerinne auf ihre Kosten zu gewärtigen.

§ 6. Aus gewerblichen Anlagen darf überflüssiges reines Wasser nur dann in Rinnsteine geleitet werden, wenn der Abfluß in denselben ungehindert erfolgen kann; doch darf dies nur nach schriftlicher polizeilicher Genehmigung, die unter Widerruflichkeit erteilt wird, und unter Beachtung der von der Polizei-Verwaltung angegebenen Bedingungen erfolgen.

§ 7. Alle Wagen, welche zum Fortschaffen von Schutt, Dünger oder Unrat gebraucht werden, müssen so eingerichtet sein, daß sie gegen das Herabfallen der Ladung die nötige Sicherheit gewähren. Das Verschütten oder Auslaufen des Inhalts wird, je nach der Lage der Umstände, entweder an dem Eigentümer oder dem Führer des Fuhrwerks, wie jede andere Verunreinigung der Straße bestraft.

§ 8. In der Nähe der öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen dürfen keine Düngergruben und Komposthaufen angelegt werden, wenn die Grundstücke, auf denen sie sich befinden, nicht derartig eingefriedigt sind, daß jene Gruben und Haufen von der Straße aus nicht wahrnehmbar bezw. sichtbar sind.

§ 9. Kellertüren und Luken, deren Oeffnungen nach der Straße liegen, dürfen von außen mit Stroh, Streu oder dergleichen Stoffen nur dann belegt oder verstopft werden, – ausgeschlossen ist Dung – wenn das Material äußerlich mit sauber gebundenen Strohrollen verdeckt wird. Der Bürgersteig darf nicht durch Kellerhälse, Treppenanlagen pp. verengt werden. Bei Erneuerung oder Reparatur von Kellerhälsen und Treppenanlagen ist die Genehmigung der Polizeibehörde einzuholen. Nach außen aufschlagende Türen oder Tore dürfen nach den Straßenseiten nicht angebracht werden.

§ 10. Jeder Hauseigentümer bezw. dessen Stellvertreter ist verpflichtet, die Höfe stets sauber zu halten und die auf seinem Grundstücke befindlichen Abtritts-, Dünger- und Senkgruben nach Bedürfnis mindestens aber einmal im Jahre und auf polizeiliches Verlangen jedoch sofort vollständig zu räumen und diese, sowie die auf seinem Grundstücke befindlichen Latrinen, Schlammkasten, Müllkasten, Abzugskanäle und Rinnsteine, sowie die Straßenrinnsteine an seinem Grundstücke nach besonderer Anordnung zu desinfizieren.

§ 11. Die Anlieger der im Weichbilde der Stadt belegenen Abzugsgräben sind, soweit nicht andere Bestimmungen Platz greifen, verpflichtet, dieselben stets rein zu halten, in den ersten 8 Tagen der Monate Mai bis einschließlich Oktober auch ohne besondere Aufforderung zu räumen und aus denselben, sowie von den Böschungen und Uferrändern jede Unreinlichkeit zu entfernen. Die aus den Gräben ausgeworfene Masse darf nicht an den Grabenränder liegen bleiben, sondern muß alsbald fortgeschafft werden.

Das Anpflanzen von Obstbäumen, sowie Kastanienbäumen, Birken, Akazien ist verboten. Zur Anpflanzung anderer Baumarten ist vorher die polizeiliche Genehmigung einzuholen und bestimmt die Polizei-Behörde in jedem Falle, welche Baumart, den benachbarten Bäumen anpassend, gepflanzt werden darf. Bäume, die das Straßenbild verunschönen, die Straßen verunsäubern, z. B. Kastanien oder Bäume, die verkehrshindernd oder – z. B. infolge des Alters – für die öffentlichen Verkehr gefahrbringend sein können, sind auf Anordnung der Polizei-Behörde auf Kosten der Eigentümer sofort zu entfernen.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908; (1) Jahr 1935 – Staatarchiv Posen – 4478/Komenda Powiatowa Policji Państwowej w Nowym Tomyślu4478/Kreispräsidium der Staatspolizei in NT Sign. 74 Plan miasta Nowego Tomyśla z mapy powiatu nowotomyskiego

Allerseelen / Allerheiligen – November 2017

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bilder der ehemaligen Friedhöfe zu Allerseelen/Allerheiligen 2017 stellvertretend für viele Andere (1) [293]

Bilder der ehemaligen Friedhöfe zu Allerseelen/Allerheiligen 2017 stellvertretend für viele Andere (1)

Die heutigen Bewohner des Powiat Nowotomyski und der Stadt Nowy Tomyśl haben in den ehemaligen “Hauländer”- Gemeinden  auch in diesem Jahr der einstigen Bewohner gedacht, dieses ungeachtet ihrer Herkunft oder ihres Glaubens.

Ein Licht und ein Gebet für all Diejenigen, die hier ihre letzte Ruhe fanden – ein Moment der Besinnung Derjenigen, die ihrer gedenken und sie nicht vergessen  !

Vielen Dank !

* * *

Bilder: zdj. Jan Bąbelek – Kozie Laski; zdj. Robert Miler – Bukowiec; zdj. Jola Rewald-Sałata – Grubsko; Przemek Mierzejewski – Nowy Tomyśl

Verzeichnis der bei dem Königlichen Land- und Stadtgericht zu Grätz in dem Jahre 1837 eingeleiteten Fiskalischen Untersuchungen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Albertoske,Alt Dabrowo,Alt Tomysl,Bez kategorii,Cichagora,Grätz,Jastremske,Neu Tomysl,Neustadt bei Pinne,Neutomischel,Paprotsch,Personen, Familien,Sliwno,Sontop | Kommentare sind deaktiviert
Stadtansicht Grätz - im Vordergrund der alte Stadtpark, im Hintergrund die alte evgl. Kirche / AK-Ausschnitt Sammlung Kraft [248]

Stadtansicht Grätz – im Vordergrund der alte Stadtpark, im Hintergrund die alte evgl. Kirche / AK-Ausschnitt Sammlung Kraft

Nachstehend geben wir das Verzeichnis der im Jahr 1837 durchgeführten Untersuchungen und Verurteilungen bei dem Königlichen Stadtgericht in Grätz wieder.

Wir wissen keine Einzelheiten über die Vergehen der Genannten; von keiner der Gerichtsakten war zum Zeitpunkt dieses Beitrages ein Aufbewahrungsort bekannt.

Für eine fiskalische Untersuchung wurden Straffälle herangezogen, so ist es im Handbuch „Repertorium der Polizeygesetze und Verordnungen in den Königlichen Preußischen Staaten mit Hinweisung auf die Vorschriften der Preußischen Justiz-Verwaltung, in Betreff des Verfahrens bey den Untersuchungen und Bestrafungen der Vergehen und Verbrechen“ aus dem Jahre 1822 zu entnehmen, welche z. B.  „Übertretungen der Abgaben-Gesetze, Widersetzlichkeiten gegen Staatsbediente bey Ausübung ihres Amtes und Gemeine Vergehen aller Art, worauf nur eine Geld- oder Gefängnißstrafe von 6 Monaten stehet“ betrafen.

* * *

Verzeichnis  der bei dem Königlichen Land- und Stadtgericht zu Grätz in dem Jahre 1837 eingeleiteten Fiskalischen Untersuchungen:

No.

Vor- und Zuname, Stand und Wohnort der Angeschuldigten

Gegenstand der Untersuchung

Alter

Wie erkannt worden:

1

Lea verehelichte Seelig Bruk zu Grätz

Unerlaubte Selbsthülfe

36 Jahre

Völlig freigesprochen

2

Handelsmann Wolf Littmann Borower und Kaufmann Israel Lewin Kwilecki zu Neustadt

desgleichen

25 Jahre

Jeder der Angeschuldigten ist ordentlich mit achttägiger Gefängnißstrafe bestraft

3

Wirth Anton Brodecki zu Niepruszewo

Beleidigung

45 Jahre

Denunciat ist mit achttägigem Gefängniß ordentlich bestraft

4

Amtmann Busse zu Koscielne Dakow

Selbsthülfe

28 Jahre

Denunciat ist mit einer Geldbuße von Fünf Thalern, welchen zur den Unvermögensfall eine achttägige Gefängnißstrafe substituiert bestraft

5

Rathmann Florian Cichoszewski zu Grätz

Postcontravention

50 Jahre

Noch nicht erkannt

6

Zimmergeselle Gottlob Dunk, Anton Roesler, Tagelöhner Kahl aus Graetz, Zimmergeselle Bessert aus Rataj

Körperliche Verletzung aus Fahrläßigkeit

28 Jahre

Noch nicht erkannt

7

Posthalter Flegel zu Grätz

Beleidigung

72 Jahre

Denunciat ist mit einer Geldbuße von Zwanzig Thaler, oder mit einer vierwöchentlichen Gefängsnißstrafe nach seiner Wahl belegt

8

Wirth Daniel Freitag und Hauländer Hirschfeld zu Krummenwalde

Unerlaubte Selbsthülfe

32 Jahre

Völlig freigesprochen

9

Bäckermeister Carl Frost zu Graetz

Unerlaubte Selbsthülfe

35 Jahre

Noch nicht erkannt

10

Pferdehändler Leib Glass zu Graetz

Beleidigung

57 Jahre

Noch nicht erkannt

11

Wirtschaftsschreiber Guttmann, Fornal Joseph Koczor, Walek Struzik, Philipp Stach, Michael Jamrosik, Jacob Proski, Jedrzej Konieczny, Jacob Debina, Michael Nowak; zu Dakow

Verweigerten Ausbiegens beim Begegnen königlicher Posten

18 Jahre

Denunciat ad 1 ist freigesprochen, die übrigen sind ein jeder mit Fünf Thaler Geldbuße, welcher im unvermögenden Fall eine 5 tägige Gefängnißstrafe substituiert bestraft

12

Uhrmacher August Grossmann zu Graetz

Verletzung aus Fahrlässigkeit

26 Jahre

Denunciat mit einer dreimonatlichen Gefängnißstrafe belegt

13

Ehemaliger Hülfsexekutor Michael Gondral zu Buk

Beleidigung eines Beamten im Dienst

Noch nicht erkannt

14

Schmied Samuel Hoffmann zu Woynowice

desgleichen

45 Jahre

Denunciat ist mit einer sechswöchentlichen Gefängnißstrafe um den anderen Tag bei Wasser und Brod bestraft

15

Kaufmann Elias Hirschfeld zu Neustadt

Beleidigung

42 Jahre

Noch nicht erkannt

16

Fleischer Leiser Hirsch zu Neustadt

Widersetzlichkeit bei der Pfändung

45 Jahre

Noch nicht erkannt

17

Marianna verehelichte Jakubowska und ihre Tochter Helena zu Wytomysl

Beleidung

40 Jahre

und

16 Jahre

Denunciatin ad 1 ist ordentlich mit einer vierzehntägigen Gefängnißstrafe, und die ad 2 außerordentlich mit einer achttägigen Gefängnißstrafe bestraft

18

Verehelichte Baunernwirth Anton Jadwiczak zu Wytomysl

Widersetzlichkeit bei der Pfändung

34 Jahre

Die Angeschuldigte ist mit einer zweimonatlichen Gefängnißstrafe belegt

19

Carl Jede zu Terespotocker Hauland

Jagdcontravention

36 Jahre

Noch nicht erkannt

20

Maria verwittwete Krzesielewska zu Buk

Gewerbesteuer Defraudation

(Betrug, Unterschlagung, Hinterziehung)

Denunciation ist mit 13 Tagen Gefängnißstrafe belegt

21

Eigenthümer Gottlieb Koth, Andreas Koth, Johann Giering; zu Cichagora

Jagdcontraventidon

32 Jahre

freigesprochen

22

Einlieger Andreas Kucz zu Alt Tomysl

Beleidigung im Amte

26 Jahre

Denunciat ist mit einer Gefängnißstrafe von vier Tagen belegt

23

Gutsbesitzer von Kowalski zu Wysoczka

Beleidigung

50 Jahre

Noch nicht erkannt

24

Musikus Samuel Klar und Schäfer Gottfried Hoffmann zu Kuslin

Thätlicher Widersetzlichkeit bei der Pfändung

40 Jahre

Denunciat ad 1 ist völlig freigesprochen, der ad 2 hingegen außerordentlich mit einer viertägigen Gefängnißstrafe belegt

25

Krüger Kraft zu Granowo

Beleidigung des Gendarmen im Dienst

30 Jahre

Noch nicht erkannt

26

von Kowalski zu Wysoczka, Stadtchirurgius Styczynski, Pensionair Rupniewski; zu Buk

Jagdcontravention

57 Jahre

Noch nicht erkannt

27

Wirth Ignatz Kornusz zu Lagwy

Selbsthülfe

Noch nicht erkannt

28

Eleonore May geborene Preuss, Julianna Welke geborene Preuss; aus Albertoske

Unerlaubte Selbsthülfe

30 Jahre

Denunciatin sowie Codenunciation sind völlig freigesprochen

29

Eigenthümer Christian Müller zu Alt Dombrowo

Unbefugter Ankauf von Gänsen

Denunciat ist mit einer neunwöchentlichen Gefängnißstrafe bestraft

30

Schneider Gottfried Neumann zu Koselosker Hauland

Jagdcontravention und Widersetzlichkeit

31 Jahre

Völlig freigesprochen

31

Stabschläger Gottfried Nowak zu Alt Dombrowo

Beleidigung im Dienst

37 Jahre

Denunciat ist mit einer sechsmonatlichen Einstellung in eine Strafsektion bestraft

32

Hausmann und Schmied Ortel zu Scherlanke

Jagdcontravention

32 Jahre

Vorläufig freigesprochen, aber seines Gewerbes für verlustig erklärt

33

Komornik Martin Orlik zu Wysoczka

Beleidigung des Schulzen im Amte

49 Jahre

Völlig freigesprochen

34

Einwohner Clemens Paulewicz und Marianna Paulewicz zu Neustadt

Frevelhafter Lügen vor Gericht

40 Jahre

freigesprochen

35

Probst Rebelski zu Wytomysl

Widersetzlichkeit und Beleidigung eines Unterbedienten des Staats im Dienste

70 Jahre

Denunciat ist mit fünfzig Reichsthaler Geldbuße oder fünf Wochen Gefängniß bestraft

36

Waldwärter Sander zu Jastrzembnik

Gewerbesteuer Defraudation

26 Jahre

Denunciat ist mit dreiwöchentlicher Gefängnißstrafe belegt

37

Stanislaus Smetek und Michael Korbanek; zu Gronzig

Beleidigung eines Gendarmen im Dienst

25 Jahre

Noch nicht erkannt

38

Mehlhändler Joseph Schirmer zu Grätz

Steuerdefraudation

Denunciat ist mit einer zehntägigen Gefängnißstrafe belegt

39

Oeconom Szelerowicz zu Sliwno

Unerlaubte Selbsthülfe

45 Jahre

freigesprochen

40

Hauländer Emanuel Schmid, Gottfried Schmid, Samuel Girndt; zu Paprotsch

Jagdcontravention

26 Jahre

Jeder der Denuniciaten ist der Flinte verlustig erklärt

41

Einwohner Starkowski zu Buk

Beleidigung

34 Jahre

Die Untersuchung ist für nicht eingeleitet erachtet

42

Lotterie Einnehmer Liebermann Speier zu Grätz

Beleidigung des Landrath Schuber zu Buk

25 Jahre

Völlig freigesprochen

43

Schäfer Schulz und Knecht Niewidczak zu Grudno

Widersetzlichkeit bei der Pfändung

34 Jahre

Denunciat ad 1 völlig freigesprochen, der ad 2 außerordentlich mit zehn Silbergroschen Geldbuße im Unvermögensfall aber mit 24 stündiger Gefängnißstrafe belegt

44

Verehelichte Elias Scheffler zu Neu Dombrowo

Beleidigung im Amte

54 Jahre

Denunciation ist mit sechstägigem Gefängniß bestraft

45

Hauländersohn Johann Gottlieb Schubert zu Zinskowo

Jagdcontravention

16 Jahre

Noch nicht erkannt

46

Wirth Carl Sieczka, Dienstknecht Casimir Kinal, Dienstknecht George Skrzypczak, Dienstjunge Martin Bilak; zu Sliwno

Unerlaubte Selbsthülfe

42 Jahre

Noch nicht erkannt

47

Anna Dorothea geschiedene Scherbarth, Daniel Rausch, Christian Rausch, Gottfried Schulz, Gottlob Rudnik, Christian Hanke, Zu Grabsker Hauland

Unerlaubte Selbsthülfe

40 Jahre

Noch nicht erkannt

48

Einlieger Ernst Wiesel zu Paprotsch

Gewerbesteuer Defraudation

62 Jahre

Denunciat ist mit einer fünfwöchentlichen Gefängnißstrafe belegt

49

Jüdin Jüttel Wittkower zu Grätz

Gewerbesteuer Defraudation

Denunciatin ist mit einer zweitägigen Gefängnißstrafe belegt

50

Fleischer und Schänker Gottlieb Weber zu Neutomysl

Beleidigung

47 Jahre

Denunciat ist außerordentlich mit einer vierwöchentlichen Gefängnißstrafe belegt

51

Schulz Lucas Wittkowiak und Komornik Valentin Manka zu Kalwy

Königliche Verletzung

48 Jahre

Vorläufig freigesprochen

52

Müllermeister Daniel Wessolowski zu Grätz

Beleidigung im Amte

41 Jahre

Die Strafe ist vom Denuncianten dem Denunciaten erlassen

53

Eigenthümer Dienegott Werner, Schuhmacher Richter, Eigenthümer Mentzel senior, die Schullehrer Gerlach ’schen Eheleute zu Sontop

Beleidigung im Amte

45 Jahre

Noch nicht erkannt

Grätz den 13. Januar 1838 – Königl. Preuß Land- und Stadtgericht

 * * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in den Bildunterschriften genannt Staatsarchiv Poznan – http://szukajwarchiwach.pl/  – Oberpräsidium -0290-3331 Buk – Verwaltungsberichte

 

Johann Gottlieb Rex aus dem Militärdienst entwichen / 1819

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bild von Edmund Friedrich Theodor Rabe (*1815 †1902) - "Die brandenburg-preußische Armee in historischer Darstellung", Bild-PD-alt, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=7813559 [294]

Bild von Edmund Friedrich Theodor Rabe (*1815 †1902) – „Die brandenburg-preußische Armee in historischer Darstellung“, Bild-PD-alt, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=7813559

Amts-Blatt der Königl. Preußischen Regierung – No.  51 – Stettin, den 12. November 1819

III. Sicherheits-Polizei

„Nachbenannter Rekrut, Johann Gottlieb Rex, von der 2ten Compagnie der 2ten Pommerschen Pionier-Abtheilung, aus Neu-Tomischel im Bucker-Kreise, im Großherzogthum Posen gebürtig, ist aus der hiesigen Garnison den 24sten dieses (24. Oktober 1819) entwichen.

Die Gensd’armerie wird hiermit angewiesen, auf ihn strenge zu vigilieren, ihn im Betretungsfalle sicher nach Berlin transportieren, und an die Königl. Commandantur abliefern zu lassen. Der Kreis-Brigadier, in dessen Bezirk derselbe verhaftet ist, hat mir sofort Anzeige davon zu machen.

Berlin, den 27sten Oktober 1819. – Königl. Preuß. Chef der Gensd’armerie. – v. Brauchitsch“

* * *

Johann Gottlieb Rex

lebte als Bürger und Stellmacher in Neutomischel. Er wurde am 03. September 1797 in Neu Tomysl geboren. er verstarb 1882 in Glinau. Seine Eltern waren der Stell- und Radmacher Samuel Friedrich Rex, welcher zu Paprotsch mit seiner Ehefrau Beata Louise geborene Becker ansässig gewesen war.

1825 hat er in Neu Tomysl die Ehe mit Maria Dorothea Schallert (1804-1863) geschlossen.

Ihre Kinder waren:

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – 3) Amts-Blatt der Preuß. Regierung zu Stettin – 4) https://de.wikipedia.org/wiki/Neupreu%C3%9Fische_Pionierbataillone

Kurzmeldung – Sturm hebt Dach der Dampfmühle ab / 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Ansicht des Gebäudes der Maennel'schen Dampfmühle mit dem Pappdach / Ausschnitt AK Sammlung Wojtek Szkudlarski [295]

Ansicht des Gebäudes der Maennel’schen Dampfmühle mit dem Pappdach / Ausschnitt AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

„Durch den orkanartigen Sturm, der diese Nacht 26.-27.02.1908 hier und in der Umgegend gewütet hat, wurde das Pappdach des auf dem Neuen Markte befindlichen Maennel’schen Grundstücks abgehoben und auf den Marktplatz geschleudert, glücklicher Weise ohne sonstigen weiteren Schaden anzurichten.“

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

Kurzmeldung – Fuhrwerk-Zusammenstoß in Neu Tomysl / 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die ehemalige Neustädter Str. / AK-Ausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski [296]

Die ehemalige Neustädter Str. / AK-Ausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski

„Am vergangenen Mittwoch (29. April 1908) abend gegen 10 Uhr fuhren auf der Neustädter Chaussee zwei Fuhrwerke, dem Spediteur Goldmann hierselbst und dem Eigentümer Gustav Meißner, Scherlanke gehörig, derartig unglücklich zusammen, daß die Deichsel vom Wagen des letzteren dem Pferde des Spediteurs Goldmann tief in die Brust drang, sodaß das verletzte Tier, welches einen Wert von 550 Mark repräsentiert, auf der Stelle verendete. Auch der Führer des Goldmann’schen Wagen wurde bei dem Zusammenstoß im Gesicht verletzt.“

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

Schwindel beim Butterverkauf / 1899

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Zur Kücheneinrichtung gehörte auch ein Butterfaß / Aufn. PM (3) [297]

Zur Kücheneinrichtung gehörte auch ein Butterfaß / Aufn. PM (3)

„Die Eigenthümerfrau Emma Buchwald in Jablone hatte am 19. Januar d. Js. (19. Januar 1899) auf dem Wochenmarkte in Rakwitz Butter verkauft, und die Käufer dieser Butter haben entdeckt, daß an jedem Stück 10 Gramm fehlten, und daß jedes Stück innen künstlich ausgehöhlt und theilweise mit Wasser gefüllt worden war.

Deshalben wurde die Buchwald wegen Betruges unter Anklage gestellt, dieses Vergehens für überführt erachtet und vom Schöffengericht in Wollstein zu einer Geldstrafe von 21 Mk. ev. zu 1 Woche Gefängniß verurtheilt.“

* * *

Es lebten in jenem Jahr in Jablone der Eigentümer
Albert Erdmann Buchwald mit seiner Ehefrau Emma Juliana Emilie geborene Paesler.
Als ihre Kinder wurden aus den Personenstandsunterlagen notiert:
1897 Amanda Martha, 1900 Oscar Gotthold, 1901 Emilia Martha, 1905 Emma Frieda und 1910 Emma Bertha

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: (1)Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); (2) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1899; (3) Aufgenommen im Freilichtmuseum der Volksbauweise der westlichen Woijewodschaft Wielkopolska  “SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO”  www.muzea-wolsztyn.com.pl [298]
 

 

Wahl eines neuen evangelischen Geistlichen im Jahr 1834

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Wahljahr Ort Lfd No. Zuname, Vorname Stand u Gewerbe
1836 Glashütte 1 Horlitz, David Eigentümer
1836 Glashütte 2 Rosenau, Johann Eigentümer
1836 Sontop 1 Steinke, George Friedrich Schuhmacher
1836 Sontop 2 Steinke, Johann Friedrich Eigentümer
1836 Sontop 3 Reimann, Christoph Eigentümer
1836 Sontop 4 Hoffmann, George Eigentümer
1836 Sontop 4 Hoffmann, Gottfried Tagelöhner
1836 Sontop 5 Fenske, Johann Gottlob Eigentümer
1836 Sontop 6 Hartmann, Johann George Eigentümer
1836 Sontop 6 Reimann, Johann Gottfried Schneider
1836 Sontop 7 Laengert, Johann Gottlieb Eigentümer
1836 Sontop 8 Laengert, Johann Christian Eigentümer
1836 Sontop 9 Müller, Johann Christoph Eigentümer
1836 Sontop 10 Müller, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 11 Fenske, Johann Christian Eigentümer
1836 Sontop 11 Linke, Johann Christian Ausgedinger
1836 Sontop 11 Röhl, Johann Christoph Tagelöhner
1836 Sontop 12 Rausch, Gottlob Eigentümer
1836 Sontop 12 Rausch, Christian Schuhmacher
1836 Sontop 13 Töpper, Johann Daniel Eigentümer
1836 Sontop 14 Töpper, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 15 Rausch, Johann Gottlob Eigentümer
1836 Sontop 15 Hoffmann, Johann George Ausgedinger
1836 Sontop 16 Werner, Johann Dienegott Eigentümer
1836 Sontop 17 Paschke, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 18 Töpper, Johann Gottlieb Eigentümer
1836 Sontop 18 Töpper, Johann Gottfried Ausgedinger
1836 Sontop 19 Koth, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 20 Abraham, Samuel Eigentümer
1836 Sontop 20 Abraham, Anna Elisabeth Ausgedingerin
1836 Sontop 21 Abraham, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 22 Heinrich, Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 23 Prüfer, Johann Eigentümer
1836 Sontop 24 Giese, Johann Christian Eigentümer
1836 Sontop 25 Giese, Johann Gottlob Eigentümer
1836 Sontop 26 Töpper, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 27 Müller, Johann Christoph Eigentümer
1836 Sontop 28 Rausch, Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 29 Heinrich, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 29 Heinrich, Johann Carl Wirts Bruder
1836 Sontop 30 Wilhelm, Christian Eigentümer
1836 Sontop 30 Seidilt, Christina Hausweib
1836 Sontop 31 Siegmund, Johann George Eigentümer
1836 Sontop 32 Siegmund, George Friedrich Eigentümer
1836 Sontop 32 Puhan, Johann Gottlieb Hausmann
1836 Sontop 33 Gebauer, Christian Eigentümer
1836 Sontop 34 Steinke, Johann George Eigentümer
1836 Sontop 35 Steinke, Johann Gottlob Eigentümer
1836 Sontop 36 Hübner, Christian Eigentümer
1836 Sontop 37 Meyer, Johann Christian Eigentümer
1836 Sontop 38 Lupke, Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 38 Lupke, Anna Dorothea Ausgedingerin
1836 Sontop 39 Fichner, George Eigentümer …. Katholisch
1836 Sontop 40 Töpper, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 41 Müller, Johann Gottlob Eigentümer
1836 Sontop 42 Horlitz, Johann George Eigentümer
1836 Sontop 43 Rausch, Maria Dorothea Eigentümerin
1836 Sontop 43 Rausch, Johann Wilhelm Tagelöhner
1836 Sontop 44 Winter, Gottlob Hausmann
1836 Sontop 44 Winter, Beate Hausweib
1836 Sontop 45 Müller, Johann Christoph Eigentümer
1836 Sontop 45 Schmidt, Gottfried Tagelöhner
1836 Sontop 46 Steinke, George Friedrich Windmüller
1836 Sontop 47 Töpper, Johann Christoph Windmüller
1836 Sontop 48 Müller, Johann Gottlieb Windmüller
1836 Sontop 49 Korn, Anna Rosina Windmüllerin
1836 Sontop 49 Korn, Christoph Ausgedinger
1836 Sontop 50 Horlietz, Johann Christoph Windmüller
1836 Sontop 51 Rausch, Johann Gottfried Windmüller
1836 Sontop 52 Winter, Gottfried Häusler
1836 Sontop 52 Winter, Wilhelm Maurergeselle
1836 Sontop 52 Abraham, Gotthilf Schuhmacher
1836 Sontop 53 Greiser, Johann Schuhmacher
1836 Sontop 53 Just, Dorothea Elisabeth Hausweib
1836 Sontop 54 Müller, Gottlieb Schneider
1836 Sontop 54 Winter, Daniel Tagelöhner
1836 Sontop 55 Klemm, Martin Häusler
1836 Sontop 56 Mader, Samuel Häusler
1836 Sontop 57 Abraham, George Friedrich Häusler
1836 Sontop 57 Winter, Gottfried Schneider
1836 Sontop 58 Schupelius, Gottfried Schuhmachergeselle
1836 Sontop 58 Menzel, Christoph Tagelöhner
1836 Sontop 59 Menzel, Gottlieb Schuhmacher
1836 Sontop 59 Stehler, Rosina Dorothea Hausweib
1836 Sontop 60 Schupelius, Christian Schuhmacher
1836 Sontop 60 Schupelius, Gottlob Hausmann
1836 Sontop 61 Abraham, Martin Schuhmacher
1836 Sontop 61 Brauer, Gottfried Tagelöhner
1836 Sontop 62 Paelke, Gottlieb Schuhmacher
1836 Sontop 63 Abraham, Wilhelm Schmied
1836 Sontop 63 Abraham, Christian Tagelöhner
1836 Sontop 63 Abraham, Gottfried Schuhmacher
1836 Sontop 64 Just, Christian Häusler
1836 Sontop 65 Schirmer, Samuel Häusler
1836 Sontop 66 Gebauer, Gottlieb Häusler
1836 Sontop 67 Sender, Christoph Häusler
1836 Sontop 67 Hoffmann, Samuel Häusler
1836 Sontop 67 Fenske, Johann George Tagelöhner
1836 Sontop 68 Abraham, Johann George Eigentümer
1836 Sontop 69 Gerlach, Friedrich Schuhmacher
1836 Sontop 70 Niedrig, Martin Schäfer
1836 Sontop 71 Quawst, Jacob Häusler
1836 Sontop 72 Bielke, Andras Häusler
1836 Sontop 73 Kursch, Christian Häusler
1836 Sontop 74 Koth, Johann Christoph Eigentümer
1836 Sontop 74 Koth, Dorothea Elisabeth Ausgedingerin
1836 Sontop 75 Siegmund, George Friedrich Eigentümer
1836 Sontop 76 Marquardt, Christian Häusler
1836 Sontop 76 Kahl, Gottfried Hausmann
1836 Sontop 77 Richter, Gottfried Häusler
1836 Sontop 78 Steinke, Christoph Häusler
1836 Sontop 79 Peterke, George Friedrich Häusler
1836 Sontop 79 Reich, Anna Dorothea Hausweib
1836 Sontop 79 Winter, Dorothea Elisabeth Hausweib
1836 Sontop 80 Menzel, Johann Gottfried Häusler
1836 Sontop 80 Peisker, Gottfried Hausmann
1836 Sontop 81 Menzel, Johann Christoph Häusler
1836 Sontop 82 Prüfer, Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 83 Ziboll, Andreas Häusler
1836 Sontop 84 Töpper, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 85 Steinke, Johann Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 86 Grunwald, Martin Häusler
1836 Sontop 87 Fenske, Johann Gottlieb Häusler
1836 Sontop 87 Blaesing, Christian Hausmann
1836 Sontop 88 Siegmund, Gottfried Eigentümer
1836 Sontop 88 Siegmund, Traugott Vaters Sohn
1836 Sontop 89 Eckert, Gottlieb Häusler
1836 Sontop 90 Siedke (Lüdke?), Daniel Eigentümer
1836 Sontop 90 Schramm, Anna Rosina Hausweib
1836 Paprotsch 1 Knoll, Daniel Eigentümer
1836 Paprotsch 2 Roy, Daniel Eigentümer
1836 Paprotsch 3 Krähahn, Traugott Eigentümer
1836 Paprotsch 4 Wittchen, George Eigentümer
1836 Paprotsch 5 Fenske, Gottfried Eigentümer
1836 Paprotsch 6 Kahl, Rosina Ausgedingerin
1836 Paprotsch 7 Rausch, Johann Eigentümer
1836 Paprotsch 8 Joachim, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 9 Breuer, Geor. Fried. Eigentümer
1836 Paprotsch 10 Seide, George Eigentümer
1836 Paprotsch 11 Seide, Christian Tagelöhner
1836 Paprotsch 12 Kahl, Johann Geor. Hausmann
1836 Paprotsch 13 Pflaum, Joha Fried. Eigentümer
1836 Paprotsch 14 Rausch, Andreas Eigentümer
1836 Paprotsch 15 Köther, Joh. Gottfr. Eigentümer
1836 Paprotsch 16 Pflaum, Joh, Friedrich Eigentümer
1836 Paprotsch 17 Rausch, Joh. Gottfried Eigentümer
1836 Paprotsch 18 Kahl, Joh. Gottf. Eigentümer
1836 Paprotsch 19 Kahl, Joh. Christi. Eigentümer
1836 Paprotsch 20 Steinke, Christoph Eigentümer
1836 Paprotsch 21 Klem, Ewa Rosina Eigentümerin
1836 Paprotsch 22 Köter, Joh. Christoph Eigentümer
1836 Paprotsch 23 Köter, Joh. Gottlob Tagelöhner
1836 Paprotsch 24 Pflaum, Johann Gottl. Eigentümer
1836 Paprotsch 25 Fenske, Johann George Eigentümer
1836 Paprotsch 26 Brämer, Anna Dor. Hausweib
1836 Paprotsch 27 Hartmann, Gottfr. Eigentümer
1836 Paprotsch 28 Zippel, Gottfr. Tagelöhner
1836 Paprotsch 29 Zippel, Rosina Tagelöhnerin
1836 Paprotsch 30 Prüfer, Dor. Elisabeth Eigentümerin
1836 Paprotsch 31 Prüfer, Joh. Juliana Hausweib
1836 Paprotsch 32 Prüfer, Beata Hausweib
1836 Paprotsch 33 Prüfer, Rosi.Dor. Hausweib
1836 Paprotsch 34 Krüger, Friedrich Eigentümer
1836 Paprotsch 35 Grätz, Christian Hausmann
1836 Paprotsch 36 Quast, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 37 Bielke, Maria Ausgedingerin
1836 Paprotsch 38 Bielke, Gottl. Eigentümer
1836 Paprotsch 39 Rausch, Gottl. Eigentümer
1836 Paprotsch 40 Krause, Gottf. Scharfrichter Knecht
1836 Paprotsch 41 Koblietz, Gottf. Hausmann
1836 Paprotsch 42 Kubeil, Gottli. Hausmann
1836 Paprotsch 43 Schultz, Gottf. Eigentümerin
1836 Paprotsch 44 Bräuer, Gottl. Hausmann
1836 Paprotsch 45 Schulz, Andreas Ausgedinger
1836 Paprotsch 46 Kurtz, George Eigentümer
1836 Paprotsch 47 Kurtz, Rosina Ausgedingerin
1836 Paprotsch 48 Bräuer, Gottl. Hausmann
1836 Paprotsch 49 Linke, Gottf Eigentümer
1836 Paprotsch 50 Fenske, George Eigentümer
1836 Paprotsch 51 Bremer, Michael Ausgedinger
1836 Paprotsch 52 Ulm, Gottl Eigentümer
1836 Paprotsch 53 Fenske, Samuel Eigentümer
1836 Paprotsch 54 Fenske, Gottfried Ausgedinger
1836 Paprotsch 55 Hecke, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 56 Kliem, Gottl Hausmann
1836 Paprotsch 57 Ehrmann, Christian Hausmann
1836 Paprotsch 58 Hecke, Christoph Eigentümer
1836 Paprotsch 59 Kurtz, Gottf. Eigentümer
1836 Paprotsch 60 Hämmerling, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 61 Hämmerling, Dorothea Ausgedingerin
1836 Paprotsch 62 Feist, George Eigentümer
1836 Paprotsch 63 Blaesing, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 64 Klenke, Christan Eigentümer
1836 Paprotsch 65 Meisner, George Eigentümer
1836 Paprotsch 66 Girndt, Samuel Eigentümer
1836 Paprotsch 67 Girndt, Gottlieb Ausgedinger
1836 Paprotsch 68 Kuss oder Kusch, Gottl. Eigentümer
1836 Paprotsch 69 Lausch, Maria Hausweib
1836 Paprotsch 70 Welke, Joh. Gottfried Ausgedinger
1836 Paprotsch 71 Kern, Christian Hausmann
1836 Paprotsch 72 Zelmer, Gottl. Eigentümer
1836 Paprotsch 73 Schlink, Gottfried Hausmann
1836 Paprotsch 74 Hämmerling, Joh. Friedr. Tagelöhner
1836 Paprotsch 75 Hämmerling, Gottf. Schuhmacher
1836 Paprotsch 76 Wanke, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 77 Schmitt, Emanuel Eigentümer
1836 Paprotsch 78 Schultz, Gottf. Hausmann
1836 Paprotsch 79 Meissner, Martin Eigentümer
1836 Paprotsch 80 Seide, George Eigentümer
1836 Paprotsch 81 Hämmerling, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 82 Hämmerling, Gottlieb Ausgedinger
1836 Paprotsch 83 Rausch, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 84 Jeske, Ludwig Eigentümer
1836 Paprotsch 85 Seide, Christian Hausmann
1836 Paprotsch 86 Seide, Elisabeth Ausgedingerin
1836 Paprotsch 87 Schmitt, Gottf. Eigentümer
1836 Paprotsch 88 Rausch, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 89 Hämmerling, Gottlieb Ausgedingerin
1836 Paprotsch 90 Roy, Daniel Eigentümer
1836 Paprotsch 91 Labsch, Daniel Eigentümer
1836 Paprotsch 92 Labsch, Dienegott Hausmann
1836 Paprotsch 93 Welke, Gottf. Eigentümer
1836 Paprotsch 94 Linke, Martin Ausgedinger
1836 Paprotsch 95 Linke, Martin Eigentümer
1836 Paprotsch 96 Kurtz, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 97 Kurtz, Gottlieb Hausmann
1836 Paprotsch 98 Kuck, Gottfr. Eigentümer
1836 Paprotsch 99 Kuck, Michael Ausgedinger
1836 Paprotsch 100 Fenske, Ludwig Eigentümer
1836 Paprotsch 101 Fenske, Gottlieb Ausgedinger
1836 Paprotsch 102 Meissner, Gottlieb Eigentümer
1836 Paprotsch 103 Meissner, Martin Ausgedinger
1836 Paprotsch 104 Janotte, Martin Hausmann
1836 Paprotsch 105 Kurtz, Andreas Hausmann
1836 Paprotsch 106 Protsch, Gottl. Eigentümer
1836 Paprotsch 107 Protsch, Johann Hausmann
1836 Paprotsch 108 Köth, Christian Hausmann
1836 Paprotsch 109 Mutschke, Gottlieb Hausmann
1836 Paprotsch 110 Janoth, George Eigentümer
1836 Paprotsch 111 Brämer, George Fried. Hausmann
1836 Paprotsch 112 Hein, Gottf. Schuhm. Geselle
1836 Paprotsch 113 Ortl, Anna Hausweib
1836 Paprotsch 114 Janott, George Ausgedinger
1836 Paprotsch 115 Wolke, Gottlieb Eigentümer
1836 Paprotsch 116 Bensch, Samuel Hausmann
1836 Paprotsch 117 Linke, George Eigentümer
1836 Paprotsch 118 Grunwald, Friedrich Hausmann
1836 Paprotsch 119 Bensch, Daniel Hausmann
1836 Paprotsch 120 Pflaum, Friedrich Eigentümer
1836 Paprotsch 121 Löchelt, Christoph Hausmann
1836 Paprotsch 122 Pohl, Daniel Hausmann
1836 Paprotsch 123 Pflaum, Gottfried Ausgedinger
1836 Paprotsch 124 Tepper, Christoph Eigentümer
1836 Paprotsch 125 Katsch, Daniel Hausmann
1836 Paprotsch 126 Schultz, Christian Hausmann
1836 Paprotsch 127 Lüdke, Martin Eigentümer
1836 Paprotsch 128 Nitschke, Gottl Eigentümer
1836 Paprotsch 129 Nitschke, Martin Ausgedinger
1836 Paprotsch 130 Schallert, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 131 Sommerfeld, Gottl Eigentümer
1836 Paprotsch 132 Sommerfled, Christina Ausgedingerin
1836 Paprotsch 133 Stein, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 134 Zittier, Gottlieb Eigentümer
1836 Paprotsch 135 Sommerfeld, George Hausmann
1836 Paprotsch 136 Joachim, Gottf Eigentümer
1836 Paprotsch 137 Kurtz, Gottl. Eigentümer
1836 Paprotsch 138 Hämpel, Samuel Eigentümer
1836 Paprotsch 139 Fenske, Gottl. Hausmann
1836 Paprotsch 140 Kurtz, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 141 Gröger, Gottf Eigentümer
1836 Paprotsch 142 Labsch, Gottlieb Eigentümer
1836 Paprotsch 143 Zittier, Michael Eigentümer
1836 Paprotsch 144 Koth, Christian Hausmann
1836 Paprotsch 145 Handtke, Dorothea Eigentümerin
1836 Paprotsch 146 Hecke, Christian Ausgedinger
1836 Paprotsch 147 Wandke, Rosina Dorothea Eigentümerin
1836 Paprotsch 148 Olbrich, Christian Hausmann
1836 Paprotsch 149 Stiller, Anna Hausweib
1836 Paprotsch 150 Pfeiffer, Gottl. Häusler
1836 Paprotsch 151 Quasnik, Samuel Hausmann
1836 Paprotsch 152 Laube, Gottl. Eigentümer
1836 Paprotsch 153 Joachim, George Frid. Hausmann
1836 Paprotsch 154 Pohl, Geor. Fried. Eigentümer
1836 Paprotsch 155 Pohl, Gottf. Hausmann
1836 Paprotsch 156 Prüfer, Gottfr. Eigentümer
1836 Paprotsch 157 Bielke, Gottf. Eigentümer
1836 Paprotsch 158 Muster, Gottfr. Hausmann
1836 Paprotsch 159 Wihelm, Ernst(ina) Hausweib
1836 Paprotsch 160 fehlt
1836 Paprotsch 161 Bielke, Rosina Dor. Eigentümerin
1836 Paprotsch 162 Scheibner, Christoph Eigentümer
1836 Paprotsch 163 Hirsch, Daniel Hausmann
1836 Paprotsch 164 Kuck, Gottf. Müller-Geselle
1836 Paprotsch 165 Schultz, Daniel Hausmann
1836 Paprotsch 166 Joachim, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 167 Linke, George Eigentümer
1836 Paprotsch 168 Freuer, Christina Hausweib
1836 Paprotsch 169 Klemmt, Gottfr Schul Lehrer
1836 Paprotsch 170 Pflaum, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 171 Jeske, Erdmann Eigentümer
1836 Paprotsch 172 Adam, Gottlieb Hausmann
1836 Paprotsch 173 Stiller, Gottfried Häusler
1836 Paprotsch 174 Joachim, George Eigentümer
1836 Paprotsch 175 Lüdke, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 176 Kahl, Geor. Fried Häusler
1836 Paprotsch 177 Strauch, Daniel Häusler
1836 Paprotsch 178 Kahl, Gottf. Eigentümer
1836 Paprotsch 179 Lüdke, Geor. Fried. Eigentümer
1836 Paprotsch 180 Lüdke, Wilhelm Hausmann
1836 Paprotsch 181 Bielke, George Eigentümer
1836 Paprotsch 181 (2x) Pflaum, Christian Eigentümer
1836 Paprotsch 182 Jeske, Wilhelm Eigentümer
1836 Paprotsch 183 Strauch, Beata Hausweib
1836 Paprotsch 184 Schirmer, Gottlob Hausweib (eher -mann)
1836 Paprotsch 185 Peter, Johann Friedr. Hausmann
1836 Paprotsch 186 Rausch, Gottfried Eigentümer
1836 Paprotsch 187 Wittchen, Andreas Eigentümer
1836 Paprotsch 188 Wittchen, Rosina Hausweib
1836 Neu Rose 1 Wilhelm, Friedrich Eigentümer
1836 Neu Rose 2 Schulz, George Einwohner
1836 Neu Rose 3 Schulz, George Tagelöhner
1836 Neu Rose 4 Seide, Wittwe Einwohnerin
1836 Neu Rose 5 Steinborn, Gottlob Eigentümer
1836 Neu Rose 6 Steinborn, Christina Einwohnerin
1836 Neu Rose 7 Steinborn, Wittwe Einwohnerin
1836 Neu Rose 8 Wittchen, Friedrich Eigentümer
1836 Neu Rose 9 Hartmann, Friedrich Eigentümer
1836 Neu Rose 10 Kurtz, Christoph Eigentümer
1836 Neu Rose 11 Sender, Christian Ausgedinger
1836 Neu Rose 12 Tepper, Christoph Eigentümer
1836 Neu Rose 13 Herrmann, Friedrich Eigentümer
1836 Neu Rose 14 Abrahm, Gottlob Eigentümer
1836 Neu Rose 15 Klemm, George Einwohner
1836 Neu Rose 16 Koeter, Samuel Eigentümer
1836 Neu Rose 17 Wittchen, George Eigentümer
1836 Neu Rose 18 Zippel, Friedrich Eigentümer
1836 Neu Rose 19 Steinborn, Christian Eigentümer
1836 Neu Rose 20 Herrmann, Christoph Eigentümer
1836 Neu Rose 21 Heinrich, Gottfried Pächter
1836 Neu Rose 22 Heinrich, Gottfried Eigentümer
1836 Neu Rose 23 Siegmund, Georg Eigentümer
1836 Neu Rose 24 Wittchen, Gottfried Eigentümer
1836 Neu Rose 25 Rausch, Gottfried Eigentümer
1836 Neu Rose 26 Winter, Gottlob Einwohner
1836 Neu Rose 27 Roy, George Ausgedinger
1836 Neu Rose 28 Roy, Gottfried Eigentümer
1836 Neu Rose 29 Winter, Christian Eigentümer
1836 Neu Rose 30 Breuer, Gottlob Eigentümer
1836 Neu Rose 31 Michael, Wilhelm Einwohner
1836 Neu Rose 32 Hartmann, Daniel Eigentümer
1836 Neu Rose 33 Zippel, Christoph Eigentümer
1836 Neu Rose 34 Schiller, Daniel Eigentümer
1836 Neu Rose 35 Knoll, Christina Einwohnerin
1836 Neu Rose 36 Koeter, Gottfried Einwohner
1836 Neu Rose 37 Steinborn, George Eigentümer
1836 Neu Rose 38 Siegmund, Wilhelm Eigentümer
1836 Neu Rose 39 Steinborn, Gottfried Einwohner
1836 Neu Rose 40 Seidelt, Gottfried Eigentümer
1836 Neu Rose 41 Koeter, Gottlob Eigentümer
1836 Neu Rose 42 Schiller, Gottlieb Eigentümer
1836 Neu Rose 43 Seide, George Eigentümer
1836 Neu Rose 44 Schallert, Wittwe Eigentümerin
1836 Neu Rose 45 Neumann, Gottlieb Eigentümer
1836 Neu Rose 46 Schiller, Gottfried Eigentümer
1836 Neu Rose 47 Lehmann, Gottfried Eigentümer
1836 Neu Rose 48 Wittchen, Christoph Einwohner
1836 Neu Rose 49 Rausch, Gottlieb Eigentümer
1836 Neu Rose 50 Zachert, Christian Schul Lehrer
1836 Alt Tomysl 1 Rederki, Alexander Brauer
1836 Alt Tomysl 2 Praeschel, Georg Schäfer
1836 Alt Tomysl 3 Hohlfeldt, August Oberförster
1836 Alt Tomysl 4 Horlitz, George Eigentümer
1836 Alt Tomysl 5 Horlitz, George Ausgedinger
1836 Alt Tomysl 6 Joachim, Gottfried Krüger
1836 Alt Tomysl 7 Knoll, George Eigentümer
1836 Alt Tomysl 8 Lüdke, Martin Schneider
1836 Alt Tomysl 9 Reisch, George Müller
1836 Alt Tomysl 10 Giese, Christoph Müller
1836 Alt Tomysl 11 Stege, George Schmied
1836 Alt Tomysl 12 Luftmann, Friedrich Tagelöhner
1836 Alt Tomysl 13 Schelski, Xtoph Schneider
1836 Alt Tomysl 14 Stege, Dienegott Häusler
1836 Alt Tomysl 15 Bürger, Samuel Tagelöhner
1836 Alt Tomysl 16 Stein, Xtina Wittwe
1836 Alt Tomysl 17 Schulz, Johann Schmied
1836 Alt Tomysl 18 Rausch, Gottlob Wirth
1836 Alt Tomysl 19 Heyn, Daniel Wirth
1836 Alt Tomysl 20 Quast, Jacob Wirth
1836 Alt Tomysl 21 Görke, Carl Wirth
1836 Alt Tomysl 22 Rausch, Christoph Wirth
1836 Alt Tomysl 23 Pfeiffer, Christoph Wirth
1836 Alt Tomysl 24 x gestrichen
1836 Alt Tomysl 25 Förster, Rosina …verzogen…
1836 Alt Tomysl 26 Helwing, Gottlieb Tagelöhner
1836 Alt Tomysl 27 Kuk, Gottfried Eigentümer
1836 Alt Tomysl 28 Heydrig, Gottfried Eigentümer
1836 Alt Tomysl 29 Heydwig, Andreas Hausmann
1836 Wytomysl 1 Lehmann, Anna Tagelöhnerin …verzogen
1836 Wytomysl 2 Eberstein, Catharina Tagelöhnerin
1836 Wytomysl 3 Hahn, Friedrich Ziegler
1836 Wytomysl 4 Krumbholz, Helena Tagelöhnerin …verzogen
1836 Wytomysl 5 Gutsch, Gottfried Bäcker
1836 Wytomysl 6 Kliem, Johann Friedrich Müller
1836 Wytomysl 7 Schulz, Daniel Tagelöhner
1836 Wytomysl 8 Rausch, Dienegott Krüger
1836 Wytomysl 9 Rau, Christian Schmied
1836 Wytomysl 10 Rau, Samuel Tagelöhner
1836 Bobrowko 1 Haenschke, Gottlieb Müller
1836 Bobrowko 2 Philipp, Franz Tagelöhner
1836 Bobrowko 3 Kayser, Christian Tagelöhner
1836 Bobrowko 4 Troschke, August Krüger
1836 Bobrowko 5 Wenzel, Gottlob Schneider … verzogen
1836 Bobrowko 6 Klebe, Jacob Tagelöhner
1836 Mischke 1 Gellert, Deniel Pächter
1836 Mischke 2 Troschke, Gottlieb Fischer
1836 Mischke 3 Jaensch, Martin Landmann
1836 Glinau 1 Pflaum, Gottfried Eigentümer
1836 Glinau 2 Seide, Daniel Hausmann u Schneider
1836 Glinau 3 Kühn, Christina Hausweib
1836 Glinau 4 Wilhelm, Johann Friedr. Eigentümer
1836 Glinau 5 Werner, Martin Eigentümer
1836 Glinau 6 Zeuschner, Rosina Doroth. Hausweib
1836 Glinau 7 Knoll, Joh. Dienegott Hausmann
1836 Glinau 8 Schallert, Samuel Eigentümer
1836 Glinau 9 Täubner, Joh. George Eigentümer
1836 Glinau 10 Knoll, Xstian Eigentümer
1836 Glinau 11 Sperling, Xstoph Eigentümer
1836 Glinau 12 Nitschke, Martin Eigentümer
1836 Glinau 13 Seide, Gottfried Hausmann
1836 Glinau 14 Pfeiffer, Glieb Hausmann
1836 Glinau 15 Rösler, Carl Julius Hausmann u Töpfer
1836 Glinau 16 Pohl, Gottfried Eigentümer
1836 Glinau 17 Gutsch, Dorothea Elisab. Eigentümer Wittwe
1836 Glinau 18 Seide, Xstian Eigentümer
1836 Glinau 19 Seide, Xstian Hausm. U Victualienhändler
1836 Glinau 20 Seide, Joh. Friedrich Eigentümer
1836 Glinau 21 Dach, Daniel Hausmann
1836 Glinau 22 Günther, Daniel Eigentümer
1836 Glinau 23 Schulz, Gottlob Eigentümer
1836 Glinau 24 Dach, Gottfried Eigentümer
1836 Glinau 25 Dach, Joh. Xstoph Hausmann
1836 Glinau 26 Seide, George Friedr. Eigentümer
1836 Glinau 27 Seide, Joh. Gfried Eigentümer
1836 Glinau 28 Schallert, Michael Eigentümer
1836 Glinau 29 Schanzenbach, Joh. Glieb Eigentümer
1836 Glinau 30 Kannewischer, Joh. George Eigentümer
1836 Glinau 31 Peter, Joh. Xstoph Eigentümer
1836 Glinau 32 Dach, Xstian Hausmann
1836 Glinau 33 Peter, Martin Hausmann
1836 Glinau 34 Peter, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 35 Luftmann, Wilhelm Hausmann
1836 Glinau 36 Peter, Joh. Gfried Eigentümer
1836 Glinau 37 Kurtz, Johann Eigentümer
1836 Glinau 38 Roy, Glieb Eigentümer
1836 Glinau 39 Blank, Xstian Hausmann
1836 Glinau 40 Bielke, Xstoph Eigentümer
1836 Glinau 41 Kriese, Glieb Hausmann
1836 Glinau 42 Ortelt, J. Samuel Eigentümer
1836 Glinau 43 Lehmann, Johann Eigentümer
1836 Glinau 44 Strauch, Joh. Friedr. Hausmann
1836 Glinau 45 Schmidt, J. Glieb Eigentümer
1836 Glinau 46 Fitzner, Joh. George Hausmann
1836 Glinau 47 Winkler, Gfried Hausmann
1836 Glinau 48 Schäfer, Joh. Traugott Eigentümer
1836 Glinau 49 Penther, Daniel Hausmann
1836 Glinau 50 Gedrange, Joh. George Hausmann
1836 Glinau 51 Maennel, Gottlob Hausmann
1836 Glinau 52 Pflaum, Daniel Eigentümer
1836 Glinau 53 Pflaum, Gfried Hausmann
1836 Glinau 54 Wolke, Joh. George Eigentümer
1836 Glinau 55 Roy, Joh. Daniel Eigentümer
1836 Glinau 56 Wandke, Joh. Damuel Eigentümer
1836 Glinau 57 Hübner, Joh. George Eigentümer
1836 Glinau 58 Pflaum, Joh. George Eigentümer
1836 Glinau 59 Seyde, Samuel Eigentümer
1836 Glinau 60 Bielke, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 61 Pruschke, J. George Eigentümer
1836 Glinau 62 Pflaum, J. Daniel Hausmann
1836 Glinau 63 Seide, J. Friedr. Eigentümer
1836 Glinau 64 Hein, Gottl. Hausmann
1836 Glinau 65 Lüdke, Gfried Hausmann
1836 Glinau 66 Wolke, Xstian Hausmann
1836 Glinau 67 Täubner, Xstian Eigentümer
1836 Glinau 68 Krepel, J. Xstian Hausmann
1836 Glinau 69 Schneider, J. George Eigentümer
1836 Glinau 70 Hecht, J. Glieb Hausmann
1836 Glinau 71 Knoll, Samuel Eigentümer
1836 Glinau 72 Noske, Traugott Hausmann
1836 Glinau 73 Sitzlak, Elisabeth Hausweib
1836 Glinau 74 Bielke, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 75 Hecke, Glieb Eigentümer
1836 Glinau 76 Fister, Gfried Hausmann
1836 Glinau 77 Löchelt, Xstian Eigentümer
1836 Glinau 78 Riemer, Dorothea Hausweib
1836 Glinau 79 Schulz, J. Glieb Eigentümer
1836 Glinau 80 Strauch, Anna Rosina Hausweib
1836 Glinau 81 Knoll, Xstian Eigentümer
1836 Glinau 82 Fiege, J. George Eigentümer
1836 Glinau 83 Lucas, Gfried Hausmann
1836 Glinau 84 Freier, J. George Hausmann
1836 Glinau 85 Bielke, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 86 Wolke, J. George Eigentümer
1836 Glinau 87 Bielke, Daniel Eigentümer
1836 Glinau 88 Hoffmann, J. George Eigentümer
1836 Glinau 89 Gfried Rosenau Hausmann
1836 Glinau 90 Meissner, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 91 Meissner, Anna Rosina Hausweib
1836 Glinau 92 Zittier, Xstian Pächter
1836 Glinau 93 Rausch, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 94 Wittchen, Anna Doroth. Hausweib
1836 Glinau 95 Kurscht, Daniel Eigentümer
1836 Glinau 96 Zittier, Glob Eigentümer
1836 Glinau 97 Rausch, Andreas Eigentümer
1836 Glinau 98 Zittier, Xstian Eigentümer
1836 Glinau 99 Kuk, George Friedr. Hausmann
1836 Glinau 100 Knoll, Dorothea Elis. Eigentümer Wittwe
1836 Glinau 101 Schanzenbach, Friedr. Eigentümer u Schuhmacher
1836 Glinau 102 Nitschke, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 103 Meissner, George Hausmann
1836 Glinau 104 Wandke, J. George Eigentümer
1836 Glinau 105 Blasius, J. Glieb Hausmann
1836 Glinau 106 Schinschke, Anna Doroth. Hausweib
1836 Glinau 107 Horn, Xstina Hausweib
1836 Glinau 108 Peter, Xstoph Hausmann
1836 Glinau 109 Galle, Xstian Hausm. U. Stabholzhauer
1836 Glinau 110 Lüdke, J. Daniel Häusler
1836 Glinau 111 Meier, Gfried Hausmann
1836 Glinau 112 Sperling, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 113 Fechner, Friedrich Häusler
1836 Glinau 114 Wolke, J. George Häusler
1836 Glinau 115 Janott, Samuel Hausmann
1836 Glinau 116 Hecke, Xstian Eigentümer
1836 Glinau 117 Wallasch, Peter Hausm. U Schuhmacher
1836 Glinau 118 Fürstnau, August Häusler u Schuhmacher
1836 Glinau 119 Weber, Carolina Hausweib
1836 Glinau 120 Sperling, Glieb Eigentümer
1836 Glinau 121 Peter, Christina Eigentümer Wittwe
1836 Glinau 122 Günther, George Fr. Hausmann
1836 Glinau 123 Schiller, Samuel Eigentümer
1836 Glinau 124 Wandke, Glieb Eigentümer
1836 Glinau 125 Schliefke, Johann Hausmann
1836 Glinau 126 Wandke, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 127 Zerbe, Xstian Hausmann
1836 Glinau 128 Heisler, Glieb Eigentümer
1836 Glinau 129 Schulz, Joh. Xstian Eigentümer
1836 Glinau 130 Erich, Friedrich Hausmann
1836 Glinau 131 Strauch, Gfried Hausmann
1836 Glinau 132 Gutsch, Joh. Samuel Eigentümer
1836 Glinau 133 Bensch, J. Gfried Häusler
1836 Glinau 134 Brukarczewicz, Frau des (Anna Ros.) Hausweib
1836 Glinau 135 Meyer, J. Daniel Hausmann
1836 Glinau 136 Lüdke, Dienegott Hausmann
1836 Glinau 137 Unger, Martin Hausmann
1836 Glinau 138 Kahl, J. Glieb Häusler
1836 Glinau 139 Stelzer, Joh. Beata Hausweib
1836 Glinau 140 Kahl, J. Xstian Hausm. U Schuhmacher
1836 Glinau 141 Hein, J. George Häusler
1836 Glinau 142 Dach. J. Friedrich Eigentümer
1836 Glinau 143 Bielke, J. Glieb Eigentümer
1836 Glinau 144 Bürger, Glieb Hausmann … ist auf Arbeit gegangen
1836 Glinau 145 Scheffler, George Fr. Eigentümer
1836 Glinau 146 Haendtschke, Ghilf Häusler u Riemer
1836 Glinau 147 Schröter, Gfried Hausmann … ist auf Arbeit gegangen
1836 Glinau 148 Hoffmann, Rosina Hausweib
1836 Glinau 149 Bielke, Anna Dorothea Häusler
1836 Glinau 150 Riediger, Xstoph Häusler
1836 Glinau 151 Ziche, Xstroph Hausmann … ist auf Arbeit gegangen
1836 Glinau 152 Pilczinski, Frau des (Maria Elis.) Häusler
1836 Glinau 153 Schanzenbach, Wilhelm Hausm u. Schuhmacher
1836 Glinau 154 Kurtz, J. Xstian Hausmann
1836 Glinau 155 Bürger, Joh. Friedrich Häusler
1836 Glinau 156 Wolke, Joh. Glieb Eigentümer
1836 Glinau 157 Knoll, Gottlob Eigentümer
1836 Glinau 158 Kasparck, Frau des (Ros. Doroth.) Häusler
1836 Glinau 159 Jungnick, Carl August Schul Lehrer
1836 Glinau 160 Knoll, Xstian Eigentümer
1836 Glinau 161 Kirscht, Samuel Eigentümer
1836 Glinau 162 Schallert, Gfried Eigentümer
1836 Glinau 163 Gedrange, Glieb Häusler
1836 Glinau 164 Kriese, Glieb Ausgedinger
1836 Glinau 165 Nitschke, Christina Ausgedingerin
1836 Glinau 166 Pohl, Elisabeth Ausgedingerin
1836 Glinau 167 Thielschneider, Maria Ausgedingerin
1836 Glinau 168 Teubner, Dorothea Ausgedingerin
1836 Glinau 169 Bielke, Gottfr. Ausgedingerin
1836 Glinau 170 Fiege, Martin – verst. Louisa Ausgedingerin
1836 Glinau 171 Schulz, Dorothea Ausgedingerin
1836 Glinau 172 Fiege, Maria Ausgedingerin
1836 Glinau 173 Fiege, Andreas Ausgedinger
1836 Glinau 174 Wolke, Johann George Ausgedinger
1836 Glinau 175 Bielke, Michael Ausgedinger
1836 Glinau 176 Kirsch, Dorothea Ausgedingerin
1836 Glinau 177 Knoll, Samuel Ausgedinger
1836 Glinau 178 Müller, Daniel Eigentümer
1836 Kozielaske 1 Förster, Christian Eigentümer
1836 Kozielaske 2 Giering, Daniel Eigentümer
1836 Kozielaske 3 Schmidt, Friederike Einwohnerin
1836 Kozielaske 4 Roy, Christian Eigentümer
1836 Kozielaske 5 Fröhlich, Daniel Eigentümer
1836 Kozielaske 6 Giering, Christina Ausgedingerin
1836 Kozielaske 7 Girndt, Traugott Eigentümer
1836 Kozielaske 8 Hofmann, Friedrich Eigentümer
1836 Kozielaske 9 Helming, Rosina Einwohnerin
1836 Kozielaske 10 Weide, Traugott Einwohner
1836 Kozielaske 11 Gier, Johann Friedrich Einwohner
1836 Kozielaske 12 Schlinke, Gottlieb Eigentümer
1836 Kozielaske 13 Pudritzke, Samuel Eigentümer
1836 Kozielaske 14 Ortlieb, George Eigentümer
1836 Kozielaske 15 Müller, Christoph Eigentümer
1836 Kozielaske 16 Hirt, Wilhelm Eigentümer
1836 Kozielaske 17 Hartmann, George Eigentümer
1836 Kozielaske 18 Hartmann, George Ausgedinger
1836 Kozielaske 19 Meier, Gottfried Eigentümer
1836 Kozielaske 20 Blesing, Friedrich Eigentümer
1836 Kozielaske 21 Winter, Gottfried Einwohner
1836 Kozielaske 22 Hecke, Gottfried Einwohner
1836 Kozielaske 23 Meier, Dorothea Einwohnerin
1836 Kozielaske 24 Fabian, Ernst Lehrer
1836 Kozielaske 25 Lehmann, Gottlieb Eigentümer
1836 Kozielaske 26 Lehmann, Rosina Dorothea Ausgedingerin
1836 Kozielaske 27 Lehmann, Johann Eigentümer
1836 Kozielaske 28 Schulz, Christian Eigentümer
1836 Kozielaske 29 Schulz, Gottfried Eigentümer
1836 Kozielaske 30 Müller, Daniel Eigentümer
1836 Kozielaske 31 Müller, Gottfried Eigentümer
1836 Kozielaske 32 Müller, Joh. Friedrich Eigentümer
1836 Kozielaske 33 Müller, Christian Eigentümer
1836 Kozielaske 34 Müller, Christian Eigentümer
1836 Kozielaske 35 Fiege, Daniel Eigentümer
1836 Kozielaske 36 Kochanki, Daniel Eigentümer
1836 Kozielaske 37 Becker, Samuel Einwohner
1836 Kozielaske 38 Freier, Gottfried Eigentümer
1836 Kozielaske 39 Barschke, Ehefrau des (Vorname ?) Eigentümerin
1836 Kozielaske 40 Neumann, Gottfried Eigentümer
1836 Kozielaske 41 Schulz, Louisa Ausgedingerin
1836 Klein Lipke Hs 5 Rosenau, Samuel Ackerwirth
1836 Klein Lipke Hs 7 Heckert, Christian Ackerwirth
1836 Klein Lipke Hs 9 Heidekorn, Gottlob Ackerwirth
1836 Klein Lipke Hs 12 Freier, Gottlob Ackerwirth
1836 Klein Lipke Hs 13 Grunwald, Christian Ackerwirth
1836 Klein Lipke Hs 15 Rouy, Christian Ackerwirth
1836 Klein Lipke Hs 16 Fiege, Gottfried Ackerwirth
1836 Klein Lipke Hs 17 Grunwald, Gottlob Ackerwirth
1836 Scherlanke Hs 1 Kraepel, Friedrich Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 2 Rausch, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 3 Janotte, Friedrich Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 3 Heinze, Friedrich Hausmann
1836 Scherlanke Hs 4 Hecke, Christoph Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 4 Hecke, Christoph Hausmann
1836 Scherlanke Hs 5 Schulz, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 5 Schulz, Rosina Ausgedingerin
1836 Scherlanke Hs 5 Pietzke, Christina Hausweib
1836 Scherlanke Hs 6 Mentzel, Joh. George Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 6 Wentzel, Johann Hausmann
1836 Scherlanke Hs 6 Lüdke, Christoph Hausmann
1836 Scherlanke Hs 7 Gellert, Dorothea Eigentümerin
1836 Scherlanke Hs 7 Müller, Wilhelm Hausmann
1836 Scherlanke Hs 8 Seide, Dorothea Eigentümerin
1836 Scherlanke Hs 8 Seide, Martin Hausmann
1836 Scherlanke Hs 9 Schütz, Dorothea Eigentümerin, Mann kath.
1836 Scherlanke Hs 10 Stein, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 10 Bielke, Gottfried Hausmann
1836 Scherlanke Hs 10 Kuhnke, Beate Hausweib, Dienstmagd
1836 Scherlanke Hs 11 Schirner, Andreas Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 12 Schulz, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 13 Schulz, Daniel Hausmann … ist auf Arbeit gegangen
1836 Scherlanke Hs 14 Welke, Christina Eigentümerin
1836 Scherlanke Hs 15 Truschke, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 16 Wolke, Martin Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 16 Schönborn, Dorothea Hausweib, krank
1836 Scherlanke Hs 16 Kraft, Gottlieb Hausmann
1836 Scherlanke Hs 17 Pflaum, Johann Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 18 Seide, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 19 Ortlieb, Martin Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 19 Ortlieb, Johann Hausmann
1836 Scherlanke Hs 20 Gellert, Gottfried Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 21 Pfeiffer, Friedrich Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 22 Weber, Rosina Eigentümerin, Mann kath.
1836 Scherlanke Hs 22 Ortelt, Christoph Hausmann u Schmied
1836 Scherlanke Hs 23 Roy, Christoph Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 24 Janotte, Christoph Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 25 Schroeter, Johann Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 25 Stein, Gottlieb Ausgedinger, 70 Jahre u schwach
1836 Scherlanke Hs 26 Hecke, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 26 Hecke, Gottfried Stellmacher
1836 Scherlanke Hs 27 Janotte, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 27 Janotte, Dorothea Ausgedingerin, 83 Jahre u schwach
1836 Scherlanke Hs 28 Freier, Wittwe (Vorname ?) Eigentümerin
1836 Scherlanke Hs 28 Fiege, Samuel Hausmann
1836 Scherlanke Hs 29 Kayser, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 29 Kayser, Christoph Ausgedinger, 80 Jahre u schwach
1836 Scherlanke Hs 30 Kayser, Johann Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 31 Scheffler, Matthaeus Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 31 Krätschmar, Anna Hausweib
1836 Scherlanke Hs 31 Scheffler, Christoph Hausmann
1836 Scherlanke Hs 32 Häusler, Gottfried Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 33 Rausch, Gottfried Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 35 Janotte, Gottlob Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 35 Janotte, Mar. Elisabeth Ausgedingerin
1836 Scherlanke Hs 36 Stürtzbecher, Christoph Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 36 Kurtz, Maria Ausgedingerin
1836 Scherlanke Hs 36 Kurtz, Beata Tagelöhnerin
1836 Scherlanke Hs 37 Schiller, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 37 Strauch, Christian Ausgedinger
1836 Scherlanke Hs 37 Strauch, Christian Tagelöhner
1836 Scherlanke Hs 38 Strauch, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 39 Schlinke, Michael Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 39 Schlinke, Johann Ausgedinger, alt u schwach
1836 Scherlanke Hs 39 Strietzel, Ernst Hausmann
1836 Scherlanke Hs 40 Ortelt, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 41 Zittier, Michael Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 42 Roy, Gottfried Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 42 Bonck, Dorothea Hausweib, Mann katholisch
1836 Scherlanke Hs 43 Scheffler, Matthaeus Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 44 Kuhnke, Gottlob Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 44 Kuhnke, Gottfried Tagelöhner
1836 Scherlanke Hs 44 Kuhnke, Joh. Fried. Hausmann
1836 Scherlanke Hs 45 Seyde, Joh. George Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 45 Janotte, Joh Fried Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 46 Scheffler, Gottfried Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 47 Hoffmann, Gottfried Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 48 Roy, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 49 Leske, Michael Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 50 Deutschmann, Samuel Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 51 Knoll, Johann Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 52 Schulz, Ann. Elisa Hausweib
1836 Scherlanke Hs 52 Pflaum, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 53 Pflaum, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 53 Pflaum, anna Mar. Ausgedingerin
1836 Scherlanke Hs 53 Wittig oderWittke, Carolina Hausweib
1836 Scherlanke Hs 54 Bierwagen, Christoph Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 55 Strauch, Michael Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 56 Fritsch, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 57 Roy, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 58 Knobel, Gottfried Pächter
1836 Scherlanke Hs 59 Stein, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 60 Bielke, Gottfried Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 61 Knoll, Samuel Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 62 Bellag, A. Schul Lehrer
1836 Scherlanke Hs 64 Ruszanski, Frau (Vorname ?) Eigentümerin, Mann kath.
1836 Scherlanke Hs 65 Gellert,George Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 66 Strauch, Johann Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 67 Rosenau, Samuel Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 68 Deutschmann, Daniel Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 69 Hecke, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 70 Henkel, George Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 71 Leske, George Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 72 Kirschke, Carl Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 73 Giehl, Christian Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 74 Fiege, Gottlieb Eigentümer
1836 Scherlanke Hs 75 Lieske, Wittwe (Vorname ?) Eigentümerin
1836 Scherlanke Hs 76 Schulz, Christian Hausmann
1836 Scherlanke Hs 76 Schönborn, Rosina Hausweib
1836 Scherlanke Hs 77 Gutsch, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 1 (2x) Pruschke, Rosina Ausgedingerin
1836 Zinskowo 1 Pruske, Daniel Eigentümer
1836 Zinskowo 2 Klemm, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 3 Bielke, Gottlieb Tischler
1836 Zinskowo 4 Klemm, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 5 Hübner, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 6 Pflaum, Johann Friedrich Eigentümer
1836 Zinskowo 7 Hirsch, Gottlieb Tagelöhner
1836 Zinskowo 8 Labsch, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 9 Handke, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 10 Janott, Michael Kirchenvorsteher
1836 Zinskowo 11 Bielke, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 12 Bielke, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 13 Roy, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 14 Joachim, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 15 Janotte, Martin Eigentümer
1836 Zinskowo 16 Seyde, Andreas Eigentümer
1836 Zinskowo 17 Seyde, Johann Friedrich Eigentümer
1836 Zinskowo 18 Hecke, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 19 Schulz, Gottlieb Tischler
1836 Zinskowo 20 Fenske, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 21 Paesler, George Eigentümer
1836 Zinskowo 22 Ulrich, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 23 Hecke, Martin Eigentümer
1836 Zinskowo 24 Hecke, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 24 (2x) Hecke, Maria Ausgedingerin
1836 Zinskowo 25 Lüdke, Wittwe (Vorname ?) Eigentümerin
1836 Zinskowo 26 Hecke, Ludewig Schneidermeister
1836 Zinskowo 27 Seyde, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 28 Steinbrenner, Gottlieb Tagelöhner
1836 Zinskowo 29 Zitthier, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 30 Seyde, George Eigentümer
1836 Zinskowo 31 Heynze, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 32 Fischer, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 33 Seyde, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 34 Seyde, Gottfried Hopfenhändler
1836 Zinskowo 35 Pruschke, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 36 Pflaum, Joh. Friedrich Tagelöhner
1836 Zinskowo 37 Schinschke, Daniel Eigentümer
1836 Zinskowo 38 Lüdke, Gottlieb Windmüller
1836 Zinskowo 39 Kessel, Gottfried Eigentümer
1836 Zinskowo 40 Lüdke, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 41 Deutschmann, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 42 Roy, Samuel Eigentümer
1836 Zinskowo 43 Gerlach, Ludewig Böttcher
1836 Zinskowo 44 Knoll, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 45 Jochindke, Joh. George Tagelöhner
1836 Zinskowo 46 Schulz, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 47 Rex, Gottlieb Stellmacher
1836 Zinskowo 48 Hecke, Gottlieb Tagelöhner
1836 Zinskowo 49 Pudewill, Christoph Ausgedinger
1836 Zinskowo 49 (2x) Wolke, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 50 Siegmund, Samuel Tagelöhner
1836 Zinskowo 51 Wolke, Wilhelm Eigentümer
1836 Zinskowo 52 Jaeger, Martin Eigentümer
1836 Zinskowo 53 Jaeger, Martin Eigentümer
1836 Zinskowo 54 Winckler, Gottlieb Schuhmachermeister
1836 Zinskowo 55 Jaeger, Ludewig Eigentümer
1836 Zinskowo 56 Lüdke, Daniel Eigentümer
1836 Zinskowo 57 Handke, George Pächter
1836 Zinskowo 58 Schubert, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 59 Grunwald, Gottlieb Tagelöhner
1836 Zinskowo 60 Heynrich, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 61 Schulz, Daniel Eigentümer
1836 Zinskowo 62 Greiser, Gottlieb Eigentümer
1836 Zinskowo 63 Seyde, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 64 Hein, Gottlieb Tagelöhner
1836 Zinskowo 65 Lüdke, Wittwe (Vorname ?) Eigentümerin
1836 Zinskowo 66 Schonert, George Eigentümer
1836 Zinskowo 67 Wolf, Michael Eigentümer
1836 Zinskowo 68 Schefer, Gottlieb Tagelöhner
1836 Zinskowo 69 Ladwig, Carl Eigentümer
1836 Zinskowo 70 Ortelt, Christian Eigentümer
1836 Zinskowo 71 Peter, Joh. Fried. Tagelöhner

Kurzmeldung – Urnenfund Grätz/Grodzisk Juni 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Grätz | Kommentare sind deaktiviert
Der Annaplatz in Grätz/Grodzisk / Aufn. GT [299]

Der Annaplatz in Grätz/Grodzisk / Aufn. GT

Bei den Ausschachtungsarbeiten des Paszlinski’schen Neubaues am Annaplatz hierselbst (Grätz) ist am Mittwoch (30.05.1906) eine kleine Urne mit Silber- und Kupfermünzen, sowie 1 Goldstück aus dem 16. Jahrhundert stammend gefunden worden.

 * * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Amtliches Kreisblatt und Anzeiger des Kreises Grätz 01. Juni 1906

Amalie Bertha Müller heimlich entlaufen / 1865

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Rakwitz | Kommentare sind deaktiviert
Ausschnitt des Steckbriefes / Quelle: sh. Fußnote [300]

Ausschnitt des Steckbriefes / Quelle: sh. Fußnote

„Berlin, den 31 Mai 1865 – Königlich Preußisches Central-Polizei-Blatt.

Am 29. d. M. (20 Mai 1865) ist die Amalie Bertha Müller von hier heimlich entlaufen u. ist deren Aufenthaltsort bis jetzt nicht zu ermitteln gewesen.

Es wird ersucht, dieselbe mittelst Zwangs-Reiseroute hierher zu weisen.

Alter 14 J., Gr. ca. 4′, Haar blond, Augen braun u. Nase stumpf. Bekl. blauleinener Rock, grau wattirte Jacke, an den Aermeln theilweise zerrissen, Hemde, lila-kattun. Halstuch mit rothen Blümchen u. grauen Streifen, u. baarfuß.

Rakwitz, 22. Mai 1865 – die Polizei-Verwaltung“

* * *

Vielleicht handelte es sich um

Amalie Bertha Müller geboren 18 Mai 1845 zu Rakwitz

Tochter des Johan Dienegott Müller, Bürger und Schmied zu Rakwitz und dessen Ehefrau Christina verwittwete Nerlich geborene Horlitz

Sie wäre allerdings im Jahr 1865 bereits 20 Jahre alt gewesen

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);  Königl. Preußisches Central-Polizei-Blatt 1865 (https://books.google.de/books?id=54VRAAAAcAAJ&pg=RA2-PA176&dq=polizeianzeiger+rakwitz&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwio97up56jTAhVJPxoKHen0Cn4Q6AEIJDAA#v=onepage&q=polizeianzeiger%20rakwitz&f=false)
 

Grabsteine Friedhof Blenke – Wilhelmine Tepper

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Blenke,Friedhöfe,Genealogie,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Grabstein der Wilhelmine Tepper 1859-1883 / Aufn. PM [301]

Grabstein der Wilhelmine Tepper 1859-1883 / Aufn. PM

Hier ruhet in Gott

die

Jungfrau
Wilhelmine (vollst. Johanna Wilhelmine Emilie)
Tepper
geb. 19. November 1859 – gest. 18 Februar 1883

 

Sie war als Tochter des in Blenke ansässig gewesenen Eigentümers Johann Dienegott Tepper und dessen Ehefrau Johanna Eleonore geb. Schauer geboren worden.

Ihre Geschwister waren gewesen:

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Militärpflichtige und Invalidenprüfungsverfahren im Juni 1897

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Albertoske,Alt Tomysl,Bez kategorii,Blake,Bobrowke,Brody,BukowiecDE,Chmielinke,Cichagora,Friedenhorst,Glinau,Glupon,Groß Lipke,Juliana,Komorowo Hauland,Konin,Konkolewo,Krummwalde,Kuschlin,Linde,Michorzewo,Neu Tomysl,Neustadt bei Pinne,Neutomischel,Paprotsch,Porazyn,Rose,Scherlanke,Sontop,Sworzyce,Wasowo / Wonsowo,Wengielno,Zembowo,Zinskowo | Kommentare sind deaktiviert
Das ehemalige Schützenhaus / Karte aus Sammlung Wojtek Szkudlarski [302]

Das ehemalige Schützenhaus / Karte aus Sammlung Wojtek Szkudlarski

“Im Jahr 1871 dehnten die Artikel 57 ff. der Reichsverfassung die in Preußen seit 1814 geltende allgemeine Wehrpflicht auf ganz Deutschland aus. So hatte nun „jeder Deutsche“ mit vollendetem 20. Lebensjahr 7 Jahre lang dem Heer oder der Marine anzugehören. Um im Allgemeinen wissenschaftliche und gewerbliche Ausbildung so wenig wie möglich durch die allgemeine Wehrpflicht zu stören, war es jedem jungen Mann überlassen, schon nach dem vollendeten 17. Lebensjahr, wenn er die nötige moralische und körperliche Qualifikation hatte, freiwillig in den Militärdienst einzutreten.  Alle Wehrpflichtigen waren, wenn sie nicht freiwillig in die preußische Armee eintraten, vom 1. Januar des Kalenderjahres an, in welchem sie das 20. Lebensjahr vollenden, der Aushebung unterworfen (militärpflichtig). Sie hatten sich zu diesem Zwecke bei den zuständigen Ersatzbehörden regelmäßig zu melden, bis über ihre militärische Verwendung entschieden wurde, jedoch höchstens zweimal jährlich” (2)

Am Dienstag, den 01. Juni 1897 wurde im Amtlichen Teil des Kreisblattes von Neutomischel wie folgt bekannt gegeben:

Das diesjährige Ober-Ersatz-Geschäft findet am Dienstag, den 22. und Mittwoch, den 23. Juni im Schützenhause zu Paprotsch statt.

Sämtliche vorzustellenden Militärpflichtigen fordere ich hierdurch auf an den vorbezeichneten Tagen Morgens 6 Uhr pünktlich im nüchternen und reinlichen Zustande auf dem Gestellungsplatze zu erscheinen und dort so lang anwesend zu bleiben, bis ihre Entlassung erfolgt.

Mannschaften, welche beim Aufrufen ihres Namens unentschuldigt fehlen, oder im trunkenen Zustande oder nicht rein gewaschen erscheinen sollten, haben ihre Bestrafung auf Grund der Regierungs-Polizei-Verordnung vom 14. Mai 1885 mit Geldstrafe von 3-30 Mark eventl. verhältnißmäßige Haftstrafe zu gewärtigen.

Personen, zu deren Gunsten Reklamationen angebracht worden sind, wie Vater, Mutter oder andere Familienangehörigen, haben im Aushebungs-Termine persönlich zu erscheinen.

Die Guts- und Gemeindevorsteher oder im Behinderungsfalle deren Stellvertreter haben dem Aushebungsgeschäft bis zum Schlusse beizuwohnen und insbesondere genau auf die Identität der vorzustellenden Leute zu achten

Es kommen zur Vorstellung am Dienstag, den 22 Juni 1897

a) die zur Ersatz-Reserve vordesignierten Mannschaften und zwar:

  1. Norek, Joseph, Wirthssohn, Brody
  2. Wamberski, Ignatz, Tagelöhner, Sworzyce
  3. Koza, Michael, Eigenth.-Sohn, Bukowiec
  4. Grajek, Gustav, Eigenth.-Sohn, Chmielinko
  5. Jochade, Friedrich Wilhelm, Arbeiter, Chmielinko
  6. Nawrot, Stephan, Arbeiter, Glupon
  7. Kuß, Heinrich Ernst, Eigenth.-Sohn, Albertoske
  8. Wojcieszak, Valentin, Arbeiter, Michorzewo
  9. Bialy, Michael, Arbeiter, Michorzewko
  10. Steinborn, Johann Karl Gustav, Arbeiter, Neu-Dombrowo
  11. Fenske, Paul Otto, Eigenth.-Sohn, Paprotsch
  12. Noak, Johann, Knecht, Sontop
  13. Klabe, Gustav Adolph, Eigenth.-Sohn, Dombrowo
  14. Roch, Johann Emil, Arbeiter, Albertoske
  15. Przewozny, Franz, Arbeiter, Pakoslaw
  16. Miczynski, Max Sigismund, Maurer, Linde
  17. Jarnut, Michael, Kencht, Bolewitz
  18. Kaczmarek, Anton, Arbeiter, Bolewitz
  19. Batura, Stanislaus, Arbeiter, Brodky
  20. Kaczmarek, Stanislaus, Arbeiter, Brodky
  21. Braun, Joseph, Eigenth.-Sohn, Bukowiec,
  22. Kaczmarek, Franz, Arbeiter, Neustadt b. P. Schloß
  23. Koza, Martin, Knecht, Eichenhorst
  24. Linke, Friedrich Otto, Malergehülfe, Cichagora
  25. Walkowiak, Michael, Wirthssohn, Cichagora
  26. Gorny, Valentin, Knecht, Kuschlin
  27. Babelek, Franz, Wirthssohn, Gronsko
  28. Dombrowski, Joseph, Arbeiter, Neustadt b. P. Stadt
  29. Zerbe, Anton, Wirthssohn, Klein-Lipke
  30. Steinke, August Ernst, Eigenth.-Sohn, Konkolewo
  31. Mai, Johann Karl Eduard, Wirthssohn, Kozielaske
  32. Dziamski, Anton, Knecht, Michorzewo
  33. Opala, Bartholomeus, Arbeiter, Michorzewo
  34. Hönicz, Franz, Arbeiter, Michorzewko
  35. Krolik, Ignatz, Wirthssohn, Michorzewko
  36. Macinski, Stanislaus, Arbeiter, Michorzewko
  37. Hoffmann, Wilh. Ferdinand, Eigenth.-Sohn, Neurose
  38. Roy, Johann Karl Gustav, Tagelöhner, Neurose
  39. Morzynski, Hugo Gotthard, Müllergeselle, Neutomischel
  40. Reisch, August Hermann, Müllergeselle, Neutomischel
  41. Osinski, Martin, Bäckerlehrling, Brody
  42. Hecke, Otto Herrmann, Knecht, Zinskowo
  43. Leske, Karl Paul Berthold, Eigenth.-Sohn, Paprotsch
  44. Paschke, Roman, Knecht, Tarnowce
  45. Prüfer, Heinrich Gustav, Eigenth. Sohn, Sontop
  46. Rausch, Karl Heinrich, Maurergeselle, Sontop
  47. Wilhelm, Heinrich Ferdinand, Eigenth.-Sohn, Sontop
  48. Paschke, Martin, Arbeiter, Komorowo Gut
  49. Pruschke, Johann Adolph, Knecht, Zinskowo
  50. Osierzynski, Waclaw, Wirthschaftsbeamter, Neustadt b. P. Schloß
  51. Schulz, Otto Heinrich, Arbeiter, Krummwalde

 b) die dauernd Untauglichen:

  1. Lehmann, Carl Gustav, Arbeiter, Sontop
  2. Grieger, Friedrich Wilhel, ARbeiter, Wengielno
  3. Leske, Karl Herm. Reinhold, Wirtssohn, Paprotsch
  4. Lindner, Karl Otto, Tagelöhner, Cichagroa
  5. Pawlik, Stanislaus, Bäckergeselle, Brody
  6. Sobkowiak, Andreas, Arbeiter, Pakoslaw
  7. Pieka, Thomas, Arbeiter, Sworcyce
  8. Nudy, Franz, Knecht, Michorzewo
  9. Scheibner, Wilhelm Reinhard, Schneider, Sworzyce
  10. Paschke, Paul Ernst Oskar, Schuhmachergeselle, Neutomischel
  11. Koschitzki, Joh. Berthold, Eigenth.-Sohn, Konkolewo
  12. Ogonczewski, Henryk, Schneiderlehrling, Neustadt b. P. Stadt
  13. Rothe, Karl Oskar, Schlosserges., Neustadt b. P. Stadt
  14. Szukala, Martin, Knecht, Neustadt b. P. Stadt
  15. Tylkowski, Maximilian, Arb., Neustadt b. P. Stadt
  16. Prüfer, Karl Otto, Eigenth.-Sohn, Sontop
  17. Gebauer, Karl Wilhelm, Eigenth.-Sohn, Paprotsch
  18. Berg, Julius Hermann, Neustadt b. P.

c) die vom Truppentheil abgewiesenen einjährig Freiwilligen

d) die zur Disposition der Ersatz-Behörden entlassenen Mannschaften

e) die vorläufig beurlaubten Rekruten

f) die kranken Wehrleute.

♦ ♦ ♦

Ferner findet das Invalidenprüfungsverfahren statt am Mittwoch, den 23. Jun 1897

a) die für brauchbar befundenen Mannschaften

  1. Piechota, Stanislaus, Knecht, Komorowo
  2. Koniecny, Michael, Knecht Michorzewko
  3. Wieczorek, Melchior, Arbeiter, Konin
  4. Bober, Johann, Schmied, Neustadt b. P. Schloß
  5. Köther, Wilhelm August, Wirthssohn, Neurose
  6. Paschke, Johann, Wirthssohn, Chmielinko
  7. Schulz, Johann Ferdinand, Wirthssohn, Schleife
  8. Flechner, Hugo Martin, Arbeiter, Jastrzembnik
  9. Okoniewski, Ludwig, Arbeiter, Steinhorst
  10. Najedk, Michael, ARbeiter, Michorzewko
  11. Biedermann, Ernst Rob., Eigenth.-Sohn, Konkolewo
  12. Köter, Friedrich Karl, Arbeiter, Albertoske
  13. Przybylak, Valentin, Knecht, Wonsowo
  14. Kaczmarek, Joseph, Arbeiter, Posadowo,
  15. Förster, Johann Karl Heinrich, Knecht, Paprotsch
  16. Schulz, Johann, Zimmerges., Neustadt b. P. Stadt
  17. Ciesielski, Joseph, Knecht, Paprotsch
  18. Rausch, Otto Ernst, Schneidergeselle, Neutomischel
  19. Liszynski, Roman, Knecht, Glinau
  20. Rothe, Johann Paul, Tischlergeselle, Konkolewo
  21. Aldefeld, Eduard August Georg, Klempnermeister, Neutomischel
  22. Gierka, Valentin, Arbeiter, Neustadt b. P. Stadt
  23. Fechner, Wilh. Martin, Eigenth.-Sohn, Gr.-Lipke
  24. Kurtz, Joh. Karl Heinr. Eigenth.-Sohn, Scherlanke
  25. Siegesmund, Karl Gustav, Knecht, Glinau
  26. Switala, Wawrzyn (Lorenz), Tagelöhner, Paprotsch
  27. Piechowiak, Stanislaus, Arbeiter, Michorzewko
  28. Langener, Otto Rudolph, Maurer, Chmielinko
  29. Weimann, Roman, Arbeiter, Linde
  30. Fleischer, Wilhelm Ferdinand, Wirthssohn, Neurose
  31. Steinke, Erdmann Otto, Bäcker, Konkolewo
  32. Katzur, Johann Albert, Wirthssohn, Brody
  33. Scheibe, Joseph, Wirtssohn, Steinhorst
  34. Pasiciel, Mathäus, Eigenth.-Sohn, Jastrzembnik
  35. Schade, Edmund Johann, Arbeiter, Krummwalde
  36. Laskowski, Jakob, Knecht, Wonsowo
  37. Paul, Martin, Stellmacher, Wonsowo
  38. Bautz, Paul Ferdinand, Eigenth.-Sohn, Konkolewo
  39. Faust, Karl Herm., Töpfergeselle, Neutomischel
  40. Korek, Vincent, Schlosser, Gronsko
  41. Tepper, Karl Gustav, Eigenth.-Sohn, Neurose
  42. Schulz, Karl August Hermann, Arbeiter, Bolewitz
  43. Bielke, Wilhelm Ernst, Wirthssohn, Glinau
  44. Nawrot, Joseph, Wirtssohn, Neufeld
  45. Fähnrich, Anton, Maurer, Chmielinko
  46. Patek, Stephan, Arbeiter, Posadowo
  47. Grzeskowiak, Johann, Wirthssohn, Wonsowo
  48. Szewala, Stanislaus, Arbeiter, Bolewitz
  49. Haladuda, Jakob, Arbeiter, Michorzewko
  50. Lissek, Petrus Paulus, Knecht, Chraplewo
  51. Hecke, Paul Bruno Reinhold, Schneider, Zinskowo
  52. Fechner, Johann, Eigenth.-Sohn, Chmielinko
  53. Przybylski, Martin, Arbeiter, Alttomischel
  54. Madaj, Lorenz, Knecht, Wymyslanke
  55. Matuszczak, Anton, Arbeiter, Michorzewo
  56. Klemke, Ludwig Peter, Arbeiter, Zembowo
  57. Schulz, Paul Berthold, Wirthssohn, Scherlanke
  58. Dabrowski, Joseph, Arbeiter, Gronsko
  59. Lodka, Stanislaus, Knecht, Neutomischel
  60. Täubner, Joh. Wilh. Ferd., Eigenth.-Sohn, Neurose
  61. Lehmann, Alexander Berthold Oskar, Wirthssohn, Tarnowce
  62. Grzeskowiak, Ludwig, Arbeiter, Pakoslaw
  63. Polus, Michael, Arbeiter, Sworzyce
  64. Protsch, Paul Herm., Schuhmacher, Paprotsch
  65. Weckowski, Vincent, Knecht, Neustadt b. P. Stadt
  66. Rothe, Karl Hermann Berthold, Eigenth.-Sohn, Konkolewo
  67. Koster, Johann Samuel, Knecht, Kozielaske
  68. Klorek, Andreas, Arbeiter, Bukowiec
  69. Pluskota, Anton, Wirthssohn, Zembowo
  70. Binder, Karl Gustav, Wirthssohn, Gr.-Lipke
  71. Dach, Heinrich Gustav, Eigenth.-Sohn, Scherlanke
  72. Timm, Paul Eduard, Eigenth.-Sohn, Albertoske
  73. Batura, Joseph, Arbeiter, Brody
  74. Marzinkowski, Stanislaus, Knecht, Zembowko
  75. Matuszak, Johann, Arbeiter, Konin
  76. Mettchen, Friedrich Gustav, Eigenth.-Sohn, Chmielinko
  77. Franke, Karl Heinrich, Arbeiter, Komorowo Hld.
  78. Neumann, Bernhardt Richard Otto, Knecht, Neutomischel
  79. Storch, Johann Wilhelm, Schneidergeselle, Neustadt b. P. Stadt
  80. Sledz, Anton, Knecht, Neustadt b. P.
  81. Wittchen, Martin Joh., Wirthssohn, Chmielinko
  82. Starnszkiewicz, Valentin, Knecht, Neutomischel
  83. Bartkowiak, Johann, Wirthssohn, Rose
  84. Kaczmarek, Martin, Arbeiter, Bukowiec
  85. Fechner, Johann Friedrich, Arbeiter, Neufeld
  86. Lange, Friedrich Wilh., Eigenth.-Sohn, Glinau
  87. Gebauer, Karl August, Eigenth.-Sohn, Zinskowo
  88. Wozny, Johann, Arbeiter, Bolewitz
  89. Luka, Albert Johann, Brenner, Michorzewo
  90. Weber, Karl Heinrich, Eigenth.-Sohn, Glinau
  91. Mialkas, Johann, Arbeiter, Wonsowo
  92. Hoza, Michael, Knecht, Eichenhorst
  93. Mader, Gustav Adolph, Wirthssohn, Schleife
  94. Quast, Gustav Adolph, Arbeiter, Scherlanke
  95. Richter, Oskar Hermann, Arbeiter, Blake
  96. Kaczmarek, Anton, Lehrer, Grudno
  97. Böhm, Johann Friedrich Karl, Arb., Neu-Bolewitz
  98. Separant, Johann, Schlossergeselle, Neustadt b. P.
  99. Adamczak, Stephan, Knecht, Wonsowo
  100. Ruchaj, Michael, Knecht, Neutomischel
  101. Lengert, August Otto, Eigenth.-Sohn, Alttomischel
  102. Kapelski, Stanislaus, Knecht, Brody
  103. Schmidt, Albert, Eigenth.-Sohn, Alttomischel
  104. Felsch, Friedrich Wilh., Eigth.–Sohn, Wengielno
  105. Wald, Johann Karl Richard, Knecht, Paprotsch
  106. Abraham, Otto Richard, Arbeiter, Bukowiec
  107. Kaczynski, Johann, Arbeiter, Pakoslaw
  108. Fenske, Friedrich Herm., Fleischerges., Neutomischel
  109. Jaskowiak, Andreas, Arbeiter, Wonsowo
  110. Schanzenbach, Karl Gustav, Knecht, Neutomischel
  111. Janas, Thomas, Arbeiter, Brody
  112. Kuhnke, Ernst Hermann, Eigenth.-Sohn, Zinskowo
  113. Fenske, August Ferd., Eigenth.-Sohn, Paprotsch
  114. Rybarczyk, Joseph, Wirthssohn, Steinhorst
  115. Dornfeld, Paul Julius, Wirthssohn, Chraplewo
  116. Magdziak, Stephan, Arbeiter, Pawlowko
  117. Pflaum, Karl Hermann, Brauer, Neutomischel
  118. Rosenau, Gustav Hermann, Knecht, Zinskowo
  119. Ortlieb, Johann Robert, Wirtssohn, Wymyslanke
  120. Bober, Joseph, Knecht, Michorzewo
  121. Flöter, Johann Heinrich, Maurer, Linde
  122. Täubner, Karl Gottl. Heinr., Eigth.-Sohn, Glinau
  123. Leske, Joh. Heinr. Leop., Eigth.-Sohn, Konkolewo
  124. Grocholewski, Franz, Wirthssohn, Brodki
  125. Heinrich, Reinhold Otto, Eigenth.-Sohn, Gr.-Lipke
  126. Kruschel, Otto, Eigenth.-Sohn, Neurose
  127. Czeszak, Stanislaus, Zimmermann, Gr.-Lipke
  128. Lüdke, Karl Heinrich, Eigenth.-Sohn, Neurose
  129. Kleczka, Andreas, Diener, Posadowo
  130. Gierka, Johann Paul, Knecht, Cichagora
  131. Müller, Joh. Karl Heinrich, Eigth.-Sohn, Kozielaske
  132. Pigla, Stanislaus, Wirthssohn, Wonsowo
  133. Wilhelm, Johann Karl Gustav, Tischlergeselle, Neutomischel
  134. Zawarty, Stanislaus, Arbeiter, Konin
  135. Waclawek, Franz, Arbeiter, Jastrzembnik
  136. Stähler, Johann Carl Heinrich, Arbeiter, Dombrowo
  137. Neumann, Rudolph Friedr., Wirthssohn, Chmielinko
  138. Hildebrand, Johann Emil, Eigenth.-Sohn, Juliana
  139. Grajek, Friedrich, Arbeiter, Chmielinko
  140. Wiesner, Wilhelm Otto, Schäferknecht, Wonsowo
  141. Nawrot, Peter, Knecht, Bukowiec
  142. Telesius, Pausl Hermann, Schornsteinfegergeselle, Neutomischel
  143. Kornocz, Franz, Bäckergeselle, Neutomischel
  144. Ratajczak, Maximilian, Arbeiter, Neustadt b. P. Stadt
  145. Kern, Johann Otto, Landwirth, Glupon
  146. Wesoly, Johann, Arbeiter, Posadowo
  147. Heinrich, Paul Otto, Eigenth.-Sohn, Sontop
  148. Walkowiak, George, Wirthssohn, Cichagora
  149. Kluczynski, Martin, Arbeiter, Zembowo
  150. Plerwa, Johann, Arbeiter, Brodki
  151. Matuszewski, Johann, Arbeiter, Brody
  152. Paschek, Franz, Wirthssohn, Zembowo
  153. Nowaczyk, Valentin, Arbeiter, Chraplewo

b) die zum Landsturm designierten Militärpflichtigen

  1. Schulz, Karl Reinhold, Wirthssohn, Albertoske
  2. Koth, Joh. Karl Heinrich, Wirthssohn, Alttomischel
  3. Korbanek, Stephan, Eigenth.-Sohn, Bolewitz
  4. Kaminski, Joh. Ferd., Eigenth.-Sohn, Kozielaske
  5. Najdek, Andreas, Arbeiter, Michorzewko
  6. Koszuta, Vinzent, Schmiedegeselle, Neustadt b. P.
  7. Roszkiewicz, Ludwig, Schmiedegeselle, Pakoslaw
  8. Strojwas, Filix, Knecht, Brody
  9. Nowaczak, Stanislaus, Arbeiter, Posadowo
  10. Majchrowski, Franz, Arbeiter, Witomischel
  11. Hein, Joh. Wilhelm Ferdinand, Knecht, Glinau
  12. Musial, Andreas, Arbeiter, Chraplewo
  13. Rau, Joh. Karl Gustav, Eigth.-Sohn, Albertoske
  14. Schlawe, Joh. Karl Berthold, Knecht, Konkolewo
  15. Lis, Johann, Arbeiter, Sempolno
  16. Pochstein, Otto Heinrich, Schmiedelehrling, Cichagora
  17. Gebauer, Friedrich Wilh. Gustav, Arb., Sontop
  18. Ulbrich, Karl Otto, Eigenth.-Sohn, Blake
  19. Dinzewski, Maurergeselle, Neustadt b. P.
  20. Giering, Friedrich Wilhelm, Wirthssohn, Scherlanke
  21. Kraft, Heinrich Erdmann, Wirthssohn, Schleife
  22. Fechner, Roman, Schmiedelehrling, Bolewitz
  23. Jatubek, Viktor Simon Alexander, Kommis, Neustadt b. P. Stadt
  24. Knebek, Joh. Reinh. Wilh. Komtorist, Neustadt b. P.

c) die in Zugang gekommenen Militärpflichtigen

Neutomischel, den 19. Mai 1897

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897; 2) Einleitung:https://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fische_Armee

Pacht der Theerschwelerei des Ritterguts Bolewice zu vergeben / 1846

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Theerofen im Bolewicer Forst / Quelle: 3) Ausschnitt Messtischblatt und 4) als Beispiel die Zeichnung einer Köhlerei [303]

Theerofen im Bolewicer Forst / Quelle: 3) Ausschnitt Messtischblatt und 4) als Beispiel die Zeichnung einer Köhlerei

„Die zu den Forsten des Ritterguts Bolewice, unweit Neustadt bei Pinne im Bucker Kreise, gehörige Theerschwelerei soll am 1sten December 1846 vormittags 10 Uhr in der Wohnung des Unterzeichneten auf 6 – 10 Jahre an den Meistbietenden verpachtet werden, wozu Pachtlustige mit dem Bemerken eingeladen werden, daß der Theerschweler freie Wohnung, 5 Morgen Acker, Wiesenwachs und Sommerweide für 2 Kühe und den nöthigen Bedarf von Raff- und Leseholz erhält.

Bolewice, den 9ten October 1946 – Seyler, Oberförster“

* * *

Franz Seyler – Herrschaftlicher Oberförster zu Bolewice Dorf war verehelicht mit Dorothea Wilhelmine geborene Klein. Im Juli 1847 wurde die gemeinsame Tochter Auguste Gertrud geboren.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – 2) “Oeffentlicher anzeiger – Beilage des Amtsblatts Nr. 46 der Königl. Preuß: Regierung – Marienwerder, den 17ten November 1846” 1902 – 3) Ausschnitt-Messtischblatt 3662 – http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80; 2) 4) Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Charcoal_burning?uselang=de#/media/File:Unter_den_K%C3%B6hlern_im_Harz._Nach_der_Natur_f%C3%BCr_das_Daheim_gezeichnet_von_Wilhelm_Simmler.png

Steckbrief des Carl Kuhn / 1871

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Ausschnitt des Steckbriefes / Quelle sh. Fußnote [304]

Ausschnitt des Steckbriefes / Quelle sh. Fußnote

„Der Baugefangene Carl Kuhn ist heute früh von hier (Festung Graudenz) entwichen.

Derselbe ist am 2. Januar 1844 zu Rakwitz, (Kreis Bomst in Posen) geboren, seine Eltern leben in Kostancia bei Kutna, 5 Fuß 4 Zoll 3 Strich groß, evangelisch, Haare dunkelblond, Augen grau, Nase und Mund gewöhnlich, Bart im Entstehen, Zähne defect, Kinn und Gesichtsbildung oval, Gesichtsfarbe blaß, Gestalt schlank, Sprache deutsch und polnisch, besondere Kennzeichen: der linke Arm tätowirt mit dem Fleischerwappen, Civilverhältniß Fleischer, Anzug Civilkleider, vermuthlich ein Paar Commißstiefel und ein blaugestreiftes Callicothemde.

Die Königlichen Behörden werden ersucht, auf den p. Kuhn zu vigilieren, ihn im Betretungsfalle zu arretieren und unter sicherem Geleit an die Kommandantur abzuliefern.

Festung Graudenz, den 17. Januar 1871 – Königliche Kommandantur“

* * *

Carl Gottlieb Kuhn

wurde am 02. Januar 1844 nachmittags um 5 Uhr in Rakwitz als Sohn des Gottlob Kuhn, Bürger und Fleischer zu Rakwitz und dessen Ehefrau Eleonore geb. Koster geboren.

Als Geschwister wurden aus den Personenstandsunterlagen notiert: geboren 1835 Auguste Wilhelmine Christine, geboren 1840 Johanna Friederike, geboren 1842 Carl August Samuel und geboren 1845 Carl Heinrich.

Eine Umsiedlung nach „Kostancia bei Kutna“ kann somit erst mit dem Jahr 1846 oder später erfolgt sein.

* * *

 Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);  Oeffentlicher Anzeiger – Beilage des Amtsblatts Nro. 4 (https://books.google.de/books?id=E89TAAAAcAAJ&pg=PA53&dq=polizeianzeiger+rakwitz&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi6zuGZ6qjTAhWK2RoKHV_LBHg4HhDoAQg5MAU#v=onepage&q=polizeianzeiger%20rakwitz&f=false)

Die Wirtschaftsgebäude Fuchs in Rakwitz brennen nieder / 1899

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Rakwitz | Kommentare sind deaktiviert
Fuchs'es Garten in Rakwitz / Ausschnitte AK - Sammlung Wojtek Szkudlarski [305]

Fuchs’es Garten in Rakwitz / Ausschnitte
AK – Sammlung Wojtek Szkudlarski

„Rakwitz, 21. April 1899 – Gestern abend gegen 8 Uhr brach hierselbst in den dem Ackerbürger und Bierhändler Rudolph Fuchs gehörigen Wirthschaftsgebäuden auf bis jetzt unaufgeklärte Weise Feuer aus, welches sich mit einer rapiden Geschwindigkeit über sämtliche Stallungen und Schuppen des Gehöfts verbreitete.

Die Thätigkeit der schnell herbeigeholten Feuerwerk mußte sich daher nur auf die Erhaltung der gefährdeten Nachbargebäude beschränken, was ja auch gelang.

Das Feuer griff so schnell um sich, daß das Vieh nur mit Mühe gerettet werden konnte. Eine Färse ist erstickt.

Zur Hilfeleistung sind einige Spritzen der Nachbargemeinden erschienen. Der reichliche Regen trug viel dazu bei, daß das Feuer nicht größere Dimensionen angenommen hatte. Es sind eine Menge Futtervorräthe, Wirthschaftsgeräte u.s.w. verbrannt.

Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt.“

* * *

Wilhelm Rudolph Fuchs

wurde am 21. Januar 1859 zu Rakwitz als Sohn des Gasthofbesitzers Carl Fuchs und dessen Ehefrau Charlotte geb. Rau geboren. Er ehelichte 1885 in Rakwitz die Anna Helene Martha geb. Schöneich. Kinder des Paares waren Ernst Gustav geboren 1886 und Clara Selma geboren 1888.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1899

Volkszählung am 1. Dezember 1875

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Albertoske,Alt Dombrowo,Alt Tomysl,Bez kategorii,Bobrowke,Brody,BukowiecDE,Chraplewo,Cichagora,Friedenhorst,Glinau,Jastremske,Juliana,Konkolewo,Koseloske,Kozielaske,Kuschlin,Lenker Hauland,Michorzewo,Porazyn,Rose,Scherlanke,Sliwno,Sontop,Sworzyce,Wytomysl / Witomischel,Zinskowo | Kommentare sind deaktiviert

Gemäß Verfügung der Herren Minister des Innern und für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten  wurde für den 1. Dezember 1875 eine Volkszählung mit gleichzeitiger gewerbestatistischer Aufnahme an die Königlichen Privinzial- und Bezirksverwaltungsbehörden gemäß den Beschlüssen des Bundesraths des Deutschen Reichs verfügt.

Zu diesem Zwecke wurden seitens des Königlich Statistischen Bureaus in Berlin annähernd 114.500 Fragebogen und Formulare in 21 Kisten an das Landratsamt in Buk versandt. Das die Kisten an die „Bahnstation Buk“ versandt wurden, und dadurch ab Bahnhof Neutomischel noch eine Um- bzw. Weiterverfügung notwendig geworden war, ist vermutlich auf Unkenntnis der Mitarbeiter im Königlich Statistischen Büro in Berlin über die geographischen und verkehrstechnischen Verhältnisse in den  ländlichen Gebieten zurückzuführen.

Im Staatsarchiv in Poznan wird  ein Ordner bezüglich dieser Zählung verwahrt; In ihm findet sich ein Sammelsurium von Briefen, Anweisungen, Nachfragen, Meldungen über fehlende Formulare, deren Versand und Eintreffen, Korrekturen von Ergebnissen und anderer Schriftstücke. Die Unterlagen der Zählung sind leider nicht mehr vollständig.

Für diesen Beitrag wurde, soweit es möglich war, das Ergebnis der Zählung der Haushalte mit der dazugehörigen Einwohnerzahl zusammengestellt; Unterlagen der Erhebung der Gewerbezählung sind nicht in dem Konvolut enthalten.

Es wurden auch Kommentare hinsichtlich einiger Ortschaften übernommen, die, aufgrund der Anforderung von Stellungnahmen seitens des Landratsamtes, versuchten die Abnahme in der Zahl der Bevölkerung in diesen zu erklären.

* * *

 

Die Einwohnerzahlen der Städte Neutomischel, Grätz, Opalenitza und Buk [306]

Die Einwohnerzahlen der Städte Neutomischel, Grätz, Opalenitza und Buk

Dem Kommentar des Magistrats der Stadt Neutomischel ist zu entnehmen, dass Neutomischel  im Jahr 1874 die niedrigste Einwohnerzahl mit 1.101 Bewohnern seit Beginn von Volkzählungen aufwies.

Aber nicht nur Neutomischel, auch die anderen Städte, Dörfer und Ansiedlungen im Landkreis Buk kämpften mit dem Abzug von Familien und daraus resultierender sinkender Einwohnerzahl.

Einerseits gab es die Grenzgänger ins Brandenburgische. Für gleiche Arbeit in der Landwirtschaft wurden dort wesentlich höhere Löhne gezahlt. Die Arbeiter, vornehmlich junge Menschen verließen im Frühjahr ihre Heimatorte und kehrten im Spätherbst zurück. Von ihnen fehlte in der landwirtschaftlich geprägten Heimatregion vornehmlich die Arbeitskraft.

Andererseits stellte die Hauptstadt Berlin, die Entfernung beträgt nur annähernd 250 km, ein wesentlich größeres Problem für den Abzug von Arbeitskräften und somit Bewohnern des Kreises dar. Berlin bot weitaus mehr als nur höhere Verdienstmöglichkeiten. Durch die schon gegebenen technisch industriellen Errungenschaften einer Großstadt, die wie ein Magnet wirkten, war es die sich immer schneller wandelnde Arbeitswelt, die die Anziehungskraft ausübte. Diese bot, neben Tätigkeiten als einfacher Fabrikarbeiter, auch Möglichkeiten eines beruflichen Aufstiegs.  In Berlin sowie auch in anderen Großstädten entstanden z. B. Arbeitsmöglichkeiten im sich neu formenden Dienstleistungsbereich oder es  wurden mehr  Arbeitsplätze im Sektor der Büroarbeit angeboten. Vermehrt ergriffen auch immer mehr junge Frauen berufliche Tätigkeiten um sich ihren Lebensunterhalt in Unabhängigkeit zu verdienen.

Viele Bewohner der ländlichen Städte und Gemeinden ohne Grundeigentum, zu ihnen gehörten meist wiederum die Jüngeren, sahen in ihrer Abwanderung eine Chance für ihre Zukunft. Sie wollten  nicht länger gegen geringes Entgelt schwere Landarbeit in ihren Heimatgebieten leisten, wenn es für gleiche oder sogar leichtere Arbeit anderswo mehr Entlohnung gab. Besonders Berlin wurde in jener Zeit zur Drehscheibe für Tausende von Menschen aus den ländlichen Gebieten des Ostens.

Der Abzug in die Großstädte war meist endgültig. Mit ihnen verlor der Landkreis Buk nicht nur die Arbeitskräfte in der heimatlichen Landwirtschaft, sondern deren vollumfängliche Wirtschaftskraft.

Städte wie Buk, Grätz, Opalenitza und auch Neutomischel erlebten keine wirkliche Entwicklung in der Ansiedlung von Industrie- oder Handelsunternehmen. Sie waren Bauern- und Handwerkerstädte und hatten wenig Aussicht auf Änderung. Neustadt bei Pinne fehlt in dieser Aufstellung, hier gelang es leider nicht, überhaupt ein Ergebnis hinsichtlich der Einwohnerzahlen darzustellen.

In der Region des Landkreises Buk waren Besitzer von Lokomotiv- und Eisenbahnwaggon-Baubetrieben sowie auch weltweit operierenden Handelsunternehmen ansässig; sie waren die Besitzer der größten Landgüter. Doch war es auf Gütern üblich geringe Basislöhne an die Arbeiter zu zahlen. Als fortschrittlich galt, wenn dazu ein Ausgleich z. B. in der Bereitstellung von Wohnraum, Kaufhäusern, Kindergärten und in der Krankenversorgung gewährt wurde. Unberücksichtigt und unerwähnt blieb, dass alle diese Einrichtungen letztlich gutsherrschaftseigene  Unternehmen waren. Arbeiter, die hier tätig gewesen waren und einen Ausstieg aus einem solch in sich geschlossenen Kreis ins Auge fassten, mussten den kompletten Verlust ihres Lebensumfeldes mit einplanen. Dieser autarke Lebens- und Konsum-Kreislauf der Menschen der Dominien bedeutete gleichzeitig aber auch, dass die umliegenden Städte und Dörfer wenig bis überhaupt nicht von deren Existenz profitierten.

Die Zahlen der im Jahr 1875 durchgeführten Volkszählung sind ein Spiegel  dieser Umstände und Entwicklung.

Zählbezirk Buk [307]

Zählbezirk Buk

Zählbezirk Grätz [308]

Zählbezirk Grätz

Zählbezirk Neustadt (unvollständig) [309]

Zählbezirk Neustadt (unvollständig)

Zählbezirk Kuschlin [310]

Zählbezirk Kuschlin

Zählbezirk Neutomischel [311]

Zählbezirk Neutomischel

 * * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) –  Acta des Königlichen Landraths-Amtes Neutomischel betreffen die Volkszaehlung am 1ten December 1875 (Acta Starostwo 0325-0820)

 

 

 

Das Hotel Kutzner in Grätz brennt nieder / 1910

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Grätz | Kommentare sind deaktiviert
Das ehem. Hotel Kutzner und die Marktecke in Grodzisk heute / Aufn. GT [312]

Das ehem. Hotel Kutzner und die Marktecke in Grodzisk heute / Aufn. GT

„Am Freitag (16.10.1910) nachmittag brach in Kutzners Hotel Feuer aus, das den Saalanbau, den Pferdestall und das Vorderhaus ergriff. Erst nachts zwei Uhr konnte die Feuerwehr abrücken.

Aber schon um drei Uhr ertönten erneut Alarmsignale, weil das Feuer wieder mit Macht hervorgebrochen war. Als die Wehr nach 24 ständigem Kampfe des Feuers nicht Herr werden konnte, mußten die Mauern des Hotels niedergerissen werden.

Bei den Löscharbeiten stürzten plötzlich Teile eines Schornsteins herunter. Die Trümmer trafen den Barbier Malyszczyk und verletzten ihn erheblich am Rücken.“

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Am 30.09.1910 erfolgte die Mitteilung, dass: “ Der Grund und Boden des niedergebrannten Hotel Kutzner ist, sowie er steht und liegt, vom Baumeister Dolscius käuflich erworben worden, welcher demnächst einen größeren Neubau errichten wird.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1910

Unfall mit dem Pferd des Heinrich Fenske / 1910

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der ehem. Neue Markt, Aus-/Einfahrt zur Dampfmühle Maennel war das gelbe Gebäude rechts / AK Sammlung Wojtek Szkudlarski [313]

Der ehem. Neue Markt, Aus-/Einfahrt zur Dampfmühle Maennel war das gelbe Gebäude rechts / AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

Am Sonnabend (09.04.1910) vormittag ging ein auf dem Hofe der Maennel’schen Dampfmühle stehendes Pferd des Eigentümers Heinrich Fenske aus Paprotsch durch und raste mit dem Wagen über den Neuen Markt hinweg.

Es zerbrach auf dem Viehmarkt ein Stück der dort stehenden Einzäunungen und stürmte wieder zurück.

Herr Kaufmann Fritz Lutz, der über den Neuen Markt fuhr, konnte sich mit knapper Not durch schnelles Abspringen vom Rade vor einem verhängnisvollen Zusammenstoß mit dem Durchgänger schützen. Das Fahrrad aber wurde überfahren und total zertrümmert.

Das Pferd kam infolge dieses Hindernisses zu Fall und schlug sich einige Zähne aus, sonst ist es aber ohne größeren Schaden davongekommen.

Wie wir hören, ist der Besitzer des Pferdes nicht gegen Haftpflicht versichert und muß für den entstandenen Schaden selbst aufkommen.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1910

Ermordung der Augusta Bormas / 1902

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Juden,Neustadt bei Pinne,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Neustadt b.P. - die ehemalige Pinner Str. / AK Sammlung Wojtek Szkudlarski [164]

Neustadt b.P. – die ehemalige Pinner Str. / AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

Auf Mitteilung der Polizeiverwaltung zu Neustadt bei Pinne wurde am 08. Februar 1902 unter der No. 29 eingetragen, dass die Kaufmannswittwe Augusta Bormas geborene Krain in ihrer Wohnung tot aufgefunden worden war.

Das Alter der Augusta Bormas war zum Zeitpunkt Ihres Todes mit 69 Jahren angegeben worden. Sie war aus Posen gebürtig und dem mosaischen Glauben angehörig gewesen. Gemäß dem Eintrag war sie die Tochter unbekannter Eltern.

Augusta Bormas geborene Krain hatte als die Wittwe des Kaufmanns Gustav Bormas, eines in Neustadt bei Pinne ansässig gewesenen Kaufmanns, in der Stadt gelebt.

Ihr gewaltsamer Tod war nach den angestellten Ermittlungen am 04. Februar 1902 gegen 09:00 Uhr am Abend eingetreten.

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Über diesem Mordfall wurde wie folgt berichtet:

1902-02-07 Neutomischeler KreisblattNeustadt b. P., 5. Februar – Gräßlicher Raubmord

Heute früh verbreitete sich das Gerücht, die 70 Jahre alte Kaufmannswittwe Augusta Bormas sei ermordet.

Frau Bormas galt als reiche Frau, welche hier am Ort ein Geschäft führte und alleinstehend war.Sie wurde als Leiche in der Küche mit gespaltenem Kopf vorgefunden.

Der That verdächtig erschien der 20 jähre Arbeiter Stanislaus Zbytowski, ein Mensch von rohestem Gemüth. Der hiesige Bürgermeister ließ ihn sofort verhaften, und man fand bei seiner Visitirung 9,05 Mark und verschiedene Gegenstände, von denen man annehmen konnte, daß sie aus dem Bormas’schen Laden stammen. Mit ihm zugleich wurden die Gebrüder Ludwig und Johann Komorowicz, achtzehn bezw. sechszehn Jahre alt, verhaftet. Sie leugneten anfangs ganz hartnäckig, gaben aber nachher die That zu. Danach sind alle drei am 4. d. M. Abends gegen 8 Uhr in das Gehöft der Frau Bormas eingedrungen und haben die Frau von dort aus beobachtet; nachher ist Zbytowski durch das Fenster in die Küche eingestiegen, wo er die Frau mit einem faustgroßen Stein erschlagen hat. Dann sind auch die Gebrüder Komorowicz durch das Küchenfenster eingestiegen, und nun raubten die drei Gestellen in aller Gemüthsruhe verschiedene Gegenstände, als Revolver, Taschentesching, Zigarren, Messer u. a. m., sie erbrachen auch die Ladenkasse, welcher sie etwa 12 Mark entnahmen.

Alle drei Verbrecher sind heute dem Justizgefängniß überliefert worden

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1902-05-06 Neutomischeler KreisblattPosen, 3. Mai.

Drei recht rohe und trotz ihrer Jugend bereits sittlich verkommene Patrone, die Arbeiter Zbytowski, Ludwig und Johann Komorowicz aus Neustadt b. P. haben sich wegen Mordes zu verantworten.

Zbytowski hat am Abend des 4. Februar die hochtbetagte Kaufmannswittwe Bormas ermordet, während die beiden Anderen „Schmiere“ standen. Alle drei haben nach verübter That die Wohnung der Ermordeten durchwühlt, es fiel denn auch Geld sowie andere Werthgegenstände den Verbrechern als Beute zu. Die Angeklagten machen einen unsympathischen Eindruck, sie tragen meist zynische Rohheit zur Schau, nur zuweilen regt sich das Schuldbewußtsein auch in ihren verwilderten, verkommenen Gemüthern. Die Hergänge der scheußlichen That erzählen sie mit widerlicher Umständlichkeit.

Schon am 3. Februar faßte Zbytowski den Entschluß die Frau Bormas zu ermorden, die seine Eltern aus der Wohnung im Bormas’schen Hause hatte gerichtlich entfernen lassen. Die drei Angeklagten hofften, eine größere Geldsumme bei der alten Frau zu finden. Am Abend des 4. Februar drang Z. bei der Todten ein, warf sie zu Boden und schlug sie mit einem länglichen, zugespitzten Seine mehrere Male auf den Kopf. Die beiden Komorowicz standen unter dem Fenster, durch welches Zbytowski eingestiegen war.

Das Schwurgericht verurtheilte den Arbeiter Stanislaus Zbytowski aus Neustadt b. P. wegen Mordes und schweren Diebstahls zum Tode und dauernden Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte, die Arbeitsburschen Ludwig und Johann Komorowicz wegen schweren Diebstahls zu drei bezw. zwei Jahren Gefängniß.

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1902-05-23 Neutomischler Kreisblatt

Der in der letzten Schwurgerichtsperiode in Posen zum Tode verurtheilte Raubmörder Stanislaus Zbytowski aus Neustadt b. P., welcher unlängst im Untersuchungsgefängnis einen Selbstmordversuch verübte, hat durch seinen Verteidiger Rechtsanwalt Salz gegen das Todesurtheil das Rechtsmittel der Revision einlegen lassen; es wird sich also noch das Reichsgericht mit dem Fall zu beschäftigen haben.

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1902-06-24 Neutomischeler Kreisblatt

Der vom Posener Schwurgericht wegen Mordes und schweren Diebstahls zum Tode verurtheilte „Arbeiter“ Stanislaus Zbytowski aus Neustadt bei Pinne hatte gegen dieses Urtheil Revision eingelegt, welche am Freitag vor dem 4. Strafsenat des Reichsgerichts zur Verhandlung gelangte.

Der Verurtheilte hatte, wie wir s. Z. ausführlich mittheilten, am 4. Februar mit zwei Kumpanen bei der Wittwe Bormas in Neustadt bei Pinne eingebrochen und die Frau mit einem Feldsteine erschlagen. Die beiden Mitangeklagten wurden s. Z. zu drei bezw. zwei Jahren Gefängnis verurtheilt, und haben ihre Strafe gleich angetreten. – In seiner Revision rügte der Mörder unrichtige Fragestellung und Beantwortung der Frage durch die Geschworenen. Nach dem Antrag des Rechtsanwaltes verwarf das Reichsgerichts die eingelegte Revision.

Das Todesurtheil gegen Zbytowski ist hiermit rechtskräftig geworden, und findet die Hinrichtung des Verurtheilten statt, sobald vom Civilkabinet die Nachricht eingeht, daß der Kaiser von seinem Begnadigungsrechte keinen Gebrauch mache.

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1902-10-03 Thorner Presse – Posen, 2. Oktober

Der 20 jährige Arbeiter Stanislaus Zbytowski aus Neustadt bei Pinne, der wegen Ermordung der 70 jährigen Wittwe Bormas zum Tode verurtheilt worden war, ist heute früh um 6 1/2 Uhr im kleinen Hofe des hiesigen Gerichtsgefängnisses durch den Scharfrichter Schwietz aus Breslau hingerichtet worden.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1902

Der Tod des Johann Polomka / 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Glinau,Personen, Familien,Scherlanke | Kommentare sind deaktiviert
Kościół pw. św. Wawrzyńca w Łomnicy - Kirche St. Lawrence in Lomnica / Aufn. PM [314]

Kościół pw. św. Wawrzyńca w Łomnicy – Kirche St. Lawrence in Lomnica / Aufn. PM

„Infolge eines Messerstichs hat am Sonnabend früh der 20 jährige Knecht Johann Palomka aus Glinau den Tod gefunden. Er hatte von seinem Brotherrn den Auftrag, dessen Tochter zum Tanz nach Scherlanke zu führen.

Das hatte den Unwillen des 18 jähren Eigenthümersohns Paul Pflaum aus Glinau erregt, so daß es im Tanzlokale zu Reibereien kam.

Als sich nach Beendigung des Tanzes Knechte und Mädchen nach Hause begaben, versetzte der junge Mann dem Beschützer des Mädchens in der Nähe der Scherlanke Schule I. mit dem Messer einen Stich in die linke Seite des Halses. Der Gestochene schleppte sich noch etwa achtzig Schritt und wurde in die Wohnung des Schmiedemeisters Winter gebracht.

Der bald zur Stelle gerufene Arzt ordnete die Überführung des Kranken ins hiesige Krankenhaus an, wo er bald verstorben ist.

Der Thäter wurde morgens von der Schlafstelle aus verhaftet.“

 

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Standesamtseintrag No. 30 – Neutomischel, den 27. Februar 1900

Zufolge Mittheilung der Polizeiverwaltung hierselbst vom 27. Februar 1900 J No. 409/00 ist heute eingetragen worden, daß der Knecht

Johann Polomka,

ledigen Standes, 19 Jahre alt, katholischer Religion, geboren zu Lomnitz Kreis Meseritz, Sohn des Arbeiters Alexander Polomka, wohnhaft zu Lomitz und dessen verstorbenen Ehefrau Barbara geborene Dudek, zuletzt wohnhaft zu Lomnitz, zu Neutomischel im städtischen Krankenhause am vierundzwanzigsten Februar des Jahres tausendneunhundert vormittags um neun Uhr verstorben ist.

Über den Todesfall hat eine amtliche Ermittelung stattgefunden

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Meldung im Neutomischeler Kreisblatt vom 6. April 1900:

„Am Montag (02. Aprl 1900) begann unter dem Vorsitz des Herrn Landgerichts-Direktor Hildebrand die zweite diesjährige Schwurgerichtsperiode.

Der Eigenthümersohn Paul Pflaum aus Glinau bei Neutomischel wurde von der Anklage der Körperverletzung mit tödtlichem Erfolge freigesprochen, da Nothwehr angenommen wurde.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1900

Sturz mit Todesfolge der Juliane Fürstenau / 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Glinau,Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
Blick in die heutige Ogrodowa, die einstige Gartenstraße / Aufn. PM [315]

Blick in die heutige Ogrodowa, die einstige Gartenstraße / Aufn. PM

Unter dem Standesamtseintrag Nr. 28 vom 24. Februar 1900 in Neutomischel findet sich, dass der Maurer Paul Redlich aus Neutomischel den Tod der unverehelichten Arbeiterin Juliane Fürstenau anzeigt.

Es wurde eingetragen, dass sie im Alter von 68 Jahren verstorben und dass sie die Tochter unbekannter Eltern gewesen sei.

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Das Neutomischeler Kreisblatt veröffentlichte am 27. Februar 1900 die Mitteilung, dass durch einen Sturz von der Treppe in ihrer Behausung, die unverehelichte Juliane Fürstenau aus der Gartenstraße am Sonnabend, dem 24. Februar 1900, so schwere Verletzungen zugezogen hatte, dass sie bald darauf gestorben ist.

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Zu dem Standesamtseintrag wurden keine ergänzenden Eintragungen hinsichtlich der Angabe „Tochter unbekannter Eltern“ gemacht. Wir ergänzen die Familiendaten nunmehr wie folgt:

Johanna Juliane Fürstenau

geboren am 18. Dezember 1831 in Glinau

als Tochter des einstigen Bürgers und Schuhmachermeisters zu Neutomischel und späterhin zu Glinau Johann Carl August Ferdinand Fürstenau (1796-1856) und dessen Ehefrau Dorothea Elisabeth geboren Zeidler (1794-1849).

Ihre Geschwister waren der 1821 geborene Johann Carl Friedrich Fürstenau, der 1825 geborene Johann Wilhelm Ferdinand, der 1828 geborene Johann Friedrich August, welcher bis 1903 noch in Glinau ansässig gewesen war und der 1834 geborene Johann Carl Traugott

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1900

Unfalltod des Johann Gottlieb Zithier 1898

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Boruy,Genealogie,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Ehemaliger Gasthof Friedenberger zu Boruy / Postkartenausschnitt  Sammlung Wojtek Szkudlarski [316]

Ehemaliger Gasthof Friedenberger zu Boruy / Postkartenausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski

In Kirchplatz Borui wurde gestern 14. November 1898 beim Bedienen einer Dreschmaschine in der Scheune des Gastwirts Emil Friedenberger der Arbeiter Johann Gottlieb Zithier an der Schürze von der Maschine erfaßt und mit dem Körper hineingezogen.

Er erlitt so schwere Verletzungen, daß der Tod erfolgte.

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Johann Gottlieb Zithier

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1898-11-15

Schöffengerichtssitzungen Juli – Dezember 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Albertoske,Alt Dombrowo,Alt Scharke,Alt Tomysl,Bobrowke,Chraplewo,Cichagora,Groß Lipke,Konkolewo,Kozielaske,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien,Wasowo / Wonsowo,Wengielno | Kommentare sind deaktiviert
Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Nachstehend sind die Verhandlungspunkte und Urteile der Schöffengerichtssitzungen vom Juli – Dezember 1906 wiedergegeben.

Entnommen wurde die Berichterstattung dem Neutomischler Kreisblatt des Jahres 1906.

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Schöffengerichtssitzung vom 11. Juli 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Kurz-Paprotsch und Reschke-Altscharke

Es wurde folgende Sachen verhandelt:

  1. Ein hiesiger Handelsmann wurde wegen Beleidigung und Kreditgefährdung eines Kollegen mit 20 Mk. bestraft, dagegen wurde die Nebenklage des Beleidigten auf Schadenersatz in Höhe von 100 Mk. verworfen (Anmerkung: Die Namen der vermutlich honorigen Handelsmänner wurden nicht genannt !)
  2. Der Arbeiter Gustav Marsch aus Waldtal (Wengielno) und Oskar Hahnefeld ebenda, zuletzt in Gr. Lichterfelde, wurden wegen gemeinschaftlicher Mißhandlung des Maurergesellen Paul Sperling mit je 20 Mk. bestraft.
  3. Wegen Hausfriedensbruches wurde das Verfahren gegen Gustav Wende aus Albertoske eingestellt
  4. Der Eigentümer Heinrich Seide aus Friedenwalde hatte gegen einen Strafbefehl von 1 Mk. Einspruch erhoben, welchen er jedoch vor Eintritt in die Verhandlung zurückzog.
  5. Der Eigentümersohn Gustav Herkt aus Konkolewo erhielt wegen Körperverletzung 6 Mk. Geldstrafe.
  6. Ebenfalls wegen Körperverletzung seiner Schwiegermutter wurde der Schuhmacher Martin Stoinski aus Wonsowo mit 5 Mk. bestraft
  7. Der Häusler Karl Seiffert aus Scherlanke war des Eigentumsvergehens beschuldigt, er wurde freigesprochen
  8. In der Privatklagesache des Försters Wilhelm Weber zu Glinau gegen den Eigentümer Dienegott Roy zu Scherlanke wurde letzterer mit 20 Mk. bestraft
  9. und
  10. Die Privatklagen der Mathilde Löchelt gegen die Eigentümersfrau Auguste Heidrich, sowie des Eigentümers Jarosczyk zu Wonsowo gegen Johann Paszek wurden beide durch Vergleich erledigt.
  11. Die Privatklagesache Sauer gegen den Schmiedemeister Grünberg in Sempolno wurde ebenfalls durch Vergleich aus der Welt geschafft, indem der Beklagte die Kosten übernahm
  12. Die Strafsache gegen Soltysiak und Czeczak aus Alttomischel wurde vertagt

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Schöffengerichtssitzung vom 01. August 1906  – Vorsitzender Herr Amtsrichter Dr.  Brasack, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Gebauer-Scherlanke und Berthold Roy-Glinau

Es wurde folgende Sachen verhandelt:

  1. Der Tischlergeselle Max Olschewski von hier (Neutomischel) wurde wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung mit drei Wochen Gefängnis bestraft
  2. Der Eigentümer Martin Lukaszwyk aus Bukowiec hatte gegen einen Strafbefehl in Höhe von 10 Mk. Einspruch erhoben, den er jedoch vor Eintritt in die Verhandlung wieder zurückzieht
  3. Die Strafsache gegen den Stellmachermeister Fiege aus Scherlanke mußte vertagt werden, da sich derselbe vor der Verhandlung entfernt hat.
  4. Gegen den früheren Eigentümer Otto Hecke von hier (Neutomischel) war ein Strafbefehl in Höhe von 40 Mk. wegen Anfertigung von Schriftstücken erlassen worden. Die Sache wurde ebenfalls vertagt
  5. Valentin Soltysiak-Witomischel und Stanislaus Czeczak-Gr. Lichterfelde waren des Diebstahls angeklagt. Ersterer erhielt 2 Tage Gefängnis, während letzterer freigesprochen wurde
  6. Der Eigentümer Anton Pilarzyk aus Bolewitz war des Pfandbruches angeklagt. Die Sache wurde vertagt, da der Angeklagte sich auf weitere Beweismittel berief
  7. Der Arbeiter Hermann Schade aus Glinau war angeklagt, Arbeitsmarken, welche von Sachsen-Anhalt stammten, für seinen Schwiegervater hier verwandt zu haben. Der Angeklagte wurde freigesprochen
  8. Die Privatklage des Eigentümers Kucz zu Alttomischel gegen Kwasniewska wurde kostenpflichtig abgewiesen
  9. In der Privatklagesache des Eigentümers August Richter-Neu Scharke gegen Wilhelm Hahn-Altjamisch und Josef Potschuntek-Mariendorf wegen Beleidigung wurden letztere freigesprochen
  10. Die Privatklage des Eigentümers Steinke gegen Bautz, beide zu Konkolewo-Hld., wurde durch Vergleich erledigt

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Schöffengerichtssitzung vom 22. August 1906  – Vorsitzender Herr Gerichtsassessor Matthies, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Saegner-Sempolno und Steinke-Bukowiec.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Eigentümer Ignatz Maczewski aus Bolewitz war des Betruges angeklagt. Die Sache wurde vertagt.
  2. Der Angeklagte Stanislaus Andresczak wurde wegen Verübung ruhestörenden Lärmes zu 3 Tagen Haft und wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt
  3. Der Eigentümersohn Heinrich, der Arbeiter August Malke und der Erbpächter Johann Vogel, sämtlich aus Gr.-Lipke, waren der Fundunterschlagung eines Rehbockes angeklagt. Ersterer erhielt 20 Mk. Geldstrafe, Malke wegen Hehlerei 1 Tag Gefängnis, während letzterer freigesprochen werden mußte
  4. Der Eigentümer Nikolaus Kucz aus Alttomischel wurde wegen Mißhandlung der Altsitzerin Marianna Kwasinowska ebenda mit 20 Mk. bestraft
  5. Der des Arrestbruches angeklagte Eigentümer Anton Pilatschik aus Bolewitz erhielt 3 Tage Gefängnis
  6. Der Arbeiter Heinrich Wolke aus Kirchplatz hatte wegen Begehung ruhestörenden Lärmes einen Strafbefehl in Höhe von 5 Mk. erhalten und gegen diese Straffestsetzung Einspruch erhoben. In heutiger Verhandlung wurde auf eine Woche Gefängnis erkannt
  7. Der Dienstknecht Gustav Hauff hatte seinen übernommenen Dienst ohne Grund verlassen und dadurch einen Strafbefehl verwirkt, gegen welchen er Einspruch erhob. Nach Lage der Sache wurde der Angeklagte freigesprochen
  8. Ebenfalls gerichtliche Entscheidung beantragt hatte das Dienstmädchen Hedwig Rybaczik aus Neuborui wegen zwei erhaltener Strafbefehle im Betrage von je 5 Mk. Wegen eines Vergehens erzielte sie ihren Freispruch, während der zweite Strafbefehl in voller Höhe als gerechtes Strafmaß anerkannt wurde
  9. In der Privatklagesache des Eigentümers August Deutschmann aus Neuborui gegen die Ausgedingerin Julianna Bläsing wegen Körperverletzung wurde die Angeklagte mit 20 Mk. bestraft
  10. Die Privatklage des Arbeiters Heinrich Wolke gegen den Hausbesitzer Wilhelm Dohnke aus Kirchplatz wurde abgewiesen
  11. Die letzte Privatklagesache des Eigentümers August Seiffert gegen den Eigentümer Joachim, beide aus Scherlanke, wurde vertagt

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Schöffengerichtssitzung vom 12. September 1906  – Vorsitzender Herr Gerichtsassessor Matthies, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Heinrich-Sontop und FörsterKonkolewo.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Schüler Roman Koza aus Bukowiec hatte mit anderen Schulknaben die Wald’schen Kinder aus Kopanke geschlagen und sich dadurch einen Strafbefehl in Höhe von 5 Mk. zugezogen, jedoch gegen diesen Einspruch erhoben. Das Gericht erachtete nach verhandelter Sache die festgesetzte Geldstrafe für richtig und erkannte wieder auf den Betrag von 5 Mk.
  2. Gegen den Eigentümer Franz Gorny aus Königsfelde und gegen
  3. die Ausgedingerin Julianna Dykczak war je ein Strafbefehl in Höhe von 5 Mk. erlassen, und es war von beiden Angeklagten richterliche Entscheidung beantragt worden. Ersterer erzielt hierdurch seine Freisprechung, letztere dagegen wurde wieder zu 5 Mk. Geldstrafe verurteilt.
  4. Der Angeklagte Otto Hecke aus Neutomischel hatte gegen einen Strafbefehl im Betrage von 60 Mk. Einspruch erhoben, welchen er aber vor Eintritt in die Verhandlung wieder zurückzog.
  5. Gegen denselben Angeklagten wurde die Verhandlung vom 11. Juli d. Js. fortgesetzt, durch welche ein zweiter Strafbefehl in Höhe von 50 Mk. als recht anerkannt wurde
  6. Der Arbeiter Adolf Hecke aus Scherlanke hatte sich wegen unberechtigten Verlassens seines in Buchwerder übernommenen Dienstes einen Strafbefehl im Betrage von 5 Mk. zugezogen. Der hiergegen seitens des Bestraften geltend gemachte Einspruch wurde jedoch wieder zurückgenommen
  7. Die Eigentümersöhne Johann und Lorenz Kucz aus Alttomischel waren beide des Jagdvergehens beschuldigt. Ersterer wurde mit 30 Mk. bestraft, während letzterer mit einem Verweise davonkam.
  8. Der Stellmachermeister Berthold Fiege aus Scherlanke war wegen Bedrohung und Widerstand gegen den Gendarm Schütz angeklagt. Die Sache wurde vertagt
  9. und
  10. In den Beiden Privatklagen des Michael Pieta aus Bukowiec gegen den Schneidermstr. Ignatz Nolka ebenda und Noka gegen Pieta wurden die gegenseitigen Beleidigungen als nicht erwiesen befunden. Die beiden Angeklagten wurden unter Auferlegung der Kosten freigesprochen
  11. Die Privatklage des Reinhold Fischer zu Bentschen gegen den Handelsmann Otto Hiersekorn aus Neutomischel wurde vertagt
  12. In der Privatklagesache der Frau Katharina Musial gegen die Frau Veronika Nettka, beide aus Alttomischel, wurde letztere wegen Beleidigung mit 5 Mk. bestraft

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Schöffengerichtssitzung vom 26. September 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer August Roy-Paprotsch und Sperling-Neuborui

Es kamen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Eigentümer Ignaz Maczewski aus Bolewitz war des Betruges angeklagt. Er wurde freigesprochen
  2. Die Eigentümerfrau Ida Zeppei aus Konkolewo wurde wegen Diebstahls mit 3 Tagen Gefängnis bestraft
  3. Der Knecht Berthold Meißner aus Alt-Scharke hatte gegen einen Strafbefehl von 5 Mk. Einspruch erhoben, den er jedoch zurückzog
  4. Der Eigentümer Wilhelm Klemke aus Neuborui war der Körperverletzung angeklagt. Die Sache wurde vertagt
  5. Der Tischlergeselle Adam Schwiertz von hier war des Diebstahls bezichtigt. Er wurde von diesem Vergehen freigesprochen, dagegen aber wegen Fundunterschlagung mit 3 Tagen Haft bestraft.
  6. Der Eigentümer Ignaz Dykschak aus Wonsowo erhielt wegen einfachen Diebstahls 1 Tag Gefängnis
  7. In der Privatklage des Eigentümers August Giering zu Chraplewo gegen den Eigentümer Gottlieb Roy aus Neurose und in dessen Widerklage gegen Giering wurde der Kläger mit 5 Mk. und der Beklagte mit 10 Mk. bestraft. Außerdem wurde jeder Partei die Publikationsbefugnis zugesprochen. Die Gerichtskosten tragen beide je zur Hälfte
  8. In der Privatklage des Eigentümers Hermann Fischer zu Alt Borui gegen den Eigentümer Paul Stegemann zu Königsfelde wurde auf die erhobene Widerklage des Beklagten der Kläger in einem Falle freigesprochen, in einem zweiten jedoch mit 6 Mk. bestraft. Der Beklagte wurde dagegen freigesprochen
  9. In der Privatklage des Eigentümers Gustav Rausch zu Paprotsch gegen den Bahnarbeiter Otto Raschke zu Neutomischel wurde der Beklagte auf erhobene Gegenklage zwar für straffrei erklärt, ihm aber die Kosten auferlegt
  10. In der Privatklagesache des Eigentümers Seiffert zu Scherlanke gegen den Eigentümer August Hecke ebenda wurde der Beklagte freigesprochen und dem Kläger die Kosten zur Last gelegt
  11. Die seitens der Eigentümerfrau Kuß anhängig gemachte Klage gegen die Eigentümerfrau Fenske, beide aus Königsfelde, wurde abgewiesen
  12. Die Privatklage des Eigentümers Gebauer-Schichagora gegen Christian Kaleske-Paprotsch endete mit dem Freispruch des letzteren
  13. Der Schuhmacher Martin Stoinski in Wonsowo wurde mit seiner Anklage gegen Fornalla ebenda abgewiesen
  14. In der Privatklage des Eigentümers Hermann Lukas in Albertoske gegen die Ausgedingerin Wilhelmine Hämmerling ebenda wurde letztere wegen Mißhandlung mit 6 Mark bestraft
  15. Die von dem Schneidermeister Reinhold Hecke von hier erhobene Privatklage gegen die Schneiderin Marie Ei aus Friedenwalde wurde in der Weise erledigt, daß ersterer die Klage zurückzieht, während letztere die Kosten übernimmt

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Schöffengerichtssitzung vom 10. Oktober 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Bäckermeister Liepelt von hier und Eigentümer Dienegott Kurz aus Paprotsch

Es kam folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Stellmachermeister Berthold Fiege aus Scherlanke war wegen Bedrohung, Widerstandes gegen die Staatsgewalt und wegen groben Unfugs angeklagt. Fiege wurde von dem ersteren Vergehen freigesprochen, wegen des von ihm geleisteten Widerstandes und des verübten Unfugs aber mit 2 Tagen Haft bestraft
  2. Der Vogt Gottlieb Seiffert aus Chraplewo war der Körperverletzung und Beleidigung angeklagt. Er wurde wegen des ersten Vergehens mit 5 Mk. bestraft, wegen Beleidigung dagegen freigesprochen
  3. Die Arbeiterin Victoria Haynaczka von hier erhielt wegen Diebstahls 1 Tag Gefängnis
  4. Der Fleisermstr. Valentin Chuasinski aus Bukowiec hatte sich einer Körperverletzung schuldig gemacht und soll dafür 3 Mk. bezahlen
  5. Die fünf Angeklagten Katharina Napirei, Dorothea Dürhan, Helena Grayna, Helena Lodigga und Franziska Napiralla, sämtlich aus Bolewitz, hatten je einen Strafbefehl in Höhe von Mk. 7,50 wegen Beerensuchens in der Kgl. Forst erhalten und Einspruch gegen dieses Strafmaß erhoben. In Ansehung der bisherigen Unbescholtenheit und der Jugend der Angeklagten wurde die Strafe auf je 1 Mk. ermäßigt.
  6. Der Arbeiter Franz Prczyl und dessen Ehefrau Katharina, beide aus Bukowiec, hatten sich wegen Hausfriedensbruches, Bedrohung und Beleidigung zu verantworten. Der Mann wurde von der Anklage der Bedrohung freigesprochen, wegen Hausfriedensbruches und Beleidigung dagegen zu 40 Mk. Geldstrafe verurteilt; der Ehefrau wurde wegen Beleidigung eine solche in Höhe von 10 Mk. auferlegt.
  7. Der Eigentümer Wilhelm Klemke aus Neuborui war der Körperverletzung bezichtigt, er wurde jedoch freigesprochen
  8. In der Privatklagesache der Ausgedingerin Kwasiniewska zu Alttomischel gegen den Eigentümer Nikolaus Kucz ebenda wegen Beleidigung übernahm der Beklagte die Kosten. Das Verfahren wurde eingestellt. – Die noch anstehenden letzten beiden Privatklagen wurden vertagt

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Schöffengerichtssitzung vom 24. Oktober 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Berthold Roy-Glinau und Reschke-Scharke

Es kamen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Arbeiter Johann Kuß aus Friedenau und dessen Sohn August, zur Zeit in Essen, waren der gemeinschaftlichen Körperverletzung und des Hausfriedensbruches angeklagt. Von dem ersteren Vergehen wurden die Angeklagten freigesprochen, wegen gemeinschaftlichen Hausfriedensbruches aber mit je einer Woche Gefängnis bestraft
  2. Gegen die Eigentümerstochter Franziska Weber aus Königsfelde war ein Strafbefehl in Höhe von 2 Mk erlassen worden, gegen welchen sie Einspruch erhob. Sie wurde freigesprochen
  3. Der Eigentümer Michael Talinski aus Bukowiec hatte wegen eines Strafbefehls von 5 Mk. richterliche Entscheidung angerufen. Nach Lage der Sache beantragte der Herr Amtsanwalt Freisprechung, nach welchem Antrage auch das Gericht erkannt.
  4. In der Privatklagesache des Ausgedingers Moczyjewski zu Witomischel gegen den Eigentümer Joseph Hoffmann ebenda wurde letzerer mit 10 Mk. bestraft.
  5. In der Privatklage des Maczyjewicz gegen denselben Angeklagten erhielt er eine weitere Geldstrafe von 5 Mk. auferlegt. – Die ferner noch anstehenden Privatklagesachen wurden vertagt

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Schöffengerichtssitzung vom 07. November 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Saegner-Sempolno und Gebauer-Scherlanke

Es wurde folgende Sachen verhandelt:

  1. Die Arbeiterin Anna Slatala aus Schweidnitz war angeklagt, in Friedenwalde Diebstähle verübt und gewerbsmäßige Unzucht getrieben zu haben. Die Angeklagte wurde von beiden ihr zur Last gelegten Vergehen freigesprochen
  2. Der Arbeiter Johann Weimann, dessen Ehefrau Bronislawa, aus Bolewitz, sowie deren z. Zt. auf auswärtiger Arbeit befindliche Tochter Katharina waren sämtlich des Arrestbruches angeklagt. Die Eltern erhielten je 3 Tage und die Tochter 1 Tag Gefängnis
  3. Der Eigentümer Robert Beitsch aus Schichagora wurde wegen Widerstandes gegen einen Forstbeamten mit einer Woche Gefängnis bestraft. In derselben Sache erhielt der Eigentümer Reinhold Schmeiß ebenda wegen Beleidigung 3 Mk. Geldstrafe
  4. Der Knecht Karl Hildebrandt aus Paprotsch war wegen Bedrohung von Kindern mit einem Tesching angeklagt. Er wurde freigesprochen.
  5. Der Maler Heinrich Linke aus Altborui wurde wegen Widerstandes gegen einen Vollziehungsbeamten mit 2 Wochen Gefängnis bestraft
  6. Das Dienstmädchen Emma Schmidt aus Paprotsch wurde wegen Mißhandlung einer Kollegin zu 5 Mk. Geldstrafe verurteilt
  7. Der Eigentümer Robert Beitsch aus Schichagora wurde wegen Jagdvergehens mit 30 Mk. und Konfiskation des Gewehres bestraft, während der Eigentümer Reinhold Schmeiß ebenda wegen Beihilfe mit 10 Mk. davonkam.
  8. Der Knecht Wilhelm Bernhard aus Glinau erhielt wegen Diebstahls einen Verweis
  9. Die Arbeitersfrau Marianna Smenta aus Bolewitz war der Bedrohung und des Steinewerfens auf Menschen angeklagt. Sie wurde von der Bedrohung freigesprochen, wegen letzteren Vergehens dagegen mit 5 Mk. bestraft.
  10. Die Musikerfrau Valentina Adler, z. Zt. in Grätz in Haft, wurde wegen Entwendung von 100 Mk. und Kleidungsstücken mit 3 Monaten Gefängnis bestraft.
  11. Die Privatklage des Fleischermeisters Max Krajewicz aus Neustadt b. Pinne gegen den Fleischermeister Michael Franzkowski aus Wonsowo wurde kostenpflichtig abgewiesen
  12. In der Privatklage des Arbeiters Franz Forhalak aus Wonsowo gegen die Arbeiterin Koza ebenda wegen Beleidigung wurde die Beklagte mit 5 Mk. bestraft
  13. und
  14. Die Privatklagesache Röschke gegen Berta Happe wurde vertagt, diejenige des Privatklägers Bläsing gegen Deutschmann zu Neuborui dagegen zurückgenommen

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Schöffengerichtssitzung vom 28. November 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr SteinkeBukowiec und Herr Heinrich-Sontop.

Es wurde folgende Sachen verhandelt:

  1. Der Arbeiter Karl Rosenthal aus Glinau wurde wegen Mißhandlung mit 10 Mark bestraft.
  2. Traugott Wolke aus Altborui wurde wegen Beleidigung mit 5 Mark und wegen Mißhandlung mit 15 Mark bestraft.
  3. Valentin Koza, dessen Ehefrau Agathe Koza, Joseph Bartkowiak, Prentki und Kasmars, sämtlich aus Neudombrowo, wurden ersterer wegen Hehlerei mit einer Woche, dessen Ehefrau mit drei Tagen, Joseph Bartkowiak wegen Diebstahls mit einer Woche, Prentki wegen Hehlerei mit drei Tagen bestraft, während Kasmars freigesprochen wurde
  4. Der Eigentümer Woyczich aus Wonsowo wurde wegen Mißhandlung mit 15 Mark bestraft
  5. Die Arbeiterin Marianna Piontkowski aus Bukowiec wurde wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt mit 10 Mark bestraft, von der Anklage der Beleidigung aber freigesprochen
  6. Der Eigentümer Joseph Sczaratta aus Krummwalde wurde wegen Beleidigung des Gerichtsvollziehers Manzke mit 30 Mark bestaft
  7. Der Töpfergeselle Andreas Bittner wurde wegen Mißhandlung mit 1 Woche Gefängnis bestraft
  8. Der Arbeiter Andreas Gustinski aus Neustadt b. P. erhielt wegen Bedrohung 3 Tage Gefängnis
  9. In der Privatklagesache des Arbeiters Bochniak aus Rose gegen die Frau Mania wurde letztere wegen Beleidigung mit 20 Mark bestraft
  10. Die Privatklage des Handelsmanns Koza gegen den Schmiedemeister Schulz aus Bukowiec endete damit, daß letzterer wegen Mißhandlung mit 6 Mark bestraft wurde
  11. Die Privatklage des Fleischermeisters Reinhold Janott zu Kirchplatz gegen den Stellmachermstr. Gedrange in Alt-Borui wegen Beleidigung wurde durch Vergleich erledigt
  12. In der Privatklagesache des Bureauvorstehers Theodor Wedde von hier gegen einen hiesigen Hotelbesitzer (wiederum wurde der Name nicht genannt), wurde letzerer mit 40 Mark bestaft
  13. In der Privatklage des Eigentümers Hunold gegen die Einwohnerfrau Kurz wurde der Kläger mit seiner Klage abgewiesen

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Schöffengerichtssitzung vom 19. Dezember 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr August Roy-Paprotsch und Herr Gottlieb Foerster-Konkolewo

Es kamen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Gegen Hermann Pfeiffer, Dienegott Pfeiffer und Martha Seide waren Strafbefehle in Höhe von je 2 Mark erlassen worde, weil sie über das Grundstück des Eigentümers Siegismund in Altscharke gegangen waren. Sie hatten gegen die Strafbefehle Berufung eingelegt und erzielten ihre Freisprechung, da sich herausstellte, daß sie zum Betreten des Grundstücks berechtigt waren
  2. Der Ausgedinger Noawaczyk aus Wonsowo wurde wegen Körperverletzung mit 30 Mark bestraft
  3. Der Eigentümer Wladislaus Dyderski aus Krummwalde hatte gegen einen Strafbefehl in Höhe von 2 Mark Einspruch erhoben, den er heute zurückzog
  4. Der Maurer August Nowitzki in Witomischel erhielt wegen Diebstahls drei Tage Gefängnis
  5. Wegen nächtlicher Ruhestörung wurde Johann Kaczmarek aus Bukowiec mit 30 Mark bestraft.
  6. Die Eigentümerfrau Wilhelmine Paeschke aus Blake wurde wegen Diebstahls zu drei Tagen Gefängnis verurteilt
  7. Der Arbeiter Heinrich Skala aus Altborui war des Diebstahls angeklagt, er wurde aber freigesprochen
  8. Die Privatklagesache des Bauunternehmers Reinhold Paeschke aus Blake gegen den Eigentümer Heckert wurde durch Vergleich erledigt
  9. Ebenfalls durch Vergleich endete die Privatklage des Gastwirts Jäger in Bobrowke gegen den Hilfsbahnwärter Nimmsch in Bentschen

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1906 / Ausgaben Juli-Dezember

Nachruf für Julius Markendorff – verstorben 1907 in Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Juden,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Julius Markendorff [318]

Julius Markendorff

Am vergangenen Mittwoch, 03. April 1907, wurde einer der ältesten Bürger unserer Stadt, der Glaser- und Schneidemeister J. Markendorff, der an Altersschwäche in einem Posener Krankenhause verstorben ist, zur letzten Ruhe bestattet.

Der Verewigte, welcher ein Alter von 86 Jahren erreicht hat, war das älteste Mitglied der hiesigen Synagogen-Gemeinde, er gehörte auch bis zu seinem Lebensende mit zur Schützengilde und zur Schneider-Innung, welche Vereinigungen in corpore dem Dahingeschiedenen unter Vorantritt der Stadtkapelle die letzte Ehre erwiesen

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Julius Markendorf – geboren ca. 1821 – verstorben April 1907

war verehelicht mit Röschen geb. Bonn – geboren ca 1820 zu Grätz – verstorben im Januar 1891 zu Neutomischel

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1907

Der Mord an der Familie Greiser / 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bomst - Wiebelshof / Ausschnitt Messtischblatt 3860 - http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [319]

Bomst – Wiebelshof / Ausschnitt Messtischblatt 3860 – http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Nachstehend folgt in chronologischer Reihenfolge die Berichterstattung der Presse hinsichtlich der Ermittlungen zur Aufklärung der Ermordung der Familie Greiser aus Wiebelshof, welche sich über die Jahre 1906 bis 1907 erstreckte.

Letztlich wurde der ermittelte Täter zum Tode verurteilt

1906-04-03 Neutomischeler Kreisblatt

Der 74 Jahre (?) alte Viehfütterer Greiser, seine Frau und Tochter wurden am Sonntag früh mit durchschnittenem Halse in ihrer Wohnung vorgefunden. Die Tochter gab noch Lebenszeichen von sich und konnte mitteilen, daß Zigeuner die Schreckenstat verübt haben. Bald darauf verstarb auch sie. Gestern wurden acht Zigeuner verhaftet und ins hiesige Gefängnis (Unruhstadt)  eingeliefert.

1906-04-06 Neutomischeler Kreisblatt

Zu dem in der Nacht vom 31. März zum 1. April auf dem Vorwerk „Wiebelshof“ bei Bomst verübten Raubmord, über den wir bereits in letzter Nummer kurz berichtet haben, werden noch folgende Einzelheiten gemeldet:

Wiebelshof liegt mitten im Walde, so daß ein Fremder den Weg dorthin kaum finden kann. Es ist ein Nebenvorwerk, auf welchem etwa 30 Stück Vieh gehalten werden. Der Kutscher eines Schlempewagens entdeckte am Sonntag vormittag als erster die Tat. Der Anblick, der sich im bot, war entsetzlich. Der Kopf des ermordeten Viehfütterers Greiser hing aus dem Bett heraus und die Frau lag erschlagen im Bett. Die Kleidungsstücke lagen verstreut in der Stube.

Der Kutscher lief aus dem Hause, um die Tochter zu suchen, und fand sie hinter der Scheune liegend mit schweren Kopfwunden, aber noch lebend vor. Die Schwerverletzte fand Aufnahme im Krankenhaus zu Bomst, wo sie ihren schweren Verletzungen erlegen ist, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben.

Die Staatsanwaltschaft traf sofort am Tatorte ein. Da Zigeuner sich hier in der Nähe aufhielten, wurde sofort nach ihnen gefahndet und mehrere von ihnen in Haft genommen. Doch zweifelt man daran, daß die Zigeuner die Tat begangen haben. In der Wohnung wurden von den untersuchenden Beamten größere Geldbeträge gefunden, doch werden etwa 500 Mark vermißt, die Greiser kurz vorher aus einem Viehverkauf erhalten hatte.

Die Tat scheint gegen Morgen verübt zu sein, da eine Futterkrippe schon gereinigt war, während sich in den andern noch Futterreste befanden. Eine Axt ohne Stiel und zwei Beile wurden aufgefunden und beschlagnahmt. Der 82 Jahre alte Viehfütterer Greiser war seit einem Jahre bettlägerig. Er hatte mit seiner 81 jährigen Frau vor kurzem noch die goldene Hochzeit gefeiert und war über 60 Jahre im Dienste. Die Arbeiten wurden von der etwa 44 Jahre alten Tochter ausgeführt.

Inzwischen wird gemeldet, daß die in Unruhstadt verhafteten Zigeuner wieder auf freiem Fuß gesetzt sind, da sich der Verdacht ihrer Täterschaft nicht bestätigt hat. Mit dem Tode der Tochter hat sich der Mund der einzigen Zeugin der schrecklichen Bluttat geschlossen. Tief erschüttert stehen die Bewohner von Bomst und Umgegend vor diesem furchbaren Verbrechen, dieser entmenschten Tat, der drei Menschenleben zum Opfer gefallen sind. Die Greisers waren brave, ehrenhafte Leute, die allgemein geachtet waren. Hoffentlich gelingt es den eifrigste betriebenen Nachforschungen sämtlicher dabei inbetracht kommender Organe, den oder die Täter ausfindig zu machen, damit das furchtbare Verbrechen seine Sühne erhalte.

1906-04-10 Neutomischeler Kreisblatt

Am Donnerstag fand unter großer Beteiligung auf dem evangelischen Friedhof (zu Bomst) die Beerdigung der drei in Wiebelshof Ermordeten statt.

Auf Ermittelung des Täters hat der Erste Staatsanwalt in Meseritz eine Belohnung von 1000 Mk. ausgesetzt. – Den „Züll. Nachr.“ wird aus Unruhstadt mitgeteilt, daß in Karge ein Verwandter der ermordeten Familie, ein Arbeiter B., der einige Tage zuvor bei ihr auf Besuch war, in Untersuchungshaft genommen worden ist.

1906-04-18 Neutomischeler Kreisblatt

Der in Haft genommene Kitschmann ist aus der Haft wieder entlassen worden. Aus Berlin ist ein Kriminalbeamter hier eingetroffen und hat die Leitung der Nachforschungen in die Hand genommen.

1906-04-24 Neutomischeler Kreisblatt

Tausend Mark Belohnung werden demjenigen von der Königl. Staatsanwaltschaft in Meseritz zugesprochen, der den Täter nachweist, der die Eheleute Greiser und ihre Tochter am 1. April d. J. in Wiebelshof bei Bomst ermordet hat.

1906-04-27 Neutomischeler Kreisblatt

In der Greiser’schen Mordsache ist nach dem „Schw. Intbl.“ ein zweiter Kriminalbeamter hier eingetroffen, auch der Staatsanwalt weilte wieder hier.

Der Kutscher Piontek, welcher den Mord zuerst bemerkte, wurde verhaftet, mußte aber wieder entlassen werden.

1906-05-01 Neutomischeler Kreisblatt

Der Mörder der Geiser’schen Eheleute und deren Tochter ist noch immer nicht entdeckt.

Auch schwindet immer mehr die Hoffnung, des Täters habhaft zu werden. Das Sparkassenbuch ist in einem Bett eingenäht, aufgefunden worden. Das Publikum wird wiederholt und dringend gebeten, alles was auf diese Angelegenheit bezug hat, der Behörde mitzuteilen. Auch die anscheinend geringfügigsten Umstände können von großer Wichtigkeit sein.

1906-05-08 Neutomischeler Kreisblatt

Ueber den Mord an der Familie Greiser liegt noch immer ein undurchdringliches Dunkel, denn auch die zuletzt verbreitete Nachricht von der Verhaftung eines Sohnes der ermordeten Eheleute ist unzutreffend.

Außer dieser Freveltat sind in unserer Gegend in den letzten Jahren die Morde an folgenden Personen ungesühnt geblieben: Fleischer Franke in Bentschen, Fleischer Schulz in Topper, Forstgehilfe Rau in Bolewitz und Eigentümer Sperling in Wengielno

1906-05-25 Neutomischeler Kreisblatt

In der Greiser’schen Mordsache stellt jetzt die Staatsanwaltschaft Nachforschungen nach einem Radfahrer an, der am Sonntag, dem 1. April, früh 3/4 6 Uhr, auf der Chaussee Bomst-Unruhstadt gesehen worden ist und nach Unruhstadt zu fuhr. Dieser Radfahrer ist wahrscheinlich als Zeuge sehr wichtig und möge sich bei der nächsten Polizeibehörde melden. Ebenso wünschenswert sind genaue Angaben über seine Person, sein Aussehen usw. von solchen Leuten, die ihn damals gesehen haben.

1906-06-06 Neutomischeler Kreisblatt

Einem Bericht des „Schw. Intbl.“ zufolge haben die beiden Kriminalbeamten, ein Posener und ein Berliner, welche in der Wiebelshofer Mordsache tätig waren, nicht den geringsten Anhalt über die Person des Mörders entdecken können. Besonders erschwert wurde die Untersuchung dadurch, daß die Mordtat sich in einem drei Kilometer von der Landstraße abseits gelegenen Hause zugetragen hat.

1906-10-30 Neutomischeler Kreisblatt

1000 Mark Belohnung. In der Ermittelungssache betr. Ermordung der Eheleute Greiser und deren Tochter in der Nähe von Unruhstadt wird nochmals darauf hingewiesen, daß hierbei eine besonders große silberne Spindeluhr mit stark gewölbtem Glase geraubt worden ist. Die Uhr war vorn zu öffnen; der kleine Zeiger war zur Hälfte abgebrochen, die Oeffnung zum Aufziehen befand sich auf dem Zifferblatt, das Werk war innen mit Arabesken verziert und mit der Jahreszahl 1797 oder 1779 versehen. Es ist eine Belohnung von 1000 Mark ausgesetzt. Benachrichtigungen an die Staatsanwaltschaft Meseritz oder das Polizeipräsidium Posen erbeten.

1907-02-19 Neutomischeler Kreisblatt

Mörder gefaßt. Der Arbeiter Johann Koschitzki aus Schloßvorwerk hat am Freitag eingestanden, mit dem Arbeiter Franz Porawski aus Bomst den Mord an der Greiser’schen Familie in Wiebelshof verübt zu haben. Nach dem Geständnis des Koschitzki hat sich der Vorgang in Wiebelshof wie folgt abgespielt.

In der Nacht vom 1. April 1906 begaben sich Koschitzki und der Arbeiter Porawski, die beide ein Zeit lang in Wiebelshof auf Arbeit waren, von Bomst nach Wiebelshof. Dort kamen sie kurz vor 2 Uhr nachts an. Da sie mit den örtlichen Verhältnissen auf dem Gute genau vertraut waren, gelang es ihnen, ohne die Greiser’schen Eheleute aus dem Schlafe zu stören, die Tochter zu wecken. Auf Grund ihres ungewöhnlichen Erscheinens führten sie an, sie wollten noch das Vieh füttern, das am nächsten Morgen forttransportiert werden sollte. Die Tochter, für die der Vorgang nichts Befremdendes zu haben schien, führte die beiden auf ihr Verlangen nach dem Stalle. Während Koschitzki mit ihr im Stalle verblieb und mit der Fütterung beschäftigt war, wußte sich Porawski unauffällig in das Schlafgemach der beiden Eheleute zu begeben. Mit einer Axt, deren Standort er kannte, erschlug er zunächst den Ehemann, alsdann die Ehefrau, die infolge ihrer Schwerhörigkeit von dem ganzen Mordvorgange nicht das Mindeste vernommen hatte. Inzwischen war auch die Tochter mit einem Eggenrechen von Koschitzki erschlagen worden. Die Leiche wurde am nächsten Morgen an der Rückseite des Stalles gefunden. Auf Grund der Aussage des Koschitzki wurde der Mörder Porawski alsbald verhaftet und in das Untersuchungsgefängniß in Meseritz überführt. Hier legte er, wie das Wollsteiner Tageblatt berichtet, freimütig ein volles Geständnis ab, das sich mit dem seines Mordkomplicen deckt.

1907-02-21 Volksstimme Magdeburg

Die Taten zweier Mörder

Der Arbeiter Koschitzki aus Neukramzig im Posenschen wurde vor kurzem verhaftet, weil er dort an dem Knecht Andrys einen Raubmord begangen habe. Diese Tage hat Koschitzki eingestanden.

Desgleichen hat er nunmehr auch eingestanden, die Familie Greiser in Wiebelshof in Gemeinschaft mit dem Arbeiter v. Kurawski ermordet zu haben.

V. Kurawski ist sofort verhaftet worden und hat die Tat ebenfalls eingestanden. Beide haben sich nachts gegen 2 Uhr in die Greiser’schen Wirtschaft begeben und die Tochter geweckt unter dem Vorgeben, das Vieh, das am andern Morgen verladen werden sollte, noch füttern zu wollen. Fräulein Greiser ging mit den beiden nach dem Stall, von wo sich von Kurawski unauffällig nach der Schlafstube der Greiser’schen Eheleute entfernte. Diese lagen im tiefsten Schafe und wurden währenddesssen von Kurawski mit einer Axt erschlagen. Inzwischen tötete Koschitzki im Stalle die Tochter, indem er ihr mit einem Rechen den Schädel einschlug. Dem Koschitzki werden noch weitere Mordtaten zur Last gelegt.

1907-02-22 Neutomischeler Kreisblatt

Mit der Ergreifung der Mörder des Greiser’schen Ehepaares ist die Bevölkerung der Umgegend des Tatortes von einem schweren Druck befreit worden; waren doch außer einigen Zigeunern, die sich zufällig in der Gegend befanden und deren Unschuld sich bald herausstellte, auch mehrere andere Leute in schweren Verdacht gekommen, die Mordtat begangen zu haben. Besonders bemerkenswert und von einiger kriminal-psychologischer Bedeutung ist die Tatsache, daß Koschitzki, als zur Klärung des Mordes Beamte der Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft in Bomst anwesend waren, Koschitzki diese selbst nach Wiebelshof fuhr und seine „Vermutungen“ bezüglich der Täterschaft den Beamten gegenüber wiederholt Ausdruck gab.

1907-02-25 Lübecker Volksbote

Ein dreifacher Raubmord, der im April vorigen Jahres in dem märkischen Dorfe Wiebelshof bei Züllichau verübt worden ist, hat jetzt endlich seine Aufklärung gefunden.

Vor einiger Zeit wurde der Arbeiter Johann Kosicki in Bomst unter dem dringenden Verdacht verhaftet, vor anderthalb Jahren den Knecht Andries aus dem Schloßvorwerk bei Bomst ermordet zu haben, was der Verhaftete auch eingestand. Die Staatsanwaltschaft stellte nunmehr fest, daß der Mörder sich im Frühjahr 1906 auch in der Gegend von Züllichau aufgehalten hatte. Es wurde ihm auf den Kopf zugesagt, daß  er damals das Greiser’sche Ehepaar und deren Tochter in Wiebelshof ermordete. Kosicki legte denn auch nach anfänglichem Leugnen eine Geständnis ab. Der vierfache Mörder, der sich zurzeit im Untersuchungsgefängnis in Meseritz befindet, war damals als Aushilfsarbeiter bei Greiser beschäftigt gewesen.

1907-04-16 Neutomischeler Kreisblatt

Am ersten Tage der mit dem 15. April begonnenen Schwurgerichtsperiode hat die Verhandlung gegen den Knecht Koschitzki aus Schloßvorwerk bei Bomst wegen Ermordung des Knechtes Andrys zu Neukramzig, begangen am 2. Juli 1905, stattgefunden. Die Verhandlung gegen Koschitzki und seine Mittäter wegen des dreifachen Greiser’schen Mordes wird das Schwurgericht erst im Juli beschäftigen. Die nach Koschitzkis Verhaftung aufgetauchten Gerüchte, er habe außer den vier erwähnten Morden noch andere auf dem Gewissen, entbehren jeder Grundlage. Besonders bestimmt war behauptet worden, daß Koschitzki vor etwa 12 Jahren den Fleischermeister Franke in Bentschen erschossen hätte. Nachforschungen haben aber ergeben, daß Koschitzki zur Zeit des Mordes Soldat war, als Täter also nicht in Frage kommen kann. – Bei der Verhandlung vor dem Schwurgericht hat Koschitzki eingeräumt, seinen Mitknecht Andrys im Streit erschlagen und den Körper in einer nahen Kalkgrube verscharrt zu haben. Die Geschworenen sprachen ihn des Todschlags schuldig, worauf der Angeklagte zu 10 Jahren 6 Monaten Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt wurde.

1907-07-08 Neutomischeler Kreisblatt

Vor dem hiesigen (Meseritz) begann am Donnerstag (04. Juli 1907) die Verhandlung in dem Raubmordprozeß gegen den Knecht Johann Kosicki, sowie den Arbeiter Franz Porawski aus Schloßvorwerk bei Bomst. Die Angeklagten waren beschuldigt, am 1. April 1906 in Wiebelshof das im Greisenalter stehende Ehepaar Greiser, sowie deren 43 jährige Tochter Luise gemeinschaftlich ermordet und beraubt zu haben.

Der Angeklagte Kosicki, der den für verschwunden gehaltenen Mitknecht Andrys zu Neukramzig am 2. Juli 1905 erschlagen hatte, erklärt auf die Frage des Vorsitzenden, ob er sich des Mordes schuldig bekenne: Aber nur an der Luise Greiser, die andern habe ich nicht angerichtet.

Vors.: Nun schildern Sie uns ausführlich den ganzen Hergang. – Angekl. Kosicki: Es war am 31. März, abends gegen 11 Uhr, als ich dem Angeklagten Porawski in der sogenannten „Aepfelallee“ begegnete. P. machte nun dem K. den Vorschlag, sich mit nach dem 2 1/2 Kilometer entfernten Wiebelshof zu geben, um die Luise Greiser aufzusuchen, deren Eltern zu berauben und damit nichts herauskomme, alle drei zu erschlagen. In der Nacht zogen dann die beiden nach dem Hause hin, nachdem sie sich noch mit Stöcken bewaffnet hatten, um den Hund abzuwehren. Nachts 2 Uhr langten sie vor dem Greiser’schen Hause an. Dann schlichen sich die beiden an das Haus heran und klopften an das Fenster der Luise. Diese erwachte und fragte, was los sei. Die beiden Angeklagten haben ihr geantwortet, sie wollten das Vieh, welches am andern Morgen verkauft werden wollte, füttern und putzen. Der ebenfalls aufgewachte Vater gebot aber der Luise, sich wieder zu Bett zu legen. Die beiden Angeklagten schlugen nun, wie Kosicki weiter berichtet, einen anderen Wege ein, um das Mädchen aus dem Hause zu locken. Sie riefen dreimal laut den Namen eines ebenfalls auf dem Vorwerke arbeitenden Knechtes, Lehmann, der im Greiser’schen Hause sehr gut bekannt war. Das Mädchen ließ sich wirklich betören und kam aus dem Hause heraus. Porawski sei auf sie losgegangen. Als das Mädchen aber schrie, ließ er von ihm ab. Das Mädchen suchte nun im Garten umher, wo sie den Lehmann vermutete. Porawski habe nun den Kosicki aufgefordert, er solle die beiden alten Leute totschlagen, während er selbst das Mädchen antraf, mit dem er sich in ein Gespräch einließ. Inzwischen sei Porawski in das Haus gegangen und habe dort die beiden Eheleute ermordet. Dann sei er herausgekommen und habe dem Kosicki ein Zeichen gegeben, die Luise Greiser niederzuschlagen. Er habe ihr darauf mit seinem Stocke ein paar Hiebe auf den Hinterkopf gegeben, so daß sie lautlos zu Boden fiel.

Es wird dann der zweite Angeklagte Franz Porawski vernommen, der im Gegensatz zu Kosicki noch unbescholten ist. Er erklärte auf Befragen, er sei unschuldig. Alles, was Kosicki gesagt habe, seien gemeine Lügen. Er sei bei dem Morden nicht beteiligt. Auf Befragen des Vorsitzenden gibt er an, daß er die Luise Greiser am Abend vor dem Morde getroffen habe. Er sei aber dann nach Hause gegangen und habe dort die ganze Nacht geschlafen, bis er früh geweckt wurde. Er sei nicht mit dem Kosicki fortgewesen. – Kosicki: Jawohl, er war mit mir dabei und hat alles getan, was ich erzählt habe. – Porawski bestreitet wiederum erregt jede Schuld. Damit ist die Vernehmung der beiden Angeklagten beendet.

Im weiteren Verlaufe wurde festgestellt, daß der Angeklagte Porawski, obgleich er verheiratet war, noch mit anderen Frauen und Mädchen verkehrte. Er muß auch zugeben, daß er mit der Luise Greiser Umgang hatte, wenn auch nicht in der allerletzten Zeit. Es wurde dann in die Vernehmung der 50 Zeugen eingetreten.

Der Pferdeknecht Piontyseck kam als erster nach der Mordtat in das Greiser’sche Haus. Er bekundet: Die Greiser’schen Eheleute waren schon völlig tot. Die Luise Greiser stöhnte noch leise. – Zeuge Rittergutspächter Jesse gibt an, daß Porawski sieben bis acht Jahre bei ihm beschäftigt war, Kosicki aber erst kurze Zeit. Es sei unter den Leuten bekannt gewesen, daß die Greiser’schen Eheleute Geld im Hause hatten. Porawski sei in der ersten Zeit ein guter Arbeiter gewesen. In den letzten Monaten sei er aber recht niederträchtig gewesen und habe den Zeugen in der unverschämtesten Weise belogen. Dem Kosicki kann der Zeuge nichts Böses nachsagen. Er würde ihn eines Mordes nicht für fähig halten. Vors.: Er hat Ihnen als erstem ein Geständnis abgelegt? – Zeuge: Ja, ich sagt zu ihm: Wenn Sie die Courage gehabt haben, einen Mord zu verüben, dann müsse Sie auch den Mut haben, die Tat einzugestehen, Sie erleichtern dann nur Ihr Gewissen. Er fing dann an zu weinen und gestand alles ein. – Staatsanwalt: Sie sollen einmal gesagt haben: Wenn ich einmal ermordet werde, dann sperrt nur den Porawski ein; dem Menschen traue ich alles zu. – Zeuge: Ja, das habe ich gesagt. – Staatsanw.: Wie benahm sich P., als er die Kunde von dem Morde vernahm?.- Zeuge: Als ich ihm davon erzählte, wurde er leichenblaß und sagte kein Wort. Er schüttelte nur mit dem Kopfe. – Staatsanwalt: Welcher von den beiden Angeklagten ist wohl der intelligentere? Wem können Sie wohl die Fassung des Mordplanes zutrauen? – Zeuge: Ich halte den Porawski für den intelligenteren. – Darauf erstattete Sachverständiger Medizinalrat Dr. Brinkmann (Wollstein) sein Gutachten über die Sektion der drei Leichen.

Der Zeuge Schaepe, gegen welchen zur Zeit die Voruntersuchung wegen Beteiligung an dem Morde eingeleitet worden war, wird sein Zusammensein mit Porawski ebenso geschildert, wie es Kosicki schon vorher getan hat. Er behauptete, nicht mit nach Wiebelshof gewesen zu sein, um dort Wache zu stehen. Vereidigt wird dieser Zeuge nicht, da er immer noch der Mittäterschaft verdächtig erscheint. Die Auseinandersetzung einer Klage Schaepes und Porawskis gegen den Knecht Piontysek nahm darauf längere Zeit in Anspruch. Piontysek hatte erzählt, die beiden Kläger seien an dem Morde beteiligt, er hätte dies von Kosicki gehört. Vor dem Schiedsmann leistete er Abbitte, worauf ein Vergleich zu stande kam.

Zeuge Lis, ein Rechtskonsulent aus Bomst, bekundet, daß Porawski ihm gegenüber geäußert habe, er wolle später nach Wiebelshof ziehen, aber so lange die Luise noch da wäre, tue er dies nicht. Auf die Frage des Untersuchungsrichters Förster, ob dem Angeklagten auf dem Wege nach Wiebelshof jemand begegnet sei, erklärt Kosicki, einen Mann mit blanker Zwinge gesehen zu haben. Dies wird auch vom Steueraufseher Ladwig bestätigt, welcher um 1 Uhr nachts die Brennerei zu revidieren hatte. Ladwig hat ganz deutlich zwei Männer erregt sprechen hören, die, als sie ihn gewahr wurden, ihre Unterhaltung im Flüsteron weiter führten. Verstehen konnte er nichts, da sie polnisch sprachen. Vom Schwiegervater des Porawski wird die schon von seiner Ehefrau gemacht Aussage bestätigt, daß P. früh, als er geweckt wurde, im Bette an der Tür lag. Die weiteren Aussagen der Frauen der beiden Angeklagten sind nicht von Belang.

Nachdem die Zeugenaussagen zu Ende geführt waren, wurden die den Geschworenen vorzulegenden Fragen festgestellt. Staatsanwalt Dr. Siebert führte die Anklagerede. Er schenkt Kosickis Aussagen vollen Glauben, doch könne allein auf das Geständnis eines Mörders hin Porawski nicht verurteilt werden. Die für P. ins Gewicht fallende Belastung sei die Begegnung mit dem Steueraufseher; es müssen zwei Personen an dem Morde beteiligt gewesen sein. Kosickis Aussagen ist auch schon deshalb Glauben zu schenken, weil er sich nie widersprochen oder verwickelt hat, ein Mann von so geringer Geistesbildung wie Kosicki wäre dessen nicht fähig. Warum verteidigte sich P. bei einer so schweren Anklage nicht mehr, er antwortete fast nur immer mit den Worten: Ich weiß es nicht. Am Ende seiner Rede beantragte Dr. Siebert beide Angeklagte des Mordes schuldig zu sprechen.

K’s Verteidiger stellte darauf diesen nur als den Verführten hin, seine ganze Handlungsweise stand unter der suggestiven Gewalt des P. Er beantragte, den K. nur wegen Raubes und tödlicher Körperverletzung zu verurteilen. – Der Verteidiger des P. erklärte das Geständnis des K. einfach als nicht glaubwürdig. Einem Mann, der schon einen Totschlag verübt, könne man doch unmöglich Glauben schenken. Kosicki wolle damit nur ein milderes Urteil für sich erzwingen. Der Verteidiger des P. versuchte alles zu Gunsten seines Klienten zu erklären, er beantragte seine Freisprechung. Staatsanwalt Greffrath äußerte hierauf: Ein so raffinierter Mann wie P. sei ihm in seiner über 20 jährigen Praxis wohl noch nicht vorgekommen, beide wären nach seiner Ueberzeugung wegen Mordes zu verurteilen.

Kosicki bestätigt daraufhin nochmals seine Aussage. Porawski aber erklärt: Ich gebe es nicht zu, weil ich es nicht war. 1 1/2 Stunde nahm die Beratung der Geschworenen in Anspruch, ihr Urteil war: Kosicki ist des Mordes in 3 Fällen und der Unterschlagung schuldig. Porawski aber ist unschuldig.

Während vom Gerichtshof die Strafe festgestellt wurde, drohte die Frau des Kosicki diesem, sein 4 jähriges Söhnchen aber streckt ihm freudig sein Händchen entgegen. Bei diesem Anblick fing K. bitterlich an zu weinen. Die Strafe des Gerichtshofes lautet für Kosicki auf Todesstrafe wegen dreifachen Mordes und auf drei Monate Gefängnis wegen Unterschlagung. Porawski aber wurde freigesprochen und sofort aus der Haft entlassen.

* * *

Am 17. Dezember 1907 um 8:00 Uhr morgens wurde der am 05. Juli 1907 zum Tode verurteilte Pferdeknecht Johann Kosicki (Koschitzki) auf dem Hof des Gerichtsgefängnisses zu Meseritz durch den Scharfrichter Schwietz mit dem Handbeil enthauptet.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1906/1907

Das viel zu kurze Leben der Emma Pawel / 1891-1907

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Kartenausschnitt mit der Strecke Rojewo - Neu Boruy / Messtischblatt 3763 - http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [320]

Kartenausschnitt mit der Strecke Rojewo – Neu Boruy / Messtischblatt 3763 – http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

In den Jahren 1905 und auch 1907 war es noch üblich, dass Kinder in einem Alter von 14 Jahren bis zu mindestens 12 Stunden täglich arbeiten mussten.

Kinderarbeit galt als Segen für die Eltern und war finanziell unabdingbar. Angst um das Wohl und die Gesundheit von Kindern wurde gegen das ureigene Wohl zurückgestellt.

Auch Emma Pawel war ein Kind jener Jahre.

* * *

Das Neutomischeler Kreisblatt berichtete in seiner Ausgabe vom 04. August 1905 über die Geschehnisse wie folgt:

„Aus Rojewo wird dem „Bomster Kreisblatt“ berichtet: Eine geradezu unterhörte Frechheit leistete sich ein Trupp Zigeuner, gegenüber der vierzehnjährigen Tochter eines hiesigen Eigentümers.

Das in Neuborui bedienstete Mädchen war vergangenen Sonntag (30. Juli 1905) bei den Eltern in Rojewo gewesen und hatte des starken Gewitters wegen erst am Montag früh gegen 3 Uhr den Rückweg nach Neuborui angetreten.

Der Sonnenaufgang am Montag, den 31. Juli 1905 war ca. 2 1/2 bis 3 Stunden nach Aufbruch des Mädchens aus dem Elternhause gewesen; sie hatte sich im Dunkeln auf die ca. 10 km lange Strecke durch das bis heute weitesgehenst unbewohnte Waldgebiet auf den Weg gemacht.

An einem Kreuzweg auf der Mitte zwischen Neuborui und Konkolewo begegneten dem Mädchen ca. 6 Zigeunerwagen. Eine Zigeunerin trat unter drohenden Gesten auf das Mädchen zu, welchem in der Angst und Verlegenheit die Sinne schwanden, sodaß es nun mit Leichtigkeit in einen Wagen gehoben und mitgenommen werden konnte.

Als das Mädchen wieder zur Besinnung gekommen war und seine Freilassung verlangte, wurde es zunächst geschlagen und ihm dann angedroht, daß es sofort niedergestoßen würde, sobald es einen Laut von sich gäbe oder einen Fluchtversuch mache. Dieses Drohungen wurden wiederholt, so oft die Truppe ein Dorf passierte, sodaß das geängstigte Mädchen sich zunächst in ihr Schicksal fügte und scheinbar beruhigte.

Als die Zigeuner abends in Wonsowo angekommen und sich, teils um zu stehlen, teils um zu fechten, in das Dorf zerstreut hatten, gelang es dem Mädchen in einem unbewachten Augenblick zu entkommen und in das nächstgelegene Gehöft zu fliehen, woselbst es erschöpft zusammenbrach.

Nachdem es sich erholt und von dem Geschehenen Mitteilung gemacht hatte, wurde es durch einen Wagen der Herrschaft Wonsowo den Eltern in Rojewo wieder zugeführt. Infolge der ausgestandenen Angst und Schrecken befand sich das bedauernswerte Mädchen in einem solchen Zustand, daß es in ärztliche Behandlung gegeben werden mußte.

Die Gendarmerie nahm die Verfolgung der Zigeuner auf, welche sich jedoch rechtzeitig aus dem Staube gemacht hatten.“

* * *

War im Bericht im Jahre 1905 noch kein Name genannt worden, so wurde nur zwei Jahre später, am 30 Juli 1907 folgender Artikel veröffentlicht:

„Die 16 jährige Emma Pawel, die vor zwei Jahren von Zigeunern aus Waldhorst (Rojewo) entführt, ihnen aber in Wonsowo entflohen war, wurde kürzlich auf dem Wege zwischen einer Ziegelei bei Kottbus und der Stadt tot aufgefunden.

Sie war in der Ziegelei bedienstet und besorgte in der Stadt ihre Einkäufe, von wo sie nicht mehr zurückkehrte.

Da man bei ihrem Auffinden kein Geld bei ihr fand und alle Umstände darauf hinweisen, vermutet man Raubmord.“

* * *

Emma Pawel

war am 29 Juni 1891 als Tochter des Eigentümer Ehepaares Johann Wilhelm Friedrich und Johanna Juliane (geb. Lüdke)  Pawel in Rojewo geboren worden.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1905/1907

Orden für die Veteranen – 1899

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Zentenarmedaille - Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Zentenarmedaille [321]

Zentenarmedaille – Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Zentenarmedaille

Aus Anlass des 100. Geburtstages Kaiser Wilhelm I. stiftete sein Enkel Kaiser Wilhelm II. am 22. März 1897 die s. g. Zentenarmedaille.

Sämtlichen Offizieren, Militärbeamten, Unteroffizieren und Mannschaften wurde diese Medaille verliehen, wie auch den noch lebenden Veteranen aus den Kriegen 1848/1849 – Deutsche Revolution, 1864 – Deutsch Dänischer Krieg, 1866 – Deutscher Krieg und 1870/1871– Deutsch Französischer Krieg.

 * * *

Folgende Veteranen können die ihnen Allerhöchst verliehene Kaiser Wilhelm I. Gedächtnis-Medaille in dem Bureau des Landrathsamtes (in Neutomischel) in Empfang nehmen:

1.

Töpfermeister

Faust, Traugott

Neutomischel

2.

Eigentümer

Lecinski, Wawrzyn

Pakoslaw

3.

Häusler und Krämer

Nowak, Paul

Brodki

4.

Stellmacher

Lisinski, Vincent

Brody

5.

Arbeiter

Piechowiak, Simon

Porazyn

6.

Arbeiter

Swinarski, Stanislaus

Porazyn

7.

Arbeiter

Konieczny, Paul

Pakoslaw

8.

Arbeiter

Stawczynski, Lorenz

Brodki

9.

Häusler

Luczak, Woyciech

Brodki

10.

Eigentümer

Mikula, Johann

Brody

11.

Arbeiter

Bienas,Thomas

Jastrzembnik

12.

Arbeiter

Norek, Thomas

Brody

13.

Pens. Landbrieftäger

Lasinski, Anton

Witomischel

14.

Arbeiter

Przybyl, Joseph

Wonsowo

15.

Eigentümer

Engelmann, August

Brody Abbau

16.

Wirth

Jendrzejewski, Franz

Brodki

17.

Wirth

Starczak, Andreas

Grudna

18.

Tischlermeister

Rothe, Heinrich

Konkolewo

19.

Eigentümer

Hecke, Heinrich

Zinskowo

20.

Knecht

Kups, Krysostomus

Alttomischel

21.

Schäfer

Höpfner, Karl

Alttomischel

22.

Arbeiter

Girndt, August

Glinau

23.

Knecht

Nawrocki, Johann

Alttomischel

24.

Arbeiter

Günther, August

Paprotsch

25.

Schneidemühlenverwalter

Coym, Friedrich

Alttomischel

26.

Vogt

Bochinski, Michael

Alttomischel

 

Außerdem haben folgende Veteranen noch die ihnen verliehenen Medaillen abzuholen:

1.

Arbeiter

Szymkowiak, Lukas

Pakoslaw

2.

Diener

Nowak, Michael

Pakoslaw

3.

Arbeiter

Szymczak, Andreas

Michorzewko

4.

Eigentümer

Majewski, Thadeus

Neubolewitz

5.

Eigentümer und Maurer

Funka, Anton

Zgierzynka

6.

Schankwirth

Held, Karl

Komorowo Hauland

7.

Eigentümer

Schanzenbach, Heinrich

Glinau

8.

Häusler

Vogel, Wilhelm

Albertoske

9.

Eigentümer

Pflaum, August

Scherlanke

Die Herren Guts- und Gemeindevorsteher veranlasse ich, die betr. Veteranen hiervon in Kenntniß zu setzen.

Neutomischel, den 27 Dezember 1898

 * * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1899-01-03

Vor 120 Jahren – Unwetter über dem Hauland – Juli 1897

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Alt Tomysl,Chmielinke,Chraplewo,Glinau,Groß Lipke,Hauland,Hopfen,Klein Lipke,Kozielaske,Neu Tomysl,Neufeld,Neustadt bei Pinne,Sontop,Wytomysl / Witomischel | Kommentare sind deaktiviert
Ein Gewitter zieht auf / Bild GT [322]

Ein Gewitter zieht auf / Bild GT

Die Posener Zeitung meldete:

Bald nach Mittag hatten wir heute, am 21. Juli 1897 in Neutomischel ein außerordentlich schweres Gewitter. Blitz auf Blitz folgten sich, so daß einmal in einer Minute 8 Blitze und 8 außerordentlich heftige Donnerschläge gezählt werden konnten. Dazu fiel heftiger Regen, der in kurzer Zeit Alles unter Wasser setzte.

Das Gewitter welches über unserer Gegend in und um Neutomischel tobte, war wohl das stärkste, welches je erlebt wurde. Der das Gewitter begleitende Orkan hat Bäume im Durchmesser von einem halben Meter in Mannshöhe abgebrochen, unzählig viele ebenso starke ausgerissen, sodaß z. B. der Weg von Neutomischel nach Sontop erst mit Mühe fahrbar gemacht werden mußte. In Glinau ist ein Stall vom Erdboden rein weggefegt. In einer Breite von etwa 1 Kilometer und einer Länge von 4 Kilometern ist in den Ortschaften Paprotsch, Alttomischel und Kozielaski Alles vernichtet. An den Hopfenstangen hängen kahle Ranken, Blätter und Blüthen liegen am Boden, die Kartoffeln und Rüben zeigen keine Spur von Blättern mehr. Hafer, Erbsen und Gerste, welche vorzüglich standen, sehen aus, als ob sie mit einer schweren Walze niedergewalzt wären. Das ganze Gewitter dauerte noch nicht elf Minuten. In diesen elf Minuten erfolgten fast 80 Blitze und ebensoviel Schläge.

Im Kreisblatt Neutomischel wurde geschrieben:

Ein schweres Gewitter entlud sich Mittwoch (21. Juli 1897) Mittags bald nach 1 Uhr über unsere Gegend und verursachte fürchterliche Verheerungen. Durch die finsteren Wolken zuckten unaufhörlich Blitze und der Donner glich einem beständigen Geknatter. Während in der Stadt die großen Regenmassen nur wenig mit Hagel untermischt waren, hat letzterer in Neufeld, Sontop, Alttomischel und Paprotsch gehaust und auf den Feldern viel Schaden angerichtet.

Wolken ziehen über einem alten Hauländer Hof / Bild GT [323]

Wolken über einem alten Hauländer Hof / Bild GT

Leider ist auch wieder ein Menschenleben zu Grunde gegangen. Bei Anbruch des Gewitters hatten sich die Erntearbeiter des Gutsbesitzers Herrn Hermann Wolke an der Bahnhofstraße auf dessen Gehöft zurückgezogen. Die in den zwanziger Jahren stehende Ehefrau des Arbeiters Muck wollte aber noch ihre in der Nähe, am Birkenwäldchen, befindliche Wohnung aufsuchen, um nach der kranken Mutter und dem kleinen Kinde zu sehen. Als sie länger ausblieb, ging ihr der Ehemann nach und fand sie auf dem Wege vom Blitz erschlagen.

Johanna Wilhelmine Emma Muck geborene Rosenau, geboren 1868 zu Scherlanke, wurde am 21. Juli 1897 vom Blitz erschlagen. Ihre Tochter Ida Augusta Martha Muck war 1894 zur Welt gekommen.

In Kunik zündete der Blitz eine Scheune des Eigenthümers Rausch und äscherte sie ein.

Große Verwüstungen hat der Hagel und Sturm in einem Struck von Paprotsch, hinter dem Schützenhause angerichtet, wo viele Singvögel getötet, große Bäume und Telegraphenstangen umgerissen und die Feldfrüchte vernichtet sind. In vielen Häusern sind die Fensterscheiben zerschlagen und noch Donnerstag früh brachten Landleute die Hagelstücke zur Stadt.

Eigenthümer Gustav Rausch-Paprotsch ist schwer vom Hagelschlag heimgesucht, doch glücklicherweise zum Theil versichert. Derselbe bestätigt die ungewöhnliche Größe der Eisstücke, welche faustgroß herniedergingen. Ein Pappdach seines Gehöfts war im Augenblick durchgeschlagen, die Gras-, Klee und Kartoffelfelder sind wie abgemäht.

Herr Landrath von Daniels und Herr Distrikts Kommissarius Roll nahmen gestern nachmittag die verwüsteten Ländereien in Augenschein. Die meisten Landwirthe sind hier nicht versichert, da in unserer Gegend Hagelschäden zu den größten Seltenheiten gehören.

Aus Sontop erfolgte folgender Bericht:

Heute (Mittwoch 21. Juli 1897) wurden unsere gesegneten Fluren von einem furchtbaren Unwetter heimgesucht, wie es hier noch nicht erlebt worden ist. Nachmittags zwischen 1 und 2 Uhr zog ein Gewitter herauf, das von einem orkanartigen Sturm begleitet war.

Der Schaden, den derselbe angerichtet hat, ist schwer zu beschreiben. Starke Bäumen wurden entwurzelt, Kiefern im Durchmesser von 20-30 cm mitten durchgebrochen. An einer Stelle an der Straße nach Neutomischel liegen 15 starke Pappeln und mehrere Erlen. Die alten Kirschbäume sind wie von der Erde verschwunden.

Bis heute hat das Dach allen Unwettern getrotzt / Bild GT [324]

Bis heute hat das Dach allen Unwettern getrotzt / Bild GT

Schrecklicher noch als der Sturm war der ihn begleitende Hagel. Hagelstücke in der Größe von Hühner- und Gänseeiern haben einen sehr großen Schaden angerichtet. Wie traurig sehen unsere schönen Hopfenplantagen aus. Kein Blatt, kein Zweig ist mehr zu sehen – nur leere Stangen ragen in die Luft, wie Bäume, die von Raupen abgefressen sind. Einige Felder, Gerste, die fast reif waren, sind total vernichtet; kein Körnchen ist zu finden. Bohnen, Hafer, Kartoffeln und Lupinen die in dem Hagelstriche wuchsen, sind vollständig verloren. Der Schaden ist recht groß und der fleißige Landmann sieht einer traurigen Ernte entgegen, zumal die Hoffnung alles – den Hopfen eingeschlossen – vernichtet ist.

 Aus Neustadt bei Pinne lauteten die Meldungen:

In der zweiten Nachmittagsstunde entstand gestern (21. Juli 1897) im Süden unseres Ortes ein Gewitter, das gegen 2 Uhr mit orkanartigem Sturm anbrach.

Aus den Wolken groß es wie mit Kannen. Das Unwetter brachte auch viel Schlossen von der Größe großer Taubeneier mit sich. In den Ortschaften Witomischel, Gr. Lipke, Neufeld, Chraplewo, Chmielinko, Pakoslaw sind die meisten Fensterscheiben vom Hagel zerstört worden. Hühner, die nicht rasch genug Schutz finden konnten, wurden von den Hagelkörnern erschlagen. Viele Bäume wurden umgebrochen, die schönen Früchte größtentheils abgeschlagen. Die Getreidemandeln wurden umgeworfen und die Eisstücke schlugen die Körner aus, daß man selbige um die Mandeln zusammen scharren konnte. Der noch stehende Roggen ist fast ganz seiner Körner beraubt. Die fast reifen Gerstenfelder sind vollständig vernichtet, auch die übrigen nach wachsenden Feldfrüchte sind zerstört worden. Kindern und Erwachsenen, die im freien keinen Schutz fanden, wurden von den Eisstücken Flecke und Beulen geschlagen.

Wie groß der angerichtete Schaden ist, läßt sich noch nicht berechnen. Eine halbe Stunde nach dem Unwetter sah man noch Schlossen handhoch an verschiedenen Stellen liegen. Die Ernte wird durch den wiederkehrenden Regen sehr erschwert; so daß

Beeindruckender Wolkenhimmel / Bild GT [325]

Beeindruckender Wolkenhimmel / Bild GT

bis jetzt sehr wenig Roggen eingebracht worden ist.

Nur ungefähr einen Monat später, Ende August des Jahres folgte dann nachstehende Meldung:

Eine höchst seltene interessante Naturerscheinung ist bei einigen Feldfrüchten und Bäumen, welche durch Hagelschlag, Sturm und Regen in hiesiger Umgegend am 21. Juli beschädigt worden sind, eingetreten.

Die Obstbäume, Kastanien und Fliedersträuche, sowie Hopfen und Bohnen stehen im vollen Blüthenflor. Beim Hopfen haben die vom Hagel nicht beschädigten Triebe vollständig ausgebildete Dolden, während der größte Theil im Blüthenschmuck prangt. Ein Sträußchen mit allerhand Frühjahrsblüthen überreichte uns heute der Eigenthümer Chr. Joachim aus Paprotsch.

Leider wird diese Erscheinung zur Folge haben, daß die Blüthe zum nächsten Frühjahr ausfallen und den Obstertrag schmälern wird.

Ende September des Jahres fanden die Berichte ihren Abschluss mit nachstehender Mitteilung:

Für die durch das Unwetter im Juli d. Js. schwer heimgesuchten Landleute unseres Kreises hat der Kreisausschuß zu Beihülfen 500 Mark bewilligt, auch sind dem Kreisausschuß von einem Mitgliede 50 Mark zur Verfügung gestellt. Indem wir die bei unserer Expedition eingegangenen Gaben im Betrage von 115 Mark 64 Pf. ebenfalls der genannten Kreisbehörde übermitteln, sagen wir den Gebern herzlichen Dank

Dieser alte Baum ist im Sturm gefallen / Bild GT [326]

Dieser alte Baum ist im Sturm gefallen / Bild GT

 * * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897 und Posener Zeitung 1897

Hebamme für den Bezirk Zembowo gesucht – 1897

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Kartenausschnitt mit Neutomischel in der Provinz Posen (1) [327]

Kartenausschnitt mit Neutomischel in der Provinz Posen (1)

Der Hebammenbezirk Zembowo, bestehend aus den Ortschaften Komorowo Hauland, Linde, Schleife, Tarnowce, Wymyslanke und Zembowo mit Zembowko ist zu besetzen.

Geprüfte, der deutschen und polnischen Sprache mächtige Hebammen oder unbescholtene Frauenspersonen im Alter von 20 bis 30 Jahren, welche sich dem Hebammenfache widmen wollen, können sich, erstere unter Einreichung ihres Befähigungszeugnisses und eines Führungsattestes, letztere unter Einreichnung eine Kreisphysikats-Attestes, eines Führungsattestes der Ortspolizeibehörde, eines Geburtsscheines und eines Impf- (Revaccinations) scheines bei dem unterzeichneten Vorsitzenden des Kreis-Ausschusses melden.

Das Gehalt der Stelle beträgt 100 Mark.

Neutomischel, den 19. Juni 1897

Der Vorsitzende des Kreis-Ausschusses. Königlicher Landrath – von Daniels

* * *

Taxe für die Bezirks-Hebammen des Regierungs-Bezirks Posen

Der Herr Minister der geistlichen Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten hat durch Erlaß vom 26. August des Jahres auf Grund des $ 80 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 (Bundes-Gesetzblatt Seite 245) unter Aufhebung der in dem Regierungs-Bezirk Posen bisher gültig gewesenen Vorschriften über die Remuneration der Verrichtungen der Hebammen festgesetzt, daß in Ermangelung besonderer Verabredung die Bezirks-Hebammen für ihre Verrichtungen nach Maßgabe nachfolgender Taxe zu bezahlen sind:

  1. Für eine leichte natürliche und einfache Geburt 15 Sgr. bis 1 Thlr. 20 Sgr.
  2. Für eine gleiche Zwillingsgeburt 25 Sgr. bis 2 Thlr. 15 Sgr.
  3. Für eine natürliche oder sich verzögernde Geburt, wobei Tage und Nacht zugebracht worden ist, 1 Thlr. bis 3 Thlr.
  4. Für eine Fußgeburt 1 Thlr. bis 3 Thlr.
  5. Für eine durch Wendung bewirkte Geburt 1 Thlr. 10 Sghr. bis 4 Thlr.
  6. Für die Untersuchung einer Schwangeren 5 bis 15 Sgr.
  7. Für jeden verlangten Besuch am Tage 2 1/2 bis 5 Sgr.
  8. Für jeden in der Zeit von 10 Uhr Abends bis 4 Uhr Morgens georderten Besuch 7 1/2 Sgr. bis 15 Sgr.
  9. Für eine Reise, im Falle dieselbe eine halbe Meile über den Wohnort der Hebamme hinausgeht, bei freier Fuhre, außer den sonstigen Gebühren 5 Sgr. bis 15 Sgr.
  10. Für das Beibringen eines Catheters außer im Laufe der Entbindung 2 1/2 bis 5 Sgr.
  11. Für die Einbringung eines Mutterkranzes 2 1/2 bis 7 1/2 Sgr.
  12. Für das Setzen eine Klystirs außer im Lauf der Entbindung 2 1/2 bis 5 Sgr.
  13. Für das Setzen von Blutegeln 5 bis 10 Sgr.
  14. Für jede Applikation eines Schröpfkopfes 1/3 – 1 Sgr

Der Ansatz der verschiedenen möglichen Sätze innerhalb des gegebenen Spielraumes hängt von der Wohlhabenheit und Stellung der Zahlungspflichtigen ab.

Obige Taxe bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntniß und bestimmen, daß dieselbe vom 1. Oktober d. Jahres in Kraft treten soll.

Posen, den 21. September 1871 – Königliche Regierung, Abtheilung des Innern

* * *

Eintheilung des Kreises Neutomischel in Hebammenbezirke bringe ich hierdurch zur öffentlichen Kenntniß

LfdNo.

Namen derHebammenbezirke

Der HebammenName und Wohnort

Namen derOrtschaften

1

Konkolewo

Marie Fabisch in Konkonlewo Hauland (Marie Fabisch geborene Piwetzki/Piwecka – Ehefrau des Fleischermeisters Ludwig Fabisch)

Konkolewo Hauland, Albertoske, Julianna, Sworzyce, Bukowiec

Juni 1897 – Der Hebamme Emma Klose, geborene Kurtz zu Konkolewo Hauland, welche bereits wegen fahrlässiger Tödtung zu einem Monat Gefängniß verurtheilt war, ist durch Erkenntniß des Verwaltungsgerichts das Prüfungszeugniß entzogen und sie somit aus der Reihe der Hebammen gestrichen – ihr Ehemann August Klose, hielt sich, so Erwähnungen in Unterlagen, in den Jahren 1896, 1904 und 1906 in Amerika auf, ob durchgehend oder mit Unterbrechungen ist nicht bekannt

Der Beruf der Hebamme - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Eucharius_R%C3%B6%C3%9Flin_Rosgarten_ Childbirth.jpg?uselang=de [328]

Der Beruf der Hebamme – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Eucharius_R%C3%B6%C3%9Flin_Rosgarten_ Childbirth.jpg?uselang=de

2

Sontop

Mathilde Degen in Sontop (Mathilde Degen geborene Haake – Ehefrau des Schuhmachermeisters Heinrich August Degen)

Sontop, Glashütte, Cichagora, Rose, Neurose, Dombrowo, Eichenhorst

3

Neutomischel  I

Marie Scheffler in Neutomischel (Marie Scheffler geborene Leciejewiecz – Ehefrau des Wirtschafts-Inspektors Johann Friedrich – Fritz – Scheffler / sein Aufenthalt wurde ab 1905 als unbekannt angegeben)

Neutomischel, Paprotsch, Zinskowo

4

Neutomischel II

Johanna Lindner in Neutomischel (Johanna Lindner geborene Bederke – gesch. Ehefrau des Johann Heinrich Ernst Lindner)

Alttomischel, Glinau, Scherlanke, Bobrowke, Mischke

5

Wonsowo

Viktoria Drobnik in Wonsowo (Viktoria Drobnik geborene Gladysch – Ehefrau des Schuhmachers Joseph Drobnik)

Wonsowo, Glupon, Tomaszewo, Kozielaske, Groß- u. Klein-Lipke

6

Kuschlin

Auguste Scheibner in Kuschlin (Auguste Carolina geborene Gensch/Jensch – Ehefrau des Zimmermanns Carl Gustav Scheibner, vormals verwittwete Robert Jochmann)

Kuschlin, Porazyn, Jasrzembnik, Michorzewo, Christianowo, Michorzewko, Neudombrowo

7

Brody

Mathilde Haudryk in Brody (keine weiteren Einzelheiten bekannt)

Brody, Brodki, Chraplewo, Pakoslaw, Polesie, Zgierzynka, Podlesie, Marsfelde

8

Neustadt I

Emilie Krause in Neustadt b. P. (Emilie Krause geborene Kober – Ehefrau des Bauunternehmers Johann Robert Krause)

Neustadt b. P.

9

Neustadt II

Wilhelmine Salbach in Neustadt b. P. (Wilhelmine Salbach geborene Eggebrecht – Ehefrau des Schneiders August Carl Salbach)

Steinhorst, Gronsko, Neustadt b. P. Schloß, Komorowo Gut, Nassegärten, Konin, Paryzewo, Pawlowko

10

Neustadt III

Theodosia Paschke in Chmielonko (Theodosia Paschke geborene Freytag – Ehefrau des Antonius Paschke)

Chmielinko, Posadowo, Pasadowko, Josefowo, Witomischel

11

Bolewitz

Pauline Huhn in Bolewitz (vermutlich handelte es sich um Johanna Pauline Huhn geborene Pfeiffer – Ehefrau des Johann Wilhelm Huhn)

Bolewitz, Blake, Bollwitz, Buchwerder, Grudna, Krummwalde, Neubolewitz, Sempolno, Wengielno

12

Zembowo

Unbesetzt

Komorowo Hauland, Linde, Schleife, Tarnowce, Wymyslanke, Zembowo, Zembowko

Neutomischel, den 21. Juni 1897

 * * *

Ein weiterer Artikel über die freischaffende Hebamme Roy in Neu Tomysl –

Die Hebamme von Neutomischel – um 1830 [329]– http://hauland.de/die-hebamme-von-neutomischel/

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897; (1) Karte: Ausschnitt aus Karte der Provinz Posen -http://www.europeana.eu/portal/record/9200103/ark__12148_btv1b530249370.html?start=8&query=karte+provinz+posen&startPage=1&rows=24 —http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b530249370/f1.zoom  — Karte der Provinz Posen, entworfen u./gezeichnet von F. Handtke

Der letzte Stadtmusikus von Birnbaum – 1847

geschrieben von Gudrun Tabbert
(P. Tietz um 1896 / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Toteneintrag des Stadtmusicus Seydler aus dem Jahr 1794 [330]

Toteneintrag des Stadtmusicus Seydler aus dem Jahr 1794

Am 15. Juni 1796 erschien beim damaligen Bürgermeister in Birnbaum ein Mann Namens Johann Gottlieb Hoene und bat um Verleihung des vakanten Stadtmusikuspostens. Letzteren hatte ein gewisser Seidler innegehabt, bei dessen Wittwe Hoene „in Condition“ stand.

In dem betreffenden Protokolle heißt es: er (Hoene) sei nemlich willens, die hiesige Stadtmusikuswittwe Seidlern zu ehelichen, und wolle demnach gehorsamlich bitten, ihn zu dem hiesigen Stadtmusikusposten bei der Behörde in Vorschlag zu bringen, damit er denselben erhielte. Er habe bereits seit 6 Jahren diesen Posten versehen und seit dem Tode seines vorigen Principals, des p. Seidler, nun bereits zwei Jahre selbem vorgestanden, weshalb er um so weniger Zweifel trage, daß ihm diese Stelle conserirt werden würde. Diesem Antrage entsprechend richtete der Magistrat an demselben Tage folgendes Gesuch an

„Ein wohllöbliches steuerräthliches Officium zu Meseritz. Wenn ehedem die Stadtmusikusstelle hierselbst vacant wurde, so wählte der Majestrat hiezu ein neues taugliches Subject, gab diesem eine Vocation oder Bestallung, und der Grundherr confirmirte diese.

Vor ohngefähr 2 Jahren nun starb der hiesige Stadtmusikus Seidler, und die zurückgebliebene Wittwe hatt bis jetzt diesem Posten durch ihre Leute vorgestanden, ist aber willens, einen ihrer Gesellen, Namens Hoene, welcher bereits 6 Jahre in diesem Hause gewesen, zu heirathen, und dieser hatt sich beim Majestrate zu Erlang der hiesigen Stadtmusikusstelle mit Einwilligung des Grundherrn gemeldet.

Wie diese nun mit Vergebung dieser Stelle gehalten werden solle, ob hiezu die Einwilligung und Bestätigung der Königl. p. Kammer erforderlich ist oder nicht, darum haben wir Ew. Wohlgeboren ganz gehorsamst anfragen und um Verhaltungsmaß bitten, auch zugleich antragen wollen, in dem Falle die Einwilligung höchstgedachter Behörde erforderlich sey, zu Gunsten des p. Hoene das weitere Nöthige geneigtest zu verfügen in Rücksicht dessen, daß die Wittwe Seidler mit 6 unmündigen und unerzogenen Kindern auf diese Arth wiederum einen Versorger erhält, ohne welche sie mit ihrer starken Familie ohnmöglich leben kann. Wir erwarten Ew. Wohlgeboren gütige Verwenden“ u.s.w.

Blick über das alte Birnbaum / Bild Sammlung Kraft [331]

Blick über das alte Birnbaum / Bild Sammlung Kraft

Hierauf erfolgt der Bescheid, „daß zuförderst die Genehmigung des Grundherrn wegen Ansezzung des Kunst-Pfeiffer-Gesellen Hoene als Stadtmusicus beschaffet und bei deren Einsendung zugleich angezeigt werden muß, wieviel bei dieser Stelle am fixirten Gehalt und Emolumenten verknüpft ist, aldann zur Genehmigung des Hoene, der jedoch seinen Lehr- und Geburtsbrief auch noch produciren muß, von mir an die p. Kammer berichtet werden soll.“

Die verlangten Schriftstücke und Angaben werden eingesandt, und am 31. August 1796 erfolgte die Bestätigung des Hoene als Stadtmusikus. Gleichzeitig erhält der Magistrat den Auftrag, diesem „auf Grund des Königlichen Cammer-Rescripts die Vocation zu ertheilen.“

Der Wortlaut der Vocation ist folgender: „Als haben wir Burgermeister und Rath der Königl. Mediatstadt Birnbaum hierdurch und in Kraft dieses vorgenannten Herrn Johann Gottlieb Hoene in der Qualität eines musici instrumentalis ordinarii vociren wollen, dergestalt, daß derselbe nach möglichstem Fleiß in solchem seinem Dienste mit seinen Leuten an Sonn- und Festtagen in unserer Kirche sowohl bei Amts- als auch anderen Predigten den chorum musicum wohl versehe und völlig bestelle, und zwar soll derselbe der Regel nach sein Chor mit ganz tüchtigen Geselle und einem Jungen besezzen, obgleich es auch nichts versiret, wenn bey einem, im letzten Jahre befindlichen Lehrburschen, der sich in seinem Metier gut appliciret hat, nur ein Geselle gehalten wirdt.

Im gleichen ist derselbe zufolge der alten Vocation verbunden, wenn er auf dem Hof (D. i. dem Schlosse des Grundherrn) verlanget wirdt, daselbst aufzuwarten, wie auch von Ostern bis Michaeli die Woche zwey oder dreymal bei dem derzeitigen Dirigenten des Majestrats, oder wo derselbe es für gut finden wirdt, sowie des Sonntags Vor- und Nachmittag vom Rathausthurme abzublasen. Zu seinen ferneren Dienstpflichten gehöret, daß wenn derselbe von dem Herrn Cantor hierselbst zur Probe verlanget wirdt, er verbunden ist, mit seinen Leuten sich einzufinden, dahero denn derselbe auch gehalten, in Fällen, wo er auf dem Lande berufen wirdt, seine Entfernung sowohl dem Majestrate als auch dem Kirchencollegio anzuzeigen.

Und so wie der p. Hoene mit seinen Leuthen auf allen Hochzeiten, Zechen, Zünften und Lustbarkeiten, sie haben Nahmen wie sie wollen, das Aufwarten hatt und sich gebrauchen lassen, auch sich mit den in der alten vom 14. Januar 1778 datirten Matricul bestimmten Emolumenten und Belohnungen begnügen muß, so soll derselbe dagegen auch wieder alle Fuscherey in der Music aufs Kräftigste geschütztet und gehandhabet werden.

Für diese seine zu leistenden Dienste wirdt demselben sowohl aus der Kirchen- als Stadtcasse das in der vorerwähnten Matricul bestimmte Gehalte und zwar quartaliter gegen dessen Quittung gezahlet werden, jedoch wirdt noch bemerkt, daß wegen des letzteren täglich die Genehmigung des Königlichen südpreußischen General-Finanz-Departements bei Approbirung des hiesigen Cämmerey-Etats entgegengesehen wirdt, die auch umsomehr erfolgen kann, als abseiten des Majestrats im Etat selbst die Ausgaben nachgewiesen und die Kgl. p. Kammer solche bereits vorläufig genehmigt hatt.

Schließlich wirdt noch bestimmt, daß falls dem p. Hoene eine Veränderung vorkommen sollte, er alsdann gehalten, solches bey Zeiten gehörig anzuzeigen.

Urkundlich ist diese Vocation und resp. Bestallung unter dem Vordruck des Stadt-Insiegels und der Unterschrift des Majestrats ausgefertigt worden. So geschehen Birnbaum, den 28. November 1797. Burgermeister und Rath. Franck.

Copia der Matricul für den hiesigen Kirchen-, Hoff- und Stadtmusicum.

Was derselbe aus der Kirchen- und Stadtkasse, gleich seinen Vorfahren, an fixen Gehalt, sowohl als an Accidentien zu erhalten hatt, und zwar:

  1. An baarem Gehalte
  2. 60 Fl. p. jährlich an gewöhnlicher Miethe vor die freye Wohnung aus eben dieser Stadtcasse.
  3. 90 Fl. p. jährlich, mithin 22 Fl. p. 15 Gr. p. quartaliter nach Ablauf eines jeden Vierteljahres aus der Stadtcasse, auch
  4. 337 Fl. p 15 1/3 Gr. p. jährlich, und also 84 Fl. p. 11 1/3 Gr. p. quartaliter, anticipando aus der Kirchen- und
  5. An Accidentien
  6. Vor die Music bei einer bürgerlichen Trauung 1 Rthlr. 8 Ggr.
  7. Vor die Music vor der Thüre und in der Kirche bei solennen bürgerlichen Begräbnissen 2 Rthlr.
  8. Vor die Music in der Kirche allein bei ordinairen Begräbnissen 1 Rthlr. 8 Ggr.
  9. Vor ein Begräbniß, wo nur zu denen Liedern geblasen wirt, 1 Rthlr.
  10. Vor ein Lied, welches Sontags bestellet, und zu welchem geblasen werden soll, 16 Ggr.
  11. Wegen der Music bei Hochzeiten vor der Thüre, entweder mit Pauken und Trompeten oder mit andern blasenden Instrumenten, muß sich der Bräutigam mit Musico besonders vergleichen; dahingegen ist
  12. Vor die Tafelmusic 1 Rthlr. 8 Ggr.
  13. Vor den Brauttanz 16 Ggr.
  14. Vor das Brautständchen 16 Ggr. zu bezahlen
  15. Vor einen Vorreigen aus Pauken und Trompeten 6 Ggr.
  16. Vor einen dto. mit blasenden Instrumenten 4 Ggr.
  17. Vor einen dto. ohne blasenden Instrumenten 2 Ggr.
Blick vom Markt in die ehem. Schweriner Straße in Birnbaum / Bild Sammlung Kraft [332]

Blick vom Markt in die ehem. Schweriner Straße in Birnbaum / Bild Sammlung Kraft

Außerdem bekommt derselbe nicht nur jährlich vor die Stiftungspredigt nach dem Laetare-Sontage aus der Stadtcasse 19 Ggr., sondern hatt auch die Erlaubniß, den von Alters her gewöhnlichen Neujahres-Umgang in der Stadt und auf dem Lande bey denen Herrschaften sowohl, als bey denen zu dem hiesigen Kirchspiel gehörigen Gemeinen, vom 6. Januario oder heiligen Dreykönigstage an alljährlich halten zu dürfen. Und endlich habe ich demselben, um ihn in allen Stücken zu entschädigen, und auf sein bittliches Ansuchen, aus besonderen Gnaden acodiret, daß künftighin, von dato an gerechnet, keine bürgerlichen Hochzeiten auf einen und denselben Tag, sondern ein oder zwey Tage auseinander gehalten werden sollen, damit er nicht nur an seinem Verdienste keine Einbuße leiden darf, sondern auch die Hochzeiten mit guter Music versehen werden können.

Zu mehrerer Urkund ist diese Matricul, unter meiner eigenhändigen Nahmens Unterschrift und Vordruckung meines adelichen Insiegels, ausgefertiget und ihm zu seiner Legitimation ertheilet worden. So gegeben Schloß Birnbaum, am 14. Januarij 1778 B. v. Unruh mpp.“

Die Verheirathung der Wittwe Seidler und des Stadtmusikus Hoene ist jedoch „aus Familienursachen zurückgegangen. So haben beide (und zwar am 6. Juli 1797, also ein Jahr nach der Concessionsbewilligung) nachfolgenden Vergleich des Postens halber unter sich festgesetzet und bitten solches deshalb zu Protokoll zu nehmen (nämlich vor dem Magistrate, damit ein Jeder für die Folge wisse, woran er sey.

Es soll nemlich von diesen Johanni des jetzt laufenden Jahres an gerechnet die Wittwe Seidlerin die gesamten Revenuen des Stadt-Musicuspostens, wie sie solche bisher gehabt, vier Jahre lang nutzen und für sich einnehmen, die Haltung und Verpflegung der Person des Hoene sowie der zu haltenden Gesellen und Burschen nimt diese dagegen eben so in der Arth auf sich, wie sie solche bis jetzt besorget.

Was aber das Dirigiren der Musicmachung und Loßlaßung derer Leute und dem zugehörig betrift, bleibt lediglich und allein der Disposition des Hoene überlassen, weil dieser dafür verantwortlich bleibt.

Nach Verlauf der oben festgesetzten 4 Jahre aber gehet dieser Posten mit allen seinen Einkünften, Nutzungen und Lasten an dem Hoene über und begibt sich die p. Seidlerin ausdrücklich aller alsdann fernerweit daran zu machenden Ansprüche.“

Von dieser Abmachung nimmt der Magistrat Kenntniß, und der musicus instrumentalis ordinarius Hoene wartet unbehelligt 28 Jahre lang seines schwierigen Amtes. Dann aber thun sich Konkurrenten auf, die den Verdienst des Stadtmusikus schmälern. Er wendet sich daher am 13. August 1825 an den Magistrat mit der Bitte, „um wohlwollenden Schutz wegen Eingriffe der Pfuscherei in der Music.“ Dieser Schutz sei ihm vokationsmäßig zugesichert, „welches auch in früheren Zeiten unverbrüchlich in Erfüllung gegangen, und selbst das ehemalige hiesige Dominium die lebhaftesten Beweise dadurch gegeben, indem dasselbe in frühern Zeiten denen Land-Musicanten, wenn dieselbe ohne Erlaubniß des Stadtmusici außer den herrschaftlichen Krügen oder Gasthöfen an andern Privatörtern Music gemacht, die Instrumente hat wegnehmen lassen und nicht eher wieder herausgegeben, bis die gehörige Geldstrafe von 5 bis 10 Rthlr. erlegt war, welches ich noch schriftlich zu beweisen im Stande bin.

Daß ich die mir obliegenden Pflichten meines übertragenen und anvertrauten Amtes als Stadtmusicus bis jetzt getreulich erfüllt habe, unterliegt keinem Zweifel, indem ein wohllöbl. Magistrat sich stets hinlänglich überzeugt hat, daß ich mein Music-Chor, mehr als mir gebührt, im guten Stande halte und den städtischen Dienst, nehmlich das gewöhnliche Abblasen sowohl als den sonntäglichen Kirchendienst, pünktlich besorge.

Die ehem. evgl. Kirche Birnbaum (geschätzt um 1910) / Bild Sammlung Kraft [333]

Die ehem. evgl. Kirche Birnbaum (geschätzt um 1910) / Bild Sammlung Kraft

Trotz allen diesen erlauben und bemächtigen sich aber seit einigen Jahren die Landmusicanten hier in bürgerlichen Privat-Häusern sehr öffters, nach ihrer Willkühr nicht bloß Blasemusic, sondern auch Tanz-Music zu machen, ohne mich erst hierüber anzufragen, und entziehen mir dadurch mein Brodt, worauf ich blos einzig und allein hier angewiesen worden bin, wagen auch sogar ohne Furcht und Scheu hier in der Stadt des Sonntags, je nachdem es ihnen einfällt, auf den Herbergen der Gesellen Music zu machen. Dies, glaube ich, ist nicht allein gegen der guten Ordnung, sondern es giebt zu häufig Gelegenheit, die gute Sitte und moralische Lebensart in höchsten Grade zu verletzen. Zu diesen allgewöhnlichen Belustigungen sind blos die herrschaftlichen Krüge und Gasthöfe bestimmt, in andern Privathäusern kann die Music von den Landmusicanten nur alsdann erst stattfinden, wenn ich diese außer Stande zu beschaffen bin, und wenn ich einen Erlaubnißschein hiezu gegen eine verhältnismäßige Vergütigung ertheile, welcher aber den Magistrat zuvor vorgezeigt werden muß.

Einen wohllöbl. Magistrat ersuche ich demnach ergebenst um wohlwollenden Schutz, indem ferner die Gewerbefreiheit in der hiesigen Provinz mir diese Zusicherung gewährt und nicht entgegensteht, weil in dem Einführungs-Publicando vom 30. Dezember 1815 ausdrücklich feststeht: daß durch die Einführung der Gewerbesteuer an den Gewerbs-Berechtigten und wohlhergebrachter Befugnisse anderer Privatpersonen nichts geändert werde, so darf ich gestützt auf meine Vocation und auf das erwähnt Publicandum von eines wohllöblichen Magistrats Gerechtigkeits-Liebe erwarten, daß ich bei meiner Gerechtsame, ebenso als mein Vorfahre von den frühern Magistrat, geschützt worden ist, welches aber nur dadurch geschehen kann, wenn Ew. Wohlgeboren die Gewogenheit haben und die hiesige Einwohner durch eine Curserie belehren lassen, daß ich nur allein das Recht habe, in Privathäusern Music zu geben, und nur alsdann, wie früher schon gesagt, wenn ich dies zu thun außer Stande bin, andere fremde Musicanten sich durch einen Erlaubnißschein von mir legitimiren müssen, wornach sich ein jeder zu achten und für Schaden zu hüten hätte.

Im Falle nun die Landmusicanten diese nicht befolgten und dennoch ohne Erlaubnißschein so wie zuvor Music machten, so muß ich hierauf dahin antragen, daß denselben nach geschehener Anzeige die Instrumente weggenommen und nicht eher herausgegeben werden, bis die gesetzliche Strafe erlegt worden, und im Falle die Strafgelder nicht von denselben eingingen, den Consens zum Verkauf dieser Instrumente gütigst nachzusuchen und das dafür gelöste Geld entweder in die Kämmereikasse oder unter die nothdürftigen Stadtarmen der Hospitaliten, sind Waisenkinder vorhanden, an diese, je nachdem es der Herr Land-Rath für gut halten werden, zu berichtigen und zu vertheilen. Die Strafe des Wirths, wo die unerlaubte Music bewürkt worden ist, muß Ew. Wohlgeboren überlassen bleiben.

Und hierin bitte Ew. Wohlgeboren ich ganz gehorsamst in der Zuversicht, daß Dieselben meinen gerechten Antrag gütigst berücksichtigen und mich nicht dem Mangel ferner blosstellen, welchen ich bey der bisherigen unbefugten Schmälerung der Pfuscherei meines Verdienstes habe erlitten.“

Ein ähnliches Gesuch um Schutz gegen „Pfuscherei“ richtet Hoene an demselben Tage auch an den damaligen Landrath des Birnbaumer Kreises, Herrn v. Kurnatowski auf Chalin, unter Anlage eines Attestes des Magistrats, daß er seine Amtsgeschäfte als Musikus bis jetzt treulich und zur Befriedigung des Publikums erfüllt habe. In seiner gutachtlichen Aeußerung zu diesem Gesuche führt der Magistrat noch besonders aus, daß der dem Hoene zugesicherte Schutz darin bestehe, daß, sobald Dorfmusikanten in Privathäusern mit Musik aufwarteten, denselben die Instrumente weggenommen, und sie in Strafe genommen würden. Auf diesen vom Magistrate als gerecht befürworteten Antrag theilt der Landrath unter dem 24. September 1825 dem Hoene einen Abschrift des Ministerialerlasses vom 17. Oktober 1823 mit, wonach seinem Antrage, andern Musikanten zu untersagen, bei Kindtaufen, Hochzeiten u.s.w. Musik zu machen, nicht nachgegeben werden könne. Hinsichts der Kirchenmusik aber solle seine Vokation aufrecht erhalten werden.

Im Jahr 1836 oder vielleicht kurz vorher hat Hoene seinen Wohnsitz von Birnbaum nach dem unmittelbar angrenzenden Lindenstadt verlegt. Dieser Wohnungswechsel giebt der Stadtverordentenversammlung Veranlassung zu dem Beschlusse, daß Hoene als Stadtmusikus auch in der Stadt zu wohnen habe, andernfalls demselben sein Gehalt nicht gezahlt werden könne, weil Lindenstadt zum platten Lande gehöre, und die Stadt keinen Musikus vom platten Lande brauchen könne. Von einer Mittheilung dieses Beschlusses an den Hoene wird jedoch ohne angegebenen Grund abgesehen, und statt dessen letzterer aufgefordert, „da jetzt nur einmal und zwar des Vormittags abgeblasen wird, – künftig des Sonntags Nachmittags und zwar nach der Vesper gleichfalls auf dem Markte abzublasen. Sie werden sich von selbst bescheiden, daß nur bei pünktlicher Erfüllung der Vokation die pünktliche Zahlung des Gehalts erfolgen könne“.

Schweriner Straße in Birnbaum / Bild Sammlung Kraft [334]

Schweriner Straße in Birnbaum / Bild Sammlung Kraft

Damit schließt der amtliche Verkehr zwischen Hoene und dem Magistrate. Hoene läßt sich, vielleicht wegen Krankheit oder vorgerückten Alters, etwa vom Jahr 1843 an, von dem Musikus Pfeiffer vertreten. Auch dieser bittet den Magistrat in einem Schreiben vom 28. August 1844 um Schutz gegen die Konkurrenten „Vetter, Wendt, Kühn und Consorten“ aus Großdorf (unmittelbar an Birnbaum angrenzend) die sich „unterfangen, die Music auf Schoenau (eine Wirthschaft, etwa 1 km von Birnbaum entfernt) auszuführen“. Der Magistrat lehnt diesen Antrag natürlich ab. Am 23. Oktober 1844 wendet sich Pfeiffer mit seinem Antrage an den Landrath und erhält von diesem unterm 12. November 1844 den Bescheid, daß nicht allein durch die allgemeine Aufhebung aller Zwangs- und Bannrechte, sondern auch schon durch das wegen Aufhebung der ausschließlichen Gewerbsberechtigungen in den Städten der hiesigen Provinz erlassene Allerhöchste Gesetz vom 13. März 1833 die Vokation vom 28. November 1797 ganz außer Kraft getreten sei, und ihm demnach polizeilich hinsichts der Aufrechterhaltung der letzteren kein Beistand geleistet werden könne.

Am 17. November 1846 stirbt der letzte musicus instrumentalis ordinarius von Birnbaum.

Der Musikus Pfeiffer, welcher Hoene bis dahin gewissenhaft vertreten hat, bittet jetzt, am 25. November 1846, die Stadtvertretung, die vakant gewordenen Stelle des Stadtmusikus ihm zu verleihen. Der Magistrat aber beschließt, und die Stadtverordneten schließen sich diesem Beschlusse an, das Gehalt des Stadtmusikus von 25 Thlr. 23 Sgr. 9 Pf. einzuziehen. „Unter diesen Umständen ist ein Stadtmusikus nicht nöthig und bei der heutigen Gesetzgebung, nach welcher jeder Music machen kann, keine anderweite Begünstigung verbunden“.

Der Bittsteller erhält daher am 19. Januar 1847 den Bescheid, daß ein Stadtmusikus nun nicht mehr werde gehalten werden.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen / Erster Jahrgang 1896 – Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra)

Griff in die Wechselkasse bei Gärtner in Neutomischel – 1897

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Die einstige Gaststätte Gärtner in der ehem. Goldstraße - AK-Ausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski [335]

Die einstige Gaststätte Gärtner in der ehem. Goldstraße – AK-Ausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski

Neutomischel, den 08. October 1897

In dem Restaurationslokale von Herrn G. Gärtner hierselbst (Neutomischel) benutzten zwei als einzige Gäste anwesende junge Leute eine kurze Abwesenheit des Wirthes, um einen kühnen Griff in dessen Wechselkasse zu thun.

Von dem geraubten Gelde (etwa 4-5 Mark) bezahlten sie nicht allein ihre Zeche, sondern ließen sich auch von dem Musikautomaten lustige Weisen vorspielen.

Erst nachdem sie das Lokal verlassen hatten, bemerkte Herr Gärtner den Verlust.

Schon am nächsten Tage gelang es dieselben, einen Töpfer- und einen Schlossergesellen, zu ermitteln und sie zu einem Geständnisse zu bewegen. 2 Mk. konnten ihnen von dem Gelde noch abgenommen werden.

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Bis zum Erscheinen dieses Beitrages konnte die Herkunft des Johann Gustav Gärtner – Gasthofbesitzer zu Neutomischel und seiner Ehefrau Maria Seiffert nicht geklärt werden.

Die Tochter des Paares, Maria Clara Gärtner, so in ihrem Heiratseintrag aus dem Jahr 1909 mit Carl Otto Schmidt aus Schwiebus, wurde in Daleszyn im Kreis Schrimm geboren. Ein weiterer Eintrag deutet darauf hin, dass für eine Herkunft bzw. zumindest für einen Aufenthalt auch Grünberg in Schlesien in Frage kommt.

Über Hinweise zu dieser Familie würden wir uns freuen – Vielen Dank !

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897;

Feuer in Neu Rose bei Stepczynski – 1897

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Ausschnitt Messtischblatt 3663 mit der Streusiedlung Neurose, welche Sontop halbmondförmig umschloss / oben: Bauernhof mitten in der Landschaft - mitte: Sandstraßen durch die Wälder nach Neurose - unten: Gelände des ehemaligen evgl. Friedhofes [336]

Ausschnitt Messtischblatt 3663 mit der Streusiedlung Neurose, welche Sontop halbmondförmig umschloss / oben: Bauernhof mitten in der Landschaft – mitte: Sandstraßen durch die Wälder nach Neurose – unten: Gelände des ehemaligen evgl. Friedhofes

Am Mittwoch (28. April 1897) gegen 7 Uhr Abends brach in der Scheune des Häuslers Stepczynski zu Roser Wiesen Feuer aus, welches wegen der leichten Bedachung und der seit einigen Tagen herrschenden warmen Witterung so schnell um sich griff, daß in kurzer Zeit auch der Stall und das Wohnhaus davon ergriffen und in Asche gelegt wurden.

Die Stepczynskischen Eheleute waren beim Ausbruch des Feuers nicht anwesend und konnte der Ehemann, nachdem er Brandwunden erlitten, kaum das Vieh retten. Von Möbeln und Hausgeräthen konnte so gut wie nichts gerettet werden, da das brennende Strohdach jedes Eindringen in die Wohnung unmöglich machte.

Die städtische Feuerspritze aus Neutomischel und die der freiwilligen Feuerwehr waren zur Hilfeleistung ausgerückt

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Die Familie Stepczynski aus Neu Rose

"Zu Früh ..."  sind viele der Kinder der Familie verstorben - Inschrift auf einem Grabstein welcher auf dem Gelände des ehem. Friedhofes liegt / Aufn. PM [337]

„Zu Früh …“ sind viele der Kinder der Familie verstorben – Inschrift auf einem Grabstein welcher auf dem Gelände des ehem. Friedhofes liegt / Aufn. PM

Kinder:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897;

Die Mühle in Leschnik brennt – 1897

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Leschnik Mühle lag in einem großem Waldgebiet - Ausschnitt Meßtischblatt 3462 und Luftaufnahme der Gemeinde Kwilcz / http://www.kwilcz.pl [338]

Leschnik Mühle lag in einem großem Waldgebiet – Ausschnitt Meßtischblatt 3462 und Luftaufnahme der Gemeinde Kwilcz / http://www.kwilcz.pl

Pinne, den 20. Juni 1897

Am Freitag (18.06.1897) Abend brach in der dem Müller Wendland in Leschnik gehörigen Mühle Feuer aus.

Dieses verbreitete sich so schnell, daß in kurzer Zeit die ganze Mühle in Flammen stand.

Der Mühlenbescheider, welcher in der Mühle schlief, wurde bewußtlos und mit schweren Brandwunden bedeckt aus einem Fenster der Mühle gezogen und ist an den Folgen der Verletzungen gestern im hiesigen Krankenhaus gestorben.

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Am 19.06.1897 zeigte der praktische Arzt des Johanniter Krankenhauses zu Pinne, Dr. Carl Dorsch,  den Tod des ledigen Müllergesellen

Wilhelm Büttner

beim Standesamt an.

Dieser war aus Schrimm Krs. Birnbaum gebürtig gewesen. Er war der Sohn des Eigentümers Wilhelm Büttner und dessen Ehefrau Eleonore geb. Woith gewesen. Wilhelm Büttner verstarb im Alter von 27 Jahren (ca. geb. 1870)

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Als Mühlenbescheider galt ein besonders qualifizierter Müller, nach dem Verfasser des Wörterbuches der Berufs- und Berufstätigkeitsbezeichnungen Fritz Molle leitete sich der Begriff dahingehend ab, dass ein Müller in der Mühle „Bescheid“ wußte; nach dem Deutschen Wörterbuch des Jacob und Wilhelm Grimm war ein Mühlenbescheider der oberste Mühlenbursche.

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Die Leschniker Mühle war 1897 im Besitz des Müllers Wendland.

Einmal war dieses der Eduard Wendland, er verstarb am 05. September 1897 zu Leschnik Mühle. Er war mit Auguste Wilkschke verheiratet gewesen.

Ebenso ist aber auch noch der Sohn dieses Paares – Hermann Eduard Wendland – anzuführen. Er ehelichte 1895 Anna Mathilde Horn. Ihre Kinder Anna Charlotte (*1896), Alfred Eduard Hermann (*1897) und Auguste Emilie Hertha (*1899) waren noch in Leschnik Mühle geboren worden. Georg Bernhard (*1902), Margarethe Anna Auguste (*1904) und Johanna Dorothea Annaliese (*1909) hingegen hatten schon den Geburtsort Kwilcz, wo ihr Vater als Händler und späterer Bahnhofswirth tätig gewesen war.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897;

August Hauch verunglückt in Tarnowo – 1897

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(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Hauptstrasse von Tarnowa / Aufn. PM [339]

Die Hauptstrasse von Tarnowa / Aufn. PM

Rakwitz, den 29. September 1897

Gestern (28.09.1897) Vormittag (lt. Toteneintrag um 7:00Uhr) war der Eigenthümer Hauch im entfernten Tarnowo in seiner Scheune mit Heuabladen beschäftigt.

Das Heu lagerte auf leichten Brettern über der Tenne; diese brachen zusammen, Hauch stürzte kopfüber herunter und wurde von dem nachrutschenden Heu vollständig bedeckt.

Beim Durchsuchen des Heues fand man den Verunglückten todt auf; er hatte einen Schädelbruch erlitten. Der Verunglückte hinterläßt eine Frau und zehn Kinder.

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Johann August Hauch wurde 1849 zu Tarnowo geboren. Seine Eltern waren Gottfried Hauch und dessen Ehefrau Anna Dorothea Redetzke.

Am 23. Juni 1876 schlossen er und Johanna Beate Louise Linke (geb. 1855) aus Komorowo-Hauland die Ehe.

Als Ihre Kinder wurden geboren:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897;

Badeunfall in Scherlanke – 1897

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Gedächtniskreuz auf dem ehemaligen Friedhof zu Scherlanke [340]

Gedächtniskreuz auf dem ehemaligen Friedhof zu Scherlanke

Beim Baden verunglückte am Sonntag (08. August 1897) der 23 jährige taubstumme Sohn des Besitzers W. in Scherlanke.

Er machte in das flache Wasser des Hofteiches den Kopfsprung und zog sich solche Beschädigungen zu, an denen er nächsten Tages verstarb.

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Der Verunglückte war der Schneidergeselle

Otto Reinhold Welke,

geboren am 25. Mai 1874 zu Scherlanke, gewesen. Seine Eltern waren Johann Gustav Adolph Welke, Eigentümer zu Scherlanke und dessen Ehefrau Johanna Ernestine geborene Pochstein.

Laut Eintrag im Standesamtsregister, in welchem sein Vater seinen Tod hat registrieren müssen, wurde aufgenommen, dass er am 09. August 1897 nachmittags um 2 Uhr verstorben ist.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897;
 

VI. Bundesschießen des Schützenbundes Neumark – Posen (01.-02. August 1897) / Teil 3

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Stadtwappen aus der Probe-Ausgabe des Jahres 1877 der Hopfenzeitung der Stadt Neutomischel [341]

Stadtwappen aus der Probe-Ausgabe des Jahres 1877 der Hopfenzeitung der Stadt Neutomischel

Ein großes Fest bringt viel Planung mit sich und auch sind letztlich viele Personen daran beteiligt.

In der Fest-Zeitung für das VI. Bundesschießen des Schützenbundes Neumark-Posen in Neutomischel am 1. und 2. August 1897 wurden alle Mitglieder der gegründeten Ausschüsse und fast alle Schützen namentlich aufgeführt.

Die nachstehenden Daten wurden der Festschrift entnommen:

Festleitung

Der Festausschuß besteht aus dem Bundesvorstand und den Spezial-Ausschüssen

Präsidium

Landrath von Daniels – Ehrenvorsitzender ♦ Bürgermeister Witte – Bundespräsident ♦ Kaufmann Paul Lutz – Vorsitzender

Geschäftsführer des Haupt-Fest-Ausschusses

Julius Fromm – Kreis-Ausschuß-Sekretair

Rechnungs-Ausschuß

Weber – Kämmerer ♦ Scheumann – Buchdruckereibesitzer ♦ Thomas – Kaufmann ♦ Goldmann – Kaufmann ♦ Kroll – Lehrer

Wohnungs-Ausschuß

Maennel – Kaufmann ♦ Wittkowsky jun. – Kaufmann ♦ Tepper – Kaufmann ♦ Schwaebe – Hauptlehrer ♦ Fromma – Kreis-Ausschuß-Sekretair

Wirthschafts-Ausschuß

Goldmann – Kaufmann ♦ Lutz – Kaufmann ♦ Witte – Bürgermeister ♦ G. Toeffling – Kaufmann

Schieß-Ausschuß

Morzynski – Mühlenbesitzer ♦ Reschke – Eigenthümer ♦ Janott – Fleischermeister ♦ Pflaum – Gutsbesitzer ♦ Niedermeier – Handelsmann ♦ Kalkreuter – Restaurateur ♦ Hippel – Cigarrenfabrikant ♦ Maennel – Kaufmann ♦ Hunold – Eigenthümer ♦ Goldmann – Sattlermeister ♦ G. Toeffling – Kaufmann ♦ Toeffling ♦ Schmidt – Fleischermeister ♦ Leciejewicz – Viehhändler ♦ Witte – Bürgermeister ♦ Mentzel – Restaurateur ♦ Zink – Fleischermeister ♦ Torjanowski – Zahntechniker ♦ Kroytowski – Zahntechniker ♦ Schmidt – Gastwirth ♦ Luchtmann – Drechslermeister ♦ Kurtz – Tischlermeister ♦ Goldmann – Kaufmann ♦ Kutzner – Eigenthümer ♦ Buchwald – Uhrmacher ♦ Lutz – Schlossermeister ♦ Pflaum – Kaufmann ♦ Hiersekorn – Handelsmann ♦ Thomas – Tischlermeister ♦ Bruno Thomas – Bäckermeister ♦ Arndt – Lehrer

Bau- und Dekorations-Ausschuß

Goldmann – Kaufmann ♦ G. Toeffling – Kaufmann ♦ Luchtmann – Drechslermeister ♦ Otto Maennel – Kaufmann ♦ Toeffling – Rentier ♦ Bruno Thomas – Bäckermeister ♦ Thomas – Tischlermeister ♦ Woskowiak – Schneidermeister

Festordnungs-Ausschuß

Roll – Kgl. Distrikts-Kommissarius ♦ Kannewischer – Bäckermeister ♦ Krüger – Kgl. Kataster-Kontrolleur ♦ Franzke – Kgl. Kreis-Thierarzt ♦ Scheumann – Buchdruckereibesitzer ♦ Stroedicke – Rektor ♦ Morzynski – Brauereibesitzer ♦ Borutto – Gerichtssekretair ♦ Großkopff – Gerichtssekretair ♦ E. Goldmann (als Nachtrag ergänzt)

Empfangs-Ausschuß

Kannewischer – Bäckermeister ♦ Fromm – Kreis-Ausschuß-Sekretair ♦ Schwaebe – Hauptlehrer ♦ Jungnik – Kantor ♦ Borutto – Gerichtssekretair ♦ Schmidt – Geschäftsführer ♦ E. Goldmann – Kaufmann

Preß-Ausschuß

Linder – Kgl. Obersteuer-Kontrolleur ♦ E. Goldmann – Kaufmann ♦ Scheumann – Buchdruckereibesitzer ♦ Roll – Kgl. Distrikts-Kommissarius

Verzeichniß der angemeldeten Schützen und Gäste

Ehrengäste

Oberstlieutenant und Bezirks-Kommandeur v. Zawadzki – Neutomischel ♦ Lieutenant und Bezirks-Adjutant Fienemann – Neutomischel

Königl. Landrath v. d. Beck – Züllichau ♦ Königl. Landrath Blomeyer – Meseritz ♦ Königl. Landrath Graf v. Westarp – Wollstein

Majoratsbesitzer v. Hardt – Wonsowo ♦ Rittergutsbesitzer v. Poncet – Alttomischel ♦ Rittergutsbesitzer Beyme – Eichenhorst ♦ Rittergutsbesitzer v. Lacki – Pakoslaw ♦ Gutsbesitzer Schwartzkopff – Rose ♦ Grundbesitzer Schlecht – Neu-Dombrowo

Güter-Direktor Schmidt – Wonsowo

Stadtverordneter Schendel – Neutomischel ♦ Stadtverordneter W. Lutz – Neutomischel ♦ Stadtverordneter Ad. Maennel – Neutomischel ♦ Stadtverordneter G. Toeffling – Neutomischel ♦ Stadtverordneter W. Peikert – Neutomischel ♦ Stadtverordneter E. Tepper – Neutomischel

Bürgermeister Warzecha – Schwiebus ♦ Bürgermeister Jakobitz – Züllichau ♦ Bürgermeister Hielscher – Bentschen ♦ Bürgermeister Matzel – Wollstein ♦ Bürgermeister Baeutsch – Grätz ♦ Bürgermeister Nixdorf – Tirschtiegel ♦ Rathsherr Röstel – Neustadt b. P.

Schützengilde Bentschen

Knauerhase, Kaufmann ♦ Kruschinski, Bäckermeister ♦ Noack, Maurermeister ♦ Felix Trojanowski, Barbier ♦ Gillar, Tischlermeister ♦ Braunack, Töpfermeister ♦ Hauf, Kürschnermeister ♦ Leo Seelig, Zimmermeister ♦ Schütz, Ackerbürger ♦ Prietzel, Ackerbürger ♦ Essner, Maler ♦ Schostag, Schmiedemeister ♦ Neumann, Gastwirth ♦ Braun, Schneidermeister ♦ Lüders, Schuhmachermeister ♦ Piatkiewicz, Klempnermeister ♦ Schostag, Schmiedemeister ♦ Kernchen, Schneidermeister ♦ Scherbarth, Ackerbürger ♦ Rothe, Maler ♦ Wache, Bäckermeister ♦ Rothe, Tischlermeister ♦ Scheffler, Dachdeckermeister ♦ Felix Werner ♦ Karl Werner

Schützengilde Grätz

Jaensch, Hotelier u. Fleischermeister ♦ Rudolph Gebhardt, Brunnenbaumeister

Schützengilde Lentschen Hauland

Loechelt, Eigenthümer ♦ Rau, Gastwirth ♦ Orttel, Eigenthümer ♦ Enge, Eigenthümer ♦ Reimann, Förster ♦ Schmidt, Handelsmann ♦ Koschützki, Eigenthümer ♦ Maennel, Bierverleger ♦ Stähler, Eigenthümer

Schützengilde Schwiebus

Liesfeld, Bäckermeister ♦ Peschel, Brauereibestizer ♦ Baumgart, Fleischermeister ♦ Hoffmann, Dachdeckermeister ♦ Hummel, Schmiedemeister ♦ Bernhardt, Buchbindermeister ♦ Bruttig, Kuperschmiedemeister ♦ Schulz, Brauereibesitzer ♦ Lankisch, Tuchfabrikant ♦ Dieterichs, Gelbgießermeister ♦ Scholz, Tischlermeister ♦ Resch, Fleischermeister ♦ Münchberg, Kaufmann ♦ Haupt, Schneidermeister ♦ Scholz, Bäckermeister ♦ Noske, Bäckermeister ♦ Lankisch, Tischlermeister ♦ Roesler, Gelbgießer ♦ Schoen, Restaurateur ♦ Kirschbau, Walkermeister ♦ Müller, Seilermeister ♦ Nagel, Fleischermeister ♦ Grützner, Töpfermeister ♦ Rißmann, Fettviehhändler ♦ Pielzsch, Maschinenfabrikant ♦ Altmann, Schornsteinfegermeister ♦ Schenkel, Schlossermeister ♦ Wenzel, Restaurateur ♦ Dewald, Tischlermeister ♦ Grätz, Uhrmacher ♦ Kärger, Nagelschmiedemeister ♦ Ehrlich, Uhrmacher ♦ Richter, Tischlermeister ♦ Münchberg, Schleifenanstalt. ♦ Kramm, Seilermeister ♦ Unger, Kunstgärtner ♦ Lutter, Schneidermeister ♦ Primke, Schuhmachermeister ♦ Schulz, Kaufmann ♦ Kramm, Fleischermeister ♦ Schulz, Fleischermeister ♦ Schulz, Fleischermeister ♦ Anders, Maler ♦ Fechner, Bauunternehmer ♦ Schulz, Töpfermeister ♦ Gondolatsch, Restaurateur ♦ Rätzer, Dachdeckermeister ♦ Dewald, Fleischermeister ♦ Mechler, Kaufmann

Schützengilde Tirschtiegel Altstadt

Wilczynski, Tischlermeister ♦ Konopka, Kaufmann ♦ Knopka, Kaufmann ♦ Meinhold, Schornsteinfegermeister ♦ Werner, Gastwirth ♦ Pinetzki, Tischlermeister ♦ Kiehn, Tischlermeister ♦ Grzesko, Schneidermeister

Schützengilde Tirschtiegel Neustadt

Zimmermann, Hotelier ♦ Gottlieb Schulz, Schlossermeister ♦ Rudolph Friedrich, Schmiedemeister ♦ Hampel, Bäckermeister ♦ Naatz, Sattlermeister ♦ Sommerfeld, Hotelier ♦ Gustav Schulz, Schlossermeister ♦ Appelt, Bauunternehmer ♦ Stürzebecher, Fleischermeister ♦ Karl Rudolph, Handelsmann ♦ Lehmann, Bäckermeister ♦ Wilhelm Rau, Fleischermeister ♦ Ernst Haupt, Müllermeister ♦ Fischer, Hotelier ♦ Reimann, Förster ♦ Kriesel, Fleischermeister

Schützengilde Wollstein

Lindner, Fleischermeister ♦ Tomys, Bäckermeister ♦ Peters, Malermeister ♦ Lischke, Schlossermeister ♦ Fischer, Restaurateur ♦ Fäßler, Schneidermeister ♦ Kunke, Stellmachermeister ♦ Hoffmann, Böttchermeister ♦ Hecke, Hotelier ♦ Henschke, Hotelier ♦ Gewiß, Müllermeister ♦ Kaliske, Bäckermeister ♦ Zock, Schneidermeister ♦ Weyrauch, Müllermeister ♦ Hecker, Kaufmann ♦ Gustav Schultz, Schmiedemeister

Schützengilde Züllichau

Jacobitz, Bürgermeister ♦ Pfennig, Kaufmann ♦ Pauly, Cigarrenfabrikant ♦ Hebold, Bäckermeister ♦ Bartsch, Bildhauer ♦ Töpper, Bauunternehmer ♦ Riedel, Brauereibesitzer ♦ Hampel, Buchdruckereibesitzer ♦ Regel, Restaurteur ♦ Sohley, Bierverleger ♦ Sommer, Restaurateur ♦ R Fechner, Schlächtermeister ♦ Max Lindner, Kaufmann ♦ O. Richter, Kaufmann ♦ Malter, Hotelbesitzer ♦ Beier, Hotelbesitzer ♦ Parchwitz, Kaufmann ♦ Fechner, Fleischermeister ♦ Kühn, Restaurateur ♦ Rättig, Sattlermeister ♦ Schmager, Uhrmacher ♦ Knobel, Brauereibesitzer

Schützengilde Unruhstadt

Reinhold Peschel, Bäckermeister ♦ Ernst Kernchen, Stellmachermeister ♦ Carl Doil, Bauunternehmer ♦ Julius Kretschmann, Schneidermeister ♦ Franz Sroka, Scheidermeister ♦ Heinrich Kadach, Fleischermeister ♦ Gustav Kadach, Fleischermeister ♦ Adolph Becker, Brauereibesitzer ♦ Reinhold Loosch, Restaurateur

Schützengilde Neutomischel

Paul Lutz, Kaufmann ♦ Maennel, Kaufmann ♦ Goldmann, Kaufmann ♦ Morzynski, Mühlenbesitzer ♦ Trojanowski, Zahntechniker ♦ Kannewischer, Bäckermeister ♦ Rausch, Gasthofbesitzer ♦ Krüger, Kgl. Kataster-Kontrolleur ♦ Franzke, Kgl. Kreisthierarzt ♦ Buchwald, Uhrmacher ♦ Seeliger, Buchhändler ♦ Eduard Goldmann, Kaufmann ♦ Otto Maennel, Kaufmann ♦ Korytowski, Zahntechniker ♦ Hippel, Cigarrenfabrikant ♦ Rausch, Gasthofbesitzer ♦ Werth, Kaufmann ♦ Otto Thomas, Kaufmann ♦ Carl Pfeifer, Sattlermeister ♦ Goldmann, Kaufmann ♦ Luchtmann, Drechslermeister ♦ Woskowiak, Schneidermeister ♦ Janott, Fleischermeister ♦ Pflaum, Kaufmann ♦ Schmidt, Fleischermeister ♦ Thomas, Tischlermeister ♦ Leciejewicz, Viehhändler ♦ Niedermeier, Handelsmann ♦ Toeffling, Brauer ♦ G. Toeffling, Kaufmann ♦ Fromm, Kreis-Ausschuß-Sekretair ♦ Zink, Fleischermeister ♦ Scheumann, Buchdruckereibesitzer ♦ Kalkreuter, Restaurateur ♦ Bruno Thomas, Bäckermeister ♦ Kurtz, Tischlermeister ♦ Markendorf, Glasermeister ♦ Peter Weinert, Fleischermeister ♦ Lutz, Schlossermeister ♦ Mentzel, Restaurateur ♦ Goldmann, Sattlermeister ♦ Kutzner, Eigenthümer ♦ Hunold, Eigenthümer ♦ Pflaum, Gutsbesitzer ♦ Schmidt, Gastwirth ♦ Reschke, Eigenthümer ♦ Bruno Toeffling, Gastwirth ♦ Benno Gutkind, Kaufmann ♦ Benno Walter, Kaufmann ♦ Schmidt, Handelsmann ♦ August Lehmann, Gastwirth

Schützengilde Neustadt b. P.

 ♦ Angemeldet 20 Schützen ♦

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: „Fest-Zeitung für das VI
Bundesschiessen der Schützenbund Neumark-in Posen Neutomischel am 1. und 2. August 1897 ” – In Sammlungen der Universitätsbibliothek in Poznan

VI. Bundesschießen des Schützenbundes Neumark – Posen (01.-02. August 1897) / Teil 2

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsveröffentlichung / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Titelseite: „Fest-Zeitung für das VI Bundesschiessen der Schützenbund Neumark-in Posen Neutomischel am 1. und 2. August 1897 " - In  Sammlungen der Universitätsbibliothek in Poznan [342]

Titelseite: „Fest-Zeitung für das VI
Bundesschiessen der Schützenbund Neumark-in Posen Neutomischel am 1. und 2. August 1897 “ – In Sammlungen der Universitätsbibliothek in Poznan

Schuß auf Schuß krachte nun den Scheiben entgegen und sowohl der Festscheibenstand wie die drei Stände für das Lagenschießen waren dicht umdrängt von schießlüsternen Schützen „bereit, sich friedlichem Wettkampf zu weih’n!“, aber in musterhafter Ordnung ging alles von Statten und jeder ließ es sich angelegen sein, dem Schießauschuß sein an und für sich so schweres Amt nach Möglichkeit zu erleichtern.

Und wer sein Müthchen auf dem Schießstand gekühlt hatte, der eilte zurück in den Schützengarten, wo Herr Post es verstand, durch eine treffliche Auswahl meist tadellos ausgeführter Musikstücke zu unterhalten und Herz und Gemüth zu erfreuen und wo in ununterbrochenem Strom Männlein, Weiblein und Kindlein von Nah und Fern herzueilte, um auch ihren Theil an dem Feste zu nehmen. Da wurden neue Bekanntschaften geschlossen und alte erneuert, da trafen sich Wirthe und Gäste, alte Freunde und Schützenbrüder, die sich lange nicht gesehen, da näherten und unterhielten sich der Bürger und der Landmann, der Kaufmann, der Handwerker und der Beamte, und Faden und Faden spann sich herüber und hinüber und wob um alle fest und fester das Band echter deutscher Treue, Gastfreundschaft und Gemüthlichkeit. – Wer aber im Schützengarten seine Rechnung nicht fand, den zog es nach der Festwiese, die eine mächtige Kopf an Kopf gedrängte Menschenmenge überfluthete.

Leider hatte hier die ungünstige Witterung der vergangenen Woche so manchen Budenbesitzer vom Beziehen eines Standes zurückgehalten, sodaß selbst ein Karoussel fehlte, was vielfach schmerzlich vermißt wurde; dafür war die Luftschaukel um so mehr besetzt, auch die vorhandenen Schau- und Würfelbuden waren stets dich umdrängt und so manchen sah man hoch beglückt mit seinem für 10 Pf. Einsatz errungenen Gewinn in Gestalt einer Lampe, eines Waschgeschirrs, eines „Goldfischteichs“ oder dgl. von dannen ziehen. In den beiden Bierzelten, von denen namentlich das Thomas’sche durch seine geschmackvolle Herrichtung anzog, gelang es nur schwer, ein Plätzchen zu finden und der edle Gerstensaft war ein vielbegehrter Artikel.

Inzwischen begann das Büchsenlicht auszugehen und das Signal „das Ganze Sammeln“ rief die Schützen in die Festhalle zum Kommers, dessen Leitung Herr Amtsrichter Dr. Rudolphi freundlichst übernommen hatte. Da kein Eintrittsgeld mehr erhoben wurde, umstand eine dichte Menschenmenge die Kommerstafeln und es war keine leichte Aufgabe, das nöthige „Silentium“ für die in großer Anzahl „geschmetterten“ Reden zu erlangen, wobei in thatkräftigster und gewandtester Weise der Geschäftsführer des Bundes, Herrn Bernhardt aus Schwiebus den Präsident zu unterstützen wußte. Besonders hoch aufgenommen wurde es von den Schützen, daß auch der Ehrenvorsitzende der Festleitung, der Herr Landrath von Daniel an dem Kommers theilnahm, der gegen 10 Uhr sein Ende erreichte. Die Fluthwelle, welche der Schützengarten angezogen, ebbte nun zurück, und was der Tanzsaal des Schützenhauses nicht zu schaffen vermochte, strömte zur Stadt, wo auch der Rohlfing’sche Saal den Schützen Gelegenheit bot, das Tanzbein zu schwingen, und wohl mancher mag erst, wie der Schleier der Nacht, dem erwachenden Morgen gewichen sein und die Frage des um 5 Uhr ertönenden Weckrufs: „Hast Du noch nicht lang genug geschlafen?“ gar nicht gehört oder etwas unwirsch beantwortet haben.

Aber doch gab es Frühaufsteher genug, die dem „Freut Euch des Lebens“ folgten, und bald nach 5 Uhr konnte man schon wieder den scharfen Knall der Büchsen vom Schießstand her vernehmen. Nach und nach füllte sich auch der Schützengarten, und der allzeit rührige und aufgelegte Herr Bernhardt verstand es, alle Mann zu einem Frühschoppen zusammenzutrommeln, und mit seinem urwüchsigen Humor und seiner erheiternden Schlagfertigkeit einen Kommers zu Stande zu bringen, der nicht nur die Theilnehmer sondern auch die Zuschauer, zu denen auch Damen gehörten, zu fast unaufhörlichen Lachsalven hinriß. Wessen Kater dem erprobten Mittel der „Hundehaare“ nicht weichen wollte, dem brachte sicher die anhaltende Zwerchfellerschütterung die gewünschte Heilung, aber als Nebenwirkung auch Leib- und Kinnbackenschmerzen ein. Die Schützen meinten: „Es war zum Schießen!“ Bald nach 1 Uhr begann das Festessen, an dem 84 Personen theilnahmen; es wurde gewürzt durch zahlreiche Reden und Toaste, von denen diejenigen des Herrn Oberstleutnant von Zawadzky und des Herrn Landrath von Daniels ganz besonderen Eindruck machten. Nach dem Essen wurde – wieder auf Anregung des so recht eigentlich die Seele des Ganzen bildenden Herrn Bernhardt – ein den gastfreien Frauen Neutomischels gewidmeter Huldigungszug durch die Stadt unternommen: voran auf einem Leiterwagen die Musik, dahinter auf stuhlbesetzten Rollwagen und anderen Gefährten die Schützen. Dazwischen zu Fuß die Pagen und Hopfenträger. Der Zug erregte viel Heiterkeit. Kaum war er wieder im Schützengarten angelangt, als ein Regenguß Alles unter schützendes Obdach trieb; er vermochte jedoch die festliche Stimmung nicht zu beeinträchtigen.

Wegesperrung vom Süden ab dem Paprotscher Friedhof bis zur Tepper'schen Besitzung [343]

Wegesperrung vom Süden ab dem Paprotscher Friedhof bis zur Tepper’schen Besitzung

Mit lebhafter Spannung sahen die Meisten dem Ergebniß der Arbeiten des Schießausschusses entgegen, die mit fieberhaftem Eifer betrieben wurden, um die besten Schützen zu ermitteln und festzustellen, welche Würden und Gewinne sie errungen hatten. Letztere war in übersichtlicher und geschmackvoller Weise in einem Zimmer des Schützenhauses ausgestellt und bestanden aus durchweg sehr hübschen, mehr oder minder kostbaren Gebrauchsgegenständen.

Als Ehrengabe der Stadt Neutomischel wurde ein prachtvoller Regulator viel bewundert, der dem besten Schützen neben der Würde des Bundeskönigs und dem aus 6 schweren silbernen Löffeln bestehenden ersten Gewinn zufallen sollte.

Gegen 7 Uhr fand die Verkündigung des Königs und der Ritter, deren Namen schon in der vorigen Nummer bekannt gegeben sind, und die Vertheilung der Gewinne statt, eine ausführliche Liste der Gewinne bringen wir an anderer Stelle unseres Blattes. Nachdem der König und die Ritter mit brausenden Hochs begrüßt worden waren, ordnete sich alles vor dem Schützenhause zu festlichem Zuge, in dem der König mit klingendem Spiel und wehenden Fahnen eingeführt wurde. Vor dem Bundeslokal wurde Halt gemacht und, nachdem ein donnerndes Hoch gebracht war, für das mit einigen Worten herzlich dankte, noch ein Abschiedstrunk genehmigt, womit die offizielle Festlichkeit beendigt war.

* * *

Verrauscht ist das Fest, genossen die Freude ! Vom wolkenlosten blauen Himmel lacht die Sonne herab, als könnte das nicht anders sein und als wollte sie uns so recht vor Augen führen, den Unterschied gegen das ungünstige Wetter der Festtage; fast scheint es, als hätte ein Unstern über dem verflossenen Fest gewaltet. Nicht allein, daß die Witterung es, wenn nicht ganz in Frage zu stellen, so doch auf das Ungünstigste zu beeinflussen schien – das wäre zu verschmerzen, der Schaden zu ersetzen und einzuholen gewesen – nein, einen viel tieferen Schatten warf des Todes dunkler Fittig auf das Fest. An seinem Vorabend, mitten aus den umfangreichen Vorbereitungen, aus der Freude und Hoffnung auf ein gutes Geschäft, mitten aus der blühenden Jugend riß der unerforschliche Rathschluß Gottes in jähem Tod dem Schießhauswirth (Bruno Julius Paul Toeffling *29. Dezember 1859) die treu waltende Gattin (Emma Elisabeth Clara geb. Kaulfuss, verw. Hofbauer *22 Juni 1863 – +31. Juli 1897) von der Seite ! Eindringlicher konnte dem Feste das „Memenio mori“ nicht auf die Stirne geprägt werden! Und jeder, auch der am fernsten Stehende, hatte innige Theilnahme für den so schwer Betroffenen und auf vielseitige Anregung und allgemeinen Wunsch wurde diesem Gefühl Ausdruck gegeben durch einen Kranz, welchen der Geschäftsführer Herr Bernhardt im Namen des Bundes mit bewegten Worten Herrn Toeffling überreichte. Wenn es diesem gelang, mit fast übermenschlicher Anstrengung sich aufrecht zu erhalten und die übernommenen Verpflichtungen trotz alledem zu erfüllen, so ist ihm ein wesentlicher Theil an dem Gelingen des Festes zu danken.

Und das mußte ein Jeder gestehen, daß das Fest doch als ein gut geleitetes und wohl gelungenes zu bezeichnen ist. Wie sich sein finanzielles Ergebnis für die hiesige Gilde gestalten wird, ist noch nicht zu  übersehen, da noch viele Rechnungen ausstehen; hoffen und wünschen wir, daß das Fest auch nach dieser Richtung hin einen Guten Abschluß finden möge.

* * *

Das Ergebniß des Schießens war folgendes: Ringzahl
1.

Kernchen-Unruhstadt (Stellmachermeister) – 1 Regulator (Ehrenpreis der Stadt Neutomischel) und 6 silberne Eßlöffel

55
2.

R. Lischke-Wollstein (Schlossermeister) – 1 Teppich und 2 Bettvorleger

53
3.

Nitschke-Unruhstadt – 6 starke silberne Theelöffel

52
4.

Parchwitz-Züllichau – 6 silberne Theelöffel

52
5.

Hunold-Neutomischel – 1 Regulator

51
6.

Kutzner-Neutomischel – 1 Fruchtschale

51
7.

Peschel-Unruhstadt – 1 Barometer mit Thermometer

51
8.

Lüders-Bentschen – 1 Kaffee-Service

50
9.

Kadach-Unruhstadt – 1 Garderobenständer

48
10.

Schön-Schwiebus – 1 Butterdose

48
11.

Goldmann-Neutomischel – 1 Fleischmaschine

47
12.

RotheBentschen – 1 Etui mit Bürsten

47
13.

Seelig-Bentschen – 1 Schiffsuhr

47
14.

Franke-Neutomischel – 1 Reise-Ledertasche

47
15.

Kärger-Schwiebus – 1 Reise-Sacktasche

47
16.

Peters-Wollstein – 1 Touristentasche

45
17.

Schulz-Neutirschtiegel – 1 Bogenpeitsche

44
17a.

Strauch-Lentschen – 1 Bogenpeitsche

44
18.

Zimmermann-Bentschen – 1 Barometer

44
19.

Goldmann-Neutomischel – 1 Schreibzeug

44
20.

Hoffmann-Wollstein – 1 Fleischmaschine

43
21.

Pflaum-Neutomischel – 1 Damen-Reisetasche

43
22.

Fromm-Neutomischel – 1 Schnellkocher

43
23.

Kanopka-Tirschtiegel – 1 Suppenterrine

43
24

Herrmann-Unruhstadt – 1 Messingkesstel

43
25.

Rau-Tirschtiegel – 1 Reisekoffer

42
26.

Bukiewicz-Neustadt b. P. – 2 Blumentopfhülsen

42
27.

Schmidt-Unruhstadt – 1 Dutzend Teller

41
28.

Müller-Züllichau – 1 Nickeltablett

41
29.

Münchberg-Schwiebus – 1 Weckeruhr

41
30.

Buchwald-Neutomischel – 1 Heringskasten

41
31.

Kühn-Tirschtiegel – 1 Tablett

40
32.

Altmann-Schwiebus – 1 Geldkasten

40
33.

Kruschinski-Bentschen – 2 Taschenkartätschen mit Etui

40
34.

Schenkel-Schwiebus – 1 Fruchtschale

40
35.

Ortelt-Lentschen – 1 Bierseidel

39
36.

Scholz-Schwiebus – 1 Portemonnaie

39
37.

Th. Morzynski-Neutomischel – 1 Cigarrentasche

39
38.

Wenzel-Schwiebus – 2 Wassereimer

39
39.

Doil-Unruhstadt – 1 Küchenwaage

39
40.

Hoffmann-Schwiebus – 1 Portemonnaie

39
41.

Thomas-Neutomischel – 1 Kohlenplätte

38
42.

Hampel-Züllichau – 1 Spazierstock

38
43.

Korytowski-Neutomischel – 1 Handtuchhalter

38
44.

Reimann-Tirschtiegel – 1 Theeglas

38
45.

Kretschmann-Unruhstadt – 1 Spazierstock

38
46.

Schmager-Züllichau – 1 Wasserkanne

37
47.

Fäsler-Wollstein – 1 Kaffeekanne

37
48.

Bürgermeister Nixdorf-Tirschtiegel – 1 Petroleumkanne

37
49.

Kriesel-Tirschtiegel – 1 Reibemaschine

37
50.

SopolinskiNeustadt – 1 Toilettespiegel

36
51.

Scholz-Schwiebus – 1 Kopfbürste

36
52.

Woskowiak-Neutomischel – 1 Kopfbürste

35
53.

Hecker-Wollstein1 Reisekoffer

35
54.

Rausch-Neutomischel – 1 Kleiderbürste

35
55.

Liesfeld-Schwiebus – 1 Fahrradbürste

35
56.

Schulz-Wollstein – 2 Taschenbürsten

35
57.

Noack-Bentschen – 1 Parfümkasten

34
58.

Schütz-Bentschen – 1 Cigarrenspitze und Feuerzeug

34
59.

Dewald-Schwiebus – 1 Kuchenteller

34
60.

Enge-Lentschen – 1 Kuchenteller

34
61.

Unger-Schwiebus – 1 Kuchentablett

33
62.

Piontkiewicz-Bentschen – 1 Wandkalender

33
63.

Schostag-Bentschen – 1 Korkenzieher

33
64.

Bürgermeister Witte-Neutomischel – 1 Salzbüchse

33
65.

Reimann-Lentschen – 1 Kaffeetasse

33
66.

Schostag-Bentschen – 1 Kaffeetasse

33
67.

Zock-Wollstein – 1 Feuerhaken

32
68.

Appelt-Tirschtiegel – 1 Kartoffelpresse

32
69.

Scherbarth-Bentschen – 1 Kartoffelpresse

31
70.

Lankisch-Schwiebus – 1 Haartaschenbürste

31
71.

Fechner-Unruhstadt – 1 Thermometer

31
72.

Lehmann-Lentsch – 1 Salzbüchse

31
73.

Rudolf-Tirschtiegel – 1 Wasserkonsole

31
74.

Niedermeier-Neutomischel – 1 Haartaschenbürste

31
75.

Kutzner-Züllichau – 1 Menage

31
76.

Braunak-Bentschen – 1 Portemonnaie

31
77.

Thomas-Wollstein – 1 Thermometer

31
78.

Pinetzke-Tirschtiegel – 1 Salontisch

31
79.

Dittrichs-Schwiebus – 1 Tintenfaß

30
80.

Krüger-Neustadt – 2 Büchsen zu Kaffee und Zucker

30
81.

Bartsch-Züllichau – 1 Dtzd. Gläseruntersatzteller

30
82.

Rau-Lentschen – 1 Mehlbüchse

30
83.

Goldmann-Neutomischel – 1 Salatschüssel

30
84.

Kanopka-Tirschtiegel – 1 Laterne

30
85.

Tenoske-Schwiebus – 2 Wandteller

29

 

Auf den Lagenscheiben notieren wir noch als beste Schützen die Kameraden:

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897 (wie immer wurde die Schreibweise aus der Original Veröffentlichung beibehalten)

VI. Bundesschießen des Schützenbundes Neumark – Posen (01.-02. August 1897) / Teil 1

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsveröffentlichung / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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VI. Bundes-Schiessen in Neutomischel 1897 / Zeitungsanzeige [344]

VI. Bundes-Schiessen in Neutomischel 1897 / Zeitungsanzeige

Regen, Regen, nichts als Regen !

Eifriger und besorgter haben unsere lieben Mitbürger wohl selten in das Wetter geschaut, als in der Woche, die dem VI. Bundesschießen des Schützenbundes Neumark – Posen vorausging; hing doch von dem Wetter zum wesentlichen Theil das Gelingen des so sorgsam vorbereiteten Festes ab. Aber fast schien es, als hätte der Himmel alles, was an Wolken überhaupt aufzutreiben gewesen, just nach Neutomischel berufen, um sie über der Feststadt zu entleeren:

Regen des Morgen, Regen des Mittags, Regen des Abends und sogar des Nachts !

Selbst die Muthigsten begannen zu verzagen und als auch der Freitag keine Aenderung zu bringen schien, wurde ernsthaft erwogen, ob nicht das Fest verschoben werden könnte. Aber mit dem ersten Streifen blauen Himmels, der am Freitag auftauchte, kehrte auch die Hoffnung zurück und unverdrossen rührten sich Hunderte fleißiger Hände, um der Stadt ein festliches Gepräge zu geben. Und obgleich die Anfuhr von Laub, das des strömenden Regens wegen nicht so reichlich, wie beabsichtigt gewesen, gehauen werden konnte, der Nachfrage seitens der Bürgerschaft lange nicht genügte, ist die

Ausschmückung der Stadt

doch eine überaus prächtige geworden. Schon wo die Anfahrtsstraße zum Bahnhofe in die Chaussee einmündet, ist eine Ehrenpforte mit einem mächtigen „Willkommen“ errichtet und bis zur Stadt überspannen noch zahlreiche Hopfenguirlanden die Eschenallee. Die Stadt selbst ist in einen Park verwandelt; am Fahrdamm entlang und um die Märkte herum ziehen sich in ununterbrochener Reihe Tannen- und Birkenbäumchen, die Häuser zieren Guirlanden und Kränze, laubumwundene Masten, mit Guirlanden verbunden, bilden Ehrenpforten und an den Laubgewinden, die in überaus großer Zahl die Straßen überspannen, hängen bunte Tafeln mit Grüßen und Inschriften verschiedener Art.

Fahnen und Fähnchen, Banner und Wimpel in den preußischen und deutschen Farben flattern und wehen von allen Häusern; leider sind mehrfach die Farben der Fahnen nicht richtig angeordnet, man sieht weiß-schwarz statt schwarz-weiß, roth-weiß-schwarz, und sogar in einem Falle schwarz-roth-weiß, statt schwarz-weiß-roth von der Spitze an. Es bedarf wohl nur des Hinweises, daß in der Flaggensprache des Schiffsverkehrs die verkehrt gehißte Flagge, z. B. weiß-schwarz von oben statt schwarz-weiß „Meuterei an Bord“ bedeutet, um unsere lieben Mitbürger zu veranlassen, die vielleicht nur in der Eile geschehenen Verwechselungen für die nächste Gelegenheit zu beseitigen.

Flaggen11 [345]

Ganz besonders schön geschmückt ist das Bundeslokal von Töffling an dem neuen Markt, das Rathhaus und die Front des C. E. Goldmann’schen Hauses. Auf den freudigen Gesichtern der Menschenmenge, die am Vorabend des Festes die Straßen der Stadt durchwogte, um die Ausschmückung anzusehen, konnte man deutlich die Befriedigung lesen die jeder über den gelungenen Schmuck empfand, und trotz des am Abend leise hernieder rieselnden Regens zog freudige Festesstimmung in jede Brust und als um 9 Uhr unsere Stadtkapelle mi dem

Zapfenstreich

die Straßen durchzog, der auf dem Markte in das herrliche „Ich bete an die Macht der Liebe“ ausklang, da sah jeder voll Stolz und Zuversicht dem kommenden Feste entgegen. Am Sonntag früh um 5 Uhr ertönte der

Weckruf

und im Anschluß daran das schöne Lied „Freut euch des Lebens“. Freudig bewegt sprangen die Schläfer aus den Betten, um den ersten Blick besorgt gen Himmel zu richten. Doch, Gott sei Dank, er war zwar nicht wolkenlos, aber man konnte, doch die Hoffnung hegen, daß es wenigstens trocken bleiben würde.

Um 6 1/ Uhr traten der Empfangsausschuß und eine Abtheilung Schützen vor dem Bundeslokal an und marschierten mit Musik und der Fahne nach dem Bahnhof, um die ankommenden Schützen zu begrüßen. Unter den Klängen eines lustigen Marsches lief um 7 Uhr 16 Minuten der Zug ein; dem nahe an 200 Schützen in den verschiedensten Uniformen entstiegen; auf dem Anfahrtsplatz ordneten sie sich gildenweise zum Zuge und nachdem Herr Kannewischer einige herzliche Begrüßungsworte gesprochen, ging es unter Vorantritt der Röschke’schen Kapelle, die aber schon beim Hause ihres Dirigenten abtrat, während von da ab die vorzüglich geschulte Kapelle des Herrn Post aus Schwiebus die Führung übernahm, der Feststadt zu, wo eine frohbewegte Menge den Zug geleitete.

Man sah es den Gesichtern der fremden Schützen an, daß sie freudig überrascht werden von dem festlichen Aussehen unseres schmucken Städtchen. Nachdem vor dem Rathhaus die Fahnen abgebracht waren, wurden die Gäste zu Töfflings Hotel geleitet, wo die Wohnungskarten ausgegeben wurden.

Unterdessen rückte der Empfangsausschuß wieder unter klingendem Spiel nach dem Morzynski’schen Gasthof, wo die Schützen aus Neustadt b. P., Lentschen und Tirschtiegel eben eingetroffen waren. Nachdem ihnen Herr Ober-Steuer-Kontrolleur Linder ein herzliches Willkommen entgegengebracht hatte, marschierten auch sie vor das Rathhaus, und nach dem Abbringen der Fahnen zum Bundeslokal, um die Wohnungskarten in Empfang zu nehmen. Hier konzertirte die Post’sche Kapelle und Gäste und Einheimische saßen gemüthlich beim Frühschoppen beisammen.

Um  10 1 / 2 Uhr trat der

Bundesvorstand

im Saale des Rohlfing’schen Hottel „zum schwarzen Adler“ zu einer Versammlung zusammen, um über die Bundesangelegenheiten zu berathen. Nach einer Begrüßung durch den Bundesvorsitzenden, Herrn Bürgermeister Witte, die in ein Hoch auf Sr. Majestät den Kaiser aus klang, erstattete der Geschäftsführer Herr Bernhardt dem Geschäfts-, und Kassenführer Herr Bruttig den Kassenbericht. Sodann wurde über verschiedene Angelegenheiten Beschluß gefaßt und zum Festort für das nächste Bundesschießen Schwiebus gewählt.

Inzwischen ergoß sich ein furchtbarer Gewitterregen über die Stadt und Angst und Sorge beschlich so manches Gemüth, ob die Witterung wohl das schöne Fest stören würde. Aber der Himmel hatte ein Einsehen und wenn auch gegen zwei Uhr noch einige Tropfen fielen, so hellte es sich doch bald auf, um den ganzen Nachmittag schön zu bleiben. Den Glanzpunkt des Festes bildete der überaus prächtige

Herzlich-Willkommen-1 [346]Festzug

der sich gegen 2 1/2 Uhr Nachmittags, nachdem die Fahnen vom Rathhaus abgeholt waren, von der Neustädter Chaussee aus in Bewegung setzte. Voraus ritt auf stolzem Rappen ein Herold zu Pferde in prächtigem Wams und altdeutschem Hut mit wallenden Straußenfedern, sein muthiges Pferd mit vollendeter Sicherheit beherrschend.

Ihm folgte eine Abtheilung von 8 jungen Leuten in blauem Kittel und weißem, breitrandigem grünbebändertem Panamahut, über der Schulter mit Hopfenranken umwundene Stäbe tragend, was ein sehr hübsches Bild abgab und allgemein gefiel.Unter Vorantritt eine Tambour-Majors mit grüner Schärpe folgte das Musikchor des Herrn Post, dahinter in brennend rothen Jacken und Mützen drei Zieler, die von Herrn C. E. Goldmann entworfene Festscheibe und Zielerstäbe tragend. Hinter dem Kommandeur der Neutomischeler Schützengilde und seinem Adjutanten wurde die etwa 50 Jahre alte grüne Schützenfahne, geleitet von Schützen, und dahinter auf einer Stange das Stadtwappen von einem prächtig in Sammet und Seide gekleideten Herold zu Fuß getragen.

Nun kamen der Bundesverband, – der Bundeskönig ist dem Feste fern geblieben-, die Festausschüsse und dann die einzelnen Gilden in einer durch das Loos bestimmten Reihenfolge, zuletzt die einheimische. Vor jeder Gilde trug je ein Knappe in wundervollen farbenprächtigem, altdeutschem Gewande eine Tafel mit dem Namen des Heimathortes der betreffenden Gilden, die ihre Fahnen im Zuge führten. Ein zweites Musikchor war etwa vor dem letzten Drittheil des Zuges eingeschoben, der über 300 Mann stark war und 12 Fahnen mit sich führte.

Stadtwappen-4 [347]Vor dem Rathhaus wurde in zwei Zügen aufmarschiert, um die Ehrengäste abzuholen, die geführt von dem Herrn Oberstleutnant von Zawadzky und dem Herrn Landrath v. Daniels die Front abschritten und dann bei dem Bundes-Vorstand mit eintraten. Herr Bürgermeister Witte begrüßte nun die fremden Schützen und Ehrengäste in doppelter Eigenschaft, als Vorsitzender des Schützenbundes Neumark – Posen und als Oberhaupt des Festortes mit herzlichen Worten, sprach seinen Dank für das zahlreiche Erscheinen aus und hieß sie, allen ein freudiges Fest wünschend, willkommen.

Dann marschierte der Zug durch die Goldstraße nach dem alten Markt und nahm hier in einem gewaltigen Viereck um das Kriegerdenkmal Aufstellung, was ein Bild von großartiger Wirkung abgab: Gilde an Gilde gereiht in den mannigfachsten zum Theil malerischen Uniformen, überragt von den zahlreichen prächtig gestickten Fahnen.

Vor dem Denkmal hielt nun Herr Landrath v. Daniels eine schwungvolle

Rede.

Anknüpfend an die Worte des Dichters (Simon Dach, *29. Juli 1605 in Memel, + 15. April 1659 Königsberg):

„Der Mensch hat nichts so eigen,
Nichts steht ihm so wohl an,
Als daß er Treu erzeigen
Und Freundschaft halten kann!“

bezeichnete Redner die Uebung bürgerlicher Tugenden, die Pflege der Treue und Freundschaft als die Aufgabe der Schützengilden, deren Sache es nicht sei, Politik zu treiben, wenn es auch in dieser Beziehung einst anders gewesen sei und die Schützengilden mitgewirkt hätten bei der Bekämpfung unbotmäßiger Elemente. Die Pflege der Treue und Freundschaft sei ein gute Bürgschaft für die Dauerhaftigkeit der Schützengilden, zugleich auch die Quelle der Sympathien unseres Volkes für die Schützenbrüderschaften.

Treue zu erzeigen sei eine Forderung unserer Zeit, einer Zeit der Sammlung Aller, die ernstlich gewillt seien, für unsere heiligsten Güter, für die Errungenschaften großer Zeiten einzutreten. Der Mahnruf des Kaisers zur Sammlung um die Fahne der Zucht und Ordnung, des Schutzes aller nationalen Arbeit sei beherzigenswerth und von allen Patrioten mit freudiger Genugthuung begrüßt worden. Treue müsse erzeigt werden unserm Gott, unserer Religion, dem Kaiser und dem Reiche, und die Freundschaft habe dabei helfend einzutreten, und dem Schwachen, der dem Blendwerk trügerischer Verlockungen nicht zu widerstehen vermöchte, liebreich die Bruderhand zu bieten.

Indem Redner schließlich es freudig und dankbar begrüßte, daß der Schützenbund Neumark – Posen an unserem schlichten und doch so hehren Kriegerdenkmal Halt gemacht habe, um untrügliche Beweise der Treue und Freundschaft an einer Stelle zu geben, die so recht dazu geschaffen sei, uns zu mahnen an die idealen deutschen Heldengestalten, an einer idealen Weltanschauung überhaupt festzuhalten, forderte er den Bund auf, alle Zeiten eine feste Stütze von Altar und Thron zu sein und mit diesem Gelöbniß den ersten Festesgruß dem Träger der Krone, der Krone von Gottes Gnaden, unserem geliebten Kaiser und König zu bringen.

Unter „präsentirtem Gewehr“ stimmten die Mitglieder des Bundes begeistert ein in den Ruf: Unser Kaiser und König, Wilhelm II. Hurrah, Hurrah, Hurrah.

Nachdem im Anschluß an diese Rede, die auf jeden einen packenden ergreifenden Eindruck machte, der erste Vers der Nationalhymne gesungen war, setzt sich der Zug wieder in Bewegung und marschierte nun durch die Posener Straße nach dem Schützenhause. Ueber die schlechte Beschaffenheit des vorher sorgfältig hergerichteten, jetzt durch den gewaltigen Regenguß des Vormittags etwas aufgeweichten Weges half der allzeit gute Schützenhumor hinweg und fröhlich strömte draußen alles den Schießständen – und dem goldenen Gerstensaft entgegen.

* * *

Fortsetzung folgt

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1897 (wie immer wurde die Schreibweise aus der Original Veröffentlichung beibehalten)

Die Zuckerfabrik in Opalenitza brennt – 10. Juni 1896

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Opalenitza Zuckerfabrik – Bild: “Opalenica na dawnej pocztówce” S.33 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek [348]

Opalenitza Zuckerfabrik – Bild: “Opalenica na dawnej pocztówce” S.33 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek

. . . so die Meldung im Posener Tageblatt vom 11. Juni 1896 –

„Heute früh wurde von Opalenitza aus telegraphisch gemeldet, dass dort die zweite, neuerbaute Zuckerfabrik in Brand gerathen und fast völlig niedergebrannt ist“

Mit einem weiteren Artikel des Posener Tageblattes vom 14. Juni 1896 wurde dann weiter berichtet:

„Der Brand in der Zuckerfabrik Opalenitza am 10. des Monats soll, wie wir hören , lediglich durch die Schuld eines erst seit kurzem in der Fabrik angenommenen Lehrlings die gewaltige Ausdehnung gewonnen haben.

Der Junge war, wie es heißt, allein in dem Raume, in welchem das Feuer auskam, und öffnete in seiner wegen des mit einem Male fühlbar gewordenen brenzligen Geruchs entstandenen Angst und Kopflosigkeit ein Gasrohr, daß er vielleicht für ein Wasserrohr gehalten haben mochte.

Sofort schlug eine starke Stichflamme hervor, die in ganz kurzer Zeit den Brand zu voller Entfaltung brachte, so daß jegliche Rettung des Gebäudes unmöglich war.

In seinem Gewissen bedrängt, hat der Lehrling dann bald darauf seine Schuld selbst freiwillig gestanden.“

* * *

Lesen Sie auch:

Ein Gang durch die Zuckerfabrik Opalenitza – 1898

http://hauland.de/ein-gang-durch-die-zuckerfabrik-opalenitza-1898/

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:   Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra)

Grabsteine Friedhof Blenke – Die Brüder Hirt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Grabstein der Brüder Heinrich und Otto Hirt - Aufn. PM [349]

Grabstein der Brüder Heinrich und Otto Hirt – Aufn. PM

Hier ruhen in Gott

Heinrich Hirt (vollst. Heinrich Wilhelm)
geb. 07. Januar 1883 zu Blenke – gest. 23 Dezember 1886 zu Blenke

und

Otto Hirt (vollst. Heinrich Otto)
geb. 08 September 1877 zu Blenke -gest. 15 Dezember 1886 zu Blenke

Sie waren die jüngsten Söhne des Eigentümers und Müllermeisters zu Blenke Johann Carl Wilhelm Hirt und dessen Ehefrau Caroline Wilhelmine Rothe gewesen.

Die jüngere Schwester der beiden

Emilie Anna Hirt
geb.11 Januar 1886 zu Blenke – gest. 31 Dezember 1886 zu Blenke

welche nur wenige Tage nach ihren Brüdern verstarb. wurde scheinbar nicht in Inschrift auf dem gefundenen Grabstein erwähnt. Nicht bekannt ist, wie die vollständige Grabstätte gestaltet gewesen ist.

Weitere Geschwister waren Carl Robert Hirt, geb. 16. Oktober 1872 – er ehelichte 1902 Amalie Martha Schneider, Maria Alwine Hirt, geb. 11 Dezember 1874 – sie ehelichte 1895 Johann Carl Gottfried Steinke, Wilhelmine Auguste Hirt, geb. 14 April 1880 – sie wiederum ehelichte 1900 Johann Ernst Gottlieb Jachmann; ein Junge welcher während der Geburt am 16 Februar 1888 verstarb und Emilie Martha Hirt, geb 10. März 1894 (von sind zur Zeit keine weiteren Daten bekannt), gewesen.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Grabsteine Friedhof Blenke – Johann Gottlieb Jaekel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Grabstein Johann Gottlieb Jaekel (1805-1875) / Aufn. PM [350]

Grabstein Johann Gottlieb Jaekel (1805-1875) / Aufn. PM

Johann Gottlieb Jaekel war einstiger Eigentümer im Dorf Blenke gewesen. Er fand auch Erwähnung als Kirchenältester. Er war ca. 1805 als Sohn der Eheleute Christian Jaekel und der Anna Elisabeth geb. Heinrich geboren worden, er verstarb am 04. Juli 1875 in Blenke.

Nicht bekannt ist, zu wann und wo er geheiratet hatte.

Seine Frau war Wilhelmine Dorothea geb. Wohlfeil gewesen. Sie stammte aus Konitz in Westpreußen und war dort ca. 1811 als Tochter des Johann Wohlfeil und dessen Ehefrau einer geborenen Niederlage mit unbekanntem Vornamen geboren worden; sie verstarb 1877 in Blenke.

Als Kinder des Paares fanden sich in den alten Personenstandunterlagen

* * *

Kurz nach Veröffentlichung des Artikels wurde schon eine 1ste Ergänzung zu den Familiendaten eingesandt – Vielen Dank an Marcus !

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Militärpflichtige und Invalidenprüfungsverfahren im Juni 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Albertoske,Alt Dabrowo,Alt Dombrowo,Alt Tomysl,Bez kategorii,Brody,BukowiecDE,Chmielinke,Chraplewo,Cichagora,Duschnik,Glinau,Glupon,Groß Lipke,Komorowo,Koseloske,Kozielaske,Kreisblatt,Kuschlin,Neu Tomysl,Neustadt bei Pinne,Neutomischel,Paprotsch,Personen, Familien,Porazyn,Posadowo,Scherlanke,Sontop,Steinberg,Wasowo / Wonsowo,Wymyslanke,Wytomysl / Witomischel,Zinskowo | Kommentare sind deaktiviert
Der ehemalige Schwarze Adler / Ausschnitt aus AK Sammlung Wojtek Szkudlarski [45]

Der ehemalige Schwarze Adler / Ausschnitt aus AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

“Im Jahr 1871 dehnten die Artikel 57 ff. der Reichsverfassung die in Preußen seit 1814 geltende allgemeine Wehrpflicht auf ganz Deutschland aus. So hatte nun „jeder Deutsche“ mit vollendetem 20. Lebensjahr 7 Jahre lang dem Heer oder der Marine anzugehören. Um im Allgemeinen wissenschaftliche und gewerbliche Ausbildung so wenig wie möglich durch die allgemeine Wehrpflicht zu stören, war es jedem jungen Mann überlassen, schon nach dem vollendeten 17. Lebensjahr, wenn er die nötige moralische und körperliche Qualifikation hatte, freiwillig in den Militärdienst einzutreten.  Alle Wehrpflichtigen waren, wenn sie nicht freiwillig in die preußische Armee eintraten, vom 1. Januar des Kalenderjahres an, in welchem sie das 20. Lebensjahr vollenden, der Aushebung unterworfen (militärpflichtig). Sie hatten sich zu diesem Zwecke bei den zuständigen Ersatzbehörden regelmäßig zu melden, bis über ihre militärische Verwendung entschieden wurde, jedoch höchstens zweimal jährlich” (2)

Am Dienstag, den 29. Mai 1900 wurde im Amtlichen Teil des Kreisblattes von Neutomischel wie folgt bekannt gegeben:

Das diesjährige Ober-Ersatz-Geschäft findet am Mittwoch, den 20. und Donnerstag, den 21. Juni im Hotel zum Schwarzen Adler in Neutomischel (Inhaber H. Niedbal) statt.

Sämmtliche vorzustellenden Militärpflichtigen fordere ich hierdurch auf, an den vorbezeichneten Tagen Morgens 6 Uhr pünktlich und im nüchternen und reinlichen Zustande auf dem Gestellungsplatze zu erscheinen und dort solange anwesend zu bleiben, bis ihre Entlassung erfolgt.

Mannschaften, welche unentschuldigt fehlen in oder trunkenen Zustande oder nicht rein gewaschen erscheinen sollten, haben ihre Bestrafung auf Grund der Regierungs-Polizei-Verordnung vom 14. Mai 1885 mit Geldstrafe bis zu 30 Mk. event. verhältnismäßiger Haftstrafe zu gewärtigen.

Personen, zu deren Gunsten, Reklamationen angebracht worden sind, wie Vater, Mutter oder andere Familienangehörige, haben im Aushebungsgeschäft persönlich zu erscheinen.

Die Herren Guts- und Gemeindevorsteher oder im Behinderungsfalle deren Stellvertreter haben dem Ober-Ersatz-Geschäft, welches an jedem Tage um 8 Uhr Vormittags beginnt, beizuwohnen und insbesondere genau auf die Identität der vorzustellenden Mannschaften zu achten. Es kommen zur Vorstellung:

am Mittwoch, den 20. Juni

a.) die zur Ersatz-Reserve desiguirten Mannschaften und zwar:

  1. Schallert, Karl Hermann – Cichagora
  2. Wilk, Peter – Gronsko
  3. Roy, Friedrich Wilhelm – Neurose
  4. Lecinski, Wladislaus – Pakoslaw
  5. Enkelmann, Johann Robert Wilhelm – Paprotsch
  6. Ratajczak, Jakob – Neustadt b. P. Schloß
  7. Girndt, Friedrich Heinrich Ferdinand – Cichagora
  8. Rausch, Gustav Hermann – Glinau
  9. Gawalek, Franz – Neustadt b. P.
  10. Heckert, Johann Gustav – Groß Lipke
  11. Lauba, Martin – Neustadt b. P. Stadt
  12. Wiesner, Otto – Neustadt b. P. Stadt
  13. Piontek, Valentin – Pakoslaw
  14. Roesler, Johann Gustav – Scherlanke
  15. Rau, Paul Gustav Richard – Zinskowo
  16. Bleschke, Johann Augusta Paul – Albertoske
  17. Bielke, Johann Hermann – Brody
  18. Jagiela, Franz – Neustadt b. P.

b.) die zum Landsturm designierten Mannschaften und zwar:

  1. Gebauer, Johann Karl Heinrich – Neutomischel
  2. Schiller, Friedrich Karl – Neutomischel
  3. Müller, Paul Gustav – Kozielaske
  4. Bernhardt, Johann Karl Hermann – Paprotsch
  5. Fabian, Stephan – Witomischel Gut
  6. Michalak, Georg – Witomischel Gut
  7. Pfeiffer, Johann Karl Reinhold – Chraplewo
  8. Briese, Franz – Neustadt b. P. Schloß
  9. Schalotta, Johann Reinhold – Kozielaske
  10. Protsch, Friedrich Wilhelm – Paprotsch
  11. Szczepanski, Ignatz – Porazyn
  12. Deutschmann, Johann Paul – Tegel Strafgefängniß
  13. Hendschke, Rudolph Albert – Wengielno
  14. Gorny, Stanislaus – Glinau
  15. Stephan, Ernst Richard, Neustadt b. P.
  16. Labsch, Gustav Hermann Ferdinand – Paprotsch
  17. Gutsche, Robert Oskar – Glinau
  18. Adamczak, Andreas – Komorowo Gut
  19. Roy, Johann Karl Heinrich – Neurose
  20. Pechstein, Karl Heinrich – Glupon
  21. Opitz, Michael – Wonsowo
  22. Seide, Oswald Hermann – Zinskowo
  23. Drobnik, Mathias – Zembowo
  24. Sokolski, Georg Richard – Neutomischel

c.) die dauernd Untauglichen und zwar:

  1. Pflaum, Friedrich Wilhelm – Paprotsch
  2. Matuszewski, Berthold August – Dombrowo
  3. Müller, August Ferdinand – Glinau
  4. Konieczny, Ludwig – Pakoslaw
  5. Kaßner, Paul Ernst Karl – Neutomischel
  6. Kaczmarek, Stephan, Neustadt b. P. Schloß
  7. Jendrzejczak, Andreas – Neustadt b. P.
  8. Zeuschner, Paul Gustav – Albertoske
  9. Kuhnke, Johann Hermann Reinhold – Neutomischel
  10. Rausch, Gustav Reinhold – Neutomischel
  11. Joachim, Gustav Otto – Kuschlin
  12. Müller, Rudolph – Krummwalde
  13. Trafny, Michael – Porazyn
  14. Walor, Joseph – Wonsowo

d.) die vom Truppentheil abgewiesenen Freiwilligen,

e.) die vorläufig beurlaubten Rekruten

f.) die zur Disposition der Ersatzbehörden entlassenen Mannschaften

g.) die kranken Reservisten und Wehrleute

♦ ♦ ♦

Ferner findet das Invaliden-Prüfungsverfahren statt am Donnerstag, den 21. Juni

a.) die brauchbaren Mannschaften und zwar:

  1. Köster, Friedrich – Chmielinko
  2. Drescher, Otto Paul – Blake
  3. Rudolph, Friedrich Wilhelm – Blake
  4. Szarata, Anton – Steinhorst
  5. Beder, Theophil – Brody
  6. Mania, Andreas – Brody
  7. Lange, Johann Carl Adolph – Konkolewo
  8. Jäkel, Friedrich Wilhelm – Jastrzembnik
  9. Minge, Paul – Komorowo Hld.
  10. Ratajczak, Stephan – Konin
  11. Schild, Johann Lorenz – Krummwalde
  12. Sander, Johann Ferdinand – Kuschlin
  13. Kasperczak, Michael – Michorzewo
  14. Klorek, Lorenz – Bukowiec
  15. Fleischer, Paul Otto – Konkolewo
  16. Werner, Hermann Oswald – Neutomischel
  17. Hampel, Oskar – Neustadt b. P. Stadt
  18. Joel, Martin – Neustadt b. P. Stadt
  19. Seydel, Arthur – Neustadt b. P. Stadt
  20. Weinert, Oskar Ferdinand – Neutomischel
  21. Kurtz, August Hermann – Paprotsch
  22. Lange, Wilhelm Hermann – Paprotsch
  23. Slocinski, Ignatz – Porazyn
  24. Kaczmarek, Anton – Konin
  25. Kapella, Johann – Rose
  26. Abraham, Karl Gustav – Sontop
  27. Redlich, Hermann Gustav – Wonsowo
  28. Stein, Paul Otto – Sontop
  29. Schalotta, Franz – Scherlanke
  30. Niewidzial, Franz – Wonsowo
  31. Tepper, Karl Ferdinand – Zinskowo
  32. Sauer, Ernst Reinhold – Brody
  33. Lehmann, Michael – Brodki
  34. Piontek, Theophil Hermann – Michorzewo
  35. Drange, Johann Paul Gustav – Cichagora
  36. Voigt, Albert Gustav – Scherlanke
  37. Jaeck, Bruno Hermann – Rose
  38. Horn, Johann Karl August – Julianna
  39. Jaeger, Johann August Wilhelm – Bobrowke
  40. Pieta, Albert – Neutomischel
  41. Schwang, Otto Wilhelm – Konkolewo
  42. Helmchen, August – Chmielinko
  43. Klemt, Johann – Chmielinko
  44. Minge, Johann – Gr. Lipke
  45. Müller, Ernst Richard – Neutomischel
  46. Kasperkowiak, Bronislav – Glupon
  47. Smentek, Stephan – Neustadt b. P.
  48. Gutsche, Adolf – Paprotsch
  49. Schilke, Hermann Robert – Komorowo
  50. Schulz, Gustav Adolph – Komorowo Hld.
  51. Josesek, Jakob – Konin
  52. Neumann, Ernst Karl – Konkolewo
  53. Schiller, Johann Karl Gustav – Konkolewo
  54. Paschke, Johann Andreas – Gr. Lipke
  55. Wicrzchacz, Michael – Glupon
  56. Wolski, Leon – Neustadt b. P.
  57. Niemyt, Joseph – Porazyn
  58. Welke, Karl Richard – Scherlanke
  59. Hoffmann, Karl Gustav – Sontop
  60. Kaczmarek, Joseph – Sworzyce
  61. Knispel, Ernst Friedrich Wilhelm – Wengielno
  62. Konieczny, Stephan – Witomischel Gut
  63. Eichler, Karl Reinhold – Wonsowo
  64. Buchwald, Emil Paul – Zembowo
  65. Kaczmarek, Nikolaus – Zembowo
  66. Jarmusz, Michael – Bukowiec
  67. Tomiak, Lorenz – Cichagora
  68. Gebauer, Johann Reinhold Wilhelm – Paprotsch
  69. Hensel, Paul Oskar – Zinskowo
  70. Wrzyszcz, Michael – Konin
  71. Skiba, Joseph – Steinhorst
  72. Perzynski, Valentin – Neustadt b. P.
  73. Köhler, Dienegott – Glinau
  74. Fieland, Arthur Cäsar Paul Otto – Chmielinko
  75. Dukat, Andreas – Konkolewo
  76. Krygier, Wojciech Wladislaus – Michorzewko
  77. Schostag, Gustav Wilhelm – Neutomischel
  78. Wilk, Martin – Zembowo
  79. Dluszewski, Stanislaus – Pakoslaw
  80. Hoffmann, Friedrich Karl – Sontop
  81. Reisch, Karl Robert – Neutomischel
  82. Poelchen, Reinhold Otto – Linde
  83. Fechner, Johann Samuel – Gr. Lipke
  84. Spychala, Stephan – Glupon
  85. Mettchen, Gustav – Chmielinko
  86. Koschitzke, Johann Paul – Kl. Lipke
  87. Heinrich, Paul Richard – Sontop
  88. Müller, Rudolph Ernst – Sontop
  89. Starzak, Felix – Neustadt b. P.
  90. Müller, Johann Hermann – Wymyslanke
  91. Fabian, Peter Paul – Alttomischel
  92. Schade, Gustav – Chmielinko
  93. Kubaczyk, Matheus – Chraplewo
  94. Kasper, Gustav Hermann – Scherlanke
  95. Szofer, Wojciech – Bollwitz
  96. Sauer, Heinrich Robert – Komorowo Hld.
  97. Kläbe, Karl Fritz – Chmielinko
  98. Huske, Friedrich Rudolph – Schleife
  99. Hartwig, Gustav Reinhold – Wengielno
  100. Jänsch, Karl Reinhold – Kuschlin
  101. Nowakowski, Stanislaus – Komorowo
  102. Gmerek, Johann – Brodki
  103. Lecinski, Max – Pakoslaw
  104. Schiller, Johann August – Glupon
  105. Hoffmann, Hermann – Dombrowo
  106. Neumann, Gottlieb – Chmielinko
  107. Baum, Albert Friedrich – Neutomischel
  108. Sperling, Hermann – Glinau
  109. Kaczmarek, Ignatz – Posadowo
  110. Stenschke, Johann Friedrich Wilhelm – Chmielinko
  111. Przewozny, Albert (Wojciech) – Pakoslaw
  112. Kliszko, Anton – Glupon
  113. Lotka, Ludwig – Paprotsch
  114. Medam, Friedrich – Steinhorst
  115. Kuhnke, Johann Gustav Hermann
  116. Miezal, Peter – Neustadt b. P.
  117. Fenske, Max Emil – Sontop
  118. Lüdke, Paul Reinhold – Neurose
  119. Bettge, Richard – Neustadt b. P.
  120. Kaczmarek, Franz – Brody
  121. Conrad, Ernst August Emil – Neutomischel
  122. Marsch, Gustav Adolf – Wengielno
  123. Kraft, Karl Heinrich – Paprotsch
  124. Stiehler, Gustav Hermann – Krummwalde
  125. Lehmann, Johann Friedrich August – Tarnowce
  126. Grocholewski, Joseph – Neustadt b. P.
  127. Reimann, Gotthold Bernhard – Kuschlin
  128. Jendrzejczak, Johann – Gronsko
  129. Grunwald, Karl Berthold – Zinskowo
  130. Janas, Anton – Brody
  131. Gomula, Johann – Kuschlin
  132. Ortlieb, Ernst Ferdinand – Scherlanke
  133. Pawlik, Andreas – Witomischel Gem.
  134. Roy, Paul Hermann – Paprotsch
  135. Ortlieb, Johann Paul – Witomischel Gem.
  136. Seide, Paul Reinhold – Zinskowo
  137. Koza, Andreas – Alttomischel
  138. Dudek, Stanislaus Andreas – Gerichtsgefängniß Lübben
  139. Schonski, Friedrich – Paprotsch
  140. Binder, Karl Gustav – Wonsowo
  141. Kazmierowski, Nepomucen -Bukowiec

b.) die in Zugang gekommenen Militärpflichtigen.

Neutomischel, den 28. Mai 1900

Der Civilvorsitzende der Ersatzkommission des Kreises Neutomischel

von Daniels

* * *

Daten weiterer Musterungen unter:
Militärpflichtige und Invalidenprüfungsverfahren im Mai 1898
http://hauland.de/militaerpflichtige-und-invalidenpruefungsverfahren-im-mai-1898/

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1900; 2) Einleitung:https://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fische_Armee

Orgelrenovierung im Jahr 1908 in Neu Tomysl

geschrieben von Gudrun Tabbert
(R. Jungnik - Kantor / 1908)
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2012 - Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl - Aufn. PM [351]

2012 – Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl – Aufn. PM

„Nachdem in unserer evangelischen Kirche an 4 Sonntagen, einer umfassenden Reparatur der Orgel wegen, der Gemeindegesang nicht begleitet werden konnte, hatten wir am letzten Sonntag (19. Juli 1908) die Freude, dieses weihevolle Instrument wieder in seiner ganzen Fülle zu hören. Mit außerordentlichem Geschick, großer Sachkenntnis und peinlichster Sorgfalt hat unser Orgelbaumeister, Herr Janott, durch Renovierung der Orgel ein durchaus modernes Kunstwerk geschaffen.

Wenn auch das äußere Gewand des Instrumentes keine wesentliche Veränderung aufweist, so ist doch der innere Ausbau nunmehr ein ganz anderer.

Aus unserer vordem „mechanisch“ angelegten Orgel ist ein „pneumatisches“ Instrument geworden. Dadurch ist eine wesentlich leichtere Spielart entstanden, ein bedeutender Vorteil für den Organisten und damit auch für die Gemeinde. Sechzehntel-Passagen lassen sich nunmehr mit Leichtigkeit ausführen, was früher nur mit Aufwendung der ganzen Körperkraft möglich war. Die frühere mechanische, so überaus schwerfällig Registrierung ist der pneumatischen gewichen und lassen sich nunmehr allerlei Klangeffekte herstellen, die bei der früheren Konstruktion unmöglich waren. Daher erblickt der weniger Sachkundige über den beiden Manualen die „Registertasten“, die ein leichtes Registrieren auch während des Spieles gestatten. Dazu gesellt sich noch der so überaus wirkungsvolle „Schweller“, der ein Crescendo von guter Wirkung, ein Anschwellen des Tones vom zartesten Pianissimo bis zum Brausen ganzer Tonmassen im vollen Werke gestattet. Die neu hinzugefügte Oktavkoppel erhöht noch bedeutend die Wirkung der vollen Orgel.

An Stelle der so mangelhaften „Trompete“, die eigentlich der Gemeinde bisher nur an 2 Sonntagen nach einer Reparatur zu Gehör gebracht werden konnte, ist eine tonlich dauerhafte „Violine“ getreten, die mit ihrem streichenden etwas näselnden Tone Abwechselung in die Klangfarben der Orgelstimmen bringt. Es ist übrigens dieses Register der früheren Trompete so täuschend ähnlich intoniert, daß man eben eher eine Rohr- als eine Labialstimme dahinter vermutet. Neu hinzugefügt ist ferner jene zarte Aeoline, die mit ihrem hauchenden Tone in keiner modernen Orgel fehlen darf.

2012 - Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl - Aufn. PM [352]

2012 – Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl – Aufn. PM

Wenn man bei pneumatischen Orgeln oft Klage über schwere Ansprache bezw. zu schwerfälliges Loslassen des Tones hört, so muß bekannt werden, daß es eine Errungenschaft des Herrn Janott ist, diese Fehler bis auf das möglichste Maß beseitigt zu haben. Die Ansprache läßt selbst im „Stakkato“ bei voller Orgel nichts zu wünschen übrig. Neu ist auch der „Tremulant“, der bei schwacher Registrierung ein Vibrieren des Orgeltones bewerkstelligt und namentlich bei Tonstücken elegischer Stimmung mit Vorteil angewandt werden kann, und der dadurch auch ein gut Teil zur Abwechselung des musikalischen Teiles unserer Gottesdienste beitragen wird.

Alles in Allem: Die Reparatur der Orgel, bezw. deren Erweiterung ist mit derartiger Hingebung, Sachkenntnis und Sorgfalt ausgeführt, daß Herrn Janott hierfür öffentlich Dank gebührt. Geehrten Reflektanten aber möge die hiesige Orgelbauanstalt hiermit bestens empfohlen sein.“

 * * *

Bei Wikipedia ist zu finden: „Die pneumatische Spieltraktur setzte sich in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts langsam durch und wurde gegen Ende jenes Jahrhunderts zur wohl gebräuchlichsten Trakturart bei Orgelneubauten, besonders bei größeren Orgelneubauten.

Im Laufe der Zeit entwickelten sich mehrere verschiedene Formen der Pneumatik. Ihnen allen liegt aber ein gemeinsames Prinzip zu Grunde: Die Tasten selbst betätigen nur kleine Steuerventile. Diese lassen oder entlassen die Luft durch lange, dünne Bleirohre (Bleikondukten). Damit werden weitere Bälgchen und Ventile gesteuert, die letztlich dafür sorgen, dass die Pfeifen erklingen“

Für weitere Ausführungen siehe unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Traktur

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Weitere Artikel in der Reihe des Orgelbaues und der Orgel in Neu Tomysl:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

Sherlock Holmes falsch verstande – 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Von Sidney Paget (1860-1908) - de.WP, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6635141 [353]

Von Sidney Paget (1860-1908) – de.WP, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6635141

Der Sattlergeselle Alfred Japke stieg durch ein Fenster in das Kontor der Koeppler’schen Getreidehandlung (Wollstein), wo er für den Jahrmarkt eine größere Summe Geldes vorhanden wußte. In der Absicht, den im Kontor stehenden Geldschrank zu erbrechen, hatte er sich mit einem Stemmeisen und einer Zange versehen; außerdem führte er ein langes, dolchartiges Messer mit sich. Koeppler wurde durch seinen Hund aus dem Schlafe geweckt, als der Einbrecher durch die offenstehende Tür in das Schlafzimmer eindrang und mit dem gezogenen Messer auf ihn zukam. Es entspann sich ein heftiges Ringen, in dessen Verlaufe Koeppler durch mehrere Messerstiche schwer verletzt wurde. Inzwischen war durch die Schwester des Ueberfallenen aus der Nachbarschaft Hilfe herbeigerufen worden. Es gelang, den Verbrecher zu überwältigen und der Polizei zu übergeben. Japke ist der Sohn des allgemein geachteten Gemeindevorstehers in Kaisertreu (Podgradowice) bei Rakwitz. Was ihn zu dieser Tat getrieben, konnte noch nicht festgestellt werden. Er selbst stellt sich als das Opfer der Scherlock-Holmes-Lektüre hin, die in ihm einen unwiderstehlichen Drange zu verwegenen Taten hervorgerufen habe.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Das Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes in Nowy Tomyśl / 2017

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski)
am in Friedhöfe,Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
April 2017 - das Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes / Aufn. PM [354]

April 2017 – das Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes / Aufn. PM

Liebe Leser,

seitens des derzeitigen Bürgermeisters der Stadt, Herrn Włodzimierz Hibner, startete der Aufruf zur Einsendung von „Visionen und Ideen über die Entwicklung der Stadtparzelle Reg. Nr. 284/16“ bis zum 15. Mai 2017.

Dieses ist das Areal des ehemaligen evangelischen Friedhofes, auf welchem auch der Gedenkstein zur Erinnerung der hier zur letzten Ruhe bestatteten ehemaligen evangelischen Einwohner der Stadt steht. Dieser Stein wurde seinerzeit gemeinsam von ehemaligen evangelischen deutschen und den heutigen polnischen Einwohnern der Stadt aufgestellt.

Die Geschichte des Geländes ist eine traurige, man kann fast sagen eine dramatische.

Nach dem Krieg wurden alle Grabmale abgetragen und die Regierung errichtete auf einem Teil des Geländes Garagen – dabei gefundene Gebeine wurden in einem Grab auf dem katholischen Friedhof beigesetzt.

1981 wurde auf einem weiteren Teil des Friedhofes ein Restaurant mit einer Anzahl von Parkplätzen eröffnet. Später wurde dieses zu einer Diskothek, einem SB-Warenhaus und jetzt ist dort der Supermarkt „Marienkäfer“ zu finden.

Vom ehemaligen Friedhofs verblieb nur ein Restfläche von etwa 60%. Dieses Areal ist heute ein Grünfläche, welche mit alten Bäumen bestanden ist.

Durch die Bauarbeiten des Supermarktes „Marienkäfer“ wurde schon tief in die Natur eingegriffen. Trotz der Zusage, dass der Baumbestand erhalten bleiben solle, hat dieser, wie sich inzwischen zeigt, sehr gelitten und es ist auch nicht erkennbar, das unterstützende Maßnahmen ergriffen werden um einem Fortschreiten des Absterbens Einhalt zu gebieten.

Die feierliche Einweihung des Gedenksteines zur Erinnerung an den ehemaligen evangelischen Friedhof / Aufn. 2003 A. Kraft [355]

Die feierliche Einweihung des Gedenksteines zur Erinnerung an den ehemaligen evangelischen Friedhof / Aufn. 2003 A. Kraft

Auch wurden bei diesen Bauarbeiten wieder menschliche Gebeine freigelegt, welche wiederum in dem Grab auf dem katholischen Friedhof beigesetzt wurden. Weiterhin zeigte sich beim Aushub zur Errichtung einer großen Werbesäule, dass sich im Untergrund sehr gut erhaltene, aus Ziegeln errichtete, Grabbauten befinden.

Wir sind der Meinung, das auf dem verbliebenen Rest-Areal eine Grünfläche erhalten bleiben sollte. Es sollten keine weiteren Bauten errichtet werden, welche weitere Exhumierungen erforderlich machen würden.

Das Gelände könnte, dieses als eine Idee, durch Wiederherstellung alter Wege, dem Aufstellen von Bänken, vielleicht auch einiger Korbweidenskulputuren, für die die Stadt ja berühmt ist, und mit etwas Pflege zu einem Ort der Begegnung werden. Ein solches Projekt würde Mensch und Menschen mit der Natur zueinander bringen.

Inoffizielle Pläne auf dem Areal zum Beispiel einen Spielplatz einzurichten, können wir nicht unterstützen;  die Stadt verfügt zudem über einige andere Grundstücke für solche Einrichtungen. Nicht nur, dass das gesamte alte Friedhofsgelände dazu „geräumt“ werden müsste, so ist es auch so, dass wir empfinden, dass für diesen Ort eine Harmonie aus und für Erinnerungen, Begegnungen und Besinnung mit einer zukünftigen Nutzung in Einklang stehen sollte.

Aufnahme des Gedenksteines, links im Bild erkennbar ein Teil der heutigen Bebauung / Aufn. PM [356]

Aufnahme des Gedenksteines, links im Bild erkennbar ein Teil der heutigen Bebauung / Aufn. PM

Wenn Sie, wie wir es tun, für eine Erhaltung des Geländes als Naturpark votieren, ja vielleicht auch einen Vorschlag haben, wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie dieses mit ein „paar Zeilen“ bis zum Einreichungstermin am 15. Mai 2017 an den Bürgermeister der Stadt mitteilen würden.

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Unter dem Betreff : „Beratung – 15. Mai 2017“ kann diese/-s gesandt werden an

die E-Mail Adresse: sekretariat@nowytomysl.pl [357]
die Postanschrift: Gemeindeamt in Nowy Tomyśl, ul. Poznańska 33, 64-300 Nowy Tomyśl.

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Vielen Dank !

Przemek Mierzejewski und Gudrun Tabbert

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Dakowy Mokre – 1896 – Großfeuer …

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Dakowy Mokre - Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft [358]
Dakowy Mokre – Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft

…mit Verlust von Menschenleben !

So lautete die Meldung am 11. Juni 1896 in der Mittags-Ausgabe des Posener Tageblattes.

„Gestern (10. Juni 1896) abend brach gegen 10 Uhr auf bisher unaufgeklärte Weise in einer Scheune auf dem Dominium Dakowy Mokre Feuer aus, das so rapide um sich griff, daß in kurzer Zeit fast sämmtliche Wirthschaftsgebäude in Flammen standen.

Viel Vieh, namentlich Luxuspferde sind in den Flammen umgekommen.

Ein Wirthschaftsbeamter, der sein Reitpferd zu retten beabsichtigte, kam aus dem Stalle nicht mehr zurück und wurde heute verkohlt unter der Brandstätte gefunden.

Der Generalbevollmächtigte Herr von Karlowski, welcher die Kutschpferde retten wollte, kam zwar aus dem brennenden Stalle lebend heraus, hat aber derartige Brandwunden erlitten, daß er mit einem ebenfalls beim Brande verletzten Wirthe aus Dakowy, nach Buk gebracht wurde, wo beiden ärztliche Hilfe zu Theil wurde.

Herr von Karlowski ist unter Begleitung des hiesigen Arztes Dr. Wroblewski in ein Krankenhaus nach Posen überführt worden. An seiner Wiederherstellung zweifelt der hiesige Arzt. Der betreffende Wirth wurde im hiesigen Krankenhause untergebracht.

Der Rechnungsführer Herr Leporowski, sowie ein Nachtwächter haben ebenfalls schwere Brandwunden erhalten.“

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Die Morgen-Ausgabe selbiger Zeitung vom 14. Juni 1896 ergänzte noch am 12. Juni erhaltene Einzelheiten: „Der bei dem Feuer in Dakowy durch Brandwunden schwer verletzte Wirth Kubera ist in der vergangenen Nacht (11. Juni 1896) im hiesigen (Buk) Krankenhause nach furchtbaren Qualen verstorben.

Für das Auskommen des ebenfalls bei dem Unglück schwer verletzten Nachtwächters Milczynski – er ist hier (Buk) im Krankenhause ist sehr wenig Hoffnung vorhanden.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Posener Tageblatt” 1896

Schöffengerichtssitzungen Januar – Juni 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Nachstehend sind die Verhandlungspunkte und Urteile der Schöffengerichtssitzungen vom Januar – Juni 1906 wiedergegeben.

Entnommen wurde die Berichterstattung dem Neutomischler Kreisblatt des Jahres 1906.

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Schöffengerichtssitzung vom 10. Januar 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr Eigentümer Sperling-Neuborui und Herr Bäckermeister Liepelt-Neutomischel

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Eigentümer Ignaz Freitag aus Krummwalde wurde wegen Wilddieberei zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt, auch wurde auf Einziehung des Gewehrs erkannt. Der Arbeiter Anton Freitag und der Arbeiter Leo Grieger waren ebenfalls wegen Wilddieberei angeklagt, wurden aber freigesprochen
  2. Der Zimmergeselle Stanislaus Czezak, der Maurer Paschke und Minge aus Groß-Lipke waren angeklagt, den Eigentümer Christoph Heinrich daselbst gemeinschaftlich mißhandelt zu haben. Sie wurden freigesprochen
  3. Ebenfalls freigesprochen wurde die Josepha Rataiczak aus Bukowiec, die angeklagt war, dem Eigentümer Pirsch einige Ziegelsteine entwendet zu haben.
  4. Der Eigentümer J. Rozek aus Wonsowo wurde wegen Bedrohung und Körperverletzung mit 15 Mark bestraft. .
  5. Der Arbeiter Muß aus Sawade wurde wegen Arrestbruchs mit 6 Wochen Gefängnis bestraft; der Müllermeister Rudolf und Eigentümer Stein, die desselben Vergehens beschuldigt waren, wurden freigesprochen.
  6. Der Bäckermeister Kornoz aus Opalenitza und der Eigentümer Gierke aus Bukowiec hatten mit ihren Pferden getauscht, ohne im Besitz der vorschriftsmäßigen Pferde-Atteste zu sein. Sie erhielten dieserhalb Strafbefehle in Höhe von je 15 Mark, wogegen sie Berufung einlegten, wodurch sie ihre Freisprechung erzielten.
  7. In der Privatklagesache des Ausgedingers Stanislaus Kwasceniewski und Marianna Kwasceniewski zu Alttomischel gegen Gutsch kam ein Vergleich zustande.
  8. Der Ausgedinger Gottfried Pochstein zu Alttomischel wurde mit seiner Privatklage gegen die Schmiedemeisterfrau Idziak abgewiesen, desgleichen
  9. auch seine Ehefrau, die ebenfalls Klage gegen Idziak eingereicht hatte.
  10. Die Privatklagesache des Eigentümers Heinrich Wolke zu Glinau gegen den Eigentümersohn Gebauer wurde dahin erledigt, daß der letztere die Kosten übernahm, während der Kläger seine Klage zurückzog.
  11. In derselben Weise wurde auch die Privatklage des Eigentümersohns Konrad Kuß in Cichagora gegen die Arbeiterfrau Josepha Dobczinska aus Bukowiec erledigt.

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Schöffengerichtssitzung vom 24. Januar 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Kurz-Paprotsch und Reschke-Scharke.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der domizillose Eduard Heyder wurde wegen Bettelns und Widerstandes gegen die Staatsgewalt mit 2 Wochen Haft, welche als verbüßt zu erachten waren, und mit 2 Wochen Gefängnis bestraft.
  2. Das Dienstmädchen Selma May aus Sontop war des Diebstahls angeklagt, sie kam mit einem Verweise davon
  3. Der wegen Jagdvergehens angeklagte Reinhold Abraham aus Cichagora wurde freigesprochen.
  4. Reinhold Günther und Eigentümersohn Hermann Schlinke aus Cichagora waren wegen Körperverletzung angeklagt. Ersterer wurde mit 3 Mk. bestraft, letzterer dagegen freigesprochen.
  5. Die Eigentümerfrau Zeuschner und die Arbeiter Otto Kurz und Albert Fiedler aus Paprotsch waren des Diebstahls beschuldigt. Erstere wurde mit einer Woche, letztere mit je einem Tage Gefängnis bestraft.
  6. Der Eigentümer Otto Girndt aus Neuborui erhielt wegen gleichen Vergehens drei Tage Gefängnis.
  7. Der Eigentümer Albert Lischinski aus Neurose wurde wegen Sachbeschädigung zu 5 Mark Geldstrafe verurteilt
  8. Der frühere Eigentümer August Rosenau in Neuborui und dessen Ehefrau waren wegen Bedrohung und Körperverletzung angeklagt. Ersterer wurde zu 2 Wochen Gefängnis, letztere zu 5 Mark Geldstrafe verurteilt.
  9. Die Eigentümerfrau Zeuschner aus Paprotsch wurde wegen Diebstahls zu einer Woche Gefängnis und zu 5 Mark Geldstrafe verurteilt.
  10. In der Privatklagesache des Ausgedingers Gebauer aus Glinau gegen den Eigentümer Reinhold Wolke wegen Beleidigung nahm der Kläger seine Klage zurück.
  11. In einer zweiten gegen Wolke anhängig gemachten Privatklage wurde er mit 6 Mark bestraft.
  12. In der Privatklagesache Leske gegen die Witwe Bengsch zu Neutomischel wurde letztere wegen Beleidigung zu 10 Mark verurteilt, und auf deren Widerklage wurde Leske mit 5 Mark betraft.

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Schöffengerichtssitzung vom 21. Februar 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Sägner-Sempolno und Steinke-Bukowiec.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der domizillose, zurzeit hier in Untersuchungshaft sitzende Arbeiter Stuck wurde wegen Bettelns mit 3 Wochen Haft, welche als verbüßt zu erachten waren, und wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt mit 4 Wochen Gefängnis, welche noch zu verbüßen sind, bestraft.
  2. Gegen den Fischer Martin Gorny aus Kosten war ein Strafbefehl in Höhe von 3 Mk. wegen unberechtigten Fischens erlassen worden. Durch seine Berufung erzielt er in heutiger Verhandlung seine Freisprechung.
  3. Der Maurer Joseph Hampel aus Wonsowo wurde wegen Diebstahls zu einem Tag Gefängnis verurteilt.
  4. Die Eigentümerfrau Martha Roy aus Paprotsch wurde wegen begangener Mißhandlung und Beleidigung zu einer Gesamtstrafe von 30 Mk. verurteilt.
  5. Der Eigentümer Dienegott Roy aus Scherlanke hatte sich beim Antritt seines Knechtes nicht dessen Entlassungsschein vorzeigen lassen und deswegen einen Strafbefehl erhalten. Seinen hiergegen erhobenen Einspruch zog der Genannte heute wieder zurück.
  6. Der Knecht August Rosenau aus Glinau hatte ebenfalls richterliche Entscheidung wegen eines erhaltenen Strafbefehls in Höhe von 10 Mk. beantragt, den er dadurch verwirkt hatte, daß er sich, ohne vorher seinen Dienst zu kündigen, anderweit vermietete. Auch er zog seinen Einspruch wieder zurück.
  7. Der Arbeiter Joseph Pawlicki aus Bolewitz wurde, weil er zu dem diesjährigen Musterungsgeschäft nicht erschienen war, auf Grund der Wehrordnung mit einer Mark bestraft.
  8. Der Eigentümer Stephan Majorek aus Neufeld hatten gegen einen Strafbefehl in Höhe von 5 Mk. Einspruch erhoben; er wurde freigesprochen.
  9. Der Eigentümer Joseph Czaplicki aus Groß-Lipke wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 10 Mk.verurteilt.
  10. Das Dienstmädchen Auguste Kurz aus Glinau hatte einen Strafbefehl erhalten, weil sie den bei dem Eigentümer Bielke-Glinau angenommenen Dienst nicht angetreten hatte. Sie wurde freigesprochen, weil sie bei der ersten Herrschaft nicht gekündigt hatte.
  11. Der Häusler Joseph Janelt aus Klein-Lipke war des Hausfriedensbruches und der Beleidung angeklagt. Wegen des ersteren Vergehens wurde der Angeklagte freigesprochen, wegen Beleidigung aber mit 3 Mark bestraft.
  12. In der Privatklagesache Blank gegen Emma Schäfer zu Scherlanke und gegen Ferdinand Müller ebenda nahm Ersterer die Klage zurück.
  13. In der Privatklagesache des Vogts Reinhold Kries aus Wonsowo gegen die Arbeiterin Woitkowjak ebenda wurde die Angeklagte mit 6 Mark bestraft.

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Schöffengerichtssitzung vom 07. März 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr Eigentümer Förster-Konkolewo und Herr Sattlermeister Lehmann-Neutomischel.

Es wurden folgende Sachen verhandelt:

  1. Der Abdecker Karl Kempe aus Neutomischel war des Betrugs in mehreren Fällen angeklagt und wurde mit 50 Mark bestraft.
  2. Der Eigentümer Franz Münge aus Witomischel wurde wegen Mißhandlung seines Dienstjungen mit einer Strafe von 3 Mark belegt.
  3. Joseph Blankowiak und Johann Lissek aus Witomischel wurden wegen Jagdvergehens zu je 30 Mark verurteilt, auch wurde auf Einziehung des Gewehres erkannt.
  4. Der Eigentümer Franz Zeidler aus Grudno hatte sich der Körperverletzung schuldig gemacht und wurde dieserhalb zu einer Geldstrafe von 10 Mark verurteilt.
  5. Der Arbeiter Gottlieb Weber aus Scherlanke erhielt wegen Mißhandlung und Bedrohung eine Geldstrafe von 10 Mk.
  6. Der Fleischer Albert Starnatzki aus Kirchplatz Borui hatte Fleisch in den Handel gebracht, das nicht vorschriftsmäßig besichtigt war und hatte außerdem den dortigen Fleischbeschauer beleidigt. Es traf ihn eine Gesamtstrafe von 40 Mark.
  7. Der Rentenempfänger Otto Kurz aus Paprotsch wurde zu einer Geldstrafe von 20 Mark verurteilt, weil er die Eigentümerfrau Zeuschner mißhandelt hatte.
  8. Gustav Rose hatte sich nicht rechtzeitig angemeldet und dieserhalb einen Strafbefehl von 3 Mark erhalten, wogegen er Berufung eingelegt hatte, welche verworfen wurden
  9. Es sind angeklagt: 1. Eigentümer Otto Girndt aus Neuborui, 2. Altsitzerin Johanna Girndt, 3. Altsitzer Wilhelm Girndt, 4. August Rosenau, 5. Emilie Rosenau, 6. Oskar Rosenau und 7. Arbeiter Heinrich Rosenau wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und außerdem 4.-7. des Diebstahls an Feldfrüchten. Dieselben wurden sämtlich freigesprochen mit Ausnahme des Heinrich Rosenau, welcher wegen Beleidigung des Gendarmen mit 40 Mark bestraft wird, an deren Stelle im Nichtvermögensfalle eine Haftstrafe von 8 Tagen tritt.

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Schöffengerichtssitzung vom 21. März 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr Besitzer Sperling-Konkolewo und Herr August Roy-Paprotsch.

Es kamen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Buchbindergehülfe Starczek hat seinem Chef Konrad Seeliger verschiedene Gegenstände entwendet und wurde deshalb mit 5 Tagen Gefängnis bestraft.
  2. Der Knecht Johann May aus Glinau hatte die Dienstmagd Krug beleidigt. Es traf ihn eine Strafe von 10 Mark event. von 2 Tagen Gefängnis.
  3. Romberke aus Scherlanke hatte einen Strafbefehl erhalten, weil er seine Tochter nicht zum katholischen Religionsunterricht geschickt hat. Gegen diesen Strafbefehl hatte er Berufung eingelegt, die er heute wieder zurückzog.
  4. Otto Hecke hatte einen Strafbefehl erhalten, weil er Schriftstücke gegen Bezahlung angefertigt hatte, wozu ihm die gesetzliche Erlaubnis fehlte. Gegen diesen Strafbefehl hatte er Einspruch erhoben, den er vor Eintritt in die Verhandlung zurückzog.
  5. Die Köchin Josepha Schubert aus Witomischel hatte rechtswidrig ihren Dienst verlassen und deshalb einen Strafbefehl in Höhe von 15 Mark erhalten, wogegen sie Berufung einlegt. Nach verhandelter Sache traf sie eine Strafe von 15 Mark.
  6. Die Handelsfrau Auguste Wendenburg und deren schulpflichtige Tochter Gertrud waren der Hehlerei beschuldigt, wurden aber freigesprochen.
  7. Die Privatklagesache des Karl Becker aus Scherlanke gegen Gustav Gärtner aus Neutomischel endete damit, daß der Kläger mit seiner Klage abgewiesen wurde.
  8. In der Privatklagesache der Holzhändlerfrau Gallas aus Paprotsch gegen den Eigentümer Otto Tepper ebenda nahm erstere die Klage zurück, letzterer übernahm die Kosten.
  9. In der Privatklagesache des Handelsmanns Lukas gegen den Schmiedemeister Reinhold Rex aus Friedenwalde zog ersterer seine Klage zurück.

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Schöffengerichtssitzung vom 04. April 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr Bäckermeister Liepelt-Neutomischel und Herr Besitzer Kurz-Paprotsch.

Es wurden folgende Sachen verhandelt:

  1. Der Altsitzer Weber in Kl.-Lipke hatte einen Strafbefehl von 3 Mk. erhalten, weil er dem Eigentümer Maczyewicz Aeste von dessen auf der Grenze stehenden Bäumen abgeschnitten haben soll. Gegen diesen Strafbefehl hatte er Einspruch erhoben, welcher aber verworfen wurde.
  2. Der Knecht Franz Mrowka aus Wonsowo hatte wegen Uebertretung der Gesinde-Ordnung einen Strafbefehl erhalten, gegen den er Widerspruch erhob. Nach verhandelter Sache wurde die Strafe auf 5 Mark belassen.
  3. Die Schüler Joseph Nawrocki und Valentin Hoinisch aus Neutomischel waren des Geflügeldiebstahls beschuldigt; wegen ihrer Jugend wurde auf einen Verweis erkannt. Wegen Hehlerei in derselben Sache war gegen die Handelsfrau Emilie Bielke Strafantrag gestellt, die Angeklagte wurde aber freigesprochen.
  4. Der frühere Eigentümer August Rosenau II aus Neuborui wurde wegen Beleidigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Gesamtstrafe von 3 Wochen Gefängnis verurteilt.
  5. Der Handelsmann August Kluge aus Neuborui wurde wegen Körperverletzung zu 20 Mark oder 4 Tagen Gefängnis verurteilt.
  6. Der Maurer Franz Misch aus Alttomischel wurde wegen Diebstahls mit 5 Tagen Gefängnis bestraft.
  7. In der Privatklagesache des Schuhmachers Simon zu Kirchplatz gegen die Malerfrau Zybulla ebenda wegen Beleidigung wurde letztere mit 5 Mark bestraft.
  8. In der Privatklagesache des Altsitzers Stanislaus Kwasniewski zu Alttomischel gegen die Eigentümerfrau Kurz wegen Beleidigung wurde der Kläger kostenpflichtig abgewiesen.
  9. Der Eigentümersohn Otto Zithier in Albertoske hat die Eigentümerfrau Wilhelmine Fenske wegen Beleidigung verklagt. Die Frau traf eine Strafe von 10 Mark.
  10. Die Privatklagesache des Maurers Günzel zu Konkolewo-Hauland gegen die Eigentümerfrau Schwang ebenda wegen Beleidigung endet mit der Verurteilung der Frau zu einer Strafe von 20 Mark oder 4 Tagen Gefängnis.
  11. Die Privatklage des Häuslers Wojciech Korbaneck in Bolewitz gegen den Eigentümer Stefan Kaczmarek und dessen Ehefrau wegen Beleidigung wurde vertagt.

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Schöffengerichtssitzung vom 18. April 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Eigentümer Herr Berthold Roy aus Glinau und Herr Reschke aus Scharke.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Eigentümer Wilhelm Schulz aus Grudno war angeklagt, durch sein Fuhrwerk der Frau Gutsch den Weg versperrt zu haben. Er wurde freigesprochen.
  2. Der Arbeiter Stefan Wijrwal aus Witomischel wurde wegen Beleidigung des Lehrers Wibiralski zu einer Strafe von 40 Mark verurteilt
  3. Der Knecht Reinhold Sucka aus Neutomischel wurden wegen Unterschlagung eines Hahns zu einem Verweise verurteilt. Der Schuhmacher Karl Kahl, der den Hahn von dem Knecht kaufte, war der Hehlerei angeklagt und wurde mit einem Tage Gefängnis bestraft.
  4. Der Eigentümer Ferdinand Redlich und Arbeiter Gottlieb Wald aus Paprotsch haben sich der Körperverletzung schuldig gemacht; Redlich bekam eine Woche, Wald 4 Wochen Gefängnis.
  5. Der Landwirt August Rosenau II aus Neu-Borui erhielt wegen Arrestbruchs 1 Woche Gefängnis.
  6. Der Schlossergeselle Michael Giercyk und der Maschinenhändler Vincent Adamczak, beide aus Opalenitza, waren wegen versuchten Betrugs angeklagt. Sie wurden freigesprochen.
  7. Die Privatklage des Eigentümers Werner aus Neurose gegen Frau Kruschel wurde durch Vergleich erledigt.

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Schöffengerichtssitzung vom 09. Mai 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, als Schöffen fungierten die Herren Saegner-Sempolno und Ortsschulze Gebauer-Scherlanke.

Es kamen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der zur Zeit hier inhaftierte Schuhmacher August Schneider wurde zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er sich des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung schuldig gemacht hatte.
  2. Der Knecht Richard Bunk aus Friedenwalde war der Sachbeschädigung und der Uebertretung des §366 angeklagt. Er wurde mit 5 Mark bestraft.
  3. Der Arbeiter Vincent Dremmel aus Grudno wurde wegen Körperverletzung mit 20 Mark bestraft.
  4. Den Altsitzer August Bläsing aus Neuborui traf eine Geldstrafe von 10 Mrk, weil er seinen Schwiegersohn Deutschmann mißhandelt hatte.
  5. Der Eigentümer Wilhelm Franke aus Neuborui erhielt 1 Tag Gefängnis wegen Diebstahls.
  6. Das Dienstmädchen Agnes Wilke aus Grätz wurde wegen Diebstahls zu 1 Tag Gefängnis verurteilt.
  7. Die Eigentümerfrau Kucz war der Uebertretung beschuldigt, wurde aber freigesprochen.
  8. Der Arbeiter Franz Piatkowski aus Bukowiec wurde wegen Hausfriedensbruchs mit 20 Mark bestraft.
  9. Die Privatklage Klose gegen Gastwirt Adam-Konkolewo wurde durch Vergleich erledigt
  10. In der Privatklagesache des Handelsmanns Kluge-Neuborui gegen den Eigentümer Heinrich Leske wurde letzterer mit 20 Mark bestraft.
  11. Die Privatklage des Gemeindevorstehers Reschke-Scharke gegen den Eigentümer Löchelt II wurde vertagt.

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Schöffengerichtssitzung vom 23. Mai 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr Steinke-Bukowiec und Herr Heinrich-Sontop.

Es kamen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Stellmacher Franz Kupczyk, der Arbeiter Valentin Kupczyk und der Arbeiter Stanislaus Nowak waren angeklagt, den Arbeiter Drag aus Bukowiec mißhandelt zu haben. Der erstere wurde mit 10 Mk., die beiden letzteren mit je 20 Mk. belegt.
  2. Die Schüler Joseph Nawrocki und Valentin Henicz aus Neutomischel wurden wegen gemeinschaftlichen Diebstahls mit einem Verweise bestraft.
  3. Die Eigentümerfrau Auguste Zeuschner aus Paprotsch traf eine Strafe von 10 Mk. wegen Hausfriedensbruches.
  4. Der Arbeiter Andreas Piechota aus Paprotsch und dessen Ehefrau waren wegen gemeinschaftlichen Betruges angeklagt. Ersterer wurde freigesprochen, letztere zu einem Monat Gefängnis verurteilt.
  5. Der Knecht Wilh. Weimann aus Paprotsch hatte einen Strafbefehl von 10 Mk. erhalten, weil er seinen Dienst verlassen hatte, ohne dazu berechtigt zu sein. Er hatte Einspruch erhoben, den er aber wieder zurückzog.
  6. Der Arbeiter Paul Müller aus Klein-Lipke erhielt wegen Kaninchen-Diebstahls einen Tag Gefängnis.
  7. Die vier Dienstjungen Bruno Joachim, Krause, Otto Ey und Otto Dach aus Friedenwalde hatten Strafbefehle erhalten, weil sie groben Unfug verübt haben sollten. Sie hatten richterliche Entscheidung angerufen und erzielten ihre Freisprechung.
  8. Die Schülerin Anna Marchewka aus Züllichau wurde wegen Diebstahls mit einem Verweise bestraft.
  9. Der Arbeiter Karl Schmidt aus Friedenwalde hatte die Briefträgerfrau Meißner mit dem Verbrechen des Totschlags bedroht und wurde deswegen mit einer Woche Gefängnis bestraft.
  10. Eine Privatklage wurde zurückgewiesen, weil der Kläger nicht zum Termin erschienen was; eine zweite Privatklage wurde durch Vergleich erledigt.

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Schöffengerichtssitzung vom 06. Juni 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr Roy-Paprotsch und Herr Förster-Konkolewo.

Es kamen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Ausgedinger Wilhelm Kuß in Schichagroa war angeklagt, dem Eigentümer Fischer mehrere Erlen beschädigt zu haben, er wurde dieserhalb mit 10 Mk. bestraft.
  2. Der Knecht Wilh. Franke aus Neutomischel wurde mit zwei Wochen Gefängnis bestraft, weil er dem Schneidermeister Schirmer zwei Paar Hosen entwendet hatte.
  3. Der Eigentümer Wilhelm Seide aus Friedenwalde hatte seine Mutter und seine Stiefschwester beleidigt. Es traf ihn eine Strafe von 15 Mk.
  4. Der Ausgedinger Valentin Marchewka in Wonsowo war des Jagdvergehens angeklagt. Er wurde zu einer Strafe von 30 Mk. verurteilt, auch wurde auf Einziehung des Gewehres erkannt.
  5. Die Handelsleute Koza, Perz und Kandula aus Bukowiec waren angeklagt, den Handelsmann Tonke aus Zielenzig beim Viehhandel betrogen zu haben. Koza wurde allein schuldig befunden und mit 50 Mk. bestraft.
  6. Der Eigentümer August Steinborn aus Neurose hatte einem Gehilfen des Schornsteinfegermstr. Jeenicke das Reinigen des Schornsteins verweigert und dieserhalb einen Strafbefehl von 10 Mk. erhalten, gegen den er Einspruch erhob. Nach verhandelter Sache wurde die Strafe wieder auf 10 Mk. festgesetzt.
  7. Der Arbeiter Paul Weimann aus Paprotsch wurde wegen Vergehens gegen fremdes Eigentum zu drei Tagen Gefängnis verurteilt.
  8. Der Knecht Wilh. Weimann aus Paprotsch bekam 14 Tage Arrest, weil er seinen Brotherrn mißhandelt hatte.
  9. Der Handelsmann Wandke aus Neutomischel hatte Privatklage erhoben gegen den Handelsmann Wendenburg wegen unlauteren Wettbewerbes. Der Beklagte wurde mit 6 Mk. bestraft.
  10. Der Gastwirt Oskar Richter hatte den Arbeiter Bielke aus Blake mißhandelt und wurde deshalb mit einer Strafe von 5 Mk. belegt.
  11. In der Privatklagesache des Gemeindevorstehers Reschke gegen Löchelt in Scharke wurde der Beklagte wegen Beleidigung mit 50 Mk. und dessen Gegenklage auf erstere mit 10 Mk. bestraft.
  12. Die Privatklagen Sauer gegen Grünberg in Sempolno und Kaczmarek gegen Korbanek wurden vertagt.

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Schöffengerichtssitzung vom 20. Juni 1906  – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr Bäckermeister Liepelt-Neutomischel und Herr Eigent. Sperling-Neuborui

Es kamen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der frühere Eigenthümer Gustav Pohl in Glinau wurde wegen Holzdiebstahls zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt.
  2. Der Schuhmacher August Winkler aus Glinau hatte gegen einen Strafbefehl, den er wegen Uebertretung des §361 Abs. 8 des St.-G.-B. erhalten hatte, Einspruch erhoben und erzielte seine Freisprechung.
  3. Der Eigentümer Gustav Meißner aus Scherlanke und sein Sohn waren des Jagdvergehens angeklagt. Nach verhandelter Sache wurden sie freigesprochen.
  4. Der Eigentümer Müller aus Neuborui erhielt wegen Entwendung von Hopfenstangen 3 Tage Gefängnis.
  5. Der Eigentümer Joseph Czaplitzki aus Großlipke war des Jagdvergehens angeklagt, wurde aber freigesprochen.
  6. In der Privatklagesache des Eigentümers Ferdinand Siegismund zu Sontop gegen den Lehrer Karl Lehmann daselbst, wegen Ueberschreitung des Züchtigungsrechts wurde letzterer freigesprochen und dem Privatkläger die Kosten auferlegt.
  7. In der Privatklagesache Kitzelmann gegen Wende in Albertoske wurde der Beklagte mit 6 Mark bestraft.

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1906 / Ausgaben Januar – Juni

Feuer am Neuen Markt in Neutomischel – 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Familie des Schornsteinfegers Jeenicke vor ihrem Haus, vermutlich aufgenommen kurz vor dem Brand / Bild: A. Kraft [359]

Die Familie des Schornsteinfegers Jeenicke vor ihrem Haus, vermutlich aufgenommen kurz vor dem Brand / Bild: A. Kraft

„Am vergangenen Freitag (02.03.1906), abends gegen 8 Uhr“ so berichtete das Neutomischeler Kreisblatt am 06. März 1906, „brach in dem Hintergebäude des Tischlermeisters Herrn Kubel am Neuen Markt Feuer aus, das rasch das Vorderhaus ergriff und auch dieses sowie das angrenzende Wohnhaus der Frau Goldmann in Asche legte.

Bei dem herrschenden Wind und bei der Bauart der alten, mit Pappdach bedeckten Hausgrundstücke war die Gefahr nahe, daß die ganze Häuserreihe dem verheerenden Element zum Opfer fallen würde. Die Bewohner dieser Grundstücke hatten deshalb ihre Habe auf den Marktplatz gestellt oder bei Bekannten untergebracht.

Trotz der angestrengtesten Tätigkeit der Feuerlöschmannschaften, die das Dach des dem Schornsteinfegermeister Herrn Jeenicke gehörenden Hauses und später auch teilweise das Schwedler’sche Ziegeldach abdeckten und gewaltige Wassermassen in die brennenden und gefährdeten Häuser mittels der aufgestellten Spritzen hineinschleuderten, wäre wahrscheinlich alle aufgewendete Mühe vergeblich gewesen, wenn sich der Wind nicht etwas nördlicher gedreht und die züngelnden Flammen mehr nach dem Markte getrieben hätte.

Das Jeenicke’sche Grundstück hat infolgedessen durch das Feuer nicht allzusehr gelitten, dahingegen ist es durch das Einreißen des Daches und die großen Wassermengen auch stark beschädigt.

Der Giebel des auf der andern Seite belegenen Hausgrundstücks des Schmiedemeisters Herrn Lüdke hat durch kolossale Hitze einen Riß erhalten.

Die Entstehungsursache ist bisher noch nicht aufgeklärt. Der entstandene Schaden ist durch Versicherung nur teilweise gedeckt.“

Blick auf die nordwestliche Ecke des ehem. Neuen Marktes wo seinerzeit das Feuer wütete / Bild: Przemek Mierzejewski [360]

Blick auf die nordwestliche Ecke des ehem. Neuen Marktes wo seinerzeit das Feuer wütete / Bild: Przemek Mierzejewski

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1906

Steckbrief: Paul Friedrich Wilhelm Tepper – 1875

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der Steckbrief aus dem Jahr 1875 [361]

Der Steckbrief aus dem Jahr 1875

In der 10ten Ausgabe des Oeffentlichen Anzeigers des Amts-Blatts der Königlichen Regierung zu Stralsund vom 11. März 1875 fand sich nachstehender Steckbrief:

„Der unten näher bezeichnete Schlächtergeselle Paul Friedrich Wilhelm Tepper aus Chwalim bei Unruhstadt, Kreis Bomst, welcher sich wegen verschiedener schwererer Diebstähle in Untersuchung befindet, ist in der Nacht vom 28. Februar zum 1. März aus dem Gefängnis zu Swinemünde entsprungen.

Es wird ersucht, den bez. Tepper im Betretungsfalle festzunehmen und mit allen bei ihm sich vorfindenden Gegenständen an unser Kreis-Gerichts-Gefängnis abzuliefern.

Anklam, den 1. März 1875 – Königliches Kreisgericht, I. Abtheilung“

Beschreibung:

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Sein Vater war Johann Wilhelm Tepper, Bürger und Bäckermeister in Neu Tomysl und späterer Gastwirth zu Chwalim, dieser war 1820 in Sontop geboren worden und hatte 1841 die Ehe mit Ernestine Amalie  Drescher einer Bürger- und Tuchfabrikanten Tochter aus der Stadt geschlossen.

Die Kinder des Paares waren:

1843 Ernst Wilhelm Carl, 1845 Gustav Adolph, 1847 Paul Friedrich Wilhelm, 1851 Maria Emilie Mathilde, 1854 Elisabeth Amalie, 1856 Albertine Lucilie Bertha, 1859 Anna Maria Ida, 1861 Carl Gustav, 1864 Albertine Emma – sie verstarb noch im selben Jahr

Im Jahr 1869 war die letzte Aufzeichnung zu dieser Familie mit der Eheschließung des ältesten Sohnes Ernst Wilhelm Carl im Gebiet Neu Tomysl’s und der Umgebung zu finden.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Stralsund 1875; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Frohe Ostern – Święta Wielkanocne 2017

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski und Gudrun Tabbert)
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Frohe Ostern – Święta Wielkanocne 2017 [362]

Frohe Ostern – Święta Wielkanocne 2017

Fahrradunfall der Anna Grätz / 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die ehem. Bahnhofstraße - Postkarte Sammlung Wojtek Szkudlarski [363]

Die ehem. Bahnhofstraße – Postkarte Sammlung Wojtek Szkudlarski

„Am Dienstag (15. Dezember 1908) abend geriet in der Bahnhofstrasse eine Radfahrerin namens Anna Grätz (18 Jahre) aus Wiosker-Hauland (ca. 20 km von Neutomischel entfernt), Stieftochter des Eigentümers Karl Lukas daselbst, unter die Räder eines Lastwagens, sodaß die Bedauernswerte nicht unerheblich verletzt wurde und dem hiesigen Krankenhaus mittels Tragkorbes zugeführt werden mußte.

Die Verletzungen sind meistens Quetschwunden und keine Knochenbrüche und sollen, wie wir hören, glücklicherweise nicht ernsterer Natur sein, sodaß die Verunglückte schon in den nächsten Tagen aus dem Krankenhause entlassen werden dürfte.

Den Kutscher soll keine Schuld treffen, vielmehr ist anzunehmen, daß die Radlerin bei dem Versuche, zwischen dem Wagen und dem Rinnstein vorüberzufahren, infolge der Glätte mit dem Rade ausgeglitten ist und dabei unglücklicherweise unter den Wagen fiel.“

* * *

Anna Augusta Grätz wurde geboren am 02. März 1891 als Tochter der Eigentümer-Wittwe Johanna Augusta Juliane Grätz geborene Kutzner zu Wiosker Hauland, welche 1893 die Ehe mit Friedrich Carl Robert Lucas aus Alt Boruy schloss.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Falscher Verdacht / 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Rudnik Ortsdurchfahrt; rechts Mauer zum Areal des alten Herrenhauses von Andrzeja und Władysława Niegolewskich, welches heute eine Schule ist / Bild: EF [364]

Rudnik Ortsdurchfahrt; rechts Mauer zum Areal des alten Herrenhauses von Andrzeja und Władysława Niegolewskich, welches heute eine Schule ist / Bild: EF

Am 28. August 1908 berichtigte das Neutomischeler Kreisblatt:

„Bei Gastwirt Ignatz Filipowski (verehelicht gewesen mit Stanislawa geborene Röhr) in Rudnik kehrte ein Landstreicher ein, trank eine Limonade und entfernte sich hierauf.

Gegen 6 Uhr nachmittags bemerkte ein im Gasthause weilender Gast, wie der Schober des Filipowski, welcher unweit des Gehöftes steht, von demselben Landstreicher in Brand gesetzt wurde. Der Strolch, namens Johann Gajewski, ist sofort auf frischer Tat verhaftet und nach dem Königlichen Amtsgericht zu Grätz überführt worden. Gajewski will russischer Staatsangehöriger sein.“

Es dauerte bis zum Oktober des Jahres 1908 ehe sich aufklärte, dass der bei der Brandstiftung beobachtete und auf frischer Tat verhaftete „Landstreicher“ Johann Gajewski mit der Brandstiftung nichts zu tun hatte und aus der Haft entlassen werden konnte; es fand sich kein Hinweis auf ein Bedauern, noch dahingehend, dass die falsche Beschuldigung in irgendeiner Weise verurteilt wurde.

* * *

In der Ausgabe des 13. Oktober des Jahr 1908 fand sich nachfolgende kurze Berichterstattung, in welcher die tatsächlichen Umstände zum Hergang der Brandstiftung geschildert wurden:

*Seine Aufklärung hat der am 18. August d. Js. bei dem Gastwirt Filipowski in Rudnik stattgefundene Strohschoberbrand gefunden.

Wie seinerzeit berichtet, wurde der Landstreicher Gajewski als mutmaßlicher Brandstifter in Haft genommen, der sich auch jetzt noch in Untersuchungshaft befindet.

Nunmehr hat die bis zum 1. Oktober bei Filipowski bedienstet gewesene Magd Sophie Nowacka nach vorherigem ernstlichen Verhör ein Geständnis abgelegt, worin sie zugab, den Brand aus Rache gegen ihren Brotherrn, der sie wegen Diebstahls zur Anzeige gebracht und weswegen sie zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt wurde, angelegt zu haben.

Einen Brief, worin sie ihre Verfehlungen u. a. auch die von ihr begangene Brandstiftung, zum Zwecke der kirchlichen Beichte niedergeschrieben hatte, den sie aber bei ihrem am 1. Oktober erfolgtem Umzuge vergessen hatte und der nunmehr bei Filipowski gefunden wurde, hatte ihre zunächst erfolgte verantwortliche Vernehmung und demnächstige Verhaftung zur Folge.

Der bis jetzt in Untersuchungshaft gehaltene Gajewski wird nunmehr seine Entlassung erwarten können.“

* * *

 Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Badeunfall des Stanislaus Nawrot – 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Alte Strasse von Alttomischel nach Wytomysl - Postkartenausschnitt [365]

Alte Strasse von Alttomischel nach Wytomysl – Postkartenausschnitt

Das Neutomischeler Kreisblatt berichtete wie folgt:

„Alttomischel – Als am Montag (27. Juli 1908) abend mehrere Maurer nach Feierabend in dem nach Witomischel zu gelegenen Teiche ein Bad nehmen wollten, ertrank der zuerst von ihnen in das Wasser stürzende 17 jährige Maurerlehrling Nawrot von hier vor den Augen seiner Arbeits-Kollegen.

Herr Pflaum jr. aus Neutomischel, welcher in demselben Teiche badete, bemühte sich, leider vergebens, den jungen Mann zu retten. Erst Dienstag (28. Juli 1908) früh wurde die Leiche geborgen.“

Unter der No. 96 in den Aufzeichnungen des Standesamtes zu Neutomischel wurde der viel zu frühe Tod des Stanislaus Nawrot wie folgt notiert:

„Zufolge Mitteilung des Königlichen Distriktsamtes zu Neutomischel vom 5. August 1908 J No. 2954/08 ist heute eingetragen worden, daß der Maurergeselle Stanislaus Nawrot, ledig, 18 Jahre alt, katholischer Religion, wohnhaft in Wonsowo Kreis Neutomischel, geboren zu Wonsowo, Sohn des Eigentümers Stanislaus Nawrot und seiner Ehefrau Franziska geborenen Kucz, beide wohnhaft in Wonsowo, zu Alttomischel in dem Karpfenteiche, am siebenundzwanzigsten Juli des Jahres tausendneunhundert und acht, nachmittags um acht Uhr tot aufgefunden worden ist.

Über den Todesfall hat eine amtliche Ermittelung stattgefunden“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Tragischer Unfall des Jacob Werner – 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Pferde auf dem ehemaligen Gut zu Sliwno / Postkartenausschnitt [366]

Pferde auf dem ehemaligen Gut zu Sliwno / Postkartenausschnitt

In den Standesamtsunterlagen von Sliwno findet sich unter der No. 30 vom 2ten October 1908 nachfolgender Eintrag:

„Auf Mitteilung des königlichen Distrikts Amtes Opalenitza ist heute eingetragen worden, daß der Pferdeknecht Jacob Werner, katholischer Religion, Ehemann der Valentine geborene Osińska, wohnhaft zu Sliwno, geboren zu Buszewo am dreiundzwanzigsten (lt. Geburtseintrag wurde er am 13. geboren) Juli 1873, Sohn des verstorbenen Arbeiters Paul Werner und dessen zu Albrechtshof noch lebenden Ehefrau Marianna geborene Kazmierczak, am achtundzwanzigsten September 1908 abends neun Uhr zu Sliwno gestorben ist.“

Im Kreisblatt von Neutomischel wurde wenige Tage später über den überaus tragischen Unfall, der zum Tod des Jacob Werner führte berichtet:

„Der Nachtwächter Dobierzyn stieg dieser Tage auf einer Leiter auf den über den Pferdestall befindlichen Heuboden. Als er oben anlangte, verlor er das Gleichgewicht und fiel auf den Pferdeknecht Jakob Werner, der in diesem Augenblick aus dem Pferdestall kam.

Durch den Anprall stürzte Werner auf das Steinpflaster und zog sich hierbei einen Wirbelbruch und eine Kopfwunde zu, an deren Folgen er bereits verstorben ist.“

* * *

Jacob Werner war verehelicht mit Valentine geborene Osińska. – Das Paar hatte folgende Kinder: 1897 Joseph, 1898 Franz (verstarb 1900), 1901 Valentine (verstarb 1902), 1902 Stanislaus, 1903 Marianna, 1904 Ludwig, 1905 Martin, 1906 Stanislawa, 1909 Franciszek – er wurde 6 Monate nach dem Tod seines Vater geboren.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

 

Feuer bei Dickschak in Wonsowo / 1908

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Wonsowo/Wasowo die ehem. Dorfstraße - Postkartenausschnitt [367]

Wonsowo/Wasowo die ehem. Dorfstraße – Postkartenausschnitt

Am 18. August 1908 veröffentlichte das Kreisblatt Neutomischel die Meldung:

„Am letzten Sonntag (16. August 1908) zwischen 12 und 1 Uhr entstand bei dem Landwirt Lorenz Dickschak hierselbst (Wonsowo) Feuer, durch welches eine mit Erntevorräten vollgefahrene Scheune eingeäschert wurde.

Außer einigen landwirtschaftlichen Maschinen konnte nichts gerettet werden.

Bei den Löschversuchen verbrannte sich die alte Mutter des Besitzers das ganz Gesicht. Das Feuer ist durch Spielen der Kinder mit Streichhölzern entstanden.

Der Schaden soll durch Versicherung gedeckt sein.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

Feuer bei Bomme in Bentschen / 1908

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Bentschen / Zbąszyń die ehem. Breite Strasse - Bild: "Zbąszyń (Bentschen) na dawnych pocztówkach (1895-1945)" [368]

Bentschen / Zbąszyń die ehem. Breite Strasse – Bild: „Zbąszyń (Bentschen) na dawnych pocztówkach (1895-1945)“

Am 10 Juli 1908 veröffentlichte das Kreisblatt Neutomischel die Meldung:

„Kürzlich brannte auf dem Kaufmann Bomme’schen Grundstücke in Bentschen ein unmittelbar an das Wohnhaus angrenzender Holz- und Lagerschuppen.

Der sich schnell sammelnden Feuerwehr gelang es nach etwa halbstündigem Arbeiten, das Feuer zu dämpfen.

Die Entstehungsursache ist noch nicht ermittelt worden.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

Feuer bei Lausch in Pinne / 1908

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Pinne / Pniewy - Ansicht von der Seeseite - Bild: Postkartenausschnitt [369]

Pinne / Pniewy – Ansicht von der Seeseite – Bild: Postkartenausschnitt

Am 11. August 1908 veröffentlichte das Kreisblatt Neutomischel die Meldung:

„Kürzlich wurde unsere Stadt Pinne nachts durch Feuerlärm alarmiert.

Es brannten die beiden nebeneinander liegenden, mit Getreide gefüllten Scheunen, der Frau Hotelbesitzer Lausch gehörig, nieder.

Das Feuer ist offenbar von ruchloser Hand angelegt worden“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

Feuer bei Friedenberger in Boruy / 1908

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Ehemaliger Gasthof Friedenberger zu Boruy / Postkartenausschnitt  Sammlung Wojtek Szkudlarski [316]

Ehemaliger Gasthof Friedenberger zu Boruy / Postkartenausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski

„Heute (22.September 1908) früh gegen 2 Uhr ging eine, zu der Gastwirtschaft Friedenberger hierselbst (Kirchplatz Boruy) gehörige, massiv erbaute Remise auf bisher unaufgeklärte Weise in Flammen auf.

Obwohl die angrenzenden Hintergebäude stark gefährdet waren, gelang es den Löschmannschaften durch ihre angestrengte Tätigkeit, diese sowie das Vorderhaus vor dem Element zu schützen.

Es waren vier Spritzen an der Brandstelle, je eine aus Altborui, Scharke, Neutomischel und die Ortsspritze. Die abgebrannte Remise ist versichert, auch konnten die Vorräte, welche in derselben lagerten, zum größten Teil gerettet werden.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

 

Übung der Pflichtfeuerwehr Neutomischel / 1908

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Historische "Spritze" im Feuerwehrmuseum von Rakwitz/Rakoniewice - Bild: http://muzeum.psp.wlkp.pl/ [370]

Historische „Spritze“ im Feuerwehrmuseum von Rakwitz/Rakoniewice – Bild: http://muzeum.psp.wlkp.pl/

Am 10. Mai 1908 berichtete das „Neutomischeler Kreisblatt“ wie folgt: „Wie verlautet, soll in den nächsten Tagen, nachmittags, eine Uebung der Pflichtfeuerwehr hierselbst stattfinden, wozu alarmiert werden wird.

Wir wollen nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß alle zum Eintritt in die Pflichtfeuerwehr verpflichteten männlichen Einwohner der hiesigen Stadt von vollendetem 18. bis zum vollendeten 55. Jahre pünktlich am Rathause zu erscheinen haben. Wer ohne genügende Entschuldigung nicht, oder zu spät erscheint, sich bei der vorgesetzten Stelle nicht meldet pp. hat seine Bestrafung zu gewärtigen.“

„Wir sind in der Lage, gleichzeitig mitteilen zu können, daß die Führerstellen der Feuerwehr wie folgt besetzt sind:

Lutz, Fritz / Kaufmann – Brandmeister und Wolf, Max / Kaufmann – stellvertretender Brandmeister

Lüdke, Karl / Schmiedemeister – Führer der 1. Spritze und Braun, Karl / Tischlermeister- Stellvertreter

Janotte, Traugott / Stellmachermeister – Führer der 2. Spritze und Wendt, Karl / Messerschmiedemeister – Stelllvertreter

Korn, Bertold / Schmiedemeister – Führer der 3. Spritze und Kruschel, Hermann / Schmiedemeister – Stellvertreter

Aldefeld, Oskar / Klempnermeister – Führer Abteilung zur Ausübung des Steigedienstes, sowie zum Retten von Menschen, Vieh und Habe und Knobel, Karl / Kaufmann – Stellvertreter

Lutz, Paul / Kaufmann – Führer der Abteilung zur Herbeischaffung von Wasser, bezügl. der im Rathause untergebrachten Wasserkufen und Eimer und Wittkowsky, Heinrich / Kaufmann – Stellvertreter

Pflaum, Emil / Kaufmann – Führer der Abteilung zur Herbeischaffung von Wasser bezügl. der bei dem Kaufmann Georg Schultz untergebrachten Wasserkufen und Eimer und Goldmann, Paul / Kaufmann – Stellvertreter

Maennel, Alexander / Kaufmann – Führer der Abteilung zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Bewachung der geretteten Sachen und Chedor, Karl / Kaufmann – Stellvertreter

Rückheim, Friedrich / Uhrmacher – Führer der Abteilung zur Rettung der Akten pp. bei Bränden, in denen das Rathaus, das Landratsamt oder das Krankenhaus in Gefahr kommt und Schmidt, Gustav / Fleischermeister – Stellvertreter“

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Blinder Feuerlärm ertönte am Mittwoch (17.06.1908) gegen 6 Uhr in unserer Stadt. Es handelte sich um eine Feuerwehrübung, zu welcher die Mitglieder der hierorts bestehenden Pflichtfeuerwehr alarmiert wurden. In kurzer Zeit hatten sich die in der Stadt befindlichen Feuerwehrmänner auf dem Neuen Markt vor dem Rathause um ihre Führer gruppiert.

Nachdem sämtliche Namen der Abteilungslisten aufgerufen worden waren, verlas Herr Bürgermeister Franke die Hauptparagraphen aus dem Feuerwehrstatut, während Herr Brandmeister Fritz Lutz die Mannschaften ermahnte, daß im Ernstfalle ein jeder Einzelne seine Schuldigkeit tun sollte.

Hierauf wurden Spritzendruckproben seitens der Spritzenabteilungen vorgenommen, während man die Wasserkufen durch Einfüllen mit Wasser auf ihre Tauglichkeit ebenfalls einer Prüfung unterzog.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908

Fälschung vom Getreide-Lieferzettel / 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die ehemalige Dampfmühle Maennel / Bild: Maennel Archiv [371]

Die ehemalige Dampfmühle Maennel / Bild: Maennel Archiv

„Ein Eigentümer aus Grubske verkaufte am Donnerstag (16. Januar 1908)  1 Ztr. Roggen an die hiesige Dampfmühle von Gebr. Maennel und erhielt hierüber einen Gutschein. Als nun der Mann kurze Zeit darauf durch seinen 18 jährigen Sohn das Geld abholen ließ, war auf dem Zettel die Zahl „1“ in eine „9“ umgeändert, was aber nicht gleich bemerkt wurde, sodaß 9 Ztr. Roggen statt des gelieferten einen Zentners bezahlt wurden.

Nachdem sich bald darauf der Betrug herausgestellt hatte, wurde sofort Anzeige erstattet, und es gelang dem Stadtwachtmeister Schubert, den Unehrlichen, der mittlerweile einen Teil des Geldes versteckt hatte, ausfindig zu machen. Er wird sich demnächst vor dem Gericht zu verantworten haben. Die Firma ist wieder in den Besitz des für 8 Ztr. Roggen zu viel gezahlten Geldes gekommen.“

„Am 14. d. M. (14. April 1908) stand hier Termin an vor der Strafkammer des Königlichen Amtsgerichts gegen den Eigentümer Bremer und dessen 18 jährigen Sohn, die beschuldigt waren, gemeinschaftlichen Betrug dadurch verübt zu haben, daß sie bei der Firma Gebr. Maennel in Neutomischel einen Getreide-Lieferzettel fälschten, indem sie aus einer 1 eine 9 machten.

Nach verhandelter Sache wurde Bremer senior wegen Betrugs und Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu 5 Monaten, Bremer junior wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu einem Monat Gefängnis verurteilt.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908-Januar/April

 

Zeche Radbod – Grubenunglück 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Postkarte, 1908, mit der Handschrift „Die Unglückszeche“ / Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Gedenkst%C3%A4tte_Zeche_Radbod?uselang=de [372]

Postkarte, 1908, mit der Handschrift „Die Unglückszeche“ / Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Gedenkst%C3%A4tte_Zeche_Radbod?uselang=de

Am 12. November 1908, gegen 4:20 Uhr, ereignete sich das bis dahin schwerste Grubenunglück im deutschen Steinkohlebergbau in der Zeche Radbod. Ob die Schlagwetterexplosion durch eine defekte Wetterlampe oder durch ein Sprengung in einem Flöz ausgelöst wurde, ist nicht bekannt.

348 Kumpel der Nachtschicht, fast die gesamte Mannschaft, kamen ums Leben.

Es war diese Schicht, lt. Beitrag im Neutomischler Kreisblatt hatte Paul Otto Seide sie zusätzlich geleistet, die dem 21-jährigen den Tod brachte.

Unter den Opfern des Unglückes befanden sich auch drei Männer aus Wielichowo, diese wurden jedoch nicht namentlich erwähnt.

* * *

„Das unsägliche Unglück in Radbod hat auch eine Familie hiesigen Kreises in tiefe Trauer versetzt. Unter den in der Grube noch befindlichen braven Bergleuten befindet sich nämlich der 21 jährige, älteste Sohn Paul des Korbmachermeisters August Seide in Glinau. Derselbe war erst seit dem Monat Mai des Jahres in der Grube beschäftigt und hatte in der Unglücksnacht bis 12 Uhr Dienst.

Um aber seine Eltern und Geschwister noch mehr unterstützen zu können, arbeitete er zwei Stunden (unstimmig) länger und während dieser Zeit ereignete sich die verhängnisvolle Explosion, deren Opfer der fleißige, für seine Angehörigen eine Stütze bildende junge Mann geworden ist. Der Vater des Verunglückten fuhr nach der Radboder Grube, konnte aber nur an dem Begräbnisse der zuerst geborgenen Kollegen seines Sohnes teilnehmen.

Auch ein Sohn des Eigentümers Gustav Sender aus Alttomischel-Abbau, der 18 jährige Paul Sender ist auf der Zeche Radbod beschäftigt, derselbe war aber einer anderen Schicht zugeteilt und blieb somit vom Unglück verschont.

Ein Kumpel, Teil des Denkmals, das in Erinnerung an das schwere Grubenunglück in der Zeche Radbod in Bockum-Hövel errichtet wurde. / Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Gedenkst%C3%A4tte_Zeche_Radbod?uselang=de [373]

Ein Kumpel, Teil des Denkmals, das in Erinnerung an das schwere Grubenunglück in der Zeche Radbod in Bockum-Hövel errichtet wurde. / Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Gedenkst%C3%A4tte_Zeche_Radbod?uselang=de

Von der Berggewerkschaft Trier, der Eigentümerin der Zeche Radbod, ist jetzt die Totenliste der bei der Grubenkatastrophe verunglückten Bergleute veröffentlicht worden. Die Liste enthält 341 Namen, darunter 260 Deutsche und 81 Ausländer. Im Hammer Krankenhause ist wieder einer der Schwerverletzten gestorben; die Zahl der ihrem Leiden erlegenen Schwerverletzten beträgt somit jetzt fünf. Von den 341 Toten waren 114 ledig, 226 verheiratet und 1 Witwer. Der Konfession nach waren 114 evangelisch, 226 katholisch und 1 Dissident. Die meisten der getöteten Deutschen stammen aus der Provinz Westfalen, nämlich 109, aus dem Rheinlande nur 8. Aus der Provinz Posen waren 33, aus Ostpreußen 38 und aus Westpreußen 16. Bei den Sammelstellen in Hamm sind bis jetzt rund 100.000 Mark eingegangen.“

* * *

Die Familie des Johann August Carl Seide (geboren 1856 zu Glinau), Korbmacher zu Glinau und dessen Ehefrau Bertha Mathilde geb. Zithier (geboren am 06. November 1957 zu Sontop):

1884 Hermann Oswald (verstarb 1884), 1885 Bertha Amalie Frieda, 1887 Paul Otto, 1889 Maria Martha, 1892 Johann Paul Bruno, 1894 Amalie Ida, 1896 Bertha Emma, 1897 Paul Hermann, 1898 Louise Anna, 1899 Auguste Selma, 1903 Carl Fritz August

* * *

Die Familie des Gustav Heinrich Sender (geboren 1864 zu Sontop), Maurer und Eigentümer zu Alt Tomysl und dessen Ehefrau Johanna Rosalie geb. Weber (geboren 1868 zu Kozielaske, gestorben 1900 zu Alt Tomysl):

1889 Anna Martha (verstarb 1889), 1890 Paul Otto Sender – Cousin des Verunglückten, 1893 Carl Hermann, 1895 Gustav Adolph, 1898 Ottilie Emma (verstarb 1898)

In zweiter Ehe war Gustav Heinrich Sender mit Bertha Augusta geb. Janotte (geboren 1875 zu Wonzowo) verheiratet, geboren wurden hier die Kinder:

1901 Hedwig Frieda (verstarb 1901), 1902 Helene Alma, 1903 Heinrich Otto, 1904 Elisabeth Elsa, 1906 Hildegard Hertha (verstarb 1906), 1907 Richard Fritz, 1908 Johannes Bruno

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908-11-24; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 4 Posener Straße / Teil I. – Chirurgius und Wundarzt Sagawe

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Berliner Chirurgensiegel, datiert 1727 / Bild: Buch "Alte Berufe" [374]

Berliner Chirurgensiegel, datiert 1727 / Bild: Buch „Alte Berufe“

„Der Wundarzt wird zwar zu verschiedenen Verrichtungen gebraucht; doch bestehen diese hauptsächlich in der Heilung äußerlicher Wunden am menschlichen Leibe.

Der Kopf wird bald durch Stoßen, bald durch Schlagen, Schießen oder Stechen, durch Geschwüre und Beulen verletzt. Bald werden Arme, bald Beine gebrochen, oder verrenkt, ohne anderer Wunden und der Brüche zu erwähnen. Zur Hebung dieser Uebel bedient sich der Wundarzt bald erweichender Mittel, um gewisse Verhärtungen und Geschwüre zu zeitigen, bald ätzender und anderer geistiger Wasser, um die Fäulniß zu verhindern und die Wunden zusammenzuziehen, bald der Pflaster, um die freie Luft abzuhalten und die Heilung zu beschleunigen.

Oft kann aber die Heilung nicht glücklich von Statten gehen, wenn nicht ein oder ein anderes Glied abgenommen wird, was mit Hilfe chirurgischer Instrumente geschieht. Oft versteht der Chirurg auch die Geburtshilfe.“

Berufsbeschreibung  in „Neuer Orbis Pictus“  aus dem Jahr 1835

* * *

Es war das Wohnhaus des Johann Wilhelm Sagawe – Bürger, Chirurgius und Wundarzt zu Neu Tomysl welches sich in der Posener Str. No. 4 befunden hatte.

Das Wohnhaus als Hauptgebäude war 59 1/2 F lang, 23 F breit und 8 F hoch (ca. 18,10×7.00×2,40m) gewesen. Es war von Fachwerk welches mit Lehm ausgefüllt gewesen war erbaut worden; dieses galt auch für den Erker. Letzterer war auswendig noch mit Brettern verschlagen gewesen und es hatten sich 2 hölzerne Rinnen an diesem befunden.

Im Inneren des Hauses befanden sich 2 Flure von denen die 2 Stuben und die Küche abgingen. 2 zweiflügelige Fenster brachten Licht in die Räume. Das Haus wurde über 2 „Ofen von Kacheln“ beheizt. Die Stuben und die Einfuhr hatten gedielte Fußböden gehabt, während die Küche nur mit einem Estrich von Lehm versehen gewesen war. Die Feueresse hatte aus Holz bestanden und war mit Lehm umflochten gewesen. Ein massiver Schornstein hatte aus dem Schindeldach geragt. Die Durchfahrt auf den hinteren Teil des Grundstückes war mit einem 2 flügeligem Tor zu verschließen gewesen.

Ein Giebel des Hauses hatte direkt an den des Hauses der No. 3 gestoßen, während der andere, er war der stadteinwärts gelegene gewesen, ebenso wie das Gebäude nach hinten, völlig frei gestanden hatten. Die Hausfront müsste nach dieser Beschreibung zur Posener Straße gelegen haben.

Das Alter des Gebäudes war im Jahr 1836 auf etwa 50 Jahre geschätzt worden, es war also etwa um 1784 errichtet worden. Als Mängel waren lediglich notiert worden, das die Wetterseite, vermutlich die Westseite, des Hauses etwas vom Regen ausgeschwächt und die Fenster und Türen lediglich zur Hälfte gut gewesen waren.

Weiterhin hatte auf dem Stadtgrundstück ein Stall von 41 Fuß Länge, 17 Fuß Breite und 6 1/2 Fuß Höhe (ca. 12,50×5,10×2,00m) gestanden. Er war teils aus Bohlen, teils aus gelehmtem Fachwerk erbaut gewesen. Das Dach war lediglich mit Stangen belegt gewesen auf welchen man dann eine Eindeckung mit Rohr vorgenommen hatte.

In dem Stall waren 1 Tennflur, 1 Bansen und 1 Kuhstall „zu 4 Kühen“ und ein Holzstall untergebracht gewesen. Ebenso wie das Wohnhaus war sein Alter auf etwa 50 Jahre geschätzt worden. Der Zustand der Bohlen war als gut befunden und  nur die Schwellen als verfault beschrieben worden.

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Johann Wilhelm Sagawe

Chirurgius und Wundarzt zu Neu Tomysl

Errechnet aus seiner Altersangabe im Toteneintrag des Kirchenbuches von Neutomischel war er ca. 1753 geboren worden. Angaben zu seinem Geburtsort oder etwaige andere Daten wurden nicht gemacht. Er verstarb am 15. Februar 1838 zu Neu Tomysl. Er starb, so der Eintrag, an Altersschwäche im Alter von 85 Jahren.

Als Ehefrau wurde in einem Kirchenbucheintrag Eva Rosina geborene Gottschlag gefunden. Aus ihrem Toteneintrag rückgerechnet war sie ca. 1765 geboren worden. Auch bei ihr wurden keine weiteren Angaben gemacht. Im Alter von 68 Jahren verstarb sie an Abzehrung am 25. April 1833 zu Neu Tomysl.

Als Kinder des Paares wurden anhand der Kirchenbucheintragungen notiert:

  1. 1785 Charlotte Louise (später verehelichte Schulz) – ihr Name wechselte in den gefundenen Einträgen zu Caroline Elisabeth oder auch Lisbeth
  2. 1789 Christian Wilhelm Sagawe
  3. 1799 Beate Eleonora ( später verwittwete Wandtke, wieder verehelichte Eichler)

Theoretisch könnte Johann Wilhelm Sagawe der Erbauer des Gebäudes im Jahr 1784 auf dem ehemaligen Hausgrundstück No. 4 in Neu Tomysl gewesen sein, da zu dieser Zeit die Kinder des Paares geboren sein müssten. Dagegen spricht, dass von keinem der Kinder ein Geburts-/Taufeintrag  gefunden wurde. Letzteres gilt auch für Sterbeeinträge der Kinder. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ist nichts Abschießendes über ihren Verbleib oder den ihrer Familien bekannt.

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Ein Besitzwechsel des Gebäudes fand ungefähr im Jahr 1854 statt. Leider wurde bei diesem nicht vermerkt wer als Verkäufer des Anwesens auftrat.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Gebäude der Stadt Neutomischel – Hausgrundstück No. 5 Posener Straße / Teil II. – Neubauten einer Bäckerei und eines Handelsgeschäftes um 1850

geschrieben von Gudrun Tabbert
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Die alte Posener Straße, die Häuser 5 A und 5 B lagen auf der rechten Seite, im Hintergrund ist der ehemalige Alte Markt erkennbar / Karte Sammlung Wojtek Szkudlarski [375]

Die alte Posener Straße, die Häuser 5 A und 5 B lagen auf der rechten Seite, im Hintergrund ist der ehemalige Alte Markt erkennbar / Karte Sammlung Wojtek Szkudlarski

Unser erster Beitrag endete mit dem Bemerken, dass um das Jahr 1850 „Neubauten“ auf dem Stadtgrundstück No. 5 Posener Straße entstanden waren und das kleine Häuschen des Handschuhmachers Firle diesen hatte weichen müssen.

Eine erste Information aus den alten Aufzeichnungen war, dass in diesen Gebäudebeschreibungen ab dem Jahr 1850 die Parzelle No. 5 geteilt und als 5 A und 5 B beschrieben worden war, es sich also seit jener Zeit um 2 Hausgrundstücke gehandelt hatte.

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Der Bauherr und Eigentümer für das Grundstück 5 A (stadtauswärts gelegen) war der Bürger und Bäckermeister

Carl Sperling.

Er hatte ein Wohngebäude, welches mit der Frontseite zur Posener Straße gelegen war, errichten lassen. Dieses stieß mit einem Giebel an das Gebäude No. 4 und mit dem anderen an das der No. 5 B (stadteinwärts gelegen). In diesem waren 5 Wohnstuben über 1nen Hausflur zu erreichen gewesen. Im Gebäude waren 8 einflüglige Stubentüren aufgelistet worden, es kann daher angenommen werden, dass die Räume auch untereinander, ohne den Flur passieren zu müssen, verbunden waren. Licht bekamen die Zimmer durch 6 zweiflüglige Fenster, wovon die Hälfte Doppelfenster waren.

Im Obergeschoss war der Schüttboden untergebracht;  hier lagerte vermutlich das Getreide zum künftigen Gebrauch in der Bäckerei.

Im Haus befanden sich 2 einflügelige Haustüren und 1ne zweiflüglige, wobei letztere vermutlich die Durchfahrt in den Hof des Anwesens gewesen war.

Dieses Hauptgebäude hatte die Abmessungen von 37×38 Fuß und war 10 Fuß hoch (ca. 11,3×11,6 m / ca. 131,0 qm bei einer Höhe von 3,0 m).

Im Hof selbst war mit einem Giebel an das Haupthaus angrenzend das Backhaus zu finden gewesen. Wie das Haupthaus auch, waren die Wände und die Giebel dieses Gebäudes aus gebrannten Ziegelsteinen mit massiven Brandmauern errichtet worden. Die Backstube und ein dazugehöriger Flur über den sie zu erreichen gewesen war, hatten die Abmessungen von 27×16 Fuß mit gleicher Höhe wie das straßenseitig gelegene Gebäude (ca. 8,2×4,9 m / ca. 40 qm; Höhe 3,0 m).

Die Bebauung der Hausgrundstücke 5 A und 5 B im Jahr 1890, also 40 Jahre nach ihrer Errichtung - nicht maßstabsgetreu [376]

Die Bebauung der Hausgrundstücke 5 A und 5 B im Jahr 1890, also 40 Jahre nach ihrer Errichtung – nicht maßstabsgetreu

Weiterhin, mit einem Giebel an das Backhaus anstoßend, war ein Stallgebäude errichtet worden. 30×15 Fuß im Grundmaß bei einer Höhe von 16 Fuß (ca 9,1×4,6 m / 42 qm; Höhe  4,9 m) mit Wänden von Bindwerk, welches mit Lehm ausgeklebt gewesen war. Der frei stehende Giebel war mit Brettern verschlagen gewesen, während der an das Backhaus angrenzende massiv hochgezogen worden war.

Alle Gebäude hatten ein einfaches Ziegeldach, das Hauptgebäude und die Backstube mit Zink-Regenrinnen, das Stallgebäude ohne solche.

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Auf dem Grundstück der No. 5 B war der Eigentümer der Handelsmann

Meyer Josephsohn

zu Neu Tomysl gewesen.

Auf dem ihm gehörigen Grundstück war ein Wohnhaus von 38×38 Fuß Grundfläche entstanden. Die Höhe war bei der  Vorderfront 18 Fuß und mit der Hinterfront auf 15 Fuß abfallend gewesen (ca. 11,5×11,5 m = ca. 132 qm Grundfläche / 5,5 bzw. 4,5 m Höhe – vermutlich auf 2 Etagen).

Auch dieses Gebäude, eingeschlossen der Giebel, war massiv aus gebrannten Mauersteinen errichtet worden. Das Dach war mit Ziegeln eingedeckt gewesen.

Mit 5 Öfen waren die 7 Wohnstuben, 3 Küchen und der Laden beheizt worden. Im Haus waren die Stockwerke über, wie ausdrücklich erwähnt worden war, innenliegenden Treppen verbunden gewesen. Neben zahlreichen Türen und noch zahlreicheren Fenstern, wurde gesondert erwähnt, dass es eine doppelte mit Glas versehene Ladentür gegeben hatte.

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War die Stadtparzelle No. 5 bei Familie Firle noch mit einer Grundfläche von ca. 90 Quadratmetern bebaut  gewesen, so hatten Carl  Sperling und Meyer Josephsohn  auf demselben Gelände annähernd 345 Quadratmeter bebaute Grundläche genutzt.

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Carl Adolph Sperling

Bürger und Bäckermeister zu Neu Tomysl. Er war der Sohn des Johann Gottfried Sperling aus Glinau und dessenen Ehefrau Rosina Dorothea Stein. Er war am 22 Juli 1813 zu Glinau geboren worden. Seine Mutter verstarb im Jahr 1814. Sein Vater hatte darauf im Jahr 1815 die Dorothea Elisabeth geborene Schäfer geehelicht, welche somit seine Stiefmutter geworden war. Carl Adolph selbst schloss im Januar 1843 die Ehe mit der 9 Jahre jüngeren Friederike Beate Saar aus Bentschen.

In dieser Ehe wurden Ihre Kinder:

1844 – Amalie Henriette (später verehel. Unger)
1845 – Johann Hermann Gustav (später verehel. mit seiner Stiefschwester Pauline Ernestine Hermine Lehmann)
1846 – Carl Adolph und Paul Eduard – Zwillinge – verstarben 1846/1847
1849 – Anna Augusta Agnes (später verehel. Paech)
1854 – Emil Ludwig Nathanael  – verstarb 1859

geboren.

Nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahr 1860, heiratete er im Jahr 1868 die Johanna Juliana geborene Kurtz verwittwete Wilhelm Lehmann; sie war 1824 zu Paprotsch geboren worden.

Carl Adolph Sperling verstarb im Jahr 1882 in Neu Tomysl

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Meyer Josephsohn

Die Bebauung änderte sich im Laufe der Zeit, die alte No. 5 lag in etwa dort, wo heute die Häuser der No. 7 und 9 stehen / Photo: EA [377]

Die Bebauung änderte sich im Laufe der Zeit, die alte No. 5 lag in etwa dort, wo heute die Häuser der No. 7 und 9 stehen / Photo: EA

jüdischer Kaufmann zu Neu Tomysl. Über ihn war mehr oder weniger, wie bei so vielen ehemaligen jüdischen Bewohnern der Stadt und deren Umgegend, fast nichts in Erfahrung zu bringen.

Er war verehelicht mit der Marianna geborene Levy. Sie war um 1813 zu Birnbaum geboren worden und 1892 zu Neu Tomysl verstorben. Meyer Josephsohn zeigte ihren Tod selbst beim Standesamt an.

Aus dieser Ehe stammten die Kinder:

1851 Simon (später verehel. mit Ernestina Levy)
1853 Hanna (später verehel. Loewenstein)
1846 Michaelis (später verehel. mit Helene Pflaum)

Leider sind diese Daten dann auch die Einzigen, welche aus zur Zeit einsehbaren Unterlagen, zu entnehmen gewesen sind.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Gebäude der Stadt Neutomischel – Hausgrundstück No. 5 Posener Straße / Teil I. – Haus des Handschuhmachers Firle – ca. 1775-1849

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Die Posener Straße - die No. 5 hat sich links zum Ende hin befunden / Karte Sammlung Wojtek Szkudlarski [378]

Die Posener Straße – die No. 5 hat sich links zum Ende hin befunden / Karte Sammlung Wojtek Szkudlarski

Im Jahr 1836 wurde durch die Provinzial-Feuerversicherung auch das auf dem Hausgrundstück No. 5 Posener Straße freistehende Häuschen des Handschuhmachers Johann Gottlieb Firle registriert.

54,5×16 Fuß in der Grundfläche (ca. 81,0 qm) und 6,5 Fuss (knapp 2m) hoch. Ein Haus, wie fast alle in jener Zeit, aus Bohlen errichtet. Diese wiederum innen wie aussen mit Lehm beworfen. Beide Giebel waren mit Brettern zum Schutz gegen die Witterung verschlagen.

Die 2 Stuben und 2 Kammern hatten einen Dielenfußboden, während der Flur, die Küche und auch der Dachboden nur mit einem Lehmestrich versehen gewesen waren. Die Räume waren über 5 Türen zu erreichen gewesen und Licht bekamen sie durch 5 zweiflügelige Fenster. Das Gebäude war mit 2 Öfen aus Ziegeln ausgestattet gewesen.

Das Haus hatte ein gewöhnliches Schindeldach besessen, dessen Fortsetzung auch den Anbau an der hinteren Seite des Hauptgebäudes überspannte.

Dieser Anbau 17,00×5,75×4,00 (ca. 5,20×1,7 = knapp 9 qm bei einer Höhe von 1,20m) beherbergte eine Kammer.

Trotz einer vermutlich im Jahr 1835 erfolgten Reparatur, waren die Wände und das Dach fehlerhaft und auch von den Fenstern waren nur die Hälfte für gut befunden worden. Der Zustand des Anbaus wurde jedoch als schlecht eingestuft.

Geschätzt wurde das Alters des Hauses auf etwa 60 Jahre, ca. Baujahr 1775, das des Anbaus auf 50 Jahre, ca. Baujahr 1786.

Da auf diesem Grundstück um das Jahr 1850 „Neubauten“ entstanden, deren Besitzer nicht mit der Familie Firle verbunden gewesen zu sein scheinen, kann davon ausgegangen werden, dass das Firle-Häuschen in jener Zeit abgetragen oder abgerissen worden sein muss.

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 Familie Firle

 Als Haushaltsvorstand kann Johann Gottlieb Firle, Bürger und Handschuhmacher in der Stadt Neu Tomysl angesehen werden. Er wurde um 1770 geboren, sein Herkunftsort ist jedoch unbekannt. Er verstarb im Jul 1855 in der Stadt.  Im Oktober 1799 hatten er und die 1779 in Scherlanke geborene Maria Dorothea Proschwitz die Ehe in Neu Tomysl geschlossen.

Als Kinder des Paares wurden aus den Kirchenbüchern der Stadt notiert:

Carl Wilhelm Firle, geboren im Juni 1800, als Musiklehrer in Neu Tomysl oder der Umgebung tätig gewesen, er verstarb an Abzehrung im Februar 1836, es wurde nicht gefunden, dass er eine eigene Familie gegründet hatte               

Johann Gottlieb Firle, geboren im Februar 1806, er schloss als Lehrer in Heinersdorf im Jahr 1828 in Bomst die Ehe mit Wilhelmine geborene Rosenzweig. Einzigst wurde gefunden, das Wilhelmine Firle geborene Rosenzweig im Jahr 1888 in Gross Golle bei Gnesen verstarb und ihr Sohn, welcher zu Buk geboren worden war, ihren Tod auf dem Standesamt anzeigte

Johann Friedrich August Carl Firle, geboren im November 1809, war als Handschuhmacher in Grätz und Neu Tomysl tätig. Er und Johanna Pauline geborene Thomas, verwittwetete Goldfuss schlossen 1834 die Ehe. Von Ihren in den Jahren 1834 bis 1849 geborenen Kindern wurden keine Anschlussdaten gefunden.

Carolina Amalia Firle, geboren im Dezember 1812, hatte sich nicht verheiratet. Über ihr Leben ist nichts näheres bekannt. In ihrem Toteneintrag wurde sie als Tagelöhnerin ohne Domizil benannt.

Juliana Florentina Firle, geboren im Dezenber 1815, brachte im Jahr 1836 ihre Tochter Emma Amalie Firle zur Welt, welche im Alter von nur einem Monat verstarb. Im Jahr 1837 schloss sie dann die Ehe mit dem Förster Johann George Anders. Er stammte aus Kleinitz bei Karge und war um 1810 geboren worden.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

 

 

 

Blitzschlagkatastrophe – 1910

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Landschaft bei Konkolewo [379]

Landschaft bei Konkolewo

„Eine schwere Blitzschlagkatastrophe ereignete sich während des heftigen Gewitters am Sonnabend abend (09. Juli 1910) in hiesiger Gegend.

Auf der Sworzycer Feldmark wurden der verheiratete Maurer Berthold Würfel aus Konkolewo und der Maurerlehrling Ewald Hübner aus Blenke, welche sich zu Fuß von Eichenhorst nach Hause begaben, gegen 10 Uhr vom Gewitter überrascht und von einem Blitzstrahl getroffen.

Erst am Sonntag morgen (10. Juli 1910) wurden die beiden übereinander liegenden Leichen der Erschlagenen aufgefunden und Herr Kreisarzt Dr. Buddee aus Neutomischel geholt, der jedoch nur den Tod der so jäh aus dem Leben gerissenen fleißigen Leute feststellen konnte.

Der etwa 50 Jahre Würfel hinterläßt seiner Frau mehrere unversorgte Kinder.“

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Johann Ewald Paul Hübner
geboren 16 Nov 1893 zu Blenke
Eltern: Johann August Friedrich Hübner und Johanna Wanda Auguste geb. Jachmann

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Johann Berthold Carl Würfel
geboren 31 Mai 1860 zu Albertoske
Eltern: Johann Daniel Würfel und Johanna Beata geb. Wald
ehelichte am 02. Februar 1886
Johanna Beata Rosenau
Kinder:
1886 Johann Otto
1888 Emilie Amanda
1890 Berthold Hugo
1893 Johann Friedrich Waldemar (verstarb 1894)
1896 Elfriede Elsa
1898 Sophie Selma

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1910-07-12; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

1890 Jagdunglück – Tod des 17 jährigen Carl Sperling

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Wälder um Nowy Tomyśl - Aufn. PM [380]

Wälder um Nowy Tomyśl – Aufn. PM

Im Standesamts-Register von Neutomischel wurde unter der laufenden Nummer 225 am 24. Dezember 1890 notiert:

„Zufolge Mittheilung des Königlichen Districtsamtes hierselbst vom 23. Dezember 1890 No. 4655/90 ist heute eingetragen worden, daß Carl Sperling, ledigen Standes, ohne Gewerbe, 17 Jahre alt, evangelischer Religion, wohnhaft zu Forsthaus Mischke, geboren zu Lubenhauland, Kreis Meseritz, Sohn des Försters Heinrich Sperling und dessen Ehefrau Auguste geborene Wolfram, in der Altomischel’er Forst am einundzwanzigsten Dezember des Jahres tausend achthundert neunzig, nachmittags um 4 Uhr verstorben ist.

Ueber den Todesfall hat eine amtliche Ermittelung stattgefunden“

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Aus der Tageszeitung „Thorner Presse“ vom Mittwoch, den 31. Dezember 1890 war dann aus einer Kurzmeldung weiter zu erfahren:

„Vor einigen Tagen begab sich der Förster Sperling aus Forsthaus Mischke bei Neutomischel mit seinem 18 jährigen Sohne auf die Fuchsjagd.

Zu einer ganz ungelegenen Zeit hörte der Vater einen Schuß fallen.

Als er auf die Stelle zukam, fand er seinen Sohn auf dem Gewehr liegend fast todt vor. Das Gewehr war losgegangen und die ganze Ladung dem Unglücklichen in den Unterleib gedrungen. Schon auf dem Transport nach Hause verschied der hoffnungsvolle Sohn.

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Zeitungsartikel:  Digitale Bibliothek Kujawsko-Pomorska – Personenstandsunterlagen: Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)
 

Schöffengerichtssitzungen July – Dezember 1905

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Nachstehend sind die Verhandlungspunkte und Urteile der Schöffengerichtssitzungen vom Juli bis Dezember 1905 wiedergegeben.

Entnommen wurde die Berichterstattung dem Neutomischler Kreisblatt des Jahres 1905.

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Schöffengerichtssitzung vom 19. Juli 1905 – Vorsitzender Herr Amtsrichter Dr. Brasack, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Förster-Konkolewo und Sägner-Sempolno.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

1. Der Eigentümer Wilhelm Klemke aus Neuborui war angeklagt, fremde Tauben auf seinem Grundstück geschossen und sich dieselben rechtswidrig angeeignet zu haben. Die Beweisaufnahme ergab nur Sachbeschädigung in drei Fällen. Der Angeklagte wurde zu einer Geldstrafe von 15 Mark verurteilt.
2. Das Dienstmädchen Hulda Luch hier hatte gegen einen Strafbefehl in Höhe von 10 Mark Einspruch erhoben, welche Strafe sie sich wegen heimlichen Verlassens ihres Dienstes bei dem Restaurateur Schulz zugezogen hatte. Sie wurde der Uebertretung der Gesindeordnung für schuldig befunden, wegen ihres jugendlichen Alters jedoch nur mit einem Verweise bestraft.
3. Die Privatklage des Ortlieb Heinrich-Neuborui gegen Eigentümer Heinrich Fischer ebendaselbst wurde durch Vergleich erledigt.
4. In der Privatklagesache Morzynski gegen Kern waren beide Parteien nicht erschienen, weshalb der Privatkläger mit seiner Klage abgewiesen wurde.

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Schöffengerichtssitzung vom 30. August 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat von Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Eigentümer Gebauer-Scherlanke und Bäckermeister Liepelt-hier.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

1. Der Eigentümer Robert Beitsch aus Cichagora war angeklagt, die Jagd auf fremden Gebiet ausgeübt zu haben. Er wurde dafür mit 20 Mk. bestraft, und es wurde außerdem noch auf Einziehung des Gewehres erkannt.
2. Die Strafsache gegen den Arbeiter Johann Nowack aus Glinau wegen Hausfriedensbruches wurde vertagt.
3. Der Maler Heinrich Linke aus Altborui erhielt wegen Körperverletzung der Wwe. Zeuschner ebenda eine Woche Gefängnis.
4. Die Klage gegen Gepäckträger Raschke wegen Körperverletzung wurde vertagt.
5. Der Eigentümersohn Johann Nyga aus Bolewitz wurde wegen Entwendung von Runkelpflanzen in Anbetracht seiner Jugend nur mit einem Verweise bestraft.
6. Die Privatklagesache Gustav Seide zu Komorowo-Hauland gegen den Altsitzer Schramme ebendaselbst wurde durch Vergleich erledigt, indem der Beklagte die Tragung der Kosten übernahm.
7. In der Privatklagesache Welke gegen Goldmann war niemand erschienen, weshalb der Kläger mit seiner Privatklage abgewiesen wurde.
8. In Erledigung der Privatklage des Eigentümers Albert Pflaum zu Paprotsch gegen den Eigentümer Gustav Prüfer ebenda wegen Beleidigung wurde der Beklagte mit 10 Mk. bestraft.

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Schöffengerichtssitzung vom 12. September 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren August Roy aus Paprotsch und Sperling aus Konkolewo.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

1. Der Knecht Karl Krock aus Glinau und der Knecht Friedrich Krock aus Paprotsch wurden wegen Diebstahls von Eßwaren mit einem Verweise bestraft.
2. Der Arbeiter Johann Nowak aus Glinau erhielt eine Geldstrafe von 15 Mark wegen Hausfriedensbruchs auferlegt.
3. Den Gesindevermieter Karl Schmidt aus Neuborui traf eine Gefängnisstrafe von einer Woche wegen einfachen Diebstahls.
4. Der Eigentümer Gottfried Wolf aus Bolewitz hatte vom dortigen Distriktsamt einen Strafbefehl erhalten in Höhe von 10 Mark und dagegen Einspruch erhoben. Heute zog er seinen Einspruch wieder zurück.
5. Der Arbeiter Stanislaus Przybil aus Pollwis im brandenburgischen war wegen Sachbeschädigung und Tierquälerei angeklagt. Wegen des ersteren Vergehens wurde er freigesprochen, betreffs des letzteren war Verjährung eingetreten.
6. Zu der Verhandlung in der Privatklagesache Silberberg-Grätz gegen Bederke waren die Parteien nicht erschienen. Die Klage wurde daher kostenpflichtig abgewiesen.
7. Die Privatklagesache Martin Kucz-Rose gegen Marianne Nowak ebenda wurde durch Vergleich erledigt.
8. Die Privatklagesache Steffan gegen Knop-Rose endigte ebenfalls durch einen Vergleich.
9. Die Privatklagen des Wilhelm Kutzner in Friedenhorst gegen Paul Schmidt in Neutomischel, Thomas in Zinswkowo und den Streckenwärter Damas wurden sämtlich durch Vergleich erledigt.

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Schöffengerichtssitzung vom 27. September 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren Herr Sattlermeister Lehmann und Herr Bäckermeister Lemberg, beide aus Neutomischel.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

1. Der Arbeiter Martin Lodka in Scherlanke wurde wegen Erregung ruhestörenden Lärms in Neutomischel mit 3 Tagen Haft bestraft.
2. Den Krämer Heinrich Zeidler aus Chraplewo traf eine Geldstrafe von 30 Mark wegen Uebertretung der Gewerbeordnung.
3. Die Sache Flieger wurde vertagt
4. Einen Tag Gefängnis erhielt der Arbeiter Rataiczek aus Cichagora z. Z. in Zeitz wegen Hehlerei.
5. Der Arbeiter August Rädiger aus Neuborui wurde wegen Mißhandlung des Tischlers August Schulz ebenda mit einer Woche Gefängnis bestraft.
6. Heinrich Schulz II aus Albertoske wurde mit 5 Mark bestraft, weil er die Eigentümerfrau Auguste Wende mit einem Stock gestoßen hat.
7. August Mayer aus Kozielaske wurde wegen Beleidigung und Mißhandlung des Eigentümers Lieder aus Witomischel mit 30 Mark Strafe belegt.
8. Der Schuhmacher Gustav Niederschuh aus Neutomischel war angeklagt, dem Schuhmacher Gustav Simon aus Kirchplatz 5 Mark entwendet zu haben. Die Tat konnte ihm nicht bewiesen werden, worauf seine Freisprechung erfolgte.
9. Die Privatklagesache August Neumann zu Glinau gegen den Arbeiter Johann Nowak ebenda wegen Beleidigung wurde durch Vergleich erledigt.
10. Die Privatklagesache des Dienstmädchens Stege gegen Männel endete ebenfalls durch Vergleich.
11. Die Privatklagesache des Eigentümers Sommerfeld gegen den Gastwirt Schmidt wegen Beleidigung findet ihre Erledigung dadurch, daß der Kläger seine Klage zurückzieht.
12. In der Privatklagesache des Valentin Schwiedt gegen den Arbeiter Trczeiczak aus Charlottenburg wegen Beleidigung wurde letzterer mit 5 Mark bestraft.

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Schöffengerichtssitzung vom 18. Oktober 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr Stellmachermeister Steinke-Bukowiec und Förster-Konkolewo.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

1. Der Eigentümer Händsche aus Punkenhauland wurde wegen Jagdvergehens mit 30 Mark bestraft, auch wurde auf Einziehung des Gewehrs erkannt.
2. Der Eigentümer Girndt-Neuborui, der wegen Körperverletzung seines Dienstjungen angeklagt war, wurde freigesprochen.
3. Der Eigentümer Stephan Kazmierczak aus Bolewitz war wegen Hausfriedensbruchs, Beleidigung und Körperverletzung angeklagt. Es traf ihn eine Geldstrafe von 15 Mark.
4. Karl Schmidt in Altborui war angeklagt, den Eigentümer Lüdke daselbst gemißhandelt zu haben. Die Sache wurde vertagt.
5. Der Maler Heinrich Linke in Altborui war angeklagt, den Gefangenen-Aufseher Lachmann in Neutomischel im Amte beleidigt zu haben. Er wurde deswegen mit einer Woche Gefängnis bestraft.
6. Eine Woche Haft trifft den Einwohner Lottka aus Scherlanke, weil er durch Lärm in Neutomischel groben Unfug verübt hat.
7. Der Eigentümer Gotthold Winter aus Chichagora waren wegen Beleidigung und Mißhandlung der Frau Martha Roy angeklagt. Er wurde freigesprochen.
8. Ebenfalls freigesprochen wurde die Marianna Maczyewicz, die wegen Hausfriedensbruchs angeklagt war.
9. Der Eigentümer Stephan Fliege aus Bolewitz hatte gegen seinen Strafbefehl, der ihm in Höhe von 10 Mark vom Distriktsamt wegen Uebertretung der Baupolizei-Verordnung zugestellt worden war, Einspruch erhoben und erzielte seine Freisprechnug.
10. Die Verhandlung der Privatklagesache Chmischalski gegen Heinicz und umgekehrt Heinicz gegen Chmischalski aus Wonsowo endet damit, daß die Klage und die Widerklage zurückgenommen wurden und jede Partei ihre Kosten übernimmt.
12. In der Pfivatklagesache der Magdalena Dudeck gegen Manock und umgekehrt Manock gegen Dudeck erfolgt beiderseits Freispruch. Jede Partei trägt ihre Kosten

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 08. November 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren Herr Reschke-Scharke und Herr Saegner Sempolno.Bemerkt sei noch, daß dieser Sitzung der Herr Erste Staatsanwalt aus Meseritz beiwohnte.

Es wurden folgende Sachen verhandelt:

1. Der Arbeiter Lottka aus Scherlanke hatte in Neutomischel ruhestörenden Lärm verursacht und wurde deswegen mit 3 Tagen Haft bestraft.
2. Der Tischlergeselle Max Olschewski aus Neutomischel wurde wegen Erregung ruhestörenden Lärms, Sachbeschädigung und Körperverletzung zu 23 Mark Strafe verurteilt
3. Der Arbeiter Hermann Daniel aus Glinau war des Diebstahls angeklagt; er wurde freigesprochen
4. Die Eigentümertochter Katarina Mis aus Witomischel hatte einen Strafbefehl in Höhe von 2 Mark erhalten, weil sie einige Birnen entwendet haben sollte. Sie hatte Einspruch erhoben, wurde jedoch mit einem Verweis bestraft.
5. Ebenfalls mit einem Verweis wurde das Küchenmädchen Janischewsky aus Bollwitz bestraft, weil es sich verschiedene Gegenstände von geringem Wert widerrechtlich angeeignet hatte, die aber dem rechtmäßigem Eigentümer wieder zurückgegeben worden sind.
6. Der Arbeiter Peter Staniszewski aus Drebiskirchen bei Wismar hatte zwei Fahrräder gestohlen und wurde deswegen mit 10 Tagen Gefängnis bestraft.
7. Der Holzarbeiter Reinhold Franke erhielt wegen Sachbeschädigung eine Strafe von 10 Mark
8. Die Handelsfrau Anna Kunikiewicz aus Neutomischel traf eine Strafe von 5 Mark wegen Hausfriedensbruch.
9. Gleichfalls wegen Hausfriedensbruch wurde der Arbeiter Hermann Franke aus Neuborui mit 10 Mark Strafe belegt.
10. Der Eigentümer August Blinowa aus Paprotsch wurde wegen Jagdvergehens mit 30 Mark bestraft, auch wurde auf Einziehung des Gewehrs erkannt.
11. Der Fuhrmann Reinhold Weber aus Neutomischel, der Eigentümer Paul Müller aus Kozielaske und dessen Ehefrau waren des Hausfriedensbruchs, ferner der Körperverletzung und Beleidigung der Eigentümer Stenschke’schen Eheleute in Scherlanke beschuldigt. Weber wurde mit 40 Mark, die beiden anderen Angeklagten mit je 10 Mark bestraft.
12. Anna Grocholewski, Gottlieb Rau und Ernestine Rau, sämtlich aus Scherlanke, waren der Körperverletzung des Ehemannes der ersteren angeklagt. Die Grocholewski wurde mit 10 Mark bestraft, Gottlieb Rau wurde freigesprochen und Ernestine Rau traf eine Geldstrafe von 3 Mark.

 * * *

Schöffengerichtssitzung vom 29. November 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen Herr Besitzer Reinhold Roy aus Glinau und Herr Bäckermeister Liepelt aus Neutomischel.

Es wurden folgende Sachen verhandelt:

1. Der Eigentümer Otto Heyder aus Altborui hatte einen Strafbefehl in Höhe von 5 Mark erhalten, weil er seinen schulpflichtigen Dienstjungen vom Schulbesuch ferngehalten hatte. Er hatte gerichtliche Entscheidung beantragt, zog aber seinen Antrag heute wieder zurück.
2. Pauline Bergmann aus Düsseldorf, früher in Glinau, war des Hausfriedensbruchs und des Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt. Sie wurde dieserhalb mit 2 Wochen Gefängnis und drei Tagen Haft bestraft.
3. Der Knecht Richard Jocholke aus Neutomischel war des Diebstahls beschuldigt. Er wurde freigesprochen.
4. Die Sache des Arbeiters Weymann aus Gronsko, der wegen Unterschlagung angeklagt war, wurde vertagt.
5. Der Eigentümer Franz Zeidler aus Grudno wurde wegen Beleidigung und Sachbeschädigung zu einer Gesamtstrafe von 18 Mark bestraft
6. Der Knecht Joseph Mai aus Brody, früher in Chraplewo, wurde wegen Beleidigung des Vogts Knobel und Inspektors Holz mit 30 Mark bestraft.
7. Der Tischlermeister Nawrot in Bolewitz war wegen Trunksucht u.s.w. angeklagt. Die Sache wurde vertagt.
8. Derselbe war auch wegen Hausfriedensbruchs angeklagt, und traf ihn dieserhalb eine Strafe von 10 Mark.

Es gelangen dann noch vier Privatklagesachen zur Erledigung, eine davon wird abgewiesen, ein Beklagter wird zu 10 Mk. verurteilt, die beiden letzten enden durch Vergleich.

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 20. Dezember 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Ortsschulze Gebauer aus Scherlanke und August Roy aus Paprotsch.

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

1. Die Angeklagte Rataiczak aus Bukowiec war unentschuldigt dem heutigen Termin ferngeblieben, weshalb ihre demnächstige Vorführung beschlossen wurde.
2. Der Malergehilfe Oswald Gehrke aus Neutomischel wurde wegen Sachbesschädigung und Beleidung zu einer Gesamtstrafe von 10 Mark verurteilt.
3. Der Arbeiter Karl Schmidt aus Altborui wurde wegen Körperverletzung in einem Falle mit einer Woche Gefängnis bestraft, wegen eines zweiten Falles aber freigesprochen.
4. Der Eigentümer Gustav Quast aus Schwarzhauland wurde wegen Unterschlagung einer Taube mit 10 Mark bestraft.
5. Die Arbeiterfrau Agnes Mania aus Rose erhielt wegen Körperverletzung und Hausfriedensbruches 6 Mk. Strafe.
6. Tischler Nawrot aus Bolewitz war der Uebertretung des § 361 Abs. 5 des R.-St.-B. angeklagt. Nach verhandelter Sache wurde er freigesprochen.
7. Ebenfalls freigesprochen wurde der Arbeiter Stephan Weimann aus Gronsko, der wegen Betruges und Diebstahls angeklagt war.
8. Der Knecht Richard Rau aus Neutomischel hatte kürzlich einen Strafbefehl von 6 Mark erhalten, weil er die Anordnungen seiner Herrschaft nicht befolgt. Gegen diesen Strafbefehl hatte er Einspruch erhoben, den er heute wieder zurückzog.
9. Der Gepäckträger Otto Raschke aus Neutomischel war der Körperverletzung beschuldigt und wurde dieserhalb mit 15 Mark bestraft.
10. Der Eigentümer Robert Neumann und der Eigentümer August Giering aus Cichagora waren der gegenseitigen Körperverletzung angeklagt und wurde jeder zu 20 Mark Strafe verurteilt.
11. Der Knecht Valentin Lenski von hier war der vorsätzlichen Körperverletzung angeklagt. Er wurde mangels hinreichender Beweise freigesprochen.
12. Der Eigentümer Otto Heyder-Neuborui hatten seinen schulpflichtigen Hütejungen vom Schulbesuch zurückgehalten; der Angeklagte hat hierfür eine Schulstrafe von Mk. 3,60 zu zahlen.
13. Der Eigentümer August Kurz aus Friedenhorst nahm seine Privatklage, die er wegen Beleidigung gegen die Arbeiterfrau Grunwald-Paprotsch angestrengt hatte, im Vergleichswege zurück, während die Beklagte die Kosten zu tragen hat.
 

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1905 / Ausgaben July-Dezember
 

Orgelumbau in Kuschlin – 1911

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Kirchen,Kuschlin,Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
Die ehem. evgl. Kirche zu Kuschlin - Bilder EA [381]

Die ehem. evgl. Kirche zu Kuschlin – Bilder EA

„In der hiesigen Kuschliner evangelischen Kirche ist die Orgel einem gänzlichen Umbau unterzogen worden. Herr Orgelbauer Janott aus Neutomischel hat seine Tüchtigkeit bewiesen, indem er ein vorzügliches pneumatisches Werk hergestellt hat.

Am 26. v. Mts. (26. August 1911) weilte Herr Kantor Tamke aus Neustadt b. P. hier, um unter Beisein des Herrn Pfarrer Fischer und des Gemeinde-Kirchenrates das neue Werk abzunehmen. Er hat über die umgebaute Orgel ein sehr günstiges Urteil gefällt, das seinem Meister zur Ehre gereicht.“

* * *

lesen Sie hierzu auch:

Orgelbau-Anstalt Dienegott Janott, Neutomischel, Prov. Posen
http://hauland.de/orgelbau-anstalt-dienegott-janott-neutomischel-prov-posen/
 
* * *
Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1911-09-05

Kritische Stimmen zum „deutschen“ Treiben – 1911

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Bez kategorii,Neu Tomysl,Neustadt bei Pinne,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
Glier's Hotel - Bild: Lwówek na dawnej pocztówce [162]

Glier’s Hotel – Bild: Lwówek na dawnej pocztówce

Am 21. Juli 1911 in der No. 58 berichtete das Neutomischler Kreisblatt über ein „deutsches Verbrüderungsfest“ welches am Sonntag, dem 16. Juli 1911 in Neustadt bei Pinne stattgefunden hatte. Es war ein Bericht, wie viele andere auch …

Dieses Fest wurde in einem Leserbrief, welcher in der Ausgabe vom 25. Juli 1911, jedoch unter anderen Gesichtspunkten dargestellt.

Diese kritische Zuschrift ist einige der wenigen, die abgedruckt wurden. Leider ist nicht erwähnt, wer der Einsender – „von beachtenswerter Seite“ – gewesen war.

 

* * *

1911-07-21 Der Beitrag:

Ein echtes deutsches Verbrüderungsfest feierte der hiesige Männergesangsverein „Concordia“ am vergangenen Sonntag.Nachmittag 2 Uhr begann der Ausmarsch der Sänger vom evangelischen Schulhause aus. Voran schritt die Bomster Musikkapelle unter der bewährten Kapellmeister, Herrn Müller. Dann folgten die Damen des gemischten Chores der evangelischen Gemeinde; daran schloß sich der Zug der Sänger. Nach einem Umzuge durch die Hauptstraßen der Stadt gelangte man auf den Turnplatz. Hier erfreute die Kapelle die Gäste durch ihre schöne Spielweise. Der Gesangsverein „Concordia“ und der gemischte Chor wetteiferten um die Gunst der Anwesenden.Besonders wurden die Lachmuskeln angeregt durch eine amerikanische Versteigerung.

Herr Kantor Tamke hielt hierauf eine Festrede. Unter anderem führte er etwa folgendes aus: „Die Gesangsvereine, meine verehrten Gäste, haben versucht, zu singen. Es singt die Mutter an der Wiege des Kinde. Es singt das Kind in der Schule, das Brautpaar am Traualtar. Unser Verein hat es sich zur Aufgabe gestellt, Volkslieder zu singen. Unser Kaiser ist es, der das Volkslied gepflegt wissen will. Er hat ein Volksliederbuch herausgeben lassen, um die Einigkeit im Volksliede zu bewahren. Wir Sänger sind ihm deshalb zu heißem Danke verpflichtet. Wir deutschen Sänger wollen für die Liebe, die er uns dadurch erwiesen hat, auf keinen Fall hinter seiner zurückstehen. Wir wollen ihn lieben und ehren, ihm die Treue bis zum letzten Atemzuge halten. Unsere Treue zu Kaiser und Reich wollen wir erneuern, indem wir in den Ruf einstimmen: Unser allergnädigster Kaiser, König und Herr, er lebe Hoch! Hoch! Hoch!“

Hierauf spielte die Kapelle unser Nationallied.

Trotz des kühlen Wetters herrschte doch Freude und Fröhlichkeit und nur allzufrüh erfolgte der Aufbruch für das junge Volk, welches sich beim Tanze vergnügt hatte. Abends 10 Uhr marschierte man ein. Leider sollte dieses schöne Fest dadurch einen jähen Abbruch erleiden, daß es dem jüngeren Volke nicht mehr vergönnt sein sollte, dem Tanze zu huldigen.

 

1911-07-25 Der Leserbrief:

Von beachtenswerter Seite wird uns folgendes geschrieben:Der Artikel in Ihrer Nummer 56, (war No. 58), betreffend das echte deutsche Verbrüderungsfest des Männer-Gesang-Vereins Concordia, welcher tendenziös wirken soll, kann nicht unberichtigt bleiben.Zunächst ist von einem Verbrüderungsfest nichts wahrgenommen worden. An dem Vergnügen haben sich ausschließlich nur die wenigen Mitglieder des Vereins beteiligt.

Die meisten deutschen Beamten, Lehrer und besseren Bürger der Stadt und Umgebung haben sich von dem Feste überhaupt fern gehalten. Die jüdischen Einwohner haben sich mit Ausnahme von einer Familie infolge von Taktlosigkeiten ihnen gegenüber bei dem vorjährigen Sommervergnügen des Vereins gar nicht beteiligt.

Infolge des kalten Wetters ist auf dem Festplatze dem Alkoholgenusse stark zugesprochen worden.

Dieses so schöne Fest erlitt nicht, wie behauptet, sondern dadurch einen jähen Abbruch, daß nach dem Einmarsch in Glier’s Hotel ein Mitglied des Vereins eine Bürgers- und Beamtenfrau der besseren Gesellschaft im öffentlichen Lokale in taktlosester Weise beleidigte und sich schleunigst aus dem Lokale entfernen mußte, weil er sonst von den Anwesenden wegen dieses ungehörigen Benehmens gezüchtigt worden wäre.

Derartige sich immer wiederholende unerfreuliche Vorgänge innerhalb des Vereins sind nur geeignet, dem schon auf sehr schwachen Füßen stehenden Deutschtum hierorts zu schaden und es vor den Augen der übrigen Mitbürger, bei welchen solche Sachen nicht vorkommen, lächerlich zu machen.

Da allen Einwohnern der Stadt und Umgebung, für die der Artikel vielleicht von Interesse sein kann, die bedauerlichen Vorgänge bei dem Vergnügen bekannt sind, so hätte der Artikel deshalb im Interesse des Friedens und Ansehens des Deutschtums lieber gar nicht geschrieben werden sollen.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1911-07-21/25

Otto Johannes Fröde 1894-1968

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Kreisblatt,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
"Die Welt in Leipzig, Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik Bugra 1914" - Quelle: *1 [382]

„Die Welt in Leipzig, Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik Bugra 1914“ – Quelle: *1

Am 30. September 1894 wurde Otto Johannes Fröde geboren. Seine Eltern waren der Küster der Stadt Neutomischel  Johann Wilhelm Friedrich Fröde und dessen Ehefrau Johanna Christine geborene Seidel.

Unter Otto Dorfner, einem Buchbindermeister und Einbandgestalter, welcher als Werkstattleiter und Hochschullehrer an der Kunstgewerbeschule in Weimar wirkte, erlernte er das Buchbinderhandwerk.

Aufgrund seiner dortigen Leistungen als Buchbindergehilfe wurde er zur erleichterten 1-jährigen Prüfung zugelassen, die er mit Erfolg bestand.

Anlässlich der „Bugra“ – der Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik – druckte das Neutomischler Kreisblatt am 13. Mai 1914 nachfolgenden Artikel:

„Auf der kürzlich in Leipzig eröffneten „Bugra“ werden Buchbinderarbeiten der Großh. S. Kunstgewerbeschule ausgestellt, unter denen sich auch Bucheinbände eines Kindes unserer Stadt, des Buchbindergehilfen Otto Froede, der diese Kunstgewerbeschule besucht, befinden.

Otto Froede - "Die Handbuchbinderei" - Bucheinband [383]

Otto Froede – „Die Handbuchbinderei“ – Bucheinband

Wir entnehmen über die in dem Raume des Jacob Krauße-Bundes ausgelegten Arbeiten der Weimarschen Zeitung u. a. folgendes: Die gezeigten Bücher bedeuten für jeden ästhetischen Menschen eine wahre Augenweide. Sie stellen seine Qualitätsarbeit dar, und zeichnen sich aus durch gediegenes Material, echte Techniken, vornehm künstlerischen Form- und Schmuckgebung. Umschlagszeichnungen, Ornamentik (in Handvergoldung oder Blinddruck) weisen die prächtigsten Entwürfe, einfache oder prunkvolle, auf. Inhalt und Gewandung der Bücher stehen im Einklang. Standardwerke der Weltliteratur, Bibel, Bergpredigt, Faust, Dantes Göttliche Komödie, Boccaccios Dekamerone bieten sich so in schmuckem, würdigem Gewande dar.

Den Stolz jedes Bibliophilen bilden würden die prächtigen Bände des Lehrers, von Frau Lampe von Guaita, Otto Froede, Friedrich Schneider, Frl. Reffke, Wilhelm Dose, die besonders gefielen.“

Otto Froede veröffentlichte später mehrere Fach-Bücher, war Inhaber ein Buchbinderei – Tegeler & Co. Buntpapier, Luppenstr. 5, später in der Kirschbergstr. 34 in Leipzig

Laut einer Interneteintragung verstarb Otto Froede im Jahr 1968.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: *1 Ausstellungspostkarte: http://www.dnb.de/SharedDocs/Bilder/DE/DNB/Pressemitteilungen/aeBugra/03Ausstellungspostkarte.jpg?__blob=normal; Zeitungsartikel: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1914-05-13

 

 

Wettfahrt mit Folgen / 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Boruy,Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert

Galopp 1 [384]Endete unser Artikel über das „Schinschern“ mit dem Satz:

„Zur Verhütung von Unglücksfällen sollten die Kinder durch alle, die auf sie einwirken in der Lage und berechtigt sind, angehalten werden, dem winterlichen Vergnügen nur dort obzuliegen, wo keine Gefahr von Passanten damit verbunden ist.“

Fragen wir uns nun mit einem Schmunzeln wer denn wohl auf die Erwachsenen einwirkte und dazu berechtigt war … ?

Es fand sich folgende Zeitungsmeldung:

„Kirchplatz Boruy – Am vorigen Freitag (06.12.1901) fand die Hochzeit der Tochter des Eigenthümers Wilhelm Schulz in Boruy statt.

Zur kirchlichen Trauung begaben sich die Hochzeitsgäste nach Kirchplatz Boruy. Auf dem Rückwege wurde ein Wettfahren veranstaltet. Hierbei fuhr einer der Hochzeitswagen an einen Grenzstein an.

Infolge dessen stürzte der Wagen um. Die Pferde scheuten, zerbrachen die Wagendeichsel und gingen durch.

Die Insassen des Wagens, darunter eine Frau aus Berlin, trugen größere oder kleinere Verletzungen davon. Die Verletzten konnten infolgedessen zum Theil an der Hochzeitsfeier nicht mehr theilnehmen.“

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1901-12-10

 

„Schinschern“ oder „Kascheln“ / 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Schinschern111 [385]„Bei dem jetzigen Frostwetter beginnt von unserer lieben Schuljugend sofort wieder das sogenannte „Schinschern“ oder „Kascheln“.

Jede nur erreichbar Pfütze, und mag sie noch so klein sein, wird zu diesem winterlichen Sport benutzt.

Dieses an und für sich ziemlich harmlose Vergnügen ist ja auch der lieben Jugend von Herzen zu gönnen, nur sollte nicht jedes beliebige Trottoir innerhalb der Straßen der Stadt dazu Verwendung finden. Durch die entstehende Glätte kommen fast täglich einige Erwachsene, welche die sogenannten „Schinschern“ namentlich Abends bei eintretender Dunkelheit, nicht bemerken, zu Fall und ziehen sich oft schwere Verletzungen zu.

Zur Verhütung von Unglücksfällen sollten die Kinder durch alle, die auf sie einwirken in der Lage und berechtigt sind, angehalten werden, dem winterlichen Vergnügen nur dort obzuliegen, wo keine Gefahr von Passanten damit verbunden ist.“

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1901-12-20

 

Ende eines Brauches – Christnachtfeier in Neutomischel – Weihnachten 1912

geschrieben von Gudrun Tabbert
(n.)
am in Kirchen,Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
Candels - Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Candels.JPG?uselang=de [386]

Candels – Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Candels.JPG?uselang=de

Am 17. Januar 1913 erschien im Neutomischler Kreisblatt nachfolgender Artikel . . .

„Mit einem von altersher in der hiesigen evangelischen Kirche eingeführten Brauch des „Quempas-Singens“ bei der Feier der Christnacht am Vorabend des Weihnachtsfestes hat man leider gebrochen, und enttäuscht trat wohl so mancher Kirchenbesucher diesmal seinen Heimweg an.

Es ist keineswegs zu bestreiten, daß durch die große Menge der meist von Kindeshand getragenen, brennenden Kerzen und Wachsstöcke, durch Hantierung mit den Lichterkreuzen und -pyramiden der jungen Chorsänger auf den Emporen gar zu schnell ein Unglück geschehen könnte. Auch hätte oft die geradezu lebensgefährlich zu nennende Überfüllung des alten Gotteshauses am heiligen Abend bei den unzureichenden Ausgängen leicht zu einer traurigen, nicht abzusehenden Katastrophe führen können.

Weshalb verschließt sich die Kirchenverwaltung aber noch immer dem Ausbau weiterer Ausgänge und Treppenanlagen? Die Breiten- und Steigungsverhältnisse der letzteren dürften nach den heutigen baupolizeilichen Bestimmungen kaum für Wohnhäuser zulässig sein.

Es mögen vielleicht auch noch, wie man hört, unliebsame Vorkommnisse oder Ungehörigkeiten einzelner Kirchenbesucher als Beweggrund für die vorerwähnte Änderung mitgesprochen haben. Immerhin ist es doch sehr bedauerlich, wenn dieserhalb aus unserer Kirche, die sozusagen eine Geschichtstafel der hiesigen Gegend bildet, der jedenfalls schon von den ersten deutschen Ansiedlern eingeführte Brauch des „Quempas, oder Gottessohnsingens verschwinden soll.

Aus der Stadt und vom Lande, aus den entlegensten Winkeln der weitverzweigten Parochie strömte alljährlich, auch bei ungünstigem Wetter, alt und jung sonst herbei, und selbst der seltenste Kirchenbesucher hielt gewohnheitstreu von Kindheit an fest zu dieser seiner heimatlichen Christnachtfeier.

Ein ehemaliger Neutomischeler schreibt in seinen Erinnerungen über dieselbe: „Die Wirkung jener Feier ist mächtig, und der Mensch, der sie als Kind erlebt hat, verliert diesen herrlichen Eindruck nie, so lange er lebt.“

* * *

Quempas Singen – Benannt nach einem alten Christnachts-Wechselgesang aus dem 14. Jahrhundert mit ehemals lateinischen, später lateinisch-deutschem Text: „Quem pastores landavere“, „Den die Hirten lobten sehre“.

Gottessohnsingen – „Gottes Sohn ist Mensch geboren“ (Solo) verkünden kleine Meistersinger der Schuljugend in den Schlußstrophen einen Weihnachtsliedes.“

* * *

Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag:

Adventszeit und Christabend in Neutomischel – um 1847 – Autor: Johann Carl Berthold Roy (1895)

http://hauland.de/adventszeit-und-christabend-in-neutomischel-um-1847/#more-9518

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” Januar 1913

Scherlanke / Przyłęk – Statistik aus dem Jahr 1793

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Abschrift/Transkription Gudrun Tabbert)
am in Bez kategorii,Scherlanke | Kommentare sind deaktiviert
sierlanke [387]

Scherlanke – Zielonka – Sierlanko – Przyłęk

In Prästationstabellen sind die Grundeigentümer mit der Größe Ihrer Grundstücke und den zu leistenden Abgaben aufgelistet,  sowie auch die Daten über das vorhandene Vieh und letztlich die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen.

Nachstehend ist diese Tabelle in Auszügen für die Höfe des Dorfes Scherlanke – Zielonka – Sierlanko – Przyłęk des Jahres 1793 zu finden

 

No. der Feuer- stellen

Namen und Qualität der Einsassen

Besitzen an Land nach Culmischen Maas

Haben an Aussaat: (für Weizen, Gerste, Erbsen, Hiersen, Hanf und Grütze fanden sich keine Daten) Angaben in Scheffel

Garten einfall

Heuschlag (für 4-spännig keine An- gaben, alle Erhebungen nur für 2-spännig

Huf

M

Rut

Roggen

Leinsaat

Haaber

Schfl

Mtz

1

Pflaum, Gottfried

1

16

12,00

0,50

11,50

2

3,0

2

Janotte, Mertin

1

19

10,00

0,50

9,50

2

3,0

3

Hoffmann, Mertin

1

14

12,00

0,50

10,00

2

3,0

4

Ortlib, Johann

1

14

12,00

0,50

10,00

2

3,0

5

Weber, Michal

1

16

12,00

0,50

11,50

2

3,0

6

Webern, Johanna

1

11

10,00

0,50

9,50

2

3,0

7

Welke, Christian

1

25

14,00

0,50

13,50

2

4,0

8

Gellert, Gottfried

1

10

10,00

0,50

9,50

2

3,0

9

Schulz, Mertin 

1

8

9,00

0,50

8,50

2

3,0

10

Hein, Johann Friedrich

1

10

10,00

0,50

9,50

2

3,0

11

Janotte, Michal

1

10

10,00

0,50

9,50

2

3,0

12

Pflaum, George

1

4

9,00

0,50

9,50

2

3,0

13

Krepel, Andreas  

1

11

10,00

0,50

9,50

2

3,0

14

Hecke, Christoph

1

9

10,00

0,50

9,75

2

3,0

15

Pflaum, Johann George

1

6

9,00

0,50

5,50

2

3,0

16

Pflaum, Christian

1

9

10,00

0,50

9,50

2

3,0

17

Leske, Johann Friedrich

1

5

9,00

0,25

8,50

2

3,0

18

Roy, Martin

1

4

9,00

0,25

8,50

2

3,0

19

Schaefler, Gottlob

1

11

10,00

0,50

9,50

2

3,0

20

Schlinke, John  

1

10

10,00

0,50

9,50

2

3,0

21

Freuer, Michel

1

8

9,50

0,25

9,00

2

3,0

22

Strauch, Michel

1

2

8,00

0,25

7,75

2

3,0

23

Rau, Mertin . SCHÄNKER

1

1

8,00

0,25

7,75

2

3,0

24

Kaiser, Christoph

1

8,00

0,25

7,75

2

3,0

25

Stein, Johann

1

8,00

0,25

7,75

2

3,0

26

Kunike, Gottfried

27

7,50

0,25

7,25

1

8

3,0

27

Schrötter, Gottfried – SCHOLTZ

27

7,50

0,25

7,25

1

8

2,0

28

Seyde, Mertin

26

7,00

0,25

6,75

1

8

2,0

29

Zitere, Johann Friedrich

25

7,00

0,25

6,75

1

8

2,0

30

Pflaum, Hans George

25

7,00

0,25

6,75

1

8

2,0

31

Krüger, Christian

15

7,00

0,25

6,75

1

8

2,5

32

Tschirner, Andreas

23

6,00

0,25

5,75

1

8

1,5

33

Seyde, Christian

23

6,00

0,25

5,75

1

8

2,0

34

Kuk, Michel

21

5,75

0,25

5,50

1

8

2,0

35

Prüfer, Johann George

21

5,75

0,25

5,50

1

8

2,0

36

Stein, Michel

21

5,75

0,25

5,75

1

8

2,0

37

Hausler, Michel

20

5,5

0,25

5,50

1

8

2,0

38

Hecke, George

20

5,5

0,25

5,50

1

8

2,0

39

Welcke, Gottfried  

20

5,5

0,25

5,50

1

8

2,0

40

Fützner, Gottfried  

20

5,5

0,25

5,50

1

8

2,0

41

Bürger, Johann George  

20

5,5

0,25

5,50

1

8

2,0

42

Hecke, George Friedrich

20

5,5

0,25

5,50

1

8

2,0

43

Stein, Gottfried

18

5

0,25

4,75

1

4

2,0

44

Janotte, George

18

5

0,25

4,75

1

4

2,0

45

Druske, Johann Gottlob

18

5

0,25

4,75

1

4

2,0

46

Säge, Gottfried  

25

7

0,25

6,5

1

2

3,0

47

Schulz, Michel  

3

2

12

0,5

48

Kirsch, Johann – KRÜGER

15

4

0,25

3,50

1

8

1,0

49

Reinsch, Johann – RADMACHER

3

2

12

0,5

50

Muller, Gottlieb

3

2

12

0,5

51

Kasurke, Christian – EINLIEGER

zu 40

Nitschke, Bernhard

zu 41

Weyzenburg, Hans

zu 20

Steinke, Martin

zu 13

Kraepel, Gottlob

zu 9

Kretschmer, George

zu 39

Scholz, Hans George

zu 46

Buk, Siegemund

zu 47

Kühn, Michel

zu 9

Freuer, Gottfried

zu 28

Kühn, Michel

zu 47

Zimmermann, Mitlieb (W?)

 

No. der Feuer- stellen

Namen und Qualität der Einsassen

Haben an Vieh: Angaben in Stück 1. Pferde, 2. Ochsen, 3. Kühe, 4. Jungvieh, 5. Schafe, 6. Zuchtschweine, 7. Ziegen (hier keine)

Bienenstöcke Angaben in Stück A. Waldbienen, B. Gartenbienen

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

A.

B.

1

Pflaum, Gottfried

1

2

2

1

1

2

Janotte, Mertin

2

2

2

1

3

Hoffmann, Mertin

1

1

2

1

1

4

Ortlib, Johann

1

1

2

2

1

5

Weber, Michal

2

1

2

1

6

Webern, Johanna

2

1

1

7

Welke, Christian

2

2

1

1

1

8

Gellert, Gottfried

2

1

1

9

Schulz, Mertin

2

2

2

1

10

Hein, Johann Friedrich

2

2

2

1

11

Janotte, Michal

1

1

2

2

1

12

Pflaum, George

2

1

1

1

13

Krepel, Andreas

2

1

1

8

1

14

Hecke, Christoph

2

1

1

1

15

Pflaum, Johann George

2

2

1

1

16

Pflaum, Christian

2

1

1

1

17

Leske, Johann Friedrich

2

1

1

1

18

Roy, Martin

2

1

1

1

19

Schaefler, Gottlob

2

1

1

1

20

Schlinke, John

2

3

1

21

Freuer, Michel

2

1

2

1

1

22

Strauch, Michel

1

1

1

1

1

23

Rau, Mertin . SCHÄNKER

2

1

2

1

24

Kaiser, Christoph

2

1

1

1

25

Stein, Johann

2

1

1

1

26

Kunike, Gottfried

1

1

1

1

1

27

Schrötter, Gottfried – SCHOLTZ

2

1

2

1

28

Seyde, Mertin

1

1

1

1

29

Zitere, Johann Friedrich

1

1

2

1

1

30

Pflaum, Hans George

2

1

1

1

31

Krüger, Christian

2

1

1

32

Tschirner, Andreas

2

1

1

33

Seyde, Christian

2

1

1

34

Kuk, Michel

2

1

1

1

35

Prüfer, Johann George

1

1

1

1

1

36

Stein, Michel

2

1

1

1

37

Hausler, Michel

1

2

1

1

1

38

Hecke, George

2

1

1

39

Welcke, Gottfried

1

2

1

1

40

Fützner, Gottfried

2

1

1

1

41

Bürger, Johann George

1

2

1

1

42

Hecke, George Friedrich

1

1

1

1

43

Stein, Gottfried

1

1

1

1

1

44

Janotte, George

1

1

1

1

1

45

Druske, Johann Gottlob

2

1

1

46

Säge, Gottfried

2

1

1

1

47

Schulz, Michel

1

48

Kirsch, Johann – KRÜGER

1

1

49

Reinsch, Johann – RADMACHER

1

1

50

Muller, Gottlieb

1

1

51

Kasurke, Christian – EINLIEGER

zu 40

Nitschke, Bernhard

zu 41

Weyzenburg, Hans

1

zu 20

Steinke, Martin

1

zu 13

Kraepel, Gottlob

zu 9

Kretschmer, George

1

zu 39

Scholz, Hans George

zu 46

Buk, Siegemund

zu 47

Kühn, Michel

zu 9

Freuer, Gottfried

zu 28

Kühn, Michel

zu 47

Zimmermann, Mitlieb (W?)

 

No. der Feuer- stellen

Namen und Qualität der Einsassen

Seelen-Zahl

 

 

Wirthe unter 60 Jahre

Wirthe über 60 Jahre

Wirth- innen

Kinder männ- lich

Kinder weib- lich

Dienst- boten männl

Dienst- boten weibl

Summe Be- wohner

1

Pflaum, Gottfried

1

1

1

3

1

7

2

Janotte, Mertin

1

1

2

3

2

1

10

3

Hoffmann, Mertin

1

1

2

1

1

1

7

4

Ortlib, Johann

1

2

2

1

1

1

8

5

Weber, Michal

1

1

5

2

9

6

Webern, Johanna

1

3

1

5

7

Welke, Christian

1

1

2

1

1

6

8

Gellert, Gottfried

1

2

5

8

9

Schulz, Mertin 

1

1

3

1

6

10

Hein, Johann Friedrich

1

2

2

2

7

11

Janotte, Michal

1

1

2

1

5

12

Pflaum, George

1

1

1

2

5

13

Krepel, Andreas  

1

1

2

1

5

14

Hecke, Christoph

1

1

1

1

4

15

Pflaum, Johann George

1

1

2

3

7

16

Pflaum, Christian

1

1

1

1

1

5

17

Leske, Johann Friedrich

1

2

1

1

1

6

18

Roy, Martin

1

1

5

7

19

Schaefler, Gottlob

1

1

3

2

1

8

20

Schlinke, John  

1

1

3

3

1

9

21

Freuer, Michel

1

1

3

2

1

8

22

Strauch, Michel

1

1

1

1

1

5

23

Rau, Mertin . SCHÄNKER

1

1

1

1

1

5

24

Kaiser, Christoph

1

1

1

1

1

5

25

Stein, Johann

1

1

2

4

8

26

Kunike, Gottfried

1

1

4

2

8

27

Schrötter, Gottfried – SCHOLTZ

1

2

2

2

7

28

Seyde, Mertin

1

1

2

4

29

Zitere, Johann Friedrich

1

1

1

2

1

6

30

Pflaum, Hans George

1

1

2

1

5

31

Krüger, Christian

1

1

2

2

6

32

Tschirner, Andreas

1

1

2

3

7

33

Seyde, Christian

1

1

2

4

8

34

Kuk, Michel

1

1

2

1

5

35

Prüfer, Johann George

1

1

2

1

1

6

36

Stein, Michel

1

1

2

3

1

8

37

Hausler, Michel

1

1

2

1

5

38

Hecke, George

1

1

2

1

5

39

Welcke, Gottfried  

1

1

1

3

40

Fützner, Gottfried  

1

2

3

1

7

41

Bürger, Johann George  

1

1

2

4

42

Hecke, George Friedrich

1

1

1

1

4

43

Stein, Gottfried

1

1

2

2

1

1

8

44

Janotte, George

1

2

1

1

5

45

Druske, Johann Gottlob

1

1

1

1

4

46

Säge, Gottfried  

1

2

2

3

8

47

Schulz, Michel  

1

1

1

3

6

48

Kirsch, Johann – KRÜGER

1

1

1

3

49

Reinsch, Johann – RADMACHER

1

2

1

3

7

50

Muller, Gottlieb

1

1

2

51

Kasurke, Christian – EINLIEGER

1

1

3

5

zu 40

Nitschke, Bernhard

1

1

2

4

zu 41

Weyzenburg, Hans

1

1

3

5

zu 20

Steinke, Martin

1

1

1

3

zu 13

Kraepel, Gottlob

1

1

2

zu 9

Kretschmer, George

1

1

2

4

zu 39

Scholz, Hans George

1

1

2

4

zu 46

Buk, Siegemund

1

1

1

3

zu 47

Kühn, Michel

1

1

2

zu 9

Freuer, Gottfried

1

1

2

zu 28

Kühn, Michel

1

1

2

zu 47

Zimmermann, Mitlieb (W?)

1

1

2

 

Dezember – Grudzień 2016

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski)
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Weihnachten - Neujahr / Boże Narodzenie - Nowy Rok 2016-2017 [388]

Weihnachten – Neujahr / Boże Narodzenie – Nowy Rok 2016-2017

Erinnerungen an Grätz / Grodzisk

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Hedwig Bruchmann (geschätzt verfasst um 1910))
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Grätz - Alter Markt, links vorn im Bild die frühere Conditorei Jaeger: rechts die Rückseite des ehem. Rathauses / Ansichtskarten Nachdruck [389]

Grätz – Alter Markt, links vorn im Bild die frühere Conditorei Jaeger: rechts die Rückseite des ehem. Rathauses / Ansichtskarten Nachdruck

Vor Jahren saß ich einmal im Kurpark von Warmbrunn und hörte, wie ein Herr am Nachbartisch beim Kellner ein „Glas Grätzer“ bestellt. Ein anderer an demselben Tisch fragte: „Woher kommt eigentlich dieses Bier, das besser „Unbier“ hieße, weil es so schauderhaft bitter und rauchig schmeckt?“

„O“, hieß es „es ist das anerkannt gesündeste Bier, ganz unschädlich, und so erfrischend! Aber woher es kommt? Hm, doch wohl aus Österreich!“

„Nein“, meinte eine Dame, „Sie denken wohl an Graz! Nein, es kommt, glaube ich, aus Sachsen.“

Was – mein berühmtes Grätz wurde so in fremden Ländern herumgeworfen? Ich wollte schon die Banausen belehren, aber ich bezwang mich. Dagegen stiegen nun mit größter Lebendigkeit die Bilder meines Kindheitsparadieses vor mir auf. Und noch heute scheinen mir etliche davon eigenartig genug, um des Festhaltens wert zu sein.

Man hört jetzt oft die wehmütige Klage, daß es keine Originale mehr gebe. Nun, Grätz hatte vor 65 und mehr Jahren deren eine ganze Menge aufzuweisen.

Aber betrachten wir zuerst das Städtchen selbst, um für jene den richtigen Rahmen zu gewinnen. Grätz zählte damals etwa 3.500 Einwohner. Stellen wir uns in den Mittelpunkt, auf den Marktplatz.

Das Rathaus mitten auf dem Markt / Bild Sammlung A. Kraft [390]

Das Rathaus mitten auf dem Markt / Bild Sammlung A. Kraft

Da steht mitten drauf das Rathaus, ein einfacher, aber stattlicher, zweistöckiger Bau, und ganz in seiner Nähe der Brunnen, über den sich ein Säulentempelchen erhebt, und in dessen Tief das einzigartige Wasser quillt, das dem Grätzer Bier seine gesundheitsfördernde Kraft und seinen Wohlgeschmack verleiht. An drei Seiten des Marktes hatten drei in jedem Sinne gewichtige Brauherrn ihre Häuser, Bibrowicz, Grünberg und Habeck. Der vierte, Bähnisch, wohnte am Neumarkt. An einer Ecke des Marktes stand das vornehmste Hotel der Stadt, „Kutzners Hotel„. Auf der anderen Seite war Jaeger’s Konditorei, in der die Honoratioren lebhaft verkehrten. Ferner war da die Buchhandlung des Herrn Streisand, der den geistigen Bedarf der Stadt mit Geschick und Sachkenntnis zu decken wußte. Er druckte sogar lateinische Doktordissertationen, ohne den Verfassern allzuviel  Mühe durch die Korrekturbogen zu verursachen. Später zog er nach Berlin.

Von den Kirchen ist die damalige alte evangelische Kirche längst durch eine neue, größere ersetzt worden, und die katholische Pfarrkirche, die damals nur eine große Kuppel hatte, ist später noch mit einem Turm versehen worden. Zu meiner Zeit brannte sie einmal ab. Ich erinnere mich lebhaft meines Entsetzens, als unser altes Dienstmädchen mich eines Nachts – noch ganz verschlafen – ans Fenster trug und ich nun den gewaltigen Brand erblickte, der mit mächtigen Flammen und rotglühenden Rauchwolken gen Himmel stieg. Die alte Jagusche sagte beruhigend zu mir: „Es wird bald aufhören, auf der Kuppel steht ja der heilige Florian (der Feuerheilige)!“ Aber, siehe da – auch die kupferne Kuppel erglühte! Sie schmolz, und der Heilige begann sich zu neigen! Plötzlich stürzte er herab – zum maßlosen Schrecken der Zuschauer! Später ist er wieder aufgerichtet und vergoldet worden.

Die katholische Kirche zu Grätz / Bild Sammlung A. Kraft [391]

Die katholische Kirche zu Grätz / Bild Sammlung A. Kraft

Nun gab es – abgesehen von der Synagoge, die inmitten des „Judenviertels“ mit seinen ganz engen Gäßchen stand – noch eine dritte Kirche in Grätz. Sie gehörte zu einem ehemaligen Kloster, in dessen Räumen die katholische und die evangelische „Stadtschule“ untergebracht waren. Das Kloster schien allmählich in die Erde sinken zu wollen, den man stieg zu Eingang einige Stufen hinab. Unregelmäßig verteilte, vielscheibige Fenster blicken aus dem viereckigen Bau hervor, dessen eine Seite durch die Kirche abgeschlossen ist. Vor dem Ganzen liegt ein großer, freier Platz, der Annaplatz, der damals mit Kugelakazien bepflanzt und von einer hölzernen Barriere umschlossen war, auf der früh und spät Kinder entlang balancierten.

Am Eingang zum Platz hält auf hohem Postament ein Heiliger Wache, beschattet von einer mächtigen, alten Linde. Im Laufe vieler, vieler Jahrzehnte hat das stille Heiligenbild auf viele Tausende von Schulkindern herabgeblickt, die sich lachend und schreiend mit erhitzten Gesichtern um sein Postament herum jagten.

Auf der Rückseite des Klosters lagen weite Höfe und Turnplätze und die Gärten der Lehrer, die ihre Wohnungen zum größten Teil ebenfalls innerhalb der alten Mauern hatten. Es ist da viel Raum: überdeckte, halbdunkle Treppen führen auf Korridore mit vielerlei Türen und Nischen, aus denen hier und da Steingesichter etwas unheimlich hervorschauen. Manche Schulklassen lagen auch in Nebengebäuden, und die ABC-Schützen, die zum erstenmal diese Schicksalsstätte betraten, mußten sich durch ein wahres Labyrinth von Gängen hindurchsuchen, ehe sie an ihr Ziel kamen.

Bevor ich jedoch selbst in diese interessante Lage kam, war meine Geistesbildung eine Zeitlang zwei alten Dämchen anvertraut, die eine kleine Klippschule hatten. Fräulein Emilie Krause war ganz lahm und vermochte selbst im Zimmer nur mühsam mit zwei Krücken zu gehen. Ihre Schwester Karoline gab Handarbeitsstunden in der Stadtschule und half auch, uns zu unterrichten. Als ich hinkam, konnte ich schon lesen; aber ich lernte dort stillsitzen, das kleine Einmaleins, Stricken, die zehn Gebote, einige biblische Geschichte und scheiben. Aber dieses Schreiben hatte ich mir später mit vieler Mühe wieder abzugewöhnen! Denn die guten alten Damen hatten nur die seltsamsten Formen für manche Buchstaben (für s, ss, ß, st), sondern auch eine Rechtschreibung, in der das y noch eine große Rollte spielte (bey, frey), von der Machtstellung des h gar nicht zu reden! In meinem ersten Zeugnis der nächsten Schule stand zu lesen: „Schreiben: Schrift zu altväterisch.“ Und einmal sollte sich einen „Aufsatz“ über den Kometen machen, von dem ich nichts wußte, als daß er am Himmel erscheine und einen „Schwanz“ habe, was ich mir doch gar nicht zusammenreimen konnte? Ich hörte dann zufällig, wie mein Vater zu meiner Mutter sagte: „Vielleicht hoffte Fräulein Krause, wir würden bei dem Aufsatz helfen, und so werde sie selbst etwas Näheres über dieses merkwürdige Himmelswesen erfahren.“

Die Klosterkirche und Stadtschule / Bild Sammlung A. Kraft [392]

Die Klosterkirche und Stadtschule / Bild Sammlung A. Kraft

In der Stadtschule hatte ich nur mit drei Lehrern zu tun:  Herr Herberg(Wilhelm David Herberg geb. ca. 1813 in Punitz, verstorben 1900 in Grätz) ein rührend gutes, feingeartetes Männchen, Kantor Otto; dessen Unterricht noch anregender war (besonders seine Physikstunde war mir immer viel zu kurz, so auch die Gesangstunde) – und der Rektor R.!

Der war wohl das größte Original von Grätz! Sein Wesen zeigte eine merkwürdige Zusammensetzung von Eigenschaften, äußerlich wie innerlich. Auf einer sehr stattlichen Gestalt saß ein Kopf, der, wenn er gewaschen und gekämmt war (gewöhnlich Montags), auffallend an Goethe erinnerte. Als Kleidung bevorzugte er entschieden – oftmals selbst für die Klasse – seinen langen Schlafrock und einen dicken, einst roten Schal, von dem er sich auch im Sommer nur selten trennt. Sein Hemd stand auf der Brust offen. An den Füßen verhüllten ihm sehr oft die herabgeruschten, rötlichen Strümpfe die niedergetretenen, flachen Schuhe, und darüber baumelte meist ein Bändchen, da nur von der Unterhose herrühren konnte. So angetan sah man ihn oft an einem zeitigen Frühlings- oder Sommermorgen in den dem Kloster nächsten Straßen umherwandeln

Die Schule hatte er auf einen verhältnismäßig hohen Standpunkt gebracht. Für einzelne begabte, aber unbemittelte Schüler bemühte er sich öfters erfolgreich, ihnen auch für die Zukunft den Weg zu ebnen. Allerdings wurde er dann auch nie müde, solchen seine Bemühungen immer wieder in Gegenwart anderer vorzuhalten. Alle Schüler zitterten vor ihn, und zwar fürchteten sie am meisten seinen beißenden, unbarmherzigen Hohn. Auch seine Unterrichtsweise hatte ihre Seltsamkeiten. von Gedichten hieß er uns u. a. lernen „König Wilhelm saß ganz heiter …“ und „Abenteuer des Pfarrers Schmolke und des Kantor Bakel.“ Die mußten wir zuweilen gemeinsam sehr laut hersagen, während wir mit Fäusten und Füßen den Takt dazu schlugen. Da kam denn der Lehrer aus der Klasse unter uns entsetzt herauf, weil er glaubte, daß wir allein seien und so tobten! Um uns den Schrecken des Krieges recht deutlich zu machen, wandt sich R. einen Verwundeten nachahmend auf den Fußboden und stöhnte und brüllte fürchterlich. Ebenso brüllte er als ein Bär, der tanzen lernen soll und zu diesem Zweck auf einer immer heißer werdenden Eisenplatte die Beine, schmerzgepeinigt, immer rascher hebt. Sein Steckenpferd war Erdkunde. Da er, wenn er wollte, ausgezeichnet unterrichtete und dann in einer Stunde soviel  erreichte wie andere in der dreifachen Zeit, so meinte er, daß seine Gegenwart nicht in allen Stunden nötig sei. Er wies dann zwei Kinder an, sich mit Zeigestöcken bewaffnet an die Landkarte zu stellen und jedem Kinde 5-10 Fragen vorzulegen. Ein Drittes notierte die richtige oder falsche Antwort, und ein Viertes führte Buch über die Untaten der übrigen, die nachher bestraft wurden. Nach dem Ergebnis dieses Verfahrens kriegte man dann neue Plätze. Natürlich suchten die Fragenden das Resultat dadurch zu beeinflussen, daß sie ihren Günstlingen leichte Fragen vorlegten, während weniger Begünstigten schwierige Antworten abverlangt wurden. So scheiterten viele an der Einwohnerzahl minderbedeutender Städte und fanden sich dann betrübt auf der letzten Bank wieder.

Grätz, die Breite Straße / Ausschnitt Ansichtskarte [393]

Grätz, die Breite Straße / Ausschnitt Ansichtskarte

Im Sommer, wenn allerlei Gartenfrüchte reiften, die viel sündhaftes Volk zum Diebstahl verlockten, errichtete Rektor R. in seinem Garten eine niedrige Strohhütte und pflegte in dieser zu schlafen. Die Spuren dieses Nachtasyls bemerkte man dann am nächsten Tage an Kleidern und Haaren. Das Gerücht erzählte von ihm, daß er mondsüchtig sei, und Phantasie begabte Leute wollten ihn mehr als einmal in mondhellen Nächten lustwandelnd auf dem Kirchendach gesehen haben. Als im Jahre 1872 zwei Damen eine „Höhere Töchterschule“ in Grätz gründeten, äußerte sich Rektor R. höchst abfällig und geringschätzig über dieses Unternehmen. Er sagte, in „Höheren Töchterschulen“ würden nur „Zierpuppen“ herangezogen, und gelernt wurde da nichts Ordentliches. So schämte ich mich dann fürchterlich, ihm auf Befragen bekennen zu müssen, daß auch ich dieser verderblichen Anstalt überantwortet werden sollte. Ach, die beiden wahrhaft feinen und äußerst gewissenhaften Fräulein von Chmielewski – im Kloster erzogen, welt- und lebensfremd – samt ihrer alten Mutter hatten in Grätz ein kümmerliches Los! Es gab dort eben gar zu wenig „höhere Töchter“!  Nach zwei Jahren mußten sie die Schule wieder aufgeben und fortziehen. Zu derselben Zeit ward auch mein Vater in eine andere Stadt versetzt, und ich mußte meinem Kindheitsparadies Valet sagen, – dem netten, kleinen Mietshaus und dem schönen Garten mit dem alten Nußbaum, den Fliederhecken, den Obstbäumen und Beerensträuchern.

Eine Reihe von Jahren später wurde dann in Grätz eine städtische Höhere Mädchenschule gegründet. Ebenso entstanden ein Gymnasium und noch andere öffentliche Bauten, die vom zeitgemäßen Fortschritt der Stadt zeugen. Vor allem erhielt sie Bahnanschluß nach Opalenica hin.

Damals hatte Grätz noch keine Eisenbahn, und wer von Amts wegen viele Fahrten nach zahlreichen, ziemlich entlegenen Orten der Umgegend zu machen hatte, wie mein Vater, der wußte manches ergötzliche und manches ernste Abenteuer von solchen Wagenfahrten zu erzählen!

Da waren einmal in der Finsternis die Pferde plötzlich in einen frischgezogenen Quergraben gefallen, und der schreckhafte erwachende Kutscher, der nun keine Pferde sah, jammerte: „Die Färde sein weg!! Die hat der Biese (Böse) gehult! Die muß der Biese gehult ho’n!!“ Und es hatte Stunden gedauert, bis man aus dem nächsten Dorfe Leute zur Hilfe herbeigeholt hatte.

Einmal drang die Deichsel eines entgegenkommenden Wagens einem Pferde in die Brust und tötete es, usw. In einem großen Dorfe erschien von den 54 zum Termin vorgeladenen Bauern nur ein Drittel. Auf die Frage nach der Ursache des Fernbleibens hieß es: „Sie sitzen im Gefängnis oder Zuchthaus, – „wegen Meineid“, „wegen Diebstahl“, „wegen Totschlag“, „wegen Einbruch“, die meisten „wegen Brandstiftung“. Eine nette Gesellschaft, wie?“

Grätz, Breite Strasse mit Blick auf die "neue" ehem. evangelische Kirche / Ausschnitt Ansichtskarte [394]

Grätz, Breite Strasse mit Blick auf die „neue“ ehem. evangelische Kirche / Ausschnitt Ansichtskarte

In derselben Gegend, wo jetzt der Bahnhof steht, lag oder liegt der Topelsche Garten, ein öffentlicher Gesellschaftsgarten, der auch der Schauplatz des alljährlichen Schützenfestes war, da Ereignis des Jahreslaufs. Es begann am 2. Pfingsttag, und schon tagelang vorher zog durch die Breite Straße ein süßer, würziger Duft der „Pfefferrollen“, die in der Raschko’schen Kuchenbäckerei gebacken wurden (immer nur zu Pfingsten!). Mir scheint noch heute, daß sie besser schmeckten als sogar die berühmten Weese-Erzeugnisse! In welcher Spannung lebte man schon vorher! Wie würde das Wetter sein?! Es war doch nicht denkbar, daß man zum Schützenfest anders erschien als in weißem Kleide und versehen mit möglichst vielen Silbergroschen für Karussel, Würfelbuden u. dergl.! Wer würde diesmal König werden? Und, o Wonne, wenn man den Glücklichen, Stolzgeschwellten dann in seinem blendend ganzvollen Schmucke bei schmetternder Musik heimgeleiten half!

Grätz hatte damals eine Bürgerschaft, die sichtlich von den Musen geliebt und begünstigt wurde und ihnen dafür begeistert huldigte.  Das zeigte sich jahraus, jahrein in der „Bürger-Ressource“, wo besonders der heiteren Thalia, aber auch der erhabenen Melpomene (z. B. in „Kabale und Liebe“) Leistungen dargebracht wurden, auf die die Olympischen Schwestern wahrlich anerkennend herablächeln konnten. Wenn die Nachwelt auch dem Mimen Kränze flöchte, dann müßten dem großen, idealgesinnten Bäckermeister Frost, dem „Theaterdirektor“ und seiner zierlichen, lebhaften und intelligenten Frau entschieden welche zugebilligt werden. Ebenso der imposanten tragischen Heldin, Frl. K., dem ersten Liebhaber und den beiden Komikern. Die rührige Gesellschaft bestand zum größten Teil aus Zugehörigen der mittleren Beamtenschaft; wurde aber bei ihren Aufführungen, zu denen auch Singspiele gehörten, auch von der „Hautvollee“ ganz gern besucht.

Ein wertvoller Zubehör für die Stadt war das „Schloß Grätz„, zu dem das außerhalb der Stadt liegende Gut Piaski gehörte. Das Schloß ist von einem weiten, wunderschönen Park umgeben, der damals dem Publikum jederzeit offen stand und das beliebteste Ziel zahlreicher Spaziergänger war. Herrliche alte Bäume und malerische Baumgruppen standen da auf weiten Rasenflächen, vor dem Schloß eine mächtig breite Linde. Hier und da ragte eine graue Steinfigur aus den Büschen hervor und schattige Sitzplätze luden zum Ruhen ein. Besonders schön war eine lange Buchenallee, deren Äste, von beiden Seiten her einander berührend, einen hochgewölbten, grünen Bogengang bildeten. Eins der poesievollen Bilder aus Rudolph Schäfers „Allerlei Gärten“ erinnert mich an jene Buchenallee. An den Park grenzte ein großer Teich, an dessen Rande man Schnecken und Muscheln von so verschiedenen Formen fand, wie sonst nirgends in der ganzen Gegend. Im Winter tummelten sich auf diesem Teiche die Schlittschuhläufer der ganzen Stadt.

Grätz - Der Alte Markt / Bild Sammlung A. Kraft [395]

Grätz – Der Alte Markt / Bild Sammlung A. Kraft

Im übrigen war die Umgebung von Grätz sehr arm an Naturschönheit. Kein See! Kein schöner Wald! Nur auffallend viele Hopfenfelder sah man und viele Windmühlen. Die „Herrschaft Grätz“ war, nachdem sie durch mancherlei Hände gegangen war, von einem reichen Handelsherrn aus Hamburg erworben worden.  Er war der Stammvater Familien Beyme und von Beyme, die nun schon in der vierten Generation in ausgedehnten Landgütern und Forsten kulturfördernd wirken.

Im Grätzer Rathaus war auch die Wirkungsstätte des Kreisgerichts, das damals außer dem Direktor dreizehn Richter zählte. Unter ihnen war ein Rat Hoffmann, der durch seinen Witz, seine Urwüchsigkeit und Schlagfertigkeit allgemein bekannt und beliebt war. Einst stand vor seinem Richterstuhl ein altes Weibchen, das ein Vergehen, gestohlen zu haben, nicht eingestehen wollte. Da erschien zufällig, auf dem äußeren Mauersims dahergekommen, ein schwarzer Kater am Fenster, und sofort hörte man auch Rat Hoffmann’s drohend erhobene Stimme: „Weib, du lügst dich in die Hölle! Sieh, dort da wartet schon der Teufel auf deine Seele!“ Als die Frau nun den schwarzen Kater erblickte, fiel sie schreckensbleich auf die Knie und gestand alles.

Ein Original war auch ein Herr von Vintinghoff, „Onkel Tom“ genannt. Er war nicht nur ein ausgezeichneter Blumenzüchter, den man früh und spät in einem blaugestreiften Anzug in seinem Garten arbeiten sah, sondern er besaß auch die gewiß seltene Fähigkeit Kreuzspinnen zu essen! Wenn Rat Hoffmann ihm in einer kleinen Türe eins oder zwei dieser interessanten Arachniden oder Gliederfüßer ins Stammlokal – bei Vater Klose – mitbrachte und ihm zwei „Dumme“ (Schnäpse) versprach, wenn er sie aufäße, dann klemmte Onkel Tom sie zwischen zwei Butterbrote und verspeiste sie mit diesen. Er versicherte, sie hätten einen mandelähnlichen Geschmack und bekämen ihm sehr gut.

Es lebten damals in Grätz noch eine Reihe Menschen, die mit großer Lebendigkeit von den Vorgängen des Jahres 1848, wie sie sich auch in und um Grätz abgespielt hatten, zu erzählen wußten. Zu ihnen gehörte auch der alte, sehr tüchtige Arzt Dr. Mosse, Vater des bekannten Zeitungsverlegers Rudolph Mosse. Er hatte im Kampfe gegen die Sensenmänner einige Wunden davongetragen, deren Spuren noch wahrnehmbar waren. Sein Schwiegersohn, der ebenfalls höchst schätzenswerte Dr. Litthauer, zog 1866 in den Krieg. Ich weiß noch, wie ich beim Abschied von ihm weinte. Aber „es behielt ihn nicht“, er kam zum Glück wieder.

Grätz - Alter Markt, Blick aus einem alten Laubengang / Bild Sammlung A. Kraft [396]

Grätz – Alter Markt, Blick aus einem alten Laubengang / Bild Sammlung A. Kraft

Der Krieg von 70/71 übte natürlich eine mächtige Wirkung auf alle Gemüter aus. Wir Schulkinder zupften ganze Berge von „Charpie“, die weichen Fäden alter Leinwand, die zur Wundbehandlung dienten. Denn die heutigen Mittel zu diesem Zweck hatte man damals noch nicht. Es entstanden Vereine, Lotterien und andere Veranstaltungen, alle mit dem Ziele, Geld- und andere Hilfsmittel für die tapferen Soldaten zu schaffen. Siegesnachrichten riefen sich auf der Straße Menschen zu, die einander gar nicht kannten. Und bei jeder neuen frohen Kunde wurde jedes Haus illuminiert und dann wogte die Einwohnerschaft, groß und klein, alt und junge, vornehm und gering, am Abend durch die Straßen und sang begeistert Vaterlandslieder. Ich sehe und höre noch den alten, würdigen, aristokratischen Gerichtsrat von Dresler mit seiner Gattin am Arm daherkommen, beide singend, zwischen all den anderen. Frau v. D. gründete damals in Grätz den Vaterländischen Frauenverein, in dem sie selbst allezeit das Meiste und Beste leistete, mit Hingabe ihrer ganzen Seele, ohne jemals „das Ihre zu suchen“. Diese edle, äußerst bescheidene Frau war für Grätz geradezu die bedeutsamste Persönlichkeit und für Unzählige im Lauf der Jahrzehnte ein wahrer Segen, als tatkräftige Helferin, Trösterin und vor allem durch ihr Beispiel.

Zeiten und Menschen haben sich geändert. Aber gewiß leben in Grätz noch viele Nachkommen der damaligen Bewohner, die durch ihre Eltern von der Vergangenheit erzählen hörten. Oder es leben dort noch Alters- und Schulgenossen von mir. Ihnen allen möchte ich einen warmen Gruß zurufen und ich wünsche ihnen, daß auch die jetzige Zeit ihnen hold sei !

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Staatsarchiv Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/; Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)
 

 

Grabsteine Friedhof Boruy – Familie Kurz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Grabstätte der Familie Kurz / Photo: Przemek Mierzejewski [397]

Grabstätte der Familie Kurz / Photo: Przemek Mierzejewski

Hier ruhen in Gott

die Eigentümer Frau

Martha Kurz – geb Reschke

geb. 28 Jan 1880 – gest . Mai 1912
 Du schiedest schnell, im tieffsten Schmerz läßt Du verwaist uns stehn;
Nur ein Trost bleibt dem armen Herz:“Es gibt ein Wiedersehn!“

 _ _ _

unsere liebe Tochter

Erna Lina Kurz

geb. 2. Mai 1906 – gest. .4. April 1913
Warst unser Liebling allezeit – Und bist es auch in Ewigkeit
 

Ruhet sanft

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Der Vater und Ehemann war Wilhelm Kurz. Die Familie wohnte in Dorf Boruy unter der No. 72.

Martha Auguste Reschke war in Alt Szarke als Tochter des Johann Carl Reschke und dessen Ehefrau Johanna Juliane Rosalie

geborene Seiffert geboren worden.

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Grabsteine Friedhof Boruy – Anna Pelchen

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Grabstätte der Anna Louise Paelchen / Photo: Przemek Mierzejewski [398]

Grabstätte der Anna Louise Paelchen / Photo: Przemek Mierzejewski

Hier ruhet in Gott

Anna Pelchen

geb. d. 5. April 1869 – gest. d. 11. Febr. 1883
 
Joh: 6_37
Alles, was mir mein Vater giebt das kommt zu mir,
und wer zu mir kommt,
den werde ich nicht hinaus laßen

* * *

Der Eigentümer Johann Wilhelm Paelchen aus Boruy zeigte auf dem Standesamt von Hammer am 11ten Februar 1883 den Tod seiner und seiner Ehefrau, der Johanna Louise geborene Fechner, Tochter, der – Anna Louise Pelchen – im Alter von 13 Jahren, 10 Monaten und 6 Tagen an.

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Grabsteine Friedhof Boruy – Julius Seeliger

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(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Grabstein des Julius Seeliger / Photo: Przemek Mierzejewski [399]

Grabstein des Julius Seeliger / Photo: Przemek Mierzejewski

Hier ruht in Gott
mein lieber Mann , unser guter Vater

Julius Seeliger

geb. 17. März 1822 – gest. 21 März 1877
 
In des Herrn Jesu Wunden schlief ich sanft und selig ein
dadurch habe ich überwunden alle Leiden, Angst und Pein
Gott nahm aus der Gnadenzeit – mich ins Reich der Herrlichkeit

* * *

Am 21. März 1877 erschien der Herr Lehrer Seeliger aus Dorf Boruy auf dem Standesamt in Hammer. Er zeigte den Tod seines Bruders, des Tischlermeisters Julius Seeliger an.

Er gab an, dass dieser in seiner Wohnung in Dorf Boruy am 21. März 1877 im Alter von 55 Jahren und 3 Tagen verstorben sei.

Im Jahr 1859 hatte Julius Theodor Seeliger die Ehe mit Louise Handtke, geb. 1834 in Jastremske, geschlossen. Aus dieser Ehe stammte der im Jahr 1860 geborene Sohn Gustav Paul Seeliger.

Die Eltern der in Wollstein geborenen Brüder waren der verstorbene Tuchmachermeister Benjamin August Seeliger und dessen gleichfalls verstorbene Ehefrau Anna Dorothea geborene Dohnke gewesen.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

 

2016 – 463 Jahre Kirche zu Kranz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die ehemalige evgl. Kirche zu Kranz, 1880 geweiht / Postkartenausschnitt [400]

Die ehemalige evgl. Kirche zu Kranz, 1880 geweiht / Postkartenausschnitt

Heute vor 113 Jahren am 27. November 1903 berichtete die Neutomischeler Kreiszeitung über das 350-jährige Bestehen der evangelischen Kirche zu Kranz. Die Kirche ist inzwischen katholisch geweiht und trägt den Namen „Von der Verklärung des Herrn“ – „Kościół pw. Przemienienia Pańskiego“

“ Die evangelische Gemeinde Kranz im Kreise Meseritz, zur Diözese Karge-Neutomischel gehörend, feiert am 1. Adventsonntag (29. November des Jahres 1903) das Jubelfest ihres 350-jährigen Bestehens. Kranz gehörte zu den wenigen evangelischen Gemeinden der Provinz Posen, in denen trotz schwerer Verfolgung in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts das Evangelium ohne Unterbrechung hat verkündet werden dürfen.

Viele Evangelische der Umgegend in Posen und im Kreis Züllichau-Schwiebus haben darum durch Jahrzehnte hindurch, als ihr eigenes Kirchenwesen zerstört war, in Kranz geistlichen Trost gesucht, ihre Kinder taufen und ihre Ehen einsegnen lassen. Die Gemeinde Kranz verdankt diese Bewahrung nächst Gottes Gnade der Glaubenstreue ihrer Kirchenpatrone, der Herren von Dzembowski.

Denkmal der Kriegsgefallenen auf dem Kirchengelände / Bild EA [401]

Denkmal der Kriegsgefallenen auf dem Kirchengelände / Bild EA

Kranz hat auch im vergangenen Jahrhundert den besonderen Segen gehabt, einen Patron in dem verstorbenen Kammerherrn von Tiedemann zu besitzen, durch dessen fromme Freigebigkeit es ihr möglich wurde, ein herrliches Gotteshaus und schönes Pfarrhaus zu bauen.

Am Sonnabend vor dem 1. Advent, abends 1/2 6 Uhr, wird eine Vorfeier mit einem Vortrag des Ortsgeistlichen über die Geschichte der Gemeinde Kranz stattfinden, am 1. Advent Festgottesdienst um 10 Uhr und um 1/2 6 Uhr abends eine Nachfeier mit einem Bericht über die evangelische Bewegung in Böhmen und einer Lichtbildervorführung aus dem Leben Luthers. Von einem gemeinsamen Festmahl hat die Gemeinde zu ihrem Bedauern um ihrer unzulänglichen Gasthofsverhältnisse willen absehen müssen.

Möge der Gemeinde das Fest gesegnet sein, und sie allzeit ihren alten Überlieferungen treu bleiben !

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 In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“, verfaßt von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen; überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonns an der St. Petrikirche zu Posen. / Herausgegeben 1904, ist zur Entstehung der Kirche in Kranz folgendes geschrieben worden:

„Zu den evangelisch-lutherischen Gemeinden, welche sich in Großpolen schon zur Zeit der Reformation gebildet und seitdem ununterbrochen erhalten haben, gehört die Gemeinde in dem Dorfe Kranz bei Züllichau. Ihre Entstehung fällt nach den vorhandenen Urkunden in das Jahr 1553.

Begründer der Gemeinde und Erbauer einer evangelischen Kirche waren die Erbherren von Radlewicz-Kreski, welche dem augsburgischen Glaubensbekenntnisse angehörten. Im Jahre 1570 verkaufte diese Familie das Gut an George von Dziembowski, der es an seine Nachkommen vererbte.

Die Dorfstrasse, im Hintergrund das Kirchengebäude / Postkartenausschnitt [402]

Die Dorfstrasse, im Hintergrund das Kirchengebäude / Postkartenausschnitt

Als mit dem 17. Jahrhundert die Unterdrückung des lauteren Evangeliums in Polen begann, geriet auch die hiesige Gemeinde vielfach in Gefahr, ihr Gotteshaus zu verlieren. Zuerst verlangte 1637 der Propst des nahegelegenen Dorfes Kuschten unter dem Vorwande, daß die Kirche in Kranz früher eine katholische gewesen sei, von der Gemeinde Entrichtung des Decems und der Stolgebühren; er konnte aber seine Ansprüche vor dem Posener Gerichte ebenso wenig beweisen, wie die späteren Pröpste die ihrigen in den Jahren 1650 und 1665.

Darauf wurden die Erbherren Zbigniew und Boguslaw von Dziembowski im Jahre 1747 von einem Nachkommen der früheren Besitzer, Ignaz von Kreski, dessen Vater in Dresden zum katholischen Glauben übergetreten war, in einen langwierigen und sehr kostspieligen Prozeß verwickelt. Kreski behauptetet, Ansprüche an das Gut zu haben, und verlangte die Herausgabe der Ortskirche als einer ehemaligen katholischen an die Katholiken.

Obgleich die Erbherren im Jahre 1748 ihr Recht auf Gut und Kirche vor dem Reichstribunal zu Petrikau auf das klarste darlegten und das Gericht ihren Gegner nötigte, dasselbe in einem besonderen Dokument ausdrücklich anzuerkennen, so gab Kreski dennoch den Versuch, mit seinen Forderungen durchzudringen, nicht auf und brachte es endlich dahin, daß die Dziembowskische Familie im Jahre 1760 ihm 1.600 Fl. poln. (800 Mark) dafür zu zahlen verurteilt wurde, „daß ihre Vorfahren diese Sache nicht eher ordentlich ausgeführt hätten, weshalb Kreski diesen Prozeß hat führen müssen.“ Dieser Verurteilung folgten noch andere.

Kreski gewann allmählich das Reichstribunal gänzlich für sich, und die Dziembowskische Familie wurde wiederholentlich in große Geldstrafen genommen. Sie mußte u. a. 11.200 Fl. pl. (5.600 Mark) als Strafe dafür zahlen, daß sie eine angeblich ehemals den Katholiken gehörige Glocke und ein Marienbild, welche Gegenstände sich in der Kranzer Kirche befinden sollten und die man zur Begründung des Prozesses benutzen wollte, nicht mit nach Petrikau gebracht hatten. Im Ganzen betrugen die von der Dziembowskischen Familie gezahlten Geldstrafen über 30.000 Mark. Zuletzt erfolgte sogar im Jahr 1761 der Spruch, daß die Kirche in Kranz den Katholiken zu übergeben sei. Doch kam derselbe nicht zur Ausführung.

Die Angelegenheit machte in ganz Polen das größte Aufsehen und gelangte bis an den Reichstag. Die Umtriebe des Kreski hatten erst ein Ende, als derselbe, nachdem er in Petrikau feierlich beschworen, daß die Kirche in Kranz ursprünglich katholisch gewesen sei, vom Schlage gerührt, plötzlich die Sprache verlor und als das Reichsgesetz von 1768 den Evangelischen freie Religionsübung gewährte. Inzwischen hatten die Erbherren v. Dziembowski, um sich Ruhe zu verschaffen, 1761 in einem Vergleiche sich verbindlich gemacht, den Propst in Kuschten jährlich 800 Fl. poln. (400 Mark) zu entrichten, welche Summe 1781 auf 130 Fl. (65 Mark) ermäßigt wurde.

Blick zum Kirchturm / Aufnahme EA [403]

Blick zum Kirchturm / Aufnahme EA

An Stelle der wegen Baufälligkeit abgetragenen Kirche erhielt die Gemeinde, nachdem sie eine Zeitlang im Schulhause zu Kranz ihre Gottesdienst gehalten, ein schönes, in gothischem Stile erbautes Gotteshaus. Es wurde für 36.000 Mark von dem Kirchenpatron Erich von Tiedemann auf Kranz ganz aus eigenen Mitteln erbaut und ihr geschenkt. Am 6. August 1880 empfing es durch General-Superintendenten D. Wiesmann aus Münster, dem Onkel des Patrons, die Weihe, nach welcher der General-Superintendent D. Geß aus Posen die erste Predigt hielt. Im Jahre 1882 wurde für 12.000 Mark ein neues Pfarrhaus erbaut.

Zu der Parochie gehören die durchaus von Evangelischen bewohnten Dörfer Kranz und Brausendorf mit 568 bzw. 192 Seelen. Die Kirche in Brausendorf ist, nachdem eine ältere abgebrochen worden, am 13. August 1786 durch den Senior Nikisch aus Wollstein geweiht worden. Diese alte Gemeinde hatte früher eigene Prediger (Thomas in „Altes und Neues“ S. 104 nennt Brinnius und Crusius), wurde 1712 Filial von Kranz und steht auch unter dem Patronate des Dominiums Kranz. Ursprünglich gehörten auch die Dörfer Schmarse, Keltschen, Wallmersdorf, Oppelwitz und Kl. Dammer hierher, sie kamen infolge der schlesischen Kriege an Preußen, und es wurde für sie nach ihrer Verbindung mit Schlesien in Schmarse eine eigene Pfarrer gegründet. Nachdem der Patron die Kirche zu Brausendorf völlig hatte erneuern lassen und auch neue Glocken und eine neue Orgel beschafft waren, wurde die Kirche am 20. Dezember 1891 durch den Generalsuperintenden D. Hesekiel feierlich eröffnet.“

* * *

Die Pfarrer waren:

  1. Jakob Tammendorf, 1553 im Amte
  2. Matthias Dietrich
  3. Andreas Fechner
  4. Georg Rißmann
  5. Martin Seidel, lebte 1612
  6. Daniel Weißkopf
  7. Michael Andrae, 1635 berufen
  8. Christoph Albinus oder Weiß, aus Freistadt in Schlesien, wurde 1648 von Christian v. Dziembowski hierher berufen und ging 1652 nach Bomst
  9. David Hirsekorn, starb 1687
  10. Johann Fendler, aus Krügersdorf in der Mark gebürtig, 1688 hierher berufen, starb, nachdem er viele Bedrückungen erlitten, im Jahre 1724. Fendler hat das jetzt noch vorhandene Kirchenbuch eingerichtet.
  11. Paul Christoph Fendler, des vorigen Sohn, 1724 berufen, starb 1754
  12. Johann Christian Fendler, des vorigen Sohn, 1754 berufen, starb 1786, 56 Jahre alt
  13. Christian Gottlieb Herzog, aus Seidenberg in der Lausitz, 1781 als Pfarrsubstitut hierher berufen, starb nach 50 jähriger Amtsführung am 12. September 1831, 78 Jahre alt
  14. Robert Adolf Rohrmann, geb. 1805 zu Fraustadt, erhielt 1832 die Berufung und wurde 1840 Pfarrer in Hammer-Boruy
  15. Johann Karl Samuel Hemmerling, aus Zettitz bei Krossen, trat 1840 sein Amt an und starb am 1. Juli 1880, 74 Jahre alt
  16. Otto Gründler, vorher Dom-Hülfsprediger in Berlin, trat 1881 in das hiesige Amt, wurde Pfarrer zu Crommernau bei Hirschber i. Schl.
  17. Julius Renner, vorher Diakonus an der Petrikirche zu Posen, wurde 1888 zum Pfarrer berufen

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – 1.) „Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1903 November; 2.) Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen. verfaßt von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen; überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonns an der St. Petrikirche zu Posen. / Herausgegeben 1904
 

Das Geständnis des Gottlob Reimann – 1817

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Postkartenausschnitt der "alten" ehemaligen evgl. Kirche zu Grätz [404]

Postkartenausschnitt der „alten“ ehemaligen evgl. Kirche zu Grätz

Das Jahr 1817 – Kleinbauern und Ackerleute waren dabei sich aus der Gutsuntertänigkeit freizukaufen die bis dahin nur als Hauptnahrungsmittel der armen Bevölkerung genutzte Kartoffel erlebte einen Anbauboom, da fortan nun auch aus ihr Schnaps gebrannt wurde am 03. August des Jahres wurde der evangelische Pfarrer Johann Theodor Gottfried Sukkert in Grätz in sein Amt eingeführt am 27. September dieses Jahres verordnete König Friedrich Wilhelm der III. die Vereinigung der reformierten und lutherischen Gemeinden zu einer „unierten“ Kirche in Preußen.

Und in eben jenem Jahr zeigte am 19. September der Eigentümer Johann Gottlob Reimann aus dem Lenker Hauland bei  dem Pastor Sukkert die Geburt seiner Tochter vom 15. September 1817 an. Abends um 10 Uhr, so die Eintragung, sei seine Frau, die Eva Rosina geborene Brock von einem Kinde entbunden worden. Die Taufe erhielt das kleine Mädchen auf die Namen Johanna Juliana Louise am 21. September. Die Taufzeugen waren  Gottlieb Schlecht, Gottfried Grossmann, beide Eigenthümer und Frau Anna Elisabeth Seiffert.

* * *

Soweit hätte das Leben weiter seinen Gang nehmen können, wenn da nicht diese „Lüge“ seitens des Gottlob Reimann gegenüber dem Pastor und somit gegenüber der Kirche im Raum gestanden hätte. Gottlob Reimann war sich vermutlich bewusst, dass spätestens bei der Geburt seines nächsten Kinders die Wahrheit bekannt werden würde, wenn nicht ein anderer Dorfbewohner dem Pastor diese schon früher erzählen oder diese durch ein sonstiges Ereignis ans Tageslicht kommen würde.

Leicht ist ihm der Gang zur Kirche sicherlich nicht gefallen, der dann nachstehenden Eintrag durch Pastor Sukkert im Kirchenbuch nach sich zog:

“ Am 26. November 1817 erschien hier selbst J. Gottlob Reimann und gestand, daß er mich hintergangen habe in dem er die Eva Rosina geborene Brock als seine Ehefrau angegeben habe, welche unehelich mit ihm lebte.“

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Bei  Durchsicht der Kirchenbuchaufzeichnungen fand sich, dass Johann Gottlob August Reimann, er ist späteren Aufzeichnungen auch als Johann Gottlieb Reimann zu finden, im Alter von 21 Jahren im April des Jahres 1809 die Ehe mit der erst 15 jährigen Johanna Maria Elisabeth geborene Pochstein geschlossen hatte; Kinder in dieser Ehe aber scheinbar keine geboren worden waren.  Diese Ehe war bis zum Jahr 1817 nicht geschieden.

Es kann nur vermutet werden, dass Pastor Sukkert die treibende Kraft war, welche dazu beigetragen hatte, dass die Lebensverhältnisse der Betroffenen nach diesem Geständnis und nach den „seinerzeit geltenden Maßstäben geordnet“ wurden. „Wilde Ehen“ in seinem Kirchspiel galten als unakzeptabel.

* * *

Am 11. Oktober des Jahres 1820 traute Pastor Sukkert den geschiedenen Johann Gottlob Reimann, Eigenthümer in Lenke mit seiner vieljährigen Wirthin Eva Rosina geborene Brock, Tochter des Eigenthümers in Kuszlin Martin Brock. Der Bräutigam, 1787 geboren, war 33 Jahre alt, die Braut, 1794 geboren, 24 Jahre.

Zum Zeitpunkt der Eheschliessung hatte das Paar bereits drei Kinder – Johann Gottfried geboren 1815, Johanna Juliana Louise geboren 1817 und die Johanna Caroline geboren im Februar des Jahres 1820 – alle führten später den Familiennamen Reimann.

*

Pastor Sukkert war es aber auch, der die Maria Elisabeth geborene Pochstein geschiedene Reimann im Alter von 26 Jahren (*1794) nur wenige Tage später am 8. November 1820 mit dem 24 jährigen (*1796) Gottfried Schlecht, Eigenthümer in Jastremnik vermählte.  Ihr im Jahr 1818 geborener gemeinsamer Sohn Johann Daniel führte später den Familiennamen Schlecht.

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Verschollen – Nathanael Kahl / 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Totenanzeige vom 12. November 1913 im Kreisblatt Neutomischel [405]

Totenanzeige vom 12. November 1913 im Kreisblatt Neutomischel

Am 15. September 1913 war in der Neutomischler Kreiszeitung zu lesen:  „Der etwa 70jährige Zimmermann Nathanael Kahl aus Glinau ging am Freitag früh 1/2 6 von zu Hause weg, um nach Friedenhorst zu dem Arbeiter May zu gehen und von diesem Schindeln zu kaufen. Nachdem wollte er in der Buchwerder, Lomnitzer oder Mischker Forst Holz zwecks Kaufs besichtigen.

Da er weder in Friedenhorst gewesen, noch bis heute zurückgekehrt ist, so ist anzunehmen, daß der alte Mann, der in der letzten Zeit häufiger an Schwindelanfällen litt, infolge eines solchen vom Wege abirrte und irgendwo zusammengebrochen ist.

Alles Suchen nach ihm war bisher vergeblich.

Es werden deshalb alle Personen, die über den Verbleib des Verschwundenen irgend welche Auskunft geben können, gebeten, dem Gendarmeriewachtmeister Sprenger hierselbst oder der Frau Pauline Kahl in Glinau davon Mitteilung zu machen. (Wir verweisen auf das diesbezügl. Inserat der heutigen Nummer.)“

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Suchanzeige

„Am Freitag, den 12. September, ging mein Mann, der Zimmermann Nathanael Kahl, von zu Hause fort, um in Friedenhorst bei dem Arbeiter May Schindeln und nachdem im Walde Holz zu kaufen. Da er bis jetzt nicht zurückgekehrt, auch nicht beim dem Arbeiter May gewesen ist, bitte ich alle diejenigen, die über seinen Verbleib irgend welche Auskunft geben können, dem Gendarmeriewachtmeister Sprenger II oder mir davon sofort Mitteilung zu machen

Frau Pauline Kahl, Glinau“

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Es muss eine lange und schwere Zeit des Wartens und der Ungewißheit gefolgt sein, denn erst unter dem 10. November des Jahres 1913 meldet die Kreiszeitung:

„Die am 19. September in Muchocin gelandete Leiche ist nunmehr mit Bestimmtheit als die des Zimmermanns Nathanael Kahl aus Glinau festgestellt worden. Der 68 Jährige, an Schwindelanfällen leidende, stark kurzsichtige Mann, hat am 12. September seine Familie verlassen, um, mit den nötigen Geldmitteln versehen, in Bobrowke Schindeln zu kaufen; er ist dort auch gesehen worden, aber nicht bei dem Holzverkäufer gewesen.

Seit dem Tage war er verschollen.

Es ist geradezu rätselhaft, wie die Leiche in den weit abgelegenen Warthestrom gekommen ist. Die Taschen waren umgewendet und das Portemonnaie, welches das Geld zum Kaufe der Schindeln enthielt, fehlte. Andere Wertsachen hatte der Verstorbene nicht bei sich.“

Am 16. November 1913 wurde der Tote auf dem evangelischen Friedhof zu Birnbaum zur letzten Ruhe beigesetzt

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Johann Nathanael Kahl war am 24 Juni 1845 in Glinau als Sohn des Johann Gottfried Kahl und dessen Ehefrau Dorothea Elisabeth geborene Schulz zur Welt gekommen. 1869 schloss er die Ehe mit Johanna Pauline Werner, geboren am 28. November 1844 in Alt Tomysl. Sie war die Tochter der Eheleute Johann Traugott Werner und Johanna Erdmuthe geb. Förster gewesen.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1913 September bis November, Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Allerseelen – November 2016

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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Sie sind nicht vergessen ! - Bilder ehemaliger Friedhöfe in den Gemeinden und der Stadt Nowy Tomyśl/Neutomischel zu Allerseelen 2016 [406]

Sie sind nicht vergessen ! – Bilder ehemaliger Friedhöfe in den Gemeinden und der Stadt Nowy Tomyśl/Neutomischel zu Allerseelen 2016

Die heutigen Bewohner der ehemaligen „Hauländer“- Gemeinden und der Stadt Nowy Tomyśl haben auch in diesem Jahr der einstigen Bewohner gedacht, dieses ungeachtet ihrer Herkunft oder ihres Glaubens.

Ein Gebet und ein Licht für all Diejenigen, die hier ihre letzte Ruhe fanden – ein Moment der Besinnung Derjenigen, die ihrer gedenken und sie nicht vergessen  !

Vielen Dank !

 

Unwissenheit schützt vor Strafe … 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Gewichte - Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gewichte.JPG?uselang=de [407]

Gewichte – Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gewichte.JPG?uselang=de

Bei einer durch den früheren Aichmeister Gutsche bei  dem Kaufmann Gustav Timm in Wiosker-Hld. vorgenommenen Revision der Gewichte wurden einige kleine Gewichte, die das vorschriftsmäßige Gewicht nicht hatten, vorgefunden.

Timm erhielt dieserhalb einen Strafbefehl vom Kgl. Distrikts-Amt, gegen den er richterliche Entscheidung antrug. Diesen Antrag stützte er auf die Behauptung, die fraglichen Gewicht ca. 3 Monate vor der Revision für neu gekauft und sich deshalb in dem Glauben befunden zu haben, daß die Gewichte vorschriftmäßig seien, umsomehr, als dieselben den Aichungsstempel trugen.

Diesen Angaben schenkte der Gerichtshof Glauben und sprach den Angeklagten frei.

In der Begründung wurde angeführt, daß sich nur derjenige strafbar mache, der wissentlich falsche Gewichte gebraucht, was jedoch bei dem Angeklagten nicht der Fall war, weil er, da er die Gewichte bei der Revision erst drei Monate in Benutzung hatte, von der Richtigkeit derselben überzeugt sein konnte.

Gegen dieses Urteil legte die Königl. Staatsanwaltschaft Berufung ein, welche jedoch, da sich der Gerichtshof der Ansicht des Vorderrichters anschloß, verworfen wurde.

* * *

Ansässig waren im Jahr 1903 im Wiosker Hauland Johann Gustav Adolph Timm, geb. 09. Februar 1862 zu Albertoske und dessen Ehefrau Wanda Ernestine geb. Gierke, geb. 30 Oktober 1865 ebenfalls zu Albertoske, welche sich nach ihrer Eheschliessung im Jahr 1885 im Wiosker Hauland angesiedelt hatten

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1913-03-13, Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)
 

Grabsteine Friedhof Boruy – Eheleute Haeusler-Aurich

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Grabplatte der Eheleute Haeusler / Photo: Przemek Mierzejewski [408]

Grabplatte der Eheleute Haeusler / Photo: Przemek Mierzejewski

 
 Hier ruhet in Gott das liebe Ehepaar

Bertha und Gottlieb Haeusler

25.01.1856-18.05.1925 und 06.04.1845-03.01.1928
 
 Am Ende Ruh im Leben Schmerzen
 nun schlummert sanft Ihr guten Herzen

 

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Am 10. Oktober des Jahres 1872 heirateten in der evangelischen Kirche zu Boruy der Junggeselle Johann Gottlieb Haeusler – 27 Jahre, Amtsbote und Communalexecutor zu Hammer, Sohn des herrschaftlichen Kutschers Johann George Haeusler daselbst und dessen Ehefrau Anna Dorothea geborene Linke

und

die Jungfer Emilie Paulina Bertha Aurich – 16 Jahre, zu Hammer. Tochter des Pachtfischers Gottfried Aurich daselbst und dessen Ehefrau Justina geborene Gutsche.

Kinder des Paares konnten nicht in den einsehbaren Personenstandsunterlagen gefunden werden.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

 

 

 

Geschichte aus einer Zustellungsurkunde des Jahres 1853

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Original Urkunde aus dem Jahr 1853 / Privatbesitz [409]

Die Original Urkunde aus dem Jahr 1853 / Privatbesitz

Seit 1793 sah die allgemeine Gerichtsordnung für die preußischen Staaten eine Zustellungsurkunde für Briefe amtlichen Inhalts vor. Die Gerichte erhielten für Ihre Akten, mit deren abgezeichneten Rücksendung  einen Nachweis der Ablieferung bzw. Mitteilung, dass eine Zustellung nicht möglich gewesen war.  Die Postboten waren für die korrekte Insinuation, also Zustellung, verantwortlich und quittierten dieses mit ihrer Unterschrift.

Diese Dokumente sind heute meist nicht mehr erhalten oder fristen ihre Existenz, wie viele andere Unterlagen auch, in Ordnern oder Schubladen von Sammlern. Vereinzelt findet jedoch auch eines wieder den Weg zurück an die Öffentlichkeit.  So auch das Post-Insinuations-Dokument zur Nro. 2802 aus dem Jahr 1853 des Königlichen Kreisgerichts zu Grätz.

Vollständig erhalten ist es nicht, der Seitenrand ist beschnitten, aber es beinhaltet doch Geschichte.

* * *

In der Hypothekensache der Neuhäuslerstelle sub No. 10 zu Kolziger Glashütte, so die Mitteilung, war ein Termin auf den 29ten September des Jahres 1853 vormittags 12 Uhr anberaumt worden. Direkt von diesem angesetzten Termin betroffen waren die verehel. Eisenhändler Johanne Rosalie Männel geb. Wulbrand im Beistande ihres Ehemannes zu Neutomysl.

Zugestellt wurde diese amtliche Mitteilung am 28ten August 1853. Der vereidigte Bezirksbote Müller attestierte die Handzeichen „x x x“ der Maennel Eheleute, beide waren vermutlich des Schreibens unkundig,  und dass er das Schreiben bei den Adressanten selbst zugestellt habe.

Mit dieser Bestätigung entfielen die weiteren Möglichkeiten, welche dem Postboten für die ihm obliegende  Aufgabe der Zustellung möglich gewesen wären, wie:

anzukreuzen.

Worum es im Einzelnen ging ? – wir wissen es nicht. Gefunden haben wir aber trotzdem das ein oder andere zu den im Dokument Genannten.

♦ ♦ ♦

Am 09. September des Jahres 1844 wurde in der evangelischen Kirche zu Neutomysl  der Wittwer Johann Daniel Meier, ein Schuhmachermeister, mit der Jungfer Johanne Rosalie Wollbrand, des Johann Heinrich Wollbrand, Glasmacher zu Kolziger Glashütte, zweite Tochter aus 1ster Ehe getraut.  Der Bräutigam war lt. dem Eintrag 49, die Braut 34 Jahre alt. Die Trauung war in Neu Tomysl vollzogen worden, da die Braut schon über 1 Jahr in der Parochie gelebt hatte.

Aus einem Aufgebot zu Kirchplatz Boruy vom Oktober und November des Jahres 1843 ist dann noch zu erfahren gewesen, dass die Jungfer Johanna Rosalie Wollbrand, früher in Diensten in Alt Boruy gestanden habe.

Eingeschoben sei hier, dass es in jener Zeit keine feste Rechtschreibung gab, es wurde geschrieben wie gehört und wie gekonnt. Das der Familienname mal Wollbrand mit oder ohne t am Ende, oder mittig mit einem l oder mit doppelten l geschrieben oder Wulbrand lautete, fällt in diese Kategorie. Gleiches gilt für den Familiennamen Meier; selbst heute fragt man Träger dieses Namens nach der Schreibweise; dieses gilt auch für die Mennel, Männel und Maennel’s.

Aber weiter mit dem Ehepaar Meier. Bei richtiger Auswertung der Kirchbuchaufzeichnungen war die erste Ehefrau des Bräutigams, die von ihm separierte Anna Dorothea geb. Kahl, verstorben im Jahr 1833, gewesen.

Am 6ten Juli 1846 verstarb der Schuhmacher und Einwohner zu Glinau Daniel Meier im Alter von 56 Jahren und 3 Monaten. Als hinterlassen wurden erwähnt die Wittwe Johanne Rosalie geb. Wollbrand und 2 minorenne Kinder, diese vermutlich aus der 1sten Ehe des Verstorbenen, und kein Vermögen.

5 Jahre später wurde in der Kirche zu Neutomysl  am 5ten Juli des Jahres 1850 der Wittwer Gottl. Friedr. Mennel, Bürger und Handelsmann zu Neu Tomysl mit der Wittwe Johanne Rosalie Maier geb. Wollbrandt, des weil. Joh. Daniel Meier, Häusler und Schuhmacher in N. Bor. hinterlassene Ehefrau getraut. In 1ster Ehe war Johann Gottlieb Friedrich Maennel mit Maria Elisabeth Bock verehelicht gewesen.

Am 6ten September 1855 verstarb Johanna Maennel geb. Wolbrandt im Alter von 46 Jahren. Sie hinterließ ihren Ehemann, kein Vermögen und keine Kinder.

Am 19ten November 1861 verstarb letztlich der Wittwer, Bürger und Handelsmann Gottlob Mennel im Alter von 74 Jahren in Neu Tomysl.  Er hinterließ 3 maj. Kinder (aus erster Ehe) und kein Vermögen.

Als letztes kommen wir zu dem in diesem Dokument erwähnten Bezirksboten Müller.

Er findet eine erste Erwähnung im Eheeintrag des 18ten August 1851 des Kirchenbuches Neu Tomysl’s. Es wurden getraut der Junggeselle Gotthilf Müller, Exekutor in Neu Tomysl, des Gottlieb Müller, Egth. zu Kapunke ältester Sohn mit der Ros. Dor. Tepper, des Gottfr. Tepper Bürgers in N. Tomysl  3te Tochter. Das Alter des Bräutigams wurde mit 35, das der Braut mit 33 Jahren angegeben.

Die Berufsbezeichnung Exekutor wandelte sich im Jahr 1854 in Postbote. Nach derzeit einsehbaren Unterlagen war die Familie im Jahr 1859 noch in Neu Tomysl ansässig, ehe sich ihre Spur verliert.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Original Dokument / Privatbesitz und Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Schöffengerichtssitzungen Januar – Juni 1905

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Albertoske,Bez kategorii,Bolewitz,Boruy,BukowiecDE,Chraplewo,Cichagora,Glinau,Groß Lipke,Grudna,Neu Tomysl,Neufeld,Neutomischel,Paprotsch,Personen, Familien,Scherlanke,Sontop,Sworzyce,Wasowo / Wonsowo,Wytomysl / Witomischel,Zinskowo | Kommentare sind deaktiviert
Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Nachstehend sind die Verhandlungspunkte und Urteile der Schöffengerichtssitzungen vom Januar bis Juni 1905 wiedergegeben.

Entnommen wurde die Berichterstattung dem Neutomischler Kreisblatt des Jahres 1905.

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 11. Januar 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Besitzer Sperling-Neuborui und Kurz-Paprotsch

Es wurden folgende Sachen verhandelt:

  1. Der an der Kleinbahn beschäftigte Bahnarbeiter Gustav Vetter zu Neutomischel wurde wegen Mißhandlung des Maurerlehrlings Fiege mit 5 Mark bestraft.
  2. Der Häusler Franz Molenda aus Bolewitz erhielt wegen Diebstahls 1 Tag Gefängnis
  3. Der Mühlenpächter Robert Ulrich erhielt wegen schwerer Körperverletzung 1 Monat Gefängnis
  4. Die Eigentümerfrau Marianna Korbanek aus Bolewitz erhielt wegen Körperverletzung 15 Mk. und wegen Uebertretung des § 366 Abs. 7 noch 3 Mk. Geldstrafe oder im Unvermögensfalle zusammen 4 Tage Gefängnis
  5. Der Eigentümer Wilhelm Becker aus Scherlanke wurde wegen Körperverletzung und Beleidigung der Grunwald’schen Eheleute ebenda zu 10 Mark Geldstrafe verurteilt. Der beleidigten Ehefrau wurde die Befugnis der Publikation des Urteilstenors zugesprochen. Wegen Sachbeschädigung war Becker ebenfalls angeklagt, erzielte aber seine Freisprechung
  6. Der Eigentümer Stanislaus Skierecki aus Chraplewo war wegen körperlicher Mißhandlung des Eigentümers Cissak ebenda angeklagt; er wurde freigesprochen
  7. Die Arbeiterfrau Smenta aus Grudno hat 6 Ltr. Schnaps entwendet und wird dieserhalb mit 1 Woche Gefängnis bestraft
  8. Der Eigentümer August Simon aus Neufeld wurde wegen Mißhandlung seiner Ausgedingerfrau mit 10 Mark bestraft
  9. Die Dienstmagd Martha Kupka aus Altborui wurde wegen Körperverletzung des Knechts Wolke ebenda mit einer Woche Gefängnis bestraft
  10. Der Arbeiter Robert Golnisch aus Dreusen im Kreis Posen, früher in Glinau, wurde zu 3 Tagen Gefängnis bestraft, weil er eine Taschenuhr entwendet hat.
  11. Der Eigentümer Jopseh Kandula aus Bolewitz hat Privatklage gegen die Eigenthümerin Marie Gutsch angestrengt, während letztere Widerklage gegen K. wegen Beleidigung erhob. Beide wurden mit ihren Klagen kostenpflichtig abgewiesen.
  12. Die Privatklage des Arbeiters Gustav Schulz aus Cichagora gegen den Eigentümer August Redlich ebenda wurde durch Vergleich erledigt, indem letzterer die Kosten übernahm

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 25. Januar 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Steinke-Bukowiec und Heinrich-Sontop

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Peter Kasprowicz aus Bolewitz wurde wegen leichter Körperverletzung und Bedrohung seines Schwiegervaters mit 10 Mark bestraft
  2. Franz Weber und Antonie Weber aus Wonsowo waren der schweren Mißhandlung und der Bedrohung mit der Begehung eines Verbrechens an der Helene Weber und der Beleidigung derselben angeklagt. Letztere zog, soweit ihr Antrag wegen Beleidigung zulässig war, denselben zurück. Der Angeklagte F. W. wurde wegen Bedrohung zu 5 Mark bestraft, wegen Mißhandlung aber freigesprochen. Die Angeklagte A. W. wurde in beiden Fällen freigesprochen.
  3. Der Arbeiter Stanislaus Prczijstaniak aus Witomischel war des einfachen Diebstahls angeklagt, wurde aber freigesprochen
  4. Ein Strafbefehl in Höhe von 10 Mark war gegen Valentin Spychalski aus Neutomischel erlassen worden. Er hatte gegen denselben Einspruch erhoben und erzielte seine Freisprechnung
  5. Der Arbeiter Ludwig Franke aus Neuborui wurden wegen Mißhandlung und Bedrohung mit 10 Mark bestraft
  6. Die Arbeiterinnen Marianna Mainiani, Konstanzia Nowak und der Arbeiter Johann Rozek aus Witomischel hatten Strafbefehle in Höhe von je 2 Mark erhalten, weil sie auf dem Gutsche’schen Grundstück in Witomischel Laub gerecht hatten. Sie erhoben Einspruch. Heute wurden die ersten beiden Angeklagten zu je 2 Mark Strafe verurteilt. Die Sache der Angeschuldigten zu 3 wurde vertagt
  7. Die Postagentin Selma Eitner aus Bolewitz hatten gegen den Buchhalter Pilarczik aus Alttomischel Privatklage wegen Beleidigung erhoben. Letzerer wurde mit 10 Mk bestraft. Auch wurde der Klägerin die Befugnis zugesprochen, den Urteilstenor auf Kosten des Beklagten im Neutomischeler Kreisblatt veröffentlichen zu lassen
  8. Die Privatklagen Lottka gegen Gierke, Linke gegen Decke, Urban gegen Goldmann wurden durch Vergleich erledigt, indem die Beklagten die Kosten übernahmen

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 22. Februar 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Besitzer Reschke-Scharke und Roy-Glinau

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung

  1. Der Ausgedinger Michael Pienta, seine Ehefrau und seine Schwiegertochter, sämtlich aus Bukowiec, waren angeklagt, die Ausgedingerin Katharina Drczemala ebenda gemeinschaftlich körperlich gemißhandelt zu haben. Es traf sie eine Strafe von 10 Mark
  2. Die Eigentümerfrau Minna Jäkel aus Neuborui wurde mit 30 Mark bestraft, weil sie die Eigentümer Franke’schen Eheleute ebenda gemißhandelt hat
  3. Der Hausbesitzer und Tischler Karl Nawrot in Bolewitz war der Entziehung der Unterstützungspflicht gegen seine Mutter angeklagt, er wurde freigesprochen
  4. Der Fleischer Bruno Otto aus Witomischel hat Vieh geschlachtet, ohne ein vorschriftsmäßiges Schlachthaus dazu benutzt zu haben; er wurde mit 30 Mark bestraft
  5. In der Privatklagesache des Eigentümers Gustav Linke in Zinskowo gegen den Maurer Grünberg in Glinau wurde letzterer mit 30 Mark bestraft, außerdem wurde dem Beleidigten die Befugnis zugesprochen, den Urteilstenor auf Kosten des Beklagten im Kreisblatt veröffentlichen zu lassen

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 15. März 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Bäckermeister Liepelt-Neutomischel und Eigentümer Gebauer-Scherlanke

Folgende Fälle kamen zur Verhandlung:

  1. Hulda Seiffert-Glinau war der Sachbeschädigung, Beleidigung und des Hausfriedensbruches angeklagt. Sie wurde wegen der ersteren beiden selbstständigen Handlungen zu einer Gesamtstrafe von 3 Tagen verurteilt, wegen des Hausfriedensbruchs jedoch freigesprochen.
  2. Der Müller Robert Ulrich aus Neufeld war angeklagt, dem Müller Minge-Wonsowo Fensterscheiben und eine Cementsäule vorsätzlich beschädigt zu haben. Er wurde der Zertrümmerung der Fensterscheiben überführt und mit 10 Mk bestraft, wegen der Säulenbeschädigung aber freigesprochen
  3. Der Müller Hermann Franke, früher in Neutomischel jetzt in Czarnikau, erhielt wegen fahrlässiger Körperverletzung eine Geldstrafe von 10 Mk
  4. Wegen einfachen Diebstahls wurde der Ausgedinger Michael Oehler aus Neufeld mit 3 Tagen Haft bestraft
  5. Der Eigentümer Wilhelm Bernhardt aus Glinau und dessen Sohn Reinhold erhielten wegen körperlicher Mißhandlung des Arbeiters Hausfeld-Zinskowo eine Geldstrafe von je 15 Mark
  6. Der Arbeiter August Schlinke aus Glinau hatte einen Strafbefehl in Höhe von 3 Mk wegen unbefugten Schießens mit einer Pistole erhalten und Einspruch erhoben. Er wurde freigesprochen, weil sich die Anklage gegen seinen Sohn Wilhelm richtete

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 29. März 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Besitzer Sperling-Neuborui und August Roy-Paprotsch

Es wurden folgende Sachen verhandelt:

  1. Der Müller Robert Ulrich in Glinau wurde mit 30 Mark bestraft, weil er den Müller Minge zu Wonsowo durch eine Postkarte beleidigt hatte
  2. Der Eigentümer August Wolf aus Wengielno hatte gegen einen Strafbefehl von 30 Mark, welchen das Königliche Distriktamt zu Neustadt bei Pinne gegen ihn wegen Uebertretung der Bauerlaubnis erlassen hatte, Einspruch erhoben. Er zog heute seinen Einspruch zurück
  3. In der Privatklagesache des Photographen Hermann Spychalsky zu Neutomischel, vertreten durch seinen Vater, den Volksanwalt Valentin Spychalski, gegen den Hotelkutscher Wandtke zu Neutomischel wurde letzterer wegen Beleidigung mit 5 Mark bestraft. Außerdem wurde dem Beleidigten die Befugnis zugesprochen, den Urteilstenor nach eingetretener Rechtskraft im Neutomischeler Kreisblatt auf Kosten des Beklagten veröffentlichen zu lassen

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 26. April 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Steinke-Bukowiec und Förster-Konkolewo

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Wadislaus Pointkowski, Arbeitersohn aus Bukowiec, war angeklagt, der Häuslerfrau Stankowski ebenda zwei Hühner gestohlen zu haben. Er wurde mangels Beweises freigesprochen
  2. Wilhelm Müller, Eigentümer aus Albertoske, war angeklagt, die Jagd währen der Schonzeit widerrechtlich ausgeübt zu haben. Er wurde deswegen mit 30 Mk bestraft, auch wurde auf Konfiskation des Gewehres erkannt.
  3. Thomas Pienta, Eigentümer aus Sworzyce, war des Betruges angeklagt; er wurde freigesprochen
  4. August Löchelt, Zimmermann aus Neuborui, war wegen Beleidigung des Gendarmen Leßmann angeklagt. Er wurde mit 50 Mk. evtl. zehn Tagen Haft bestraft
  5. Dienegott Schulz, Eigentümer aus Groß -Lipke, hatte einen Strafbefehl von 15 Mk. wegen Baumfrevels erhalten und dagegen Einspruch erhoben; er wurde mangels Beweises freigesprochen
  6. Die Privatklagesache Fischer gegen Ortlieb und Ortlieb gegen Fischer (Widerklage) wurde durch Vergleich erledigt.
  7. Die Sache gegen Bernhard-Glinau wurde vertagt, weil der Angeklagte ohne Grund ausgeblieben war. Die Vorführung desselben ist beschlossen worden.

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 10. Mai 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Reschke aus Scharke und Saegner aus Sempolno

Folgende Sachen kamen zur Verhandlung:

  1. Gegen den Eigentümer Robert Neumann aus Cichagora standen drei Sachen zur Verhandlung, welche alle vertagt wurden
  2. Der Eigentümer Herkt aus Neu-Borui war angeklagt, einen Radfahrer, den Maler Linke aus Kirchplatz-Borui tätlich beleidigt zu haben. Er wurde freigesprochen
  3. Die Maurerfrau Wladislawa Schmichalska aus Wonsowo hatte die Arbeiterfrau Kawa mit einer Hopfenhacke mißhandelt. Sie wurde deswegen mit 30 Mk bestraft
  4. Der Eigentümerssohn Eichberg aus Wengielno hatte Privatklage erhoben gegen den Eigentümerssohn Robert Matschke ebenda. Eine Einigung war nicht zu erzielen. Die Verhandlung hatte das Ergebnis, daß der Kläger sowohl wie der Angeklagte mit je 10 Mk Strafe belegt wurden, auch hat jeder von ihnen die Hälfte der Gerichtskosten zu zahlen, ebenso wurde jedem die Befugnis zugesprochen, den Urteilstenor einmal im Neutomischeler Kreisblatt auf Kosten des Gegners bekannt machen zu lassen.
  5. In der Privatklagesache Michalina Kliczynska aus Bolewitz gegen die Arbeiterin Wozna übernimmt letztere die Kosten, womit ein Vergleich erzielt und das Verfahren eingestellt wird

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 24. Mai 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Bäckermeister Liebelt aus Neutomischel und Traugott Roy aus Glinau

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Gegen den Schmiedemeister Rex aus Zinskowo war ein Strafbefehl von 3 Mark erlassen. Er hatte Einspruch erhoben und erzielte keine Freisprechung
  2. Der Tischler Carl Nawrot aus Bolewitz wurde wegen Hausfriedenbruches mit einer Woche Gefängnis bestraft. Er hatte sich aus dem Fechner’schen Schanklokale zu Bolewitz auf die Aufforderung des Besitzers nicht entfernt
  3. Der Eigentümer Heinrich Löchel II aus Scharke hatte gegen einen Strafbefehl von 10 Mark wegen Jagdvergehens Einspruch erhoben. Er wurde freigesprochen
  4. Joseph Kucz, Wladislaus Nowak u. Alfred Lindenholz hatten wegen Verübung groben Unfugs Strafbefehle von je 3 Mk erhalten, jedoch Einspruch dagegen erhoben. Die Angeklagten kamen mit Verweisen davon
  5. Die Strafsache gegen Helmchen wurde vertagt, desgleichen die Privatklage Fabian gegen Schmidt-Duschnik, da der Beklagte nicht erschienen war

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Schöffengerichtssitzung vom 7. Juni 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer August Roy-Paprotsch und Ortsschulze Gebauer-Scherlanke

Folgende Fälle kamen zur Verhandlung:

  1. Der Arbeiter Viktor Freitag aus Grudno, zurzeit in Essen, und desgl. (sh. unter 2.)
  2. Ludwig Freitag aus Brodi wurden wegen gemeinschaftlichen unberechtigten Jagens im Bolewitzer Forst mit je sechs Wochen Gefängnis und Einziehung der Jagdgeräte bestraft
  3. Wegen Holzdiebstahls erhielt der Eigentümer und Arbeiter Wilhelm Marquard aus Alttomischel, zurzeit in Zachi bei Kizin, 3 Tage Haft
  4. Der Arbeiter Franz Nobik aus Neutomischel wurde zu 3 Tagen Gefängnis verurteilt, weil er im hiesigen Gefängnis ein Gesangbuch entwendet hatte
  5. Der Eigentümer Berthold Fritsche aus Scherlanke wurde mit 30 Mark bestraft, weil er einen Obstbaum entwendete
  6. Der Eigentümer Dienegott Weidner aus Neu Scharke hatte ein Schwein dem Kaufvertrage zuwider vor der Abnahme stark angefüttert und erhielt hierfür eine Geldstrafe von 20 Mark
  7. Wegen eines Fahrraddiebstahl wurde der Arbeiter Grocholewske aus Wonsowo, zurzeit in Moers, mit einer Woche Gefängnis bestraft
  8. der Eigentümer Wihelm Roy aus Glinau war angeklagt, der Herrschaft Alttomischel einen Baum vom Grenzrain entwendet zu haben. Er wurde freigesprochen, und die Klägerin auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 21. Juni 1905 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Franke, Schöffen waren die Herren Besitzer Sperling-Neuborui und Kurz-Paprotsch

Es standen folgende Sachen zur Verhandlung:

  1. Der Eigentümerssohn Wilhelm Helmchen aus Groß-Lipke war angeklagt, seinen Stiefvater mit der Begehung eines Verbrechens bedroht zu haben. Er wurde freigesprochen
  2. Der Arbeiter Wilhelm Strauch aus Glinau war angeklagt, beim dem Besitzer Otto Töffling zu Neutomischel sich des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht zu haben. Er wurde deswegen mit 10 Mark bestraft. Der als Belastungszeuge geladene T. war unentschuldigt ausgeblieben und traf ihn dieserhalb eine Geldstrafe von 5 Mark.

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1905 / Ausgaben Januar – Juni

Ballon „Metzeler“ über Paprotsch / 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[12-10-13, VIIIe coupe Gordon-Bennett des sphériques] Hans Berliner sur Metzeler, Mann [co-pilote], Allemagne : [photographie de presse] / [Agence Rol] | Agence Rol. Agence photographique * [410]

[12-10-13, VIIIe coupe Gordon-Bennett des sphériques] Hans Berliner sur Metzeler, Mann [co-pilote], Allemagne : [photographie de presse] / [Agence Rol] | Agence Rol. Agence photographique *

Am 13. August 1913 veröffentlichte das „Neutomischler Kreisblatt“ folgende Meldung:

„Der Ballon „Metzeler“ (Führer Ingenieur Berliner, Mitfahrer Mann) ist nach 18 stündiger Fahrtdauer in Sanniki bei Warschau glatt gelandet.

An der Grenze wurde der Ballon in halbstündigem Kreuzfeuer mit etwa 200 Schuß scharf beschossen.

Trotzdem blieben die Insassen unverletzt, wurden aber nach der Landung in Haft gehalten. Alle Gegenstände des Ballons wurden beschlagnahmt und zunächst jeder Verkehr mit der Außenwelt auf das strengste verboten.“

* * *

Einer kurzen Begegnung zwischen den Ballonfahrern und zwei jungen Paprotschern in der Nacht zum Sonntag, dem 10. August 1913 wurde dann eine weitere Meldung vom 22. August 1913 gewidmet:

„Wir berichteten kürzlich von einem Luftballon „Metzeler“, der in Rußland gelandet war, nachdem er an der Grenze in halbstündigem Kreuzfeuer mit etwa 200 Schuß scharf beschossen worden war und deren Insassen trotzdem unverletzt blieben.

Dieser Ballon ist, wie wir erst jetzt erfahren, in der Sonntag-Nacht vor 14 Tagen in Paprotsch zwischen 12 und 1 Uhr bemerkt worden.

Auf der Gröger’schen Wirtschaft daselbst unterhielten sich um diese Zeit zwei junge Leute, die von dem Jungdeutschland-Feste aus Sontop heimkamen, als sie auf einmal von den Luftschiffern, die ziemlich niedrig mit ihrem Ballon schwebten, nach dem Namen der Ortschaft und unserer Stadt gefragt wurden.

Auf die Frage der jungen Leute, wo sie denn hinfahren wollten, gaben die Luftschiffer zur Antwort „nach Rußland“.

Sie baten noch darum, daß sie am nächsten Morgen zwei Karten suchen möchten, die sie aus dem Korbe herabwerfen würden und verschwanden dann in der dunklen Nacht.

Am anderen Morgen fanden die jungen Leute auf einem Stoppelfeld zwei Ansichtskarten mit dem Aufdruck: „Offizielle Postkarte der Rosen- und Gartenbau – Ausstellung Forst-Lausitz Juni – Oktober 1913. Ausgeworfen vom Ballon „Metzeler“ 10. VIII. 13.“ Die Karten berechtigen zum freien Eintritt in diese Ausstellung. Der Ballon war bekanntlich in Forst in der Lausitz aufgestiegen.“

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: *1 = Bibliothèque nationale de France, département Estampes et photographie, EST EI-13 (310)  – http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b69274533 – Text: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1913-08-13/22

Arno Kraft 1922-2016

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Familie Kraft / Nachruf der Autoren)
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akraftp [411]

* * *

 Wir erhielten die traurige Nachricht, dass Herr

Arno Kraft

am  † 25. September 2016 im Alter von 94 Jahren verstorben ist

In tiefem Mitgefühl begleiten unsere Gedanken seine Angehörigen in diesen schweren Stunden

Z głębokim współczuciem nasze myśli łączą się z rodziną w tych trudnych chwilach.

Auch wir nehmen Zeilen aus dem Heimatgedicht „Mein Neutomischel“ von Margot Schröer auf, um ihm unsere Achtung und ein ehrendes Gedenken zu bereiten

Aby wyrazić nasz szacunek i pamięć pozwoliliśmy sobie zacytować kilka linii wiersza Margot Schröer  „Mein Neutomischel“

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„Gott schenkte dir ein neues Heim,
darinnen darfst du froh und glücklich sein.“

„Nową Ojczyznę i dom Bóg Ci dał
Abyś szczęście i spokój w nich miał“

Miłował z oddali swoją małą Ojczyznę bez żadnych warunków i bezkrytycznie.
Er liebte aus der Ferne – seine Heimat, bedingungs- und kritiklos.

Tylko w Nowym Tomyślu było słońce najjaśniejsze,
Nur in Neutomischel – war die Sonne die hellste

tylko w Nowym Tomyślu było powietrze była najlepsze,
Nur in Neutomischel – war die Luft die klarste

tylko w Nowym Tomyślu kwiaty pachniały najpiękniej
Nur in Neutomischel – dufteten die Blumen am intensivsten

Tylko w Nowym Tomyślu wracał do domu
Nur in Neutomischel – war er zuhause

Tylko tutaj stawał się dzieckiem.
Nur in Neutomischel – wurde er wieder ein Kind.

Z tej miłości zebrał historie o swoim mieście i dawnych mieszkańców w całość i wydał własnymi siłami “… und dazwischen Neutomischel”

Aus Liebe zu seiner Heimatstadt hat er Erzählungen über die Region und deren einstigen Bewohnern gesammelt und im Eigenverlag das Erinnerungsbuch “… und dazwischen Neutomischel” herausgegeben.
a-kraft2 [412]
“Hier ein Büschel, dort ein Büschel
Mitten drin liegt Neutomischel”


Dziękuję i do zobaczenia.
Vielen Dank und Auf Wiedersehen.

Gudrun Tabbert – Przemek Mierzejewski

 

Einbruch bei Alfred Markus in Neutomischel / 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Neu Tomysl,Neutomischel,Paprotsch,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Rechts das ehem. Zigarrengeschäft des Alfred Markus / Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski [413]

Rechts das ehem. Zigarrengeschäft des Alfred Markus / Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski

„Ein dreister Einbruch wurde gestern abend (18. Dezember 1913) kurz nach 10 Uhr in der Bahnhofstraße verübt. Durch Einschlagen der großen Schaufensterscheibe des Alfred Markus’schen Zigarrengeschäfts wurden von dem Täter mehrere Kisten Zigarren entwendet. Trotzdem die Tat sofort bemerkt wurde, gelang es dem Einbrecher, unerkannt zu entkommen.

Der sofort benachrichtigte Gendarmeriewachtmeister Sprenger erschien mit seinem Polizeihund, und es gelang bald, den Täter in der Person des jugendlichen Arbeiters Otto Weimann aus Paprotsch zu ermitteln und festzunehmen.

Der Bruder des Täters brachte heute früh eine Kiste von den gestohlenen Zigarren wieder zurück, sodaß auch dadurch der Beweis erbracht worden ist, daß die Ermittelungen des Gendarmeriewachtmeisters und seines Hundes die richtigen waren.“

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In den Personenstandsunterlagen fand sich lediglich eine Eintragung: am 17. Juni 1910 wurde Ruth Markus als Tochter der Eheleute Alfred Markus, Kaufmann zu Neutomischel und dessen Ehefrau Rosa geb. Jacobsohn geboren.

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1913-12-19; Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)
 

 

Raubmord im Wald von Posadowo – 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Chaussee von Pinne nach Neustadt, ca. 9 km, ein Fußweg von annähernd 2 Stunden / Messtischblätter http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [414]

Die Chaussee von Pinne nach Neustadt, ca. 9 km, ein Fußweg von annähernd 2 Stunden / Messtischblätter http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Nachfolgend die Berichterstattung aus dem Neutomischler Kreisblatt des Jahres 1913:

1913-08-22 „Am Mittwoch 20. August 1913 abend ist der 21 Jahre alte, unverheiratete Handlungsgehilfe Stephan Witkowski, als er von Pinne mit einer größeren Summe Geldes nach Neustadt b. P. heimkehrte, ermordet und der ganzen Barschaft beraubt worden.

Der Ermordete war der Sohn des Sattlermeisters W. Witkowski aus Samter und bei der polnischen Ein- und Verkaufsgesellschaft Rolnik in Neustadt b. P. angestellt.“

Stephan Witkowski – geboren 10. Juli 1893 zu Samter

Vater der Sattlermeister Wladislaus Witkowski, Mutter Antonie Witkowska geborene Knie

„Die Leiche des jungen Mannes wurde am Donnerstag früh von der Pilzesuchenden Arbeiterfrau Michalina Kaczmarek aus Posadowo gefunden, welche auf dem Gute Posadowo den grausigen Fund sofort meldete.

Die schnell telephonisch verständigte Staatsanwaltschaft in Posen mit einem Polizeihund sowie der Kreispolizeihund aus Neutomischel mit seinem Führer trafen noch im Laufe des Vormittags an der Mordstätte ein, um die Ermittelungen aufzunehmen.

Die Leiche wies nur zwei Schußwunden auf. Die ein Revolverkugel war vom Nacken aus in den Kopf eingedrungen und zum linken Auge wieder herausgetreten, wie der neben der Leiche liegende Klemmer bewies, denn das linke Augenglas war zertrümmert worden. Der zweite Schuß war ebenfalls von hinten abgefeuert worden, denn der Schußkanal ging von der linken Rückenseite nach der linken Brustgegend. Beide Schüsse müssen in unmittelbarer Nähe des Opfers abgefeuert sein, wie die an den Schußwunden befindlichen Brandstellen beweisen. Da der Tatort etwa 1000 Schritte von dem Komunikationswege zwischen Posadowo und Pinne mitten im Walde liegt, die Leiche auch weiter keinerlei Verletzungen aufweist, die auf einen stattgefundenen Kampf schließen lassen, so steht fest, daß der Bedauernswerte meuchlings getötet worden ist.

Es ist verwunderlich, aus welchem Grunde der junge Mann den Weg nach Posadowo wählte und nicht die direkte Chaussee Pinne-Neustadt. Daß er mit einem Fremden in den Wald gegangen sein würde, der ihn aus nächster Nähe von hinten erschießen konnte, ist ebenfalls kaum anzunehmen. Jedenfalls wäre dies kaum verständlich.

Der Polizeihund „Pfeil“ aus Posen, der zuerst arbeitete, verfolgte eine Fährte von der Leiche aus, deren Kleidung vollständig durchsucht war, nach der Neustädter Chaussee zu. Der Polizeihund „Fritz“ aus Neutomischel dagegen stellte zunächst einen im Gebüsch in der nahen Sandgrube verborgenen Arbeiter namens Andreas Walinowski aus Neustadt b. P. Dieser gaben an, daß er sich nur verborgen habe, um etwas zu sehen, da sonst der Ort polizeilich abgesperrt war. Der Hund verfolgt darauf die Spur weiter nach der Richtung des Posadowoer – Pinner Weges. Leider verlor das Tier in den auf der Chaussee stehenden nach hunderten zählenden Neugierigen die Fährte. Da beide Hunde eine andere Spur aufnahmen, ist anzunehmen, daß der eine den Eingangsweg der beiden Männer in den Wald, der andere die Ausgangsspur des Raubmörders verfolgt hat.

Zuletzt ist der Ermordete, der auch sein Fahrrad bei sich hatte, auf der Chaussee Pinne – Neustadt b. P. in Begleitung des zu Fuß gehenden Getreidehändlers Flechner aus Pinne gesehen worfen, wie zwei Zeugen bekundeten. Dieser war gestern nach Posen gereist und kann vielleicht über den Verbleib des Opfers Auskunft geben. Hoffentlich gelingt es den Behörden, den Verbrecher zu ermitteln, damit er der irdischen Strafe nicht entgeht.“

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1913-08-25 „Ueber den grausigen Raubmord, über den wir bereits in letzter Nummer berichteten, ist noch nachzutragen, daß der Polizeihund „Prinz“ aus Neustadt b. P. mit seinem Führer, Polizeisergeant Breuer, sich an der Ermittelung beteiligt und auch ein Spur aufgenommen hat.

Der ermordete Stephan Witkowski hatte am Mittwoch in Pinne, wo der „Rolnik“ eine Filiale besitzt, verschiedene Geschäfte zu erledigen, unter anderem auf dem Pinner Wochenmarkte Getreide aufzukaufen. An Geld mag er etwa 2000 Mark bei sich geführt haben. Bei Gerichtsvollzieher Kretschmann hatter er noch geschäftlich zu tun. Dieser wollte nun mit dem jungen Mann nach Neustadt ins Hauptgeschäft kommen und ließ ihn einstweilen vorausfahren. Auf dem Wege holte er ihn ein sah ihn mit dem Getreidehändler Flechner von Pinne in einem Gespräche. Kretschmann fuhr deshalb allein weiter.

Als der junge Mann abends noch nicht kam, schöpfte man Verdacht und forschte nach seinem Verbleib. Trotz eifrigen Nachforschens wurde er erst am anderen Morgen als Leiche gefunden. Der Verdacht, den scheußlichen Mord begangen zu haben, richtete sich sofort auf Flechner, mit dem der Ermordete zum letzten Male gesehen wurde.

Flechner steht im Vermögensverfalle, hat aber noch am Mittwoch abend einen Gläubiger mit einem größeren Betrage befriedigen können. Angeblich will er diesen Betrag in Posen beim Spiel gewohnnen haben. Vormittags verreiste er und kam nachmittags 5 Uhr wieder in Pinne an. Dort erwartete ihn schon der Kriminalkommissar Wiesenhütter aus Posen und Polizeisergeant Sodtke von Pinne. Bei ihm wurden ein Browningrevoler gefunden, aus dem 2 Schüsse abgegeben waren. Flechner stammt aus gutsituierter geachteter Familie in Koschanowo und steht in der Mitte der dreißiger Jahre. Er ist jung verheiratet und Vater von zwei kleinen Kindern.

Die Leiche des Ermordeten wurde nach der Leichenhalle in Posadowo gebracht. Freitag nachmittags erschien dortselbst eine Gerichtskommission zur Abhaltung eines Lokaltermins. Der mutmaßliche Mörder wurde vor die Leiche geführt, leugnete aber hartnäckig die Tat. In geschlossenem Wagen wurde er dann von mehreren Polizisten nach Pinne zurückgeführt, um von dort nach Posen transportiert zu werden.

Wie die Sezierung der Leiche ergab, muß der Mörder sein Opfer durch zwei Schüsse, die in einem Zeitraum von 6-8 Sekunden aufeinanderfolgten, meuchlings niedergesteckt haben. Jede Kugel hatte das verlängerte Mark gestreift, das Gehirn durchbohrt war dann am Nasenbein nach links abgeprallt und im vorderen Schädelknochen stecken geblieben. Tieferschütternd war es, als die bedauernswerten Eltern, die auf die Unglücksnachricht hin sofort herbeigeeilt waren, ihren ältesten Sohn in der Blüte des Lebens dahingerafft erblickten.“

1913-08-27 „Zum Raubmord im Posadowoer Wäldchen erfahren wir noch folgendes: Die aus dem Körper des ermordeten Kaufmanns Witkowski entfernten Kugeln stammen ohne Zweifel aus der bei Flechner beschlagnahmten Browning-Pistole. Der Waffensachverständige stellte fest, daß aus dem Browning vor kurzer Zeit 2 Schuß abgegeben worden sind. Der Lauf der Browning hatte einen Fehler, durch den jede Kugel beim Abschießen geritzt wurde. Sowohl die in dem Ermordeten vorgefundenen Kugeln als auch eine probeweise abgeschossene zeigten deutlich diesen Riß.

Flechner bestreitet nach wie vor, den Mord ausgeführt zu haben, trotzdem die Beweise geradezu erdrückend sind. Er bestreitet auch auf dem Posadowoer Wege mit dem Ermordeten zusammen gegangen zu sein und will sich bereits auf der Chaussee von ihm getrennt haben.

Bei der an Ort und Stelle erfolgten Gegenüberstellung haben zwei Zeugen aber mit Bestimmtheit bekundet, daß sie ihn zusammen mit Witkowski auf dem fragl. Wege gehend gesehen haben. Ein Mädchen aus Zgierzynka will um die Zeit, als der Mord passiert ist, im Posadowoer Wäldchen 2 Schüsse gehört und einige Zeit darauf einen Mann aus dem Walde kommend gesehen haben. Auch diese hat bei der Gegenüberstellung in Flechner diesen Mann wiedererkannt. Die Vernehmungen des Angeschuldigten und der Zeugen dauerte bis nachts 1 Uhr. Am Sonnabend, den 23. d. Mts. wurde in der Wohnung des Flechner eine Haussuchung abgehalten, aber außer einem zweiten Revolver nichts besonderes gefunden.

Allem Anschein nach scheint Flechner schon längere Zeit mit dem Gedanken umgegangen zu sein, sich auf irgendwelche gewaltsame Art Geld zu verschaffen. So veranlaßte er vor einigen Wochen den Viehhändler Peter Adamczewski aus Senkowo, mit ihm nach einem benachbarten Dorfe zu gehen, da dort eine Wirtschaft zu verkaufen sei. Adamczewski hatte damals ca. 8000 Mark bei sich. Unterwegs hörte Adamczewski – Flechner ging hinter ihm – etwas knacken. Adamczewski dreht sich um und sah, wie dem Flechner eine Browning-Pistole aus der Hand fiel. Auf die Frage, was Flechner denn da mache, antwortete er, er wolle nur seine neue Browning-Pistole zeigen. Adamczewski ist am vergangenen Sonnabend dieses Vorfalles wegen vor dem hiesigen Amtsgericht vernommen worden.

Auch verschiedene andere Personen soll er versucht haben, unter der Vorspielung, daß F. zu verkaufende Wirtschaften wisse, an einsame Stellen zu locken. Weiter hat Flechner es verstanden, sich wiederholt Geld durch Unterschlagungen zu besorgen. Er hatte z. B. von verschiedenen Kaufleuten, mit denen er in geschäftlicher Verbindung stand, und für die er Vieh oder Getreide aufkaufte, Geld zur Ablieferung erhalten, dasselbe aber für sich verwendet. Ebenso soll er auch Geld, das ihm seine Schwester zur Absendung mit der Post übergeben hat, nicht abgeliefert haben. Sehr belastend ist auch, das Flechner noch am Mordtage verschiedene Schulden bezahlt hat. Am Morgen nach dem Morde, bevor er wegfuhr, hat er außerdem auf dem Dominium Pinne 1400 Mk. Schulden bezahlt. Über die Herkunft dieses Geldes kann er sich nicht ausweisen.

Am Sonntag nachmittag 5 Uhr fand die Beerdigung des so jäh aus dem Leben geschiedenen jungen Mannes auf dem katholischen Friedhof in Samter statt. Eine überaus große Anzahl Leidtragender aus nach und fern gaben ihm das letzte Geleit. Der Probst aus Neustadt b. P. widmet dem Verstorbenen am Grabe einen warm empfundenen Nachruf.

Das Gerücht, daß sich Flechner im Posener Gerichtsgefängnis erhängt haben soll, beruht auf einen Irrtum.

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1913-09-24 „Der Untersuchungsrichter hat das Ermittelungsverfahren gegen den Kaufmann Flechner auf den Fall Adamczewski ausgedehnt. Wenige Wochen vor der Mordtat erhielt der Landwirt Adamczewski in Senkowo einen Brief von Flechner mit der Aufforderung, gemeinschaftlich ein landwirtschaftliches Grundstück zu besichtigen und die Anzahlung von 7000 Mark gleich mitzubringen.

A. erschien mit der Anzahlung und beide begaben sich auf den Weg; unterwegs machte F. seinem Begleiter den Vorschlag, eine im Walde befindliche eigentümliche Quelle zu besichtigen, sie verließen die Hauptstraße und schlugen den einsamen Waldweg ein. An der Quelle nahm Adamczewski eine etwas gebückte Stellung ein, richtete sich aber unwillkürlich auf, um eine Frage an F. zu richten. In diesem Augenblick bemerkte er, daß dessen Händen ein Revolver entglitt und zu Boden fiel. Mit einer harmlosen Redewendung suchte Flechner A. von diesem Vorgang abzulenken und beide setzten ihre Wanderung fort. Die Behauptung des Beschuldigten, es habe sich damals um eine spielzeugähnliche Waffe gehandelt, in der nur mit Vogeldunst gefüllte Patronen steckten, ist durch die Beweisaufnahme widerlegt. Die Voruntersuchung ist nunmehr abgeschlossen, sodaß die Sache voraussichtlich das für November anberaumte Schwurgericht beschäftigen wird.“

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1913-11-24 „Nachdem im Posadower Wäldchen bei Neustadt bei Pinne ein Lokaltermin in Sachen gegen den Raubmörder Flechner stattgefunden hatte, legte der Angeklagte nach der Rückkehr im Untersuchungsgefängnis vor einer Gerichtskommission ein Geständnis ab, daß er nach einem vorangegangenen Streite den Witkowski erschossen und die Leiche darauf beraubt habe.

Er gab auch zu, daß er sich infolge finanzieller Schwierigkeiten in nervöser Aufgeregtheit befunden habe, bestritt aber, die Tat mit Ueberlegung ausgeführt zu haben.

Der Spruch der Geschworenen lautete auf schuldig des vorsätzlichen Totschlages in Tateinheit mit schwerem Raube unter Versagung mildernder Umstände.

Der Staatsanwalt beantragte darauf lebenslängliche Zuchthausstrafe und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrecht.

Der Verteidiger bat, nicht das härtete Strafmaß zur Anwendung zu bringen.

Das Urteil lautete auf lebenslängliche Zuchthausstrafe und lebenslängliche Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte.“

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1913 August-November

Schule II in Paprotsch – ca. 1806-1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung und Transkription Gudrun Tabbert)
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Stand hier die Schule II Paprotsch - auch die alte Schule genannt ? / Photo: MM [415]

Stand hier die Schule II Paprotsch – auch die alte Schule genannt ? / Photo: MM

Nachfolgend geben wir die „Uebersicht über das Ergebnis der kreisärztlichen Besichtigung der  Gemeinde Schule II in Paprotsch, Schulgemeinde Paprotsch – Kreis Neutomischel vorgenommen durch Kreisarzt Dr. Buddee am 18. April 1902“ wieder.

Der von uns in der Karte eingezeichnete Standort des Schulhauses basiert lediglich auf unserer Vermutung, Karten mit eingezeichneter genauer Lage oder sogar Bilder dieser „altehrwürdigen“ Schule haben wir nicht gefunden.

Wann dieses Schulgebäude, im Jahr 1906 wurde es auf ein Alter von 100 Jahren geschätzt und noch genutzt, letztlich „verschwand“, abgetragen oder sogar eingestürzt, ist nicht bekannt.

Am Ende des seinerzeit von Dr. Buddee handschriftlich ausgefüllten Fragebogens, findet sich noch eine Erwiderung bzw. eine Rechtfertigung von diesem hinsichtlich der von ihm als Kreisarzt vorgenommenen Einschätzungen. Die erwähnte Verfügung welche hier beantwortet worden zu sein scheint war im Archivmaterial nicht vorhanden.

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Lage, Umgebung, Beschaffenheit und Größe des Schulgebäudes:
Befinden sich in der Nähe übelriechende, schädliche Ausdünstungen oder störendes Geräusch?
Die Schule liegt an der Straße von Bentschen nach Sontop, mit der Front nach Süden, ist 15m lang, 9m tief u 3,20m hoch und hat eine freie Lage.
Das Schulgebäude ist ein alter aus Lehm und Holz bestehender Bau dessen Beschaffenheit im ganzen ein recht mangelhafter ist. Dachrinnen sind nicht vorhanden. Das Traufpflaster läßt Feuchtigkeit durch und hat keinen Abfluß. Das Gebäude ist aus Fachwerk, die äußere Holzbekleidung ist an vielen Stellen, besonders an den Giebeln, teils durch Feuchtigkeit, teils durch Ungeziefer zerstört, sodaß durch den Schlagregen vielfach Teile der Lehmwand losgeweicht werden. Das Dach ist ebenfalls undicht.
Uebelriechende, schädliche Ausdünstungen befinden sich nicht in der Nähe.
Konstruktion des Gebäudes:
Massiv oder von Fachwerk, – gesichert gegen durchdringenden Schlagregen und aufsteigende Feuchtigkeit, – Dachrinnen – Traufpflaster – Unterkellerung – Höhe des Fußboden über dem Erdgeschosse – Lehrerwohnung – besonderer Eingang zu dieser
Die Lehrerwohnung, welche an der Westseite des Hauses gelegen ist, ist unterkellert. Die Kellersohle liegt kaum 1 m unter der Erdoberfläche, trotzdem ist es immer naß im Keller. Der Fußboden liegt 0,40 m über dem Erdboden. Die Lehrerwohnung hat vom Hofe aus einen besonderen Eingang durch einen neueren Anbau, welcher massiv ist, aber von aufsteigender Feuchtigkeit sehr zu leiden hat.
Im Uebrigen weißt die Lehrerwohnung schon sehr viele Schäden infolge der Baufälligkeit des ganzen Gebäudes auf.
Schulzimmer: wie viele ?
Länge, Breite, – Höhe, – Raumgehalt, – Anstrich der Wände und Decken – Schließen der Thüren usw nach außen – Zahl und Glasfläche der Fenster, sowie ihre Vertheilung in den Wänden der Schulzimmer und ihre Himmelsrichtung – Schutz gegen Sonnenlicht – Stellung und Beschaffenheit des Ofens – Schutz gegen strahlende Wärme – Temperatur ? Thermometer vorhanden ? – Beschaffenheit der Fußböden, eben, dicht, geölt oder etwa mit Sand bestreut ? Ventilationsvorrichtungen ? – Luftbeschaffenheit ? – Reinlichkeit – durch wen wird die Reinigung der Zimmer ausgeführt – durch Schulkinder ?
Das eine Schulzimmer liegt im östlichen Teil des Gebäudes.
Es hat eine Länge von 8,60 m, Breite 6,40 m, Höhe v. 3,10 m, mithin ein Raumgehalt von 170,62 cbm. Wände u. Decken sind mit grauem Kalk getüncht. Die Thür schließt nach außen. Die 6 Fenster haben eine Glasfläche von 5,47 qm. Sie verteilen sich auf die einzelnen Wände derart, daß 2 Fenster südlich, 2 nördlich u. 2 östlich gelegen sind. Schutz gegen Sonnenlicht ist nicht vorhanden.
Der Kachelofen steht an der Westwand, etwas in der Mitte derselben. Ist von dem nächsten Schulplatz 0,45 m entfernt. Eine Schutzvorrichtung gegen strahlende Wärme existiert nicht.
Das Thermometer zeigt ein Temperatur von 13° R.
Der Fußboden ist sehr schlecht, undicht gefugt, zwischen den Fugen zum Teil ausgefault. Geölt ist er nicht.
Besondere Ventilationsvorrichtungen bestehen nicht. Die Luft im Schulzimmer ist von dumpfer Beschaffenheit.
Die Reinigung des Zimmers wird wöchentlich 2 mal durch eine vom Lehrer angenommene Person ausgeführt.
Einrichtung der Schulzimmer
Zahl und Beschaffenheit der Bänke – Stellung derselben zum Licht und zum Katheder ? – Spucknäpfe ?
Es sind 8 große u 1 kleine Bank vorhanden, von denen die größte eine Tischfläche von 85/82 cm, eine Tischbreite von 0,32m, die Kleinste eine Tischhöhe von 81/79 cm, eine Tischbreite von 27 cm aufweist. Die meisten haben eine Plusdifferenz von 17-18 cm. Besondere Lehnen sind nicht vorhanden. Das Holz ist an vielen Stellen vom Wurmfraß zerstört.
Das Katheder steht an der Südwand, ist von der nächsten Bank nur 0,87 m entfernt. Die von Osten nach Westen stehenden Bänke erhalten Licht von links, von hinten u. von vorn.
Im Zimmer befinden sich an der Thür 2 Spucknäpfe.
Garderobe
Vorhanden – innerhalb oder außerhalb der Zimmer ?
Die Kleiderriegel sind innerhalb des Zimmers an der Ofenwand angebracht
Gänge und Treppen
Material – Beleuchtung – Steigung – Breite – Geländer ?
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Lage und Größe des Turn- und Spielplatzes
Ist derselbe eingefriedigt oder sonst abgeschlossen ?
Turnhalle
Größe – Einrichtung
Als Turn- und Spielplatz wird der nur sehr kleine Schulhof benutztEine Turnhalle fehlt
Abortanlagen
System – genügende Zahl – Zustand – Ventilation – Entfernung vom Schulhause – Lage zum Brunnen ? Event. cementirte und bedeckte Gruben, gewölbt und mit Entlüftungsvorrichtung versehen ? Ist ein Pissoir vorhanden und wie beschaffen ? – Sind die Anlagen genügend beleuchtet ? – Entleerung wie oft ?
Die Abortanlage ist sehr mangelhaft.
Es besteht ein Raum für Mädchen u 1 für Knaben, getrennt durch den Abort für den Lehrer. In derselben Flucht neben dem Raum für die Knaben liegt das mit einem Pappdach versehene offene Pissoir.
Für Lüftung und Beleuchtung der Anlage bestehen keine Vorrichtungen. Die Abortgrube wird nur selten entleert.
Die Anlage ist vom Schulhause und vom Brunnen über 10m entfernt.
Trinkwasser
Leitung oder Brunnen – Güte desselben – Reinlichkeit – Auskömmlichkeit – Trinkeinrichtung (Becher?) – Beschaffenheit der Wasserversorgungsstelle (Art der Brunnenwandungen, der Abdeckung, der Entnahme usw) ? Sind nach Lage der Wasserversorgungsstelle Bedenken gegen das Trinkwasser zu erheben?
Etwa 5m vom Schulhause entfernt steht der Schulbrunnen.
Ein eiserner Röhrenbrunnen, dessen innere Teile, soweit sie sichtbar sind, augenscheinlich stark verrostet sind. Das ausfließende Wasser wird in einer schmalen, undichten Holzrinne weitergeleitet um in einer Entfernung von 2 m schon zu versickern. Das Wasser hat eine bräunliche Farbe, einen unangenehmen Geruch nach organischen Substanzen u. verursacht an den Gefäßen einen festen braunen Niederschlag. Der Geschmack des Wassers entspricht seinem unangenehmen Geruch.
Ein Trinkbecher, welcher auf einer Bank neben dem Anbau steht, ist an der Innenfläche braun beschlagen.
Die Stelle an welcher der Brunnen steht ist früher sumpfig gewesen. Gegen das Trinkwasser sind die größten Bedenken zu erheben.
Sind Badeeinrichtungen vorhanden ?
Wie beschaffen – wie viele ? Wie werden sie benutzt ?
nein
Schulkinder
Wie viele in jeder Klasse ? Kubikraum in jeder Klasse für jedes Kinde ? Zahl der Anwesenden ? Es fehlen ? Gründe des Fehlens ? Reinlichkeit des Körpers und der Kleider ?
Allgemeiner Ernährungs- und Gesundheitszustand ?
Von den 62 Schulkindern fehlt seit Monaten 1 Kind, welches anscheinend an Tuberkulose leidet. Auf jedes Kind entfallen 2,75 cbm Luftraum.
Gegen die Reinlichkeit der Kinder am Körper und Kleidern sind erhebliche Ausstellungen nicht zu machen. Der allgemeine Ernährungs- und Gesundheitszustand ist ein zufriedenstellender
Krankheiten der Schulkinder:
Von den Anwesenden waren krank ? An welchen Krankheiten ? Von den Anwesenden waren kurzsichtig ? Von den Anwesenden waren schwerhörig ? Zum Schutze gegen die ansteckenden Krankheiten ist erforderlich ? Haben seit der letzten Besichtigung Epidemien geherrscht und herrschen z. Zt. welche ? Schulschließungen ? Besondere Bemerkungen
Von den Kindern zeigten eine ganze Reihe einen leichten Bindehautkatarrh, zum Teil mit Bläschenbildung (Follikel) am unteren Augenlide. Trachom waren nicht festzustellen.
Epidemien haben in letzter Zeit nicht geherrscht, sodaß Schulschließungen nicht erforderlich waren

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Der vermutete Standort der Schule Paprotsch II [416]

Der vermutete Standort der Schule Paprotsch II

Königl. Kreisarzt Dr. Buddee

Neutomischel, den 27. Juni 1902 – Zur Verfügung vom 20.6.02 JNo. 5525/02 II a berichte ich:

An sich ist es nicht wunderbar, daß die Begutachtung des medizinischen und des Bau-Sachverständigen voneinander abweichen, gehen doch beide von einer ganz verschiedenartigen Grundlage aus. Der eine fragt sich: Wie lange kann das Gebäude noch durch Reparaturen usw gehalten werden, der andere: Sind die hygienischen Verhältnisse dem Zwecke des Gebäudes so zuwiderlaufend, daß eine größere Reparatur nicht mehr lohnt.

Dagegen, daß man das Gebäude noch einige Jahre durch Ausbesserungen vor dem Einfallen bewahren kann, habe ich keinen Zweifel erhoben, es wäre auch bedauerlich, wenn der medizinische Sachverständige in die Lage kommen sollte, die sofortige Schließung einer Schule zu verlangen, weil sie jeden Augenblick durch Einsturz das Leben der Insassen gefährden kann. Die Möglichkeit eine Reparatur zu begutachten ist Aufgabe der technischen Sachverständigen.

Dagegen glaube ich, gehört die hygienische Seite der Frage zur Competenz des Medizinalbeamten. Ein solcher hat an dem Lokaltermin am 13. d. M. nicht teilgenommen.

Ich will die von mir vorgefundenen Mängel kurz zusammenfassen:

  1. Das Gebäude ist alt und mangelhaft, sodaß es auch im Schulzimmer durchregnet und Wände, Bänke und Fußboden von der Feuchtigkeit leiden
  2. Es steht auf einem als besonders feucht und sumpfig bekannten Terrain
  3. Das Schulzimmer ist zumal in Bezug auf Beleuchtung sehr schlecht eingerichtet. Die Fenster sind niedrig und reichen nicht entfernt bis an die Decke, ihre gesammte Glasfläche beträgt um 1/10 der Bodenfläche. Davon müssen aber die beiden südlichen Fenster noch in Abzug gebracht werden, da diese den Kindern das Licht in die Augen werfen und blenden, also nur schaden. Nicht umsonst zeigt ein großer Teil der Kinder Augenbindehautkatarrh. – Doch nicht allein die Kinder müssen unter diesem Übelstande leiden. Auch der Lehrer sieht vom Katheder aus ins Licht, sodaß nicht nur seine Augen angegriffen werden, sondern auch die Beaufsichtigung der Kinder erschwert wird.
  4. Das Trinkwasser ist als solches schlecht. Es bildet einen weislich braunen Niederschlag, riecht und schmeckt nach organischen Bestandteilen, ist also stark eisenhaltig und entstammt einem moorigen Boden. Thatsächlich wird das Wasser aus dem nahen Graben vorgezogen.
  5. Die Abortanlagen sind ebenfalls mangelhaft. Sowohl in Bezug auf Zahl, als auch auf die Trennung der Geschlechter
  6. Die Lehrerwohnung ist nicht gesund. Die Luft darin ist dumpf und feucht, und alle Reparaturen kleinerer Schäden werden daran nichts ändern

Nachdem ich alle diese Schäden festgestellt hatte, lag für mich um so weniger Grund vor, kleine Ausbesserungen vorzuschlagen, als ich erfuhr, daß ein Neubau bereits beabsichtigt werde, es fragt sich nur, ob auf demselben Grundstück oder auf einem anderen

Da nach Aussage des Gemeindevorstehers ein besserer Baugrund zu erhalten ist, so konnte ich auch diese Forderung mit gutem Gewissen aufstellen, obwohl es in jedem Fall meine Pflicht gewesen wäre, auf eine höher gelegene Baustelle zu dringen.

Zum Schlusse muß ich bemerken, daß ich es weder für ein Prinzip der Schulgesundheitspflege, noch für sparsam halte, ein altes schlechtes Schulgebäude für wenige Jahre notdürftig auszubessern, ganz ohne Rücksicht auf die nicht zu beseitigenden hygienischen Mängel desselben

Sollten bei der Königlichen Regierung Zweifel obwalten, so bitte ich Herrn Regierungs- und Medizinalrat Dr. Schmidt mit einer Besichtigung an Ort und Stelle zu beauftragen, da nur der höhere Medizinalbeamte als Obergutachter in Frage kommen kann

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 Zwischen den Unterlagen fand sich ein Zettel mit folgenden Notizen des Arztes:
Paprotsch (alte Schule)
Schwerhörig:  1) Martha Hirsch, 2) Frieda Kucz, 3) Oskar Woydt
Selma Schliefke teilweise (Heinrich Sch.), Ferdinand Schliefke teilweise (Heinrich Sch.)

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/ [417]) – hier Aktenkonvolut  377 Lekarz Powiatowy w Nowym Tomyślu [Kreisarzt in Neutomischel] Sign. 41 Orts- und Schulbesichtigung Paproć

Eröffnung des Gemeindehauses in Sontop – 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Das ehemalige Gemeindehaus / Aufn. PM [418]

Das ehemalige Gemeindehaus / Aufn. PM

„Am Donnerstag (20.11.1913) feierte die Gemeinde Sontop das Fest der Eröffnung ihres Gemeindehauses, verbunden mit der Einführung der vom Vaterländischen Frauenverein in Neutomischel angestellten Landkrankenpflegerin.

Außer der zahlreich versammelten Gemeinde waren als Festteilnehmer erschienen die Herren Geheimrat von Daniels, Oekonomierat Schwartzkopff und Superintendent Reisel.

Um 1/2 3 Uhr nachmittags begann die Feier vor dem Gemeindehause mit einem Gesang des Gemischten Chors von Sontop. Nachdem der Ortsgeistliche, Pastor Knapp, die Bedeutung des Tages für die Gemeinde gedacht und den Dank der Gemeinde gegen diejenigen ausgedrückt hatte, durch deren Gaben der Bau des Gemeindehauses ermöglichst war, übergab der Bauunternehmer Winter aus Sontop den Schlüssel zum Hause Herrn Oekonomierat Schwartzkopff, der ihn an den Ortsgeistlichen weitergab, worauf dieser mit weihenden Worten die Eröffnung vollzog.

"... paßt sich mit seinem hohen Dach und seiner einfachen Linienführung der benachbarten Kirche und dem ganzen Dorfbilde überaus glücklich an" / Aufn. PM [419]

„… paßt sich mit seinem hohen Dach und seiner einfachen Linienführung der benachbarten Kirche und dem ganzen Dorfbilde überaus glücklich an“ / Aufn. PM

Danach zog die Festversammlung in den Saal hinein, worauf Pastor Knapp die Weiherede hielt, anknüpfend an den Tagestext der Losungen Psalm 40,7. Nach einem weiteren Gesang des Chors hielt Herr Geheimrat von Daniels eine Ansprache, in der er die Bedeutung eines solchen Hauses für die Gemeinde hervorhob und den Wunsch aussprach, daß dasselbe die Arbeit der Kirche unterstützen und auch durch Pflege der heranwachsenden Jugend diese zur Gottesfurcht erziehen möchte. Sodann gab er seiner Freude Ausdruck, daß es durch Erbauung des Gemeindehauses dam Vaterländischen Frauenverein in Neutomischel möglich geworden sei, in Sontop eine Pflegestation zu errichten, begrüßte die mit dem 1. Novbr. angestellte Landkrankenpflegerin und führte sie in ihr Amt ein. Herr Superintendent Reisel schloß die Feier mit Gebet, worauf dieselbe mit Gemeindegesang ihr Ende fand.

Es erfolgte sodann eine Besichtigung des Hauses, das im Erdgeschloß außer dem Konfirmandensaale eine Wohnung für den Küster enthält, während im Dachgeschoß sich die Wohnung für die Gemeindeschwester und ein größerer Raum befindet, der für Jugendpflege und sonstige Vereinszwecke Verwendung finden und in dem auch im Januar ein Koch- und Haushaltungskursus stattfinden soll. Das Haus, das im alten Bauernhausstil erbaut ist, paßt sich mit seinem hohen Dach und seiner einfachen Linienführung der benachbarten Kirche und dem ganzen Dorfbilde überaus glücklich an und trägt zur Verschönerung des Dorfes bei.

Die Baukosten betragen 14.000 M., wozu Herr Oekonomierat Schwartzkopff mit einer hochherzigen Gaben von 2.000 Mark den Grund gelegt hat. Der Evangelische Oberkirchenrat hat 2.500 Mark gespendet, 5.500 Mark hat der Ober-Präsident als Darlehen gewährt, und 4.000 Mark hat die Gemeinde aufgenommen.“

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1913-11-24

Kurzmeldung – Unfallflucht 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstelldung Gudrun Tabbert)
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Pferdegespann um 1920 / Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Opalenicka_KD_1920_fot16.jpg?uselang=de [420]

Pferdegespann um 1920 / Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Opalenicka_KD_1920_fot16.jpg?uselang=de

„Ein bedauernswerter Fuhrunfall ereignete sich gestern abend auf der Grätzer Straße in der Nähe der Schule hinter dem Schützenhause.

Als Herr Geheimer Regierungsrat von Daniels mit seinem Jagdwagen von Rose nach Hause fuhr, kam dem Gefährt ein unbeleuchtetes Fuhrwerk entgegen. Die beiden Geschirre fuhren mit solcher Gewalt zusammen, daß die Deichsel des unbeleuchteten Wagens dem einen Pferde des landrätlichen Geschirres in die Brust gestoßen wurde, sodaß das wertvolle Tier auf der Stelle verendete.

Leider entkam der Besitzer des unbeleuchteten Fuhrwerks unerkannt. Glücklicherweise sind Personen bei dem Unfall nicht verletzt worden.

–  –  –

Dieser Vorfall möge allen Fuhrwerksbesitzern und Führern zur Warnung dienen. Die Fuhrwerke sind bei Dunkelheit hell zu beleuchten, es ist stets rechts zu fahren und links zu überholen, dann werden derartige Unfälle vermieden. Gegen diese Vorschriften wird in hiesiger Gegend oftmals verstoßen, und es ist erforderlich, daß von den Polizeiorganen mit aller Schärfe gegen Uebertretungen vorgegangen wird.“

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1913-12-05

Flugverkehr über den Städten Neutomischel und Neustadt bei Pinne 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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 "Rumplertaube" / Messtischblatt: http://amzpbig.com/maps/3563_Neustadt_1893.jpg und Zeichnung https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rumber.jpg?uselang=de [421]

„Rumplertaube“ / Messtischblatt: http://amzpbig.com/maps/3563_Neustadt_1893.jpg und Zeichnung https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rumber.jpg?uselang=de

„Ein Flieger überflog am gestrigen Dienstag (12.08.1913) früh 1/2 6 Uhr, von Osten kommend, in der Nähe der Bahn mit der Flugrichtung nach Westen unsere Gegend.

Der Aeroplan kam jedenfalls wieder von Posen.

Auch heute morgen (13.08.1913) um 7 Uhr überflog ein solcher in entgegengesetzter Richtung unsern Ort (Neutomischel) in bedeutender Höhe.

Die Führer der Luftfahrzeuge scheinen die Bahnstrecke Posen – Berlin zu ihrer Orientierung gern zu benutzen, woraus es sich wohl erklären dürfte, daß wir so oft Flieger ihre Bahn ziehen sehen“

Während die „Neutomischler“ somit nur vom Flugverkehr Notiz nahmen hatten die „Neustädter“ Gelegenheit ein Flugzeug aus nächster Nähe bestaunen zu können

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„Das Militärflugzeugzeug „Rumplertaube 125“ passierte in den Morgenstunden des vergangenen Freitag (15.08.1913) von Posen kommend unser Städtchen (Neustadt b.P.)

Ganz deutlich konnte man das Geräusch des Motors und das Surren des Propellers vernehmen. Mancher Langschläfer ließ sich dadurch aus den Federn locken. Gar zu schnell war das stolze Fahrzeug in nördlicher Richtung den Blicken entschwunden.

Da verbreitete sich plötzlich wie ein Lauffeuer die Nachricht, daß die Flieger (2 Offiziere) auf einem günstigen Gelände in der Nähe des Dörfchens Konin niedergegangen wären.

Scharenweise strömte man nun hinaus, um das Flugzeug in der Nähe anzusehen. Sogar die Lehrer der evangelischen und jüdischen Schule waren mit ihren Schülern nach dem Landungsplatz geeilt. Zwei Schülerinnen überreichten den Fliegern Blumensträuße.

Nachmittags wurde dann ein interessanter Schauflug unternommen.“

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Die „Rumplertaube“ war von dem Österreicher Igo Etrich im Jahr 1909 entwickelt und fertiggestellt worden. Das Motorflugzeug hatte seinen Erstflug am 6. April 1910 absolviert. Die Rumpler Werke in Deutschland bauten dieses Flugzeug später unter Lizenz. Nähere Einzelheiten finden sich z. B. unter https://de.wikipedia.org/wiki/Etrich_Taube.

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1913/08

Grabsteine Friedhof Boruy – Gottlob Fechner 1797-1882

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der Grabstein des Gottlob Fechner / Photo: Przemek Mierzejewski [422]

Der Grabstein des Gottlob Fechner / Photo: Przemek Mierzejewski

Hier ruht in Gott der Altsitzer
Gottlob Fechner
geb. am 22 Novbr 1797
starb 84 Jahre 11 Monate 15 Tage alt,
am 26 Oct. 1882
Ruhe sanft

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Den 29ten Nov. 1797 wurde getauft des Martin Fechner, Wirts in Boruy von seinem Weibe Dorothea Elisabeth Tepperin d. 26ten Mittags 11 Uhr geb. Söhnl. und erhielt die Namen Johann Gottlob

Taufzeug. Laurentius Braeuer u. George Friedrich Kunstmann – Wirte in Boruy

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Der Vorname Johann Gottlob wandelte sich in Johann Gottlieb, welcher auch im Eintrag seines Todes beim Standesamt verwendet wurde.

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Im Jahr 1826 hatte er die Ehe mit der Rosina Dorothea Haeusler (geb. 1806, gest. 1876) geschlossen. Dem Ehepaar wurden anhand der einsehbaren Personenstandsunterlagen 7 Kinder zusortiert.

Von 4 Mädchen wurden Anschlussdaten gefunden – Anna Dorothea geb. 1827 war eine verehelichte Leske, Johanna Beate geb. 1830 eine verehelichte Steinke, Rosina Dorothea geb. 1832 eine verehelichte Richter und die im Jahr 1838 geborene Johanna Louise nahm den Ehenamen Paelchen an.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Schöffengerichtssitzungen August – Dezember 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Nachstehend sind die Verhandlungspunkte und Urteile der Schöffengerichtssitzungen vom August bis Dezember 1903 wiedergegeben.

Entnommen wurde die Berichterstattung dem Neutomischler Kreisblatt des Jahres 1903.

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Schöffengerichtssitzung vom 4. August 1903 Vorsitzender Herr Amtsrichter Dr. Brasack, Amtsanwalt Herr Distriktskommissar Roll, Schöffen waren die Herren Eigentümer Heinze aus Konkolewo und Gottlieb Roy aus Glinau.

Es wurden folgende Fälle verhandelt:

  1. Der Arbeiter Andreas Jaskowiak aus Wonsowo wurde wegen Körperverletzung und Bedrohung mit 4 Wochen Gefängnis und 5 Mk. Geldbuße bestraft.
  2. Das Dienstmädchen Selma Wilde aus Glinau war angeklagt, ihren Dienst bei dem Gastwirt Kung in Glinau ohne Grund verlassen zu haben. Sie hatte gegen den wider sie erlassenen Strafbefehl Einspruch erhoben. Nach verhandelter Sache wurde die Genannte von der Anklage freigesprochen.
  3. Der Eigentümer Wilhelm Pflaum und dessen Ehefrau Emilie Pflaum aus Alttomischel wurden wegen gegenseitiger Körperverletzung mittels gefährlicher Werkzeuge beide zu je 10 Mk. Geldstrafe verurteilt.
  4. Der Eigentümer Anton Minge aus Witomischel wurde wegen Betruges mit einer Woche Gefängnis bestraft.
  5. Das Dienstmädchen Lina Usch aus Alt-Borui war angeklagt ohne Erlaubnis ihres Dienstherrn, des Eigentümers Fischer aus Alt-Borui, des Sonntags ausgegangen zu sein. Sie hatte jedoch gegen den an sie ergangenen diesbezüglichen Strafbefehl Einspruch erhoben. Das Gericht verwarf jedoch die Appellation und erkannte auf 6 Mk. Geldstrafe.
  6. Die Privatklagesache der Dienstmagd Engler gegen den Arbeiter Raschke aus Glinau, welche in der vorigen Schöffengerichtssitzung zwecks Ladung neuer Belastungszeugen auf heute vertagt war, wurde dem Kgl. Schwurgericht in Meseritz überwiesen, da sich das Schöffengericht in dieser Sache (versuchter Notzucht) für nicht zuständig erklärte.
  7. Die Sache gegen den Handelsmann Schäfer in Bolewitz wegen Verletzung der Absperrungsmaßregeln bei Ausbruch der Viehseuchen wurde behufs Vernehmung weiterer Zeugen vertagt.

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Schöffengerichtssitzung vom 19. August 1903 – Vorsitzender Herr Amtsgerichtsassessor Reichhelm, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herrn Eigentümer Carl Kurz, Paprotsch und Bäckermeister Liepelt, Neutomischel – Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Die Verhandlung gegen den nicht erschienenen Angeklagten Tomalka, ferner gegen die anwesenden Angeklagten Stanislaus Weber, Wirt August Schulz und Michael Kucz sämtlich aus Neufeld mußte vertagt werden, da sich die Vernehmung weiterer Be- und Entlastungszeugen notwendig machte.
  2. Die Arbeiterin Klapa aus Witomischel war beschuldigt, den hiesigen Distriktsamtsboten Bielke, welcher mit der Vorführung ihrer Tochter beauftragt war, mit einem Besen bedroht zu haben. Der Gerichtshof stellte Beleidigung eines Beamten, jedoch kein Vergehen gegen die Staatsgewalt fest und erkannte auf eine Woche Gefängnis.
  3. Der Kutscher Werner hierselbst (Neutomischel) hatte sich wiederholt widerspenstig gegen die Befehle seines Dienstherrn, des Spediteurs Herrn Carl Ed. Goldmann, gezeigt und hatte gegen den an ihn ergangenen Strafbefehl Einspruch erhoben. Das Gericht verwarf jedoch die Berufung und verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 3 Mk. evtl. 1 Tag Haft.
  4. Der Arbeiter Macijewicz aus Klein-Lipke hatte sich wegen einer zu Witomischel begangenen Mißhandlung eines Schulknabens zu verantworten und erhielt für diese unberechtigte Züchtigung eine Geldstrafe von 50 Mk. evtl. 10 Tage Haft.
  5. Der Fleischer Bruno Otto aus Witomischel war angeklagt, ein krankes Kalb geschlachtet zu haben. Dies konnte ihm jedoch nicht nachgewiesen werden und erzielte der Angeklagte Freisprechung, während die Kosten des Verfahrens dem Kläger auferlegt wurden.
  6. Gegen den Schweinehändler Schaefer aus Bolewitz war ein Strafantrag gestellt worden, ein seuchenverdächtiges Ferkel nicht polizeilich angemeldet zu haben. Er wurde jedoch von der Anklage freigesprochen, da er zur Zeit nicht zu Hause war und daher die Anzeige nicht bewirken konnte.
  7. Der Dienstjunge Joseph Malinski aus Glinau hatte seinen Dienst ohne berechtigten Grund bei dem Eigentümer Wilhelm Joachim verlassen und wurde dafür zu 3 Mk. Geldstrafe verurteilt.
  8. In der Privatklagesache der Arbeiterin Knopp gegen die Witwe Koziol aus Chraplewo wegen gegenseitiger Beleidung und körperlicher Mißhandlung, welche schon im vorigen Termin zur Verhandlung stand und auf heute vertagt war, wurde auf Grund der Zeugen Aussage dahin entschieden, daß sich die Angeklagte Knopp der körperlichen Mißhandlung und der Beleidigung schuldig gemacht hat. Sie wurde mit 3 Mk. Geldstrafe und der Hälfte der Kosten bestraft, während die Angeklagte Koziol nur wegen Beleidigung zur Tragung der anderen Hälfte der Kosten verurteilt wurde.
  9. Die Privatklagesache des Eigentümers Koth aus Zinskowo gegen den Altsitzer Leske ebendaselbst wurde zwecks Vernehmung weiterer Zeugen vertagt.

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Schöffengerichtssitzung vom 19. August 1903Verhandelt wurde der nachstehende Fall:

 In der Schöffengerichtssitzung des Kgl. Amtsgrichts zu Neutomischel vom 19. August d. Jr. wurde der Fleischbeschauer Heinrich Müller aus Klein-Lipke zu den Kosten des Verfahren verurteilt, weil er zur Anzeige gebracht hatte, daß der Fleischer B. O. ?D.? aus Witomischel ein krankes Kalb gekauft, dasselbe aber nicht habe untersuchen lassen. Gegen die hinsichtlich der Kosten getroffene Entscheidung hatte Müller beim Kgl. Landgericht in Meseritz Berufung eingelegt und erzielte seine Freisprechung.

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Schöffengerichtssitzung vom 09. September 1903 –  Vorsitzender Herr Amtgerichtsassessor Kirchner, Amtsanwalt Herr Gerichtssekretär Sommer, Schöffen waren die Herren Ortsschulze Gebauer-Scherlanke und Eigentümer August Roy-Paprotsch. – Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Der Knecht Klatt aus Albertoske hatten seinen Dienst bei dem Eigentümer Steinke ohne Grund verlassen und erhielt deshalb einen Strafbefehl. K. erhob jedoch gegen denselben Einspruch. Das Gericht erkannte auf eine Geldstrafe von 12 Mk.
  2. Der inhaftierte Bruno Otto aus Neuborui wurde, da er bei der Handelsfrau Lehmann gebettelt und sich des Hausfriedenbruches schuldig gemacht hatte, mit 3 Monaten Gefängnis bestraft.
  3. Der Stellmacher Kaperski aus Chraplewo hatte sich nach Aufforderung der Wirtin Werner nicht aus deren Lokal entfernt. Er erhielt die niedrigste Strafe von 3 Mk.
  4. Der Schmied Carl Jäkel aus Wonsowo, die Arbeiter Felix und Ignatz Marchewski waren wegen Mißhandlung und Körperverletzung angeklagt. Die beiden ersteren wurden mit je 50 Mk., letzterer mit 30 Mk. bestraft.
  5. Der Knecht Kaczmarowski aus Neutomischel hatte sich ungehörig und widerspenstig gegen die Befehle seines Dienstherrn, des Fabrikbesitzers Paech hier (Neutomischel) gezeigt und sich ohne Erlaubnis aus seinem Dienst öfters entfernt. Hierfür erhielt er eine Strafe von 12 Mk.
  6. Der Arbeiter Valentin Kucz aus Wonsowo hatte einen Strafbefehl erhalten, da er seine Tochter nicht zur Schule geschickt hatte. Er glaubte jedoch dafür nicht verantwortlich zu sein, da er das noch schulpflichtige Mädchen bereits vermietet hatte. Das Gericht stellt aber fest, daß der Vater und nicht der Dienstherr dafür zu sorgen hätte, ermäßigte jedoch die im Strafbefehl festgesetzte Strafe auf 3,50 Mk.
  7. Der Eigentümer Paul Hildebrandt aus Konkolewo-Hld. hatte sich auf die Aufforderung seines Vaters, mit dem er in Streit geraten war, nicht aus dessen Hausflur entfernt und erhielt wegen des dadurch begangenen Hausfriedensbruches 5 Mk. Geldstrafe.
  8. Der Lehrer Tschiersch aus Bolewitz wurden wegen Beleidigung des Oberförsters Packenius nach längerer Verhandlung und Vernehmung zahlreicher Zeugen mit 150 Mk. bestraft.
  9. Die Arbeiterfrau Marianna Michewska aus Grudno wurde wegen Wegnahme eines Briefes, den ihr Mann an eine andere Frau gesandt hatte, zu einem Tage Haft verurteilt.
  10. Der Arbeiter Karl Köter aus Alt-Borui wurden wegen Mißhandlung seines Kindes und seiner Ehefrau mit 6 Monaten Gefängnis bestraft.
  11. Die beiden Frauen Michalina Pospiecela aus Bukowiec und Franziska Kaczmarek aus Grudno hatten sich wegen unbefugt geleisteter Geburtshilfe zu verantworten. Erstere erhielt eine Geldstrafe von 3 Mk., da sie die polizeiliche Anmeldung ihrer Hilfeleistung unterlassen hatte, letztere dagegen wurde freigesprochen.
  12. Der Knecht Ruchay aus Alttomischel hatte seinen Dienst bei dem Eigentümer August Fenske in Paprotsch ohne Grund verlassen und wurde deswegen mit 5 Mk. bestraft.
  13. Der Knecht Werner aus Neutomischel hatte gegen seinen Dienstherrn wegen Mißhandlung Privatklage angestrengt, während letzterer gegen seinen Untergebenen Widerklage wegen fortgesetzter Widerspenstigkeit und ungebührlichen Verhaltens erhoben hatte. Es wurde dahin entschieden, daß von beiden Parteien niemand bestraft wurde, die Kosten des Rechtsstreites jedoch geteilt werden sollen.
  14. In der Privatklagesache der Arbeiterfrau Kelm gegen den Zimmermann Seide, beide zu Neutomischel, wurde letzterer wegen Beleidigung mit 5 Mk. bestraft.
  15. Der Altsitzer Daniel Leske hatte den Eigentümer Koth aus Zinskowo beschimpft und gemißhandelt; er wurde zu einer Geldstrafe von 5 Mk. verurteilt.
  16. Die Privatklage des Zimmermanns August Deckert aus Podgradowitz gegen den Eigentümer Heinrich Schubert aus Kunik wurde vertagt

Schluß der Sitzung nach 3 Uhr.

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Schöffengerichtssitzung vom 23. September 1903 –  Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Vertreter der Amtsanwaltschaft Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Stellmachermeister Steinke-Bukowiec und Eigentümer Sägner-Sempolno – Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Die Handelsfrau Anna Kunikiewicz aus Neutomischel wurde wegen Verübung ruhestörenden Lärmes und Übertretung des §9 des Feld- und Forst-Polizei-Gesetzes mit 6 Mk. bestraft
  2. Der Fleischer Bruno Otto aus Witomischel wurde wegen Körperverletzung, die er dem Arbeiter Kucz zufügte, zu 20 Mk Geldstrafe verurteilt.
  3. Der Schuhmachergeselle Johann Bulacz aus Brody wurde wegen Betruges mit 20 Mk. bestraft.
  4. Die Näherin Marie Leske aus Scherlanke war angeklagt, im Juni d. J. im Kgl. Forstrevier Beeren gepflückt zu haben, ohne im Besitze eines hierzu erforderlichen Erlaubnisscheines zu sein. Sie wurde jedoch von der Anklage freigesprochen, da ihr als ständige Waldarbeiterin vom Förster Fuhrmann die Erlaubnis zum Beerensuchen erteilt worden war.
  5. Die Ehefrau des Dachdeckermeisters Wesolowski aus Neutomischel erhielt wegen Vergehens der Fund-Unterschlagung eine Geldstrafe von 20 Mk.
  6. Der Arbeiter Adolf Appelt und dessen Ehefrau, beide aus Sempolno, wurden wegen Diebstahls zu je 3 Tagen Gefängnis verurteilt.
  7. In der Privatklagesache des Zimmermanns August Deckert aus Podgradowitz gegen den Eigentümer Schobert aus Kunik wurde letzterer wegen öffentlicher Beleidigung mit 20 Mk. bestraft; auch wurde dem Beleidigten Publikationsbefugnis im Neutomischeler Kreisblatt auf Kosten des Sch. zugesprochen.
  8. Die letzte Strafsache gegen den Handelsmann Gutsch-Cichagora wurde vertagt.

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Schöffengerichtssitzung vom 14. Oktober 1903 –  Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat von Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte; Schöffen waren die Eigentümer Heinrich-Sontop und Eigentümer Reschke-Scharke – Verhandelt wurden folgende Fälle:

1., 2. und 3. wurden, da sie ein und dieselbe Sache betrafen, zusammen verhandelt, und wurden die drei angeklagten Frau Kasprzak, Wwe. Anna Roszek und Sadesk aus Witomischel wegen gemeinschaftlichen Forstdiebstahls zu je 3 Mk. Geldstrafe, eventl. 1 Tag Haft oder Forstarbeit, und zu dem Wertersatz des gestohlenen Holzes von 60 Pfg. verurteilt.
  1. Die Arbeiterin Czopala aus Witomischel war angeklagt, das Schulmädchen Scibba mit einem starken Knüppel mißhandelt zu haben; sie erhielt 10 Mk. Geldstrafe (evtl. 2 Tage Haft).
  2. Der Arbeiter Kascmarek aus Bukowiec hatte sich trotz Aufforderung des Wirts Niedermeyer nicht aus dessen Gasthause entfernt. Er wurde unter Zubilligung mildernder Umstände zu 5 Mk. Geldstrafe (evtl. 1 Tag Gefängnis) verurteilt.
  3. Das Dienstmädchen Selma Sitzlaf aus Deutschhöhe hatte sich widerspenstig gegen die Befehle ihrer Herrschaft, des Restaurateurs Otto Maennel, gezeigt und hatte dieserhalb einen Strafbefehl erhalten, jedoch gegen denselben Einspruch erhoben. Sie wurde zu einer Geldstrafe von 5 Mk. (evtl. 2 Tagen Haft) verurteilt.
  4. Der Arbeiter Michael Buchay aus Alttomischel hatte sich wegen ruhestörenden Lärmes und Beschädigung fremden Eigentumes zu verantworten. Von der ersteren Anklage wurde er freigesprochen, während er wegen der Sachbeschädigung 5 Mk. Geldstrafe (evtl. 1 Tag Haft) erhielt.
  5. Der Eigentümer August Wiedemann aus Grubske hatte wegen Nichtbeleuchtens seines Wagens während der Dunkelheit und weil seine Namentafel am Gefährt nicht deutlich sichtbar war einen Strafbefehl in Höhe von 6 Mk. erhalten und dagegen gerichtliche Entscheidung beantragt. Von ersterer Anklage mußte er nach Lage der Sache freigesprochen werden, während in letzterer Angelegenheit noch kein Urteil gesprochen werden konnte. Die Sache wurde vielmehr zwecks Ladung weiterer Zeugen vertagt.
  6. Der Knecht Gustav Müller aus Alttomischel hatte sich wegen vorsätzlicher Mißhandlung des Gastwirts Richard Wandrey von hier (Neutomischel) zu verantworten. Er wurde freigesprochen, da das Gericht die Tat als Notwehr feststellt.
  7. Der Arbeiter Vinzent Sodyga und dessen Ehefrau, beide aus Alttomischel, waren wegen grober Beleidung des dortigen Lehrers Kudlicki und wegen Bedrohung mit dem Verbrechen des Totschlags angeklagt. Ersterer wurde zu einer Gefängnisstrafe von 2 Wochen, letztere zu einer solchen von 1 Woche verurteilt.
  8. Der sich in Untersuchungshaft befindende Schuhmachergeselle Arthur Leithold hatte sich wegen groben Unfugs und Widerspenstigkeit gegen die Anordnungen des Wachtmeisters Schubert zu verantworten. Wegen ersteren Vergehens erhielt er eine Haftstrafe von 3 Tagen, wegen letzteren eine Gefängnisstrafe von 1 Woche. Beide Strafen wurden als durch die Untersuchungshaft verbüßt erachtet.
  9. Die Angeklagten August Schulz, Michael Kucz und Weber hatten alle drei Strafbefehlte erhalten, weil sie ihre schulpflichtigen Kinder, angeblich unentschuldigt, nicht zur Schule gesandt hatten. Nach Vernehmung der Zeugen erzielten sie jedoch sämtlich ihre Freisprechung.
  10. Die Dienstmagd Lina Usche aus Neuborui hatte ihren Dienst bei dem Eigentümer Reinhold Fischer ohne Grund verlassen und deshalb einen Strafbefehl in Höhe von 6 Mk. erhalten. Durch ihren Einspruch gegen denselben erzielte sie nach verhandelter Sache die Herabsetzung des Strafbetrages auf 1 Mk.
  11. In der Privatklagesache des Eigentümers Meißner aus Paprotsch gegen den Eigentümer Gustav Hämmerling wegen öffentlicher Beleidigung, wurde letztgenannter zu einer Geldstrafe von 10 Mk. verurteilt.

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Schöffengerichtssitzung vom 28. Oktober 1903 –  Als Vorsitzender fungierte Herr Amtsgerichtsrat von Grabski, als Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte; Schöffen waren die Eigentümer Sperling aus Neuborui und Förster I aus Konkolewo. –  Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Der Eigentümer Reinhold Siegesmund aus Sontop hatte einen Strafbefehl in Höhe von 10 Mk. erhalten, weil er den Ausbruch der Schweineseuche nicht rechtzeitig dem hiesigen Distriktsamte angezeigt hatte. Gegen diesen Strafbefehl hatte er Einspruch erhoben, den er jedoch wieder zurückzog, nachdem er auf die Zwecklosigkeit desselben aufmerksam gemacht worden war.
  2. Gegen den Eigentümer Wiedemann aus Grubske war ein Strafbefehl in Höhe von 6 Mk. erlassen, weil er an seinem Wagen keine Laterne während der Dunkelheit angebracht hatte und weil seine Namenstafel am Fuhrwerk unleserlich war. Wegen ersterer Sache wurde er bereits in voriger Verhandlung freigesprochen, während er wegen der unvorschriftsmäßigen Namenstafel nach Vernehmung der für heute geladenen Zeugen eine Geldstrafe von 3 Mk. erhielt.
  3. Der frühere Gastwirt, jetzige Handelsmann Heinrich Müller aus Bukowiec hatte einen Strafbefehl in Höhe von 10 Mk. erhalten, weil er mit 13 Schweinen auf seinem Wagen betroffen wurde, ohne dieselben in das vorgeschriebene Kontrollbuch eingetragen zu haben; auch hatte er sein Pferd nicht in ein dazu bestimmtes Buch eingetragen. Gegen den Strafbefehl hatte er Einspruch erhoben, nahm jedoch denselben zurück, bevor in die Verhandlung eingetreten wurde.
  4. Der Knecht August Rädiger aus Neu-Borui und die Arbeiter Vorwerk, Seiffert und Adam aus Alt-Borui waren angeklagt, dem Eigentümer Deutschmann 8 Fensterscheiben eingeworfen und außerdem gegen das Deutschmann’sche Haus große Holzstücke geschleudert zu haben. Diese Angelegenheit mußte zwecks Ladung weiterer Zeugen vertagt werden.
  5. Die Eigentümer Heinrich Rausch und August Schulz II aus Grubske hatten einen Strafbefehl von je 10 Mk. erhalten, weil sie auf fremdem Jagdgebiete zur Jagd ausgerüstet betroffen worden waren. Beide hatten aber Einspruch erhoben. Nach verhandelter Sache wurde Schulz II freigesprochen, Rausch jedoch zu der im Strafbefehl festgesetzten Geldstrafe von 10 Mk. verurteilt
  6. Wegen körperlicher Mißhandlung des Ausgedingersohnes Kwasinewski wurde der Eigentümer Ferdinand Wandtke aus Alttomischel zu einer Geldstrafe von 20 Mk. verurteilt.
  7. Die Dienstmagd Anna Razina war des Diebstahls von Nahrungsmitteln und die Arbeiterfrau Rädiger der Anstiftung und der Hehlerei bezichtigt. Beide erhielten je 3 Tage Haft.
  8. In der Privatklagesache des Eigentümers Otto Linke zu Paprotsch gegen die Eigentümerin Rosina Marquardt ebendaselbst wegen Mißhandlung des Sohnes des Privatklägers nimmt ersterer die Klage zurück und die Angeklagte übernimmt die Kosten des Verfahrens.
  9. In der Privatklagesache des Arbeiters Andreas Stiller und Johann Nowack, beide aus Glinau, nimmt der Privatkläger die Klage zurück, die Kosten werden von beiden zur Hälfte getragen

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Schöffengerichtssitzung vom 11. November 1903. Den Vorsitz führte Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, als Amtsanwalt fungierte Herr Bürgermeister Witte, die beisitzenden Schöffen waren die Herren Eigentümer Roy aus Glinau und Kurz aus Paprotsch. –  Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Das Dienstmädchen Bertha Redlich aus Paprotsch, früher beim Eigentümer Meißner in Stellung, zur Zeit in Berlin, war beschuldigt, dem Knecht Paul Gutsch einen Pantoffel an den Kopf geworfen zu haben. Sie wurde mit einem Verweise bestraft.
  2. Die Arbeiter August Rediger, Heinrich Adam, Seiffert und Vorwerk aus Altborui waren beschuldigt, des nachts bei dem Eigentümer Deutschmann groben Unfug verübt und demselben einige Fensterscheiben eingeworfen zu haben.Rediger und Seiffert wurden freigesprochen, dagegen Adam mit 10 Mark bestraft, gegen Vorwerk wurde die Sache vertagt.
  3. Der Arbeiter Nowacki aus Alttomischel hatte den Arbeiter Hentschik im Streit mit einer Heugabel vor die Brust gestoßen. Er wurde mit 10 Mk. bestraft.
  4. Die Arbeiterin Juliane Herk aus Neuborui wurde wegen Bettelei mit einer Woche Haft bestraft.
  5. Michael Perz aus Wonsowo hatte gegen einen Strafbefehl von 7 Mk., welchen er wegen unentschuldigten Fernbleibens seines Sohne aus der Schule erhalten hatte, Einspruch erhoben. Die Sache wurde vertagt.
  6. Die Häuslerin Antonia Sczarawanta aus Bolewitz wurde wegen öffentlicher Beleidigung des Lehrers Tschiersch mit 2 Wochen Gefängnis bestraft.
  7. Mathias Starczak, Ausgedinger in Neurose war angeklagt, seine Ehefrau mit dem Erschlagen mittels Beils bedroht und sie dann später mit einem starken Stock körperlich gemißhandelt zu haben.Wegen Bedrohung wurde er freigesprochen, wegen Mißhandlung aber mit 2 Wochen Gefängnis bestraft.
  8. Michael Bartkowiak aus Bolewitz hatten den Arbeiter Martin Wesolewy körperlich gemißhandelt. Er wurde mit 10 Mk. bestraft.
  9. Andreas Starczak, Eigentümer und Ausgedinger aus Grudno, sowie dessen Ehefrau waren wegen Arrestbruchs angeklagt. Die Sache wurde vertagt
  10. In der Privatklagesache des Frl. Menzel aus Berlin gegen die Kaufmannsfrau Hulda Müller aus Sontop wegen Beleidigung wurde die Klage, weil keine Beweise einer Beleidigung erbracht werden konnten, zurückgenommen. Die Beleidigung der Frau Isemer gegen die Privatklägerin wurde durch Vergleich erledigt.
  11. Die Privatklagesache des Eigentümers Paul Hildebrand gegen den Ausgedinger Gottfried Hildebrand, beide aus Konkolewo, wurde durch Vergleich erledigt.

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Schöffengerichtssitzung vom 25. November 1903. Den Vorsitz führte Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, als Amtsanwalt fungierte Herr Bürgermeister Witte, die beisitzenden Schöffen waren die Herren Bäckermeister Liepelt aus Neutomischel und der Eigentümer August Roy aus Paprotsch, –  Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Vinzent Percz, Handelsmann und Eigentümer aus Bukowiec, war angeklagt, dem Arbeiter Kaczmarek aus Bukowiec in Kosten eine Eisenbahnfahrkarte entwendet zu haben, mußte jedoch nach Lage der Sache freigesprochen werden. 
  2. Das Dienstmädchen Anna Hoffmann aus Chichagora hatten einen Strafbefehl in Höhe von 6 Mk. erhalten, weil sie den Dienst bei dem Eigentümer Robert Neumann in Chichagora ohne Grund verlassen hatte. Gegen diesen Strafbefehl hatte sie jedoch Einspruch erhoben. Sie mußte aber zu der im Strafbefehl festgesetzten Geldstrafe verurteilt werden. 
  3. Der Arbeiter Joseph Nieja aus Witomischel hatte einen Strafbefehl in Höhe von Mk. 5,50 erhalten, weil er seine Tochter unentschuldigt vom Schulbesuch zurückgehalten hatte. Nach Lage der Sache mußte er freigesprochen werden. 
  4. Der Bäckerlehrling Paul Müller aus Neutomischel und der jetzige Bäckergeselle Arthur Ziebell z. Zt. in Fürstenwalde a. Spree wurden, weil sie dem Zugführer Fischer hierselbst gemeinsam Tauben gestohlen hatten, mit einem Verweise bestraft. 
  5. Gegen den Fleischer Karl Weinert von hier (Neutomischel) war ein Strafbefehl erlassen, weil er ein Kalb angeblich ohne Einwilligung des zuständigen Viehbeschauers geschlachtet hatte. Gegen diese Strafe hatte er Einspruch erhoben. Nach dem Ergebnis der Verhandlung mußte er denn auch freigesprochen werden. 
  6. Der Ausgedinger Gottfried Pochstein aus Alttomischel wurde, weil er dem Eigentümer Knoll ebenda, einige Krautköpfe entwendet hatte, mit 5 Mark bestraft. 
  7. Der Tischler Ludwig Swoboda von hier hatte einen Strafbefehl im Betrage von 2 Mk. von der hiesigen Polizeiverwaltung erhalten, weil er es unterlassen hatte, sich bei der genannten Behörde trotz deren Aufforderung vorschriftsmäßig anzumelden. Er hatte jedoch hiergegen Einspruch erhoben. Die Angelegenheit mußte vertagt werden, da Swoboda bereits vom Königl. Amtsgericht in Pinne wegen derselben Sache bestraft worden ist, und die Herbeischaffung dieser Akten sich notwendig machte. 
  8. Der Maschinist Rau aus Wonsowo erhielt eine Schulstrafe von Mk. 1,25, weil er seine Tochter Lotte 5 Tage ohne genügenden Grund nicht zur Schule geschickt hatte. Durch seinen Einspruch erzielte er in der heutigen Verhandlung seine Freisprechung, da das Kind nach Aussage des als Zeuge geladenen Arztes s. Zt. krank gewesen ist.
  9. Der Wirt Percz aus Groß-Lipke hatte ebenfalls einen Strafbefehl in Höhe von 7 Mk. erhalten, weil er seinen Pflegesohn Tomolka unentschuldigt vom Schulbesuch zurückbehalten, hatte jedoch ebenfalls Einspruch erhoben. Nach Vernehmung der Zeugen wurde auf Freisprechung erkannt, da der Junge z. Zt. krank war und auch entschuldigt worden ist. 
  10. In der Privatklagesache des Arbeiters Sczekala gegen den Arbeiter Skibba aus Witomischel wegen gegenseitiger Beleidigung nimmt ersterer die Klage zurück, letzterer übernimmt die Kosten des Verfahrens. 
  11. In der Privatklage des Schuhmachers Paul Stelzer von hier (Neutomischel) gegen den Eigentümer Schulz wegen Beleidigung wird letzterer mit 6 Mk. bestraft. 
  12. Die letzte Privatklagesache mußte vertagt werden, da die Angeklagte, Gastwirtsfrau Pauline Muß, gegen den Privatkläger Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft wegen Diebstahls gestellt hat, und die Erledigung dieser Anklage vorerst abgewartet werden muß.

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Schöffengerichtssitzung vom 16. Dezember 1903. Den Vorsitz führte Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, als Amtsanwalt fungierte Herr Bürgermeister Witte, die beisitzenden Schöffen waren die Herren Eigentümer und Ortsschulze Gebauer aus Scherlanke und Eigentümer Sägner aus Sempolno. –  Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Der militärpflichtige Gustav Jahn, geboren zu Neutomischel, letzter Wohnort Herensen, wurde mit 30 Mark bestraft, weil er sich durch Auswanderung der Heerespflicht entzogen hatte.
  2. Der inhaftierte Wilhelm Plisch wurde wegen Bettelns in Neutomischel mit 4 Wochen Gefängnis, wovon 2 Wochen als durch die Untersuchungshaft verbüßt erachtet wurden, bestraft.
  3. Der Tischler Karl Nawroth aus Bolewitz erhielt wegen Hausfriedensbruches und Sachbeschädigung 2 Wochen Gefängnis.
  4. Der Gemeindevorsteher Bielke aus Blake hatte einen Strafbefehl in Höhe von 5 Mk. erhalten, weil er seinen bösartigen Hund frei umherlaufen ließ, sodaß das Tier die Tochter des Eigentümers Muß in Blake gebissen und deren Kleid zerrissen hatte. Der Angeklagte erhob gegen den Strafbefehl Einspruch, mußte aber nach dem Ergebnis der Verhandlung zu der bereits festgesetzten Geldstrafe verurteilt werden.
  5. Der Arbeiter Vinzent Sokolka aus Witomischel wurde wegen Diebstahls mit 3 Tagen Gefängnis bestraft.
  6. Der Eigentümer Andreas Starzak und seine Ehefrau Marianna, beide aus Grudno, waren des Arrestbruches angeklagt, mußten aber nach Lage der Sache freigesprochen werden.
  7. Der Arbeiter Heinrich Schlesinger hatte den Arbeiter Karl Schmidt, beide aus Neuborui, körperlich gemißhandelt. Ersterer wurde mit 2 Wochen Gefängnis bestraft.
  8. Der Eigentümer Wilhelm Kurz hatte einen Strafbefehl in Höhe von 10 Mk. erhalten, weil er angeblich die Grenze seines Nachbars Freier beim Laubstreuharken überschritten hatte. Durch seinen erhobenen Einspruch erzielte er seine Freisprechung.
  9. Der Tischlermeister Ludwig Swoboda von hier (Neutomischel) hatte gegen einen Strafbefehl von 2 Mk., den er wegen nicht rechtzeitig erfolgter Beibringung eines Abzugattestes erhalten hatte, Einspruch erhoben. Er wurde mit 1 Mk. bestraft.
  10. Der Eigentümer und Handelsmann Wilhelm Gutsch aus Cichagora wurde zu einer Geldstrafe von 96 Mk. verurteilt, weil er bei Ausübung seines Gewerbes als Schweinehändler den Gewerbeschein nicht rechtzeitig eingelöst hatte.
  11. Der Arbeiter Vorwerk aus Altborui, z. Zt. in der Fremde, wurde wegen Verübung groben Unfugs und Sachbeschädigung mit 10 Mark bestraft
  12. Die Dienstmagd Juliane Lehmann aus Neuborui wurde wegen Diebstahls zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt.
  13. In der Privatklagesache des Eigentümers Wilhelm Ortlieb gegen den Eigentümer Karl Becker, beide aus Scherlanke, wurde letzterer wegen Beleidigung des ersteren mit 20 Mk. bestraft.
  14. In der Privatklagesache des Arbeiters Stanislaus Lodiga gegen den Arbeiter Anton Pilatschek, beide aus Bolewitz, wurde letzter wegen Beleidigung der Ehefrau des Privatklägers zu einer Geldstrafe von 20 Mk. verurteilt

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1903 / Ausgaben August – Dezember

Dammbruch beim Blumer See / 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Ruchotscher Mühle / Ausschnitt Messtischblatt - Quelle http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [423]

Ruchotscher Mühle / Ausschnitt Messtischblatt – Quelle http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Zeitungsmeldung vom 19. Oktober 1906

Der bei der Ruchotscher Mühle belegene Blumer-See, welcher zur Besitzung des Grafen Schlieffen in Wioska gehört, droht infolge eines Dammbruches auszulaufen und hat die nach der alten Mühle zu belegenen Wiesen in weitem Umkreise überschwemmt.

Trotz angestrengter Arbeit ist es bisher nicht gelungen, den Durchbruch zu stopfen und ein weiteres Auslaufen zu verhindern.

Große Mengen Heu, welche auf den überschwemmten Wiesen standen, sind vernichtet.

Im Jahr 1880 hat sich übrigens schon einmal ein ähnlicher Durchbruch am Blumer-See ereignet.

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

Einweihung des evangelischen Gemeindehauses in Bentschen – 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bentschen - die ehemalige evgl. Kirche und das Gemeindehaus / Abb. "Zbąszyń na dawnej pocztówce" [424]

Bentschen – die ehemalige evgl. Kirche und das Gemeindehaus / Abb. „Zbąszyń na dawnej pocztówce“

Im Neutomischeler Kreisblatt vom 03. September 1913 erschien lediglich eine kurze Meldung: “

„Bentschen. Am Sonntag (31. August 1913) fand hier die feierliche Eröffnung des neuerbauten evangelischen Gemeindehauses statt.“

Etwas ausführlicher wurde über dieses Ereignis in der Zeitung „Ostdeutsche Warte – Nationale Tageszeitung für die Ostmark“ berichtet.

Leider haben wir die Ausgabe vom Dienstag, den 2. September 1913 nur gefaltet und gelocht gefunden; beides Lochung und Falzung gehen auch durch den nachfolgenden Artikel, von uns ergänzte Worte sind kursiv geschrieben.

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Einweihung des evangelischen Gemeindehauses in Bentschen – Bentschen, 31. August.

Der heutige Tag war für unsere evangelische Gemeinde ein rechter Festtag, brachte er uns doch die langersehnte Eröffnung des neuerbauten Gemeindehauses. Fast vier Jahre hatte es gedauert, bis wir das für unsere Gemeinde so dringend notwendige Haus vor unseren Augen fertig sahen und nun heute mit Dank und Freude darin einziehen konnten.

Mehrere Pläne waren aufgestellt und wieder verworfen worden bis endlich das jetzt ausgeführte Projekt zur Annahme gelangte und die Billigung der beteiligten Behörden fand. Das äußerlich nur klein erscheinende, hinter alten Bäumen im Grünen liegende Haus steht im modernen Teil des alten Pfarrgartens an der Stelle, wo während der Kirchbauzeit vor 9 und 10 Jahren unter einem alten Nußbaum oft Gottesdienst im Freien abgehalten worden war.

Es ist in Anlehnung an den Barockstil der Kirche als Putzbau mit steilem Ziegelmansardendach ausgeführt, enthält im Erdgeschosse einen Konfirmandensaal und einen Saal für die Veranstaltungenn der kirchenlichen Jugendvereine, im Dachgeschosse ein kleineres Zimmer für kirchliche Zwecke und eine schöne sonnige Wohnung mit zwei Zimmern, Küche, Kammer und Zubehör; das Haus hat Wasserleitung und wird in allen Räumen durch Gasglühlicht erleuchtet.

Durch das Entgegenkommen der städtischen Verwaltung ist auf Kosten der Stadt vor dem Hause ein großer Kandelaber errichtet, der den Platz zwischen Kirche und Gemeindehaus jeden Abend hell erleuchtet.

Die Gesamtkosten des Hauses werden 16.000 bis 17.000 M. betragen, … der evangelische Oberkirchenrat gestiftet, 3.000 M. der Oberpräsident als zinsloses Darlehen gewährt und 7.500 M. von der Gemeinde als Darlehen aufgenommen worden sind. Dank der sorgfältigen Kassenverwaltung war dies möglich, ohne daß die Kirchensteuern erhöht zu werden brauchten. Der Rest der Baukosten ist durch Sammlungen und größere freiwillige Spenden aus der Gemeinde aufgebracht worden.

Heller Sonnenschein lag über dem Sonntage, dem schmucken Hause und der großen vielhundertköpfigen Gemeinde, die sich nachmittags um 3 Uhr auf dem Festplatze eingefunden hatte. Die Glocken läuteten, die Posaunen des Jünglingsvereins bliesen und die Gemeinde sang mit frohem Herzen ihr Loblied. In einer kurzen Rede wies der Ortspfarrer auf die Geschichte dieses Hauses hin: Erbauung durch die Gemeinde und betonte den Zweck des Hauses: Erbauung der Gemeinde, er zeigte die Bedeutung des neuen Hauses an den drei Sprüchen, die sein Inneres schmücken: die rechte Freude im Herrn für die Jugend und den rechten Frieden beim Herrn für die Alten.

Nach der Schlüsselübergabe durch den Erbauer, Baugewerksmeister Lienemann, an den stellvertretenden Vorsitzenden des Gemeindekirchenrats, Landschaftsrat v. Wenzel-Belencin, fand die Eröffnung durch den Ortspfarrer statt, worauf die Innenräume von einem Teil der Gemeinde und den Ehrengästen besichtigt wurden.

Um 4 Uhr hatten sich viele Gemeindeglieder, jung und alt zu einer Nachfeier im Adamschen Garten eingefunden. Der Posaunenchor des evangelischen Jünglingsvereins begleitete bei der Eröffnungs- und Nachfeier mit vollen Klängen die Lieder der Gemeinde, der Kirchenchor trug verschiedene Motetten vor, unter denen besonders das Lied „Jesus von Nazareth geht vorbei!“, das im Mittelpunkt der Nachfeier stand, Anklang fand. Superintendent Reisel aus Neutomischel sprach über den Zug, den die Kinder schon zum Herrn haben, und der von der Gemeinde gepflegt werden müsse, Kirche, Schule und besonders das Elternhaus haben hier große Pflichten. Pastor Moeller aus Posen sprach über ein geheiligtes gesundes frohes Jugendband an der Seite Jesu und ermahnte in warmen Worten die Jugend, Jesum als rechten Führer durch die Zweifel und sittlichen Sümpfe zu wählen. Pastor Rackow aus Tirschtiegel erzählte endlich von dem, was Jesus den Männern und Frauen und den Alten zu bieten habe, und zeigte an einigen Männer- und Frauengestalten aus der Bibel, wie Jesus jedem helfen könne und wolle. Um 7 Uhr hatte die schöne Gemeindefeier ihr Ende erreicht.

Möchte das neue Haus, das durch die Arbeit und Liebe der Gemeinde erbaut ist, nun auch die Gemeinde in ihrem inneren Leben recht aufbauen, und möchte es immer von Menschen, die helfen und sich helfen lassen wollen, voll sein.“

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Staatsarchiv Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Dora Kolisch – geboren 1887 in Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bildnis eines Mädchens - Dora Kolisch 1932 / http://www.museum-goerlitz.de/der-berliner-skulpturenfund-entartete-kunst-im-bombenschutt/ Anfang dieses Jahres, 2016 hat das Kulturhistorische Museum Görlitz ergänzend zu der Ausstellung über den Berliner Skulpturenfund "Entartete Kunst" im Bombenschutt die eigenen Sammlungen aufgearbeitet. Auf Befehl der nationalsozialistischen Regierung waren 1937 auch in den damaligen Städtischen Kunstsammlungen Werke von Johannes Wüsten, Fritz Neumann-Hegenberg, Dora Kolisch und Willi Oltmanns beschlagnahmt worden. Historische Fotografien haben die Kunstwerke während der Sonderausstellung abgebildet. [425]

Bildnis eines Mädchens – Dora Kolisch 1932 / http://www.museum-goerlitz.de/der-berliner-skulpturenfund-entartete-kunst-im-bombenschutt/ Anfang dieses Jahres, 2016 hat das Kulturhistorische Museum Görlitz ergänzend zu der Ausstellung über den Berliner Skulpturenfund „Entartete Kunst“ im Bombenschutt die eigenen Sammlungen aufgearbeitet. Auf Befehl der nationalsozialistischen Regierung waren 1937 auch in den damaligen Städtischen Kunstsammlungen Werke von Johannes Wüsten, Fritz Neumann-Hegenberg, Dora Kolisch und Willi Oltmanns beschlagnahmt worden. Historische Fotografien haben die Kunstwerke während der Sonderausstellung abgebildet.

Dora Kolisch, mit vollem Namen Selma Dorothea Elisabeth Kolisch, wurde am 25. September 1887 nachmittags um 12 1/4 Uhr in Neutomischel geboren. Ihre Eltern waren die Ludwig Robert Albrecht und Selma Emma Albertine geborene Weise Kolisch’schen Eheleute gewesen.

Ihr Vater, der in Neutomischel ansässige Amtsrichter, hatte ihre Geburt persönlich bei dem Standesbeamten angezeigt.

Über ihre ältere Schwester Selma Maria Henriette Catharina, geboren 1885 in Neutomischel, ist nichts weiteres bekannt.

Ihre jüngere Schwester Elisabeth Anna Bertha hingegen, hatte als Geburtsort schon Fraustadt, wohin der Amtsrichter abberufen worden, und  wohin dieser dann mit seiner Familie übersiedelt war. Elisabeth, geboren am 03. Februar 1889, hatte in der Zeit von  Oktober 1916 bis Juni 1919 ein Nadelarbeits- und Zeichenlehrerinnen Seminar an der Kunstakademie zu Breslau absolviert und war in den anschließenden Jahren als Zeichenlehrerin tätig gewesen.

Wann die Übersiedlung der Familie dann von Fraustadt nach Görlitz erfolgte ist nicht bekannt. Zum Jahr 1893 wird der  Königliche Amtsrichter  Ludwig Kolisch als ansässig in der Jakobstrasse 39 in Görlitz erwähnt. Die Anschrift in Görlitz wurde noch mehrmals gewechselt; 1896 war es die Jachmannstrasse; im Jahr 1901 findet sich im Adressbuch der Stadt, dass der nunmehrige Landgerichtsrath in der Blumenstr. 21 und ab dem 01.10.1901 im Mühlweg 11 ansässig gewesen war, ehe dann ein Umzug zum Konsulplatz No. 5 erfolgte.

Dora Kolisch studierte 1905-1908 an der Kunsthochschule in Weimar; im Anschluss daran von 1910-1912 an der Akademie München, hier unter den Künstlern Albert Weißgerber und Max Feldbauer.

Ab dem Jahr 1918 war sie als freischaffende Künstlerin in Görlitz ansässig. Hier wiederum unter der schon genannten Anschrift Konsulplatz No. 5.

Dora Kolisch galt als ein Beispiel für die damals zunehmende Arbeit von Frauen in der Kunstwelt.

Im Adressbuch der Stadt Görlitz findet sich für die Jahre 1949/1950, dass beide Schwestern unter der o. g. Adresse gemeldet gewesen waren.

Die städtische Sammlung der Stadt Görlitz ist aus dem Nachlass der Künstlerin Dora Kolisch im Besitz von ca. 150 ihrer Werke.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); http://www.museum-goerlitz.de/der-berliner-skulpturenfund-entartete-kunst-im-bombenschutt/ – Bildveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Kulturhistorischen Museum Görlitz; Görlitzer Allgemeine v. 18. Juni 2004 No. 38; http://bbf.dipf.de; http://digital.slub-dresden.de;

„Heirat nach America“ Reimann-Heller und Wohlgemuth – 1875

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Aufgebotsunterlagen / Quelle: Staatsarchiv Poznan - http://szukajwarchiwach.pl/ [426]

Die Aufgebotsunterlagen /
Quelle: Staatsarchiv Poznan – http://szukajwarchiwach.pl/

Bridgeporter Zeitung

Deutsches Organ für Fairfield County

Jahrgang 3

Bridgeport, Conn.

Dienstag, den 12 Januar 1875

No. 5

Wie unsere Leser aus einem „Aufgebot“ des Grätzer Standesamt ersehen werden, wird Herr Arthur Napoleon Wohlgemuth Correspondert der „Bridgeporter Zeitung“ in kurzer Zeit sich verheirathen, wir wünschen Herrn Wohlgemuth ein glückliches Eheleben und hoffen ihn recht bald wieder mit seiner Gemahlin in unsrer Mitte zu sehen.

* * *

Es wird zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß

der Zeitungs-Agent Herr Arthur Wohlgemuth wohnhaft zu Bridgeport in Nordamerika, Sohn des verstorbenen Bürgermeisters a. D. Friedrich Benjamin Wohlgemuth,

und die verwittwete Anna Emilie Heller, geborne Reimann wohnhaft zu Graetz, Tochter des Gastwirths Johann Reimann zu Kootoschia,

die Ehe mit einander eingehen wollen.

Dem unterzeichneten Standesbeamten ist ein Hinderniß dieser Ehe nicht bekannt. Etwaige auf Ehehindernisse sich stützende Einsprachen sind bei dem unterzeichneten Standesbeamten anzubringen.

Die Bekanntmachung des Aufgebots hat in der Gemeinde Graetz und durch die Bridgeporter Zeitung zu geschehen.

Graetz am 16. Dezember 1874 – Der Standesbeamte – L.S. Lauter.

***

Verhandelt Graetz d. 16. December 1874

Erschienen der Zeitungs-Agent Herr Arthur Wohlgemuth aus Bridgeport in Nordamerica, seit den 7. October sich hier aufhaltend. Derselbe übergiebt

a) einen Schein vom 22. December 1873 wonach er Nordamericanischer Bürger ist

b) seinen Taufschein, wonach er am 19 Januar 1846 hierselbst geboren ist

Taufschein Arthur Napoleon Wohlgemuth, ehelicher Sohn des Privatsecretairs Herrn Friedrich Benjamin Wohlgemuth und der Wilhelmine geb. Kühn zu Graetz im Kreise Buk wurde in der Stadt Grätz geboren am neunzehnten -19- Januar achtzehnhundert sechs und vierzig -1846- vormittags elf Uhr und erhielt die heilige Taufe am neunten -9- Februar a. g.

Die genaue Uebereinstimmung dieses Auszuges mit den betreffenden Angaben des zur hiesigen evangelisch-lutherischen Kirche gehörigen Hauptbuches der Getauften, bescheinigt pflichtgemäß und zwar allein zu nicht stempelpflichtigem Gebrauche

Grätz, den 25ten Januar 1870 – Der Pastor Fischer

die verwittwete Frau Anna Emilie Heller geborne Reimann, hier wohnhaft. Dieselbe übergiebt:

a) ihren Taufschein wonach sie am 25. August 1832 in Owinsk geboren ist

Anna Emilie Reimann, Tochter des Kammerdieners Johann Christian Reimann u der Charlotte Grich in Owinsk, wurde am 25ten – fünf u zwanzigsten August 1800 u zwei und dreißig geboren u am 16ten sechszehnten Septbr c. a. hier getauft

Solches wir hiermit bescheinigt – Mur. Goslin den 1ten Septbr. 1846 – Scharffenorth – Prediger

b) den gerichtlichen Trauschein vom 14 December 1874

Trauschein für die Wittwe Emilie Heller aus Graetz – II. A No 270 H. 322

Daß von Seiten des unterzeichneten Gerichts gegen die (anderweite) Verehelichung der Wittwe Emilie Heller aus Graetz obervormundschaftlich nicht zu erinnern ist, wird hierdurch bescheinigt.

Grätz, den 14ten Decber 1874 – Königl. Preuß Kreis-Gericht“

und bemerkt, daß die die Genehmigung ihres Vaters aufbringen wird

Meiner Tochter der verwittweten Emilie Heller, geborne Remann in Graetz, erthiele ich hierdurch zur Verheirathung mit dem Herrn Arthur Napoleon Wohlgemuth meine väterliche Einwilligung.

Krotoschin, den 19ten December 1874

                Vater jetzt Gastwirth zu Krotoschin

Beide Comparenten erklären, daß sie die Ehe mit einander eingehen wollen und bitten das Aufgebot zu veranlassen. Herr Wohlgemuth wir die nach § 30 des Gesetzes von 9. Maerz 1874 erforderliche Bekanntmachung in die Bridgeporter Zeitung selbst zur Aufnahme absenden …

* * *

Die Eheschliessung erfolgte unter dem 04. Februar 1875

* * *

Angemerkt sei zu diesen Transkriptionen noch, das die Braut und auch deren Vater mal mit dem Geburts- bzw. Zunamen Remann aber auch mit Reimann in den Eintragungen genannt wurden; wobei Reimann mehrheitlich verwendet wurde.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);

Grabsteine Friedhof Boruy – Hoffmann und Haeusler 1867-1903

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Boruy,Genealogie,Marianowo,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Die Erinnerungstafel an Wilhelm und Paul Hoffmann (lt. StA-Eintrag starb Paul am 29. Mai 1903) / Photo: Przemek Mierzejewski [427]

Die Erinnerungstafel an Wilhelm und Paul Hoffmann (lt. StA-Eintrag starb Paul am 29. Mai 1903) / Photo: Przemek Mierzejewski

Hier ruhen in Gott meine vielgeliebten Gatten

Wilhelm Hoffmann – geb. d. 22. März 1867,  gest. d. 11 März 1900                                               
Paul Hoffmann -geb. d. 26. Juni 1875, gest. d. 28. M…
Ruhet sanft !
2. Makkabäer – Kapitel 12,45 –
Die, so im rechten Glauben sterben, haben Freude und Seligkeit zu hoffen
 

In Boruy lebten die Schwestern Rosina Dorothea (geb.  05. Okt 1835), Johanna Wilhelmine (geb. 15. September 1840) und  Johanna Louise (geb. Juli 1848) Redlich. Erstere ehelichte Johann Gottfried Haeusler, die zweite Johann Wilhelm Hoffmann und die dritte Johann August Wilhelm Reich.

Wie es seinerzeit üblich war, wurde innerhalb der Familienclans immer wieder geheiratet und Cousinen und Cousins wurden zu Eheleuten.

Die Eheschliessungen der Redlich-Schwestern [428]

Die Eheschliessungen der Redlich-Schwestern

Carl Heinrich Wilhelm (geb. 22. März 1867) und Paul Gustav (geb. 23. Jun 1875) Hoffmann waren Brüder und die Söhne der Johann Wilhelm und Johanna Wilhelmine geb. Redlich Hoffmann’schen Eheleute.

Beide ehelichten, ersterer im Jahr 1899, zweiter im Jahr 1900 ihre Cousine Auguste Emilie geborene Reich.

Sie war die Tochter der dritten Redlich Tochter Johanna Louise welche Johann August Wilhelm Reich aus Marianowo geheiratet hatte.

Der stark beschädigte Grabstein des Wilhelm Häusler / Photo: Przemek Mierzejewski [429]

Der stark beschädigte Grabstein des Wilhelm Häusler / Photo: Przemek Mierzejewski

Der sehr stark beschädigte Grabstein des Wilhelm Haeusler, geboren am 24. März 1856 in Boruy gehört ebenfalls in diese miteinander verwobenen Familien.

Er war der Sohn der Johann Gottfried und Rosina Dorothea geb. Redlich Haeusler’schen Eheleute.

Im Jahr 1896 hatte er seine Cousine Bertha Emma Hoffmann (geb. 09. Juli 1869), Tochter der schon oben genannten  Johann Wilhelm und Johanna Wilhelmine geb. Redlich Hoffmann’schen Eheleute geheiratet.

Sein genaues Sterbedatum war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages noch nicht bekannt.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/);

Grabsteine Friedhof Boruy – Auguste Adam geborene Noack 1852-1895

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii,Boruy,Deutsch Böhmisch,Genealogie,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Der einstige Grabstein der Auguste Adam geb. Noack / Photo: Przemek Mierzejewski [430]

Der einstige Grabstein der Auguste Adam geb. Noack / Photo: Przemek Mierzejewski

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meine liebe Frau, unsere gute Mutter
Auguste Adam – geb. Noack
geb. d. 8 Jan. 1852 – gest. d. 6 Juli 1895

Die erste Zeile der Inschrift war leider nicht mehr zu entziffern.

In den Eintragungen der Aufgebote der evangelischen Kirche zu Boruy vom November 1874 fand sich auch der des Junggesellen Johann Dienegott Adam, Eigenthümer in Dorf Boruy, Sohn des verstorbenen Eigenthümers Friedrich Adam daselbst und der Jungfrau Henriette Auguste Noack in Deutsch-Böhmisch, Tochter des Eigenthümers und Müllermeisters Christian Noack ebendaselbst.

Johann Dienegott Adam war am 09. Juni 1841 zu Dorf Boruy als Sohn des schon genannten Johann Friedrich Adam und dessen Ehefrau Maria Elisabeth geborene Schulz zur Welt gekommen; Henriette Auguste Noack, geboren am 08. Januar 1852, wiederum war die Tochter von Johann Christian Noack und dessen Ehefrau Johanna Beate geborene Kazur, welche in Deutsch Böhmisch ansässig gewesen waren.

Als Kinder des Paares wurden notiert: 1875 Carl Wilhelm, 1879 Auguste Henriette, 1881 Erdmann Heinrich, 1883 Maria Bertha, 1884 Paul Dienegott Gustav, 1887 Emil August

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Johanne Beate Schulz geborene Noack – sh. Artikel Grabsteinstein Friedhof Boruy – Angehörige der Familie Schulz 1848-1917 – http://hauland.de/grabsteine-friedhof-boruy-angehoerige-der-familie-schulz-1848-1917/ – war eine Schwester der hier einst zur letzten Ruhe Bestatteten.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Familienarchiv des >Marcus< (https://ahnensuche.wordpress.com/)

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 47 von einer Schuhmacherwerkstatt zur Apotheke und den Apothekern der Stadt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Die No. 47 als rotes Gebäude links im Bild - Karte Sammlung Wojtek Szkudlarski [431]

Die No. 47 als rotes Gebäude links im Bild – Karte Sammlung Wojtek Szkudlarski

Im Jahr 1836 gehörte das Hausgrundstück der No. 47 Am Neuen Markte Christian Scheibe. Als die Beschreibung der Provinzialfeuerversicherung erstellt wurde, wurde das Alter des Gebäudes mit „etwa 13 Jahre alt“ angegeben. Somit ist es auch ein Haus welches nach dem Stadtbrand im Jahr 1822 neu erbaut worden war.

Das Hauptgebäude hatte mit einer Länge von 56 Fuß zum Neuen Markt gestanden, hatte eine Tiefe von 35 Fuß und eine Höhe von 9 Fuß gehabt (ca. 17,00×11,00×2,70m), die „äußeren Wände waren von Ziegeln“ welche 1,5 Fuß stark mit Kalk verputzt gewesen waren. Das Haus war mit einem stehenden Dachstuhl gebaut worden; das Dach war mit Biberschwanzziegeln eingedeckt gewesen. Mit seinen Giebeln stieß das Gebäude direkt an das linke und rechte Nachbargebäude.

Das Innere des Hauses war über zweiflügelige Türen von der Markt und auch von der Hofseite zu erreichen gewesen. Dort befanden sich 4 Stuben, 2 Kammern und 1 Rauchkammer, welche über zwei Flure zu erreichen gewesen waren. Alle Räumlichkeiten hatten insgesamt über 11 Türen und 8 Fenster verfügt; von letzteren waren 4 vierflügelig, 2 zweiflügelig und wiederum 2 einflügelig gewesen. Das Haus wurde über 2 „Ofen von Kacheln“ beheizt. Die schon erwähnte Rauchkammer war, wie der Schornstein und die Feueressen auch, „von Ziegeln“ gewesen.

An der hinteren Seites des Hauptgebäudes schloss sich ein 13 Fuß langer, 6 Fuß breiter, 7 Fuß hoher (ca. 4,00×1,80×2,10m), mit einem Ziegeldach versehener Fachwerkanbau an. Dieser war um 1827 errichtet worden.

Ebenfalls um das Jahr 1827 war das Hinterhaus gebaut worden. Das Fachwerk des freistehenden Gebäudes war mit Lehm ausgefüllt gewesen, die Giebel mit Brettern verschlagen. Das Dach war zu einer Hälfte mit Ziegeln und mit der anderen mit Schindeln eingedeckt gewesen. Im Gebäude hatte sich 1 Stube mit 2 zweiflügeligen Fenstern befunden. Das Zimmer war über 1 Flur zu erreichen gewesen. Beheizt worden war das Gebäude mit einem Kachelofen. Ebenso befand sich im Gebäude der Stall.

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Das Gebäude, ehemals No. 47 im Jahr 2006 / Aufn. PM [432]

Das Gebäude, ehemals No. 47 im Jahr 2006 / Aufn. PM

Im Jahr 1836 lebte ein Johann Christian Scheibe, geboren um das Jahr 1787 herum als Bürger und Schuhmacher in Neu Tomysl. Auch seine Eltern, wiederum ein Christian Scheibe, welcher das Handwerk des Schuhmachers ausgeübt hatte, (verstorben 1808), und Maria Elisabeth geborene Zimmermann (verstorben 1825) waren schon in der Stadt ansässig gewesen. Im Jahr 1806 hatte er Johanna Carolina Wilhelmine Rösch geehelicht. Sie war circa 1787 als Tochter des Carl Wilhelm Rösch, einem Sattlermeister in Neu Tomysl, und dessen Ehefrau Rosina Friederike geborene Wagner zur Welt gekommen.

Von beiden Familien ist weder bekannt wann sie sich in der Stadt niedergelassen haben noch von wo sie zugezogen sind; Geburtseinträge wurden nicht gefunden.

Das Paar bekam in den Jahren 1807 bis 1831 dreizehn Kinder. 1843 verstarb Johann Christian Scheibe, 1860 Johanna Caroline Scheibe geborene Rösch. Im Toteneintrag letzterer ist angemerkt, dass sie 2 majorenne Kinder hinterließ.

Da nicht für alle Kinder Lebensdaten aus Kirchenbüchern und anderen Unterlagen ermittelt oder zweifelsfrei zugeordnet werden konnten, ist es nur eine Vermutung, dass es sich bei den hinterlassenen Kindern um zwei verheiratete Töchter gehandelt hat, welche nicht mehr den Familiennamen Scheibe führten und schon vor dem Jahr 1843 das Elternhaus verlassen hatten.

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Aus Unterlagen des Jahres 1846 ist bekannt, dass im Hinterhaus der No. 47 der Apotheker ansässig gewesen ist. Wir sind also das noch erhaltenen Archivmaterial nach den Einwohnern der Stadt durchgegangen, bei welchen die Berufsbezeichnung Apotheker verwendet worden war.

Das Bild, welches sich ergab ist lückenhaft, zeigt aber dennoch die Entwicklung der Stadtapotheke.

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Häuserzeile am ehemaligen Neuen Markt, heute Plac Niepodległości / Aufn. KM [433]

Häuserzeile am ehemaligen Neuen Markt, heute Plac Niepodległości / Aufn. KM

Die älteste Nennung findet sich für Johann Friedrich Jona oder auch Jone. Er wurde als Apotheker und Kämmerer der Stadt benannt. Er war in 1ster Ehe mit Justina Christine Helene geborene Kulau verheiratet. 1793 wurde eine Tochter geboren, welche im Jahr 1807 verstirbt. Justina Christina Helena selbst verstarb im Jahr 1795 in Neu Tomysl; rückgerechnet anhand des im Toteneintrag genannten Alters war sie um 1770 herum geboren worden. Wann das Paar in die Stadt kam oder auch woher ist nicht bekannt. Als 2te Ehepartnerin fand sich Johanna Friederike geborene Rösch. Sie war eine Schwester der Johanna Caroline verehelichte Scheibe geborene Rösch gewesen. Wann oder wo die Ehe geschlossen wurde ist nicht bekannt. Im Jahr 1802 wurde die Tochter Friederike Caroline geboren. Johanna Friederike verstarb im Jahr 1804 in Neu Tomysl, wiederum rückgerechnet wurde sie um das Jahr 1778 geboren. Als 3te Ehefrau fand sich Maria Juliane Franziska Beilitz (?). Mit dem Geburtseintrag des gemeinsamen Sohnes Friedrich Robert aus dem Jahr 1817 enden die Aufzeichnungen zu dem Apotheker Johann Friedrich Jona/Jone.

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Der Nachfolger könnte George Friedrich Karstan, Apotheker zu Neu Tomysl, gewesen sein. Es fand sich zur Familie lediglich ein Geburtseintrag des Sohnes Albert Theodor aus dem Jahr 1820. Als Mutter bzw. Ehefrau ist Justina Charlotte geborene Troschel genannt worden.

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Wiederum als Nachfolger kommt dann Friedrich Wilhelm Sperling als Apotheker zu Neu Tomysl in Frage. Er war um das Jahr 1796 herum geboren worden; er konnte allerdings keiner „stadtbekannten“ Sperling Familie zugeordnet werden. Im Jahr 1831 heiratete er die Johanna Carolina Lehmann. Sie war 1811 in Neu Tomysl als Tochter des Schmieds Martin Lehmann und dessen Ehefrau Anna Maria geborene Schmidt zur Welt gekommen. Das Paar bekam in den Jahren 1832-1835 zwei Mädchen und einen Jungen ehe jegliche Aufzeichnungen enden.

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1837, so die Publikationen über Friedrich August Otto Kliche, (http://hauland.de/friedrich-august-otto-kliche-geboren-29-juli-1808/#more-14910) erwarb dieser die Apotheke in Neutomischel von dem Apotheker Sperling. Welche er aber bereits 1840 wieder veräußerte.

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Die ehemalige Apotheke / Aufn. KM [434]

Die ehemalige Apotheke / Aufn. KM

Als weiteren Apotheker gab es Johann Louis Bertin. Er war circa 1797 in Berlin geboren worden und mit Henriette Pilz, welche um 1797 herum in Grünberg geboren worden war, verheiratet gewesen. Das Paar hatte in Tirschtiegel gelebt und dort in den Jahren 1824-1834 acht Kinder bekommen. Beide, Johann Louis Bertin und Henriette Dorothea Bertin geborene Pilz verstarben in den Jahren 1880 und 1881 in Neu Tomysl. Auch Ihre unverehelichten Töchter Johanna Maria Dorothea Eleonore, geb. 1824 und Emma Ottilie geb. ca. 1828 verstarben in der Stadt, letztere im Jahr 1899, erstere im Jahr 1908.

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Im Aufgebot des Jahres 1841 wurde dann auch erstmals der Apotheker Eduard Gottlieb Weiss als ansässig in der Stadt genannt. Er war 1812 im Kapontker Hauland als Sohn des Schulhalters Benjamin Gottlieb Weiss und dessen Ehefrau Johanna Beate Friederika Fechner geboren worden. Verheiratet gewesen war er mit der um 1821 herum in Züllichau geborenen Leontine Wilhelmine Agnes Eckstein. 1888 verstarb Leontine Wilhelmine Agnes Weiss geborene Eckstein in Neutomischel und Eduard Gottlieb Weiss 1891 ebenda.

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Eingeschoben werden muss hier der Apotheker Vité. Über ihn waren keine weiteren Einzelheiten in Erfahrung zu bringen. Erwähnt wurde er im Jahr 1895 als Selbstständiger und 1904 in Verbindung mit der „Glühkörperexport-Gesellschaft“.

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Nichts genaues ist von und über Ludwig Gerson bekannt. Im Jahr 1863 galt er als der Apotheker der Stadt. 1908 wurde er als Mitglied des Medizinalkollegiums der Provinz Posen genannt. Letztlich wurde in der Apotheker Zeitung des Jahres 1911 bekannt gegeben, dass der Apotheker Gerson seine Apotheke an den aus Culm in Westpreussen stammenden Apotheker Donner verkauft habe.

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1912 wird dann entsprechend Hugo Donner als Apotheker in Neutomischel genannt. Seinen Wohnsitz hatte er wiederum im Haus mit der No. 47 am Neuen Markt.

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Fortsetzung folgt

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2)Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

 

Friedrich August Otto Kliche – geboren 29. Juli 1808

geschrieben von Gudrun Tabbert
((Amandus Theodor) Rehm, Pastor, 1885 - (Einleitung G.Tabbert))
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Evangel. Kirche in Rakwitz; erbaut 1662, Turm von 1781 - Zeitschrift für Bauwesen Jhrg. 70 /1920 - http://www.dbc.wroc.pl/dlibra [435]

Evangel. Kirche in Rakwitz; erbaut 1662, Turm von 1781 – Zeitschrift für Bauwesen Jhrg. 70 /1920 – http://www.dbc.wroc.pl/dlibra

Am 27. September 1817 verordnete König Friedrich Wilhelm III., er hatte das landesherrliche Kirchenregiment in seiner Eigenschaft als summus episcopus inne, die Vereinigung der reformierten und lutherischen Gemeinden zu einer unierten Kirche in Preußen. Er führte eine neue Agende (Gottesdienstordnung) ein, und in den folgenden Jahren erfolgten Maßnahmen zur Umsetzung dieser, wozu auch gehörte, dass Geistliche einen „Unionrevers“ unterzeichnen mussten.

Einige Pastoren widersetzten sich den Anordnungen. Es bildete sich die „evangelische lutherische Kirche in Preußen“ aus dieser Bewegung heraus. Die „Altlutheraner„, wie man sie nannte, wurden jedoch als Aufrührer und Separatisten bezeichnet, Pastoren wurden suspendiert und verfolgt, es kam zu gewalttätigen Militäraktionen gegen Gläubige.

Durch die immer größer werdenden Bedrückungen begannen ab dem Jahr 1836 Auswanderungen unter den schwierigsten Bedingungen, denn zur Verhinderung dieser, erließ die Regierung fast nicht erfüllbare Vorschriften; angeführt sei hier „Um des Glaubens Willen nach Australien“.

Eben in jener Zeit des Umbruchs lebte Friedrich August Otto Kliche.

Der nachfolgende Bericht über sein Leben mag heute etwas theatralisch, etwas sehr prosaisch wirken, er zeigt aber auch die Zerrissenheit und die Schwierigkeiten im Leben mit welchen sich unsere Vorfahren auseinander zu setzen hatten.

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„Friedrich August Otto Kliche (geboren 29. Juli 1808)

Immer kleiner wird das Häuflein derer, welche in den Bekenntnisschlachten der dreißiger Jahre gelitten, gekämpft, geseufzt und gebetet haben. Die meisten Führer sind entschlafen. Aber auch aus der Zahl derer, die als stützende Hände der Diener am Wort ihren treuen Dienst gethan, sind viele abgerufen. Manche Gemeinde hat schon den letzten der „Alten“ zur Ruhe geleitet. Nur wenige stehen da und dort noch über dem jüngeren Nachwuchs, wie jene alten Samenfichten, die man über der jüngeren Schonung stehen läßt. Die sollen wir recht in Ehren halten und von ihnen Zeugnis geben, wenn sie der Baumeister im Himmel zum oberen Tempel haben will. Der alte Vater Kliche ruht nun von allem Kampf, von aller Angst und Unruhe der Zeit, am Tische der ewigen Güter. Die lieben Kinder des Heimgegangen haben dem Schreiber dieses gestattet, von ihres teuren Vaters Leben zu berichten. Derselbe thut dies auch als sein langjähriger Seelsorger mit Freuden und mit dem Wunsche, daß es ihm gelingen möge, einfach, schlicht und wahr, wie von Christenleben beschrieben werden muß, zu erzählen.

Rakwitz, nördl. Seite des Marktplatzes - Postkartenausschnitt [436]

Rakwitz, nördl. Seite des Marktplatzes – Postkartenausschnitt

Am 29. Juli 1808, also in der Zeit der tiefsten Erniedrigung unseres Vaterlandes, wurde er als das achte Kind des Pastors Andreas Ehregott Kliche in Rackwitz in der Provinz Posen und dessen Ehefrau Johanna Sophie Charlotte geb. Anders, Tochter des Forstmeisters Anders in Polkwitz in Schlesien, geboren. Dieser Pastor Kliche hatte in Leipzig studiert und wurde nach Ablegung der nötigen Prüfungen im Jahre 1793 nach damals häufig vorkommenden Brauch zunächst in seiner Vaterstadt Birnbaum als Kantor, dann als Rektor und Frühprediger angestellt. Nachdem er dieses Amt 14 Jahre verwaltet hatte, erhielt er 1807 die Pfarrstelle Rackwitz, wo er auch bis zu seinem 1847 erfolgten Heimgang seinem Amte oblag.

Er war ein ernster Mann, der auf Zucht und Ordnung in Haus und Gemeinde hielt. Erst allmählich erkannte er wohl, daß allein aus Christo dem Gottessohne die wahren Lebenskräfte fließen. Auch die Mutter war eine willensstarke Frau, welche bei aller Strenge, mit der sie jugendliche Unart strafte, dennoch nicht nur die innigste, hingebenste Liebe ihrer Kinder besaß, sondern auch in der Gemeinde zu hoher Achtung stand.

Die Jugend des Heimgegangenen fiel in die Zeit der Erhebung Preußens gegen Napoleon und sind manche Momente derselben ihm außerordentlich frisch im Gedächtnis geblieben. So erzählte er, wie sein Großvater mütterlicherseits, der nach seiner  Pensionierung zu seiner einzigen Tochter nach Rackwitz gezogen war, einst auf seinem Lehnstuhl sitzend, die vor den Fenstern des am Marktplatz gelegenen Pfarrhauses mit klingendem Spiel aufziehende Wachtparade des dort garnisonierenden russischen Regiments hörend, sich von seinen Kinder nach dem Fenster führen ließ. Lange betrachtete der alte Soldat das militärische Schauspiel mit aufmerksamem Auge. Dann winkte er nach seinem Lehnstuhl zurück und schlief gleich darauf sanft ein für die Ewigkeit.

In demselben Augenblick spielte der Enkel mit der Taschenuhr des Großvaters, zog sich unvorsichtig auf, und – knacks, springt die Feder. Als der Knabe erschreckt sah, was geschehen war, hörte er die Eltern sagen, daß der Großvater todt sei.

Gar lebendig wußte Kliche aus diesen seinen Knabenjahren, aus der Zeit der Befreiungskriege zu erzählen. Lebhaft erinnerte er sich der Kosaken und Baschkieren, eines damals noch mit Bogen und Pfeilen bewaffneten Volksstammes. Zwar blieb das Pfarrhaus gewöhnlich von Einquartierung frei. Oefter aber geschah es doch, daß ein höherer Offizier dort sein Quartier nahm. So logierte dort auch der damalige Kronprinz von Schweden, Bernadotte, der Schwede Marschall Sledingk, auch der älteste Sohn des Marschalls Blücher. Ueber Bernadotte schreibt in einem Briefe der Pastor Kliche: „Der Kronprinz, achtundvierzig Jahre alt, hat viel Einnehmendes; mit französischer Lebhaftigkeit verbindet er doch einen gewissen Ernst, so daß sein Aeußeres mehr einen Staatsmann als einen General anzukündigen scheint.“

Rakwitz, östliche Seite des Marktplatzes - Postkartenausschnitt [437]

Rakwitz, östliche Seite des Marktplatzes – Postkartenausschnitt

Nach der nötigen Vorbildung durch den Unterricht des Vaters trat der Heimgegangene im Jahre 1822 mit 14 Jahren in der Apotheke zu Driesen als Lehrling ein. Ob er diesen Beruf mehr aus eigenem Antrieb oder auf den Rat der Eltern ergriffen, ist nicht zu entscheiden, doch scheint das letztere wahrscheinlicher.

Der 8 Jahre ältere Bruder studierte Theologie, und so mag es wohl den Eltern, welche kein Vermögen besaßen, zu schwer erschienen sein, auch diesen Sohn studieren zu lassen. Daß er aber gerade den Apothekerberuf wählte, mag wohl seinen Grund in den öfteren Besuchen einer Tante namens Keßler gehabt haben. Deren Bruder besaß in Potsdam eine Apotheke und gehörte wie seine Schwester einer strenggläubigen Richtung an, jedenfalls eine Seltenheit in der damals noch so seichten rationalistischen Zeit. Derselbe pflegt jeden Lehrling oder Gehilfen, der in sein Geschäft eintrat, zu einem in der Apotheke befindlichen Kruzifix zu führen und zu ihm zu sprechen: „Wenn Sie den vor Augen und im Herzen haben und so handeln werden, wie Sie es vor dem verantworten können, so werden wir gute Freunde bleiben.“

Bis zum Jahre 1824 lernte nun unser Kliche in Driesen. Als sein Chef die dortige Apotheke verkaufte, lernte er den Rest der Lehrzeit in Poln.-Lissa, woselbst er auch 1827 Gehilfe wurde. Er konditionierte dann in Ostrowo, wo er auch bei Gelegenheit der polnischen Revolution von 1830 den späteren General-Feldmarschall Wrangel häufig sah und von seinem Verwandten, in dessen Hause derselbe in Quartier lag, hörte, daß Wrangel Abends und Morgens laut bete. Dann trat er in Posen bei dem Medizinal-Assessor Bergmann ein. Seine ältere Schwester war dort an den Oekonomie-Kommissarius Clemens verheiratet, in dessen Haus er fast ausschließlich verkehrte.

Im ersten Jahre seiner Anwesenheit dort kam die Cholera zum ersten Mal nach Deutschland und fast zuerst nach Posen. Die Angst und der Schrecken, welche diese damals ganz unbekannte Epidemie verbreitete, war so groß, daß es fast nicht möglich war, die Menge der Rezepte anzufertigen. Tag und Nacht, fast ohne Unterbrechung, wurde gearbeitet und so kam es denn, daß unser Kliche eines Tages ohnmächtig am Rezeptiertisch zusammenbrach. Alle glaubten, daß ihn die Cholera ergriffen habe; doch es war nur die übermäßige Anstrengung. Wenige Tage darauf konnte er wieder seinem Berufe nachgehen.

Nachdem er im Jahre 1831 in Berlin studiert hatte, wo er sich mit seinem geringen Mitteln sehr einzuschränken lernen mußte, legte er sein Staatsexamen mit der Note „Gut“ ab. Kurze Zeit hätte er die Apotheke zum Weißen Adler in Posen verwaltet, als ihn der Rat des ihm freundlich gewogenen Medizinal-Assessors Bergmann bestimmte, die Administration der Wehrmeister’schen Apotheke in dem kleinen Städtchen Pinne zu übernehmen.

Rakwitz, westl. Seite des Marktplatzes - Kohte "Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen" [438]

Rakwitz, westl. Seite des Marktplatzes – Kohte „Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen“

Dies kleine Städtchen sollte sein Bethlehem werden, indem der Geruch des Lebensbrotes ihn für immer an die Krippe Jesu fesselte. Wie die alten Römer in ihren eroberten Ländern von Höhe zu Höhe Wartthürme anlegten, um die Völker daran zu erinnern, daß sie eines Höheren Beute geworden, so gab es auch damals geistliche Wartthürme, auf deren Spitze die Fahne Christi wehte, den meisten zum Aergernis, manchem müden Pilger aber zu Trost und Kraft. ein solcher Wartthurm war das Haus des Herrn von Rappart, des Besitzers der großen Herrschaft Pinne. Das Rappart’sche Ehepaar war eins geworden im lebendigen Glauben an Christum wie in der Liebe zu ihm und allen, die ihn gefunden oder ihn noch suchten. Frau v. Rappart war eine Mutter aller Armen und Notleidenden, eben so gerne bereit, den leiblichen wie den geistigen Hunger zu stillen. Allezeit fand man dort fromme Christen, die es manchmal aus weiter Ferne in dies Haus des Friedens zog, besonders auch gläubige Pastoren. Dort fand auch unser Kliche herzliche Aufnahme.

Einst kam Missionar Hendeß dorthin und erzählte gelegentlich in lebendiger Weise die Geschichte von dem seligen Tode eines Mädchens. Dieselbe bewegte unsern Kliche bis ins innerste seiner Seele. Zwar war er stets ein ernster Jüngling gewesen, der sich von groben Sünden rein zu halten suchte; doch fühlte er damals deutlich, daß äußere Gerechtigkeit, die doch mehr oder weniger nur Schein und Täuschung ist, zum seligen Sterben nicht ausreicht. Er besuchte von da an regelmäßig die Abendstunden, die der bekannte hochbegabte Pastor Fritzsche, der später nach Australien auswanderte, im Schloß zu Pinne hielt. Da wuchs in ihm von Tag zu Tag das neue Leben und des heiligen Windes Strom trieb ihn bald von der breiteren Straße allgemeiner Frömmigkeit auf den schmalen Dornensteig des genau umgrenzten Bekenntnisses. Mit welchem jugendlichen Feuer wußte unser lieber Kliche von jener ersten bräutlichen Zeit zu erzählen, wie leuchteten, wenn er davon sprach, die blauen Augen in ganz besonderem Glanz !

So lange er lebte, gedachte er mit der innigsten Liebe seines ersten Seelsorgers; ja noch auf seinem Sterbebette sprach er von ihm mit der rührendsten Dankbarkeit und freute sich, ihm nun bald die Hand drücken zu können. Manche liebe Bekannte lernte er in jenen Jahren im Rappart’schen Hause kennen, wie zum Beispiel den späteren General von Sommerfeld, der als Glied der lutherischen Gemeinde in Fraustadt starb, besonders den damaligen Gutsbesitzer Zahn auf Turowo bei Posen, dessen Haus allezeit während der Verfolgungen eine Heimstätte für manchen flüchtigen Pastor gewesen ist. So schwer ihm auch äußerlich fortan seine Stellung in Pinne gemacht wurde, so kostete es ihn doch einen harten Kampf, den für ihn zum Bethel gewordenen Ort zu verlassen. Doch es mußte sein.

Zu Neujahr 1833 übernahm er die Administration der Apotheke seiner Vaterstadt Rackwitz. Da er sich gleich nach seiner Bekehrung entschieden zum lutherischen Bekenntnis wandte, so warteten seiner hier schwer innere und äußere Kämpfe, da sein Vater, wenn auch mit Widerstreben, die neue Agende angenommen hatte.

Derselbe saß eines Tages, seine Pfeife rauchend, an seinem Schreibtisch, als ihm ein Schreiben des Posener Konsistoriums zukam, welches aufs bestimmteste ihn aufforderte, sofort die neue Agende, gegen welche er sich bis dahin gesträubt hatte, in Gebrauch zu nehmen. Darüber war er so bestürzt und empört, daß er die Pfeife aus dem Munde reißend und an die Erde schleudernd, rief: „Was, man will uns also wirklich unser lutherisches Bekenntnis nehmen!“

Bei der zärtlichen Liebe des Sohnes zu den Eltern war es ihm täglich ein Pfahl im Fleische, von den Seinigen kirchlich getrennt zu sein; denn auch seine Geschwister hatte er stets herzlich lieb.

Eines Tages kam seine Mutter eilig in die Apotheke und erzählte ihm, daß er in allernächster Zeit eine außerordentliche Revision zu erwarten habe, da die Regierung in Posen erfahren hätte, daß er Lutheraner sei. Zum Staunen der Mutter rührte ihn diese Nachricht sehr wenig; er beruhigte sie mit der Versicherung, daß die Apotheke jederzeit im revisionsfähigen Zustand sei und dieselbe doch mit seinem Glauben nicht zu thun habe, worauf die Mutter, seufzend und die Hände zusammenschlagend, ausrief: „Otto, du bist mir ein Rätsel!“.

So mußte sie doch wohl die allgemeine Meinung geteilt haben, daß das Luthertum mit einer klaren Erfassung des irdischen Berufs unvereinbar sei. Noch an demselben Tage kam der Revisor und trat auffallend hart und barsch auf; doch fand er nichts Tadelnswertes und das aufgenommene Protokoll fiel sogar vorzüglich aus. Der revidierende Kreisphysikus wurde sehr freundlich und gestand ihm zuletzt, er habe ausdrücklich den Auftrag gehabt, recht scharf vorzugehen, nun freue er sich um so mehr, daß er nicht nur nichts zu tadeln, sondern nur zu loben habe. Beim Abschied sprach er die Bitte aus, das viele Beten doch zu lassen und vor allem die Gemeinschaft mit den Lutheranern zu meiden. Obgleich ihm erwidert wurde, daß er hier keinen Gehorsam erwarten dürfe, blieb doch der Betreffende allzeit freundlich gesinnt, so daß er der dortigen Apotheke die Lieferung der Arzneien für die 4 Meilen entfernte große Domäne Samter zuwandte, auch beim Abgange aus Rackwitz unserm Kliche ein ehrenvolles Zeugnis gab.

Damals war es, als in ihm der Wunsch rege wurde, seinen Beruf zu verlassen und Missionar zu werden. So trat er in das Berliner Missionshaus ein, blieb aber in demselben nur 1 1/2 Jahre, da er einsah, daß ihn Gott der Herr nicht zu diesem Berufe bestimmt habe. Beim Abgang von da erhielt er von dem General von Gerlach ein Zeugniß, in welchem seine große Pflichttreue gerühmt, zugleich aber gesagt wurde, daß er die Anstalt auf eigenen Wunsch wieder verlasse, weil er einzusehen glaube, nicht zum Missionar zu taugen. Während diese Berliner Aufenthaltes war er in nähere Beziehungen sowohl zu Vater Gaßner, als auch zu dem weithin bekannten frommen Baron von Kattwitz getreten, welch‘ letzteren er besonders oft besuchte.

Stammbaum der Familie Kliche - GT [439]

Stammbaum der Familie Kliche – GT

Nach kurzem Aufenthalt in seinem elterlichen Hause machte er mit einem Freunde eine Reise nach dem südlichen Rußland bis 90 Werst hinter Kiew. Auf derselben hat ihn der Herr aus einer großen Lebensgefahr wunderbar errettet.

Noch in demselben Jahre trat er in der Hofapotheke zu Glogau als erster Rezeptar ein. Da er wenig oder gar keinen ihm innerlich zusagenden Umgang hier fand, so besuchte er öfter in seiner freien Zeit den damaligen Wirtschaftsinspektor Schubert in Brieg bei Glogau, den auch vor nicht langer Zeit bereits in seines Herrn Haus gerufenen Gutsbesitzer in Grunau bei Poln.-Lissa. Mit ihm schloß er innige Freundschaft, die er demselben bis ans Ende bewahrte. Wenn auch im späteren Leben selten, so sahen sie sich doch noch einige Mal, zuletzt im Jahre 1882 in Neutomischel, wo Schubert wenige Monate vor seinem Heimgange nach Schluß der letzten Generalsynode bei seiner Enkeltochter zum Besuch weilte.

Wie mögen damals die alt gewordenen, innerlich aber jung gebliebenen Emmauspilger im Schein der Abendsonne ihre irdischen Lebens der früheren Tage gedacht haben, da sie nun innerlich und äußerlich gesegnet mit Abraham im Hinblick auf Kinder und Kindeskinder sprechen konnten: „Nun sind wir zwei Heere geworden.“

Im Jahre 1837 kaufte Kliche die Apotheke in Neutomischel

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Fortsetzung folgt

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Ein besonderer Dank geht an Herrn D. Maennel für die Übersendung des Beitrages der Kirchenzeitung

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Kirchenblatt No. 11 / 01. Juni 1885; No. 12 / 15. Juni 1885; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

 

 

 

Die „alte“ evangelische Kirche zu Grätz ist baufällig / 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Postkartenausschnitt der "alten" ehemaligen evgl. Kirche zu Grätz, Photos wurden leider bis jetzt nicht gefunden [404]

“ Postkartenausschnitt der „alten“ ehemaligen evgl. Kirche zu Grätz, Photos wurden leider bis jetzt nicht gefunden

Zeitungsmeldung vom 22. Februar 1901

„Die oberen Räume in der evangelischen Kirche wurden baupolizeilich gesperrt, weil die Tragfähigkeit der Säulen für eine größere Anzahl von Personen nicht mehr ausreicht.“

Zeitungsmeldung vom 15. Mai 1901

Grätz – In der hiesigen evangelischen Kirche wurden vor Kurzem die oberen Räume im Interesse der öffentlichen Sicherheit geschlossen. Da die Nothwendigkeit eines Neubaues damit dargethan war, beschloß der Kirchenrath einstimmig, die in der Mitte des Neuen Marktes stehende alte Kirche abzubrechen und auf derselben Stelle, die als günstigste anerkannt wurde, eine neue zu errichten.“

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Die Einweihung des Neubaues wurde für 30. Mai 1905 bekanntgegeben

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1901

Unfall des Gottfried Roy, Neurose / 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der ehemalige evangelische Friedhof zu Neu Rose - Photo:  Przemek Mierzejewski [440]

Der ehemalige evangelische Friedhof zu Neu Rose – Photo: Przemek Mierzejewski

„Der Eigentümer Roy aus Rose war am gestrigen Donnerstag (15. Dezember 1904) mit seinem Gespann auf dem Neutomischeler Wochenmarkt; als er nach Hause zurückfahren wollte, verließ er auf dem Wege hinter Alttomischel einen Augenblick seinen Wagen; im Begriff wieder aufzusteigen, schlug sein Pferd aus und traf ihn so unglücklich am Kopfe, daß der Bedauernswerte sehr schwere Verletzungen davon trug. An seinem Auskommen wird gezweifelt.“

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Am 18 Dezember 1904 erschien auf dem Standesamt in Neutomischel  die Frau Mathilde Roy geborene Schulz wohnhaft in Neurose. Sie zeigte an, dass ihr Ehemann der Eigentümer Gottfried Roy, zuletzt verheiratet mit der Anzeigenden , 57 Jahre alt, evangelischer Religion wohnhaft in Neurose, geboren zu Kozielaske, Sohn des verstorbenen dem Vornamen nach unbekannten Eigentümers Roy, zuletzt wohnhaft in Kozielaske und seiner Ehefrau Henriette geborene Grocholewski wohnhaft in Neurose zu Neurose am 17. Dezember 1904 nachmittags um 9 Uhr verstorben sei.

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Johann Gottfried Roy
geboren 25. Juli 1847 Koseloske (Kozielaske)
oo 19 Feb 1884 in Neutomischel
Johanna Auguste Mathilde Hermine Schulz
geboren 21 März 1847 Zinskowo

Vater: Johann Christian Roy, geboren 07 Feb 1809 Lipker Gemeinde, verstorben 22. April 1880 zu Kozielaske – Mutter Johanna Henriette Grocholeske, geboren 13 Mai 1825 zu Wengielno

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:  Zeitungsartikel – Kreiszeitung Neutomischel 1904-12-16; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Schüsse im Schützenhause beim Tanzvergnügen / 1899

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
Das ehemalige Schützenhaus, früher in Paprotsch gelegen, heute der Stadt Nowy Tomyśl zugehörig / Photo: GT [441]

Das ehemalige Schützenhaus, früher in Paprotsch gelegen, heute der Stadt Nowy Tomyśl zugehörig / Photo: GT

Zeitungsmeldung vom 10. Oktober 1899 – „Am Jahrmarktstage fand im Schützenhause ein öffentlicher Tanz statt, an welchem sich auch das Schankmädchen des Schützenwirths betheiligte, trotzdem dies untersagt war.

Um seinem Befehle Achtung zu verschaffen, zog Herr Schulz einen mit Platzpatronen geladenen Revolver und wollte in die Luft schießen. Der Schuß traf aber das Mädchen neben dem Auge und brachte ihre eine Verletzung bei, welche glücklicherweise ohne nachtheilige Folgen sein wird.

Dem schußfertigen Herrn dürfte eine Belehrung über den Gebrauch der Schießwaffen dienlich sein.“

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Zeitungsmeldung vom 13. Oktober – „Ueber die Schießaffaire beim Tanzvergnügen im Schützenhause erhalten wir folgende Zuschrift:

Geehrte Redaktion !

Die No. 79 Ihres Blattes vom 10. Oktober 1899 bringt einen Artikel über das im Schützenhause stattgefundene Tanzkränzchen, welcher nur unwahre Behauptungen aufstellt. Auf Grund des §11 des Preßgesetzes ersuche deshalb um folgende Berichtigung und zwar an selber Stelle:

1. Es ist unwahr, daß das Schankmädchen am Tanz theilgenommen und durch Handlungen zu meinem Vorgehen Veranlassung gegeben hat.
2. Habe ich ein Verbot des Tanzens meinem Personal nicht ertheilt
3. Hat sich der Vorgang, wie ich den Schreckschuß abgegeben, nicht im Saal, sonder im Büffetzimmer zugetragen, wo eine Anzahl junger Leute Rauferei anfingen und meiner Aufforderung, das Lokal zu verlassen keine Folge leisteten, vielmehr hinter das Büffet, wo sich auch das Schankmädchen befand, auf mich einzudringen suchten und somit Veranlassung zu meinem energischen Vorgehen gaben.
4. Dürfte eine Belehrung über Gebrauch von Schießwaffen sich erübrigen, da ich als Soldat und Waidmann es sehr wohl kenne.

Hochachtend F. Schulz-Schützenhaus

Nachdem wir Herrn Schulz gerne Gelegenheit gegeben, sich über den merkwürdigen Vorfall zu äußern, welcher tagelang hier und in der Umgegend das Gespräch bildete, wollen wir die Berichtigung einer kurzen Betrachtung unterziehen:
1. und 2. derselben dürfte zu dem Vorfall belanglost sein, 3. gibt Herr Schulz die Thatsache zu und behauptet, den Schreckschuß nicht im Saale, sondern im Büffetzimmer abgegeben zu haben, was wir gar nicht erwähnt hatten. 4. ist eine Belehrung über den Gebrauch von Schießwaffen nicht abzuweisen, da Soldaten und Waidmänner um so weniger Schreckschüsse in einem mit vielen Menschen gefüllten Lokale abgeben dürfen. Ein bekanntes Sprüchwort sagt:

„Spiel nicht mit Schießgewehr, denn es könnt geladen sein.“

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1899-10-10 / 1899-10-13

Grabsteine Friedhof Boruy – Angehörige der Familie Schulz 1848-1917

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Links oben und rechts die Inschrift und der Grabstein der Brüder Schulz, welche 1885 verstarben (die Tafeln mit den Lebensdaten fehlen); links unten der Stein der Beate Schulz, geborene Noak / Bilder: Przemek Mierzejewski + Gudrun Tabbert [442]

Links oben und rechts die Inschrift und der Grabstein der Brüder Schulz, welche 1885 verstarben (die Tafeln mit den Lebensdaten fehlen); links unten der Stein der Beate Schulz, geborene Noak / Bilder: Przemek Mierzejewski + Gudrun Tabbert

Allhier ruhen im Herrn die beiden geliebten Söhnlein des
Eigenthümers Joh. Gottlieb Schulz und dessen
Ehefrau Beate geborene Noak
 
Hier ruht in Gott
meine liebe Mutter, Schwieger u Großmutter
Beate Schulz geb. Noak
* 8.2.1848   + 15.2.1917
 
 

* * *

Am 06. Mai 1870 wurden in der evangelischen Kirche von Bentschen/Zbąszyń getraut der Johann Gottlieb Schulz, Eigentümer in Dorf Borui, ein Junggeselle und der einzige Sohn des Ausgedingers Johann Gottfried Schulz und der Johanne Beate geb. Liers daselbst mit der Johanne Beate Noak, Jungfrau, 2te Tochter des Eigentümers und Müllers Johann Christian Noak und der Louise Beate (*1) geb. Katzur zu Deutsch Böhmisch.

Kinder des Paares waren Carl Heinrich Wilhelm, geboren 1874 und Gustav Hermann Otto, geboren 1878. Auguste Martha kam 1882 zur Welt und Emilie Emma im Jahr 1887. Die beiden Jungen verstarben im Februar des Jahres 1885 im Abstand von nur wenigen Tagen. Emilie Emma als jüngste ertrank 1888 im Landgraben des Dorfes.

Auguste Martha ist nach derzeitigem Kenntnisstand nach 1909 nach Niedersachsen abgewandert. Zur Zeit kann nur vermutet werden, dass sie mit ihrer Familie den Grabstein für Ihre Mutter nach Ende des I. Weltkrieges gesetzt hat.

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(*1) Anmerkung: noch als Müllergeselle hatte Johann Christian Noak im August 1841 die Johanna Beate Kazur geehelicht; ebenfalls sind in ihrem Taufeintrag aus dem Jahr 1815 lediglich die Vornamen Johanna Beate zu finden.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Familienarchiv des >Marcus< (https://ahnensuche.wordpress.com/)

Geschichtsrundgang am 05. Juni 2016 in Nowy Tomysl

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski u. Gudrun Tabbert)
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Treffpunkt am 05. Juni 2016 / 16:30h auf dem ehemaligen "Neuen Markt" [443]

Treffpunkt am 05. Juni 2016 / 16:30h auf dem ehemaligen „Neuen Markt“

Feuer in Bukowiec – 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bukowiec - Postkartenausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski [444]

Bukowiec – Postkartenausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski

Neutomischel,  27. September 1901 – In Bukowiec brach gestern – 26. September 1901- vormittag bei dem Wirth Przybylski, während derselbe sich auf dem Jahrmarkt in Neutomischel befand, Feuer aus, welches zwei Scheunen und einen Stall einäscherte

Neutomischel, 01. Oktober 1901 – Am letzten Donnerstag gegen 12 Uhr Mittags sah der Eigenthümer Franz Koza in Bukowiec (nicht Przybylski, wie in voriger No. mitgetheilt. D. Red.) als er seine mit Stroh bedeckte Bohlenscheune betreten wollte, aus einem nahe an der Scheune lagernden Häufchen Stroh und Quecken Rauch und gleich darauf eine helle Flamme schlagen, welche er leicht auszutreten im Stande war, wenn er nur etwas Geistesgegenwart besessen hätte; aber vor Schreck rath- und fassungslos stand er still und mußte sehen wie die Flamme das Dach der Scheune ergriff, welche gänzlich und ein demselben gehöriger massiver Stall bis auf die Umfassungsmauern niederbrannte.

Bei dem während des Brandes herrschenden stärkeren Winde pflanzte sich das Feuer schnell auf die von Eigenthümern Adalbert Koza und Stanislaus Patan gemeinschaftlich gehörigen Scheune und Wohnhaus fort, welche wie ein Stall des Adalbert Koza gänzlich und ein massiver Stall des Stanislaus Patan bis auf die Umfassungsmauer niederbrannte; hierauf schlug das Feuer über die Straße und äscherte noch ein dem Valentin Koza gehöriges Wohnhaus ein.

Ueberhaupt und gering versichert sind nur drei Gebäude, das gemeinschaftliche Wohnhaus und Scheune des Koza und Patan, sowie das Wohnhaus des Valentin Koza. Das ganze Getreide, sowie die Maschinen und das Mobiliar, welches sämmtlich unversichert war, ist mit verbrannt.

Der 6 jährige Sohn des Franz Koza hat eingestanden, daß er mit einem Streichholz gespielt und dasselbe brennend in den Strohhaufen geworfen habe; er befand sich alleine auf dem Hofe, als der Vater das Feuer bemerkte.

Bei dem Brande in Bukowiec, so wird uns weiter geschrieben, sind neun Gebäude ein Raub der Flammen geworden. Es brannten nieder dem Eigenthümer Franz Koza eine Scheune und ein Stall; dem Eigenthümer Albert Koza Wohnhaus, Scheune und Stall; dem Eigenthümer Stanislaus Patan auch Wohnhaus, Scheune und Stall und endlich dem Nachtwächter Valentin Koza das Wohnhaus. Wie durch ein Wunder ist dem letzteren die Scheune unter Strohdach erhalten geblieben. Mitverbrannt sind ein Hund und ein Schwein. Ein junger Hund ist in einem brennenden Hause am Leben geblieben. Von auswärtigen Spritzen war nur die aus Sontop erschienen.

Neutomischel, 04. Oktober 1901 – Bei dem Brande in Bukowiec hat eine Besitzerin ihre ganzen Ersparnisse, die sie in der Aufregung in Sicherheit zu bringen vergaß, verloren.

Schlimm wäre es beinahe einem Fleischerlehrling ergangen, der drei Stück Vieh, die sein Meister in Neutomischel gekauft hatte, heimtreiben sollte. Durch den Feuerschein in Bukowiec geblendet wurden die Thiere wild und wollten durchaus in die Flammen rennen, dabei den Burschen mitzerrend. Als er den Flammen schon nahe war, gelang es den thatkräftigen Bemühungen des Probstes von Bukowiec, das Vieh zum Stehen zu bringen und den Lehrling zu retten.

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1901-09-28/1901-10-01/1901-10-04

Grabsteine Friedhof Boruy – Geborene Grieger 1860-1911

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bruchstück der Grabplatte geb. Grieger auf dem Friedhof Boruy / Aufnahme Przemek Mierzejewski [445]

Bruchstück der Grabplatte geb. Grieger auf dem Friedhof Boruy / Aufnahme Przemek Mierzejewski

geb. Grieger

geb. 7. Dez 1860

gest. 14 Okt 1911

Der Familienname wurde je nach Hauländersiedlung als Grieger, Krieger und auch als Krueger, Krüger geschrieben.

Es könnte sich somit um die am 07. Dezember 1860 in Alt Szarke geborene  Johanna Ernestine Krueger handeln, deren Grabplatte, bzw. dessen Bruchstück, hier gefunden wurde.

Am 09. Februar 1883 schloss diese mit dem Wittwer Ludwig Carl Paelchen in Boruy die Ehe.

Ihre Eltern waren der Eigentümer Johann Samuel Krueger und dessen Ehefrau Johanna Juliana geb. Ullrich.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Grabsteine Friedhof Boruy – Die Schüler’s 1857-1934

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Grabstein der Eheleute Schüler auf dem Friedhof Boruy / Aufnahme Przemek Mierzejewski [446]

Grabstein der Eheleute Schüler auf dem Friedhof Boruy / Aufnahme Przemek Mierzejewski

Hier ruhen in Frieden die Eigentümer

Berta gb. Koch

geb. 27 Okt. 1871 Marianowo

gest. 29. Septbr. 1934 Dorf Boruy

Wilhelm Schüler

geb. 9. Juni 1857 Alt Scharke

gest. 14. Februar 1929 Dorf Boruy

Die Liebe höret nimmer auf

Das Paar schloss am 21. Juni 1894 beim Standesamt Belencin die Ehe. Berta Emilia Koch war die Tochter des Eigentümer und Gastwirths Ehepaar Traugott und Pauline geb. Dalchau Koch gewesen. Johann Wilhelm Schüler war als Sohn des Altsitzer Ehepaares Gottlieb und Louise geb. Ullrich in Alt Scharke geboren worden.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Grabsteine Friedhof Boruy – Traugott Gutsche 1830-1902

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Grabstein des Traugott Gutsche auf dem Friedhof Boruy / Aufnahme Przemek Mierzejewski [447]

Grabstein des Traugott Gutsche auf dem Friedhof Boruy / Aufnahme Przemek Mierzejewski

Hier ruht in Gott unser guter Vater der Ausgedinger

Johann Traugott Gutsche

geb. 11 Jun 1830 Deutsch Böhmisch

gestorben 10 November 1902 Dorf Boruy

jüngster Sohn von Samuel Gutsche und Maria Elisabeth Bartsch

er ehelichte am 07. November 1856 in Boruy / Aufgebot in Bentschen

die aus dem Rekliner Hauland gebürtige

Johanna Pauline Christine Wilhelmine geborene Müllrich

welche als verwittwete Lehmann in Boruy ansässig gewesen war

In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Johannes Evangelium 16, 33

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)

Militärpflichtige und Invalidenprüfungsverfahren im Mai 1898

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Das ehemalige Schützenhaus / Karte aus Sammlung Wojtek Szkudlarski [302]

Das ehemalige Schützenhaus / Karte aus Sammlung Wojtek Szkudlarski

„Im Jahr 1871 dehnten die Artikel 57 ff. der Reichsverfassung die in Preußen seit 1814 geltende allgemeine Wehrpflicht auf ganz Deutschland aus. So hatte nun „jeder Deutsche“ mit vollendetem 20. Lebensjahr 7 Jahre lang dem Heer oder der Marine anzugehören. Um im Allgemeinen wissenschaftliche und gewerbliche Ausbildung so wenig wie möglich durch die allgemeine Wehrpflicht zu stören, war es jedem jungen Mann überlassen, schon nach dem vollendeten 17. Lebensjahr, wenn er die nötige moralische und körperliche Qualifikation hatte, freiwillig in den Militärdienst einzutreten.  Alle Wehrpflichtigen waren, wenn sie nicht freiwillig in die preußische Armee eintraten, vom 1. Januar des Kalenderjahres an, in welchem sie das 20. Lebensjahr vollenden, der Aushebung unterworfen (militärpflichtig). Sie hatten sich zu diesem Zwecke bei den zuständigen Ersatzbehörden regelmäßig zu melden, bis über ihre militärische Verwendung entschieden wurde, jedoch höchstens zweimal jährlich“ (2)

Am Freitag, den 13. Mai 1898 wurde im Amtlichen Teil des Kreisblattes von Neutomischel wie folgt bekannt gegeben:

„Das diejährige Ober-Ersatz-Geschäft findet am Freitag, den 27. und Sonnabend, den 28. d. Mts. im Schützenhause zu Paprotsch statt.

Sämmtliche vorzustellenden Militärpflichtigen fordere ich hierdurch auf an den vorbezeichneten Tagen Morgens 6 Uhr pünktlich und in nüchterem und reinlichem Zustande auf dem Gestellungsplatze zu erscheinen und dort so lange anwesend zu bleiben, bis ihre Entlassung erfolgt.

Mannschaften, welche unentschuldigt fehlen oder in trunkenem Zustande oder nicht rein gewaschen erscheinen sollten, haben ihre Bestrafung auf Grund der Regierung-Polizei-Verordnung vom 14. Mai 1885 mit Geldstrafe von 3-30 Mk. event. verhältnißmäßiger Haftstrafe zu gewärtigen.

Personen, zu deren Gunsten Reklamationen angebracht worden sind, wie Vater, Mutter oder andere Familienangehörigen haben im Aushebungstermine persönlich zu erscheinen.

Die Herren Guts- und Gemeindevorsteher oder im Behinderungsfalle deren Stellvertreter haben dem Aushebungsgeschäft beizuwohnen und insbesondere genau auf die Identität der vorzustellenden Mannschaften zu achten.

Es kommen zur Vorstellung am Freitag, den 27. Mai:

a. die zur Ersatz Reserve designirten Mannschaften und zwar:

1.

Marquardt, Oswald

Arbeiter

Chraplewo

2.

Kattner, Johann Gustav

Wirtssohn

Neurose

3.

Kretschmer, Gustav Reinhold

Schwarzviehhändler

Neustadt b. P.

4.

Klemm, Karl Otto

Eigenthümersohn

Cichagora

5.

Schmirgal, Johann Karl Heinrich

Eigenthümersohn

Scherlanke

6.

Prüfer, Friedrich Gotthold

Eigenthümersohn

Sontop

7.

Swiderski, Johann

Wirtssohn

Linde

8.

Rybla. Roman

Schneider

Neustadt b. P.

9.

Paech, Wilhelm Emil Hugo

Lehrer

Neustadt b. P.

10.

Zgrajek, Mathias

Knecht

Brody

11.

Sledz, Walentin

Wirtssohn

Konin

12.

Roch, Julius

Knecht

Albertoske

13.

Schulz, Johann Wilhelm Adalbert

Müllerges.

Brody

14.

Pawlik, Martin

Arbeiter

Neustadt b. P.

15.

Patan, Thomas

Arbeiter

Bukowiec

16.

Helmchen, Karl Friedrich

Wirtssohn

Chmielinko

17.

Minge, Karl Gustav

Eigenthümersohn

Chmielinko

18.

Lüdke, Gustav Adolph

Eigenthümersohn

Cichagora

19.

Knoll, Gustav Reinhold

Eigenthümersohn

Glinau

20.

Palitzki, Hermann Heinrich

Eigenthümersohn

Glinau

21.

Babelek, Ignatz

Eigenthümersohn

Gronsko

22.

Lodyga, Jakob

Arbeiter

Pawlowko

23.

Mücke, Johann Ferdinand

Eigenthümersohn

Grudna

24.

Engelmann, Karl Heinrich

Eigenthümersohn

Brody

25.

Schilke, Johann Heinrich

Eigenthümersohn

Komorowo

26.

Dwornik, Constantin

Arbeiter

Konin

27.

Lodyga, Stephan

Arbeiter

Konin

28.

Ortlieb, Ernst Otto

Eigenthümersohn

Konkolewo

29.

Schiller, Otto Reinhold

Eigenthümersohn

Konkolewo

30.

Sigismund, Karl Ferdinand

Zimmermann

Neufeld

31.

Winter, Gustav Ferdinand

Wirtssohn

Neurose

32.

Zithier, Berthold Ewald

Eigenthümersohn

Neurose

33.

Slotala, Joseph

Arbeiter

Chraplewo

34.

Markus, Siegfried

Kommis

Neutomischel

35.

Kurz, Dienegott Ferdinand

Eigenthümersohn

Paprotsch

36.

Roy, Johann Paul Ferdinand

Eigenthümersohn

Paprotsch

37.

Przybylak, Joseph

Arbeiter

Wonsowo

38.

Kahl, Paul Gottlieb

Knecht

Paprotsch

39.

Schmidtchen, Felix

Stellmacherlehrling

Gronsko

40.

Hendschke, Friedrich Wilhelm Karl

Lehrer

Alttomischel

41.

Bock, Ernst Rudolph Max

Buchhalter

Neutomischel

42.

Przewozniak, Wladislaus

Bäcker

Neustadt b. P.

b. die zum Landsturm designirten Mannschaften:

1.

Falkenberg, Emil Eduard

Knecht

Albertoske

2.

Kraft, Johann Gottlieb

Wirtssohn

Chmielinko

3.

Paschke, Johann Franz

Arbeiter

Chmielinko

4.

Minge, Johann August

Maurer

Klein Lipke

5.

Schild, Karl

Wirtssohn

Krummwalde

6.

Faust, Karl Herrmann

Töpfer

Neutomischel

7.

Quast, Erdmann Traugott

Eigenthümersohn

Paprotsch

8.

Fintz, Franz

Arbeiter

Porazyn

9.

Napierala, Joseph

Maurer

Wonsowo

10.

Staraszkiewicz, Walentin

Knecht

Neutomischel

11.

Wulke, Johann Emanuel

Wirtssohn

Wymyslanke

12.

Jochade, Johann Gustav

Knecht

Chmielinko

13.

Kazmierowski, Boleslaus

Bureaugehülfe

Neustadt b. P.

14.

Siegesmund, Wilhelm Gustav

Kaufmannslehrling

Wonsowo

15.

Hübner, Albert Paul Georg

Katastergehülfe

Glinau

16.

Paczatek, Lorenz

Knecht

Neustadt b. P.

17.

Senft, Johann Wilhelm

Arbeiter

Brody

18.

Malke, August

Eigenthümersohn

Chmielinko

19.

Dach, Johann Stanislaus 

Eigenthümersohn

Groß Lipke

20.

Dluszewsi, Sylvester

Maurer

Neustadt b. P.

21.

Skrzyvczak, Michael

Arbeiter

Alttomischel

c. die dauernd Untauglichen:

1.

Ortlieb, Ernst Karl

Arbeiter

Konkolewo

2.

Roch, Johann Karl Berthold

Knecht

Albertoske

3.

Michalski, Stanislaus

Eigenthümersohn

Zembowo

4.

Herkt, Johann Heinrich Otto

Eigenthümersohn

Albertoske

5.

Kuß, Friedrich Wilhelm

Eigenthümersohn

Albertoske

6.

Koster, Gustav Johann

Arbeiter

Chmielinko

7.

Franke, Gustav Reinhold Herrmann

Eigenthümersohn

Scherlanke

8.

Starzak, Andreas

Arbeiter

Gronsko

9.

Kühn, Robert Herrmann

Eigenthümersohn

Scherlanke

10.

Paschke, Karl Gustav

Eigenthümersohn

Sontop

11.

Zirke, Friedrich Wilhelm

Eigenthümersohn

Wymyslanke

12.

Fintz, Anton

Knecht

Porazyn

13.

Falbierski, Stanislaus

Arbeiter

Michorzewo

14.

Konieczny, Martin

Arbeiter

Michorzewo

15.

Roll, Oskar Johannes 

Bureaugehülfe

Neutomischel

16.

Wolke, Johann Ferdinand

Eigenthümersohn

Paprotsch

17.

Hartmann, Johann Karl Gustav

Knecht

Cichagora

18.

Buda, Valentin

Eigenthümersohn

Sworzyce

19.

Minge, Anton

Eigenthümersohn

Wonsowo

20.

Rentel, Rudolph Paul

Tischlergeselle

Neustadt b. P.

21.

Skiba, Michael

Knecht

Wymyslanke

22.

Bayer, Johann Gustav

Knecht

Albertoske

23.

Musial, Joseph

Arbeiter

Alttomischel

24.

Thomaszewski, Martin

Arbeiter

Bukowiec

25.

Baier, Richard Otto

Gastwirthssohn

Dombrowo

26.

Guzek, Stanislaus

Wirtssohn

Glupon

27.

Walkowiak, Stephan

Wirtssohn

Glupon

28.

Galas, Martin

Knecht

Wonsowo

29.

Pretki, Franz

Arbeiter

Grudna

30.

Zimek, Paul

Schuhmacher

Kuschlin

31.

Czekala, Joseph

Knecht

Konin

32.

Grocholewski, Andreas

Schneidergeselle

Neustadt b. P.

33.

Rothe, Johann Otto

Eigenthümersohn

Konkolewo

34.

Helwing, Robert Johann

Eigenthümersohn

Kozielaske

35.

Köther, Karl Reinhold

Eigenthümersohn

Neurose

36.

Bombach, Adolph

Bahnschaffner

Neustadt b. P.

37.

Stoinski, Marcell

Schuhmacher

Neutomischel

38.

Feyer, Franz

Arbeiter

Grudna

39.

Nowak, Lukas

Arbeiter

Wonsowo

d. Die vom Truppentheil abgewiesenen einjährig Freiwilligen

e. Die vorläufig beurlaubten Rekruten

f. Die zur Disposition der Ersatz-Behörde entlassenen Mannschaften

g. Die Krankenfahrleute

Ferner findet das Invalidenprüfungsverfahren statt am Sonnabend, den 28. Mai:

a. für die brauchbar befindlichen Mannschaften:

1.

Bürger, Ernst Adolph Otto

Postassistent

Neutomischel

2.

Marzalkiewicz, Stephan

Zimmermann

Zgierzynka

3.

Pigla, Nikolaus

Eigenthümersohn

Krystianowo

4.

Schulz, Paul Ferdinand

Eigenthümersohn

Scherlanke

5.

Oelsik, Kasimir

Arbeiter

Chraplewo

6.

Troszczynski, Stanislaus

Arbeiter

Brodki

7.

Heinrich, Paul Otto

Eigenthümersohn

Sontop

8.

Pruschke, Wilhelm Paul

Arbeiter

Zinskowo

9.

Neumann, Johann Gustav

Zimmermann

Zemdowko

10.

Nawrot, Joseph

Wirtssohn

Neufeld

11.

Walkowiak, Johann

Arbeiter

Wonsowo

12.

Wolff, Karl Wilhelm

Arbeiter

Paprotsch

13.

Marciniak, Joseph

Wirtssohn

Brody

14.

Reimann, Johann Karl Otto

Wirtssohn

Neudombrowo

15.

Rausch, Emil Alfred

Buchbindergehülfe

Neutomischel

16.

Waszek, Johann

Wirtssohn

Linde

17.

Ciszek, Valentin

Arbeiter

Konin

18.

Schedler, August Franz

Eigenthümersohn

Chmielinko

19.

Paran, Stanislaus

Schneider

Neustadt b. P.

20.

Snita, Stephan

Knecht

Eichenhorst

21.

Luczak, Valentin

Knecht

Paprotsch

22.

Tepper, Friedrich Gotthold

Eigenthümersohn

Kuschlin

23.

Seide, Berthold Paul

Wirtssohn

Glinau

24.

Protsch, Paul Hermann

Schuhmacher

Neutomischel

25.

Majorek, Stephan

Arbeiter

Gronsko

26.

Luczak, Andreas

Arbeiter

Pakoslaw

27.

Skrzypczak, Stanislaus

Arbeiter

Konin

28.

Rist, Friedrich Wilhelm

Wirtssohn

Groß Lipke

29.

Hirsch, Karl Reinhold

Zimmermann

Scherlanke

30.

Michalski, Franz

Arbeiter

Konin

31.

Riedel, Ferdinand Reinhold

Zimmermann

Blake

32.

Laengert, Gustav Adolph

Knecht

Neudombrowo

33.

Franke, Karl Heinrich

Arbeiter

Komorowo Hauland

34.

Glinka, Peter

Eigenthümersohn

Krystianowo

35.

Reschke, Johann Adolph

Eigenthümersohn

Wengielno

36.

Prentki, Stephan

Arbeiter

Jastrzembnik

37.

Wieczorek, Joseph

Arbeiter

Chraplewo

38.

Heinrich, Karl Gustav

Knecht

Paprotsch

39.

Wittchen, Martin Johann

Wirtssohn

Chmielinko

40.

Liepelt, Otto Johann

Eigenthümersohn

Glinau

41.

Switala, Martin

Eigenthümersohn

Bolewitz

42.

Bartkowiak, Johann

Wirtssohn

Rose

43.

Eichler, Otto

Zimmermann

Wonsowo

44.

Gebauer, Karl August

Eigenthümersohn

Zinskowo

45.

Helmchen, Johann Gottlob

Knecht

Chmielinko

46.

Bielke, Karl Reinhold

Knecht

Paprotsch

47.

Drozdowski, Anton

Fleischerlehring

Neustadt b. P.

48.

Scheffler, Carl August

Arbeiter

Glinau

49.

Galler, Emil

Lehrer

Chraplewo

50.

Piechota, Stephan

Arbeiter

Gronsko

51.

Molinda, Stanislaus

Arbeiter

Zembowo

52.

Stein, Gustav Ferdinand

Arbeiter

Paprotsch

53.

Gemba, Stephan

Wirtssohn

Bolewitz

54.

Prentki, Franz

Wirtssohn

Grosnko

55.

Wosnitzko, Joseph

Arbeiter

Bolewitz

56.

Paschke, Carl Reinhold

Arbeiter

Wymyslanke

57.

Graebig, Carl Georg Max

Handlungsgehülfe

Wonsowo

58.

Sobkowiak, Stanislaus

Stellmachergeselle

Neustadt b. P.

59.

Stefaniak, Joseph

Arbeiter

Michorzewko

60.

Scheibe, Constantin

Wirtssohn

Steinhorst

61.

Slatala, Michael

Arbeiter

Neustadt b. P. Schloß

62.

Böhm, Johann Paul

Knecht

Glinau

63.

Torchala, Franz

Arbeiter

Zembowo

64.

Nowak, Jakob

Arbeiter

Komorowo Gut

65.

Hämmerling, Georg Oskar Max

Eigenthümersohn

Albertoske

66.

Dzinbinski, Franz

Arbeiter

Zgierzynka

67.

Binder, Hermann Berthold

Eigenthümersohn

Wonsowo

68.

Gutsche, Johann Gustav Paul

Knecht

Bukowiec

69.

Mandziak, Anton

Knecht

Cichagora

70.

Janas, Martin

Knecht

Cichagora

71.

Grzybkowski, Edmund Eduard

Wirthschaftsbeamter

Michorzewko

72.

Winter, Paul Otto

Eigenthümersohn

Sontop

73.

Luczak, Martin

Knecht

Witomischel

74.

Kaczmarek, Stanislaus

Knecht

Porazyn

75.

Knispel, Paul Reinhold

Eigenthümersohn

Wengielno

76.

Bunk, Ludwig

Arbeiter

Zembowo

77.

Koschel, Max Alfred

Lehrer

Bukowiec

78.

Joachim, Carl Hermann

Eigenthümersohn

Paprotsch

79.

Przybiylski, Joseph

Tagelöhner

Bukowiec

80.

Wasloawiok, Franz

Arbeiter

Michorzewko

81.

Hildebrand, Johannes Emil

Eigenthümersohn

Julianne

82.

Aldefeld, Carl August Otto

Klempner

Neutomischel

83.

Günther, Stanislaus

Knecht

Neustadt b. P.

84.

Siegismund, Adolph Hermann

Arbeiter

Sempolno

85.

Mischke, Joseph

Knecht

Chmielinko

86.

Patela, Andreas

Knecht

Neustadt b. P.

87.

Lorkiewicz, Albin

Lehrer

Bolewitz

88.

Held, Oskar Adolph Theodor

Reisender

Neustadt b. P.

89.

Schmidt, Otto Gustav

Müller

Zembowo

90.

Knop, Joseph

Eigenthümersohn

Neufeld

91.

Lehmann, Leo

Eigenthümersohn

Zembowo

92.

Manys, Jospeh

Schneidergeselle

Pakoslaw

93.

Toschala, Wojciech

Eigenthümersohn

Grudna

94.

Fechner, Johann Hermann

Schmied

Jastrzembnik

95.

Weber, Adolph Robert

Eigenthümersohn

Glinau

96.

Seiffert, Johann Ferdinand

Eigenthümersohn

Groß Lipke

97.

Filipiak, Franz

Schmied

Posadowo

98.

Wyrwal, Stanislaus

Arbeiter

Posadowo

99.

Buda, Stephan

Eigenthümersohn

Jastrzembnik

100.

Kattner, Paul Wilhelm

Eigenthümersohn

Konkolewo

101.

Konieczny, Jakob

Schuhmacher

Brody

102.

Lehmann, Johann Karl Friedrich

Eigenthümersohn

Tarnowce

103.

Drescher, Berthold Heinrich

Eigenthümersohn

Blake

104.

Nowacki, Michael

Arbeiter

Alttomischel

105.

Piechota, Andreas

Arbeiter

Wonsowo

106.

Eckert, Carl Gustav

Schmied

Chmielinko

107.

Knop, Johann

Arbeiter

Rose

108.

Fitzner, Johann Paul Otto

Eigenthümersohn

Wonsowo

109.

Pawlik, Franz

Arbeiter

Neustadt b. P.

110.

Ziemek, Joseph

Arbeiter

Porazyn

111.

Nowak, Adalbert

Arbeiter

Porazyn

112.

Sobek, Franz

Kaufmannslehrling

Neustadt b. P.

113.

Klemm, Johann Gustav

Maurer

Glupon

114.

Winkler, Paul Otto

Eigenthümersohn

Scherlanke

115.

Girndt, August Adolph Oswald

Eigenthümersohn

Glinau

116.

Hala, Franz

Arbeiter

Pakoslaw

117.

Hoffmann, Gustav Friedrich

Knecht

Kuschlin

118.

Nowak, Anton

Knecht

Rose

119.

Hirthe, Carl Gustav

Eigenthümersohn

Kozielaske

120.

Kurtz, August Hermann

Eigenthümersohn

Paprotsch

121.

Patella, Valentin

Arbeiter

Konin

122.

Kubiak, Adalbert

Eigenthümersohn

Zgierzynka

123.

Welke, Paul Hermann

Eigenthümersohn

Scherlanke

124.

Rausch, Reinhold Gustav

Eigenthümersohn

Sontop

125.

Joel, Adalbert

Bäckergeselle

Neustadt b. P.

126.

Quast, Carl Gustav

Knecht

Sontop

127.

Gellert, Johann Reinhold

Arbeiter

Konkolewo

128.

Patan, Franz

Arbeiter

Witomischel Gemeinde

129.

Basinski, Joseph

Eigenthümersohn

Sworzyce

130.

Rutkowski, Stanislaus

Arbeiter

Brody

131.

Koschitzki, Johannes Albert

Arbeiter

Klein Lipke

132.

Schallert, Carl Hermann

Eigenthümersohn

Cichagora

133.

Nawrot, Joseph

Arbeiter

Wonsowo

134.

Preschel, Carl Wilhelm

Arbeiter

Glinau

135.

Kozak, Leon

Arbeiter

Michorzewo

136.

Blaszcyk, Vincent

Knecht

Neutomischel

137.

Tepper, Carl Ferdinand

Eigenthümersohn

Zembowo

138.

Schild, Johann Lorenz

Eigenthümersohn

Krummwalde

139.

Dominiak, Wojciech

Arbeiter

Eichenhorst

140.

Perz, Viktor

Arbeiter

Bukowiec

141.

Krait, Friedrich Wilhelm

Zimmermann

Glinau

142.

Gmerek, Stanislaus

Eigenthümersohn

Brodki

143.

Kubsch, Franz

Arbeiter

Alttomischel

144.

Pochstein, Paul Otto

Tischler

Dombrowo

145.

Kern, Ferdinand

Schmied

Neustadt b. P.

146.

Gutsche, Paul Johann Friedrich

Arbeiter

Jastrzembnik

147.

Hirsch, Ewald Theophil Alfred

Bau Techniker

Wengielno

148.

Wald, Carl Gustav

Knecht

Paprotsch

149.

Rau, Johann Carl Otto

Knecht

Paprotsch

150.

Adamietz, Anton

Fleischer

Neutomischel

151.

Gornny, Michael

Knecht

Kuschlin

152.

Nitschke, Johann Carl Wilhelm

Eigenthümersohn

Scherlanke

153.

Pfeiffer, Carl August

Arbeiter

Groß Lipke

154.

Paschke, Anton

Eigenthümersohn

Chmielinko

155.

Helmchen, Gustav

Arbeiter

Konin

156.

Helmchen, Friedrich

Arbeiter

Chmielinko

157.

Hartwig, Johann Robert Paul

Eigenthümersohn

Wengielno

158.

Latus, Alexander

Knecht

Cichagora

159.

Weber, Paul Richard

Knecht

Neutomischel

160.

Schofer, Stanislaus

Arbeiter

Bolewitz

161.

Nawrot, Franz

Arbeiter

Michorzewo

162.

Koch, Carl Otto

Knecht

Kuschlin

163.

Bengsch, Johann August Wilhelm

Arbeiter

Glinau

164.

Knobel, Gustav Karl

Arbeiter

Brody

165.

Müller, Paul Gustav

Eigenthümersohn

Kozielaske

166.

Fritsch, Berthold Heinrich

Arbeiter

Scherlanke

167.

Okonek, Johann

Bäcker

Neustadt b. P.

168.

Koza, Ignatz

Arbeiter

Bukowiec

169.

Buda, Stanislaus

Wirthssohn

Jastrzembnik

170.

Mania, Andreas

Arbeiter

Brody

171.

Sperling, Carl Paul

Maurer

Blake

172.

Piontek, Theophil Herrmann

Briefträger

Neustadt b. P.

173.

Schlinke, Gottlieb

Arbeiter

Chmielinko

174.

Lange, Johann Carl Adolph

Knecht

Cichagora

175.

Cebernik, Johann

Eigenthümersohn

Konin

176.

Braun, Joseph

Arbeiter

Sworzyce

177.

Czarny, Stefan

Knecht

Knecht

178.

Steinke, Paul Berthold

Eigenthümersohn

Paprotsch

179.

Luczak, Andreas

Arbeiter

Glupon

180.

Hanelt, Johann Friedrich Wilhelm

Arbeiter

Sempolno

181.

Marcinkowski, Franz

Töpfer

Neutomischel

182.

Mazurek, Andreas

Töpfer

Neustadt b. P.

183.

Jendrzejczak, Michael

Arbeiter

Gronsko

184.

Zachert, Paul

Fuhrmann

Neustadt b. P.

185.

Hahnelt, Wilhelm Reinhold

x

Zinskowo

186.

Slocinski, Ignatz

Eigenthümersohn

Porazyn

187.

Pieta, Stanislaus

Knecht

Sworzyce

Neutomischel, den 6. Mai 1898″

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1898-05-13; 2) Einleitung:https://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fische_Armee

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 27 und 28 – Drechsler- und Schmiedewerkstatt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Lageplan der Grundstücke, Zeichnung angefertigt nach der "Beschreibung von Gebäuden ..." / GT [448]

Lageplan der Grundstücke, Zeichnung angefertigt nach der „Beschreibung von Gebäuden …“ / GT

In der Nord-Ost-Ecke des Neuen Marktes lag das ehemalige Stadtgrundstück No. 27. Dieses grenzte im Jahr 1836 nördlich an die noch „wüste Baustelle“ mit der Nummerierung No. 28 und südlich an die Hinterstraße.

Auf diesem Grundstück befand sich ein Wohnhaus, es war unter der No. 27 in den Akten der Provinzialfeuerversicherung beschrieben worden.

♦ ♦ ♦

Es war ein vollständig aus Holz errichtetes Gebäude gewesen, welches von außen mit Lehm angetragen worden war. Mit einer Größe von 34,5 Fuß in der Länge, 19 Fuß in der Breite und 8 Fuß in der Höhe (ca. 10,5×6,00×2,43m / ca. 63 qm Grundfläche) war es eines der kleinen, seinerzeit in der Stadt üblichen, Häuserbauten gewesen.

Im Inneren hatten sich 3 Stuben mit gedielten Fußböden befunden, die Küche und auch die Hausflure hatten lediglich einen Lehmboden gehabt. Im Schindeldach war ein Erker von 8,5 Fuß (ca. 2,60m) Breite ausgebaut gewesen. Das Gebäude war über 2 Kachelöfen beheizt worden.

Die hölzernen Wände des Häuschen waren im Jahr 1836 als „sehr verfault“ beschrieben worden, selbiges galt auch für die Fußböden. Das Schindeldach hatte die Einstufung „schlecht“ bekommen und auch von den 7 Türen und 7 Fenstern waren nur noch „die Hälfte gut“ gewesen. Eine Reparatur hatte es seit seiner Errichtung zum Jahr 1794, es war 1836 im Alter mit 42 Jahren angegeben worden, nicht erfahren.

Über die Bewohner des Jahres 1836 dieses Hauses ist kaum etwas überliefert.

Das Wohnhaus wurde als das der Christian Zeidler’schen Erben benannt. Die Anerkennung der Einstufung der Feuerversicherung war von Friedrich Thomas als Vormund der Zeidler’schen Minorenen unterzeichnet worden. Einzelheiten wer die Minderjährigen Nachkommen des Christian Zeidler gewesen waren wurden nicht angegeben.

Am 16. März 1836 war in der Stadt der Bürger und Drechslermeister Johann Christian Zeidler verstorben. Im Toteneintrag im Kirchenbuch wurde vermerkt, dass er an Abzehrung verstorben sei; auch in diesem Eintrag findet sich nichts über etwaig Hinterbliebene.

Johann Christian Zeidler war im August 1780 in Koseloske als Sohn des Samuel  Zeidler und dessen Ehefrau Anna Maria, einer geborenen Kühn, geboren worden. Im September 1811 verstarb seine erste Ehefrau Rosina Dorothea geborene Handtke im Alter von nur 24 Jahren, über ihre Herkunft ist nichts bekannt. Kinder aus dieser Ehe wurden nicht in Kirchenbuchaufzeichnungen gefunden. Johann Christian Zeidler galt in jener Zeit als in Wytomysl ansässiger Müller.

Im Jahr 1816 heiratete der Wittwer Johann Christian Zeidler die 15 jährige Rosina Dorothea Klemm. Sie war im Februar 1801 als Tochter des Gottfried Klemm und dessen Ehefrau Anna Rosina geborene Stürzebecher in Zinskowo zur Welt gekommen.

Im April des Jahres 1818 wurde der gemeinsame Sohn Johann Wilhelm Heinrich geboren; er verstarb 2 Jahre später;  1819 im August folgte die Geburt des 2ten Sohnes Johann Gottlieb. Nach diesen Eintragungen im Kirchenbuch der Gemeinde Neu Tomysl  finden sich keine weiteren. Der letzte Hinweis auf diese Familie wurde mit dem Toteneintrag vom  16. März 1836 gefunden,  als der Bürger und Drechslermeisters Johann Christian Zeidler verstarb.

Die ehemaligen Grundstücke No. 27 und 28 im Jahr 1997 / Aufn. Maennel-Archiv [449]

Die ehemaligen Grundstücke No. 27 und 28 im Jahr 1997 / Aufn. Maennel-Archiv

Die Geschichte des Hausgrundstückes No. 27 kann jedoch noch etwas weiter geschrieben werden.

Im  Jahr 1843, dieses laut eine Ergänzung im Bericht der Provinzialfeuerversicherung, waren auf der Parzelle noch ein Stallgebäude und separat dazu ein Pferdestall errichtet worden, als Besitzer dieser beiden Bauten, das Wohnhaus wurde nicht erwähnt, wurde Daniel Schulz angegeben.

Der Familienname Schulz war und ist nun nicht gerade selten, es kann ! aber folgende Verbindung herstellt werden:

Johann Daniel Schulz geboren ca. 1802 heiratete 1824 Johanna Juliane Protsch. Sie galten als Hauländer zu Paprotsch, Gasthofspächter zu Alt Jastremske, Einwohner zu Glinau und letztlich als Hopfenhändler zu Neu Tomysl.  Kinder, soweit diese dem Paar zugeordnet werden konnten, kamen 1823 in Paprotsch, 1825 in Zinskowo, 1827 und 1829 in Alt Jastremske und 1831 in Glinau zur Welt. Beide Eheleute verstarben in Neu Tomysl: Johanna Juliana Schulz geb. Protsch im Jahr 1844 und Johann Daniel Schulz 1847.

Im Jahr 1857 erfuhr das Wohnhaus eine Wertminderung für eine Erstattung im Falle eines Schadens; eingetragen wurde diese in der aus dem Jahr 1836 stammenden Gebäudebeschreibung, ein Besitzerwechsel wurde nicht notiert. Wie mag das Gebäude wohl in jenem Jahr ausgesehen haben ?, war es vorher noch mit 175 Mark geschätzt worden, lag der Wert nun nur noch bei 75 Mark.

Zum August 1866 fand dann tatsächlich ein Besitzerwechsel statt; in diesem Monat  überreichte  Johann Gottlieb Wilhelm Heinrich das Zuschlagsurteil  über die von ihm im Wege der Subhastation erworbenen Grundstücke No. 27 und No. 28 an den „Königlichen Fortschreibungsbeamten Herrn Geometer Korte Wohlgeboren“ in Grätz, dieses zur Eintragung auf seinen Namen. Wiederum findet sich keinerlei Hinweis darauf wer eigentlich der oder die Vorbesitzer dieser Grundstücke gewesen waren.

Johann Gottlieb Wilhelm Heinrich war im März 1830 in Kuschlin geboren worden. Seine Eltern waren der Eigentümer zu Kuschlin und Neurose Johann Gottfried Heinrich und dessen Ehefrau Johanna Dorothea geborene Siegesmund gewesen.

1859 hatte er mit Johanna Emilie Katsch in Boruy die Ehe geschlossen. Sie war im März 1840 als Tochter des Johann Daniel Katsch und seiner Ehefrau Johanna Beate geborene Kahl, zur Welt gekommen.

Die Familie hatte anfänglich in Glinau gelebt ehe die Übersiedlung nach Neu Tomysl erfolgte. Im Laufe der Ehe wurden 11 Kinder geboren; keines scheint das Erwachsenenalter erreicht zu haben.

Vermutlich im Jahr 1871 war eine Schmiedewerkstatt auf dem Grundstück errichtet worden. Die Grenzen zwischen den Grundstücken No. 27 und No. 28 war schon zu dieser Zeit „etwas verwischt„, später tauscht die Nummerierung vollständig, die No. 28 findet sich dann an der Ecke Hinterstraße / Neuer Markt, die No. 27 in der Kehre des Neuen Marktes als Nachbargrundstück der No. 29.

Blick auf die Nord-Ost Ecke es ehemaligen Neuen Marktes / Aufn. PM [450]

Blick auf die Nord-Ost Ecke es ehemaligen Neuen Marktes / Aufn. PM

Aus einem Schreiben zu einer Erbschaftsangelegenheit welche sich auf ein Testament des im August des Jahres 1882 in Neutomischel verstorbenen Schmiedemeisters Johann Heinrich Gottlieb Schiller bezog, war zu erfahren, dass dieser als Miteigentümer der Stadtparzelle No. 28 galt. Er vermachte dieses Miteigentum seiner hinterlassenen Wittwe Anna Maria Schiller, geborene Kraepl, wiederverehelichte Loechel. Die Grundbucheintragung hierzu war 1884 im vorgenommen worden.

Im Jahr 1884 verstarben die Eheleute Johann Gottlieb Wilhelm Heinrich und Johanna Emilie geb. Katsch in Neutomischel.

Wer ihre Erben waren ist nicht bekannt. Im Sommer 1886 wurde durch „die Erben“ jedoch eine Parzelle des unter No. 27 geführten Grundstückteils an den Kaufmann Paul Goldmann veräußert.

Das Restgrundstück No. 27-28 wurde im gleichen Jahr auf den Buchhalter Carl Chedor als Besitzer um- bzw. überschrieben. Er war aus Schwentainen im Kreis Treuburg in Ostpreussen gebürtig gewesen und hatte im Jahr 1883 die Ehe mit Bertha Rosenau, einer Nichte des verstorbenen Schmiedemeisters Johann Gottlieb Wilhelm Heinrich,  geschlossen. Sie war 1865 in Glinau als Tochter des Johann Samuel Rosenau und dessen Ehefrau Johanna Louise geborene Heinrich zur Welt gekommen.

* * *

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2) Personenstandsunterlagen
der evangelischen Gemeinde Neu Tomysl

Felix Chichorski stirbt an den Folgen eines Streites / 1845-1902

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Duschnik,Genealogie,Personen, Familien,Pinne | Kommentare sind deaktiviert
Duschnik, die Dorfstrasse - Postkartenausschnitt [451]

Duschnik, die Dorfstrasse – Postkartenausschnitt

Der Arbeiter Lorenz Bartkowiak aus Duschnik, ein wegen Raubes bereits mit Zuchthaus bestrafter  Mensch, brachte im Verlaufe eines Ende Dezember zwischen ihm und dem Maurer Felix Cichorski ausgebrochenen Streites dem Cichorski eine Bißwunde an einem Finger bei.

Obwohl sich Cichorski sofort in ärztliche Behandlung begab, trat der Brand ein, und nunmehr ist Cichorski im hiesigen Johanniter Krankenhaus gestorben

 * * *

Standesamt Pinne 16. Januar 1902

Dem Unterzeichneten Standesbeamten geht heute von der Polizei Verwaltung hierselbst die schriftliche Mittheilung zu, daß der Arbeiter Felix Cichorski, wohnhaft zu Duschnik Krs. Samter, 55 Jahre alt, katholischer Religion, geboren zu Duschnik, Sohn der ledigen Arbeiterin Maria Cichorska, zuletzt verheiratet gewesen mit Maria geborene Dzianmska, Vater von 1 minderjährigem Kinde am achten (8.) Januar diese Jahres, nachmittags um vier Uhr zu Pinne im Johanniter  Krankenhause verstorben sei.

* * *

Felix Cichorski

wurde ca. 1845 als Sohn der ledigen Maria Cichorska, Arbeiterin zu Duschnik, geboren

Im Jahr 1870 ehelichte er in Brody die Marjanna Dziamska.

Kinder des Paares waren Stephania geboren 1875 und Andreas geboren 1879.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1902-01-17; 2) Personenstandsunterlagen Staatsarchiv Poznan

Diamantene Hochzeit im Hause Böhm / 1902

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Lewitz Hauland,Neustadt bei Pinne,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Evgl. Kirche zu Neustadt Pinne (Ruine) - Aufn. Sep. 2009 GT [452]

Evgl. Kirche zu Neustadt Pinne (Ruine) – Aufn. Sep. 2009 GT

Lewitz-Hauland 25. November 1902

Gestern (24.11.1902) beging das Ehepaar Karl Böhm und Wilhelmine, geb. Hahnfeld das seltene Fest der diamantenen Hochzeit.

Zahlreiche Verwandte feierten den Ehrentag des verhältnismäßig rüstigen Jubelpaares mit. Der Herr Regierungspräsident hatte im Namen Sr. Majestät des Kaisers dem Jubelpaar ein Geldgeschenk von 30 Mark bewilligt. Auch der evangel. Gemeinde-Kirchenrath hatte ein kleines Geldgeschenk gemacht.

Die feierliche Einsegnung des Jubelpaares fand in dessen Wohnung durch den Ortsgeistlichen statt. Wünschen wir den alten Leuten noch eine Reihe glücklicher und gesegneter Jahre !

* * *

24 November 1842 Eintragung im Kirchenbuch der evangelischen Kirche zu  Neustadt bei Pinne:

Der Junggeselle Carl  Ludwig Böhm (21 J. geb. ca. 1821) aus Lewitz Hauland – mit der Jungfer Wilhelmine Hahnfeld (18 Jahre – geb. ca. 1824) aus Wengellen in der Kirche getraut

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1902-11-28; 2) Personenstandsunterlagen Staatsarchiv Poznan

Bedauernswerter Unfall des Kutschers Arlt / 1910

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Alt Dombrowo,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien,Wasowo / Wonsowo | Kommentare sind deaktiviert
Blick vom Bahnhof kommend in die ehem. Bahnhofstraße / Kartenausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski [453]

Blick vom Bahnhof kommend in die ehem. Bahnhofstraße / Kartenausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski

Ein bedauernswerter Unglückfall, dem ein blühendes Menschenleben zum Opfer gefallen ist, ereignet sich gestern abend auf der Bahnhofstraße in der Nähe der Landgrabenbrücke.

Der Kutscher Bernhard Arlt kam auf einem mit Bierfässern schwerbeladenen Wagen der Pflaum’schen Brauerei  in die Stadt gefahren. Kurz hinter der Brücke fiel der etwa 18 jährige nüchterne junge Mann vom Wagen herab und kam so unglücklich dabei zu Fall, daß ihm der schwere Wagen über Brust und Hals ging, so daß das Blut aus Mund und Nase floß und er wie leblos auf der Straße aufgefunden wurde. Sofort angestellte Wiederbelebungsversuche hatten leider keinen Erfolg. Der Schwerverletzte wurde in das hiesige Krankenhaus geschafft, jedoch konnte der Arzt nur noch den bereits eingetretenen Tod feststellen.

Wie sich der tragische Vorfall ereignete, dürfte mit Sicherheit nicht festzustellen sein, da Augenzeugen in der Nähe der Unfallstelle zurzeit nicht waren; es ist aber anzunehmen, daß die Pferde plötzlich scheu geworden sind, da sie in der Bahnhofstraße in flottem Trabe ohne Führer angehalten wurden.

* * *

Bernhard Otto Arlt wurde am 26. Februar 1892 in Alt Dombrowo als Sohn des Arbeiters Robert Arlt und dessen Ehefrau Wilhelmine geb. Kaleske geboren. Die Familie war mehrfach umgezogen; zum Zeitpunkt des Unfalls wohnte sie in Wonsowo.

Sein Tod wurde durch das Königliche Distriktsamt Neutomischel am 09. Jul 1910 an das Standesamt Neutomischel gemeldet und unter dem 01. August 1910 amtlich eingetragen. Im Toteneintrag findet sich, das „Bernhard Arlt zu Paprotsch auf der Straße vom Bahnhof nach der Stadt Neutomischel am 23. Juni 1910 nachmittags gegen sechs Uhr tot aufgefunden worden sei. Tag und Stunde des Todesfalls hat nicht näher festgestellt werden können.“

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1910-06-24; 2) Personenstandsunterlagen Staatsarchiv Poznan
 

Kurzmeldung – Das Fuhrwerk des Eigentümers Kubsch ging durch … / 1911

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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... bogen nach der Bahnhofstraße in rasendem Tempo ab ... / Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski [454]

… bogen nach der Bahnhofstraße in rasendem Tempo ab … / Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski

Als heute vormittag (21.04.1911) der Eigentümer Kubsch aus Altborui vor einem hiesigen Geschäft in der Goldstraße Kleie aufladen wollte, und er sich für einen Augenblick von dem Fuhrwerk entfernt hatte, gingen die beiden Pferde mit dem Wagen durch, bogen nach der Bahnhofstraße in rasendem Tempo ab und beschädigten dort eine Straßenlaterne und einige junge Bäume.

Erst vor dem Aron Markus’schen Hause fuhr ein Rad an einen dort stehenden stärkeren Baum an und der Wagen kam zum Stehen.Während ein Pferd dabei zu Fall kam und die Deichsel zerbrach, raste das andere, das sich beim Anprall losgerissen hatte, noch ein Stück weiter, blieb aber bald ebenfalls stehen.

Glücklicherweise ist keine Person bei dem Vorfall verletzt worden.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1911-04-21

 

Werth der Hand- und Spanndiensttage im Regierungsbezirk Posen / 1895

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Alte Wörter, Begriffe, Berufe,Bez kategorii,Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
Leiterwagen jener Zeit - Aufn. GT [455]

Leiterwagen jener Zeit –
Aufn. GT

Posen, 1. Februar 1895

Werth der Hand- und Spanndiensttage im Regierungsbezirk Posen

Auf Grund des § 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 21. Juni 1875, betreffend die anderweite Regelung der Verpflichtung zur Leistung von Hand- und Spanndiensten für die Unterhaltung der Land- und Heerstraßen in der Provinz Posen ist nach Anhörung der Kreisvertretungen der Werth eines Hand- und Spanndiensttages im Regierungsbezirk Posen für das Jahr 1895 mit dem Hinzufügen, daß unter einem Handtage die Leistung eines gesunden erwachsenen Arbeiters und unter einem Spanntage die Leistung eines mit zwei gesunden Pferden nebst Kutscher zu stellenden Wagens zu verstehen ist, wie folgt festgesetzt worden:

lfd. 

Name des 

Werth eines

Nr.

Kreises

Hand-

Spann-

 

 

Diensttages

 

 

Mk./Pfg.

Mk./Pfg.

1

Adelnau

1,00

4,00

2

Birnbaum

1,00

4,50

3

Bomst

1,00

4,50

4

Fraustadt

1,00

4,50

5

Gostyn

1,00

4,50

6

Grätz

0,80

4,00

7

Jarotschin

1,00

4,00

8

Kempen

0,75

4,00

9

Koschmin

0,80

4,00

10

Kosten

1,20

5,00

11

Krotoschin

0,80

4,00

12

Lissa

1,00

4,50

13

Meseritz

1,00

4,50

14

Neutomischel

1,20

4,00

15

Obornik

1,00

4,00

16

Ostrowo

1,00

4,00

17

Posen-Ost

1,00

4,50

18

Posen-West

1,00

4,50

19

Pleschen

0,75

3,00

20

Rawitsch

1,00

4,50

21

Samter

1,00

4,50

22

Schildberg

0,75

4,00

23

Schmiegel

1,25

5,00

24

Schrimm

1,00

4,00

25

Schroda

1,00

4,50

26

Schwerin a. W.

1,00

4,50

27

Wreschen

1,00

4,50

 

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben:  Veröffentlichung im Posener Tageblatt 1895-02-02 – www.wbc.poznan.pl/libra; Photo: Freilichtmuseum für Volksbaukunst in Wollstein / SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO in Wolsztyn
 

Kurzmeldung – Gewitterunfall / 30. April 1895

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Kopanke / Kopanki | Kommentare sind deaktiviert
Die in den Jahren 1896/97 neu erbaute Schule von Kaponke (Postkartenausschnitt), das Gebäude wird noch heute als Schule genutzt [456]

Die in den Jahren 1896/97 neu erbaute Schule von Kaponke (Postkartenausschnitt), das Gebäude wird noch heute als Schule genutzt

Das erste diesjährige Gewitter entlud sich ebenso früh als heftig hier und in der Umgegend. Namentlich hätte ein Blitzschlag, welcher das Schulhaus in Kaponke traf, recht verhängnißvoll werden können.

Nicht nur, daß der Blitz den Giebel des Hauses herunterschlug, durchfuhr er noch das Klassenzimmer, die Decke des letzteren mehrfach durchlöchernd.

Der Lehrer H., welcher mit seiner Schwester am geschlossenen Fenster der Giebelstube stand, wurde betäubt und theilweise gelähmt, so daß er sofort in ärztliche Behandlung genommen werden mußte, während sich die ebenfalls getroffene Schwester desselben bald erholte.

Wunderbarer- und glücklicherweise zündete der Blitz das fast hölzerne Gebäude nicht an.

* * *

Um welche Angehörigen der Lehrerfamilie H. es sich gehandelt hat, konnte nicht zweifelsfrei in Erfahrung gebracht werden

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Posener Tageblatt 1895-05-05 / Seite 3 – www.wbc.poznan.pl/libra
 

Untergang der „Elbe“ – Trauer in Buk / 1895

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Karte des Unglücksortes / Quelle: Wikipedia - Von unbekannt - Die Gartenlaube 1895, Sammelband Nr. 8, S. 116, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=2753770 [457]

Karte des Unglücksortes / Quelle: Wikipedia – Von unbekannt – Die Gartenlaube 1895, Sammelband Nr. 8, S. 116, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=2753770

Untergang der „Elbe“ – Ein fürchterliches Unglück hat sich am 30.01.1895 früh auf der Nordsee ereignet. Der Passagierdampfer „Elbe“ ist gesunken. Mehr als dreihundert Personen haben dabei ihr Leben verloren.

„Auf den Straßen, in den Pferdebahnwagen, in den öffentlichen Lokalen – überall, wo sich Menschen zusammenfanden, beherrschte gestern das entsetzliche Unglück, das die „Elbe“ und mit ihr Hunderte von Familien betroffen hat, die Unterhaltung. Es schien, als hätte das Furchtbare, das so unerwartet die Gemüther in Schrecken versetzt, das Interesse an allem Anderen verdrängt, Hader und Zwiespalt gebannt und alles Mitleid und alle Theilnahme, deren das Menschenherz fähig ist, wachgerufen“

Die Trauer „zeigte sich auch in dem Bureau des Norddeutschen Lloyd Unter den Linden. Von den frühen Morgenstunden an war hier ein stetes Kommen und Gehen. Das große Schaufenster, in dem die Reliefkarten ausgestellt sind, welche über die Schiffsbewegung des Institutes Auskunft geben, war verhüllt, wie zum Zeichen der Trauer über das erschütternde, unsagbare Unglück.“

„Im Bureau aber ging es lebhaft zu. Nicht nur Diejenigen, die nach dem Schicksal eines theuren Angehörigen bange Fragen richteten, fanden sich ein, sondern Unzählige, die das Mitleid, die Theilnahme für unglückliche Mitmenschen, mochten sie ihnen auch noch so fern stehen, im Innersten erschüttert hatte.“

„Niemand wollte daran glauben, daß das Entsetzliche sich so zugetragen, daß wirklich Hunderte von Menschen einem so erbarmungslosen Schicksal verfallen seien. Aber man konnte keine tröstliche Auskunft geben. Viele der Nachfragenden haarten geduldig aus, ob nicht doch noch eine erlösende Botschaft käme, wenigstens die Mittheilung, daß die Zahl der Geretteten größer sei, als die ersten Meldungen sie angegeben. Vergeblich!“

Das Passagierschiff  „Elbe“ hatte am 29. Januar 1895 nachmittags seine Reise von Bremerhaven nach New York angetreten. In den Morgenstunden des 30. Januar hatte ein heftiger Sturm eingesetzt. Um 5 Uhr 40 Minuten rammte die „Crathi“ mit voller Wucht die Breitseite des Passagierschiffes Die „Elbe“ versank in nur annähernd 20 Minuten.

Passagierschiff "Elbe" / Quelle: Wikipedia - Von unbekannt - Die Gartenlaube 1895, Sammelband, Nr. 8, S. 117, Fotografie im Verlag von W. Sander & Sohn, Geestemünde, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=2753757 [458]

Passagierschiff „Elbe“ / Quelle: Wikipedia – Von unbekannt – Die Gartenlaube 1895, Sammelband, Nr. 8, S. 117, Fotografie im Verlag von W. Sander & Sohn, Geestemünde, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=2753757

Von den 199 Passagieren, 4 Postbeamten, 2 Lotsen und 149 Mann Besatzung wurden gerettet 5 Passagiere, 2 Lotsen und 13 Mann der Mannschaft (es finden sich in einigen Berichten leicht abweichende Zahlen, immer ist aber von über 300 Toten geschrieben worden)

Die Berichterstattungen handelten vornehmlich von dem Unfallhergang, der Rettung der wenigen Überlebenden und Konsequenzen, welche aus dem Unglück für die Zukunft der Passagierschiffahrt zu ziehen seien. Über die Opfer findet sich wenig.

Und doch … die Trauer muss, wie sie in Berlin geherrscht hat, auch im Städtchen Buk zugegen gewesen sein.

Das Posener Tageblatt berichtete unter der Überschrift „Verunglückt auf der Elbe“ – „ist auch der Sohn des hiesigen Rabbiners Gutwirth. Derselbe war in Amerika in einem größeren Handlungsgeschäfte in Stellung und hielt sich hier längere Zeit besuchsweise bei seinem Vater auf.

Letzterer wollte seinen Sohn, der besondere kaufmännische Tüchtigkeit dadurch an den Tag legt, daß er außer in der deutschen auch in der französischen, englischen und spanischen Sprache die Korrespondenz zu führen verstand, gern in einem größeren Geschäft Deutschlands unterbringen.

Den Verunglückten jedoch zog ein unwiderstehlicher Drang nach Amerika zurück. Gegen den Willen seines Vaters reiste er früher, als letzterer es gestatten wollte, von hier ab, um gerade die „Elbe“, mit welchem Schiffe er herübergekommen war, zu seiner Rückreise zu benutzen.

Auch ihm ist, im Alter von 29 Jahren, mit den anderen Verunglückten ein Grab in den Wellen zu Theil geworden.“

* * *

Marcus Gutwirth war ca. 1866 als Sohn des aus Krakau gebürtigen Rabbiners Joel David Gutwirth und dessen Ehefrau Ernestine geb. Lewy geboren worden. Seine vermutlich erste Reise nach New York hatte er im Juli 1889 im Alter von 23 Jahren angetreten. Mit an Bord des Dampfers „Hammonia“ war die 18 jährige Schwester Minnie (Minna) Lea Gutwirth. Sie ehelichte 1893 in New York Victor Emanuel Berman.

Als ein Grund für seine Rückkehr könnte der Tod seiner Mutter im April 1894 angesehen werden. Nicht bekannt ist, ob die überstürzte Abreise etwaig mit der im März 1895 angestandenen Wiederverehelichung seines Vaters mit der 27 jüngeren Bertha Beile Spieldoch in Zusammenhang gestanden hat.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung 1895-01-31 / Seite 3 und  1895-02-01/ Seite 5 – www.ZEFYS.Staatsbibliothek-Berlin.de; 2) Posener Tageblatt 1895-02-09 / Seite 3 – www.wbc.poznan.pl/libra; 3) Personenstandsunterlagen Staatsarchiv Poznan

 

08. April 1786 – 230 Jahre – Neu Tomysl – Nowy Tomyśl

geschrieben von Gudrun Tabbert
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Die heutige Stadtfahne - Aufn. PM [459]

Die heutige Stadtfahne – Aufn. PM

Mit dem Bestätigungsbrief des Königs Stanislaus August von Polen vom

08. April 1786

wurde das Gesuch, eine Stadt zu gründen, genehmigt und freigegeben „eine Stadt mit Gräben, Dämmen, Gewässern, Vertheidigungswerken nach seinem Belieben zu umgeben und zu versehen, Bürger, Kaufleute und jeder Art Handwerker einzuführen, heranzuziehen, unterzubringen, Waaren jeder Art dorthin zu verfahren und zu verkaufen, welches also errichtete Städtchen für immerwährende Zeiten Neu-Tomysl heissen soll.“

In diesem Schreiben wird der zukünftigen Stadt das „teutonische Recht, welches das Magdeburgische heisst, nebst allen anderen Freiheiten und Vorzügen, deren die Kronstädte sich bedienen, allergnädigst verliehen, mit Aufhebung der polnischen und lithauischen Gesetze, welche dies teutonische, Magdeburger genannte, Recht antasten und verwirren könnten.

Glinau II – Unfall im Hause Lehrer Kintzel (1911)

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Schule Glinau II (Foto PM 28-06-2010) [460]

Schule Glinau II (Foto PM 28-06-2010)

Eine brave Tat vollbrachte am 20. d. Mts. (20.04.1911) das Söhnlein des Lehrers (Rudolph Otto Bruno) Kintzel aus Glinau. (Er war 1877 in Neustadt bei Pinne geboren worden und hatte im Jahr 1901 die 1883 in Neu Dombrowo geborene Ottilie Martha Werner geehelicht).

Während sich in Abwesenheit der Eltern die beiden ältesten Kinder (Bruno Alexander Gustav Heinrich, geboren 1902 und Frieda Auguste Alma, geboren 1903) auf dem Felde beschäftigten, spielten in der Nähe ihre kleineren Geschwister.

* * *

Plötzlich fiel ihr 2 1/2 jähriges Brüderchen (Willi Hugo Rudolph, geboren im Oktober 1908) in einen sich in der Nähe befindlichen, über 1 1/2 Meter tiefen, fast bis oben gefüllten Teich.

Sein achtjähriger Bruder, der den Vorfall bemerkte, lief sofort herbei und sprang mutig und entschlossen in das tiefe Wasser, das über seinem Kopfe zusammen schlug. Beim Sprunge kam der Knabe noch zu Fall, und auch er galt für verloren. Es gelang ihm aber doch noch, sich mit Aufbietung aller seiner Kräfte aufzurichten. Er ergriff den auf dem Grunde liegenden Knaben und konnte sich mit ihm, aber nur mit großer Mühe und Not, nach dem Ufer retten.

Hier zog ihn die inzwischen herbeigeeilte Frau des Arbeiters Heinrich Werner vollends aus dem Wasser. Bei der Rettungsarbeit soll dem Knaben ein Schuh in dem schlammigen Boden des Teiches stecken geblieben sein. „Sag‘ an, war das nicht brav getan?“ Man denke sich die Freude der Eltern, als sie bei ihrer Heimkehr von der Heldentag ihres Aeltesten hörten. Eine Auszeichnung des Knaben wäre hier sehr am Platze.

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Ein weiterer Artikel in dieser Folge: „Glinau II – Lehrer Hoede (1905-1908) [461]“ – veröffentlicht im Juni 2010

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1911-04-25

Privatschule Frl. Marie Landmann in Neutomischel 1877-1881

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die frühere Bahnhofstrasse, rechts erkennbar die Buchstaben HO ..., dieses Gebäude war der Hopfenspeicher der Familie Landmann - Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski [462]

Die frühere Bahnhofstrasse, rechts erkennbar die Buchstaben HO …, dieses Gebäude war der Hopfenspeicher der Familie Landmann – Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski

Im Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten von Franz Brümmer / 1913 in Leipzig erschienen, findet sich eine Kurzbiographie:

Landmann, Marie, geboren am 15. Februar 1850 in Berlin, siedelte 1863 mit ihren Eltern nach Neutomischel in der Provinz Posen über u. besuchte 1866-68 eine Pensionsanstalt in Grünberg (Schlesien), worauf sie 1868 ihr Lehrerinnenexamen ablegte. Sie unterrichtete zunächst durch eine Reihe von Jahren ihre jüngeren Schwestern, war später Vorsteherin einer kleinen Privatschule in Neutomischel u. ging, nachdem sie ihre Prüfung als Schulvorsteherin abgelegt, 1882 nach Breslau, wo sie seit dem März 1884 teils als Pensionsvorsteherin, teils als Schriftstellerin tätig war. Sie war Mitbegründerin des Breslauer Vereins „Frauenwohl“ (1891) und bis 1905 Schriftführerin desselben. Sie starb in Breslau am 30. September 1908. S: Novellen, 1882 – Die Zeitungsbraut (Dram. Scherz), 1896″

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Es sind nur wenige Hinweise, welche die Anwesenheit der Familie Landmann in Neutomischel  überhaupt belegen. Julius Landmann und seine Ehepartnerin Johanna geb. Meyer hatten 1849 in Frankfurt an der Oder die Ehe geschlossen. Die Familie hatte dann in Berlin ihren Wohnsitz, wo Julius Landmann als Handlungsreisender u. a. im Hopfenhandel tätig war. Marie galt als älteste Tochter des Paares.

Der Hopfen war es vermutlich auch, der die Familie bewogen haben mag, nach Neutomischel zu übersiedeln. Julius Landmann galt im Jahr 1863 als Besitzer der Anwesen No. 94-95 in Neutomischel auf denen er einen Hopfenspeicher errichtet hatte; weiterhin wurde er  1873 durch J. J. Flatau in der Liste der bedeutendsten „Hopfenproducenten und -händler“ der Stadt  geführt. 1873 war aber auch das Jahr in welchem Julius Landmann verstorben zu sein scheint, denn im Grundbuch findet sich, dass die Grundstücke No. 94-95 auf die Wittwe Johanna in jenem Jahr überschrieben worden waren.

Die Familie Landmann scheint der Bildung gegenüber aufgeschlossen gewesen zu sein. Marie Landmann, so heißt es in der Kurzbiographie, hatte 1868 ihr Lehrerinnenexamen abgelegt. Außer Frage steht, dass sie in den 9 Folgejahren in Neutomischel Privatunterricht für schulpflichtige Kinder erteilte, nicht bekannt ist, ob es wirklich lediglich nur ihre jüngeren Schwestern waren, welche sie unterrichtete.

1877 war das Jahr in dem das Leben der Privatlehrerin Marie Landmann eine Wende erfahren hatte. Marie Landmann hatte zum Dezember des Jahres ihre eigene Mädchenschule gegründet. Ob dieses sich ebenfalls in der Bahnhofstrasse auf dem elterlichen Grundstück befand ist nicht bekannt.

Mit Beginn dieses Jahres hatte Witte sein Amt als Bürgermeister und in einigen anderen Positionen in der knapp 1.300 Einwohner zählenden Stadt angetreten. Es ist nichts genaueres über die Auslöser der im Dezember 1877 begonnenen Ereignisse, die auch die Schule des Fräulein Marie Landmann einschloss, bekannt; Witte spielte darin jedoch mehrfach eine Schlüsselrolle.

In jener Zeit galten folgende Bestimmungen:

  1. Die Allerhöchste Kabinetsordre vom 10. Juni 1834, betreffend die Aufsicht des Staates über Privatschulen und Privatpersonen, welche sich mit dem Unterrichte und der Erziehung der Jugend beschäftigen.
  2. Die Ministerial Instruktion vom 31. Dezember 1839 zur Ausführung der Allerh. Kabinetsordre vom 10. Juni 1834, betreffend die Beaufsichtigung der Privatschulen, Privat-Erziehungsanstalten und Privatlehrer, sowie der Hauslehrer, Erzieher und Erzieherinnen.

Es waren demgemäß nur Personen zur Erteilung von Privatunterricht in ihrer Wohnung, oder in Familien oder in Privatschulen berechtigt, wenn sie dazu befähigt waren und einen besonderen Erlaubnisschein von der betreffenden Königlichen Regierung oder deren Vertretern erhalten hatten. Einen solchen Erlaubnisschein bedurften auch alle Erzieherinnen.

Witte setzte sich hinsichtlich dieser Bestimmungen nun mit dem Ausbildung respektive dem Pflichtschulbesuch der Tochter des Major von Hippel auseinander. Dieser schickte seine Tochter nicht zum Unterricht an die öffentliche Stadtschule; sondern erteilte dieser selbst mit seiner Frau häuslichen Unterricht, allerdings wurden auch Nachhilfestunden durch den Gefreiten Hartmann gegeben. Und eben um den Erlaubnisschein von Letzerem ging es.

Major von Hippel legte das Schreiben in dem er um Stellungnahme gebeten wurde jedoch gegen ihn persönlich gerichtet aus. Einige Passagen aus seinem Antwortschreiben sind denn: „… da ich immer in Kreisen bewegt habe, in denen ungebildete Menschen nicht gelitten werden …„, „… meine Tochter mit Kindern ungebildeter Familien zusammen kommen zu lassen …“ oder auch „… Unmanierlichkeiten lernen könnte, über welche man hier Orte zwar hinweg sieht, die aber in den Kreisen, zu welchen ich und meine Familie mich rechne, leicht auffallen könnten …“.

Die Meinung welche Major von Hippel gegenüber seinen Mitmenschen hatte. war scheinbar nicht sehr hoch gewesen, er hatte zwar noch eingelegt mit den Worten „… Ich füge hierbei hinzu, daß ich keineswegs alle Kinder zu der oben bezeichneten Kategorie rechne, es gibt Gott sei Dank hier am Orte ja auch rühmliche Ausnahmen…“, doch das Negative, Beleidigende hatte überwogen.

Major von Hippel ließ sich zudem noch dazu hinreißen zu schreiben, dass der wohllöbliche Magistrat „… seine Aufmerksamkeit der seit dem 1. December d. Jrs. hier eröffneten sogenannten Mädchenschule zuwendenmöge, „welche bis jetzt noch keine Concession besitzt und in der den bestehenden Bestimmungen entgegen (Minst. Restrikt vom 31. December 1858) von jüdischen Lehrerinnen auch christliche Kinder unterrichtet werden.

Die in der Kurzbiographie der Marie Landmann erwähnte „kleine Privatschule“ an der sie Vorsteherin gewesen war, war ihre eigene gewesen.

Witte als Bürger- und höchster Polizeivorsteher konnte nach einer solchen schriftlich eingegangenen Denunziation nicht untätig bleiben, zumal er sich die Klärung des Schulbesuchs der Tochter des Major von Hippel zueigen gemacht hatte. Er übersandte an Marie Landmann ein Schreiben mit folgendem Passus:

Da nun Sie, wie zu unserer Kenntnis gekommen ist, dieser Tage eine Privatschule errichtet haben, resp. Privatunterricht an schulpflichtige Kinder in Ihrer Wohnung ertheilen, so werden Sie hierdurch aufgefordert, uns Ihre Befähigungszeugnisse resp. den vorbenannten Erlaubnisschein zur Einsicht vorzulegen, bis dahin aber sich jeder Ertheilung von Unterricht in Ihrer Wohnung oder in Familien zur Vermeidung der gesetzlichen Strafen zu enthalten.“

Marie Landmann antwortete darauf mit folgendem Wortlaut:

Da ich seit 9 Jahren in hiesiger Stadt Privatunterricht an schulpflichtige Kinder ertheile, so war ich der Meinung, daß die Königl. Polizeiverwaltung in Neutomischel von meiner Befähigung resp. Berechtigung dazu bereits unterrichtet ist.

Aus Ihrem verehrt. Schreiben v. 4. d. Mts. ersuche ich zu meiner Verwunderung, daß dies nicht der Fall ist und beeile mich daher, Ihnen meine Befähigung zum Unterrichten durch beigeschlossenes, von dem Königl. Provinzial-Schul-Collegium in Breslau ausgestelltes Prüfungs-Zeugniß darzuthun, welches, so viel mir bisher bekannt war, die Erlaubniß zur Ertheilung von Unterricht in sich schließt.

Sollte ich außerdem eines besonderen Erlaubnisscheines bedürfen, so ersuche ich Sie, mir denselben obgleich um 9 Jahre verspätet, gefälligst ausstellen zu wollen.“

Hier nun kürzen wir den Schriftwechsel in seiner Wiedergabe ab. Witte bestand auf die Vorlegung des Erlaubnisscheines und hielt das Lehrverbot, sowie die Strafandrohung bei Zuwiderhandlung, aufrecht.

Noch im Dezember 1877 schrieb Marie Landmann an die Königliche Regierung in Posen und beantragte einen Erlaubnisschein zur Berechtigung der Erteilung von Unterricht. Diese verwies sie jedoch an die zuständige Ortsschulbehörde, da dieser die Entscheidung zur Ausstellung eines solchen oblag. Somit war sie wieder bei Witte angelangt, hier in seiner Eigenschaft als Mitglied des Schulvorstandes.

Die frühere Bahnhofstrasse, auf der rechten Strassenseite (im Vordergrund) lag das Grundstück der Familie Landmann - Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski [463]

Die frühere Bahnhofstrasse, auf der rechten Strassenseite (im Vordergrund) lag das Grundstück der Familie Landmann – Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski

Witte schrieb an die weiteren Mitglieder des Schulvorstandes am 15. Januar 1878 wie folgt: “ Ich bin dafür der Antragstellerin folgenden Erlaubnißschein zu ertheilen: „Dem Fräulein Marie Landmann zu Neutomischel wird aufgrund der §§ 15 und 18 der Ministerial Instruktion vom 31. December 1839 die widerrufliche und nur für das laufende Jahr gültige Erlaubniß erteilt nur in ihrer Wohnung Kinder mehrerer Familien gemeinschaftlich unterrichten zu dürfen“ Die Herren W. Peikert – N. Maennel – ? Lutz – Dr. Foerster – G. Toeffling – H. Wolke (vorb. richtiger Transkription der geleisteten Unterschriften) schlossen sich an.

Ein weiteres Ereignis in dieser Angelegenheit war, dass die Eltern, welche ihre Kinder bei Marie Landmann in den Unterricht geschickt hatten mit Strafgeldern belegt worden waren, da diese unerlaubt dem Unterricht an der Stadtschule ferngeblieben waren. Witte hatte daraufhin verunsichert hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Erteilung der Unterrichtserlaubnis nochmals an die Königliche Regierung in Posen geschrieben; er wurde jedoch dahingehend belehrt, dass er – Witte – nur hätte das Königliche Landratsamt entsprechend über die Ausstellung der Lehrerlaubnis informieren müssen, um derartige Vorkommnisse zu vermeiden.

Witte wäre also von Anbeginn an aufgrund der von ihm inne gehabten Ämter dazu in der Lage gewesen, der Marie Landmann den Erlaubnisschein zur Berechtigung von Erteilung von Unterricht auszustellen; und ebenso hätte er bei ordnungsgemäßem Vorgehen die Verhängung von Schulstrafen an die Eltern, welche ihre Kinder bei Marie Landmann unterrichten hatten lassen, verhindern können.

Marie Landmann war aber nur eine kurze Zeit der Ruhe gegönnt.

Schon im März des Jahre 1878 wurde die Königliche Regierung in Posen wieder auf sie aufmerksam, bzw. auf sie aufmerksam gemacht.

Ein Schreiben mit nachfolgendem Text traf in Neutomischel ein:

Als die dortige Privatlehrerin Marie Landmann unter dem 7ten December v. J. die Genehmigung zur Ertheilung von Privatunterricht an die Kinder mehrerer Familien auf Grund § 18 der Instruktion vom 31. December 1839 nachsuchte, mußten wir annehmen, daß die Zahl der betheiligten Familien eine bestimmte und beschränkte sei und ein Vertragsverhältniß mit denselben vorliege.

Die Antragstellerin wurde daher unter dem 7ten Januar an die dortige Ortsschulbehörde verwiesen.

Nachdem wir aber in Erfahrung gebracht, daß der Zutritt zu der Schule auch anderen Familien freisteht und daß sogar in öffentlichen Blättern zur Benutzung derselben aufgefordert wird, können wir die Ertheilung des Erlaubnißscheines durch die Ortsschulbehörde nicht mehr für ausreichend halten.

Es charakterisiert sich die Schule jetzt vielmehr als eine eigentliche Privatschule und sind die in den §§ 1-4 der gedachten Verordnung vorgesehenen Bedingen zu erfüllen.

Der Magistrat wolle die g. Landmann hiervon in Kenntniß setzen und derselben zur Pflicht machen, daß sie binnen 4 Wochen die Erlaubniß zur Fortführung der Schule in der in § 4 vorgeschriebenen Weise nachsuche.

Das Gesuch ist sodann unter Beifügung der sämtlichen in § 2 und 3 vorgeschriebenen Atteste und des Einrichtungsplanes mittels gutachtlichen Berichts speciell auch über die Bedürfnißfrage binnen 5 Wochen durch das königlichen Landraths Amt daselbst an uns einzureichen.“

Hatte Marie Landmann zuviel gewollt ? Es herrschte in jenen Jahren noch die Auffassung, dass die Frau ihre Talente in der Familie und im Haus entfalten sollten; ein Mitspracherecht in der Gesellschaft war für Frauen fast absolut tabu gewesen. Oder war sie lediglich ein Opfer der Formulierung oder Auslegung der damaligen Bestimmungen gewesen ? Wie auch immer, ihr Versuch nicht als Privatschule eingestuft zu werden scheiterte. Doch sie meisterte alle Auflagen, die ihr gemacht wurden und erhielt unter dem 13. September 1878 die „Concession zur Leitung der Privat-Mädchenschule“. Eine letzte Auflage, die ihr gemacht wurde, war, dass sie noch die Prüfung zur Schulvorsteherin abzulegen hätte.

In einer Nachweisung vom September 1878 derjenigen Kinder, welche bei Fräulein Marie Landmann Unterricht empfangen haben finden sich:

Schülerliste 1878 - Privatschule Marie Landmann [464]

Schülerliste 1878 – Privatschule Marie Landmann

 

Die Mädchen traten mit 6 Jahren ihren Schulbesuch an und beendeten ihn mit 15 Jahren. Das Schulgeld für jede Klasse betrug 9 Mark.

Marie Landmann und ihr Herr Lehrer Hirsch unterrichteten:

 

1878

1879

1880

1881

Mädchen, deutsch, evgl., aus dem Ort

4

5

6

2

Mädchen, jüdisch, aus dem Ort

8

5

7

4

Über die Zeit vom Herbst 1878 zum Frühjahr 1881 ist nichts genaues bekannt. Die Schulvisitationen, welche durch Dr. Foerster vorgenommen worden waren, waren alle zufriedenstellend ausgefallen.

In der kurzen Biographie zu Frl. Marie Landmann heisst es: „… u. ging, nachdem sie ihre Prüfung als Schulvorsteherin abgelegt, 1882 nach Breslau“

In den Archivakten findet sich der Grund für die Aufgabe ihrer Schule in Neutomischel zum Ende des Jahres 1881 und dem Fortzug des Fräulein Maria Landmann von Neutomischel.

Zum Sommer des Jahres 1881 hatte sich in der Stadt ein “ Zusammentritt von Interessenten einer christlichen Töchterschule“ gegründet. Federführend waren der evangelische Pastor Schmidt und Witte als Schulvorstand, Bürgermeister und Polizeivorsteher. Letzterer unterzeichnete, dass den „schulpflichtigen Töchtern der besseren Stände durch die hier bestehende öffentliche Schule nicht ausreichend gesorgt ist, die hierorts bestehende Privattöchterschule des Fräulein Landmann aber einmal des hohen Schulgeldes, dann aber auch der nicht hinlänglichen Einrichtung wegen nicht geeignet ist, allen denen die Benutzung dieser Schule möglich zu machen, die ihren Töchtern einen besseren Unterricht ertheilen und eine bessere Erziehung geben lassen wollen.

In die neu gegründete Höhere Mädchenschule gingen im Jahr 1881 – 24 Mädchen bei einem zu zahlenden Schulgeld von nur 5 Mark per Jahr. Als Ausgleich zu den real höheren Unterhaltskosten war angedacht der Schule einen Zuschuss von 500 Mark für das Gehalt der 2 Lehrerinnen für die „Dauer des Bedürfnisses“ durch die Stadt zukommen zu lassen, dieses „etwa unter der Bedingung …, daß die Stadt durch eine entsprechende Anzahl ihrer gesetzlichen Vertreter in der Generalversammlung und im Schulausschusse mit Stimmrecht vertreten werde.“

Zu dem gab es in den Statuten für die „höhere Töchterschule zu Neutomischel“ den § 3; dessen Wortlaut war: „Die höhere Töchterschule ist eine christliche. Alle Mitglieder der Repräsentaten und des Vorstandes müssen einer christlichen Confession angehören. Die Lehrer sind evangelisch oder lutherisch, es kann jedoch eine Lehrkraft katholischen und eine Lehrkraft mosaischer Religion angestellt werden, die Vorsteherin muß evangelisch ein.“

Marie Landmann mit und auch ohne ihre Schule war damit in jeglicher Hinsicht, auch wenn sie ihr Gesicht wahren wollte, chancenlos. Nicht bekannt ist, ob seitens des Schulvorstandes ihr für das Jahr 1882 noch ein Erlaubnisschein zur Erteilung von Unterricht, ausgestellt worden war.

Neutomischel hatte ihr kein Glück gebracht. Ihr Fortgang zum Jahr 1882 ist damit nur zu erklärlich.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in den Bildbeschreibungen genannt: 1.) Akten des Staatsarchivs in Poznan – http://szukajwarchiwach.pl/ – Stadtakten Neutomischel 4385/0103 Privatschulen 2.) Brümmer Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten … – http://www.deutschestextarchiv.de/book/show/bruemmer_lexikon04_1913

Frohe Ostern – Święta Wielkanocne 2016

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski und Gudrun Tabbert)
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Frohe Ostern – Święta Wielkanocne 2016 [465]

Frohe Ostern – Święta Wielkanocne 2016

Das Drahtgeflechtwerk eröffnet / 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Neutomischler Drahtgeflechtwerk und Matratzen-Fabrik - Neuer Markt 52 / Bildausschnitt Privatbesitz Maennel Archiv [466]

Neutomischler Drahtgeflechtwerk und Matratzen-Fabrik – Neuer Markt 52 / Bildausschnitt Privatbesitz Maennel Archiv

Einen neuen Industriezweig hat hier Herr Kaufmann Alexander Maennel durch Aufstellung eines Webestuhls für Drahtgeflechte eingeführt.

Das Werk wird durch einen Petroleum Motor in Bewegung gesetzt und liefert ein tadelloses Geflecht, welches sich für hauswirthschaftliche Zwecke in steigendem Maße einführt und unentbehrlich macht.

Wünschen wir dem neuen Unternehmen besten Erfolg und weiteste Ausdehnung

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in den Bildbeschreibungen genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1900-06-19

Familie Hauch aus Albertoske – Grabstein auf dem Friedhof von Juliana

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Versunkener Grabstein auf dem ehemaligen evgl. Friedhof Juliana / Aufn. PM [467]

Versunkener Grabstein auf dem ehemaligen evgl. Friedhof Juliana / Aufn. PM

Recherchieren wir heute die Lebensdaten der einstigen Bewohner anhand von Kirchenbucheintragungen oder Standesamtsunterlagen, so waren die Menschen, deren Daten wir wieder zusammentragen, selbst oft des Lesens und Schreibens nicht kundig gewesen.

Persönliche Dokumente hatten nicht die Bedeutung wie in heutiger Zeit gehabt, hatte doch ein jeder Jeden gekannt und hatte doch der Pastor oder der Standesbeamte Dokumente, falls sie denn benötigt worden waren, ausstellen können.

Es scheint, dass Abweichungen von Tagen, ja sogar von Jahren bei den Lebensdaten keine große Bedeutung beigemessen worden waren.

Menschen lebten mit dem Geburtsdatum, welches ihre Eltern ihnen genannt hatten. Häufig waren ihnen weder Daten zu ihren Eltern bekannt, noch erinnerten sie sich an die ihrer Großeltern; hatten sie diese aufgrund der hohen Altersunterschiede oftmals weder kennengelernt, noch deren Namen jemals gehört; dieses noch weniger, wenn die Familien ihren Wohnort im Laufe der Jahre gewechselt hatten und Verbindungen, aus welchen Gründen auch immer, nicht aufrechterhalten worden waren.

Grabsteine wurden oft erst viele Jahre nach dem Tod der Bestatteten aufgestellt. Die darauf eingemeißelten Geburts- und Sterbedaten waren vermutlich aus der „Erinnerung“ an die noch bekannten mündlichen Überlieferungen angefertigt worden; waren dieses doch die Daten gewesen mit denen das Leben gelebt worden war.

* * *

Vorgenannte Gründe erschweren es gefundene Grabsteine den Hauländern der Region wieder zuzuordnen. So verhält es sich auch bei einem sehr monumentalem Grabstein auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof Juliana / Julianka. Die eingemeißelte Inschrift lautet:

Der Grabstein der Familienangehörigen Hauch / Aufn. Konrad Maciejaszek – “Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp.” [468]

Der Grabstein der Familienangehörigen Hauch / Aufn. Konrad Maciejaszek – “Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp.”

Hier ruhen in Gott

Wilhelm Hauch
* 15.11.1845 + 7.6.1928

Wanda Hauch
* 16.2.1861 + 20.4.1929

Juliana Hauch
* 17.11.1845 * xx.xx.1929

Emma Hauch
*2.4. 1896 *7.3.1933

Ruhet sanft

* * *

Wilhelm Hauch, getauft auf die Namen Johann Wilhelm Friedrich, war am 15. Oktober 1845 in Albertoske geboren worden. Seine Eltern waren der Eigentümer Johann Christoph Hauch (1816-1895) und dessen Ehefrau Johanna Louise geb. Rosenau (1825-?) gewesen. Er und seine Zwillingsschwester Rosina Dorothea, so der im Kirchenbuch Grätz seinerzeit vorgenommene Eintrag, wurden am 16. Oktober 1845 getauft. Als ihre Paten wurden der Eigentümer Wilhelm Rosenau, dessen Ehefrau Anna Dorothea geb. Hauch und die als Mädchen bezeichnete Rosina Dorothea Hauch genannt.

Wanda Hauch war die Ehefrau des Johann Wilhelm Friedrich Hauch gewesen. Beide hatten 1881 in Konkolewo die Ehe geschlossen. Ihr Tauf- bzw. Geburtsname war Emilie Wanda Gierke. Sie war am 06. Februar 1861 in Albertoske als Tochter des Johann Gottlieb Traugott Gierke (1837-1905), einem Eigentümer zu Albertoske, und dessen Ehefrau Anna Rosina Dorothea Steinke (1834-?) zur Welt gekommen. Am 17. Februar 1861 hatten bei der in der Kirche zu Konkolewo stattgefundenen Taufe, die Jungfern Henriette Steinke und Florentine Förster, die Frau Caroline Steinke geb. Wilhelm, alle waren in Konkolewo ansässig gewesen und letztlich der Junggeselle Gottfried Kroh aus Albertoske ihre Patenschaft übernommen.

 * * *

Wer aber waren

Juliana Hauch * 17.11.1845 * xx.xx.1929 und Emma Hauch *2.4. 1896 *7.3.1933

gewesen ?

Zu ihnen haben wir in den von uns durchgesehenen Kirchenbüchern der Gemeinden Grätz und Konkolewo keinen Eintrag gefunden. War der Familienname Hauch ihr Geburts- oder so wie bei Wanda Hauch, welche eine geborene Gierke gewesen war, lediglich deren Ehename gewesen? Und wenn letzteres zutreffend sein sollte, welchen Geburtsnamen hatten sie gehabt und wer waren ihre Ehepartner gewesen?

Sollte ein Leser unserer Seite weitere Einzelheiten wissen, würden wir uns freuen, wenn diese an uns übermittelt werden würden, sodass auch die Daten zu Juliana und Emma Hauch vervollständigt werden könnten.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Staatsarchiv Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) –  Personenstandsunterlagen der Stadt/Gemeinden Grätz und Konkolewo

Der ehemalige evangelische Friedhof von Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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FSzoldrski [469]“ … Desgleichen ertheile ich dem Städtchen einen Gottes-Acker, denen deutschen Leuten zum Begräbniss.“
Felix Szoldrski Dziedzic Miasta Nowego Tomisla / Felix Szoldrski, Erbherr der Stadt Neu Tomysl
geschrieben am 18 Februar 1788

„In allen Weltkulturen und durch die ganze Menschheitsgeschichte hinweg wurden
Friedhöfe, Gräber und ewigen Ruheorte mit außerordentlicher Pietät betrachtet und werden bis heute,
entsprechend ihrer jeweiligen Kultur-und Zivilisationszustands auf diese Weise behandelt.“
(Denkmalschutz für Friedhöfe. Die Anordnung des Episkopats – Kommission zur Kirchlichen Kunst 1987)

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Blick vom Neuen Markt in Richtung Friedhofgasse, der heutigen Komunalna - Postkartenausschnitt [470]

Blick vom Neuen Markt in Richtung Friedhofgasse, der heutigen Komunalna – Postkartenausschnitt

Wenig ist bekannt über die Anlage des ersten Gottesackers für die protestantischen Einwohner der im Jahr 1788 neu entstehenden Stadt.

Zum Jahr 1836 findet sich jedoch die Erwähnung der „Friedhofsgasse“. Sie führte zwischen den der Stadt zugehörigen Anwesen der Nummern 32 und 33 am Neuen Markt zum Begräbnisplatz.

Das Areal selbst schloss sich an die Hausgrundstücke Nummer 33 – 36 und deren im hinteren Teil der Anwesen befindlichen Stallungen an. Die Breite wurde mit 51,2m im Süden, also zum Neuen Markt hin gesehen und sich dann stadtauswärts nach Norden verbreiternd auf 53,10m und die Länge mit 94m, angegeben.

Im Jahr 1885 hat vermutlich eine erste Erweiterung der Fläche um das von Stadt angekaufte Mühlengrundstück des Christoph Rausch (1811-1899), welches ca. 32m breit und eine Tiefe von 53m besessen hatte, stattgefunden. Die Parzelle hatte sich auf den ältesten einsehbaren Katasterkarten direkt an das Friedhofsgelände angeschlossen. Als einzige Erwähnung bzw. Eintragung hierzu findet sich lediglich der Besitzwechsel im Hypothekenbuch dieses Jahres. Angenommen werden kann, dass sich später niemand mehr dieses Ereignisses erinnerte, denn im Sprachgebrauch wurde lediglich zwischen Altem und Neuem Friedhof unterschieden.

Bis mindestens 1909 war der „Alte“ Friedhof, als einziger Begräbnisplatz der protestantischen Stadtbewohner in Nutzung. Es ist nicht bekannt, ob in einigen Familiengräbern noch über dieses Jahr hinaus Beisetzungen stattgefunden haben.

Lageplan des Alten und Neuen Friedhofsareals - Zeichnung angefertigt anhand von Archivunterlagen [471]

Lageplan des Alten und Neuen Friedhofsareals – Zeichnung angefertigt anhand von Archivunterlagen

Der „Alte“ Friedhof war ursprünglich von einer Kirchhofsmauer umgeben. 1904 war zur Erweiterung des Begräbnisplatzes ein Stück Ackerland, welches sich im Anschluss an das Erstere, weiter nach Norden erstreckte, durch die Stadt angekauft worden. Anlässlich erster Überlegungen zur Gestaltung der Anlage wurde in Erwägung gezogen, das neue Areal mit einer Mauer zu umgeben, welche derselben Bauart wie die des alten Teils entsprechen sollte.

Aus einigen Archivunterlagen, welche die Friedhofserweiterung betreffen, geht nur ab und an eine Information zum Alten Friedhof hervor; schwerpunktmäßig behandeln die Unterlagen jedoch die Erweiterung und die Anlage des „Neuen“ Friedhofes.

Vorrangig für das zugekaufte Erweiterungsareal waren die Auffüllungsarbeiten um das gleiche Höhenniveau des Geländes wie das des alten Bereiches zu erreichen. Das Stück Land war im Anschluss an den Alten Friedhof 53,10m breit und verjüngte sich auf seiner Länge von 103,70m dann auf 50,80m. Die Kalkulation des anzufahrenden Sandes war mit 400-500 cbm Sand veranschlagt worden. Im Februar 1905 erfolgte die Bekanntmachung, dass ein entsprechender Auftrag öffentlich zu vergeben sei, die Arbeiten des Auftrages selbst sollten im Mai 1905 beendigt sein.

Als Besonderheit kann hier betrachtet werden, dass angeordnet war, die Bekanntmachung durch 2maligen Ausruf zu „veröffentlichen“, jedoch den Herren C. Ed. Goldmann, Otto Maennel sen., Carl Goldmann, Paul Lutz, H. Wittkowsky, Georg Schultz, Fuhrmann Kempe und Fuhrmann Klie zur Kenntnis persönlich vorzulegen gewesen sei. Der Stadtwachtmeister Schubert bestätigte per 13. Februar 1905, dass er den erteilten Auftrag hierzu erledigt habe.

Letztlich erhielt der Kaufmann Paul Goldmann für das erste Los von 250 cbm und Otto Maennel späterhin für das zweite Los, sie hatten jeweils das Mindestangebot abgegeben, den jeweiligen Zuschlag der auszuführenden Arbeiten.

Aus einem, leider undatierten, Schreiben des evangelischen Gemeindekirchenrats der Pauli Kirche zu Posen ist zu entnehmen, dass dieser darauf aufmerksam machte, dass für die Anlegung neuer Begräbnisplätze jener Zeit die Genehmigung des Regierungs-Präsidium erforderlich, eine Kirchhof- bzw. Begräbnis Ordnung vorhanden sein müsste und in jedem Falle der zuständige Medizinalbeamte (Kreisphysikus) zur Prüfung der örtlichen Verhältnisse hinzuzuziehen gewesen sei.Nicht erkennbar ist, ob man seitens der Stadtregierung Neutomischels von diesen Vorschriften Kenntnis gehabt hatte oder nicht.

Im April 1906, also circa 1 Jahr nach dem Abschluss der Auffüllungsarbeiten des Erweiterungsgeländes, wurde der Magistrat der Stadt bzgl. der zu erfüllenden Auflagen, von welchen er in Kenntnis gesetzt worden war, tätig und ließ sich ein Musterexemplar einer Kirchhofsordnung übersenden.

Blick auf den ehem. Friedhof - Bild Maennel Archiv [472]

Blick auf den ehem. Friedhof – Bild Maennel Archiv

Es verging wiederum fast ein Jahr ehe weitere Veranlassung getroffen wurden. Mit dem Stadtverordneten Beschluss vom 15. März 1907 wurde dem Herrn Apothekenbesitzer Dr. Vité unter Mitarbeit des Herrn Kreisrendanten Weber der Auftrag erteilt eine Kirchhofsordnung und einen Gebührentarif für die Stadt Neutomischel anzufertigen. Im Mai 1907 wurden diese in der vorgelegten Form genehmigt. In der gleichen Sitzung wurde der Bau „einer Umwährung und zwar an der Westseite Mauerwerk, an der Nord- und Ostseite Staketenzaun, sowie den Bau einer Leichenhalle, die Erbauung der letzteren soll erst bei dem Vorhandensein verfügbarer Geldmittel erfolgen …“ beschlossen.

Im Mai 1907 setzte man sich mit dem Königlichen Kreisarzt Hochwohlgeboren Dr. Buddee in Verbindung und erbat das notwendige ärztliche Gutachten, welches zur Eröffnung des neu angelegten Kirchhofes notwendig gewesen war. Letztlich wandte man sich im Jul 1907 zwecks Erlaubnis der Eröffnung des neuen Areals an den Herrn Regierungs-Präsidenten in Posen; diese wurde noch im Juli 1907 unter der Bedingung, dass die Bedingungen des kreisärztlichen Gutachtens erfüllt werden würden, erteilt.

Aber gerade diese Bedingungen des Gutachtens waren gewichtig. Hieß es darin doch: “ … Das besichtigte Ackerstück ist nach Größe, Lage und Bodenbeschaffenheit zur Vergrößerung des Alten Kirchhofes geeignet unter der Voraussetzung, dass die Oberfläche an den höheren Teilen um 0,50, an den tieferen um 0,70m erhöht wird und hohe, breite Grabhügel in der zu erlassenden Kirchhofsordnung vorgeschrieben werden….“

Der vollständige Text des Gutachtens und der der Friedhofsordnung ist am Ende dieses Beitrages wiedergegeben.

Im September 1907 fasste die Stadtverordneten Sitzung ihren Beschluss: „Zunächst soll die Aufhöhung … erfolgen und zwar dadurch, dass der hintere Teil des Platzes (ca. 1/3) bis auf 1 Meter tief ausgehoben und mit der gewonnenen Erde der vordere Teile (ca. 2/3) bedeckt wird. Zum Transport der Erde sollen Kippwagen mit den zugehörigen Feldeisenbahngleis leihweise beschafft werden …“. Nach den seinerzeit erstellten Berechnungen wurden 230 cbm Erde durch die Arbeiter Kernchen und Helm bewegt.

Am 10. Januar 1909 wurde „gelegentlich“ der Beerdigung des Altsitzers Wilhelm Lehmann – Glinau (Johann Wilhelm Heinrich Lehmann, geboren 06.10.1847 in Glinau, verstorben am 07.01.1909 in Glinau, Sohn des Wilhelm Lehmann und dessen Ehefrau Juliana geb. Kurtz, verehelicht gewesen mit Mathilde geb. Pflaum), nach Mitteilung des Ortsgeistlichen, Herrn Superintendenten Böttcher, die Einweihung des neuen Kirchhofteiles vorgenommen.

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Wir begannen unseren Beitrag mit den Worten:

„In allen Weltkulturen und durch die ganze Menschheitsgeschichte hinweg wurden Friedhöfe, Gräber und ewigen Ruheorte mit außerordentlicher Pietät betrachtet und werden bis heute, entsprechend ihrer jeweiligen Kultur-und Zivilisationszustands auf diese Weise behandelt.“
(Denkmalschutz für Friedhöfen. Die Anordnung des Episkopats – Kommission zur Kirchlichen Kunst 1987)

Für den ehemaligen evangelischen Friedhof in Neutomischel kam diese Aussage leider zu spät.

Auf einem Teil des Areals des Alten Friedhof befindet sich ein Supermarkt mit zahlreichen Kundenparkplätzen auf einem anderen stehen Garagen. An der Front der heutigen Komunalna, ehemals Friedhofsgasse, wurden ebenfalls zahlreiche Parkplätze auf dem ehemaligen Alten und Neuen Friedhofsgelände eingerichtet. Gräber sind kaum noch erkennbar; zu finden ist einzig ein alter Baumbestand, von dem man sich wünscht, das er gepflegt und noch viele Jahre erhalten werden wird – der Weg zu einem Ort der Ruhe und Besinnung – er wäre erst noch zu beschreiten.

Ein Gedenkstein erinnert, dass es einmal einen evangelischen Friedhof in der Stadt Nowy Tomyśl gegeben hat und daran wo dieser sich einst befand.

Der Gedenkstein erinnert an den ehemaligen evgl. Friedhof, im Hintergrund das Gebäude des Supermarktes - Bild PM [473]

Der Gedenkstein erinnert an den ehemaligen evgl. Friedhof, im Hintergrund das Gebäude des Supermarktes – Bild PM

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Gutachten

Auf Ersuchen des hiesigen Magistrates habe ich heute die zur Vergrößerung des hiesigen evangelischen Kirchhofes angekaufte Ackerparzelle besichtigt, mit folgendem Ergebnis:

I. Lage Das Ackerstück bildet die Forsetzung des alten Kirchhofes nach Norden zu und ist im Norden und Westen von Feldern, im Osten von einer zur Gasanstalt führenden Straße begrenzt. Vom alten Kirchhof ist der Platz durch eine Mauer getrennt. Die nächsten bewohnten Häuser befinden sich östlich, wo jenseits der Straße die Gasanstalt, mit der Wohnung des Gasmeisters, weiter nördlich jenseits der Nordostecke des Platzes ein im Rohbau fertiger Arbeiterwohnhauses stehen.

II. Oberflächenverhältnisse – Der Platz ist im allgemeinen eben, an einzelnen Stellen befinden sich kleine durch Auffüllungsarbeiten entstandene sandige Erhöhungen; sonst ist eine gleichmäßige geringe Sendung von Osten nach Westen zur erkennen.

III. Bodenbeschaffenheit – An der höchsten und tiefsten Stelle des Platzes war ja eine große bis zum Grundwasser reichende Grube ausgeworfen gewesen, an welchen von der Oberfläche an folgende Erdschichten zu erkennen waren:

Im Vordergrund das ehem. Grab des Heimatforschers Goldmann - Bild Privatbesitz [474]

Im Vordergrund das ehem. Grab des Heimatforschers Goldmann – Bild Privatbesitz

A. Höhere Lage
0,30m aufgefüllter Sand
0,30m leichter Ackerboden
0,50m schwarze Erde
0,50m eisenschüssiger Sand
0,30m grauer grober Sand
Grundwasser in 1,90m

B. Tiefere Lage
0,30m aufgefüllter Sand
0,30m schwarze Erde
0,50m eisenschüssiger Sand
0,60m grauer grobkörniger Sand
Grundwasser in 1,70m

Nach den Erfahrungen auf dem Alten Kirchhofe ist die Verwesungsdauer mit 25-30 Jahren reichlich bemessen, vorausgesetzt, dass die Leichen nicht in die Grundwasserschicht kommen

IV. Wasser – Das Grundwasser steht zur Zeit in etwa 1,80m Tiefe, bei hohen Grundwasserstand durchschnittlich in 1,50m Tiefe. Die Richtung des Grundwasserstromes geht von Nordosten nach Südosten. Parallel der Westseite des Platzes nur 3 m von dieser entfernt läuft ein Entwässerungsgraben, der etwa 1 m tief, zur Zeit trocken ist, und ein Gefälle von Norden nach Süden hat. Dieser Graben liegt an der Grenze vom Alten und Neuen Kirchhofe nach Westen und mündet nach 45m in den von Norden Süden führenden Landgraben. Das Wasser dieses Grabens wird nicht benutzt.

Auf dem Hofe der Gasanstalt ist zwar ein Brunnen, dieser dient aber nur technischen Zwecken, das Trinkwasser wird vom Markt geholt. Auf dem anderen östlich gelegenen Gehöfte ist ein Brunnen nicht vorhanden, ebenso sind in westlicher und südlicher Richtung Brunnen im Umkreise von 100m nicht vorhanden.

V. Grundplan – der Platz stellt ein langes Rechteck dar. Dessen Länge von Norden nach Süden gehende Seiten 98m, dessen kurze Seiten 46m lang sind.

VI. Die durchschnittliche Leichenzahl – betrug nach einem 10 jährigen Durchschnitt 16,7 Erwachsene und 12,3 Kinder unter 10 Jahren

VII. Größe des Kirchhofes – Rechnet man für das Grab eines Erwachsenen einschließlich der Gänge pp. 4 qm, für das eines Kindes 2 qm, so stellt sich der jährliche Raumbedarf auf 16,7 x 4 + 12,3 x 2 = 66,8 + 24,6 = 91,4 qm. Die Fläche des neuen Kirchhofes beträgt 4.508 Quadratmeter, würde mithin bei annähernd gleich bleibender Leichenzahl allein d. h. ohne erneute Belegung des alten Kirchhofes, auf etwa 50 Jahre ausreichen.

Schluß – Das besichtigte Ackerstück ist nach Größe, Lage und Bodenbeschaffenheit zur Vergrößerung des Alten Kirchhofes geeignet unter der Voraussetzung, dass die Oberfläche an den höheren Teilen um 0,50, an den tieferen um 0,70m erhöht wird und hohe, breite Grabhügel in der zu erlassenden Kirchhofsordnung vorgeschrieben werden.

Der Kreisarzt G. Buddee

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Alter Baum auf dem ehemaligen Friedhofsareal - Bild EA [475]

Alter Baum auf dem ehemaligen Friedhofsareal – Bild EA

Kirchhofs-Ordnung für den Kirchhof der Stadtgemeinde Neutomischel in der Feldmark Stadt Neutomischel

I. Allgemeiner Teil

§1 Der an der Friedhofstraße gegenüber der städtischen Gasanstalt anschließend an den alten Begräbnisplatz liegende Kirchhof ist Eigentum der Stadtgemeinde Neutomischel, der teils mit einer massiven Mauer, teils mit einem Staketenzaun einzufrieden ist.

§2 Die Aufsicht über den Kirchhof führt der Magistrat der Stadt Neutomischel und in dessen Auftrage der Todtengräber
Der Magistrat sorgt für die Beobachtung der in dieser Kirchhofsordnung festgesetzten Bestimmungen, beaufsichtigt die Dienstführung des Totengräbers und sorgt für ein würdiges Aussehen des Kirchhofs.
Die noch nicht belegten Flächen außerhalb der vorgesehenen Wege werden ausschließlich zur Grasnutzung verwendet, welche dem Totengräber oder einer anderen Person nach dem Ermessen des Magistrats überlassen werden kann.

§3 Der Totengräber wird seitens des Magistrats angenommen. Die Besucher des Kirchhofs haben seinen Anordnungen Folge zu leisten. Für die etwas von ihm angenommenen Arbeiter und Arbeiterinnen trägt der Totengräber dem Magistrat gegenüber die volle Verantwortung.

§4 Die Benutzung des Kirchhofs steht jedem Mitgliede der Stadtgemeinde nach Maßgabe dieser Kirchhofsordnung gegen Zahlung der im angehängten Tarif festgesetzten Gebühren zu. Auch die Leichen der Nichtmitglieder der Stadtgemeinde können mit Erlaubniß des Magistrats gegen Zahlung der tarifmäßigen Gebühren auf dem Kirchhof beerdigt werden. Das Eigentumsrecht an sämtlichen Grabstellen verbleibt aber der Stadtgemeinde Neutomischel

§5 Der ganze Kirchhof ist außer den an der Kirchhofsgrenze angelegten Erbbegräbnissen in einzelne Gräberviertel eingeteilt von welchen einzelne für Erwachsene (große Gräber), einzelne für 8-14 jährige Kinder (Mittelgräber), einzelne für Kinder unter 8 Jahren (kleine Gräber) bestimmt sind.
Für die Anlage und Benutzung der Gräber gelten folgende Bestimmungen:

1. Die Tiefe der Gräber darf bei Kindern nicht unter 1,00 Meter, bei Personen von 5-14 Jahren nicht unter 1,50 Meter und bei Gräber Erwachsener nicht unter 2,00 Metern, jedoch in keinem Falle mehr als 2,10 Meter, betragen.
Sämtliche Gräber müssen eine Länge bei großen Gräbern 2m, bei einer von Breite 1m, Mittelgräber 1,50 bzw. 0,75m, kleine Gräber 1m bzw. 0,5m haben.
2. Zwischen je zwei Einzelgräbern ist eine Erdschicht von 0,3m Dicke zu lassen.
3. In jedem Grabe darf in der Regel nur eine Leiche beerdigt werden. Ausnahmen können getroffen werden für die Beisetzung einer Wöchnerin mit ihrem Kinde, und für die zweier gleichzeitig zu beerdigenden Geschwister nicht über 8 Jahren.
Auch in einer Gruft dürfen nicht mehr Leichen beigesetzt werden, als die Zahl der in derselben enthaltenen Grabstellen beträgt, ausgenommen in den beiden vorher bezeichneten Fällen.
4. Schachtgrüfte, d. h. schachtartig angelegte Gräber in der welchen mehrere Särge übereinander zu stehen kommen sind unzulässig. Auch in Grüften und Grabgewölben dürfen Särge niemals aufeinander gestellt werden.
5. Für die Grabhügel werden folgende Maße festgesetzt:

a. bei großen Gräbern: 2,00m lang, 0,90m breit, 0,50m hoch
b. bei Mittelgräbern: 1,50m lange, 0,60m breit, 0,40m hoch
c. bei kleinen Gräbern: 1,00m lange, 0,45m breit, 0,30m hoch
Demnach sind die Zwischenräume zwischen den Grabhügeln der großen Gräber 0,60m, der Mittelgräber 0,50m, der kleinen Gräber 0,50m breit

6. Die Gräber sind sofort nach erfolgter Beerdigungsfeier sorgfältig zuzuschütten und hügelförmig aufzuwerfen, vorher aber unter allen Umständen die ausgeworfenen Erstellen gehörig aufzulockern.

Ehem. Grab der Familie Maennel - Bild Maennel Archiv [476]

Ehem. Grab der Familie Maennel – Bild Maennel Archiv

§6 In das Einzelgrab wird durch eine mit einer arabischen Ziffer versehene Tafel bezeichnet. Über sämtliche Gräber hat der Totengräber ein Grabregister zu führen. Dasselbe enthält ein fortlaufendes Verzeichniß sämtlicher belegten Gräber, in welcher die genaue Bezeichnung der Gräber nach Viertel und Ziffer, sowie Name, Alter, Todes- und Begräbnistag des Verstorbenen, und falls der Tod an einer ansteckenden Krankheit erfolgte, die Todesursache, einzutragen sind. Ein Duplikat des Grabregisters, welches halbjährlich zu ergänzen ist, befindet sich im Magistratsbureau

§7 Als Frist für die Wiederbelegung der Gräber wird bis auf Weiteres für Erwachsene ein Zeitraum von 30 Jahren, für Kinder unter 15 Jahren ein solches von 20 Jahren festgesetzt.
Auf die in den Grüften vorhandenen Grabstellen dürfen nicht vor Ablauf der allgemeinen Begräbnisturnus von Neuem benutzt werden.
Der Grabinhalt von früheren Bestattungen, z. B. Gebeine und Sargteile, ist bei einer Wiederbelegung der alten Grabstelle sorgfältig wieder auf den Boden des Grabes unter dem Sarge, unterzubringen.

§8 Das Wiederöffnen eines Grabes, abgesehen von den Fällen gerichtlicher Anordnung, sowie die Überführung einer schon beerdigten Leiche nach einem anderen Kirchhofe oder einer anderen Stelle dieses Kirchhofes darf nur nach erfolgter schriftlicher Genehmigung des Magistrats und des zuständigen Kreisarztes und nur des Nachts geschehen.
Auch der Eintritt in Grüfte und Grabgewölbe ist nur zulässig, nachdem festgestellt worden, daß eine Anhäufung von schädlichen Gasen nicht mehr besteht.

§9 Der Kirchhof ist im Sommer von Morgens 6 bis Abends 9 Uhr, im Winter von Morgens 8 bis Abends 5 Uhr geöffnet.
Jede Beschädigung oder Verunreinigung der Gräber, Denkmäler oder Anlagen, das Abpflücken von Blumen und Zweigen usw. sowie das Betreten der Grabhügel ist verboten und wird nach §168 und 304 des Reichsstrafgesetzbuches mit Geld oder Gefängnis bestraft.
Das Mitbringen von Hunden auf den Kirchhof, ebenso wie das Raufen auf demselben ist ausdrücklich verboten.
Kinder unter 10 Jahren dürfen nur den Kirchhof besuchen wenn sie in Begleitung ihrer Angehörigen sind. Bei Beerdigungsfeierlichkeiten dürfen Kinder unter 14 Jahren den Kirchhof nur dann betreten, wenn sie in Begleitung ihrer Angehörigen sind. Ausgeschlossen hiervon sind die Kinder der Leidtragenden.

II. Besonderer Teil

§10 Der Kirchhof wird eingeteilt in Erbbegräbnisse und Grabstellen.
Erbbegräbnisse sind nur längs der Kirchhofsgrenze zulässig und werden unter ausdrücklichen Hinweis darauf, daß das Eigentumsrecht an sämtlichen Grabstellen der Stadtgemeinde Neutomischel verbleibt, unter folgenden Bedingungen vergeben:

a. der Erwerber ist verpflichtet die Seiten der Grabstelle, falls nicht innerhalb 6 Monaten ein Oberbau über derselben errichtet ist, in der angegebenen Zeit mit einem eisernen Gitter zu umwähren, widrigenfalls der Magistrat dies in einer ihm gut scheinenden Weise auf Kosten des Erwerbers bewirken kann.
b. der Erwerber zahlt im Voraus die im Tarif festgesetzte Entschädigung an die Kämmereikasse gegen eine vom Rendanten derselben unterzeichnete Quittung
c. der Erwerber erlangt nur für isch, seine Familienmitglieder in auf- und absteigender Linie, Ehegatten, Schwieger- und Stiefkinder das Recht, auf der Erbbegräbnisstelle beerdigt zu werden. Andere Personen darf er nur ausnahmsweise nach vorheriger Erlaubnis des Magistrats und Zahlung der festgesetzten Aufschlaggebühr dort begraben lassen.
d. das Recht auf ein Erbbegräbnis erlischt, und letzteres fällt mit den darauf befindlichen Mauern, Gittern und Denkmälern an die Stadtgemeinde zurück

1. wenn 30 Jahre seit der Beerdigung des zuletzt verstorbenen Beerdigten vergangen sind, falls nicht eine Neuzahlung stattgefunden hat.
2. Melden sich binnen 6 Monaten keine berechtigten Nachkommen, oder verweigern dieselben die Zahlung der vorerwähnten Entschädigungssumme, so darf der Magistrat anderweil über das Erbbegräbnis verfügen.
3. die privaten Rechte zur Benutzung von Erbbegräbnissen sind in ihrer Ausübung von der Einhaltung sämtlicher allgemeiner Vorschriften dieser Kirchhofsordnung abhängig.

§ 11 die sämtlichen Gräber außer den Erbbegräbnissen werden in den einzelnen Abteilungen in Reihen eins nach dem andern gegraben mit der im §12. bestimmten Ausnahme. Jedes Gemeindemitglied hat das Recht, gegen Zahlung der tarifmäßigen Gebühren für seine verstorbenen Angehörigen Grabstellen zu wählen.

Das alte Gelände heute - Bild PM [477]

Das alte Gelände heute – Bild PM

§12 Es ist gestattet, sich auf den für die Grabstellen bestimmten Gräber-Vierteln Grabstellen in beliebiger Zahl gegen die festgesetzten Gebühren reservieren zu lassen, jedoch muß der ganze reservierte Raum sofort ganz bezahlt und bei Vermeidung des Rückfalls an die Stadtgemeinde durch Anpflanzungen von Blumen usw. ein würdiges Aussehen gegeben werden.

§13 Es ist wünschenswert, daß die Hinterbliebenen der Verstorbenen die Grabstellen mit Anpflanzungen versehen. Für diese Anpflanzungen gelten folgende Bestimmungen:

a. das Pflanzen von Blumen und anderen Sträuchern auf die Gräber ist ohne besondere Erlaubnis gestattet.
b. dagegen dürfen Bäume nur in einer Entfernung von 15cm von dem Grabe nach vorher eingeholter Genehmigung des Magistrats gepflanzt werden
c. eine gleiche Erlaubnis bedarf es, wenn Blumen oder Sträucher neben die Gräber gepflanzt werden sollen
d. Bäume deren Wurzeln sich weit ausbreiten, besonders Akazien, Kastanien, Weiden, Birken sowie Obstbäume und Pappeln dürfen nicht gepflanzt werden

§14 die Umwährung der Gräber kann geschehen durch eiserne Gitter, eventl. auf massiver Plinte und durch bedecken des Grabes mit einer aus Stein, Cement usw. bestehenden Platte.
Die Lage und Fluchtlinie der Gitter dieser Gitter bestimmt der Magistrat. Wer eigenmächtig und nicht ordnungsgemäß die Fluchtlinie der Gitter liegt, hat zu gewärtigen, dass diese auf seine Kosten seitens des Magistrats entweder entfernt oder anders gelegt werden.

§15 Ausgemauerte Grüfte, Grabgewölbe, Mausoleen und dergleichen sind nur in Erbbegräbnissen statthaft. Dieselben bedürfen in jedem Einzelfalle einer besonderen Genehmigung des Magistrats, vor deren Erteilung eine genaue Beschreibung der Konstruktion jedes Mal vorzulegen und von dem zuständigen Medizinalbeamten zu prüfen ist. Außerdem ist zur jedemaligen Anlegung einer Gruft ortspolizeiliche Erlaubnis einzuholen.

§16 Denkmäler und Umwährungen, welche einzustürzen drohen, werden auf Anordnung des Magistrat entfernt, wenn sie nicht auf ergangene Aufforderung desseben von dem Inhaber der Stelle in würdigeren und sicheren Zustand gebracht sind.
Ebenso werden Grabhügel, die sich in einem unwürdigen Zustande befinden und mindestens 30 Jahre seit der Beerdigung des Verstorbenen vergangen sind, entfernt und eventl. deren Plätze wieder belegt.

§17 Unter Beobachtung der ergangenen oder später ergehenden sanitätspolizeilichen Bestimmungen können Leichen in gehörig verschlossenen Särgen bis zur Stunde der Beerdigung in der auf dem Kirchhofe befindlichen Leichenhalle niedergesetzt werden.
Vor der Benutzung der Leichenhalle muß die Genehmigung des Magistrats nachgesucht werden, welche gegen Zahlung der im Tarif festgesetzten Gebühren erteilt wird. In eiligen Fällen kann der Totengräber ohne diese Genehmigung Leichen in die Halle aufnehmen, er hat dann aber spätestens am folgenden Vormittag von der erfolgten Aufnahme dem Magistrat Anzeigen zu erstatten.

§18 Das Zurechtmachen der Gräber am Sonntage ist nicht gestattet; die Pflege derselben durch Begießen ist hiervon nicht betroffen.

§19 Aus den auf dem Kirchhofe befindlichen Brunnen darf jeder zur Pflege der Gräber und Anpflanzungen Wasser entnehmen. Für andere Zwecke ist die Entnahme von Wasser verboten.

§20 Laien dürfen nach den gesetzlichen Bestimmungen bei öffentlichen Beerdigungen auf dem Kirchhofe keine Rede halten. Der Totengräber hat unbedingt jeden Versuch dazu, der trotzdem etwa gemacht werden sollte, zu verhindern eventl. unverzüglich die Bestimmung des Magistrats einzuholen.

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Gebührentarif

§1 Für das Niedersetzen einer Leiche in der Leichenhalle:

a. Erwachsene (über 14 Jahre) – 10,00 Mark
Dieser Betrag kann bei der ärmeren Bevölkerung nach dem Ermessen des Magistrats bis auf 3 Mark ermäßigt werden
b. Personen bis zu 14 Jahren – 6,00 Mark
dieser Betrag kann bei der ärmeren Bevölkerung nach dem Ermessen des Magistrats bis auf 2 Mark ermäßigt werden
Die Benutzung der Leichenhallte wird bei notorischer Armut unentgeltlich gewährt.

§2 Für die Erbbegräbnisse und Grabstellen

I. Erbbegräbnisse

1. für einen Quadratfuss – 0,50 Mark
Außerdem wird für Erbbegräbnisse die an der Mauer errichtet werden ein Aufschlag von 50% erhoben

II. Große Gräber (in der Reihe)
(Grabstellen für Personen über 14 Jahren) – Eine Grabstelle – 8,00 Mark

III. Mittelgräber
(Grabstellen für Kinder von 5-14 Jahren) – Eine Grabstelle 6,00 Mark

IV. Kleine Gräber
(Grabstellen für Kinder unter 5 Jahren) – Eine Grabstelle – 3,00 – 5,00 Mark

V. Grabstellen für Nicht-Gemeindeglieder
Für Grabstellen von Nicht Gemeindegliedern wird das Doppelt der Unter No. I – IV. angesetzten Gebühren erhoben.
Grabstellen können Gemeindegliedern bei notorischer Armut ermäßigt bzw. unentgeltlich gewährt werden. Bei Entrichtung der Geldbeträge an die Kämmereikasse sind dem betreffenden Personen Quittungen, worauf die Paragraphen dieser Ordnung abgedruckt sind auszuhändigen.
Der Platz für evtl. zu errichtende Gitter und Umwährung an den Gräbern zu II – V ist mit 0,50 Mark per Quadratfuß besonders zu vergüten

§3 Gebühren für den Totengräber

1. Für Herstellung

a. eines großen Grabes in der Zeit vom 15. November bis 15. März – 4,50 Mark
vom 15. März bis zum 15. November – 3,00 Mark
b. eines Mittelgrabes in der Zeit vom 15. November bis 15. März – 3,50 Mark
vom 15. März bis zum 15. November – 2,50 Mark
c. eines kleinen Grabes in der Zeit vom 15. November bis 15. März – 2,50 Mark
vom 15. März bis zum 15. November – 1,50 Mark

2. Ausgraben und Translozieren einer Leiche – 15,00 Mark

§4 Schlußbestimmungen

Für den Fall absoluter Schließung des Alten Kirchhofes durch höhere Gewalt werden Zahlungen für dort genommene Grabstellen bei dem Erwerb von Plätzen auf dem neuen Kirchhofe auf deren Preis nicht in Anrechnung gebracht.

Vorstehender Tarif tritt von dem Tage seiner Bestätigung an mit den darin für die Grabstellen an den Magistrat zu zahlenden Gebühren auch für den alten Kirchhof in Kraft mit der Maßgabe, daß vom 1. Oktober an gerechnet für den alten Kirchhof die 30 jährige ?zeit für die bereits belegten Stellen beginnt. Der erste Pachtzins demnach am 1. Oktober 1937 zu entrichten ist.

Vorstehende Kirchhofsordnung nebst Gebührentarif ist von uns unter Zustimmung der Stadtverordneten Versammlung festgesetzt worden

Neutomischel, den 17. Mai 1907

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Quellen: 1.) http://hauland.de/das-privileg-von-felix-szoldrski-18-februar-1788/, 2.) Personenstandsunterlagen der Stadt Neutomischel – Staatsarchivs in Poznan – http://szukajwarchiwach.pl/, 3.) Akten des Staatsarchivs in Poznan – http://szukajwarchiwach.pl/ – Stadtakten Neutomischel 4385/0110 Begräbnisplatz, 4.) Denkmalschutz für Friedhöfen. Die Anordnung des Episkopats – Kommission zur Kirchlichen Kunst 1987

Schöffengerichtssitzungen Mai – Juli 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
am in Bez kategorii,Hauland,Kreisblatt,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Nachstehend sind die Verhandlungspunkte und Urteile der Schöffengerichtssitzungen vom Mai bis Juli 1903 wiedergegeben.

Entnommen wurde die Berichterstattung dem Neutomischler Kreisblatt des Jahres 1903.

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Schöffengericht vom 13. Mai 1903Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Die unverehelichte Arbeiterin A. Michaelayczak aus Bukowiec, war angeklagt, den Vogt Weymann eben daher grob beleidigt zu haben. Die Angeklagte wurde freigesprochen.
  2. Der Schmiedegeselle Paul Redlich aus Belencin, früher in Zinskowo, war beschuldigt, dem Knecht Otto Walde aus Zinskowo im Februar 1903 einen Anzug aus dem Stalle weggenommen zu haben. Der Angeklagte wurde freigesprochen.
  3. Der Arbeiter Nitschke aus Glinau war angeklagt, sich trotz mehrmaliger Aufforderung des Kgl. Distriktsamts zu Neutomischel keine Wohnstätte verschafft zu haben. Auch in diesem Falle wurde auf Freisprechnung erkannt.
  4. Gegen den Handelsmann Pedusa war ein Strafbefehl in Höhe von 20 Mk. erlassen, weil er in Sontop Thee (also eine Arznei) verkauft hatte, zu welchem Handel er keine polizeiliche Erlaubniß besaß. Nach verhandelter Sache wurde er zu Mk. 3 Geldstrafe evtl. 1 Tag Haft verurteilt.

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Schöffengerichtssitzung vom 27. Mai 1903. Vorsitzender: Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski; Amtsanwalt: Herr Bürgermeister WitteVerhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Gegen den Arbeiter Bernhard aus Glinau. Derselbe hat am 22. Februar 1903 den Schützenhauswirt Schmidt aus Paprotsch körperlich gemißhandelt. Er erhielt eine Gefängnisstrafe von 1 Monat.
  2. Das Dienstmädchen Anna Winter aus Kunik, welches seine Stelle oftmals wechselte, ist des Diebstahls angeklagt, aber zum Termin nicht erschienen. Die Sache wurde vertagt.
  3. Der Gastwirt Otto Fenske aus Glashütte war angeklagt, in seinem Lokale am 22. Febr. d. J. Glücksspiel geduldet zu haben. Deshalb wurde er zu einer Geldstrafe von 3 Mk. verurteilt.
  4. Der Ausgedinger Stephan Kaczmarek aus Bolewitz war angeklagt, den Ortsschulzen am 24. März d. Jr. öffentlich beleidigt zu haben. Das Urteil lautete auf 15 M. Geldstrafe. Ferner wurde dem Beleidigten die Befugnis zur Veröffentlichung des Urteilstenor im Neutomischler Kreisbl. zugesprochen.
  5. Der Eigentümer Friedrich Sperling aus Wengielno hatte am 26. Febr. d. J. dem Eigentümerssohn Hartwig eine Körperverletzung zugefügt. Es wurde auf eine Geldstrafe von 10 Mk. erkannt.
  6. Der Ausgedinger Michael Pienta aus Bukowiec war angeklagt, die Ausgedingerin Katharina Drczemala ebenda öffentlich beleidigt und mit Begehung eines Verbrechens bedroht zu haben. Die Sache wurde behufs Vernehmung weiterer Zeugen vertagt.
  7. Die Privatklage Kaleske gegen Seifert wurde durch Vergleich erledigt.

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Schöffengerichtssitzung vom 10. Juni 1903. Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte. Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Der 16 jähr. angeklagte Spychalski von hier (Neutomischel) hatte das Dienstmädchen Schulz zum Diebstahl verleitet und die entwendeten Sachen an sich gebracht. Mit Rücksicht auf die Jugend des Angeklagten wurde auf einen Verweis erkannt. Der Straftantrag gegen das ungetreue Dienstmädchen war von dem Kläger zurückgenommen worden.
  2. Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit fand die Verhandlung gegen die angeklagten Schafer und Bartkowiak statt. Beide Angeklagte wurden freigesprochen.
  3. Das Dienstmädchen Franziska Flack, jetzt in Halle in Stellung und zum Termin nicht anwesend, wurde wegen Diebstahls zu einer Woche Gefängnis verurteilt.
  4. Die angeklagte Ratan aus Wonsowo und der mitangeklagte Stellmachermeister Donner ebendaher hatten sich wegen körperlicher Mißhandlung zu verantworten. Das Urteil lautete gegen Erstere auf 5 Mark Geldstrafe, gegen Letzteren auf 30 Mark Geldstrafe, da derselbe wegen desselben Vergehens schon vorbetraft war.
  5. und 6. wurden zusammen verhandelt, da sie ein und dieselbe Angelegenheit betrafen. Es waren nämlich Strafanträge gegen das 18jährige Dienstmädchen Bertha Schulz wegen Verlassens des Dienstes und Widerspenstigkeit gestellt. In Anbetracht der Jugend der Angeklagten erachtete der Gerichtshof eine Geldstrafe von 6 Mark als ausreichende Strafe.

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 24. Juni 1903. Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat von Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte. Als Schöffen fungierten die Herrn Gebauer aus Scherlanke und Saegner aus Sempolno. – Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Die Dienstmagd Anna Winter, früher in Kunik, jetzt in Breslau, war des Diebstahls in drei Fällen angeklagt. Sie wurde mit einer Woche Gefängnis und 2 Tagen Haft bestraft.
  2. Der Ausgedinger Pienta war nicht erschienen, weshalb seine Vorführung zur nächsten Verhandlung beschlossen wurde.
  3. Der Ausgedinger Michael Pienta aus Bukowiec wurde wegen Bedrohung mit Todschlags und wegen Beleidigung der Ausgedingerin Drczemala mit 3 Tagen Gefängnis und mit 10 Mk. Geldstrafe eventuell 2 Tagen Haft bestraft.
  4. Der Eigentümer Karl Kluge aus Altborui wurde, weil er die Grenze seines Flurnachbars Muster durch Abpflügen verringert hatte, zu 5 Mk. Strafe verurteilt.
  5. Der Dienstknecht Reinhold Stach hatte seinen Dienst bei dem Eigentümer Wilhelm Kurz in Paprotsch ohne Grund verlassen und war dieserhalb in eine Polizeistrafe von 6 Mk. genommen worden. Er hatte gerichtliche Entscheidung beantrag, zog aber heute seinen Einspruch zurück.
  6. In der Privatklagesache der Wwe. Nowak gegen die Mader’schen Eheleute aus Glinau wegen Beleidung und Mißhandlung der Kinder wurde die Klägerin kostenpflichtig abgewiesen

* * *

Die am 8. Juli 1903 hierselbst stattgefundene Schöffengerichtssitzung wurde unter dem Vorsitze des Herrn Amtsgerichtsrat von Grabski abgehalten. Als Amtsanwalt fungierte Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren: Eigentümer Heinrich aus Sontop und Eigentümer Steinke aus Bukowiec. – Es wurden folgende Sachen verhandelt:

  1. Der Häuslersohn Franz Prczybila aus Wonsowo wurde wegen Diebstahls mit einem Verweise bestraft.
  2. Der Ortsarme und Konzipient Wilhelm Kutzner aus Konkolewo wurde wegen Betruges mit 2 Monaten Gefängnis bestraft.
  3. Die Gebrüder: 1. der Zimmermann Gustav Kahl aus Scherlanke, 2. der Schuhmacherlehrling Carl Kahl aus Neutomischel wurden, weil sie den Fleischergesellen Otto Zink am 3. Mai körperlich mißhandelt hatten, ersterer mit 10 Mk. letzterer mit 5 Mk. bestraft.
  4. In der Privatklagesache des Eigentümers Seide II und Eigentümers Lange wurde der Angeklagte wegen Beleidigung mit 5 Mk. bestraft.
    (Zwei Sachen wurden vertagt.)

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Schöffengerichtssitzung vom 22. Juli 1903. Vorsitzender Herr Amtsrichter Dr. Brasak, Amtsanwalt Herr Distriktskommissar Roll, Schöffen waren die Herren Eigentümer Reschke aus Scherlanke und Eigentümer Sperling aus Neuborui. – Es wurden folgende Sachen verhandelt:

  1. Der Knecht Briese aus Cichagora wurde wegen körperlicher Mißhandlung, begangen am 3. Mai d. J. , an dem Knecht Stenschke, mit 10 Mark bestraft.
  2. Die zweite Verhandlung gegen den Eigentümer Siegesmund mußte vertagt werden.
  3. Die Witwe Pawlik aus Bolewitz wurde wegen Forstdiebstahls im 3. Rückfalle zu 2 Mark Geldstrafe und 1 Tag Haft, sowie zu dem Wertersatz des gestohlenen Holzes im Betrage von 20 Pfg. verurteilt.
  4. Die Arbeiterin Antonia Kasprowicz aus Bolewitz wurde, da sie am 3. März trockenes Kiefernholz aus dem Königl. Forste entwendet hatte, mit 2 Mk., 1 Tag Haft und 20 Pfg. Wertersatz bestraft.
  5. Die vorgenannte Angeklagte Antonia Kasprowicz hatte sich wegen eines zweiten Forstdiebstahls zu verantworten und erhielt hierfür die gleiche Strafe.
  6. Das Dienstmädchen Bertha Wald von hier (Neutomischel) wurde wegen Unterschlagung eines Portemonnaies mit Inhalt unter Zubilligung mildernder Umstände zu der niedrigsten Strafe von 5 Mk. verurteilt.
  7. Der Bäckermeister Wiatr aus Wonsowo war angeklagt, sein noch schulpflichtige Dienstmädchen nicht zur Schule geschickt zu haben. Nach verhandelter Sache wurde er freigesprochen.
  8. In der Privatklagesache des Arbeiter Piewiebzsal gegen den Monteur Raue wegen körperlicher Mißhandlung wurde das Verfahren auf Kosten des Angeklagten eingestellt und ein Vergleich der Parteien erzielt.
  9. Die Privatklagesache des Schmiedemeisters Reinhold Rex aus Zinskowo gegen den Eigentümer Redlich aus Sontop wegen Beleidigung durch eine Postkarte wurde dadurch erledigt, daß der Kläger seine Klage zurücknahm, während der Angeklagte die entstandenen Kosten zu tragen hat.
  10. Die Privatklagesache der Dienstmagd Engler aus Glinau gegen den Einwohner Raschke ebendaselbst wegen körperlicher Mißhandlung wurde unter Ausschluß der Oeffentlichkeit verhandelt, da sich aber die Vernehmung weiterer Zeugen notwendig machte, mußte die Verhandlung auf den nächsten Termin vertagt werden.
  11. Ebenso wurde die Privatklagesache der Eigentümerfrauen Knop und Kossol wegen gegenseiter Beleidigung vertagt. Es sollen in dieser Sache noch weitere Zeugen vorgeladen werden.

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1903 / Ausgaben Mai – Juli

Diebstahl und Mord in Boruy 1908 – Der Prozess 1909 / Teil 2

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die alte Chaussee von Neu Tomysl nach Boruy - Karte: Wojtek Szkudlarski [478]

Die alte Chaussee von Neu Tomysl nach Boruy – Karte: Wojtek Szkudlarski

Hier nun die Berichterstattung des vor dem Schwurgericht zu Meseritz geführten Prozesses:

1909-04-30 Meseritz (Schwurgericht)

Am Montag begann die Verhandlung gegen die Eigentümerfrau Minna Jaekel, geb. Rau, aus Neuborui, die beschuldigt war, der in einem einsamen Gehöfte wohnhaften unverehelichten Juliane Herkt am 17. November d. Js. 1908 etwa 40 Mark gestohlen zu haben.

Seit dem 24. Dez. 1908 befindet sich die Angeklagte in Untersuchungshaft, sie ist 31 Jahre alt, seit 8 Jahren verheiratet und Mutter eines 6 und eines 1 jährigen Kindes. Die sechsjährige Ella war als Zeugin anwesend. Die Angeklagte besitzt mit ihrem Manne eine 10 Morgen große Wirtschaft. Ihr Haus ist 350 m von dem der ermordeten Herkt entfernt. Die letztere wohnte in einem einzeln liegenden Gehöfte, sie wurde dort am 20. Dezember von dem Ausgedinger Bensch tot aufgefunden.

* * *

Der Verdacht der Täterschaft richtete sich aus verschiedenen Gründen alsbald auf die Jaekel.

Verstärkt wurde derselbe noch durch das Verhalten des Polizeihundes Prinz. Dieser hatte die Fährte von der Wohnung der Ermordeten aus bis in diejenige der Angeklagten aufgenommen. Bei der bloßen Aufnahme der Witterung in der Wohnung der H. war es dem Hunde nicht möglich, die Spur zu finden. Beim dritten Versuch hielt man ihm einen stark mit Petroleum getränkten und mit Brandgeruch behafteten Lappen vor. Dies war von Erfolg. Der Hund schlug erst verschiedene Wege durch den Kiefernwald ein, lief über Hopfendämme, quer über teilweise bestellten Acker und dann direkt nach dem Hause der Angeklagten.

An dem Hause angelangt, erwartete der Hund vor der verschlossenen Stubentür seinen Herrn. Als ihm geöffnet worden war, blieb er vor der Bank stehen, auf der die bereits beschlagnahmte Jacke gelegen hatte. Schließlich lief er an das Bett der Angeklagten, hier hatte die Spur ein Ende. Daß der Hund die im Zimmer anwesende Frau Jaekel nicht selbst stellt, erklärte der Beamte damit, daß sie andere Kleider anhatte und der Hund allein dem Brand- und Petroleumgeruch nachgegangen wäre, nicht etwa der persönlichen Witterung der Frau, die ihm gar nicht bekannt war. Daß der Hund die richtige Spur verfolgte, erkannte der Führer an der Gangart des Hundes.

Nach Verlesung des Anklagebeschlusses beantwortet die Jaekel die Frage des Vorsitzenden, ob sie den Diebstahl ausgeführt, mit ja, den Mord aber bestreitet sie auf das entschiedenste ab.

Die Ermordete, die der Volksmund „Jule“ nannte, ernährte sich, da sie oft arbeitsunfähig war, durch Betteln. Die Almosen, die die Herkt von den Einwohnern erhielt, scheinen ziemlich reich geflossen zu sein, denn sie hatte der Angeklagten anvertraut, daß sie 42 Mk. in der Nähe des Ofens versteckt habe. Da die Jaekel für Brot und Strümpfe 1,40 Mk. für die Herkt ausgelegt, diese aber trotz wiederholter Mahnungen nicht bekommen konnte, so hat sie sich nach ihren Aussagen am 17. Nov. 1908 in die Wohnung der H. geschlichen und ihr die 42 Mk., die in einem Lederbeutel sich befanden, gestohlen.

Ueber die Ausführung des Diebstahls macht die J. mehrfach wechselnde Angaben.

Katasterkarte/Ausschnitt 3762 Neu Borui - Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [479]

Katasterkarte/Ausschnitt 3762 Neu Borui – Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Die Angeklagte erzählte, sie habe der Jule, als diese wieder einmal zu ihr gekommen wäre, den Beutel mit 8 Mk. in die Tasche gesteckt. Die Verstorbene hat aber zu einem Zeugen geäußert, der Beutel sei eines Abends mit Scherben gefüllt in die Stube geflogen. Zur selben Zeit wurde auch ein zerschlagenes Fenster bemerkt, sodaß die Aussage der H. annehmbar erscheint. Die anderen 34 Mk. will die Jakel für Einkäufe verwendet haben. Unter anderem kaufte sie beim Kaufmann Rudolf Markus in Neutomischel eine Stola für 10 Mk. Von ihrem Ehemann hat die Angeklagte bei seinem Fortgange auf Außenarbeit 20 Mk. und später noch 40 Mk. erhalten. Aus dem Ertrag der kleinen Wirtschaft hat sie den übrigen Lebensunterhalt bestritten. Die Stola hätte sie nicht gekauft, wenn sie das gestohlene Geld nicht gehabt hätte, sagte sie selbst aus.

Ihrem Manne will sie die Geschichte des Diebstahls gleich nach seiner Ankunft erzählt haben. Es stellt sich jedoch bei seiner Vernehmung heraus, daß sie ihm nicht weiter erzählt hat, als daß sie des Diebstahls verdächtigt worden war, aus dem Termin sei aber nichts geworden. Er selbst hat nach ihrer Erzählung nicht den geringsten Verdacht gehegt, da er gar keine Ursache hatte, anzunehmen, daß seine Frau einen Diebstahl begehen könnte.

Auf die weiteren Vorkommnisse äußerte sich die J., daß sie der H., weil diese Ungeziefer an sich gehabt haben soll, verbot, ihre Wohnung zu betreten und ihr zur Vertreibung desselben etwas Petroleum in einer oben abgeschlagenen Flasche schenkte. Da die Frau ihrer Aufforderung, die Wohnung zu verlassen, nicht nachkam, habe sie, als beim Aufrühren des Feuers eine Kohle aus dem Herd fiel, diese auf das Kleid der Herkt geworden, ihr ferner einen brennenden Zigarrenstummel in die Tasche gesteckt und ihr den Rock mit Benzin begossen. Sie hätte damit erreichen wollen, daß H. nach Hause gehen und sich dort das Kleid versengen sollte. Ein andermal sagte sie, die H. hätte sich die Finger versengen sollen. Als am Sonntage darauf der Gendarm in die Wohnung kam und ihr erzählte, daß die Herkt tot aufgefunden worden sei, habe sie sich Gedanken gemacht, daß der Tod durch ihren Schabernack verursacht sein könnte. Am Tage nach der Zigarrenstummelaffäre ist die Jule jedoch noch von anderen Leuten sehen worden.

Einige wichtige Punkte seien noch aus der Zeugenvernehmung wiedergegeben.

Der Gendarm, der ihr die Nachricht vom Tode der H. machte, von dem Verdacht gegen sie aber nichts merken ließ, bekundet, daß sie ein völlig gleichgültiges Wesen an den Tag legte. Sie äußerte hierbei, die H. längere Zeit schon nicht mehr gesehen zu haben. Dem Gendarmeriewachtmeister Schütz und dem Stadtwachtmeister Schubert gegenüber hat sie die Befürchtung ausgesprochen, daß sie wohl hingerichtet werden würde. Als man ihr riet, die Wahrheit zu sagen, um dadurch den Kopf zu behalten, steckte sie heimlich eine Schachtel Streichhölzer zu sich. Dem Gendarmen entging dies jedoch nicht. Sie gab an, daß sie sich damit hätte das Leben nehmen wollen.

Zu einem Transporteur, der sie nach Meseritz brachte, äußerte sie: „So grob wollte ich es nicht machen, aber sie hat mich des Diebstahls beschuldigt. Legen Sie ein gutes Wort für mich ein. Wenn ich nur nicht geköpft werde“. Die letzten Worte bestreitet die J., doch bleibt der Transporteuer bei seiner Aussage. Sie hat auch ferner geäußert, die Kinder werden eine andere Mutter bekommen. Dieses will sie gesagt haben, weil sie sich mit Selbstmordgedanken trug.

Sehr belastend sind die Aussagen der Zeugin Preschel, mit der die Angeklagte während ihrer Untersuchungshaft im Gefängnis zusammen war. Die Preschel sagte aus, die Angeklagte habe sie gefragt, ob sie nicht wisse, wie die Sache stände. Dabei habe sie, die Zeugin, die Befürchtung ausgesprochen, daß wenn festgestellt würde, daß die H. erwürgt ist, die Sache schlecht für sie stände. Außerdem habe die Jaekel die Zeugin gebeten, ihr behilflich zu sein und als Zeugin auszusagen, daß der Knecht Przybyla die H. umgebracht habe. Für diese Aussage wollte sie ihr 300 Mk. Entschädigung geben. Die Aussagen der Preschel bezeichnet die Angeklagte als erfunden. Im Gegenteil, die P. habe sich ihr als Zeugin erboten, wenn sie ihr 900 Mk. Entschädigung geben würde. In diesem Falle wollte die Zeugin aussagen, daß zu der Zeit der Auffing der Leiche Zigeuner in der Neu Boruier Gegend gewesen sind, die den Mord begangen haben. Diese Beschuldigung weist die Zeugin entrüstet als Lüge zurück und gibt an, die Angeklagte hätte das Ansinnen an sie gerichtet, sie solle eine Anzeige machen, wonach Przybyla sie angefallen, gewürgt und um Herausgabe von Geld aufgefordert habe, dabei habe er gesagt, er würde es mit ihr ebenso machen wie mit der Jule.

Zu einer anderen Mitgefangenen hat die Jaekel geäußert, die Preschel habe ihr ihre Hilfe angeboten.

Hiergegen sagt die Gefangenenaufseherin Schulz aus, die Preschel habe ihr erzählt, daß die Jaekel das Ansinnen an sie gerichtet hätte, wegen des Przybyla einen Brief zu schreiben, und daß sie die Aeußerung getan hätte, sie habe die Jule gewürgt, was macht der Mensch nicht, wenn er in Wut ist. Da die Glaubhaftigkeit der Zeugin Preschel, die nach versuchten Ausweisen zugeben mußte, sechsmal vorbestraft zu sein, darunter fünfmal wegen Diebstahl, vom Verteidiger Justizrat Urbach sehr angezweifelt wurde, machte sich am Dienstag mittag die Vorladung neuer Zeugen nötig, die Verhandlung wurde deshalb nach Vernehmung der Sachverständigen vertagt.

Nach dem Leichenbefund, den Kreisarzt Dr. Buddee schilderte, ist der Tod der H. durch Verbrennung und gleichzeitig durch Erstickung eingetreten. Der Körper war zum großen Teil mit Brandflecken behaftet. Mit dem Gesicht nach unten liegend wurde sie aufgefunden, die rechte Gesichtshälfte war flachgedrückt, ob durch längeres Liegen oder durch äußere Gewalt war nicht festzustellen. Ueberaus auffallend war, daß sich im Gesicht Verletzungen vorfanden, in die schwarze Erdteile hineingedrückt waren.

Mittwoch wurde zunächst die letzte Zeugin Stark vernommen. Dieser hatte die J. die Petroleumgeschichte erzählt.

Darauf wurden 2 Schuldfragen festgestellt, eine wegen Diebstahls, eine wegen Mordes.

Staatsanwalt Dr. Siebert kam in seinen Ausführungen zu dem Schluß, daß die Angeklagte des Mordes schuldig sei. Ihr Verteidiger Justizrat Urbach gab der Ueberzeugung Ausdruck, es liege weder ein Mord vor, denn die Herkt könne ebenso gut einem Unfall erlegen sein, noch sei, falls wirklich ein Mord in Frage käme, der Beweis der Täterschaft schlüssig geführt. Er meine, daß der Indizienbeweis so viele Lücken enthalte, daß man nicht mit unbedingter Gewißheit sagen könne, seine Klientin sie die Mörderin.

Der Spruch der Geschworenen lautete auf schuldig des Diebstahls und nicht schuldig des Mordes. Diesem Wahrspruch gemäß lautete das Urteil auf drei Monate Gefängnis wegen einfachen Diebstahls.

Die Angeklagte wurde aus der Haft entlassen.

Landschaft bei Nowa Boruja - Bild EA [480]

Landschaft bei Nowa Boruja – Bild EA

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Den Beitrag: „Diebstahl und Mord in Boruy – 1908 / Teil 1 „ finden Sie unter:

http://hauland.de/diebstahl-und-mord-in-boruy-1908-teil-1/

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Quellen: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908/1909 Artikel-Auszüge

Diebstahl und Mord in Boruy – 1908 / Teil 1

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Landschaft bei Nowa Boruja - Bild EA [481]

Landschaft bei Nowa Boruja – Bild EA

Unmittelbar vor Weihnachten des Jahres 1908 wurde die Leiche der Julie Herke/Juliane Herkt in Neu Borui in ihrer Wohnung entdeckt.

Die Ermittlungen ergaben, dass die Aufgefundene ermordet worden war.

Das Verbrechen wurde in Zusammenhang mit einem 4 Wochen zuvor erfolgten Diebstahl gebracht. Schnell geriet die in der Nachbarschaft wohnende Minna/Ida Jaekel geborene Rau in Verdacht, die Verbrechen verübt zu haben. Im April 1909 wurde gegen Sie vor dem Schwurgericht in Meseritz der Prozess wegen Mord und Diebstahl eröffnet.

Der Polizeihund „Prinz“, dessen Gangart dem Hundeführer die richtige Spur aufzeigte, eine gekaufte Stola, ein ahnungsloser Ehemann, Ungeziefer, Petroleum, eine glühende auf das Kleid der später Ermordeten geworfene Kohle, ein brennender Zigarrenstummel welcher ihr in die Tasche gesteckt wurde, dieses als gedachter Schabernack, Gedanken der Angeklagten an Selbstmord und Aussagen von Mitgefangenen, spielten bei den Ermittlungen eine Rolle und führten schließlich zu einem Geständnis.

Letztlich hatten die Geschworenen das Urteil gegen die Angeklagte zu fällen.

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1908-12-22 Neuborui.

Am Sonntag mittag wurde die in einem Nebenhause des Eigentümers Baensch hierselbst wohnende, 50jährige Einwohnerin Julie Herke vollständig entblößt und teilweise verbrannt, auf den Dielen liegend, tot aufgefunden. Die Nachbarsleute, welche zuerst durch das Fenster die Tote bemerkten, meldeten den Vorfall dem Gendarmen Netzmann in Kirchplatz, welcher der Staatsanwaltschaft in Meseritz Anzeige erstattete. Der Toten ist erst vor ca. 4 Wochen ein Geldbetrag entwendet worden. Ob Mord oder Selbstmord vorliegt, dürfte erst die Untersuchung ergeben. Heute nachmittag wird die Obduktion der Leiche stattfinden.

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1908-12-24

Zu dem mysteriösen Tode der Einwohnerin Julie Herke ist noch zu melden, daß die Obduktion der Leiche, welche gestern in deren Wohnung stattfand, als sicher ergeben hat, daß nicht Selbstmord, sondern Mord und zwar durch gewaltsame Erstickung vorliegt. Der Verdacht der Täterschaft lenkt sich bald auf die Ehefrau Minna Jaekel von hier, welche mit der Ermordeten auf gespanntem Fuße lebte, weil sie von derselben des Diebstahls bezichtigt worden war.

Eine in der Wohnung der Jaekel gestern vorgenommene Haussuchung förderte eine nach Petroleum riechende Jacke, sowie ferner auf dem Hofe einen abgebrochenen Flaschenhals mit Patentverschluß zu Tage, dessen Bruchstelle genau zu der in der Stube der Ermordeten ohne Hals vorgefundenen Selterwasserflasche paßte, welche noch etwas Petroleum enthielt. Wie das Halsstück nach ihrem Hof gekommen sein kann, wußte die Jaekel nicht anzugeben. Wie die mit den teilweise absonderlichen Gewohnheiten der Ermordeten bekannten Personen sämtlich bekundeten, soll bei derselben niemals bei Lebzeiten Licht gebrannt haben.

Ferner wurden verschiedene neue Kleidungsstücke als eine weiße Pelzboa und eine rote Mädchen Mütze vorgefunden und beschlagnahmt, welche die Jaekel bereits im November gekauft hatte. Sie kann jedoch nicht nachweisen, woher sie das Geld dazu erhalten hat. Ihr damals in Frankfurt a. Oder auf Außenarbeit weilender Mann will ihr nach seiner eigenen Aussage s. Zt. noch kein Geld von dort aus gesandt haben. Er ist am letzten Sonnabend von Frankfurt zurückgekehrt und hat erst jetzt 120 Mk. erspartes Geld mit nach Hause gebracht. Bei dem Einkauf hat die Verkäuferin noch mehr Geld bei der Jaekel gesehen, auch hat sie noch verschiedene andere Sachen haben wollen, die ihr aber nicht zusagten und von deren Ankauf sie deshalb Abstand nahm.

Die Staatsanwaltschaft ordnete gestern die Ueberführung der Verdächtigen, welche die Mutter eines etwa 10 jährigen Mädchens und eines 11 Monate alten Säuglings ist, nach dem Neutomischeler Gerichtsgefängnis an.

Heute hat mit einem aus Berlin schon gestern gegen Abend eingetroffenen Spürhunde nochmals ein Untersuchungstermin am Tatorte stattgefunden. Der Hund wurde durch seinen Führer nach dem Hause der Ermordeten gebracht, während die Jaekel in ihre Wohnung geführt wurde und vorher gar nicht mit dem Tier in Berührung kam. Als der Spürhund in der Wohnung der Ermordeten die Betten und den Fußboden berochen hatte, ging er stracks hinaus, durch eine Schonung hindurch, über Feld und Garten in den Hof der Jaekel. Dort berührte er Stalltüren und schließlich begehrte er Einlaß in das Jaekel’sche Haus, welches geschlossen war. Als man ihm öffnete, lief er nach der Stube und machte gerade an dem Orte halt, wo die Jacke gelegen hatte, welche bei der gestrigen Haussuchung beschlagnahmt worden war. Nachdem er hier eine Zeit lang schnüffelnd verweilt, blieb er vor der auf einem Stuhle sitzenden Frau Jaekel stehen. Dieselbe leugnet bis jetzt beharrlich, die Tat begangen zu haben. Sie wurde zunächst in das Neutomischeler Gerichtsgefängnis zurückgebracht und von dort aus mit dem 11 Uhr Zuge nach Meseritz transportiert.

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1908-01-12 Neuborui.

Gestern früh wurde die wegen des Mordes an der Einwohnerin Julie Herke in Verdacht stehende und in Meseritz in Untersuchungshaft befindliche Frau Ida Jaekel von dort nach hier überführt, um nochmals an Ort und Stelle durch den Untersuchungsrichter Dr. Steinert aus Meseritz verhört zu werden. Dabei hat sie eingestanden, daß sie das Geld der Herke etwa 4 Wochen vor dem Morde entwendet hat. Dagegen bestritt sie nach wie vor, den Mord begangen zu haben. Zu ihrer Entlastung gab sie an, daß ein Knecht (Ignatz Przybyla), der im vergangenen Sommer bei dem Eigenthümer Baengsch bedienstet war, an demselben Abend, an dem der Mord ausgeführt sein muß, zu ihr kam, um in ihrem Hause zu nächtigen. Sie verweigerte ihm das, gab ihm 5 Pfg. und schickte ihn zu der Herke.

Nach einer nochmaligen gründlichen Durchsuchung der Wohnung der Ermordeten wurde in der Stube ein kieferner Ast mit Haaren und abgeschabter Haut, sowie ein Fingernagel, an welchem ebenfalls ein Stück Haut saß, gefunden und beschlagnahmt. Außerdem wurden, nachdem der Schnee vor der Tür entfernt war, einige abgerissene Knöpfe gefunden und ebenfalls beschlagnahmt. Nachdem die Jaekel nachmals nach ihrer eigenen Wohnung geführt worden war, wurde sie mit dem 11 Uhr Abendzuge nach Meseritz zurückgeschafft.

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Suche nach dem Aufenthalt des Ignatz Przybyla - Kreisblatt Ausschnitt1908 [482]

Suche nach dem Aufenthalt des Ignatz Przybyla – Kreisblatt Ausschnitt1908

1909-03-05

Bekanntmachung

In der Strafsache gegen Jaekel wegen Mordes ist es von größter Bedeutung, festzustellen, ob der Arbeiter Ignatz Przybyla, welcher bis zum Mai 1908 bei dem Eigenthümer Wilhelm Bänsch in Neu Borui als Knecht gedient hat, um den 20. Dezember 1908 herum irgendwo in der dortigen Gegend und der weiteren Umgebung gesehen worden ist. Przybyla ist am 15. Juli 1861 in Alt-Dombrowo, Kreis Bomst, geboren, 1,57 m groß, von mittlerer Gestalt, hat ein rundes, rasiertes Gesicht, dunkelblondes Haar mit Glatze, graublaue Augen, unvollständige Zähne und Narben an der rechten Backe. Er dürfte bettelnd im Lande umherziehen.

Ich ersuche alle Personen, die Przybyla in der letzten Zeit gesehen haben, oder über seinen Aufenthalt irgendetwas angeben können, dringend, sich bei der nächsten Polizeibehörde zu melden oder zu den hiesigen Akten 2 J. 1150.08 zweckdienliche Mitteilungen zu machen.

Meseritz, den 3. März 1909. Der Untersuchungsrichter

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1909-04-20

Die Verhandlungen vor dem Schwurgericht in Meseritz wurden angesetzt für Montag, dem 26., und Dienstag, dem 27. April 1909 gegen die Eigentümerfrau Minna Jäkel aus Neu-Borui wegen Mordes und Diebstahls

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Den Beitrag: „Diebstahl und Mord in Boruy – 1908 – Der Prozess 1909 / Teil 2 “ finden Sie unter:

http://hauland.de/diebstahl-und-mord-in-boruy-1908-der-prozess-1909-teil-2/

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Quellen: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908/1909 Artikel-Auszüge

Auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof der Colonie Juliana / Julianka

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der ehemalige evangelische Friedhof Juliana - Aufn EA [483]

Der ehemalige evangelische Friedhof Juliana – Aufn EA

Mitten im Wald, liegt der ehemalige evangelische Friedhof der Colonie Julianna. Auf diesem Friedhof wurden, wie heute wieder bekannt ist, auch Bewohner der umliegenden Gemeinden Albertoske und Cichagora beerdigt.

Durch die Arbeitsgruppe des “Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp.” wurde unter der Leitung von Konrad Maciejaszek auf dem Areal ein tief im Erdreich eingesunkener Grabstein freigelegt und aufgerichtet.

In diesem Beitrag haben wir die Familiendaten der hier einst zur letzten Ruhe Bestatteten zusammengetragen.

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Der Grabstein des Johann Dienegott Schulz und der Johanna Louise Bautz, verwittwet gewesene Schulz, geborene Steinke - Aufn. Konrad Maciejaszek – “Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp.” [484]

Der Grabstein des Johann Dienegott Schulz und der Johanna Louise Bautz, verwittwet gewesene Schulz, geborene Steinke – Aufn. Konrad Maciejaszek – “Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp.”

Hier ruhen in Gott
die Eheleute
Louise Schulz
geb. Steinke
jetzt verehelichte
Bautz
geb. d. 13 März 1844
gest. d. 24 Septbr. 1886

der Eigenthümer
und gewesener
Ortsschulze
Dienegott Schulz
geb. d. 28 Decbr. 1823
gest. d. 13. August 1870

Johann Dienegott Schulz war im Jahr 1823 als Sohn des Johann Gottfried Schulz, einem gewesenen Schmied zu Albertoske und dessen Ehefrau Anna Eleonora geborene Giering zur Welt gekommen.

Bei seiner ersten Eheschließung im Jahr 1853 mit der Johanna Juliana Lange wurde er als Eigentümer zu Albertoske benannt. Johanna Juliana Lange, 1833 in Alt Boruy geboren, war die Tochter der Eheleute Johann Daniel Lange und dessen Ehefrau Johanna Louisa einer geborenen Deckert gewesen.

In der Ehe wurden die Kinder Johanna Wilhelmine 1855, Johann Dienegott 1858 und Johann Gottfried 1859 geboren.

Im Februar des Jahres 1860 verstarb deren Mutter.

Noch im November desselben Jahres heiratete der 36jährige Wittwer die 16jährige, im Jahr 1844 geborene, Johanna Louise Steinke. Ihr Vater der Eigentümer Gottfried Steinke zu Albertoske war im April des Jahres 1860 verstorben. Im Kirchenbuch findet sich bei dem Eheeintrag des Paares, entgegen der sonstigen Verfahrensweise, keine Eintragung, dass ihre Mutter Johanna Juliana geborene Müller oder etwaig ein Vormundschaftsgericht dieser Ehe ihre Zustimmung gegeben hatten.

In den Jahren 1861 und 1863 wurden die Söhne Johann Wilhelm und Johann Carl Gottlieb geboren; beide verstarben nur kurze Zeit nach ihrer Geburt. Die jüngeren Kinder Johanna Juliana (*1864), Anna Rosina (*1865) und Johann Dienegott (*1871) erreichten das Erwachsenenalter.

Als Todesdatum des Eigentümers und gewesenen Ortsschulzen Johann Dienegott Schulz wurde der 13. August 1870 in den Grabstein eingemeißelt.

Zu wann aber der Stein tatsächlich angefertigt und aufgestellt wurde kann heute nicht mehr festgestellt werden; sicher ist, dass es nicht vor Februar 1873 gewesen sein kann. Denn auf dem Stein findet sich für Louise Schulz geb. Steinke der Zusatz: „jetzt verehelichte“ Bautz.

Die ehemalige Colonie Juliana, heute Julianak - Ausschnitt Messtischblatt 3763 / http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [485]

Die ehemalige Colonie Juliana, heute Julianka – Ausschnitt Messtischblatt 3763 / http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Die Wittwe Johanna Louise Schulz geborene Steinke war ihre 2te Ehe mit dem aus Konkolewo stammenden Junggesellen Johann Christian Bautz am 31. Januar 1873 eingegangen. Er war der Sohn des in Konkolewo wohnenden Eigentümers Johann Erdmann Bautz und dessen Ehefrau Johanna Beata, geborene Schiller gewesen und im Jahr 1845 geboren worden.

Anhand der aufgefundenen Kirchenbuch- und Standesamtseinträge haben vermutlich zu diesem Zeitpunkt die Töchter Johanna Wilhelmine (*1855) aus der 1sten Ehe ihres Vaters, sie heiratete im Jahr 1878 und ferner aus der 2ten Ehe die Johanna Juliana (*1864/oo 1883) und die Anna Rosina (*1865/oo 1887) sowie der Sohn Johann Dienegott (*1871/oo 1900) gelebt.

In der Ehe Bautz – Steinke wurden nun noch die Kinder Johanna Auguste (*1874), Johann August Heinrich (*1875) und Johann Kurt Otto (*1876) geboren.

Johann Christian Bautz starb mit nur 40 Jahren am 08. Mai 1885 in Albertoske.

Johanna Louise Bautz, verwittwet gewesene Schulz, geborene Steinke verstarb, so die Inschrift auf dem gemeinsamen Grabstein mit ihrem ersten Ehemann, am 24. September 1886.

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weitere Beiträge zur ehemaligen Colonie Juliana:

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Staatsarchiv Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) –  Personenstandsunterlagen der Stadt/Gemeinden Neutomischel, Grätz, Konkolewo, Boruy; Albertoske

Polizei-Verordnung betreffend die Regelung des Wochen- und Jahrmarktverkehrs in der Stadt Neutomischel – 1909

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Markttag in Neutomischel ca. 1900 - Quelle: Privatbesitz Fam. Goldmann [486]

Markttag in Neutomischel ca. 1900 – Quelle: Privatbesitz Fam. Goldmann

Auf Grund der §§ 5 und 6 des Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 (Gesetz-Sammlung Seite 265) in Verbindung mit § 143 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz-Sammlung Seite 195) und der §§ 64 bis 71 der Reichsgewerbeordnung vom 1. Juli 1883 in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juli 1900 (Reichs-Gesetz-Blatt Seite 871 ff.) wird im Einverständnis mit dem Magistrat zur Reglung des Wochen- und Jahrmarkt-Verkehrs für den Umfang des Stadtbezirks Neutomischel nachstehende Polizei-Verordnung über den Marktverkehr erlassen.

§ 1. Gegenstände des Wochenmarkt-Verkehrs

Gegenstände des Wochenmarkt-Verkehrs sind die im § 55 der Reichsgewerbeordnung bezeichneten Artikel nämlich:

iiI.   rohe Natur-Erzeugnisse mit Einschluß von Schweinen, Ziegen und Schafen
iII.   Fabrikate, deren Erzeugung mit der Land- und Forstwirtschaft, dem Garten- und Obstbau oder der Fischerei in unmittelbarer Verbindung steht oder zu den Nebenbeschäftigungen der Landleute der Gegend gehört oder durch Tagelöhnerarbeit bewirkt wird mit Ausschluß der geistigen Getränke und der im § 56 der Reichs-Gewerbeordnung genannten Waren – cfr. auch § 55, 42a der Reichs-Gewerbeordnung.
III.    Frische Lebensmittel aller Art.

Außerdem dürfen in Berücksichtigung des örtlichen Bedürfnisse und gemäß der bisherigen Ortsgewohnheit auf den Wochenmärkten feilgeboten werden; nur seitens der Ortseinwohner

  1. Back- und Fleischwaren aller Art sowie allerlei Wild- und Eßwaren
  2. Schuhmacherwaren
  3. Schneiderwaren
  4. Seilerwaren
  5. Klempnerwaren
  6. Böttcherwaren
  7. Buchbinderwaren
  8. Töpferwaren
  9. weibliche Handarbeiten einschließlich Putzwaren
  10. Kurz-, Spiel-, Woll- und Schnittwaren
  11. Kürschnerwaren
  12. Drechslerwaren
  13. Sattlerwaren
  14. Tischlerwaren
  15. Bürstenbinderwaren
Noch kleines "Federvieh" [487]

Noch kleines „Federvieh“

Zulässig ist ferner der Verkauf von gekochtem Kaffee und gekochtem Tee.

Frische Lebensmittel als Fleisch, Fische, Wild, Geflügel, Milch, Käse, Butter, Eier, Obst und Gemüse dürfen an jedem Wochentage auf den Hauptmarktplätzen (Alter und Neuer Markt) feilgeboten werden.

§ 2. Wochenmarkttage und Wochenmarktplätze

Die Wochenmärkte finden allwöchentlich am Donnerstag statt. Fällt der Wochenmarkt auf den Geburtstag des Kaisers und Königs oder einen anderen gebotenen Feiertag, so wird der Wochenmarkt am vorhergehenden Tage abgehalten werden.

Alle zulässigen Gegenstände des Wochenmarktverkehrs dürfen nur auf den dazu bestimmten Plätzen feilgehalten und verkauft werden und zwar:

a. Auf dem Alten Markt:
die im § 1 unter Nr. II genannten Erzeugnisse des Garten- und Obstbaues und der Fischerei, ferner die im § 1 unter Nr. III genannten Erzeugnisse bezw. Waren.

b. Auf dem Neuen Markt:
die im § 1 genannten Erzeugnisse mit Ausschluß von Schweinen, Ziegen und Schafen. Die im § 1 unter Nr. II genannten Erzeugnisse soweit dieselben vom Wagen aus erfolgen mit Ausschluß der Erzeugnisse der Fischerei sowie des Federviehs.

c. Auf dem Viehmarktplatze:
Schweine, Ziegen und Schafe.

Das Verlosen, Auswürfeln, Auskegeln oder sonstige Ausspielen lebender Tiere ist untersagt. Untersagt ist ferner das Ausrufen und öffentliche Versteigern von Waren auf den Märkten mit Ausnahme der von Behörden veranlaßten Verkäufe.

Der Verkauf von geistigen Getränken zum Genuß auf der Stelle auf dem Viehmarkt wird ausdrücklich verboten.

§ 3. Beginn und Dauer der Wochenmärkte

Die Wochenmärkte beginnen:
a. in den Monaten vom 1. Oktober bis 1. April um 8 Uhr vormittags und endigen um 2 Uhr nachmittags
b. in den Monaten vom 1. April bis 1. Oktober um 7 Uhr vormittags und endigen um 1 Uhr nachmittags.

Sollte in besonderen Fällen die frühere Räumung der Marktplätze oder eines Teils derselben für notwendig befunden und polizeilich angeordnet werden, so haben die Verkäufer den desfallsigen Anordnungen unweigerlich Folge zu leisten.

Sämtliche Händler müssen nach Beendigung der vorstehend festgesetzten Marktzeit den von ihnen innegehabten Platz mit allen Waren und Gerätschaften verlassen und diejenigen Marktbesucher, welche mit einem Fuhrwerk Aufstellung genommen, müssen sich zum Schluß der Marktzeit mit dem Fuhrwerk vom Marktplatz oder den Straßen entfernt haben.

Für jede Beschädigung des Straßenpflasters pp. haftet der Marktbesucher, sobald er hieran eine Schuld trägt.

§ 4. Verbot des Handelsverkehr auf den Wochenmärkten außer der Marktzeit

Eine Auswahl an Gemüse auf dem Wochenmarkt [488]

Eine Auswahl an Gemüse auf dem Wochenmarkt

Vor Beginn und nach Ablauf der festgesetzten Stunde darf auf den Wochenmärkten kein Handel mit Gegenständen des Wochenmarktverkehrs betrieben werden. Den einheimischen und auswärtigen Handelsleuten wird es untersagt, auf den Wochenmärkten im Sommer vor 7 und im Winter vor 8 Uhr vormittags Wochenmarktsartikel feilzubieten.

§ 5. Verbot des Aufhaltens und des Verkaufes pp. von Wochenmarktgegenständen vor der Stadt und auf den Straßen

Das Anhalten der zum Wochenmarkte kommenden Verkäufer vor der Stadt und auf den Straßen innerhalb der Stadt, sowie die Unterbrechung des Fuhr- und sonstigen Transports der Wochenmarktsartikel, das unbefugte Aufsteigen auf die Fuhrwerke, das Herunternehmen der Artikel von den Wagen zur Besichtigung oder zum Zwecke des Feilbietens durch Handelsleute, Höker und andere Personen, sowie das Feilhalten von Wochenmarktsartikeln daselbst ist verboten.

Der Wochenmarkt findet ausschließlich auf den Marktplätzen statt und darf daher niemand an den Markttagen während der Marktzeit Gegenstände des Wochenmarktverkehrs im Umherziehen oder an anderen Orten des Stadtbezirks als auf dem Marktplatz marktmäßig feilbieten. Ausgenommen hiervon sind solche Gegenstände, welche, was in jedem einzelnen Falle nachzuweisen bleibt, schon vorher bestellt sind und dem Käufer auf dem kürzesten Wege zugebracht werden.

Der Handel auf öffentlichen Wegen – städtischen oder Landstraßen – wird aus verkehrspolizeilichen Gründen gemäß § 366 Absatz 9 bezw. 10 des Reichs-Straf-Gesetz-Buchs verboten.

§ 6. Art des Viehtransports zu und von den Wochenmarktplätzen

Das Knebeln der Schweine, Kälber und Schafe ist nicht gestattet. Lebendes Geflügel jeder Art darf an den Flügeln oder an den Füßen nicht gefesselt werden. Das Heben und Tragen der Tiere an den Füßen oder an einem Flügel ist verboten. Lebendes Federvieh darf nur in luftigen und geräumigen Behältern, Körben pp. zu Markte gebracht werden, daß die Tiere nebeneinander Platz haben und bequem darin stehen können.

§ 7. Verkauf gewisser Wochenmarktsgegenstände nach Gewicht bezw. nach Stückzahl oder Gewicht unter Ausschließung aller Hohlmaße

Im Wochenmarktsverkehr darf der Verkauf von Fleisch, Fischen, Getreide, Hülsenfrüchten, Roggen, Mehl, Stroh, Heu nur nach Gewicht, der Verkauf von Gemüse jeder Art, Obst und sonstigen Lebensmitteln nur nach Stückzahl oder Gewicht unter Ausschließung aller Hohlmaße stattfinden. Diesen Verkäufern ist verboten, auf ihren Verkaufsstellen auf dem Wochenmarktplatze Gemäße mit sich zu führen. Ausgenommen sind hierbei Leinöl und Sämereien, welche nach Maß verkauft werden können.

§ 8. Normalgewicht des Sackes Kartoffeln

Von den auf den Wochenmärkten sackweise zum Verkauf gestellten Kartoffeln muß ein jeder Sack ein Normalgewicht von mindestens 50 kg = 1 Zentner oder 25 kg = 1/2 Zentner haben.

Frühkartoffeln können im Sommer in kleinen Partien von 12 1/2 kg = 1/4 Zentner verkauft werden.

§ 9. Normalgewicht der Butter in Stücken oder in Gefäßen

Butter, welche dem Käufer nicht direkt vorgewogen, darf entweder nur in Stücken zum Gewichte von 500 g, 250 g und 125 g, oder in Gefäßen mit einem Inhalt von mindestens 1 kg oder 1/2 kg feilgehalten und verkauft werden.

Alle nicht vollwiegenden Butterstücke werden von den Aufsichtsbeamten durch Zerschneiden kenntlich gemacht. Ranzige Butter darf nicht zum Verkauf gebracht werden.

§ 10. Verbot der Benutzung ein und derselben Waagen, Gemäße pp. beim Zuwiegen oder Zumessen sowohl trockener als auch fetter, feuchter oder fleischiger Genußmittel

Tomaten, Gurken, Bohnen und Aepfel im Wochenmarkt-Angebot  [489]

Tomaten, Gurken, Bohnen und Aepfel im Wochenmarkt-Angebot

Auf den Wochenmärkten dürfen trockene Nahrungs- und Genußmittel nicht auf derselben Waage, in demselben Gemäße oder mit demselben Gefäße gewogen, gemessen oder verabfolgt werden, welche zum Wiegen, Messen oder Verabreichen fetter, feuchter oder fleischiger Nahrungs- oder Genußmittel Verwendung finden.

Der Gebrauch anderer als gehörig geaichter und gestempelter Maße und Gewichte wird nach § 369 Nr. 2 des Strafgesetzbuches für das deutsche Reich geahndet und soweit dieser Paragraph nicht Platz greift, findet § 15 dieser Polizei-Verordnung Anwendung.

§ 11. Verbot des ungehörigen und anstößigen Benehmens der Verkäufer und Käufer

Der Einkauf von Waren auf den Wochenmärkten steht einem Jeden mit gleichem Rechte zu.

Handelsleute, Höker und andere Personen, welche Käufer von der Verkaufsstelle bezw. ihrem innehabenden Platze auf den Wochenmärkten zurückdrängen oder durch ungehöriges Benehmen vom Einkaufe ihrer Bedürfnisse abhalten oder daran stören, sind strafbar.

Den Zwischenhändlern und Wiederverkäufern ist es untersagt, die Wagen der Landleute, Produzenten und Verkäufer dergestalt zu umstellen und zu besetzen, daß hierdurch das übrige den Markt besuchende Publikum verhindert wird, sich den Wagen zu nähern und seine Einkäufe zu machen.

Käufer wie Verkäufer haben sich so zu verhalten, daß der Anstand nicht verletzt wird und die öffentliche Ruhe nicht gestört wird.

Auch darf niemand einem die in den Händen gehaltenen Waren entreißen, oder denselben durch Zurückdrängen oder auf andere Weise von dem beabsichtigten Kauf und Handel abhalten oder darin stören. Hat jemand Gegenstände des Wochenmarktverkehrs behandelt, ist aber hinsichtlich des Preises mit dem Verkäufer nicht einig geworden, so darf er nicht vor den behandelten Gegenständen stehen bleiben, oder diese gar an sich nehmen, muß vielmehr soweit bei Seite treten, daß sie auch anderen Kauflustigen zugänglich sind und darf diese nicht durch Redensarten, die besagen sollten, daß er bezüglich des Ankaufs mit dem Verkäufer noch unterhandelt, von den Verkaufs-Gegenständen fern zu halten suchen.

Das Herausnehmen des zu Markt gebrachten Viehes aus Körben oder aus anderen Behältnissen seitens der Käufer ist untersagt, dieselben haben vielmehr abzuwarten, bis ihnen das Gewünschte vom Verkäufer zugereicht wird. Ingleichen haben die Verkäufer von solchen Nahrungs- und Genußmitteln, die zum Verzehren fertig sind, die Waren den Käufern selbst zuzuteilen und dürfen nicht dulden, daß letztere die zu kaufenden Waren betasten und aussuchen.

Das aufdringliche oder laute Anrufen und Einladen des Publikums seitens der Verkäufer oder ihrer Angestellten bezw. Handelstreibenden durch Worte und Zeichen ist verboten. Gewerbsmäßige Aufkäufer, welche sonstige Käufer auf dem Wochenmarkt zurückdrängen oder durch falsche Vorspiegelungen von dem Einkaufe ihrer Bedürfnisse abzuhalten suchen, werden sofort von dem Markte verwiesen und nach Bewandtnis der Umstände zur Strafe gezogen.

§ 12. Beschaffenheit pp. der zum menschlichen Genuß dienenden Nahrungsmittel

Sämtliche zum menschlichen Genuß dienenden Nahrungsmittel (Eßwaren und Getränke) müssen in vollständig sauberem und untadelhaften, die Gesundheit in keiner Weise gefährdenden Zustande zu Markt gebracht werden. Wenn unreine, verfälschte, verdorbene oder sonstige der Gesundheit nachteilige Lebensmittel auf dem Markte vorgefunden werden, so hat der Verkäufer außer der Bestrafung die Wegnahme dieser Gegenstände zu gewärtigen. Bei der Untersuchung der Lebensmittel soll in zweifelhaften Fällen auf Verlangen der Verkäufer die Entscheidung durch Sachverständige nach Anordnung der Polizeiverwaltung erfolgen. Die für den menschlichen Genuß bestimmten Marktgegenstände sollen nur in Buden oder auf Bänken, Tischen oder ähnlichen tragbaren Unterlagen, nicht aber durch dazwischen gelegte Decken, Säcke, Laken oder dergl. Unterlagen vom Boden getrennt oder auf der Erde zum Verkauf ausgelegt werden.

Das Schlachten und Rupfen von Federvieh sowie das Abhäuten von Hasen und Kaninchen auf dem Marktplatze ist verboten. Geschlachtetes Geflügel darf nur in gerupftem Zustande feilgeboten werden.

Alle Fleisch-, Fisch- und Backwaren, welche innerhalb des Stadtbezirks auf offenen Wagen oder sonstigen Transportmitteln transportiert werden, müssen mit einer sauberen, weißen Verdeckung versehen sein. Werden kleinere Fleischteile transportiert, wie dies z. B. beim Austragen an die Kunden geschieht, so muß das Fleisch vollständig weiß eingehüllt oder in Mulden in der gleichen Art verdeckt getragen werden.

Butter und Käse dürfen nur in dichten jedes Eindringen von Staub oder sonstigen Unreinlichkeiten verhindernden Gefäßen, welche mit einem reingehaltenen, weißen Tuch überdeckt sein müssen, feilgehalten werden. Die Butter muß reine Naturbutter sein und darf keinerlei andere Beimengungen als Wasser und Kochsalz enthalten; letzteres darf nicht mehr als 3 % betragen. Maßgebend für den Verkehr mit Margarine sind lediglich die Bestimmungen des Reichsgesetzes, betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmittel vom 15. Juni 1897 (R.-G.-Bl. S. 475) und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen (Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 4. Juli 1897 R.-G.Bl. S. 591).

Diejenigen Käufer, welche den Geschmack der Butter probieren wollen, haben sich zur Entnahme kleiner Proben eines sauberen Messers zu bedienen und sind die Verkäufer verpflichtet, darauf zu halten, daß die Entnahme von Proben nur in dieser Weise erfolgt. Das Bekratzen der Butter mit den Fingern ist streng verboten.

Den Polizeibeamten muß auf Verlangen jede Auskunft über Menge und erzielten Preis der Ware erteilt werden.

Nahrungs- und Genußmittel aller Art einschließlich Fisch, Wild und Geflügel, welche feilgeboten werden, müssen auf Gestellen, Tischen, Unterlagen usw. von mindestens 0,75m Höhe gelegt oder so aufgehängt werden, daß die tiefsten Teile mindestens 0,75m vom Boden entfernt bleiben.

Alles für den Garten [490]

Alles für den Garten

Das Ausstellen, Aushängen und Befördern von Waren hat so zu geschehen, daß flüssige Abgänge nicht auf den Erdboden gelangen, auch müssen die zum Aufstellen und Befördern verwendeten Unterlagen, Körbe, Kisten, Gestelle, Mulden, Fuhrwerke und andere Behältnisse in sauberem Zustande erhalten werden.

Es ist verboten, in Verkaufsstellen und Lagerräumen, in welchen Nahrungs- und Genußmittel offen ausgestellt sind, Hunde mitzubringen. Der Verkäufer darf in solchen keinen Hund halten oder dulden.

Wer solche Nahrungs- und Genußmittel, welche nicht völlig trocken sind, oder eine nur teilweise feuchte oder fette oder überzuckerte Oberfläche besitzen, feilhält, darf bei ihrer Verpackung in Papier nur reines, unbeschmutztes, zu keinem Zwecke vorher gebrauchtes Papier verwenden.

Verboten ist insbesondere die Verwendung beschriebenen Papiers (Schreibhefte) oder von Druckschriften (z. B. von Zeitungen). Für die Befolgung dieser letzten Vorschriften ist sowohl der Verkäufer als auch dessen Angehörige, Gehilfen oder sonstige Beauftragte verantwortlich.

§ 13. Verpflichtung zur Befolgung der Anordnungen der Marktpolizeibeamten

Den Anordnungen der Polizeibeamten zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung auf den Wochenmarktplätzen ist unverzüglich Folge zu leisten.

Das Auffahren der Wagen, Aufstellung der Verkäufer und die Anweisung der Verkaufsfläche regeln die Gendarmerie-Wachtmeister bezw. Polizeibeamten und die Aufseher, deren Weisungen unbedingt Folge geleistet werden muß. Personen, welche sich den getroffenen Anordnungen widersetzen, können sofort vom Platze verwiesen werden.

Das Auffahren der Wagen und Aufstellen beim Verkauf seitens der auswärtigen Marktbesucher geschieht nach der Zeit und Reihenfolge des Erscheinens auf den Marktplätzen, und zwar in Reihen nach Anweisung der Polizeibeamten. Zwischen jeder Wagenreihe bleibt freier Raum zur Durchfahrt.

§ 14. Jahrmärkte

Die Bestimmungen in §§ 1 bis einschl. 13 finden auf die in hiesiger Stadt abzuhaltenden Jahrmärkte mit der Maßgabe Anwendung, daß die im § 1 unter III aufgezählten Warengattungen mit Ausnahme der weiblichen Handarbeiten einschließlich Putzwaren, Sattler- und Tischlerwaren auch von auswärtigen Gewerbetreibenden feilgeboten werden dürfen. Das sonst in § 14 „Jahrmärkte“ Gesagte gilt auch für die Wochenmärkte.

Das Belegen der Plätze darf erst an dem Jahrmarktstage vorhergehenden Tage und zwar von 4 Uhr nachmittags ab erfolgen. Die Zugänge zu den Häusern und Läden dürfen nicht versperrt, insbesondere dürfen Wagen auf der Straße vor öffentlichen Verkaufshäusern (Läden) nicht aufgestellt werden. Die Belegung bezw. das Befahren der Bürgersteige mit Wagen, Buden, Waren pp. ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Ortspolizeibehörde zulässig. Pferde dürfen nur auf dem Pferdemarktplatze feilgeboten werden. Auf den Jahrmärkten dürfen außer den im § 1 dieser Verordnung genannten Waren Verkaufsgegenstände aller Art feilgeboten werden.

Jede Marktbude oder Verkaufsstelle ist mit einem Schild, welches den Namen und Heimatort des Inhabers in deutlicher Schrift zeigt, zu versehen.

Zum Spielen in Wirtschaften seitens umherziehender Orgelspieler und Musikanten ist sowohl an Markt- als auch an anderen Tagen die ausdrückliche Erlaubnis der Polizei-Behörde erforderlich. Im Uebertretungsfalle wird der Wirt wie auch der Spieler bestraft.

Die Bestimmungen des § 12 dieser Polizei-Verordnung greifen auch bei dem Handel mit Nahrungsmitteln außerhalb des Marktverkehrs Platz.

Der Jahrmarktsverkehr findet auf den bisher üblichen Plätzen mit der Maßgabe statt, daß die auf dem alten Markte zu erbauenden Buden dergestalt in Reihen aufgestellt werden, daß der Eingang zu den Reihen vor der nach der Posener Straße führenden Hauptstraße aus stattfinden kann. Die Eckbuden dürfen daher nicht mit der Front nach dieser Straße stehen.

Leere Wagen dürfen auf dem Alten Markte nicht stehen bleiben, können aber innerhalb der Stadt auf den Viehmarktplätzen und der Hinterstraße, bei großem Andrang auch in der Posener Straße aufgestellt werden, in der letzteren jedoch nur dergestalt, daß die Hauseingänge, Ladentüren und Schaufenster nicht verstellt bezw. nicht verdeckt werden.

Das Jahrmarktsstandgeld wird von Einheimischen und Fremden nach dem bestehenden Tarif gleichmäßig entrichtet.

Den hiesigen Gewerbetreibenden kommen die ersten Plätze zu.

Niemand darf sich eigenmächtig einen anderen Stand oder Platz zum Verkauf oder dergleichen wählen, jeder Verkäufer ist vielmehr verbunden, den ihm angewiesenen Platz einzunehmen.

Das Verkaufen im Umherziehen zwischen den Marktreihen pp. auf den zur Abhaltung der Märkte dienenden Plätzen und Straßen ist untersagt, es hat ein jeder vielmehr seine Verkaufsartikel nur auf der ihm angewiesenen Verkaufsstelle feilzubieten.

Die Pferde und auch das Rindvieh müssen in Reihen aufgestellt und von den Führern dergestalt überwacht werden, daß jede Beschädigungen von Personen und fremden Eigentum vermieden wird.

Das Straßenpflaster ist zur Passage für das Publikum frei zu lassen.

Eine Auswahl an "High Heels" [491]

Eine Auswahl an „High Heels“

Mehr als drei Pferde dürfen beim Transport nicht zusammen gekoppelt sein. Bissige oder schlagende Pferde sind mit Maulkörben oder Schlagtauen zu versehen. Bullen sind stets einzeln und mit den nötigen Schutzvorrichtungen versehen durch die Stadt ohne Aufenthalt nach dem Viehmarkt zu treiben. In gleicher Weise hat der Transport von sonstigem Vieh zu erfolgen, wenn dasselbe bösartig oder aufgeregt ist.

Rindvieh muß bei einem oder zwei Stück mindestens von einem erwachsenen Treiber begleitet werden.

Mastschweine und Ferkel dürfen nur auf Wagen befördert werden. Kinder dürfen zum Viehtreiben nicht verwendet werden.

Während der Jahr- und Wochenmärkte darf über die den Verkehrsplatz durchschneidenden Straßen sowie auf den Marktplätzen selbst nur im Schritt gefahren werden. Auf Zuruf ist dem Wagen und geführten Vieh auszuweichen.

§ 15. Straf- und Schlußbestimmungen

Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Polizei-Verordnung ziehen, soweit die Strafbestimmungen des Strafgesetzbuchs, des § 149 Nr. 6 der Reichsgewerbeordnung oder sonstiger Gesetze Anwendung finden, die dort vorgesehenen Strafen, in den anderen Fällen aber Geldstrafe bis zu 30 Mark und im Unvermögensfalle verhältnismäßige Haft nach sich.

Diese Polizei-Verordnung tritt mit dem Tage der Veröffentlichung in Kraft.

Mit demselben Zeitpunkte ist die Markt-Verordnung vom 4. November 1879 aufgehoben.

Neutomischel, den 10. Mai 1907. – Die Polizei-Verwaltung – Franke

* * *

Auf den Bericht vom 21. September d. Jr. – 3612/08 – genehmige ich nunmehr den Erlaß der Polizei-Verordnung, betreffend die Regelung des Wochen- und Jahrmarktverkehrs in der dortigen Stadt.

Posen, den 14. Oktober 1908 – Der Königliche Regierungs-Präsident – I. V.: gez. Klotzsch – I.-Nr. 2280/08 I. G.

* * *

Vorstehende Polizei-Verordnung, betreffend die Regelung des Wochen- und Jahrmarktverkehr in der Stadt Neutomischel, wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht.

Neutomischel, den 24. Februar 1909 – Die Polizei-Verwaltung – Franke

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in den Bildbeschreibungen genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1909-03-23 / Photos: Aufnahmen GT

Mord in Chmielinke – 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Chmielinke,Genealogie,Personen, Familien,Steinberg | Kommentare sind deaktiviert
Der ehemalige Gasthof Schade in Chmielinke / Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft [492]

Der ehemalige Gasthof Schade in Chmielinke / Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft

Am 29. December 1908 schrieb der Standesbeamte zu Neustadt bei Pinne unter dem Eintrag Nr. 233:

„Das Königliche Amtsgericht zu Pinne hat mitgeteilt, daß der Eigentümersohn Karl Helmchen, ledigen Standes, 23 Jahre, evangelischer Religion, wohnhaft zu Steinberg, geboren zu Steinberg, Sohn des verstorbenen und zuletzt in Steinberg wohnhaften Eigentümers Martin Helmchen und dessen in Steinberg wohnhaften Ehefrau Albertine geborene Schmidtchen wieder verehelichte Hanelt, zu Steinberg am sechsundzwanzigsten December 1908 vormittags um zwölfeinhalb Uhr verstorben sei.“

Leider verbirgt sich hinter einer amtlichen Eintragung in jenen Jahren immer ein Tod durch Unglücksfall oder, sogar noch schlimmer ein Tod durch Mord.

* * *

Über das Begräbnis des Karl Helmchen berichtete das Neutomischler Kreisblatt wie folgt:

„Der in der Nacht des ersten Weihnachtsfeiertages erstochene Eigentümersohn Karl Helmchen wurde am 30. Dezember 1908 zur letzten Ruhe bestattet.

Trotz des schlechten Wetters hatten sich auch viele Bewohner der Umgegend eingefunden, um dem so jäh aus dem Leben geschiedenen beliebten Jünglinge die letzte Ehre zu erweisen. An dem Leichenbegräbnis nahmen der Landwehrverein und der Radfahrerverein Steinberg teil. Der ganze Trauerzug hatte ein unabsehbares Ende, ein Zeichen, in welchem Ansehen der Ermordete gestanden hat.“

Über die Ereignisse selbst war geschrieben worden:

„Steinberg. Die Morde in der hiesigen Umgegend mehren sich in grauenerregender Weise. Nachdem sich erst kurz vor dem friedlichen Weihnachtsfeste ein Mord in Neu Boruy zugetraten hat, ereignete sich hier am 1. Weihnachtsfeiertage schon wieder eine Bluttat, welche ein blühendes Menschenleben dahinraffte. Einige junge Leute saßen abends im Schade’schen Wirtshause beim Glase Bier zusammen. Während der Unterhaltung entspann sich ein Streit, der bald in Tätlichkeiten ausartete.

Infolgedessen gebot der Wirt Ruhe und hieß die Ruhestörer, sich aus dem Lokale zu entfernen. Aber auch auf der Dorfstraße spann sich der Streit weiter.

Der Eigentümersohn Helmchen von hier wollte den Hauptstreiter, den Knecht Koster von hier, wieder versöhnlicher stimmen. bei dem gutgemeinten Bemühungen des Helmchen aber wurde Koster noch wütender, er zog sein Messer aus der Tasche, stach blindlings auf ihn los und verletzte ihn durch einen Stich ins Herz so schwer, daß der bedauernswerte, etwa 23 jährige junge Mann sofort tot niedersank. Einem zweiten der anwesenden jungen Leute wurde die linke Hand total und der Oberarm weniger schwer zerstochen, währen ein dritter am Oberarm leicht verletzt wurde. der Unhold, welcher 18 bis 20 Jahre alt und schon wegen Körperverletzung vorbestraft ist, wurde nach dem Amtsgerichtsgefängnis Pinne abgeführt.“

Zu einem späteren Zeitpunkt wurde noch berichtigt, „dass der Streit zwischen den jungen Leuten nicht im Schade’schen Gasthause begonnen hat, sondern dass derselbe sich erst nach dem Verlassen dieses Lokales entspann“

Quellen: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908-12-29/1909-01-05, Artikel-Auszug; Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Personenstandsunterlagen der evangelischen Gemeinde Neustadt bei Pinne
 

Sontop als selbstständige Kirchengemeinde – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Kirchen,Personen, Familien,Rose,Sontop | Kommentare sind deaktiviert
Bauzeichnung zur Kirche in Sontop / Zentralblatt der Bauverwaltung [493]

Bauzeichnung zur Kirche in Sontop / Zentralblatt der Bauverwaltung

„Reges kirchliches Leben hat in Sontop sich entwickelt. Seit dem 01. Oktober 1904 ist Sontop selbstständige Kirchengemeinde mit eigenem Gemeindekirchenrat und Gemeindevertretung geworden. Pfarramtlich ist die Gemeinde noch mit Neutomischel verbunden.

Zu der neuen Gemeinde gehören Sontop, Neurose, Rose Gut und Dorf Rose, Bukowiec, Glashütte, ein Teil von Cichagora und Paprotsch.

Der sehnliche Wunsch der Gemeinde geht nun dahin, ein eigenes Gotteshaus zu besitzen. Grund und Boden für Kirche und Pfarrhaus ist schon vorhanden, mitten im Dorf gelegen, zum größten Teil von Gemeindegliedern in Sontop geschenkt.

Reichliche Gaben an Geld sind auch schon geflossen. Gezeichnet sind von den Parochianen ca. 9.000 Mark, davon schon aufgebracht ca. 5.000 Mark. Dazu kommt eine Spende von Herrn v. Hardt-Wonsowo im Betrage von 3.000 Mark, fern vom Gustav-Adolfs-Verein 300 Mark (außer vielen herrlichen Geräten). Die Gemeinde hofft auf ein kaiserliches Gnadengeschenk von ca. 40-50.000 Mark. Die Kosten für Kirche und Pfarrhaus sind auf ca. 90.000 Mark veranschlagt.

* * *

Die Baupläne für beide Gebäude sind von dem nun leider allzufrüh aus dem Leben geschiedenen Herrn Architekten Königl. Baurat und Dombaumeister Schwartzkopff in Groß-Lichterfelde entworfen und vom Ministerium genehmigt worden.

So ist die Gemeinde innerhalb eines Jahres – seit dem 01. Oktober vorigen Jahres ist ein Hilfsprediger in Sontop – einen guten Schritt vorwärts gekommen. Die Gemeinde selber hat getan, was in ihren Kräften stand. Zur Erreichung des Zieles fehlt zwar noch viel, aber die Gemeinde schaut voll froher Hoffnung in die Zukunft und hofft dabei auf die tätige Liebe und Mithilfe evangel. Christen, besonders auch auf die Hilfe von Neutomischel als der Muttergemeinde von Sontop. Hoffnung läßt ja nicht zu Schanden werden. Wer hilft ?

Da eine Kirche noch nicht vorhanden ist, hat die Gemeinde sich zu helfen gesucht, so gut es ging. Die Schulräume konnten bei dem regen Besuch die Kirchgänger bei weitem nicht fassen. Da trat die hiesige Schützengilde helfend ein und überließ in dankenswerter Weise ihre Halle der Kirchengemeinde zu gottesdienstlichen Zwecken solange, bis ein Gotteshaus gebaut sein wird. Die Halle wurde nun entsprechend ausgestattet mit Altar, Kanzel und Orgel; die Wände sind mit von Frauenhand grünumwundenen Sprüchen geschmückt. Schlicht und einfach nimmt sich das Innere der Halle freilich immer noch aus, aber doch, wie unser hochverehrter Herr Superintendent sich ausdrückte, wie eine „Hütte Gottes bei den Menschen“. Im Sommer ist’s allerdings in der hölzernen Halle „a bissel sehr“ warm und im Winter „a bissel sehr“ kalt, doch – wir sind zufrieden ist’s doch nur eine Übergangsperiode.“

Die Einweihung der evangelischen Kirche zu Sontop erfolgte am 17. November 1908

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Ernst Schwartzkopff 1853-1904 - Baurat und Dombaumeister [494]

Ernst Schwartzkopff 1853-1904 – Baurat und Dombaumeister

„Herr Architekt Königl. Baurat und Dombaumeister Schwartzkopff“

Ernst Wilhelm Schwartzkopff –

Er wurde geboren am 28. Mai 1852 in Magdeburg und verstarb in Berlin-Lichterfelde am 24. Oktober 1904. Er war ebenfalls ein Sohn des Karl Wilhelm Schwartzkopff, welcher, so die Familienchronik, im Jahr 1852 das Rittergut Rose erworben hatte, und seiner Ehefrau Johanna Emilie geborene Eschebach

Er besuchte das Klostergymnasium in Magdeburg, im Jahr 1874 legte er die Reifeprüfung ab. Im Anschluss gehörte er dem Husaren-Regiment Nr. 7 an und absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaft in Bonn; in Berlin schloss sich ein Studium der Architektur an. 1877 legte er das Bauführerexamen ab.

Er war dann als Regierungsbauführer in Berlin und Genthin tätig. Als Leutnant d. R. war er dem Husaren-Regiment Nr. 12 in Merseburg angehörig. Nach dem Verlust eines Auges nahm er im Jahr 1881 Abschied aus dem Staatsdienst.

In den weiteren Jahren war er als Privatarchitekt in Berlin tätig. 1890 führte er den Titel des Königlichen Baurates. Er wurde mit dem Kronen-Orden IV, dem Roten Adler-Orden IV und der Kaiser-Wilhelm-Erinnerungsmedaille (Verdienst-/Ehrenorden des Königreichs Preußen) ausgezeichnet.

Ebenfalls war er Mitglied des Domkirchenkollegium und galt als Dombaumeister (Hauptbauten: die christlichen Hospize in der Wilhelmstraße, am Brandenburger Tor, in der Marburger Straße und in der Mohrenstraße, die Taborkirche und die Versöhnungs-Privatstraße in Berlin, sowie 1891/92 Bauten in Jerusalem.

Am 08. Dezember 1881 ehelichte er die am 23. November 1858 geborene Anna Klara Helene Lippert. Sie war die Tochter des Kaufmanns Lorenz Adam Lippert und dessen Ehefrau Emilie geborene Aßmann.

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Weitere Artikel:

  1. Sontop – die Kirche in der Betrachtung der Stadt- und Landkirchen 1908http://hauland.de/sontop-die-kirche-in-der-betrachtung-der-stadt-und-landkirchen/
  2. Sontop – Früher und Heute – Teil 3 – Die Kirche, das Gemeindehaus …. – http://hauland.de/sontop-fruher-und-heute-teil-3-die-kirche-das-gemeindehaus-und-die-erinnerung-an-den-ehemaligen-evgl-friedhof/
  3. Familie Schwartzkopff – http://hauland.de/familie-schwartzkopff/
  4. Schwartzkopff – Erbbegräbnis Rittergut Rose – 1914 – http://hauland.de/schwartzkopff-erbbegrabnis-rittergut-rose-1914/

 

Quellen:
Schwartzkopff Daten/Bilder aus der Veröffentlichung „Stammtafel in Listenform des Geschlechts Schwartzkopff“ – erschienen 1930 in Leipzig; Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1904-11-04/08, Artikel-Auszug

 

Goldene Hochzeit in Zinskowo – 1924

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Martina Ortmann)
am in Friedenwalde,Hauland,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien,Zinskowo | Kommentare sind deaktiviert

Im Nachlass meiner, im 100. Lebensjahr verstorbenen, Großtante fand ich vor einiger Zeit ein altes Postkartenfoto. Genau 40 festlich gekleidete Menschen blicken ernst in die Kamera. Auf der Rückseite ist handschriftlich zu lesen:

Zum Andenken an deine Großeltern, 17. Juni 1924.

Von der Tante selbst stammt der Zusatz: Goldene Hochzeit, war in meiner Geburtsheimat in Friedenwalde, Provinz Posen, nach dem 1. Weltkrieg polnisch.

Dieses Bild machte mir bewusst, dass ich eigentlich nichts über meine Vorfahren aus Neutomischel und die Geschichte ihrer Siedlungsorte wusste. Und damit begann für mich und meinen Mann die Ahnenforschung im Tomischler Hauland.

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Goldene Hochzeit in Zinskowo - 1924 / Foto: Familienbesitz [495]

Goldene Hochzeit in Zinskowo – 1924 / Foto: Familienbesitz

Inzwischen weiß ich, dass es sich bei dem betagten Jubelpaar um meine Vorfahren Johann Carl Gustav Lüdke und seine Ehefrau Anna Florentine Emilie, geborene Thomas handelt. Beide hatten am 17. Juni 1874 in der Kirche von Neutomischel den Bund fürs Leben geschlossen.

Johann Carl Gustav Lüdke wurde am 10. März 1845 als drittes Kind der Eheleute Johann Samuel Lüdke und Johanna Christine geborene Zeuschner ( verw. Kessel) in Zinskowo geboren. Ein halbes Jahr nach seiner Goldenen Hochzeit starb er im Januar 1925.

Seine Ehefrau überlebte ihn um 9 Jahre und starb mit 77 Jahren.

Im Jahr 1858 gab es in Sontop einen Aufsehen erregenden Mordfall, über den ganz sicher auch in der Familie von Samuel Lüdke viel gesprochen wurde, denn immerhin waren die Mordopfer sein Bruder Gottlieb und sein Neffe Eduard. Carl Gustav zählte 15 Jahre, als seine Tante Luise Lüdtke 1860 als Auftraggeberin der Morde an ihrem Schwager und eigenen Sohn zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. (Berichte im Tomischler Hauland „Eine Mordnacht in einem Abbau bei Sontop“ erschienen im Jahr 2010).

Ein ebenfalls tragisches Ereignis mussten Carl Gustav und seine Frau im Jahr 1897 erleben, als eines ihrer Kinder ums Leben kam. Oswald August Otto, viertes Kind des Paares, starb mit 13 Jahren durch einen Blitzschlag auf dem Heimweg von der Schule. (Bericht im Tomischler Hauland „Tod durch Blitzschlag [496] – 1897 vom 30.03.2014)

Die älteste Tochter des Jubelpaares von 1924 schließlich ist meine eigene Vorfahrin: Berta Emilie Ernestine. Sie heiratete Carl Ferdinand Seide aus Glinau. Die Folgen des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Teilung verstreuten die Familienangehörigen aus dieser Linie über ganz Deutschland.

Bedauerlicherweise kenne ich niemanden, der einem der Festgäste zur Goldenen Hochzeit wieder einen Namen geben könnte. Außer dem Lüdke-Ehepaar sind mir leider alle unbekannt. Die beiden hatten noch zwei Söhne: *19.10.1879 Gustav Reinhold Heinrich und *24.11.1881 Ernst Herrmann Traugott. Vielleicht sind sie und ihre Familien mit auf dem Foto? Im Dunkel der Geschichte liegt ebenfalls noch, dass ein Teil der Lüdke-Familie offensichtlich nach 1919 in Friedenwalde/Zinskowo blieb, während ein anderer Teil nach Schlesien ins damalige „Deutsche Reich“ zog.

Martina Ortmann

* * *

Eine Mordnacht in einem Abbau bei Sontop – 1858 – Teil 1-4
http://hauland.de/eine-mordnacht-in-einem-abbau-bei-sontop-1858-teil-1/ [497]
http://hauland.de/eine-mordnacht-in-einem-abbau-bei-sontop-1858-teil-2/ [498]
http://hauland.de/eine-mordnacht-in-einem-abbau-bei-sontop-1858-teil-3/ [499]
http://hauland.de/eine-mordnacht-in-einem-abbau-bei-sontop-1858-teil-4/ [500]
Tod durch Blitzschlag – 1897
http://hauland.de/tod-durch-blitzschlag-1897/ [496]

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 74 – Eine Bäckerei in der Posener Strasse

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Hauland,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien,Wytomysl / Witomischel | Kommentare sind deaktiviert
Blick vom Alten Markt in die Posener Strasse, rechts an das Gebäude des "Schwarzen Adlers" schließt sich das Gebäude der No. 74 an / Karte: Wojtek Szkudlarski [501]

Blick vom Alten Markt in die Posener Strasse, rechts an das Gebäude des „Schwarzen Adlers“ schließt sich das Gebäude der No. 74 an / Karte: Wojtek Szkudlarski

Manche Häuser haben erst eine Geschichte durch das wechselvolle Leben Ihrer Bewohner. Eines dieser Häuser ist das mit der alten Hausgrundstücksnummer 74 in Nowy Tomyśl. Heute ist es unscheinbar, der eigentliche Baustil nicht mehr erkennbar und es ist arg „in die Jahre gekommen“.

Und doch es scheint als ob die wechselvolle Geschichte der Bewohner dieses Hauses sich wiederspiegelt im Aussehen des Gebäudes.

Wir bedanken uns ganz besonders bei Tracy Walters; sie öffnete ihr Familien-Fotoalbum für uns.

* * *

Etwa im Jahr 1816 wurde auf dem Hausgrundstück No. 74 ein erstes Gebäude errichtet. Wer der erste Besitzer gewesen ist, kann nur gemutmaßt werden.

Das Gebäude in der Mitte ist das der ehem. No. 74 / Aufn. GT [502]

Das Gebäude in der Mitte ist das der ehem. No. 74 / Aufn. GT

Da sich im Gebäude ein Backofen befand und auch in späteren Jahren dieses Gewerbe im Haus ausgeübt wurde, kommt der Bäcker und Pfefferküchler Samuel Gottlieb Grunwald, verheiratet in 2ter Ehe mit Christine Catherine Eger, und verstorben im April des Jahres 1819, in Frage. Aber wie geschrieben: dieses ist nur eine Annahme.

1836 wurde das Gebäude mit einem Alter von etwa 20 Jahre eingeschätzt. Das Haus hatte über Wände aus 4 Zoll (ca. 10 cm) starken Bohlen verfügt und war 49 1/2 Fuß lang, 30 1/2 Fuß breit und 7 Fuß hoch (ca. 15,00×9,00×2,10m) gewesen.

Die Wände waren innen und außen mit Lehm beworfen. Das Schindeldach ruhte auf einem stehendem Dachstuhl . Das Dach der Mansarde war ebenfalls mit Schindeln eingedeckt. Über eine Stiege war der Bodenraum mit dem Flur des Erdgeschosses verbunden. 3 Stuben, 1 Kammer und 1 Küche befanden sich in den ebenerdigen Geschoss. Als eine Besonderheit fand ein „Uhrgehäuse nebst Spind“ in der Wohnstube Erwähnung. Beheizt wurden die Räume über 2 „Ofen von Ziegeln“. Das Gebäude verfügte über 2 zweiflügelige Türen und die Räume wiederum über 7 Türen. Licht kam in das Gebäude über zahlreiche Fenster; in der Gebäudebeschreibung der Provinzialfeuerversicherung wurden 21 erwähnt, 4 mit vier Flügeln, 15 mit 2 und 2 mit nur einem Flügel, zusätzlich gab es noch 2 Giebelluken.

Weiterhin wurde ein Backofen gesondert erwähnt; dieses und das die späteren Bewohner das Handwerk der Bäcker betrieben, führte zur Annahme, dass in diesem Gebäude von Beginn an eine Bäckerei eingerichtet gewesen war.

Einer der Giebel von Fachwerk war mit Lehm ausgefüllt und der andere lediglich mit Brettern verschlagen. Interessant ist, dass die Lage der Giebel „von Süd nach Nord“ beschrieben wurde und nur die Ostseite des Gebäudes an das Gebäude des Hauses No. 75 stieß. Dieses bedeutet, dass das Gebäude mit der ca. 9 m breiten Giebelfront zur Posener Straße stand und die Länge von ca. 15 m in das Grundstück hinein vermessen worden war.

Das Gebäude der Familie Lemberg - ca. 1912 / Bild Familienbesitz Tracy Walters [503]

Das Gebäude der Familie Lemberg – ca. 1912 / Bild Familienbesitz Tracy Walters

Im Jahr 1836 findet sich ein August Grunwald als Besitzer in den Unterlagen der Provinzial Feuerversicherung. Bei unseren Recherchen haben wir den in Neu Tomysl ansässig gewesenen Bürger und Bäckermeister Carl August Grunwald (geboren ca. 1803) in den Kirchenbuchaufzeichnungen gefunden. Er galt als ältester Sohn des oben genannten Samuel Gottlieb Grunwald. Im Jahr 1837 ehelichte er die Förstertochter Johanna Juliane Kalaene aus Gloden. Als Geschiedener ging der dann eine weitere Ehe im November 1847 mit Johanna Louise Zisler, einer Tochter der Christoph und Rosina Dorothea geborene Müller Zisler’schen Wirthsleute aus Wiosker Hauland ein.

Im Alter von 62 Jahren verstarb im Oktober 1865 der letztlich in Wytomysl ansässig gewesene Bäckermeister Carl August Grunwald. Seine hinterlassene Ehefrau Louisa Grunwald geborene Zisler, sie galt als Landbesitzerin in Witomischel, verstarb im Mai 1865.

Kinder aus beiden Ehen des Carl August Grunwald haben wir nicht ermitteln können.

Im Jahr 1857, das Haus No. 74 war nunmehr etwa 40 Jahre alt, gilt Robert Fechner als Eigentümer. Angenommen werden kann, dass die Eheleute Grunwald etwa im Jahr 1856 das Anwesen in Neu Tomysl verkauften um sich in Wytomysl anzusiedeln.

Es heißt in der Beschreibung der Provinzialfeuerversicherung des Jahres 1857, dass das Haus „im vorigen Jahr (1856) in allen Theilen umfassend repariert worden und sich daher jetzt in gutem Zustande befinden“ würde. Durch eine neue Unterschwellung war es um 2 Fuß erhöht worden, es hat unter anderem neue Balken und neue Fenster bekommen. Um das Dach zu verbessern waren 108 Schock neue Schindeln verwendet worden. Für die Arbeiten waren 243 Thaler für Material und weitere 117 Thaler für Arbeitslöhne aufgewendet worden.

Robert Friedrich Fechner war im April 1823 in Neu Tomysl als Sohn der Johann Gottfried und Johanna Juliane geborene Pflaum Fechner’schen Eheleute geboren worden. In Kirchenbuchaufzeichnungen wurde er als Bäcker in Wielichowo und Jablone erwähnt ehe sich in Neu Tomysl vermutlich endgültig niederliess. 1851 hatte er die Johanna Wilhelmine Haendtschke/Hentschke (geb. ca. 1825) geheiratet. Die in dieser Ehe geborenen Kinder verstarben alle sehr bald nach ihrer Geburt und als Johanna Wilhelmine Haendtschke/Hentschke selbst am 24. Juli 1859 im Alter von nur 34 Jahren an Abzehrung verstarb, hinterließ sie weder Kinder noch Vermögen.

Emilie Ernestina Haendtschke/Hentschke (geboren 1834), sie war die jüngere Schwester der Verstorbenen, heiratete im September 1859 ihren verwittweten Schwager. Aus dieser Ehe stammte Johanna Maria Fechner (geboren 1860), welche als Verkäuferin in Berlin tätig und ansässig gewesen war und die Louise Hermine Fechner (geboren 1865) welche 1883 noch in Neutomischel lebte.

Robert Friedrich Fechner verstarb vor dem Jahr 1873 in Berlin.

Die Familie Lemberg um 1920 vor ihrem Haus, das umfangreiche Umbauarbeiten erfahren hatte / Bild: Familienbesitz Tracy Walters [504]

Die Familie Lemberg um 1920 vor ihrem Haus, das umfangreiche Umbauarbeiten erfahren hatte / Bild: Familienbesitz Tracy Walters

Seine hinterlassene Wittwe Emilie Ernestina Fechner geb. Haendtschke/Hentschke heiratete im Juli 1873 den Junggesellen Johann Ferdinand Carl Eduard Lemberg (geboren 1851) welcher als Bäcker in Neutomischel tätig gewesen war. Er war der Sohn der Adolph und Wilhelmine geborene Schmidt Lemberg’schen Eheleute aus Neu Tomysl. 1874, im Jahr nach der Eheschliessung, wurde der gemeinsame Sohn Carl Paul Ferdinand Lemberg geboren. Im darauffolgenden Jahr, 1875, findet sich im Gebäudesteuerbuch der Bäckermeister Ferdinand Lemberg als Eigentümer des Hausgrundstücks No. 74 in Neu Tomysl.

Emilie Ernestina Lemberg, früher verwittwet gewesene Fechner, geborene Haendtschke/Hentschke starb im Februar 1888 in Neutomischel.

Der Wittwer Johann Ferdinand Carl Eduard Lemberg heiratete in zweiter Ehe im August 1888 die Cäcilie Bertha Buchwald (geboren 1869) aus Neu Tomysl. Sie war die Tochter des Töpfermeisters Julius Buchwald und dessen Ehefrau Emilie Paulina geborene Steltzer gewesen. In dieser Ehe waren die Kinder Carl Hermann Ferdinand 1890, Otto Alfried Kurt 1892, George Otto 1894 und Heinrich Hans Bruno 1898 geboren worden.

Im Alter von nur 29 Jahren verstarb Caecilie Bertha Lemberg geborene Buchwald nur 1 Monat nach der Geburt des jüngsten Sohnes.

Heute ist das Gebäude arg in "die Jahre" gekommen ... / Aufn. GT [505]

Heute ist das Gebäude arg in „die Jahre“ gekommen … / Aufn. GT

Die Söhne Kurt und Heinrich Lemberg sollen, so eine überlieferte Erzählung, in späteren Jahren in der Bäckerei des Vaters tätig gewesen sein.

Der nunmehr erneut verwittwete Johann Ferdinand Carl Eduard Lemberg schloss am 17. Januar 1899 seine 3te Ehe mit der Anna Ottilie Morzynski. Sie war am 04. Jun 1873 in Neu Tomysl als Tochter des Müllermeisters Theophil Morzynski und dessen Ehefrau Ottilie geborene Tepper zur Welt gekommen. Die gemeinsamen Kinder aus dieser Ehe waren Frieda Anna geb. 1899 und Gertrud Maria Magdalena geb. 1903.

Anna Ottilie verwittwete Lemberg geborene Morzynski gilt als letzte Besitzerin des Hausgrundstücks in Neu Tomysl, ehe sich die Spuren der hier beschriebenen Familie oder besser der Familien verlieren.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):
Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl
Kirchenbücher der evangelischen Gemeinde Neu Tomysl

Dezember – Grudzień 2015

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski)
am in Hauland,Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
Weihnachten / Boże Narodzenie 2015 [506]

Weihnachten / Boże Narodzenie 2015

Ein Selbstmord – 1795 – 30. Junius

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Friedhöfe,Genealogie,Hauland,Kirchen,Personen, Familien,Rakwitz | Kommentare sind deaktiviert
Blick vom ehem. evgl. Friedhof Rakwitz Richtung Kirche (rechts im Hintergrund), nicht bekannt ist, wo Tote, welche nicht, nach damaliger Auffassung, auf dem eigentlichen Friedhof beerdigt werden durften, begraben wurden / Bild: PM [507]

Blick vom ehem. evgl. Friedhof Rakwitz Richtung Kirche (rechts im Hintergrund), nicht bekannt ist, wo Tote, welche nicht, nach damaliger Auffassung, auf dem eigentlichen Friedhof beerdigt werden durften, begraben wurden / Bild: PM

Vor Anbruch des Tages wurde zwar minus honeste (kein ehrenvolles, kein ehrbares) und außerhalb dem gewöhnlichen Begräbnisplaze, doch unter dem Schuze des weisern und menschlichern Geseze Sr. Königl. Majestät von Preußen, nunmehr auch unsers Allergnädigsten Herrn durch auswärtige Tagelöhner und nicht wie sonst durch den Abdecker, beerdigt der hiesige Bürger und Schwazfärber Andreas Gralow, welcher am 28. desselben Monats vormittags um 10 Uhr in seiner Färbermangel sich selbst an einem Strick erhängt hatte.

Er hat sein Alter gebracht auf 60 Jahre. Der Mann war, von je her einer der angesehensten und wohlhabendsten Einwohner dieser Stadt, auch Beysizer des hiesigen Stadtgerichts und Kirchenvorsteher gewesen.

Durch die im vorgien Jahre bey Gelegenheit der Predigerwahl hieselbst entstandenen Unruhen wurde derselbe als ein eifriger Anhänger der Bürgerschaft von der Grundherschaft seiner Ehrenämter entsezt.

Dies machte einen so starken und nachtheiligen Einfluß auf sein Gemüt, daß er wirklich zu deliriren anfieng und nur selten lucida intervalla (lichte Momente) hatte. Er ergab sich, welches er sonst nie getan, der Trunkenheit und andren groben Ausschweifungen, wobey er sein einträgliches Gewerbe vernachlässigte und viel Geld verschwendete.

Nach einem Aufenthalt von etlichen Wochen bey seinem Vetter, dem Chirurgen Gralow in Karge kam er, wie man sagte, gebessert zurück, aber seine Gemütskrankheit hatte nun eine andere, und zwar die ganz entgegengesezte Wirkung. So heftig er vorher gebrauset hatte, so still und in sich selbst gekehrt war er nun. Das Andenken an seine begangenen Ausschweifungen – die Schaam vor seiner Gattin und seinen Kindern, wie vor allen Einwohnern – die Reue wegen seiner Verschwendung – das Mißtrauen wegen seines künftigen Auskommens – die Verzweiflung wegen einer ewigen Verdammniß – alles das machte ihn tiefsinnig, melancholisch – er suchte keinen Arzt, keinen Freund – der seinem Gemüthe nach und nach eine andere Stimmung gegeben hätte, er wurde – Selbstmörder !

Sanft ruhe seine Asche !

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Quelle: Berichte und Eintragungen aus den Kirchenbüchern der Gemeinde Rakwitz – Staatsarchiv Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) – / in „Geschichte der Evangelischen Kirche zu Rakwitz“ von Karl Schulz, erschienen 1929 in Posen

Der ehemalige Friedhof von Albertowske / Albertowsko

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Albertoske,Bez kategorii,Friedhöfe,Genealogie,Hauland,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Die Naturlandschaft Albertowsko / Aufn. PM [508]

Die Naturlandschaft Albertowsko / Aufn. PM

Es ist nichts genaues über die Entstehung des Ortes Albertowske bekannt. Vermutet wird, dass die ersten „Hauländer“, wie auch in der umliegenden Region, um 1750 hier die Erlaubnis erhielten sich anzusiedeln.

Albertowsko, früher Albertowske oder Albertoske, stellt bzw. stellte eine Streusiedlung dar. Die Höfe liegen wie willkürlich verteilt in der Region und die Ansiedlung verfügt über keinen zentralen Ortskern.

Felder und Wiesen, die sich abwechseln mit Sanddünen und großen Heidekrautflächen und alle umgeben von Wald, gestalten das Gesamtbild der außerordentlich schönen Naturlandschaft der Region.

Am Weg linker Hand den Sandhügel hinauf liegt der alte evangelische Friedhof / Aufn. GT [509]

Am Weg linker Hand den Sandhügel hinauf liegt der alte evangelische Friedhof / Aufn. GT

Wanderer können inmitten dem Wald auf einer Anhöhe den Friedhof der evangelischen Bewohner von Albertowske finden. Hier umgibt den Besucher dann absolute Stille, einzig durch Vogelgezwitscher und ab und an einem rascheln im Unterholz wird diese unterbrochen. Hier kann man in sich gehen und „seiner“ Verstorbenen gedenken, gleich ob sie hier oder anderswo zur letzten Ruhe bestattet wurden.

Hinweistafel am Eingang des ehem. evgl. Friedhofgeländes / Aufn. PM [510]

Hinweistafel am Eingang des ehem. evgl. Friedhofgeländes / Aufn. PM

Im letzten Jahr wurde mit Ausrodungsarbeiten auf dem Areal des ehemaligen Friedhofes begonnen. Die Arbeiten werden unter der Leitung von Herrn Konrad Maciejaszek durch die „Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp.“, einer Einrichtung bzw. einem Erziehungsheim für straffällig gewordene Jugendliche, ausgeführt.

Dabei wurde auch die Katalogisierung der freigelegten Gräber begonnen. Nach dem vollständigen Abschluss der Arbeiten sollen diese der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden.

Ein kleiner Abriss zu den Gräbern auf dem Friedhof und zu den Arbeiten auf dem Gelände ist nachstehend zu finden …

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Grabstein der Auguste Lange / Aufn. Piotr Szwiec 2010 [511]

Grabstein der Auguste Lange / Aufn. Piotr Szwiec 2010

Hier ruhet in Gott
Auguste Lange geb. Mai
geb. 1. Juni 1833
gest. 27 April 1918
Ruhe sanft
Auf Wiedersehen

Geboren wurde sie am 01 Juni 1834 in Albertoske als Wilhelmine Auguste Preuss, so der Eintrag im Kirchenbuch von Grätz. Ihr Vater war der verwittwete Johann Daniel May, ihre Mutter Eleonore Preuss. Neben ihrem Geburtseintrag ist vermerkt, dass sie in Hammer Boruy getauft wurde und ihre Eltern am 26. November 1835 getraut worden waren.

Im Juni 1851, sie war gerade 17 Jahre alt, ehelichte sie den 39 jährigen Wittwer und Eigenthümer zu Albertoske Johann Christian Lange.

Nach den noch einsehbaren Personenstandsunterlagen heiratete sie im Jahr 1884 erneut; ihr Lebenspartner wurde der im Mai 1817 geborene und als Ausgedinger lebende Johann August Gottlieb Zeuschner. Namentlich findet er jedoch keine Erwähnung auf dem Stein.

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Bruchstücke eines Kreuzes mit der Inschrift zu Christian Lange / Aufn. PM [512]

Bruchstücke eines Kreuzes mit der Inschrift zu Christian Lange / Aufn. PM

Hier ruht in Gott
Christian Lange
geb. 29. Feb. 1812
gest. 12 Novbr. 1878

Am 12. November 1878 war vor dem Standesbeamten in Konkolewo der Eigenthümer Samuel Lange aus Albertoske erschienen um den Tod seines Vaters anzuzeigen. Der Ausgedinger Christian Lange, bei seinem Tod 66 Jahre, 8 Monate und 12 Tage alt, war zu Grubsker Hauland geboren worden. Er verstarb am 12. November 1878 zu Albertoske in des Anzeigenden „Behausung“ . Als seine Eltern wurden der verstorbene Ausgedinger Martin Erdmann Lange und dessen ebenfalls verstorbene Ehefrau Beate geborene Kriger angegeben.

Offen bleibt, da keine Ehefrau in dem Eintrag genannt wurde, ob es tatsächlich der Ehemann der Auguste Lange geb. Mai (Preuss) gewesen ist. Vorstellbar wäre, dass die gefundenen Bruchstücke des Kreuzes mit dem Grabstein der Auguste Lange geb. Mai einen großen Gedenkstein gebildet haben.

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Grabstein der Eheleute Timm - Tepper / Aufn. PM [513]

Grabstein der Eheleute Timm – Tepper / Aufn. PM

Ein sehr gut erhaltener Grabstein, er ist inzwischen auf zahlreichen Photoaufnahmen zu sehen, ist der der Eheleute Timm und Tepper.

Dienegott Gottlieb Timm, war am 17. Februar 1850 in Albertoske, als Sohn des Johann Gottlieb Dienegott Timm und dessen Ehefrau Johanna Juliana geb. May, geboren worden. Johanna Beate geb. Tepper war am 30 August 1849 in Konkolewo, als Tochter der Eheleute Johann Gottfried Tepper und Johanna Louise geb. Stechbart, zu Welt gekommen.

Beide hatten am 22. März 1877 in Konkolewo die Ehe geschlossen.

Während für Dienegott Timm das Todesdatum mit dem 10. Mai 1922 in den Stein eingemeißelt wurde, ist das für Johanna Beata Timm geboren Tepper aufgelassen, noch ist nicht bekannt, wann und wo sie verstorben ist.

Als Inschrift ist neben den Lebensdaten der Eheleute zu lesen : Hier ruhen in Gott uns. lieben Eltern. Gewidmet von den Kindern.

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Grabstein der Eheleute Timm - Hoffmann und Timm - Kern / Aufn. Konrad Maciejaszek - "Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp." [514]

Grabstein der Eheleute Timm – Hoffmann und Timm – Kern / Aufn. Konrad Maciejaszek – „Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp.“

Ein weiterer inzwischen halbwegs identifizierter Grabstein konnte wiederum einer Familie Timm zugeordnet werden.

Jedoch konnte von den Genannten nur das Sterbedatum der Mathilde Timm geb. Hoffmann in den Standesamtsunterlagen nachvollzogen werden.

Sie war am 08. November 1866 in Boruy als Tochter des Johann Carl August Hoffmann und der Johanna Juliana Auguste geborene Kutzke geboren worden.

Zu wann sie die Ehe mit Johann Heinrich Timm einging ist nicht bekannt. 10 Kinder des Paares wurden in den Jahren 1887-1901 geboren, sodass angenommen werden kann, dass die Heirat vermutlich im oder vor dem Jahr 1886 stattgefunden hat.
Sie verstarb am 25. Juni 1902 in Albertoske im Alter von nur 35 Jahren.

Weiterhin ist auf dem Stein der Name des Johann Heinrich Timm, geboren am 12. November 1855 in Albertoske zu finden. Er war der Sohn von Johann Daniel (Taufname David) Timm und dessen Ehefrau Johanna Beate geb. Fitzner gewesen. Ein Todesdatum findet sich nicht auf dem Stein.

Auch zu Emma Timm geborene Heyn wurden keine weiteren Daten gefunden. Sie wurde, dieses ist nur eine mündliche Überlieferung, am 01. Apr 1876 in Luben Hauland geboren. Nachkommen dieser Familie sollen im Raum Bad Freienwalde gelebt haben.

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Scherben der Grabplatte der Bertha Rosenau geb. Schirmer / Aufn. Aufn. Konrad Maciejaszek - "Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp." [515]

Scherben der Grabplatte der Bertha Rosenau geb. Schirmer / Aufn. Aufn. Konrad Maciejaszek – „Zakład Poprawczy w Grodzisku Wlkp.“

Mit der aus Scherben zusammengesetzten Grabplatte, welche der Frau Eigentümerin Bertha Rosenau geb. Schirmer gewidmet war, schließen wir unseren heutigen Beitrag. Sie war als Tochter der Eheleute Johann Gottfried Schirmer und Johanna Louise geborene Labsch am 09. September 1853 in Cichagora geboren worden. Bei der Taufe wurden ihr die Vornamen Johanna Bertha Amalie beigelegt.

Am 06. Dezember 1881 hatte sie standesamtlich in Cicha Gora Johann Carl Heinrich Rosenau geheiratet.

Johanna Bertha Amalie Rosenau geb. Schirmer verstarb am 22. September 1905 in Albertoske; ihr Tod wurde dem Standesbeamten in Konkolewo von ihrem hinterlassenen Ehemann, dem Eigentümer Heinrich Rosenau angezeigt.

Der Friedhof im spätherbstlichen Licht / Aufn. PM [516]

Der Friedhof im spätherbstlichen Licht / Aufn. PM

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Staatsarchiv Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) – 1.) Personenstandsunterlagen der Stadt/Gemeinden Neutomischel, Grätz, Konkolewo, Boruy

Erbbescheinigungsantrag für Nachkommen der Familien Seide/Peter – 1890

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Hauland,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert

In der Geschichte des Haulandes „verlieren“ sich oft Familien. Trotz intensivster Suche finden sich in vielen Fällen keinerlei Hinweise mehr auf sie. Sind alle Angehörigen verstorben ? fehlen lediglich die Eintragungen in den Personenstandsunterlagen ? gab es nur weibliche Nachfahren, die durch Heirat den Familiennamen nicht weiterführten ?, oder sind Familienmitglieder einfach „nur“ abgewandert ? wenn ja, wohin ?

In einigen Fällen hilft dann nur noch der Zufall um die Spuren weiter verfolgen zu können, so auch im Fall der Familienmitglieder Peter.

Am 11. Januar 1890 erschienen vor dem in Neutomischel wohnhaften Notar im Bezirke des Königlichen Oberlandesgerichts zu Posen, Herrn Adalbert Bartecki, die Louise Ernestine Jäger geborene Peter und deren Ehemann. Sie beantragten die Ausstellung einer Erbbescheinigung; hierzu erklärten sie wie folgt:

Die genannten Familienangehörigen Seide und Peter / Zusammenstellung GT [517]

Die genannten Familienangehörigen Seide und Peter / Zusammenstellung GT

„A) Am neunten August des Jahres eintausend achthundert sechsundsechzig (09. August 1866) verstarb im Lazarett zu Posen ohne Errichtung einer letztwilligen Verordnung und unerwartet der Handwerker und Soldat Johann Gottfried Seide und hat zu seiner alleinigen gesetzlichen Erbin seine Mutter, die Wittwe Anna Christina Seide geborene Peter zu Glinau, Kreis Neutomischel, hinterlassen

B) Am fünfzehnten Juni des Jahres eintausend achthundert siebenundsiebenzig (15 Juni 1877) verstarb zu Glinau der frühere Eigenthümer Johann Christian Seide ohne Errichtung einer letztwilligen Verordnung und ohne Hinterlassung eines Testamentes. Derselbe lebte mit der gegenwärtig in Neutomischel wohnhaften Wittwe Amalie Seide in erster Ehe und Gütergemeinschaft und hat außer derselben zu seiner alleinigen gesetzlichen Erbin seine Mutter, die Wittwe Anna Christina Seide geborene Peter in Glinau hinterlassen.

C) Demnächst verstarb am sechsundzwanzigsten Juni des Jahres eintausend und achthundert neunundachtzig (26. Juni 1889) zu Glinau ohne Errichtung einer letztwilligen Verordnung die Ausgedingerwittwe Anna Christina Seide geborene Peter und hat zu ihren alleinigen gesetzlichen Erben die Kinder ihrer vor ihr verstorbenen, mit dem in Neutomischel wohnhaften Districtsboten Johann Gottfried Peter, verehelicht gewesenen Tochter Juliane Peter geborene Seide hinterlassen, nämlich:

Johann Gottfried Peter, Schuhmacher in Giebichenstein an der Saale

Gustav Heinrich Peter, Arbeiter in Goslar am Harz

Ernestine Louise Peter, jetzt verehelichte Arbeiter Jäger in Neutomischel

Wir versichern hiermit an Eides statt, daß uns andere gleich nahe oder nähere Erben nach den zu A,B, und C angegebenen Erblassern nicht bekannt sind, wir auch nicht wissen, dass die genannten drei Erblasser eine letztwillige Verordnung hinterlassen haben. Wir beantragen Ausstellung einer Erbbescheinigung … “

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/- 1.) Akten des Notar Bartecki; 2.) Personenstandsunterlagen der Stadt/Gemeinde Neutomischel

 

Kurzmitteilung – Das Wetter vom 05. Dezember 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
am in Boruy,Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert

Boruy_Kornblumen-1 [518]Als eine Abnormität der Jahreszeit wird uns mitgeteilt, daß auf dem Acker des Eigentümers Karl Welke in Alt Borui Kornblumen blühen.

Die lang anhaltende milde Witterung in diesem Herbste hat schon manche Naturseltenheit hervorgebracht.

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1913/12/05; Collage: Kartenausschnitt (http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80); Grusskartenausschnitt; Kopie der Zeitungsmeldung

 

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 15 – Familie Pietsch / anfänglich Schneiderwerkstatt und später Kupferschmiede bis 1870

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Alte Wörter, Begriffe, Berufe,Bez kategorii,Genealogie,Glinau,Hauland,Kirchen,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Direkter Blick auf das ehemalige Hausgrundstück No. 15 in Neu Tomysl / Aufn. PM [519]

Direkter Blick auf das ehemalige Hausgrundstück No. 15 in Neu Tomysl / Aufn. PM

Am 13. August 1778 wurde durch Graf Feliks Szołdrski den Hauländergemeinden das Kirchenprivilegium zum Bau einer evangelischen Kirche nebst eines Pfarr- und Schulhauses und die Anlage eines Kirchenplatzes auf dem „Platz bey Pietschen Nachbar in der Glinauschen Gemeinde“ erteilt.

Letztlich ist es natürlich nur Annahme, dass dieser Nachbar Pietsch, tatsächlich derjenige war, dessen Familie wir in den Kirchenbuchaufzeichnungen folgten, es spricht jedoch vieles dafür.

Zu finden sind die George Friedrich und Anna geborene Nerling(in) Pietsch‚en Eheleute. Beide waren rückgerechnet aus Altersangaben in ihren Sterbeeinträgen um 1725/1726 geboren worden. Zu wann sie sich in Glinau ansiedelten oder auch woher sie kamen ist nicht bekannt.

Erwähnt wurden sie als Nachbarn aus der Glinauschen Gemeinde. George Friedrich Pietsch war Schneidermeister und späterer Kirchenvorsteher. Verstorben sind sie, so die Toteneintragungen im Kirchenbuch, in den Jahren 1797 und 1799 „allhier“, welches gleichzusetzen ist mit der in den Jahren 1786-1788 gegründeten Stadt Neutomischel.

Weiterhin ist in den Aufzeichnungen der Eheschließungen aus dem Jahr 1785 nachfolgender Eintrag zu finden: „ Johann George Pietsch, juvenis, ein Schneider u. Eigenthümer auf dem Kirchen Platze, George Friedrich Pietsch, Nachbar in der Glinauschen Gemeine und Kirchenvorstehers, jüngster Sohn, mit Jungfer Maria Elisabeth Kliemin, Mstr. Gottfried Kliems, Eigenthümers und Windmüllers auf dem Kirchen Platze älteste Tochter. Copul. d. 18 October“.

Johann George Pietsch, Sohn von George Friedrich Pietsch und seiner Ehefrau Anna geb. Nerling war vermutlich um das Jahr 1753 geboren worden, sein Geburtsort konnte nicht ermittelt werden. Er und seine Ehefrau Maria Elisabeth geborene Kliem haben jedoch als Unverheiratete den Kirchenbau und in den ersten 2 Jahren nach ihrer Eheschließung die Stadtgründung miterlebt.

Kupferschmiede im Museumsdorf Cloppenburg Die alten Handwerksgeräte bestimmen die Einrichtung. Die ältesten Geräte stammen aus der Zeit um 1850 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kupferschmiede_-_Coppersmithy_-_Museumsdorf_Cloppenburg_-_Open_air_museum_Cloppenburg.jpg / Aufn. Heinz-Josef Lücking [520]

Kupferschmiede im Museumsdorf Cloppenburg Die alten Handwerksgeräte bestimmen die Einrichtung. Die ältesten Geräte stammen aus der Zeit um 1850
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kupferschmiede_-_Coppersmithy_-_Museumsdorf_Cloppenburg_-_Open_air_museum_Cloppenburg.jpg / Aufn.
Heinz-Josef Lücking

Ob es mit der Stadtgründung zu einer Neuordnung „alter“ Grundstücke gekommen ist, oder ob die vorhandenen lediglich dem Areal der Stadt zugeschlagen wurden, ist ein weiterer Punkt, der bis heute nicht geklärt werden konnte. Angenommen wurde, dass das ehemalige Grundstück der Familie Pietsch in Glinau zum Grundstück Neu Tomysl No. 15 am Alten Markt bzw. dem Kirchenringe wurde.

Die Daten der Gebäude, die in der seitens der Provinzial Feuerversicherung angefertigten Beschreibung aus dem Jahr 1836 für den Besitzer Wilhelm Pietsch festgehalten wurden, wiesen für diese ein Alter von 30 Jahren aus; als Baujahr ist also das Jahr 1806 anzunehmen.

Zugrunde gelegt wurde, dass der genannte Besitzer Wilhelm Pietsch der im Januar 1803 geborene Sohn o. g. Eheleute Pietsch/Kliem ist, welche anhand des Errichtungsdatums der Gebäude auch als deren Erbauer gelten; getauft wurde er auf den vollen Namen Johann Wilhelm Friedrich Pietsch.

Wilhelm Pietsch hatte sich 1828 mit der im Jahr 1807 geborenen Johanna Rosina Maennel, einer Tochter des Kaufmanns und Eisenhändlers Carl Maennel und dessen Ehefrau Anna Rosina geb. Kannewischer, vermählt. Die Eheleute Pietsch/Maennel waren Bürger, Wilhelm zudem Kupferschmied, in der Stadt Neu Tomysl.

Das 1836 beschriebene Wohnhaus war 48 Fuß lang, 29 Fuß breit und 7 Fuß hoch (ca. 14,60×8,80×2,10m). Die äußeren Bohlenwände waren mit Lehm verputzt gewesen, während die inneren Wände aus kiefernem Fachwerk, welches mit Lehm ausgeklebt gewesen war, bestanden haben. Das Haus hatte über einen stehenden Dachstuhl mit einem Erker verfügt. Gesondert wurden 2 gläserne Dachfenster erwähnt. Beim Bau des Schornsteins war darauf geachtet worden, das dieser nicht in Berührung mit hölzernen Wänden kam. Über 2 Flure waren 4 Stuben, 1 Stubenkammer, 2 Dachstuben und 1 Rauchkammer zu erreichen gewesen. Die Räume hatten über 13 Türen, welche sie miteinander verbunden hatten, verfügt. Licht kam durch 8 zweiflügelige Fenster ins Haus. Mit 2 im Haus befindlichen „Ofen aus Kacheln“ konnte das Haus beheizt werden.

Im Gebäude wurde, so der Vermerk des Versicherungsbevollmächtigen, die „Kupferschmiede Profession“ betrieben. Diese Aussage erhärtet nochmals die Annahme, dass es sich bei dem Besitzer um Johann Wilhelm Friedrich Pietsch gehandelt hat, er galt als Kupferschmied in der Stadt.

Über einen Torweg konnte das Grundstück vermutlich auch mit einem Pferdefuhrwerk befahren werden. Durch diesen war der Stall, 76 Fuß lang, 19 1/2 Fuß breit und 7 Fuß hoch (ca. 23,10×5,90×2,13), der sich an den hinteren Teil des Wohngebäudes anschloss, zu erreichen gewesen. In dem aus Bohlwerk errichten Gebäude waren unter anderen 1 Pferdestall, der 5 Pferde beherbergen konnte und 2 Ställe für 12 Stück Rindvieh untergebracht gewesen.

Das Gebäude auf dem Hausgrundstück No. 15 links neben dem ehemaligen Hotel Hopfenkranz / Ansichtskarte aus der Sammlung Wojtek Szkudlarski [521]

Das Gebäude auf dem Hausgrundstück No. 15 links neben dem ehemaligen Hotel Hopfenkranz / Ansichtskarte aus der Sammlung Wojtek Szkudlarski

Die großen Ställe lassen vermuten, dass außer dem Ehepaar Pietsch noch weitere Personen im Haus gelebt haben, hierzu wurden allerdings keine Aufzeichnungen gefunden.

Alles in allem, trotz erwähnter „etwas verwitterter“ äußerer Wände, trotz „etwas verfaulter“ Holzwände und Ecken am Erker, trotz „etwas ausgetretener“ Lehmfußböden, trotz nur zur „Hälfte guter Schindeln“ auf den Dächern galten die Bauten als „noch dauerhaft„.

Insgesamt wurden in den Kirchenbuchaufzeichnungen 8 geborene Kinder von Johann Wilhelm Pietsch und der Johanna Rosina geborene Maennel gefunden. Krankheiten wie Ruhr, Stickfluss und Scharlach ließen vermutlich nur den in den Eintragungen gefundenen, im Jahr 1842 geborenen Sohn, Emil Gustav überleben. Er ist in Kirchenbuchaufzeichnung in späterer Zeit wiederum als Kupferschmied zu finden. Weiterhin kann er als Folgebesitzer des Hausgrundstücks Neu Tomysl No. 15 angenommen werden ehe dieses um 1870 mit neuen Besitzern Erwähnung findet.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):
Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl
Kirchenbücher der evangelischen Gemeinde Neu Tomysl

 

Verzeichnis der bei dem königlichen Land und Stadtgericht zu Grätz in dem Jahre 1837 eingeleiteten Criminal Untersuchungen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Albertoske,Bez kategorii,Bolewitz,BukowiecDE,Cichagora,Doktorowo,Jastremske,Neustadt bei Pinne,Neutomischel,Opalenitza,Paprotsch,Personen, Familien,Sontop,Wytomysl / Witomischel | Kommentare sind deaktiviert
Schwarzer Zweispitz für Zivilbeamte, Post- oder Forstbeamte, mit preußischer Kokarde. Auf den Wappenknopf ist der preußische Adler unter einer Krone dargestellt - Bild: Museum Weißenfels - Schloss Neu-Augustusburg http://www.museum-digital.de/san/index.php?t=objekt&oges=11369 [522]

Schwarzer Zweispitz für Zivilbeamte, Post- oder Forstbeamte, mit preußischer Kokarde. Auf den Wappenknopf ist der preußische Adler unter einer Krone dargestellt – Bild:
Museum Weißenfels – Schloss Neu-Augustusburg
http://www.museum-digital.de/san/index.php?t=objekt&oges=11369

Nachstehend geben wir das Verzeichnis der im Jahr 1837 durchgeführten Untersuchungen und Verurteilungen bei dem Königlichen Stadtgericht in Grätz wieder.

Wir wissen keine Einzelheiten über die Vergehen der Genannten; von keiner der Gerichtsakten war zum Zeitpunkt dieses Beitrages ein Aufbewahrungsort bekannt.

Einerseits erfolgten „völlige“ und „vorläufige“ Freisprüche, andererseits wurden Gefängnis- und Zuchthausstrafen verhängt. Ebenfalls sind Urteile zur Züchtigung mit Peitschenhieben und Stockschlägen, zum Teil in großer Zahl, gesprochen worden; selten findet sich, dass diese in mäßiger Form ausgeführt werden sollten.

Neben den genannten Strafen kam es bei Männern zum Verlust des Rechts die National Kokarde u. ä. Abzeichen zu tragen; erstere symbolisierte als äußeres Kennzeichen die „herzerhebende allgemeine Aeußerung treuer Vaterlandsliebe„, welche dem Verurteilten durch die begangene Straftat abgesprochen wurde.

* * *

 

Nro.

Vor- und Zuname, Stand und Wohnort des Angeschuldigten

Gegenstand der Untersuchung

Alter

Wie erkannt worden

1

Dienstjunge Christian Bzdrega und Josephine verehelichte Lode zu Neu Bolewice

Diebstahl

Die Angeschuldigten sind außerordentlich mit vierwöchentlichem Zuchthaus bestraft. Bzdrega auch des Rechts, die preußische National Kokarde zu tragen für verlustig erklärt

2

Schuhmacher Joseph Bolinski zu Doktorowo

körperliche Verletzung

40 Jahre

Inculpat ist mit einer dreimonatlichen Gefängnißstrafe belegt

3

Knecht Stephan Bielawy zu Bukowice

Diebstahl

41 Jahre

Inculpat ist völlig freigesprochen

4

Dienstmädchen Marianna Bakalska zu Neustadt

Diebstahl

16 Jahre

Inculpat ist völlig freigesprochen

5

Tagelöhner Johann Bodanski, Andreas Skwierzynski, Jacob Kusparck alias Kasder, Elisabeth Wierkiewicz zu Opalenica

Diebstahl

25 Jahre

Inculpat ad 1 et 3 sind ein jeder mit einer Züchtigung von vierzig Hieben in zwei Raten und zweijähriger Zuchthausstrafe, Inculpat ad 2 außerordentlich mit zwei und ein halbjähriger Zuchthausstrafe belegt. Inculpatin ad. 4 dagegen freigesprochen

6

Knecht Jacob Banaszkiewicz und Knecht Andreas Blaschke zu Sielinko

Diebstahl

32 Jahre

Inculpat ad 1 ist ordenlich mit dem Verluste der National Kokarde, und einer sechswöchentlichen Gefängnißstrafe nebst 15 Peitschenhieben betraft. Inculpat ad 2 hingegen ordentlich mit dem Verluste des National Militairabzeichens, oder Landwehrkreuzes, und der Nationalkokarde mit Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes, sowie mit fünfzehn Stockhieben und einer sechswöchentlichen Einstellug bei einer Garnison Kompaguie bestraft

7

Knecht Woyciech Bartkowiak und Dienstknecht Matheus Maydziak zu Konin

körperliche Verletzung

20 Jahre

Jeder der Angeschuldigten ist mit einer zweijährigen Zuchthausstrafe bestraft

8

Wirth Woyciech Babelek zu Wytomysl

Veruntreuung

37 Jahre

noch nicht erkannt

9

Dienstknecht Andreas Bialy und Peter Haumla zu Michorzewo

Verwandten Mord

20 + 23 Jahre

noch nicht erkannt

10

Schullehrer Cichocki zu Woznik

gefährliche Verletzung

32 Jahre

der Angeschuldigte ist vorläufig freigesprochen

11

Pferdeknecht Matheus Cinski zu Linde

Diebstahl

30 Jahre

Inculpat ist ordentlich mit zehn Peitschenhieben und Verlust der Nationalkokarde bestraft

12

unverhelichte Pauline Drescher und Rathmann Jacob Roestel zu Neutomysl

falsche Denunciation

17 Jahre

die Angeschuldigten sind völlig freigesprochen

13

Tagelöhner Andreas Drazkiewicz und verehel. Franz Drazkiewicz zu Opalenica

Diebstahl

18 Jahre

die Angeschuldigten sind vorläufig freigesprochen

14

Einlieger Gottfried Dober zu Alexandrowo

Diebstahl

31 Jahre

Inculpat mit einer achttägigen Gefängnißstrafe und Verlust der Nationalkokarde bestraft

15

Marianna verwittwete Fornalik und Knecht Jacob Fornalik zu Czarkow

Diebstahl

64 Jahre

Inculpatin ad 1 ist vorläufig freigesprochen. Coinculpat ist außerordentlich mit einer dreiwöchentlichen Gefängnißstrafe belegt, und des Rechts, die National Kokarde zu tragen für verlustig erklärt

16

Tagelöhner Jacob Crzesko zu Neustadt

Diebstahl

33 Jahre

Inculpat ist vorläufig freigesprochen

17

Schuhmacher Garczynski’schen Eheleute zu Graetz

Diebstahl

30 Jahre

Inculpat ist völlig , Coinculpatin vorläufig freigesprochen

18

Gebrüder Günther zu Neustadt

Diebstahl

28 Jahre

Jeder der Inculpaten ist mit Verlut des Rechts, die Preußische National Kokarde zu tragen und dreißig Peitschenhieben bestraft

19

Nachtwächter Günther zu Neustadt

Diebstahl

29 Jahre

Inculpat ist des Rechts, die Preußische Nationalkokarde zu tragen und einer vierzehntägigen Gefängnißstrafe außerordentlich bestraft

20

Tagelöhner Gottlieb Günther zu Cichagora

Diebstahl

22 Jahre

Inculpat ist mit Verlust der Preußischen Nationalkokarde uns einer körperlichen Züchtigung von dreißig Peitschenhieben bestraft

21

Fleischergeselle Carl Geltner zu Neustadt

Diebstahl

23 Jahre

Inculpat ist unter Versetzung in die 2te Klasse des Soldatenstandes mit dem Verlust des Militairabzeichens, des Landwehrkreuzes und der Nationalkokarde, mit einer dreimonatlichen Einstellung in die Strafsektion einer Garnison Kompaguie bestraft

22

Tagelöhner Gottlieb Gärtner und Veronica verhelichte Gaertner geborene Kurzmann zu Opalenica

Diebstahl

22 Jahre

Inculpat ist mit Verlust des Rechts, die Preußische National Kokarde zu tragen, fünfzehn Peitschenhieben, einer einjährigen Zuchthausstrafe, oder im Falle er nicht züchtigungsfähig mit einer dreimonatlichen Zuchthausstrafe und Detention bis zum Nachweis des ehrlichen Erwerbes bestraft. Coinculpation ebenfalls mit einer dreizehnmonatlichen Zuchthausstrafe und Detention bis zum Nachweis des ehrlichen Erwerbes.

23

Tagelöhner Franz Gorka und Tagelöhner Woyciech Osses zu Grossdorff

Diebstahl

45 Jahre

Inculpat ist mit einer zwei und einhalbjährigen Einstellung in die Strafsektion einer Garnison Kompaguie bestraft. Coinculpat ist mit einer zwei und einhalbjährigen Zuchthausstrafe und einer körperlichen Züchtigung von 60 Peitschenhieben in drei Raten belegt.

24

Tagelöhner Wacarzyn Gwarny zu Buk

Diebstahl

40 Jahre

Inculpat ist vorläufig freigesprochen

25

Tagelöhner George Hahnefeld, Johann Knoll, Dorothea Elisabeth verehl. Knoll zu Neustadt

Diebstahl

28 Jahre

Inculpaten ad 1 et 2 sind ein jeder mit einer 15 monatlichen Einsperrung in einer strengen Besserungsanstalt bestraft, sind auch aus derselben nicht eher zu entlassen, als bis sie nachgewiesen, wie und auf welche Weise sie künftig sich zu ernähren im Stande sind, auch des Rechts die Nationalkokarde zu tragen für verlustig erklärt. Die Angeschuldigte ad 3 ist freigesprochen

26

Knecht Johann Gottfried Heinrich und Johann Gottfried Schmeiss zu Neutomysl

Straßen Raub

29 Jahre

ist noch nicht erkannt

27

Gebrüder Jadwiczak, a. Wawrzyn, b. Anton, c. Bartholomeus, d. Adam aus Wytomysl

grobe Realinjurie (körperliche Beleidigung)

22 Jahre

noch nicht erkannt

28

Dienstmagd Rosina Kunstmann zu Neu Jastrzembske

Betrug

27 Jahre

Inculpatin ist mit einer achttägigen Gefängnißstrafe bestraft

29

Catharina verehelichte Kloy zu Wysoczka

tödtliche Verletzung aus Fahrlässigkeit

23 Jahre

Inculpatin ist mit einer vierwöchentlichen Gefängnißstrafe belegt

30

Einlieger Valentin Kruczynski zu Zborowko

Diebstahl

48 Jahre

der Angeschuldigte ist mit zehn Peitschenhieben, welchen im Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit einer Gefängnißstrafe von 8 Tagen substituiert und mit Verlust der Nationalkokarde bestraft

31

Exekutor Krüger zu Grätz und Eduard Krüger zu Neustadt

Defekte

54 Jahre

noch nicht erkannt

32

Wirth Bartholomeus Kosciusko und Johann Slecki zu Woznik

Holzdiebstahl

40 Jahre

vorläufig freigesprochen

33

Einlieger Michael Krawiec zu Niegolewo

Diebstahl

44 Jahre

Inculpat ist mit einer vierundzwanzig stündigen Gefängnißstrafe bestraft, ihm auch die Nationalkokarde abgesprochen

34

Theodor Kasparek zu Graetz

Diebstahl

15 Jahre

Inculpat ist ordentlich mit fünfzehn Peitschenhieben, oder im Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit mit einer vierzehntägigen Gefängnißstrafe belegt, auch die Nationalkokarde abgesprochen

35

Elisabeth verwittwete Kluge zu Neustadt

Diebstahl

26 Jahre

Inculpatin ist meiner achttägigen Gefängnißstrafe belegt

26

Marianna Kubiak aus Dobra

Diebstahl

42 Jahre

Inculpatin ist meiner einer dreitägigen Gefängnisstrafe belegt

37

Kommissarius Kostecki und Waldwärter Alexius Szukowski zu Possadowe

Betrug

38 Jahre

noch nicht erkannt

38

Böttcher Valentin Karaszkiewicz zu Grätz

körperliche Verletzung

42 Jahre

der Angeschuldigte ist mit einer zweimonatlichen Gefängnißstrafe außerordentlich bestraft

39

Wirthe, Gebrüder Anton und Woyciech Kucz zu Alt Tomysl

gefährliche Verletzung

27 Jahre

Inculpaten sind ein jeder mit zwei Jahren und drei Monaten Festungsstrafe, und Einstellung in die Strafsektion einer Garnison Kompaguie bestraft

40

Bürger Valentin Karaszkiewicz zu Grätz

gefährliche Verletzung

39 Jahre

Der Angeschuldigte ist mit einer achttägigen Gefängnißstrafe belegt

41

Dienstmädchen Regina Kaczmarek zu Neustadt

Diebstahl

20 Jahre

Inculpatin mit einer sechswöchentlichen Gefängnißstrafe belegt

42

unverehelichte Marianna Kupczonka zu Bolewice

Diebstahl

25 Jahre

Inculpatin ist ordentlich mit einer sechs wöchentlichen Gefängnißstrafe belegt

43

Eigenthümer Johann Gottfried Kliche zu Sontop

Diebstahl

36 Jahre

Inculpat ist mit Verlust des Nationsabzeichens oder Landwehrkreuzes und der Nationalkokarde, Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes und fünfzehn Stockhieben, welchen im Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit einer achttägigen Gefängnißstrafe substituiert, bestraft

44

Einwohner Szymon Kazmierczak zu Lissowko

Diebstahl

27 Jahre

der Angeschuldigte ist vorläufig freigesprochen

45

Eigenthümer Christian Lange zu Albertoske

Fahrlässigkeit

19 Jahre

freigesprochen

46

Josepha verehelichte Labecka zu Grätz

Diebstahl

30 Jahre

Inculpation ist mit einer sechswöchentlichen Gefängnisstrafe belegt

47

Amtmann Stanislaus Labecki zu Rose

Diebstahl

38 Jahre

Inculpat ist außerordentlich mit einer Gefängnisstrafe von 4 Wochen belegt und des Rechts die National Kokarde zu tragen für verlustig erklärt

48

Schmiedelehrling Johann Lange zu Woynowice

Diebstahl

23 Jahre

Inculapat ist mit Verlust des Rechts die Preußische National Kokarde zu tragen, mit 15 Peitschenhieben bestraft

49

Tagelöhner Gottfried Lange zu Cichagora

Diebstahl

23 Jahre

Inculpat ist unter Verlust der Nationalkokarde mit einer körperlichen Züchtigung von zehn mäßigen Peitschenhieben bestraft

50

Einlieger Wawrzyn Langa zu Grablewo

Diebstahl

30 Jahre

Inculpat ist ordentlich unter Versetzung in die 2te Klasse des Soldatenstandes, mit dem Verluste des Rechts, die Nationalkokarde, oder das Militairabzeichen zu tragen, demnächst mit zwanzig Stockschlägen und einer einjährigen Einstellung in eine Strafsektion bestraft, und aus derselben nicht eher zu entlassen bis er nachgewiesen hat, das und wie er sich künftig auf ehrliche Art zu ernähren im Stande ist

51

Einwohner Jacob Licinski und Tagelöhner Gottlieb Hänelt zur Groß Lipker Hauland

Diebstahl

27 Jahre

noch nicht erkannt

52

Tagearbeiter Johann Mischke zu Doktorowo

gefährliche Drohung

27 Jahre

Inculpat im Militairlazareth zu Thorn gestorben

53

1. Tagearbeiter Thomas Maciejek, 2. Joseph Rutkowski, 3. Paul Stachowiak, 4. Stephan Schmierzchalski zu Brody

Diebstahl

34 Jahre

Inculpat ad 1 ist mit 20 Peitschenhieben und einer einjährigen Zuchthausstrafe bestraft, oder im Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit mit dreizehn monatlicher Zuchthausstrafe; Inculpat ad 2 mit 15 Peitschenhieben, und neun monatlicher Zuchthausstrafe, oder im Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit mit 10 monatlicher Zuchthausstrafe; Inculpat ad 3 et 4 mit 30 Peitschenhieben in zwei Raten, und achtmonatlichem Zuchthause bestraft, oder im Falle der Nichtzüchtigungsfähigkeit mit zehnmonatlicher Zuchhausstrafe unter Verlust der Nationalkokarde

54

Bauersfrau Marianna Michalak zu Glupon

fahrlässige Brandstiftung

47 Jahre

völlig freigesprochen

55

Regina verehelichte Marciniak und Johanna Seidel zu Bransdorff

Diebstahl

45 Jahre

vorläufig freigesprochen

56

Eigenthümer Christian Minge zu Kommorower Hauland

Diebstahl

55 Jahre

vorläufig freigesprochen

57

Eigenthümer Franz Majerowicz zu Turkowo

Diebstahl

36 Jahre

Inculpat ist ordentlich mit Versetzung in die 2te Klasse des Soldatenstandes mit dem Verluste des Landwehrkreuzes oder Nationalmilitairabzeichens und der Nationalkokarde zu fünfzehnmonatlicher Einstellung in eine Festungsstrafsektion bestraft

58

unverehel. Theresia Marcinkowska zu Grätz

Diebstahl

20 Jahre

Inculpatin ist mit einer vierzehntägigen Gefängnißstrafe bestraft

59

Dienstknecht Christoph Müller zu Alt Dombrowo

Diebstahl

20 Jahre

noch nicht erkannt

60

Zimmermann Johann Michalski zu Possadowo

Diebstahl

53 Jahre

noch nicht erkannt

61

Krüger Johann Nawrocki zu Kurowo

Diebstahl

30 Jahre

Der Angeschuldigte ist mit dem Verlust der Nationalkokarde und einer achttägigen Gefängnisstrage belegt

62

Wirth Andreas Nowicki zu Otusz

körperliche Verletzung

34 Jahre

Der Angeschuldigte ist mit einer sechsmonatlichen Einstellung in eine Strafsektion außerordentlich bestraft

63

Knecht Woyciech Osses zu Otusz

Diebstahl

22 Jahre

Inculpat ist mit zwanzig Peitschenhieben und einer vierwöchentlichen Gefängnißstrafe bestraft

64

Hausmann Friedrich Otter und Ferdinand Kobling zu Swiechocin

Diebstahl

43 Jahre

noch nicht erkannt

65

Tagelöhner Johann Przydanek und Tagelöhner Thomas Nowak zu Zborowo

Betrug

24 Jahre

vorläufig freigesprochen

66

Dienstknecht Andreas Patan und Andreas Cieplak zu Brody

Diebstahl

19 Jahre

Inculpat außerordentlich mit einer achttägigen Gefängnisstrafe belegt, demselben auch das Recht abgesprochen die National Kokarde zu tragen, Coinculpat hingegen vorläufig freigesprochen

67

Einwohner Clemens Paulewicz zu Neustadt

Verdacht eines Diebstahls

38 Jahre

freigesprochen

68

Bettlerin Catharina Perkowska zu Plaszkowo

Diebstahl

71 Jahre

Der Angeschuldigte ist mit einer Gefängnißstrafe von acht Tagen belegt

69

Kuhhirte Jacob Pawlowicz zu Lubocin

Diebstahl

66 Jahre

Der Angeschuldigte ist unter Verlust des Rechts die National Kokarde zu tragen, mit einer achttägigen Gefängnißstrafe belegt

70

Wirth Bartholomeus Pfeiffer zu Porazyn; b. Dienstjunge Michael Bozowski zu Lassowko; c. Einwohnerin Elisabeth Wierkiewicz zu Opalenica; d. Tagelöhner Christian Gröger zu Paprotsch; e. Jude Fabisch Keil zu Opalenica

Diebstahl und Ankauf gestohlener Sachen

42 Jahre

Inculpat ad 1 ist ordentlich unter Versetzung in die 2te Klasse des Soldatenstande mit dem Verluste der Nationalkokarde, des Landwehrkreuzes und Militairabzeichens und 30 Stockhieben, welche im Fall der Züchtigungsunfähigkeit drei Monate Einstellung in eine Strafsektion substituirt, und mit einer 8 monatlichen Einstellung in eine Strafsektion bestraft. Inculpat ad 2 außerordentlich mit dem Verlust der Nationalkokarde, einer körperlichen Züchtigung von 40 Peitschenhieben in zwei und den andern Tage aufeinander folgenden Raten, welchen im Fall der Nichtzüchtigungsfähigkeit eine 6 monatliche Zuchthausstrafe substituiert, und mit einer einjährigen Einsperrung in eine Besserungsanstalt belegt, auch aus derselben nicht eher zu entlassen, als bis er nachgewiesen, daß und wie er sich künftig auf ehrliche Art zu ernähren im Stande. Inculpat ad 4. außerordentlich mit dem Verluste der Nationalkokarde, einer körperlichen Züchtigung von 60 Peitschenhieben in drei um den anderen Tag aufeinander folgenden Raten, welchen im Fall der Züchtigunsunfähigkeit ein sechsmonatliche Zuchthausstrafe substituirt und mit einer dreijährigen Einsperrung in einer strengen Besserungsanstalt belegt, derselbe auch daraus nicht eher zu entlassen, bis er nachgewiesen, daß und wie er sich künftig auf ehrliche Art zu ernähren im Stande. Inculpatin ad 3 ist vorläufig und der ad 5. völlig freigesprochen

71

Einwohner Dienegott Pflaum zu Paprotsch

körperliche Verletzung

26 Jahre

Der Angeschuldigte ist außerordentlich mit einer zweimonatlichen Zuchthausstrafe belegt

72

Knecht Martin Patan und dessen Ehefrau Magdalena zu Brody

Betrug

50 Jahre

Der Angeschuldigte ist ordentlich mit dem Verlust der Nationalkokarde und mit einer Geldbuße von Zwei Thaler, oder im Unvermögensfall mit einer dreitägigen Gefängnisstrafe belegt. Die Mitangeschuldigte ordentlich mit einer Geldstrafe von Zwanzig Silbergroschen oder einer Gefängnisstrafe von zwei Tagen bestraft

73

Tagelöhner Peter Pawlik zu Gronsko

Diebstahl

32 Jahre

noch nicht erkannt

74

August Pierzchalski; Matheus Zygmanski; Stephan Zygmanski; Andreas Nowicki zu Otusz

Diebstahl

26 Jahre

noch nicht erkannt

75

Einwohner Johann Polusik zu Brzosie

Diebstahl

43 Jahre

noch nicht erkannt

76

Regine verehelichte Roszyk zu Lagwy

Tödtung aus Fahrläßigkeit

26 Jahre

der Angeschuldigte ist mit einer vierwöchentlichen Gefängnißstrafe belegt

77

Einwohner Simon Ratayczak zu Gronsko

körperliche Verletzung

18 Jahre

Der Angeschuldigte ist mit einer Gefängnißstrafe von zwei Monaten außerordentlich bestraft

78

Dienstjunge Anton Ruciak zu Turkowo

Diebstahl

16 Jahre

Der Angeschuldigte ist mit dem Verlust der Nationalkokarde außerordentlich zu einer Gefängnisstrafe von 6 Monaten verurtheilt

79

Probst Rebelski zu Wytomysl

Betrug

70 Jahre

noch nicht erkannt

80

Tagearbeiter Traugott Roesler zu Kapunke

körperliche Verletzung

36 Jahre

noch nicht erkannt

81

Bauersfrau Catharina Schmierzchala zu Brodki

Diebstahl

30 Jahre

Inculpatin ist mit einer achttägigen Gefängnißstrafe belegt

82

Anna Dorothea Sauer geborene Kochanke zu Wengelner Hauland

Bigamie

34 Jahre

Inculpatin ist zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe verurtheilt

83

Stubenmalerlehrbursche Wilhelm Schmidt zu Neustadt

Diebstahl

21 Jahre

Inculpat ist mit einer körperlichen Züchtigung von 20 Peitschenhieben und einer einjährigen Einsperrung in eine Besserungs Anstalt bis zum Nachweise des ehrlichen Erwerbes belegt, und des Rechts die Nationalkokarde zu tragen, verlustig erklärt

84

Schulknabe Johann Carl Schulz zu Neutomysl

Diebstahl

14 Jahre

vorläufig freigesprochen

85

Eigenthümer Valentin Swoboda zu Wasowo

Diebstahl

34 Jahre

vorläufig freigesprochen

86

Wirthschaftsinspektor Emanuel Ferdinand Seidel zu Neustadt a/W

Betrug

43 Jahre

noch nicht erkannt

87

Tagearbeiter Valentin Siebert und Gottlob Pohl zu Doktorowo

Betrug

39 Jahre

Jeder der Inculpaten ist ordentlich mit einer Geldbuße von Acht Silbergroschen, welchen im Unvermögensfall eine Gefängnißstrafe von Zwölf Stunden subtituirt, bestraft, auch des Rechts die National Kokarde zu tragen für verlustig erlärt

88

Wirth Thomas Sobkowiak zu Niegolewo

Verführung zur Unzucht

28 Jahre

Der Angeschuldigte ist mit 6 Monaten Zuchthaus bestraft

89

Leinweber Jacob Stankowski zu Opalenica

Diebstahl

49 Jahre

Inculpat ist mit achttägigem Gefängniß außerordentlich bestraft, und des Rechts, die Preußische National Kokarde zu tragen für verlustig erklärt

90

unverehelichte Susanna Schonert zu Doktorowo

Diebstahl

23 Jahre

Inculpatin ist zu einer viermonatlichen Gefängnisstrafe verurtheilt

91

Maurergeselle Gottlob Schulz zu Niegolewo

Diebstahl

17 Jahre

Inculpat ist mit dem Verlust des Rechts die National Kokarde zu tragen, mit einer körperlichen Züchtigung von sieben mäßigen Peitschenhieben bestraft

92

Tagelöhner Joseph Schmialek zu Ruchocice

Diebstahl

35 Jahre

Inculpat ist des Rechts die Nationakokarde, das Nationalmilitairabzeichen oder das Landwehrkreuz tragen zu dürfen für verlustig erklärt, und unter Versetzung in die 2te Klasse des Soldatenstandes mit 10 Stockschlägen bestraft

93

unverehel. Anastasia Schumann zu Neustadt

Diebstahl

24 Jahre

noch nicht erkannt

94

unverehel. Susanna Sydow zu Grätz

Winkelhurerei

22 Jahre

Inculpatin ist zu einer zweimonatlichen Zuchthausstrafe bestraft

95

Julie verhel. Tagearbeiter Schiller zu Neu Boruy

Diebstahl

53 Jahre

Inculpatin ist mit einer achttägigen Gefängnißstrafe belegt

96

Christine verehelichte Schmidt zu Bonkowo

Diebstahl

28 Jahre

noch nicht erkannt

97

Knecht Michael Sloma zu Sliwno

Diebstahl

23 Jahre

noch nicht erkannt

98

Einwohner Christian Steg; Gottfried Steg, Christian Müller zu Neu Jastrzembnik

Diebstahl

40 Jahre

noch nicht erkannt

99

Knecht Woyciech Tomala zu Jastrzembnik

Diebstahl

30 Jahre

vorläufig freigesprochen

100

Einwohner Joseph Taberski zu Krysnica Meseritzer Kreises

Diebstahl

32 jahre

noch nicht erkannt

101

Roch Tuliszka zu Buk

Diebstahl

23 Jahre

noch nicht erkannt

102

Bäckermeister Tietz zu Dusznik

Diebstahl

27 Jahre

noch nicht erkannt

103

Knecht Paul Weinert und Philipp Napierala zu Niewierze

Diebstahl

40 Jahre

Inculpat ist völlig freigesprochen; Coinculpat hingegen ordentlich mit dem Verlust der National Kokarde und 20 Peitschenhieben bestraft

104

Marianna Wierkiewicz und Martin Sobota zu Opalenica

Diebstahl

20 Jahre

Inculpatin ist außerordentlich mit einer vierwöchentlichen Gefängnißstrafe; Coinculpat außerordentlich mit dem Verlust der National Kokarde und einer achttägigen Gefängnißstrafe bestraft

105

Wirh Matheus Werzahl zu Gnin

Pferdediebstahl

36 Jahre

noch nicht erkannt

106

Eigenthümer George Friedrich Wittchen zu Paprotsch

Holzdiebstahl

48 Jahre

vorläufig freigesprochen

107

Eigenthümer Joseph Weymann und Eigenthümer Joseph Gorzalski zu Terespotocka Hauland

Holzdiebstahl

.

Inculpaten, und zwar ein jeder sind ordentlich mit einer achtwöchentlichen Strafarbeit und dem Verluste des Rechts die National Kokarde zu tragen bestaft

108

Knecht Woyciech Wachowiak zu Urbanowo

Diebstahl

20 Jahre

Inculpat ist mit dem Verlust der National Kokarde und mit zehn Peitschenhieben, welchen im Fall der Züchtigungsunfähigkeit einer achttägigen Gefängnißstrafe substituiert, bestraft

109

Tagelöhner Franz Wierkiewicz zu Opalenica

Diebstahl

29 Jahre

Inculpat ist außerordentlich neben Versetzung in die 2te Klasse des Saldatenstandes, mit dem Verluste der National Kokarde, des Landwehrkreuzes oder Nationalmilitairabzeichens und vierwöchentlichem Gefängniß bestraft

110

unverehel. Mathilde Weymann zu Usciecice

Diebstahl

.

noch nicht erkannt

111

Schänker Jacob Werner zu Grätz

gefährliche Verletzung

noch nicht erkannt

112

Tagelöhner Martin Wachowiak zu Brodki

Diebstahl

.

noch nicht erkannt

113

Einwohner Johann Zippel zu Paprotsch

Diebstahl

25 Jahre

Der Angeschuldigte ist mit Verlust des Rechts, die Preußische National Kokarde zu tragen, fünfzehn Peitschenhieben, welchen im Fall der Züchtigungsunfähigkeit eine achttägige Gefängnißstrafe substituirt, bestraft

117

Knecht Maycher Zeysu zu Linde

Diebstahl

39 Jahre

Inculpat ist ordenlich mit einer achttägigen Gefängnisstrafe und dem Verlust des Rechts, die National Kokarde zu tragen, bestraft

 * * *
Quellen soweit nicht direkt im Text oder in den Bildunterschriften genannt:
Zitat „herzerhebende allgemeine Aeußerung treuer Vaterlandsliebe“ aus: Gesetzsammlung für die Königlich-Preußischen Staaten – No. 158 – Verordnung wegen Tragens der Preußischen Nationalkokarde vom 22sten Februar 1813, Berlin / Permalink: http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10509514-
das Verzeichnis selbst: Staatsarchiv Poznan – http://szukajwarchiwach.pl/  – Oberpräsidium -0290-3331 Buk – Verwaltungsberichte

 

Die evangelische Filialkirche Alt Jastrzemske / 1816

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Superintendent und Pastor Knispel / Transkription, Zusammenstellung und Ergänzungen Gudrun Tabbert)
am in Bentschen,Friedenhorst,Jastremske,Kirchen | Kommentare sind deaktiviert
Jastremske, links im Hintergrund, die alte, aber bereits ausgebaute, ehem. evgl. Kirche / Postkartenausschnitt [523]

Jastremske, links im Hintergrund, die alte, aber bereits ausgebaute, ehem. evgl. Kirche / Postkartenausschnitt

In Jastremske, der Filialgemeinde Bentschens, wurden in den ersten Jahren als Rectoren und Lehrer Kandidaten der Theologie eingestellt. In ihren Anstellungsverträgen wurde festgeschrieben, dass sie Sonn- und Festtags zu predigen hatten. Der Prediger aus Bentschen vollzog im Ort selbst nur alle 4 Wochen den Gottesdienst und das Heilige Abendmahl .

Einer dieser Rektoren war Johann Gottlieb Schubert. Er wurde von Superintendent Knispel im Jahr 1816 beschrieben als „… ein gutmütiger, ordentlicher und fleißiger Mann, welcher bei seinen mittelmäßigen Kenntnißen und Kanzelgaben, dennoch mühsam ist, sich nüzlich und brauchbar seinen Zuhörern zu machen. Seit 24 Jahren arbeitet derselbe in der Schule (ca. 1773 geboren, ab ca. 1792 für 18 Jahre tätig in Neu Brück, zu 1810 nach Jastremske), und es wäre demselben eine kleine Predigerstelle zu wünschen, oder Verbeßerung seiner Einkünfte; da derselbe, bei einer zahlreichen Familie, ohne anderweitige Unterstüzzung sehr kümmerlich leben muß; und nach Anschaffung nöthiger Hülfsmittel zur Vermehrung seiner Kentniße, nicht denken kann.“ Rektor Schubert wurde in der Chronik anlässlich des 100 jährigen Bestehens der evgl. Kirche zu Friedenhorst nochmals erwähnt; dort heisst es, dass er nicht als Pastor in Friedenhorst berufen worden war, sondern eine Anstellung als Rektor in Brätz angenommen habe.

Nachstehend werden hier die vorgeschriebenen Fragen und Antworten der Indagenda, letztere wie sie Superintendent Knispel verfasste, über das Kirchensystem der Evangelischen Parochie Bentschen / hier die Filialkirche Jastremske, vom 18ten May 1816 wiedergegeben.

* * *

1te Frage: Zu welchem Kirchensystem gehört die Kirche und Schule ?

Zur Evangelischen Parochie Bentschen

2te Frage: Welche Gemeinen sind dazu geschlagen ?

Die 4 Holländer Gemeinen

3te Frage: Worinnen besteht das Einkommen des Schulhalters, sowohl an Fixo als an Schulgelde ?

Als Rector und Lehrer ist derselbe verpflichtet, laut seiner Vocation, alle Sonn- und Festtage zu predigen. Für diese Geschäfte ist demselben von den Gemeinen festgesezt:

1. an Fixe jährlich

2. unbestimmten Einnahmen

4te Frage: Hat derselbe die Benuzzung von Grundstükken ? und wie hoch ist sie anzuschlagen ? Ist eine besondere Schullehrer Wohnung vorhanden ? welchen Gelaß enthält sie ? in welchem baulichen Zustande befindet sie sich ? und wer ist zu ihrer Unterhaltung, Observanz oder Vertragsmäßig verbunden ?

Zur Schule gehört 1/2 Hufe Land, welches privilegiert, aber ein Morgen davon brauchbar ist. Der Ertrag von demselben, nach Abzug der Arbeitskosten beträgt 4 Thaler.

Es ist hier eine Filial Kirche erbauet, welche 1783 als Filial Kirche von Bentschen fundiert ist. Dieselbe ist 23 Ellen lange, und 15 Ellen breit, hat einen Chor, Altar und (eine) Kanzel, aber keine Orgel, (keinen) Thurm und (keine) Glokke. An der Morgenseite ist eine kleine Sakristei angebaut. Sie ist sehr baufällig und nöthig, daß Schwellen untergezogen und sie neu bedacht würde.

Die 1. evgl. Kirche in Friedenhorst, erbaut 1797 und erweitert 1864 - aus "Die evangelische Kirchen der Provinz Posen" von Dr. Kremmer, 4. Aufl. 1905 [524]

Die 1. evgl. Kirche in Friedenhorst, erbaut 1797 und erweitert 1864 – aus „Die evangelische Kirchen der Provinz Posen“ von Dr. Kremmer, 4. Aufl. 1905

Das Schul- und Wohngebäude, welches … erbauet, ist 20 Ellen lang und 9 Ellen breit, besteht aus einer Schulstube, von 9 Ellen Breite und 8 Ellen Länge. Gegen über sind 2 kleine Stuben zur Wohnung des Rectors, wovon die eine 7 1/2 Ellen lange und 5 Ellen breit, die andere 7 1/2 Ellen lang und 3 1/2 Ellen breit ist. Zwischen befindet sich der Hausflur und eine kleine Küche.

Dazu gehören auch eine Scheune von 9 Ellen lang und 8 Ellen breit, und Stallung 7 Ellen lang und 8 Ellen breit, worinnen 2 Abtheilungen befindlich; auch ist ein Keller angebauet. Auch diese Gebäude erfordern Reparaturen und vorzüglich Bedachung.

Zur Unterhaltung und Reparaturen sind die Gemeinen verbunden, zu welchen die in der Kirche gesammelten Gelder angewandt, und das Fehlende von den Gemeinen nach Hufenschlag beigetragen werden muß. Das Dominium giebt dazu nichts.

Die Einnahmen und Ausgaben aus der Kirchen Kaße, wird von 3 Kirchenvorstehern, welche sämtlich Wirtschaften besizzen, verwaltet; und jährlich die Rechnung dem Prediger in Bentschen, welcher nur alle 4 Wochen Gottesdienst in der Filial Kirche hält, vorgelegt wird. Diese Kirchenvorsteher sind:

Diese Vorsteher werden von der Gemeine erwählt mit Zuziehung und Genehmigung des Predigers.

5te Frage: Ist der Schulhalter zugleich Organiste, Kantor oder Küster ? und welches Einkommen bezieht er in dieser Eigenschaft ?

Er ist Rector und Schullehrer allein

6te Frage: Mit welchem Jahre, fangen die Kinder den Schulbesuch an; und mit welchem wird er beendigt ?

Die Kinder fangen den Schulbesuch im 7ten Jahren an und beenden ihn im 14ten Jahre.

7te Frage: Wird auch während der Sommer Monate Schule gehalten = und ist eine so genannte Hüteschule eingeführt ?

Weder Sommer noch Hüte Schule ist eingeführt. Sonntags Nachmittags werden Katechisationen in der Kirche gehalten, welche aber von wenigen Kindern besucht werden.

8te Frage: Wie weit sind die entferntesten zur Schule gehörigen Ortschaften von dem Schulorte entfernt ?

Drei Viertel Meile

9te Frage: Was für Verbeßerungen im Schulsystem laßen sich nach Maßgabe der Lokalität treffen ?

Fleißigern Besuchung der Schule und Einführung allgemeiner Schulbücher würde von großem Nuzzen seyn.

10te Frage: Welches sind die Gegenstände des Unterrichts; und welches die Hilfsmittel bei demselben ?

Religion, Schreiben, Rechnen, Lesen und Buchstabiren, wobei die Bibel, das Evangelienbuch und der Katechismus Lutheri gebraucht werden

11te Frage: Ist die Schule in Klaßen eingetheilt ? oder wird der Unterrichte allen Kindern gemeinschaftlich gegeben ?

Der Unterricht wird allen Kindern gemeinschaftich ertheilt.

12te Frage: Wie oft wird die Schule von dem Prediger revidirt, und worauf richtet derselbe, bei der der Revision sein Augenmerk ? werden gegen diejenigen Eltern, welche ihre Kinder nicht fleißig zur Schule halten, Zwangsmittel, und welche, angewandt ?

Bei vorfallenden wöchentlichen Amtsgeschäften revidirt der Prediger die Schule, welche 5/4 Meile von seinem Wohnorte entfernt ist, examinirt und sucht die Kinder durch Ermahnungen zum Fleiße und guten Sitten zu ermuntern. Zwangsmittel sind noch nicht angewandt worden.

13te Frage: Wie groß ist die Anzahl der Kinder in der Schule ?

Schulfähige Kinder sind 60, von denen 40 die Schule aber nicht ordentlich besucht haben.

Das alte später abgebrochene und das neue, noch heute erhaltene Kirchengebäude der Gemeinde Jastremske / Ausschnitte aus AK aus der Sammlung A. Kraft [525]

Das alte später abgebrochene und das neue, noch heute erhaltene Kirchengebäude der Gemeinde Jastremske / Ausschnitte aus AK aus der Sammlung A. Kraft

14te Frage: Wie heißt der Schulhalter ? wie alt ist er ? wie lange seht er in seinem izzigen Amte ? von wem ist er berufen und bestätiget ? wo hat er sich für seine Stelle ausgebildet ?

Der Rector und Schullehrer heißt: Johann Gottlieb Schubert, gebürtig aus Meseritz, 43 Jahre alt, Candidatus Theologiae, 6 Jahre in seinem izzigen Amte, vorher in Neu Brück 18 Jahre in eben der Qualität, von der Gemeine berufen und von der Educations Stube in Warschau den 9ten März 1810 confirmirt. In der Schule zu Guben und auch (an) der Universität zu Wittenberg 2 1/2 Jahr studiert, und sich dadurch zu seinem izzigen Amte ausgebildet.

15te Frage; Ertheilt er den Unterricht mit Erfolge ? und liegt etwa der Mangel deßelben an seinen mangelhaften Kentnißen, oder an Mangel an Anstrengung ?

Bei fleißigeren Besuche der Schule, würden die Bemühungen des Lehres auch fruchtbarer seyn.

16te Frage: Wie ist sein moralischer Wandel ? sein Verhältniß zu der Gemeine und zu dem ihm vorgesezten Geistlichen ?

Sein Wandel ist gut und löblich, und der Prediger und die Gemeine sind mit seinem friedlichen und guten Verhalten sehr zufrieden.

* * *

 Quellen soweit nicht im Text direkt genannt:Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) – hier: 0893-3604 Kirchensystem Bentschen 1816-1841

 * * *

 

weitere Artikel zur ehemaligen evgl. Kirchengemeinde Jastremske / Friedenhorst:

Die evangelische Parochie Bentschen/Zbąszyń im Jahr 1816

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Superintendent und Pastor Knispel / Transkription und Ergänzungen Gudrun Tabbert)
am in Bentschen,Bez kategorii,Grubske,Hauland,Jastremske,Lomnitz,Weidenvorwerk / Nowy Dwor | Kommentare sind deaktiviert
Panorama Ansicht Bentschen - im Hintergrund die alte ehemalige evgl. Kirche / Postkartenausschnitt [85]

Panorama Ansicht Bentschen – im Hintergrund die alte ehemalige evgl. Kirche / Postkartenausschnitt

Beantwortung der in der Indagenda vorgeschriebenen Fragen, über das Kirchensystem der Evangelischen Parochie Bentschen, den 14ten May 1816

Diese Ausarbeitung wurde von dem Superintendenten Knispel, er war auch Pastor in Boruy gewesen, handschriftlich erstellt. Die Schreibweise jener Zeit wurde weitesgehenst, soweit noch entzifferbar, übernommen. Eingefügt wurden lediglich einige Erklärungen

 * * *


Zur 1ten Frage: Wann ist das Kirchensystem entstanden ? und wer hat die Kirche erbaut ?

Im Jahre 1777 ist der Consens zur Erbauung einer Kirche, auf dem Grunde der Erlaubniß der damaligen Grundherrschaft, von dem Consistorio zu Lissa gegeben; die Kirche selbst aber 1783 erbaut, und 1785 den 13ten p. Trinitatis feierlich und öffentlich eingeweihet worden. Die Gemeinde hat dieselbe, ohne Beihülfe des Dominium erbaut. Die Kirche besteht aus Fachwerk, mit Lehmen ausgekleibt, und ist 36 Ellen lang, und 24 Ellen (ca. 41,0×27,0m) breit. An der Morgenseite mit Sakristei, an der Abendseite, mit einem Thurm versehen, in welchem sich eine kleine eiserne Glokke befindet. In der Kirche ist ein Chor, ein hölzerner Altar, Kanzel und Orgel vorhanden.

2te Frage: Wer ist Patron oder Collator derselben; hat namentlich die Gemeine das Wahlrecht, und exerciert sie es selbst, oder wird es durch ein Kirchen Collegium ausgeübt ?

Die Gemeine hat das Ius. Patronatur (Schirmherrschaft über eine Kirche), daher auch das Recht, ohne Einmischung des Dominii den Prediger durch Mehrheit der Stimmen zu erwählen.

3te Frage: Wenn ein Patron oder Collator in dem Dominio vorhanden ist, in welcher Art wird von ihm das Ius patronatus oder Collationis geltend gemacht; presentirt die Gemeine ihm einen Candidaten oder mehrere, aus denen er wählen muß; oder ernennt er einen Prediger, ohne irgend den Vorschlag der Gemeine abzuwarten ?

Da die Gemeine Patron der Kirche ist, so hat sie auch nur das Recht, allein, einen Prediger aus den Candidaten, ohne Einmischung des Dominii sich zu wählen.

Die ehemalige evgl. Kirche zu Bentschen / Postkartenausschnitt [526]

Die ehemalige evgl. Kirche zu Bentschen / Postkartenausschnitt

4te Frage:  Aus welchen Ortschaften bestehet das Kirchensystem, und welche von diesen Ortschaften sind zu demselben definitive eingepfarrt, oder halten sich als Gast Gemeine zu ihm ?

Zu dem hiesigen Kirchensystem, sind eingepfarrt, von der Synode 1777, folgenden Ortschaften:
1. die Stadt Bentschen
2. das Dorf Strehse (8) . . . . . . . . )
3. das Dorf Lomnice (4 1/2)   . . . )
4. das Dorf Kurschnice (3) . . . . . ) In
5. das Dorf Stephanowe (9)  . . . . ) diesen
6. das Dorf Sakrszewe(10)  . . . . . ) Ortschaften,
7. das Dorf Sakrsziwke (11) . . . . . ) sich
8. das Dorf Pyrzin (6)  . . . . . . . . . ) nur
9. das Dorf Brandorf (1)  . . . . . . . ) einige
10. das Dorf Raiewo (7 1/2)  . . . . ) evangelische
11. das Vorwerk Neudorf (5) . . . . ) Bewohner
12. das Weiden Vorwerk (13). . . . )
13. die Przychodzker Holländer Gemeine (7)
14. die Lenschner Holländer Gemeine (4)
15. die Hans Kastner’sche Gemeine (2)
16. die Deutsch und Böhmisch Zisker Gemeine (12)
17. die Stephanower Holländer Gemeine (4)

die zur Filial Kirche gehörigen Gemeinen sind:
1. Alt Jastrzemsker Holländer Gemeine
2. Neu Jastrzemsker Holländer Gemeine
3. Grubsker Holländer Gemeine
4. Choyniker Holländer Gemeinde

Als Gastgemeinen halten sich zu dieser Kirche:
1. das Dorf Bellenschin .  . ) in welchen nur
2. das Dorf Maria Nowa . . ) wenige Evangelische
3. das Dorf Nass Lettel . . . ) Einwohner sind

5te Frage:  Wann und durch welche Art, ist die Einpfarrung der Gemeine erfolgt ?

Durch den Synodal Schluß von 1777 den 3ten Junii ist diese Einpfarrung bestimmt

6te Frage: Was hat das Kirchensystem für Revenuen ? theils an Zuschüßen vom Staate, theils an Beiträgen aus der Gemeine, die entweder ein für allemal fixiert, oder von dem Gebrauche der Stellen in der Kirche, oder aber von Ereignißen, die Actus ministeriales, erfordern, abhängig sind. Z. B. Begräbnißen, Trauungen, Kirchgängen u.s.w.

An Revenuen hat die Kirche jährlich:
1. An Zuschuß aus dem Unterstützungs Fond 50 Thaler
2. von den Gemeinen:
a)von der Evangelischen Bürgerschaft 43 Thaler
b) von Strehse 9 Thaler, 4 Groschen
c) von der Przychodzker Gemeine 11 Thaler
d) von der Lenscher Gemeine 8 Thaler, 16 Groschen
e) von der Hans Kastner’schen Gemeine 4 Thaler, 20 Groschen
f) von der Deutsch Zisker Gemeine 5 Thaler
g) von der Stephanower Gemeine 2 Thaler
h) von der Sakrsziwker Gemeine 3 Thaler
i) von der Alt Jastrzemsker Gemeine 11 Thaler, 20 Groschen
k) von der Neu Jastrzemsker Gemeine 7 Thaler
l) von der Grubsker Gemeine 7 Thaler, 20 Groschen
m) von der Choyniker Gemeine 4 Thaler, 16 Groschen

3. bei Trauungen 2 Thaler
4. fürs Läuten bei Begräbnißen 1 Thaler
5. Klingebeutel Einnahmen 80 Thaler
6. Kirchstellen Geld 8 Thaler, 8 Groschen

7te Frage:  Wer verwaltet das Aerarium (Kirchenkasse) der Kirche ? von wem ist er ernannt oder bestätiget ? hat er Caution gestellt ? an wen legt er Rechnung ? und wann und für welches Jahr ist die letzte Rechnung gelegt ?

Das Aerarium der Kirche, verwaltet der Rendant Gottlieb Heinrich Feist, Bürger, Schön- und Schwarzfärber in der Stadt, von der Gemeine erwählt und dem Kirchen Collegio bestätiget, hat zur Sücherheit sein eigenes Haus und Vermögen gestellt; wird von den Kirchen Vorstehern controlliert, legt jährlich dem sämmtlichen Kirchen Collegio die Rechnung vor, dieselbe wird dann revidiret und quittiert. Die letzte Kirchenrechnung ist, den 28ten Decembris 1815, gelegt worden

8te Frage: Wo wird der baare Bestand des Kirchvermögens, und der Bestand in Activis asservirt und welche Sücherheits Maaßregeln für denselben sind getroffen ?

Die Einnahmen des Kirchenvermögens werden von gedachten Rendanten aufbewahret, worüber derselbe, wie vorhin bemerkt worden, mit seinem Vermögen, Sicherheit leistet

9te Frage:  Sind Kirchenvorsteher vorhanden ?

Ja

10te Frage:  Ist ein Kirchen Collegium da ? aus welchen Mitgliedern bestehet es ? und in welcher Art sind sie gewählt ?

Es ist ein Kirchen Collegium, welches aus folgenden Mitgliedern bestehe, welche von der Gemeine gewählt und verpflichtet wurden
1. der Prediger des Orts,
2. der Rendant Gottlieb Heinrich Feist
3. Johann Samuel Reinisch, Bürger und Bäkkermeister in Bentschen
4. Johann Jacob Roestel, Bürger und Hutmachermeister in Bentschen
5. Carl Gottlieb Hoffart, Bürger, Kämmerer und Gewandschneider in Bentschen
6. Johann Christian Mathes, Bürger, Huf- und Waffenschmid in Bentschen

11te Frage: Was hat das Kirchen Collegium für Befugnisse ?

Das Kirchen Collegium hat die Aufsicht über die Kirche und kirchlichen Gebäude, verwaltet die Einnahmen und Ausgaben, und besorgt die Reparaturen und Bauten

12te Frage: Worinnen besteht das Vermögen der Kirche ?

Der ganze Bestand des vorhandenen Vermögens besteht, nach Abschluß der letzten Kirchenrechnung in 21 Thalern, 20 Groschen. Das Inventarium der Kirche befindet sich am Schluße der Beantwortungen.

Pfarrhaus und die ehemalige, alte evgl. Kirche zu Bentschen / Postkartenausschnitt [527]

Pfarrhaus und die ehemalige, alte evgl. Kirche zu Bentschen / Postkartenausschnitt

13te Frage: Wo sind die etwaigen Activa untergebracht, und welche Sicherheit ist für sie bestellt ?

Es sind keine Activa weiter vorhanden

14te Frage:  Reichen die Einnahmen zur Bestreitung der Ausgaben hin ?

Wenn keine Bauten oder Reparaturen vorfallen, so reicht das Kirchen Aerarium, nothdürftig zu.

15te Frage: Wie werden etwaige Ausfälle in den Einnahmen gegen die Ausgaben gedeckt ?

Durch Beiträge aus der Gemeine

16te Frage: Ist ein Etat für Ausgaben und Einnahmen vorhanden ? und von wem ist er genehmigt ?

Ein Etat ist nicht vorhanden

17te Frage:  Wie wird des mit der Bestreitung der Kosten, bei Bauten und Reparaturen an Kirchen- und Pfarr Gebäuden gehalten ? Hat beim Mangel des Aerarii, die Gemeine oder Patron sie aufzubringen ? der Letztere wenigstens die Bau Materialien herzugeben ?

Bei erforderlichen Bauten und Reparaturen müßen die sämmtlichen Kosten von der Gemeine zusammen getragen werden. Das Dominium giebt dazu weder Geld noch Baumaterialien.

18te Frage: Leistet die Gemeine bei Bauten und Reparaturen Hand- und Spanndienste ?

Nein! Es würde zur Einsparung der Ausgaben aus dem Kirchen Aerario bei Bauten und Reparaturen sehr vortheilhaft seyn, wenn Hand- und Spanndienst, von den dazu eingepfarrten Gemeinen geleistet würden.

19te Frage: Nach welchen Grundsäzzen werden diese Dienste und die etwaigen baaren Geldbeiträge unter den verschiedenen Mitgliedern der Gemeine repatirt ?

Die sämmtlichen baaren Geldbeiträge werden nur von der Bürgergemeine allein getragen, und wie die Quartalsgelder unter den Mitgliedern eingetheilt

20te Frage: Ist ein Pfarrhaus vorhanden und gehören Nebengebäude zu demselben ?

Es ist ein Pfarrhaus vorhanden, welches 22 Ellen in der Länge und 16 Ellen in der Breite (ca. 25,0×18,0m) beträgt. Darinnen befindet sich beim Eingange, zur rechten Hand eine Wohnstube, 9 Ellen lang und 8 Ellen breit (ca, 10,0×9,0m) ; an diese stößt eine Stube, 9 Ellen lang und 6 1/2 Ellen breit (ca. 9,0×7,0m). Gegenüber dieser Stube ist eine Stube, welche 7 Ellen Länge und 9 Ellen Breite (ca. 8,0×10,0m) hat, neben dieser ist noch ein Stübchen, welches 7 Ellen lang und 6 Ellen breit (ca. 8,0×7,0m) ist, unter welchem sich ein baufälliger Keller befindet. In der Mitte dieser Stube ist eine kleine, massive Küche angebracht. Außer zwei Böden ist keine Kammer da. An Nebengebäuden sind auf dem Pfarrhofe, nahe an der Kirche, ein Gebäude von 18 Ellen lang und 8 Ellen breit (ca. 20,5×9,0m), welches verschiedene Abtheilungen, zu Holz, Vieh und Hausgeräthen hat.

21te Frage: In welchem Zustande befinden sich die Kirche und die Pfarrteilichen Gebäude ? Sind Reparaturen an denselben erforderlich, und wieviel betragen die Kosten derselben ?

Die Kirche und der Thurm befinden sich im baulichen Zustande, und sind vor 2 Jahren neu bedacht worden, die Pfarrtheiligen und Nebengebäude sind, außer den schadhaften Dächern, in gutem Zustande. Die Dächer erfordern eine baldige Reparatur, deren Kosten nicht genau bestimmt werden können. Sämtliche Dächer sind mit Schindeln bedeckt.

22te Frage: Wie ist das Rituale bei dem Gottesdienste, und welche liturgische Formen bei denselben sind hergebracht ?

Der Anfang des Gottesdienstes wird mit Beichte und Abendmahl gemacht; dann ein Morgenlied angestimmt; nach diesem singt der Prediger vor dem Altare: Ehre sey Gott in der Höhe, und die Gemeine sing alsdann das Lied: Allein Gott in der Höhe. Worauf der Prediger eine paßende Collecte sagt und die Epistel vorliest, dann folgt das Hauptlied, nach deßen Beendigung das Evangelium vorgelesen wird. Hierauf der Glaube, oder ein anderes paßendes Lied zur Predigt, abwechselnd gesungen wird und die Predigt gehalten wird. Hierauf erfolgt das allgemeine Kirchengebet, Abkündigungen u.s.w. Gebet und der Seegen, worauf noch einige Verse gesungen werden zum Beschluße des Gottesdienstet.

23te Frage: Wird die Kirche bei den Sonntäglichen und Wöchentlichen Gottesdienst fleißig besucht ?

Der Gottesdienst wird fleißig und zahlreich an Sonn- und Wochentagen besucht.

24te Frage: Werden Katechismus Lehren gehalten, und von der Gemeine fleißig frequentirt ?

Bei den Katechismuslehren, welche des Sonntags im Sommer gehalten werden, finden sich Kinder un ein großer Theil der Gemeineglieder zahlreich ein

25te Frage: Nach welchen Säzzen werden die Jura Stolae an den Geistlichen bezahlt ? und worauf gründet sich die dieshalsige Observanz ? Wieviel bezieht der Geistliche an fixem Gehalte ?

Die Jura Stolae (Pfarrgebühren) werden nach der von der Synode festgesezten Taxe bezahlt, und das fixirte Gehalt des Predigers besteht jährlich
1. an baarem Geld aus dem Aerario 80 Thaler
2. an Naturalien
a) Korn 12 Viertheil aus dem Aerario  –    8 Thaler
b) Holz 20 Fuder à 12 Groschen            – 10 Thaler
c) Bier 8 Tonnen à 2 Thaler                    – 16 Thaler

26te Frage: Hat er eine Wiedemut (Kirchenlehen – Grundstück, dessen Ertrag dem Unterhalt eines Geistlichen oder eines kirchlichen Mitarbeiters, z. B. Kantor und Lehrer, dient) ?

Keine Wiedemut, nur einen Garten, etwa 1/2 Morgen sandigen Boden, mit Obstbäumen bepflanzt, hat er zu benuzzen.

27te Frage: Wieviel beträgt sein Einkommen, an Fixo, an Stolgebühren und den Wiedemut Revenuen ?

das sämmtliche Einkommen des Predigers beträgt
1. an Fixo 114 Thaler
2. an Stolgebühren
a) Taufgebühren 60 Thaler
b) Trauungsbühren 30 Thaler
c) Begräbnisgebühren 42 Thaler
d) Beichtgeld 160 Thaler
e) 4 Opfer 30 Thaler

Der Garten bezahlt manches Jahr die Arbeitskosten nicht

Der alte Kirchenbau um 1909 kurz vor dem Abbbruch / Bildausschnitt [528]

Der alte Kirchenbau um 1909 kurz vor dem Abbbruch / Bildausschnitt

28te Frage: Ist ein besonderer Cantor, Organiste oder Küster der nicht zugleich Schulhalter wäre vorhanden ? worinnen besteht sein fixirtes und unfixirtes Einkommen ?

Es ist ein Cantor und Organiste bei der Kirche angestellt, welcher zugleich die Jugend unterrichtet, sein Einkommen als Cantor und Organiste beträgt jährlich
1. Fixum aus dem Aerario 56 Thaler
2. Accidentien
a) an Taufen 18 Thaler
b) am Trauungen 10 Thaler
c) an Begräbnißen 4 Thaler
d) Communion Opfer 4 Thaler
e) Festags Opfer 14 Thaler

29te Frage: Wie heißt der izzige Prediger ?

Johann Gottlieb Sturzel

30te Frage: Wie alt ist er ?

50 Jahre alt

31te Frage: Wo, und wie lange hat er studiert ?

In Halle, von Ostern 1785 bis Ostern 1787

32te Frage: Wann und von wem ist er vocirt, confirmiert und in sein Amt eingeführt ?

1803 von der hiesigen Gemeine, einstimmig, ohne Wahl, von Tirschtiegel, wo derselbe als Diaconus 13 Jahre im Amte gestanden, vocirt; von dem ehemaligen königl. Preuß. Consistorio zu Posen den 14ten Novembris, 1803 confirmirt, und von mir öffentlich und feierlich introducirt

33te Frage: Wie ist sein moralischer Wandel ?

Untadelhaft

34te Frage: Wie seine Amtsführung ?

Verwaltet sein Amt mit Treue und Sorgfalt

35te Frage: In welchem Verhältniße steht er mit der Gemeine überhaupt ? und in welchem mit seinen Mitarbeitern an der Schule ?

Er lebt mit seiner Gemeine und dem Schullehrer in bestem Vernehmen; da er friedlich und freundschaftliche mit allen umgeht, und ihr hehres Wohl und Beste befördert

36te Frage: Welchen Erfolg scheint der Unterricht des Geistlichen auf die moralische Stimmung seiner Gemeine gehabt zu haben ?

Im Ganzen hat die Bildung und Sittlichkeit der Gemeine, während der unglüklichen Kriegesjahren sichtbar ab-, und Schwelgerei, Treulosigkeit, Unzucht und Betrügerei zugenommen.

37te Frage: Was für Vorschläge zur Beförderung der Zwekke des Cultus für das Kirchensystem sind zu machen ?

Es wäre vorzüglich zu wünschen; daß es ernstlich verboten würde, während des Gottesdienstes keine Gäste in den Gasthöfen und Schänken zu dulden; das die Verächter des Gottesdienstes und des heiligen Abendmals von allen Aemtern ausgeschloßen, die Spötter der Religion zur Verantwortung gezogen würden, und es würde von großen Nuzzen seyn, wenn man eine bestimmte Kirchenzucht eingeführte.

Inventarium, der bei der Kirche zu Bentschen vorhandenen Sachen, zum kirchlichen Gebrauch
1. an Altartüchern – a) ein weiß cattunes – b) ein schwarz zeugnenes – c) ein rothes tuchenes Altartuch

2. an vasis sacris
a) ein silberner Kelch nebst silbernen Patene
b) ein meßingner übersilber Kelch mit dergleichen Patene
c) eine dergleichen Hostien Schachtel
d) eine zinnerne Kanne
e) eine dergleichen Flasche zum Wein beim heiligen Abendmal

3. ein meßingnes Cruzifix mit meßingnem Gestell
4. 2 Paar zinnerne Altarleuchter und
5. 1 Paar hölzerne (Altarleuchter), übersilbert und übergoldet
6. verschiedene kleine Tücher zur Bedekkung der Kanzel und des Taufbekkens
7. 2 brauchbare weiße Chorrökke
8. ein hohes Kruzifix, welches bei Begräbnißen vorgetragen wird
9. ein meßingner Kronleuchter

* * *

Allerseelen – November 2015

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii,Friedhöfe,Kirchen,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Das Gedenkkreuz auf dem Areal des ehemaligen evgl. Friedhofes Sekowo/Friedenwalde stellvertretend für Alle - Aufn. PM [529]

Das Gedenkkreuz auf dem Areal des ehemaligen evgl. Friedhofes Sekowo/Friedenwalde stellvertretend für Alle – Aufn. PM

Auch in diesem Jahr haben sich wieder Einwohner Nowy Tomysl’s und den die Stadt umgebenden Gemeinden an den früheren Friedhofsarealen zusammengefunden und der einstigen Bewohner gleich welcher Nationalität und welchen Glaubens gedacht.

Begraebnisplaetze, heutige und ehemalige in Nowy Tomysl - Aufn. PM [530]

Begraebnisplaetze, heutige und ehemalige in Nowy Tomysl – Aufn. PM

Ein Moment der Besinnung, ein Gebet, das Entzünden von Seelen-Lichtern für die hier zur Ruhe gebetteten – stellvertretend für Viele, auch für die Menschen, die nur in Gedanken dabei sein konnten.

Vielen Dank !  

Renovierung der einstigen evangelischen Kirche in Neustadt bei Pinne – 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Kirchen,Neustadt bei Pinne | Kommentare sind deaktiviert
Der Kirchturm mit dem eingestürtzten Kirchenschiff / Aufn. PM [531]

Der Kirchturm mit dem eingestürtzten Kirchenschiff / Aufn. PM

Kaum jemand erinnert sich an die großen Mühen unter denen der Kirchenbau einst finanziert und errichtet wurde.

Es sind auch nur noch wenige, die der Ruine einen Besuch abstatten um dort einen Moment in sich zu gehen und der Vorfahren, die hier einst getauft wurden, die Ehe schlossen oder denen eine Andacht zu ihrem Tod gewidmet worden war, zu gedenken.

Heute finden sich schon lange keine gemalten Glasfenster mehr im einstigen Kirchengebäude der evangelischen Gemeinde zu Neustadt bei Pinne. Das Kirchenschiff ist eingestürzt und eine Ruine. Einzig aufrecht steht noch der Kirchturm. Auf seinem Kuppeldach dreht sich nach wie vor die 1797 anlässlich seiner Errichtung und Einweihung aufgesetzte Fahne im Wind.

Schwärme von Tauben umkreisen das Gebäude und nisten im Kirchturm; sie sind heute die letzten „Kirchgänger“.

Trotz aller Trostlosigkeit, die die Vergänglichkeit symbolisiert – und uns vor Augen führt – die Reste strahlen auch heute noch eine besondere Atmosphäre aus; etwas Heiliges ist zu spüren geblieben.

Im Jahr 1908 hatte die Gemeinde voller Zuversicht in die Zukunft geblickt und ihr Gotteshaus renoviert:


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Das einstige Kirchenschiff - heute eine Ruine / Aufn. GT [532]

Das einstige Kirchenschiff – heute eine Ruine / Aufn. GT

„Am letzten Sonntag (20.09.1908) wurde die hiesige evangelische Kirche, nachdem ihr Inneres von Grund auf erneuert war, wieder eröffnet.

Von Pfingsten (07./08.06.1908) an hatten die Arbeiten in der Kirche gedauert.

Umfangreiche Reparaturen haben am Holzwerk und Gestühl vorgenommen werden müssen. Unter die Bänke im Schiff der Kirche sind Dielen gelegt und das ganze Innere der Kirche ist künstlerisch ausgemalt. Die Malerei ist von der Firma Karl Busch in Schöneberg vortrefflich ausgeführt. Dieselbe Firma hat auch drei aus freiwilligen Gaben beschaffte gemalte Fenster geliefert. Die anderen Arbeiten sind bis auf die Orgelreparatur von Neustädter Handwerkern geliefert.Die Orgel hat Orgelbaumeister Janott aus Neutomischel in Ordnung gebracht.

Tauben bewohnen heute den Kirchturm / Aufn. GT [533]

Tauben bewohnen heute den Kirchturm / Aufn. GT

Zu dem Festgottesdienst am 20. September (1908) waren aus Posen Herr Konsistorialpräsident Balan und Herr Generalsuperintendent D. Hesekiel erschienen, ferner Herr Superintendent Radtke aus Birnbaum, Herr Landrat v. Daniels u. a. Die Gemeinde hatte sich sehr zahlreich versammelt. Der Kirchenchor verschönte den Gottesdienst mit ganz vortrefflich von Herrn Kantor Tamke geübten und geleiteten Gesängen. Die Liturgie hielt Herr Superintendent aus Birnbaum, die Predigt der Ortspfarrer und eine Schlußansprache Herr Generalsuperintendent.

Nach dem Gottesdienst überreichte Herr Konsistorialpräsident in der Sakristei in Gegenwart der Kirchlichen Körperschaften dem Kirchenkassenrendanten, Herrn Lody, den Kronenorden IV. Klasse und dem Kirchenältesten, Dienegott Müller aus Krummwalde, das Allgemeine Ehrenzeichen. Am Nachmittag fand noch ein Gottesdienst für Innere Mission statt, bei welcher Herr Pastor Stark predigte über „Den Kampf um unsere Jugend.“

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908/09/25

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Weitere Artikel:

Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 (Teil 1 bis 6) – veröffentlicht 2010

http://hauland.de/evangelische-kirchen-gemeinde-neustadt-bei-pinne-1879-teil-1/;
http://hauland.de/evangelische-kirchen-gemeinde-neustadt-bei-pinne-1879-teil-2/;
http://hauland.de/evangelische-kirchen-gemeinde-neustadt-bei-pinne-1879-teil-3/;
http://hauland.de/evangelische-kirchen-gemeinde-neustadt-bei-pinne-1879-teil-4/;
http://hauland.de/evangelische-kirchen-gemeinde-neustadt-bei-pinne-1879-teil-5/;
http://hauland.de/evangelische-kirchen-gemeinde-neustadt-bei-pinne-1879-teil-6/

Der ehemalige evangelische Friedhof in Kopanke / Kopanki – 2015

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Bilder: Krzysztof Karolczak / Text: Gudrun Tabbert)
am in Kopanke / Kopanki,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Blick auf die noch erhaltenen Grabsteine; links im Hintergrund das Gedenkkreuz, welches Familie Krok in diesem Jahr zur Erinnerung an Ihre Vorfahren aufgestellt hat [229]

Blick auf die noch erhaltenen Grabsteine; links im Hintergrund das Gedenkkreuz, welches Familie Krok in diesem Jahr zur Erinnerung an Ihre Vorfahren aufgestellt hat

Durch Herrn Krzysztof Karolczak bekamen wir die Bilder dieses Beitrages übersandt.

Herr Krzysztof Karolczak hat sie im September dieses Jahres bei einem seiner Besuche auf dem Gelände des ehemaligen Friedhofes in Kopanki / Kopanke aufgenommen. Er versucht mit seinen Bildern die „besondere Atmosphäre“ dieses Platzes einzufangen.

Es wurde dabei auch ein Grabstein umgedreht, welcher mit der Seite seiner Inschrift in die Erde eingesunken war. Es ist der Stein der ehemaligen Grabstätte der Eheleute Krok / Weichert.

 

Die Inschrift des Grabsteines der Familie Krok - Weichert [534]

Die Inschrift des Grabsteines der Familie Krok – Weichert

„Hier ruhn in Gott
uns. lieben Eltern
Gottlieb Krok
geb. 24. Juni 1828
gst. 11 Jan 1911
u. dessen Ehefrau
Rosina gb. Weichert
gb. 4 Dez. 1831

 

Blick auf die einstigen Graeber [535]

Blick auf die einstigen Graeber

Es fand sich in alten Kirchenbuch- und Personenstandsaufzeichnungen:

Johann Gottlieb Krok,geb. 24. Juni 1828 in Kopanke, gestorben 11. Jan 1911 Kopanke
oo 06. Mai 1860 in Krosno/Altkirch
mit der Schäfertochter Anna Rosina Weichert geb. 04 Dez 1831.

Das Paar lebte anfänglich in Trzcionka. Dort verstarb 1866 der 3- jährige Sohn Johann Carl an der Cholera und dort wurde im selben Jahr die Tochter Johanna Ernestina (später verehelichte Handtschke) geboren. In Kopanke wurden dann die Kinder Johann Reinhold – 1869, Emilia Bertha – 1872, Auguste (später verehelichte Vorwerk) – 1875 und Johann Gustav (später verehelicht mit Anna Hauf) – 1878 geboren.

Herr Krzysztof Karolczak kann kontaktet werden unter der Mailadresse: karolczak.krzysztof(at)gmail.com

Ruhe und Frieden [536]

Ruhe und Frieden

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weitere Beiträge:
1. Der Friedhof Kopanki /Kopanke – http://cmentarze.oledry.pl/galeria.php?katalog=1504 – 1504 Nowy Tomyśl / Opalenica / Kopanki / niem. (Kopanke)
2. Auf den Spuren meiner Vorfahren – 2014 / Autor: A. Krok – http://hauland.de/auf-den-spuren-meiner-vorfahren-2014/

* * *

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 52 u. 53 Besitzerin bis 1845 Wittwe Anna Rosina Maennel geb. Kannewischer

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Hauland,Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Blick auf die Häuser, ehemalig Neuer Markt No. 52 und Goldstr. No. 53 - Aufn. PM [537]

Blick auf die Häuser, ehemalig Neuer Markt No. 52 und Goldstr. No. 53 – Aufn. PM

Auf dem Hausgrundstück No. 52, früher am ehemaligen Neuen Markt gelegen, stand, so die Gebäudebeschreibung der Provinzial Feuerversicherung aus dem Jahr 1836, ein Wohnhaus mit vier Nebengebäuden.

Das Wohnhaus selbst war aus Ziegeln errichtet und mit Kalk verputzt gewesen. 68 Fuß lang, 36 breit und 10 hoch (ca. 20,70×11,00×3,00m), wobei selbst die Giebel als aus Ziegel gemauert beschrieben worden waren und nicht wie sonst üblich aus Holz oder Fachwerk. Auf dem stehendem doppelten Dachstuhl war das Dach selbst mit Biberschwanzziegeln eingedeckt gewesen.

Im Inneren hatten sich 1 Flur von dem die 3 Stuben, 1 Küchenstube und 1 Kammer zu erreichen gewesen waren, befunden. Darüber hinaus hatten die Bewohner weiterhin noch über 1 Laden, 1 Vorratskammer und 1 Keller verfügt. Beheizt wurde das Gebäude über 2 „Ofen von Kacheln“ und „1 Ofen von Ziegeln“.

Das Gebäude wurde 1836 als im besten Zustande beschrieben und hatte mit dem angegebenen Alter von nur 13 Jahren noch keine Reparatur nötig gehabt. Mit diesem Alter war es wiederum eines der Gebäude, welches nach dem „großen Brand“ im Jahr 1822 am südlichen Neuen Mark in Neu Tomysl errichtet worden waren.

Auf dem Grundstück hatte sich außerdem noch eine „Waarenremise“, 36 Fuß lang, 18 breit und 15 hoch (ca. 11,00×5,50×4,60m) befunden, welche ebenfalls mit einem stehenden doppelten Dachstuhl und auch mit einen Keller ausgestattet gewesen war. Das Gebäude war mit 4 eisernen Türen zu verschließen gewesen. Es hatte frei auf dem Gelände in einer Entfernung von ca. 1 m zum nächsten Gebäude gestanden.

Weiterhin hatte man über einen Stall, er war ca. 16,00 Meter lang, 5,30 breit und 2,20 hoch gewesen, verfügt. Er hatte einen Torweg mit 2 Flügeln besessen und in ihm waren 1 Siedekammer, 1 Pferdestall, 1 Kuhstall und eine Wagenremise untergebracht gewesen.

Sein Standort wurde als mit unmittelbar neben der Scheune stehend beschrieben. Letztere hatte über die Abmessungen von ca. 15,20 Metern in der Länge, 7,00 in der Breite und 2,80 in der Höhe verfügt.

Der Stall und auch die Scheune wurden als lediglich als im „mittelmäßigem Zustande“ beschrieben.

Ehe wir zum letzten Bauwerk auf dem Hausgrundstück No. 52 kommen, müssen wir einen kurzen Blick auf die Familie Carl Maennel und seine Ehefrau Anna Rosina geborene Kannewischer werfen.

Der anlässlich des Todes des Carl Maennel im Jahr 1824 von seiner Familie gestiftete Taufstein - er ist noch heute als Weihwasserbecken in der Kirche am Chopin Platz zu finden - Bild: Maennel Archiv [538]

Der anlässlich des Todes des Carl Maennel im Jahr 1824 von seiner Familie gestiftete Taufstein – er ist noch heute als Weihwasserbecken in der Kirche am Chopin Platz zu finden – Bild: Maennel Archiv

Carl Maennel war im Jahr 1762 in Schönheyde im Erzgebirge geboren worden. Er, sein Bruder Michael Maennel und deren Schwester Johanna Christina verwittwete Hertel sind vermutlich kurz vor dem Jahr 1800 nach Neu Tomysl gekommen. Carl Maennel war in erster Ehe mit Christina Viehweg verheiratet gewesen. Es ist nicht bekannt wo und wann diese verstarb; der aus dieser Ehe stammende einzige Sohn Carl Friedrich, geboren um 1798, verstarb im Jahr 1808 in Neu Tomysl.

Anna Rosina Kannewischer war im Jahr 1780 in Glinau geboren worden. Ihre Eltern Johann George Kannewischer und Anna Dorothea geborene Schäfer galten in den ersten Aufzeichnungen als Einwohner in Glinau, waren also eigentlich „Hauländer“ gewesen.

Jedoch haben sie den Bau der evangelischen Kirche auf „dem bey Pietschen Nachbar in der Glinauischen Gemeinde gelegenen Kirchen-Platze“ und die Entstehung der Stadt direkt miterlebt.

Da ihr Anwesen in Glinau am Kirchenringe, dem späteren Alten Markt gelegen hatte, wurde dieses durch die Ereignisse der Geschichte der Entstehung Neu Tomysl’s eines der ersten, der Stadt zugehörigen Gebäude (No. 11) und aus der „Hauländer-Familie“ Kannewischer wurden Stadtbewohner.

Diese Veränderungen spiegeln sich auch in den Kirchenbuchaufzeichnungen der Kinder der Familie Kannewischer wieder. Während der Wohnort der Eltern in den ersten Aufzeichnungen der Geburts-/Taufeinträge in den Jahren 1780 und 1782 noch mit Glinau angegeben worden war, hieß es in dem Geburts-/Taufeintrag des dritten im Jahr 1785, dass der Wohnort „auf dem Kirchplatze“ gewesen sei.

• 1778 Erteilung des Tomys’ler Kirchen Privilegie
• 1779/1780 war die evangelische Kirche errichtet worden,
• 1786 war die Genehmigung durch den König von Polen zur Stadtgründung erteilt worden und im Jahr
• 1788 erteilte Graf Felix Szołdrski das Stadtprivilegium.

Im Jahr 1801 heirateten der 39 jährige Bürger und Eisenhändler Carl Maennel , ein Wittwer und die 22 jährige Bürger- und Bäckertochter Anna Rosina Kannewischer.

In den Jahren 1802 bis 1822 wurden 8 Kinder geboren. In den Aufzeichnungen der Geburten der Kinder wurde Carl Maennel ab dem Jahr 1807 als Bürger und Handelsmann bezeichnet. Der „Ehrbare Carl Mennel“ wurde am 15. November 1819 auch in das Stammbuch der Meister des Löblichen Gewerks der Müller in Neu Tomysl eingetragen und aufgenommen.

Mit diesem Eintrag, dass Carl Maennel in die Innung der Müller aufgenommen worden war, sind wir nun wieder bei dem letzten noch im Jahr 1836 auf dem Grundstück No. 52 vorhanden gewesenen beschriebenen Gebäude – einer Bockwindmühle.

Sie war ein aus kiefernen Balken errichteter, mit Bretter von außen verschlagener Fachwerkbau gewesen, welcher zudem auf der Wetterseite noch zusätzlich mit Schindeln verkleidet gewesen war. Das Grundmaß war ca. 5,50 x 5,00 Meter gewesen, dieses bei einer Höhe von knapp 8 Metern. Im Inneren verbanden 2 Treppen die Ober- und die Untermühle. Sie hatte über einen Mahlgang und 2 Stampfen verfügt und war als in einem guten Zustande beschrieben worden. Ihr Alter wurde mit etwa 40 Jahren angegeben, rechnerisch also im Jahr 1796 erbaut.

Carl Maennel verstarb im Jahr 1824. Er hinterließ seine Wittwe Anna Rosina Maennel geborene Kannewischer und 7 Kinder im Alter von 2 bis 22 Jahren; nur die älteste im Jahr 1802 geborene Tochter war zu diesem Zeitpunkt verheiratet und „außer Haus“ gewesen.

Die verwittwete Anna Rosina Maennel findet sich somit in der Gebäudebeschreibung des Jahres 1836 als Besitzerin des Hausgrundstücks No. 52 am Neuen Markt.

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Blick auf die Häuser, ehemalig Neuer Markt No. 52 und Goldstr. No. 53 - eingezeichnet die ehemalige offene Einfahrt, die bei Errichtung der späteren Gebäude bebaut wurde - Aufn. PM [539]

Blick auf die Häuser, ehemalig Neuer Markt No. 52 und Goldstr. No. 53 – eingezeichnet die ehemalige offene Einfahrt, die bei Errichtung der späteren Gebäude bebaut wurde – Aufn. PM

Ein weiteres Hausgrundstück welches sie ebenfalls als Besitzerin auswies war das der No. 53. Während die No. 52 noch am Neuen Markt gelegen war, befand sich No. 53 bereits in der der Goldstraße.

Auf dem Gelände hatte ein Wohnhaus von 51 Fuß Länge, 36 Fuß Breite und 7 Fuß Höhe (ca. 15,5x11x2,10m) gestanden. Drei der Außenwände waren von Ziegel erbaut und mit Kalk verputzt gewesen, während die 4te von Fachwerk welches mit Lehm ausgefüllt worden war errichtet gewesen war. Mit den Giebeln verhielt es sich ebenso, einer war mit Ziegeln hochgezogen gewesen, der andere war von mit Lehm ausgefülltem Fachwerk. Auf dem mit 16 Gebinden stehenden doppelten Dachstuhl hatte ein Ziegeldach geruht.

Im Gebäude hatten sich vom Flur abgehend, welcher über 1 zweiflügelige Tür zu betreten gewesen war, 2 Stuben, 2 Kammern, 1 Laden, 1 Schüttboden und 2 Küchen befunden. Die Räume hatten über 11 Türen verfügt und über 5 vierflügelige und 1 zweiflügeliges Fenster war Licht in sie gelangt. Beheizt wurde das Gebäude über 2 „Ofen von Kacheln“. Einer der schon erwähnten Giebel stieß an das Haus des Gottlieb Pflaum, der andere auf die offene Einfuhr des Nachbargrundstücks No. 52.

An der hinteren Seite war das Hauptgebäudes mit einem Anbau von 15 Fuß Länge, 15 Fuß Breite und 7 Fuß Höhe (ca. 4,60×4,60×2,10m) versehen worden. In ihm waren 1 Stube und 1 Keller eingerichtet gewesen.

Das Hauptgebäude befand sich 1836 in einem mittelmäßigem Zustand, obwohl es nur 2 Jahre zuvor durchweg repariert worden war; der Anbau wurde beschrieben mit „befindet sich in bestem Zustande“. Das Alter beider Bauten wurde mit „etwa 30 Jahre alt„, ca. Baujahr 1806, eingeschätzt. Es kann vermutet werden, dass hier im Jahr 1822 die Brandgrenze gewesen war.

Laut alten Familienüberlieferungen soll die Wittwe Anna Rosina Maennel, sie schloss keine weitere Ehe, bis der jüngste Sohn Alexander, geboren 1813, seine Ausbildung beendet hatte und alt genug gewesen war um in das Handelsgeschäft einzutreten, das Familienunternehmen geleitet haben.

Bis zu ihrem Tod im Jahr 1845 lebte sie in Neu Tomysl als angesehene Frau.

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Eine letzte Erinnerung an die Carl und Anna Rosina geb. Kannewischer Maennel'schen Eheleute - Zeichnung der einstigen Grabstätte auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Neu Tomysl von F. Biehler, einem Urgroßenkel, aus dem Jahr 1906 welche im Original im Maennel Archiv verwahrt wird [540]

Eine letzte Erinnerung an die Carl und Anna Rosina geb. Kannewischer Maennel’schen Eheleute – Zeichnung der einstigen Grabstätte auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Neu Tomysl von F. Biehler, einem Urgroßenkel, aus dem Jahr 1906 welche im Original im Maennel Archiv verwahrt wird

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Weiterführende Artikel zu dieser Ausarbeitung:

  1. Kopie des Tomyl’er Kirchen Privilegie 1778 – veröffentlicht 2010 – http://hauland.de/kopie-des-tomysler-kirchen-privilegie-1778/
  2. Das Privileg von Felix Szoldrski vom 18 Feb 1788 – veröffentlicht 2007 – http://hauland.de/das-privileg-von-felix-szoldrski-18-februar-1788/
  3. 1787 Das Stammbuch der Meister – veröffentlicht 2010 – http://hauland.de/1787-das-stammbuch-der-meister-2010-die-bockwindmuhle-im-freilichtmuseum-fur-volksbaukunst-in-wollstein/
  4. Das Taufbecken aus der Kirche am Chopinplatz – veröffentlich 2010 – http://hauland.de/das-taufbecken-aus-der-kirche-am-chopinplatz/

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Eine letzte Anmerkung:

„Mehr Licht“ – ein beschlossene Sache, das Gaswerk in Neutomischel wird gebaut / 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(W. (Zeitungsveröffentlichung 1903))
am in Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
Laterne vor dem ehemaligen Kreishaus / Postkartenausschnitt [541]

Laterne vor dem ehemaligen Kreishaus / Postkartenausschnitt

„Die Errichtung einer städtischen Gasanstalt ist von der Stadtvertretung beschlossen und mit der Bauausführung die Firma Carl Franke in Bremen beauftragt worden.

Als Preis der Gesammtanlage, in welcher eine Wohnung für den Gasmeister, Bureau- und Arbeitsräume, Wasch- und Baderaum für die Angestellten mit vorgesehen sind, einschließlich aller Apparate, Rohrleitungen, Kandelaber, Straßenarbeiten etc. etc. sind 84.000 Mk. veranschlagt, da aber der Platz hierbei nicht mit inbegriffen ist und auch mancherlei unvorhergesehene Ausgaben entstehen können, so ist mit einem Anlage-Kapital von 100.000 Mk. zu rechnen.

Als Bauplatz ist ein Terrain von Herrn Carl Eduard Goldmann hinter dessen Grundstück am Neuen Markte erworben worden. Mit dem Bau soll bald begonnen und derselbe so gefördert werden, daß bei Beginn des Herbstgeschäftes Straßen und Häuser sich wieder in ordnungsmäßigem Zustande befinden und spätestens Anfang Oktober das Werk in Betrieb gesetzt werden kann.

An die Bürgerschaft wird demnächst die Aufforderung ergehen, ihre Häuser und Wohnungen zum Anschluß an die Gasleitung anzumelden. Wer dieser Aufforderung bis 1. Juni nachkommt, erhält folgende Vergünstigung:

Die Ausführung des Anschlusses bis in das Haus hinein, einschließlich Mauerdurchbruchs erfolgt kostenfrei, bei späterer Anmeldung müssen die gesammten Kosten, vom Hauptrohr ab, vom Besteller getragen werden. Die Herstellung der weiter erforderlichen Gasleitungen in den Wohnräumen geht für Rechnung des Gasabnehmers, aber auch hierbei wird die Stadt, um den Bürgern die Anlage zu erleichtern, weitgehendste Liberalität walten lassen. Die Stadt ist bereit diese Innenleitungen zunächst auf städtische Kosten legen und dann von den Konsumenten im Laufe von 5 Jahren gegen eine 4prozentige Verzinsung in monatlichen Raten abzahlen zu lassen. Mehr als 40 Hausbesitzer haben auf eine Vorfrage ihre Häuser zum Anschluß bereits angemeldet.

Bedauerlicher Weise wird von einem Teile der Bevölkerung das neue Unternehmen noch mit sehr gemischten Gefühlen beurteilt; einige Schwarzseher befürchten, das Gaswerk werde sich nicht rentieren und die Bevölkerung mit einer unerschwinglichen Steuerlast bedrückt werden. Diese Befürchtung ist unnötig.

Wer sich nur die Frage vorlegt, kann ein Werk, das 100.000 Mark Anlagekapital erfordert, für eine so kleine Stadt rentabel werden, wird allerdings zu einer ablehnenden Antwort kommen; das war der Standpunkt, den der Einsender vor 3 Monaten auch eingenommen hat. Es ist aber in einer früheren Nummer dieses Blattes die Rentabilität von Herrn Paech schon zahlenmäßig nachgewiesen worden, es ist da nachgewiesen worden, daß bei einem jährlichen Verbrauch von 65.000 cbm Gas das Werk rentabel wird. Es ist da nachgewiesen worden, wenn 400 Flammen durchschnittlich täglich 2 Stunden brennen, so ergiebt das 400 x 2 x 365 = 292.000 Brennstunden für das Jahr, oder, da ein Kubikmeter Gas 8 Stunden Brenndauer hat, einen Konsum von 36.500 cbm Leuchtgas. Für Koch-, Heiz- und Kraftgas ist nach den Erfahrungen anderer kleiner Städte auf die Hälfte des Leuchtgase zu rechnen als auf 18.250 cbm, 50 Straßenlaternen brauchen 6.500 cbm, sodaß für Verlust und Selbstbrand in der Anstalt noch übrigen bleiben 3.750 cbm = zusammen 65.000 cbm.

Gaslaterne am ehemaligen Alten Markt / Postkartenausschnitt [542]

Gaslaterne am ehemaligen Alten Markt / Postkartenausschnitt

Die Zweifler sollten diese Zahlen prüfen und sagen, was sie dran nicht für richtig halten, sie sollten sagen, daß 400 Flammen hier nicht und auch nicht durchschnittlich täglich 2 Stunden brennen werden, oder daß das Jahr nicht 365 Tage hat, sondern weniger, und daß die herausgerechneten 292.000 Brennstunden nicht erreicht werden können, oder sie sollten die anderen Positionen angreifen, dann ließe sich darüber reden und wir würden bald zu einer Verständigung kommen, aber nur sagen, eine Gastanstalt, die 100.000 Mark Anlagekapital erfordert, kann in einer so kleinen Stadt nicht rentieren, ist eine Behauptung aber keine Beweisführung. Die Stadtverordneten, die für Errichtung eines Gaswerkes gestimmt haben, sind auch Steuerzahler, sie würden, wenn die Anlage mißlingt, davon eben so hart oder noch härter betroffen werden, wie die anderen Bürger. Da kann man sich doch wohl denken, daß sie auch gerechnet und geprüft haben, bevor sie zu einem Beschluß gekommen sind. Auch darüber wird geklagt, daß mit den Innenleitungen (Installationen) den Hausbesitzern große Opfer auferlegt werden. Zunächst wird jeder Hausbesitzer wissen, daß jede Verbesserung, die er seinem Grundstück angedeihen läßt, den Wert desselben auch erhöht. Diese Wertverbesserung wird sich bald dadurch bemerkbar machen, daß die mit Gasanlage versehenen Läden und Wohnungen zu angemessenem Preise viel eher einen Mieter finden werden, als die im Dunkel stehenden.

Sodann aber sind die Preise, die von den Schwarzsehern für die Innenleitung angegeben werden, auch stark übertrieben. Der laufende Meter schmiedeeisernes Rohr kostet einschließlich Verbindungsstücke, Rohrschellen, fix und fertig verlegt 0,90-1,50 Mk., da kann sich ein jeder berechnen, wie viel die Installation ungefähr kosten kann. Bezüglich der Lampen und Kronen muß es allerdings jedem Wirt wie jedem Mieter überlassen bleiben sich solche nach seinem Geschmack und seinen Verhältnissen anzuschaffen, es giebt da sehr einfache und billige Sachen und auch elegante und teuere. Es ist auch nicht nötig, jede Lampe zu erneuern, bei Hängelampen ist vermittelst eines Spiralschlauches eine Verbindung zwischen Gasrohr und Brenner für weniges Geld leicht herzustellen.

Eine Kommission der Stadtverordneten war in Kosten, Schmiegel und Wollstein um sich zu orientieren, bevor sie einen soweit gehenden Beschluß faßte, und in diesen Städten ist sie in ihrem Vorhaben bestärkt worden. In Schmiegel und Wollstein liegen die Verhältnisse ähnlich, wie bei uns. Zwar haben beide Städte eine größere, fast doppelte Einwohnerzahl als Neutomischel, beide haben aber auch einen unverhältnißmäßig größeren Armenetat als wir, woraus wohl der Schluß zulässig ist, daß in jenen Städten viel mehr arme Leute wohnen als bei uns und hier eine verhältnißmäßig konsumfähigere Einwohnerschaft ist. Schmiegel ist eine Stadt ohne Bahnhof, soweit erinnerlich, ist dort nur ein Motor in Betrieb, und obgleich das Werk erst seit November fertig ist, ist man dort schon in der Lage den Verbrauch an Gas für das erste Jahr auf mehr als 80.000 cbm anzugeben. In Wollstein ist der Bahnhof auch noch nicht angeschlossen, das soll erst geschehen, wenn der Erweiterungsbau, der jetzt bevorsteht, vorgenommen wird. Auch dort ist nur ein kleiner Motor in Betrieb und dort schätzt man den Verbrauch für das erste Jahr schon auf mehr als 100.000 cbm, bei uns ist der Bahnhof, der allein mehr als 10.000 cbm konsumiert, zum Anschluß an die Gasleitung bereits angemeldet und außerdem 4 Motoren, da hat man wohl nicht nötig um die Rentabilität übermäßig besorgt zu sein.

Gaslicht am Gebäude Ecke ehemaliger Neuer Markt - Goldstrasse / Postkartenausschnitt [543]

Gaslicht am Gebäude Ecke ehemaliger Neuer Markt – Goldstrasse / Postkartenausschnitt

Die Notwendigkeit der Einführung einer zeitgemäßen Beleuchtung der Straßen und Häuser ist von der Stadtvertretung einmütig anerkannt worden, nur welche Art für uns die geeignetste ist, darüber waren die Ansichten verschieden. Während von einer Seite die Anlage einer elektrischen Centrale befürwortet wurde, wurde von einer anderen der Anschaffung einer neumodischen Petroleumlampe das Wort geredet. Hierbei sei erinnert, daß auch der frühere Stadtverordnete, Herr Schornsteinfegermeister Jeenicke, sich schon im vorigen Jahre für eine bessere Beleuchtung und zwar für Errichtung eines Acethylen-Werkes ausgesprochen hat. (Kreisblatt vom 1902-07-15: In einer Stadtverordneten-Versammlung am Freitag (11.07.1902), bei welcher von den hiesigen sechs Stadtverordneten vier vertreten waren, wurde die Errichtung einer Acethylen-Gasanstalt mit 3 gegen 1 Stimme abgelehnt. Die Vorarbeiten waren bereits derart gefördert, daß die Beleuchtung in diesem Herbst (1902) eingeführt werden sollte.) Die Stadtverordneten in ihrer Mehrheit beschlossen, die Errichtung eines Steinkohlengaswerkes, weil dieses nicht nur zu Beleuchtungszwecken sondern auch zu Koch- und Heizzwecken und der schwach einsetzenden Industrie zu Kraftzwecken dienen kann.

Die Stadtvertretung also hat sich einmütig für eine neue, zeitgemäße Beleuchtung ausgesprochen, eine Stadtvertretung, die sich den Fortschritten der Zeit verschließt, wäre auch nicht wert, daß sie existiere. Wir haben aus vergangenen Zeiten Beispiel genug, wie durch die Kurzsichtigkeit der Stadtvertretungen Städte ruiniert wurden.

Als der Eisenbahnbau in den Anfängen lag, da gab es Stadtvertretungen, die sich gegen den Anschluß an das Bahnnetz sträubten; da kamen die Krämer und erhoben Einspruch, weil durch den Bahnanschluß die Einwohner zu leicht Gelegenheit fänden, ihren Bedarf in naheliegenden größeren Städten einzukaufen. Dann kamen die Fuhrwerksbesitzer und stürmten dagegen an, weil sie in der Eisenbahn eine lästige Concurrenz sahen, und dann kamen wieder andere, die keine Bahn oder wenigstens den Bahnhof weit ab von der Stadt haben wollten, damit die Ruhe des ehrbaren Bürgers durch den Pfiff der Lokomotive nicht gestört werde. Das waren die Anschauungen derjenigen, die aus dem Nest nicht herausgekommen sind, die für die Fortschritte der Zeit keinen Blick und kein Verständniß hatten und immer nur an die naheliegenden eigenen Interessen und nicht an die der Gesammtheit dachten; für die Städte, in denen solche kurzsichtigen Anschauungen die Oberhand hatten, haben sie sich für die spätere Zeitdauer bitter gerächt. Die Eisenbahnen wurden doch gebaut, die Bahnhöfe kamen in Städte, deren Bürgerschaft mehr Verständniß dafür zeigte, diese blühten auf, die anderen aber, vom Verkehr abgeschnitten blieben wirtschaftlich und kulturell zurück; mehr und mehr wurden sie entvölkert und damit ging der Grundstückswert von selbst zurück. Nicht besser würde es uns gehen, wenn wir uns, den Zeitverhältnissen verschließend, fortwürsteln würden, wie es zu Großvaters Zeiten war. In früheren Jahren hatte Neutomischel den Ruf, daß es den Nachbarstädten in kultureller Beziehung voraneile, daß ist nun aber schon lange her, die Stadt muß Anstrengungen machen ihren alten Ruf zu wahren, sie muß vorwärts gehen, sonst bleibt sie zurück.

Das ehemalige Gaswerk kurz nach seiner Fertigstellung 1903 / Postkartenausschnitt [544]

Das ehemalige Gaswerk kurz nach seiner Fertigstellung 1903 / Postkartenausschnitt

Auch nach anderer Richtung ist es nötig, daß wir Anstrengungen machen, vorwärts zu kommen. Jeder hiesige Einwohner wünscht, daß von den gemeinnützigen Anstalten, die Staat oder Provinz errichten lassen, auch hierher etwas kommen möchten; kann man verlangen, daß die Regierung in eine Stadt, die keinen Blick für den Fortschritt der Zeit zeigt, dies es an die einfachsten Anforderungen für die Behaglichkeit ihrer Bewohner, die heut auch die kleinste Stadt zu leisten vermag, fehlen läßt, Beamte schickt? Glaubt man, daß in einer solchen Stadt Beamte sich wohl fühlen, und für viele Jahre seßhaft machen können? Der Bahnhof, das Kreishaus werden an die Gasleitung angeschlossen werden, die Behörden werden das ihrige tun unser neues Unternehmen zu fördern und unsere Anstrengung zu belohnen, möge nun auch die Bürgerschaft das ihrige tun, damit das neue Werk für die Stadt ein segensreiches werde.“

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1902/07/15, 1903/05/12

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Ein weiterer Beitrag:

Und es wurde Licht in den Straßen Europas … in Neutomischel im Jahr 1903
http://hauland.de/und-es-wurde-licht-in-den-strassen-europas-in-neutomischel-im-jahr-1903/

Von Hufen, Mohnklößen und anderem Glück

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Elke Beyer-Arlt / Zeichnungen: Elke Beyer-Arlt)
am in Friedenhorst,Jastremske,Neu Tomysl,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert

Arlt-0 [545]Es war am 8. August im Jahr 1926 in Sękowo. Einem idyllisch gelegenen Dorf im Posener Land zwischen Nowy Tomyśl und Jastrzębsko Stare, angrenzend an den Lomnitzer Forst mit seinen Nadelwäldern, Sümpfen und Seen. Es war ein heißer Tag mitten in der Getreideernte. Wie in jedem Sommer waren auch die Weißstörche wieder da; die Bauern waren auf den Feldern, der Vater Heinrich und der Knecht Stanislaw ebenso. Ein Erntewagen war umgefallen, das kam schon mal vor, wenn der Wagen zu voll beladen oder der Boden zu bucklig war, und sie hatten wieder einmal Mühe, die Mähe zu bergen. Trotzdem war es ein guter Tag für den Landwirt. Und es war auch ein besonderer Tag im Leben von Heinrich und seiner Frau Martha.

Ihr Sohn, Erich, wurde geboren.

Nachdem das Mädchen zwei Jahre zuvor im Alter von nur 4 Monaten verstorben war, war die Geburt des Buben nun ein bedeutungsvolles, freudiges Ereignis. In der evangelischen Kirche zu Nowy Tomyśl wurde der Bub auf den Namen Erich Helmut Konrad Pflaum getauft.

Vater Heinrich Pflaum hatte den Hof seines Vaters übernommen, nachdem er vom Ersten Krieg zurückgekehrt war, und die Martha Ottilie, geborene Arlt, aus Jastrzębsko Stare stammend, im Jahr 1922 geheiratet.

Der Familienbesitz umfasste 70 Morgen Land mit einem großzügigen Anwesen. Dort sollte Erich als einziger Sohn der Eheleute aufwachsen, Landwirt wie seine Eltern werden und den Hof genauso weiterführen, wie es seit Generationen im Tomischler Hauland üblich war.

 

Arlt-1 [546]

Manchmal nach getaner Arbeit saßen die Eltern, Großmutter Auguste, Knecht Stanislaw und die Magd auf der Bank neben dem Hauseingang, nur wenige Schritte vom Ziehbrunnen entfernt. Man konnte den gesamten Hof mit den Stallungen für die Pferde, für die Kühe und für die Schweine überblicken, auch die Scheune, daneben die Hundehütten für die beiden Hunde und weiter hinten den Hühnerhof und den Garten mit dem Fischteich. Verließ man die hölzerne Umzäunung weiter hinaus, sah man die Felder, die Wiesen, den Haid und Kutzner`s See.

Geburtstage wurden zwar nicht gefeiert. Aber jedes Jahr am 8. August gab es für Erich den von Mutter selbstgebackenen geriebenen Streuselkuchen. Denn im Backofen hinter dem Haus wurde nicht nur Brot gebacken – bis zu 8 Laib Brot fanden auf einmal darin Platz – sondern auch Mutters Kuchen, den es aber nur zu den Anlässen der Familie gab. Und an den ersten Geburtstagen bekam Erich ein vom Vater aus Holz geschnitztes Spielzeug. Aus einem Baumstamm hat der Vater eine Holzscheibe abgeschnitten, in Form geschnitzt und es entstand ein Scheibenrad, eines von den Spielzeugen, die Erich besaß. Vielleicht nicht vom Vater selbstgeschnitzt, aber ein wunderbar seltenes Holzspielzeug war ein Wasserfass mit einem Pferdegespann davor, einem Schimmel. Das Fass konnte man mit Wasser füllen und wieder entleeren.

Als Erich gerade 7 Jahre alt geworden war, bekam er von den Eltern einen Schulranzen. Von nun an sollte er zur Schule in Sękowo gehen. Er lernte in alter deutscher Schrift zu schreiben und die Schiefertafel wurde später sogar durch Hefte ersetzt. Das Schreiben und Rechnen mochte Erich nicht so sehr, viel lieber hatte er den Unterricht in Erdkunde; unterrichtet wurde überwiegend in Deutsch. Man legte nicht viel Wert auf polnischen Unterricht, doch für Erich gehörten Stanislaw und Magda schon immer zum Hof und eben auch die polnische Plauderei.

Magda kümmerte sich tagsüber um den Buben, wenn die Mutter mit der Haus- und Hofarbeit beschäftigt war, und er mochte die Polin sehr. Sie kannte sich aus beim Pilze sammeln im Haid und die Hähnchen gefielen Erich dabei immer ganz besonders gut. Nur der Heimweg schien für Erich dann manchmal viel zu lang.

Arlt-2 [547]Das Schwimmen lernte Erich im Fischteich wie von selbst, und das Radfahren brachte ihm der Vater bei. Mit Helmut, der nur ein paar Häuser entfernt wohnte, war Erich auf Entdeckertouren in der Umgebung unterwegs. Oftmals mit dem Fahrrad, entweder mit Mutters Rad oder mit dem vom Vater. Obwohl Erich anfangs für das Fahrrad vom Vater noch zu klein war, passte Erichs Fuß unter der Radstange hindurch bis zum Pedal und mit etwas Geschick ließ sich wunderbar Radfahren.

Fuhr die Familie sonntags zur Kirche nach Nowy Tomyśl wurden die zwei Pferde angespannt. Auch Erich lernte bald mit den Pferden umzugehen und zu verstehen, wie wichtig diese Tiere für die Bewirtschaftung des Hofes waren.

Die Eltern waren jeden Morgen schon sehr früh im Stall, um die Kühe zu melken; fünf konnte man stets zählen und dazu kamen noch die Jungtiere. Zum Weiden der Tiere hatte das Anwesen genug Wiesen hinter dem Hof. So gab es jeden Tag frische Milch zu Hause. Darüber hinaus wurde die frische Milch an die Molkerei in Nowy Tomyśl abgeliefert. Die Kannen wurden morgens am Weg im Dorf abgestellt und der Milchkutscher kam, um sie zu holen. Am Nachmittag brachte er Magermilch in den Kannen zurück, denn die brauchte man zum Füttern der Schweine.

Ungefähr 25 Schweine, auch Ferkel, gehörten zum Hof im Koben. Es war üblich, zwei Mal im Jahr ein Schwein zu schlachten und zu Wurst und Fleisch zu verarbeiten. Um das Fleisch haltbar zu machen, zum Beispiel, legte die Mutter es mit genügend Salz in einen großen Zuber. Mit der Herstellung der Wurst und der anderen Schlachtvorräte waren die Mutter und die Großmutter stets mehrere Tage beschäftigt.

Nur solche Nährmittel, wie eben Salz oder Zucker, wurden beim Lebensmittelhändler Kraft in Nowy Tomyśl gekauft, das meiste aber wurde von den Eltern selbst hergestellt.

Das Buttern war Sache der Mutter. Den Rahm von der Milch hat sie mehrere Tage stehengelassen, bis er reif war. In einem Fass hat sie mit dem Stampfer dann den Rahm zu Butter gestampft. Erich hatte der Mutter oft dabei geholfen und wusste, dass die gute Buttermilch das war, was beim Buttern übriggeblieben war.

Neben dem Getreideanbau wurden die Äcker mit Kartoffeln bestellt. Apern waren zum einen ein wichtiges Futtermittel für das Vieh und zum anderen eines der verbreitetsten Naturerzeugnisse eines jeden Hofes in Sękowo. Schon zum Frühstück gab es Pellkartoffeln mit Speck oder zum Tunken in Leinöl. Oder auch ein Butterbrot, beschmiert mit Schweinefett oder süß mit Marmelade. All das waren Lebensmittel, die von der Familie selbst angebaut und verarbeitet wurden. Nicht nur für den Eigenbedarf, sondern viele Produkte wurden auf dem Wochen- oder Großmarkt in Nowy Tomyśl verkauft. Einige Bauern in der Nachbarschaft hatten dazu eine Gemeinschaft gebildet, in der jeder Bauer abwechselnd zum Markttag fuhr und jeweils die Produkte der Bauerngemeinschaft dort absetzte. Vater Heinrich gehörte solch einer Gemeinschaft an.

„Weihnachten war erst abends“.

Die Kiefer stand im Wohnzimmer. Vater hatte sie aus dem eigenen Haid geholt und Mutter hatte sie wie immer geschmückt. Erich wollte stets dabei helfen, den Baum mit den Kerzen, den Kugeln und den anderen Anhängseln herauszuputzen. Und am Abend gab es die von Mutter selbstgemachten Mohnklöße, die Erich ganz besonders mochte. Semmelwürfel wurden mit Milch übergossen. Und in einer Schüssel mit Riefen wurde der Mohn gestampft und dann mit Rosinen und den Semmelwürfeln vermengt. Das Ganze wurde heiß gegessen und mit Zucker angerichtet.

Zur Christmette fuhr die Familie mit dem Pferdewagen zur Kirche in Jastrzębsko Stare. Dort traf man auch die Eltern und den Bruder der Mutter.

Onkel Otto aus Jastrzębsko Stare kam gelegentlich auf einen kurzen Besuch im Hause Pflaum, wenn er von seinen Besorgungen auf dem Heimweg von Nowy Tomyśl war. Erich mochte seine heitere Art, denn der Onkel scherzte gern mit Erich. Und als Erich alt genug war, schickte ihn die Mutter mit dem Fahrrad zum Hof der Familie Arlt nach Jastrzębsko Stare, um von der reichlichen Gurkenernte einen Sack voll zu holen. Der Sack war meist so schwer, dass Erich das Rad auf dem Weg nach Hause schieben musste. Die Kinder des Onkels waren viel jünger als Erich und als Kleinkinder leider keine Spielkameraden für ihn. Die Gurken hat die Mutter dann in Steintöpfen zu Salzgurken gemacht.

Kurz nach Erichs 13. Geburtstag wurde im Volksempfänger vom Kriegsbeginn berichtet. Obwohl die Familie die Spannungen zwischen den polnischen und deutschen Menschen in der Gegend in den vergangenen Monaten miterlebte, änderte sich für Erich das Leben auf dem Hofe nicht. Sękowo wurde bald Friedenwalde genannt, Erich hatte noch ein Jahr die deutsche Schule zu besuchen, bis er sein Abschlusszeugnis erhalten sollte. Man bezahlte nun auf dem Markt und im Lebensmittelgeschäft in Neutomischel nicht mehr mit Zloty, sondern mit Reichsmark. Der Vater war im Ersten Krieg Soldat und wurde nicht noch einmal verpflichtet, somit wurde der Hof von den Eltern weiter bewirtschaftet und Erich bekam seine Lehrjahre als Bauer.

Bis er 1944 mit 17 Jahren zur Wehrmacht einberufen wurde….

Arlt-3 [548]

* * *

Diese Kurzgeschichte enthält Erinnerungen von Erich Pflaum an seine Kindheit, die er mir jeweils am 8. August 2014 und 2015 erzählt hat. Herzlichen Dank an ihn für die gemeinsame Zeitreise und die kostbaren Erzählungen.

aufgeschrieben im August 2015 Elke Beyer-Arlt

Trigometrische Vermessungspunkte

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert

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lfd. No. Feldmark, auf welcher der Markstein errichtet ist Nähere Beschreibung der Oertlichkeit, auf welcher der Markstein steht Name des Eigenthümers, auf dessen Grundstück der Markstein steht
1 Albertoske Am Wege, nördlich des Gehöfts des Gemeindevorstehers Ewald Rosenau Rosenau, Gottlieb Ewald, Albertoske
2 Albertoske Am Grenzwege zwischen Neu Borui und Albertoske Damsch Heinrich in Albertoske
3 Alttomischel Im Walde, östlich des Vorwerks Mischke v. Poncet Franz, Rittergutsbesitzer Alttomischel und Miterben
4 Alttomischel Links der Chaussee nach Bolewitz. In der Nähe der Grenze mit Scherlanke v. Poncet Franz, Rittergutsbesitzer Alttomischel und Miterben
5 Alttomischel Links vom Wege von Alttomischel nach dem Vorerk Bobrowke v. Poncet Franz, Rittergutsbesitzer Alttomischel und Miterben
6 Alttomischel Rechts des Weges von Alttomischel nach Witomischel Kaminski Stanislaus, Alttomischel
7 Alttomischel Schornstein der Brennerei des Gutes Alttomischel v. Poncet Franz, Rittergutsbesitzer Alttomischel und Miterben
8 Scherlanke Links der Chaussee nach Bolewitz v. Poncet Franz, Rittergutsbesitzer Alttomischel und Miterben
9 Blake Nördlich des Weges von Blake nach Schleife Ulbrich Henr. Geb. Appelt Ww. Blake
10 Buchwerder Forst Westlich der Försterei Theerofen, rechts des Wege nach Bentschen Königl. Preuß Staat, Forstverw.
11 Buchwerder Forst Rechts des Weges von Bolewitz nach Bentschen. Nördlich d. Försterei Lehmkuhl Königl. Preuß Staat, Forstverw.
12 Bolewitz In der Nähe der Gemarkung Wytomischel Königl. Preuß Staat, Forstverw.
13 Bollwitz Brennereischornstein der Kgl. Domäne Bollwitz Kgl. Preuß. Staat Domänenverw.
14 Bollwitz Links des Weges von Bolewitz nach Wytomischel Kgl. Preuß. Staat Domänenverw.
15 Brodki Gut Südwestlich von Brodki am Wege nach Brody links Pflug Emil Rittergutsbesitzer Brody
16 Brody Gut Rechts am Wege von Brody nach Chraplewo Pflug Emil Rittergutsbesitzer Brody
17 Brody Gut Westlich des Vorwerks Marszewo, links des Weges von Trzionka nach Brody Pflug Emil Rittergutsbesitzer Brody
18 Brody Gemeinde Turm der Kapelle zu Brody Katholische Kirchengemeinde Brody
19 Brody Gemeinde Links am Wege von Brody nach Turowo Pawlik Andreas Brody
20 Bukowiec Gemeinde Turm der katholischen Kirche zu Bukowiec Kath. Kirchengemeinde zu Bukowiec
21 Chmielinko Rechts des Weges von Chmielinko nach Neustadt b. P. Kinzel Wilhelm Chmielinko
22 Chmielinko Rechts des Weges von Chmielinko nach Rose Klemt August Conradin Chmielinko
23 Chraplewo Gut Schornstein der Brennerei des Gutes Chraplewo v. Hardt Fried. Wilh. Majoratsb. Wonsowo
24 Chraplewo Gut Links des Weges von Chraplewo nach Chmielinko und Pakoslaw v. Hardt Fried. Wilh. Majoratsb. Wonsowo
25 Chraplewo Neufeld Nördlich des Wilhelm Hirt’schen Gehöfts Hirth Wilh. Eigenthümer in Neufeld
26 Cichagora Am Ziegenkruge, westlich des Begräbnisplates Strauch Dienegott in Cichagora
27 Cichagora Oestlich des Dienegott Müller’schen Gehöfts Müller Dienegott in Cichagora
28 Cichagora Südlich der Eisenbahn, im Walde, Enklave zu Bukowiec Gut Beyme Rittergutsbesitzer Eichenhorst
29 Gronsko Nördlich der Grenze mit Bolewitz, südöstlich des Waldes der Herrschaft Neustadt b. P. 1. Starak Franz, 2. v. Lacki Wladislaus auf Posadowo
30 Gronsko An der Grenze mit Krummwalde Mancza Johann in Gronsko
31 Gronsko Gut Rechts am Wege von Gronsko nach Komorowo Graf Stef. V. Korzbock Lacki Lipnica
32 Glupon Rechts der Kleinbahn nach Michorzewo nach Trzionka v. Hardt Wilh. Majoratsb. i. Wonsowo
33 Glupon Südlich d. Gemarkung Chraplewo. Auf d. Grenze zwischen d. Gute u. d. Gem. Kalek Andreas Glupon
34 Jastrzembnik Rechts des Weges von Jastrzembnik nach Opalenitza, in der Nähe der Gemarkung Lenkerhauland Thüm Julius in Jastrzembnik
35 Jastrzembnik Nordwestlich des Dorfes, auf der Grenze mit dem Gutsbezirk Pasiciel Anastasia Ww Jastrzembnik
36 Jastrzembnik In der Näche der Gemerkungen Neu-Dombrowo und Michorzewko Beyme Rittergutsbesitzer Eichenhorst
37 Jastrzembnik Westlich der Försterei Jastrzembnik I Beyme Rittergutsbesitzer Eichenhorst
38 Jastrzembnik Schornstein der Brennerei von Jastrzembnik Gut Beyme Rittergutsbesitzer Eichenhorst
39 Komorowo Gut Rechts des Weges von Komorowo Gut nach Grudno und Krummwalde Graf Stef. v. Korzbock Lacki Lipnica
40 Komorowo Hauland Links des Weges von Komorowo Hld. Nach Schleife in der Nähe der Gemarkung Schleife Kranich Johann Heinrich in Komorowo Haul.
41 Konin Gemeinde Oestlich des Dorfes, in der Nähe der Grnze mit dem Gutsbezirk Kandulski Nicolaus Konin
42 Konin Gut Schornstein der Brennerei vom Gute Konin v. Lacki Stanislaus Pakoslaw
43 Konkolewo In der Näche der Gemarkung Albertoske Handelsm . ?idad Konkolewo Bauunternehmer in Posen
44 Konkolewo Turm der evangelischen Kirche in Konkolewo Evang. Kirchengemeinde Konkolewo
45 Krystianowo Links am Wege von Turkowo nach Michorzewo Kortus Mathias in Krystianowo
46 Kuschlin Turm der evangelischen Kirche in Kuschlin Evang. Kirchengemeinde Kuschlin
47 Linde Gut Schornstein der Brennerei vom Gute Linde Köppen Franz Rent. Z. Charlottenburg
48 Linde Gut Links des Weges von Linde nach Milostowo hinter dem Kruge Köppen Franz Rent. Z. Charlottenburg
49 Linde Gut Rechts d. Weges v. Algier nach Milostowo i. d. Nähe der Gemarkung Milostowo Köppen Franz Rent. Z. Charlottenburg
50 Michorzewo Gut Auf dem Begräbnißplatze des Gutes Michorzewo v. Szczaniecki Thad. Auf Michorzewo
51 Neustadt (cfr. Nr. 31 u 39) Auf dem Weinberge der Herrschaft Neustadt Graf Stef. V. Korzbock Lacki Lipnica
52 Neustadt (cfr. Nr. 31 u 39) Turm der Kreuzkirche an der Chausse nach Pinne Kath. Kirchengem. In Neustadt b. P.
53 Neustadt (cfr. Nr. 31 u 39) Turm der evangelischen Kirche Evang. Kircheng. In Neustadt b. P.
54 Neutomischel Turm der evangelischen Kirche in Neutomischel Evang. Kircheng. In Neutomischel
55 Pakoslaw Gut Links an der Chaussee von Pakoslaw nach Neustadt v. Lacki Stanislaus Rittergb. a. Pakoslaw
56 Pakoslaw Gut Links am Wege von Pakoslaw nach Brody v. Lacki Stanislaus Rittergb. a. Pakoslaw
57 Pakoslaw Gut Links am Wege von Pakoslaw nach der Försterei Podlesie v. Lacki Stanislaus Rittergb. a. Pakoslaw
58 Pariczewo u. Pawlowko Gtsbz. Konin Nordöstlich des Vorwerks Pariczewo, in der Nähe der Gemarkung Konin Gut v. Lacki Stanislaus Rittergb. a. Pakoslaw
59 Porazyn Nordwestlich des Dorfes in der Nähe der Gemerkung Porazyn Gut Buda Stephan Porazyn
60 Posadowo Höster Schloßthurm Graf v. Lacki Wlad. auf Posadowo
61 Rose Gut Südlich des Dorfes, rechts des Weges von Rose nach Bukowiec Schwartzkopff Kurt Rose
62 Sontop Im Walde in der Nähe der Gemarkung Neurose Schwartzkopff Kurt Rose
63 Sontop Im Walde rechts des Weges von Sontop nach der Haltestelle Sontop Schwartzkopff Kurt Rose
64 Sontop Rechts des Weges von Sontop nach Rose, auf den Roserstücken Fenske, Gustav Heinrich in Sontop
65 Steinhorst Schornstein der Brennerei vom Gute Steinhorst v. Sulerzyski Ritterg. In Steinhorst
66 Steinhorst Nördlich des Dorfes in der Nähe der Gemerkung Lubocz Kreis Birnbaum v. Sulerzyski Ritterg. In Steinhorst
67 Wonsowo Gut Ziegelei Schronstein v. Hardt Fried. Wilh. Rittergb. auf Wonsowo
68 Wonsowo Gut Thurm des Schlosses (Helmstangen) v. Hardt Fried. Wilh. Rittergb. auf Wonsowo
69 Wonsowo Gut Südwestlich des Vorwerks Wonsowo v. Hardt Fried. Wilh. Rittergb. auf Wonsowo
70 Wonsowo In der Nähe der Gemerkung Dombrowo, südöstlich der Försterei Löchel Johann Karl Wonsowo
71 Wengielno Im Walde rechts des Weges von Blake nach Sempolno Mühle Graf Stef. V. Korzbock Lacki Lipnica
72 Wytomischel Thurm der katholischen Kirche in Wytomischel Kath. Kirchengem. in Wytomischel
73 Zembowo Nordwestlich des Dorfes an der Grenze mit Tarnowce Hauland Jarnot Joseph in Zembowo
74 Zembowo Gut Südwestlich von Zembowko an der Grenze mit dem Gemeindebezirk Zembowo Frau v. Lacka. Emilie geb. Gräfin Mielzyska auf Pakoslaw
75 Zembowo Gut Am Wege von Komorowo Hld. Nach Zembowko Frau v. Lacka. Emilie geb. Gräfin Mielzyska auf Pakoslaw
76 Zembowo Gut Schornstein der Brennerei vom Gute Zembowo Frau v. Lacka. Emilie geb. Gräfin Mielzyska auf Pakoslaw
77 Zembowo Gut Nordöstlich des Forfes in der Nähe von Wymyslanke Frau v. Lacka. Emilie geb. Gräfin Mielzyska auf Pakoslaw
78 Zgierzynka Nördlich des Dorfes Zarna Peter in Zgierzynka
79 Zgierzynka An der Chaussee von Neustadt b. P. nach Pinne Pawlak Mathias Zgierzynka
80 Zgierzynka Rechts am Wege von Zgierzynka nach Turowo Probstei der Pfarrkiche zu Brody
81 Zinskowo Zwischen der Eisenbahn und dem Gastwirth Schulz’schen Gehöft Seide Reinhold in Zinskowo

Brandstiftung aus Eifersucht … ? / Brody 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Brody / Ansichtkarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [549]

Brody / Ansichtkarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

War es Eifersucht, war es ein anderes Motiv welches den Zimmermann und Wirthssohn Martin Osinski aus Brody, einen bisher unbescholtenen Menschen, wegen des ruchlosen Verbrechens der vorsätzlichen Brandstiftung am Freitag (16. März 1900) auf die Anklagebank des Posener Schwurgerichts führte ?

* * *

Am Abende des 21. Januar d. Js. (1900) ist, wie wir z. Z. berichtet hatten, eine Scheune nebst Schweinestall und ein Schuppen der Wittwe Barbara Kubiak abgebrannt. Dieser Abbau liegt etwa 1 Kilometer vor dem Dorfe Brody an einem Wege.

Etwa 100 Stritte davon liegt das Anwesen, auf welchem Angeklagter mit seiner Schwester wirthschaftet.

Am 1. Januar war der Ehemann der Kubiak gestorben. Während seiner Krankheit hatte Angeklagter bei ihm gearbeitet und vielfach geäußert, daß er, wenn Kubiak stürbe, in die Wirthschaft heirathen würde. Kubiak war aber, als ihm dies zu Ohren kam, noch so rüstig, daß er den Angeklagten zweimal durchprügelte. Nach dem Tode des Mannes kam Angeklagter dem „Pos. Tgbl.“ zufolge das erste Mal am 21. Januar Nachmittags gegen 2 1/2 Uhr zu der Wittwe Kubiak, sie bewirthete ihn und unterhielt sich mit ihm. Es war ein Sonntag. Es stellten sich dann auch der Bruder der Kubiak, Wirth Wawrzyn Smentek aus Gronsko mit dem Wirthssohne Anton Michalski aus Zembowo und bald darauf ihr Schwager, Häusler Stanislaus Cebernik aus Brody Abbau ein.

Michalski hatten ebenfalls die Absicht, die Wittwe Kubiak zu heirathen, was dem Angeklagten jedenfalls bekannt war. Die Männer unterhielten sich mehrere Stunden. Gegen 6 1/2 Uhr ging die Wittwe Kubiak zu ihrem Nachbarn, dem Wirth Peter Bartkowiak. Die Gäste begannen nun von der Verheirathung der Kubiak mit dem Michalski zu sprechen. Da erklärte der Angeklagte, daß er die Kubiak heirathen würde. Darüber war deren Schwager Cebernik empört, er packte den Angeklagten am Arme und führte ihn hinaus.

Da kam der Wirth Bartkowiak nach Hause, es war 7 Uhr geworden; er traf den Angeklagten an einer Ecke der Kubiak’schen Scheune. Nicht weit davon befand sich der Wirthssohn Stefan Kubiak, er war hinausgegangen, weil Angeklagter an jenem Tage mehrmals geäußert hatte, er würde ihnen einen „Ball“ ausrichten, und Stefan Kubiak befürchtete, Angeklagter würde die Scheune seiner Mutter anzünden; er theilte seine Besorgniß dem Bartkowiak mit, und dieser schickte die Wittwe Kubiak, die er in seiner Wohnung antraf, schleunigst nach Hause.

Bald daruf kam auch Angeklagter zur Kubiak. Als diese in die Küche ging, um Kaffee zu kochen, folgten ihr Cebernik, Smentek und Michalski, um über die Verheirathung des Letzteren mit der Kubiak ruhig sprechen zu können und ließen den Angeklagten und den Stefan Kubiak in der Wohnstube zurück. Es war aber vorher dort schon in Gegenwart des Angeklagten von dieser Heirath gesprochen worden; jetzt fragte Angeklagter den Stefen Kubiak unter vier Augen, ob seine Mutter heirathen werde. Als Stefan Kubiak dies bejahte, äußerte Angeklagter wiederum: „Das wird aber schlimm werden, ich werde Euch vorher einen „Ball“ ausrichten!“

Darauf verließ Angeklagter das Kubiak’sche Haus, um nach Hause zu gehen. Kurz vor 9 Uhr brach im Schuppen und in der Scheune Feuer aus, in der Scheune der auf der Tenne liegende Häckselhaufen und der linke Bansen. Das Feuer muß an zwei Stellen angelegt sein, denn eine Uebertragung des Feuers von einem Gebäude zum andern war nach Aussage der Augenzeugen in der kurzen Zeit ausgeschlossen.

Angeklagter giebt denn auch zu, das Feuer veranlaßt zu haben, aber aus „Fahrlässigkeit“. Nachdem er aus dem Kubiak’schen Hause hinausgewiesen war, habe er sich an der Scheune eine Zigarre angezündet und in seinem Aerger und in seiner Kopflosigkeit habe er nicht darauf geachtet, wohin er das glimmende Streichholz geworfen, es müsse in das Stroh vor der Scheune gefallen sein, die bald darauf in Flammen stand.

Trotzdem ist er nach Hause gegangen, Cebernik ist ihm aber bald nachgeeilt; auf dessen bittere Vorwürfe hatte er keine Antwort. Niemand hat den Angeklagten jemals rauchen sehen. Wenn gar keine Belastungszeugen vorhanden wären, so erscheint Angeklagter durch seine eigenen Angaben hinlänglich überführt; er wurde denn auch wegen vorsätzlicher Brandstiftung zu zwei Jahren Gefängniß und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf drei Jahre verurtheilt.

* * *

Beim Standesamt Neustadt bei Pinne findet sich am 4. Februar 1901 die Eheschliessung

des Wittwers und Eigentümers Josef Kubiak, katholischer Religion, geboren am 2ten März 1866 zu Michorzewko, wohnhaft zu Brody
Sohn des zu Brody der verstorbenen Eheleute: Eigentümer Lorenz Kubiak und dessen Ehefrau Josefa geborene Haladuda welche zuletzt in Glupon ansässig gewesen waren
und
der Wittwe und Eigentümerin Barbara Kubiak geborene Smetek, katholischer Religion, geboren am 26ten September 1864 zu Gronsko,
wohnhaft zu Brody, Tochter der verstorbenen Eheleute: Eigentümer Stanislaus Smetek und dessen Ehefrau Nepomucena geborene Loba, welche zuletzt in Brody ansässig gewesen waren

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1.) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Posener Tageblatt 1900-03-17 Morgenausgabe und gleichlautend Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1900-03-20 / 2.) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):Kopien der Personenstandsunterlagen Neustadt bei Pinne
 

Vertrag des Ernst W. Weidmann zum I. ordentlichen Lehrer an der Schule in Neu Tomysl / 1863 und der des Hugo Schwaebe zum II. ordentlichen Lehrer / 1866

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Die Südseite des ehemaligen "Alten Marktes" mit der Stadtschule / Ansichtkarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [550]

Die Südseite des ehemaligen „Alten Marktes“ mit der Stadtschule / Ansichtkarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Es ist wenig über die frühen Jahre der Stadtschule Neutomischel’s bekannt. Im Jahr 1877 wurde von einem häufigen Lehrerwechsel geschrieben. Es hieß, das dieser eine Folge von mangelhafter Besoldung gewesen sein soll. Der Unterricht soll daraus resultierend gelitten haben.

Nicht jede Familie hatte den Unterricht, der an der Stadtschule für Ihre Kinder erteilt worden war, für ausreichend gehalten; ihre Kinder hatten eine der weiteren in der Stadt seinerzeit existierenden Lehreinrichtungen besucht.

Zum Beispiel bestand 1867, das Gründungsjahr ist nicht bekannt, neben der evgl. Stadtschule noch eine Privatschule des Herrn Gossow; und  ungefähr um 1868 hatte Marie Landmann ihre Lehrtätigkeit als Privalehrerin in der Stadt aufgenommen. Weiterhin wurden einige Kinder deren Eltern Inhaber eines Erlaubnisscheines, ausgestellt von der Königlichen Regierung zu Posen, gewesen waren, von diesen selbst unterrichtet und hatten keine öffentliche oder private Schule besucht.

* * *

Vocation

für den Lehrer Ernst Wilhelm Weidmann an der evangelische Schule in Neutomysl

Der bisherige interimistische Lehrer Ernst Wilhelm Weidmann wird unter Vorbehalt der Bestätigung seitens der Königl. Regierung von dem unterzeichneten Schulvorstande zum ordentlichen ersten Lehrer an der Schule in Neutomysl unter nachstehenden Verpflichtungen und unter Zusicherung des hier aufgeführten Einkommens definitiv berufen

§1 – Es wird dem Lehrer Weidmann zur Pflicht gemacht, seine Amtsobliegenheiten gewissenhaft zu erfüllen, der ihm anvertrauten Jugend durch Lehre und Beispiel nützlich zu werden und mit den Eltern der Schulkinder und den übrigen Gemeindegliedern in Eintracht zu leben, seinen Vorgesetzten überall die gebührende Achtung zu erweisen, sowie auch jede Gelegenheit zu seiner eigenen weiteren Fortbildung wohl zu benutzen und sich überhaupt stets und überall so zu betragen, wie es einem rechtschaffenen Lehrer und treuen Unterthan zukommt.

Ferner wird dem g. Weidmann ausdrücklich zur Pflicht gemacht

1. Jeden Sonntag für die aus der Schule entlassene Jugend zwei Stunden in der Schule Unterricht zu ertheilen
2. in den Schullehrer Wittwen und Waisen Unterstützungs-Verein als Mitglied einzutreten
3. an Kinder seiner Confession in benachbarten Schulen anderer Confession gegen eine von der Königl. Regierung in jedem angegebenen Falle besonders festzusetzende billige Renumeration den confessionellen Religions-Unterricht zu ertheilen.
4. die Schuljugend in der Obstbaumzucht, sowie im Turnen zu unterrichten

§2 – Wenn der Lehrer Wiedmann diese Verpflichtungen treu und gewissenhaft erfüllt, soll er rücksichtlich aller ihm zustehenden Rechte gegen jede Beeinträchtigung geschützt werden und folgende Eincurrente erhalten

1. baar 200 Thl. wörtlich: zweihundert Thaler jährlich in vierteljährigen Raten praenumerando zahlbar,
2. an Schreibmaterial Entschädigung jährlich 1 Thl. – einen Thaler
3. an Entschädigung für Beheizung des Klassenzimmers jährlich 24 Thl. – vierundzwanzig Thaler
4. freie Wohnung in der Beletage des Schulhauses, bestehend aus einer Stube, Nebenstube, Küche, Kammer und Bodenraum, sowie er die Wohnung bisher benützt hat
5. die Benutzung zweier Holzställe in dem vorhandenen Stallgebäude und des über denselben belegenen Dachboden
6. die Benutzung eines verschließbaren Apartements
7. die Nutzung des sogenannten Roehl’schen Gartens von 75 Quadrat Ruten ku. Maaß Fläche, welcher jetzt der Schule gehört
8. einen Platz zur Dünger Sammlung
9. bei Übertragung der Verwaltung einer Baumschule an Weidmann erhält derselbe aus letzterer die Nutzungen im Sinne der Königl. Regierungsverfügung vom 20. April 1846 No. 115R in welcher Beziehung nachfolgendes festgestellt wird:

a. es verbleiben dem Lehrer, ohne Unterschied, ob er die Baumschule selbst angelegt oder solche angepflanzt übernommen hat, sämmtliche Früchte derselben
b. gleicher Weise verbleibt ihm der Erlös der mit Zustimmung des Schulvorstandes und Genehmigung des Schul Inspektors aus der Baumschule verkauften Obstbäumen, es dürfen jedoch nur solche Obstbäume verkauft werden, welche schon Früchte ansetzen
c. darüber ob der Lehrer die zur Bepflanzung der Gemeindewege brauchbaren und erforderlichen wilden Bäume unentgeltlich zu liefern oder eine Renumeration … dafür zu erhalten hat, ist eine besondere Vereinbarung zu treffen
d. der Lehrer darf bei seinem Abgange von der Schule unter keinen Umständen aus der Obstbaumschule etwas mitnehmen.

Zur Urkund dessen haben wir diese Vokation eigenhändig unterschrieben.

Neutomysl 22/12 1863

Der Magistrat – Der Schulvorstand

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Vocation

für den Lehrer Hugo Schwaebe an der evangelische Schule in Neutomysl

Der bisherige Lehrer in Schwarzhauland Kreis Buk Hugo Schwaebe welcher unterm 16. Januar zum 2ten ordentlichen Lehrer von der hiesigen evangelischen Schule vom Schulvorstande gewählt worden ist, wird vom letzteren unter Vorbehalt der Bestätigung der Königl. Regierung resp. unter nachstehenden nachstehenden Verpflichtungen und unter Zusicherung des hier aufgeführten Einkommens zu dem ihm übertragenen Lehr Amte definitiv berufen:

§1 Es wird dem Lehrer Schwaebe zur Pflicht gemacht, seine Amtsobliegenheiten gewissenhaft zu erfüllen, der ihm anvertrauten Jugend durch Lehre und Beispiel nützlich zu werden und mit den Eltern der Schulkinder und den übrigen Gemeinde Gliedern in Eintracht zu leben, seinen Vorgesetzten überall die gebührende Achtung zu erweisen, sowie auch jede Gelegenheit zu seiner eigenen weiteren Fortbildung wohl zu benutzen und sich überhaupt stets und überall so zu betragen, wie es einem rechtschaffenden Lehrer und treuen Unterthan zukommt.

Ferner wird dem g. Schwaebe ausdrücklich zur Pflicht gemacht

1. Jeden Sonntag für die aus der Schule entlassene Jugend zwei Stunden in der Schule Unterricht zu ertheilen
2. In den Schullehrer Wittwen und Waisen Unterstützungs-Verein als Mitglied einzutreten.
3. an Kinder seiner Confession in benachbarten Schulen anderer Confession gegen eine von der Königl. Regierung in jedem einzelnen Falle besonders festzusetzende billige Renumeration den confessionellen Religions-Unterricht zu ertheilen.
4. die Schuljugend in der Obstbaumzucht sowie im Turnen zu unterrichten
5. der hier gegründeten, der Schule gehörigen Jugendbibliothek gegen eine Entschädigung von 16 2/3 pro Cent der einkommenden Lehrgebühr zu verwalten.

§2 Wenn der Lehrer Schwaebe diese Verpflichtungen treu und gewissenhaft erfüllt, soll er rücksichtlich aller ihm zustehenden Rechte gegen jede Beeinträchtigung geschützt werden und folgende Eincurrente erhalten

1. baar jährlich 160 Thl wörtlich Einhundert sechzig Thaler in viertel jährigen Raten praenumerando zahlbar
2. an Schreibmaterial Entschädigung jährlich 1 – einen Thaler
3. an Entschädigung für Beheizung des Klassenzimmers jährlich 23 Thl. – drei und zwanzig Thaler
4. freie Wohnung in der Dachetage des Schulhauses, bestehend aus zwei Stuben und 2 Kammern und gemeinschaftlicher Benutzung des Bodenflures
5. Benutzung zweier Holzställe in dem vorhandenen Stallgebäude und des über denselben befindlichen Dachboden
6. die Benutzung eines verschließbaren Apartements
7. bei Übertragung der Verwaltung einer Baumschule erhält g. Schwaebe aus letzterer die Nutzungen im Sinne der Regierungsverfügung vom 20. Apri 1846 (No. 115R) in welcher Beziehung folgendes festgestellt wird

a. es verbleiben dem Lehrer, ohne Unterschied, ob er die Baumschule selbst angelegt oder solche angepflanzt übernommen hat, sämmtliche Früchte derselben
b. gleicher Weise verbleibt ihm der Erlös der mit Zustimmung des Schulvorstandes und Genehmigung des Schul Inspektors aus der Baumschule verkauften Obstbäumen, es dürfen jedoch nur solche Obstbäume verkauft werden, welche schon Früchte ansetzen
c. darüber ob der Lehrer die zur Bepflanzung der Gemeindewege brauchbaren und erforderlichen wilden Bäume unentgeltlich zu liefern oder eine Renumeration … dafür zu erhalten hat, ist eine besondere Vereinbarung zu treffen
d. der Lehrer darf bei seinem Abgange von der Schule unter keinen Umständen aus der Obstbaumschule etwas mitnehmen.

Zur Urkund dessen haben wir diese Vokation eigenhändig unterschrieben.

Neutomysl 24/03 1866

Der Magistrat – Der Schulvorstand

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):Kopien der Kirchenbüchern/Personenstandsunterlagen der Parochie/Stadt Neu Tomysl/Neutomischel und die Akten des Magistrats- und der Polizei-Verwaltung zu Neutomischeol (4385-0103) betreffend Privatschulen

 

Berichterstattungen zu den Morden an dem Schuhmacher Myszkowski und dem Forsteleven Rau / 1904-1905

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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"In Erinnerung ..."               / Bild EA [551]

„In Erinnerung …“ / Bild EA

War im „Interesse der öffentlichen Sicherheit“ eine baldige Aufklärung der Mordfälle als „wünschenswert“ angesehen worden, so zogen sich die Ermittlungen dennoch in die Länge.

Im Fall des Ermordeten Schuhmachermeisters Myszkowski hatte Mitte November 1904 noch eine weitere Verhaftung, als die schon Beschriebenen, stattgefunden. Den Zeitungsberichten folgend, kann hier aber angenommen werden, dass der Verdacht auch gegen diesen Inhaftierten nicht aufrecht erhalten worden war. Was aber letztlich wirklich aus den jeweils Verdächtigten in den Orten Fraustadt, Samter, Xions und letztlich aus Stenschewo wurde, ist nicht bekannt; zu keiner der in den Zeitungsartikeln erwähnten Personen wurden weitere Berichte gefunden.

Im Fall des zweiten Opfers, des Ermordeten Forsteleven Rau, war man kaum vorangekommen. Die anfänglich ausgeschriebene Belohnung von 300 Mark wurde zum Jahreswechsel 1904/1905 auf 1000 Mark erhöht. Es galt das Bestreben den Täter unbedingt zu ergreifen.

Es wurde mit diesen beiden Morden ein weiteres, ein drittes Opfer in Zusammenhang gebracht; das des im Schmiegeler Forst erschossen aufgefundenen Försters Kowalleck.

* * *

11.11.1904

Unter diesem Datum fand sich die letzte Berichterstattung dieses Jahres zum Fall Myszkowski:

„Das „Samter’sche Kreisblatt“ berichtet aus Stenschewo: Am vorigen Freitag abends verhaftete der hiesige Bürgermeister persönlich den Arbeiter Stanisl. Andrzeszak aus Witomischel, Kreis Neutomischel.

Die mit dem Andrzeszak aufgenommene Verhandlung hat ergeben, daß er bei dem in der Nacht vom 1. zum 2. Oktober ermordeten Schuhmacher Josef Myszkowski aus Brody in einem Obstgarten in der Nähe von Pakoslaw, Kreis Neutomischel , tätig war und vor drei Wochen fortgegangen ist.

1.000 Mark Belohnung - für die Ermittlung der Täter / Veröffentl. in der Kreiszeitung [552]

1.000 Mark Belohnung – für die Ermittlung der Täter / Veröffentl. in der Kreiszeitung

Da das von der Staatsanwaltschaft bezüglich des mutmaßlichen Mörders bekannt gegebene Signalement auf Andrzeszak paßte, dieser auch, über den Mord befragt, angab, daß er mit einer zweiten Person, angeblich einem Schmied, dessen Zunamen und Verbleib er nicht anzugeben vermochte, bis vor drei Wochen mit dem Ermordeten zusammen gewesen war, wurde er wegen Verdacht des Mordes der Staatsanwaltschaft in Posen zugeführt. Bei der Verhaftung, welche der Bürgermeister vornahm, leistete Andrzeszak derartigen Widerstand, daß der Gendarm zu Hilfe kommen mußte.“

Zum Fall „Rau“ wurde weitergehend wie folgt berichtet:

09.12.1904
„Wie wir erfahren, ist in jener Gegend, wo der Forsteleve Rau ermordet worden ist, ein Gewehr gefunden worden, mit welchem vermutlich der Mord ausgeführt wurde. Der Erste Staatsanwalt aus Meseritz wird sich heute an Ort und Stelle begeben, um den Tatbestand aufzunehmen. Hoffentlich gelingt es nun, Licht in das grausige Dunkel zu bringen.

23.12.1904
In der Untersuchung, betreffend die am 11. Oktober 1904 im Walde bei Bolewitz erfolgte Ermordung des Forstarbeiters Rau, ist es von größter Wichtigkeit festzustellen, wer zwischen dem 29. November und 6. Dezember 1904 das Tesching des Rau bei der Mordstelle hingelegt hat. Wer zur Emittelung des Betreffenden beiträgt, hat eine erhebliche Belohnung zu erwarten.
Meseritz, den 19. Dezember 1904 – Der Erste Staatsanwalt

03.01.1905

1000 M. Belohnung.

Der Herr Regierungs-Präsident zu Posen hat die für die Ermittelung der Täter, welche wahrscheinlich am 11. Oktober 1904, abends den Forstaufseher Rau in der Forst bei Bolewitz erschossen haben, ausgesetzte Belohnung auf eintausend Mark erhöht.
Nachrichten erbeten zu 2 J. 1206/04.

Meseritz, den 31. Dezember 1904. – Der Erste Staatsanwalt“

Letztlich endet die Berichterstattung in der Neutomischeler Kreiszeitung mit nachfolgenden zwei Beiträgen:

17.02.1905
„Am Sonnabend nachmittag (11.02.1095) trafen in Hammer zwei Zigeuner zusammen, die nach einem Wortwechsel in eine Schlägerei gerieten. Plötzlich zog der jüngere der beiden seinen Revolver und schoß den anderen in den rechten Oberarm, in dem die Kugel stecken blieb. Trotz der schweren Verletzung zog nun auch der andere seinerseits die Waffe und gab zwei Schüsse auf seinen Gegner ab, die jedoch fehl gingen.

Beide Revolverhelden wurden festgenommen und dem hiesigen Amtsgerichtsgefängnis (vermutlich in Wollstein) zugeführt. Bei der Festnahme äußerte der jüngere der beiden, daß der andere der Mörder des kürzlich in der Schmiegeler Forst erschossen aufgefundenen Försters Kowalleck sei.“

21.02.1905
„Kürzlich wurden zwei Zigeuner namens Franz Arway und Franz Werner verhaftet, wobei (der) Werner von (dem) Arway des Mordes beschuldigt wurde. Die Anschuldigung bezieht sich auf den Ende August in der Forst Bolewitz erschossen aufgefundenen Forsteleven Rau und den bald darauf auf der Chaussee bei Brody, Kreis Neutomischel, ermordeten Schuhmacher Myszkowski aus Brody. Die Untersuchung hat festgestellt, daß Werner zur Zeit der Morde sich wirklich in der Gegend Neutomischels aufgehalten hat.“

* * *

Offen bleibt, ob letztlich diese beiden Genannten, die scheinbar vagabundierend und vielleicht sogar mordend in der Region unterwegs gewesen waren, die wirklichen Täter gewesen waren ?; es fand sich weder eine Berichterstattung über die weiteren Untersuchungen zu den Mordfällen noch über eine Verurteilung.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1904/1905

Ein weiterer Mord – der Forsteleve Rau aus Bolewitz wird erschossen aufgefunden / 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Es war eine Belohnung für Ermittelung des Täters ausgesetzt worden / Veröffentl. im Kreis-Blatt [553]

Es war eine Belohnung für Ermittelung des Täters ausgesetzt worden / Veröffentl. im Kreis-Blatt

Während die Ermittlungen hinsichtlich des Raubmordes an dem Schuhmachermeister Myszkowski aus Brody in vollem Gange waren, ereignete sich ein weiterer Mord.

Am 12. Oktober 1904 wurde der Forsteleve Hermann Rau gebürtig aus Luben Hauland im Königlichen Forst Buchwerder erschossen aufgefunden. Im Gegensatz zu ersterem Mord, bei welchem dem Opfer ein namhafter Betrag Bargeld entwendet worden war, und man von dem Motiv eines Raubmordes ausgegangen war, befanden sich in diesem zweiten Fall die Wertgegenstände des Ermordeten noch in dessen Besitz.

Innerhalb kürzester Zeit wurde nunmehr das „Interesse der öffentlichen Sicherheit“ und eine baldige Aufklärung beider Fälle als „wünschenswert“ angesehen.

Nachfolgend die Berichtserstattung zu diesem zweiten Mordfall:

* * *

„14-10-1904
Am Mittwoch (12.10.1904) früh wurde der 26 Jahre alte Forsteleve Rau aus Luben-Hauland im Königl. Forst zwischen Bolewitz und Grudno tot aufgefunden. Die Leiche zeigte blauunterlaufene Stellen am Halse, auch war das Gesicht dunkelrot gefärbt; am Kopfe waren einige leichte unbedeutende Rißwunden zu bemerken.

Da der Tote seine Wertsachen noch bei sich hatte, so ist wohl kaum anzunehmen, daß der Unglückliche einem Raubanfall zum Opfer gefallen ist. Auch sein Rad wurde etwa 200 Schritte von der Leiche entfernt aufgefunden. Der Tote litt schon längere Zeit an Krämpfen, und es ist wohl anzunehmen, daß derselbe einem Schlaganfall erlegen ist. Eine Sektion der Leiche fand nicht statt.

1904-10-18
In der Grudno’er Leichenfund-Angelegenheit müssen wir zur Berichtigung und Ergänzung unserer Notiz in voriger Nummer des Kreisblattes mitteilen, daß jedenfalls doch ein Mord vorliegt.

Wie uns von wohlunterrichteter Seite darüber gemeldet wird, hat nachträglich am Freitag (14.10.1904) nachmittag die Sektion der Leiche doch noch stattgefunden, welche ergab, daß der Tote eine äußerlich fast unsichtbare Schußwunde am Halse hatte; das Projektil eines ganz kleinen Kalibers, wahrscheinlich von einem Tesching herrührend, fand man in dem Gehirn vor. Da eine Waffe bei der Leiche nicht gefunden wurde, so steht wohl unzweifelhaft fest, daß hier nicht ein Unglücksfall, sondern Mord vorliegt. Die Leiche scheint, da man weder am Halse noch an dem Rock Blut entdecken konnte, nach der ruchlosen Tat noch abgewaschen worden zu sein. In der Nähe der Unglücksstätte wurden vier Stellen im Walde bemerkt, auf welchen sich jedenfalls ein erbitterter Kampf abgespielt zu haben scheint, denn der Waldboden war sehr aufgewühlt. Dahingegen waren an der Stelle, wo die Leiche gefunden wurde, Spuren eines stattgefundenen Kampfes nicht zu entdecken. Der Leiche war der Rock, der übrigens dem Toten verkehrt angezogen worden war, über das Gesicht gedeckt.

Man sucht vergebens nach dem Grund, der den Mörder zu dieser schauerlichen Tat bewogen haben wird. Der Ermordete wird uns als ein ruhiger und harmloser Mensch geschildert, so daß man auch einen Racheakt kaum vermuten kann. Er war noch unverheiratet und stammte, wie wir bereits mitteilten, aus Luben-Hauland, wohnte zuerst in Bolewitz und siedelte nach dem großen Brande nach Krummwalde über. Er war gelernter Gärtner und wollte sich hier in den Forstkulturen ausbilden, um später in einer Privatforst angestellt zu werden. Auch von seinen Vorgesetzten wird er als ein braver und ordentlicher Mensch geschildert.

Leider wird die Ermittelung des Mordgesellen keine leichte Aufgabe sein. Im Interesse der öffentlichen Sicherheit ist es aber gewiß wünschenswert, wenn sowohl dieser Mord sowie derjenige in Brody recht bald aufgeklärt würden, damit die Täter dem Richter überantwortet werden können.

1904-10-21
In der mysteriösen Grudno’er Mordsache haben sich trotz eifrigster Nachforschungen noch keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die zur Ergreifung des Mörders führen könnten.

1904-10-28

Bekanntmachung.

Am 12. Oktober 1904 ist der Forstarbeiter (Forsteleve) Hermann Rau in der Königlichen Forst Buchwerder bei Bolewitz (Kreis Neutomischel) erschossen aufgefunden. Es liegt anscheinend Mord oder Totschlag vor. Für die Ermittelung des Täters, der den Rau erschossen hat, hat der Herr Königliche Regierungs-Präsident in Posen eine Belohnung von

300 Mark – dreihundert Mark –

ausgesetzt.

Ich bringe dieses zur öffentlichen Kenntnis und ersuche, mir etwaige zur Ermittelung des Täters zweckdienliche Nachrichten zu den Akten 2. J. 1206/04 umgehend mitzuteilen.

Meseritz, den 25. Oktober 1904 – Der Königl. Erste Staatsanwalt.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1904/10

Der Mord an dem Schuhmachermeister Myszkowski aus Brody – 1904 – Erste Ermittelungen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die kath. Kirche in Brody - Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski [554]

Die kath. Kirche in Brody – Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski

Das Neutomischler Kreisblatt vom 04. Oktober 1904 berichtete wie folgt:

Raubmord.

Die schreckliche Kunde von einem bei Pakoslaw verübten Raubmord durcheilte gestern (03.10.1904) unsere Stadt. Leider bestätigt sich dieses Gerücht von der schauerlichen Untat voll und ganz.

Es wird uns darüber folgendes berichtet: Der Schuhmachermeister Micszikowski aus Brody wurde am Sonnabend abend von Arbeitern auf dem Wege von Brody nach Pakoslaw dicht hinter dem neuen Schulhaus von Pakoslaw mit durchschnittenem Halse aufgefunden. Der Meister hatte am Tage bei seinen Kunden Geld eingezogen und soll wohl über 100 Mark bei sich gehabt haben. Bei dem Ermordeten fehlt das Geld.

Er hinterläßt eine Frau und 4 kleine unversorgte Kinder.

Von dem ruchlosen Mordgesellen fehlt bis jetzt jede Spur.“

Der Fundort des Toten wurde seitens de Königlichen Distriktamtes zu Neustadt bei Pinne mit „zu Pakoslaw im Graben neben dem Kleinbahndamm“ angegeben. Als Todeszeitpunkt galt der „01. October 1904 nachmittags zwischen zehn und elf Uhr“.

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Es fand sich folgende weitere Berichterstattung zu den eingeleiteten Ermittlungen:

„07.10.1904
Die Untersuchung gegen den Raubmörder, welcher den Schuhmachermeister Micszikowski aus Brody am vergangenen Sonnabend ermordet und beraubt hat, ist eingeleitet und wird energisch geführt. Es haben an mehreren Orten bereits Haussuchungen stattgefunden, die aber bis jetzt alle resultatlos verlaufen sind.

21.10.1904
In der Brodyer Mordangelegenheit sind bereits mehrere Verhaftungen vorgenommen worden.

So wird aus Fraustadt folgendes gemeldet: Von hiesigen Polizeibeamten sind hier ein Mann und eine Frau festgenommen worden, weil sie sich verdächtig gemacht haben, den Schuhmacher Myczkowski aus Brody ermordet zu haben. Beide wurden dem Gericht zugeführt.

Desgleichen wird aus Samter unterm 19. d. M. wie folgt berichtet: Dringend verdächtig, an dem Morde des Schuhmacher Myczkowski aus Brody beteiligt gewesen zu sein, wurde gestern abend vom Herrn Stadtwachtmeister Mai ein Mann verhaftet, der sich auf verschiedenen Stellen anbot, Schirme zu reparieren. – Ob man hier die wirklichen Täter gefaßt hat, wird die Untersuchung ergeben.

01.11.1904
In der Mordsache des Schuhmachers Myszkowski aus Brody wird dem Schrimmer Kreisblatt aus Xions berichtet: Jetzt sind ein Ehepaar und zwei Kinder, auf die das Signalement des Ersten Staatswalts in Posen genau paßt, durch den berittenen Gendarm Fasel in Potarzyce festgenommen worden. Ein anderer Mann, der mit den Verhafteten zusammen war, hat die Flucht ergriffen. Die Kleider des Mannes waren noch mit Blut bespritzt, an der Frau waren Kratzwunden zu sehen. Das elfjährige Mädchen hat bekundet, daß ihre Eltern in der fraglichen Nacht in der Nähe der Mordstelle mit noch einem andern Mann gewesen seien.“

Weitere Berichterstattungen zu den Ermittlungen folgen …

* * *

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1904/10 – 2) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):Kopien der Personenstandsunterlagen Neustadt bei Pinne

 

Schöffengerichtssitzung vom 14. Dezember 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat von Grabski, Amtsanwalt Herr Sekretär Großkopf, Schöffen waren die Herren Bäckermeister Liepelt-Neutomischel und Eigentümer Steinke aus Bukowiec.

Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Der Angeklagte Jakob Koza aus Neustadt b. P. wurden wegen Mißhandlung des Knechts Fiege aus Scharke zu einer Gesamtstrafe von 4 Wochen verurteilt, wovon 2 Wochen durch die Untersuchungshaft als verbüßt erachtet wurden.
  2. Der Tischlermeister Olschewski von hier (Neutomischel) wurde wegen Bedrohung und Körperverletzung mit 10 Mk. bestraft.
  3. Die Klagesache gegen Franz Molenta aus Bolewitz wegen Körperverletzung mußte vertagt werden, da der Angeklagte nicht erschienen war.
  4. Der Eigentümer Otto Stenschke aus Scherlanke wurden wegen Hausfriedensbruches mit 20 Mark bestraft.
  5. Der Eigentümer Wilhelm Gebauer und der Ausgedinger Paul Gebauer, beide aus Scherlanke, erhielten wegen Grenzbeschädigung eine Geldstrafe von 20 Mk.
  6. Wegen körperlicher Mißhandlung des Schulknaben Schlifke von hier (Neutomischel) erhielt der Schlosserlehrling Wilhelm Gedrange einen Verweis, während der Fuhrmann und Eigentümer Kahl mit 6 Mk. bestraft wurde. Die übrigen Mitangeklagten wurden dagegen freigesprochen.
  7. Der Ausgedinger Joseph Maczijewicz aus Bolewitz erhielt wegen Mißhandlung des Knaben Pathan ebenda 10 Mk. Geldstrafe.
  8. Der Arbeiter Gustav Vetter von hier (Neutomischel) war der Mißhandlung des Maurerlehrling Otto Fiege bezichtigt. Die Sache wurde vertagt.
  9. Der Zimmermann Wilhelm Schilling wurde von der Anklage des Bettelns freigesprochen, dagegen wurde er wegen Körperverletzung des Gastwirtssohnes Rausch aus Sontop mit 2 Wochen Gefängnis bestraft.
  10. Die Arbeiterfrau Magdalena Patan aus Alttomischel war geständig, eine Henne sowie eine Quantität Kleie entwendet zu haben. Sie muß dafür 2 Tage Gefängnis verbüßen.
  11. Die Privatklage des Wirtschafters August Zerbe aus Zinskowo und Tischlermeisters Berthold Thomas aus Neutomischel wurde durch Vergleich erledigt.
  12. Die Privatklage des Hopfenhändlers Raphael Lewy von hier (Neutomischel) gegen den Wirth Ignatz Pirsch aus Bukowiec kam nicht zur Verhandlung, da ersterer die Klage zurückzog.
  13. In der Privatklagesache des Wirts Weimann aus Bukowiec gegen die Einwohnerfrau Muczik wurden beide Parteien zur Tragung der Kosten verurteilt.
  14. Die Privatklage des Eigentümers Karl Kucz zu Alttomischel gegen den Eigentümer Kandula wird dadurch erledigt, daß ersterer die Klage auf Kosten des Beklagten zurücknimmt.
Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-12-14

Kurzmeldung – Einbruch in die Gastwirtschaft Fenske / 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bahnhof Sontop und Gasthof Fenske - Postkartenausschnitte [555]

Bahnhof Sontop und Gasthof Fenske – Postkartenausschnitte

„Einbrecher statteten in der Nacht von Montag zu Dienstag (29./30.12.1902) um ½ 2 Uhr beim dem Gastwirth Fenske am Bahnhof Sontop ihren Besuch ab, wobei sie mit großer Frechheit vorgingen.

Herr Fenske kam grade hinzu, als zwei Personen, von denen die eine einen hellen Ueberzieher, langen schwarzen Schlips und weißes Chemisette trug und in den dreißiger Jahren sein konnte, durch das Fenster entweichen wollten. Ohne sich stören zu lassen und unter dem Schutze von zwei Aufpassern nahmen sie Cigarren und Spirituosen im Werthe von etwa 30 Mark mit und verschwanden in dem nahe gelegenen Wald.“

›ο‹

„Wir erhalten darüber nachfolgenden Bericht: Die Diebe, die vor einiger Zeit die Gastwirthe unserer Gegend heimsuchten, haben nun auch dem Gastwirth Fenske in Cichagora (Bahnhof Sontop), einen Besuch abgestattet.

In der Nacht vom 29. zum 30. Dezember stieg ein Dieb ins Gastzimmer, nachdem er vorher ein Fenster zertrümmert hatte. Zwei andere Personen standen Schmiere und nahmen dem Einbrecher die Beute durchs Fenster ab. Der Besitzer, der durch den Lärm erwacht war, gab einen Schuß durchs Fenster ab, um die Diebe zu verscheuchen.

Als er dann vom nahen Bahnhof Hilfe wollte, schlugen die Diebe noch ein Fenster ein und verschwanden im nahen Walde.“

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1903-01-03

Schöffengerichtssitzung vom 23. November 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Kurz-Paprotsch und Sperling-Neuborui.

Verhandelt wurden folgende Fälle:


1. Die Arbeiter Johann Lodigga und Nowak aus Witomischel waren beschuldigt, den Fleischer Bruno Otto ebenda mit Steinen beworfen zu haben. In Ermangelung von Beweisen wurden sie beide freigesprochen. Ein dritter Mitbeschuldigter wird vom Militärgericht abgeurteilt werden.

2. Der Korbmacher August Seide hierselbst (Neutomischel) war der polizeilichen Aufforderung, sich eine Wohnung zu verschaffen, nicht nachgekommen und deshalb angeklagt. Die Sache wurde vertagt.

3. In der Privatklagesache des Handelsmannes Lischinski gegen den Privatförster Pausch zu Rose wegen Beleidigung übernahm der letztere vergleichsweise die Kosten.

4. Die Privatklage des Eigentümers Gustav Redlich gegen den Eigentümer Rudolf Kuschitzki aus Cichagora wurde dahin erledigt, daß letzterer wegen Beleidigung eine Geldstrafe in Höhe von 15 Mark erhielt.

5. Die beiden letzten Privatklagen Blachowiak gegen Weimann und Stanislaus Kucz gegen Agnes Nigga wegen Beleidigung wurden durch Vergleich erledigt, indem die Angeklagten die Kosten übernahmen.

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-11-23

Gottlob Schmidt – geboren 1775

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Im Kreisblatt Neutomischel erschien am 19.04.1911 ein sehr interessanter Artikel über einen aufgefundenen Geburtsschein. Heute sind die frühen Aufzeichnungen der evangelischen Parochie Bentschen nicht mehr einsehbar; sodass hier wieder ein kleines Stück Geschichte überliefert und ergänzt wurde.

♦ ♦ ♦

„Eine alte Urkunde aus dem Jahre 1792 ist in der Lade der Samter’schen Müller-Innung vorgefunden worden. Sie stellt einen Geburtsschein dar und ist von den Schulzen und Schöffen zu Paprotsch-Hauland hiesigen Kreises ausgefertigt, ist auf Büttenpapier kalligraphisch mit vielen Schnörkeln geschrieben und hat folgenden Wortlaut:“ . . .

* * *

Artikel aus dem Jahr 1911 - Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” [556]

Artikel aus dem Jahr 1911 – Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel”

„Wir Scholtzen und Gerichten des Orts, der papareischen, Hauländer Gemeinde, auf unser Aller-Genädigst ertheilten, Privilegium, und Intercession; entbieten allen, wes Standes und Würden die sind, denen dieser offene Brief vorkömt; ansern freundlichen Gruß; und geflüssene Dienst; und bekönnen demnach hier öffentlich, gegen jeder männiglichen, daß für uns; in Gerichtlichen Orte, und Stelle erschienen.

Der Wohl Ehrbare und Wohlbenannte Friedrich Schmidt, Erb Bewohners allhier; Bittlich angehalten; und umb ertheilung eines Geburths-Briefes vor seinen jüngsten Sohn; nahmens Gottlob Schmidt.

Auch zu solchen Behuff; denn Wohl Ehrbaren und Wohlbenamten Christoph Horlitzen, Erblichen Eigenthümers, und Mittnachbars allhier; Und denn Ehrbaren und Wohlbenahmten Christian Werner, Erblichen Eigenthümers, in dem Benachbarten Grätzer Haulande; hierselbst zu Zeugen Produciret, Wann dann jetzt benannten beyde Gezeugen, mit entblößten Häupten, und erhobenen Fingern, zu Gott geschworen, ihnen sey wissentlich, ja, und whar; daß Vorweiser, dieser Gottlob Schmidt, von schon erwehnten Friedrich Schmidt Erb Bewohners allhier; seinen recht Leiblichen, und Nathürlichen Vater;

Und die Ehr, und Tugendsahme Anna Schmidin, eine gebohrene Richterin, seiner rechten Leiblichen Mutter; als zweyen Christlichen Ehe-Leuten, guter Teitscher, unversprochener Arth, und Nation, aus einen rechten Gottwohlgefälligen Ehe-Bette, nach Anweisung und Ordnung, der Heiligen Christlichen Kirchen; echt und recht erzeiget, und an daß Tages Licht dieser Welt Gebohren worden; auf denn Gast-Hofe, auf denn benachbahrten Baruschen Hammer; des 1775 Jahres, den 5. Juny, und darauf in der Benschner Pfarr-Kirchen Getauft worden. Die Pathen sind gewesen: der Wohl Ehrbare, und Wohlbenahmte Christian Bartsch, Eysen Schmieds auf dem Baruschen, Hammer; Und der Ehrbare und Wohlbenamte Johann Jachmann, Erblichen Eigentümers im Kommerower Haulande.

Sein Groß Eltern auch gewesen; der Groß-Vater Väterlichen Seite, Weyl. Johann Schmidt, gewesenen Erblichen Eigenthümers, und Gerichts-Scholtzens in Steinbach, im Schwiebußer Kreise gelegen. Die Großmutter Väterlichen Seite; Weyl. Anna Schmiedin, eine Gebohrene Kohlmeyhin.Der Groß Vater Mütterlichen Seite; Weyl. Christoph Richter, gewesenen Erblichen Eigenthümers, im Kommerover Hauland. Die Groß Mutter Mütterlichen Seite; die Weyl. Anna Richterin, eine Gebohrene Ehrlichin.

Als haben wir , hierüber, diese öffentliche Kundschaft mitteilen wollen, und ersuchen, alle, und jede, denen solche Vorzeiget, werden wird, Respektive, Dienst und Freundlich, nicht allein, Vorstehenden, allen völligen Glauben bey zu messen, sondern auch denn Impetranten, dessen Würklichen genoß empfinden, zu lassen; ihn bey Zünften und Innungen, oder wo er sonsten ein zu kommen sich bewerben und anhalten möchte, willig auf, und anzunehmen, und allen förderlichen Willen Gunst, und Gewogenheit zu erweisen, welches Er hoffentlich mit schuldigsten Dank wird wissen zu erkönnen; und wir werden nicht ermangeln, in solchen, und dergleichen Fällen, uns hinwiederumb, willfährig zu bezeigen.

Urkundlich unter unsern Gerichts Insiegel außgestellt und gegeben worden; Signatum, Papareischen Hauland, den 20. August Ein Tausen Sieben-Hundert, und zwey und Neuntzig.
Zur Zeitt Schöffen und Gerichten L.S. Marttin Fentzke – Schulß, Tobias Gregor, Johan Wrotzke, Christoph Kahl, Jakob Voß – sämtliche gerichten.“

* * *

In den Kirchenbücher der evangelischen Parochie Neutomischel fanden sich zu dieser Familie noch folgende Einträge:

14 März (1802) Ist bey hiesiger Kirche begraben worden Anna Schmiedin geb. Richter, welche am 10ten Nachmittags verstorben, des Friedrich Schmitt Nachbahrs in der Paprotscher Gemeine Ehefrau. Alt 66 Jahre 3 Monate.

12ten October (1802) Ist in hiesiger Kirche getraut worden Friedrich Schmitt Nachbahr in der Paprotscher Gemeine, ein Wittwer mit Frau Anna Dorothea Bansin geb. Bielkin des weil Johann Bansen ehemal. Nachbahrs in der Paprotscher Gem. nachgelassene Ehefrau. Der Bräutigam war 69, die Braut 63 Jahre alt

über Gottlob (Gottlieb) Schmidt kann nichts abschliessendes gesagt, da dieser Name mehrfach in Kirchenbüchern genannt wurde; selbst unter der Annahme, da die Geburtsbescheinigung bei einer Müller-Innung gefunden wurde, dass er das Handwerk eines Müllers erlernt hatte, fanden sich noch mehrere Personen gleichen Namens

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) Kopien der Kirchenbüchern der Parochie Neu Tomysl/Neutomischel; 2) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1911-04-19

Lebensweise der Landleute – Hauländer – Spinnrockenstuben – Spuk- und Geistergeschichten / ca. 1847-1857

geschrieben von Gudrun Tabbert
(B. Roy - Auszug aus "Kind, Jüngling, Mann" - 1895 / Einleitung G. Tabbert)
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"Das festliche Jahr" - Eine Spinnstube - Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Spinnstube [557]

„Das festliche Jahr“ – Eine Spinnstube – Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Spinnstube

In diesem Beitrag ist die Beschreibung des Lebens der Landleute – Hauländer durch B. Roy aus seinem Buch „Kind, Jüngling, Mann“ – Erstveröffentlichung im Jahr 1895 – wiedergegeben.

B. Roy selbst stammte aus einer Familie, in der beide Elternteile berufstätig waren. Sein Vater war Schuster und seine Mutter die Hebamme in und um Neu Tomysl; er beschrieb seine Mutter als „Haupternährerin“ der Familie. Wir haben seine Beschreibung ihrer Tätigkeit im Artikel „Die Hebamme von Neutomischel – um 1830“ im Mai 2012 veröffentlicht.

War in dem Beitrag über die Arbeit seiner Mutter noch von „armen Häuslern und Tagelöhnern“ geschrieben worden, davon, dass sie bei ihrer Anwesenheit zu einer anstehenden Geburt mit „so gut wie keiner Verpflegung“ oft auf die Niederkunft, wenn sie zu früh gerufen worden war, vor Ort blieb, und darüber, dass seine Mutter „immer witzig sagte; „nicht weniger als Alles fehle“ und „wo der Hunger Schildwacht stände“, so beschrieb er nun in diesem Kapitel ein Leben im Überfluss.

Der Autor Johann Carl Berthold Roy war am 23. August 1840 geboren worden. Er verließ 1857 die Stadt Neu Tomysl um in Posen in den Heeresdienst einzutreten.

Sein Bericht wurde weitestgehend nach dem von ihm erlebten Ereignissen als Kind bzw. Jugendlicher aus der Erinnerung, sein Buch erschien 1895, geschrieben. Die ein oder andere Aussage entsprach nicht ganz oder auch überhaupt nicht den tatsächlichen Lebensumständen, dennoch: auch diese Aufzeichnungen enthalten einen und sind ein Teil der Geschichte.

* * *

Lebensweise der Landleute – Hauländer – Spinnrockenstuben – Spuk- und Geistergeschichten

Die Lebensweise der Hauländer war gut; alles was zur Leibesnahrung gehörte, wurde ja in Hülle und Fülle auf dem fruchtbaren Boden erzeugt. In meiner Jugendzeit führte noch keine Eisenbahn durch die Gegend, und der Überfluß an Butter, Käse und Kälbern wurde jede Woche einmal nur zu Wagen durch sogenannte „Fleischer“ nach Posen, der nächsten großen Stadt, zu Markte gebracht. – Der Preisstand für Fleisch und andere hier erzeugte Nahrungsgegenstände stellt sich mit dem von heute (1895) verglichen, um fast zwei Dritteile niedriger.

Obst aller Art und dessen Veredelung scheinen die ersten Ansiedler aus ihren verschiedenen Herkunftsgegenden her gekannt und eingeführt zu haben. Der Obstreichtum in meiner Heimat erscheint mir heute fast unglaublich, die Äste brachen schier unter der Last. Gewöhnliches Obst wurde in manchen Jahren gar nicht abgepflückt; das Abschütteln überließ man Sturm und Winden.

Billige und gute Fische lieferte der Obrafluß mit seinen Nachbarseen sowie die zahlreich angelegten Teiche und Landgräben.

Ein "alter" Hauländerhof in der Umgebung von Nowy Tomyśl / Aufn. GT [558]

Ein „alter“ Hauländerhof in der Umgebung von Nowy Tomyśl / Aufn. GT

Unter so bewandten Verhältnissen konnten freilich Hochzeits-, Tauf- und andere Festtage oft eine Woche lang gefeiert werden. Nicht nur ein junges Rind, sondern Schaf, Schweine, Gänse, Enten wurden geschlachtet und deren Fleisch mit den verschiedensten selbstgezogenen Gemüsen zubereitet und nebst verschiedenen Fischgerichten aufgetragen.

Kaffee begann man erst in einzelnen wohlhabenden Familien und dann auch nur an Sonn- und Festtagen zu trinken. Sonst wurde morgens und abends von Herrschaft und Gesinde nach alter Weise eine Mehl- und Milchsuppe, mit kräftigem Roggenbrot als Zubiß, genossen. Zum zweiten Frühstück und Vesper (4 Uhr nachmittags) verabreichte man eine Brotstulle, im Sommer mit Butter, Käse und Quark (Weichkäse), im Winter auch mit Wurst oder Speck.

An Lohn erhielten Tagelöhner etwa 25 Pfg., außer der üblichen Kost.

Die Kleidung war einfach, derb und dauerhaft. Die Männer trugen durchweg Tuchsachen. Ihre Röcke, deren Schöße fast bis auf die Erde reichten, vererbten sich meist vom Großvater auf Sohn und Enkel. Der Schnitt blieb sich daher ziemlich gleich. Die Frauen, die fast alle einen Webstuhl besaßen, webten, wirkten und stickten sich ihre bunten Sachen meist selbst, bis auf wenige Putzartikel, welche sie entweder vom Hausierer, oder in den Buden des Jahrmarktes oder beim sonntäglichen Gang zur Kirche am Kirchorte einkauften. Und fleißig gingen sie zur Kirche; wer dieses ohne genügenden Grund nicht tat, erfreute sich keinen guten Leumundes. An solchen Tagen zeigte das weibliche Geschlecht seinen größten „Staat“, wie sie es nannten. Wer von ihnen nicht zu Wagen kam, zog sich im Sommer erst vor dem Orte die weißen Strümpfe an. Blumensträuße brachten sie fast alle mit zur Kirche.

Ältere Frauen trugen fast zeitlebens (?) bei festlichen Gelegenheiten seidene, oben in einen kunstvollen Knoten mit zwei hinausgesteiften Enden auslaufende Kopftücher, welche am Hinterkopf gar zierlich eine silber- oder goldgestickte Unterhaube hervorblicken ließen.

Die Wohnungen der Hauländer waren durchschnittlich. äußerst sauber gehalten, auch weiße Gardinen fehlten nicht, und Blumentöpfe auf dem Fensterbrett schmückten das Heim.

Das Feuerungsmaterial bestand fast ausschließlich aus Holz, höchst selten aus Torf, da an kräftigem Tannen-, Buchen- und Eichholz weder auf den einzelnen Besitzungen der Landleute noch in den nicht weit entfernten königlichen Forsten ein Mangel war; ja, die Bauern hatten zu Zeiten, wo die Arbeiten der Landwirtschaft etwas ruhten, noch tüchtige Baumklötze aus der Erde zu roden, die ihre Väter, von denen noch nötigere Besiedlungsarbeiten zu verrichten waren, nach Absägung des Stammes in der Erde gelassen hatten. Solche ausgerodeten Klötze gaben, wie sich denken läßt, an Abenden strenger Winter ein gar stetiges und behagliches Kaminfeuer, um das herum es sich sehr gemütlich „hocken“ ließ. Das taten denn auch die Frauen und Mädchen des Landes, indem sie mit ihren Spinnrocken und begleitet von ihren Männern und Burschen aus der Nachbarschaft kamen, um hier zu bestimmen, an welchem Abend sie sich bei irgend einem anderen Nachbar ein Stelldichein geben würden. War der Abend nicht kalt, so zündet man auch ein Kienfeuer an auf einer umrandeten Blechtafel, welche mittels Drahtketten schwingend an einem großen blechernen, in der Stubenmitte aufgehängten Rauchfang von der Form eines umgekehrten Trichters befestigt war.

Was die Art der Beleuchtung sonst anbetrifft, so kamen außer kleinen, mit Rüb- oder Brennöl gespeisten blechernen Dochtlampen nur noch selbstbereitete, trübselig brennende Lichter aus ungereinigtem Talg zur Verwendung. Die Fortschritte im Beleuchtungswesen sind ja überhaupt noch nicht alten Datums.

"Rocken" - Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Rocken [559]

„Rocken“ – Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Rocken

Während meiner Schulzeit hatte ich dem etwas beschränkten Jungen eines in der Nähe unseres Städtchens wohnenden reichen Hauländers Nachhilfeunterricht zu geben, und ich blieb oft, wenn das Wetter unfreundlich oder der Abend finster war, auf dem Bauernhofe über Nacht, und so traf es sich manchmal, daß ich ein stummer Gast bei derartigen Spinnrockenzusammenkünften wurde.

Wenn nun die Räder schnurrten, das Kamin- oder Kienlampenfeuer glühte und knisterte, die Tabakswolken zauberhafte Gebilde schufen, draußen die Hofhunde bellend ihre Wachsamkeit bekundeten, und von den Anwesenden immer einer mehr als der andere von erschrecklichen Geschichten zu erzählen wußte, von Geistern und Spuk, von Stellen, wo ein Schatz läge, wo ein Mord geschehen; wo früher der Galgen gestanden und der letzte Verbrecher mit dem Rade hingerichtet worden; und wo die Pferde regelmäßig scheuten: da ist meine ohnehin lebhafte Phantasie gar mächtig erregt worden, und ich hätte beinahe das Gruseln gelernt. Jedenfalls, wenn ich es an solchen Abenden nicht mehr nötig hatte, an deutlich beschriebenen Stellen vorbei nach Hause zu gehen, war niemand froher als ich.

Zweier Schreckgeschichten entsinne ich mich noch deutlich.

„Einst“, so lautete die eine, „habe sich in einer Gesellschaft übermütiger Zecher ein Geselle zufolge einer Wette vermessen, auf dem nahen Kirchhofe in stockfinsterer Nacht um die zwölfte Stunde eine vorher gezeichneten Stab in einen bestimmten Grabhügel fest und tief zu stecken. Nach seiner Rückkehr wollte sich die übrige Gesellschaft von der Ausführung der Tat überzeugen. Der Mann geht fort nach dem Kirchhof. – Doch Stunde auf Stunde verrinnt: er kehrte nicht zurück. Da wird die Gesellschaft bedenklich, und mit der Laterne ausgerüstet geht man auf die Suche. Und was findet man an dem Grabhügel? – Den kühnen Zechgenossen, aber tot.“ Im Finstern schien er nicht gesehen zu haben, daß er den langen Schoß seines Rockes durch den Stab an den Grabhügel befestigt hatte; in der Hast, schnell wieder von der unheimlichen Stelle wegzukommen, sah er sich plötzlich festgehalten, und in dem Wahne, es halte ihn der Tote zurück, fand er vor Schreck den Tod.

Die andere Erzählung lautete folgendermaßen:

„Bei einer Hochzeit, als die Köpfe der Gäste von dem genossenen scharfen Getränken schon erhitzt gewesen, sei man nun auch, wie diese ja auf dem Lande in Ermangelung anderen Redestoffes oft der Fall ist, auf das beliebte Gebiet der Schauergeschichten gekommen. Da wäre unter den zahlreichen Gästen auch der nie aussterbende Prahlhans gewesen, welcher sich zur Bekundung seines gerühmten Mutes erboten hätte, aus dem Gebeinhause des Friedhofes einen der dort aufbewahrten Totenschädel zu holen. Gesagt, getan. – Er kommt zurück, holt unter seinem Mantel den grinsenden Schädel hervor und stellt ihn zwischen die Gläser und Flaschen der Hochzeitstafel. – Er hat ihn kaum hingestellt, da ! – geht die Tür auf, und herein tritt der – leibhaftige Satanas, schwarz behaart und Hörner auf dem Kopf. In demselben Augenblick fängt der Totenschädel an zu rollen, und die Gläser fangen an umzustürzen. Die Frauen sinken aufschreiend in Ohnmacht, und krampfhaft halten sie sich am Tischtuch fest, dasselbe mit herunterreißend. Durch das demzufolge umstürzende Geschirr und die zu Boden fallenden Gläser wird der Lärm und das Entsetzen nur vermehrt. Auch die Männer sind starr vor Grausen. Der Schreck hat mehrere hingerafft und viele auf das Krankenlager geworfen.“ – Und der ursächliche Zusammenhang dieses entsetzlichen Auftrittes ? – Ein zweiter der Gäste war, um den Helden vielleicht ob seines Wagemutes zu bestrafen, nach dessen Weggange heimlich hinausgegangen, hatte sich verkleidet und das noch gehörnte Fell des zur Hochzeit geschlachteten schwarzen Rindes umgetan und den Augenblick abgewartet, wo der zweifelhafte Held den Schädel auf die Tafel setzen würde. – Eine in dem Schädel befindliche Ratte, erschreckt und in dem Bestreben, ihre Freiheit wiederzugewinnen, hatte den Schädel umgestürzte und nun alle, auch den „Satanes“, in Schrecken gesetzt.“

Eingemeindung des Grundstücks Glinau No. 234 mit Hindernissen – 1888

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Amtsstempel des Magistrat zu Neutomischel [560]

Amtsstempel des Magistrat zu Neutomischel

Im Jahr 1885 beschlossen die Herren Stadtverordneten , Jacob Cohn, Wilhelm Lutz, Berthold Männel, Adolph Männel, Gustav Toeffling und Ernst Tepper unter dem Vorsitzenden Herrn Bürgermeister Witte die „Inkommunalisierung mehrerer Grundstücke von Glinau in den Stadtbezirk Neutomischel.“ Im Februar des Jahres 1886 war seitens der Kreisvertretung anerkannt worden, dass zur „Vereinigung derselben ein im öffentlichen Interesse nothwendiges Bedürfniß vorliegen würde“, sodass dieser Beschluß begonnen worden war umgesetzt zu werden.

Wir hatten in unserem Beitrag Erben der Eleonore Arlt, verw. Wandel, geb. Miegel – 1888, sie war die letzte eingetragene Besitzerin des Grundstücks Glinau 240 gewesen, schon einmal ausgeführt, dass das Einverständnis eines jeden Eigentümers der Grundstücke vorliegen musste um letztlich die Umwidmung zu vollziehen.

Ein weiteres Grundstück, welches zur Eingemeindung vorgesehen war, war das mit der Bezeichnung Glinau No. 234. Auch bei diesem war die ein oder andere Schwierigkeit zu überwinden.

* * *


Dieses Grundstück Glinau No. 234 war im Jahr 1887 noch auf die zu diesem Zeitpunkt seit 25 Jahren verstorbene Wittwe Wilhelmine Strauss eingetragen gewesen.

Die Einholung der benötigten Zustimmungen zur Eingemeindungen wurde mit dem unter dem 20. Oktober 1887 verfassten Schreiben des Neutomischeler Magistrats an die Polizei Verwaltung in Stettin in die Wege geleitet. Diese sollte mit den dort sich aufhaltenden Erben

1. dem Bäckermeister Adolph Strauss und
2. der Louise Strauss verehelichte Eisenhardt

in dem „gedachten Sinne“ – also einer Zustimmung – zur Umwidmung des Grundstückes von Glinau in den Stadtbezirk Neutomischel verhandeln. Desweiteren sollten sie Auskunft darüber einholen, ob der Aufenthaltsort des Bäckermeisters Berthold Strauss und der, der Pauline Krönert geborene Strauss bekannt sei, bzw. abklären ob die in Stettin lebenden Geschwister von diesen Vollmachten besitzen würden und berechtigt seien, bindende Erklärungen in deren Namen abzugeben. In diesem Ersuchen um Amtshilfe wurde geschrieben, dass „Pauline Krönert geborene Strauss in Australien verstorben sein sollte und festzustellen bleiben würde, wer deren Erben seien und wo diese wohnen würden“.

Bürgermeister Witte wies ausdrücklich darauf hin, dass „die Sache eilig sei“ und er bat um „die größtmöglichste Beschleunigung“.

Der Stettiner Bäckermeister Adolph Strauss war am 26. Oktober 1887 in Neutomischel gewesen, um das Grundstück zu veräußern, dieser Verkauf war jedoch, es wurde keine weitere Ausführung hinsichtlich der Gründe darüber gemacht, nicht zustande gekommen.

Somit verzögerte sich die Angelegenheit bis in den November 1887.

Der Magistrat drängte nun wiederum bei der Stettiner Polizeiverwaltung entschieden darauf, dass er die Erklärungen aller Strauss’schen Erben benötigen würde und dieses nunmehr umgehend zu erledigen sei. Adolph Strauss teilte daraufhin den Behörden die Adresse seines in jener Zeit in Berlin ansässigen Bruders mit und erklärte auch, dass er, da seine Schwester verstorben sei, seinen Schwager in Australien angeschrieben habe, um eine Vollmacht von diesem zu erhalten, um dessen Interessen dann ebenfalls entsprechend wahrnehmen zu können. Weiterhin erklärte er, dass er persönlich mit der Vereinigung des Glinauer Grundstücks, dessen Mitbesitzer er sei, zum Stadtbezirk Neutomischel einverstanden sei.

Aus Berlin traf im Dezember 1887 die Einverständniserklärung des dort ansässig gewesenen Bäckers Berthold Strauss ein.

Seitens der Louise Eisenhardt geborene Strauss war in dem geführten Schriftverkehr nur zur finden, dass sie unter der angegebenen Adresse in Stettin nicht mehr wohnhaft gewesen war und ihr Aufenthaltsort auch nicht bekannt sein würde. Eine Zustimmungserklärung oder ähnliches fand sich nicht.

Im Januar 1888 wurde das Königliche Polizei Directorium in Stettin erneut aufgefordert bei Adolph Strauss nachzufassen, ob die Vollmacht aus Australien eingegangen sei. Er erklärte, dass er ein solche nicht erhalten habe. Die Angelegenheit verzögerte sich somit weiter. Im April des Jahres 1888 war noch immer keine Vollmacht aus Australien eingetroffen; vielmehr erklärte Adolph Strauss nun, dass eine solche nicht zu beschaffen sei.

Im Mai 1888 findet sich im Akten Konvolut dann folgendes Protokoll:

„Verhandelt Neutomischel, den 3. Mai 1888 – Heute erschienen:

1. der Bäckermeister Herr Emil Schäfer von hier, 33 Jahre alt, evangelischer Religion
2. der Klempnermeister Herr Otto Aldefeld aus Glinau, 52 Jahre alt, evangelischer Religion

Beide geben die übereinstimmende Erklärung ab:

Wir versichern an Eidesstatt, daß die ohne letztwillige Verfügung verstorbene Wittwe Wilhelmine Strauss, welche zur Zeit noch als Besitzerin des Grundstücks Glinau No. 234 eingetragen ist, nur die folgenden vier Kinder:

a. den Bäckermeister Adolph Strauss zur Zeit in Stettin wohnend
b. die Louise Strauss verehelichte Eisenhardt in Stettin
c. den Bäcker Berthold Strauss in Berlin und
d. die Pauline Strauss verehelichte Krönert, welche in Australien aufhaltsam gewesen und dort verstorben sein soll,

als ihre alleinigen Erben hinterlassen hat und daß uns außer diesen genannten vier Kindern nähere oder gleich nahe Verwandten oder Erben der Wittwe Wilhelmine Strauss nicht bekannt sind.
Comparent ad 1. erklärt noch, daß sein Vater und die verstorbene Wilhelmine Strauss Geschwister waren, und daß er deshalb mit den Familienverhältnissen der Wilhelmine Strauss vollständig vertraut sei.“

* * *

Der im Staatsarchiv in Poznan zu dieser Angelegenheit verwahrte Schriftverkehr endet hier.
War letztlich mit den vorliegenden Einverständniserklärungen und den gemachten eidesstattlichen Erklärungen die Eingemeindung vollzogen worden ?

* * *

Die eidesstattliche Erklärung des Emil Schäfer und des Otto Aldefeld ermöglichte weitere Recherchen hinsichtlich der Angehörigen der Familie Strauss:

Der Bäckermeister und Gastwirt Emil August Schäfer geb. 1854 war der Sohn des Johann Gottlieb Schäfer (*1799 in Glinau) und dessen 2ter Ehefrau, der Amalie Arndt (*ca. 1825 in Posen).

Die Wittwe Wilhelmine Strauss war somit die im Jahre 1801 geborene Johanna Wilhelmine Schäfer, welche im Jahr 1823 den seinerzeit aus Czermin stammenden Hauslehrer und späteren Lehrer in Neutomischel Johann Gottfried Strauss geheiratet hatte. Anhand der Geburtseinträge ihrer Kinder ist anzunehmen, dass das Paar bis 1828 in Neutomischel ansässig gewesen ist bevor eine Übersiedlung nach Schwersenz erfolgte. Dort war Johann Gottfried Strauss als Kantor und Lehrer, vermutlich bis zu seinem Tod, tätig gewesen.

Geschätzt fällt in die Zeit (1829-1837) der Übersiedlung die Geburt der Tochter Ottilie Wilhelmine. Im Eintrag ihrer Eheschließung im Jahr 1858 wurde geschrieben, dass sie als älteste Tochter ihrer Eltern galt und 27 Jahre alt gewesen sei; dieses würde ein Geburtsjahr um 1831 bedeuten.

Johanna Wilhelmine Strauss geb. Schäfer verstarb als Wittwe im Dezember 1862 in Glinau. Im Kirchenbuch in ihrem Toteneintrag findet sich, dass sie „2 majorene und 2 minorene“ Kinder hinterließ. Diese Eintragung erlaubt die Annahme, dass dieses

Ottilie Wilhelmine geb. um 1831 war.
Sie kommt eigentlich nur für die, in der Erbschaftssache als in Australien verstorben genannte, Pauline Krönert (geborene Strauss) in Frage. Sie heiratete am 19. April 1858 als hinterlassene, älteste Tochter des in Schwersenz bei Posen verstorbenen Cantors Gottfr. Strauss den Johann Carl August Krönert, nachgelassener jüngster Sohn des verstorbenen Johann Gottlieb Erdmann Krönert, Schönfärbers in Neu Tomysl. Das Alter des Bräutigams wurde mit 26 und das der Braut mit 27 Jahren angegeben. Unterstützt wird diese Annahme durch den beim Eheeintrag gemachten Vermerk: „sind nach Australien ausgewandert“. Warum sie in der Schiffsliste des am 25. April 1858 ab Hamburg nach Port Adelaide versegelten Schiffes „Grasbrook“, und auch in den anderen Unterlagen mit dem Vornamen „Pauline“ genannt wurde, ist bzw. war zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung noch nicht bekannt; weiterhin

Adolph Theodor geboren 1837 in Schwersenz, verheiratet gewesen mit Maria geb. Duwe und als Bäckermeister in Stettin ansässig gewesen, dann

Louise Emilie geboren um 1840, verheiratet gewesene Eisenhardt und 1888 unbekannten Aufenthalts von Stettin verzogen und als letzter

Berthold geboren 1843 und als Bäckermeister in Berlin lebend

gewesen waren.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):Kopien der Kirchenbüchern der Parochie Neu Tomysl/Neutomischel; 2) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) Acta des Magistrats- und der Polizei-Verwaltung zu Neutomischel betreffend die Regulierung der Besitz und Grenzverhältnisse; 3) The Ships List (http://www.theshipslist.com/ships/australia/grasbrook1858.shtml) Passagierliste des Passage ab Hamburg per 25.04.1858
 

Willibald Alexander Eduard Drescher, geb. 1861 in Neu Tomysl

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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"Hafenromantik" früherer Zeit, die nur zu oft die Schicksale der Auswanderer verbarg - Bild: Maennel Archiv [122]

„Hafenromantik“ früherer Zeit, die nur zu oft die Schicksale der Auswanderer verbarg – Bild: Maennel Archiv

In der Veröffentlichung „History of Rochester and Monroe County – New York“ aus dem Jahr 1908 findet sich eine Kurzbiographie über William A. E. Drescher.

Zum Zeitpunkt des Druckes dieses Buches war er im Bereich der Geschäftsführung der Fa. Bausch & Lomp Optical Company in Rochester, New York tätig. Dieses Unternehmen gilt noch heute weltweit als größter Anbieter von  Augengesundheitsprodukten wie z. B. Kontaktlinsen.

Es wurde geschrieben, dass William A. E. Drescher in Neutomischel in der Provinz Posen am 08. November 1861 geboren wurde. Seine Eltern wurden als Theodore und Helena Drescher geborene Matzner benannt.

* * *


Im Kirchenbuch der ehemaligen evangelischen Gemeinde Bentschen wurde der Heiratseintrag gefunden: “ 24. Juli 1859 – In der hiesigen evangelischen Kirche getraut Adolph Theodor Drescher, Klempnermeister, 3ter Sohn des Bürgers und Tuchfabrikanten Johann Christian Drescher und der Christiane Tugendreich geb. Eck hierselbst mit Magdalena Elisabeth Metzner, jüngste Tochter des verstorbenen Bürgers und Schneidermeisters Heinrich August Metzner und der Dorothea Charlotte geb. Hagen zu Hannover im Königreich Hannover.“

Lt. Eheeintrag war der Bräutigam 28 Jahre alt und Junggeselle und die Braut 27 Jahre und Jungfer; (geboren ca. *1831/*1832). Als Trauzeugen fungierten der Klempnermeister Hartwig Kapping und der Maurermeister Gustav Drescher, beide Trauzeugen, so die Eintragung, waren aus Bentschen. Der letztgenannte war vermutlich einer der älteren Brüder des Bräutigams: Traugott Eduard Gustav Drescher, geb. 1827.

Das Paar siedelte sich nach seiner Eheschließung in Neu Tomysl an. In der Stadt war Theodor Adolph Otto Drescher, so die Eintragungen im Kirchenbuch bei den Taufen seiner Kinder, als Klempnermeister tätig gewesen. Im Mai 1860 kam der Sohn Maximilian Carl Otto zur Welt; er verstarb im August selben Jahres. In seinem Geburts- bzw. Taufeintrag wurden die Paten Christian und Emil Drescher, sowie Hartwig Kaping aus Bentschen und Hermann Drescher aus Kupferhammer aufgeführt.

Am 24. November 1861 wurde der am 08. November des Jahres in Neu Tomysl geborene zweite Sohn auf die Namen Willibald Alexander Eduard Drescher in der dortigen evangelischen Kirche getauft. Der Vorname seiner Mutter lautete in seinem Geburtseintrag nun auf Helena. Es ist anzunehmen, da 1868 wieder die ursprüngliche Form Magdalena Elisabeth verwendet wurde, dass es sich um die verwendetet Kurzform der eigentlichen Vornamen handelte. Die Taufpaten des Willibald Alexander Eduard waren Bertha Scheibe, Alexander Kannewischer und Friedrich Weber aus Neu Tomysl sowie wiederum Hermann Drescher, Lehrer aus Kupferhammer. Letzterer war vermutlich ebenfalls ein älterer Bruder (Moritz Hermann Drescher, geb. 1824) des Vaters.

Richard Bruno Oscar, geboren als dritter Sohn des Paares, kam am 26. September 1865 in Neu Tomysl zur Welt und wurde am 15 Oktober getauft. Seine Paten waren Emma Hoffbauer, Louise Scheibe, Julius Drescher und Rudolph Kurz, sie kamen alle aus der Stadt.

Dieser aus dem Jahr 1865 stammende Geburts- bzw. Taufeintrag ist die letzte Aufzeichnung, die zu dieser Familie Drescher in Neu Tomysl gefunden wurde.

Den amerikanischen Aufzeichnungen ist zu entnehmen, dass der Vater des William Drescher vor der Auswanderung nach Amerika in Berlin in der Herstellung von Metalldacheindeckungen tätig war. Die vorübergehend erwähnte Anwesenheit in Berlin findet sich bestätigt mit der dortigen Geburt des Sohnes Heinrich Alfred Ernst im Jahr 1868.

Die Auswanderung selbst soll im Jahr 1873, dem Jahr der deutschen Wirtschaftsrezession, erfolgt sein. William Drescher selbst gab bei der Beantragung seiner Einbürgerung als Ankunftsdatum in den USA den Oktober dieses Jahres an. Eine Passagierliste aus dem Jahr 1880 der SS „Lessing“ nennt unter den beförderten Passagieren Willibald Drescher, 19 Jahre, als Sohn des Theodor Drescher, 48 Jahre und dessen Ehefrau Auguste Drescher, 40 Jahre. Ob die genannte Auguste Drescher die zweite Ehefrau des Theodor Drescher gewesen ist, ist, sowie auch der Zweck dieser Reise, nicht bekannt.

1883 beantragte Willibald A. E. Drescher seine Einbürgerung in die USA, die im selben Jahr bestätigt wurde.

Es heißt, dass William A. E. Drescher Schulen in Berlin und New York besucht hatte und nach deren Abschluss dann in die Firma Vulcanite Optical Instrument Company, einem Vorgängerunternehmen der Bausch & Lomb Optical Company, eingetreten war . Er durchlief die verschiedensten Geschäftszweige ehe er 1888 in die Firmenleitung in Rochester New York befördert wurde.

Im September 1900 schloss er mit Anna Julia Bausch die Ehe. Aus dieser Verbindung stammten drei Kinder.

Im Jahr 1905 erfolgte die offizielle, amtliche Namensänderung von Willibald Alexander Eduard in William Alexander Edward oder auch William A. E. Drescher.

William A. E. Drescher verstarb am 30 Dezember 1936 in Rochester New York.

* * *

Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Kopien der Kirchenbüchern der Parochien Bentschen und Neu Tomysl/Neutomischel; 2) New York, Naturalization Index 1792-1906,“ database with images, FamilySearch (https://familysearch.org/pal:/MM9.3.1/TH-1961-29863-14017-3?cc=2043782 : accessed 11 July 2015), Roll 64, D620-D645 (Drewes, John-Drawling, William) > image 3654 of 5520; citing NARA microfilm publication M1674 (Washington, D.C.: National Archives and Records Administration, n.d.); 3) „New York, Passenger Lists, 1820-1891“ database with images, FamilySearch (https://familysearch.org/pal:/MM9.3.1/TH-1-16948-66929-83?cc=1849782 : accessed 11 July 2015), 432 – 29 Oct 1880-30 Dec 1880 > image 1089 of 1502; citing NARA microfilm publication M237 (Washington D.C.: National Archives and Records Administration, n.d.): 4) „New York, Naturalization Index (Soundex), 1792-1906,“ database with images, FamilySearch (https://familysearch.org/pal:/MM9.3.1/TH-1961-29863-14017-3?cc=2043782 : accessed 11 July 2015), Roll 64, D620-D645 (Drewes, John-Drawling, William) > image 3654 of 5520; citing NARA microfilm publication M1674 (Washington, D.C.: National Archives and Records Administration, n.d.); 5) https://www.osapublishing.org/josa/abstract.cfm?uri=josa-27-5-198; 6)History of Rochester and Monroe county, New York : from the earliest historic times to the beginning of 1907 by Peck, William F. (William Farley), b. 1840, Published 1908 – https://archive.org/; 7) Rochester Herald 18.09.1905; 8) A Photographic History of Bausch + Lomb by Donovan A. Schilling – 2011

Attentat auf den Schauspieler A. Paul – 1885

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Albert Paul (von Jan Vilímek, 1890) - Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Paul [561]

Albert Paul (von Jan Vilímek, 1890) – Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Paul

„Berliner Blättern wird aus Posen, 10. d. (10.März 1885) geschrieben:

Heute früh 4 Uhr wurde zwischen Station Neutomischel und Eichenhorst der Märkisch Posener Eisenbahn auf den Schauspieler A. Paul vom „Thalia Theater“ in Hamburg (früher vom „Residenztheater“ in Berlin) im Koupee des von Berlin kommenden Kurierzuges ein Attentat verübt, dessen Zusammenhang bis jetzt noch in Dunkel gehüllt ist.

Im Halbschlaf gewahrte Hr. Paul, der im Koupee zweiter Klasse allein fuhr, während der Fahrt, daß die Thür des Koupee’s geöffnet wurde, worauf ihm bald ein Schuß in’s Gesicht gefeuert wurde. Das Opfer des Attentates hatte noch so viel Besinnung, an der Nothleine zu ziehen, worauf der Zug sofort zum stehen gebracht wurde. Paul wurde von dem Fahrpersonal, über und über mit Blut bedeckt, vorgefunden, während von dem Attentäter keine Spur vorhanden war.

Der Ueberfallene wurde mit demselben Zuge nach Posen gebracht, wo die ihn behandelnden Aerzte seinen Zustand für lebensgefährlich erachten. Die Kriminalpolizei ist in vollster Thätigkeit, um das über diesem Attentat lagernde Dunkel zu klären. Paul war für ein Gastspiel beim Deutschen Theater in Moskau engagirt.“

Quelle: Liechtensteiner Volksblatt – Obligatorische Organ für alle Publikationen – Vaduz, Freitag, den 28. März 1885 – Liechtensteinische Landesbibliothek – http://www.eliechtensteinensia.li/Zeitungen/

* * *

Albert Paul wurde im Jahre 1856 in Berlin, als Sohn des Redakteurs der „Gartenlaube“ Dr. Albert Fränkel geboren. Er trat am Leipziger Stadttheater und am Meininger Hoftheater auf ehe er sich reisenden Schauspielergesellschaften anschloss, die ihn z. B. an Bühnen in Passau, Amberg und Straubing führten. Bei Engagements in Rostock und Stralsund etablierte er sich als Charakterspieler in Liebhaberrollen und sogar als Komiker. 1877 kam er an das Nationaltheater in Berlin. Von dort verpflichtete er sich 1879 an das Stadttheater in Mainz. Er folgte einem Ruf nach Prag, und ging, nachdem ein Engagement in Wien nicht zustande gekommen war, nach Berlin, wo er im September 1879 am Residenztheater auftrat. Drei Jahre später, im Jahr 1881, wechselte er an das kaiserlich russische Hoftheater in St. Petersburg, von dort, an das neu gegründete Deutsche Theater in Moskau. Ab 1883 trat er am Thalia Theater in Hamburg auf. Von dort wechselte er 1885, er blieb bis ins Jahr 1888, an das großherzogliche Hoftheater in Karlsruhe. 1887 wurde er an die Dresdner Hofbühne berufen.1899 beendeten „unerquickliche künstlerische Verhältnisse“ sein dortiges Engagement. Nach einigen Gastspielen, vermutlich an den unterschiedlichsten Schauspielhäusern, kam er 1901 wieder an das Thalia Theater in Hamburg.

Seine Biographie wurde abgeschlossen mit: „Vielfache Gastspiele in Deutschland und Rußland haben seinen Namen und seine Kunst allüberall bekannt gemacht. Auch schriftstellerische Tätigkeit und mannigfache Lebensschicksale, von welch letzteren besonders ein schweres Mordattentat hervorzuheben ist welches nie aufgeklärt wurde, wohl aber auf eine nihilistische Verwechslung zurückzuführen sein dürfte, deren Opfer Paul auf einer Reise nach Rußland geworden, gaben seinem bewegten, an Erfolgen reichen Leben ein interessantes Gepräge.“

Quelle: Ludwig Eisenberg – „Ludwig Eisenberg’s große biographisches Lexikon der deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert“, Leipzig, 1903 – Seite 752 – BSB Bayerische StaatsBibliothek / MDZ Münchener DigitalisierungsZentrum Digitale Bibliothek – http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00067974/image_768 [562]
 

Funde bei Ausschachtarbeiten in Buk 1906 -Kurzmeldung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Buk -  im linken Bild liegt im oberen Bildrand (Westen) das Zentrum der Stadt; die Posenener Straße /  Poznanska verband den Marktplatz mit  dem in der Zeitungsmeldung als Neumarkte /  Pl. Reszki bezeichneten Platz auf dem "in der Gegend" des Spitalgrundstückes die Ausschachtarbeiten vorgenommen worden waren; das Bild wurde vermutlich vom Turm der seinerzeit auf dem Platz stehenden evgl. Kirche aufgenommen; die rechte Aufnahme zeigt das noch heute existierende  ehemalige Spitalgebäude, welches zu Wohnzwecken genutzt wird (3) [563]

Buk – im linken Bild liegt im oberen Bildrand (Westen) das Zentrum der Stadt; die Posenener Straße / Poznanska verband den Marktplatz mit dem in der Zeitungsmeldung als Neumarkte / Pl. Reszki bezeichneten Platz auf dem „in der Gegend“ des Spitalgrundstückes die Ausschachtarbeiten vorgenommen worden waren; das Bild wurde vermutlich vom Turm der seinerzeit auf dem Platz stehenden evgl. Kirche aufgenommen; die rechte Aufnahme zeigt das noch heute existierende ehemalige Spitalgebäude, welches zu Wohnzwecken genutzt wird (3)

„Beim Ausschachten gelegentlich der hier vorzunehmenden Kanalisationsarbeiten wurde heute Vormittag (24.08.1906) am Neumarkte in der Gegend des Spitalgrundstücks und der alten katholischen Schule in nur geringer Tiefe eine größere Anzahl Menschenschädel und Knochen gefunden. Sie waren zum Teil noch gut erhalten. Die meisten zerfielen indessen schon bei loser Berührung.

1. kościół cmentarny św. Krzyża z XVIII w. / Kirche des Heiligen Kreuzes in Buk (1760);  2. Synaga / Synagoge - ursprünglich aus dem Jahr 1893, der heutige Bau ist aus dem Jahr 1909; 3. Pomnik Bohaterow Bukowskich / Heldendenkmal des Bukovské; 4. Szpital Świętego Ducha  / Hospital "Heiliger Geist" - errichtet um 1600 als Stiftung des Stanisław Reszka (1544–1570); eine Sanierung erfolgte im 19. Jhdt.; 5. d. Palac Biskupi / Bischofspalast; 6. d. Ratusz / Rathaus (1897); 7. kościół parafialny św. Stanisława Biskupa / Kirche des hl. Stanislaus; 8. Pomnik Harcerzy; Z. - ul. Zenktelera - Quelle: (2) [564]

1. kościół cmentarny św. Krzyża z XVIII w. / Kirche des Heiligen Kreuzes in Buk (1760);
2. Synaga / Synagoge – ursprünglich aus dem Jahr 1893, der heutige Bau ist aus dem Jahr 1909; 3. Pomnik Bohaterow Bukowskich / Heldendenkmal des Bukovské; 4. Szpital Świętego Ducha / Hospital „Heiliger Geist“ – errichtet um 1600 als Stiftung des Stanisław Reszka (1544–1570); eine Sanierung erfolgte im 19. Jhdt.; 5. d. Palac Biskupi / Bischofspalast; 6. d. Ratusz / Rathaus (1897); 7. kościół parafialny św. Stanisława Biskupa / Kirche des hl. Stanislaus; 8. Pomnik Harcerzy; Z. – ul. Zenktelera – Quelle: (2)

Die Knochen wurden in zwei großen Särgen gesammelt und auf dem katholischen Friedhofe beigesetzt.

Allem Anschein nach ist der gegenwärtige Neumarkt an seiner Südseite in früherer Zeit eine Begräbnisstätte gewesen; denn auf der Stelle, auf welcher heute das Spital steht, stand damals eine katholische Kirche, die „Heilige Geist Kirche“ genannt (geschichtliche Einzelheiten zu dieser wurden nicht gefunden)“.

* * *

Buk ist eine sehr alte Stadt. Eine erste Erwähnung, so historische Publikationen, findet sich in einem Dokument aus dem Jahr 1257; zu diesem Zeitpunkt bestand bereits das Recht der Abgabenerhebung.

Im Jahr 1289 erhielt die Ansiedlung durch Przemysl II (ab 1295 Przemyslaw, König von Polen). das Stadtrecht verliehen. Buk entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Orte der Region. Späterhin gehörte die Stadt der Diözese von Posen/Poznan mit Residenzsitz des Bischofs.

Durch Kriege (13. u. 17. Jhdt.), durch Brände und Seuchen, wie z. B. der Pest verlor Buk letztlich seine Bedeutung.

* * *

Quellen: (1) Zeitungsmeldung: Amtliches Kreisblatt und Anzeiger des Kreises Grätz v. 24.08.1906 – verwahrt im Muzeum Ziemi Grodziskiej, (2) Stadtplan: Słownik krajoznawczy Wielkopolski; (3) Bildzusammenstellung: links: Webseite der Stadt Buk http://www.buk.gmina.pl/; Wappen und Aufnahme/n rechts: PM/GT

 

Hopfenbau und Hopfenhandel in Neutomischel 1898/99 – Hirsch u. Hedwig Wittkowsky – Ehrenbürger der Stadt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Heinrich Wittkowsky / Mai 1899)
am in Bez kategorii,Hauland,Hopfen,Juden,Kreisblatt,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Humulus Lupulus - Hopfen / Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Echter_Hopfen#/media/File: Illustration_Humulus_lupulus0.jpg [565]

Humulus Lupulus – Hopfen / Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Echter_Hopfen#/media/File: Illustration_Humulus_lupulus0.jpg

In den Jahren 1898/99 wurde die Hopfenproduktion in Deutschland auf annähernd 500.000 Zentner eingeschätzt; die der Welternte lag bei ca. 1.000.000 Zentner.

Bei einer in jenen Jahren normal verlaufenden Hopfenernte im Anbaugebiet Neutomischels betrug die Produktionsmenge ca. 20.000 Zentner; wenn durch Witterungseinflüsse und Schädlingsbefall eine Ernte quantitativ schlecht ausfiel waren es sogar nur lediglich 4.500 Zentner.

Nur quantitativ schlecht, bedeutete nicht gleichzeitig auch qualitativ schlecht. In der Hopfensaison 1898/1899, so ist dem Beitrag des Heinrich Wittkowsky zu entnehmen, war zwar nur eine geringe Ernte von ca. 4.500 Zentner eingebracht worden, diese war jedoch qualitativ die Beste der vergangenen 10 Jahre (1888-1898).

Die exzellente Qualität hat aber letztlich nicht verhindern können, dass es durch die

zu unbefriedigenden bzw. sogar als schlecht zu bezeichnenden Verkaufserlösen gekommen war.

Gesagt werden kann jedoch, dass den Anbauern und Händlern die Risiken des Hopfenanbaus, als auch die des Hopfenverkaufs bzw. die dessen Einkaufes bekannt waren, denn Hopfen gehörte und gehört noch heute langjährig betrachtet zu den am weitesten preisschwankenden Gütern.

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Hopfenbau und Hopfenhandel in Neutomischel 1898/99 – von Heinrich Wittkowsky

Das Hopfengeschäft des Jahres 1898/99 kann am hiesigen Platze, jetzt, im 9. Monat der Saison, nahezu als abgeschlossen gelten. Mit Befriedigung können weder Handel noch Produktion auf das letztjährige Geschäft zurückblicken. Während aber die Produzenten, die zur richtigen Zeit verkauft haben, noch eine Entschädigung für den geringen Ernteertrag in dem diesjährigen hohen Preise erzielten, zum Theil auch dadurch, daß sie größere Quantitäten älterer Jahrgänge, die vorher als werthlos galten, zum Verkauf bringen konnten, haben die Händler ein durchaus schlechtes Geschäftsjahr zu verzeichnen.

Der Ertrag der letztjährigen Ernte im Hopfenbaubezirk Neutomischel darf auf ca. 4.500 Centner geschätzt werden, währen der normale Ertrag 20.000 Centner ausmacht.

Hopfenfeld bei Nowy Tomyśl / Aufn. PM [566]

Hopfenfeld bei Nowy Tomyśl / Aufn. PM

So gering das Ernteergebniß nun auch quantitativ war, so gut war es qualitativ, in letzterer Beziehung war es eines der besten der letzten 10 Jahre. Die Dolde blieb etwas kleiner als sonst, war ihr nicht zum Nachtheil war, war sehr lupulinreich und von schöner hellgrüner Farbe. – Der Preis für prima Neutomischeler Hopfen war zu jeder Zeit in dieser Saison so hoch, wie für bestrenommirten bayerischen Siegelhopfen.

Die von hieraus aus den Kreisen der Landwirthe herausgegebenen Berichte, daß wir vor einer totalen Mißernte stehen, haben dem Handel großen Schaden zugefügt. Die Brauer haben diese Berichte nicht anders verstehen können, als daß wir hier nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ eine geringe Ernte eingebracht haben. Dazu kam noch, daß Nürnberger Berichte im September zu melden wußten, hiesige Händler seien dort eingetroffen, um ihren Bedarf zu decken. Thatsächlich sind auch 1.000 – 1.200 Ctr. zu jener Zeit für hiesige Rechnung gekauft worden. Diese Berichte haben mit veranlaßt, daß die Brauer mißtrauisch wurden und daß viele der treuesten und besten Kunden von dem Bezuge Neutomischeler Hopfens in diesem Jahr gänzlich Abstand genommen haben.

Leider muß gesagt werden, daß der größte Theil unserer Produzenten nicht zur richtigen Zeit verkauft hat und sich den hohen diesjährigen Preisstand nicht zu Nutze gemacht hat. September – Oktober, als die Nachfrage bei täglich steigenden Preisen eine lebhafte war, da war hier nicht zu kaufen, unsere Produzenten waren mit ihren Forderungen den Tagespreisen stets um 20 bis 30 Mk. vorausgeeilt. Erst November – Dezember, als Preise gegen den Höchststand im Oktober um 40-60 Mk. zurückgegangen waren, da war hier leicht zu kaufen und wurde hier verkauft. Bis Ende Dezember war erst die Hälfte der kleinen 98er Ernte umgesetzt. Anfang Januar wurde wieder ein etwas besserer Preis gezahlt, ein nicht unbeträchtlicher Theil kam aber erst Februar – März zum Verkauf, als Preise abermals große Einbuße erlitten hatten. Der Höchstpreis im Oktober war 200 bis 220 Mk. Von Februar bis April zahlte man aber nur bis 160 Mark, vielfach aber auch erheblich darunter.

Die hiesigen Produzenten haben zweifellos ebenso unter der schlecht organisirten Berichterstattung gelitten, wie die Händler. auch aus den Hauptproduktionsgebieten Süddeutschlands, aus Bayern, Württemberg, Baden und dem Elsaß wurde im Sommer berichtet, daß die Hopfenanlagen unter der ungünstigen Witterung gelitten haben, der Pflanzenstand sei in der Entwickelung zurück geblieben. Das Auftreten von Mehltau und Schwärze war nicht nur aus Süddeutschland, sondern auch aus Böhmen gemeldet worden und so konnte der Produzent, der über die Weichbildgrenze (Stadt-/Ortsgrenze) von Neutomischel nicht hinausgekommen ist, sehr wohl der Meinung sein, daß es anderwärts auch nicht günstiger aussieht, als bei uns, und daß Preise erheblich höher werden müßten.

Der Ernteertrag war überall unter normal zurück geblieben, so ungünstig wie bei uns war es aber nirgends.

Zur Zeit der Ernte wurde mir gesagt, es seien einige Mitglieder des Hopfenbau-Vereins mit Unterstützung desselben nach Bayern und Böhmen abgereist, um sich über den Pflanzenstand in anderen Gegenden zu orientiren, leider ist ein Bericht darüber, was die Herren dort gesehen haben, nicht veröffentlicht worden.

Eine gutorganisirte, zuverlässige Berichterstattung ist für uns durchaus nöthig; gegenwärtig wird sie in der Hauptsache von Posen aus geleitet, und zwar von einer Stelle, die, wie die meisten Berichte erkennen lassen mit hiesigen Verhältnissen wenig vertraut ist.

Hopfenfeld bei Nowy Tomyśl / Aufn. PM [567]

Hopfenfeld bei Nowy Tomyśl / Aufn. PM

Man begegnet in hiesigen Produzentenkreise vielfach der Meinung, um einen guten Preis zu erzielen, müsse man die Ernte so klein wie möglich darstellen. Das ist ein ganz verkehrter Standpunkt. Die großen Produktionsplätze Süddeutschlands vermögen vielleicht mit solchen Berichten vorübergehend Erfolge zu erzielen, im Allgemeinen regeln die Preise sich bald nach Angebot und Nachfrage. Bei einer jährlichen Hopfenproduktion von ca. 500.000 Centner in Deutschland und einer Welternte von mehr als einer Million Centner kommt es wenig in Betracht, ob in Neutomischel Hopfen wächst oder nicht, auf den Weltmarktpreis, und dieser ist auch für uns maßgebend, üben wir mit unseren 20.000 Centnern normaler Ernte keinerlei Einfluß aus. Für uns kann nur von Vortheil sein, wenn wir gute Ernteberichte geben können, je besser die Berichte lauten, um so größer wird die Nachfrage nach hiesigem Hopfen und die Zahl fremder Einkäufer am hiesigen Platze sein und je größer die Konkurrenz, um so besseren Preis erhalten die Produzenten für ihre Waare.

Damit sei keineswegs gesagt, daß rosig gefärbte Berichte gegeben werden sollen, streng objektiv sollen sie lauten, aber nicht übertrieben ungünstig, wenn es nicht nöthig ist.

Vielleicht geben diese Zeilen Anregung, am hiesigen Platze eine Stelle zu schaffen, die die Interessen des Handels und der Landwirthschaft gleichzeitig wahrnehmen, zuverlässig und regelmäßige Hopfenberichte giebt.

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Über den Autor dieses Beitrages haben wir folgendes in Erfahrung bringen können:

In der Stadtrathssitzung vom 17. August 1920 wurde einstimmig beschlossen, den Beisitzer des Magistrats Herrn Kaufmann Heinrich Wittkowsky zum Ehrenbürger der Stadt Nowy Tomysl zu ernennen und diese Ernennung in der nächsten Stadtverordneten Versammlung dem Herrn Wittkowsky mitzuteilen; dieses geschah dann in der Sitzung vom 25. August 1920

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1899-05-16 – 2) Staatsarchiv der Stadt Poznan – Archiva państwowe – hier 4385-0244 Protokolle der Stadtverordnetenversammlungen – 3) Staatsarchiv der Stadt Poznan – Archiva państwowe- hier Personenstandsunterlagen der im Text genannten Jahrgänge
 

Bericht über den Kirchturmbrand in Neutomischel am 20. Dezember 1916

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die ehem. evgl. Kirche mit ihrem "schlanken" Kirchturm, dem damaligen Wahrzeichen der Stadt - AK aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [568]

Die ehem. evgl. Kirche mit ihrem „schlanken“ Kirchturm, dem damaligen Wahrzeichen der Stadt – AK aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Im Januar 2011 haben wir den Kurzbericht aus dem März 1917 des Karl Eduard Goldmann über den Kirchturmbrand unter dem Titel: „1916 der Kirchturm der evgl Kirche zu Neutomischel ist abgebrannt“ veröffentlicht.

Jetzt fand sich die Berichterstattung aus dem Kreisblatt Neutomischel, welche die Ereignisse dieses Abends bzw. dieser Nacht im Detail schilderte.

Das Richtfest des „so schnell wie möglich“ wieder aufgebauten Kirchturmes wurde 1923 gefeiert.

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„Brand des Turmes unserer evangelischen Kirche

Am Mittwoch abend (20.12.1916), kurz nach 9 Uhr, ertönten Feuerrufe in unserer Stadt und bald erscholl auch der der Angstschrei „Unsere Kirche brennt„.

Und wahrlich, aus den untersten Fenstern des Turmes entstiegen dicke Rauchwolken, und Flammen, immer größer und größer werdend, schlugen bereits hervor, als die ersten Rettungsmannschaften eintrafen.

Die Kirche mit dem abgebranntem Turm - Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [569]

Die Kirche mit dem abgebranntem Turm – Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Ehe die städtischen Spritzen und Hydranten der Wasserleitung Wasser gaben, hatte das Element im Innern des Turmes schon soweit um sich gegriffen, daß bald der obere Teil desselben von den an dem trockenen Gebälk reiche Nahrung findenden gierigen Flammen ergriffen wurde. Nunmehr war zunächst an eine Löschung des verheerenden Brandes nicht mehr zu denken, da bei der drohenden Einsturzgefahr nur unnütz Menschenleben gefährdet werden konnten.

Das Herz tat einem weh, zusehen zu müssen, wie die Flammen weiter und weiter hinauf züngelten binnen kurzem den Turm unserer lieben alten, 1777/78 erbauten Kirche vernichtend.

Der Turm, das Wahrzeichen unserer Stadt, ist zwar erst später errichtet, doch ist das Jahr der Erbauung nicht bekannt. Er ist schon einmal niedergebrannt (1789 durch Blitzschlag) und zu Anfang des vorigen Jahrhunderts (zwischen 1789-1800) neu aufgebaut worden.

Schaurig-schön, einer glühenden Krone gleich, war der Anblick der brennenden, weithin sichtbaren und die Umgegend taghell erleuchtenden Turmspitze.

Richtfest des neuen Kirchturmes im Jahr 1923 - Bild aus der Sammlung des A. Kraft [570]

Richtfest des neuen Kirchturmes im Jahr 1923 – Bild aus der Sammlung des A. Kraft

Die schönen Kronenleuchter, die beiden Altargemälde und sonstige Wertgegenstände waren inzwischen in Sicherheit gebracht worden. Auch die der Kirche zunächst stehenden und am meisten gefährdeten Häuser wurden teilweise geräumt. Was für ein Brandunglück entstanden wäre, wenn das Feuer bei stürmischem Wetter, wie wir es in den vorhergehenden Tagen hatten, ausgebrochen wäre, ist kaum auszudenken. Da glücklicherweise aber völlige Windstille herrschte, so brannten die Säulen des Kuppelbaues gleichmäßig ab und der obere Teil stürzte krachend und mit großem Getöse in den massiven, stehengebliebenen, unteren Teil zusammen. Einige brennende Balken fielen mit dem Kreuz zwar auf das Dach der Kirche, doch blieb diese infolge sofortiger Löscharbeiten und durch besonders tatkräftiges Eingreifen einiger beherzter Bürger in den an den Turm angrenzenden oberen Dachstuhl vom Brande verschont, und es wurde ein Weitergreifen des Feuers nach dem Kirchenraum verhindert. Nur die Westseite, das Dach und die Orgel, deren Gebläse im Turm eingebaut war, haben durch das Feuer gelitten, sodaß sie vorerst nicht mehr benutzt werden können. Die im Turm befindlichen drei Glocken, die um 10 Uhr in die Tiefe stürzten, sind teils zersprungen, teils zerschmolzen. Das die Spitze bildende über mannshohe eiserne Kreuz wurde ebenfalls durch den Sturz beschädigt. In der daran befindlichen Urkunden-Kapsel, die aufgebrochen war, fand man gestern noch außer einigen alten Kupfermünzen ein leider nicht mehr lesbares Schriftstück, das vom Finder bedauerlicherweise achtlos weggeworfen und nicht wiedergefunden wurde.

Die Löscharbeiten, die durch den an dem Abend einsetzenden Frost erschwert wurden und bei denen die schnell herbeigeeilten Spritzen aus Scherlanke, Kirchplatz-Borui, Paprotsch, Friedenwalde und Sontop wertvolle Unterstützung leisteten, nahmen mehrere Stunden Zeit in Anspruch. Jedermann griff nach Kräften zu, auch die Frauen und Mädchen beteiligten sich in lobenswerter Weise bei dem Heranschaffen des Wassers.

Noch am gestrigen Tage schwelten die ineinander gestürzten Trümmer des Turmes und abends fing wieder ein Balken an zu glimmen, sodaß nochmals eine Spritze in Tätigkeit gesetzt werden mußte.

Ueber die Entstehungsursache des Brandes verlautet nichts Bestimmtes. Da aber an demselben Abend von 5 bis 6 Uhr Kriegsbetstunde in der Kirche abgehalten wurde, so ist wohl anzunehmen, daß unvorsichtiges Umgehen mit Licht die Ursache des Brandes gewesen ist. Der entstandene Schaden ist zum größten Teil durch Versicherung gedeckt.

Ist nun unser alt-ehrwürdiges Gotteshaus auch seines Turmschmuckes beraubt, und müssen wir vorläufig auch unsere Gottesdienst ohne liebliches Glockengeläut und Orgelklang feiern, so wollen wir es dem Allmächtigen danken, daß er den Herd des Feuers so gnädig beschränkt hat.“

Die Kirche mit ihrem neuem "kompakter" gebauten Kirchturm - Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szudlarski [571]

Die Kirche mit ihrem neuem „kompakter“ gebauten Kirchturm – Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szudlarski

Nach dem Weihnachtsfest am 27. Dezember 1916 wurde noch weiterhin berichtet: „Zu dem Bericht, den Turmbrand betr., in voriger Nummer, ist Nachstehendes noch zu ergänzen. Die Prämie für die zuerst geleistete Hilfe und Heranschaffung der ersten Spritze und Wasserkufe fällt dem hiesigen Garnisonskommando zu. Dasselbe hat unter der umsichtigen Leitung des Herrn Major von Chappuis bis alle Gefahr vorüber und der Brand gelöscht war, tatkräftige Hilfe geleistet. Herr Major hatte sich in dankeswerter Weise, da die Gefahr für die Stadt eine große war und das Feuer sehr leicht größere Dimensionen hätte annehmen können, telegraphisch nach Posen gewandt, um evtl. einen Automobil-Löschzug kommen zu lassen. Dies erübrigte sich aber, da dank der tatkräftigen Hilfe und durch die während des ganzen Brandes andauernde Windstille alle Gefahr abgewendet wurde. Das alte, ehrwürdige Gotteshaus blieb uns erhalten. Auch den Orgelklang brauchen wir unseren Gottesdiensten nicht zu entbehren, da die hiesige Janottsche Orgelbau-Anstalt bis zur Wiederherstellung der alten Orgel eine andere, wenn auch kleinere, zur Verfügung gestellt hat. Die Wiederaufrichtung des Turmes und der Neuguß der Glocken soll so schnell wie möglich in Angriff genommen werden, sodaß uns der eherne Mund der Glocken schon in nicht zu ferner Zeit wieder zur Andacht rufen und morgens in der Frühe, mittags und abends sein altgewohntes Geläut erschallen lassen wird. Mögen sich hier Schillers Worte erfüllen: „Freude dieser Stadt bedeute, Friede sei ihr erst Geläute!„“

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1916/12/22 und 1916/12/27

Die Herrschaft Brody – Emil Paul von Pflug / 1899 und 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Brody, das ehemalige Schloss der Familie Pflug, erbaut 1892 - Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft [572]

Brody, das ehemalige Schloss der Familie Pflug, erbaut 1892 – Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft

Im Jahr 1899 war die „Herrschaft Brody 25 Jahre im Besitz der Familie des Emil Paul von Pflug; sie war am 25. Mär 1874 in seine Hände aus dem Besitz derer von Oppen übergegangen. Als Kaufpreis hatte Pflug, so die Daten aus den gefundenen Quellen, 1.150.000 Mark inclusive der angefallenen Stempelgebühren investiert; d. h. der Morgen war mit 191 2/3 Mark bewertet worden.

Als Vorbesitzer und Verkäufer galt George von Oppen, geb. 1845, ein Kgl. Preußischer Oberst und Kommandeur. Seine Ehefrau Maria geb. Allendorf, geb. 1844, war im Oktober 1873 in Brody kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Maria im September, verstorben. Von Oppen selbst soll das Anwesen im Jahr 1859 für lediglich 80 Mark pro Morgen aus dem Besitz der polnischen Adelsfamilie Szaniecki angekauft haben.

Der Name A. von Oppen fand sich auch auf dem im Jahr 1895 enthüllten Kreiskriegerdenkmal in Neu Tomysl unter den Gefallenen der Jahre 1870/1871. Vermutlich hat es sich bei dem in der Inschrift Genannten um Adolf von Oppen gehandelt, einem Bruder des damaligen Besitzers der Herrschaft Brody, welcher 1849 in Politzig geboren worden und 1870 in Straßburg gefallen war.

Kartenausschnitt mit Brody und den dazugehörigen Vorwerken - http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [573]

Kartenausschnitt mit Brody und den dazugehörigen Vorwerken – http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Es war aber auch die Zeit gewesen, in der sich für den „Arbeitgeber Herrschaft Brody“ die Verhältnisse Arbeiter zu finden und zu beschäftigen verschlechterten. Die in Diensten stehenden Beschäftigten wurden immer älter und wurden als „wenig zur Arbeit geeignet“ eingestufft. Die „nachwachsende Generation männlichen Geschlechts wandernde zu 2/3“ in die Industriegebiete des Westens ab, da dort die Verdienstverhältnisse sich als weiteraus besser darstellten. Letztlich forderte aber auch die „Heerespflicht“ Arbeitskräfte; wurden durchschnittlich 5 junge Männer eingezogen, kehrten von diesen nur 2 zurück, da die übrigen ebenfalls in den Städten verblieben.

In Brody, so die Ausführungen aus dem Jahr 1903, wurden auf dem Betrieb von 1.500 ha im Sommer 339 Arbeiter (per 100ha = 22,6 Personen) und im Winter 249 Arbeiter (per 100 ha = 16,6 Personen) beschäftigt. Die Ostern 1899 anlässlich des 25jährigen Besitzjubiläums unter der Familie Pflug in Form von Sparbüchern ausgeschüttete Gratifikation, für viele Beschäftigte war das darin ausgewiesene Guthaben annähernd ein Jahreseinkommen, diente vermutlich auch dazu, die Arbeiter an den Gutsbetrieb zu binden.

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Die seitens der Fam. Pflug im Jahr 1901 eingeweihte ehem. evangelische Kapelle - Bild: http://cmentarze.oledry.pl/galeria.php?katalog=1202 [574]

Die seitens der Fam. Pflug im Jahr 1901 eingeweihte ehem. evangelische Kapelle – Bild: http://cmentarze.oledry.pl/galeria.php?katalog=1202

Die Neutomischler Kreiszeitung berichtete über das Ereignis wie folgt: Der zweite Osterfeiertag (03. Apr 1899) war für die Arbeiter der Herrschaft Brody ein hoher Freudentag, wie er nur selten und an wenigen Orten sich zeigt. Die Herrschaft Brody mit den Vorwerken Brodki, Marsfelde, Rimpau und Siegmundshof ist seit 25 Jahren im Besitz des Herrn Rittergutsbesitzers Emil Pflug.“

An oben genanntem Tage zogen sämmtliche Arbeiter und Wittwen der umfangreichen Herrschaft Brody unter Führung des Herrn Oberinspektors Schlinke in Begleitung seiner Beamten vor das Herrschaftsschloß.

In einer Ansprache drückte Herr Rittergutsbesitzer Pflug seinen Arbeitern seinen Dank für treue und fleißige Arbeit aus, die ihn trotz der schweren Zeiten, welche die Landwirthschaft zu durchleben hatte, nicht rück- sondern vorwärts geführt habe. Als ein äußeres Zeichen seiner Dankbarkeit ließ er jedem Arbeiter und jeder Wittwe ein Sparkassenbuch aushändigen. Jedem Inhaber eines solchen aber gab er zugleich die Mahnung mit, dem grundlegenden Kapital für unvorhergesehene Fälle der Noth fortgesetzt Ersparnisse hinzuzufügen. Herr Oberinspektor Schlinke stattete hierauf im Namen der Arbeiter den Dank ab und schloß mit dem Wunsche für das ferne Wohlergehen des Wohlthäters und seiner Familie.

Die kath. Kirche in Brody, ein Holzbau mit separat stehendem Glockenturm - Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski [554]

Die kath. Kirche in Brody, ein Holzbau mit separat stehendem Glockenturm – Ansichtskarte Sammlung Wojtek Szkudlarski

Die Spareinlagen beliefen sich ohne Ansehen der Stellung oder des Dienstalters auf 100 Mark, diejenigen der Wittwen auf 50 Mark. (zu Einzelheiten über Verdienste siehe den  Artikel: Lohnverhältnisse 1903)

Aus gleichem Anlaß baut Herr Rittergutsbesitzer Pflug neben der evangelische Schule, dem Herrenhause gegenüber, eine Kapelle für evangelische Gottesdienste. Mit den gärtnerischen Anlagen ist bereits begonnen, der Grundstein wird voraussichtlich am 23. d. Mts. gelegt werden.“

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„Am Donnerstag (30. Mai 1901) wurde die von dem Rittergutsbesitzer Herrn Pflug in dem benachbarten Brody neu erbaute Kapelle zur Abhaltung evangelischer Gottesdienste eingeweiht.

An der Einweihungsfreier betheiligten sich auch der Herr Regierungs-Präsident aus Posen, der Herr Landrath aus Neutomischel und viele Besitzer der Umgegend.

Früh um 9 3/4 Uhr versammelten sich die Festtheilnehmer vor dem herrschaftlichen Schlosse.

Blick auf das ehemalige Schloss, heute ist in diesem ein Versuchsbetrieb der Naturwissenschaftlichen Universität Poznan untergebracht - Bild: http://cmentarze.oledry.pl/galeria.php?katalog=1202 [575]

Blick auf das ehemalige Schloss, heute ist in diesem ein Versuchsbetrieb der Naturwissenschaftlichen Universität Poznan untergebracht – Bild: http://cmentarze.oledry.pl/galeria.php?katalog=1202

Den Zug eröffneten die Kinder der evgl. Schule zu Brody unter Begleitung des Herrn Lehrers. Dann folgten die Aeltesten der Kirche mit den heiligen Geräthen, die geistlichen hohen Herrn, die geladenen Gäste und die Gemeindemitglieder. Unter Absingung des Chorals: „Jesu, geh‘ voran“ setzte sich der Zug in Bewegung. Bald war die Kapelle bis auf den letzten Platz gefüllt, daß viele Theilnehmer noch vor der Thüre stehen mußten. Bevor die Kapelle betreten wurde, überreichte Herr Pflug dem Herrn Generalsuperintendenten Hesekiel aus Posen die Schlüssel, dieser dieselben dem Herrn Superintendent Radtke aus Birnbaum. Herr Pfarrer Schulze aus Neustadt b. Pinne öffnete dann die Thüren des geschmackvollen Gotteshauses.

Gleich beim Eintritt intonierte der hiesige Kirchenchor: „Jauchzet Gott alle Lande“ und darauf die Gemeinde: „Allein Gott in der Höh'“. Hierauf hielt Herr Generalsuperintendent D. Hesekiel die Weiherede, der ein geistliches Lied folgte. Herr Superintendent Radtke aus Birnbaum hielt die Liturgie und Herr Pfarrer Schulze die Predigt. Der Schluß dieser erhebenden Feier war ein Lob- und Danklied.

Die ehemalige evgl. Kapelle - Bild: http://cmentarze.oledry.pl/galeria.php?katalog=1202 [576]

Die ehemalige evgl. Kapelle – Bild: http://cmentarze.oledry.pl/galeria.php?katalog=1202

So steht das geschmackvolle Kirchlein nun da und zeugt von der Glaubenstreue und Hingebung des Erbauers.

Am Tage vor der Weihe der Kapelle zu Brody hielt der Herr Generalsuperintendent eine Andacht in der evangelischen Kirche zu Neustadt b. P. ab, in der er seine Erlebnisse auf der Kaiserreise nach Jerusalem, die er mitmachte, erzählte und die sehr interessant anzuhören waren. Während dieser Rede waren viele Personen aus allen Konfessionen hiesiger Stadt in der evangelischen Kirche anwesend.“

In einem weiteren Artikel wurde noch ausgeführt: „Der Kapellenbau präsentiert sich durch die an ihm innen und außen ausgeführte Vollendung, als ein Werk genialster Baukunst und bildet zugleich ein herrliches Monument für den edlen Gründer. Die Garten-Anlagen um die Kapelle sind äußerst geschmackvoll angelegt.“

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Quellen, soweit nicht direkt im Text oder in Bildbeschreibungen angegeben: 1) Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – „Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel“ 1899/04/07 und 1901/06/04, 2) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Standesamtsaufzeichnungen, 3) „Die Herrschaft Brody“ – Ernst Weiss – Veröffentlicht 1903, 4) Das Friedhofsprojekt P. Mierzejewski „cmentarze“ – 1202 Nowy Tomyśl / Lwówek / Brody / niem. (Brody) (http://cmentarze.oledry.pl/galeria.php?katalog=1202)

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 51 – Hotel Toeffling 1852-1903 / Teil 2

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Rechts die Villa, links daneben das Hotel; der Schornstein gehörte zur Dampfmühle Maennel, im Hintergrund der ehemalige Kirchturm - Postkartenausschnitt aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [578]

Rechts die Villa, links daneben das Hotel; der Schornstein gehörte zur Dampfmühle Maennel, im Hintergrund der ehemalige Kirchturm – Postkartenausschnitt aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Dieser Beitrag schliesst an die Veröffentlichung Häuser der Stadt – No. 51 – Fleischhauerei und Beherbergungsbetrieb Toeffling 1795-1852 / Teil 1 [579] an.

Zum Zeitpunkt des Todes des Vaters, dem Fleischhauer, Gastwirth und Hopfenanbauer und -händler Johann Carl Friedrich Toeffling im April 1852 lebten noch die 3 jüngsten, zwei Mädchen und der einzige Sohn, seiner Kinder aus 1ster Ehe im elterlichen Haushalt.

Durch die Eheschließungen der älteren anderen Kinder, fünf Mädchen, waren zahlreiche Verbindungen zu in jener Zeit teils einflussreichen Familien in der Stadt und deren Umgebung geschlossen worden.

Mit diesem Beitrag folgen wir jedoch lediglich den Familienangehörigen, welche mit der direkten weiteren Entwicklung des „Hotel Toeffling“ in Verbindung gebracht werden konnten.

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Zum einen war es die jüngste Tochter des Verstorbenen. Mathilde Hermine Hulda Toeffling war im März 1836 geboren worden, 16 jährig beim Tod des Vaters; sie hatte kurz vor ihrem 21zigsten Geburtstag , am 02. März 1854, ihren um 21 Jahre älteren Onkel den verwitweten jüngsten Bruder ihres Vaters, Johann Julius Carl Toeffling geehelicht. Dieser Familie wurden anhand der Archivunterlagen 9 Kinder zugeordnet.

Blick auf das ehemalige "Hotel Toeffling" - Aufn. PM [580]

Blick auf das ehemalige „Hotel Toeffling“ – Aufn. PM

Der Sohn Gustav Ferdinand Carl August Toeffling, nur Gustav genannt, geboren im August 1830, hatte als einziger männlicher Nachkomme seiner Eltern, die erste Ehe mit der aus Jastremske stammenden Lehrertochter Emma Wilhelme Ottilie Hoffmann (*ca. 1836) im August 1854 in Neutomischel geschlossen. Sie verstarb aber schon im Jahr 1859 an den Folgen der Geburt des dritten Kindes des Paares. Letztlich stammte aus dieser Verbindung als einziges Kind, die Tochter Ida Margarethe Emilie Toeffling (*1856) später verehelichte Maennel. Sie und ihr Ehemann lebten in Grünberg. In ihrem Hause dort verstarb im Jahr 1901 der Vater Ihrer Mutter, bzw. ihr Großvater Andreas Hoffmann, ehemaliger Kantor und Lehrer zu Alt Jastremske, im Alter von 92 Jahren. Sie vermachte der Stadt aus dem Erbe ihres Vaters ein Legat in Höhe von Mark 3.000,00 zur Armenunterstützung. (sh. Artikel: Ida Margarethe Emilie Maennel, geborene Toeffling 1856-1930)

Im Juli 1861 hatte Gustav Ferdinand Carl August Toeffling dann in 2ter Ehe die Emilie Rosalia Tepper geehelicht. Durch den Ehemann einer seiner Schwestern und auch durch die Ehen seiner Tante waren die Familien Tepper und Toeffling bereits miteinander verwandt gewesen. In dieser 2ten Ehe waren 8 Kinder geboren worden bzw. wurden anhand der noch erhaltenen Kirchenbücher und Standesamtsunterlagen der Familie zugeschrieben.

Johann Julius Carl Toeffling, Ehemann von Mathilde Hermine Hulda geborene Toeffling und Onkel von Gustav Ferdinand Carl August, trat in den Archivakten als Bürger und Handelsmann in der Stadt in Erscheinung; 1865 fand er als bedeutender Händler und Hopfenproduzent Erwähnung. Zu welchem Datum diese Familie ein eigenes Haus bewohnte, ist nicht genau bekannt; es finden sich Eintragungen der Gebäudebeschreibungen der Provinzial Feuerversicherung, die dahingehend interpretiert werden können, dass um 1855 und später, seitens des Julius Toeffling das Hausgrundstück No. 6 nach und nach übernommen wurde.

Gustav Ferdinand Carl August Toeffling übernahm den väterlichen Gasthof und Beherbungsbetrieb und führte diesen, wie auch den Hopfenanbau und -handel und die dazugehörige Tätigkeit als Handelsmann, fort. Mit dem 26. März 1856 hatte er die seitens der Provinzial-Feuerversicherung nun auf seinen Namen ausgestellten Beschreibungen des Hausgrundstücks No. 51 unterzeichnet.

In diesen, nun auf Gustav Ferdinand Carl August Toeffling lautendem Dokument, ist das Wohnhaus nahezu unverändert beschrieben worden; das Alter des Gebäudes wurde mit „etwa 30 Jahren“ und in sehr gutem Zustande angegeben. Hier kann davon ausgegangen werden, dass es sich um das schon im Jahr 1836 beschriebene Haus seines Großvaters gehandelt hat.

Das letzte auf dem Hausgrundstück errichtete Gebäude: der ehemalige Hopfenspeicher - Aufn. PM [581]

Das letzte auf dem Hausgrundstück errichtete Gebäude: der ehemalige Hopfenspeicher – Aufn. PM

Der einst beschriebene Pferdestall war einem „Neubau“, welcher um 1846 noch von seinem Vater, errichtet worden war, gewichen. Der Bau war nun als 50 Fuß lang, 19 Fuß tief und 8 Fuß hoch bei einer Grundfläche von 950 Quadratfuß (ca. 15,30×5,80×2,40m) beschrieben worden. Eingerichtet in ihm waren 1 Schirrkammer, 1 Kuhstall, 1 Pferdestall, 1 Schuppen und 1 Bodenraum gewesen.

Der Gaststall, er wurde im Jahr 1856 auf ein Alter von 15 Jahren geschätzt (ca. 1841 erbaut), entspricht in der Gebäudebeschreibung in allen Punkten den schon früher angefertigten Ausführungen. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich nur eine abweichende Einschätzung des Alters gehandelt hat, die zu der Abweichung des genannten Baujahres führt.
In einer späteren Beschreibungen findet sich, dass dieses Gebäude bereits 1859 einem größerem Bau hatte weichen müssen. Der „neue“ mit der Rückfront zum Grundstück No. 52 errichtet gewesene Stall war mit den Abmessungen 73 Fuß in der Länge, 19 Fuß in der Tiefe und 15 Fuß in der Höhe (ca. 22,30×5,80×4,60m) über 2 Etagen vermessen worden. Neben 1 Kuh-, 1 Pferde- und einem Schweinestall, waren in dem Gebäude 1 Remise und 2 Appartements vorhanden gewesen.

Die erst im Jahr 1843 errichtete Scheune war wiederum einem im Jahr 1855 errichteten Neubau gewichen. 1856 war die erst 1 Jahr alte neue Scheune mit 44 Fuß in der Länge, 19 1/2 Fuß in der Tiefe und 20 Fuß in 3 Etagen in der Höhe (ca. 13,40×6,00×6,10m), alles bei einer Grundfläche von 858 Quadratfuß beschrieben worden. Der Bau hatte über 1 großes Doppeltor und im Inneren über 14 einfache Türen verfügt; die Stockwerke waren über 2 Treppen miteinander verbunden gewesen. In ihr hatten sich 2 Keller, 2 Bansen, 1 Tennflur und 2 Bodenräume befunden.

Zur Hopfensaison 1860/61 logierten, soweit dieses überliefert ist, bei G. Toeffling die Hopfenhändler Jacob Hellmann aus Bamberg, Ignatz Wagner aus Sangerburg Krs. Eger (Prag) und Samuel Fuld aus Mühlhausen (Höchstadt in Bayern). Vermutlich war auch der einstige Bürgermeister Witte mit seiner Ehefrau ein langjähriger Gast im Hause Toeffling gewesen, denn in alten Einwohnerlisten findet sich, dass diese unter der Anschrift Neutomischel No. 51 registriert waren.

Unter dem Besitzer Gustav Ferdinand Carl August Toeffling hatte im Jahr 1862 das Wohnhaus seine ersten einschneidenden Veränderungen erfahren. Die Gastwirtschaft und Herberge hatte sich zum „Hotel Toeffling“ gewandelt.

Es wurde, wie es heißt „neugebaut resp. mit zweiten Stockwerk und Trempel versehen“. Das alte Haus war zu einem 63 Fuß langen, 34 Fuß tiefen, in der 1sten Etage 10 Fuß und in der 2ten 12 Fuß hohen und mit darüber noch einem 7 Fuß hohen Trempel (ca. 19,20×10,40×3,00×3,60×2,10m) versehenem massiven Gebäude ausgebaut bzw. neu errichtet worden. Über eine Durchfahrt im Gebäude, welche über ein Doppeltor verfügt hatte, war der Hof zu erreichen gewesen. 2 Flure mit 2 Treppen verbanden 2 Keller und 2 Kellerstuben, 10 Stuben, 2 Küchen und 2 Küchenstuben und den Bodenraum. Die Stuben waren mit 22 vierteiligen Fenstern welche über Winterrahmen verfügt hatten versehen gewesen; weiterhin fanden sich 12 einfache Fenster im Gebäude. Die Räumlichkeiten wurden über 5 Öfen beheizt. Für die Versorgung der Bewohner und Gäste war eine Räucherkammer im Gebäude vorhanden gewesen sowie auch 2 Kochöfen und 2 Kochherde.

Der einstige Pferdestall war ja schon im Jahr 1846 einem größeren Stallgebäude gewichen. Im Jahr 1863 wurde auch dieses weiter vergrößert. Das Gebäude hatte die Grundmasse von 50 Fuß in der Länge und 19 Fuß in der Tiefe beibehalten. Die Unteretage hatte man jedoch auf 10 1/2 Fuß (ca. 3,20m) erhöht und die neu geschaffene Oberetage hatte über weitere 8 Fuß (ca. 2,40m) in der Höhe verfügt. Die Südseite dieses Stalles hatte man zudem mit der Nordseite der Scheune verbunden, sodass beide Gebäude fortan ein „bauliches Ganzes“ gebildet hatten.

Links oben im Bild, der Speicher, welcher je zu einer Hälfte auf den ehemaligen Hausgrundstücken No. 51 und No. 50 steht / Aufn ca. 1985 - Bild: Stadtbibliothek Nowy Tomysl [582]

Links oben im Bild, der Speicher, welcher je zu einer Hälfte auf den ehemaligen Hausgrundstücken No. 51 und No. 50 steht / Aufn ca. 1985 – Bild: Stadtbibliothek Nowy Tomysl

Eine letzte einschneidende Veränderung, über die wir Aufzeichnungen gefunden haben, war die im Jahr 1864 erfolgte Errichtung eines „Speichers“ gewesen. 75 Fuß lang, 19 Fuß tief und 32 Fuß über alle Stockwerke hoch (ca. 23,00×5,80×9,80m); unten und mittig je 9 Fuß (ca. 2,80m) und oben 8 Fuß (ca. 2,40m) hoch, darauf noch ein 6 Fuß (ca. 1,80) hoher Trempel, war das Gebäude massiv von gebrannten Steinen in Kalkmörtel errichtet worden. In ihm befanden sich 1 Lagerraum, 3 Böden und 1 Darr-Raum sowie 1 Hopfenpresse. Erwähnt wurde, dass durch die große Stärke der Wände, die Solidität des Baues und die innere Einrichtung, der Wert des Ganzen auf mindestens 3.000 Thaler geschätzt wurde; zum Vergleich: das Wohnhaus war nur mit einem Wert von 2.000 Thalern eingeschätzt worden.

1873 führte Jos. Jac. Flatau in seinem verfassten Bericht über den Neu Tomysler Hopfenbau Gustav und auch, wie ja schon erwähnt, Julius Toeffling in der Kategorie der bedeutendsten Hopfenhändler und -produzenten in Neu Tomysl auf.

Gustav Ferdinand Carl August Toeffling verstarb am 03 September 1903 in Neutomischel, er hinterließ, soweit dieses aus den Personenstandsunterlagen ermittelt werden konnte, als seine direkte Nachkommen:

Wie eingangs schon geschrieben, bestanden weitere verwandtschaftliche Verbindungen der Familie Toeffling durch die Eheschliessungen der Schwestern mit den Familien Rausch, Goldmann, Schulz, Tepper, Pflaum und Hirsekorn, sowie in den nachfolgenden Generationen mit zahlreichen weiteren.

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Anzeige über den "erbteilungshalber" anstehenden Verkauf - Kreisblatt Neutomischel Dez 1903 / Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) [583]

Anzeige über den „erbteilungshalber“ anstehenden Verkauf – Kreisblatt Neutomischel Dez 1903 / Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra)

In unserem Bericht über die schlechten Erträge im Hopfenhandel des Jahres 1870 haben wir auch über die Familie Hirsch Friedlaender, welche unter der No. 50 am ehemaligen Neuen Markt in Neu Tomysl ansässig gewesen ist, geschrieben. Wir hatten die Vermutung geäußert, dass die Familie Neu Tomysl um 1878 verlassen hatte. Diese Vermutung ist zur Zeit nicht in Frage zu stellen. Aber die Annahme, dass die späteren Besitzer des Hausgrundstücks, die Familie Weinert welche im November 1877 heirateten und mit dieser Eheschließung das Grundstück erwarben ist nicht richtig. Die Familie Weinert erwarb zwar das Grundstück mit den Gebäuden, allerdings erst im Jahr 1903.

Dieses ergab sich nachdem wir die wenigen noch zu findenden Informationen über Gustav Ferdinand Carl August Toeffling, zusammengetragen hatten. Im Kreisblatt vom 29. Dezember 1903, also nur wenige Monate nach seinem Tod, war eine Kurzmeldung erschienen, dass die „frühere Kaufmann Gustav Töffling’sche Villa“ in den Besitz des Fleischermeisters Herrn Carl Weinert übergegangen sei.

Dazu ergänzend war dann im Kreisblatt vom 24. November 1903 die Anzeige des Paul Lutz erschienen, in welcher er das „Hausgrundstück Neutomischel Nr. 50 incl. einem großem, 3 stöckigem Speicher mit Hopfendarre und Presse, einem 2stöckigem Remisengebäude, einem Stallgebäude, einem Hof und letztlich einem Garten“ erbteilungshalber zum Kauf anbot. Paul Friedrich Wilhelm Lutz (*24.12.1853) war der Ehemann von Ida Anna Selma Toeffling (*05.03.1855), einer Tochter von Johann Julius Carl und Mathilde Hermine Hulda Toeffling, und somit direkt mit der Familie Toeffling verwandt gewesen.

Noch nicht gefunden wurde, ob der Gastwirt Toeffling die Parzelle um 1878 direkt von der Familie Friedlaender übernahm, oder ob es noch andere Besitzer gegeben hatte, ehe es von Gustav Toeffling übernommen worden war.

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Der im Jahr 1864 gebaute Speicher steht je zur Hälfte auf dem ehemaligen Hausgrundstück der No. 51 und 50; nachdem nun gefunden wurde, dass vermutlich beide Grundstücke zur Zeit der Errichtung des Gebäudes im Besitz des Gustav Ferdinand Carl August Toeffling waren, erklärt sich dieses.

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Aufnahme des Giebels des ehemaligen Hopfenspeichers; handelt es sich wirklich um die Darstellung eines "Davidsterns" ? - Aufn GT [584]

Aufnahme des Giebels des ehemaligen Hopfenspeichers; handelt es sich wirklich um die Darstellung eines „Davidsterns“ ? – Aufn GT

Eine Frage ist jedoch bis heute geblieben und regte schon so manche Diskussion an: stellt das im Giebel befindliche Ornament lediglich ein willkürlich gewähltes Muster dar, oder handelt es sich wirklich um einen Davidstern ?

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Das ebenfalls in der Verkaufsanzeige genannte Hausgrundstück Neutomischel Nr. 22 war das Eckhaus Goldstraße/Neuer Markt. Die Vorbesitzer waren Johann Carl Heinrich Tepper und dessen Ehefrau Johanna Juliane Gutsch, deren älteste Tochter Emilie Rosalie Tepper war 1861 die zweite Ehefrau des Gustav Ferdinand Carl August Toeffling geworden.

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Letztlich ist es wenig, was wir über Gustav Ferdinand Carl August Toeffling gefunden haben. Er war es jedoch, der den vom Vater übernommenen Beherbergungsbetrieb zum „Hotel Toeffling“ gestaltete und ausbaute.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):
Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl
Kirchenbücher der evangelischen Gemeinden Grätz und Neu Tomysl

Raub in der Kirche zu Tuchorze – Kurzmeldung November 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Kirche_Tuchorza_ST [585]

„Ein äußerst frecher Diebstahl wurde in der Nacht vom 16. zum 17. d. Mts. (16./17.11.1903) in der Kirche zu Tuchorze verübt. Entwendet wurden Leuchter, ein Kruzifix von Silber, einige Becken und endlich auch aus dem Tabernakel das Liborium (Speisekelch); auch ein kleines Gefäß, in dem die hl. Oele aufbewahrt werden, wurde nicht geschont. Der der Kirche zugefügte Schaden bemißt sich auf nahezu 400 Mk.“

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1903-11-24

Schöffengerichtssitzung vom 9. November 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Aug. Roy-Paprotsch und Saegner-Sempolno.

Verhandelt wurden folgende Fälle:


1. Der Eigentümer Oswald Hirth aus Kozielaske hatte gegen einen Strafbefehl in Höhe von 15 Mark Einspruch erhoben und erzielte dadurch eine Herabsetzung der Strafe auf 5 Mark.

2. Die Arbeiterfrau Marianne Lissek aus Witomischel wird von der Anklage, Kartoffeln entwendet zu haben, freigesprochen.

3. Die Privatklagesache der Arbeiter Skiba, Michalla und Sekalla gegen den Arbeiter Nowak aus Witomischel wegen Beleidigung wurde durch Vergleich erledigt.

4. Der Stellmachermeister Sage-Glinau hatten gegen die Eigentümerfrau Pauline Hecke Klage erhoben wegen Beleidung. Die Sache wird dadurch erledigt, indem er die Klage zurücknimmt und die Beklagte die Kosten trägt.

Auch die 5. Verhandlung war wegen Beleidigung angestrengt; auch hier übernahm der Beklagte im Vergleichswege die Kosten.

6. Privatklagesache der Helene Weber und Wolni zu Wonsowo gegen Franzkowski. Letzterer wurde freigesprochen und die Kläger tragen die Kosten.

7. Die Arbeiterin Marianna Sternacka zu Alttomischel hatte den Arbeiter Joseph Wawal beleidigt und wurde dieserhalb heute zu 3 Mark Strafe verurteilt.

8. In der Privatklagesache des Arbeiters Heinrich Wolke aus Paprotsch gegen den Zimmermann Gustav Kahl aus Glinau wegen Beleidigung übernahm letzterer im Vergleichswege die Kosten.

9. Privatklagesache Rula gegen Marianne Kaczmarek wegen Kindesmißhandlung. Es wird ein Vergleich erzielt, die Klägerin übernimmt die Kosten.

10. Auch in der Beleidigungsklagesache Maaß kontra Dremmel übernimmt letzterer die Kosten, womit auch diese Angelegenheit erledigt ist.

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-09-11

Gebäude der Stadt Neutomischel – Die Gerberei Fischer auf dem Hausgrundstück No. 45 – ab ca. 1822 in Neu Tomysl

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Das Haus der "alten" Hausno. 45 (links), es ist 1938 der neu angelegten Straße gewichen / Foto: http://mojemiasto.oledry.pl/ [586]

Das Haus der „alten“ Hausno. 45 (links), es ist 1938 der neu angelegten Straße gewichen / Foto: http://mojemiasto.oledry.pl/

In unserem Artikel über die Loh-Gerberei der Familie Kuttner, welche auf das Hausgrundstück No. 44 ab dem Jahr 1860 ansässig geworden war, hatten wir auch schon kurz die Familie Fischer erwähnt:

„Am 18. September 1858 verstarb der in Neu Tomysl ansässig gewesene Bürger und Gerbermeister Johann Gottlieb Fischer im Alter von ca. 64 Jahren. Er hinterließ seine Ehefrau Johanna Rosina Hudzinski (es finden sich zu ihrem Geburtsnamen verschiedenste Schreibweisen, u. a. Chodzinski) und vermutlich 8 , der 10, der Familie zugeordneten Kinder. Die Familie war auf dem Hausgrundstück Neu Tomysl No. 45 ansässig gewesen.

Die Wittwe Fischer hat nach dem Tod ihres Mannes den Gerbereibetrieb, ohne das Wohnhaus, dessen Besitzerin sie noch mindestens bis zum Jahr 1864 war, an den Gerbermeister Julius Kuttner und dessen Ehefrau Rosette Jacobsohn veräussert.“

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Im Jahr 1836 wurde das Wohnhaus des Gottlieb Fischer zu Neutomysl Am Neuen Markte No. 45 als Hauptgebäude bei der Provinzial Feuerversicherung aufgenommen.

29,5 Fuß lang, 34,5 Fuß breit und 8 Fuß (ca. 9,00×10,50×2,40m) hoch war der aus Ziegeln errichtete Bau, 1,5 Fuß stark mit Kalk verputzt. Er hatte schon zu dieser Zeit ein Dach welches mit Biberschwanzziegeln eingedeckt gewesen war. Über einen Hausflur waren 2 Stuben und 1 Kammer, wie auch der Keller und die Rauchkammer zu erreichen. Beheizt wurde das Gebäude über einen „Ofen von Kacheln„. Durch einen „Thorweg mit 2 Thoren á 2 Flügel“ war das hinter dem Haus gelegene Grundstück erreichbar. Das Alter des Haus wurde mit „etwa 13 Jahre“ alt geschätzt, also etwa um 1823 erbaut, und es war ungefähr im Jahr 1834 „durchweg“ repariert worden.

Das Gerbereigebäude war 28 Fuß lang, 16 Fuß breit, 7 Fuß in der vorderen 1sten Etage und 5,5 Fuß in der hinteren 2ten Etage hoch (ca. 8,50×4,90×2,10/1.70m). Ein an die Gerberei sich anschließender Anbau von 11 Fuß Länge, 4,5 Fuß Breite und 4,5 Fuß Höhe (ca. 3,40×1,40×1,40m) befand sich unter „ein und demselben Dach„. Im Erdgeschoß waren über einen Flur eine Stube, 1 Lohkammer, 1 Schweinestall und die obere Etage, die zur Aufbewahrung diente, zu erreichen. Das Gebäude stand weitesgehenst frei und stieß nur teilweise an des Kuhstall des Nachbargrundstückes der No. 46. Die Gerberei wurde als in bestem Zustande und ihr Alter auf etwa 14 Jahre, ca. 1822 erbaut, beschrieben; auch sie hatte ca. 1834 eine Reparatur erfahren.

Die süd-westliche Ecke des heutigen Plac Niepodległości mit Markierung des ehemaligen Standortes der Häuser No. 44 und 45 / Foto: PM [587]

Die süd-westliche Ecke des heutigen Plac Niepodległości mit Markierung des ehemaligen Standortes der Häuser No. 44 und 45 / Foto: PM

Johann Gottlieb Fischer, rückgerechnet von der Altersangabe in seinem Toteneintrag, wurde um das Jahr 1794 herum geboren. Aufgrund der Häufigkeit des Namens Johann Gottlieb Fischer war es nicht möglich ihn einer der in der Gegend von Neu Tomysl ansässig gewesenen Fischer Familien zuzuordnen. Johanna Rosina Hudzinski, auch Chodzinski oder ähnlich geschrieben, war um 1802 geboren worden und stammte. laut den bei Ihrem Tod vermerkten Daten, aus Zirke im Kreis Birnbaum.

Der Familie wurden 10 Kinder zugeordnet, welche in den Jahren 1824 bis 1845 geboren worden waren; zwei von Ihnen starben im Kindesalter. Von den anderen wurde bis jetzt gefunden, dass eine Tochter, Johanna Paulina, als verehelichte Rausch in der Umgegend der Stadt lebte, weitere drei Töchter, Auguste Wilhelmine, Maria Emilie, Caroline Louise, lebten als verheiratete Orschalkewitsch, Lehmann und Rebbin in Berlin wo auch einer der Söhne, Carl August Robert, sich mit seiner Ehefrau einer geborenen Asche als Sattler niedergelassenen hatte. Ein weiterer Sohn, Carl Adolph Wilhelm, ist vermutlich mit seiner Partnerin einer geborenen Kahl im Raum Buk ansässig gewesen. Der Aufenthalt bzw. Wohnort der Tochter Ernestine Mathilde , sie war eine verehelichte Schleifner gewesen und der des Sohnes Johann Gottlieb Ernst konnte nicht festgestellt werden.

Eine Erwähnung des Hausgrundstücks No. 45 findet sich dann erst wieder im Jahr 1864 bei der Feststellung der Städter mit Eigenthum zwecks Erhebung von Grundsteuer. In diesem Jahr wurde die Wittwe Rosina Anna Fischer als Eigenthümerin benannt.

Vermutlich lebte sie noch bis zu ihrem Tod im Februar 1890 in Neu Tomysl in ihrem Haus.

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Quellen: Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) – 1. Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2. Kirchenbücher der evangelischen Gemeinden

Gebäude der Stadt Neutomischel – Eine Loh-Gerberei zieht auf das Hausgrundstück No. 44 / 1860

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die süd-westliche Ecke des ehem. Neuen Marktes, die alten Gerbereigrundstücke befanden sich hinter den Bäumen / Karte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [588]

Die süd-westliche Ecke des ehem. Neuen Marktes, die alten Gerbereigrundstücke befanden sich hinter den Bäumen / Karte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Die Gerber unterschieden sich nach dem von ihnen gebräuchlichen Gerbverfahren. Eine Gruppe bildeten dabei die Lohgerber, auch Lauer, Loher oder Rotgerber genannt. Ihr Handwerk und auch die Berufsbezeichnung sind längt in Vergessenheit geraten.

Lohgerber gerbten die großen und schweren Tierhäute, wie z. B. Rinderhäute, zu strapazierfähigem Leder. Dieses wurde für Sättel und Zaumzeug und Sohl- und Schuhleder genutzt.

Zunächst wurden die rohen Häute in fließendem Wasser gespült, bevor sie auf dem Schabebaum mit dem Scherdegen von Fleisch- und Fettresten befreit wurden. Anschließend erfolgte das sogenannte Äschern mit Kalk in Gruben. Durch diese Prozedur lösten sich die Haare vom Balg und durch eine weitere Schabung konnten diese dann entfernt werden. Im Anschluss wurden die Häute, zusammen mit einer Lohe aus Eichen- oder Fichtenrinde, welche sehr gerbstoffreich sind, und Galläpfeln, diese enthalten Gallusgerbsäure, zur Gerbung in eine Lohgrube gebracht. Die Rinden wurden anfangs noch per Hand, später über Wasserkraft, angetriebene so genannte Lohmühlen, zerkleinert.

Ein solche klassische Gerbung konnte bis zu 3 Jahre dauern. Die Häute mussten alle 2-4 Monate umgeschichtet werden, für eine dauernde Arbeit musste ein Gerber über möglichst viele Gruben verfügen.

Generell benötigte eine Gerberei große Mengen an Wasser; einmal für die Vorbereitung zur Gerbung, aber auch nach der Entnahme aus der Gerblohe mussten die Häute über längere Zeit gespült und gewässert werden.

Durch die an die aufgeführten Prozesse sich anschließende Trocknung an der Luft, hierzu wurden die Häute aufgespannt, vollendete sich der Gerbvorgang. Die letzten noch auszuführenden Arbeitsprozeduren waren das Walzen, Glätten, Wachsen und Beschneiden des Leders.

Durch die extrem starke Geruchsbelästigung waren Gerber meist verpflichtet sich am Stadtrand oder in Vorstädten anzusiedeln. Die von den Gerbern genutzten Wasserläufe wurden durch das Waschen des Leders, bei dem mineralische Stoffe wie Alaun, Arsenik, Kalk, Salz und Fleisch- und Haarreste ausgeschwemmt wurden, enorm verunreinigt. Gerber selbst waren großen gesundheitlichen Gefahren bei ihrer Arbeit ausgesetzt. Ihre Tätigkeit in der Nässe und die Nutzung von kaltem Wasser führte zu rheumatischen Erkrankungen, der Umgang des bei der Äschung genutzten Kalks, brachte Verätzungen mit sich und die Verwendung der rohen Häute, welche oft durch Milzbrand verseucht waren bargen immer die Gefahr einer Milzbrandinfektion.

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Das Haus der "alten" Hausno. 44 (rechts), es ist 1937 der neu angelegten Straße gewichen / Foto: http://mojemiasto.oledry.pl/ [586]

Das Haus der „alten“ Hausno. 44 (rechts), es ist 1937 der neu angelegten Straße gewichen / Foto: http://mojemiasto.oledry.pl/

Am 18. September 1858 verstarb der in Neu Tomysl ansässig gewesene Bürger und Gerbermeister Johann Gottlieb Fischer im Alter von ca. 64 Jahren. Er hinterließ seine Ehefrau Johanna Rosina Hudzinski (es finden sich zu ihrem Geburtsnamen verschiedenste Schreibweisen) und vermutlich 8 , der 10 der Familie zugeordneten Kinder. Die Familie war auf dem Hausgrundstück Neu Tomysl No. 45 ansässig gewesen.

Die Wittwe Fischer hat nach dem Tod ihres Mannes den Gerbereibetrieb, ohne das Wohnhaus, dessen Besitzerin sie noch mindestens bis zum Jahr 1864 war, an den Gerbermeister Julius Kuttner und dessen Ehefrau Rosette Jacobsohn veräussert.

Von der jüdischen Familie Kuttner wurden nachträgliche Beurkundungen in den Standesamtsaufzeichnungen aus dem Jahr 1882 gefunden, welche bescheinigten, dass ihr Sohn Alexander 1856 und ihre Tochter Flora im darauffolgenden Jahr 1857 in Neu Tomysl geboren worden waren. Es kann also angenommen werden, dass die Familie sich ungefähr um diese Zeit in Neu Tomysl niedergelassen hatte.

1864 fand sich Julius Kuttner als Grundsteuerpflichtiger Eigenthümer des Hausgrundstücks No. 44 in Neu Tomysl. Das Anwesen ist jedoch bereits Ende des Jahres 1859 im Besitz der Familie gewesen. Dieses belegt ein Schreiben datiert vom 25. September 1859 in dem der Gerbermeister Julius Kuttner die Verlegung seiner Lohgerberei beantragt. – Die öffentliche Bekanntmachung hierzu fand sich im Oeffentlicher Anzeiger – Beilage zum Amtsblatt – Posen, den 15. November 1859 No. 46 / 1859:

Bekanntmachung

„Der Gerbermeister Julius Kuttner hierselbst beabsichtigt, seine Lohgerberei aus dem Fischer’schen Besitzthum No. 45 nach dem von ihm erkauften Grundstück No. 44 hierselbst zu verlegen, resp. innerhalb des Gartenraumes des letztgedachten Grundstücks das Werkstadthaus pp. zu errichten.

Die Baustelle ist vom Besitzer bereits durch einen Pfahl näher bezeichnet.

Nach §29 der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1843 wird dies Vorhaben mit dem Bemerken veröffentlicht, daß etwaige Einwendungen gegen dasselbe binnen vier Wochen präklusivischer Frist bei uns angebracht werden müssen.

Neutomysl am 2. November 1859″

Der Magistrat Fischer

Im Archivmaterial des polnischen Staatsarchives in Poznan fand sich hierzu, dass die Genehmigung erteilt wurde, diese aber mit Auflagen verbunden worden war:

„Dem Gerbermeister Julius Kuttner wird hiermit die nachgesuchte Erlaubniß ertheilt, auf seinem Grundstücke No. 44 zu Neutomysl nach Maasgabe des beighefteten Situations Planes eine Gerberei und zwar unter Beobachtung nachstehender Bedingungen anzulegen:
1. der Boden der Werkstatt ist mit einem Gefälle nach dem Abzugs-Kanal in wasserdichter Pflasterung auszuführen
2. die Werkstatt ist stets verschlossen zu halten; die in derselben sich erzeugenden Dünste sind mittelst eines über den Dachfirst hinausführenden bis auf 60 Fuß (ca.18,30m) Höhe zu errichtenden Schlotts abzuführen; die Dachluken sind zu beseitigen und der Betriebsraum des Gerberei Gebäudes ist mit einer geschlossenen Decke zu versehen
3. die Gruben sind wasserdicht anzulegen und mit dichtschließenden Deckeln zu versehen
4. der unterzeichneten Königl. Regierung wird vorbehalten, sofern bei Befolgung dieser Vorschriften dennoch die Nachbarschaft durch den Gewerbebetrieb belästigt werden wollte, das Trocknen der Felle nach ihrem Ermessen in geschlossenen, mit einem Schlott versehenen Räumen, desgleichen die Errichtung einer bis 20 Fuß (ca. 6,10m) hohen Mauer an den Grenzen des Grundstückes anzuordnen und hat Unternehmer dieser Anordnung sich unweigerlich zu fügen.

Posen, den 5. Januar 1860

Königliche Regierung – Abth. des Innern, gez. v. Seltzer“

Der Erlaubnisschein wurde noch unter dem Datum des 05. Januar 1860 von der Königlichen Regierungsbehörde an das Königliche Landraths Amt in Neu Tomysl versandt. Dieses, vertreten durch den Landrath von von Saher leitete das Dokument dann mit der Maßgabe, dass „auf die Bedingungen bei Anlegung der Gerberei ist mit aller Strenge zu halten“ sei und die „Aushändigung binnen 3 Tagen“ zu erfolgen habe an den Magistrat per 18. Januar 1860, weiter.

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Die süd-westliche Ecke des heutigen Plac Niepodległości / Foto: PM [589]

Die süd-westliche Ecke des heutigen Plac Niepodległości / Foto: PM

Letztlich ist das Hausgrundstück der No. 44 um 1896/97 an die Familie des Fleischermeisters Valentin Kupczyk und dessen Ehefrau Valentina geb. Szostak übergegangen.

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Das Wohnhaus der Matheas Haendschinske’schen Erben mit der Anschrift „Am Neuen Markte No. 44“ wurde im Jahr 1836 beschrieben als ein 30 3/4 Fuß langer, 34 1/2 Fuß breiter und 8 Fuß hoher Bau (ca. 9,40×10,50×2,50m) mit äußeren Wänden „von Ziegeln“ welche 1 1/2 Fuß (ca. 0,50m) stark mit Kalk beworfen waren. Es hatte über ein mit Biberschwanz-Ziegeln gedecktes Dach verfügt. Im Inneren waren über 1nen Hausflur 2 Stuben und 2 Kammern zu erreichen gewesen. Durch einen „Thorweg mit 2 Thoren zu je 2 Flügeln“ konnte in den Hof eingefahren werden. Ein Giebel des Hauses stieß an den des Hauses des Gottlieb Fischer, der andere an den Garten der Johanna Bautz. Das Haus wurde als in „gutem Zustand“ beschrieben und dessen Alter auf „etwa 13 Jahre“ geschätzt. Durch dieses Alter war es vermutlich auch eines der Häuser, welche nach dem großen Brand des südlichen Neuen Marktes im Jahr 1822 errichtet worden waren.

Wir vermuten, dass es sich bei dem früheren Besitzer um Mattheas Henczynski, einem in Neu Tomysl ansässig gewesenen Kürschner, gehandelt hat. Kürschner verarbeiteten Tierfelle zu Pelzbekleidung; sie richteten die Felle aber auch selbst zu, d. h. auch sie beschäftigten sich schon mit der Gerberei.

Als eine Ausfertigung der Beschreibung zur Erhebung des Beitrages zur Feuerversicherung des Hauses im Jahr 1863 für den „neuen“ Besitzer, den Gerbermeister Julius Kuttner erstellt worden war, war das Wohnhaus nahezu unverändert beschrieben worden. Vermerkt hatte der Versicherungsbeauftragte jedoch, dass es „in allen Theilen einer gründlichen Reparatur unterworfen worden war“.

Das beantragte und genehmigte Gerbereigebäude wies die Abmessungen von 44 Fuß lang, 20 Fuß tief und in 2 Etagen 14 bzw. 9 Fuß hoch (ca. 13,40×6,10×4,30/2,80m) auf; es war als ein Ziegelfachwerkbau, welcher mit Kalkmörtel verputzt gewesen war, errichtet worden. Erbaut worden war die Gerberei im Jahr 1860.

Weiterhin hatte man 1860 auch noch einen 32 Fuß langen, 16 Fuß tiefen und 6 Fuß (ca. 9,80×4,90×1,80m) hohen Schuppen, diese Angaben waren ohne Berücksichtigung der Fundamente vorgenommen worden, auf dem Gelände errichtet.

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Quellen:
Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):     1. Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2. Kirchenbücher der evangelischen Gemeinden; 3. Akten der Magistrats- und der Polizei-Verwaltung zu Neutomischel betreffend die Ertheilung der Genehmigungsurkunden zu gewerblichen Anlagen

Die „Städter“ – Eigentümer in der Stadt Neu Tomysl aus den Jahren 1836 und 1864

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Neu Tomysl - Stadtplan 1836, erstellt nach den “Akta miasta Nowy Tomyśl“ [Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2) [590]

Neu Tomysl – Stadtplan 1836, erstellt nach den “Akta miasta Nowy Tomyśl“ [Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2)

Panorama Ansicht von Neutomischel / Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [591]

Panorama Ansicht von Neutomischel / Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Die Grundsteuer ist eine Steuer auf das Eigentum an Grundstücken und deren Bebauung; steuerpflichtig ist der Grundstückseigentümer. 1864  wurde für die Grundsteuer-Veranlagung – Regierungsbezirk Posen – Kreis Buk – ein Namensverzeichniß sämmtlicher Grundbesitzer im Gemeindebezirk Neutomysl Stadt angefertigt (sh. Einträge in schwarzer Schrift). „Die Richtigkeit der vorliegenden Nachweisung wird hiermit unter dem Beifügen bescheinigt, daß die in selbiger enthaltenen Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden sind – Neutomischel 30. Mai 1864 – Der Magistrat – Fischer – Bürgermstr.“

Wir haben dieses Namensverzeichnis der Grundbesitzer der Stadt Neu Tomysl des Jahres 1864 ergänzt – um die Daten der genannten Eigentümer aus der Gebäudebeschreibung-Aufstellung der Provinzial Feuerversicherung aus dem Jahr 1836 (sh. Einträge in blauer Schrift) und um die Daten, die aus den Kirchenbuch-Aufzeichnungen der in Frage kommenden Jahre zu entnehmen waren (sh. Einträge in grauer Schrift)

Auch wir haben die Angaben nach bestem Wissen eingefügt, Fehler können wir jedoch nicht ausschließen, da gerade in jenen frühen Zeiten, die Vornamen in jeder Generation und in jeder Familie weitergegeben wurden, sodass sich zahlreiche Träger gleichen Namens finden. Bitte lassen Sie uns wissen, wenn eine Berichtigung notwendig ist.

Einige geschichtliche Berichte zu Bewohnern des ein oder anderen Hauses bzw. Anwesens haben wir schon veröffentlicht, dieses haben wir vermerkt, vieles ist aber noch offen; wir würden uns für Ihre Übersendung von überlieferten Erzählungen und auch Bildern, welche dann veröffentlicht werden dürfen, sehr freuen.

* * *

 

Laufende No.
Name, Vorname des Grundeigentümers
Stand/Beruf
Wohnort
Hausnummer
Bezeichnung nach dem Hypothekenbuch
Qualität (ob Bauerngut, Häuslerstelle u.s.w.
1
Fenske, Traugott (1836 Erben des Roestel, Daniel August – neuer Eigentümer Roy, Gottlieb; Röstel, Daniel August war mit Kochlinska, Ludowina verehelicht gewesen; der Roy, Gottlieb war aufgrund der Namensvielfalt nicht zuzusortieren, weiterhin könnte es sich um Fenske, Joh. Traugott Erdmann Ludewig Fenske gehandelt haben, er war mit Girndt, Joh. Juliana Rosina verehelicht gewesen)
Bürger Neutomysl
1
No. 1 A Städt. Grundst.
2
Roy, Gottlieb (1836 sh. vorstehend)
Bürger dto.
1
No. 1 B dto.
3
Thomas, Adolph (1836 Fenzke, Christian oo mit Köter, Joh. Louise, als einzige Tochter Köter, Joh. Wilh, welche 1846 den Tischler Thomas, Joh. Adolph geehelicht hatte)
Bürger dto.
2
No. 2 dto.
4
Goldmann, Carl (1836 Teffling, Christian oo mit Drescher, Maria Elisabeth, die Enkeltochter Toeffling, Pauline Wilh.,  geb. 1818, ehel. 1839 Goldmann, Joh. Carl Gottfried nach ihrem Tod im Jahr 1847, hatte sich dieser verehel. mit der jüngeren Schwester seiner verstorbenen Frau, der im Jahr 1827 geb. Toeffling, Rosalie Emilie)
Bürger dto.
3
No. 3 dto.
5
Männel, Dienegott (1836 Sagawe, Wilhelm oo mit Gottschlag, Eva Rosina war als Wundarzt bis 1838 in Neutomischel ansässig gewesen; Maennel, Joh. Carl Dienegott – verehel. in 1ster Ehe mit Pflaum, Caroline Amalie und in 2ter Ehe mit Kroenert, Joh. Ernestine Emilie hatte nach derzeitigen Recherchen nicht in verwandtschaftlicher Beziehung zur Familie Sagawe gestanden)
Kaufm. dto.
4
No. 4 dto.
6
Sperling, Carl (1836 Firle, Gottlieb senior oo mit Proschwitz, Maria Dorothea verstarb 1855, der Sohn Firle, Johann Gottlieb, oo mit Rosenzweig, Wilhelmine war als Cantor und Schullehrer in Heinersdorf ansässig gewesem; eine verwandtschaftliche Beziehung zu Sperling, Carl Adolph und dessen Ehefrau Saar,Friederike Beata war nicht feststellbar)
Bäcker dto.
5
No. 5 A dto.
7
Josephsohn, Meyer (1836 (Anbau) Josephsohn, Meyer und seine Ehefrau Levy, Marianna kamen um 1851 nach Neu Tomysl)
Kaufmann dto.
5
No. 5 B dto.
8
Hackus, Samuel (1836 Roestel, Adolph; verstarb 1838, seine Wittwe Hampel, Joh. Friederike Ernestina hatte daraufhin im Jahr 1842 den aus Ostpreußen stammenden Hackus, Samuel geehel.)
Schönfärber dto.
6
No. 6 A dto.
9
derselbe
dto.
6
No. 6 C dto.
9
Töffling, Julius (1836 Roestel, Adolph; Toeffling, Joh. Julius Carl war in 1ster Ehe bis ca. 1854 mit Joh. Paulina Palicke und in 2ter Ehe mit Toeffling, Mathilde Hermine Hulda verehel. gewesen, eine Verwandtschaft zur Familie Roestel war nicht feststellbar)
Bürger dto.
6
No. 6 B dto.
10
Gutsch, Carl (1836 Kaulfuss, Heinrich; Kaulfuss, Joh. Christian Heinrich und seine Ehefrau Anna Maria Maer/Meer waren durch die Eheschl. ihrer Tochter Kaulfuss, Constantia Florentina im Jahr 1822 mit Gutsch, Johann Gottlieb die Grosseltern deren Sohnes Gutsch, Joh. Carl Heinrich, geb. 1822)
Fleischermeister dto.
7
No. 7 dto.
11
Zeidler, Heinrich (1836 Zeidler, Samuel; Zeidler, Joh. Samuel oo mit Bierwagen, Maria Elisabeth Dorothea verstarb 1839; Zeidler, Joh. Carl Heinrich (geb. 1813) oo mit Schulz, Joh. Juliana war zum Zeitpunkt seiner Eheschl. im Jahr 1840 der 2te und jüngste Sohn seiner Eltern gewesen)
Bürger dto.
8
No. 8 dto.,
12
Kannewischer, Alexander (1836 Kannewischer, Ludwig u. Weber, Gottlieb; Kannewischer, Joh. Ludwig oo mit Menzel, Anna Dorothea waren die Eltern des im Jahr 1836 geborenen Kannewischer, Alexander Ludwig, welcher mit Palicke, Emilie Maria verehelicht gewesen war, zu Weber, Gottlieb wurden zu viele Namensträger gefunden um eine Zuordnung vorzunehmen)
Bäcker dto.
9
No. 9 dto.
13
Dampmann, Carl Jonath. (1836 Seide, Gottfried; Dampmann, Carl Jonathan wurde erstmalig 1843 bei seiner Eheschl. mit Hampel, Caroline Emilia Auguste erwähnt; eine Verwandtschaft zur Seide, Gottfried oo mit Kannewischer, Dorothea Elisabeth, welche als die aus dem Jahr 1836 erwähnten Besitzer vermutet wurden, konnte nicht festgestellt werden)
Kaufmann dto.
10
No. 10 dto.
14
Kaulfuss, Carl (1836 Kaulfuss, Carl Peter; aus der Ehe des Kaulfuss, Carl Peter und der Rausch, Joh. Dorothea Elisabeth wurde als einziger Sohn, der Kaulfuss, Carl Ferdinand, geb. 1827, in alten Aufzeichnungen erwähnt, dieser hatte 1851 die Stenschke, Joh. Beata Juliane geheiratet)
Conditor dto.
11
No. 11 dto.
15
Arlt, Samuel (1836 Hübner, Gottlieb; ein 1859 in Neu Tomysl ansässig gewesener Arlt, Samuel oo mit Schmidtchen, Louise konnte nicht in verwandtschaft. Beziehung zu Hübner, Gottlieb David oo mit Drescher, Joh. Eleonora gebracht werden)
Bürger dto.
12
No. 12 dto.
16
Pflaum, Gottlieb (1836 Tepper, Johann George oo mit Gebauer, Joh. Beata Elisabeth waren die Eltern von Tepper, Joh. Juliana welche 1834 den Pflaum, Carl Gottlieb geehelicht hatte)
Bürger dto.
13
No. 13 dto.
17
Palitzki, Franz (1836 Haempel, Gottlieb oder auch Hampel, Joh. Gottlieb oo mit Xenodochius, Joh. Juliana waren die Eltern von Hampel, Joh. Friederika Amalie gewesen welche 1838 den Palicke, Carl Franz geehelicht hatte)
Gastwirth dto.
14
No. 14 dto.
18
Pietsch, Wilhelm (1836 Pietsch, Wilhelm; Pietsch, Joh. Wilhelm geb. 1803 war seit 1828 mit Maennel, Joh. Rosina, geb. 1807 verehelicht gewesen)
Bürger dto.
15
No. 15 dto.
19
Arlt, Carl (1836 Manthey, Johann Andreas; dieser verstarb 1844 in Neu Tomysl, verheiratet war er mit Schmidt, Joh. Beata gewesen, Kinder aus dieser Verbindung wurden nicht festgestellt; als Pflegetochter hatte jedoch Miegel, Joh. Eleonora (Helena/Henrietta) in der Familie Manthey gelebt, sie wiederum war in 2ter Ehe mit dem Bürger und Bäckermeister Arlt, Carl verheiratet gewesen)
Müller dto.
16
No. 16 dto.
20
Basch, Itzig (1836 Brunsch, Andreas; die Eheleute Basch, Itzig und seine Ehefrau Lempert, Henriette sind um 1832 nach Neu Tomysl gekommen, zuerst wohnten sie in einem Anbau des Hauses des Brunsch, Andreas und dessen Ehefrau Zwar, Anna Dorothea; nach derem Tod 1825 bzw. 1827 scheinen sie das Haus übernommen zu haben)

 

Bürger dto.
17
No. 17 dto.
21
Synagoge (erbaut 1860/61)
dto.
17
No. 17 A dto.
22
Tepper, Gottlieb (1836 Fenske, Johann; eine Vermutung ist, dass es sich um Fenske, Johann Christian, welcher mit Kriese, Rosina Dorothea verheiratet gewesen war, gehandelt hat – Kinder aus dieser Verbindung konnten nicht festgestellt werden; eine weitere Vermutung ist, dass Tepper, Joh. Gottlieb – Handelsmann in der Stadt, oo verehel. mit Koth, Joh. Juliana als Besitzer des Answesens im Jahr 1864 gemeint ist; beide Familien konnten in keine verwandtschaftl. Beziehung gesetzt werden)
Bürger dto.
18
No. 18 dto.
23
Tepper, Christian (1836 Tepper, Christian früher Schröter, Gottlieb; Schröter/Schrödter, Joh. Gottlieb war mit Heinrich, Anna/Eva Rosina verehel. gewesen; Schrödter, Joh. Carolina Juliana, ihre Tochter hatte 1835 den Tepper, Joh. Christian, Bürger u. Müllermeister zu Neu Tomysl geehel.)
Bürger dto.
19
No. 19 dto.
24
Knoll, Wilhelm (1836 Schröter, Eva Rosina Wittwe; sh. auch vorstehenden Eintrag, eine weitere Tochter aus der Ehe Schröter/Schrödter u. Heinrich war Schrödter, Joh. Wilhelmina gewesen, welche 1843 Knoll, Joh. Wilhelm geheiratet hatte)
Bürger dto.
20
No. 20 dto.
25
Goldmann, August (1836 Pflaum, Daniel; aus der Ehe des Pflaum, Joh. Daniel mit Labsch, Anna Rosina konnten keine Kinder ermittelt werden; die jüngere Schwester des im Jahr 1836 genannten Hausgrundstückbesitzers, die Pflaum, Anna Rosina hatte jedoch 1811 den Goldmann, Joh. Gotthilf August Carl geehelicht)
Bürger dto.
21
No. 21 dto.
26
Tepper, Heinrich (1836 Gutsch, Eva Rosina; hier ist die Vermutung, dass es sich um Tepper, Joh. Carl Heinrich oo mit Gutsch, Joh. Juliana gehandelt hat, ihre Eltern sind in alten Aufzeichnungen als Gutsch, Joh. Gottfried und Fenske, Anna/Eva Rosina Dorothea genannt)
Müller dto.
22
No. 22 dto.
27
Scheibe, Heinrich (1836 Pflaum, Gottlieb; eine Vermutung ist, dass hier Scheibe, Joh. Carl Samuel Heinrich und seine Ehefrau Tepper, Caroline Paulina als Eigentümer im Jahr 1864 genannt wurden; Tepper, Caroline Paulina verehel. Scheibe war die Schwester von Tepper, Joh. Juliana (verstorben 1860), welche wiederum mit Pflaum, Carl Gottlieb (verstorben 1853) verehelicht gewesen war)
Bürger dto.
23
No. 23 dto.
28
Krötsch, Friedrich (1836 Bielke, August; der aus Sachsen stammende Krötsch, Christian Friedrich wurde erstmalig bei seiner 1sten Eheschliessung im Jahr 1841 mit Tepper, Joh. Ernestina erwähnt, eine 2te Ehe schloss er zu 1848 mit Madantz Ernestine Henriette, eine verwandtschaftl. Verbindung zu Bielke, August, er konnte nicht zugeordnet werden, konnte nicht gefunden werden)
Bürger dto.
24
No. 24 dto.
29
Bielke, August (1836 Pflaum, Daniel früher dem Zeidler, George gehörig; sh. auch unter Haus-No. 21; aus der Ehe des Pflaum, Joh. Daniel mit Labsch, Anna Rosina konnten keine Kinder ermittelt werden; eine verwandtschaftl. Verbindung zu Bielke konnte nicht gefunden werden; gleiches gilt für eine Verbindung zwischen den Familien Zeidler und Pflaum)
Bürger dto.
25
No. 25 dto.
30
Lüdke, August (1836 Lüdke, Gottfried; Lüdke, Joh. Gottfried – geb. ca 1777 – war verehelicht gewesen mit der Lüdke, Anna Catharina – geb. ca. 1775; der Sohn Lüdke, Joh. August Friedrich hatte 1842 die 1ste Ehe mit Zithier, Joh. Rosina Dorothea, welche 1843 verstarb und 1844 die 2te Ehe mit der aus Glinau stammenden Bielke, Joh. Beata geschlossen)
Bürger dto.
26
No. 26 dto.
31
Schulz, Johann (1836 Erben des Zeidler, Christian; Schulz, Johann – aufgrund des häufigen Namens Schulz konnte der Besitzer nicht ermittelt werden; es fand sich in Neu Tomysl um 1861 auch kein Lehrer mit dem Namen Schulz, Johann; bei dem genannten Zeidler könnte es sich um den im Jahr 1836 verstorbenen Zeidler, Joh. Christian gehandelt haben, er war in 1ster Ehe mit Handtke, Rosina Dorothea und in 2ter Ehe mit der Klemm, Rosina Dorothea verheiratet gewesen)
Lehrer dto.
27
No. 27/28 dto.
32
Mentzel, Wilhelm (1836 Strauss, Gottfried; Menzel, Eduard Wilhelm – geb. 1830 in Neu Tomysl war in 1ster Ehe verheiratet gewesen mit Joh. Auguste Ernestine Wilhelm. Bielke; eine Verbindung zu Familie Strauss, Gottfried oo mit Salomon, Christina konnte nicht hergestellt werden)
Bäcker dto.
29
No. 29 dto.
33
Rausch, Christoph (1836 Erben Tepper, Christoph; bei Tepper, Joh. Christoph hat es sich vermutlich um den im Jahr 1799 geborenen gehandelt welcher 1832 verstarb, er war in 1ster Ehe mit Greiser, Anna Maria Rosina (4 geborene Kinder) und in 2ter Ehe mit Toeffling, Joh. Caroline (2 geb. Kinder) verheiratet gewesen, die Daten scheinen aber unvollständig, da die 1830 geborene Tochter Tepper, Bertha Caroline Emilie bei ihrer Eheschl. angab die einzige Tochter aus 3ter Ehe gewesen zu sein; eine Verbindung zu einem der in Neu Tomysl genannten Rausch, Christoph konnte nicht festgestellt werden, eine Zuordnung der zahlreichen Rausch Namensträger war nicht möglich)
Müller dto.
30
No. 30 dto.
34
Gögsch, Carl (1836 Erben Gutsch, George / Nachflg. Quast, Gottlieb; Gutsch, Joh George war mit Anna Rosina Fechner verehelicht gewesen, aus dieser Ehe stammte Gutsch, Dorothea Elisabeth, geb. 1790, welche mit Quast, Joh. Gottlieb verheiratet gewesen war; der aus Blake stammende Goksch, Carl Gottlieb oo mit Bernhard, Joh. Juliana, wurde erstmalig 1848 in Neu Tomysl erwähnt; verwandtschaftliche Beziehungen der genannten Familien konnten nicht gefunden werden)
Bürger dto.
31
No. 31 dto.
35
Manthey, August (1836 Längert, Gottfried;  Lengert, Joh Gottfried ist vermutlich der 1804 in Sontop geborene und in 1ster Ehe mit Beijer; Barbara Elisabeth verw. Rosenbaum verehel. gewesene Schuhmacher, später ist dieser in Jablone ansässig gewesen; eine Verwandschaft zu Manthey, Joh. August und dessen Ehefrau Haendtschke, Juliane Amalie konnte nicht gefunden werden)
Bürger dto.
32
No. 32 dto.
36
Lode, Gustav (1836 Kliem, Christine; Kliem, Christine war vermutlich eine geborene Wilhelm und die Wittwe von Kliem, Joh. Gottfried, sie heiratete 1837 in 2ter Ehe Knoll, Joh. Christian; Lode, Wilhelm Gustav und seine Ehefrau Russak, Joh. Christina Juliana aus Wengielno bzw. aus Schleife gebürtig, wurden 1846 im Aufgebot ihrer Heirat in Neu Tomysl erwähnt; die Familien konnten nicht verwandtschaftl. verbunden werden)
Bürger dto.
33
No. 33 dto.
37
Hecke, Christian (1836 Kurzmann, Johann; Kurzmann, Auguste Caroline Henriette Wilhelm als Tochter des herrschaftl. Försters Kurzmann, Johann im Sawader Revier bei Tirschtiegel hatte ca 1837 Hecke, Joh. Christian geehel., ab 1837 finden sich im Kirchenbuch Eintragungen zur Geburt und Taufe ihrer Kinder)
Bürger dto.
34
No. 34 dto.
38
Fechner, Heinrich (1836 Wolke, Gottlieb; Fechner, Joh. Heinrich Reinhold heiratete 1852 in 1ster Ehe Brendel, Henriette Caroline verw. Wolke und 1884 in 2ter Ehe Hecke, Joh. Ernestine Emilie; die Verbindung zu Wolke, Joh. Gottlieb oo in 1ster Ehe mit Russak, Joh. Carolina (gest. 1843) ist über dessen 2ter Ehefrau, der Brendel, Henriette Carolina, die nach seinem Tod 1852 in 2ter Ehe den Fechner, Joh. Heinrich Reinhold geehelicht hatte, herzustellen)
Bürger dto.
35
No. 35 dto.
39
Stelzer, Gottfried (1836 Stelzer, Gottfried; Stelzer, Joh. Gottfried – geb. 1797 in Neu Tomysl, war in 1ster Ehe mit Winkler, Joh. Juliana und in 2ter Ehe mit Fechner Agnes (später verehel. Kubel) verheiratet gewesen)
Bürger dto.
36
No. 36 dto.
40
Lüdke, Heinrich (1836 B(K)autz, Johanna; weder konnte die Bautz/Kautz, Johanna noch der Lüdke, Heinrich einwandfrei identifiziert werden)
Bürger dto.
37
No. 37 dto.
41
Stein, Johann (1836 Stein, George früher Hübner, Samuel; bei Hübner, Joh. Samuel hat es sich vermutlich um den mit der Tonak, Barbara Elisabeth in Neu Tomysl ansässig gewesenen Böttchermeister gehandelt; über ihren Sohn Hübner, Joh. August, welcher in 1ster Ehe mit der Protsch, Joh. Beata und in 2ter Ehe mit der Tepper, Rosamunde verw. Protsch verheiratet gewesen war, ist eine Verbindung über die Schwester letzterer, der Tepper, Joh. Charlotte Friederike welche wiederum, mit dem Stein, Joh. George verheiratet gewesen war, herzustellen; ob der genannte Stein, Johann in diese Familie gehört, war nicht einwandfrei zu ermitteln)
Bürger dto.
38
No. 38 dto.
42
Lehmann, Heinrich (1836 Lehmann, Wilhelm; Lehmann, Joh. Wilhelm oo mit Lehmann, Joh. Beata hatten als Sohn den Lehmann, Joh. Heinrich Wilhelm, geb. 1832; dieser war in 1ster Ehe mit Toeffling, Paulina Albertina und in 2ter Ehe mit Roy, Paulina Rosamunde verheiratet gewesen)
Bürger dto.
39
No. 39 dto.
43
Friedländer, Israel (1836 Blanke, Christian; Blank, Joh. Christian war in 1ster Ehe mit Seide, Dorothea Elisabeth und in 2ter Ehe mit Reimann, Dorothea Elisabeth verehelicht gewesen; nicht bekannt ist wann Friedlaender, Israel nach Neu Tomysl gekommen war; vergleiche hier den Artikel: Schlechte Erträge mit dem Handel der Hopfenernte des Jahres 1870 – die Hopfenhändler Friedlaender)
Bürger dto.
40
No. 40 dto.
44
Krönert, Gottlieb (1836 Krönert, Gottlieb Erdmann; Kroenert, Joh. Gottlieb kam um 1790 aus Ostpreussen nach Neu Tomysl und heiratete Reimer, Maria Liebegott, ihr Sohn Kroenert, Joh. Gottlieb Erdmann, geb. 1793, wiederum ehel. 1818 Hecke, Dorothea Elisabeth, auch einer ihrer Söhne erhielt wieder den Namen Kroenert, Gottlieb Erdmann und heiratete 1859 die Protsch, Ernestine Clementine)
Bürger dto.
41
No. 41 dto.
45
Tepper, Wilhelm (1836 Drescher, Carl später Weissmann, Carl; Drescher, Joh. Carl Friedrich war als Tuchhändler in Neu Tomysl ansässig gewesen, seine Ehefrau war die Jokisch, Joh. Wilhelmine gewesen, das Hausgrundstück ging dann in den Besitz des Weismann, Carl, ehe es wieder indirekt über Tepper, Wilhelm, welcher mit Drescher, Ernestine Amlie Juliane Paulina verheiratet gewesen war „zurück“ gekauft wurde; vergleiche hier den Artikel: Häuser der Stadt – No. 42 – Schneiderei, Spinnerei – heute die Tourist-Information)
Bürger dto.
42
No. 42 dto.
46
Kuttner, Julius (1836 Erben Haendschinske, Matthaeus; zur Familie Haendschinske liegen leider keine Einzelheiten vor; bei Kuttner, Julius handelt es sich vermutlich um den in Neu Tomysl ansässig gewesenen Gerbermeister, welcher mit Jacobsohn, Rosetta verehelicht gewesen war vergleiche hier den Artikel: Häuser der Stadt – Eine Loh-Gerberei zieht auf das Hausgrundstück No. 44 / 1860)
Kaufmann dto.
44
No. 44 dto.
47
Fischer, Rosina Anna (1836 Fischer, Gottlieb; der Gerbermeister Fischer, Joh. Gottlieb verstarb 1858, seine Wittwe Fischer, Anna Rosina war in ihrem Toteneintrag aus dem Jahr 1890 eine geborene Hudzinski, aber in den Kirchenbuchaufzeichnungen aus den Jahren 1824 bis 1845 finden sich zahlreiche abweichende Schreibweisen ihres Zunamens)
dto.
45
No. 45 dto.
48
Buchwald, Julius (1836 Roesler, Samuel; Buchwald, Julius war Töpfermeister in Neu Tomysl gewesen, er war in 1ster Ehe mit Schulz, Henriette und in 2ter Ehe mit Steltzer, Emilie Paulina; Rösler verheiratet gewesen; Rösler, Joh. Samuel war ebenfalls Töpfermeister in der Stadt gewesen; er war in 1ster Ehe mit Driessner, Dorothea Elisabeth, in 2ter Ehe mit Seide, Dorothea Elisabeth und in 3ter Ehe mit Hübner, Anna Rosina Dorothea verheiratet gewesen; verwandtschaftliche Verbindungen zur Familie Buchwald wurden nicht gefunden)
Töpfermstr. dto.
46
No. 46 dto.
49
Weiss, Eduard (1836 Scheibe, Christian; der Schuhmachermeister Scheibe, Joh. Christian war mit Rösch/Reschke, Joh. Caroline Wilhelmine verheiratet gewesen; mit dem Apotheker, Weiss, Eduard Gottlieb und dessen Ehefrau Eckstein, Leontine Wilhelmine fanden sich keine verwandtschaftlichen Verbindungen)
Apotheker dto.
47
No. 47 dto.
50
Thiele, Adolph (1836 Pester, Benjamin; Pester, Joh. Benjamin Gottlieb Samuel war als Buchbinder mit Sommerfeld, Maria Elisabeth in 1ster Ehe verbunden gewesen, in 2ter Ehe hatte er 1836 Bielke, Joh. Carolina geheiratet; es wurde keine verwandtschaftl. Verbindung zu Thiel, Joh. Adolph, welcher mit Gleske, Louise verheiratet gewesen war, gefunden)
Bürger dto.
48
No. 48 dto.
51
Baesler, Robert (1836 Z(J)ander, Carl August; Zander, Carl August, Seilermeister war mit  Kannewischer, Rosina Dorothea verheiratet gewesen; zu Baesler, Robert konnten keine Aufzeichnungen gefunden werden)
Bürger dto.
49
No. 49 dto.
52
Lemberg, Carl (1836 Lemberg, Carl Gottlieb; Lemberg, Joh. Carl Gottlieb war als Riemer in Neu Tomysl ansässig und mit Theresia Verona Gallasch verehel. gewesen, ihre Söhne trugen alle den Namen Carl in Verbindung mit einem anderen Vornamen, es kann vermutet werden, dass einer der Söhne die Nachfolge der Eltern angetreten hatte; vergleiche hier den Artikel: Schlechte Erträge mit dem Handel der Hopfenernte des Jahres 1870 – die Hopfenhändler Friedlaender)
Bürger dto.
50
No. 50 dto.
53
Töffling, Gustav (1836 Teffling, Johann Carl; Toeffling, Joh. Carl Friedrich war in 1ster Ehe mit Hartmann, Joh. Marianna Amalie Jul. Hartmann und in 2ter mit Lehmann, Maria Juliane verheiratet gewesen; Toeffling, Gustav Ferdinand Carl August war der einzige Sohn – er hatte 7 Schwestern – aus der1sten Ehe des Toeffling, Joh. Carl gewesem; vergleiche hier den Artikel: Häuser der Stadt – No. 51 – Fleischhauerei und Beherbungsbetrieb Toeffling 1795-1852)
Gastwirth dto.
51
No. 51 dto.
54
Männel, Alexander (1836 Maennel, Anna Rosina Wittwe; Maennel, Anna Rosina war eine geborene Kannewischer und mit dem aus dem Erzgebirge stammenden Maennel, Carl, er starb 1824 verheiratet gewesen; der Sohn Maennel, Joh. Alexander hatte 1838 die Sperling, Joh. Wilhelm. Ottilie geheiratet; vergleiche hier den Artikel: Das Taufbecken aus der Kirche am Chopinplatz)
Kaufm. und Müller dto.
52
No. 52 dto.
55
Kuttner, Dorothea (1836 Maennel, Anna Rosina Wittwe; vergleiche hier Haus No. 52 zu Wittwe Maennel; bei Kuttner, Dorothea hat es sich vermutlich um die Wittwe des Kuttner, Abraham gehandelt, sie war eine geborene Schreiber gewesen, verwandtschaftl. Verbindungen zur Familie Maennel wurden nicht gefunden)
Wittwe dto.
53
No. 53 dto.
56
Madanz, Andreas (1836 Pflaum, Gottlieb u. Morzynski, Peter; der aus Colmar in Posen stammende Madanz, Joh. Andreas war mit der Pflaum, Joh. Juliana Wilhelmine, einer Tochter des Pflaum , Johann Gottlieb und dessen Ehefrau Baensch, Joh. Rosina gewesen; eine Verbindung zu Morzynski, Peter und dessen 1sten Ehefrau, Pietsch, Joh. Wilhelmine und auch der 2ten Flins, Aniela wurde nicht gefunden)
Lehrer Scherlanke
No. 54 A dto.
57
Morzynski, Peter (sh. No. 54A)
Bürger Neutomysl
54
No. 54 B dto.
58
Hübener, August (1836 Hübner, Johann August; der Böttchermeister Hübner, Joh. August war in 1ster Ehe mit Protsch, Joh. Beata und in 2ter Ehe mit Tepper, Rosamunde verw. Protsch verehelicht gewesen)
Brauer dto.
55
No. 55 dto.
59
Schulz, Gottlieb (1836 Erben Tepper, Johann Christoph; bei Tepper Joh. Christoph hat es sich vermutlich um den im Jahr 1799 geborenen gehandelt welcher 1832 verstarb, er war in 1ster Ehe mit Greiser, Anna Maria Rosina (4 geborene Kinder) und in 2ter Ehe mit Toeffling, Joh. Caroline (2 geb. Kinder) verheiratet gewesen, die Daten scheinen aber unvollständig, da die 1830 geborene Tepper, Bertha Caroline Emilie bei ihrer Eheschl. angab die einzige Tochter aus 3ter Ehe gewesen zu sein; aufgrund der Namenshäufigkeit sind Daten zu Schulz, Gottlieb nicht verfügbar)
Tuchhändler dto.
56
No. 56 dto.
60
Wandrey, Berthold (1836 Wandrey, Johann Gottlieb; Wandrey, Joh. Gottlieb scheint als Seifensieder in Meseritz tätig gewesen zu sein ehe er 1819 Zillmann, Amalie Friederika in Neu Tomysl ehelichte und sich als Bürger und Gastwirt in der Stadt niederliess, ihr Sohn, Wandrey, Joh. Berthold Friedrich war mit Müller, Joh. Beata verheiratet gewesen)
Kaufm. dto.
57
No. 57 dto.
61
Schreiber, Moritz (1836 Schulz, Gottlieb; Schreiber, Moritz, Sohn eines Rabbiners, stammte aus Rawicz, er war mit Kuttner, Johanna verehelicht gewesen, die Familie ist vermutlich zwischen 1843-1853 in Neu Tomysl ansässig geworden; aufgrund der Namenshäufigkeit sind Daten zu Schulz, Gottlieb nicht verfügbar)
Kaufmann dto.
58
No. 58 dto.
62
Tepper, Wilhelm (1836 Tepper, Johann Christoph; bei Tepper, Joh. Christoph hat es sich vermutlich um den im Jahr 1765 geborenen gehandelt, er war in 1ster Ehe mit Maier, Maria Elisabeth  (10 geb. Kinder), in 2ter Ehe mit Richter, Modesta Liebegott (5 geb. Kinder) und in 3ter Ehe mit Gierke, Anna/Eva Elisabeth Rosina (6 geb. Kinder) verheiratet gewesen, aus der 3ten Ehe stammte Tepper, Johann Wilhelm welcher mit Drescher, Ernestina Amalie Juliana verheiratet gewesen war, vergleiche hier den Artikel: Häuser der Stadt – No. 42 – Schneiderei, Spinnerei – heute die Tourist-Information)
Müller dto.
59
No. 59 dto.
63
Schäfer, Traugott (1836 Roy, Christian; hier wurde der Roy, Joh. Christian und seine Ehefrau Weber, Joh. Rosina Dorothea zugeordnet, der Sohn Roy, Joh. Carl Ferdinand wanderte im Jahr 1850 mit seiner Frau Kahl, Joh. Juliane und ihren Kindern nach Australien aus, der Sohn Roy, Joh. Carl Heinrich ehelichte die Brettschneider, Joh. Friederike, welche als Hebamme in Neu Tomysl und Umgebung tätig war, vergleiche hier den Artikel: Die Hebamme von Neutomischel; Schäfer, Joh. Traugott wiederum ehel. 1833 die geschiedene Pflaum, Rosina Dorothea geb. Roy; auch ihr Vater war ein Roy, Christian, dieser war jedoch im Jahr 1833 bereits verstorben, sodass er im Jahr 1836 nicht mehr als Besitzer des Hausgrundstücks No. 60 in Frage kommt)
Bürger Glinau
60
No. 60 dto.
64
Schäfer, Amalie (1836 Schäfer, Gottlieb; Schäfer, Joh. Gottlieb war in 1ster Ehe mit Helene Dorothea Elisabeth Eleonore Richter verheiratet gewesen, aus seiner 2ten Ehe mit Arndt, Amalie stammte die im Jahr 1857 geborene Tochter Schäfer, Amalie Bertha später verehel. Scheibe, Joh. Carl Hermann August)
Wittwe Neutomysl
61
No. 61/62 dto.
65
Männel, Heinrich (1836 Palitzki, Johann George; Palicke/Palitzki, Joh. George war in 1ster Ehe mit Fechner, Anna Elis. Dorothea Eleonora und in 2ter mit Kannewischer, Rosina Dorothea verw. Zander verheiratet gewesen; beim Besitzer 1861 hat es sich vermutlich um Maennel, Johann Heinrich Carl oo mit Prüfer, Juliane Amalie Henrietta gehandelt)
Kaufm. dto.
63
No. 63 dto.
66
Koch, Heinrich (1836 Kukowski, Ignatz; Kukowski, Ignatz, Friedrich war mit Driessner, Joh. Charlotte Constantia Philippina verheiratet gewesen, ihre 1819 geborene Tochter Kukowski, Auguste Amalie hatte 1845 Koch, Joh. Carl Heinrich geheiratet)
Bürger dto.
64
No. 64 dto.
67
Richter, Wilhelm (1836 Roestel, Jacob; Richter, Joh. Wilhelm hatte 1847 Röstel, Joh. Adolphine geehel., sie war die 1810 geborene Tochter der Eheleute Röstel, Joh. Jacob und Driessner, Joh. Justina Elisabeth gewesen)
Tischlermeister dto.
65
No. 65 dto.
68
Janotte, Johanna Elisa (1836 Janotte, Johann Gottfried; Jmöglich ist hier: Janotte, Joh. Gottfried, er war in 1ster Ehe mit Born, Joh. Dorothea verehel. gewesen, sie verstarb 1809, 1811 schloss er die 2te Ehe mit Anna Elisabeth Louise – Kurzform Elisa- Kayser, rechnerisch wäre sie zum Zeitpunkt der Steuererhebung 72 Jahre alt gewesen)
dto.
66
No. 66 dto.
69
Thomas, Oswald (1836 nicht erwähnt, Thomas, Friedrich Oswald, war einer der Söhne des unverehelichten Paares Thomas, Philipp Jacob und Brettschneider, Joh. Friederika; er war in 1ster Ehe mit Seidelt, Friederike Rosina Rosalie Henriette, in 2ter Ehe mit Tepper, Joh. Juliane und in 3ter Ehe mit Reich, Auguste Ottilie verehelicht gewsen)
Stadtkämmerer dto.
67
No. 67 dto.
70
Schul-Societät (1836 Schulhaus)
dto.
68
No. 68 dto.
71
Evangelische Parochie (1836 No. 69 Küsterhaus, No. 70 Cantor u. Schulhaus mit Anbau, No. 71 Pfarrhaus mit Anbau
dto.
69
No. 69, 70 A, 70 u. 71 dto.
72
Kutzner, August (1836 Sommer, Christina; Kutzner, Joh. August Carl war mit Tepper, Anna Rosina Dorothea verehelicht gewesen; eine Verbindung zu Sommer, Joh. Gottlieb und dessen Ehefrau Schoebel, Joh. Dorothea Christina konnte nicht gefunden werden)
Kaufmann dto.
72
No. 72 dto.
73
Unger, Eduard (1836 Tepper, Gottlob; Unger, Heinrich Eduard stammte aus Gross Radisch Krs. Rothenburg und war mit Sperling, Amalie Henriette verehelicht gewesen; Tepper, Joh. Gottlieb war in 1ster Ehe mit Lehmann, Anna Elisabeth und in 2ter Ehe mit Müller, Eva Rosina verheiratet gewesen; eine Verwandtschaft der Familien Tepper und Unger konnte nicht festgestellt werden)
Gastwirth dto.
73
No. 73 dto.
74
Fechner, Robert (1836 Grunwald, August; Fechner, Robert Friedrich war mit Ha(e)ndtschke, Joh. Wilhelmine in 1ster Ehe und in 2ter mit deren jüngeren Schwester der Ha(e)ndtschke, Emilie Ernestine verehelicht gewesen; als der genannte Grunwald kommt Grunwald, Carl August, welcher vorübergehend als Bäckermeister in Neu Tomysl ansässig gewesen war, in Frage, er war geschieden von Kattner, Joh. Juliana und hatte 1847 die Landbesitzerin zu Wytomysl Zisler, Joh. Louise geheiratet; verwandtschaftliche Verbindungen der Familien Grunwald und Fechner konnten nicht gefunden werden)
Bürger dto.
74
No. 74 dto.
75
Rausch, Gottlieb (1836 Thomas, Johann Friedrich; Thomas, Joh. Friedrich Carl war in 1ster Ehe mit Kruschel, Joh. Wilhelmine verehelicht gewesen, in 2ter Ehe mit Joh. Eleonora Dorothea Seide verw. Klemm; die jüngste Tochter Thomas, Maria Emilie geb. 1840 aus der 1sten Ehe war mit dem Müller- und Bäckermeister Rausch, Joh. Gottlieb zu Neu Tomysl verheiratet gewesen)
Bürger dto.
75
No. 75 dto.
76
Schrödter, Wilhelm (1836 Hecke, Anna Rosina; der Böttchermeister Schrödter, Joh. Friedrich Wilhelm war mit Schirmer, Anna Dorothea Rosina verw. Hecke verheiratet gewesen, ihr erster Ehemann war der Böttchermeister Hecke, Joh. Heinrich gewesen, welcher 1854 verstorben war)
Böttchermeister dto.
76
No. 76 dto.
77
Scheibe, Wilhelm (1836 Scheibe, Wilhelm; Scheibe, Joh. Wilhelm (Samuel) war verehel. gewesen mit der Kaulfuss, Johanna Susanna (Sophia))
Bürger dto.
77
No. 77 dto.
78
Hirsekorn, Ernst (1836 Luchtmann, Johann George; der Familienname Luchtmann wurde auch als Lustmann geschrieben; Luchtmann, Joh. George, Drechslermeister zu Neu Tomysl war verehelicht gewesen mit der Pastor, Joh. Juliana; der Kaufmann Hirsekorn, Ernst Carl Samuel (Eduard) war mit der Toeffling, Albertine Mathilde Louise verheiratet gewesen; eine verwandtschaftl. Verbindung der Familien konnte nicht gefunden werden)
Fleischermeister dto.
78
No. 78 dto.
79
Girndt, Samuel (1836 Girndt, Gottlieb; gefunden wurde Girndt, Joh. Gottlieb welcher mit Welke, Eva Christina verehel. gewesen war, diese Familie wohnte nach Aufzeichnungen in Paprotsch; der Sohn, Girndt, Joh. Samuel verehel. gewesen in 1ster Ehe mit Welke, Joh. Dorothea und in 2ter Ehe mit Rau, Joh. Beata Louise galt ebenfalls als Wirth in Paprotsch, er verstarb jedoch 1862 in Neu Tomysl, wo seine Tochter mit ihrer Familie gelebt hatte)
Wittwer dto.
79
No. 79 dto.
80
Kosel, Carl (1836 Semler, Jacob Ludwig; der Sattlermeister Semmler, Jacob Ludewig war mit der Bochardt, Johanna Barbara (vermutlich in 2ter Ehe) verheiratet gewesen; Kosel, Carl Friedrich Wilhelm, Fleischermeister war verehelicht gewesen mit Kaulfuss, Auguste, als Wittwe lebte sie 1905 in Berlin; über die Familie/-n Kaulfuss waren die Familien Semmler und Kosel verwandtschaftl. verbunden)
Fleischermeister dto.
80
No. 80 dto.
81
Pflaum, Dienegott (1836 Lüdke, Johann Gottlieb; der Schmied Lüdke, Joh. Gottlieb war mit der Kannewischer, Joh. Louise verehelicht gewesen, die gemeinsame Tochter Lüdke, Joh. Amalie hatte 1843 den Bäckermeister und späteren Gastwirth Pflaum, Joh. Dienegott geehel.)
Gastwirth dto.
81
No. 81 dto.
82
Krepel, Johann (1836 Karney, Friedrich Wilhelm; es wurden keine Daten über die Familie Karney gefunden, Krepel, Joh. Gottfried lebte bis 1873 in Neu Tomysl, er war verehel. gewesen mit Gohl, Anna Juliane )
Bürger dto.
82
No. 82 dto.
83
Xenodochius, Carl (1836 Xenodochius, Gotthilf; der Tuchmachermeister Xenodochius, Joh. Gotthilf war mit Wandtke, Anna Rosina in 1ster Ehe verheiratet gewesen, aus seiner 2ten Ehe mit Mimms, Anna Rosina stammte der Sohn, Xenodochius, Joh. Carl Adolph, er hatte Sperling, Amalie Henriette geheiratet)
Bürder dto.
83
No. 83 dto.
84
Die Commune (1836 Kommunal-Gefängnis u. Rathhaus der Stadt)
dto.
84
No. 84 dto.
85
Stellmacher, Carl Heinrich (1836 Bockwindmühle des Stahn, Johann Wilhelm; der Kreischirugius Stellmacher, Carl Heinrich war verehelicht gewesen mit Frey, Emilie Ferdinandina; der Müllermeister Stahn, Joh. Wilhelm war von Alt Tomysl gebürtig und mit Pflaum, Joh. Friederike verehelicht gewesen;  vergleiche hier die Veröffentlichung: Häuser und Gebäude der Stadt – No. 85 – Wohnhaus, Betsaal, Kirche und eine Windmühle – Teil 1 und Teil 2)
Wundarzt dto.
85
No. 85 dto.
86
Sommer, August (1836 trug die evgl. Kirche diese No.; Sommer, Joh. Carl August war verehelicht gewesen mit Thomas, Mathilde Amalie)
Bürger dto.
86
No. 86 dto.
87
Pflaum, Gottf. (es liegen aufgrund der Namenshäufigkeit und der wenigen Informationen keine Einzelheiten vor)
Bürger dto.
87
No. 87 dto.
88
Tepper, Heinrich (es liegen aufgrund der Namenshäufigkeit und der wenigen Informationen keine Einzelheiten vor)
Bürger dto.
88
No. 88 dto.
89
Pflaum, Dienegott (es könnte sich hier um Pflaum, Joh. Dienegott mit Ehefrau Lüdke, Joh. Amalie welche ab ihrer Eheschliessung 1843 in Neu Tomysl ansässig gewesen waren, gehandelt haben)
dto.
89
No. 89 dto.
90
Kaulfuß, Peter (es könnte sich hier um Kaulfuss, Carl Peter und Ehefrau Rausch, Joh. Dorothea Elisabeth gehandelt haben)
Müller dto.
90
No. 90 dto.
91
Behr, Joseph (vielleicht handelte es sich um den Behr, Joseph Nicolaus, er hatte 1855 die Ehe mit Jungnik, Ernestine Henriette geschlossen und sich als Schuhmacher in Neu Tomysl niedergelassen)
Bürger dto.
91
No. 91 dto.
92
Fechner, Carl (es liegen aufgrund der Namenshäufigkeit und der wenigen Informationen keine Einzelheiten vor)
Bürger dto.
92
No. 92 dto.
93
Lutz, Wilhelm (mit Eheschliessung im Jahr 1858 war das Ehepaar Lutz, Friedrich Wilhelm – Maurermeister – und Müller, Paulina Mathilde in Neu Tomysl ansässig geworden)
Maurermeister dto.
93
No. 93 dto.
94
Landmann, Julius (der Kaufmann Landmann, Julius und seine Ehefrau Meyer, Johanna waren nach 1856 nach Neu Tomysl gelangt)
Kaufmann dto.
94
No. 94/95 dto.
95
Israelitische Schule
dto.
95
No. 96 dto.
96
Evangelische Kirche
dto.
96
No. 97 dto.
97
Alt-Lutherische Kirche
dto.
97
No. 98 dto.
98
Richter, Eduard (der aus Tirschtiegel gebürtige Tischler Richter, Eduard Heinrich schloss 1857 die 1ste Ehe mit Thomas, Joh. Caroline Emilie, die 2te 1884 mit Pflaum, Anna Emilie Bertha und eine 3te ca. 1888 mit Weber, Bertha)
dto.
98
No. 100 dto.
99
Welke, Johann Traugott (hier könnte es sich um den aus Cicha Gora zugezogenen und mit Fitzek, Johanna verehel. Welke, Traugott gehandelt haben)
Bauer Glinau
99
ohne dto.
100
Bielke, Ferdinand (mit Eheschl. im Jahr 1855 war das Ehepaar Bielke, Carl Ferdinand Friedrich und H(a)endtschke, Louise Henriette in Neu Tomysl ansässig geworden)
dto.
100
ohne dto.
101
Heller, Friedrich (über Bromberg war der in Schellnau (Österreich?) geb. Heller, Friedrich Ernst nach Neu Tomysl gelangt, er hatte 1850 die Hartmann, Amalie Henriette Anna verw. Lehmann geheiratet)
Schmiedemstr. dto.
101
ohne dto.
102
Neumann, Louis (der Cantor u Organist Neumann, Louis Gustav Eduard schloss 1843 in Neu Tomysl die Ehe mit Hillmann, Mathilde Henriette Emilie)
Cantor Neutomysl
102
ohne dto.
103
Palitzki, George (es ist nichts näheres zu finden gewesen)
Bauer Glinau
103
ohne dto.
104
Lutz, Gottlieb (1846 hatte Lutz, Joh. Gottlieb Friedrich die 1ste Ehe mit Kannewischer, Joh. Amalie Henriette geschlossen, später wurde als seine Ehefrau Scharneck, Anna genannt, Einzelheiten sind für die 2te Eheschl. nicht gefunden worden)
Maurermeister Neutomysl
104
ohne dto.
105
Toeffling, Carolina (es ist nichts näheres zu finden gewesen, die einzige Namensträgerin war 1861 bereits verstorben)
dto.
105
ohne dto.

 

Quellen:
Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):
Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl
Grundsteuer Veranlagung – Verhandlungen über die Vermessung und Einschätzung
Kirchenbücher der evangelischen Gemeinden

Trickbetrug in Neutomischel – Kurzmeldung vom 23.05.1911

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Blick in die Goldstraße, rechts war u. a. auch das Geschäft des Sattlermstr. Knoll - Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [592]

Blick in die Goldstraße, rechts war u. a. auch das Geschäft des Sattlermstr. Knoll – Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Einem Schwindler zum Opfer gefallen sind zwei hiesige Geschäftsleute.

Bei dem Maschinenfabrikaten Herrn Herm. Richter (ehemals in der Neustädter Straße) erschien am Donnerstag (18.03.1911) ein Landwirt, angeblich aus Konkolewo, um eine Maschine zu kaufen. Da dieselbe gerade nicht auf Lager war, versprach der Reflektant, in einigen Tagen wieder zu kommen. Er erschien aber schon bald darauf mit dem Vorwande, er wolle auf dem Markte ein Pferd von dem Gemeindevorsteher Schubert aus Friedenhorst kaufen und ihm fehlten noch 11 Taler zu dem Kaufgelde, um welchen Betrag er Herrn Richter bat. Mit Rücksicht auf das in Aussicht gestellte Geschäft und da der fremde Mann vorgab, ein Bruder des Fleischermeisters Adam in Konkolewo zu sein, erhielt er die erbetene Geldsumme. Nachdem sich der Fremde entfernt hatte, stiegen dem Geprellten doch wohl Bedenken auf, und er zog Erkundigungen bei dem angeblichen Pferdeverkäufer in Friedenhorst ein, doch hatte dieser weder ein Pferd verkauft noch mit einem Manne verhandelt. –

Bei dem Sattlermeister Herrn Knoll (ehemals in der Goldstraße) erschwindelte er sich ebenfalls ein Zigarrenetui und ein Paar Schuhe und bestellte außerdem noch ein Pferdekummet. Er wollte tags darauf mit dem Pferde kommen und dann alles zusammen begleichen. Er kam aber nicht, sondern schrieb diesem Geschäftsmann am Sonnabend aus Bentschen eine Karte, welche mit der Unterschrift Karl König versehen war, und in welcher er den Verkäufer bat, ihm das bestellte Kummet nach Bornsteins Hotel daselbst zu senden. Nachfragen in dem bezeichneten Gasthof hatten leider keinen Erfolg. Hoffentlich gelingt es dennoch der Polizei, des Schwindlers habhaft zu werden.

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1911-05-23

Unfall auf dem Neuen Markt – Kurzmeldung vom 15.05.1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Das Haus der Familie Goldmann am ehemaligen Neuen Markt mit der mit einem eisernen Gitterzaun versehenen Einfahrt / ca. erbaut 1902 - Photo: Privatbesitz der Familie Goldmann [593]

Das Haus der Familie Goldmann am ehemaligen Neuen Markt mit der mit einem eisernen Gitterzaun versehenen Einfahrt / ca. erbaut 1902 – Photo: Privatbesitz der Familie Goldmann

„Gestern (14.05.1903) vormittag gingen auf dem Neuen Markt die Pferde des Eigentümers Heinrich Mader aus Chmielinko mit einem mit Stroh beladenen Wagen durch und warfen das Gefährt des Eigentümers Schulz aus Wengielno um. Schulz, der auf seinem Wagen saß, wurde heruntergeschleudert, ohne indessen erheblichen Schaden zu nehmen. Die Pferde rannten, nachdem sie noch einige Wagen und einen Baum beschädigt hatten, gegen den eisernen Gitterzaun des Herrn Goldmann. Glücklicherweise sind die in der Nähe befindlichen Personen vor größerem Unheil bewahrt geblieben“

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1903-05-15

Schöffengerichtssitzung vom 5. Oktober 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte; Schöffen waren die Herren Gebauer und Reschke aus Scharke.

Verhandelt wurden folgende Fälle

1. Michael Megaiski, Bäckermeister in Neustadt b. P., hatte in der Königlichen Forst Buchwerder ein Meter Brennholz abfahren lassen. Er wurde freigesprochen, weil ihm das Bewußtsein des Holzdiebstahls völlig fehlte.

2. Joseph Blachowiak aus Witomischel wurde von der Anklage der Grenzverletzung zwischen ihm und seinem Nachbarn Weimann freigesprochen.

3. Die Arbeiterin Marianne Bartkowiak in Bolewitz hat dem Königlichen Oberamtmann Keibel Roggen entwendet, und sie wurde dieserhalb zu drei Tagen Gefängnis verurteilt.

4. Andreas Lodigga II. und Pawlick aus Bolewitz sollen den Zimmermann Percz mißhandelt haben. Sie wurden wegen Mangels an Beweisen freigesprochen.

5. Der Eigentümer Wilhelm Lange aus Kozilaske wurde wegen Mißhandlung seiner Schwiegermutter mit einer Woche Gefängnis bestaft.

6. Die Privatklagesache des Eigentümers Heinrich Schober in Kunik gegen den Eigentümer Reinhold Schober aus Altborui wurde zurückgewiesen.

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-08-19

 

Schöffengerichtssitzung vom 21. September 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Besitzer Steinke aus Bukowiece und Förster in Konkolewo

Verhandelt wurden folgende Fälle:

1. Der Eigentümersohn Johann Bartkowiak aus Kocilaske wurde zu einem Verweise verurteilt, weil er den noch schulpflichtigen Dienstjungen Müller mißhandelt hat.

2. Der Eigentümer Bartkowiak aus Kocilaske hatte seinen Sohn angestiftet, den Knaben Müller zu mißhandeln; er wurde deshalb zu 20 Mark Strafe verurteilt

3. Der Arbeiter Adalbert Dalkowski aus Chraplewo war angeklagt, den Maurer Koberling vom Rade gestoßen zu haben; er wurde freigesprochen

4. Der Eigentümer August Liersch hatte gegen einen Strafbefehl Einspruch erhoben, den er erhielt, weil er ohne baupolizeiliche Genehmigung einen Schuppen baute. Er muß 10 Mark Strafe zahlen

5. Der Fleischer Bruno Otto in Witomischel bedrohte die Arbeiterin Lodyga und wurde deshalb mit einer Strafe von 10 Mark belegt

6. Die Arbeiterin Marianna Bartkowiak aus Bolewitz war angeklagt, dem Kgl. Oberamtmann Keibel ca. 2 Ztr. Roggen entwendet zu haben. Die Sache wurde vertagt

7. Der Wirt Reschke hatte einen Strafbefehl in Höhe von 3 Mark erhalten, weil er seine Gäste noch nach der Polizeistunde in seinem Lokale geduldet hatte. Den erhobenen Einspruch zog er heute wieder zurück

8. Der Maurerlehrling Bartkowiak aus Kocilaske hatte dem Eigentümer Weimann in Alttomischel mehrere Hopfenstöcke zerschlagen; er wurde dieserhalb mit einem Verweise bestraft

9. Der Hütejunge Oskar Hermann aus Paprotsch hatte mit einem Tesching aus Unvorsichtigkeit den Eigentümersohn Richard Meißner verwundet. Er wurde zwar freigesprochen, aber in recht eindringlicher Weise vermahnt.

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-09-21

1902 Die Entwicklung der Stadt, 25jähriges Dienstjubiläum des Bürgermeisters Witte, der Turn- und Sportplatz wird zum Witteplatz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der "Witteplatz" - Im Hintergrund das Denkmal aus Sandstein, welches der Bildhauer Kurz anlässlich des 25jährigen Dienstjubiläums des Bürgermeister Witte angefertigt hatte / Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [594]

Der „Witteplatz“ – Im Hintergrund das Denkmal aus Sandstein, welches der Bildhauer Kurz anlässlich des 25jährigen Dienstjubiläums des Bürgermeister Witte angefertigt hatte / Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Im Jahr 1902, so ist dem Artikel zu entnehmen, stand Neutomischel in der Bürgerschaft im Ruf ein „zurückgebliebenes“ kleines Städtchen zu sein. Amerikanische Städte, Städte in Westfalen und der Rheinprovinz hatten die Klein-Stadt Neutomischel in der Entwicklung längstens abgehängt. Um eine bessere Bildung vermittelt zu bekommen war Neutomischel ungeeignet, Bewohner die dieses für ihre Kinder wollten, mussten den Ort verlassen, wirtschaftlicher Fortschritte war zum Stillstand gekommen. Einzigst hatten sich die Steuer-Abgaben an Gemeinde und Staat erhöht. Der Verfasser baute einzigst auf die „Intelligenz des Kaufmanns“ um das Tief bzw. den Stillstand der Wirtschaft zu einem neuen Aufschwung zu verhelfen.

Die dargestellte Zunahme der Bevölkerung um 540 Bewohner in den Jahren von 1877 bis 1902 lässt Neutomischel leider auch in keinem anderen Bild als dem einer Kleinstadt erscheinen.

Die in dem Artikel erwähnten Gebäude hat es und gibt es noch heute zum größten Teil in Neutomischel / Nowy Tomysl, wenn heute auch anderen Zwecken dienend. Nicht erwähnt wurden die zur Verfügung gestellten Landes- und Kreismittel , Zuschüsse von sonstigen Einrichtungen wie z. B. kirchlichen Einrichtungen und letztlich die vielen aus Privathand stammenden Spenden und Gelder, ohne die eine Realisierung niemals zustande gekommen wäre.

Letztlich kommt es jedoch auf die Betrachtungsweise an.

 * * *

Die Entwickelung der Stadt Neutomischel in den letzten 25 Jahren – Autor: „W.“

Am 30. April feiert Herr Bürgermeister Witte den Tag, an welchem er vor 25 Jahren an die Spitze der Verwaltung der Stadt Neutomischel getreten ist.

Eine solche Gelegenheit giebt Veranlassung einen Blick zu werfen auf die Entwickelung, die die Stadt in diesem Zeitraume genommen, denn nur daran, läßt sich ermessen, ob die Verwaltung eine segensreiche war, ob die Hoffnungen, die seinerzeit auf den neuen Bürgermeister gesetzt wurden, sich erfüllt haben.

Der ehemalige "Witteplatz", hier kombiniert mit einem Teilausschnitt des alten Belegenheitsplans, der eingezeichnete Privatweg verlief längs der heutigen Parkplätze, die heutige im Hintergrund erkennbare Straßenführung führt mitten durch den ehemaligen Turn- und Sportplatz - Foto: PM [595]

Der ehemalige „Witteplatz“, hier kombiniert mit einem Teilausschnitt des alten Belegenheitsplans, der eingezeichnete Privatweg verlief längs der heutigen Parkplätze, die heutige im Hintergrund erkennbare Straßenführung führt mitten durch den ehemaligen Turn- und Sportplatz – Foto: PM

In dem Leben eines Menschen nehmen 25 Jahre einen weiten Spielraum ein, in der Geschichte einer Stadt bilden sie nur eine kurze Spanne Zeit und wenn wir im Osten eine Entwickelung der Städte, insbesondere der kleinen Städte, nach amerikanischer Art, oder auch nur nach Art der Städte in den Industriegegenden Westfalens und der Rheinprovinz nicht kennen, so ist unser kleines Städtchen doch nicht zurückgeblieben. Dies müsse um so mehr gesagt werden, als gegenwärtig in der Bürgerschaft sich ein starker Pessimismus breit macht, ein Gefühl, daß die Entwickelung der Stadt ihren Höhepunkt überschritten hat und sich jetzt in rückläufiger Bewegung befindet. Gewiß, die gewerblichen Verhältnisse, von denen in erster Reihe des Gedeihen einer Stadt abhängt, haben sich in den letzten Jahren bei uns nicht verbessert, das Erwerbsleben für den Einzelnen gestaltet sich immer schwerer, neue Zeit- und Wirthschaftsverhältnisse zwingen den Kaufmann in neue Bahnen hinein, die Ansprüche, die Staat und Gemeinde an den Steuerzahler stellen, werden immer größer, wer seinen Kindern eine angemessene Erziehung angedeihen lassen will, ist gezwungen, die kleine Stadt zu verlassen und sich dort anzusiedeln, wo gute Schulen, bessere Bildungsanstalten ohne allzu große Opfer leicht erreichbar für ihn sind. Das sind im wesentlichen die Ursachen, weßhalb wir aus den letzten Jahren Fortschritte nicht zu verzeichnen haben.

Zum Pessimismus liegt indessen keinerlei Grund vor; wir befinden uns gegenwärtig in einem Uebergangsstadium, der Intelligenz des Kaufmanns, die sich noch immer bewährt hat, darf man vertrauen, daß er es verstehen wird, den veränderten Zeit- und Wirthschaftsverhältnissen sich anzupassen, schon regen einzelne jüngere Kräfte sich, die dieses Vertrauen zu rechtfertigen suchen, andere werden folgen und so dürfen wir hoffen, in nicht zu langer Zeit wieder in normale, bessere Verhältnisse hinein zu gelangen.

Als Herr Bürgermeister Witte 1877 sein Amt antrat, zählte die Stadt noch nicht 1.300 Einwohner, nach der letzten Volkszählung waren es 1.840.

Wer von uns durch geschäftliche Verbindungen veranlaßt ist, in die Welt hinaus zu gehen, wem die Vermögensverhältnisse gestatten, der Lust am Reisen nachzugehen, wer die Augen offen hält und unterwegs Vergleiche anstellt, wird, in Erinnerung an sein Heimathstädtchen nicht selten geneigt sein mit Göthe auszurufen „mein Leipzig lob ich mir“. Man braucht sich bei den Vergleichen keineswegs auf die Heimathprovinz zu beschränken, gleich viel, ob im Osten oder Westen, oder sonstwo, unter den kleinen und mittleren Städten wird man wenige finden, die einen freundlicheren, sauberern und es sei auch hinzu gefügt, wohlhabenderen Eindruck machen, wie Neutomischel. Eine stattliche Reihe schöner Häuser, die sämmtlichst erst in den letzten 25 Jahren entstanden sind, legen Zeugniß ab für den Gewerbefleiß und den Bürgersinn der Bewohner, sie geben der Stadt ein vornehmes Aussehen und lassen die Einwohnerzahl viel größer erscheinen, als sie wirklich ist. Gleich im zweiten Jahre nach dem Amtsantritt des Herrn Bürgermeister Witte wurde auf dem neuen Markt mit einem Kostenaufwande von 58.500 Mk. das Rathhaus erbaut, ein monumentales Gebäude, zweckdienlich und schön eingerichtet, das der Stadt noch heute zur Zierde gereicht; mit diesem Bau hat die damalige Verwaltung sich selbst ein Denkmal gesetzt.

Neutomischel - Witteplatz / Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [596]

Neutomischel – Witteplatz / Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

„Sieht man am Hause doch gleich so deutlich, weß Sinnes der Herr sei, wie man, das Städtchen betretend, die Obrikeiten beurtheilt.“ – Diese Worte des großen deutschen Dichters lassen sich hier im guten Sinne in Anwendung bringen. Der 1881 begründete Verschönerungsverein belegte den größten Theil der Bürgersteige mit Granitplatten und bepflanzte Straßen und Plätze mit schönen Bäumen.

In den nachfolgenden Jahren wurden mehrfach theure Pflasterungsarbeiten vorgenommen. Die 1886 erfolgte Neupflasterung des neuen und Umpflasterung des alten Marktes erforderten allein einen Kostenaufwand von 25.000 Mark, alles aber wirkte zusammen, dem Städtchen ein freundliches Aussehen, den Bewohnern ein behagliches Heim zu geben.

Die Bebauung der Bahnhofstraße, wie sie jetzt ist, ist fast ausschließlich in dieser Zeit erfolgt. Von den Gebäuden, die in den letzten Jahren entstanden sind, seien besonders erwähnt das evangelische Pfarrhaus, das katholische Gotteshaus, und, wenn auch etwas abseits vom Wege, das neue Kreishaus.

Sehr wesentlich haben die Schulverhältnisse sich gebessert. 1877 wurde in der Stadtschule 360 Kindern von 4 Lehrern Unterricht ertheilt, jetzt wird die Schule von circa 300 Kindern besucht, während 5 Lehrer den Unterricht leiten. Die Glinauer Kinder sind inzwischen ausgeschult worden.

Daneben entstand 1882 die höhere Töchterschule, an welcher 3 geprüfte Lehrerinnen und ein Stadtschullehrer den Unterricht ertheilen. Diese Schule hat sich zur Zufriedenheit der Interessenten entwickelt, sie hat ihre Aufgabe jederzeit voll erfüllt, wird jetzt von 44 Schülerinnen besucht und steht zu hoffen, daß in absehbarer Zeit die Verhältnisse sich so gestalten werden, daß den Lehrkräften eine gesicherte Zukunft geboten, der häufige Lehrerinnenwechsel vermieden und dadurch dem Unterricht eine noch festere Grundlage gegeben werden kann.

Weniger günstig entwickelt sich die ein Jahr später begründete Knabenschule, obwohl auch sie jederzeit die Aufgabe, die sie sich gestellt – ihre Schüler bis zur Tertia einer höheren Lehranstalt vorzubereiten – voll erfüllt hat, wird sie gegenwärtig nur von 11 Knaben besucht, sie bildet jetzt das Schmerzenskind der Stadt, hoffentlich kann sie fernerhin lebensfähig erhalten werden.

Zu den wohlthätigen Anstalten der Stadt zählt in erster Reihe das 1883 errichtete Krankenhaus, in welchem seit 1888 zwei Diakonissinnen stationiert sind, deren segensreiche Wirksamkeit sich nicht nur im Hause selbst, sondern auch in vielen Familien in den härtesten Stunden des Lebens erprobt hat.

Einem allgemeinen Wunsche entsprach die 1898 erfolgte Einweihung des allgemeinen Spielplatzes, auf welchem sich auch die Turnhalle befindet; diese Anlage ist das eigenste Werk des Herrn Bürgermeisters Witte, wofür ihm die gesammte Bevölkerung allezeit dankbar bleiben wird.

Aus dem letzten Jahre sei erwähnt, die seitens der Stadt erfolgte käufliche Erwerbung des den Zwecken des Königl. Bezirkscommandos dienenden sogenannten Kammergrundstückes für 12.000 Mark, wodurch das Fortbestehen des freundlichen Verhältnisses zwischen Wirth und Miether für die Zukunft gesichert erscheint.

Alles in allem kann nur gesagt werden, die Stadt hat in den 25 Jahren langsam aber stetig Fortschritte gemacht. Herr Bürgermeister Witte hat der Stadt Neutomischel die besten Jahre seines Lebens gewidmet, so viel an ihm lag, hat er den Frieden unter den verschiedenen Bevölkerungsklassen gewahrt, die Wohlfahrt ihrer Bewohner gefördert; jeder Bürger kann ihm an seinem Ehrentage aufrichtigen Herzens Dank und Glückwunsch abstatten. Jetzt nähert er sich dem biblischen Alter. Möge ihm noch viele Jahre vergönnt sein sich an den Fortschritten der Stadt zu erfreuen und ihm ein heiterer Lebensabend beschieden sein.

* * *

Die Honorationen der Stadt; nicht bekannt ist wer Bürgermeister Witte, welcher auf dem Bild zu sehen sein soll, ist / Bild: Privatbesitz Familie Goldmann [597]

Die Honorationen der Stadt; nicht bekannt ist wer Bürgermeister Witte, welcher auf dem Bild zu sehen sein soll, ist / Bild: Privatbesitz Familie Goldmann

Über den Tag des Jubiläums wurde dann wie folgt berichtet:

„Herr Bürgermeister Karl Witte feierte am Mittwoch, den 30. April sein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum als Bürgermeister der Stadt Neutomischel.

Um 1/2 7 Uhr des Morgens brachte ihm die hiesige Stadtkapelle ein Ständchen, während ihn um 8 Uhr die beiden Vereine „Liedertafel“ und „Männergesangsverein“ unter der Leitung des Herrn Lehrer Arndt durch ihre Gesänge erfreuten.

Den ganzen Vormittag über fanden sich Gratulanten ein, um dem ehrwürdigen greisen Mann ihre aufrichtigen Segenswünsche persönlich zu überbringen. Auch die Schulen hatten ihre kindlichen Vertreter gesandt, um dem bewährten Freunde der Jugend Glück zu wünschen, ihm, der auf den Kinderfesten so oft die Kleinen erfreut und für sich begeistert hatte. Zahlreiche Blumenspenden durchdufteten sein Heim, Briefe Depeschen brachten ihm den ganzen Tag über Grüße von fernen Freunden. Auch der Oberbürgermeister von Posen Herr Witting hatte seiner nicht vergessen.

Um 11 Uhr fanden sich der Magistrat und die Stadtverordneten unter dem Vorsitze des Herrn Landrat von Daniels zu einer Festsitzung im Rathhause ein. Die Herren Tepper und Adolf Männel geleiteten den Jubilar aus seiner Wohnung dorthin, der stellvertretende Bürgermeister, Herr Peikert, hielt an ihn eine Ansprache, in welcher der rastlosen Thätigkeit und der Verdienst desselben gedachte.

Herr Bürgermeister Witte ist zum Ehrenbürger unserer Stadt ernannt worden, die Urkunde darüber wurde in der Kunstanstalt Merzbach-Posen in überaus schöner Weise hergestellt, sie ist wirklich ein Kunstwerk ersten Ranges. Ferner hat der Turn- und Spielplatz (siehe hierzu den Artikel: „Ein Turn- und Spielplatz für Neutomischel / Einweihung 1898) zu Ehren des Jubilars den Namen „Witteplatz“ erhalten. Ein schlichtes Denkmal aus Sandstein, welches unser Mitbürger Herr Bildhauer Kurz angefertigt hat, ist auf dem genannten Platz errichtet worden und verkündet für alle Zeiten die Ehre des Mannes, welcher diesen Tummelplatz für die liebe Jugend geschaffen hat. Die Schützengilde ernannte den Herrn Jubilar zum Ehrenmitgliede, ließ das in Leipzig künstlerische ausgeführte Diplom im Laufe des Vormittags durch den Vorstand überreichen und veranstaltet am nächsten Sonntag im Schützenhause einen Kommers. Das Lehrerkollegium überbrachte unter Überreichung eines großen Blumenkorbes vollzählig seine Glückwünsche.

Um 2 Uhr fand im Niedbal’schen Saale ein Festessen statt, an welchem sich über 60 Herren betheiligten. Die Tafelmusik stellt die Stadtkapelle. Von auswärtigen Gästen nennen wir u. A. Herrn Major von Hardt-Wonsowo, die Bürgermeister von Opalenitza und Neustadt, die Herren Thorzewski und Weigt, sowie die Herren Kreisarzt Dr. Brinkmann-Wollstein und Kleinbahndirektor Scholten-Opalenitza. Die erste Ansprache hielt Herr Landrath von Daniels. Er betonte vor allem die schlichte, patriotische Gesinnung des Jubilars, die stets ungekünstelt und echt war und nichts Gemachtes enthielt, treu habe er drei Königen gedient, welche selbst leuchtende Vorbilder für alle deutschen Männer seien. Zum Schlusse brachte der Redner das Hoch auf Sr. Majestät aus, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten. Herr Gustav Toeffling, der bereits 35 Jahre Stadtverordneter ist, richtete seine Ansprache an den Jubilar. Dankbarkeit sei die Grundstimmung, die alle heute beseelt. Der Jubilar, welcher auf eine reichgesegnete 25 jährige Thätigkeit zurückblicke, danke gewiß freudig und aufrichtig Gott für die geschenkte Kraft und Ausdauer. Die Stadtverordneten seien dem Jubilar für seine freundliche Art und verständnißvolle Mitarbeit dankbar, und alle Mitbürger wüßten, was sie Herrn Bürgermeister Witte alles verdankten, der trotz der arbeitsreichen Fürsorge für die äußere Entwickelung der Stadt nicht das Wohl und Wehe des einzelnen, nicht die Noth der Armen vergessen habe. In ein Hoch auf den Gefeierten klang die Ansprache aus. Als sichtbares Zeichen ihrer Verehrung machten die Stadtverordneten dem Jubilar sein eigenes wohlgetroffenes Bild zum Geschenk, welches im Sitzungszimmer des Rathhauses seinen Platz finden soll.

In seiner Erwiderungsansprache dankte Herr Bürgermeister Witte für die vielen Beweise der Freundschaft und Anerkennung; es gereiche ihm zu hoher Freude, daß sein Streben, Gutes zu wollen und Gutes zu thun, nicht umsonst gewesen sei; sein Hoch galt der Stadt Neutomischel. Die letzte Ansprache hielt Herr Landessekretär Bunzel, welcher zusammen mit Herrn Kaufmann Hampel als Vertreter des „Vereins ehemaliger Annaburger“ aus Posen herbeigeeilt war. Unser Bürgermeister war in den Jahren 1843-1848 Zögling der Annaburger Anstalt und hat derselben und seinen Kameraden stets ein dankbares reges Interesse bewahrt. Als das Festessen sein Ende erreicht hatte, versammelten sich wohl die Hälfte der Theilnehmer im Palitzki’schen Hotel zu einer gemüthlichen Nachfeier, welche sich bei ungetrübter, froher Stimmung noch recht lange hinzog.

* * *
 

Persönliches zu Bürgermeister Witte ist den Nachweisungen über die persönlichen Verhältnisse zu entnehmen:

Lfd. No.
Nachweisung der persönlichen Verhältnisse des Bürgermeisters
 Daten vom 11. November 1894 / 20. April 1899* / 24. November 1904°
1.
Vor- und Zuname
Carl Ferdinand Witte
2.
Tag, Jahr u Ort der Geburt
1. April 1833 in Bentschen Kreis Meseritz
3.
Religion
Evangelisch
4.
Name, Stand u Wohnort der Eltern
Vater: Ludwig Erdmann Witte, Invalide in Bentschen
Mutter: Barbara Elisabeth geb. Schätzler
Beide gestorben
5.
Angabe der Schulbildung und etwa abgelegte Schul- oder Staatsprüfungen
vom 01.04.1839 bis 01.10.1843 Bürgerschule in Bentschen, evangelische Stadtschule in Bentschen
vom 01.10.1843 bis 01.10.1848 in der Knaben Erziehungsanstalt zu Annaburg, Militär-Knaben Erziehungsanstalt Annaburg°
6.
Dienstzeit beim Militair unter Benennung des Truppentheils und der Charge
vom 01.10.1851 bis 01.10.1854 beim Stamm des 18. Landwehr-Regiments in Unruhstadt
Unteroffizier
7.
Gegenwärtiges Militairverhältniß
dem Militärverhältniß nicht mehr angehörig
8.
Angabe ob verheirathet oder ledig
verheirathet seit dem 10. October 1859
9.
Vorname und Vatersname der Frau
Ottilie geborene Schewe
10.
Tag, Jahr und Ort der Geburt der Frau
13. October 1833 in Mur(owana) Goslin Kreis Obornik
11.
Name, Stand und Wohnort der Eltern der Frau
Vater: Ludwig Schewe, Oekonom in Mur. Goslin
Mutter: Johanna Wilhelmine geb. Gerth
beide tot
12.
Angabe der Zahl und des Alters der Kinder
ohne,
* 1 Pflegetochter im Haushalt
° nicht mehr erwähnt (verst.)
13.
Angabe der früheren Amtsverhältnisse; kurze Darstellung des bisherigen amtlichen Lebenslaufes
von 1848 bis 1861 Privatgehülfe bei verschiedenen Behörden und Beamten
vom 30.04.1861 bis 30.04.1877 etatsmäßiger Stadtsekretair in Birnbaum
seit 30.04.1877 in Neutomischel Bürgermeister / 11. April 1877 No. 967/77 I B. Bestätigungsverfügung°
14.
Angabe, ob die gegenwärtige Anstellung infolge erstmaliger Wahl oder infolge Wiederwahl erfolgt ist Tag der Bestätigungsverfügung
Zu Folge Wiederwahl
23. Maerz 1889 No. 2264 – 89 I B
10. Maerz 1901 No. 1084/01 I B
15.
Besitz von Orden und Ehrenzeichen und seit wann
Nein
Königlichen Kronen Orden 4. Klasse / 25. August 1902 °
16.
Einkommen aus dem Hauptamt einschl. Wohnungsbeihilfe, persönliche Zulage u.s.w.
1.500 Mark Gehalt zzgl. 300 Mark persönliche Zulage= 1.800 Mark
*2.850 Mark, welcher Betrag sich v. 01.04.1901 auf 3.000 Mark erhöht
° 3.000 Mrk einschließlich 300 Mrk Wohnungsbeihülfe
17.
Nebenämter und Einkommen aus denselben
Amtsanwalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Mk. / *359 Mk. / °500 Mk.
Standesbeamter . . . . . . . . . . . . . . . . 400 Mk. / *350 Mk./ °400 Mk.
Vorsteher der Ortskrankenkasse . . . 420 Mk. / *gestrichen / –
Total . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1.164 Mk.
°außerdem aus der Provinzial Feuersozietät 65 Mk.
Außerdem noch Vorseitzender des Gewerbegerichts, Schiedsmann, Kreisausschußmitglied
18.
Vermögensverhältnisse (eigen bezw. der Frau)
Weder ich noch meine Frau besitzen Vermögen
° Einlagen bei der Kreissparkasse 4.250 Mk.
19.
Ob und zu welchem Betrage der Frau und den Kindern ein Wittwen- und Waisengeld, insbesondere durch Beitritt zur Provinzial Wittwen- und Waisenkasse gesichert ist
Der Frau ist durch den Beitritt zur Provinzial Wittwen- und Waisenkasse die gesetzlich vorgeschriebene Pension gesichert

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildunterschrift genannt:

Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel – Ausgaben vom 29.04.1902 für „Entwickelung der Stadt Neutomischel in den letzten 25 Jahren“ und vom 02.05.1902 für den Bericht über das 25-jährige Jubiläum
Staatsarchiv Posen – Acta des Königlichen Landraths-Amtes Neutomischel betreffend Personalia des Bürgermeisters 0325_0771 –

Ein Turn- und Spielplatz für Neutomischel / Einweihung 1898

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Handzeichnung, gefertigt bzgl. des Grundstückankaufes - Quelle: Staatsarchiv Posen - Stadtakten 4385-0016 [598]

Handzeichnung, gefertigt bzgl. des Grundstückankaufes – Quelle: Staatsarchiv Posen – Stadtakten 4385-0016

Bürgermeister Witte war der Begründer der Idee und letztlich der Initiator des Projektes einen „Turn- und Spielplatz“ in Neutomischel einzurichten.

Zur Umsetzung initiierte er Sammlungen von freiwilligen Beiträgen der Einwohner. Die Spendensumme ermöglichte den Ankauf eines Areals auf dem dieser „Turn- und Spielplatz“ eingerichtet wurde.

Unter dem 25. Oktober 1897 wurde seitens des Herrn Witte, Bürgermeister der Stadt Neutomischel und der Familie Alexander Maennel der Kaufvertrag für einen Teil des Grundstücks Glinau No. 309 abgeschlossen, sodass die Idee in die Realität begonnen werden konnte umzusetzen.

* * *

Vertrag

Zwischen dem Bürgermeister Carl Witte, als Vertreter der Stadt Neutomischel und dem Kaufmann Alexander und Klara geborene Günther-Maennel’schen Eheleuten ist heut nachstehender Kaufvertrag geschlossen worden:

§1 Die Alexander und Klara geborene Günther-Maennel’schen Eheleute verkaufen der Stadt Neutomischel von ihrem Grundstücke Glinau No. 309 eine auf der beigefügten Handzeichnung und dem Auszuge des hiesigen Katasteramtes vom 21. October d. Js. näher bezeichneten Parzelle mit einem Flächeninhalte von 30 Ar 21 Quadrat mtr. zum Zwecke der Anlegung eines Turn- und Spielplatzes für den Preis von 710 Mark, in Worten „Siebenhundertundzehn Mark“ zum freien Eigenthum.

Die Uebergabe ist bereits erfolgt. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgt bei der Auflassung

Kopie des Original Belegenheitsplans - die Angabe der Himmelrichtung "Norden oben" ist hier nicht beachtet worden - Quelle: Staatsarchiv Posen - Stadtakten 4385-0016 [599]

Kopie des Original Belegenheitsplans – die Angabe der Himmelrichtung „Norden oben“ ist hier nicht beachtet worden – Quelle: Staatsarchiv Posen – Stadtakten 4385-0016

§2 Die Verkäufer räumen zum Zwecke der Benutzung die unentgeltliche Mitbenutzung des nach der verkauften Parzelle führenden und dieselbe begrenzenden neu angelegten Weges ein. Sie bewilligen und beantragen die Eintragung die Verpflichtung im Grundbuche des Restgrundstücks.

§3 Die Kosten übernimmt die Käuferin.
Der Werth der Wegebenutzung wird auf jährlich „3 Mark drei Mark“ angegeben.

Neutomischel, den 25. October 1897

gez. Alexander Maennel
gez. Clara Maennel geb. Günther
gez. Witte Bürgermeister“

Schon im November 1897 wurde seitens der Stadtgemeinde Neutomischel vertreten durch den Bürgermeister Witte der Antrag der „Bau-Erlaubniß“ zur Errichtung einer Turnhalle bei der Orts-Polizei-Behörde gestellt. Witte, er war nicht nur der Bürgermeister der Stadt gewesen, sondern er stand auch der Orts-Polizei-Behörde vor, erteilte diese unter dem 29. Januar 1898 ohne Vorbehalte.

Der von dem Maurer- und Zimmermeister Hasenfelder erstellte Baukostenvoranschlag belief sich auf 459,80 Mark/Pf. für die die auszuführenden Erd- und Maurerarbeiten zuzüglich 2.145,00 Mark/Pf für die notwendigen Zimmerarbeiten. Die Bausumme hatte somit 2.604,80 Mark/Pf. betragen. Letztlich ausgezahlt wurden durch die Entscheide der Stadtverordnetenversammlungen vom Januar 1898 und 1899 von diesem veranschlagten Betrag lediglich 2.370,00 Mark/Pf.

Der Belegenheitsplan, hier überarbeitet unter Beachtung der Himmelsrichtung "Norden oben" und ergänzt mit erklärenden Hinweisen zur Lage - Quelle des Originals Staatsarchiv Posen - Stadtakten 4385-0016 / hier verändert [600]

Der Belegenheitsplan, hier überarbeitet unter Beachtung der Himmelsrichtung „Norden oben“ und ergänzt mit erklärenden Hinweisen zur Lage – Quelle des Originals Staatsarchiv Posen – Stadtakten 4385-0016 / hier verändert

Der Holzbau der errichteten Turnhalle, mit den Abmessungen von 20,30m in der Länge und 5,30 bzw. 6,30m in der Tiefe bei einer Höhe von 4,00/4,80m, hatte im Inneren einen großen Turnsaal gehabt. Für Freiübungen war dieser mit einer Bretterdielung versehen worden. In diesem Saal wurden auch die Außengeräte während der Wintermonate verwahrt. Im zweiten Raum waren die zwei Abteile einmal für den „Jauchewagen“ und einmal für das „Pissoir“ der Jungen und Mädchen untergebracht gewesen. Das Dach der Halle war mit Pappe abgedeckt und mit Teer gegen Durchregnen abgedichtet gewesen.

Im Frühjahr des Jahres 1898 hatte Witte die verschiedenen Förstereien und Herrschaften in der Umgegend der Stadt angeschrieben und um unentgeltliche Überlassung von Bäumen mit einer Höhe von möglichst 2 m gebeten. Der Platz sollte vermutlich von Anbeginn an eine parkähnliche Gestaltung erhalten. Unter anderem stellten die Verwaltung der Herrschaft Wonsowo und die Königliche Oberförsterei Buchwerder Bäume, wenn auch mit geringerer Höhe, da man Bedenken hinsichtlich des Anwachsen bei zu großen Bäumen hatte, zur Abholung zur Verfügung.

Am 15. Juni 1898 begingen die Schulen die Feier des 10 jährigen Regierungsantritts Sr. Majestät des Kaiser und Königs Wilhelm II. auf dem neuen Turn- und Spielplatz.

Anlässlich dieser Feier erfolgte die Eröffnung und Übergabe des Areals. Zur Teilnahme waren die Herren Stadtverordneten, Schulvorstandmitglieder und Repräsentanten eingeladen.

Über dieses Ereignis berichtete das Kreisblatt am 17.06.1898: „Die Einweihung des neuen Turn- und Spielplatzes nahm am Mittwoch Nachmittag unter großer Theilnahme der Einwohnerschaft einen schönen Verlauf. Um 3 Uhr setzte sich der Zug mit Musikbegleitung der Röschke’schen Kapelle von der Stadtschule aus in Bewegung, wonach die gehobene Knabenschule und dann die Töchterschule abgeholt wurden und der Zug sich gemeinsam durch die Straßen der Stadt zum festlich geschmückten Platz am Landgraben begab. Hier hielt Herr Kreisschulinspektor Fengler eine auf den Gedenktag des Regierungsjubiläums Sr. Majestät des Kaiser bezügliche Ansprache und endete mit einem Hoch auf den Kaiser. Sodann übergab Herr Bürgermeister Witte den Platz seiner Bestimmung und ermahnte die Jugend zur Pflege der Anlagen, worauf auch Herr Hauptlehrer Schwäbe dem uneigennützigen Schöpfer des Platzes, dem Herrn Bürgermeister Witte, den Dank aussprach und ihn hochleben ließ. Die Kinder verlebten bei Spiel und Tanz einen recht vergnügten Nachmittag.“

* * *

Quelle:

Ostern – Święta Wielkanocne 2015

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski und Gudrun Tabbert)
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Frohe-Ostern-2015 [601]

Immobilien, Mieten, Vermieten, Pachten u. Zwangsversteigerung – 1902

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbertz)
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Immobilienanzeigen aus dem Jahr 1902 [602]

Immobilienanzeigen aus dem Jahr 1902

Nachfolgend finden sich die im Neutomischeler Kreisblatt des Jahres 1902 veröffentlichten Anzeigen mit welchen Verpachtungen, Verkäufe und An- und Vermietungen sowie letztlich auch Zwangsversteigerungen inseriert wurden.

Die Zusammenstellung der Inserate basiert darauf, dass Grundstücke, Anwesen und Wohnungen oder Etwas direkt mit diesen in Verbindung stehendes, wie z. B. eine Wiese oder eine Ernte, angeboten wurde.

Ausdrücklich weisen wir darauf hin, dass auch wenn es ein Inserat z. B. zu einer Zwangsversteigerung gegeben hat, diese nicht unbedingt durchgeführt wurde, genau so wenig, wie ein beabsichtigter Verkauf einer Wirtschaft auch zu diesem geführt haben muss.

* * *

G. Stürmer in Schilln bei Betsche  1902-01-03, 1901-01-07, 1902-01-10, 1902-01-14  Wirthschaft mit schönem Gehöft, 40 Morgen Acker, 14 Morgen Wiesen, 6 Morgen Wald sofort billig zu verkaufen

Roy, Zinskowo 1902-01-07, 1902-01-14, 1902-01-21 Meine Gastwirthschaft mit 80 Morgen Land will ich billig krankheitshalber verkaufen

Robert Neumann, Eigenthümer Cichagora 1902-01-07, 1902-01-14 Meine Wirthschaft circa 17 Morgen Acker, neu bebaut, ohne eingetragene Gelder und ohne Ausgedinge, ist bei beliebiger Anzahlung zu verkaufen

H. Wendenburg, Neutomischel 1902-01-07 Freundliche Wohnung ist in meinem Hause zum 1. April zu vermiethen

H. Wendenburg, Neutomischel 1902-07-04, 1902-07-08 Eine freundliche, trockene Wohnung ist zu vermiethen

J. Snuz, Neutomischel 1902-12-12, 1902-12-16 Fortzugshalber will ich meine Wohnung im Hause des Herrn Wendenburg weiter vermiethen

B. Korn, Neutomischel ? 1902-01-07 Eine Unterwohnung mit Stallung und Remise ist vom 1. April zu vermiethen

Schmiedemeister Korn, Neutomischel ? 1902-06-20, 1902-06-24, 1902-07-01 Eine Unterwohnung mit Stallung und Remise ist vom 1. Oktober ab zu vermiethen

Frau Richter, Bahnhofstraße, Neutomischel 1902-01-10, 1902-01-17, 1902-01-31, 1902-02-07 Eine Wohnung ist zum 1. April zu vermiethen

Frau B. Richter, Bahnhofstr., Neutomischel 1905-05-30 Eine Wohnung sofort oder zum 1. Oktober zu vermiethen

S. Josephsohn, Charlottenburg 1902-01-10, 1902-01-17, 1902-01-31 Mein an der Bahnhofstraße in Neutomischel gelegenes Villen- und Speicher-Grundstück beabsichtige ich unter günstigen Bedingungen ganz oder getheilt zu verkaufen oder zu vermiethen (1Oberwohnung, bestehend aus 2, auch 4 Zimmer, Küche nebst Zubehör und 1 Parterre Wohnung von 7 Zimmern, 1 Veranda, 2 Küchen und Zubehör, auf Wunsch Obst- und Gemüsegarten

S. Josephsohn, Charlottenburg 1902-04-15, 1902-04-18 Meinen Garten an der Bahnhofstraße nebst Hopfenanlage bin ich bereit zu verkaufen oder sofort zu verpachten

S. Josephsohn, Bahnhofstraße, Neutomischel 1902-09-19, 1902-09-26, 1902-09-30, 1902-10-10 Eine Oberwohnung, Wohn-, Schlafstube, Küche und Nebenlaß ist zu vermiethen

S. Josephsohn, Neutomischel 1902-12-12 Ein Oberwohnung, 2 Zimmer, Küche, Bodengelaß und Stallung von gleich oder 1. April zu vermiethen

Fitzner, Sempolno Mühle 1902-01-14, 1902-01-21 Schankwirthschaft in Sempolno Mühle vom 1. April d. Js. ab anderweitig zu verpachten

Johann Klapa, Brody, Kreis Neutomischel 1902-01-14 Eigenthum 5 1/2 Morgen 1. Klasse Acker mit entsprechend guten Gebäuden sofort zu verkaufen

Über die Exped. des Kreisblattes 1902-01-14, 1902-01-17 20 Morgen zweischürige Wiesen in der Nähe von Neutomischel sind sofort zu verpachten

Über die Expedition d Blattes 1902-01-14 Ein möblirtes Zimmer zu vermiethen

Reinhold Kern in Cichagora 1902-01-17, 1902-01-21, 1902-01-31, 1902-02-04, 1902-02-07, 1902-02-11, 1902-03-04, 1902-03-07, 1902-03-11, 1902-03-14, 1902-03-18, 1902-03-21, 1902-03-25, 1902-03-28 Mein Grundstück 6 Morgen Ackerland, Wohnhaus, Scheune mit Stall will ich preiswerth verkaufen

Lukas Tomys in Brückenhauland 1902-01-17, 1902-01-31 Eine Wirthschaft, 48 Morgen, darunter 5 Morgen Wald und 6 Morgen Wiese, ohne Ausgedinge ist zu verkaufen

Ernst Tepper, Neutomischel 1902-01-21, 1902-02-04, 1902-02-11, 1902-03-04, 1902-03-18, 1902-03-25 Mein Garten in der Bahnhofstraße (2 Baustellen) ist verkäuflich

Ernst Tepper, Neutomischel 1902-06-17, 1902-06-24 Eine Oberstube sofort zu vermiethen

Ernst Tepper, Neutomischel 1902-07-08. 1902-07-15, 1902-12-16, 1902-12-23 Zwei kleine Wohnungen hat sofort oder später zu vermiethen

Frau Auguste Schulz geb. Kuck, Paprotsch 1902-01-31 Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Paprotsch belegene, im Grundbuch von Paprotsch, Blatt Nr. 54, auf den Namen der Frau Auguste Schulz geb. Kuck eingetragene Grundstück am 22. März 1902 Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht- an der Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 25. Januar 1902 – Königliches Amtsgericht

Schulze’sche Wirthschaft, Weißhauland 1902-01-31 Gebäude-Verkauf. Sonnabend, den 8. Februar cr., Vormittags 10 Uhr werden ein Stall und ein Scheunengebäude auf der früheren Schulz’schen Wirthschaft in Weißhauland an Ort und Stelle zum Abbruch verkauft. Bedingungen im Termin. Lasuwko, den 30. Januar 1902 – Die Heyder’sche Fortverwaltung

Luise Klemke, am Schützenhaus, Neutomischel ? 1902-01-31, 1902-02-04 Zwei Wohnungen sind von jetzt zu vermiethen mit Stallung, selbiges Grundstück ist sofort zu verkaufen

Verstorbene Frau Klemke, am Schützenhaus, Neutomischel? 1902-07-15, 1902-07-18, 1902-07-25, 1902-08-01 Das Grundstück ist sofort mit ermäßigtem Kaufpreis verkäuflich. Die Klemke’schen Erben

August Pöse, Sontop bei Neutomischel 1902-02-04 Eine gut gehende Bockwindmühle hat zu verkaufen

Reinhold Reschke, Kirchplatz 1902-02-07, 1902-02-18, 1902-02-28, 1902-03-14 Mein gekauftes Grundstück Alt-Borui Nr. 35, ca. 160 Morgen groß, mit 8 Wohnhäusern, theils fertig und theils noch im Bau, will ich in mehreren Parzellen von 3 bis 40 Morgen mit je einem Wohnhaus und Wirthschaftgebäude verkaufen

Gustav Winter, Rose 1902-02-07, 1902-02-11, 1902-02-14, 1902-02-18, 1902-05-16 Eine Wohnung für einen Stellmacher ist vom 1. April ab zu vermiethen

Winter, Rose bei Neutomischel 1902-05-09, 1902-05-13, 1902-05-16, 1902-05-23, 1902-05-27, 1902-05-30, 1902-06-03, 1902-06-06 Mein Grundstück, Rose Nr. 11, für einen Stellmacher geeignet, bin ich willens vom 1. Oktober d. Js. ab zu verpachten oder zu verkaufen.

Gustav Winter, Rose 1902-06-27, 1902-07-01, 1902-07-04, 1902-07-08 Mein Grundstück Rose Nr. 11 bin ich willens bald oder 1. Oktober zu verkaufen

Gustav Schmolke, Schmiedemeister in Jablone 1902-02-11 Schmiede, zwei Feuerungen, Wohnhaus nebst massiven Stallungen, mitten im Dorfe gelegen, eignet sich vortrefflich zu Maschinenbauerei, nahe an der Chaussee, ist nebst Hof und Garten ungefähr 21 Ar, zum Preis von 4.800 Mk. aus freier Hand zu verkaufen

Gustav Böhm, Jablone 1902-11-28, 1902-12-02, 1902-12-05, 1902-12-19 Das früher Schmolke’sche Schmiedegrundstück in Jablone mit Zubehör und Handwerkzeug habe ich unter sehr günstigen Bedingungen zu verkaufen oder zu verpachten

Gustav Böhm, Jablone 1902-11-28, 1902-12-05, 1912-12-12, 1902-12-19 Eine feine Baustelle in Blenke mit ca. 24 Morgen gutem Lehmboden resp. Wald habe ich unter günstigen Bedigungen abzugeben

Gustav Böhm, Jablone 1902-03-21, 1902-03-25, 1902-03-28, 1902-04-04 Wirthschaftsparzellirung. Meine Wirthschaft in Scherlanke Nr. 217, ca. 50 Morgen groß, in der Nähe der Stadt Neutomischel an der Neustädter Chaussee gelegen, beabsichtige ich je zu 1 Hektar mit massiven Gebäuden zu bebauen und zu verkaufen, ebenso ist das Restgrundstück von ca. 10 Morgen mit den alten Wirthschaftsgebäuden, welche in gutem Zustande sind, zu verkaufen. Bedingungen sehr günstig, ein Viertel des Kaufgeldes genügt zur Anzahlung, Rest kann nach Wunsch stehen bleiben. Käufer können sich melden

Gustav Böhm, Jablone 1902-07-01 Sichere Brotstelle – Meine in Jablone gelegene, gut gehende früher Schmolke’sche Schmiede mit Handwerkzeug, sowie Wohnhaus in bester Lager, steht billig zum Verkauf

Gustav Böhm, Jablone 1902-11-28, 1902-12-02, 1902-12-05, 1902-12-09, 1902-12-12 Ein Wohnhaus, massiv, mit Stallung und Scheune und ca. 4 Morgen Land, an der Neustädter Chaussee in Scherlanke gelegen, habe ich als Restgrundstück unter sehr günstigen Bedingungen zu verkaufen

Reinhold Böhm, Sawade bei Kupferhammer 1902-12-05 Beabsichtige meine Wirthschaft dreißig Morgen Acker, mit lebendem und totem Inventar bei geringer Anzahlung zu verkaufen

Stephan und Julianne geb. Napierala Grzeskowiak’sche Eheleute, Alttomischel 1902-02-14 Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Alttomischel belegene, im Grundbuche von Alttomischel Nr. 110 auf den Namen der Stephen und Julianne geb. Napierale Grzeskowiak’schen Eheleute zu Alttomischel eingetragene Grundstück am 12. April 1902, Vormittags 9 Uhr, durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 7. Februar 1901- Königliches Amtsgericht
1902-02-25 Bekanntmachung. Das Verfahren der Zwangsversteigerung des Stefan Grzeskowiak’schen Grundstücks Alttomischel Bl. Nr. 110 wird aufgehoben. Neutomischel, den 19. Februar 1902 – Königliches Amtsgericht

Paul Ortlieb, Pinne 1902-02-14 Ziegelei-Besiedlung. Meine Ziegelei mit 30 Morgen bestem Lehmlager und Ackerland, großem Absatz, ist von sofort mit einem strebsamen Ziegler zu besiedeln. preis incl. aller Gebäude und Geräthe 17.500 Mk., Anzahlung nach Vereinbarung von 1.000 Mark an. Zeugnisse über Führung erwünscht

R. Heider, Neu-Borui, an der Konkolewoer Straße 1902-02-14 Meine Wirthschaft, bestehend aus Wiesen, Ackerland, bestem Boden, ungefähr 9 Morgen groß, gut bebaut, beabsichtige ich zu verkaufen

Heinrich Riemer, Friedenau bei Friedenhorst 1902-02-14 Eine Ackerwirthschaft 14 Morgen mit Schonung, 3 Gebäude, ist zu verkaufen

Peter Kaczmarek, Grudno 1902-02-21 Meine Ackerwirthschaft, 24 Morgen groß, mit Gebäuden und vollem Inventar, will ich sofort im Ganzen oder getheilt verkaufen

Paul Goldmann, Neutomischel ? 1902-02-25, 1902-02-28 2 bis 3 möblirte Zimmer sind per sofort zu vermiethen

Berth. Goldmann, Neutomischel 1902-03-11, 1902-03-18, 1902-03-25, 1902-04-04 Eine Oberwohnung, drei auch vier Zimmer, Küche und Keller ist vom 1. April d. Js. ab zu vermiethen

B. Goldmann, Neutomischel 1902-08-05, 1902-08-12 Zwei Wohnungen sind zu vermiethen

Wilhelm Wolf, Wengielno bei Bolewitz 1902-02-28, 1902-03-04, 1902-03-07, 1902-03-11 Meine Wirthschaft, 60 Morgen groß, will ich freihändig mit totem und lebendem Inventar verkaufen

Wilhelm Wolf, Wengielno 1902-03-11 Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die in Wengielno belegenen, im Grundbuche von Wengielno Bl. Nr. 48, 49, 50 auf den Namen des Eigenthümers Wilhelm Wolff in Wengielno eingetragenen Grundstücke am 29. April 1902 Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 3. März 1902. Königliches Amtsgericht

Wilhelm Wolf, Wengielno 1902-06-27 Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die in Wengielno belegenen, im Grundbuche von Wengielno Bl. Nr. 48, 49, 50 auf den Namen des Eigenthümers Wilhelm Wolff in Wengielno eingetragenen Grundstücke am 23. September 1902 Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 24. Juni 1902. Königliches Amtsgericht

H. Niedbal, Neutomischel 1902-02-28, 1902-03-07, 1902-03-14, 1902-03-21 Mein in Zinskowo belegenes Restgrundstück ca. 17 Morgen, beabsichtige ich billigst zu verkaufen oder zu verpachten

H. Niedbal, Neutomischel 1902-04-18, 1902-04-22, 1902-04-25, 1902-04-29 Meine Wirthschaft , Paprotsch No. 57 (die früher Wilhelm Janott’sche) nahe am Bahnhof gelegen, beabsichtige ich parzellenweise oder im Ganzen unter sehr günstigen Bedingungen zu erkaufen. Käufer wollen sich bald melden

E. Müller, Neutomischel ? 1902-03-04 Mein Hausgrundstück beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen

Heinrich Linke, Paprotsch 1902-03-07 Eine alte Scheune sofort zum Abbruch ist zu verkaufen

Gustav Toeffling, Neutomischel 1902-03-11, 1902-03-18, 1902-03-25, 1902-04-04 In meinem Eckhause Nr. 22 ist ein Laden und zwei Wohnungen vom 1. April ab zu vermiethen

Gustav Toeffling, Neutomischel 1902-06-06, 1902-06-10, 1902-06-13, 1902-06-17 Ich beabsichtige einige meiner Grundstücke sowie das mir gehörige Land baldigst zu verkaufen. Kauflustige wollen sich direkt melden

August Damsch, Neuborui 1902-03-14 Zwangsversteigerung. Im Weg der Zwangsvollstreckung soll das in Neuborui belegene, im Grundbuche von Neuborui, Bl. Nr. 49 auf den Namen des Eigenthümers August Damsch in Neuborui eingetragene Grundstück am 3. Mai 1902, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 3. März 1902. Königliches Amtsgericht.

Frau Emma Hecke, Glinau 1902-03-14 Eine Wohnung mit Küche ist zu vermiethen

Gottlieb Hämmerling, Paprotsch 1902-03-14 Ein altes Wohnhaus nebst Stall steht zum Abbruch zu verkaufen beim Eigenthümer

O. Hiersekorn, Neutomischel ? 1902-03-25, 1902-03-28, 1902-04-04, 1902-04-08 Möblirtes Zimmer zu vermiethen

David Wollstein, Neutomischel 1902-03-25, 1902-04-04, 1902-04-11, 1902-04-18 Die Wohnung, welche Herr Pastor Weidemann in meinem Hause inne hat, ist versetzungshalber, vom ersten Mai zu vermiethen

David Wollstein, Neutomischel 1902-06-17, 1902-06-20, 1902-06-24, 1902-07-01, 1902-07-04, 1902-07-11, 1902-07-15, 1902-07-18 Meine Wohnung bestehend aus 6 Zimmern, nebst Küche und Zubehör welche aufs Beste renoviert wurde ist per sofort zu vermiethen

Gustav Morzynski, Neutomischel ? 1902-03-28 Eine geräumige Wohnung hat per sofort zu vermiethen

Gustav Morzynski, Neutomischel ? 1902-06-17 Eine grössere Wohnung hat zu vermiethen

W. Knoll, Sattler und Tapezierer, Neutomischel ? 1902-04-04, 1902-04-11, 1902-04-18, 1902-04-25 Eine Oberwohnung von 3 Stuben, Küche, Bodenkammer, mehrere Stallungen, Remise, mit Benutzung des Kellers und Bodenraums ist zum 1. October d. Js. anderweitig zu vermiethen

Wilhelm Knoll, Sattler und Tapezierer, Neutomischel ? 1902-06-13, 1902-06-20, 1902-06-24, 1902-06-27, 1902-07-04 Ein kleines möbliertes Zimmer ist zu vermiethen

Reinhold Knoll, Wonsowo-Abbau 1902-08-22, 1902-08-26, 1902-08-29, 1902-09-02 Mein Grundstück, 8 Morgen Acker, 3 massive Gebäude, und 1 Baustelle will ich verkaufen

J. Rother, Schlawa 1902-04-08, 1902-04-11 1 Gasthaus mit 20 Morgen Land ist für 6.000 Mk baldigst zu verkaufen. Handwerker, Maurer oder Zimmerer, sind geeignet Bewerber

Paul Bederke, Hammer 1902-04-08 Ein Grundstück, 5 Morgen Ackerland mit Haus, Scheune und Stallung, worauf ein Colonialwaarengeschäft betrieben wird, ist umzugshalber sofort zu verkaufen

Paul Bederke, Hammer 1902-06-13 Mein Grundstück, 5 Morgen Ackerland, mit Haus, Scheune und Stallung, worauf sich ein Colonialwaaren-Geschäft befindet, ist zu verkaufen

Paul Bederke, Hammer ? 1902-08-01 Von meinem Grundstück Paprotsch 54 will ich ein Haus und Stall mit Land und Wiese nach Wunsch verkaufen

D. Bielke, Neutomischel ? 1902-04-08, 1902-04-11, 1902-04-15, 1902-04-18 Möblirte Zimmer sind zu vermiethen

Alois Tschich, Lupitze 1902-04-11, 1902-04-15, 1902-04-18, 1902-04-22 Eine ungefähr 50 Morgen große Wirthschaft mit schönem Obstgarten und gut erhaltenen Gebäuden will ich für 16.000 Mark bei der Hälfte Anzahlung verkaufen. Das Land besteht aus, zur Hälfte Roggenboden und zur Hälfte Wiesen

Der Magistrat, Weigt, Neustadt b. P. 1902-04-18 Der hierselbst in der Synagogenstraße belegene, der Stadtkommune gehörige Bauplatz in der Größe von 225 qm soll mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde am Montag, den 9. Juni d. Js., Vormittags um 11 Uhr, im Sitzungsaale des Rathhauses hierselbt im Wege des Meistgebots verkauft werden; hierzu laden wir Kauflustige hiermit ein. Neustadt b. P., den 14. April 1902.

Heinrich Kurz I, Friedenhorst 1902-04-18 Ein Wohnhaus in gutem Zustande ist sofort zum Abbruch zu verkaufen

Gesucht über die Expedition des Kreisblattes 1902-04-25, 1902-04-29 Gesucht zu alsbald Wohnung mit 3-4 Zimmern, Küche, Keller und Garten nebst Mädchenzimmer in der Stadt Neutomischel. Gefl. Offerten mit Preisangabe zu richten unter P4 an die Expedition

J. Philippsthal, Neustadt b. P. 1902-04-29, 1902-05-02, 1902-05-06, 1902-05-09 Das mir gehörige Hausgrundstück, Witomischel Nr. 35, in welchem bisher eine Fleischerei mit gutem Erfolge betrieben worden ist, zu welchem ein Schlachthaus und ein ca. 1/2 Morgen großer Garten gehören, beabsichtige ich unter günstigen Bedingungen zu verkaufen, oder zu verpachten. Neustadt b. P., den 27 April 1902

Gotthold Winter, Cichagora 1902-05-02, 1902-05-09 Eine neu erbaute Bohlenscheune 15 m lange und 6 1/2 m breit hat preiswerth unter günstigen Bedingungen zu verkaufen.

D. Schulz, Elisenfelde, Kreis Meseritz 1902-05-02, 1902-05-06 Vergrößerungshalber beabsichtige ich meine Landwirthschaft, cirka 19 Morgen Land, 4 Morgen guten Torfstich, 1 Morgen Wald, 3 Gebäude 1894 gebaut, mit sämmtlichem Wirthschaftinventar und Feldernte bei einer geringen Anzahlung preiswerth zu verkaufen, oder zu verpachten

Reinhold Pfeiffer, Cichagora 1902-05-02, 1902-05-06, 1902-05-09, 1902-05-13 Ich warne einen jeden, meiner Frau etwas zu borgen, da ich für sie nichts bezahle, weil sie schon wochenlang von mir weg ist. Auch bin ich willens das Grundstück Nr. 23 in Glinau zu verpachten

J. Janiszewski, Bäckermeister, Neutomischel 1902-05-13, 1902-05-23, 1902-05-30, 1902-06-06, 1902-06-13, 1902-06-20, 1902-06-27, 1902-07-04, 1902-07-11, 1902-07-18, 1902-07-25 Die Wohnung, welche Herr Rechnungsrath Schendel gehabt hat, ist im Ganzen oder getheilt zu vermiethen

D. Rosenberg, Grätz 1902-05-27 Das mir gehörige Grundstück in Deutsch-Konkolewo bestehend aus massivem Wohnhause, Scheune, Stallungen ec. sowie 2 Hopfengärten nebst großem Obstgarten beabsichtige ich aus freier Hand unter günstigen Bedingungen zu verkaufen. Die Scheune beabsichtige ich eventl. auch zum Abbruch zu verkaufen.

August Schulz, Schuhmacherm., Neuer Markt, Neutomischel 1902-05-30, 1902-06-03, 1902-06-06, 1902-06-10, 1902-06-17 Mein Hausgrundstück nebst Garten will ich verkaufen oder verpachten

Fritz Lutz, Neutomischel 1902-06-06, 1902-06-10, 1902-06-13, 1902-06-17 Eine Obere Wohnung ist zu vermiethen

H. Lutz, Schlossermstr., Neutomischel ? 1902-06-27 Ein Wohnung zu vermiethen

Über die Expedition 1902-06-10, 1902-06-13, 1902-06-17 Eine Schmiede mit ca. 50 Morgen Land, Wiese und Wald ist für 13.500 Mk. zu verkaufen. Wo, sagt die Expedition dieses Blattes. Anfragen sind 10 Pf. beizufügen.

Herr Wellert, Bentschen 1902-06-13, 1902-06-17 Eine Landwirthschaft unmittelbar an der Stadt Bentschen belegen, 56 Morgen groß, gute Ländereien und Wiese, ist mit voller Ernte, Viehbestand und Iventar, Familienverhältnisse halber sogleich günstig zu verkaufen. Käufer wollen sich an den Fleischbeschauer Herrn Wellert in Bentschen wenden.

Pirch, Charlottenburg, Wilmersdorferstr. 32, 1902-06-13, 1902-06-17 Suche auf mehrere Jahre einen Landgasthof mit etwas Land zu pachten oder auch kleine Landwirthschaft; das Pachtgut muß bei Neutomischel oder Umgegend gelegen sein. Ausführl. Bedingungen erb.

Wolff Hiller, Neutomischel 1902-06-17, 1902-06-20, 1902-06-24, 1902-07-01 Ein Wohnung zu vermiethen

Villa Hellwig, Luboszesnica bei Pinne 1902-06-17, 1902-06-20, 1902-06-24, 1902-06-27, 1902-07-04, 1902-07-11 Die Villa des verstorbenen Amtsgerichtsraths a.D. Hellwig zu Luboszesnica bei Pinne stehe mit Nebengebäuden und ca. 4 Morgen Land sofort zum Verkauf. Nähere Auskunft ertheilt Frau Anna Liersch zu Luboszesnica bei Pinne

Villa Hellwig, bei Pinne 1902-08-22, 1902-08-26 Ein Kilometer von Stadt Pinne, nebst vier Morgen gutem Land und Nebengebäuden, soll Todesfalls halber mit auch ohne Land, desgl. eine noch gute Plüschgarnitur billig verkauft werden. Nähers beim Oberinspektor Werner, Neustadt b. Pinne

Ww Auguste Wittchen, Wonsowo Abbau 1902-06-20 Eine Wirthschaft von 31 Morgen Land 1. Cl. mit Wohnhaus, Scheune und Stall bin ich willens mit dem Inventar zu verkaufen

Ferd. Lüdke, Neuer Markt, Neutomischel 1902-06-24, 1902-06-27, 1902-07-04, 1902-07-11 Eine Wohnung von zwei Zimmern, Küche und Zubehör kann sofort, auch zum 1. Oktober d. Js. vermiethet werden

Heinrich Liedke, Neutomischel, Neustädter Chaussee 1902-06-24, 1902-06-27, 1902-07-01, 1902-07-04, 1902-07-08 Eine Oberwohnung ist vom 1. Oktober ab zu vermiethen

Paul Redlich, Gartenstraße, Neutomischel 1902-06-27, 1902-07-04 Eine Wohnung zum 1. Juli oder 1. Oktober hat zu vermiethen

Heinrich Mader , Chmielinko Abbau 1902-07-04, 1902-07-08, 1902-07-11, 1902-07-15 Meine Wirthschaft, 37 Morgen Ackerland mit sämmtlichem Getreide, neue massive Gebäude will ich verkaufen

C. Woskowiak, Neutomischel ? 1902-07-04, 1902-07-08 Eine kleine Wohnung ist zu vermiethen

Aron Markus, Neutomischel 1902-07-08, 1902-07-15, 1902-07-22, 1902-07-29, 1902-08-05 Ein Laden mit geräumiger Wohnung und Zubehör ist zum 1. Oktober preiswerht zu vermiethen

Janotte, Stellmachermeister, Neutomischel 1902-07-08, 1902-07-15, 1902-07-18, 1902-07-22, 1902-07-25, 1902-08-01, 1902-08-05, 1902-08-08 Eine Wohnung, 2 Stuben, Küche, Keller und Zubehör ist vom 1. Oktober zu vermiethen

A. Wandel, Kirchplatz 1902-07-08, 1902-07-11 Meine Schmiede beabsichtige ich vortheilhaft zu verpachten, das Handwerkzeug zu verkaufen

Berthold Pflaum, Friedenhorst 1902-07-11, 1902-07-15 Eine Wirthschaft in gutem Zustande, ungefähr 45 Morgen, ist im Ganzen oder getheilt aus freier Hand zu verkaufen

B. Bengsch Ww., Neutomischel ? 1902-07-15, 1902-07-18, 1902-07-22, 1902-07-25 Mein Grundstück beabsichtige zu verkaufen

O. Pflaum, Chroschnitz 1902-07-15 Meine Bäckerei ist vom 1. Oktober 1902 zu verpachten

Frau Jäger, Gartenstraße, Neutomischel 1902-07-15, 1902-07-18 Eine Wohnung ist zu vermiethen

Ludwika Kawa und Stephan Ruta , Bolewitz 1902-07-18 Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Bolewitz belegene, im Grundbuche von Bolewitz Bd. I Bl. Nr. 18 auf den Namen der unverehelichten ? Ludwika Kawa und deren Ehemann ? Stephan Ruta zu Bolewitz eingetragene Grundstück am 4 Oktober 1902, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 9 versteigert werden. Neutomischel, den 11 Juli 1902 – Königliches Amtsgericht

Gottlieb Kaleske, Albertoske 1902-07-18 Meine Wirthschaft, 60 Morgen Acker, 12 Morgen Wald, 6 Morgen Wiese mit guten Wirthschaftsgebäuden will ich verkaufen

Landwirthschaftliches Ansiedlungs-Bureau und Herr Leopold Cohn aus Bentschen für die Besitzung Eschenwalde 1902-07-25 Die Besitzung Eschenwalde Krs. Meseritz, 1/2 St. Chaussee vom Bahnhof Dürrlettel, ca. 440 Morgen Acker zum Theil vorzügliches Hopfenland, und 80 Morgen Wiese und Torf mit propren Gebäuden, gutem Inventar und reicher Ernte, soll freihändig im Ganzen oder in beliebigen Parzellen mit oder ohne Gebäude und einem Restgut von etwa 300 Morgen unter möglichst günstigen Bedingungen freihändig verkauft werden. Zur Einleitung von Verkaufsverhandlungen wird ein Vertreter am Dienstag, den 5. August 1902 von Nachmittag 2 1/2 Uhr ab an Ort und Stelle sein. Nähere Auskünfte ertheilt Herr Gutsbesitzer Kühle in Eschenwalde Post Tirschtiegel

Johann Heinrich Gaedke, Neu Borui 1902-07-25 Zwangsversteigerung. Zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft, die in Ansetzung des in Neu Borui belegenen, im Grundbuche von Neu Borui Land III Blatt Nr. 120 auf den Namen des Eigenthümers Johann Heinrich Gaedke eingetragenen Grundstücks besteht, soll dieses Grundstück am 18. November 1902, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 9 versteigert werden. Neutomischel, den 23. Juli 1902. – Königliches Amtsgericht

Flemming, Neu Scharke 1902-08-08, 1902-08-12 Seltener Gelegenheitskauf ! Die Flemming’sche Wirthschaft in Neu-Scharke bei Hammer, bestehend aus guten Gebäuden und 52 Morgen bestem Acker, Wiesen und Holzung, sämmtlich an das Gehöft anschließend, beabsichtige ich mit voller schöner Ernte, sowie sämmtlichen toten und lebenden Inventar, sofort zu verkaufen. Nähere Auskunft ertheilt Herr Gastwirth Marquardt in Neu-Tuchorze bei Hammer. Moritz Posner in Kolzig i. Schl.

Otto Thomas, Neutomischel 1902-08-12 Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsversteigerung soll das in Neutomischel belegene, im Grundbuche von Neutomischel Band II Blatt Nr. 67 auf den Namen des Kaufmanns Otto Thomas in Neutomischel eingetragene Grundstück am 21. Oktober 1902, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 9 versteigert werden. Neutomischel, den 29. Juli 1902 – Königliches Amtsgericht

Otto Thomas, Neutomischel 1902-11-25 Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsversteigerung soll das in Neutomischel belegene, im Grundbuch von Neutomischel Bl. 156 auf den Namen des Kaufmanns Otto Thomas (früher) in Neutomischel eingetragene Grundstück am 31. Januer 1902, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 9 versteigert werden. Neutomischel, den 17. November 1902 – Königliches Amtsgericht

Vorwerk Stenschiffke 1902-09-05 Parzellierungsanzeige. Am Montag, den 15. September d. J., werde ich von vormittags 10 Uhr ab im Gasthause des Herrn Klähr zu Bahnhof Dürlettel das an der Chaussee von Bahnhof Dürlettel nach Tirschtiegel belegene Vorwerk Stenschiffke, bestehend aus Gebäuden, Acker, Wiesen und Wald, in jeder Höhe in freihändiger Unterhandlung verkaufen. Die Grundstück sind in Parzellen getheilt, abgepfählt und mit Nummern versehen und können jeder Zeit besichtigt werden. M. Köhler, Frankfurt a.O., Richtstrasse 60

Sempolno’er Mühle 1902-09-09, 1902-09-12, 1902-10-24 Parzellirungs-Anzeige. Dienstag, 16. d. M., von Vorm. 10 Uhr ab werde ich die zur Sempolno’er Mühle gehörigen Aecker, Heide und Wiesen, sowie die sehr gute Wassermühle mit dazu gehörigem Gasthof und guten Wohn- und Wirthschaftsgebäuden verkaufen. Näherer Auskunft bei Herrn Fitzner, Sempolno’er Mühle und Broh, Frankfurt a.O., Breitestr. 30

Über die Expedition d. Kreisblattes 1902-09-23 Möblirte Wohnung, wenn möglich mit voller oder Mittagskost wird vom 1. Oktober ab gesucht

Carl August Rosenau und Eleonore Emilie geb. Schulz, Neu Borui 1902-09-26 Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Neu Borui belegene, im Grundbuche von Neu Borui Bl. Nr. 56 auf den Namen des Eigenthümers Carl August Rosenau und seiner Ehefrau Eleonore Emilie geb. Schulz eingetragene Grundstück am 17. November 1902 Vormittags 10 Uhr durch das unterzeichnete Gericht, an Gerichtsstelle, Zimmer No. 9, versteigert werden. Neutomischel, den 20. September 1902. – Königliches Amtsgericht.
1902-11-14 Das Verfahren betreffend die Zwangsversteigerung des dem Eigenthümer Carl August Rosenau gehörigen Grundstücks Neu Borui Nr. 56 wird aufgehoben.
Neutomischel, den 13. November 1902 – Königliches Amtsgericht

Heinrich Strauch II, Paprotsch 1902-09-26, 1902-09-30 Mein Land 1 1/2 Morgen an der Straße nach Alttomischel, zwischen Siegismund und Koster in Glinau gelegen, will ich verkaufen.

H. Kurtz, Bahnhofstraße, Neutomischel 1902-09-26, 1902-09-30 1-2 möblirte Zimmer sind zum 1. Oktober zu vermiethen

Moritz Wolfsohn, Neustadt bei Pinne 1902-09-26 Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die in Neustadt b. P. belegenen, im Grundbuche von Neustadt Bl. Nr. 67, 420, 445, 493, 520, 531 und 564 zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes auf den Namen des Kaufmanns Moritz Wolfsohn zu Neustadt bei Pinne eingetragenen Grundstücke am 13. Dezember 1902, Vormittags 10 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an Gerichtsstelle – versteigert werden. Die Grundstücke bestehen aus Acker und Weide an der Pawlowko’er Grenze, das Grundstück Blatt Nr. 445 ferner aus Wiese am Vorwerk, Gärten an der Stadtlage und Scheune am Barbara-Kirchhof. Sieben einen Flächeninhalt von 0,39,20 ha bezw. 0,63,60 ha bezw. 16,18,76 ha bezw. 2,19,49 ha bezw. 0,85,12 ha bezw. 0,47,34 ha und bezw. 0,27,23 ha. Beglaubigte Abschriften der Grundbuchblätter können in der Gerichtsschreiberei eingesehen werden.
Der Versteigerungsvermerk ist am 16. Juli 1902 in das Grundbuch eingetragen.
Es ergeht die Aufforderung, Recht, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes aus dem Grundbuche nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls sie bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses dem Anspruche des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden.
Diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, werden aufgefordert, vor der Ertheilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlöse an die Stelle des versteigerten Gegenstandes tritt.
Pinne, den 19. September 1902 – Königliches Amtsgericht

Über Herrn Brauereibesitzer Gustav Morzynski, Neutomischel 1902-09-30 Landverkauf, 12 Morgen gutes Ackerland, unmittelbar an der Stadt Neutomischel gelegen, werden sofort oder später verkauft. Nähere Auskunft giebt Herr Brauereibesitzer Gustav Morzynski in Neutomischel

Eigenth. Kattner, Weißhauland bei Grätz 1902-09-30, 1902-10-14, 1902-10-17, 1902-10-21 Mein Grundstück von 70 Morgen einschl. 20 Morgen Mittelwald, guten Gebäuden in der Nähe von Grätz belegen, will ich aus freier Hand preiswerth verkaufen. Die Hälfte des Kaufpreises kann längere Zeit stehen bleiben

Wilhelm Schulz, Bobrowke 1902-11-07 Mein Grundstück Scherlanke Nr. 22 will ich verkaufen

Hermann Kahl, Glinau 1902-11-11, 1902-11-13, 1902-11-14 Mein Grundstück in Glinau, nahe bei der Stadt, dicht an der Chaussee, bin ich willens zu verkaufen

H. Stiller, Neutomischel 1902-11-13 Mein bebautes Grundstück Nr. 92 in der Hinterstraße, bin ich willens zu verkaufen

F. Lemberg, Neutomischel? 1902-11-13, 1902-11-14 Eine kleine Wohnung, Parterre, ist sofort zu vermiethen

Über W. Bauer, Neustadt b. P. 1902-11-13, 1902-11-25, 1902-12-02, 1902-12-09 Ein Hausgrundstück mit Garten ist zu verkaufen, Auskunft ertheilt W. Bauer, Neustadt b. P.

Vincent Stachowiak u Ludwika geb. Miezal , Zgierzynka 1902-11-21 Zwangsversteigerung. Die in Zgierzynka belegenen, im Grundbuche daselbst Band I Blatt Nr. 37 und Band II Blatt Nr. 43 zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes auf den Namen des Stellmachers Vincent Stachowiak in Zgierzynka und seiner Ehefrau Ludwika Stachowiak geborenen Miezal eingetragenen Grundstücke am 6. Dezember 1902, Vormittags 10 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an Gerichtsstelle – versteigert werden.
Das Grundstück Zgierzynka Bl. Nr. 37, ein bebautes Ackergrundstück von 1,23,26 Hktr., ist mit 1,34 Thlrn. Grundsteuer-Reinertrag und mit 75 Mk. Nutzungswerth, das Grundstück Zgierzynka Bl. Nr. 43, Acker von 0,97,84 Hktr. mit 0,38 Thlr. Grundsteuer-Reinertrag veranlagt. Der Versteigerungsvermerk ist am 27. September 1902 in das Grundbuch eingetragen. Pinne, den 6. Oktober 1902 – Königliches Amtsgericht

Heinrich Heine, Paprotsch 1902-11-28, 1902-12-02, 1902-12-05, 1902-12-09 Mein Grundstück in Paprotsch Nr. 108, in der Nähe des Bahnhofs Sontop, 15 Hektar 80 Ar Wiesen, Land und Holzung mit guten Wohn- und Wirthschaftsgebäuden will ich verkaufen

Michalina Seide, Wonsowo 1902-11-28, 1902-12-02, 1902-12-05, 1902-12-09 Meine Wirthschaft, 5 Morgen Land, Haus und Scheune will ich verkaufen

Wilhelm Seide, Paprotsch 1902-12-09, 1902-12-12 Ich beabsichtige meine Wirthschaft mit sämmtlichem Inventar sofort zu verkaufen

Über die Expedition 1902-12-02, 1902-12-05 Suche für sofort oder später möblirtes Wohn- oder Schlafzimmer

Baumeister Müller, Neutomischel 1902-12-05, 1902-12-09 Ein Wohnung vermiethet zum 1. Januar

Ernst Steinke, Konkolewo 1902-12-16 Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die in Konkolewo belegenen, im Grundbuche von Konkolewo Bl. Nr. 27 und 489 auf den Namen des Eigentümers Ernst Steinke in Konkolewo eingetragenen Grundstück am 21. Februar 1903, Vormittags 9 Uhr, durch das unterzeichnete Gericht – an Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 9 versteigert werden. Neutomischel, den 9. Dezember 1902 – Königliches Amtsgericht

Vincent Swoboda, Wonsowo-Abbau 1902-12-19, 1902-12-23, 1902-12-30 Meine Wirthschaft, 9 Morgen groß, Wiese und 1 Morgen Wald dabei, mit vollständigen Wirthschaftsgebäuden will ich verkaufen

Wittwe Jende, Alt Borui 1902-12-23, 1902-12-30 Meine mittelgroße Wirthschaft mit gutem Ackerboden, massives Wohnhaus, 2 Ställe und 1 Scheune, will ich wegen Altersschwäche unter günstigen Bedingungen verkaufen

Otto Fenske, Gastwirth am Bahnhof Sontop 1902-12-30 Mein in Sontop belegenes Hausgrundstück und Stallungen, passend für jeden Handwerker, bin ich Willens zu verkaufen

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1901 – Kopien der Anzeigen den Zeitungen entnommen

Vor 111 Jahren – Einweihung des ehemaligen evangelischen Pfarrhauses zu Kirchplatz Boruy / 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Pastor Wilhelm Bochat - 1904 / Evgl. Kirchenchronik)
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Früher und Heute - Bild: Zusammenstellung Postkartenausschnitt und Foto PM [603]

Früher und Heute – Bild: Zusammenstellung Postkartenausschnitt und Foto PM

1904 schrieb Pastor Wilhelm Bochat in der Kirchenchronik von Boruy: „Das alte Pfarrhaus, ein Fachwerkbau, welches über 150 Jahre den hiesigen Pfarrern als Heim gedient und bedeutende Reparaturkosten verschlungen hatte, mußte allmählig dem Neubau Platz machen, weil viele Bestandteile desselben so morsch geworden waren, daß es gefährlich war, darin zu wohnen.“

Ein Beispiel zu den erwähnten bedeutenden Reparaturkosten ist eine kurze Notiz aus der Anfangszeit des 7ten Pfarrers in Boruy Wilhelm Bochat. Er hatte sein Amt im April 1885 nach einer Vakanz, welche durch das Ausscheiden seines Vorgänger Pastor Johann Ernst Schulze im September 1883 eingetreten war, aufgenommen. Er schrieb: Während der Vakanz war das Pfarrhaus wenig gelüftet worden, und hatte der Schwamm infolge dessen die meisten Dielen zerfressen und auch anderes Holzwerk morsch gemacht, so daß im Jahre 1887 ein umfangreicher Reparaturbau des Pfarrhauses notwendig war, der 1.455 Mark gekostet hat, wovon der Fiscus als Patron 970 Mark gezahlt hat und 272 Mark mußte die Gemeinde für die Hand- und Spanndienst aufbringen.“

Weiter ist dann in dem Eintrag des Jahres 1904 zu lesen:

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Der Kirchplatz in Boruy, links im Vordergrund die ehemalige Schule, im Hintergrund das ehemalige Pfarrhaus - Bild aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [604]

Der Kirchplatz in Boruy, links im Vordergrund die ehemalige Schule, im Hintergrund das ehemalige Pfarrhaus – Bild aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

„Freilich die Mehrheit der Parochianer glaubte nicht daran, und meinte, das alte Pfarrhaus könne noch 50 Jahre seinem Zwecke dienen. Beim Abbruch desselben, wobei zwei Arbeiter durch die Dielen der Studierstube gebrochen waren, ohne sich Schaden zuzufügen, erhärtete das Resolut der Regierung, daß ein Neubau dringend notwendig sei. Der Käufer des alten Pfarrhauses, welcher 1.850 Mark für selbiges gegeben hatte, glaubte vor dem Abbruch ein gutes Geschäft gemacht zu haben und alle Teile desselben zum Bau seines Hauses in Neu Borui verwenden zu können. Nun stellte der betrübte Käufer, Eigentümer Gottlieb Deutschmann zu Neu Borui den Antrag beim G. K. R., ihm einen Teil des Kaufgeldes herauszugeben, und begründete seinen Antrag mit dem Hinweis, daß sehr viele Balken wurmstichig seien und nur wenige Fundamentsteine sowie Ziegelsteine vorgefunden wären. Leider wurde sein Antrag abgewiesen.

Bald nach Vollendung des Turmbaues begannen die Verhandlungen der Gemeindeorgane mit den der vorgesetzten Behörden. Jene lehnten das Project „Reparaturbau des alten Hauses mit einem Anbau“ ab, und nachdem die Regierung sich überzeugt hatte, daß sämtliches Geld für Reparaturen des alten baufälligen Hauses nur fortgeworfenes sei und der Anbau unpraktisch sei, so nötigten sie durch ein Resolut die Gemeindevertretung, welche nur eine winzige Reparatur wollte, zum Neubau des Pfarrhauses und die vereinigten Gemeindekörperschaften bewilligten den Neubau desselben nach den vorgelegten Plänen der Regierung sowie die auf die Gemeinde entstehenden Kosten im Betrage von 9.900 Mark am 8. December 1903.

Heute findet sich im  Gebäude das kath. Pfarramt von Boruja Kościelna mit Probst Krystjan Grabijas - Foto: PM [605]

Heute findet sich im Gebäude das kath. Pfarramt von Boruja Kościelna mit Probst Krystjan Grabijas – Foto: PM

Die Gesamtkosten waren berechnet mit 21.300 M. Inzwischen waren vom Oberkirchenrat 2.500 M., von der Provinzialsynode 600 M. und als Allerhöchstes Gnadengeschenk 600 Mark bewilligt, und 6.000 Mark aus der Kreissparkasse zu Neutomischel mit 4 % Zinsen und 1 % zur Tilgung des Kapitals geliehen worden.

Nachdem der Bau ausgeschrieben war und der Baumeister Link zu Rakwitz mit seinem Gebot von 19.307,01 M. Mindestfordernder geworden war, wurde Mitte März 1903 das Fundament gelegt in dem kleinen Baumgarten vor den Wirtschaftsgebäuden gegenüber der Kirche mit einer feierlichen Handlung in Form eines kurzen Gebetes.

Das alte Pfarrhaus stand früher dem Kantorhause gegenüber hinter den stehen gebliebenen Linden.

Am 10. Mai 1904 wurde das Richtfest gefeiert. Da der Zimmerpolier der Rede nicht kundig war, ließ er vier Musikanten kommen, welche gerade im Dorfe waren. Letztere spielten nun von oben herab „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ und zwei muntere Stücke. Der Rohbau wurde bis Mitte October verblendet.

Im Winter von 1903 bis 1904 wurden sämtliche Zimmer tapeziert und die Dielen gestrichen.

Am 20. April 1904 erfolgte der Auszug aus dem alten und der Einzug in das neue schöne und practisch erbaute Pfarrhaus, welches am 30. Juni 1904 durch ein Gustav-Adolfsfest eingeweiht wurde.

Vor dem Pfarrhause wurde ein Schmuckgarten angelegt und durch einen Staketenzaun nach der vorbeiführenden Straße zu geschützt. Der hiergegen von Seiten einiger Mitglieder unserer Dorfgemeinden erhobene Einspruch wurde von Seiten des Kreisausschusse abgewiesen weil Grund und Boden vor dem Pfarrhause ebenfalls der Kirchen- und nicht der politischen Gemeinde gehört.“

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Quelle:

Kirchenchronik der evangelischen Kirche zu Hammer Boruy – teil- und auszugsweise Veröffentlichung/-en mit der Erlaubnis des Probstes von Boruja Kościelna – Krystjan Grabijas – Parochie des St. Wojciech (Heiliger Adalbert)

Kurzmeldung – Totale Sonnenfinsternis 30. August 1905

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Sonnenfinsternis 1905 - Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Solar_eclipse_of_ 1905_August_30?uselang=de#/media/File:Enrique_Simonet_-_Eclipse_-_ 1905.JPG [606]

Sonnenfinsternis 1905 – Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Solar_eclipse_of_ 1905_August_30?uselang=de#/media/File:Enrique_Simonet_-_Eclipse_-_ 1905.JPG

Das Neutomischeler Kreisblatt berichtete zu diesem Ereignis:

29. August 1905 Dienstag
Am Mittwoch, den 30. August 1905, bietet sich, falls nicht etwa der Himmel mit Wolken bedeckt ist, die Gelegenheit, eine Sonnenfinsternis zu sehen.
Wer Interesse an diesem Schauspiel hat, der versehe sich vorher mit einem bunten Glase, durch das er ohne Gefahr für seine Augen die Sonne zu betrachten imstande ist. Optische Hilfsmittel, Fernglas oder Opernglas, sind nicht nötig, man sieht die Sonne ganz gut so; wer sie aber verwenden will, muß natürlich auf den Schutz seiner Augen um so mehr bedacht sein. Man erblickt dann, wie um 1 Uhr 9 Minuten mittags am rechten Sonnenrande eine schwarze Scheibe von nur wenig größerem Durchmesser als das Tagesgestirn sich vor dieses zu schieben beginnt und immer mehr von ihm verdeckt wird. Reichlich eine Stunde später ist etwa noch der dritte Teil der Sonnenscheibe in Sichelgestalt, dem abnehmenden Monde vergleichbar, sichtbar. Dann zieht die schwarze Scheibe wieder ab und verläßt die Sonne um 3 Uhr 23 Minuten links am unteren Rande.
1905-09-01 Freitag
Die Sonnenfinsternis am vergangenen Mittwoch war des regnerischen Wetters wegen nur zeitweise zu beobachten. Die Finsternis begann kurz nach 1 Uhr mittags, erreichte ihre höchste Entwicklungsstufe um 2 1/4 Uhr und endigte gegen 3 1/2 Uhr.

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Quellen:
Text: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1905-08-29/1905-09-01 – Bild:http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Solar_eclipse_of_1905_August_30?uselang=de#/media/File:Enrique_Simonet_-_Eclipse_-_1905.JPG

Das neue Gebäude der Landwirtschaftlichen Winterschule in der Stadt Neutomischel – 1912 mit Rückblick auf die Anfänge

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Direktor Max Wagner, Neutomischel (1912/1913))
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Die neue "Landwirtschaftliche Schule" - Bild aus dem Originalartikel [607]

Die neue „Landwirtschaftliche Schule“ – Bild aus dem Originalartikel

Das durch Postkarten bekannte Gebäude der Landwirtschaftlichen Schule wurde am 05.11.1912 eingeweiht. Anlässlich der Einweihung dieses „neuen“ Schulhauses wurde ein kurzer  Rückblick in die Anfänge der Einrichtung einer Winterschule in der Stadt Neutomischel im „Landwirtschaftlichen Centralblatt für die Provinz Posen“ – Sonderabdruck der No. 37 des Jahrganges 1913 veröffentlicht, der nachtstehend zu finden ist.

Eingefügt wurde die Schülerliste der 16 Schüler welche als Erste die Winterschule in der Stadt Neutomischel besuchten.

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Die landwirtschaftliche Winterschule Neutomischel

Die landwirtschaftliche Winterschule Neutomischel bezog im Herbste des vergangenen Jahres ein neues, schmuckes Heim. Wir nehmen daher Anlaß, das alte und das neue Gebäude im Bilde vorzuführen und eine kurze Beschreibung der Anstalt zu bringen, um auch denjenigen Landwirten unseres Bezirkes, welche die Schule noch nicht kennen, mit dieser näher vertraut zu machen.

Die Schule ist ein Institut der Landwirtschaftkammer; sie wurde am 1. April 1904 eröffnet. Das erste Schuljahr begann am 31. Oktober 1904 mit 16 Schülern.

Lfd.No.
Name des Schülers
Alter in Jahren
Geburtstag
Konfession
Name und Stand des Vaters
Geburtsort
Wohnort und Kreis
1.
Fenske, Karl Otto
23 1/4
07.07.1881
ev
Heinrich, Landwirt
Sontop
Sontop / Neutomischel
2.
Fenske, Richard Hermann
22
10.11.1882
ev
Gottlieb, Eigentümer
Neutomischel
Paprotsch / Neutomischel
3.
Gutsche, Gustav Oskar Karl
17
26.09.1887
ev
Wilhelm, Ackerbürger
Bomst
Bomst / Bomst
4.
Gebauer, Erdmann Oskar
20 1/4
10.09.1884
ev
Heinrich, Landwirt
Sontop
Sontop / Neutomischel
5.
Horlitz, Friedrich Wilhelm
19
14.10.1885
ev
August
Alt-tomischel
Alttomischel / Neutomischel
6.
Klemke, Alexander
18
12.10.1886
kth
Emanuel, Freigutbesitzer
Lowin
Lowin / Meseritz
7.
Klisch, Robert Reinhold
17 1/2
16.04.1887
ev
Paul, Ackerbürger
Bomst
Bomst / Bomst
8.
Knoll, Karl Otto
17 3/4
14.05.1887
ev
Wilhelm, Landwirt
Alttomischel
Alttomischel / Neutomischel
9.
Lukas, Emil Otto
15
23.09.1889
ev
Gottlieb, Eigentümer
Neu-Boruy
Neu Boruy / Bomst
10.
Meier, Arthur
16 1/4
07.07.1888
ev
Gottlieb, Lehrer
Cichagora
Komorow Hld / Neutomischel
11.
Prüfer, Adolf Oswald
21 1/4
27.08.1883
ev
Wilhelm, Ackerbürger
Komorowo Hauland
Komorow Hld / Neutomischel
12.
Rausch, Ernst Otto
21 1/4
30.08.1883
ev
Traugott, Ackerbürger
Zinskowo
Zinskowo / Neutomischel
13.
Rausch, Johann Hermann
19 1/4
11.09.1885
ev
Heinrich, Landwirt
Kunik
Kunik / Meseritz
14.
Schostag, Gustav Alfred
18 1/4
14.08.1886
ev
Otto, Bäckermeister
Bentschen
Bentschen / Meseritz
15.
Schostag, Julius Kurt Paul
17 1/2
13.05.1887
ev
Albert, Gastwirt
Nielengowo
Bentschen / Meseritz
16.
Tepper, Paul Richard
19 1/2
11.08.1885
ev
Dienegott, Landwirt
Sontop
Sontop / Neutomischel

Herr Direktor Foß, der die Anstalt seit der Gründung leitete, verstand es, Dank größter Energie und Arbeitsfreudigkeit, ihr in kurzer Zeit bei den Landwirthen ein großes Ansehen zu verschaffen. Herr Foß war bei allen Landwirthen ein stets willkommener, erfolgreicher Berater, sodaß auch der Besuch der Schule bis zu 39 Schülern stieg.

Die Schule führte in diesen Jahren eine große Anzahl Sortenanbau- und Düngungsversuche durch, die den Erfolg hatten, daß heute in vielen Betrieben bessere Sorten zum Anbau gelangen, ein ständiger Saatgutwechsel sich eingebürgert hat und intensiv gedüngt wird. Besonders vorbildlich arbeitete die Schule auf dem Gebiete der Wiesenverbesserungen. Ebenso zeitigten die Bestrebungen auf dem Gebiete des Hopfenbaues viele Erfolge. Die Viehzucht hob sich durch Einkauf erstklassiger Zuchttiere.

Die frühere "Landwirtschaftliche Winterschule Neutomischel" - Bild aus dem Originalartikel [608]

Die frühere „Landwirtschaftliche Winterschule Neutomischel“ – Bild aus dem Originalartikel

Kurz, auf allen Gebieten wurden wertvolle Ratschläge gegeben, und auf der letzten großen landwirtschaftlichen Ausstellung in Neutomischel im vergangenen Herbste, bewies der Bezirk, welche großen Fortschritte er in den letzten Jahren gemacht hat. Die in jeder Weise gelungene Schau wurde von dem Verein „Landwirtschaftliche Winterschule Neutomischel“ veranstaltet. Es ist eine Vereinigung der früheren Schüler der Anstalt. Durch alljährliche Veranstaltung von ernsten und fröhlichen Zusammenkünften will der Verein die ehemaligen Schüler in inniger Verbindung untereinander und mit der Schule, ihre alte Pflegestätte halten, um so das Band zwischen Schule und Haus immer fester zu knüpfen. Nur das gegenseitige Verstehen, das volle Vertrauen zu einander, kann schöne Erfolge krönen.

Der Magistrat der Stadt Neutomischel wußte diese Erfolge wohl zu schätzen und ließ es sich deshalb auch nicht nehmen, der Schule im Hinblick ihrer großen Förderung der Landwirtschaft, ein würdiges und zweckmäßig eingerichtetes neues Heim zu erbauen.

Im Dienstgebäude befinden sich im Erdgeschosse die Schulräume, im 1. Stocke die Wohnung des Direktors. Dem allgemeinen Unterrichte dienen zwei Lehrsäle. In einem dritten Lehrsaal, der mit besonderen Einrichtungen versehen ist, wird der physikalische und chemische Unterricht erteilt. Der große Sammlungssaal enthält die Bibliothek und die für den Unterricht notwendigen Sammlungen (Geräte, Tiermodelle, Dünger- und Samensammlung, Präparate u. v. a.). Es wird nicht das veraltete Verfahren mechanischer Abrichtung und toten Auswendiglernens gepflegt, sondern auf Ausführung von Versuchen und praktischen Anschauungen baut sich der Unterricht auf. Aus Beobachtungen heraus werden feste Grundsätze von den Schülern selbst gefunden und so leicht erlernt. Gute Beobachtungen zu machen und logische Schlußfolgerungen daraus zu ziehen, ist ein Hauptschulungsmittel, um die Schüler zur Selbständigkeit und richtigen Anwendung aller Verfahren in der Landwirtschaft zu bringen. Außer der weiteren intensiven Schulung in allgemein bildenden Fächern ist auch der praktischen Arbeit und Anleitung gedacht. Im Obstgarten der Schule, bietet sich Gelegenheit, Schnitt und Pflege der Obstbäume kennen zu lernen. Eine Stellmacherei und eine Sattlerei der Schule, dienen einem Stellmachermeister und einem Sattlermeister zur Unterrichtserteilung.

Neutomischeler "Windbock" - 1787 erbaut, 1911 abgerissen - Bild aus dem Original Artikel [609]

Neutomischeler „Windbock“ – 1787 erbaut, 1911 abgerissen – Bild aus dem Original Artikel

Das (untenstehende) Bild zeigt eine Windmühle, die von 1787 bis zum Jahr 1911 auf einem Sandhügel stand, dort wo heute die neue Winterschule steht, die zweitletzte der alten „Windböcke“ von Neutomischel, die in die Landschaft zu prächtig hineinpassen, aber modernen Maschinen zum Opfer fallen müssen. Über 100 Jahre hat man hier Korn gemahlen, und nach Abbruch der Mühle beim Ausschachten der Grundmauern für die Winterschule fand man nach Feststellung des Herrn Karl Eduard Goldmann, Neutomischel, einen prähistorischen Brennofen aus der Steinzeit.

Möge die Schule, die auf alter Kulturstätte steht, wo ehemals unsere Vorfahren unter weit ungünstigeren Verhältnissen wie heute ihren Lebensunterhalt fristeten, sich immer freudiger entwickeln und den Landwirten dank der fortgeschrittenen Wissenschaft und Technik immer mehr dazu verhelfen, ihr Gewerbe einträglicher zu gestalten!

Diese altgeweihte Stätte, auf der sich die Schule erhebt, soll die Schüler täglich daran erinnern, daß ihre Vorfahren schon für sie gearbeitet haben, daß auf deren Arbeitserfolg unsere heutige, hochentwickelte Kultur sich aufbaut, und ganz besonders soll sich ihnen der Gedanke einprägen, daß nicht alles Geschaffene und Gebaute ewig bleibt und bleiben darf, sondern ständig aus alten Erfahrungen heraus neue Erfahrungen emporsprießen, neue Gedanken neue, bessere, zweckmäßigere Lebensformen und ein glücklicheres, höher entwickeltes Kulturleben entsteht.

Ganz besonders darf die Landwirtschaft als wichtiger Kulturfaktor nicht zurückstehen. Alte Verfahren verschwinden, bessere Mittel such man zu erringen. Mit Hochdruck hat man ja gerade in den letzten Jahren in der Landwirtschaft daran gearbeitet, neue bessere Arbeits- und Anbauverfahren zu erreichen und Riesenfortschritte dadurch gemacht.

Aufgabe der Landwirtschaftskammer und ihrer Winterschulen ist es, gute praktische Erfahrungen zu sammeln und weiter zu verbreiten und die jungen Landwirte mittelst einer guten Schul- und Fachbildung fähig zu machen, alle neuzeitlichen Hilfsmittel und Erfahrungen in immer weiteren Umfange in der Praxis anzuwenden, um die Fülle der Naturkräfte sich in immer stärkerem Maße zunutze zu machen und immer größere Werte der heimatlichen Scholle abzuringen.

* * *

Quelle: Staatsarchiv Poznan, Akten des Kgl. Landrats-Amtes Neutomischel betreffend – hier:
Landwirtschaftliche Winterschule (Starostwo 4350 0157) – Landwirtschaftliches Centralblatt für die Provinz Posen – Sonderabdruck aus Nr. 37 des Jahrganges 1913- Die Bilder und Bildunterschriften sind dem Original Artikel entnommen

 

„Glühkörperexport-Gesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ – 1904 bis 1905

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Ansicht der ersten Glühstrumpffabrik 1904/1905 in der ehemaligen Bahnhofstraße in Neutomischel - Ansichtskarte aus der Sammlung A. Kraft [610]

Ansicht der ersten Glühstrumpffabrik 1904/1905 in der ehemaligen Bahnhofstraße in Neutomischel – Ansichtskarte aus der Sammlung A. Kraft

Am 02. Mai 1904 wurde in Neutomischel die „Glühkörperexport-Gesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung und mit dem Sitze in Neutomischel“ in das Handelsregister B unter Nr. 1 eingetragen.

Der Gesellschaftervertrag war per 13. April 1904 festgestellt worden.

Der Zweck, der mit einem Stammkapital von 58.000 Mark ausgestatteten Firma, war die Herstellung und Verwertung von Gasglühkörpern und anderen in diese Branche fallenden Artikeln, sowie die Erwerbung, bzw. Pachtung von Ländereien zu diesem Zwecke.

Als Gesellschafter trat der Kaufmann Karl Wagner aus Berlin auf.

Karl Wagner stellte für das Stammkapital einen Wechsel über 4.000 Mark; ebenso die für mit einem Wert von weiteren 8.000 Mark geschätzten Unterlagen für die Errichtung, den Betrieb und die Gründung der Gesellschaft sowie die Finanzierungspläne, zur Verfügung.

Die Kaufleute Gustav Skaruppe aus Berlin, Waldemar Paech und der Freiherr Felix von Steinaecker letztere aus Neutomischel, wie es hieß, waren als Geschäftsführer bestellt worden.

Die Veröffentlichung der Handelregistereintragung aus dem Jahr 1904 - Kreisblatt 1904-05-06 [611]

Die Veröffentlichung der Handelregistereintragung aus dem Jahr 1904 – Kreisblatt 1904-05-06

Über die Geschäftsführer konnten einige Einzelheiten in Erfahrung gebracht werden:

Gustav Adolph Robert Skaruppe wurde 1850 in Gnesen geboren. Vermutlich war er als Kaufmann in Amsterdam tätig und ehelichte dort im Jahr 1880 die 1861 in Zwolle geborene Aleida Tenthof. Die gemeinsame Tochter Johanna Gesine, welche noch 1883 in Amsterdam geboren worden war, heiratete im November 1905 in Neutomischel den aus Berlin stammenden August Richard Alfred Held.

Waldemar Carl George Paech war 1869 in Wollstein geboren worden. Seine erste Ehefrau Christine Auguste Laura geborene Unger, geboren um 1878 in Sarne Krs. Rawitsch, verstarb 1900 in Neutomischel. Über die zweite Ehefrau Louisa geborene Riegel sind keine Einzelheiten gefunden worden. In letzterer Ehe wurden vier Kinder in Neutomischel geboren. Waldemar Paech galt als Inhaber einer Ölmühle und einer Weidenschälerei in der Stadt.

Über Freiherr Felix von Steinaecker fanden sich nur vereinzelte Informationen. Er wurde z. B. im Wählerverzeichnis aus dem Jahr 1919 gelistet. Dort wurde sein Alter mit 70 Jahren vermerkt, welches bedeuten würde, dass er um 1849 geboren sein müsste. In einem Bericht in den alten Akten im Staatsarchiv, welcher die Glühkörperexport Gesellschaft behandelt, findet sich eine Notiz, dass ein Geschäftsführer Österreicher war. Nachdem die Geburtsorte von Skaruppe und Paech bekannt sind, könnte sich diese Information eigentlich nur auf von Steinaecker beziehen.

Über Karl Wagner und die weiteren Gesellschafter des Unternehmens fanden sich keine Einzelheiten. Als einziger Hinweis zu diesen existiert aus dem Frühjahr 1904 der Aufruf des Apothekers Vité hinsichtlich einer Besprechung der Gesellschafter.

Das Kreisblatt – Ausgabe No. 86 vom 1904-10-25, legte in die Gründung der „Glühkörperexport-Gesellschaft“ für die Stadt die allergrößten Erwartungen. Es wurde geschrieben:

„Mit dem 1. November d. Js. (1904) nimmt die am hiesigen Platze unter der Firma „Glühkörper-Export-Gesellschaft m.b.H.“ konstituierte Gesellschaft den vollen Betrieb in ihrer neu erbauten, in der Bahnhofstraße gelegenen Fabrik auf, nachdem schon bisher zur Herstellung von Mustern und Probelieferungen seit etwa zwei Monaten ca. 20 Personen beschäftigt worden sind.

Wie wir hören, sind auf Grund der tadellosen intensiv hellen und dabei dem Auge angenehmen Leuchtkraft der gelieferten Glühkörper genügend Aufträge speziell aus dem Auslande eingegangen, so daß das Werk für das erste Jahr voll beschäftigt sein dürfte. Die Anfertigung von Gasselbstzündern und Magnesiastäben soll demnächst in Angriff genommen werden. Mit der Einstellung des erforderlichen einheimischen Personals wird successive fortgefahren, da das Anlernen der neubeschäftigten Kräfte in den einzelnen Abteilungen des Betriebes nur allmählich möglich ist, doch hofft die Direktion bis zum Beginn der nächsten Saison etwa 100-120 geübte Arbeiterinnen zur Verfügung zu haben.

Die Leitung des Unternehmens liegt in den bewährten Händen des seit Bestehen der Gasglühlichtbeleuchtung in der Branche tätigen Herrn Direktors Gustav Skaruppe, während außer diesem noch die Herren Waldemar Paech sowie Freiherr v. Steinaecker dem Vorstande angehören. Es steht zu hoffen, daß das junge Unternehmen nicht nur der Gesellschaft einen klingenden Lohn, sondern auch unserm bisher durch den Hopfenbau bekannten Städtchen helfen werde, seinen guten Ruf zu erhalten und zu fördern.“

Die Veröffentlichung der Konkurseröffnung - Kreisblatt 1905-03-17 [612]

Die Veröffentlichung der Konkurseröffnung – Kreisblatt 1905-03-17

Aber es lief nicht wie es erwartet worden war; Aufträge, welche eingeplant worden waren, wurden nicht erteilt. Eine Anfang 1905 notwendige Kapitalerhöhung der Gesellschafter wurde von diesen nicht gewährt, dass Unternehmen konnte aber ohne eine solche nicht gerettet werden – es kam zum Zusammenbruch.

„Über das Vermögen der Glühkörper-Export-Gesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in Neutomischel ist am 14. März 1905 der Konkurs eröffnet.

Verwalter: Kaufmann Fritz Lutz in Neutomischel. Anmeldefrist bis 20. Mai 1905. Erste Gläubigerversammlung am 8. April 1905, vormittags 10 Uhr. Allgemeiner Prüfungstermin am 3. Juni 1905, vormittags 10 Uhr. Offener Arrest mit Anzeigefrist bis zum 10. April 1905.

Neutomischel, den 14. März 1905 – Königliches Amtsgericht“

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Quellen:

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 51 – Fleischhauerei und Beherbergungsbetrieb Toeffling 1795-1852 / Teil 1

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der südliche ehemalige Neue Markt, links das Anwesen Maennel, mittig das Toeffling Hotel (hier schon nicht mehr als einstöckiger Bau), rechts das in den Ursprüngen dem Carl Lemberg gehörende Anwesen - Bild: Maennel Archiv [613]

Der südliche ehemalige Neue Markt, links das Anwesen Maennel, mittig das Toeffling Hotel (hier schon nicht mehr als einstöckiger Bau), rechts das in den Ursprüngen dem Carl Lemberg gehörende Anwesen – Bild: Maennel Archiv

Angehörige der Familie Toeffling waren die Gründer des „Toeffling – Hotel“ am Neuen Markt in Neutomischel. In diesem Beitrag haben wir einmal versucht, trotz der wenigen erhaltenen Unterlagen jener Zeit, die Geschichte des Hotels und der Toeffling Familie aufzuzeigen.

In Neu Tomysl wurde erstmalig im Jahr 1795 bei seiner Eheschließung mit der Maria Elisabeth Drescher, einer Bürger und Tuchmachertochter, der als in der Stadt ansässige Bürger und Fleischhauermeister Johann Christian Toeffling im Kirchenbuch erwähnt. Das Alter des Bräutigams wurde mit 29 und das der Braut mit 20 Jahren (ca.*1766/ *1775) angegeben. Johann Christian Toeffling verstarb im Jahr 1845, seine Ehefrau Maria Elisabeth geborene Drescher im Jahr 1839.

Johann Christian Toeffling, seine Ehefrau und deren Familien gehörten also nicht zu den als „Hauländer“ bekannten Bewohnern der Gegend, sondern sind den „Städtern“, den Zugewanderten nach der Stadtprivilegiumsverleihung im Jahre 1788, zuzuordnen. Als erster erwähnter Wohnsitz wurde im Jahr 1836 das Haus No. 3 als Eigentum des Christian Teffling in den Akten der Provinzial-Feuerversicherungsunterlagen erwähnt. Dieses war zum Zeitpunkt der Erstellung der Unterlagen ca. 50 Jahre alt; ob es durch einen Angehörigen der Familie Toeffling erbaut worden war ist nicht erwähnt. Mit dem Jahr 1856 findet sich ein anderer Besitzer.

Es wird angenommen, dass Johann Christian ein Sohn des im Jahr 1793 in Grätz ansässig gewesenen Siegmund Tefling, 58 Jahre (ca. *1735) und dessen Ehefrau Anna Dorothea, 49 Jahre (ca. *1744) war. Diese Annahme beruht darauf, dass sich im Kirchenbuch Neu Tomysl’s im April des Jahres 1796 die Eintragung findet, dass der Meister, Bürger und Fleischhauer Siegmund Toeffling im Alter von 62 Jahren und 4 Monaten verstarb. Weiterhin ehelichte im Jahr 1798 die 56 jährige Wittwe Anna Dorothea Toeffling, leider ist kein Geburtsname genannt, den 65 jährigen, als Nachbar aus Paprotsch benannten, Christoph Rausch.

* * *

Blicken wir auf die Anfänge der Bürger und Fleischhauerfamilie Johann Christian Toeffling und dessen Ehefrau Maria Elisabeth geb. Drescher. In den Jahren 1795 bis 1815 wurden 10 Kinder dieses Paares geboren. Nur 4 von ihnen, 1 Mädchen und 3 Jungen erreichten das Erwachsenenalter.

Johanna Caroline Toeffling, die einzige Tochter, geboren 1804, heiratete 1822 in erster Ehe den in Neu Tomysl ansässigen Bürger und Mühlenbesitzer Johann Friedrich Tepper. Er war ein Sohn von Johann Christoph Tepper und dessen Ehefrau Maria Elisabeth geb. Maier gewesen. 1823 nur wenige Tage nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Johanna Amalie verstarb er an Typhus.

Als Witwe und Mühlenbesitzerin ging Johanna Caroline 1830 eine weitere Ehe mit dem Bürger und Tuchhändler Johann Christoph Tepper, Sohn von Christian Tepper und Anna Dorothea geb. Steinke ein. Noch 1830 wurde die gemeinsame Tochter Bertha Caroline Emilie geboren. Die weiteren Lebensdaten unterstreichen die Lebensverhältnisse in diesen Jahren: 1832 verstarb nur 3 Monate nach seiner Geburt der gemeinsame Sohn, nur einen Monat später der Vater, Stiefvater und Ehemann und letztlich im Juli 1833 Johanna Caroline Tepper geb. Toeffling im Alter von noch nicht einmal 29 Jahren. Als Todesursache findet sich bei letzteren die Diagnose Abzehrung.

Heute definiert man diesen Begriff, für die unterschiedlichsten Krankheitsbilder. Von diesen waren die Auslöser z. B. Hunger, Mangel an: Licht, guter Luft, Hygiene, genügender Kleidung, Wärme und anderem. Abzehrung wurde aber auch für die Beschreibung der Schwindsucht, also der Tuberkulose verwendet.

Als einzige Nachkommen von Johanna Caroline gelten die beiden den Namen Tepper führenden Töchter.

Die drei Söhne Johann Carl Friedrich (*1795), Johann Heinrich (*1809) und Johann Julius Carl (*1815) finden in den alten Aufzeichnungen als Bürger, Fleischhauer und Handelsmänner der Stadt weitere Erwähnung.

Der 1809 geborene Johann Heinrich Toeffling hatte 1833 die Ehe mit der Bürger und Tuchmachertochter Johanna Caroline Mimms-Xenodochius geschlossen. Die Familie war in Paprotsch ansässig gewesen. In den Geburtseintragungen der 7 Kinder, welche dem Paar zugeordnet werden konnten, wurde der Stand des Johann Heinrich als Fleischhauermeister und Handelsmann benannt. Als er im Jahr 1863 verstarb findet sich als Standesbezeichnung „Hopfenhändler“, welches den Begriff Handelsmann näher definierte. Seine Witwe ehelichte im Jahr 1869 den ebenfalls verwitweten Gastwirth Johann George Stein in Neu Tomysl.

Johann Julius Carl Toeffling, geboren im Jahr 1815 als jüngster Sohn, tituliert als Bürger und Handelsmann zu Neutomischel, heiratete im Jahr 1840 in erster Ehe die 24 jährige Johanna Juliana Pallicka. Sie war die einzige Tochter des Johann George Pallicki, Bürger und Handelsmann in der Stadt und dessen Ehefrau Anna Elisabeth geborene Fechner. Aus dieser Ehe stammend wurden in den Kirchenbüchern keine Eintragungen über Nachfahren gefunden.

Mit seiner 2ten Eheschließung im Jahr 1854, er heiratete seine 21 Jahre jüngere im Jahr 1836 geborene Nichte Mathilda Hermine Hulda Toeffling, verbanden sich sein und der Familienzweig seines im Jahr 1852 verstorbenen Bruders.

"Toeffling Hotel" - Ausschnittsvergrößerung / Bild: Maennel Archiv [614]

„Toeffling Hotel“ – Ausschnittsvergrößerung / Bild: Maennel Archiv

Kommen wir nun zum letzten der Brüder: Johann Carl Friedrich Toeffling. Er war der älteste Sohn der Eheleute Johann Christian Toeffling und dessen Ehefrau Maria Elisabeth geborene Drescher. Er war im Oktober 1795 geboren worden. Im Februar 1816 schloss er die 1ste Ehe mit der im Januar 1797 geborenen Bürgermeistertochter Johanna Marianna Hartmann. In dieser Ehe kamen 10 Kinder zur Welt von denen 2 bereits im Kindesalter verstarben. Als ihre Mutter 1838 im Alter von nur 40 Jahren verstarb war von den anderen 8 nur die älteste Tochter bereits „aus dem Haus“, die 7 jüngeren lebten noch bei den Eltern. Die schon erwähnte, im Jahr 1836 geborene Mathilda Hermine Hulda war die jüngste von Ihnen. Sie, ihre 6 Schwestern und der einzige Bruder Gustav Ferdinand Carl August finden später noch nähere Erwähnung.

Johann Carl Friedrich Toeffling schloss 1841 in Meseritz eine weitere Ehe. Seine Partnerin wurde die ca. 1798 geborene Maria Juliana Lehmann. Von ihr ist aus den Kirchenbuchaufzeichnungen zu entnehmen, dass sie von ihrem ersten Ehemann, dem Kürschnermeister Johann Gottlieb Grünberg geschieden worden war, ihr zweiter Ehemann, die Ehe war 1827 geschlossen worden, Johann Samuel Gottlieb Hübner, Bürger und Fleischermeister zu Meseritz, war verstorben. Sie wurde die „Stiefmutter“ der 5 jüngsten Toeffling Kinder aus der ersten Ehe ihres Mannes, welche zwischen 1826 und 1836 geboren worden waren und die sich erst in den Jahren 1846, 1848, 1853 und 1854 verheirateten. Kinder aus ihren früheren Ehen konnten in den alten Aufzeichnungen nicht festgestellt werden.

Johann Carl Friedrich Toeffling verstarb 1852, seine zweite Ehefrau Maria Juliana geborene Lehmann überlebte ihn bis in das Jahr 1881.

Bekannt ist, dass die Häuser mit den Nummern 44-52 des südlichen Neuen Marktes im Jahr 1822 einem Feuer zum Opfer fielen. Nicht bekannt ist, wem die vernichteten Anwesen gehört hatten. Die ältesten zur Zeit aufgefundenen Aufzeichnungen beginnen erst mit den im Jahr 1836 durch die von der Provinzial Feuerversicherung erstellten Gebäudebeschreibungen.

In diesen ältesten noch erhaltenen Aufzeichnungen findet sich unter der laufenden Nummer 104 die Beschreibung des Anwesens des Johann Carl (Friedrich) Teffling, des ältesten der 3 Brüder, zu Neu Tomysl am Neuen Markt No. 51.

Das Wohnhaus wurde mit 62 Fuß in der Länge x 34 Fuß in der Breite x 8,5 Fuß (ca. 19,00×10,00×2,50 Meter) in der Höhe beschrieben. Außen wie innen war es von Ziegeln errichtet und mit Kalk beworfen. Die Giebel des Gebäudes waren massiv. Es hatte über einen stehenden Dachstuhl verfügt und war mit Biberschwanzziegeln im Jahr 1834 eingedeckt worden. Im Dach befanden sich 4 eingelassene Dachfenster. Beheizt wurde das Wohnhaus über „2 Ofen von Kacheln“. Im Inneren hatten sich 5 Stuben, 2 Kammern, 1 Dachkammer und 2 Keller, die über 1 Hausflur zu erreichen gewesen waren, befunden. 1 Giebel stieß an das Nachbarhaus des Carl Lemberg, der andere an das der Wittwe Anna Rosina Maennel. Das ganze Gebäude war als in einem guten Zustande befunden worden. Das Alter war mit 13 Jahren angegeben worden; dieses Gebäude war also definitiv erst nach dem großem Brand des Jahres 1822 errichtet worden.

Weiterhin befand sich auf dem Grundstück der Nummer 51 ein Pferdestall, 37 Fuß lang, 18 1/4 Fuß breit, 7 1/2 Fuß hoch (ca. 11,30×6,00×2,30m), ein aus Ziegeln incl. der Giebel errichtetes Gebäude. Auch dieser Pferdestall hatte über einen stehenden Dachstuhl verfügt, in dem 1 Dachluke eingelassen gewesen ist. Über den Tennflur war der Pferdestall, in der Größe für 4 Pferde, und auch der Kuhstall, welcher gleichfalls 4 Tiere aufnehmen konnte, zu erreichen gewesen. Das Alter des Stalles ist mit 13 Jahren angegeben worden, wurde also wie das Wohnhaus, ungefähr im Jahr 1823 errichtet.

Ein Gaststall auf dem Grundstück, ist das letzte beschriebene Gebäude. Dieser war in seinen Abmessungen 36 Fuß lang, 15 3/4 Fuß breit und 7 Fuß in der I. Etage bzw. 6 Fuß in der II. Etage hoch (ca. 11,00×4,80×2,10 bzw. 1,80m)gewesen. Es war eines, der heute noch in Nowy Tomysl zu findenden Gebäude, dass hinten mit 2 Etagen höher als vorne mit 1 Etage gewesen war und unter Berücksichtigung dieser Bauart auf der Grenze zum Nachbargrundstück gestanden haben muss; dem Nachbar war somit die Möglichkeit gegeben worden ein ebenso konstruiertes Gebäude direkt dagegenstehend zu errichten. Mit einem Alter von nur 1 Jahr, errichtet somit ungefähr im Jahr 1835, war es im Jahr 1836 das neueste Gebäude gewesen. Es hatte über 2 Pferdeställe verfügt, welche die Möglichkeit geboten hatten je 4 Pferde in ihnen unterzustellen. Auch waren in ihm noch 1 Siedekammer und eine in der Größe für einen Wagen ausgerichtete Remise untergebracht gewesen. Die obere Etage war zur Lagerung von Stroh und Heu genutzt worden.

Die Beherbung von Reisenden oder die Vermietung von Räumen war also mit der Errichtung des Gaststalles ab dem Jahr 1835 spätestens vorgesehen gewesen. Die Größe des Wohnhauses und Stalles hätte zwar auch schon früher die Möglichkeit der Unterbringung von Gästen zugelassen, wir wissen aber nicht, ob neben dem als Besitzer genannten Johann Carl Friedrich und seiner Familie, noch der Vater, Johann Christian Toeffling (+ 1845) und dessen Ehefrau Maria Elisabeth geb. Drescher (+1839) oder auch der Bruder Johann Julius Carl mit seiner Familie im Haushalt gelebt hatten.

Bei Verfolgung der Angaben zum Stand des Johann Carl Friedrich findet sich bis zum Jahr 1826, dass er als Bürger und Fleischhauer tituliert wurde; mit dem Jahr 1827 wechselte dieses zu Bürger und Hopfenhändler bzw. Handelsmann. Ein interessanter Aspekt ist hier, dass die Familie Toeffling sich schon in so früher Zeit mit dem Hopfenhandel beschäftigt gewesen war. Dieses unterstreicht die Ausführungen des Bürgermeisters Hartmann, der im Jahr 1828 vom Hopfenanbau als Haupterwerbszweig und im Jahr 1832 von der „großen Wohltat“ für die Stadt durch diesen, berichtete. Alles dieses fand also schon ca. 10 Jahre bevor J.J. Flatau den Hopfenanbau und -verkauf forcierte statt. „Erst“ mit dem Jahr 1841 ist neben den anderen Standesangaben für den Johann Carl Friedrich Toeffling auch die Bezeichnung als Gastwirth zu finden.

Im Jahr 1843 war ein weiteres Gebäude auf dem Grundstück der Nummer 51 errichtet worden. Es entsteht bei Verfolgung der Aufzeichnungen der Eindruck, dass die Errichtung einer Scheune für Lagerung von Futtermitteln oder auch Hopfen notwendig geworden war. Der mit Lehm ausgekleidete Fachwerkbau hatte die Abmessungen von 34 Fuß in der Länge, 18 Fuß in der Breite und 10 Fuß in der Höhe (ca. 10,00×5,50×3,00 Meter). In ihm waren neben einem Tennflur 2 Bansen eingerichtet gewesen.

Johann Carl Friedrich Toeffling verstarb wie schon erwähnt im Jahr 1852. In der Erbfolge für das Haus, den Fleischhauer- und Beherbungsbetrieb mit dem Gasthof, den Hopfenanbau und – handel und alle sonstigen Vermögen hinterließ er:

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Quellen:
Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/):
Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl
Kirchenbücher der evangelischen Gemeinden Grätz und Neu Tomysl

Zugentgleisung in Bentschen / Zbąszyń – 1915

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Eisenbahnunfall in Bentschen - Bild veröffentl. im Buch "Zbąszyń - na dawnej pocztówce" Seite 118 / Abb. 114 [615]

Eisenbahnunfall in Bentschen – Bild veröffentl. im Buch „Zbąszyń – na dawnej pocztówce“ Seite 118 / Abb. 114

Entgleisung eines Militärurlauberzuges so lautete die Überschrift einer Kurzmeldung im Kreisblatt Neutomischel vom 29.12.1915 . Weiter hiess es:

„Amtlich wird gemeldet: Am Dienstag 28.12.1915 morgens 3 Uhr 40  entgleiste ein von Berlin kommender Militärurlauberzug bei der Durchfahrt auf Bahnhof Bentschen. Von den Urlaubern und dem Begleitpersonal sind 18 Personen tot und 47 verwundet. Der Sachschaden ist bedeutend“

Auch am 31.12.1915 wurde der Unfall  mit einer weiteren kurzen Erwähnung bedacht:

„Zum Eisenbahnunglück in Bentschen wird noch mitgeteilt: Hilfe war sofort bei der Hand. Die Landsturmkompagnie eilte im Laufschritt nach der Unfallstelle. Die Aerzte der Umgegend wurden alarmiert. Die Bevölkerung strebte hinzu und legt hilfreiche Hand an. Der Korpsarzt traf mit dem Lazarettzuge aus Posen ein. Den Verwundeten wurden alle möglichen Erleichterungen zuteil. Sie wurden in dem Bentschener Krankenhaus und in einer schnell hergestellten Unterkunft untergebracht.“

Nach dem Jahreswechsel, die Kriegsweihnacht war ohne Aussicht auf Frieden vergangen, wurde am 01.01.1916 die Berichterstattung fortgesetzt:

„Bei dem Eisenbahnunglück in Bentschen sind, der „Voss. Ztg.“ zufolge, endgültig 17 Tote, 33 Schwerverwundete, 24 Leichtverwundete festgestellt worden. Elf Personen haben nur leichte Abschürfungen erlitten.

Die Zahl der Toten hat sich gegenüber der zuerst amtlich bekannt gegebenen um einen vermindert, weil der Lokomotivheizer, der unter der umgestürzten Maschine des entgleisten Zuges lag, nicht tot, sondern schwer verletzt und betäubt war, so daß er in das Posener Diakonissenhaus überführt werden konnte. Eine Anzahl Schwerverletzter ist im Festungslazarett in Posen untergebracht worden; ihr Zustand gibt erfreulicherweise zu ernsten Besorgnissen keinen Anlaß.

Die Ursache des furchbaren Unglückfalls ist bisher nicht einwandfrei festgestellt. Die Entgleisung erfolgt bei der Ausfahrt des Zuges, der Weihnachtsurlauber an die Ostfront zurückbringen wollte, aus dem Bahnhof Bentschen in Richtung nach Posen.“

Ein weiterer Beitrag fand sich unter dem 05.01.1916:

„Zu einer würdigen Trauerfeier gestaltete sich die am Neujahrstage erfolgte Beerdigung der Opfer des Eisenbahnunglücks vom 28. Dez. v. Js. Da die Leichen der meisten Verunglückten in die Heimat übergeführt werden, so blieben zur Beerdigung in Bentschen nur 5 Tote zurück, von denen 4 auf dem evangelischen und einer auf dem katholischen Friedhof in Einzelgräbern bestattet wurden. Der stellvertretende Kommandierende General des 5. Armeekorps war vertreten durch Generalleutnant Herhudt von Rohden und Oberstleutnant Kirchner, der Oberpräsident und die Regierung in Posen durch den Regierungspräsidenten Krahmer, die Eisenbahndirektion durch Regierungsrat Paetzold , die Vorstände des Eisenbahnbetriebes, des Verkehrs- und Maschinenamtes in Bentschen und der Kreis durch Kammerherrn von Kalckreut-Kurzig. Außer den Anverwandten waren zahlreiche Vereine erschienen. Die beiden Geistlichen hielten ergreifende Trauerandachten ab. Unter den Gesängen des Kirchenchors und den Klänge der von einer Militärkapelle geblasenen Choräle schlossen sich die Grüfte. – Die Zahl von 18 Toten hat sich wie amtlich gemeldet wird, durch den Tod einiger Schwerverletzter auf 23 erhöht. Diese Zahl kann aber als gering bezeichnet werden, da der entgleiste Zug weit über ein halbes tausend Urlauber an die Front zurückbringen sollte.“

Ein letztes Opfer forderte, so die Berichterstattung vom 28.01.1915, dieser Unfall annähernd vier Wochen später:

„Das 24. Opfer des großen Eisenbahnunfalls bei Bentschen wurde der Reserve-Lokomotivführer Erich Guttknecht in Posen, der am 24. Januar an den Folgen der damals erlittenen Verletzung starb. Er war 31 Jahre alt. Der Verunglückte kam, als die Maschine umfiel, so zu liegen, daß der rechte Oberschenkel etwa 4 Stunden lang in der Nähe eines Dampfrohres sich befand; die Brandwunden führten zum Tode.

* * *

Quelle: Kreisblatt Neutomischel 1915-12-29/1915-12-31/1916-01-01/1916-01-28 – Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa – http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 42 – Schneiderei, Spinnerei – heute die Tourist-Information

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Tourist-Information in Nowy Tomyśl - Foto: PM [616]

Die Tourist-Information in Nowy Tomyśl – Foto: PM

Die Tourist-Information der Stadt Nowy Tomyśl ist am Plac Niepodległości zu finden.

In ihr erhalten Besucher alle Informationen für Ihren Aufenthalt in der Stadt und deren Umgebung. Man findet bei ihr z. B. Prospekte mit Tipps zu den unterschiedlichsten Ausflugszielen und Sehenswürdigkeiten, sowie auch Karten für Wander- und Fahrradtouren in mehreren Sprachen. Und der Ein oder Andere ersteht hier ein Souvenir, dass ihn auch später noch an seinen Aufenthalt erinnert.

Die Geschichte des Grundstücks No. 42 ist jedoch eine viel ältere, in der Planung der Stadtgründung begann diese ungefähr im Jahr 1810 ….

* * *

Es findet sich in den Aufzeichnungen der Provinzial-Feuerversicherung aus dem Jahr 1836 unter der No. 42 A und B ein Wohnhaus mit Stall. Als Inhaber des Anwesens wurde Carl Drescher genannt. Nicht bekannt ist, ob er auch der Bauherr auf dieser Parzelle gewesen ist.

Wie in jener Zeit üblich, handelte es sich um ein Bohlenhaus, dessen 7 Zoll starken Wände innen und außen mit Lehm beworfen waren. Das Haus verfügte über eine Grundfläche von 58 Fuß in der Länge und 26 3/4 Fuß in der Breite, dieses bei einer Höhe von 7 Fuß in der Etage (aus späteren Aufzeichnungen = 17,90×8,50×2,10 Meter in der Etage, 2,30 Meter im Dachstuhl und 2,08 Meter im Dachfirst = 152,15 Quadratmeter).

Die Süd-West Ansicht des ehemaligen Neuen Marktes - Ansichtskarte: Maennel Archiv [617]

Die Süd-West Ansicht des ehemaligen Neuen Marktes – Ansichtskarte: Maennel Archiv

Das Stallgebäude war auf 3 Seiten von Fachwerk, die vierte war lediglich eine Bretterwand. Der Stall war 30 Fuß lang, 15 1/4 Fuß breit und wie auch das Wohngebäude 7 Fuß hoch (ca. 9,10×4,60×2,10 Meter). Während das Wohngebäude zur einen Hälfte über ein Schindeldach verfügte, war die andere mit „Biberschwänzen“, einem flachen, an der Unterkante halbrund geformtem Dachziegel gedeckt; das Dach des Stallgebäude hingegen war lediglich mit Rohr belegt.

Im Wohnhaus befanden sich 2 Flure, welche 3 Stuben und 2 Kammern miteinander verbanden und von denen auch 1 Dachkammer und 1 Keller zu erreichen waren. Das Haus verfügte über 7 Fenster mit je 2 Flügeln, 1 Fenster zu 1 Kugel, worunter man sich vielleicht ein rundes Fenster vorstellen kann, und als letztes noch über 2 Luken. Geheizt wurden die Räumlichkeiten über 3 Kachelöfen.

Während das Wohngebäude mit einem Giebel an das Nachbargebäude, die No. 41, des Färbers Erdmann Krönert stieß, stand es mit seinem zweiten Giebel frei, da sich unter der No. 43 lediglich ein noch unbebautes Grundstück, eine so. g. Baustelle, befand. Das Gebäude selbst war zum Zeitpunkt der Bestands- und Wertaufnahme in einem gutem Zustand, da es in jedem Jahr durchweg repariert worden war. Sein Alter wurde auf „etwa 26 Jahre“ eingeschätzt; es wäre somit ca. 1810 erbaut worden.

Im Stallgebäude waren 1 Pferde- und 1 Kuhstall, neben einer Wagenremise und 1 Siedekammer untergebracht. Das sich ebenfalls im guten Zustande befundene, auf dem Grundstück frei stehende Gebäude war ca. 14 Jahre alt, somit ca. 1822, erbaut worden, und hatte im Jahr 1836 noch keiner Reparaturen bedurft.

Der Bürger und Tuchfabrikant Johann Carl Friedrich Drescher wurde mit dem Jahr 1821 im Kirchenbuch erstmalig als in Neu Tomysl ansässig erwähnt. In diesem Jahr wurde von seiner Ehefrau Johanna Wilhelmine, einer geborenen Jokisch, das erste gemeinsame Kind in der Stadt geboren. Mit weiteren Tauf- bzw. Geburtseintragungen ist die Familie dann bis in das Jahr 1831 verfolgbar. Eine letzte Erwähnung findet sich im Januar 1861 zu Johann Carl Friedrich Drescher: im Kirchenbuch der evangelischen Gemeinde der Stadt ist in diesem Jahr bei der Eintragung der Eheschließung seiner jüngsten Tochter vermerkt, dass ihr Vater verstorben sei.

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Abbildung von Spinn-, Dampf-, und Webmaschine - Bild: http://www.europeana.eu/portal/record/2048417/item_DCN2GIXSI6WS7BJQ64UYVD356RSOCOPL. html?start=18&query=spinnmaschine&startPage=1&qt=false&rows=24 [618]

Abbildung von Spinn-, Dampf-, und Webmaschine – Bild: http://www.europeana.eu/portal/record/2048417/item_DCN2GIXSI6WS7BJQ64UYVD356RSOCOPL. html?start=18&query=spinnmaschine&startPage=1&qt=false&rows=24

4 Jahre später fanden sich zwei weitere Hinweise auf das Grundstück mit der No. 42:

Unter dem 27. Mär 1865 teilt das Königliche Kreis-Gericht, Grätz dem Königlichem Landrats Amt zu Neu Tomysl mit, „das der Zimmermann Gottfried Kahl aus Scherlanke das Grundstück Neutomysl No. 42, mittels notariellen Vertrages vom 26. Januar 1865 von den Vorbesitzern den Wilhelm und Amalie Tepperschen Eheleuten für 850 Taler und ein Wohnungsrecht gekauft hat und daß der Besitztitel für den Käufer im Hypothekenbuche berichtigt worden ist.“

Diese Mitteilung wird seitens des Landrates, seinerzeit war dieses Herr von Saher,“an den Magistrat zur Kenntnißnahme und Erledigung“ weitergereicht. Dieser wiederum beantwortete dieses unter dem 6 Mai 1865 „mit dem ergebensten Bemerken, daß g. Kahl wie verlautet, das erkaufte Grundstück bereits wieder verkauft hat“.

Dieses findet sich dann in einem Schreiben datiert vom 18. Mai 1865 an den Kreis Geometer Herrn Koch, Wohlgeboren in Graetz, bestätigt. Darin heißt es: „Euer Wohlgeboren! beehre ich mich mit Bezug auf die Amtsblatt Verordnung, ganz ergebenst anzuzeigen, daß das Grundstück Neutomysl No. 42 durch Kaufvertrag vom 1. April d. J. auf mich eigenthümlich übergegangen, resp. in meinen Besitz gekommen ist. Der vorige Besitzer desselben war der Zimmermann Kahl aus Scherlanke. Hochachtungsvoll ergebenst August Brunsch u. Maria Brunsch geb. Drescher„.

Die erstgenannten Verkäufer Amalie und Wilhelm Tepper und die letztgenannten Käufer Maria und August Brunsch waren in direkter Verwandtschaft verbunden. Beide Frauen waren Schwestern; sie waren beide Töchter von Johann Carl Friedrich Drescher und seiner Ehefrau Johanna Wilhelmine geb. Jokisch. Warum der Ver- und Kauf über den aus Scherlanke stammenden Zimmermann Kahl abgewickelt wurde, ist nicht bekannt.

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Lageplan 1875 - erstellt nach Vorlage der Gebäudebeschreibungen der Provinzial Feuerversicherung [619]

Lageplan 1875 – erstellt nach Vorlage der Gebäudebeschreibungen der Provinzial Feuerversicherung

Das Grundstück Neu Tomysl No. 42 wechselte um 1873 erneut seine Besitzer . Mit dem Jahr 1875 findet sich eine Erhöhung des Versicherungswertes des Anwesens. Der Inhabername Carl Drescher ist in den alten Unterlagen der Feuerversicherung durchgestrichen und mit dem Namen Carl Weissmann überschrieben worden. Anläßlich zahlreicher Veränderungen auf dem Gelände wurde ein neuer Lageplan erstellt . Einige der Gebäude wurden beschrieben „als vor 2 Jahren neu errichtet“ sodass die Umbauten vermutlich im Jahr 1873 auf dem Gelände getätigt worden waren und dass bereits zu diesem Zeitpunkt Carl Weissmann als neuer Eigentümer gelten könnte.

Der neue Lageplan wurde mit Datum vom 21.Mai 1875 beim Bürgermeister der Stadt Neu Tomysl und gleichzeitig bei der Staatl.- Feuer-Sozietät-Direktion eingereicht.

Als erstes fällt in dem Grundstücksplan auf, dass sich an die Giebelseite des Wohnhauses, welche an die einstige Baustelle unter No. 43 grenzte, sich nun die Remise der Familie Gutkind anschloss. Die Beschreibung des Wohnhauses als solches erhielt nur geringe Veränderungen; z. B. wurden die Giebelspitzen darin als mit Brettern verkleidet beschrieben, auch wurden nun 4 Öfen und 3 Kamine erwähnt.

Das große Stallgebäude kommt in den Aufzeichnungen nicht mehr vor. An dessen Stelle findet sich nun ein Schuppen (B) in einem Teil mit den Abmessungen von 3,40×2,06 und in einem weiteren mit 4,60×2,50 Metern Länge x Tiefe, also einer Grundfläche von 20,34 Quadratmetern bei einer Höhe über Alles von 2,50 Metern. Einesteils schloss sich dieses Schuppengebäude direkt an das Wohnhaus an, anderseits grenzte es mit der hohen Wand an den Schuppen des Nachbarn Gutkind.

2 Jahre zuvor (ca. 1873) war auf dem Grundstück ein Kesselhaus (C) errichtet worden. Mit den Abmessungen 4,20×4,00 Metern in der Länge und Tiefe hatte dieses eine Grundfläche von 16,80 Quadratmetern. Die Höhe des Gebäudes wurde mit 9 Meter angegeben. Zum Gebäude gehörte ein aus Stein gemauerter 35 Fuß ( ca 10,70 Meter) hoher Dampfkessel-Schornstein. Das Kesselhaus stand mit 3 Seiten frei zum Hof und nur eine, die 4te Seite, schloss sich an das Fabrikgebäude an.

Das Fabrikgebäude selbst (D) war ein 15,20×9,10 Meter in der Länge und in der Tiefe messendes Gebäude. Der 138,32 Quadratmeter in der Grundfläche und 3,30 Meter in der Höhe messende Ziegelfachwerkbau war gemäß den Unterlagen ebenfalls 1873 neu errichtet worden.

Als letztes im Jahr 1875 erwähntes Gebäude auf dem Gelände wurde ein weiterer Schuppen (E) aufgeführt. Auch sein Baujahr wurde mit „vor 2 Jahren neu errichtet“ angegeben; seine genannten Abmessungen waren 8,30×3,20 Meter in der Länge und Tiefe = 26,56 Quadratmeter in der Grundfläche bei einer Höhe von 2,40 Metern.

Als loses Blatt lag in dem Band der Gebäudebeschreibungen eine „Aufstellung sämtlicher Maschinen u. Maschinentheile des Hr. Spinnereibesitzers Carl Weissmann zu Neutomischel„.

Das alte Fabrikgebäude - Foto: PM [620]

Das alte Fabrikgebäude – Foto: PM

Auf diesem wurden folgende Maschinen mit Angaben des „jetzigen Werthes“ gemäß Angaben seitens des Carl Weissmann aufgelistet:

1. Einen Dampfkessel mit Armatur Mark / Pf. 615,00
2. Eine Dampfmaschine nebst Zubehör Mark / Pf. 700,00
3. Die Wollenleitung nebst Hängeböcke u. 7 Scheiben Mark / Pf. 72,00
4. 1 Reißwolf mit Zubehör Mark / Pf. 135,00
5. 1 Vorspinnkrempel mit Beschläge Mark / Pf. 275,00
6. 1 Gutpelzmaschine mit Vorrichtung Mark / Pf. 400,00
7. 2 Spinnmaschinen á 60 Spindeln Mark / Pf. 60,00
8. 1 Zwirnmaschine mit Zubehör Mark / Pf. 20,50
9. 1 Reservespeisepumpe mit Wolle und Scheiben Mark / Pf.44,00
10. 1 Drehbank nebst Werkzeug dazu Mark / Pf. 70,20

Die Spinnereieinrichtung besaß somit einen Gesamtwerth von Mark / Pf. 2.411,70.

Über die Spinnerei Weissmann, deren Betrieb, der Anzahl von Beschäftigten und auch zu wann sie Ihren Betrieb aufnahm und wieder einstellte, ist nichts bekannt und auch nicht in alten Archivunterlagen gefunden worden.

Über den Besitzer Carl Weissmann und seine Familie konnte ebenfalls nichts konkretes in Erfahrung gebracht werden. Eine Information war wiederum den Personenstandsunterlagen zu entnehmen – die „separierte“ Ehefrau Johanna Wilhelmine Ernestine Weissmann geborene Kühn ging im Jahr 1890 eine erneute Ehe ein.

* * *

Zu wann und auf welchem Wege der oder die nächsten Besitzwechsel vonstattengegangen sind wurde nicht gefunden. Auch bleibt unbekannt wann das Wohnhaus ausgebaut und aufgestockt bzw. das alte dem heutigen Gebäude gewichen ist. Auch fand sich nichts darüber zu wann der beschriebene immerhin knapp 11 Meter hohe Schornstein abgetragen wurde.

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Zugang zum alten Spinnereigebäude - Foto: PM [621]

Zugang zum alten Spinnereigebäude – Foto: PM

Im Jahr 1890 ehelichte der Schneider Constantin Woskowiak, er war gebürtig aus Kuschten, Bertha Ottilie geborene Buchwald, eine Töpfermeistertochter aus der Stadt Neu Tomysl. Das Haus und Grundstück Neutomischel No. 42 findet sich im Jahr 1910 in deren Besitz.

Ihr im Jahr 1891 geborener Sohn Hans Martin Julius Woskowiak war der letzte bekannte, im Haus No. 42 ansässig gewesene Schneider.

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Quellen soweit nicht direkt an Bildern, Photos oder im Text genannt:
Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) – Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl + Katasteramt Grundsteuerrolle 1866-1899

 

 

Und es wurde Licht in den Straßen Europas … in Neutomischel im Jahr 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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1903 erstrahlte in Neutomischel erstmalig die Gasbeleuchtung in den Straßen - Bild: Postkartenausschnitte [622]

1903 erstrahlte in Neutomischel erstmalig die Gasbeleuchtung in den Straßen – Bild: Postkartenausschnitte

1814 in London wurde das Verfahren der Gasgewinnung aus Steinkohle erfunden und die erste Gaslicht Straßenbeleuchtung eingerichtet,
1817 folgte Paris mit der Beleuchtung seiner Straßen
1818 Brüssel und Wien
1825 Hamburg
1826 Berlin
1827 Dresden
1846 Nürnberg
1848 Augsburg
1854 Lübeck
1903 erstrahlten auch in Neutomischel erstmals die Kandelaber

Das Kreisblatt Neutomischel berichtete über dieses Ereignis am 18. September 1903:

„Am vergangenen Dienstag (15.09.1903) abend erstrahlte Neutomischel zum ersten Male im Glanze der neuen Gasbeleuchtung.

In den Abendstunden nahm die Stadtkapelle auf dem alten Markt, welcher sich ganz besonders vorteilhaft während der Beleuchtung ausnahm, Aufstellung, um dem bedeutungsvollen Tage durch Vortrag einiger Musikstücke eine besondere Weihe zu geben.

Alt und Jung waren auf den Beinen, um in den hellerleuchteten Straßen eine Abendpromenade zu machen. Auch das neuerrichtete Gaswerk hatte sich mancher auf seinem Gange als Ziel erwählt.

Dieser oberflächlichen Besichtigung seitens der Einwohnerschaft ging im Laufe des genannten Tages eine Abnahme des Gaswerkes durch eine dazu berufene Kommission voraus. Zu derselben gehörten:

1. Herr Bürgermeister Witte,
2. Herr Stadtverordneter Paech, als Vertreter der Stadtgemeinde
3. Herr Ingenieur Zacker
4. Herr Bauführer Pieper, für die Firma Carl Franke-Bremen,
5. Herr Gasanstalts-Inspektor Dürrast-Fraustadt, als von der Stadt geladener Sachverständiger,
6. Herr Gasmeister Mahn

Die gesamten Betriebseinrichtungen wurden einer eingehenden Besichtigung unterzogen und die Ausführung der sämtlichen Apparate und Anlagen mit den Kostenanschlägen und Erläuterungs-Berichten übereinstimmend gefunden. Einige noch nicht vollständig beendete Arbeiten werden bis zur offiziellen Uebernahme, die in einigen Wochen erfolgen wird, fertiggestellt sein.

Im Anschluß an die allgemeine Besichtigung wurde das gesamte Straßen-Rohrnetz einer einstündigen Druckprobe unterzogen. Begonnen wurde dieselbe um 11 Uhr vormittags und bei ihrer Beendigung um 12 Uhr mittags stellte sich ein Gasverlust von 65 Litern bei einer Rohrnetzlänge von 6.000 m, das sind 13 Ltr. p. Kilom., heraus. Da gute Leitungen durchschnittlich pro Stunde und Kilometer nicht mehr als 150 Ltr. Verlust haben sollen, darf das erzielte Resultat als ein besonders gutes bezeichnet werden, zumal nach den mit der Baufirma getroffenen Vereinbarungen 80 Ltr. pro Kilom. und Stunde gestattet waren. Es muß daher der Firma Carl Franke-Bremen volle Zufriedenheit für die sorgfältige Ausführung ausgesprochen werden. Die Gesamtanlage des neuen Gaswerkes ist vollständig fachgemäß und allen Regeln der Neuzeit entsprechend ausgeführt und kann auch hierin der genannten Firma nur Anerkennung gezollt werden.

Das vollendete Werk kann somit, wie aus vorstehendem zur Genüge erkennbar ist, als ein wohlgelungenes bezeichnet werden und ist unstreitig ein bedeutsamer Fortschritt in der kulturellen Entwickelung unseres Städtchens, ein ehrendes Denkmal für alle Zeiten für diejenigen, deren unermüdlichem Streben wir hauptsächlich seine Entstehung (die des Gaswerks und der Beleuchtung) verdanken.

Die rege Beteiligung durch Anschlüsse von Seiten der Bürgerschaft lassen auf eine Speisung von ca. 800 Flammen und ca. 150 Kochern sowie 3 Motoren durch das Gaswerk schließen, sodaß auch die Rentabilität des Werkes gesichert ist, wenn nur 60 % der angeschlossenen Flammen 2 Stunden täglich brennen.

Möge die Anlage dem lebenden und kommenden Geschlechtern zum Segen dienen !“

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Quelle: Kreisblatt Neutomischel 1903-12-29/1903-11-03/1903-11-06 – Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa – http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Mord in Wengielno – 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Gasthof Sägner in Wengielno - Quelle: Bild: Postkartenausschnitt, Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [623]

Gasthof Sägner in Wengielno – Quelle: Bild: Postkartenausschnitt, Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Wengielno, in einigen Aufzeichnungen auch Wegielno und Wengellen, heißt heute Węgielnia. Früher wie heute war und ist es ein Dorf welches von Wäldern umgeben ist.

Die Einwohnerzahl betrug um 1900 knapp 300 und verteilte sich auf 43 Anwesen.

Und doch, auch in einem solchen kleinen Ort geschah das Verbrechen eines Mordes.

Im Kreisblatt Neutomischel findet sich unter dem 29.12.1903 die kurze Mitteilung, dass: „Der Eigentümer Menke aus Wengielno, welcher im Verdacht stand, den Eigentümer Sperling daselbst ermordet zu haben und dieserhalb in Haft genommen worden war, vor einigen Tagen wieder aus dem Gefängnis entlassen worden ist.“

Beim Zurückblättern in den Zeitungen finden sich hinsichtlich der Tat und der Tathergänge nachfolgende Berichterstattungen, welche schildern, wie der Eigentümer Menke unter Verdacht geriet die Tat begangen zu haben:


Ausgabe vom 1903-11-03

Am vergangenen Sonnabend (31.10.1903) um 8 1/2 Uhr abends wurde der Eigentümer Sperling aus Wengielno, der sich im Sägner’schen Gasthause daselbst aufhielt, erschossen.

Der Schuß ist durch eines der an der Straße nach Grudno belegenen Fenster erfolgt.

Sperling sank sofort tot von der Bank.

Die Frau des Gastwirts eilte auf die Straße, fand aber von dem Täter, welcher sich wahrscheinlich in die Schonung jenseits des Weges geflüchtet hatte, keine Spur. Auf telephonische Nachricht begab sich Sonntag früh Herr Gendarm Schütz an Ort und Stelle, um den Täter zu ermitteln. Seine Bemühungen sind nicht ohne Erfolg geblieben, indem als mutmaßlicher Mörder der Eigentümer Gustav Menge aus Wengielno ermittelt und bereits verhaftet worden ist.

Der Verdacht lenkt sich auf Genannten, da dieser mit dem Ermordeten schon längere Zeit in arger Feindschaft lebte und beide jahrelang Prozesse führten. Bei dem Verhafteten wurde eine frisch abgeschossene Schußwaffe, sowie Patronen vorgefunden und beschlagnahmt. Die Papierfetzen, welche bei der Leiche gefunden wurden, sind von demselben Zeitungspapiere, wie die Papierpfropfen der in dem Hause des angeblichen Mörders beschlagnahmten und von ihm selbst gefertigten Patronen.

Am gestrigen Montag vormittag waren die Vertreter der Staatsanwaltschaft aus Meseritz sowie Sachverständige an dem Tatorte anwesend, um das Protokoll über den traurigen Vorfall aufzunehmen. Der Verhaftete wurde gestern abend hierher transportiert und wird heute nach Meseritz in die Untersuchungshaft überführt werden.“

Ausgabe vom 1903-11-06

„Ueber den Mord in Wengielno erhalten wir noch von amtlicher Seite folgende nähere Mitteilungen: Am letzten Sonnabend, den 31. Oktober, abends kurz vor 8 1/2 Uhr ist im Sägner’schen Gasthause in Wengielno der Eigentümer Friedrich Sperling erschossen worden.

Nachdem bereits am Sonntag der zuständige Distriktskommissar Ermittellungen angestellt und einen Verdächtigen festgenommen hatte, erschien am Montag, den 2. November, Untersuchungsrichter und Staatsanwalt aus Meseritz am Tatorte. Unter Zuziehung des Königl. Oberförsters aus Buchwerder wurde festgestellt, daß der Täter, wahrscheinlich dicht am Zaun vor dem Gasthause stehend und die Flinte auf den Zaun auf- oder an einen vor dem Hause stehenden Baum anlegend, in schräger Richtung in die Gaststube hineingeschossen und den Sperling, der dicht am Fester mit dem Rücken nach diesem zu auf einer Bank gesessen, unterhalb des linken Ohres in den Hals getroffen hat. Sperling war sofort tot.

Wie die weiter unter Zuziehung der Kreisärzte aus Neutomischel und Grätz ausgeführte Leichenöffnung ergab, ist dem Sperling durch einen Schrotschuß die linke untere Gesichtshälfte zermalmt worden.

Die Verhandlungsergebnisse führten zur Verhaftung des Eigentümers Gustav Menke aus Wengielno. Die Ermittelungen bleiben jedoch eifrigst fortzusetzen; denn, da der Erschossene, der ein Trinker und mehrfach in Prozesse verwickelt war, viele Feinde hatte, muß es als nicht ausgeschlossen angesehen werden, daß eine andere Person, als der Verhaftete der Mörder ist. Auf die Straftat bezügliche und für die Ermittelung des wahren Thäters wesentliche Nachrichten sind dem Untersuchungsrichter beim Kgl. Landgericht in Meseritz erwünscht.

Ferner erfahren wir noch, daß der Mörder den verhängnisvollen Schuß in einer Entfernung von etwa 50 Centimtr. abgegeben haben muß, da die Fensterscheiben dicht mit Pulverschleim besetzt waren. Fenstervorhänge waren an den Fenstern nicht vorhanden. Die ganze Schrottladung ging dem Sperling dicht unter dem linken Ohr in den Hals mit solcher Heftigkeit, daß dem Getroffenen die ganze Mundhöhle zerrissen, viele Zähne herausgeschleudert und noch durch einige Prellkörner die auf dem Tisch stehende Schnapsflasche zersplittert wurde. Der Gastwirt Sägner saß dem Ermordeten gegenüber, jedoch etwas in schräger Richtung und wurde deswegen nicht verletzt. Sperling fiel von der Bank, ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben; das Blut spritzte ihm in einem Bogen vom Munde heraus.

Der als mutmaßlicher Täter verhaftete Menke wurde nach Meseritz in Untersuchungshaft überführt. Auf seinem Wagen in seiner Wagenremise wurde ein frisch abgeschossenes Gewehr vorgefunden, welches an dem Schließer frisches Baummoos aufwies, das wahrscheinlich von dem Anlegen der Schußwaffe an einen Baum herrührt. Ferner lag auf demselben Wagen eine durchnäßte Jacke, in deren Taschen noch gefüllte Patronen waren. (An dem betreffenden Abend hat es tüchtig geregnet.) Der Ermordete war ein Mann in den 50er Jahren und hinterläßt eine Frau und vier Kinder.“

* * *
Quelle: Kreisblatt Neutomischel 1903-12-29/1903-11-03/1903-11-06 – Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa – http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Einrichtung und Verpachtung der Stadtwaage – 1846

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung / Transkription Gudrun Tabbert)
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Rathaus bzw. Communalgefängnis der Stadtcommune - 1864 / Bild: Stadtbibliothek Nowy Tomysl - Hier könnte auch die Stadtwaage untergebracht gewesen sein [624]

Rathaus bzw. Communalgefängnis der Stadtcommune – 1864 / Bild: Stadtbibliothek Nowy Tomysl – Hier könnte auch die Stadtwaage untergebracht gewesen sein

Handelsgüter, hier sei nur der Hopfen als Beispiel angeführt, wurden nach Gewicht an- und verkauft. Zu diesem Zwecke musste die Ware verwogen werden. Noch im August des Jahres 1846 wurde dieses in Neu Tomysl auf privaten Waagen bei einigen Einwohnern erledigt.

Im August des genannten Jahres war es aber auch gewesen, dass gemäß hoher Verfügung der Hochwohllöblichen Regierung zu Posen, Abteilung des Innern mit der Verfügung 2915/7 46 I die Erlaubnis erteilt worden war in Neu Tomysl zugunsten der Stadtkämmereikasse eine öffentliche Stadtwaage nebst Gewichten anzuschaffen, diese einzurichten und den Betrieb derselben zu verpachten.

Mit Erteilung der Erlaubnis hatte die Stadtkämmerei alles Notwendige in die Wege geleitet. Ferner wurden im September 1846 die Vorbereitungen zur Verpachtung mittels einer Versteigerung zugunsten des Meistbietenden getroffen.

Als Versteigerungstermin war dann der 02. September 1846 am Vormittag um 9 Uhr im Magistratsbureau durch den damaligen Bürgermeister Katerla und die Stadträte Tepper, Kutzner, Kaulfuss und Stein angesetzt gewesen. Die Einladung an Pachtlustige war mittels öffentlichen Aushang in 2-facher Ausfertigung erfolgt; eine Zeitung hatte es in jenen Jahren noch nicht in der Stadt gegeben.

In den ausgearbeiteten Pachtvereinbarungen findet sich , das sich die Pachtzeit auf 3 Jahre, vom „1. October 1846 bis wieder dahin„, belaufen sollte. Auch war der finanzielle Teil schriftlich geregelt – einerseits, dass der Pächter die Pacht vierteljährlich im Voraus zu zahlen gehabt hat und andererseits auch die Höhe des Wiegegeldes, welches den Auftraggebern, z. B. Kaufleuten, nebst dem Verdienst des Pächters berechnet werden durfte. Selbst die Öffnungszeiten für den Sommer und Winter, welche der Pächter einzuhalten gehabt hatte, waren festgeschrieben gewesen. Ebenso waren Kosten für die geforderten gedruckten Wiegezettel sowie die eigentlichen Vertragskosten durch den Pächter zu tragen gewesen. Seitens der Stadt waren der Waagebalken mit den an Ketten hängenden Waagschalen, sowie auch die Gewichte gestellt worden. Für den Zustand und die Vollzähligkeit letzterer war der Pächter in der Verantwortung gewesen.

Als Gebote am Auktionstag waren wie folgt abgegeben worden:

lfd. No. Name des Bietenden Summe
1.
Kutzner August
5 Taler
2.
Huebner, Gottlieb
10 Taler
3.
Scheibe, Heinrich
15 Taler
4.
Schreiber, Moritz
16 Taler
5.
Wandrey, Gottlieb
20 Taler
6.
Huebner, Gottlieb
21 Taler
7.
Bonn, Meyer
25 Taler
8.
Wandel, Wilhelm
26 Taler
9.
Schreiber, Moritz
27 Taler
10.
Huebner, Gottlieb
28 Taler
11.
Scheibe, Heinrich
30 Taler
12.
Huebner, Gottlieb
30 Taler, 5 Sgr
13.
Scheibe, Heinrich
30 Taler, 10 Sgr
14.
Huebner, Gottlieb
30 Taler, 15 Sgr
15.
Scheibe Heinrich
30 Taler, 20 Sgr
16.
Huebner, Gottlieb
31 Taler
17.
Kroenert, Gottlieb
31 Taler, 10 Sgr
18.
Huebner, Gottlieb
31 Taler, 15 Sgr
19.
Kroenert, Gottlieb
31 Taler, 20 Sgr
20.
Schlestein, Hermann
32 Taler
21.
Schreiber, Moritz
32 Taler, 15 Sgr
22.
Schlestein, Hermann
32 Taler, 20 Sgr
23.
Kroenert, Gottlieb
33 Taler
24.
Schlestein, Hermann
33 Taler, 5 Sgr
25.
Kroenert, Gottlieb
22 Taler, 15 Sgr
26.
Schlestein, Hermann
33 Taler, 20 Sgr
27.
Kroenert, Gottlieb
33 Taler, 25 Sgr
28.
Schlestein, Hermann
34 Taler
29.
Kroenert, Gottlieb
34 Taler, 5 Sgr
30.
Schlestein, Hermann
34 Taler, 10 Sgr
31.
Kroenert, Gottlieb
34 Taler, 15 Sgr
32.
Schlestein, Hermann
35 Taler
33.
Kroenert, Gottlieb
35 Taler, 15 Sgr
34.
Schlestein, Hermann
35 Taler, 20 Sgr
35.
Kroenert, Gottlieb
36 Taler
36.
Schlestein, Hermann
36 Taler, 5 Sgr
37.
Kroenert, Gottlieb
36 Taler, 10 Sgr
38.
Schlestein, Hermann
36 Taler, 15 Sgr
39.
Kroenert, Gottlieb
36 Taler, 20 Sgr
40.
Schlestein, Hermann
36 Taler, 25 Sgr
41.
Scheibe, Heinrich
37 Taler
42.
Kroenert, Gottlieb
37 Taler, 5 Sgr.
43.
Schlestein, Hermann
37 Taler, 10 Sgr
44.
Kroenert, Gottlieb
37 Taler, 15 Sgr
45.
Scheibe, Heinrich
37 Taler, 20 Sgr
46.
Kroenert, Gottlieb
37 Taler, 25 Sgr.
47.
Schlestein, Hermann
38 Taler
48.
Kroenert, Gottlieb
38 Taler, 5 Sgr.
49.
Scheibe, Heinrich
38 Taler, 10 Sgr
50.
Kroenert, Gottlieb
38 Taler, 15 Sgr
51.
Schlestein, Hermann
38 Taler, 20 Sgr
52.
Kroenert, Gottlieb
39 Taler
53.
Schlestein, Hermann
39 Taler, 5 Sgr
54.
Kroenert, Gottlieb
39 Taler, 15 Sgr
55.
Schlestein, Hermann
39 Taler, 20 Sgr
56.
Scheibe, Heinrich
39 Taler, 25 Sgr
57.
Kroenert, Gottlieb
40 Taler
58.
Schlestein, Hermann
40 Taler, 5 Sgr
59.
Kroenert, Gottlieb
40 Taler, 10 Sgr
Der Mehl-Wäger. Den Mehl-Staub wischt sich ab, betrug fleckt bis ins Grab. ... Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Balance_scales_in_art? uselang=de#mediaviewer/File:Fotothek _df_tg_0008610_St%C3%A4ndebuch_^_Beruf_^_ Handwerk_^_W%C3%A4ger_^_M%C3%BCller_^_Waage.jpg [625]

Der Mehl-Wäger. Den Mehl-Staub wischt sich ab, betrug fleckt bis ins Grab. …
Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Balance_scales_in_art? uselang=de#mediaviewer/File:Fotothek _df_tg_0008610_St%C3%A4ndebuch_^_Beruf_^_ Handwerk_^_W%C3%A4ger_^_M%C3%BCller_^_Waage.jpg

Nach dem 59. Gebot traten „die übrigen Bietanten nunmehr von dem weiteren Bieten ab, und es blieb hiernach der Bürger und Färber Gottlieb Kroenert (aus Neu Tomysl )mit dem Gebote von Vierzig Thaler zehn Silbergroschen Meistbietender.

Da „weiter war nichts zu verhandeln gewesen„, wurde „daher vorstehende Verhandlung vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.“

Eine Transkription des Pachtvertrages findet sich am Ende dieses Beitrages.

Zur Gültigkeit des Vertrages war noch die Ratifizierung der „Hochwohllöblichen Königlichen Regierung“ in Posen notwendig gewesen.

Seitens des Magistrats und Stadtrats waren zum Zwecke des Erhalts der Erteilung der Genehmigung alle Unterlagen von der Bekanntgabe bis zum Ausgang der Versteigerung zusammengestellt und an den Landrat zur Weiterleitung und Einholung der Beurkundung durch „hohen Orts“ eingereicht worden.

Diese Dokumente begleitete ein Brief.

Nach dem mehr oder weniger amtlichen Teil betreffend der Angelegenheit der Stadtwaage, heißt es in diesem weiter „Gleichzeitig erlauben wir uns noch besonders nachstehend gehorsamt zu berichten, daß wegen Mangel einer städtischen Waage, alle bisher zur Waage passierenden Güter auf den hier Orts befindlichen Privat-Waagen ebenfalls gegen Entgelt gewogen worden sind„.

Dieser Punkt wurde noch ergänzt um den Kommentar “ wobei aber das Publicum auf eine fürchterliche Weise hintergangen worden ist„.

Doch der Magistrat befürchtete Schlimmeres, denn weiter heißt es „... und obgleich nunmehr zum wesentlichen Nutzen des Publicums eine städtische Waage angelegt und der hiesigen Stadt das Waagenmehl rechtmäßig verliehen ist; so beabsichtigen die nachstehend aufgeführten Besitzer von Privat-Waagen als 1. der Materialienhändler Dienegott Pflaum, 2. der Kaufmann Carl Dampmann, 3. der Gastwirth Gottlieb Wandrey, 4. der Gastwirth August Huebner und 5. der Kaufmann Alexander Männel , um sich in ihrem Gewerbe mehr Nutzen zu verschaffen, noch eben so wie früher das Waagegeschäft gegen Entgelt für Andere schlimmsten Falls unentgeltlich fortzubetreiben.“

Dieser Schändlichkeit der Kaufleute war es aber noch nicht genug, denn den zu „… ad 3 und 4 aufgeführten Gastwirthen“ wurde ausgeführt, dass diese „… dadurch das Publicum noch mehr zum Laster des Trunkes verleiteten und bei dieser Gelegenheit die bei ihnen einkehrenden Wiegegäste in ihrem angetrunkenen Zustande beim Abwiegen ihrer Produkte, welche größten Theils aus Hopfen bestehen, zum Vortheil der Käufer zu hintergehen suchen.

Ihre eigentlichen Befürchtungen durch das Verhalten der Kaufleute mit der Einrichtung der Stadteigenen Waage ein Minusgeschäft zum machen wurde deutlich zum Ausdruck gebracht: „… sollte dieses (der Fortbetrieb der Verwiegung) den Besitzern von Privatwaagen auch gegenwärtig noch gestattet werden, auch noch ferner hin für Anderer gegen Entgelt oder auch nur aus vorangeführten Gründen unentgeltlich zu wiegen, so würde die städtische Waage wohl nicht nur allein in ihrem Rechte gestört werden, sondern auch einen bedeutenden Verlust erleiden„.

Relief der alten Kleinen Stadtwaage Nürnberg - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:N%C3%BCrnberg_Winklerstra%C3%9Fe_22_IHK_Hauszeichens_der_Kleinen_ Stadtwaage.jpg [626]

Relief der alten Kleinen Stadtwaage Nürnberg – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:N%C3%BCrnberg_Winklerstra%C3%9Fe_22_IHK_Hauszeichens_der_Kleinen_ Stadtwaage.jpg

Man war sogar noch weiter gegangen, diese Verluste würden mit sich gebracht haben, dass „… die Stadtwaage ohne Beschäftigung sein“ würde, “ ... und solche auch Niemand mehr pachten würde, und dieserhalb die hiesige Kämmerei Kasse, die ohnehin nur sehr geringe Einnahmen besitze, in dieser Revenue bedeutend“ das Nachsehen gehabt haben würdee, und man letztlich dadurch auch nicht in der Lage gewesen sein würde, “ … den Zustand der Stadt, in eine bessere Lage zu versetzen.“

Wobei letztere Anmerkung sich nicht etwa auf die Verhinderung und das Unterbinden von Betrug und dergleichen bezogen hatte, sondern die Anschaffung und Ausführung des „... so dringend nöthigen Pflasters auf dem so genannten Kirchenringe (Alter Markt)“ betroffen hatte.

Der Magistrat hatte mit der letzten Bemerkung somit auch gleich den Punkt geklärt, da Hauptstraßen bzw. Verbindungswege mit Pflaster zu versehen gewesen waren, dass man ja den Willen zur Befestigung der Straßen gehabt habe, dieses aber ohne Einnahme nicht durchführbar gewesen sein würde, die Stadtverwaltung somit auch nicht in der Verantwortung für verspätete oder sogar die Nichtausführung dieser Auflage verantwortlich gewesen wäre.

Mit der Einleitung „gehorsamst wird darauf angetragen“ präsentierte der Magistrat jedoch dann auch gleich einen Lösungsvorschlag aus dieser unleidlichen Situation: „Hochgeneigtest höheren Orts dahin wirken zu wollen, daß den vorbenannten Besitzern von Privat-Waagen das fernere Wiegen für Andere gegen Entgelt als auch unentgeltlich bei Androhung einer angemessenen Polizei Strafe untersagt, und daß die städtische Waage in den ihr verliehenem Recht dadurch geschützt werde, daß alle und jeder zur Waage passierenden Güter auf keine Andere als nur auf die Stadtwaage gebracht werden müßen„.

Trotz intensiver Durchsicht der alten Dokumente fand sich nicht, dass die Stadt Neu Tomysl ein Monopol für Verwiegungen zugesprochen bekam. Bestätigt wurde der Kontrakt zwischen der Stadt Neu Tomysl und Gottlieb (Erdmann) Krönert per 6. October 1846 durch die Königliche Regierung Abtheilung des Innern, Posen – gez. Gründler

* * *

Pacht-Kontrakt
Zwischen dem Magistrate und Stadtrathe hierselbst einer, und dem Bürger und Färbermeister Gottlieb Kroenert von hier anderer Seits, wurde nachstehender Pacht-Kontrakt wohlbedächtigt verabhandelt und geschloßen

Da beide Theile diesen vorbezeichneten Pacht-, resp. Verpachtungs Kontrakt ein mehrerer nichts hinzugefüget hatten, so wurde dieser unter Vorbehalt der höheren Approbation nach geschehener nochmaliger Vorlesung eigenhändig vollzogen

Neutomysl 7. September 1846
Der Magistrat und Stadtrath als Verpächter             Der Pächter
gez. Katerla                                                                      gez. G. E. Kroenert, Junior
gez. Tepper – Kaulfuss – Stein – Kutzner
/L.S. Stelzer“

 * * *

 

 

Schöffengerichtssitzung vom 17. August 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Polizeirat Roll; Schöffen waren die Herren Teophil Morzynski von hier und August Roy-Paprotsch.

Verhandelt wurden folgende Fälle:


1. Der Eigentümer Percz aus Bukowiec wurde wegen Körperverletzung des Bäckermeisters Bederke ebendaselbst mit 30 Mark bestraft

2. Die Eigentümersöhne Hermann und Karl Franke aus Neuborui waren angeklagt, einen Hund auf den Eigentümer Bläsing ebenda gehetzt und denselben mit der Begehung eines Verbrechens bedroht zu haben. Ersterer wurden wegen Bedrohung zu 3 Mark Geldstrafe verurteilt, letzterer in beiden Fällen freigesprochen

3. und 4. Gegen den in zwei Fällen angeklagten Jakob Koza aus Bukowiec, welcher nicht erschienen war, wurde Haftbefehl erlassen und die Verhandlung vertagt

5. Der Schulknabe Joseph Hanszyk aus Bukowiec erhielt wegen Körperverletzung des Schulknaben Roman Koza einen Verweis

6. Reinhold Pfeiffer und Häusler Wilhelm Lindner, beide aus Cichagora, sowie Eigentümerssohn August Seiffert aus Glinau waren des gemeinschaftlichen Hausfriedensbruches, ersterer noch in Verbindung mit Sachbeschädigung, angeklagt. Sie wurden sämtlich freigesprochen

7. Der Häusler Reinhold Pfeiffer aus Cichagora wurde wegen Körperverletzung seiner Ehefrau mit 2 Wochen Gefängnis bestraft, wegen Bedrohung aber freigesprochen

8. Der Eigentümer Ernst Winkler aus Scherlanke war wegen Mißhandlung des Altsitzers Heinrich Fehner ebenda angeklagt. Der sich während der Verhandlung herausgestellten Gegensätze wegen wurde die Sache zwecks Ladung anderer Beweismittel vertagt.

9. Der Fleischermeister Gustav Schmidt von hier (Neutomischel) hatte wegen Verübung ruhestörenden Lärmes einen Strafbefehl in Höhe von 30 Mark erhalten, jedoch gegen diese Strafe Einspruch erhoben. Dieselbe wurde auf 5 Mark herabgesetzt.

10. Die Arbeiterin Agnes Osinska aus Chraplewo hatte einen Strafbefehl von 5 Mark erhalten, jedoch richterliche Entscheidung beantragt. Sie sollte angeblich auf der Feldmark der Herrschaft Wonsowo eine Quantität Klee abgeschnitten und entwendet haben, sie mußte aber nach Ergebnis der Sachlage freigesprochen werden.

11. Der Fleischer Bruno Otto aus Witomischel wurde wegen Körperverletzung der Arbeiterin Lodiga ebenda mit 5 Mk. und weil er nach deren Sohn mit einem Pantoffel geworfen hatte, ohne jedoch zu treffen, mit 1 Mk. bestraft.

12. Die Privatklage des Eigentümers Reinhold Schobert aus Altborui gegen den Eigentümer Heinrich Schobert zu Kunik wurde behufs neuer Zeugen vertagt

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-08-19

Schlechte Erträge mit dem Handel der Hopfenernte des Jahres 1870 – die Hopfenhändler Friedlaender

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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links oben: Hopfenverladung in Neu Tomysl links unten: Hopfenmarkt in Nürnberg rechts: Angebot des H. Friedlaender aus dem Jahr 1870 [627]

links oben: Hopfenverladung in Neu Tomysl
links unten: Hopfenmarkt in Nürnberg
rechts: Angebot des H. Friedlaender aus dem Jahr 1870

Dieser Artikel gibt einen kleinen Einblick zum Hopfenhandel des Jahres 1870. Die Qualität war unbefriedigend, ob es die erwähnten schlechten Wetterverhältnisse oder die Ausbeutung des Bodens gewesen waren, die dazu geführt hatten, ist heute, 145 Jahre später, nicht mehr zu sagen. Letzlich war aber noch 1 1/2- 2 Jahre nach der Ernte Hopfen aus dem Jahr 1870 zu beziehen.

Einen besonderen Einblick liefert ein Angebot des Hopfenhändlers Friedlaender an die Fa. Rosenfeld & Comp. in Nürnberg. Er versandte dieses per Faltbrief am 23. November 1870 aus Neutomischel. Den Abstempelungen des Briefes folgend lag dieses bereits am Folgetag, dem 24. November 1870 beim Empfänger vor.

Der Original Angebotsbrief wird im Maennel Archiv verwahrt und wurde uns in Kopie für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Hier nochmalsVielen Dank !

* * *

Im Jahr 1870 erzielte der Verkauf des Hopfens keine die Anbauer befriedigenden Preise. Bei Interpretation einer Veröffentlichung vom 16. Januar 1872 in der es hieß:

„Bei wenig Vorräthen ruhiger Geschäftsgang. Prima werden immer noch mit 72-75 Thlr. bezahlt, sind aber nur selten anzutreffen. Für 70er wenig Nachfrage, man kauft solche für 10-12 Thlr., in bester Qualität zu 14-15 Thlr.“ (1)

muss die Ernte des Jahres in der Qualität weit hinter der des Folgejahres 1871 zurückgelegen haben. Die Ware wurde nicht verkauft und war letztlich noch Mitte des Jahre 1872 zu haben.

Bestätigt findet sich dieses auch in einem Angebot, welches der Hopfenhändler H. Friedlaender an die Fa. Rosenfeld & Comp., Nürnberg versandte:

Herrn Rosenfeld & Comp. Nürnberg
Neutomysl den 23 Novber 70
Seit meinem Jüngsten ist es hier noch immer
sehr flau im Geschäft, & daher jetzt sehr gut anzukommen
da nur hier Export von Rothbarth Comp., Strauss, Ullmann
gekauft wird. Ersterer kauft ziemliche von 8 bis 9 cm.
Letztere kaufen gelbliche von 5 bis 6 cm. Man kann gelbe
schwere Qualität von 4 bis 5 cm & gewönliche Mittel
von 7 bis 8 cm, z Preise von 11 bis 12 (Taler) ankommen zu
kauft. Hoffentlich werden Ihnen diese Preise
Gelegenheit geben mir einen Auftrag zu ertheilen
& können Sie versichert sein, daß selben alsdenn
bestens ausführen werden. In der angenehmen
Erwartung zeichnet

Mit aller Achtung
H. Friedlaender

Das seitens des Herrn H. Friedlaender erwähnte Unternehmen Ullmann, stammte ebenfalls aus Nürnberg. Bereits 1839 war der für sie seinerzeit tätige Handlungsreisende Adolph Rosenthal [628]anlässlich des Hopfenmarktes in der Stadt Neutomischel anwesend gewesen. Es findet sich hierin bestätigt, dass „Neutomischler Hopfen“ über lange Jahre durch Nürnberger Unternehmen angekauft wurden.

In der Veröffentlichung des Jos. Jac. Flatau „Nachrichten über den Hopfen von Neu Tomysl“ [629] aus dem Jahr 1873 finden sich die Hopfenhändler J. und H. Friedlaender unter der Rubrik „bedeutendste Hopfenhändler“ der Stadt.

Ansässig waren in Neu Tomysl in jenen Jahren Hirsch und Israel Friedlaender. Leider haben wir über sie und ihre Familien nur wenige Details in Erfahrung bringen können.

Israel Friedlaenders Name findet sich erstmalig im Jahr 1864 erwähnt. In diesem Jahr wurde unter seinem Namen auf dem Anwesen No. 40, welches sich im Besitz des Färbermeister Krönert befand, ein Speicher errichtet.

Das Gebäude war 50 Fuß lang und 38 Fuß breit (ca. 15,2×11,6 m). In der 1sten Etage 10, in der 2ten und in der 3ten je 8,5 Fuß hoch, worauf dann noch der Trempel mit einer Höhe von 4 Fuß aufgesetzt war (ca. 3+2,5+2,5+1,2m = ca. 9,2m Gesamthöhe). Es stand mit der Hinterfront längs des Landgrabens und grenzte mit dem südlichen Giebel an das Färbereigebäude No. 41 des Krönert. Über eine Auffahrt wurden Lagerräume und 1 Pferdestall erreicht. Desweiteren befanden sich im Speicher 1 sogenannte Schwefeldarre und 3 Böden.

Das alte auf dem Areal des Anwesen No. 40 stehende Wohnhaus, es war etwa 1805 erbaut worden, wurde ca. 1868 gründlich renoviert. Zu wann es von Krönert in die Hände des Israel Friedlaender überging ist nicht bekannt, mit dem Jahr 1875 findet sich letzterer jedoch als Besitzer.

Hirsch Friedlaender wurde erstmalig in Verbindung mit dem Haus No. 50 in Neu Tomysl erwähnt. Er wurde der Nachbesitzer des um 1824 errichteten Hauses des Carl Lemberg am damaligen Neuen Markt. In den Jahren 1868 und 1869 führte er an diesem „vollständige“ Reparaturarbeiten durch.

Eine letzte Erwähnung fand sich mit dem Geburtseintrag des Hugo Friedländer im Dezember 1876 als Sohn von Israel und seiner Frau Johanna geborene Levy.

Eine Vermutung ist, dass beide Friedländer Familien um 1878 Neutomischel verließen. Basieren tut diese Annahme darauf, dass in Archivunterlagen zu finden ist, dass im November 1877 Carl August Weinert und Maria Ida Fenske heirateten, sie waren die späteren Besitzer des Anwesens No. 50; desgleichen zog um 1877/1878 die Familie Friedrich und Amalie Dorothea (geb. Kahl) Bräutigam über Berlin in die Stadt, diese findet sich dann in Dokumenten jener Zeit als Besitzer des Anwesens No. 40.

Neu Tomysl - Stadtplan 1836, erstellt nach den “Akta miasta Nowy Tomyśl“ [Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2) [590]

Neu Tomysl – Stadtplan 1836, erstellt nach den “Akta miasta Nowy Tomyśl“ [Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2)

* * *

Allgemein wurde über den Hopfenanbau im Februar 1872 unter der Überschrift: „Der Hopfenbau Preußens.“ wie folgt berichtet:

„Im preußischen Staate ist der Hopfenbau von jeher in vielen Gegenden betrieben worden, ohne daß er indeß bisher einen sehr bedeutenden Umfang erreicht hätte, und er steht noch jetzt in keinem Verhältniß zu der Größe des Landes und dem starken Verbrauch.

In früherer Zeit waren die Hauptsitze der Hopfenkultur die Provinzen Sachsen und Brandenburg; letztere hat indeß in neuerer Zeit an Bedeutung verloren und man findet da, wo der Hopfenbau noch betrieben wird, nur schwache Ueberreste einst großer Anlagen, die theilweise durch Friedrich den Großen ins Leben gerufen waren. Dagegen ist seit Ende der dreißiger Jahre die Provinz Posen für den Hopfenbau von größerer Bedeutung geworden und wir wollen, indem wir den gegenwärtigen Zustand und die Ausbreitung dieser Kultur in Preußen einer kurzen Betrachtung unterziehen, zunächst mit dieser Provinz beginnen.

In der Provinz Posen hatte sich bereits im Jahre 1692 unter der Herrschaft der Krone Polen der Anbau des Hopfens eingebürgert, indeß nie zu einer besonderen Ausdehnung gelangen können. Bis zum Jahr 1837 überstieg der durchschnittliche Hopfenertrag nicht 500 Ctr. zum Preis von ca. 9 Thlr.

Dieser Stand der Dinge änderte sich indeß bald, als seit 1837 mit einsichtsvoller Energie durch den Kaufmann Jakob Flatau der Versuch gemacht wurde, im Buker Kreise des Großherzogthums Posen, in der Umgegend von Neutomysl den Hopfenbau nicht allein zu verbessern und von seinen bisherigen Mängel n zu befreien, sondern auch extensiv zu erweitern und in Schwung zu bringen.

Dies ist denn auch in jeder Beziehung gelungen und ist die Ausdehnung der Kultur im Kreise Buk allein eine so bedeutende gewesen, daß dort in neuerer Zeit jährlich 20.000 Ctr, auf 4.000 Morgen gewonnen werden. Nach den darüber vorliegenden statistischen Notizen umfaßte der Posener Hopfenbau 8 Distrikte mit 133.781 Schock (*) Hopfenstöcken, nämlich:

Zu den Orten, welche sich durch den Umfang ihres Hopfenbaues besonders auszeichnen, gehören im

So hat diese Gegend bewiesen, daß auch Norddeutschland und die Ebene in geeigneten Lagen und bei sorgsamer Kultur einen guten Hopfen erzeugen kann. In jüngster Zeit soll übrigens der Posener Hopfenbau theils in Folge nachtheiliger Witterungsverhältnisse, theils durch Erschöpfung des seit einer Reihe von Jahren nur mit Hopfen bebaut gewesenen Bodens, einen nicht unbedeutenden Rückschlage erlitten haben, weshalb auch der Handel, welcher mit demselben bis ins Ausland betrieben wurde, etwas ins Stocken gerathen ist. Der Preis ist in Folge dessen so bedeutend gesunken, daß im Jahre 1870 je nach der Güte des Erzeugnisse nur 5, 6, 10, 14, 15 bis 25 Thlr. pro Ctr. bezahlt worden sind, während böhmischer und bayrischer Hopfen 35, 36, 38 bis 50 Thlr. galt.“ (2)

Am 14. Mai 1872 wurde aus Grätz vermeldet:

„Die Vorräthe der 71er Ernte sind sehr zusammengeschmolzen, die letzten Käufe wurden zu 50 bis 55 Thlr. gemacht. In größeren Quantitäten sind dagegen 70er Hopfen vorhanden, die Preise derselben sind wie die Waare, sehr verschieden und lauten von 8-12 Thlr.“ (3)

* * *

Quellenangaben soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
(*) Schock als Maßeinheit: 60 Stück – (1 Schock = 3 Stiegen = 4 Mandel = 5 Dutzend)
(1) Allgemeine Hopfen-Zeitung – Für Hopfenbau und Hopfenhandel, Brauwesen und Landwirthschaft. – No. 8 – Nürnberg, Donnerstag, den 18. Januar 1872
(2) Allgemeine Hopfen-Zeitung – Für Hopfenbau und Hopfenhandel, Brauwesen und Landwirthschaft. – No. 23 – Nürnberg, Donnerstag, den 22. Februar 1872
(3) Allgemeine Hopfen-Zeitung – Für Hopfenbau und Hopfenhandel, Brauwesen und Landwirthschaft. – No. 57 – Nürnberg, Donnerstag, den 16. Mai 1872
Bauliche Beschreibungen mit Ihren Besitzern: Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2

Dezember – Grudzień 2014

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski)
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2014-Weihnachtskarte 3R [630]

Weihnachtsfeier in der Schule von Bolewitz – 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Das neue Kath. Schulhaus in Bolewitz - Postkartenausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski [631]

Das neue Kath. Schulhaus in Bolewitz – Postkartenausschnitt Sammlung Wojtek Szkudlarski

Einen Weihnachtsbaum in Wohnhäusern aufzustellen, so heißt es, beruht auf einen uralten heidnischen Brauch in den verschiedensten Kulturen. Er war ursprünglich das Symbol für das unaufhörliche Walten der Gottheit in der scheinbar toten winterlichen Natur, indem die trotz Schnee und Eis immergrüne Tanne, die Hoffnung auf das junge Grün des kommenden Frühling symbolisierte.

„O Tannenbaum, o Tannenbaum, dein Kleid will mir was lehren:
die Hoffnung und Beständigkeit gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit!
O Tannenbaum, Tannenbaum, dein Kleid will mir was lehren.“ *

Nachstehender Artikel aus dem Jahr 1901 erinnert daran, dass dieser Brauch auch um 1891 in Bolewitz Einzug gehalten hatte.

„Seit 10 Jahren hält Herr Lehrer Tschiersch in unserer Schule alljährlich eine Weihnachtsfeier ab, bei welcher die Kinder nach vorangegangenen Deklamationen und Gesängen mit Aepfeln, Nüssen und Zuckerwerk beschenkt werden.

Diese schöne Sitte war bisher in unserer Gemeinde unbekannt und das Schmücken eines Christbaumes gehörte in das Reich der Fabel.

Bald erwachte jedoch das Interesse bei Kindern und Eltern für eine derartige Feier und heute fehlt in keinem, auch dem ärmsten Hause in Bolewitz der Weihnachtsbaum.

Am Sonntage den 22. Dezember Abends um 6 Uhr, versammelten sich Kinder, Lehrer und Schulvorstand in der 2. Klasse. Gäste, unter anderen Frau Domänenpächter Keibel, Forstbeamte und Eltern, waren so zahlreich erschien, daß das ausgeräumte Klassenzimmer die Menge nicht fassen konnte und der größte Theil der Erwachsenen im Garten unter den Fenstern Aufstellung nehmen mußte.

Nach der üblichen Feier gedachte der Leiter derselben Herr Lehrer Tschiersch auch des früheren Oberförsters Herrn Waechter, welcher während seines Hierseins unserer Schule und speziell dieser Feier reges Interesse entgegengebracht hat. Er gab bekannt, daß genannter Herr, wie im Vorjahre, auch in diesem Jahre 20 Mark zur Beschenkung der Kinder übersandt habe.

Wir halten es für unsere Pflicht, hiermit dem Herrn Oberförster Waechter unsern tiefgefühlten Dank auch an dieser Stelle auszusprechen.

* * *

Quelle: Kreisblatt Neutomischel 1901-12-31  – Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa – http://www.wbc.poznan.pl/dlibra –
* 3te Strophe des Liedes O Tannenbaum

 

Weihnachten naht ! – eine „praktische“ Geschenkempfehlung aus dem Jahr 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Kreisblatt Neutomischel - Veröffentlichung des Beitrages unter der Schriftleitung d. Wilhelm Busch)
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Werbeplakat (um 1900) - Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Maggi [632]

Werbeplakat (um 1900) – Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Maggi

Weihnachten naht !

Viel heimliches Schaffen beginnt, und die Mutter hustet vernehmlich, bevor sie in das Zimmer tritt, in dem die Töchter emsig arbeiten. Diese alte schöne Sitte des Beschenkens ist uns verblieben und wird für alle Zeiten bleiben ! Der Vater aber hält sich mehr an’s Praktische und grübelt darüber.

Vielleicht können wir ihm helfen.

Als praktische Weihnachtsgeschenke sehr zu empfehlen ! so die Firma Otto Thomas Nachf., Inh. Friedr. Pfeffer in Neutomischel - Anzeige im Kreisblatt Neutomischel 1904 [633]

Als praktische Weihnachtsgeschenke sehr zu empfehlen ! so die Firma Otto Thomas Nachf., Inh. Friedr. Pfeffer in Neutomischel – Anzeige im Kreisblatt Neutomischel 1904

Will er etwas wirklich Willkommenes schenken, von dem alle Familienglieder profitieren, so verehre er seiner Frau eine Kollektion Maggi-Erzeugnisse ! Die Beschenkte wird unfehlbar gleich in den Festtagen mit deren Verwendung beginnen, weil Maggi’s bekannte Würze alle Suppen, Saucen, Gemüse usw. wesentlich verfeinert und viel Arbeit erspart. Letzteres gilt auch von Maggi’s Bouillon-Kapseln, die nur mit kochendem Wasser überbrüht, in einer Minute eine ausgezeichnete Fleisch- oder extrastarke Kraftbrühe geben. Kurzum, ein Sortiment der Maggi-Erzeugnisse wird Freude machen.

Fröhliches Fest !

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-12-13

Schöffengerichtssitzung vom 27. Juli 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsrichter Dr. Brasack, Amtsanwalt Herr Polizeirat Roll, Schöffen waren die Herrn Eigentümer Roy-Glinau und Segner-Sempolno.

Verhandelt wurden folgende Fälle:


1. Der Dienstjunge Paul Schinske aus Glinau war angeklagt, seinem Dienstherrn, dem Eigentümer Gottlieb Tepper, 2 Kühe durch Messerstiche schwer verletzt und 3 andere auf der Weide arg gemißhandelt zu haben. Er wurden wegen dieser Roheit mit 3 Tagen Gefängnis bestraft.

2. Der Arbeiter Gottlieb Quast aus Albertoske wurde wegen Körperverletzung des Arbeiters August Siegismund zu einer Woche Gefängnis verurteilt.

3. Der Buchbinder Arthur Ungar aus Schönlanke wurde wegen Bettelns mit 5 Wochen Haft und wegen Widersetzung gegen die Staatsgewalt verbunden mit Beamtenbeleidung mit 3 Monaten Gefängnis bestraft.

4. Die Strafsache gegen den Eigentümer Johann Bartkowiak und dessen Sohn Boleslaus, beide aus Kozielaske, wegen Körperverletzung wurde vertagt.

5. Desgleichen wurde die Verhandlung gegen den Fleischer Bruno Otto aus Witomischel wegen Bedrohung zurückgestellt.

6. Der Hausbesitzer Rudolf Schäfer von hier (Neutomischel) war der Bedrohung und Körperverletzung angeklagt. Von der ersteren Anklage wurde er freigesprochen, während er wegen der begangenen Körperverletzung 30 Mark Geldstrafe zahlt.

7. Der Eigentümer und Viehhändler Valentin Percz aus Bukowiec wurde zu einer Geldstrafe von 10 Mark verurteilt, weil er seinen Onkel, den Eigentümer Lorenz Percz ebenda mit einem Stock über den Kopf geschlagen hatte.

8. Der Eigentümer Kaczmarek aus Bukowiec hatte der Herrschaft Bukowiec Rübenschnitzel entwendet; er wurde dafür mit 1 Tag Gefängnis bestraft.

9. Die Privatklage des Eigentümers Reinhold Schober zu Kunik gegen den Eigentümer Heinrich Schober ebenda wegen Beleidung wurde, weil der angetretene Wahrheitsbeweis begründet war, abgewiesen. Ebenso wurde die Widerklage des Heinrich Schobert gegen den Privatkläger abgewiesen, da der angetretene Wahrheitsbeweis in keiner Weise gelungen war.

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-08-02

Mord in der Sylvesternacht – Pinne 1902

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Pinne / Pniewy - Marktplatz - Postkartenausschnitt [634]

Pinne / Pniewy – Marktplatz – Postkartenausschnitt

Im Standesamtsregister der Stadt Pinne (Pniewy)  des Jahres 1902 unter No. 2 vom 3. Januar findet sich eine Eintragung, über einen Überfall in Pinne in der Neujahrsnacht mit Todesfolge  (die kursiv eingesetzten Daten wurden ergänzt).

„Dem unterzeichneten Kantorbeamten geht heute von der Polizei Verwaltung der Stadt Pinne die schriftliche Mittheilung zu, daß …

am ersten Januar dieses Jahres (1902), Vormittag zwischen sieben und acht Uhr auf der Promenade am Zaune des hiesigen Schloßgartens der

in Folge Totschlagens todt aufgefunden worden sei.“

Im Kreisblatt Neutomischel fand sich hinsichtlich dieser Tat eine kurze Berichterstattung. Teilweise wurde die Schilderung der Ereignisse vermutlich aus dem Posener Tageblatt übernommen; einige Details sind abweichend dargestellt worden.

Pinne, 1. Januar 1902 – Mord in der Sylvesternacht
Eine gemeine Mordthat ist in der Sylvesternacht an dem hiesigen Nachtwächter Fechner verübt worden. Derselbe wurde, wie aus den bisher stattgefunden Vernehmungen hervorzugehen scheint, von einer rauflustigen Horde in der Nacht überfallen und erschlagen; seine Hilferufe sind in dem Lärm der Sylvesternacht leider verhallt, so daß der fast leblose Körper erst früh Morgens aufgefunden und in das hiesige Johanniterkrankenhaus gebracht werden konnte, wo der Unglückliche alsbald verschied.

Dem so frevelhaft ermordeten Manne, der erst etwa 30 Jahre alt war, wird das beste Zeugniß ausgestellt; er hinterläßt eine Frau und zwei kleine Kinder (vermutlich waren diesen beiden Kinder, der im August 1883 geborene Ludwig, und die im Dezember 1887 geborene Franciska).

Zwei stark verdächtige Individuen sind bereits verhaftet und in das hiesige Gerichtsgefängniß eingeliefert worden; auf die anderen Thäter wird eifrig gefahndet. (Pos. Tgbl.)“

Pinne, 5. Januar. Unter dem Verdacht, in der Sylvesternacht den Nachtwächter Fechner ermordet zu haben, sind die Brüder Jakob und Joseph Spott verhaftet worden. Beide bestreiten entschieden die That.“

Posen, 2. Mai (Schwurgericht). Der Arbeiter Joseph Schott aus Pinne wurde wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu 10 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurtheilt. Die Geschworenen hatten die Schuldfrage wegen Mordes und Todtschlags verneint.

Am Neujahrstage früh ist der Nachtwächter Fechner in Pinne todt aufgefunden worden. Der Verdacht der Thäterschaft lenkte sich alsbald auf den Angeklagten, der von Fechner bei einem Holzdiebstahl abgefaßt worden war und ihm deshalb Rache geschworen hatte. Schott ist ein jähzorniger, schon oft bestrafter Mensch. In der Neujahrsnacht verübte der Angeklagte auf dem Marktplatz zu Pinne groben Unfug; als er deshalb von Fechner zur Rede gestellt wurde, machte er sich über den Beamten lustig und erhielt von diesem mit der Wächterpicke einen Schlag über den Rücken.

Das hat den angetrunkenen Rowdy noch mehr in Wuth gebracht; er trank sich Muth an und muß später den Nachtwächter allein getroffen und angegriffen haben.

Der Tod des Fechner erfolgt, weil er vier Schläge mit einem stumpfen Instrument gegen den Kopf erhalten hatte.“

* * *

Quellen:

 

 

 

Brotbacken in Glinau – um 1940

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gerhard Knoll und Else Krüger geb Knoll, aus Glinau)
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Alter Backofen in Glinau - Bild: 1940 aufgenommen von Hr. Gerhard Jaenicke [635]

Alter Backofen in Glinau – Bild: 1940 aufgenommen von Hr. Gerhard Jaenicke

Durch Herrn Arno Kraft, Berlin wurde zur Veröffentlichung nachstehender Beitrag mit Bildern über das Brotbacken auf den Bauernhöfen des Haulandes übersandt:

„Auf den Bauernhöfen in der Umgebung von Neutomischel (im Westen der ehemaligen Provinz Posen) wurde bis zur Vertreibung im Winter 1945 für den eigenen Bedarf Brot und Kuchen selbst gebacken. Jede Bauernfamilie hatte einen eigenen Backofen, der in der Nähe vom Wohnhaus stand. Meistens wurde alle zwei Wochen Brot gebacken und oft dabei auch Kuchen, wenn ein Festtag in der Familie bevorstand. Zur Erntezeit wurde auch für die Erntehelfer stets Kuchen dabei mitgebacken.

Stillgelegter Backofen in Glinau - Bild: 1940 aufgenommen von Hr. Gerhard Jaenicke [636]

Stillgelegter Backofen in Glinau – Bild: 1940 aufgenommen von Hr. Gerhard Jaenicke

Der getrocknete Sauerteig wurde 30 Stunden vor dem Backen in einem Gefäß mit 30 Grad warmem Wasser eingeweicht. Die naturbedingte Säurebildung wurde hiermit eingeleitet.

In einem Backfass wurde 12 Stunden später das Roggenmehl mit 25 – 30 Grad warmem Wasser und einer Handvoll Salz mit dem gärenden Sauerteig verrührt. In diesen Brei wurde soviel Mehl beigemischt, bis der Backquirl aufrecht stehen blieb. Das Backfass wurde nun mit einem Holzdeckel zum Gären abgedeckt.

12 Stunden später wurde in den gärenden Mehlbrei 5 Liter Buttermilch beigemischt.

Jetzt wurde der Brei mit weiterem Roggenmehl aufgefüllt und nun mit den Fäusten geknetet, bis ein zäher Brotteig entstand. Die Menge konnte beliebig mit Wasser und Mehl erhöht werden.

Beim Backen in Kurnik - Aufn. Hr. Gerhard Knoll [637]

Beim Backen in Kurnik – Aufn. Hr. Gerhard Knoll

Nun wurde das Backfass wieder aufgedeckt, damit der Teig sich nach oben ausdehnen konnte.

Nach etwa 4 Stunden wurde der Brotteig in 3 1/2 bis 4 Kilo schwere Portionen in dafür angefertigte Holzmulden gelegt und glattgestrichen. Nach 2 Stunden Ruhezeit war der Brotteig backfertig.

Ein Kilo von dem Sauerteig hatte man längst vorher für das nächste Backen herausgetan und getrocknet und es wurde für das nächste Mal aufgehoben!

Eine Stunde vor dem Backen musste der Backofen angeheizt werden. In den Backofen wurde lange vorher 36 bis 40 Stück, 70 bis 80 cm lang gehackte und gut getrocknete Holzscheite kreuz und quer gestapelt, um ein gutes Abbrennen möglich zu machen.

Zum Anzünden der gestapelten Zweige wurden noch 4 Bund getrocknetes „Reisholz“, so nannte man in der Heimat den „Feueranzünder“ im Backofen, vor das trockene Holz gelegt.

Ein "moderner" Backofen in Glinau - Bild: 1940 aufgenommen von Hr. Gerhard Jaenicke [638]

Ein „moderner“ Backofen in Glinau – Bild: 1940 aufgenommen von Hr. Gerhard Jaenicke

Dieses wurde später angezündet und es brachte so das trockene Holz zum Brennen.

Damit die Flammen sofort nach Hinten schlugen, hatte man am Ende der Backfläche nämlich Löcher für den Luftzug angebracht. So sollte eine Backhitze von 200 Grad erreicht werden.

Nach dem Abbrennen mussten die Glut und untere Asche mit einer langen Stange und umwickelten nassen Lappen zu beiden Seiten geschoben werden. Erst jetzt konnte das Backgut auf die warme Fläche geschoben werden.

Auf ein Holzbackschieber wurde das Teigbrot gelegt und in den Ofen geschoben. Nach 1 1/2 bis 2 Stunden, je nach Größe, konnte das Brot aus dem Backofen geholt werden.

Streuselkuchen, Topfkuchen und manchmal auch eine Torte wurden mitgebacken.

Nach dem Backen wurden im Herbst bei der Obsternte Apfelscheiben, Birnen wie auch Zwetschgen in den noch warmen Ofen geschoben und so durch die Restwärme für den späteren Verzehr haltbar gemacht. Backobst war vor allem auch bei Bauernfamilien in den Wintermonaten sehr begehrt!“

Schöffengerichtssitzung vom 15. Juni 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Schneidemühlenbesitzer Reschke-Scharke und Eigentümer Förster-Konkolewo.

Verhandelt wurden folgende Fälle:

1. Der Eigentümer Johann Helmchen und dessen Sohn Paul, beide aus Neufeld, waren der gemeinschaftlichen Körperverletzung des Arbeiter Paul Müller, ebendaselbst angeklagt. Ersterer wurde mit 20 Mark, letzterer mit einem Verweise bestraft. Ersterer wurde noch auf die von dem Anwalt des Paul Müller, Rechtsanwalt Stams-Grätz, erhobene Nebenklage zu einer an den Beschädigten zu zahlenden Buße von 50 Mark verurteilt.

2. Der Handelsmann Edmund Kuniekiewicz aus Neutomischel wurde wegen Hausfriedensbruches und Beleidigung des pensionierten Lehrers Wendlandt von hier (Neutomischel) zu einer Geldstrafe von 10 Mark verurteilt.

3. Die Eigentümersöhne Paul und Otto Hämmerling, beide aus Paprotsch, waren wegen Sachbeschädigung und Bedrohung angeklagt. Ersterer wurde völlig, letzterer nur von der Anklage der Sachbeschädigung freigesprochen, während er wegen der Bedrohung 6 Mark Geldstrafe erhielt.

4. Der Weichensteller Wilhelm Muß-Paprotsch hatte einen Strafbefehl in Höhe von 2 Mk. erhalten, weil er das Ableben des Handelsmanns Hirsekorn nicht rechtzeitig dem Standesamten angezeigt hatte. Den gegen diesen Strafbefehl erhobenen Einspruch zog er in heutiger Verhandlung zurück.

5. Wegen ähnlichen Vergehens hatte die Schneiderin Marie Leske-Zinskowo einen Strafbefehl in gleicher Höhe erhalten und ebenfalls auf richterliche Entscheidung angetragen. Nach Lage der Sache wurde sie freigesprochen.

6. Die Privatklage des Eigentümers Reinhold Hanelt gegen den Eigentümer Carl Kraft aus Krummwalde wegen tätlicher Beleidung wurde durch Vergleich erledigt.

7. Die Privatklage des Arbeiters Heinrich Wolke aus Paprotsch gegen den Eigentümer H. Ortlieb aus Altborui wegen Beleidung wurde dahingehend verglichen, daß der Privatbeklagte die Kosten übernimmt und dem Privatkläger die einmalige Insertion des Vergleichs im Kreisblatt bewilligt.

8. Die Privatklage Töpfer gegen die Handelsfrau Kuniekiewicz wurde vertagt

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-06-21

Das „Drama von Dakowy Mokre“ – Ereignisse, Ermittlungen und das Urteil – 1913/1914

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldungen / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Blick auf Dakowy Mokre (2) [639]

Blick auf Dakowy Mokre – Bild: EA

Im Neutomischler Kreisblatt wurde es als „Drama von Dakowy Mokre“ überschrieben, im Berliner Tageblatt war es eine Schreckenstat. Graf Mielzynski  hatte im Dezember 1913 seine Frau Felicie geborene Gräfin von Potok-Potocka und deren Neffen den Grafen Alfred Mianczynski  erschossen.

Mathias Graf-Comte Mielzynski-Brudzewo  war am 13.10.1869 in Köbnitz / Chobienice unter dem Namen Maciej Ignacy Przecław Mielżyński geboren worden.  Zu seiner Person findet sich, dass er den Gymnasial Abschluss hatte, als Kunstmaler galt obwohl er ein begonnenes Kunststudium abgebrochen haben soll, Rittergutbesitzer und Offizier gewesen war und sich als polnischer Publizist im politisch literarischen Bereich betätigt hatte.

Bei den Reichstagswahlen des Deutschen Kaiserreiches im Jahr 1903 war Graf Mielzynski über die Polnische Liste für den Landkreis Samter-Birnbaum als Vertreter der polnischen Fraktion in den Deutschen Reichstag gewählt worden. Durch seine Tat legte er dieses Mandat allerdings mit Beginn des Januar 1914 nieder.

Während des  Dritten oberschlesischen Aufstandes [640] im Jahr 1921 wird ihm die bedeutende Rolle des Anführers, er hatte in jener Zeit das Pseudonym „Nowina Doliwa“ angenommen, zugeschrieben.

Er starb am 09. Januar 1944 in Wien.

Über das Privat- und Seelenleben, des Grafen Mielzynski wurde in den Berichterstattungen geschrieben; es sind Erwähnungen zu finden wie: „… er sich einen Lungenschuss  beibrachte, als sich seiner Eheschließung mit der Gräfin Potocka Hindernisse in den Weg stellten“, es zu einer „Versöhnung“ gekommen war, und auch, dass die „Familienverhältnisse angespannt“ waren.

In der Kreiszeitung Neutomischel, dem Berliner Tageblatt, selbst in dem „The West Australian“  und anderen Blättern, wurde zum Teil ausführlich über die Ermittlungen, die Gerichtsverhandlung und letztlich das Urteil berichtet; nachstehend einige Artikel bzw. Auszüge aus diesen:

* * *

1913-12-22 Berliner Tageblatt – (Telegramm unseres Spezialkorrespondenten) – H. Grätz (Posen), 21. Dezember – Die Schreckenstat des Grafen Mielzynski. – Der Graf im Grätzer Amtsgerichtsgefängnis. Der Reichstagsabgeordnete Graf Mielzynski, der seine Frau und deren Neffen erschossen hat, befindet sich im hiesigen Amtsgerichtsgefängnis als Untersuchungsgefangener.

Der Palast verm. vor dem Umbau - Bild: Z dziejów parafii dakowskiej 1401-2001 [641]

Der Palast verm. vor dem Umbau – Bild: Z dziejów parafii dakowskiej 1401-2001

Ueber die Schreckenstat werden jetzt folgende Einzelheiten bekannt: Graf Mielzynski war am Freitag vormittag in Posen und kehrte gegen 2 Uhr im Automobil nach Dakowymokre zurück. Unterwegs traf er das Automobil seiner Gattin, die sich auf dem Wege nach Posen befand, um dort Weihnachtseinkäufe zu besorgen. Die Gräfin war gegen 1/2 u Uhr abends wieder in ihrem Schloß. Bald nach ihrer Rückkehr erschien auch der junge Graf Alfred Miaczynski, in Begleitung seines Leibjägers, der vom Grafen Mielzynski eine Jagdeinladung erhalten hatte. Graf Mielzynski, die Gräfin und der junge Graf Maiczynski nahmen gemeinsam das Abendessen in den Wohnräumen der Gräfin in dem Parterre des Schlosses ein und blieben noch mehrere Stunden beisammen. Es wurde getrunken, geraucht und musiziert. Keinem der Anwesenden war irgend eine Erregung anzumerken. Erst nach Mitternacht trennt sich der Gast von seinen Gastgebern. Graf Mielzynski begab sich in seine in der ersten Etage gelegenen Schlafzimmer, und auch der junge Graf Miaczynski, der bezecht war, ging in sein Zimmer, das gleichfalls im ersten Stockwerk des Schlosses lag. Die Lage des Zimmers des jungen Grafen war derartig, daß er, um in sein Zimmer zu gelangen, an dem Schlafzimmer des Schloßherrn vorüber mußte. Der junge Graf hat sich nun, nachdem er kurze Zeit in seinem Schlafzimmer geweilt hatte, wieder in das unter Geschoß des Schlosses begeben und die Räume der Gräfin aufgesucht. Beim Verlassen seines Zimmers sagte er seinem Leibjäger, er solle auf ihn warten, er sei in zehn Minuten wieder zurück.

Es wird nun angenommen, daß Graf Mielzynski, dessen Schlafzimmertür nicht geschlossen gewesen sein soll, hörte, daß sein Neffe wieder in die Parterreräume des Schlosses hinunterging. Er soll dann, als der junge Graf nach längerer Zeit nicht wieder in sein Schlafzimmer zurückkehrte, selbst hinuntergegangen sein und an den Türen der Gemächer der Gräfin gelauscht haben. Der Chauffeur der Gräfin wurde noch gegen 2 Uhr nachts in den Salon der Gräfin befohlen, und zu dieser Zeit saßen die Gräfin, ihre Gesellschafterin und der junge Graf noch im Salon, unterhielten sich und rauchten Zigaretten. Plötzlich gegen 4 Uhr morgens erlosch in sämtlichen Räumen des Schlosses das elektrische Licht. Kurz darauf öffnete sich die Tür zum Schlafzimmer der Gräfin, in dem sich der junge Graf und die Gräfin befanden. In der Tür des durch eine Kerze erleuchteten Zimmers erschien Graf Mielzynski in Nachtkleidung, mit der Jagdflinte und einer elektrischen Taschenlampe in der Hand. Ohne ein Wort zu sagen, soll er das elektrische Licht wieder entzündet und die beiden tödlichen Schüsse abgegeben haben.

Der erste Schuß traf die Gräfin, der zweite den jungen Grafen. Die Gräfin erhielt eine Schrotladung mitten in die Brust. Der junge Graf wurde am ganzen Oberkörper von Schrotkugeln getroffen. Durch die Schüsse wurden der Leibjäger des jungen Grafen und die Gesellschafterin der Gräfin aufmerksam gemacht. Graf Mielzynski ging auf dem Korridor vor dem Schlafzimmer seiner Frau auf und ab. Als der Leibjäger des jungen Grafen die Treppe herabeilte und den Schloßherrn auf dem Flur sah, soll ihm dieser entgegengerufen haben, sein Herr sei schon lange tot. Jetzt wurde das gesamte Dienstpersonal geweckt, und es versammelte sich auf dem unteren Korridor des Schlosses. Graf Mielzynski rief den Leuten zu: „Geht doch hinein und rettet den Sündern ihre Seelen! Ruft doch den Priester für die Gräfin!“. Er soll dann an das Dienstpersonal eine Ansprache gehalten haben, in der er erklärte, daß er seine Frau und den Grafen Miaczynski erschossen habe, weil er ihn in den Zimmern seiner Frau ertappt habe. Unterdessen bemühten sich mehrere Bedienstete um die Erschossenen. Man legte die Gräfin auf ihr Bett und rief einen Priester herbei. Die Gräfin war nur mit einem Nachtkleide bekleidet; ihre Füße waren nackt. Der junge Graf war vollständig angekleidet, nur hatte er keine Stiefel an; diese standen in einer Ecke des Zimmers. Graf Mielzynski, der äußerlich vollkommene Ruhe zeigte, ging darauf in sein Zimmer und soll dort einige schriftliche Aufzeichnungen gemacht haben. Als um 8 Uhr morgens der telephonische Dienst eröffnet wurde, ließ er sich zunächst mit dem Gute Ivno verbinden, wo sein Bruder wohnt, und setzt diesen von seiner Tat in Kenntnis. Dann benachrichtigte er seinen Rechtsanwalt, Justizrat Motty in Grätz, von der Tat und machte zuletzt dem Amtsgericht Grätz Mitteilung von dem Geschehenen. Der Bruder des Grafen und dessen Gattin eilten im Automobil nach Dakowymokre, wohin sich auch Justizrat Motty begeben hatte. Bald war auch die Gerichtskommission unter Leitung des Amtsrichters Hagen aus Grätz an Ort und Stelle; aus Meseritz kam ein Vertreter der Staatsanwaltschaft, und auch der Distriktkommissarius aus Buk erschien. Die Vernehmung des Grafen Mielzynski, über deren Ergebnis nichts bekannt ist, dauerte den ganzen Tag an. Abends gegen 1/2 11 Uhr kehrte die Gerichtskommission nach Grätz zurück und nahm den Grafen Mielzynski im Automobil mit; es war unterdessen ein Haftbefehl gegen den Grafen erlassen. Er wurde in das Grätzer Untersuchungsgefängnis eingeliefert.

Ausschnitt aus Messtischblatt 1911 - Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [642]

Ausschnitt aus Messtischblatt 1911 – Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Heute fand die Obduktion der Leichen statt, zu der der Graf nicht zugezogen wurde. Die Ehe des Grafen und der Gräfin sind, wie gemeldet, drei Kinder entsprossen, zwei Töchter im Alter von 16 und 13 Jahren, die in einem Kloster in Galizien erzogen werden, und ein siebenjähriger Sohn, der sich bei dem Bruder des Grafen auf dem Gute Ivno befindet. Der Eheschließung des gräflichen Paares hatten seinerzeit große Hindernisse im Wege gestanden. Der Vater der auffallend schönen damaligen Komtesse Potocka war gegen die Ehe seines Kindes mit dem Grafen Mielzynski. Als Graf Potocki dem Bewerber erklärte, daß er ihm seine Tochter nicht zur Frau geben würde; brachte sich Graf Mielzynski vor den Augen seines zukünftigen Schwiegervaters einen Schuß in die Brust bei, unter dessen Einwirkung er noch heute zeitweise zu leiden hat. Schließlich gab der alte Graf Potocki dennoch die Einwilligung zur Eheschließung.

Die Ehe war in den ersten Jahren glücklich. Bald stellten sich aber Zwistigkeiten ein, die schließlich zu einer längeren Trennung führen. Erst im Frühjahr dieses Jahres, nachdem die Gräfin durch den Tod ihrer beiden Brüder die Herrschaft Dakowymokre geerbt hatte, wurden von den beiderseitigen Familien Versuche unternommen, die beiden Ehegatten wieder zu versöhnen. Es fand schließlich auch eine Aussöhnung statt, und der Graf und die Gräfin verbrachten einen Teil des Sommers gemeinsam mit ihren Kindern in Ostende.

Erst vor etwa acht Wochen ist der Graf völlig nach Dakowymokre übergesiedelt. Während der Abwesenheit des Grafen hatte sich zwischen der Gräfin und ihrem Neffen Miaczynski, dem Sohne ihrer Stiefschwester, der auf Bendlewo wohnte, ein Freundschaftsverhältnis entwickelt. Der junge Graf war fast täglich in Dakowymokre, und auch die Gräfin besuchte ihn häufig auf seinem Schloß. Beide machten wiederholt gemeinsame Fahrten nach Posen oder trafen sich dort. Von glaubwürdiger Seite wird versichert, daß die Gräfin, die eine sehr vermögende Dame war, den Grafen Miaczynski durch große Geldgeschenke unterstützte, und daß sie ihm auch wiederholt Juwelen und Pelze geschenkt hat. Ob das Gerücht, daß schon längere Zeit zwischen beiden unerlaubte Beziehungen bestanden, richtig ist, wird die Untersuchung ergeben.

Graf Miaczynski war stark dem Alkoholgenuß ergeben. Es soll Monate gegeben haben, in denen er an jedem Tag betrunken war. Auch war er in den Vergnügungslokalen in Posen kein seltener Gast.

Die Gräfin wird von allen Seiten als eine bildschöne Brünette geschildert. Sie soll für die Armen jährlich viele Tausende gegeben haben. Die Herrschaft Dakowymokre, die einen Umfang von 22.000 Morgen hat, ist eine der schönsten und ertragreichsten der Provinz Posen. Das Dorf Dakowymokre, das etwa vierhundert Einwohner zählt, besteht aus kleinen einstöckigen Lehmhütten. Die Bevölkerung ist fast ausschließlich polnisch. Das Schloß liegt inmitten eines kleinen Parkes. Es ist in den letzten Monaten ausgebaut und renoviert worden und hat zwei neue Seitenflügel erhalten. Die Inneneinrichtung ist sehr prunkvoll. Um das Schloß herrscht große Totenstille. Die Schloßbediensteten beklagen das Schicksal ihrer Herrin tief.

Heute vormittag fand in der Dorfkirche eine Messe für die Tote statt. Die Leichen sind noch nicht freigegeben. Die Gräfin wird im Erbbegräbnis der Familie Mielzynski in Woznik, Graf Miaczynski auf dem Gute Netlowo beigesetzt werden. Graf Mielzynski bleibt zunächst bis zum Abschluß der ersten Untersuchung im Amtsgerichtsgefängnis in Grätz und wird dann nach dem Landgerichtsgefängnis in Meseritz überführt werden. Vor den dortigen Geschworenen wird er sich auch zu verantworten haben.

Fassade der Kirche des Klosters in Wozniki; hier findet sich die Familiengruft der Mielzynski Familie; auf dem Friedhof hinter der Kirche wurde der Sohn Karol Maciej  Mielzynski (1906-1994) als letzter Nachkomme der Familie  beigesetzt - Bild: PM [643]

Fassade der Kirche des Klosters in Wozniki; hier findet sich die Familiengruft der Mielzynski Familie; auf dem Friedhof hinter der Kirche wurde der Sohn Karol Maciej Mielzynski (1906-1994) als letzter Nachkomme der Familie beigesetzt – Bild: PM

1913-12-22 Berliner Tageblatt – Unterredung mit dem Rechtsvertreter des Grafen Mielzynski – Im Hinblick auf die Ehetragödie des Grafen Mielzynski haben wir uns an den hiesigen Rechtsvertreter des Grafen, Rechtsanwalt Dr. Lubszynski, gewandt, der sich wie folgt dazu äußert: „Ueber die Tat selbst ist mir Näheres noch nicht bekannt. Ueber voranliegende Einzelheiten verbietet mir das Berufsgeheimnis weitere Mitteilungen. Für den, der die Familienverhältnisse näher kennen zu lernen Gelegenheit hatte und bemerken mußte, welche seelischen Qualen der Graf unter dem ganzen Leben der Gräfin in den letzten Jahren erduldet hat, kann die Tat nichts Ueberraschendes haben. Die starre und unbeugsame Art, mit der die Gräfin allen Bestrebungen des von starker Leidenschaft und von Liebe für seine Gattin erfüllten Grafen auf Wiederherstellung eines geordneten Ehelebens ablehnend entgegentrat, mußte die Erregung des Grafen zum Aeußersten bringen. Der nächste Anlaß mußte die Explosion herbeiführen. Die Gräfin, eine bekannte und gefeierte Schönheit, war, seitdem sie nach dem Tode ihres Vaters und ihrer beiden Brüder Alleinerbin und unbeschränkte Eigentümerin des großen Potockischen Familienfideikommisses und Schloßherrin von Dakowymokre geworden, völlig in den Händen ihrer Umgebung, zum großen Teil untergeordnete Personen, die systematisch jede Wiederannäherung ihres Gatten zu verhindern suchten. Nur mit Kunst und Mühe gelang es dem in Berlin seiner Kunst und der Politik lebenden Grafen überhaupt, Zutritt zu dem Schloß zu erhalten und einen Einblick in die Bewirtschaftung des ausgedehnten Grundbesitzes zu nehmen. Aber selbst bei diesen Zusammenkünften drängte sich die Umgebung zwischen die Ehegatten, so daß der Graf kaum eine Gelegenheit zu der erwünschten Aussprache fand. Die unselbstständige und schwankende Natur der Gräfin verstärkte die Herrschaftsmacht der Umgebung über sie. Dazu kam der durch frühere Vorkommnisse genährte Argwohn in die eheliche Treue der Gräfin, der schließlich, als auch diese Vermutung zur Wahrheit geworden war, dem von Verzweiflung erfüllten Mann die Waffe in die Hand drückte.“

1913-12-23 Berliner Tageblatt – Das Drama von Dakowymokre – (Telegramm unseres Korrespondenten) – Grätz, 23. Dezember – Obgleich nun schon mehrere Tage vergangen sind seit der Nacht, in der sich das Familiendrama im Schloß von Dakowymokre abspielte, weiß man immer noch nicht recht, welche Motive den Grafen Mielzynski zu der Tat veranlaßt haben.

Die polnischen Kreise sind nach wie vor der Ansicht, daß zwischen der Gräfin und ihrem Neffen ein unerlaubtes Verhältnis bestanden habe. Der Graf selbst soll von den Beziehungen, über die man seit langer Zeit unterrichtet war, erst in der letzten Zeit durch anonyme Briefe Kenntnis erlangt haben. Ist diese Ansicht richtig, so würde sich die Schreckenstat des Grafen als Eifersuchtsdrama darstellen. Andere neigen der Ansicht zu, daß der Graf, wie er selbst behauptet, durch ein Geräusch aus dem Schlaf geweckt, angenommen habe, es seien Einbrecher im Hause, und daß er die Gräfin und den Grafen Miaczynski versehentlich erschossen habe.

Daß zwischen den Eheleuten auch nach der Versöhnung eine tiefe innere Kluft bestand, darüber ist man sich nicht im Zweifel. Die Gräfin zeigte niemals das richtige Verständnis für die politischen und künstlerischen Neigungen ihres Mannes. Der Graf soll übrigens lange Zeit zu einer verheirateten Dame der polnischen Aristokratie Beziehungen unterhalten haben, von denen die Gräfin Kenntnis erhielt, und die schließlich den Anlaß zu der Trennung haben. In polnischen Kreisen erhält sich das Gerücht, daß auch die Gräfin verschiedene Liebhaber gehabt habe, nachdem sie sich von ihrem Manne getrennt hatte. Der letzte Liebhaber soll eben der erschossene Graf Miaczynski gewesen sein.

Wie es heißt, soll sich jedoch die Gräfin wiederholt dahin ausgesprochen haben, daß sie sich ihres Neffen nur angenommen habe, weil dieser ein Mensch ohne jeden sittlichen Halt sei, und weil sie befürchtet habe, daß er ohne Führung zugrunde gehen werde. Darüber, ob tatsächlich zwischen beiden unerlaubte Beziehungen bestanden haben, werden die gesamten Hausangestellten der erschossenen Gräfin und des Grafen vernommen werden. Wie verlautet, sollen die bisherigen Bekundungen des Personals sehr belastend sein.

Kirche d. hl. Catherine - Bild: PM [644]

Kirche d. hl. Catherine – Bild: PM

Nach den Mitteilungen der Gesellschaftsdame der Gräfin muß der erschossene Graf in der Unglücksnacht zweimal in die Gemächer der Gräfin eingedrungen sein. Beide Male erschien der betrunkene Graf in dem Schlafzimmer der Gräfin, und beide Male sollen ihm die Damen nach den Bekundungen der Gesellschafterin deswegen ernste Vorhaltungen gemacht haben. Die Bekundungen der Gesellschaftsdame können durch keinen Zeugen widerlegt werden. Es muß aber als feststehend erachtet werden, daß sich der junge Graf trotz der Vorhaltungen der Damen mehrere Stunden in den Zimmern der Gräfin aufgehalten hat. Zweifellos war der waghalsige nächtliche Besuch im Schlafzimmer seiner Tante eine Folge seiner Trunkenheit.

Der verhaftete Graf ist gestern nochmals eingehend vernommen worden. Er soll bei seinen bisherigen Angaben geblieben sein, daß er geglaubt habe, es seien Einbrecher im Schloß.

1913-12-27 Berliner Tageblatt – Die Haftbeschwerde des Grafen Mielzynski zurückgewiesen – (Telegramm unseres Korrespondenten) – Posen, 27. Dezember – Die gegen die Verhaftung des unter Mordverdacht stehenden Reichstagsabgeordneten Grafen v. Mielzynski durch seinen Verteidiger Rechtsanwalt v. Drwenski eingereichte Beschwerde ist zurückgewiesen worden. Auch die für die Freilassung angebotene hohe Kaution ist abgelehnt worden. Graf Mielzynski ist im Untersuchungsgefängnis erkrankt und seelisch völlig zusammengebrochen.

1913-12-29 Kreisblatt NeutomischelDas Befinden des Grafen Mielzynski soll infolge einer Lungenblutung, die auch Temperatursteigerung hervorgerufen hat, kein günstiges sein. Der Graf, dem Speisen und Getränke aus einer Hotelküche in das Gefängnis geliefert werden, genießt und schläft nur sehr wenig. Er liegt größtenteils zu Bett und macht im ganzen den Eindruck eines gebrochenen Menschen.

Die Leiche des Grafen Miaczynski wurde von Dakowy Mokre nach Bedlewo überführt, so sie der Familiengruft beigesetzt wurde. Die Leiche der Gräfin von Mielzynski wurde in der Ortskirche aufgebahrt. Dieser Feierlichkeit wohnten außer den nächsten Angehörigen zahlreiche Menschen aus Dakowy und Umgegend bei. Die Beisetzung selbst erfolgt im Kloster Woznik, wo sich die Familiengruft der Grafen von Mielzinsky befindet und wo man zunächst eine stille Messe las. Es wurden keinerlei Ansprachen gehalten.

1913-12-29 Berliner Tageblatt – Die polnische Presse trat, wie uns ein Privat-Telegramm aus Posen meldet, neuerdings dafür ein, daß Graf Mielzynski sein Mandat niederlege. Die ursprünglichen Sympathien für Mielzynski sind umgeschlagen.

1913-12-29 Berliner Tageblatt – Die Tragödie des Grafen Mielzynski – (Telegramm unseres Korrespondenten) – Grätz, 29. Dezember – Das Befinden des Grafen Mielzynski hat sich soweit gebessert, daß der Graf heute an einem Lokaltermin, der im Schloß von Dakowymokre stattfindet, teilnehmen konnte. Er wurde im Automobil von Grätz nach dem Schloß gebracht. Gestern abend ist der Erste Staatsanwalt vom Landgericht Meseritz mit einem Schießsachverständigen in Dakowymokre eingetroffen, um nochmals die Angaben des Grafen an Ort und Stelle nachzuprüfen. Bei dem heutigen Termin sollen noch einige Zeugen vernommen werden.

1913-12-31 Kreisblatt Neutomischel – Der verhaftete Graf Mathias v. Mielzynski kann auf Grund einer Testamentsklausel des verstorbenen Grafen Boleslaus v. Potocki, seines Schwiegervaters, weder jemals ein Potockisches Gut erben noch die Nutznießung haben. Durch diese Bestimmung werden die gespannten Familienverhältnisse offenbar. Der Graf Ignatz Mielzynski-Iwno ist zum Kurator ernannt worden durch eine Verordnung, welche die ermordete Gräfin in ihrem Testament getroffen hat. Dieses Testament wurde vor einigen Monaten verfaßt, ehe die Gräfin nach Ostende reiste, wo dann die Versöhnung mit ihrem Gatten zustande kam.

1914-01-09 Kreisblatt Neutomischel – Der Reichstagsabgeordnete Graf Mathias von Mielzynsi hat sein Mandat niedergelegt. Es ist also demnächst im Wahlkreise Samter-Obornik-Birnbaum-Schwerin eine Reichstagsersatzwahl notwendig.

1914-01-21 Kreisblatt Neutomischel – … Graf Mielzynski wird demnächst von Grätz nach Berlin gebracht, um in der dortigen Charitee auf seinen Geisteszustand untersucht zu werden.

Graf Mielzynski vor Gericht "Das Drama von Dakowy Mokre" [645]

Graf Mielzynski vor Gericht „Das Drama von Dakowy Mokre“

1914-02-21 Berliner Tageblatt – Morgenausgabe – Der Prozeß gegen den Grafen Mielzynski – Wiederholte Schwächeanfälle des Angeklagten – (Telegramm unseres Spezial Korrespondenten) – Die Vernehmung des Grafen Mielzynski, die länger als vier Stunden dauerte, war bei Beginn der Mittagspause beendet. Die Vernehmung des Grafen mußte wiederholt unterbrochen werden, da er von Schwächezuständen befallen wurde, und konnte erst wieder fortgesetzt werden, nachdem die anwesenden Aerzte den Angeklagten durch Medikamente wieder vernehmungsfähig gemacht hatten. Der Graf hat den Verlauf der Tat, wie verlautet, folgendermaßen geschildert:

Er habe an dem Tag der Tat gegen Mitternacht seinen Gast in das Schlafzimmer geleitet und sei dann selbst zu Bett gegangen. Nach einiger Zeit sei er durch einen Lichtschein wach geworden. Er sei aufgestanden und auf den Flur gegangen, um das elektrische Licht auszuschalten. Kaum sei er wieder im Bett gewesen, als er Schritte, die sich an seinem Zimmer vorbeibewegten, wahrnahm. Nun habe er sich notdürftig angekleidet und sei in das Parterregeschoß des Schlosses gegangen. Hier habe er festgestellt, daß die Tür zum Eßzimmer seiner Frau offen stand. Er habe deshalb mit der Möglichkeit gerechnet, daß Diebe im Schloß seien.

Aus diesem Grunde habe er die auf einer Truhe liegende Doppelflinte ergriffen und mit zwei Patronen geladen. Dann sei er durch das Eßzimmer und den Damensalon in das Herrenzimmer gekommen. Aus dem angrenzenden Schlafzimmer seiner Frau sei ein Lichtschimmer in das Herrenzimmer gefallen und er habe auch eine Männerstimme gehört, die er sofort als die Stimme des Grafen Miaczynski erkannt habe. In der sinnlosen Wut, die sich jetzt seiner bemächtigte, sei ihm schwarz vor den Augen geworden, so daß er von den weiteren Vorgängen nur eine unklare Vorstellung habe. Als die Tür des Schlafzimmers geöffnet worden sei, habe er blindlings losgeschossen, und als eine Person zusammengebrochen sei, habe er einen zweiten Schuß abgegeben. Er habe weder gezielt noch gewußt, ob er auf einen Mann oder eine Frau geschossen habe. Ebenso hab er nicht gewußt, daß er zwei Personen getroffen habe. Daß er seine Frau getötet habe, sei ihm erst von der Gesellschaftsdame mitgeteilt worden. Nach der Tat sei er in sein Zimmer gegangen, habe sich umgekleidet und gegen Morgen, als die telephonische Verbindung möglich war, seine Angehörigen und die Behörden von dem Geschehenen verständigt.

Nach der Beendigung der Vernehmung des Angeklagten wurde die Verhandlung abgebrochen und der Graf wurde in das Untersuchungsgefängnis zurückgeführt. Gegen 4 Uhr wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen.

Als erste Zeugin wurde die Gesellschaftsdame der verstorbenen Gräfin, Fräulein v. Koczorowska, vernommen. Sie bekundete dem Vernehmen nach folgendes: Sie befand sich mit der Gräfin in dem Schlafzimmer, um ihr beim Auskleiden behilflich zu sein. Plötzlich habe Graf Alfred an die Schlafzimmertür geklopft. Die Gräfin habe geöffnet und alle drei hätten sich in das Herrenzimmer begeben. Nach kurzer Zeit habe die Gräfin ihn ersucht, in sein Zimmer zurückzukehren. Der junge Graf sei auch dieser Aufforderung nachgekommen. Bald darauf habe er aber wieder geklopft. Die Gräfin, die schon zu Bett lag, habe sich mit einem Schlafrock bekleidet und geöffnet. Der Graf sei in das Schlafzimmer gegangen und dort geblieben, obgleich die Gräfin ihn wiederholt zum Gehen aufgefordert habe. Sie, die Zeugin habe gehört, wie der Graf der Gräfin zugeflüstert habe, sie solle sie, die Zeugin, aus dem Zimmer fortschicken. Kurze Zeit darauf sei die Tat geschehen. Nach der Tat habe der Angeklagte ihr Vorwürfe gemacht, weshalb sie ihm nicht Mitteilung gemacht habe, daß Graf Miaczynski nachts bei seiner Frau sei. Er habe sie auch aufgefordert, einen Priester zu holen. Die Zeugin wurde auch eingehend über ihre Kenntnis von den Beziehungen zwischen beiden Erschossenen vernommen.

Während der Vernehmung der Gesellschaftsdame, die auf den Grafen einen tiefen Eindruck machte, wurde der Graf wiederholt von neuen Schwächezuständen befallen. In einem Fall mußte eine längere Pause gemacht werden, und der Graf wurde in ein Nebenzimmer des Verhandlungssaales geführt, wo er mit Wein und Kaffee gestärkt wurde. Erst nach einer Viertelstunde konnte die Verhandlung fortgesetzt werden. Darauf wurden weitere sieben Zeugen vernommen, und zwar die Dienerschaft aus dem Schloß Dakowymokre und auch der Leibjäger des erschossenen Grafen. Die Bekundungen der Zeugen decken sich im allgemeinen mit den Angaben des angeklagten Grafen. Besonders interessant sollen die Angaben der Zeugen über den erschossenen Grafen Miaczynski gewesen sein. Alle Zeugen, die über ihn Auskunft geben konnten, sagten aus, daß sie den Grafen selten anders als betrunken gesehen hätten. Er habe zeitweise ganz gewöhnlichen Branntwein getrunken, und zwar alle 15 Minuten. Seit er der Gräfin das Versprechen gegeben habe, keinen Branntwein zu trinken, habe er täglich etwa fünf bis sechs Flaschen Wein getrunken. Der Erschossene war auch ein häufiger Besucher der Posener Nachtlokale, die er stets betrunken verließ. Einmal kam es seinetwegen zu einem Exzeß. Es kam auch vor, daß er das ihm von der Gräfin zur Verfügung gestellte Automobil vor einem Nachtlokal stehen ließ, bis er dann in dem Automobil total betrunken die Rückfahrt antrat.

Um acht Uhr abends wurde die Verhandlung auf morgen vertagt, da der angeklagte Graf sich nicht mehr als verhandlungsfähig erwies. Von einem Lokaltermin in Dakowymokre ist Abstand genommen worden.

Mathias Graf-Comte Mielzynski-Brudzewo  (1907) - Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Mathias_von_Brudzewo-Mielzynski [646]

Mathias Graf-Comte Mielzynski-Brudzewo (1907) – Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Mathias_von_Brudzewo-Mielzynski

1914-02-21 Berliner Tageblatt – Abendausgabe – Der Prozeß gegen den Grafen Mielzynski – Schluß der Zeugenvernehmung. – (Telegramm unseres Spezial-Korrespondenten) – H. Meseritz, 21. Februar – Die Eröffnung der heutigen Verhandlung wurde durch einen neuen Schwächeanfall, den Graf Mielzynski in seiner Zelle im Untersuchungsgefängnis erlitt, um eine halbe Stunde verzögert. Der Graf wurde gegen Morgen von nervösen Zuständen befallen, die die Gefängnisleitung veranlaßten, den Arzt des Grafen telephonisch herbeizurufen. Erst nach einiger Zeit erholte sich der Graf so weit, daß die Verhandlung gegen 1/2 10 Uhr begonnen werden konnte.

Heute soll noch einmal die bereits gestern vernommene Gesellschaftsdame der Gräfin, Fräulein v. Koczorowska, vernommen werden. Ihre Angaben über die Vorfälle und die Einzelheiten der Tat sollen sich nicht in allen Punkten mit den Aussagen des Grafen decken.

Als erste Zeuge wurde heute der Ortsgeistliche von Dakowymokre, der Propst Gorsti, gehört. Der Propst, der täglich im Schloß Dakowymokre ein- und ausging, war nach der Tat auf Veranlassung des Grafen ins Schloß gerufen worden. Er traf den Grafen weinend im Schlafzimmer der Gräfin bei den Leichen der Erschossenen. Auf seine Frage, was denn geschehen sei, soll der Graf gesagt haben, er habe seine Frau auf Händen tragen wollen, wenn nur der Mensch nicht gewesen wäre. Er werde es nicht überleben und sei ruiniert. Er habe auch gesagt: „Was werden meine Kinder sagen, nur gut, daß diese gerettet sind.“ Der Propst äußerte sich auch über seine Wahrnehmungen im Schloß Dakowymokre.

Dann wurden die Mutter des Angeklagten und sein Bruder, Graf Ignaz Mielzynski, als Zeugen vernommen. Ihre Bekundungen betreffen in erster Linie das Familienleben des Grafen und seiner Frau. Sie ließen sich über die Gründe der Trennung der Ehegatten aus und erklärten auch die Motive, die sie veranlaßt hatten, eine Versöhnung wieder herbeizuführen. Aus ihren Aussagen geht hervor, daß in der Hauptsache die Kinder den Anlaß zur Wiederversöhnung gegeben haben. Die Mutter des Angeklagten und sein Bruder machten auch Bekundungen über die Kindheit des Grafen. Er soll schon als Kind kränklich gewesen sein und sich niemals voller Gesundheit erfreut haben. Es wurden darauf noch der Vetter und einige Angestellte des Grafen als Zeugen gehört. Die heute vernommenen Angestellten bestätigen im allgemeinen die Aussagen des bereits gestern vernommenen Personals. Auch sie sagen über den Grafen Miaczynski aus, daß er fast stets betrunken gewesen sei.

Früher als beabsichtig war, mußte noch vor 1 Uhr die Mittagspause gemacht werden. Der Angeklagte, der bis dahin der Verhandlung gut folgen konnte, wurde bald nach 12 Uhr von einem neuen Schwächezustand befallen und der Arzt stellt seine Verhandlungsfähigkeit in Frage, so daß das Gericht schon vor 1 Uhr beschloß, die Mittagspause eintreten zu lassen.

Aus der Verhandlung werden noch folgende interessante Einzelheiten bekannt: Großes Interesse erweckten die Angaben eines Posener Barbesitzers über die Persönlichkeit des erschossenen Grafen Miaczynski. Der Barbesitzer gab an, daß der Erschossene zu seinen besten Gästen gezählt habe. Er sei wöchentlich mehrere Male und meist schon am Nachmittag in seiner Bar gewesen. Die Zeche habe oft 150 bis 200 Mark betragen. Der junge Graf habe niemals billigeren Sekt als die Flasche zu 24 Mark getrunken. Auf Antrag der Verteidigung wurde eine Anzahl von Briefen verlesen, aus denen hervorgeht, daß die später Erschossenen seit längerer Zeit einen sträflichen Verkehr unterhalten haben. Während der Verlesung dieser Brief wurde der Graf von Schwächeanfällen befallen.

Die Verhandlung wird nach 2 Uhr fortgesetzt. Es werden zunächst die Sachverständigen vernommen, dann folgen die Plaidoyers. Das Urteil wird für die späten Abendstunden erwartet.

... der Angeklagte freigesprochen ... [647]

… der Angeklagte freigesprochen …

1914-02-22 Berliner TageblattFreisprechung des Grafen Mielzynski. – (Telegramm unseres Spezial Korrespondenten) – H. Meseritz, 21. Februar – Die zweitägige Schwurgerichtsverhandlung gegen den Grafen Matthias Mielzynski endete mit der Freisprechung des Angeklagten.

Nach einer Beratung von nur zwanzig Minuten verneinten die Geschworenen die beiden vorgelegten Schuldfragen, die auf Totschlag, begangen an der Gräfin Felicia Mielzynski und dem Grafen Alfred Miaczynski, lauteten. Der Vorsitzende des Schwurgerichts verkündete darauf das Urteil. Er führte aus:

„Nachdem die Geschworenen die ihnen vorgelegten Schuldfragen verneint haben, mußte die Freisprechung des Angeklagten erfolgen. Es ergeht daher das Urteil dahin, daß der Angeklagte freizusprechen ist; die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Außerdem wird infolge des Beschlusses der Haftbefehl gegen den Grafen Mielzynski aufgehoben. Damit schließe ich die Verhandlung.

„Der Angeklagte, dem, anscheinend vor Rührung und Ueberraschung über den Freispruch, die Tränen in die Augen traten, erhob sich und machte vor den Geschworenen und dem Gerichtshof eine leichte Verbeugung. Der Erste Staatsanwalt trat dann an die Anklagebank heran und drückte dem Grafen die Hand. Der Freigesprochene begab sich darauf in seine Zelle. Als er durch die Tür des Gerichtssaales auf den Korridor trat, schwankte er und weinte.

Unter den Zuschauern löste das freisprechende Urteil zum Teil Befriedigung aus, zum Teil aber auch Ueberraschung, insbesondere, da das Gutachten des Geheimen Medizinalrats Dr. Leppmann-Berlin die Anwendung des § 51 verneint hatte. Der Graf wurde aus der Haft entlassen. Er begab sich vom Gefängnis, vor dem sich eine große Menschenmenge angesammelt hatte, in Begleitung seiner Mutter in das Hotel Spielhagen und hat noch heute abend im Automobil Meseritz verlassen, um sich nach Schloß Köbnitz zu begeben. Der Verhandlung wohnten bis zu Ende der Oberlandesgerichtspräsident Lindenberg und Oberstaatsanwalt Zitzlaff bei.“

Aus der Verhandlung ist noch folgendes nachzutragen. Nach der Mittagspause wurde mit der Vernehmung der Sachverständigen begonnen. Geheimer Medizinalrat Leppmann-Berlin verneinte, wie verlautet, daß der Graf die Tat in einem Zustande begangen habe, der seine freie Willensbestimmung ausschloß. Er gab zu, daß es begreiflich sei, daß der Graf über das Verhalten seiner Frau und seines Neffen in große Erregung geraten sei, aber trotzdem könne man nicht das Vorliegen des § 51 als gerechtfertigt anerkennen. Die übrigen Sachverständigen wichen in einigen Punkten vom Gutachten des Geheimrates Leppmann ab. Sie wiesen die Möglichkeit, daß § 51 angewendet werden könne, nicht ganz von der Hand. Nach der Vernehmung der Sachverständigen schloß der Vorsitzende die Beweisaufnahme und verlas die vier formulierten Fragen.

Die beiden ersten Fragen lauteten auf Totschlag, die beiden letzten auf mildernde Umstände. Darauf ergriff der Erste Staatsanwalt das Wort zur Begründung der Anklage. Er hielt die Anklage in vollem Umfange aufrecht und führte aus, daß trotz der begreiflichen Erregung des Angeklagten im Augenblick der Tat von Straflosigkeit nicht die Rede sein könne. Er bat die Geschworenen, die Schuldfragen auf Totschlag zu bejahen, aber auch dem Angeklagten mildernde Umstände nicht zu versagen. Justizrat Jarecki-Posen trat dann in zweistündigem Plaidoyer für die Freisprechung des Angeklagten ein. Er schilderte zunächst die politische Wirksamkeit des Grafen, dessen Tätigkeit als Künstler und gab dann eine Darstellung seines ganzen Lebensganges. Nach einer eingehenden Ausführung zu § 51 des Strafgesetzbuches ging der Verteidiger dann auf die ethische Seite des Falles ein, indem er darlegte, daß der Angeklagte auf das Empfindlichste in seiner Ehre als Ehemann und Hausherr verletzt worden sei. Er konnte als Ehrenmann nicht anders handeln, wie er es getan hat. Der zweite Verteidiger Drwenski schloß sich den Ausführungen seines Vorredners an und beantragte gleichfalls die Freisprechung.

Nach einer entschiedenen Replik des Ersten Staatsanwaltes, in der er die Geschworenen davor warnte, sich von Mitleidsempfindungen bewegen zu lassen, trat Justizrat Jarecki noch einmal in seinem dringlichen Schlußworte dafür ein, daß nicht Mitleid, sondern rechtliche Erwägungen zur Freisprechung führen müßten. Graf Mielzynski erklärte, daß er den Ausführungen seines ersten Verteidiger nichts hinzuzufügen habe. Darauf erteilte der Vorsitzende den Geschworenen die Rechtsbelehrung. Die Geschworenen zogen sich in das Beratungszimmer zurück und schon nach zwanzig Minuten erschienen sie wieder im Sitzungssaal. Der Obmann der Geschworenen verkündete zunächst in Abwesenheit des Grafen den Wahrspruch; der Graf wurde dann hereingeführt, und der Gerichtsschreiber verlas nochmals den Spruch der Geschworenen. Als der Graf hörte, daß die Schuldfragen verneint worden seien, sank er auf die Anklagebank nieder und stützte seinen Kopf in beide Hände.

* * *

Quellen:

Ein Kreisständehaus für Neutomischel – das heutige Stadtamt / 1900-bis heute – Teil 3

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung P. Mierzejewski, G. Tabbert)
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Das ehemalige Kreishaus, links im Bild die Remise - AK aus der Sammlung Wojtek Szkudlarski [648]

Das ehemalige Kreishaus, links im Bild die Remise – AK aus der Sammlung Wojtek Szkudlarski

„Se Excellenz, der Herr Oberpräsident und der Herr Regierungspräsident werden am Montag, den 12. d. M. (12.11.1900) unserer Stadt einen Besuch abstatten und bei der Gelegenheit der Einweihung des Kreishauses beiwohnen. Unsere Mitbürger wollen durch Beflaggung der Häuser zum freundlichen Empfang beitragen und der Ehrung der hohen Herrn öffentlich Ausdruck geben.“  so die Mitteilung und Aufforderung an die Bewohner der Stadt Neutomischel über die Kreiszeitung vom 06. Nov. 1900.

Der Besuch verlief jedoch nicht wie geplant. Das Kreisblatt vom 13. November berichtete wie folgt:

 

GK_423,006 [649]

Schnitt von A-B u. Kellergeschoff – 1898 – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK_423,006

“ Zu den Einweihungsfeierlichkeiten des Kreishauses in Neutomischel hatten die Spitzen der Behörden unserer Provinz, der Herr Oberpräsident v. Bitter und der Herr Regierungs-Präsident Krahmer ihr Erscheinen zugesagt. Leider mußte Exzellenz v. Bitter noch in letzter Stunde seinen Besuch absagen.

Das Vestibül . oben: Vor dem Umbau - Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl , mitte: 1900 – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK_423,021, unten: der Zugang zwischen Alt- u. Neubau 2014, Bild: PM [650]

Das Vestibül . oben: Vor dem Umbau – Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl , mitte: 1900 – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK_423,021, unten: der Zugang zwischen Alt- u. Neubau 2014, Bild: PM

Montag (12.11.1900) Mittag um 11 1/4 Uhr kam der Herr Regierung-Präsident mit dem fahrplanmäßigen Zuge in Neutomischel an, auf dem Bahnhof von den Herren Landrath v. Daniels, Distriktskommissar Roll und Bürgermeister Witte empfangen. Unter Führung des Herrn Kleinbahn-Direktors v. Scholten-Opalenitza galt der erste Besuch der Kleinbahn. Von dem mit Tannenbäumchen geschmückten Bahnhofsplatz aus ging es nach dem Marktplatz, woselbst der Landwehrverein nebst Sanitätskolonne und die Schulen Aufstellung genommen hatten. Gelegentlich der Begrüßung der höheren Töchterschule rief Thea von Daniels – die Tochter des Landraths – dem Herrn Regierungs-Präsidenten einen poetischen Willkommensgruß zu und überreichte einen Rosenstrauß. Auf dem Rathhaus wurde der Ehrentrunk gereicht und nach Besichtigung der Hartsteinfabrik des Herrn Hasenfelder wurde der zweite Theil der Feier, die Einweihung des Kreishauses vorgenommen.

Im Kreishause hatten sich die Kreisstände und die Kreisbeamten versammelt. Der gemischte Chor unter Leitung des Herrn Lehrers Arndt – der Dirigent, Herr Jungnik ist erkrankt, – brachte im Sitzungssaale zwei Lieder in geradezu mustergiltiger Weise zum Vortrag – („Gott grüße Dich“ von Sturm und „Deutsche Hymne“ von Rust.)

Wegweiser [651]

Wegweiser durch die verschiedenen Abteilungen des Stadtamtes 2014 – Bild: PM

Zwischen den beiden Liedern hielt Herr Landrath v. Daniel die Weiherede. Redner führte aus, daß der Gedanke ein Kreishaus zu bauen schon von seinen Vorgängern in Erwägung gezogen, aber durch den Bau der Kleinbahn wieder in den Hintergrund gedrängt worden war. Dank der Allmächtigen Güte, der thatkräftigen Unterstützung der Stände, der Bauleiter und aller am Bau betheiligten Arbeiter sei das neue Kreishaus als ein würdiger Sitz der Kreisbehörden und zur Zierde der freundlichen Hopfenstadt Neutomischel entstanden. Herrn von Daniel übergab sodann das Kreishaus seiner Bestimmung. Ein Festessen in den Räumen des Herrn v. Daniels bildete den Schluß der Feier.

Um 1/2 5 Uhr Nachmittags fuhr der Herr Regierungs-Präsident wieder nach Posen zurück.“

Dieser Besuch unterlag mit der

alles in allem ein Aufenthalt von  5 1/4 Stunden – einem eng gesteckten Zeitplan.

Nach diesem „großen“ Tag in der Stadt zog wieder der Alltag in das Leben der Bewohner ein. Weitere Berichte oder Mitteilungen wurden nicht gefunden.

* * *

Wo früher der linke Eingang war ist der Übergang vom Alt- zum Neubau, Bild:2014 GT [652]

Wo früher der linke Eingang war ist der Übergang vom Alt- zum Neubau, Bild:2014 GT

GK_423.008 [653]

Erd- und Obergeschoss – 1898 – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK_423.008

In den 60iger Jahren des 20zigsten Jahrhundert erfolgte dann der Um- und Ausbau des Gebäudes, wie auch die Errichtung des Anbaus. Nach der Reorganisation der polnischen Selbstverwaltungen im Jahr 1976, die Kreise wurden abgelöst, zog das Stadtamt, welches in bis dahin im Amtsgerichtsgebäude auf dem ehemaligen Neuen Markt ansässig gewesen war, in die Räumlichkeiten des ehemaligen Kreishauses, wo es bis heute seinen Sitz hat.

Alle Geschosse des alten Gebäudes erhielten neue Raumaufteilungen, neue Fußböden und Decken und wurden mit einem zentralen Heizsystem ausgestattet.

Im Dachgeschoss, wo einstmals der große Trockenboden, Kammern für die Dienstmädchen und ein Bügelzimmer untergebracht waren, sind heute die Abteilungen für Bildung, Haushalt und Finanzen nebst Buchhaltung, sowie auch die für Rechtsberatung und Kontrolle zu finden.

Das Obergeschoss, welches die Wohn- und Wirtschaftsräume des Landrates beherbergt hatte, ist ausgebaut worden und heute sind hier die Amtszimmer des Bürger- und Vicebürgermeister, deren Sekretariate, die Räume der Amtsverwaltung, die Büros des Stadtrates nebst dessen Sekretariat, der Abteilung für Bürgerangelegenheiten, Räume der Promotion-, sowie der IT-Abteilung und der große Konferenzsaal eingerichtet.

Im Erdgeschoss findet man heute die Abteilungen für die Kommunalverwaltung, das Meldeamt, das Lokal-Steueramt, die Kasse und weitere Büros der Promotionabteilung.

Das Stadtamt in den 90iger Jahren – Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl [654]

Das Stadtamt in den 90iger Jahren – Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl

Letztlich wurde das Kellergeschoss, in welchem früher Räume wie z. B. die für die Lagerung der Brennmaterialien, eine Waschküche, ein Weinkeller, die Registratur und auch die Wohnung des Hausmeisters eingerichtet gewesen waren, durch Einziehung von Zwischendecken und anderen Baumaßnahmen neuer Bestimmung zugeführt. Hier findet man heute Büros der Kommunalverwaltung, der Stadtpolizei und letzlich die Räume des Hausmeisters.

Vom Kreisständehaus zum Stadtamt 1900-2014 - gezeichnet und gebaut wie heute noch erhalten und zu besichtigen / Zeichnungen Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,020 links oben, GK423,028 rechts oben, GK423,026 rechts unten, Stadtamt links unten in den 60iger Jahren Kreisbibliothek, Aufnahmen 2014 PM [655]

Vom Kreisständehaus zum Stadtamt 1900-2014 – gezeichnet und gebaut wie heute noch erhalten und zu besichtigen / Zeichnungen Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,020 links oben, GK423,028 rechts oben, GK423,026 rechts unten, Stadtamt links unten in den 60iger Jahren Kreisbibliothek, Aufnahmen 2014 PM

Durch den Künstler Marek Narozny wurden die Glasarbeiten für neue und auch Renovierungen für einige alte Mosaikfenster ausgeführt. So erfuhr auch das „große bunte Treppenfenster“ im Oktober 2008 eine Überarbeitung, sodass es noch weitesgehenst des Entwürfen des Architekten G. Knoblauch aus dem Jahre 1900 entspricht.

Leider waren bis zur Veröffentlichung dieses Beitrages keine Fotos bzw. Bilder der im Oktober 1900   (Ein Kreisständehaus / Teil 2) [656] erwähnten Stuckarbeiten und Deckenmalereien mit den Darstellungen der Wappen der Städte Neutomischel und Neustadt b. P. und den Hopfen- und Kieferkulturen der Region zu finden.

Querschnitt durch Sitzungssaal u. Vestibül – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK_423,018 [657]

Querschnitt durch Sitzungssaal u. Vestibül – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK_423,018

Die größte Veränderung war die Errichtung des Anbaues, in welchem das heutige Landratsamt des Powiat Nowy Tomyl untergebracht ist. Hierzu wurde der ehemalige Eingang umfunktioniert. Das Oberlichtfenster mit dem Wappen der Stadt Neutomischel wurde dabei erhalten und ist als „Wandbild“ im Treppenhaus zu finden.

Nach Fertigstellung der umfangreichen Arbeiten ist das im Jahr 1900 errichtete Gebäude, wie eingangs geschrieben, heute der Sitz des Bürgermeisters und des „Stadtamtes“.

Starostwo Powiatowe Nowy Tomyśl - 2014, Bild: PM [658]

Starostwo Powiatowe Nowy Tomyśl – 2014, Bild; PM

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 bereits erschienen:

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Allerseelen – 02. November 2014

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Ta.)
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Am Areal des ehemaligen jüdischen Friedhofes - Bild: S. Konieczny [660]

Am Areal des ehemaligen jüdischen Friedhofes – Bild: S. Konieczny

Am Gedenkstein auf dem Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes - Bild S. Konieczny [661]

Am Gedenkstein auf dem Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes – Bild S. Konieczny

In Nowy Tomysl  ist der 02. November, der Gedenktag Allerseelen,  auch der Tag an dem seit vielen Jahren in der Stadt und im die sie umgebenen Hauland der früheren Bewohner gleich welcher Nationalität und welchen Glaubens gedacht wird.

Auch in diesem Jahr trafen sich wieder heutige Einwohner um stellvertretend für viele einen kurzen Moment der Besinnung zu begehen. Unter anderem wurde an dem Areal des ehemaligen jüdischen und evangelischen Friedhofes der Stadt mit einem Gebet und der symbolischen Entzündung einer Kerze der Verstorbenen gedacht.

Vielen Dank für diese Geste !

Kurzmeldung – Feuer in Bentschen – Zbąszyń / 1906 und 1907

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Zwei Brände in Bentschen - Zbąszyń 1906/1907 - Bildzusammenschnitt aus dem Buch "Zbąszyń (Bentschen) na dawnych pocztówkach (1895-1945)" [662]

Zwei Brände in Bentschen – Zbąszyń 1906/1907 – Bildzusammenschnitt aus dem Buch „Zbąszyń (Bentschen) na dawnych pocztówkach (1895-1945)“

Im Buch „Zbąszyń (Bentschen) na dawnych pocztówkach (1895-1945)“ wurde unter anderem eine Postkarte der Feuerwehr und von zwei Bränden abgedruckt. Im Kreisblatt Neutomischel waren hierzu die Meldungen wie folgt:

dieser Brand, so der Kartenaufdruck wurde als „Mittelfeuer“ eingestuft.

Hingegen das Feuer bei  Prietzel als „Großfeuer“ galt.

Weitere Einzelheiten sind leider bis zur Veröffentlichung dieses Beitrages nicht bekannt bzw. gefunden worden.

Quelle:

Immobilien, Mieten, Vermieten, Pachten u. Zwangsversteigerung – 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Genealogie,Kreisblatt,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Immobilienanzeigen aus dem Jahr 1901 [663]

Immobilienanzeigen aus dem Jahr 1901

Nachfolgend finden sich die im Neutomischeler Kreisblatt des Jahres 1901 veröffentlichten Anzeigen mit welchen Verpachtungen, Verkäufe und An- und Vermietungen sowie letztlich auch Zwangsversteigerungen inseriert wurden.

Die Zusammenstellung der Inserate basiert darauf, dass Grundstücke, Anwesen und Wohnungen oder Etwas direkt mit diesen in Verbindung stehendes, wie z. B. eine Wiese oder eine Ernte, angeboten wurde.

Ausdrücklich weisen wir darauf hin, dass auch wenn es ein Inserat z. B. zu einer Zwangsversteigerung gegeben hat, diese nicht unbedingt durchgeführt wurde, genau so wenig, wie ein beabsichtigter Verkauf einer Wirtschaft auch zu diesem geführt haben muss.

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A. Schulz, Paprotsch 1901-01-01 – Am 8. Januar verpachte ich 20 Morgen gut zweischürige Wiesen auf 2 Jahre in Paprotsch auf dem früher gehörigen Kuck’schen Grundstück

A. Schulz, Bahnhofstraße, Neutomischel/Paprotsch ? 1901-01-22, 1901-01-25, 1901-01-29 – Eine Wohnung hat zu vermiethen

A. Schulz, Paprotsch 1901-05-03, 1901-05-07, 1901-05-14, 1901-05-17 – Mein Grundstück in der Nähe des Bahnhofs, 100 Morgen, davon ca. 25 Morgen zweischürige Wiesen, beabsichtige ich wegen Familienverhältnisse getheilt oder im Ganzen zu verkaufen

August Klose, Zinskowo bei Neutomischel 1901-01-01, 1901-01-04, 1901-01-08, 1901-01-13 – Meine Landwirtschaft, ca 40 Morgen groß, 4 Wirthschaftsgebäude, Wiese und Holz und mit dem toten und lebenden Inventar will ich aus freier Hand bei geringer Anzahlung verkaufen.

Alexander Lüdke, Neutomischel ? 1901-01-04, 1901-01-13, 1901-01-15 – Eine Oberstube ist an einzelne Leute vom 1. April zu vermiethen

Gustav Pflaum, Albertoske 1901-01-08 – Meine Wirthschaft, 75 Morgen, welche sich auch zur Parzellierung eignet, beabsichtige ich mit geringer Anzahlung zu verkaufen

Gustav Pflaum II, Paprotsch 1901-06-25, 1901-06-28 – Ich beabsichtige meine Sontoper Wiese im ganzen oder getheilt zu verkaufen

Ww. Auguste Stenschke, in Neuborui bei Kirchplatz 1901-01-13 – Meine Wirthschaft, 10 große Morgen nebst 2 Morgen Wiese, beabsichtige ich zu verkaufen

Ww. B. Bengsch,  Neutomischel ? 1901-01-13 – Eine Oberwohnung, bestehend aus zwei Zimmern, sowie ein einzelnes Zimmer sind vom 1. April an ruhige Miether zu vermiethen

Ww. B. Bengsch, Neutomischel ? 1901-02-05, 1901-02-08, 1901-02-12, 1901-02-15 – Eine Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche und Stallungen, sowie eine Oberwohnung und ein einzelnes Zimmer sind vom 1. April d. Js. zu vermiethen

Heinrich Zeppei u Amalie geb. Müller, Konkolewo Hld. Nr. 5001901-01-13 – Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Konkolewo Hauland belegene, im Grundbuche von Konkolewo Hld. Nr. 500 auf den Namen der Heinrich und Amalie geb. Müller – Zeppei’schen Eheleute eingetragene Grundstück am 30. März1901 Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 7. Januar 1901 – Königliches Amtsgericht

Heinrich Kaiser, Witomischel 1901-01-18 – Meine Wirthschaft, 58 Morgen groß, will ich im Ganzen oder getheilt verkaufen

August Schulz II, Grubske 1901-01-18 – Mein Grundstück, 30 Morgen groß, mit neuen Gebäuden beabsichtige ich unter günstigen Zahlungsbedingungen zu verkaufen

E. H. Pflaum, Albertoske 1901-01-22, 1901-01-25, 1901-01-29, 1901-02-01 – Mein Grundstück Albertoske Nr. 44, bestehend aus Wohnhaus, Stall, Scheune, circa 27 Morgen guten Acker und Wiese ist ohne Ausgedinge preiswerth bei günstigen Zahlungsbedingungen zu verkaufen. Die Uebernahme kann am 1. April d. Js. erfolgen

Witwe Juliana Helmchen, Neustadt b. P., Birnbaumer Straße 1901-01-22, 1901-01-29, 1901-02-05, 1901-02-12– Mein Hausgrundstück in Neustadt b. P., Birnbaumer Straße ist aus freien Händen zu verkaufen

Traugott Müller in Weiß-Hauland bei Eichenhorst 1901-01-25 – Meine Landwirthschaft und Wohngebäude, Scheune mit Stallung, elf Morgen auch Ruthen Land, will ich aus freier Hand verkaufen. Käufer können sich melden beim Eigenthümer

Traugott Müller in Weißhauland bei Eichenhorst 1901-03-15 – Mein Grundstück 12 Morgen Land nebst Wohngebäuden, Scheune und Stallung will ich verkaufen. Käufer können sich bei mir melden

Daniel Lange, Wiosker Hauland Nr. 37 1901-01-25 – Mein Grundstück Wiosker Hauland Nr. 37, 20 Morgen Land nebst Wiese, beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen

Ernst Tepper, Bahnhofstraße, Neutomischel 1901-01-29, 1901-02-05, 1901-02-12, 1901-02-19 – Mein Garten an der Bahnhofstraße steht zum Verkauf

August Kruschel in Neurose bei Alttomischel, Kreis Neutomischel 1901-01-29 – Meine Wirthschaft ungefähr 90 Morgen Ackerland, Wiese und Wald, Wohnhaus massiv, beabsichtige ich zu verkaufen

Valentin Starzak, Grundna 1901-02-01 – Meine Wirthschaft über 50 Morgen, beabsichtige ich parzellenweise oder im Ganzen zu verkaufen

Gustav Morzynski, Neutomischel ? 1901-02-05 – Zwei Wohnungen sind zu vermiethen

Morzynski’s Brauerei, Neutomischel ? 1901-06-10 – 2 Wohnungen sind per 1. Oktober zu vermiethen

Gustav Morzynski, Brauerei, Neutomischel ? 1901-07-30, 1901-08-06 – Zwei geräumige Wohnungen sind vom 1. Oktober ab zu vermiethen

Gustav Morzynski, Neutomischel ? 1901-12-17, 1901-12-20, 1901-12-24, 1901-12-31 – Zwei Wohnungen sind vom 1. Januar ab zu vermiethen

Albert Schalott in Bolewitz 1901-02-12, 1901-02-15, 1901-02-19, 1901-02-22 – Eine Bäckerei, die einzige im Dorfe, sowie Einrichtung zum Materialhandel, nebst Stube und Kellerräumlichkeiten ist vom 1. April d. Js. ab zu vermiethen

Über die Expedition des Kreisblatte 1901-02-12 – Gesucht wird ein Käufer auf einen gut gelegenen Gasthof im Dorf am Kreuzpunkt mehrerer belebter Verkehrsstraßen. Anzahlung 6.000 Mk., Preis 24.000 Mk.

Peter Perz in Bolewitz 1901-02-12 – Am Mittwoch, den 20. Februar 1901, nachmittags 2 Uhr, wird der Vollziehungsbeamte Piszczala aus Neustadt b. P. auf dem Grundstücke des Zimmermanns Peter Perz in Bolewitz ein massives Wohnhaus gegen sofortige Baarzahlung auf Abbruch meistbietend versteigern. Kauflustige werden hierzu eingeladen. Neustadt b. P., den 7. Februar 1901. Der Distrikt Kommissar von Kahlden

1901-02-19 Der Termin wegen Versteigerung des Peter Perz’schen Wohnhause in Bolewitz ist aufgehoben. Neustadt  b. P., den 15. Februar 1901. Der Distrikts-Kommissar. von Kahlden

Peter Perz in Bolewitz 1901-05-24, 1901-06-18 – Bekanntmachung. Am Donnerstag, den 13. Juni d. J. nachmittags 2 Uhr, wird der Vollziehungsbeamt Piszczala aus Neustadt b. P., auf dem Grundstücke des Zimmermanns Peter Perz in Bolewitz ein massives Wohnhaus gegen sofortige Baarzahlung auf Abbruch meistbietend versteigern. Kauflustige werden hierzu eingeladen. Neustadt b. P., den 22. Mai 1901 – Der Distriktkommissar. von Kahlden

Eigenthümer Paul Hildebrandt, in Konkolewo Hdl. 1901-02-15, 1901-02-19 – Mein Grundstück mit Gebäuden, letztere auch allein zum Abbruch, will ich verkaufen

Ferdinand Täubner in Glinau 1901-02-19, 1901-02-22, 1901-02-26, 1901-03-01 – Meine Wirthschaft 17 große Morgen, will ich verkaufen

Ferdinand Täubner u Pauline geb. Blaesing, Glinau u Scherlanke 1901-02-22 Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die in Glinau und Scherlanke belegenen, im Grundbuche  von Glinau Blatt Nr. 57 und Scherlanke Blatt Nr. 155 auf den Namen der Ferdinand und Pauline geb. Blaesing-Täubner’schen Eheleute eingetragenen Grundstücke am 13. April 1901 Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 16. Februar 1901 – Königliches Amtsgericht

1901-03-15 Bekanntmachung. Das Verfahren der Zwangsversteigerung der den Ferdinand und Pauline geb. Blaesing-Täubner’schen Eheleuten gehörigen Grundstücke Glinau 57 und Scherlanke 155 wird aufgehoben. Neutomischel, den 9. März 1901 – Königliches Amtsgericht

Julius Helmchen, Neufeld 1901-02-19 – Meine Wirthschaft 20 Morgen Ackerland und Wohngebäude will ich an deutschen Besitzer verkaufen

Wilhelm Helmchen, Neufeld b. P. 1901-02-26, 1901-03-01 – Mein Grundstück 12 Morgen, mit guten Gebäuden beabsichtige ich zu verkaufen

Über die Expedition des „Bomster Kreisblatts“, Wollstein 1901-02-19 – Eine gut gehende Gastwirthschaft in einem Kirchdorfe des Kreises Bomst ist sofort zu verpachten oder zu verkaufen

Über die Expedition des Kreisblattes 1901-02-22, 1901-02-26 – Mein in klein. Stadt der Prov. Posen (deutsch) befindl. massiv Geschäftshaus, in welch. seit 60 Jahren ein Colonialwaaren- u.  Mehlgeschäft erfolgreich betr. wird, will ich verkaufen. Dasj. eig. sich sein. verzügl. Lage weg. auch z. Jd. and. Geschäft, da auch gr. Rems. vorh., Anz. 6.000 Mark. Briefl. Anfr. unter P.P.

Reinhold Müller, Scherlanke 1901-02-22 – Meine Wirthschaft 15 Morgen, will ich bei halber Anzahlung mit lebendem und totem Inventar freihändig verkaufen

August Seide, Paprotsch 1901-02-22, 1901-03-01, 1901-03-08, 1901-03-15 – Zwei Wohnungen zu vermieth.

Emma Glaesemer 1901-02-26 – Eine Wohnung, welche Herr Poepke inne hat, 3 Zimmer, Küche, Garten mit Zubehör, ist vom 1. April zu vermiethen u. zu beziehen. Außerdem noch eine kleine Wohnung

W. Knoll, Goldstraße, Neutomischel 1901-03-01, 1901-03-08, 1901-03-15, 1901-03-22 – Zwei Zimmer oder auch auf verlangen ein Zimmer möblirt zu vermiethen

K. Braun, Neuer Markt, Neutomischel 1901-03-01, 1901-03-08, 1901-03-15, 1901-03-19 – Ein anständig möblirtes Zimmer vermiethet

K. Braun, Neuer Markt, Neutomischel 1901-09-06, 1901-09-13 – Ein freundliches, möbliirtes Zimmer hat vom 1. Oktober zu vermiethen

E. Schirmer, Neutomischel ? 1901-03-01, 1901-03-08, 1901-03-15, 1901-03-22 – Eine kleine Oberwohnung ist zu vermiethen

Reinhold Froede, Friedenhorst 1901-03-05 – Ich bin Willens meine Wirthschaft zu verkaufen

W. Winkler, Schneidermeister in Glinau 1901-03-05, 1901-03-08, 1901-03-12, 1901-03-15 – Eine kleine Wohnung ist vom 1. April zu vermiethen und zu beziehen

Klemke, Am Schützenhause, Neutomischel 1901-03-08, 1901-03-12, 1901-03-15, 1901-03-19 – Zwei Wohnungen sind vom 1. April zu vermiethen

L. Klemke am Schützenhaus, Neutomischel 1901-04-02, 1901-04-05, 1901-04-12, 1901-04-16 – Zwei Wohnungen von jetzt ab zu vermiethen mit Stallung u. Bodenraum. Das Haus ist auch verkäuflich

Luise Klemke, Am Schützenhaus, Neutomischel 1901-11-22, 1901-11-26, 1901-11-29, 1901-12-03 – Zwei Wohnungen von jetzt ab zu vermiethen, selbiges Haus mit Stallung ist sofort zu verkaufen

Über die Expedition des Kreisblattes 1901-03-08, 1901-03-12, 1901-03-15, 1901-03-19 – Mein Gasthof, sehr gangbares Geschäft, mit guten massiven Gebäuden, 30 Morgen Acker, einschließlich Wiese und Wald nebst lebendem und todtem Inventar und Waarenbestand beabsichtige ich aus freier Hand sofort zu verkaufen

Heinrich Minge in Blake bei Neustadt b. P. 1901-03-08, 1901-03-12 – Meine Wirthschaft, 49 Morgen Land mit Holz und Torfwiese will ich für 2.600 Taler verkaufen

Heinrich Minge in Blake 1901-11-08, 1901-11-12, 1901-11-15, 1901-11-19 – Meine Wirthschaft, bestehend aus Acker, Wiesen mit Torfstich, Gartenland und Holzung, zusammen 50 Morgen, beabsichtige ich zu verkaufen. Kauflustige können sich melden

Henriette Basch, Neutomischel 1901-03-15, 1901-03-19, 1901-03-22 – Meinen hinter dem Hause befindlichen Obst- und Gemüse-Garten beabsichtige ich sofort zu verpachten

Wittwe Pauline Lucht in Jablone 1901-03-22 – Meine Wirthschaft mit 16 Morgen gutem Ackerboden, etwas Wald, massiven Schlachthaus und Wohnhaus, Scheune und Stall will ich sofort verkaufen

Zakrzewsky, Oberförster, Oberförsterei Lassuwko bei Grätz 1901-03-22 – Inventar-Auktion. Dienstag, den 26. März, von 10 Uhr vormittags ab, werde ich, weil ich fortziehe, mein lebendes und totes Wirthschafts-Inventar, Erntevorräte, Jagdgewehre usw. öffentlich meistbietend verkaufen. Die Pferde verkaufe ich auch vorher freihändig.

Gustav Gärtner, Neutomischel 1901-03-26, 1901-03-29, 1901-04-02 – Meinen Gasthof will ich verkaufen. Selbstkäufer wollen mit mir in Unterhandlung treten

Gustav Gärtner, Neutomischel 1901-07-09, 1901-07-18 – Die in meinem Grundstück sich befindende Bäckerei ist per 1. Oktober ca. anderweitig zu verpachten

D. Spiro, Neustadt b. P. 1901-03-29, 1901-04-05, 1901-04-12 – Hausverkauf. Mein Grundstück mit großem Laden und 2 Schaufenstern, nahe am Markt, vis à vis der katholischen Kirche, beabsichtige ich sofort zu verkaufen

Fritz Lutz, Neutomischel 1901-04-02, 1901-04-05, 1901-04-12, 1901-04-16 – Zwei Wohnungen sind in meinem Haus bald oder zum 1. Oktober d. Js. zu vermiethen

Fritz Lutz, Neutomischel 1901-07-18 – Einige Morgen gutbestandener Roggen sind zu verpachten

Fritz Lutz, Neutomischel 1901-08-13, 1901-08-20, 1901-08-27, 1901-09-03 – Eine Oberwohnung ist zu vermiethen

C. Marcinkowski, Neutomischel 1901-04-02, 1901-04-05, 1901-04-12, 1901-04-16, 1901-06-10 – Eine Oberwohnung vom 1. Oktober d. Js. zu vermiethen

C. Marcinkowski, Neutomischel 1901-06-21, 1901-06-28 – Eine Oberwohnung, 2 Zimmer und Küche ist vom 1. Oktober d. J. zu vermiethen

C. Wendt, Neutomischel 1901-04-05, 1901-04-12, 1901-04-16, 1901-04-19 – Eine Wohnung ist vom 1. Oktober zu vermiethen.

Wilhelm Kaiser, Zinskowo 1901-04-05, 1901-04-12, 1901-04-19 – Meine Wirthschaft 76 kleine Morgen beabsichtige ich wie es steht und liegt zu verkaufen

S. Josephsohn, Charlottenburg 1901-04-12, 1901-04-16, 1901-04-23 – Mein Ackerland und Wiese in Neutomischel will ich im Ganzen oder getheilt verpachten.

S. Josephsohn, Bahnhofstr., Neutomischel 1901-10-22 – Mein Ackerland nebst Wiese an der Hinterstraße, einen Garten (Baustelle) an der Bahnhofstra. vis a vis der katholischen Kirche, bin ich bereit zu verkaufen

S. Josephsohn, Neutomischel 1901-10-25 – Mein Ackerland (worauf ca. 30 Schock Hopfen 1. und 2. Schnitt) nebst Wiese an der Hinterstraße und einen Garten an der Bahnhofstraße vis á vis der katholischen Kirche, bin ich bereit baldigst zu verkaufen

Karl Krötzsch, Neuer Markt, Neutomischel 1901-04-12, 1901-04-19, 1901-04-26, 1901-05-03 – Eine Oberwohnung und ein Laden nebst Wohnung vom 1. Oktober d. Js. zu vermiethen

Otto Hirsekorn, Neutomischel ? 1901-04-23, 1901-04-30, 1901-05-03, 1901-05-07 – Ein möblirtes Zimmer ist zu vermiethen

F. Wandke, Alttomischel 1901-05-10, 1901-05-14 – Ich beabsichtige meine Wirthschaft 18 kleine Morgen, freihändig zu verkaufen

Gesucht über die Expedition 1901-05-14 – Eine Wohnung mit 2-3 Zimmern, Küche und Nebengelaß, wird vom 1. Juli, spät. August zu miethen gesucht, Adresse erbeten in der Exped. des Kreisblatts

Wolff Hiller, Neutomischel 1901-05-17, 1901-05-24, 1901-06-04, 1901-06-10, 1901-08-02, 1901-08-09, 1901-08-16, 1901-08-23 – Eine Wohnung zu vermiethen

Wilhelm Steinke, Schneidermeister in Sontop 1901-05-17, 1901-05-21 – Ich beabsichtige mein Hausgrundstück sofort zu verkaufen, passend für jeden Handwerker

Über M. Jakobowicz, Buchdruckerei, Neustadt b. P. 1901-05-24 – Wirthschaft mit ca. 30 Morgen Land ist wegen Uebernahme einer größeren Wirthschaft preiswerth zu verkaufen. Gefl. Offerten unter G. K. an M. Jakobowicz, Buchdruckerei, Neustadt b. P.

Gesucht über die Exp. des Kreisblattes 1901-05-24 – Suche zu pachten 1-2 Morgen beste Wiesen in der Nähe von Neutomischel

Anton Minge, Kleinlipke 1901-06-07 – Meine Wirthschaft, 31 Morgen Ackerland und Gebäude in gutem Zustand, mit sämmtlichem Inventar will ich verkaufen

Heinrich Muck, Glinau 1901-06-07 – Mein Wohnhaus und etwas Gartenland in Glinau beabsichtige ich veränderungshalber sofort zu verkaufen

Wittwe M. S. Cohn, Neustadt b. P. 1901-06-10, 1901-06-18, 1901-06-25, 1901-07-02 – Bekanntmachung. Mein hierselbst in der Pinner Straße belegenes Grundstück in welchem seit 25 Jahren ein Material- und Kurzwaaren Geschäft betrieben wird, mit großem daran grenzenden Garten, welcher sich zur Gärtnerei eignet, beabsichtige ich veränderungshalber preiswerth zu verkaufen

B. Walter, Neutomischel 1901-06-10 – Ein noch gut erhaltner Bretter-Schuppen ist preiswerth zu verkaufen. Näheres zu erfragen beim Vorstand der jüdischen Gemeinde

Schreiber’sche Erben, Neutomischel 1901-06-18 – Ich beabsichtige am Donnerstag, den 20. d. M., von Vormittag 9 Uhr ab die Schreiber’schen Grundstücke in Neutomischel zu verkaufen und werde zu diesem Zwecke im Hotel zum Schwarzen Adler anwesend sein, woselbst sich Käufer bei mir melden können. L. Broh aus Frankfurt a.O., als Bevollmächtigter der Schreiber’schen Erben

Apotheke, Neutomischel 1901-06-25 – Eine Oberwohnung oder Gartenwohnung ist zu vermiethen in der Apotheke

Frau Kuttner, Neutomischel 1901-06-25, 1901-06-28, 1901-07-02, 1901-07-05 – Eine Wohnung bestehend aus zwei großen Vorderzimmern, Küche, Kammer, Keller, Bodenraum etc. steht zum 1. Oktober zu vermiethen

Simon Lewy, Pinne 1901-06-28 – Meine hier am Platze in bester Lage seit circa 50 Jahren in vollem Betriebe mit guter Stadt- und Landkundschaft befindliche Bäckerei nebst Laden und anschließender Wohnung sowie Lagerräumen ist – anderer Unternehmung wegen – möglichst sofort zu vermiethen

Heinrich Liedke, Neustädter Chaussee, Neutomischel 1901-06-28, 1901-07-02, 1901-07-05, 1901-07-09 – Eine Giebelwohnung und eine kleine Hofwohnung hat vom 1. Oktober beziehbar zu vermiethen

Bielke, Hinterstraße Nr. 103, Neutomischel 1901-06-28 – Wohnungen, nach Belieben groß und klein, aber nur an ruhige nüchterne Leute, sind zu vermiethen beim Vollziehungsbeamten

D. Bielke, Neutomischel 1901-10-01, 1901-10-08, 1901-10-13, 1901-10-22 – Möblirte Zimmer sind zu vermiethen

G. Fechner, Cigarrenfabrik, Neutomischel 1901-07-02 – Eine Oberwohnung, bestehend aus 1 Stube und Küche, ist zum 1. Oktober zu verm.

G. Fechner, Cigarrenfabrikant, Neutomischel 1901-08-27, 1901-08-30 – Eine Hopfenremise sowie eine Wohnung zu verm.

Heinrich Werner, Neurose 1901-07-05 – Meine Wirthschaft 58 Morgen, nebst Wiese und Wald, mit Ausgedinge, bin ich willens freihändig sofort zu verkaufen

F. Lüdke, Neuer Markt, Neutomischel 1901-07-05, 1901-07-18, 1901-07-19, 1901-07-26– Eine Wohnung bestehend aus Stube und Kuche ist zum 1. Oktober zu vermiethen

Roy, Zinskowo 1901-07-05, 1901-07-09, 1901-07-16, 1901-07-18 – Zwei Wohnungen in Friedenhorst und eine in Zinskowo, auch für Handwerker passend, hat vom 1. Oktober d. J. zu vermiethen

Roy, Zinskowo 1901-12-31 – Meine Gastwirthschaft mit 80 Morgen Land will ich billig krankheitshalber verkaufen

Louis Gerechter, Posen 1901-07-09 – Sichere Existenz ! Mein in Wollstein in der Bergstraße in guter Geschäftslage belegenes neu erbautes Grundstück, in welchem mit bestem Erfolge ein Garderoben-Geschäft verbunden mit Schuh- u. Stiefeln, Wäsche- u. Hut-Geschäft betrieben wird, ist mit und ohne Waarenlager sehr preiswerth zu verkaufen. Vermittler nicht ausgeschlossen

Gustav Toeffling, Neutomischel 1901-07-16, 1901-07-19, 1901-07-23, 1901-07-26 – Eine Wohnung im Hause Nr. 22 ist von gleich und ein Speicher im Hause Nr. 50 vom 1. Oktober ab zu vermiethen

Gustav Linke, Paprotsch 1901-07-16, 1901-07-18, 1901-07-19, 1901-07-23 – Eine kleine Wohnung in der Nähe der Bahn hat vom 1. Oktober ab oder später zu verm.

E. H. Pflaum, Albertoske 1901-07-18 – Meine in Albertoske No. 44 gelegene Wirthschaft ist preiswerth unter günstigen Zahlungsbedingungen zu verkaufen

Wwe. Ernstine Häusler, Hebamme, in Altborui, nahe bei Kirchplatz 1901-07-18 – Mein Grundstück, 6 Morgen Land, Haus, Scheune und Stall, beabsichtige ich zu verkaufen

E. Schirmer, Neutomischel ? 1901-07-19, 1901-07-23, 1901-07-26, 1901-08-02, 1901-08-09 – Zwei kleine Wohnungen sind zu vermiethen

Auguste Schulz geb. Kuck in Wollstein 1901-07-26 – Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Paprotsch belegene, im Grundbuche von Paprotsch belegene, im Grundbuche von Paprotsch No. 54 auf den Namen der Fleischermeisterfrau Auguste Schulz geb. Kuck in Wollstein eingetragene Grundstück am 23. Oktober 1901, Vormittags 9 Uhr, durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 22. Juli 1901 – Königliches Amtsgericht

Gesucht Pirch, Charlottenburg 1901-07-30 – Eine kleine Landwirthschaft wird z Kaufen ges. zum Herbst oder Frühjahr in Neutomischel od. Umgegend, genaue Ang. des Preises, Viehbestandes, der Gebäude u. wieviel Morgen Land s. z. richten an Pirch, Charlottenburg, Wilmersdorferstr. 32

Wilhelm Gierke, Alt Borui bei Neutomischel 1901-08-02, 1901-08-02 – Mein Grundstück bestehend aus Wohnhaus, Hopfenremise mit Schwefeldarre, Scheune und Stall, freundlichen Vor-, Obst- und Gemüsegarten sowie daran stoßendem Ackerland, in günstiger Lage an der Chaussee von Rakwitz nach Neutomischel gelegen, beabsichtige ich unter günstigen Bedingungen zu verkaufen. Dasselbe eignet sich für Geschäfte mannigfacher Art

Fitzner, Sempolno Mühle 1901-08-02 – Gasverpachtung findet in Sempolno Mühle am Sonnabend den 17. August Nachm. 3 Uhr statt.

Fitzner, Sempolno Mühle 1901-12-13, 1901-12-17 – Schankwirtschaft in Sempolno-Mühle zu verpachten vorzugsweise an eine Arbeiterfamilie vom 1. Apr 1902 ab.

C. Scheibe, Neutomischel 1901-08-06, 1901-08-09, 1901-08-13, 1901-08-16 – Ein Laden nebst angrenzenden Zimmer für einzelne Person vom 1. Oktober zu vermiethen

Kuss, Gottfried, Eigenthümer in Dombrowo bei Eichenhorst 1901-08-09 – Meine Wirthschaft, 50 kleine Morgen groß, mit Wohn- und Wirthschaftsgebäuden bin ich Willens sofort aus freier Hand zu verkaufen

Wittwe Karoline Muster geb Weiß, Konkolewo 1901-08-13 – Bekanntmachung. Das Verfahren der Zwangsversteigerung der der Wittwe Karoline Muster geb Weiß gehörigen Grundstücke Konkolewo Hld. No. 10 und 225 wird aufgehoben. Neutomischel, den 09. August 1901 Königliches Amtsgericht

Stranz, Duschnik 1901-08-13, 1901-08-20, 1901-08-27, 1901-09-03, 1901-09-10, 1901-09-28 – Landwirthschaft in Duschnik Kreis Samter, 120 Morgen in einem Plan fast Weizenboden, mit voller guter Ernte, guten Gebäuden sofort zu verkaufen und zu übergeben. 2 Kirchen im Orte. Anzahlung 4.000 Thaler. Nächste Bahnstation Buk.

E. Saebert, Neutomischel ? 1901-08-16, 1901-08-20 – Ein Schüttboden ist zu vermiethen

Wilhelm Mentzel in Glinau bei Neutomischel 1901-08-16, 1901-08-23, 1901-08-30 – Wegen Krankheit beabsichtige ich meine Gastwirthschaft einen Kilometer von Neutomischel, Haltestelle der Kleinbahn, mit Material Geschäft, großem Obstgarten und Landwirthschaft unter günstigen Bedingungen zu verkaufen

H. Niedbal, Neutomischel 1901-08-23, 1901-08-27, 1901-08-30 – Grundstücks-Verkauf. Beabsichtige die mir gehörige, (früher Daniel Leske’sche Wirtschaft Zinskowo No. 44), bestehend aus Wiesen, Wald und Ackerland, mit totem sowie lebenden Inventar ganz oder parzellenweise zu verkaufen. Käufer wollen sich melden

A. Kluge, Scherlanke 1901-08-30, 1901-09-06, 1901-09-13, 1901-09-20 – Meine Wirthschaft 49 Morgen groß in Scherlanke Nr. 217, bin ich willens umzugshalber zu verkaufen, gelegen an der Chaussee und Dampfziegelei

Robert Neumann, Cichagora 1901-10-01, 1901-12-24, 1901-12-31 – Mein Grundstück in Cichagora, circa 17 Morgen Acker und Wiesen, neu bebaut, ohne eingetragene Gelder und ohne Ausgedinge beabsichtige ich gegen beliebige Anzahlung zu verkaufen

Robert Neumann, Cichagora 1901-10-13 – Mein Grundstück, neu bebaut, circa 17 kleine Morgen Acker, ohne eingetragene Gelder und ohne Ausgedinge, ist bei beliebiger Anzahlung zu verkaufen

Andreas Starzak in Grudno 1901-10-04 – Meine Wirtschaft, ca 60 Morgen, incl. guten Wiesen und Holzung, Gebäude in gutem Zustande, beabsichtige ich zu verkaufen

Wilhelm Jeske, Glinau 1901-10-11 – Meine Wirthschaft, 35 Morgen Land mit Gebäuden, beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen

Franz Rzepa, Klein Lipke Kreis Neutomischel 1901-10-18 – Meine Wirthschaft, über 31 Morgen gutes Land, Gebäude massiv, beabsichtige ich zu verkaufen 1.800 Mk. können auf der Hypothek stehen bleiben

Wilhelm Wolke, Paprotsch 1901-11-08 – Meine Wiese in Paprotsch Nr. 50 gelegen, 15 kleine Morgen groß, bin ich willens zu verkaufen ebenso eine Parzelle gutes Land mit Hopfenbau, 22 1/2 kleine Morgen groß

Constantin Jurasz und Therese geb Stroinski, Witomischel 1901-11-15 – Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Witomischel belegene, im Grundbuche von Witomischel Blatt Nr. 35 auf den Namen der Eigenthümer  Constantin und Therese geb Stroinski-Jurasz’schen Eheleute eingetragene Grundstück am 4. Februar 1902 Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 11. November 1901 – Königliches Amtsgericht

Gesucht über die Expedition 1901-11-15 – 1-2 möblirte Zimmer werden für sofort zu miethen gesucht

Constantin Borski in Groß Lipke 1901-11-22 – Meine Wirthschaft, 18 kl. Morgen, Lehmboden, gut bebaut, hübscher Obstgarten, will ich verkaufen

Heinrich Linke u Auguste geb. Müller, Alt Borui 1901-12-10 – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Alt-Borui belegene, im Grundbuche von Alt-Borui belegene, im Grundbuche von Alt Borui, Bl. Nr. 179 auf den Namen der Maler Heinrich und Auguste geb. Müller Linke’sche Eheleute zu Alt Borui eingetragene Grundstück am 5. Februar 1902 Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 7 versteigert werden. Neutomischel, den 3. Dezember 1901 – Königliches Amtsgericht

Wilhelm Leske, Alt Borui 1901-12-17 – Mein Grundstück zu Neu Borui mit neuen Gebäuden und 14 Morgen Ackerland ist preiswerth zu verkaufen

H. Sauer, Stellmachermeister in Krummwalde 1901-12-31 – Eine Schmiede nebst Wohnung ist zu verpachten

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1901 – Kopien der Anzeigen den Zeitungen entnommen

Ein Kreisständehaus für Neutomischel … / 1899-1900 Teil 2

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung P. Mierzejewski, G. Tabbert)
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Der "thurmartige Abschluss des Treppenhauses" über dem ehemaligen Haupteingang des Kreisständehauses - Bild: GT [664]

Der „thurmartige Abschluss des Treppenhauses“ über dem ehemaligen Haupteingang des Kreisständehauses – Bild: GT

Die schon im ersten Teil [659] erwähnte zurückhaltende Berichterstattung zum Bau des Kreisständehauses in Neutomischel setzte sich fort.

Zum 01. April 1899, erschien im Kreisblatt die Mitteilung, dass ein „Amtshaus mit Bureaus und Wohnungen“ errichtet werden solle. Die ehemals in der Gemeinde Glinau direkt an der Stadtgrenze belegenen Grundstücke 664-665/336, waren mit Blatt 315 ins Grundbuch aufgenommen worden. Nach §16 der Gesetzgebung vom 25. August 1876 musste die Errichtung eines neuen Hauses bekannt gemacht werden, da dieses als neue Ansiedlung galt; Einsprüche gegen dieses Vorhaben konnten mit einer Frist von 21 Tagen erhoben werden.

Heute kann man annehmen, das obwohl hierzu keine Unterlagen gefunden wurden, dass keine Einwendungen gegen die Errichtung erfolgten – das Kreishaus wurde gebaut.

* * *

Zeichnungen Hinter- und Seitenansicht gg Süden - Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,014 [665]

Zeichnungen Hinter- und Seitenansicht gg Süden – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,014

Zeichnungen Vorder- und Seiten Ansicht - Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,013 [666]

Zeichnungen Vorder- und Seiten Ansicht – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,013

Bis zum Sommer 1900 konnten keine weiteren Mitteilungen über den Fortgang des Bauvorhabens gefunden werden. Weder fand sich eine Berichterstattung über die Grundsteinlegung, über ein etwaig abgehaltenes Richtfest noch über andere Ereignisse, wie z. B. die Anfuhr der Baumaterialien, die Arbeiten zur Ausführung der Glasmosaiken oder die der restlichen Innenausstattung. Ebenso wurden an der Errichtung des Gebäudes außer dem Bauunternehmer Hasenfelder keine anderen beteiligten Handwerker namentlich genannt.

Vermietungsanzeige - Kreisblatt Neutomischel 20.07.1900 Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa [667]

Vermietungsanzeige – Kreisblatt Neutomischel 20.07.1900 Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa

Dass sich das Gebäude einer Fertigstellung näherte und der Einzug in die Wohnungen und in die Büros anstand, findet sich in der erstmals unter dem 20.07.1900 im Kreisblatt von Neutomischel erschienenen und sich dann mehrfach wiederholenden Vermietungsanzeige des R. Janott aus Kirchplatz-Borui. In ihr wurde „die bisher vom Königl. Landrahtsamt benützte ganze erste Etage“ seines „Grundstücks in Neutomischel“ zum 01. Oktober des Jahres „im Ganzen oder getheilt“ zur Vermietung angeboten.

Ehemaliger Sitz des Landrathsamtes und des Landrathes - Bild PM [668]

Ehemaliger Sitz des Landrathsamtes und des Landrathes – Bild PM

Aber erst in der Ausgabe vom 02. Oktober 1900 zeigte als verantwortlicher der Regierung  Landrat von Daniels an, dass die Wohnung des Unterzeichneten (von Daniels), sowie die Geschäftszimmer des königlichen Landrathamts und des Kreisausschusses“ sich ab dem 01. Oktober 1900 in dem neu erbauten Kreishaus an der Grätzer Straße befinden würden.

Weitere 2 1/2 Wochen später, in der Ausgabe des Kreisblattes vom  16.10.1900, findet sich dann – endlich – eine ausführliche Berichterstattung:

“ In nebenstehenden Abbildungen* (diese wurden in diesem Beitrag aufgrund der nicht ausreichenden Qualität nicht verwendet) bringen wir unsern Lesern eine Ansicht des neu erbauten Kreishause, das mit dem Beginn dieses Monats seiner Bestimmung, die Geschäftsräume des Königl. Landrathsamts und des Kreisausschusses aufzunehmen und dem Landrath als Wohnung zu dienen, übergeben ist.

Das Kreishaus an der Grätzer Landstraße unmittelbar an der Stadt belegen, für dessen äußere Erscheinung eine einfache Architektur gewählt und das in besserem Mörtelputz bezw. Rauhputz ausgeführt ist, gewährt zumal mit seinen großen, breiten Fenstern, dem wohlgelungenen thurmartigen Abschluß des Treppenhauses einen freundlichen und würdigen Anblick.

Das ehemalige Kreishaus um 1930 - Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl [669]

Das ehemalige Kreishaus um 1930 – Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl

 

Das Stadtamt in den 90iger Jahren - Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl [670]

Das Stadtamt in den 90ger Jahren – Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl

 

Das Stadtamt heute - Bild: PM [671]

Das Stadtamt heute – Bild: PM

Das Projekt ist von dem Architekten Knoblauch in Berlin entworfen und der Bau von dem Maurer- und Zimmermeister Hasenfelder hier ausgeführt.

Das Kreishaus enthält ein Untergeschoß mit Wohnung für einen Hauswart, den erforderlichen Kellerräumen und eine Wagenremise, ein Erdgeschoß und ein Obergeschoß; das Dachgeschoß ist nur theilweise ausgebaut.

Vom Kreisständehaus zum Stadtamt 1900-2014 - gezeichnet und gebaut wie heute noch erhalten und zu besichtigen / Zeichnungen Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,020 links oben, GK423,028 rechts oben, GK423,026 rechts unten, Stadtamt links unten in den 60iger Jahren Kreisbibliothek, Aufnahmen 2014 PM [655]

Vom Kreisständehaus zum Stadtamt 1900-2014 – gezeichnet und gebaut wie heute noch erhalten und zu besichtigen / Zeichnungen Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,020 links oben, GK423,028 rechts oben, GK423,026 rechts unten, Stadtamt links unten in den 90iger Jahren Kreisbibliothek, Aufnahmen 2014 PM

Das Erdgeschoß, welches die Amtsräume enthält, hat für diesen Verkehr den Zugang durch die an der linken Front belegene Eingangshalle über die hier angelegt breite massive Treppe. Ueber dieser Eingangsthür ist der Preußische Adler und die Inschrift „Pr. Landrathsamt“ angebracht Im bunten Oberlichtfenster befindet sich das Wappen der Stadt Neutomischel. Von der hübschen Vorhalle aus gelangt man über den alle Räume verbindenden Mittelgang in die Arbeitsräume der Beamten, die Registraturen und den Sitzungssaal, während unmittelbar rechts an der Treppe und vor dem durch eine „Windfangthür“ abgeschlossenen Mittelgang ein geräumiges Wartezimmer eingerichtet ist, so daß man von hier leicht und ohne Störungen in den gegenüberliegenden Sitzungssaal gelangen kann. Letzter entspricht in seiner Größe den hiesigen  Kreisverhältnissen, in seiner Ausstattung den für feierliche Versammlungen und ernste Sitzungen zu stellenden Anforderungen in vornehm würdiger Weise. Die Decke ist mit Stuck und Malerei geschmückt, darunter die Wappen der beiden Städte des Kreises – Neutomischel und Neustadt b. P., und Hopfen- und Kiefernkulturen zum Ausdruck bringende Bilder. Die Wände sind mit einfachem Holzpanneel versehen.   

Das "kleine Stallgebäude" im Entwurf, nur noch auf alten Postkarten erkennbar - Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,029 [672]

Das „kleine Stallgebäude“ im Entwurf, nur noch auf alten Postkarten erkennbar – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,029

Die Ausstattung des Obergeschosses trägt den heutigen Ansprüchen an die Einrichtung der verschiedenen Räume für gesellige Vereinigungen und für Wohn- und Wirthschaftszwecke Rechnung.

Den Zugang zum Obergeschoß, der Wohnung des Landraths, bildet der an der Straße liegende Haupteingang und Treppenflur. Ueber der Thür ist ein Adler mit ausgebreiteten Fittichen und die Inschrift „Kreishaus“, über dem großen bunten Treppenfenster, das sich besonders vortheilhaft präsentiert, die Jahreszahl „1900“ angebracht. Alle Räume machen einen lichten und freundlichen Eindruck, sind bequem zugänglich und ihrem Zwecke entsprechend unter einander verbunden, wobei auch die Himmelsrichtung nicht unberücksichtigt geblieben ist.

Ein kleines Stallgebäude schließt den Hof nach der Seite des Nachbarn hin ab. Für einen geräumigen Garten, der nunmehr angelegt werden soll, gewährt das Grundstück reichlich Platz. Gleich der Mehrzahl der Kreisstädte hat somit nun auch unsere Kreisstadt ein „Kreishaus“, das die heutige Bedeutung des Landrathsamts in staatlicher, sowie kommunaler Hinsicht, insbesondere aber auch die stetig wachsenden Verkehrsbeziehungen zwischen der Kreisbehörde und den Kreiseingesessenen in angemessener und würdiger Weise zum Ausdruck bringt.

Wir sprechen unsere Freude aus über die glückliche Beendigung des Baues, bei dem sich während einer einundeinhalbjährigen Bauzeit Gottdank kein Unfall zugetragen hat und wir verbinden damit die Hoffnung und den Wunsch, daß von dem neuen Kreishause die Interessen des Kreises fördernde, Segen bringende Ent- und Beschlüsse ausgehen und daß die Bewohner des Hauses sich allezeit wohl, glücklich und heimisch in unserem Kreise fühlen möchten.“

Das Stadtamt in den 60iger Jahren bevor der Anbau errichtet wurde - Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl [673]

Das Stadtamt in den 60iger Jahren bevor der Anbau errichtet wurde – Bild: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl

Fortsetzung folgt ….

* * *

bereits erschienen: Teil 1 – Ein Kreisständehaus für Neutomischel … / 1898 [659]

Quelle:

Die Schlossmauern wurden gesprengt … – 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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links: heute noch zu besichtigender Turm der alten Befestigungsanlage - Bild: EA; rechts oben: Schloss und alte Befestigungslagen um 1840 - Bild: Bildband "Zbąszyń na dawnej pocztowce" (Bentschen in alten Postkarten) - Autor: Krzysztof Rzepa / 2012; rechts unten: Alte Ziegelei - Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Old_brick_factory_Zbaszyn.JPG#mediaviewer/File:Old_brick_factory_Zbaszyn.JPG [674]

links: heute noch zu besichtigender Turm der alten Befestigungsanlage – Bild: EA; rechts oben: Schloss und alte Befestigungslagen um 1840 – Bild: Bildband „Zbąszyń na dawnej pocztowce“ (Bentschen in alten Postkarten) – Autor: Krzysztof Rzepa / 2012; rechts unten: Alte Ziegelei – Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Old_brick_factory_Zbaszyn.JPG#mediaviewer/File:Old_brick_factory_Zbaszyn.JPG

Die Geschichte der Ansiedlung Bentschen, Zbąszyń, reicht in etwa in das Jahr 1231 zurück. Historiker nehmen an, dass dieser schon in der 2ten Hälfte des 13. Jahrhunderts das Stadtrecht verliehen wurde. Bentschen war in seiner wechselvollen Geschichte immer Sitz von Fürsten und Königen. Im Jahr 1613 wurde unter den damaligen Besitzern der Familie Ciświcki der Burgbau beendet.

Diese Befestigungsanlagen waren für die „Ewigkeit“ geplant und errichtet worden.

Und doch, es kam nicht dazu … im Kalendarium der Stadt Zbaszyn findet sich:

Und es scheint weitere Verwendung für die Ziegel der ehemals monumentalen Mauern gegeben zu haben.

Im Kreisblatt von Neutomischel in der Ausgabe vom 30.01.1900 findet sich eine Meldung, dass der Abriss des Schlosses sich nicht so einfach gestaltete, wie es wohl vorgesehen war und auch, dass die alten Steine wiederum anderweitig verbaut werden sollten:

„Seit einigen Tagen werden die Mauern des alten Schlosses Bentschen im hiesigen Schloßgarten durch Pioniere aus Glogau gesprengt. Das alte Schloß, dessen Mauer 1-2 Meter dick sind, stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die Festigkeit ist so groß, daß man bei den Abtragungsarbeiten jeden einzelnen Stein losmeißeln mußte, so daß man jetzt dem Mittel des Sprengens gegriffen hat, um Kosten zu sparen. Die alten Steine werden zur Errichtung eines Ringofens verwendet.“

Ein „Hoffmannscher Ringofen“ und dessen Funktionsprinzip wird bei Wikipedia [675]wie folgt beschrieben: “

Der Ringofen besteht aus einem großen Kreis oder Oval mit etwa 14 bis 20 Kammern, in denen unabhängig voneinander ein Feuer unterhalten werden kann, das die ebenfalls in der Kammer befindlichen getrockneten Ziegelrohlinge brennt. Nach dem Brennvorgang lässt man in einer Kammer das Feuer verlöschen, und die nächste Kammer wird mit Brennstoff beschickt. Dadurch wandert in etwa ein bis zwei Wochen das Feuer einmal um das Oval. Durch erfindungsreiche Be- und Entlüftung der Kammern erwärmen die gebrannten Ziegel die Zuluft für das Feuer, was diese wiederum schneller abkühlen lässt, während die heißen Abgase die Rohlinge trocknen und vorerhitzen. Gegenüber der beheizten befinden sich die jeweils kühlsten Kammern. Hier werden die fertigen Ziegel entnommen und die Kammer neu befüllt.“

Ob letztlich die Steine der ehemaligen Burg tatsächlich in der Ziegelei, welche lt. einer Zeitungsmeldung vom 08. Februar 1901

„Eine größere Ziegelei mit Dampfanlage wird in nächster Zeit in der Nähe des Bahnhofes von dem Maurermeister C. Loechel aus Schwiebus erbaut werden.“

in Bentschen entstand, verwendet wurden, oder ob diese für den Bau einer anderen Anlage genutzt wurden, ist nicht bekannt.

* * *

Textquellen: Webseite der Stadt – www.zbaszyn.pl; Kreisblatt Neutomischel – www.wbc.poznan.pl; Hoffmannscher Ringofen: http://de.wikipedia.org/wiki/Hoffmannscher_Ringofen

Ein Kreisständehaus für Neutomischel … / 1898 Teil 1

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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"Stadtwappen" - Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent - Entwurf - Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,027 [676]

„Stadtwappen“ – Gustav Knoblauch (1833-1916) Tuschezeichnung auf Transparent – Entwurf – Quelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inv. Nr. GK423,027

Im Jahr 1898 erschienen im Kreisblatt vereinzelte Berichte, die beim ersten Lesen nichts miteinander zu tun zu haben scheinen.

Erst im Oktober des Jahres 1900 fügen sich die einzelnen Meldungen zu einem Ganzen.

Entgegen anderen in der Stadt Neutomischel errichteten Bauten, wurde die Berichterstattung über die Pläne und Auftragsvergabe betreffend dem Kreisständehaus sehr zurückhaltend geführt.

Leider fanden sich bis zur Veröffentlichung dieser Zusammenstellung der Meldungen, auch keine weiteren Unterlagen im Staatsarchiv Poznan.

Das ehemalige Kreisständehaus ist heute eines der wichtigsten Gebäude in der Stadt Nowy Tomysl. Seit  1976 ist unter der Adresse ul. Poznańska 33 das Stadtamt ansässig.

* * *

Ein erster Bericht findet sich im Kreisblatt Neutomischel vom 05.07.1898. Es heißt darin, dass der Kreistag einstimmig den Beschluss gefasst hatte in der Stadt Neutomischel ein Kreisständehaus zu erbauen.

Für die Summe von 3.900 Mark, so war die Entscheidung gewesen, wurden die Grundstücke Glinau 664-665/336 angekauft. Nicht in den Kauf eingeschlossen war eine ca. 19 qm große Fläche, die von Otto Hirsekorn, dem zukünftigen Nachbarn des Kreisständehauses als Einfahrt genutzt wurde. Bedingung für diese Regelung war, dass Hirsekorn die Kosten für die Neuvermessung und Auflassung der fraglichen Parzelle zu übernehmen hatte und ebenfalls einen Betrag in Höhe von 30 Mark für die Grundstückserwerbskosten zu übernehmen hatte.

Der Kreistag bevollmächtigte den Landrat, die gerichtlichen Auflassungen kurzfristig zu beantragen und entgegenzunehmen.

Seitens des Landrates lag die Zusage vor, eine Jahresmiete in Höhe von 1.400 Mark für die Nutzung der Räumlichkeiten zu bezahlen.

Unter Berücksichtigung dieser Mieteinnahme, wurde zur Errichtung des Kreisständehauses der Gesamtbetrag von 70.000 Mark für die Baukosten bewilligt. Um diese Summe zu decken sollten 30.000 Mark durch Verkauf von Effekten welche sich im Besitz der Kreiskommunalkasse befanden, und die dann noch fehlenden 40.000 Mark über eine Anleihe aufgebracht werden.

Durch den Verwaltungsrat des Kreissparkasse Neutomischel war hinsichtlich der Anleihe das Angebot unterbreitet worden, dass diese die Finanzierung übernehmen würde, aber diese erst  amortisiert werde, wenn die Eisenbahnschuld getilgt sein würde, also vom Jahre 1908 ab.“

ul. Poznańska 33 - Aufn. PM [677]

ul. Poznańska 33 – Aufn. PM

Für diese Veranlassungen bevollmächtigte der Kreistag den Kreisausschuss. Ebenfalls erstreckte sich  diese Vollmacht auch auf die Notwendigkeiten zur  Erstellung des Bauplanes und der Einholung von Kostenvoranschlägen, der später folgenden Auftragsvergabe der Bauausführung und deren Überwachung sowie auch für die Zeichnung der Schuldurkunde.

* * *

Im Sommer des Jahres, in der Ausgabe vom 22.07.1898, erschien dann folgender Artikel:

Der fliegende Sand der Alttomischeler Sandberge, welcher mit dem Aufschwung der Stadt Neutomischel schon lange in engem Zusammenhang steht, indem jährlich tausende Fuhren zu Neubauten, Straßenpflaster usw. herangeschafft wurden, soll wieder eine nützliche Verwendung finden.

Herr Baumeister Hasenfelder hat für die Kreise Neutomischel und Grätz von dem Patentinhaber das Recht erworben durch Ausnutzung eines sich sehr schnell vollziehenden chemischen Vorganges aus Sand und Kalk, ohne jeden Zusatz, Mauersteine, Dachsteine, Werkstücke, Fliesen etc. von unübertroffener Druckfestigkeit (238 Kilogr. pro Quadratcentimeter) und absoluter Wetterbeständigkeit mit geringsten Kosten herzustellen.

Der Kalk wird nicht auf gewöhnlichem Wege, sondern in Dampf von acht Atmosphären Druck gelöscht, mit 90 Prozent Sand gemischt, zu Steinen geformt und nochmals 12 Stunden dem Dampfdruck ausgesetzt. Die Steine kommen dann baufertig aus dem Kessel und vertragen einen Druck von 200 Atmosphären. Proben solcher Steine können bei Herrn Hasenfelder in Augenschein genommen werden.

Die Anlage soll schon in wenigen Monaten in Betrieb gesetzt werden, zu welchem Zweck Herr Hasenfelder die Alttomischeler Sandberge auf längere Jahre in Pacht erhalten hat.“

Der Bauunternehmer Hasenfelder hatte mit seiner Vorgehensweise für sich und sein Unternehmen die Produktion von Kalksandsteinen nach dem unter Patentrecht stehendem Verfahren zu sichern, einen Vorteil gegenüber seinem Mitbewerbern aus dem Baugewerbe erworben. Gleiches gilt für seinen Schritt den benötigten Rohstoff Sand durch eine Langzeitpacht der Alttomischeler Sandberge abzudecken.  Einerseits konnte er zukünftig für neue Bauvorhaben durch die Eigenherstellung der benötigten Steine günstige Angebote ausarbeiten, andererseits aber auch durch den Verkauf des Fertigproduktes „Stein“ Einnahmen verzeichnen.

* * *

Eingangsportal des Bahnhofes Posen - Quelle: www.zeno.org [678]

Eingangsportal des Bahnhofes Posen – Quelle: www.zeno.org

Im Kreisblatt finden sich bis zum November keine weiteren Artikel. Die Ausarbeitung des Projektes „Kreisständehaus“ schritt jedoch fort. In Berlin war Gustav Knoblauch (1833-1916) damit beschäftigt die Bauzeichnungen des zu errichtenden Gebäudes anzufertigen. Seine ersten Entwürfe sind datiert vom Juni, die, die schließlich umgesetzt wurden vom August 1898.

Gustav Knoblauch galt als renommierter Architekt; vornehmlich war er in Berlin tätig. Ein sehr bekanntes von ihm entworfenes Gebäude, welches jedoch außerhalb der damaligen Metropole lag, war das des Posener Hauptbahnhofes welches in den Jahren 1872-1879 errichtet wurde.

* * *

Am 11.11.1898 fand eine weitere Kreistagsitzung, die sich mit der Errichtung des Kreisständehauses befasste statt. Eine kurze Berichterstattung ist hierzu in der Ausgabe des Kreisblattes vom  22.11.1898 zu finden.

In dieser Sitzung „beschloß der Kreistag einstimmig auf Vorschlag des Kreisausschusses und unter Bezugnahme auf das Schreiben des Baumeisters Knoblauch-Berlin vom 10. November d. J.:

Zur Bestreitung der gesammten Kosten für die Errichtung eines Kreishauses werden 30.000 Mark durch Versilberung der im Bestande der Kreiskommunalkasse befindlichen Effecten und 45.000 Mark im Wege der Anleihe bei der Kreissparkasse aufgebracht. Die Anleihe soll mit 3 1/2 % verzinst und vom 1. April 1908 ab mit 5 % getilgt werden. Die gesammten Kosten sollen die im Schreiben des p. Knoblauch vom 10. d. Mts. angegebene Summe von 77.300 Mark nicht überschreiten. Der nicht gedeckte Betrag von 2.300 Mk. soll, soweit er erforderlich ist nach dem Vorschlage des Kreis-Ausschusses durch Einstellung in den Etat für 1900/1901 aufgebracht werden. Der Kreisausschuss wird bevollmächtigt, die Bauausführungen demgemäß nach eigenem Ermessen zu vergeben.“

* * *

Eine letzte Begebenheit des Jahres 1898 in der Stadt fand sich dann in einer Kurzmeldung, welche unter dem 03.01.1899 erschienen war:

„Zwei Dampfkessel von selten großem Umfange wurden am 24. und 30. Dezember  (1898) von je 6 Pferden nach der neuen Hasenfelder’schen Dampfhartsteinfabrik vom Bahnhof durch die Stadt gezogen und machten viel Aufsehen. Jeder Dampfkessel hat ca. 9 m Länge, 2,10m Durchmesser und ein Gewicht von ca. 200 Centner. Der Betrieb der Dampfhartsteinfabrik wird bereits Ende Januar eröffnet und soll auch alsdann mit dem Verkauf der Mauersteine sofort begonnen werden.“

Anzeige des Bauunternehmens Hasenfelder, Neutomischel - Quelle: Kreisblatt vom 03.01.1899 [679]

Anzeige des Bauunternehmens Hasenfelder, Neutomischel – Quelle: Kreisblatt vom 03.01.1899

 

– Fortsetzung folgt –

Quellen:

Grabsteinfund – Johannes Seidel, evgl. luth. Pastor in Neutomischel von 1885-1917

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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HIER  RUHT  IN  GOTT  DER  EV.  LUTH.  PASTOR  -  JOHANNES  SEIDEL - 25. JAN .... - Bild: PM [680]

HIER RUHT IN GOTT DER EV. LUTH. PASTOR – JOHANNES SEIDEL – 25. JAN …. – Bild: PM

Der alte evangelische Friedhof in der Stadt Nowy Tomysl ist schon lange nicht mehr existent.  An seiner Stelle erinnert, der hier einst zur ewigen Ruhe Beerdigten, ein Gedenkstein.

Für die Verwendung von alten Grabsteinen, zu ihnen gehörten auch die der alten Friedhöfe der Stadt, gab und  gibt es kaum eine würdige Verwendung. Der einst die Ewigkeit symbolisierende Grabstein, der das Refugium des Toten und dessen Andenken darstellte, hat zum Ablauf der Totenruhe oder der Auflösung eines Friedhofes ausgedient.

Oft geraten die schönen Grabsteine in die Steinmühle und finden Verwendung als Schotter im Straßenbau, in der Anlage von Plätzen in Parkanlagen oder sogar als Uferbefestigung an Flüssen.

Aber gerade im Hinblick auf die sich verändernden Zeiten , ist dieses Verfahren ein kulturgeschichtliches Versäumnis.

Es sind die Funde aus der Vergangenheit, die nicht vergessen werden sollten, denn aus ihnen lebt der Gedanke an das „Wir“ in einem gemeinsamen Europa ohne Krieg.

Sie als Leser unserer Seite bitten wir uns zu schreiben, welches Ihre Vorschläge zur Verwendung alter Grabsteinfunde wären – vielleicht ein Lapidarium ? vielleicht eine Art Weg der Erinnerung ? oder … ?  bitte schreiben Sie uns, vielleicht ist es möglich Ihre Idee umzusetzen.

Vielen Dank !

Gudrun.Tabbert@hauland.de          Przemek.Mierzejewski@oledry.pl

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HIER  RUHT  IN  GOTT  DER  EV.  LUTH.  PASTOR  –  JOHANNES  SEIDEL – 25. JAN ….

Am zweiten Advent, dem 6. Dezember 1885 fand in Neutomischel die Einführung des neugewählten Geistlichen statt, des Pastor Johannes Seidel, welcher bisher Hilfsprediger an der luth. Gemeinde in Ratibor gewesen war.

Es ist Neutomischel ein Städtchen im Süd-Westen der Provinz Posen gelegen, nicht weit von der Grenze der Provinz Brandenburg, mit deutscher Bevölkerung, 1.487 Einwohnern, wohlhabend und bekannt durch seinen Hopfenbau und Hopfenhandel.

Zu der gesamten dortigen lutherischen Parochie gehören 847 Seelen. Sie zählt außer der Hauptgemeinde 5 Predigtorte, die in einer Entfernung von 1 bis 3 Meilen um erstere herum liegen. Die größte Gemeinde Neutomischel hat 290 Seelen, Neuborui 240, Alttuchorze 141.

Pastor Seidel - Pastor der evgl. luth. Gemeinde von 1885-1917 in Neutomischel - Bild: D. Maennel Archiv [681]

Pastor Seidel – Pastor der evgl. luth. Gemeinde von 1885-1917 in Neutomischel – Bild: D. Maennel Archiv

Am heutigen Festtage faßte das kleine Gotteshaus in Neutomischel nur mit Mühe die Menge der Kirchgänger, die aus allen zur Parochie gehörigen Gemeinden und weiter her gekommen waren. Vor dem Altar stand der einzuführende Pastor, um ihn herum die 13 Kirchenvorsteher; am Altar der einführende Superintendent Kleinwächter aus Posen, zu seiner Seite als Assistenten die Pastoren Peschko aus Züllichau und J. Biehler aus Prittisch. Von des Predigtamtes Kraft, Lohn und Segen redete der Superintendent in seiner Ansprache über 1. Kor. 3, 7-9. Darauf predigte der neue Pastor in seiner frischen Weise über Jesaia 40, 6-8: Von der Predigt und vom Prediger. Die Feier des heiligen Abendmahles schloß den Hauptgottesdienst, zu welcher Pastor Peschko in der Beichtansprache über 2. Kor. 8, 9 vorbereitet hatte.

Die lutherischen Familien der Stadt ließen sich es nicht nehmen, die Auswärtigen in ihren Häusern gastlich aufzunehmen.

Nach der Vorsteherversammlung am Nachmittag predigte um 5 Uhr Pastor Biehler aus Prittisch und forderte die Gemeinde auf Grund der Sonntagsepistel zu dem Gebete auf: Verleih uns, Herr, Beständigkeit 1) in der Hoffnung, 2) in der Liebe, 3) im Glauben.

Ihre Freude über den baldigen Einzug ihres neuen Hirten nach nur kurzer Vakanz zeigte die Gemeinde auch am Abend, wo sie in dem neu hergerichteten Pfarrhause ihm eine festliche Begrüßung mit Gesang und Ansprachen bereitete. Möchte es demselben gelingen, in gleicher Weise die Liebe der Gemeinde zu behalten, wie sie sein Vorgänger in den 16 Jahren seiner dortigen Wirksamkeit gehabt hat.

Quelle: Kirchenblatt vom 15.03.1886

* * *

Kurzbiographie:

Johannes Gottfried Albert Max Seidel – geboren 25. Januar 1860 in Breslau, gestorben 28. Februar 1922 in Posen (Krankenanstalt) – der Verstorbene wurde von Posen überführt und am 04. März 1922 an seinem Wohnort Neutomischel  beerdigt

Er war der Sohn des Kgl. Stationsvorstehers Gottfried Seidel in Breslau (ca. 1827-1895) und dessen Ehefrau Albertine geborene Freyer (ca. 1825-1895)

Er war verheiratet seit 19. April 1887 in 1. Ehe mit Elisabeth Schröder – geboren 11. April 1861 in Militsch, gestorben 04. April 1897 Neutomischel, Tochter des Zimmermeister Christian Schröder in Militsch (ca. 1814-1900) und dessen Ehefrau geborene Scholz

in 2. Ehe seit 22. Juni 1898 mit Emma Walther – geboren 1861/62, gestorben 26. August 1912 Neutomischel

in 3. Ehe seit  04. Juli 1918 mit Emilie Pietsch

Pastor Seidel wurde wegen Krankheit 1917, nach annähernd 32 Jahren im Amte des Pastors der evangelisch-lutherischen Gemeinde Neutomischel emeritiert, sein Nachfolger wurde zu Jahresbeginn 1918 Pastor Ludwig Greve , Pastor Seidel  behielt in der Zeit seines Ruhestandes seinen Wohnsitz in Neutomischel

Quelle: D. Maennel Archiv, Kassel 2012

Das neue Amtsgericht in Grätz, Provinz Posen – 1904/1905

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zentralblatt der Bauverwaltung 1906)
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Das ehemalige Amtsgerichtsgebäude um 1905/1906 - Abb. 1 [682]

Das ehemalige Amtsgerichtsgebäude um 1905/1906 – Abb. 1

Die früheren Geschäftsräume des Amtsgerichts, welche in dem Rathause in Grätz untergebracht waren, genügten den wachsenden Ansprüchen in keiner Weise mehr.

Für den notwendigen Neubau stellte die Stadt Grätz unentgeltlich einen Bauplatz zur Verfügung, der bereits eine Anzahl öffentlicher Gebäude, wie Kirche, Schule und Kreisständehaus trug und mit dem vorhandenen, dem Justizfiskus gehörigen Gefängnisgebäude in Verbindung gebracht werden konnte.

Das Gebäude ist, wie der Lageplan erkennen läßt (Abb.2), an einer Straßenecke der Promenade errichtet; zwischen den Gefängnisgrundstück und dem Amtsgerichtsgebäude liegen Beamtengärten und das Wohnhaus für den zweiten Richter.

Lageplan - Abb. 2  a. Wohnhaus für einen zweiten Richter b. Garten des Gerichtsdieners c. Abort [683]

Lageplan – Abb. 2
a. Wohnhaus für einen zweiten Richter
b. Garten des Gerichtsdieners
c. Abort

Die Geschoßhöhen betragen im Untergeschoß 2,80 m, beim Schöffensaale 6 m, sonst 4,30 m, die Amtsrichterdienstwohnung ist niedriger gehalten.

Erstes Stockwerk und Erdgeschoß - Abb. 3 und 4 [684]

Erstes Stockwerk und Erdgeschoß – Abb. 3 und 4

Die Architektur des Gebäudes zeigt einfache Formen der deutschen Renaissance (Abb. 1).

Sämtliche Werkstücke der Straßenfronten sind aus Warthauer Sandstein hergestellt. Die Ansichtsflächen haben einen rauhen Putzbewurf unter Verwendung von Förderstedter Kalk erhalten.

Die Dächer sind mit roten Biberschwänzen als Kronendach, der Turm ist mit Kupfer eingedeckt.

Der innere Ausbau erfolgte in einfacher, aber zweckentsprechender Weise. Das Untergeschoß sowie die Flure des Erdgeschosses, die Kassen- und Grundbuchräume sind massiv überdeckt; dasselbe gilt von der Eingangshalle und vom Haupttreppenhaus, welche Gewölbe in Monierbauweise erhalten haben. Die Erwärmung der Räume erfolgt durch Kachelöfen, im Sitzungssaal durch eiserne Mantelöfen. Die Beleuchtung der Flure und Geschäftsräume wird durch das städtische Elektrizitätswerk bewirkt. Der Wasserversorgung des Gebäudes dient ein auf dem Boden befindlicher Behälter, der durch eine Saug- und Druckpumpe mit Handbetrieb gefüllt wird.

Die Kosten des Gebäudes trägt die Stadt Grätz, welche dem Justizfiskus den Bau mietweise überläßt. Sie betragen ausschließlich der Kosten für die Bauleitung und die innere Einrichtung rd. 196.000 Mark. Hiervon entfallen auf das Geschäftsgebäude 181.400 Mark und auf die Nebenanlagen 14.600 Mark. Ein Kubikmeter umbauten Raumes stellt sich für das Geschäftsgebäude auf rd. 16,50 Mark. Die Bauleitungskosten belaufen sich auf rd. 16.500 Mark die Kosten der inneren Einrichtung auf 10.600 Mark. Der Bau wurde im April 1904 begonnen und ist im Dezember 1905 der Justizverwaltung übergeben worden.

Der Vorentwurf wurde im Ministerium der öffentlichen Arbeiten unter Leitung des Geheimen Oberbaurate Saal ausgearbeitet. Die Ausführung erfolgt durch den Lokalbaubeamten Baurat Hauptner in Posen unter Aufsicht der bautechnischen Mitglieder der Königlichen Regierung, des Regierungs- und Baurate Weber und später des Baurats Hudemann. Für die örtliche Bauleitung war dem Lokalbaubeamten der Architekt Barilla beigegeben.

Quelle: Text und Bilder – Zentralblatt der Bauverwaltung No. 70 / 1906 – Seite 443-444 – Zentral- und Ladesbibliothek Berlin – http://opus.kobv.de/zlb/volltexte/2008/3992/2

Immobilien, Mieten, Vermieten, Pachten u. Zwangsversteigerung – 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Zeitungsanzeigen des Jahres 1900 - Quelle: Kreisblatt Neutomischel [685]

Zeitungsanzeigen des Jahres 1900 – Quelle: Kreisblatt Neutomischel

Nachfolgend finden sich die im Neutomischeler Kreisblatt des Jahres 1900 veröffentlichten Anzeigen mit welchen Verpachtungen, Verkäufe und An- und Vermietungen sowie letztlich auch Zwangsversteigerungen inseriert wurden.

Die Zusammenstellung der Inserate basiert darauf, dass Grundstücke, Anwesen und Wohnungen oder Etwas direkt mit diesen in Verbindung stehendes, wie z. B. eine Wiese oder eine Ernte, angeboten wurde.

Ausdrücklich weisen wir darauf hin, dass auch wenn es ein Inserat z. B. zu einer Zwangsversteigerung gegeben hat, diese nicht unbedingt durchgeführt wurde, genau so wenig, wie ein beabsichtigter Verkauf einer Wirtschaft auch zu diesem geführt haben muss.

* * *

Dienegott Lange, Cichagora Nr. 3 bei Neutomischel  1900/01/05, 1900/01/12, 1900/01/19 – Meine Wirthschaft 50 Morgen groß, in sehr gutem Zustande, beabsichtige ich zu verkaufen

Kluge, Kozielaske 1900/01/05, 1900/01/09 – Umzugshalber wil ich meine Wirthschaft in Kozielaske Nr. 60, 8 Morgen sofort verkaufen. Reine Hypothek. Hälfte Anzahlung, alles in gutem Zustande.

Waldemar Paech, (Neutomischel) 1900/01/05, 1900/01/09, 1900/01/12, 1900/01/16 – Die früher B. Maennel’schen Ländereien an der Alttomischeler Straße beabsichtige ich parzellenweise zu verkaufen. Die Stücke eignen sich zu Baustellen und werden nach Wahl der Käufer abgegeben

Waldemar Paech, (Neutomischel) 1900/09/07, 1900/09/11 – Eine Kellerwohnung von zwei Zimmern, in welcher bisher ein Grünkramgeschäft betrieben wurde, ist vom 1. Oktober zu vermiethen

Wolff Hiller, früher Gutkind (Neutomischel) 1900/01/05, 1900/01/09 – Mehrere Wohnungen zu vermiethen

Wolff Hiller, (Neutomischel) 1900/03/20, 1900/03/23 – Eine Wohnung zum 1. April sofort zu vermiethen

Wolff Hiller, (Neutomischel) 1900/06/12, 1900/06/15, 1900/06/19, 1900/06/22 – Mehrere Wohnungen zu vermiethen

Fritz Lutz, Neutomischel 1900/01/09, 1900/01/12, 1900/01/16, 1900/01/19 -Eine Oberwohnung bestehend aus zwei Stuben ist zu vermiethen

über die Expedition, Neutomischel 1900/01/09, 1900/01/16, 1900/01/23, 1900/01/30 – Ein möbliertes Zimmer (Bahnhofstraße) ist per sofort oder später zu vermiethen.

Emma Hecke, Glinau 1900/01/12 – Zwei Wohnungen sind zu vermiethen von jetzt an oder 1. April zu beziehen

Emma Hecke, Glinau 1900/03/30 – Zwei Wohnungen mit Küche hat zu vermiethen

Manowski bei Louis Munter, (Neutomischel) 1900/01/12, 1900/01/26, 1900/01/30, 1900/03/06 – Die von mir bisher bewohnten 4 Zimmer etc. im Hause des Herrn Louis Munter werden bis 1. Oktober 1900 von mir billig weiter vermietet. Näheres in der Geschäftsstelle d. Blattes. Manowski, Rektor

W. Weiss, Schwarzhauland 1900/01/12 – Beabsichtige mein Grundstück in Albertoske, ca. 4 Morgen guten Hopfenboden nebst Wohnhaus und Stallung unter günstigen Bedingungen zu verkaufen

über die Expedition, Neutomischel 1900/01/16, 1900/01/19, 1900/01/23, 1900/01/26, 1900/01/30, 1900/02/02, 1900/02/06 – 2 Zimmer nebst Küche und Zubehör per 1. April zu vermiethen, 2 möblierte Zimmer per 1. Februar zu vermiethen

Kutzner, Glinau 1900/01/19, 1900/01/23, 1900/01/26 – Eine Arbeiterwohnung hat zu vermiethen

Schädler, Sontop 1900/02/02, 1900/02/06 – Mein in Sontop belegenes gut bebautes Grundstück für jeden Handwerker passend, bin ich willens mit oder Land aus freier Hand sofort zu verkaufen

Wilhelm Kern, Eigenth., Glinau 1900/02/09 – Meine Wirthschaft mit Gebäuden und 15 Morgen Land beabsichtige ich zu verkaufen

Traugott Joachim, Scherlanke 1900/02/13, 1900/02/20, 1900/02/23, 1900/02/27 – Meine Wirthschaft, 12 Morgen Ackerland, massives Wohnhaus, Scheune mit Stallung, beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen

Joachim’sche Eheleute, Albertoske 1900/03/20 – Eine Wirthschaft von 80 Ar, neu bebaut, ist bald zu verkaufen

Reinhold und Pauline verwittwete Timm geb. Leske, Joachim’sche Eheleute, Albertoske, 1900/06/12 – Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Albertoske Blatt Nr. 70 auf den Namen der Reinhold und Pauline verwittwete Timm geb. Leske Joachim’schen Eheleute eingetragene Grundstück am 10. Augus 1900, Vormittags 10 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – versteigert werden. – Neutomischel, den 9. Juni 1900 – Königliches Amtsgericht

Wilhelmine Schulz, Wittwe, Cichagora 1900/02/20 – Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuch von Cichagora Bl. Nr. 85 auf den Namen der Wittwe Wilhelmine Schulz in Cichagora eingetragene Grundstück – Größe 13 ha 25 a 90 qm – am 21. April 1900 Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht, an der Gerichtsstelle versteigert werden. Neutomischel, den 16. Februar 1900. – Königliches Amtsgericht.

Bekanntmachung 1900/04/10 – Das Verfahren der Zwangsversteigerung das im Grundbuche von Cichagora Bl. Nr. 85 auf den Namen der Wittwe Wilhelmine Schulz in Cichagora eingetragenen Grundstücks wird aufgehoben. Der Termin vom 21. April etc. fällt daher fort. – Neutomischel, den 6. April 1900 – Königliches Amtsgericht

C. Werth, (Neutomischel) 1900/02/20, 1900/02/23, 1900/02/27, 1900/03/02 – Eine freundlich möblierte Wohnung mit Balkonzimmer ist vom 1. März zu vermiethen.

C. Werth, (Neutomischel) 1900/09/18, 1900/09/21. 1900/09/25, 1900/10/02 – Eine kleine Oberwohnung für einzelne Leute ist zu verm.

Bengsch, Bahnhofstraße, (Neutomischel) 1900/02/23, 1900/02/27, 1900/03/02 – Ein Zimmer für einzelne Person möbliert oder unmöbliert ist zu vermiethen

Wilhelm Gutsche, Wengielno 1900/03/02, 1900/03/06 – Meine Wirthschaft, 32 Morgen mit Gebäuden und Ausgedinge, beabsichtige ich zu verkaufen

Luise Klemke, am Schützenhaus, (Neutomischel)  1900/03/02, 1900/03/06 – 1 Wohnung, Zimmer, Stall und Keller hat zu vermiethen

Louise Klemke, am Schützenhaus, (Neutomischel)  1900/04/10, 1900/04/13, 1900/04/20, 1900/04/24 – Eine Wohnung mit zwei Zimmern, Stallung und Bodenraum ist von gleich zu vermiethen. Auch bin ich willens, das Haus nebst Stall zu verkaufen

Luise Klemke, am Schützenhaus, (Neutomischel) 1900/07/20, 1900/07/24, 1900/07/27, 1900/07/31 – Zwei Wohnungen nebst Stallung und Bodenraum sind von gleich zu vermiethen

Wittwe Luise Klemke, beim Schützenhaus, (Neutomischel) 1900/11/20, 1900/11/23 – Grundstücksverkauf. Wohnhaus und Stall nebst Hofraum ist sofort verkäuflich

Carl Gutsch, Hinterstraße Nr. 108, (Neutomischel) 1900/03/06, 1900/03/09, 1900/03/13, 1900/03/16 – Eine Wohnung zum 1. April d. J. oder später zu vermiethen

David Wollstein, (Neutomischel) 1900/03/13, 1900/03/20, 1900/03/27, 1900/04/03 – Die Wohnung, welche Herr Amtsrichter Dr. Rudolphi inne hatte, will ich per sofort oder später vermiethen

Förster Weber, Glinau 1900/03/13 – Eine Scheune von Bohlen verkauft zum Abbruch

A. Knoll, Neurose 1900/03/16, 1900/03/20, 1900/03/23, 1900/03/27 – Ein neuer Oberbau zu einem Wohnhause ist preismäßig zu verkaufen

Luise Knoll, Scherlanke 1900/07/17 – Das Grundstück Nr. 6 in Scherlanke 4 große Morgen, ist zu verkaufen

Wilhelm Knoll, Sattler u Tapezier, (Neutomischel) 1900/08/17, 1900/08/24 – Umzugshalber ist eine Oberwohnung zum 1. September oder später zu vermiethen

Wilhelm Knoll, Sattler u Tapezier, (Neutomischel) 1900/09/14, 1900/09/21, 1900/09/28, 1900/10/05, 1900/11/02, 1900/11/16, 1900/11/23 – Umzugshalber ist eine Oberwohnung zu vermiethen

Aron Markus, (Neutomischel) 1900/03/16, 1900/03/20, 1900/03/23, 1900/03/27, 1900/03/30 – Ein Laden nebst Wohnung ist vom 1. April zu vermiethen

Aron Markus, (Neutomischel) 1900/04/03, 1900/04/06; 1900/04/10, 1900/04/13 – Eine Oberwohnung 2-3 Stuben und Küche nebst Zubehör ist sofort oder später zu vermiethen

Wittwe Caroline Muster, Konkolewo 1900/03/20 – Bekanntmachung – Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die in Konkolewo Hauland belegenen, im Grundbuche von Konkolewo unter  Nr. 10 und 225 auf den Namen der Wittwe Caroline Muster eingetragenen Grundstücke am 19. Mai 1900, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht an der Gerichtsstelle versteigert werden. Neutomischel, den 16. März 1900 – Königliches Amtsgericht

Bekanntmachung 1900/04/13 – Das Verfahren der Zwangsversteigerung der im Grundbuche von Konkolewo unter Nr. 10 und 225 auf den Namen der Wittwe Caroline Muster eingetragenen Grundstücke wird aufgehoben. Der Termin vom 19. Mai 1900 fällt daher fort. – Neutomischel, den 9. April 1900 – Königliches Amtsgericht

Fischbach, Eigenthümer, für Auskunft, Lewitz-Hauland, Post Lewitz 1900/03/20, 1900/03/23 – Ackerwirthschaft, 40 Morgen groß, dabei 4 Morgen Wald mit 50-60 jährigem Bestand, mit massivem Wohnhaus, in dem bisher Schankwirthschaft betrieben wurde, Stallungen und Schune, in einem evang. Kirch- und Schulort ist wegen Todesfalls bald zu verkaufen. Auskunft ertheilen die Erben – (es ist nicht erwähnt ob das angebotene Anwesen in Lewitz-Hauland gelegen war)

Carl Fischer, Altborui 1900/03/23 – Mein Wiesengrundstück 9 Morgen groß, beabsichtige ich zu verkaufen oder zu verpachten

Heinrich Fischer, Alt-Borui 1900/04/27, 1900/05/04, 1900/05/11, 1900/05/18 – Beabsichtige meine Landwirtschaft, 110 Morg. groß, wovon 29 Morg. Wiesen, parzellenweise, auf Wunsch auch im Ganzen, zu verkaufen. Kauflustige wollen sich bei mir melden

Wilhelm Schmidt, Mühlenbesitzer (Neutomischel) 1900/03/27, 1900/03/30 – Zwei Arbeiterwohnungen habe auf meinem Wiesengrundstück in Glinau zu vermiethen und können vom 1. April d. J. bezogen werden

S. Josephsohn, Bahnhofstr., (Neutomischel) 1900/03/27, 1900/03/30, 1900/04/03 – Ich beabsichtige meine Villa, meinen Obst- und Gemüsegarten sowie diverse Ackerparzellen und Wiese per sofort wegzugshalber preiswerth zu verpachten

Heinrich und Wilhelmine geb Abraham – Rosenau’schen Eheleute, Albertoske 1900/04/13 – Zwangsversteigerung  – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Albertoske Blatt No. 166 auf den Namen der Eigenthümer Heinrich und Wilhelmine geb. Abrahm – Rosenau’schen Eheleute eingetragene Grundstück am 16. Juni 1900 Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an Gerichtsstelle – versteigert werden. – Neutomischel, den 7. April 1990 – Königliches Amtsgericht

Gottfried Herrmann, Schwarzhauland 1900/04/13, 1900/04/20 – Grundstücks-Verkauf – Am 21. April 1900, Vorm. 10 1/2 Uhr, werde ich im Auftrage des Königlichen Amtsgerichts zu Grätz das Grundstück des entmündigten Eigenthümers Gottfried Herrmann, Schwarzhauland, Nr. 2, bestehend aus Wohnhaus, Stallgebäude, Scheune, Hofraum, Acker und Wiese mit einem Flächeninhalt von 10,51 20 ha (gegen 42 Morgen) im Wege der freiwilligen Versteigerung meistbietend verkaufen. Der Termin findet in Schwarzhauland auf dem Grundstück statt. Die Kaufbedingungen und die Abschrift des Grundbuchblattes, sowie die Kataster-Auszüge liegen vom 18. April ab in meinem Bureau zur Einsicht und werden im Termin bekannt gemacht. – Grätz, den 11. April 1900 – Stams, Kgl. Notar

G. Helmchen, Bäckermeister in Kuschlin 1900/04/20, 1900/04/24 – Mein Grundstück mit darauf befindlicher Bäckerei und Fleischerei für jeden Bäcker oder Fleischer, der namentlich der deutschen und polnischen Sprache mächtig ist, geeignet, beabsichtige ich bei 6.000 Mark Anzahlung zu verkaufen

Herr Hippel, Cigarrenfabrikant (Neutomischel) 1900/05/01 – Der Laden, welchen Herr Cigarrenfabrikant Hippel inne hat, nebst Wohnung und Nebengelaß, ist vom 1. Oktober d. J. ab zu vermiethen – (der eigentliche Vermieter ist nicht genannt)

R. Hunold, Alter Markt Nr. 12, (Neutomischel) 1900/05/18, 1900/05/25, 1900/06/01, 1900/06/12 – 1 Oberwohnung mit 4 Stuben am alten Markt Nr. 12, hat vom 1. Oktober zu vermiethen

Traugott Quast’sche Grundstück, Paprotsch 1900/05/25, 1900/05/29, 1900/06/01, 1906/06/08, 1900/10/16, 1900/10/19, 1900/10/23, 1900/10/26 – Das Traugott Quast’sche Grundstück in Paprotsch, ca. 17,50 ha groß, bestehend aus Ackerland, Wiese, Waldung und guten Wohn- und Wirthschaftsgebäuden, ist mit oder ohne Inventar zu verkaufen. Die Vormünder Reinh. Lange + G. Pflaum

H. Wittkowsky, (Neutomischel) 1900/05/29, 1900/06/01 – Eine Parterre-Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche und Zubehör, ist in meinem Hause per 1. Juli oder 1. Oktober zu vermiethen.

E. Saebert, (Neutomischel) 1900/05/29, 1900/06/08, 1900/06/15, 1906/06/22 – Eine größere Oberwohnung, 6 Zimmer und Zubehör ist vom 1. Oktober d. Js. sowie ein Schüttboden von gleich zu vermiethen

G. Mettchen, Milostowo 1900/05/29, 1900/06/01 – Meine hierselbst belegene Schmied ist zum 1. Juli etc. zu verpachten

Berthold Herrmann, Elisenfelde bei Bauchwitz 1900/05/29, 1900/06/01, 1900/06/08, 1900/06/12 – Meine Wirthschaft bestehend aus 34 Morgen Acker nebst 7 Morgen Wiese mit Torfstich, auch sämtliches Inventar, beabsichtige ich, wegen Wiederaufnahme meines früheren Berufes sofort zu verkaufen

Ferdinand Täubner, Glinau 1900/06/01, 1900/06/12 – Eine Landwirthschaft, 17 große Morgen, ist zu verkaufen

Heinrich und Amalie, geb. Müller, Zeppei’schen Eheleute, Albertoske 1900/06/08 – Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das, im Grundbuche von Albertoske, Blatt No. 44 auf den Namen der Eigenthümer Heinrich und Amlie, geb. Müller Zeppei’schen Eheleute eingetragene Grundstück am 10. August 1900, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – Zimmer No. 7 versteigert werden. – Neutomischel, den 1. Juni 1900. – Königliches Amtsgericht

Ferdinand Schulz, Paprotsch 1900/06/08 – Bekanntmachung – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Paprotsch unter No. 80 auf den Namen des Gastwirths Ferdinand Schulz in Paprotsch eingetragene Grundstück am 7. August 1900, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht- an der Gerichtsstelle – versteigert werden. – Neutomischel, den 29. Mai 1900. – Königliches Amtsgericht

Gustav Toeffling, (Neutomischel) 1900/06/15, 1900/06/22, 1900/06/29, 1900/07/06 – Laden nebst Wohnungen, welche bisher Herr Tabakfabrikant Fechner inne hatte, zum 1. Oktober d. J. zu vermiethen.

T. Welke, Schneidermeister, (Neutomischel) 1900/06/22 – Zum 1. Oktober ist eine Wohnung von 2 Stuben zu vermiethen

Berthold Goldmann, (Neutomischel) 1900/06/22, 1900/06/29, 1900/07/03 – Eine Oberwohnung ist zu vermiethen

M. Swarzenski, (Neutomischel) 1900/06/26, 1900/06/29 – Eine circa 80 Morgen große Landwirthschaft steht mit sämmtlichen Inventar unter günstigen Bedingungen preiswerth zum Verkauf. Nähere Auskunft ertheilt M. Szwarzenski – (es ist nicht spezifiziert wer der Verkäufer war oder wo die Landwirtschaft gelegen war)

H. Hasenfelder, (Neutomischel) 1900/06/29 – Die beiden großen Wohnungen in meinem Wohnhause an der Bahnhofstraße sind vom 1. Oktober ab zu vermiethen

H. Hasenfelder, (Neutomischel) 1900/06/29 – Kleine Wohnung in meinem Hinterhause (Neustädter Chaussee) sofort zu vermiethen

Gottlieb Müller, Schierzig Hauland bei Tirschtiegel 1900/06/29 – Meine Wirthschaft, ca. 30 Morgen, meist guter Boden, Gebäude in ordentlichem Zustande, bin ich willens, Altershalber, unter günstigen Bedingungen, mit guter Ernte und Inventar, sofort zu verkaufen –

über die Expedition des Blattes, Neutomischel-Neustadt 1900/06/29 – Hausverkauf ! Wegzugshalber verkaufe mein 200 m von Neutomischel an der Chaussee nach Neustadt b. P. gelegenes neuerbautes Haus nebst Garten unter günstigen Bedingungen – (keine weiteren Angaben)

Wilhelm Schulz, Glinau 1900/06/29 – Grasverpachtung, 2 kleine Morgen in Zinskowo zwischen Joachim und Päsler

Frau Kuttner, (Neutomischel) 1900/07/03, 1900/07/06, 1900/07/10; 1900/07/17 – Die jetzt von Herrn Major Paulizky innehabende neu renovierte Wohnung bestehend aus 5 Zimmer, Küche, Badeeinrichtung und Nebengelaß ist vom 1. Oktober d. J. anderweitig zu vermiethen

B. Korn, (Neutomischel) 1900/07/03, 1900/07/06 – 1 Unterwohnung, welche Herr Niedermeier inne hatte und 1 Oberwohnung sind vom 1. Oktober zu verm.

Gustav Gaertner, (Neutomischel) 1900/07/03, 1900/07/06, 1900/07/17, 1900/07/20 – Meine Bäckerei ist per 1. Oktober d. J. anderweitig zu verpachten

Janotte, Stellmachermeister, Neuer Markt, (Neutomischel) 1900/07/06 – Eine Wohnstube ist zu vermiethen

Th. Lehmann, Glozewo b. Birnbaum 1900/07/10 – Eine gangbare Dorfbäckerei ist zu verpachten und sofort zu übernehmen

G. Morzynski, (Neutomischel) 1900/07/10, 1900/07/17, 1900/07/20, 1900/07/24 – Die Wohnung, welche bis zum 1. Oktober Herr Ziebell inne hat, ist anderweitig zu vermiethen

Gustav Morzynski, (Neutomischel) 1900/11/30, 1900/12/04, 1900/12/07, 1900/12/11 – Eine kleine und eine größere Wohnung zu vermiethen

F. Morzynski, Kirchplatz 1900/08/24, 1900/08/28, 1900/08/31, 1900/09/04 – Mein Grundstück, das ich von Frau Emil Rausch in Kirchplatz gekauft habe, will ich ohne meinen Neubau wieder verkaufen

A. Schirmer, Paprotsch 1900/07/13, 1900/07/17 – Meine Wirthschaft mit Inventar und Ernte, Wiese, Holzung, Lehmboden, Hopfenbau, will ich gegen Ausgedinge mit leichter Uebernahme baldigst einem zuverlässigen Uebernehmer abtreten

G. Fechner, Cigarrenfabrikant, (Neutomischel) 1900/07/17, 1900/07/20 – Eine Hopfenremise mit Bodenraum ist zu verpachten

R. Janott, Kirchplatz-Borui 1900/07/20, 1900/07/24, 1900/07/27, 1900/07/31 – Die bisher vom Königl. Landrathsamt benützte ganze erste Etage meines Grundstücks in Neutomischel ist p. 1. Oktober im Ganzen oder getheilt zu vermiethen

J. Wendenburg, (Neutomischel) 1900/07/24 – Eine Oberwohnung mit 2 Stuben und Küche ist umständehalber vom 1. Oktober weiter zu vermiethen

Löwe, Grätz (früher) 1900/07/27, 1900/11/27 – Die früher Löwe’sche, in gutem Zustande befindliche Windmühle ist auf Abbruch bald zu verkaufen. Off. an Dom. Piaski bei Grätz, Bez Posen

Gotthilf Türk, (Neutomischel) 1900/07/31, 1900/08/07,1900/08/17 – … ist meine Wohnung, Alttomischelerstr. im Hause des Herrn Trapp vom 1. Oktober zu vermiethen

Johann Lissek, Zembowo Kr. Neutomischel 1900/08/07, 1900/09/10 – Mein in Zembowo belegenes Grundstück, bestehend aus einem massiven Wohnhause, enth. 4 Stuben nebst Geschäftsladen, in welchem seit mehreren Jahren ein Material- und Oelgeschäft betrieben wird, massiven Stall und ungefähr 2 Morgen Gartenland, beabsichtige ich aus freier Hand sofort zu verkaufen – Käufer wollen sich melden

August Klose, Zinskowo 1900/08/07, 1900/08/10, 1900/008/14, 1900/08/17 – Meine Landwirthschaft, ca. 40 Morgen groß, nebst Wiese, Holz, Wirtschaftsinventar und Ernte bin ich willens aus freier Hand bei geringer Anzahlung zu verkaufen

1900/08/07 Meine Ehefrau Mathilde Klose, geb. Gellert, ist mir abhanden gekommen, der ehrliche Finder mag sie für sein Eigenthüm behalten. Ich warne hiermit jeden Menschen, sich nicht mit ihr in Geschäft einzulassen oder ihr etwas zu borgen, denn ich habe die Ehescheidung angestrengt und komme nicht dafür auf. – August Klose, Eigenth. in Zinskowo

August Klose, Zinskowo 1900/08/21 – Ca. 60-70 Schock schöne Draht-Hopfen auf dem Gerüst bin ich willens an Ort und Stelle aus freier Hand zu verkaufen

Sigismund Georg Rudolph Seidel und Ehefrau Auguste geborene Markgraf, (Neustadt b. P.) 1900/08/14, 1900/11/13 – Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in der Stadt Neustadt b. P. belegene, im Grundbuch von Neustadt b. P. Band I Blatt Nr. 25 zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes auf den Namen des Tischlermeisters Sigismund Georg Rudolph Seidel und seiner mit ihm in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau Auguste geborene Markgraf eingetragene Grundstück am 17. November 1900, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 10 versteigert werden. – Das Grundstück ist ein Hausgrundstück in der Stadt, in welchem eine Gastwirthschaft betrieben wird. Dasselbe ist mit 675 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer (Nr. 26 der Gebäudesteuerrolle) veranlagt. – Der Versteigerungsvermerk ist am 30. Jul 1900 in das Grundbuch eingetragen. – Es ergeht die Aufforderung, Recht soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes aus dem Grundbuche nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls sie bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses dem Anspruche des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden. – Diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, werden aufgefordert, vor der Ertheilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes tritt. – Pinne, den 7. August 1900 – Königliches Amtsgericht.

über die Expedition des Blattes, bei  Paprotsch 1900/08/21, 1900/08/24 – Ca. 50 Schock Prima Stangenhopfen bei Paprotsch sind billig abzugeben

Heinrich und Marie geb. Kaulfuß Friedenberger’schen Eheleute, Alttomischel  1900/08/24 – Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die in Alttomischel belegenen, im Grundbuche von Alttomischel Blatt No. 8, 29 und 71 auf den Namen der Heinrich und Marie geb. Kaulfuß Friedenberger’schen Eheleute eingetragenen Grundstücke am 13. Oktober 1900, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtsstelle – versteigert werden. Neutomischel, den 20. August 1900 – Königliches Amtsgericht

1900/10/12 Bekanntmachung. Das Verfahren der Zwangsversteigerung der im Grundbuche von Alttomischel Blatt No. 8, 29, 71 auf den Namen der Heinrich und Marie Friedenberger’schen Eheleute eingetragenen Grundstücke wird aufgehoben. – Neutomischel, den 8. Oktober 1900 – Königliches Amtsgericht

Heinrich und Augusta geb. Müller Linke’schen Eheleute, Alt-Borui 1900/08/24 – Zwangsversteigerung – Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das in Alt-Borui belegene, im Grundbuche von Alt Borui Blatt Nr. 179 auf den Namen der Maler Heinrich und Auguste geb. Müller Linke’schen Eheleute eingetragene Grundstück am 15. Oktober 1900, Vormittags 9 Uhr durch das unterzeichnete Gericht – an der Gerichtstelle – versteigert werden. – Neutomischel, den 20 August 1900 – Königliches Amtsgericht

Suche, (in Neutomischel) 1900/08/28, 1900/08/31, 1900/09/04 – Suche per 1. Oktober eine Wohnung, bestehend aus 3-4 Zimmern, wenn möglich mit Garten. Wohnungen auf der Bahnhofstraße bevorzugt. Offerten mit Preisangabe sind unter Y.Z. 1000 an die Redaktion des Kreisblatts zu senden

Schulz, Weichensteller, (Neutomischel) 1900/08/31, 1900/09/04, 1900/09/07, 1900/09/11 – Zwei Wohnungen für Arbeiter sind zu vermiethen

Ww. Emma Glaesemer, (Neutomischel) 1900/09/04 – Eine Wohnung von vier Zimmern, Küche und Garten, auf Wunsch auch getheilt, ist zu vermiethen

Frau Marianna Tomczak, Glupon Abbau 1900/09/07 – Mein in Glupon Abbau unter Nr. 44 belegenes Grundstück, bestehend aus einem Wohnhause unter Ziegeldach, einer Scheune nebst Stall, in gutem baulichem Zustande, sowie 3 1/2 Morgen Acker und einem Obstgarten, beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen. Kauflustig belieben sich zu melden

Wittwe Pauline Lucht, Jablone 1900/09/07 – in Jablone will ihr Grundstück mass. Haus, Schlachthaus, Scheune und Stall, sowie 18 Morgen Land, verkaufen

Adam, Borui-Kirchplatz 1900/09/14 – Landverpachtung – Donnerstag, den 20. d. M., Nachmittags 3 Uhr werde ich dem Herrn Gutsbesitzer Wittig sein Land auf 2 Jahre meistbietend verpachten

Hermann Stelzer, Schuhmachermeister, (Neutomischel) 1900/09/14, 1900/09/18, 1900/09/21, 1900/09/25 – Mein Laden in der Goldstraße ist von sofort zu vermiethen

Louis Gerechter, Posen 1900/09/21 – Ich beabichtige mein in Wollstein in guter Lage neu erbautes Grundstück preiswerth unter günstigen Bedingungen zu verkaufen. Das in demselben sich befindliche Waarengeschäft, welches nachweislich mit gutem Erfolge betrieben wird, ist ebenfalls zu sehr günstigen Bedingungen zu übergeben

A. Kluge, Kirchplatz-Alt-Borui 1900/09/28, 1900/10/05, 1900/10/26, 1900/11/02,1 1900/11/09, 1900/11/16 – Umzugshalber bin ich willens meine Wirthschaft No. 29, 4 kleine Morgen groß, gutes Land, zu verkaufen. Gebäude neu aufgebaut. Eignet sich für jeden Professionisten, Kauf- und Materialgeschäft. Geringe Anzahlung

O. Pflaum, Chroschnitz 1900/10/05 – Meine Bäckerei wird zum 1. Januar pachtfrei

Gottlieb Gierke, Albertoske 1900/10/19 – Mein Grundstück von 27 Morgen Land nebst Wiese beabsichtige ich zu verkaufen

Heinrich Bielke, Neurose 1900/10/19, 1900/10/23, 1900/10/26, 1900/10/30 – Mein Grundstück Nr. 24 mit Wohn- und Wirthschafts-Gebäuden beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen

Otto Labsch, Konkolewo 1900/10/23 – Am Sonnabend, den 27 Oktober d. J.  … Ferner verkaufe zum Abbruch 2 Bohlenscheunen in gutem Zustande, sowie ein Bohlenstall früher Wohnhaus

Wittwe Hermann Naatz, Neu-Tirschtiegel 1900/10/26, 1900/10/30, 1900/11/02, 1900/11/06 – Grundstück-Verkauf. Am 9. November d. J. Vormittags 10 Uhr soll das der Wittwe des Sattlermeisters Hermann Naatz gehörige Grundstück nebst Ländereien zu Neu-Tirschtiegel, Markt Nr. 6 im Ganzen oder getheilt verkauft werden – Reflektanten wollen Ihr Angebot bis 7. November d. J. an Gustav Naatz, Berlin, Neuenburgerstr. 1 a einreichen

A. Madantz, Lehrer a.D., Glinau 1900/11/06, 1900/11/09 – Mein Grundstück, Glinau (Vogelsang) 18 Morgen Land und Wiese, zwei Wohnhäuser, Wirthschaftsgebäude, will ich meines hohen Alters wegen verkaufen. Näheres ist zu erfahren beim Besitzer

Wittwe Juliana Kuhl, Albertoske 1900/11/06 – Bekanntmachung. Meine Landwirthschaft in Albertoske bei Konkolewo Hauland, bestehend aus 27 Morgen Ackerland sowie 3 Morgen Wiese, beabsichtige ich ohne Ausgedinge zu verkaufen. Bedingungen nach Uebereinkunft

Wwe. Henriette Basch, Neutomischel 1900/11/16, 1900/11/20, 1900/11/23 – Meinen in bester Geschäftslage Neutomischels befindlichen Laden mit 2 großen Schaufenstern und die dazu gehörige Wohnung, bestehend aus 4 Stuben und Küche will ich im Ganzen oder auch getheilt vermiethen. Das bisher im Laden betriebene Manufakturwaaren- und Ledergeschäft kann mit übernommen werden.

Offerten über die Expedition, (Neutomischel) 1900/11/23 – 1-2 möblierte Zimmer sofort zu miethen gesucht

Wilhelm Rausch I., Friedenhorst 1900/11/23, 1900/11/27 – Eine Arbeiterfamilie erhält freie Wohnung

C. Marcinkowski, (Neutomischel) 1900/11/27, 1900/11/30, 1900/12/04, 1900/12/07 – Eine Stube und eine Küche ist an ein kinderloses Ehepaar oder einzelne Personen zu vermiethen

Der (als)Vormund, Dombrowo bei Eichenhorst 1900/11/27, 1900/12/04 – Ich beabsichtige das Müller’sche Grundstück, Wohnhaus nebst Stall und Gartenland am 15. Dezember 1900, Vormittags 10 Uhr, in Dombrowo bei Eichenhorst an Ort und Stelle meistbietend zu verkaufen

Roman Heider, Neuborui bei Kirchplatz 1900/11/30 – Meine Wirthschaft, 2 große Morgen gutes Land und Wiese dabei, in gutem Zustande, beabsichtige ich zu verkaufen

Gustav Wittchen, Scherlanke 1900/12/11, 1900/12/18 – Mein Grundstück, Scherlanke Nr. 10, 35 kl. Morgen Land und sehr schöne Wiese, auch etwas Wald, bin ich willens mit lebendem und totem Inventar freihändig bei geringer Anzahlung zu verkaufen

Philipp Lippschütz, Neustadt b. Pinne, 1900/12/11, 1900/12/14 – Mein am Markt unweit der polnischen Kirche belegenes Grundstück in welchem schon seit ca. 30 Jahren ein gut gehendes Manufakturwaarengeschäft betrieben wird, bin ich willens eines anderen Unternehmens wegen unter guten Bedingungen sofort zu verkaufen

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1900 – Kopien der Anzeigen den Zeitungen entnommen

Die Spende zum Turmbau der Kirche in Boruy – 1896

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Brauerei E. Haase in Breslau - Quelle (2) [686]

Die Brauerei E. Haase in Breslau – Quelle (2)

Der Turmbau der Kirche zu Boruy, so wurde es der Kirchenchronik [687] entnommen , wurde realisiert durch eine Schenkung in den Jahren 1896-1898 in Höhe von 12.000 Mark seitens des Brauereibesitzers George Haase aus Breslau. Dieser erfüllte mit dieser Schenkung einen Wunsch seines Vaters.

Dieser Wunsch wurde, so ist es in der Festurkunde  anlässlich der Grundsteinlegung am 22. Mai 1900 festgehalten worden, damit erklärt, dass dem Vater (Eduard) Kirchplatz und Umgegend  stets gefallen hat.“

Im Artikel  Ein Kirchplatz für deutsche Siedler [688] ist eine dazu abweichende Information zu finden, die Aussage darin ist:  „Der Bau erfolgte mit Hilfe einer Spende des kinderlosen Brauereibesitzers Georg Haase aus Breslau, die erst 1898 genehmigt wurde und 9500 M betrug.“

Im Kreis-Blatt Neutomischel vom 28.12.1900 wiederum wurde die Kirche am 1. Juni 1771 eingeweiht, welches abweichend von den Chronikdaten, die den Bau in die Jahre 1776/1777 datierten, ist. Desweiteren heißt es in der Berichterstattung zur Turmeinweihung, dass „Herr Haase, der Besitzer der bekannten Brauerei in Breslau, der Kirchgemeinde Kirchplatz, woselbst er öfter und gern geweilt, zum Baue eines Kirchthurmes 10.000 Mark geschenkt hatte.“

Wir sind diesen Aussagen einmal nachgegangen  …

Abschließend kann man sagen, dass ein Grund für die Anwesenheit der Brauereibesitzer Haase in Boruy der „Hopfen“ war. Welchen Umfang aber die Geschäfte mit diesem tatsächlich gehabt haben und ob daraus die Finanzierung des Kirchturmes zu realisieren gewesen war, ist nicht bekannt.

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Aus der Kirchenchronik von Hammer Boruy: Der Turmbau – 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Pastor Wilhelm Bochat - 1900 / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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114 Jahre Kirchturm Boruy - erbaut im Jahr 1900 - EA [691]

114 Jahre Kirchturm Boruy – erbaut im Jahr 1900 – EA

„Kirchenturmbau und Glockengeläute

Wenn die Eingepfarrten die Kirche mit einem Turme versehen, oder wenigstens ein vollständiges Glockengeläute anschaffen wollten, so hätte ich diesem löblichen Verhalten nichts entgegenzusetzen.

Die Kirche kann dazu jedoch aus ihrem Vermögen nur hergeben, was ihr, nachdem die nächsten und eigensten Verbindlichkeiten erfüllt sind, als entbehrlich übrig bleiben möchte.

Nach Maßgabe des von der Königl. Regierung festgestellten Etats, und einem darauf begründeten Überschlage, halte ich etwa 200 Thlr. aus dem damaligen Kirchenvermögen entbehrlich, und willige daher als Patron darein, dass für den Fall, dass die Ausführung eines Turmes, oder doch eines Glockengeläutes, durch die Beiträge der Eingepfarrten oder auf andere Weise zustande zu bringen möglich gemacht werden sollte, dazu Zweihundert Thaler aus dem Kirchenvermögen als Beihilfe entnommen werden möchte.“

So steht es im Patronat Consens für die Einpfarrung des Dorfes Boruy; geschrieben in Berlin den 16. Jun 1835. Diese Summe deckte die Kosten für einen Turmbau aber auch in jener Zeit bei weitem nicht.

An eine „schnelle“ Realisierung war somit nicht zu denken. Das Projekt wurde also aufgeschoben aber stetig weiter verfolgt und nie aufgegeben.

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Bemühungen zur Errichtung eines Turmes seitens des  Pastor Postler [692] während seiner Amtszeit von 1866-1873 in Hammer Boruy, scheiterten  daran, dass es an „Opferfreudigkeit fehlte“.  Sein Nachfolger Pastor Kresse, im Amt von 1873 bis 1880, feierte das 100 jährige Jubiläum des Bestehens der Kirche im Jahr 1877, jedoch scheiterte auch er in der Umsetzung  des Projektes des Turmbaues, dieses Mal lag es , wie es in der Chronik heißt, begründet darin „weil die einflußreichen Personen sich passiv verhielten.“

Die Kirche noch ohne Turm - Postkartenausschnitt aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [116]

Die Kirche noch ohne Turm – Postkartenausschnitt aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Nach über 60 Jahren der ersten Zustimmung „die Kirche mit einem Turme“ zu versehen, ergab sich in den Jahren 1896-1898 die Möglichkeit dieses nun endlich in die Realität umzusetzen. In diesen Jahren erhielt die Gemeinde von dem Brauereibesitzer George Haase aus Breslau eine Schenkung in Höhe von 12.000 Mark. Er stiftete den Betrag aus Pietät gegenüber seinem verstorbenen Vater, welcher die Gegend um Boruy und Kirchplatz sehr geschätzt hatte.

Letztlich wurde per 24. April 1900 durch den Gemeindekirchenrat  der Bau des Turmes ohne Anbauten an den Bauunternehmer C. Doil  aus Unruhstadt für den Preis von  „11.212 Mark und 29 Pfenningen „vergeben. Die Vergabe des Auftrages zu den Treppenbauten zum Preis von „4.723 Mark 11 Pfg.“  erfolgte unter gleichem Datum durch den Baurat Tophof aus Wollstein. Letzteres war notwendig gewesen, da dieser Betrag anteilig aus der Staatskasse zu zahlen gewesen war.

Noch im April 1900 begannen die Arbeitsvorbereitungen inklusive derer zur Anlage des Fundamentes des Turmes. Durch den hohen Grundwasserspiegel war es nur langsam mit den Ausführungen vorangegangen.

Die feierliche Grundsteinlegung fand daher erst per 22. Mai 1900 statt. Pfarrer Bochat hielt anlässlich dieser seine Rede nach  Psalm 118,24 29. Durch ihn wurde auch in dem hohlen Grundstein, er befindet sich rechts vom Haupteingang und trägt die Jahreszahl 1900, eine verkapselte Flasche mit der anlässlich dieses Ereignisses erstellten Urkunde niedergelegt. In ihr heißt es:

„Im Namen des dreieinigen Gottes wurde heute am 22. Mai 1900 unter der gesegneten Regierung des deutschen Kaisers, Wilhelm des Zweiten, König von Preussen und Kaiser von Deutschland, der Grundstein gelegt zum Bau eines Turmes an der evangelischen Kirche zu Kirchplatz Borui. Die Kirche aus kernigem Kieferholz in den Jahren 1776 und 1777 erbaut,   wurde am 1. Juni 1777 eingeweiht. Um die Errichtung des Kirchensystems und den Aufbau der Kirche hat sich damals der Besitzer der Hammer-Boruyschen Güter, Ludwig von Milecki sehr verdient gemacht. Nicht nur einen großen Teil des Bauholzes und 100 Dukaten gab derselbe her, sondern er erwirkte auch, was in damaliger Zeit sehr schwer hielt, die Erlaubnis  zur Erbauung der Kirche und Berufung eines Predigers. Der Consens hierzu wurde von dem Provinzial-Consistorium der Kirchen Augsburgischer unveränderter Confession in Großpolen  in Lissa unter dem 15. Januar 1776 erteilt. Zur Parochie gehören Kirchplatz Borui, Alt Borui, Neu-Borui, Dorf Borui, Hammer, Alt Scharke und Neu Scharke, Cichagora und Bukowiec.

Die Parochie zählt gegenwärtig 3.700 Seelen.

Das Patronat über die Kirche war von Anfang an bis jetzt mit dem Besitze des Rittergutes Hammer verbunden. Da dieses Gut seit 1860 königliche Domaine ist, so ist die preußische Regierung von da ab Patronin der Kirche.

Als Pfarrer haben in der Gemeinde fungiert: 1) Johann Christoph Knispel, 2) Johann Friedrich August Schulze, 3) Robert Adolf Rohrmann, 4) Theodor Gustav Julius Postler, 5) Gustav Adolf Kresse, 6) Schulz und 7) Wilhelm Bochat

Als Kantoren amtierten Gillert, Rau, Neumann, und Buresch

Der lang gehegte Wunsch der Gemeinde nach einem Turme geht nun endlich in Erfüllung, insofern der Brauereibesitzer und Commerzienrat Georg Haase zu Breslau aus Pietät gegen seinen Vater, dem Kirchplatz und Umgegend stets gefallen hat, 12.000 Mark zur Erbauung eines Turmes schenkte und viele Parochien Liebesgaben dazu spendeten. Am 24. Februar 1900 wurde unter 6 Bewerbern dem Bauunternehmen Doil zu Unruhstadt der Zuschlag erteilt vom Gemeindekirchenrat, der sich aus folgenden Personen zusammensetzt:

1) der Vorsitzende Pfarrer Bochat, 2) der Königl. Oberamtmann Busse zu Hammer, 3) der Patronatsvertreter Ferdinand Rausch zu Kirchplatz, 4) der Eigentümer August Stein ibidem. 5) Kaufmann Wilhelm Gierke zu Alt-Borui. 6) Heinrich Fischer zu Alt-Borui. 7) Eigentümer Steinke aus Chichagora. 8) Ortsvorsteher Carl Reschke zu Scharke und 9) Eigentümer Wilhelm Lange aus Neu-Borui“

Die Kirche mit noch deutlich erkennbaren Fachwerk des Kirchenschiffes und dem davor errichteten Turm - Postkartenausschnitt aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [693]

Die Kirche mit noch deutlich erkennbaren Fachwerk des Kirchenschiffes und dem davor errichteten Turm – Postkartenausschnitt aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Beim Bau selbst kam es dann noch zu Verzögerungen da die vorgesehenen Schwiebuser Ziegelsteine nicht geliefert wurden. Erst nachdem die Erlaubnis zur Verwendung von Ziegelsteinen aus Augustowo bei Grätz erteilt worden war, wurde dann mit dem Mauerwerk begonnen. Es ging jedoch langsam voran, da in Augustowo die Ziegelsteine nach und nach gebrannt werden mussten, Vorbereitungen hierzu hatten nicht getroffen werden können, da der Auftrag ja ursprünglich nach Schwiebus vergeben worden war.

Die Zeit des Kirchturmbaues wurde auch genutzt um die Kirche zu renovieren. Im Inneren wurde zum ersten Mal  (diese Aussage wurde nicht präzisiert) das Tonnengewölbe gestrichen. Auch die Emporenbrüstungen, die Pfeiler, der Altar, der Taufstein, die Loge, die ersten Bänke im Schiff, die Buchbretter und Bankansichten sowie sämtliche Türen und Fenster erhielten einen neuen Anstrich. Die Orgel wurde vom Orgelbauer Polzin in Posen für 416 Mark gründlich überholt. Außerdem wurde das Kirchengebäude von innen und außen mit Zementmörtel neu verputzt und das Holz des Fachwerks mit Ölfarbe gestrichen.

Schlussendlich heißt es dann in der Kirchenchronik:

„Nachdem der Turmbau vollendet war, wurde auch ein Blitzableiter angebracht, und die Glocken hinaufgezogen und in dem neuen Glockenstuhl aufgehängt. Die Treppenbauten wurden erst im December vollendet, weil das Mauerwerk teilweise wieder niedergerissen wurde, insofern der Bauunternehmer die Abänderungen nicht beachtet hatte. endlich am III. Advent, den 16. December 1900, mittags 12 Uhr konnte die Turmweihe vorgenommen werden.“

Die Weiherede wurde von Herrn Generalsuperintendent Dr. Hesekiel und die Liturgie von Superintendent Lierse aus Wollstein gehalten.

Außer den Pastoren der Nachbargemeinden nahmen an den Feierlichkeiten auch als Vertreter der Königlichen Regierung Herr Oberregierungsrat Hasenpflug aus Posen, der Landrat des Kreises Hayesson, der Kreisbauinspektor Lottermoser ebenfalls aus Wollstein und der Superintendent Böttcher aus Neutomischel teil. Die Kirche selbst war so von Besuchern überfüllt, dass sämtliche Bänke besetzt waren und auch in allen Gängen die Zuhörer dicht an dicht standen.

Der Spender des Baugeldes Herr  Kommerzienrat Haase zu Breslau war verhindert gewesen an der Turmweihe teilzunehmen, die Gemeinde dankte ihm nach den Feierlichkeiten nochmals per Telegramm für seine außerordentliche Großzügigkeit, die die Realisierung des Turmbaus überhaupt erst ermöglicht hatte.

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Quelle: Kirchenchronik der evangelischen Kirche zu Hammer Boruy – mit der Erlaubnis des Probstes von Boruja Kościelna – Krystjan Grabijas

Parochie des St. Wojciech (Heiliger Adalbert)

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Weitere Beiträge aus und auf Daten der Kirchenchronik basierend:

Kirchenvisitation in Neu Tomysl – 1860

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der ehemalige "Alte Markt" mit Kirche und davor abgestellten Fuhrwerken - AK aus Sammlung des Wojtek Szkudlarski [697]

Die ehemalige evangelische Kirche – AK aus Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Nachfolgend ist der offizielle Kirchenvisitationsbericht der evangelischen Kirche zu Neu Tomysl vom Juni 1860 zu finden.

Offiziell deshalb, weil sich in den Archivunterlagen ein weiterer handschriftlicher Bericht des Superintendenten Kühn findet, der an das Königlich Hochwürdigste Konsistorium in Posen adressiert worden war. Darin finden sich sehr kritische Anmerkungen zu der Gemeinde Neu Tomysl und deren Pastor Lange, wie zum Beispiel: „… so Manche (Kirchenbesucher) erst nach der Liturgie in der Kirche erscheinen …, … fand die Prüfung der letzten Confirmaten und Katechumen statt, unter mäßiger Theilnahme älterer Gemeindeglieder …, der Herr Pastor Lange (in Neu Tomysl im Amt von 1842-1865), ein sehr nüchterner durchaus streng erfüllter Mann … liegt theils in seinen beschränkten Geistesgaben, im Mangel an der rechten Vorbildung, die er sehr spät und unter den ärmlichsten, düstersten Verhältnissen genossen hat …“. Über die Predigt, welche anlässlich der Kirchenvisitation seitens des Pastor Lange gehalten wurde, findet sich die Beurteilung dieser als nichtsonderlich in die Tiefen christlicher Klarheit eingedrungen, dürfte über doch mehr biblischen Glauben und frömmeren Sinne beinhaltet haben.“

* * *

Neu Tomysl, den 25. Juni 1860

Bei Gelegenheit der hier abgehaltenen Kirchenvisitation (Sonntag 24. Juni 1860) wurde über das kirchliche Leben der  Pfarrgemeinde Neu Tomysl mit dem Herrn Pfarrer Lange, wie folgt verhandelt.

Der öffentliche Gottesdienst, sowohl an Sonn- als auch an Festtagen beginnt im Sommersemester um 10, im Wintersemester um 11 Uhr, richtet sich nach der erneuerten Agenda und wird fast regelmäßig gut besucht.

Der Gesang der Gemeinde ist volltönig, schwunghaft und erhebend, während der liturgische Gesang jetzt nicht mehr, wie früher von einem besondern Sängerchor ausgeführt, weniger kräftig ist, wenngleich nicht unangenehm. – Die Orgelbegleitung ist durchaus angemessen.

Nachmittags Gottesdienst findet nur an den ersten Tagen der 3 hohen Feste statt, und wird größtentheils nur von Dienstleuten besucht, weil die Landleute bald nach dem Vormittagsgottesdienst nach Hause eilen.

Der Wochengottesdienst erstreckt sich nur auf die Passionszeit, findet hier des freitags, um 11 Uhr statt, und wird zahlreich besucht. Eine Abnahme des Kirchenbesuches hat nicht stattgefunden.

Der frühere Sängerchor, aus mehreren jungen Leuten der Stadtgemeinde bestehend, hat sich seit ca. 2 Jahren deshalb aufgelöst, weil die Hauptsänger, Bürgersöhne in die Fremde gingen. Dagegen bilden die 10 Lehrer der Parochie unter Leitung des Kantor Neumann einen besonderen Gesangverein.

Häuslicher Gottesdienst wird mehrfach abgehalten, besonders des Sonntags und erstreckt sich auf Singen und Predigtlesen.

Die Feier des heiligen Abendmahls, in der Zeit von Weihnachten bis zum 1. Sonntag in der Fasten alle 14 Tage, dann bis Michaeli alle 14 Tage, und von da bis Weihnachten wieder alle 8 Tage abgehalten und recht zahlreich besucht, richtet sich nach der erneuerten Agenda, bis auf die hier gebräuchliche lutherische Spendeformel.

Ein Communicantenregister wird regelmäßig geführt und betrug die Zahl der Communicanten im

so daß die Zahl sich mit jedem Jahre vergrößert hat.

Die Taufen werden nicht gesetzwidrig aufgeschoben, ihre Zahl betrug im letzten Jahre = 275, darunter 16 uneheliche Geburten.

Die Kinder aus den im Ganzen sehr wenigen gemischten Ehen werden in der Regel in der evangelischen Kirche getauft und in der evangelischen Confession erzogen.

Der Jugendunterricht, besonders der Religionsunterricht wird in den meisten Schulen in zufriedenstellender Weise abgehalten und dürfte nicht ohne heilsamen Einfluß auf die Religiosität und Sittlichkeit der Gemeinde bleiben.

Zur Ertheilung des Religionsunterrichtes in der Ortsschule hat der Herr Pfarrer keine Zeit.

Der Choralgesang wird in den Schulen fleißig geübt und die Confirmanden sind mit der gewöhnlichen Choralmelodien hinlänglich bekannt.

An der sogenannten Kinderlehre, welche an den Sonntagen von Pfingsten bis Michaelis Nachmittags 2 Uhr stattfindet, nehmen die Confirmaten des letzten Jahres, die Confirmanden und Katechumenen in erfreulicher Weise theil, und zwar aus der ganzen Parochie. Auch sind jederzeit ältere Gemeindeglieder anwesend.

Der Confirmandenunterricht wird von Michaelis bis Ostern ertheilt, wöchentlich 2 mal je 2 Stunden, für die Confirmanden, und ebenso aber im Besonderen, und nur 1 mal für die Katechumenen.

Über die Kinderzucht kann im Allgemeinden kein besonderer Tadel ausgesprochen werden.

Die Zahl der Copulierten betrug im letzten Jahre = 55. Wilde Ehen gibt es jetzt hier nicht.

Die Beerdigungen haben stets einen ordnungsgemäßen Verlauf. Stille Beerdigungen finden in der Regel bei ganz jungen Kindern (resp. unter 1 Jahre) statt. – Die Zahl der Todesfälle belief sich im letzten Jahre auf 130.

Das religiöse sittliche Leben würde im Allgemeinen bis auf die vorwiegende Neigung zum Trunke bei mehreren Gemeindegliedern in einzelnen Ortschaften, resp. Trunkenbolden, zufriedenstellen. In der zahlreichen Gemeinde Santop gibt es dagegen  keinen notorischen Trunkenbold. Als Folge des Trunkes wird beziehentlich auch Unfriedfertigkeit bezeichnet werden müssen; dagegen ist Fleiß und Arbeitsamkeit im Allgemeinen anzuerkennen. Von einem Hange zur Absonderung von der kirchlichen Gemeinschaft ist Nichts zu verspüren, obgleich ein altlutherischer Geistlicher am Orte ist.

Beim öffentlichen Gottesdienste wird das Züllichauer Gesangbuch, beim häuslichen Gottesdienste werden die Predigtbücher von Herberger, Kleinert, Brastberger etc., beim Religionsunterricht resp. Confirmandenunterricht der Katechismus von Böckh gebraucht.

Bezüglich des Collectenwesens hat die Gemeinde stets viel guten Willen gezeigt.

Mit dem Herrn Pfarrer wurde noch über manches Andere, namentlich auch die Einführung der kirchlichen Gemeindeordnung betreffend, mündlich besprochen.

Die sämtlichen Kirchenbücher befinden sich in der größten Ordnung und sind mit Registern von den einzelnen Jahrgängen versehen.

Vorgel. Genehm. Unterschr.

gez. Lange Pastor – a u s Kühn, Supterintendent

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 Liste der am Sonntage Palmarum 1860 in der evangelischen Kirche zu Neutomysl eingesegneten Kinder:

lfd. No. Name des Confirmanden Wohnort Name u Stand des Vaters Geburtstag Ergebnis der Prüfung in der Religion Schulbesuch erlangte Schulkenntnisse Bemerkungen
1 Fischer, Robert Neutomysl Fischer, Gottlieb weil – Gerber 04.11.1845 gut gut zufrieden  
2 Xenodochius, Eduard Neutomysl Xenodochius, Carl -Tuchmacher 22.05.1846 zufrieden regelmäßig gut  
3 Protsch, Alexander Neutomysl Protsch, Daniel weil – Stellmacher 03.02.1846 genügend regelmäßig ging an  
4 Röstel, Gustav Neutomysl Röstel, Heinrich weil – Lehrer in Bentschen 24.11.1845 zufrieden regelmäßig gut  
5 Joachim, Dienegott Neutomysl Joachim, George – Einwohner 02.09.1845 befriedigend regelmäßig ging an  
6 Männel, Gustav Neutomysl Männel, Dienegott – Eisenhändler 30.10.1846 genügend regelmäßig gut  
7 Stelzer, Gustav Neutomysl Stelzer, Daniel – Schuhmacher 28.06.1846 ziemlich genügend ziemlich regelmäßig ziemlich  
8 Schneider, Karl Neutomysl Schneider, Carl – Schuhmacher 13.05.1846 mittelmäßig ziemlich regelmäßig ging an  
9 Tepper, Adolph Neutomysl Tepper, Wilhelm – Bäcker 09.07.1845 ging an regelmäßig ging an  
10 Gutsch, Karl Neutomysl Gutsch, Carl – Fleischer 26.01.1846 mittelmäßig regelmäßig mittelmäßig  
11 Kurz, Adolph Glinau Kurz, Johann – Eigenthümer 13.12.1845 mittelmäßig ziemlich regelmäßig ziemlich  
12 Hoffmann, Gustav Sontop Hoffmann, Christian – Eigenthümer 15.09.1845 recht gut regelmäßig recht gut  
13 Heinrich, Ernst Sontop Heinrich, Gottfried – Eigenthümer 01.09.1845 gut regelmäßig gut  
14 Rausch, Dienegott Sontop Rausch, Gottlob – Eigenthümer 06.02.1846 gut regelmäßig gut  
15 Müller, August Sontop Müller, Christoph – Eigenthümer 08.01.1846 gut regelmäßig zufrieden  
16 Gebauer, Daniel Sontop Gebauer, Friedrich – Eigenthümer 18.05.1846 zufrieden regelmäßig zufrieden  
17 Joachim, Dienegott Paprotsch Joachim, George -Eigenthümer 02.08.1845 gut regelmäßig gut  
18 Prüfer, August Paprotsch Prüfer, Gottfried – Eigenthümer 24.02.1846 gut regelmäßig gut  
19 Tepper, Heinrich Paprotsch Tepper, Daniel – Eigenthüer 24.12.1845 gut regelmäßig gut  
20 Meißner, Heinrich Paprotsch Meißner, George – Eigenthümer 16.07.1845 ziemlich regelmäßig ziemlich  
21 Müller, Heinrich Koselaske Müller, Daniel – Eigenthümer 28.09.1845 gut regelmäßig gut  
22 Gansdorf, Karl Witomysl Döring, Christian – Vormund 12.06.1846 gut regelmäßig gut  
23 Thomas, August Wonsowo Thomas, August – Einwohner 29.07.1845 gut regelmäßig gut  
24 Müller, Heinrich Koselaske Müller, George – Eigenthümer 20.05.1846 mittelmäßig regelmäßig ging an  
25 Grochaleski, Traugott Koselaske Grochaleski, Vincent – Eigenthümer 10.04.1846 mittelmäßig regelmäßig ging an  
26 Ortelt, Heinrich Scherlanke Ortelt, Christian – Eigenthümer 27.09.1845 gut regelmäßig gut  
27 Stenschke, Wilhelm Scherlanke Stenschke, Johann – Eigenthümer 14.06.1846 ging an regelmäßig zufrieden  
28 Redlich, Eduard Scherlanke Redlich, Christian 16.06.1846 ging an regelmäßig ging an  
29 Richter, Wilhelm Scherlanke Richter, August – Eigenthümer 27.03.1846 ziemlich regelmäßig ziemlich  
30 Ziethier, Traugott Zinskowo Ziethier, Wilhelm – Eigenthümer 01.02.1846 gut regelmäßig zufrieden  
31 Rausch, Daniel Zinskowo Rausch, Christian – Eigenthümer 21.02.1846 gut regelmäßig gut  
32 Bielke, Heinrich Zinskowo Bielke, Wilhelm – Eigenthümer 04.06.1846 zufrieden regelmäßig zufrieden  
33 Pflaum, August Glinau Pflaum, Gottfried – Eigenthümer 19.08.1845 gut regelmäßig gut  
34 Bängsch, August Glinau Bengsch, Wilhelm – Eigenthümer 01.05.1846 ziemlich gut regelmäßig ziemlich  
35 Kannwischer, Heinrich Glinau Kannwischer, George weil – Eigenthümer 07.04.1846 gut regelmäßig zufrieden  
36 Täubner, Heinrich Glinau Täubner, Gottlieb – Eigenthümer 23.04.1846 mittelmäßig regelmäßig ziemlich  
37 Schulz, August Glinau Schulz, Gottlieb – Eigenthümer 25.06.1846 gut regelmäßig gut  
38 Seide, August Glinau Seide, Martin – Eigenthümer 11.08.1845 gut regelmäßig ging an  
39 Pfeiffer, Christoph Glinau Pfeiffer, Christoph – Eigenthümer 31.08.1845 mittelmäßig regelmäßig ging an  
40 Seide, Eduard Glinau Seide, Christoph – Einwohner 04.07.1845 ziemlich unregelmäßig ziemlich  
41 Jastro, Carl Neutomysl Jastro, Carl – Einwohner 06.01.1846 ziemlich unregelmäßig ziemlich  
42 Müller, Adolph Neutomysl Müller, Gottfried – Brettschneider 17.06.1846 sehr mittelmäßig unregelmäßig schwach  
43 Kude, Oswald Neutomysl Koschiski, Franz – Schneider / Stiefvater 04.08.1845 ziemlich ziemlich regelmäßig ziemlich  
44 Seide, August Neutomysl Seide, Andreas – Eigenthümer 17.08.1845 ziemlich ziemlich regelmäßig ziemlich  
45 Bautz, August Glinau Bautz, Gottfried – Einwohner 06.12.1845 schwach unregelmäßig schwach  
46 Pohl, Heinrich Sontop Pohl, Gottfried – Böttcher 18.10.1845 sehr schwach unregelmäßig schwach  
47 Schulz, Wilhelm Paprotsch Schulz, Dienegott – Eigenthümer 18.06.1846 mittelmäßig regelmäßig ziemlich  
48 Fenske, August Paprotsch Fenske, Gottfried – Eigenthümer 10.06.1845 schwach unregelmäßig schwach  
49 Quast, Traugott Paprotsch Quast, Christian – Eigenthümer 07.05.1846 schwach regelmäßig schwach  
50 Hartmann, George Koselaske Hartmann, George weil – Eigenthümer 01.06.1844 schwach regelmäßig schwach  
51 Kunert, Wilhelm Koselaske Kunert, Christoph – Eigenthümer 15.08.1845 schwach regelmäßig schwach  
52 Gellert, Wilhelm Scherlanke Gellert, Daniel – Eigenthümer 01.04.1846 gering unregelmäßig schwach hat die Epilephsie
53 Janotte, Reinhold Scherlanke Janotte, Dienegott – Eigenthümer 31.08.1845 ziemlich regelmäßig ziemlich  
54 Leske, August Scherlanke Leske, Gottlieb – Eigenthümer 24.09.1845 sehr schwach regelmäßig sehr schwach  
55 Joachim, Wilhelm Zinskowo Joachim, Gottfried – Eigenthümer 02.01.1845 schwach regelmäßig schwach  
56 Schulz, Heinrich Zinskowo Schulz, Juliane – Einwohnerin / unehel 17.05.1846 ziemlich regelmäßig ziemlich  
57 Linden, August Zinskowo Linden, Gottlieb – Einwohner 24.08.1845 schwach regelmäßig schwach  
58 Roy, Heinrich Neurose Roy, Gottfried – Eigenthümer 14.01.1845 schwach regelmäßig schwach  
59 Grunwald, Gottlieb Glinau Grunwald, Christian – Einwohner 10.10.1845 ziemlich regelmäßig ziemlich  
60 Häusler, Karl Glinau Häusler, Gottlieb – Eigenthümer 24.08.1844 ging an regelmäßig ging an  
61 Radke, Ferdinand Glinau Radke, Daniel – Einwohner 11.06.1845 sehr schwach unregelmäßig sehr schwach  
62 Siegismund, Heinrich Dorf Rose Siegismund, George – Einwohner 24.01.1845 sehr schwach unregelmäßig schwach  
63 Lindner, Adolph Neurose Lindner, Dorothea – Wittwe 26.11.1845 schwach unregelmäßig schwach  
64 Freier, Gottlieb Glinau Rathei, Karl – Einwohner 01.08.1844 sehr schwach unregelmäßig sehr schwach  
65 Ebert, Heinrich Scherlanke Ebert, Samuel – Einwohner 24.02.1846 sehr schwach unregelmäßig sehr schwach fast taub
  fehlende Seite/n              
15 Heinrich, Auguste Sontop Heinrich, George – Handelsmann 29.05.1846 gut regelmäßig gut  
16 Fenske, Dorothea Sontop Fenske, Gottlieb – Eigenthümer 08.09.1845 zufrieden regelmäßig gut  
17 Horlitz, Bertha Sontop Horlitz, David – Eigenthümer 18.03.1846 gut regelmäßig gut  
18 Fischer, Auguste Paprotsch Fischer, Traugott – Eigenthümer 11.04.1846 gut regelmäßig gut  
19 Winter, Louise Aug. Sontop Tepper, Christoph – Eigenthümer / Pflegevater 18.11.1845 recht gut regelmäßig recht gut  
20 Lehmann, Wilhelmine Koselaske Lehmann, Gottlieb – Eigenthümer 04.05.1845 gut regelmäßig gut  
21 Kaulfuß, Anna Alt Tomysl Kaulfuß, Wilhelm – Gastwirth 10.02.1846 gut regelmäßig gut  
22 Kahl, Wilhelmine Koselaske Kahl, Dienegott – Eigenthümer 25.07.1845 gut regelmäßig gut  
23 Schulz, Agnes Koselaske Schulz, Daniel – Lehrer 17.06.1846 ging an regelmäßig gut  
24 Roy, Wilhelmine Alt Tomysl Roy, Christian – Eigenthümer 29.01.1846 gut regelmäßig gut  
25 Meier, Eleonore Koselaske Meier, Christoph – Eigenthümer 20.05.1846 gut regelmäßig gut  
26 Rausch, Albertine Scherlanke Rausch, Gottlieb – Eigenthümer 19.12.1845 gut regelmäßig gut  
27 Rausch, Rosalie Scherlanke Rausch, Gottfried – Eigenthümer 15.02.1846 gut regelmäßig gut  
28 Wenzel, Alwine Scherlanke Wenzel, George – Eigenthümer 14.02.1846 zufrieden regelmäßig gut  
29 Weber, Louise Zinskowo Weber, Gottlieb – Einwohner 20.03.1846 ging an regelmäßig ging an  
30 Seide, Ernestine Zinskowo Seide, Wilhelm – Eigenthümer 13.09.1845 gut regelmäßig gut  
31 Hartmann, Louise Neurose Hartmann, Friedrich – Eigenthümer 28.04.1846 gut regelmäßig gut  
32 Täubner, Ernestine Glinau Täubner, Traugott 10.11.1845 gut regelmäßig gut  
33 Pflaum, Louise Glinau Pflaum, Daniel – Eigenthümer 05.03.1846 gut regelmäßig gut  
34 Schanzenbach, Wilhelm Glinau Schanzenbach, Friedrich – Eigenthümer 14.02.1846 gut regelmäßig gut  
35 Lüdke, Wilhelmine Glinau Lüdke, Christian – Eigenthümer 19.11.1845 ging an regelmäßig ging an  
36 Nitschke, Ernestine Glinau Nitschke, Gottfried – Eigenthümer 19.12.1845 ziemlich ziemlich regelmäßig ziemlich  
37 Eichler, Anna Neutomysl Eichler, August weil – Sattler 20.04.1846 genügend ziemlich regelmäßig ziemlich  
38 Löwe, Wilhelmine Neutomysl Löwe, Wilhelm – Schuhmacher 24.10.1845 ziemlich ziemlich regelmäßig ziemlich  
39 Meißner, Karoline Glinau Meißner, George – Eigenthümer 10.09.1845 ziemlich regelmäßig ziemlich  
40 Kurz, Maria Neutomysl Kurz, Gottlieb – Schneider 01.01.1846 ging an regelmäßig ging an  
41 Thomas, Rosalie Neutomysl Thomas, Albert weil – Executor 22.11.1845 ziemlich regelmäßig ziemlich  
42 Müller, Auguste Neutomysl Müller, Carl – Tischler 27.04.1846 ziemlich unregelmäßig ziemlich  
43 Kußmann, Louise Neurose Kußmann, Samuel – ehem. Lehrer 08.05.1846 ziemlich regelmäßig ziemlich  
44 Matthes, Wilhelm Neutomysl Matthes, Wilhelm – Einwohner 26.10.1845 schwach unregelmäßig schwach  
45 Hahnfeld, Ernestine Neutomysl Hahnfeld, Gottlieb – Einwohner 14.12.1843 schwach unregelmäßig schwach  
46 Quast, Ernestine Glinau Quast, Gottfried – Einwohner 09.12.1844 gering unregelmäßig gering  
47 Winter, Wilhelmine Sontop Winter, Gottlob – Einwohner 08.10.1845 schwach unregelmäßig schwach  
48 Labsch, Juliane Paprotsch Gebauer, Gottfried – Eigenthümer / Pflegevater 24.10.1845 zufrieden regelmäßig gut  
49 Gebauer, Ernestine Paprotsch Gebauer, Wilhelm – Eigenthümer 15.06.1846 ging an regelmäßig ging an  
50 Freitag, Ernestine Scherlanke Freitag, Stanislaus – Eigenthümer 12.03.1846 ziemlich regelmäßig ziemlich  
51 Weber, Wilhelm Scherlanke Weber, Christoph – Eigenthümer 14.03.1846 ging an regelmäßig ging an  
52 Luk, Ernestine Scherlanke Luk, Dav. Johann – Einwohner 19.04.1846 höchst mittelmäßig unregelmäßig schwach  
53 Stieler, Ernestine Scherlanke Stieler, Gottfried – Einwohner 03.03.1846 schwach unregelmäßig schwach  
54 Lüdke, Bertha Scherlanke Lüdke, Gottfried – Eigenthümer 14.12.1845 ziemlich regelmäßig ziemlich  
55 Reschke, Henriette Scherlanke Reschke, Gottlieb – Einwohner 01.11.1845 schwach unregelmäßig schwach  
56 Grunwald, Wilhelm Zinskowo Grunwald, Gottlieb – Einwohner 13.01.1846 mittelmäßig ziemlich regelmäßig ziemlich  
57 Schulz, Wilhelmine Zinskowo Schulz, Christian – Einwohner 15.04.1845 ging an regelmäßig ging an  
58 Ribotzki, Wilhelmine Neurose Ribotzki, Gottlieb – Einwohner 28.08.1845 schwach unregelmäßig schwach  
59 Schukalski, Amalie Neurose Schukalski, Eduard – Einwohner 07.09.1845 schwach unregelmäßig ziemlich  
60 Kannwischer, Ernestine Neurose Kannwischer, Dienegott – Eigenthümer 01.04.1846 ging an regelmäßig ging an  
61 Werner, Pauline Glinau Werner, Traugott weil – Pächter 28.11.1845 ging an regelmäßig ging an  
62 Kuck, Michalina Glinau Kuck, Friedrich – Einwohner 27.03.1846 zufrieden regelmäßig zufrieden  
63 Bielke, Louise Glinau Bielke, Gottfried – Eigenthümer 05.11.1845 ging an regelmäßig ging an  
64 Peter, Wilhelmine Glinau Peter, Gottfried 14.04.1846 ziemlich unregelmäßig ziemlich  
65 Joachim, Wilhelmine Glinau Joachim, Dorothea Elisabeth – Einwohnerin 01.02.1846 schwach unregelmäßig schwach  
66 Lehmann, Rosalie Glinau Heller, Friedrich – Schmied / Stiefvater 22.12.1845 ziemlich ziemlich regelmäßig ziemlich  
67 Mayer, Ernestine Zinskowo Meier, Dienegott weil – Einwohner 14.03.1846 ziemlich unregelmäßig schwach  
68 Lork, Emilie Klein Lipke Lork, Martin – Eigenthümer 28.09.1845 gut regelmäßig gut  
69 Matschke, Louise Neutomysl Fechner, Heinrich – Müller / Stiefvater 26.08.1845 gering unregelmäßig gering  
70 Herrmann, Wilh. Ernestine Zinskowo Herrmann, Wilhelm – Einwohner in Boruy 29.09.1842 sehr wenig sehr unregelmäßig sehr schwach hat in vielen Parochien gedient und ist wenig in die Schule gegangen, sie wurde in hiesiger Parochie aufgegriffen und hat den Unterricht zwar fleißig, aber mit geringem Erfolge besucht
71 Freier, Ernestine Glinau Meißner, Gottlieb – hies. Dienstherr / weil Gottl. Mayer Einw 27.07.1844 gering unregelmäßig gering  
72 Bürger, Ernestine Glinau Bürger, Louise – Einwohnerin 20.04.1846 gering unregelmäßig gering  
73 Heidrich, Ernestine Scherlanke Heidrich, Anna Maria – Wittwe 06.05.1845 schwach unregelmäßig schwach  

Weltreisende mit der Tonne – 1910

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Weltreise in einer Tonne um die Welt, Quelle: http://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth67429/m1/5/zoom [701]

Weltreise in einer Tonne um die Welt, Quelle: http://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth67429/m1/5/zoom

Im Juni 1910 passierten die aus Venedig stammenden reisenden Teilnehmer einer Wette – eine Tonne musste einmal um die Welt gerollt werden – die Gegend von Tirschtiegel über Chelmno bei Pinne auf dem Weg nach Posen.

Über das Ereignis, es hatte weltweite Beachtung gefunden, wurde in internationalen Zeitungen berichtet. Dieser Berichterstattung schloss sich auch das Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel mit einer Meldung in seiner Ausgabe vom 21.06.1910 an.

Die im Artikel erwähnten „photographischen Aufnahmen“ wurden nicht gefunden.

Die Unternehmung wurde 4 Jahre nach diesen Berichterstattungen durch den Ausbruch des I. Weltkrieges eingeholt. Es war leider nicht in Erfahrung zu bringen, wo sich zu diesem Zeitpunkt die Teilnehmer befanden noch was aus Ihnen wurde.

* * *

Mittwoch (15. Juni 1910) nachmittag 5 Uhr, noch kurz vor dem heranziehenden Gewitter mit gewaltigem Regenguß, erschienen in Tirschtiegel, von Brätz kommend, die drei  längst erwarteten italienischen Weltreisenden mit der Tonne: Vianello Eugenia, Zarnardi Attilio und als Dolmetscher Vittorio Rossi.

Mit dem Fass um die Welt,  Quelle: http://www.sundaymagazine.org/wp-content/uploads/19100605-2-rolling.gif [702]

Mit dem Fass um die Welt,
Quelle: http://www.sundaymagazine.org/wp-content/uploads/19100605-2-rolling.gif

Die selbstgefertigte hölzerne Tonne, zirka 2 Meter lang, 1 1/4 Meter hoch, an beiden Enden offen, ringsherum mit zwei eisernen Laufschienen versehen, wiegt mit dem innen freischwebenden Sitz an die 7 Ztr. Zwei Hunde wurden als Begleitung mitgenommen. Es schieben abwechselnd zwei Mann, während der dritte den inneren Sitzplatz zum Ausruhen benutzt.

Die Reise rund um die Erde müssen sie in 12 Jahren zurücklegen, wofür sie den Betrag einer Wette von 250.000 Mark erhalten. Erreichen sie das Ziel ihrer Reise (den Ausgangspunkt Venedig) jedoch schon in 10 Jahren, so bekommen sie noch extra 10.000 Mark. Die Reise ging bereits durch Oberitalien, Schweiz, Frankreich, England, Belgien, Holland und Deutschland. Sie haben bis jetzt an 80 Meilen Vorsprung. Alle drei jungen Männer sind noch gesund.

Sie feierten den Jahrestag ihrer Abreise (20. Juni 1909) in Posen. Dann geht die Reise durch Rußland. Entriert ist diese Wette von einem italienischen Klub und Redakteuren einiger größerer Zeitungen.

Man sieht aber, selbst in der Zeit der Luftschiffe stirbt das ehrbare Wandern zu Fuß nicht aus, und man quält sich dazu noch mit einer Tonne.

Ein hiesiger Herr ist den Globetrottern am Sonnabend bis Chelmno bei Pinne auf dem Rade nachgefahren, hat daselbst zwei photographische Aufnahmen von ihnen gemacht und stellt die interessanten Bilder im Schaufenster der Seeligerschen Buchhandlung hierselbst aus.

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1910

Bericht des Magistrats der Stadt Neutomischel für das Jahr 1912

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Bürgermeister Franke (1913))
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Bericht des Magistrats der Kreisstadt Neutomischel über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde Angelegenheiten für das Rechnungsjahr 1912

(Die in Klammern stehenden Zahlen bedeuten überall diejenigen des Vorjahres.)

* * *

1. Allgemeine Verhältnisse

A. Magistratskollegium

Nach 40 jähriger ehrenamtlicher Tätigkeit, zunächst als Stadtverordneter, dann als Magistratsschöffe, ist der Stadtälteste Wilhelm Peikert auf seinen Wunsch aus dem Magistratskollegium ausgeschieden. Wir verfehlen nicht, dem Herrn Peikert für die langjährigen Dienst, die er der Stadt geleistet hat, zu danken. Möge ihm noch ein langer Lebensabend beschieden sein.

Die Stadtverordneten-Versammlung wählte in ihrer Sitzung vom 11.01.1913 den Stadtverordneten, Dampfmühlenbesitzer Adolf Maennel, zum Magistratsschöffen.

Der Magistrat besteht nunmehr aus:

  1. dem Bürgermeister Franke,
  2. dem Stadtältesten Ernst Tepper und
  3. dem Schöffen Adolf Maennel

Das Ehrenbürgerrecht der Stadt Neutomischel besitzen nach wie vor:

  1. der Stadtälteste Wilhelm Peikert
  2. der Stadtälteste Ernst Tepper

Der Geschäftsumfang war im vergangen Jahre umfangreicher als im Vorjahre; es waren im Jahre 1912 zu bearbeiten:

Hierbei wird bemerkt, dass in den Journalen nur die wichtigsten ihrer Erledigung gelangen und unter einer Nummer bis zu ihrer Erledigung fortgeführten werden. Die außerordentlich zahlreichen und meistenteils recht zeitraubenden mündlichen und telefonischen Abfertigungen des Publikums unterliegen keiner Zählkontrolle.

In Privatklagesachen wurden 16 (16) Sühnetermine vor dem Schiedsamt abgehalten.

B. Stadtverordneten Versammlung

Die Stadtverordneten-Versammlung hatte im Berichtsjahre 11 (13) Sitzungen, in den 59 (70) Beschlüsse gefasst worden sind.

In der Zusammensetzung der Versammlung sind Veränderungen nicht eingetreten. Sie besteht nach wie vor aus folgenden Herren:

Im Jahr 1912 waren 312 (302) Gemeindewähler vorhanden, welche an direkten Steuern 46.581,04 Mark (44.901,54 Mark) entrichtet haben, und zwar:

C. Gemeindebeamte

Als solche sind mit Pensionsberechtigung angestellt:

  1. Kämmereikassen-Rendant Knoll,
  2. Stadtwachtmeister Schubert und
  3. Gasmeister Lange.

D. Bevölkerung

Die Zunahme der Bevölkerung gegen das Vorjahr um rund 300 Seelen ist zum großen Teil durch die am 1. Juli 1912 erfolgte Eingemeindung einer Anzahl von Grundstücken aus den Landgemeinden Glinau und Paprotsch entstanden.

Beim hiesigen Standesamt sind in der Berichtszeit

beurkundet worden.

E. Steuern

Der Soll an Steuern betrug:

Von den einkommenssteuerpflichtigen Personen besteuerten ein Einkommen:

2. Spezielle Verwaltungsverhältnisse

A. Das Vermögen der Stadt

berechnet sich nach dem Stande am 31. März d. Js. wie folgt:

Diesem Vermögen stehen folgende Schulden gegenüber:

Die Schuld zu 1. ist im Rechnungsjahre 1913, diejenige zu 2. 1918/19, zu 3. 1947, zu 4. 1915, zu 5. 1925, zu 6. 1920, zu 7. 1939 und die neu aufgenommene zu 8. 1946 getilgt.

Am Schlusse des Rechnungsjahres 1911 betrugen:

Es ist daher ein Vermögenszuwachs von 25.357,66 Mk. im Rechnungsjahr 1912 nachzuweisen

3. Kassen- und Rechnungswesen

Die Rechnung der Kämmereikasse für 1912 weist nach:

Hierzu wird bemerkt, dass an indirekten Steuern aufgekommen sind:

Weiter sind aufgekommen an

Die städtische Kassen-Revisionskommission besteht jetzt ans den Herren:

  1. Pensionär Freiherr von Steinaecker,
  2. Kaufmann Otto Toeffling,
  3. Rentmeister Ludwig Wekwerth
  4. Kaufmann Louis Wittkowsky und
  5. Kaufmann Max Wolf.

C. Polizeiverwaltung

1. Allgemeines

2. Straßenreinigung

Wenn auch die Stadt im Allgemeinen ein sauberes Bild zeigt, so möchten wir doch immer wieder die Bürgerschaft ersuchen, die Reinigung regelmäßiger vorzunehmen und namentlich Verunreinigungen der Rinnsteine, insbesondere in der Langen- und Posenerstraße,  über die immer wieder Klagen und Beschwerden laut werden, zu unterlassen bzw. zu beseitigen.

3. Sicherheitspolizei

Anstelle des Nachtwächters Pilatschek ist am 1. Juli 1912 der Arbeiter Otto Bautz als Nachtwächter angenommen. Dieser hat zu dem 31. März 1913 sein Amt wieder niedergelegt und ist durch den Arbeiter Richard Hecke ersetzt worden.

4. Baupolizei

5. Feuerpolizei

6. Nahrungsmittelpolizei

Der bereits im vorigen Jahre beschlossene Bau eines Wasserwerks ist der Firma Carl Francke – Bremen übertragen worden, nachdem die Vorarbeiten beendet worden sind, und das Projekt der Genehmigung des Herrn Regierungs-Präsidenten in Posen gefunden hat. Das Werk soll spätestens am 1. Dezember d. Js. betriebsfertig hergestellt sein. Die Baukosten werden sich auf rund 122.000,00 Mk. belaufen, wozu noch die Kosten für Vorarbeiten und Grunderwerb treten.

7. Unglücksfälle

D. Straßen

E. Jahr- und Wochenmärkte

Das Recht zur Erhebung des Jahrmarktstandgeldes ist zum 1. April 1912 ab auf drei Jahre an den Kaufmann Georg Munter für einen jährlichen Pachtzins von 1.050,00 Mk., dasjenige zur Erhebung des Wochenmarktstandgeldes für dieselbe Zeit an den Schuhmachermeister Hermann Stelzer für eine jährliche Pacht von 685 Markt übertragen worden. In den vorangegangenen 3 Jahren betrug das Pachteinkommen zusammen 1.790,00 Mk.

F. Armenwesen

G. Städtische Krankenhaus

H. Gasanstalt

Es sind im Berichtsjahre abgegeben worden:

Es waren ferner vorhanden:

Die Rechnung der Gaswerkskasse für 1912 schließt ab:

Der andauernd steigende Gaskonsum hat im Berichtsjahre wieder einige Erweiterungsbauten (6er Ofenanlage und Gassaugeanlage) erforderlich gemacht. Die Kosten für diese Anlagen belaufen sich auf 20.667,00 Mk., welche den vorhandenen Beständen entnommen worden sind.

3. Schulen

A. Die evangelische Schule

hatte im Rechnungsjahre 1912

An Schulbeiträgen wurde wie im Vorjahre 50 % der Einkommens- und der halben Grund- und Gebäudesteuer erhoben.

B. Die höhere Schule (Luisenschule)

hatte im Rechnungsjahre 1912

Die Schule wurde besucht von 82 (76) Schülern. Das Schulgeld betrug für die Mädchen in der Vorschule 90 Mk., in der V. und VI. Klasse 100 Mk., in der III. und IV. Klasse 100 Mk. und in der I. und II. Klasse 115 Mk. und für alle Knabenklassen (Sexta, Quinta, Quarta) 150 Mk.

C. Die landwirtschaftliche Winterschule

wurde im Berichtsjahre von 39 (35) Schülern einschl. Hospitanten besucht.

D. Die staatliche Fortbildungsschule

E. Die Handfertigkeitsschule

4. Krankenkassenwesen

Die Kasse zahlte:

5. Sonstige Bemerkungen

namentlich in Bezug auf Handel, Gewerbe und Verkehr

Das Stadtgebiet hat sich im Rechnungsjahr 1912 durch die am 01. Juli 1912 erfolgte Eingemeindung einer Anzahl bebauter Grundstücke und Landparzellen von 72,66,55 ha auf 175,2 ha erweitert. Davon entfallen auf:

Die Zahl der Wohngebäude beträgt 218 (196)

Zur Gewerbesteuer waren veranlagt:

Zur Betriebssteuer waren veranlagt 21 (22) Personen mit 325 Mk. (345 Mk.).

Auf der Stadtwaage wurden im Berichtsjahre 507 (484) Verwiegungen vorgenommen, wofür 265,70 (255,15) Gebühren eingekommen sind. Als vereidigte Wiegemeister fungieren nach wie vor:

  1. Herr Hopfenkommissionär Hugo Morzynski
  2. Herr Schmiedemeister Karl Lüdke und
  3. Herr Kaufmann Alexander Lüdke

Den Verkehr veranschaulichen die folgenden Zahlen:

1. Eisenbahn

2. Postamt

es sind hierselbst

Dieser Rückblick auf das abgelaufene Rechnungsjahr weist wiederum eine erfreulich fortschreitende Entwicklung der Stadt, namentlich in finanzieller Beziehung nach.

Möge unserem Gemeinwesen auch weiterhin vergönnt sein, sich günstig fortzuentwickeln.

Neutomischel, den 20. Juli 1913

Der Magistrat

Franke

Bürgermeister

Auf den Spuren meiner Vorfahren – 2014

geschrieben von Gudrun Tabbert
(A. Krok - 2014)
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1906 im April - Hochzeit in Kopanke von Anna geborene Hauf und Gustav Krok - Foto: Privatbesitz [703]

1906 im April – Hochzeit in Kopanke von Anna geborene Hauf und Gustav Krok – Foto: Privatbesitz

In diesem Jahr sind wir, das bin ich Andreas Krok und meine Frau Christine, nach Kopanki gereist, ein erstes Mal vom 01.06. bis 03.06.2014 und ein weiterer Besuch fand vom 29.07. bis 30.07.2014 statt.

Schon als Kind hörte ich gerne zu, wenn mein Vater und mein Großvater von „zu Hause“ erzählten. Das „zu Hause“ welches sie meinten, nur knapp 250 Kilometer von Berlin entfernt, hieß Kopanke und war ein Dorf in der ehemaligen Provinz Posen. Heute heißt dieser Ort Kopanki und liegt im Verwaltungsbezirk der Gmina Opalenica im Powiat Nowy Tomyśl in Polen.

Je älter mein Vater geworden ist, desto mehr lebte er in der Vergangenheit in Kopanke. Wenn er erzählte, war es als wäre er dort; an Alles erinnerte er sich bis ins kleinste Detail. Als mein Vater dann starb, hinterließ er mir unter anderem eine ganze Reihe alter Unterlagen. In diesen fanden sich auch Heiratsurkunden und Taufscheine, welche bis in das Jahr 1796 zurückreichten.

1944 im April - eine alte Aufnahme des Hofes Hauf, welche mein Vater noch aufgenommen hatte - Foto: Privatbesitz [704]

1944 im April – eine alte Aufnahme des Hofes Hauf, welche mein Vater noch aufgenommen hatte – Foto: Privatbesitz

Besonderes Interesse erregte dann ein Bauernhof, von dem wir einige Fotos, die mein Vater noch im Jahr 1944 aufgenommen hatte, fanden. Dieses Anwesen, soweit wir bis jetzt in Erfahrung bringen konnten, war von Paul Hauff, einem Bruder meiner Großmutter Anna Krok geb. Hauff, bis 1945 bewirtschaftet worden. Ab dem Jahr 1945 verliert sich leider jede Spur von ihm und seiner Familie.

In diesem Jahr machten wir uns bei unserem ersten Besuch mit den alten Bildern auf die Suche nach eben diesem Bauernhof. Schon nach kurzem Umsehen, immer den alten Beschreibungen folgend, fanden wir das Anwesen fast unverändert am Ortsausgang von Kopanki. Er liegt direkt an der heutigen Verbindungsstraße von Kopanki nach Terespotockie.

Durch die große Unterstützung und der Vermittlung unseres Gastgebers war es uns möglich, den Hof zu besichtigen und mit der heutigen Besitzerin zu sprechen. Leider konnte uns diese keine Informationen über den Verbleib von Paul Hauff und dessen Familie geben; sie hatte den Hof erst 1974 von der Gemeinde Opalenica erworben.

Gedenkkreuz auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Kopanki - Foto: A. Krok [705]

Gedenkkreuz auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Kopanki – Foto: A. Krok

Weitere Gespräche, wie zum Beispiel mit dem Bürgermeister von Kopanki und mit Zeitzeugen welche schon vor und noch nach dem II. Weltkrieg dort ansässig gewesen waren, brachten leider wiederum keine weiteren Informationen. Einige erinnerten sich zwar an die Familie Hauff, aber niemand wusste etwas über ihren Verbleib. Somit bleibt ungeklärt, ob sich Paul Hauff mit seiner Familie mit anderen seinerzeit deutschen Einwohnern von Kopanki nach Deutschland begaben oder ob sie doch noch eine Zeit lang nach 1945 auf ihrem Hof verblieben waren.

Durch die Auswertung der alten Familienunterlagen aus dem Nachlass meines Vaters, Recherchen in Standesamtsunterlagen und alten Kirchenbuchaufzeichnungen, ist mir heute bekannt, dass meine Vorfahren der Familie Krok, soweit diese in den Eintragungen gefunden wurden, nicht nur in Kopanke/Kopanki ansässig gewesen waren, sondern die Familienzweige ebenso in den früheren Siedlungsgebieten von Lenkerhauland/Łęczyce, Weisshauland/Biała Wieś, Troszczyn, Ujazd und anderen kleineren Dörfern der Umgegend zu finden waren.

Der Hof 2014 - Aufnahme mit freundlicher Genehmigung der heutigen Besitzerin - Aufn. A. Krok [706]

Der Hof 2014 – Aufnahme mit freundlicher Genehmigung der heutigen Besitzerin – Aufn. A. Krok

Durch z. B. ein Treffen mit einer älteren Bewohnerin in Łęczyce, dem früheren Lenkerhauland, erfuhren wir bei unserem letzten Besuch noch, dass eine Familie Krok bis 1945 im Ort gelebt hatte. Die Spur dieser Familie soll nach der Erzählung nach Potsdam führen.

Auf den evangelischen Friedhöfen der von uns besuchten Gemeinden sind Kreuze im Gedenken an die ehemaligen evangelischen Bewohner aufgestellt. Direkte Spuren meiner Vorfahren sind nicht mehr sichtbar.

Gern würden wir noch mehr über meine Ahnen erfahren, vielleicht kann uns ein Leser dieses Beitrages noch Weiteres erzählen.

Andreas Krok, Berlin – Mail: aundc.krok(at)web.de

„Beim Ziegenkrug hinterm Berg ….“ – 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Anhöhe hinter dem ehemaligen Gasthof "Ziegenkrug" - EA 05/2011 [707]

Die Anhöhe hinter dem ehemaligen Gasthof „Ziegenkrug“ – EA 05/2011

Der  „Ziegenkrug“ war ein Gasthof, gelegen an der Kreuzung, von welcher z.B. der Weg nach Boruy, Bukowiec und Paprotsch abzweigte und es auch nach Albertoske führte. Direkt hinter der Wirtschaft erhob sich eine Anhöhe. In früherer Zeit soll dieser „Berg“ die Grenze der drei Herrschaften Tomysl im Norden, Grätz im Osten und Bentschen im Westen markiert haben. Später wurde auf ihr der Friedhof der Gemeinde Cicha Gora angelegt.

Das Schauerballade „Beim Ziegenkrug hinterm Berg …“, handelte von dem gruseligen Mord des Otto Hoffmann an seiner schwangeren Geliebten Martha Weber; sie beruhte auf einer wahren Begebenheit, welche sich im Jahr 1906 abspielte. In Zeitungsartikeln des Neutomischler Kreisblattes  wurde ausführlich über den Mord, die Verhandlung und das verhängte Todesurteil berichtet.

Bei der Hausarbeit, beim Hopfenpflücken oder auch beim Federschleißen wurde die Moritat mit ihrer einfachen Melodie oft gesungen. Die Weitergabe des Textes erfolgte nur durch mündliche Überlieferung. Im Jahr 1984 schrieb Frau Anni Schiller geborene Hirt diesen, soweit sie ihn noch in Erinnerung hatte, auf; Herr Ernst Müller ergänzte diesen dann vor annähernd 25 Jahren um die ihm in Erinnerung gebliebene Melodie.

Die Melodie, aus der Erinnerung Hr. Ernst Müller - 1988 [708]

Die Melodie, aus der Erinnerung Hr. Ernst Müller – 1988

 

* * *

Die Zeitungsberichte:

Kreisblatt 18. Dezember 1906

Mord – Am Sonnabend früh durcheilte die Kunde von einem grauenvollen Mord unsere sonst so friedliche Gegend. Leider fand dies furchbare Gerücht mit seinen erschütternden Einzelheiten volle Bestätigung. In dem benachbarten Schichagora wurde in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend gegen 4 Uhr früh die 24jährige Schneiderin Martha Weber aus Albertoske etwa 50-60 Schritt vom Gehöft des Eigentümers Franke auf einem Saatfelde mit durchschnittenem Halse tot aufgefunden. Das bedauernswerte Mädchen, welches die einzige Tochter und Stütze seiner Eltern war, sagte am Freitag abend zu ihrer Mutter, daß sie von ihrem Liebhaber, dem Maurergesellen Otto Hoffmann aus Alttomischel-Abbau, bestellt wäre, und obwohl die besorgte Mutter sie bat, nicht mehr so spät auszugehen, entfernte sie sich und nahm ihren kleinen Hofhund mit. Als nun die Tochter um 3 Uhr nachts noch nicht in die elterliche Wohnung zurückgekehrt war, wurden die Eltern besorgt, und der Vater machte sich auf die Suche nach seinem Kinde. Nachdem er vergeblich eine Zeit lang allein gesucht hatte, hörte er mit einem Male das Bellen seines Hundes. Der Hund hätte während der ganzen Nacht neben der Leiche seiner ermordeten Herrin getreulich Wache gehalten, erst als ihm sein Herr zurief, kam das Tier aus der Richtung der Wirtschaft des Eigentümers Franke herbei. Der Vater vermutete nunmehr, daß seine Tochter dort wäre, da sie bekannt mit dieser Familie war. Als Weber sein Kind auch da nicht vorfand, bat er Franke, ihm doch behülflich zu sein, und so stellten beide Männer gemeinsam weitere Nachforschungen an, bis sie die Gesuchte als Leiche auffanden.

Das Gebäude des ehemaligen Gasthofes "Ziegenkruges" 1977 - Quelle: ... und dazwischen Neutomischel A. Kraft [709]

Das Gebäude des ehemaligen Gasthofes „Ziegenkruges“ 1977 – Quelle: … und dazwischen Neutomischel A. Kraft

Das Gesinde des Eigentümers Franke will etwa um die Zeit von 6-7 Uhr am Freitag abend ängstliche Rufe gehört haben wie: „Otto – Otto – laß doch – nicht doch !“ – Man vermutet daher, daß die unselige Tat schon in dieser Zeit begangen sein muß. Leider hat man diesen Rufen keine Bedeutung beigemessen, sonst hätte man der Bedrängten vielleicht noch rechtzeitig Hülfe bringen können.

Die Ermordete, welche sich in gesegneten Umständen befand, lag mit dem Gesicht auf der Erde, mit ausgestreckten Händen und Füßen. Die von den Polizei-Organen sofort in der Frühe des Sonnabends vorgenommenen Untersuchungen führten zu der Verhaftung des stark belasteten Maurergesellen Otto Hoffmann aus Alttomischel-Abbau.

Am Sonntag weilte der Erste Staatsanwalt aus Meseritz hier und stellte weitere Ermittelungen am Tatorte fest. Nachdem die Leiche nachmals an den Fundort gebracht war, wurden photographische Aufnahmen gemacht; der Verhaftete wurde bei der Leiche nochmals ins Verhör genommen, ein Geständnis war jedoch nicht zu erlangen. Er wurde aber gefesselt, und die Staatsanwaltschaft ordnete seine Ueberführung nach dem hiesigen Gerichtsgefängnis an, während die Leiche zwecks gerichtlicher Sezierung nach der Leichenhalle des Krankenhauses gebracht wurde.

Als verdächtige Merkmale kommen noch in Betracht, daß Blutspuren an den Hosen, Händen und an dem Messer des Hoffmann gefunden worden sind, auch fand man an einem seiner Finger eine kleine Wunde. Er soll angegeben haben, daß das Blut von einem Schweine herrühre, das er geschlachtet habe, während er sich die Wunde beim Holzzerkleinern zugezogen haben will.

Hoffmann war am Freitagabend in unserer Stadt, und hat in einem hiesigen Zigarrengeschäft Zigarren und eine Postkarte gekauft und sandte letztere gleich an die Adresse der Ermordeten. Die Karte ist laut Poststempel zwischen 8-12 Uhr auf dem hiesigen Postamt aufgegeben worden. Um 8 Uhr hat sich der Angeschuldigte bei einem hiesigen Barbier die Haare schneiden und rasieren lassen. Immerhin liegt noch zwischen der Zeit des Mordes und dem hiesigen Aufenthalt des H. Zeit genug, um von dem Tatort bis hierher per Rad, welches er benutzte, zu gelangen.

Den Eltern des ermordeten Mädchens sowohl als auch dem Vater des mutmaßlichen Mörders, welche sich bisher eines unbescholtenen Rufes erfreuten, bringt man allseitig die wärmste Teilnahme entgegen.

* * *

Kreisblatt 21. Dezember 1906

Die gerichtliche Sektion der Leiche der ermordeten Martha Weber, welche am Dienstag nachmittag stattfand, stellte fest, daß fast der ganze Hals bis auf die Wirbelsäule durchschnitten war. Anscheinend ist zu dem Mord kein allzu scharfes Messer benutzt worden, denn man konnte aus der Beschaffenheit der Wunde ersehen, daß mehrere Male angesetzt worden war. Ferner war ein Fingerglied ganz abgeschnitten, während ein anderer Finger eine weitere Schnittwunde aufwies. An den

Händen befanden sich blutunterlaufene Stellen, welche wohl auf einen vorher stattgefundenen Kampf zwischen dem Mörder und seinem Opfer schließen lassen. Auch an einem Auge war eine gleiche blutunterlaufene Stelle zu bemerken. Das Kind, welches die Ermordete unter ihrem Herzen trug, war 6-7 Monate alt und männlichen Geschlechts.

Blick von der Anhöhe  über die Hopfenfelder von Cicha Gora - Aufn. 05/2011 [710]

Blick von der Anhöhe über die Hopfenfelder von Cicha Gora – Aufn. 05/2011

Der mutmaßliche Mörder Hoffmann sollte schon am Mittwoch nachmittag nach Meseritz transportiert waren, und man war mit ihm bereits auf dem Wege nach der Bahn, als durch eine Depesche der Staatsanwaltschaft zu Meseritz die Ueberführung vorläufig aufgeschoben wurde, sie wir wahrscheinlich in einigen Tagen stattfinden. Hoffmann beteuert nach wie vor seine Unschuld, er erscheint vollständig gebrochen unter der Wucht der auf ihm lastenden schweren Anklage.

* * *

Kreisblatt 24. Dezember 1906

Der des Mordes an der Schneiderin Martha Weber dringend verdächtigte Otto Hoffmann hat am Sonnabend seine grausige Tag eingestanden. Nachdem man den Mörder in der Frühe dieses Tages noch einmal nach dem Ziegenkrug transportiert und während des ganzen Tage sich bemüht hatte, ihn zum Geständnis zu bringen, gelang es erst gegen 7 Uhr abends dem Herrn Lehrer Kittner aus Schichagora, der ihm in Güte zuredete von ihm das Bekenntnis zu erlangen, daß er den Mord begangen habe.

Hoffmann hat seinem Opfer den ersten Schnitt auf der Landstraße beigebracht, und als das bedauernswerte Mädchen noch mit der schweren Verletzung etwa 40-50 Schritt vor ihm flüchtete, dann noch den zweiten tödlichen Schnitt auf dem Ackerland versetzt. Wie wir hören, soll auch noch ein anderer junger Mann aus Konkolewo als Verdächtiger verhaftet gewesen sein, sodaß es als ein Glück zu bezeichnen ist, daß man nunmehr den wirklichen Täter durch sein eigenes Geständnis ermitteln konnte. Die Ueberführung Hoffmanns nach Meseritz, wo vor dem Schwurgericht seine Aburteilung erfolgen wird, fand bereits heute vormittag durch die Herren Wachtmeister Schütz und Stadtwachtmeister Schubert statt. Die Leiche der ermordeten Martha Weber wurde am vergangenen Donnerstag unter Teilnahme vieler Leidtragenden auf dem Friedhof ihrer Heimatgemeinde zur letzten Ruhe bestattet.

* * *

Kreisblatt 24. Dezember 1906

Am Freitag, den 14. Dezember, nachmittags etwa 1/2 7 Uhr, ist in Schichagora unweit des Ziegenkruges die 24 jährige Martha Weber aus Albertoske ermordet worden. Der Maurer Otto Hoffmann aus Alttomischel ist der Tat dringend verdächtig. Er ist an dem Tage nachmittags nach 5 Uhr zu Rad von Alttomischel her nach Neutomischel zu gefahren, hat sich in Neutomischel aber erst gegen 8 Uhr abends gezeigt. Vielleicht hat er für Hin- und Rückfahrt die Chaussee nach Kirchplatz benutzt.

Alle Personen, welche am 14. Dezember nachmittags zwischen 5 und 3/4 8 Uhr einen verdächtigen Mann zwischen Neutomischel und Schichagora oder auf der Chaussee nach Kirchplatz gesehen haben, wollen dies sofort den Herren Oberwachtmeister Flügge oder Wachtmeister Schütz zu Neutomischel oder mir melden.

Meseritz, den 20. Dezember 1906 – Der Erste Staatsanwalt.

* * *

Kreisblatt 01. Januar 1907

Der wegen Mordes an der Schneiderin Martha Weber am vergangenen Montag nach Meseritz überführte Maurergeselle Otto Hoffmann aus Alttomischel-Abbau leugnet seit dem 1. Feiertag die von ihm bereits am Sonnabend vor Weihnachten eingestandene grausige Tag. Infolgedessen haben neue Zeugenvernehmungen stattgefunden.

* * *

Kreisblatt 11. Januar 1907

Die Verhandlung gegen den des Mordes an der Schneiderin Marta Weber angeklagten Maurergesellen Otto Hoffmann soll, wie wir hören, am 17. und 18. Januar vor dem Schwurgericht in Meseritz stattfinden.

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Kartenauschnitt mit dem "Ziegenkrug" - Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [711]

Kartenauschnitt mit dem „Ziegenkrug“ – Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Kreisblatt 22. Januar 1907

Der Mordprozeß gegen den Maurergesellen Otto Hoffmann aus Alttomischel-Abbau vor dem Meseritzer Schwurgericht.

Am vergangenen Donnerstag und Freitag hatte sich der des Mordes angeklagte Maurergeselle Otto Hoffmann vor dem oben genannten Gericht zu verantworten. Die traurige Vorgeschichte dieser schweren Anklage ist unsern Lesern durch frühere Bericht in diesem Blatt bekannt, so daß wir heute darauf nicht näher einzugehen brauchen.

Der Beweggrund des Mörders war, wie bereits allgemein bekannt ist, daß er die ermordete Marta Weber geschwängert hatte, also vor der Wahl stand, entweder sie zu heiraten oder die Unterhaltskosten für das Kind zu zahlen. Mit der Weber hat der Verurteilte im Jahre 1905 längere Zeit verkehrt, das Verhältnis wurde aber allmählich kühler, ohne daß eine Spannung eintrat. Im Laufe des Jahres 1906 schlief es ganz ein, weil Hoffmann mittlerweile ein Liebesverhältnis  mit einem anderen Mädchen angeknüpft hatte, das, allem Anschein nach, von ihm ernster aufgefaßt wurde und vielleicht zur Heirat geführt hätte, wenn seine Zügellosigkeit ihm nicht einen unverlöschbaren Strich durch die Rechnung gemacht hätte.

Hoffmann hatte sich für den Mordtag eine genaue Zeiteinteilung zurecht gemacht, denn der Zeuge Janotte aus Wonsowo-Abbau, bei dem Hoffmann am 14. Dezember arbeitete, bekundete, daß er es nach Schluß der Arbeit gegen 5 Uhr nachmittags mit der Abfahrt auf dem Rade sehr eilig hatte, obwohl er nach seiner eigenen Angabe sich in Neutomischel bloß rasieren und die Haare schneiden lassen wollte, der Weg dorthin aber nur 9,6 km beträgt und selbst bei schlechtem Wege für einen Radfahrer in höchstens einer Stunde zurückzulegen ist. Berücksichtigt man, daß Hoffmann von Janotte in Wonsowo Abbau etwa um 3/4 5 Uhr abgefahren ist, was als zweifellos festgestellt wurde, so mußte er spätestens um 6 Uhr in Neutomischel sein, selbst wenn, das behauptete er nämlich, der schlechte Weg ihn gezwungen hätte, ein Stück zu laufen. Da er nun nicht, wie er angibt, Aufenthalt gehabt und zwischen 1/2 7 Uhr und 7 Uhr, sondern erst um 3/4 8 Uhr in Neutomischel angelangt ist, so ergibt sich ein Zeitraum von fast 2 Stunden, über dessen Ausnutzung der Angeklagte nicht das Geringste angeben konnte. Unmittelbar vor der Mordstelle nach haben ihn Zeugen gesehen, die wenige Minuten nachher auch die Marta Weber mit dem Hund trafen. Das war zwischen 6 und1/2 7 Uhr.

Die Zeugenvernehmung am Donnerstag, die bis 9 Uhr abends dauerte, förderte sonst nichts wesentlich neues zu Tage. Der Angeklagte bestritt während der ganzen Verhandlung die ihm zur Last gelegte Tat. Sein früheres, vor dem Untersuchungsrichter und mehreren Zeugen abgelegte umfassendes Geständnis, das er später in der hiesigen Gefängniszelle Mitgefangenen gegenüber wiederholte, widerrief er vollständig. Er will durch den Genuß von vielen ihm gereichten geistigen Getränken und durch vieles Zureden dazu veranlaßt worden sein. Durch die Verhandlung wurde aber erwiesen, daß Hoffmann vor seiner Vernehmung im „Ziegenkrug“, wo er die Tat eingestand, nicht viel Alkohol genossen hatte. Den Mitgefangenen, die als Zeugen vernommen wurden, hatte er gesagt, es sei besser, daß er die Tat jetzt eingestanden habe, denn später hätte er sich vielleicht im Rausch selbst einmal verraten. Auf alle Widersprüche, in die er sich verwickelte und die ihm der Vorsitzende vorhielt, hatte er stets eine Ausrede zur Hand oder er wollte sich nicht mehr genau erinnern.

Während der Anwesenheit und der Vernehmung seiner Verwandten weinte der Angeklagte bitterlich, seine Antworten aber klangen sicher und klar, indes waren die Ermahnungen des Vorsitzenden, die Wahrheit zu bekennen, vergeblich. Nachdem die Zeugenvernehmung beendet war, kamen die Sachverständigen zum Wort.

Der Kreisarzt Dr. Buddee führte in etwa einstündiger recht überzeugender Rede seine Wahrnehmungen an den Wunden des Angeklagten und an denen der ermordeten Marta Weber den Geschworenen klar vor Augen, zum Teil seine Ausführungen durch eine präparierte Hand des Opfers und durch Kreidezeichnungen an der Tafel demonstrierend. Diesen Erklärungen folgte der Angeklagte mit sichtlichem Interesse.

Der aus Berlin vorgeladene Gerichtschemiker bestätigte danach, daß sich an dem von dem Angeklagten bei seinem seinerzeitigen Geständnis als Mordinstrument selbst bezeichneten Messer auf dem Hornbeschlag, an der Klinge sowie am Gelenk und in der Messerscheide Menschenblut befunden hätte. Auch am linken Rockärmelfutter und in der rechten Hosentasche, in welche Hoffmann jedenfalls das Messer steckte, waren Menschenblutspuren vorhanden. Die Hose, die der Angeklagte an dem Tage des Mordes angehabt hatte, wies verschiedene Stellen von Menschen- und Tierblut auf. Der Angeklagte will jedoch das Vorhandensein dieser ersteren Blutflecke auf Nasenbluten zurückführen, woran er nach Aussage des Arztes auch wohl leiden könnte.

Unter dem Druck der immer schwerer wiegenden Zeugenaussagen schien die Widerstandskraft des immer noch Leugnenden zu unterliegen, er weinte fast ununterbrochen. Hierdurch veranlaßt, hat Staatsanwalt Dr. Sieber den Vorsitzenden, dem Angeklagten nochmals Gelegenheit zu einem Geständnis zu geben. Ruhig und gelassen erklärte dagegen Hoffmann, er habe den Mord nicht begangen. Gegen Mittag begann der Staatsanwalt seine Ausführungen, indem er den Geschworenen nochmals das Verhandlungsergebnis im Zusammenhange vorführte und schließlich zu der Schlußfolgerung kam, daß nur der Angeklagte der Mörder sein könne, und zwar habe er die Tat mit Ueberlegung vollführt. Der Verteidiger, Justizrate Urbach, jedenfalls selbst von der Schuld des Angeklagten überzeugt, beschränkte sich nur darauf, für seinen Klienten mildernde Umstände herauszuholen und versuchte Totschlag nachzuweisen. Hierauf zogen sich die Geschworenen zurück. Nach einer etwa 20 Minuten währenden Beratung verkündete der Obmann, daß die Geschworenen mit mehr als sieben Stimmen den Angeklagten Hoffmann des Mordes schuldig befunden haben. Während der Gerichtshof im Beratungszimmer weilte, herrschte im Saale drückende Stille. Das vom Vorsitzenden nach Wiedereintritt verkündete Urteil lautete auf Todesstrafe. Gegen diesen Urteilsspruch legte Hoffmann noch am selben Tage Berufung ein, jedoch wird dieser nur stattgegeben werden, wenn, was wohl kaum der Fall sein dürfte, ein Formfehler während der Verhandlung begangen wurde. Ist das nicht der Fall, so wird der Einspruch verworfen und das Urteil wird rechtskräftig.

* * *

Kreisblatt 15. März 1907

Die Revision des Mörders Hoffmann verworfen.

Das Reichsgericht bestätigte das Todesurteil des Schwurgerichts Meseritz, das am 18. Januar gegen den vierundzwanzigjährigen Maurer Otto Hoffmann aus Alttomischel-Abbau, der seine Geliebte, die Eigentümertochter Weber ermordet hatte, ausgesprochen wurde.

* * *

Bekanntmachung - Kreisblatt vom 16. Juli 1907 [712]

Bekanntmachung – Kreisblatt vom 16. Juli 1907

Kreisblatt 16. Juli 1907

Bekanntmachung

Der Maurer und Arbeiter Otto Hoffmann aus Alttomischel, der durch rechtskräftiges Urteil des Schwurgerichts zu Meseritz vom 18. Januar 1907 wegen Mordes, begangen zu Schichagora an der ledigen Martha Weber aus Albertoske, zum Tode verurteilt worden ist, ist heute früh im hiesigen Gefängnis enthauptet worden.

Meseritz, den 13. Juli 1907 – Der Erste Staatsanwalt

 

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1906/1907

Vor 100 Jahren – Der 1. Weltkrieg – Ausbruch zum 01. August 1914

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Berichte und Bekanntmachungen aus dem Neutomischeler Kreisblatt von 1914 - Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Es wird der fast zwanzig Millionen Menschen, gleich welcher Nationalität, gleich welchen Glaubens und gleich welcher Herkunft, die in diesem Krieg ihr Leben verloren, gedacht. Dieser Krieg, der Europa in einem nie zuvor stattgefundenen Ausmaße zerstörte, veränderte die Welt ! [713]

Es wird der fast zwanzig Millionen Menschen, gleich welcher Nationalität, gleich welchen Glaubens und gleich welcher Herkunft, die in diesem Krieg ihr Leben verloren, gedacht. Dieser Krieg, der Europa in einem nie zuvor stattgefundenen Ausmaße zerstörte, veränderte die Welt !

Schöffengerichtssitzung vom 1. Juni 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsprotokoll)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herrn Eigentümer Steinke-Bukowiec und Bäckermeister Liepelt-hier (Neutomischel).

Verhandelt wurden folgende Fälle:

1. Die Knechte Fritz Knoll und Schmieder aus Neu-Borui hatten sich wegen Beleidigung, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruches zu verantworten. Ersterer erhielt 14 Tage, letzterer 3 Wochen Gefängnis.

2. Der Arbeiter Oskar Lange aus Paprotsch war wegen zweier Diebstähle angeklagt. Das Gericht überführte den Angeklagten nur eines Diebstahls und verurteilte ihn zu zwei Wochen Gefängnis.

3. Marianna Lodiga und Marianna Wirwal aus Witomischel hatten gegen einen Strafbefehl in Höhe von 10 Mark, den sie wegen Verübung ruhestörenden Lärmes vor der Wohnung des Fleischers Otto ebendaselbst verwirkt hatten, Einspruch erhoben. Die wurden mit 3 Mk. bestraft.

4. Die Privatklage Hoffmann gegen Bohr wegen Beleidung wurde, da Widerklage erhoben, mit Tragung der Kosten zur Hälfte verglichen.

5. (fehlt)

Für Punkt 6. und 7. wurde ein neuer Termin angesetzt.

8. In Sachen Lehmann gegen Eisenbahnarbeiter Vetter wird der Beklagte mit 1 Mk. bestraft

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1904-06-01 

Schwüle und Gewitter in und um Neutomischel / Sommer 1911

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Der Weg des Gewitters - Quelle Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80, Bild der Dampfmühle Schmidt:http://www.zeno.org, bearbeitet [714]

Der Weg des Gewitters – Quelle Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80, Bild der Dampfmühle Schmidt:http://www.zeno.org, bearbeitet

Endlich ist nun der heißersehnte, schon wochenlang ausgebliebene Regen eingetreten. Am Sonntag nachmittag gegen 6 Uhr entluden sich hintereinander mehrere starke, anhaltende Gewitter, welche bis Montag früh dauerten und uns einen ausgiebigen Regen brachten, der von dem günstigsten Einfluß auf unsere ausgedörrten Gärten, Felder und Wiesen sein wird. Leider haben die Gewitter auch vielfach Schaden angerichtet.

Während des ersten Gewitters schlug ein Blitz in das Wohnhaus und die Dampfmühle des Herrn Richard Schmidt hierselbst (Neutomischel) ein, ohne zu zünden. Ein kleines Türmchen auf dem Dache wurde heruntergeschlagen und die elektrischen Lichtanlagen sowie die Telephonanlage beschädigt.

In der Nähe von Kuschlin gingen am Sonntag abend 3 Strohschober infolge Blitzschlages in Flammen auf.

In Neurose schlug der Blitz am Montag früh in einen Baum auf dem Grundstück des Eigentümers Fleischer daselbst. Von hier sprang der elektrische Funke in das alte Wohnhaus über und zündete, sodaß dieses sowie ein Stall eingeäschert wurden. Das neuerbaute Wohnhaus, das demnächst bezogen werden sollte blieb vom Feuer verschont.

Leider war die Abkühlung, die uns die Gewitter brachten, nur von geringer Dauer, denn schon Montag vormittag herrschte wieder bedeutende Schwüle. Die Hundstage (Redewendung für die heißen Tage im Sommer vom 23. Juli bis 23. August), die am Sonntag begonnen haben, scheinen ihrem Ruf, die heißesten Tage des Jahres zu sein, Ehre machen zu wollen.

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1911/07/25  

Immobilien, Mieten, Vermieten, Pachten u. Zwangsversteigerung – 1899

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Vermietung Otto Toeffling [715]

Vermietung Otto Toeffling

Nachfolgend finden sich die im Neutomischeler Kreisblatt des Jahres 1899 veröffentlichten Anzeigen mit welchen Verpachtungen, Verkäufe und An- und Vermietungen sowie letztlich auch Zwangsversteigerungen inseriert wurden.

Die Zusammenstellung der Inserate basiert darauf, dass Grundstücke, Anwesen und Wohnungen oder Etwas direkt mit diesen in Verbindung stehendes, wie z. B. eine Wiese oder eine Ernte, angeboten wurde.

Ausdrücklich weisen wir darauf hin, dass auch wenn es ein Inserat z. B. zu einer Zwangsversteigerung gegeben hat, diese nicht unbedingt durchgeführt wurde, genau so wenig, wie ein beabsichtigter Verkauf einer Wirtschaft auch zu diesem geführt haben muss.

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Ein schön möblirtes Zimmer (in Neutomischel ?) 1899/01/03 – wird zu miethen gesucht. Offerten an die Expedition d. Bl. zu richten.

Heinrich Michaelis, Wonsowo 1899/01/03, 1899-01-06, 1899/01/10 – Meine Wirthschaft, 36 Morgen, mit 30 Schock Hopfen bin ich willens zu verkaufen

Heinrich Michaelis, Wonsowo 1899/03/17,1899/03/21, 1899/03/24, 1899/03/28 – Meine Wirthschaft, 25 Morgen groß nebst Wohngebäuden und Obstgarten beabsichtige ich zu verkaufen

Melchior Nowak, Witomischel bei Neutomischel 1899/01/06 – Bäckerei-Verkauf. Da ich ein leichteres Geschäft erwerben will, beabsichtige ich meine Bäckerei mit Kolonialwaarengeschäft, auch zu jedem anderen Geschäft geeignet, zu verkaufen. Das Grundstück enthält 2 Wohnzimmer, Küche, einen hübschen Laden und Bäckerei, dann noch 2 Stallungen, Scheune und hübschen Gemüsegarten

Ww. Wilhelmine Schulz, Cichagora 1899/01/06 – Meine zu Cichagora belegene Landwirtschaft, 60 Morgen umfassend, bin ich willens zu verkaufen. Käufer mit der Hälfte Anzahlung können sich melden

Ww. Wilhelmine Schulz, Cichagora Nr. 85, 1899/10/27, 1899/11/03, 1899/11/07, 1899/11/17 – Meine Wirthschaft ungefähr 68 Morgen Ackerland und Wiesen nebst Gebäuden und Inventar, beabsichtige ich bei halber Anzahlung zu verkaufen

Wihelm Schulz, Zinskowo 1899/01/10 – Meine Wirthschaft, bestehend aus 32 Morgen Wiese, Torfstich und Ackerland, beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen.

Gustav Toeffling, (Neutomischel) 1899/01/13, 1899/01/20, 1899/01/27, 1899/02/03 – Die Wohnung in meinem Eckhause am neuen Markt, welche Frau Kreisschulinspektor Fengler inne hat, ist vom 1. April ab im Ganzen oder getheilt zu vermiethen

C. G. Toeffling (Neutomischel) 1899/01/17, 1899/01/24, 1899/01/31, 1899/02/07 – Eine Wohnung von 3 Zimmern, Küche und Nebengelaß ist von gleich zu vermiethen

Die Gastwirtschaft von Wittchen stand zum Verkauf [716]

Die Gastwirtschaft von Wittchen stand zum Verkauf

Otto Toeffling (Neutomischel) 1899/01/17, 1899/01/24, 1899/01/31, 1899/03/14, 1899/03/17, 1899/03/21, 1899/03/24 – Eine Paterre-Wohnung, 3 Zimmer und Küche (und Zubehör), hat zu vermiethen

Aron Markus (Neutomischel) 1899/01/17, 1899/01/20 – Ein Laden nebst anliegenden 2 Zimmern, Küche und Zubehör sowie eine Oberwohnung mit 3 Zimmern nebst Küche und Zubehör sind sofort oder 1. April zu vermiethen

Aron Markus (Neutomischel) 1899/01/24, 1899/01/27, 1899/01/31, 1899/02/07, 1899/02/10, 1899/02/14, 1899/02/17, 1899/02/21 – Ein Laden nebst anliegenden 2 Zimmern, Küche und Zubehör ist sofort oder 1. April zu vermiethen

Aron Markus (Neutomischel) 1899/02/03 – Eine Oberwohnung mit 2-3 Zimmern, Küche und Zubehör ist von gleich oder 1. April, sowie ein Laden nebst anliegenden 2 Zimmern, Küche und Zubehör ist sofort oder 1. April zu vermiethen

Aron Markus (Neutomischel) 1899/02/07, 1899/02/10, 1899/02/14, 1899/02/17, 1899/02/21 – Ein möblirtes Zimmer ist zu vermiethen

Gustav Wittchen, Gastwirth in Friedenhorst  1899/01/17, 1899/01/20, 1899/01/24 – Die seit 60 Jahren im Besitz meiner Familie befindliche, in Friedenhorst gelegene Gastwirthschaft nebst 6 Morgen gutem Ackerland, worauf sich 56 Schock neu angelegte Hopfen befinden, bin ich willens anderer Unternehmung halber für einen annehmbaren Preis bei 4.500 Mark Anzahlung zu verkaufen. Der Rest des Kaufgeldes kann eingetragen werden.

Gustav Wittchen bot sein Gründstück in Scherlanke zum Verkauf an [717]

Gustav Wittchen bot sein Gründstück in Scherlanke zum Verkauf an

Gustav Wittchen, Scherlanke 1899/10/06, 1899/10/13 – Grundstücks-Verkauf. Meine in Scherlanke belegenen Grundstücke Nr. 7 und Nr. 10 bin ich willens aus freier Hand bei geringer Anzahlung mit lebendem und todtem Inventar sofort zu verkaufen oder auch zu verpachten, je nach Uebereinkunft

August Bengsch, Bahnhofstraße, Neutomischel  1899/01/20, 1899/01/27, 1899/02/03, 1899/02/10, 1899/02/17 – Mein in der Bahnhofstraße hierselbst neu massiv erbautes Grundstück bestehend aus Wohnhaus, Stallungen, Remise und Scheune nebst andern kleinen Gelassen mit 12 Morgen gutem Acker und Wiese dicht am Gehöft, bin ich willens krankheitshalber zu verkaufen. Dasselbe eignet sich der günstigen Lage und vielen Abraums wegen zu jedem Geschäft und Handelsbetrieb. Zahlbedingungen sehr günstig.

A. Bengsch, Bahnhofstraße 32, (Neutomischel ) 1899/06/13, 1899/06/27 – Krankheitshalber gebe ich mein Geschäft auf und verkaufe Dachpappen zu Fabrikpreisen.

A. Bengsch, Bahnhofstraße 32, (Neutomischel ) 1899/08/18, 1899/08/22, 1899/08/29, 1899/09/01 – Eine kleine Wohnung für einzelne Person ist möblirt oder unmöblirt zu vermiethen.

Helene Bernhardt, (Neutomischel ?) 1899/01/20, 1899/01/27, 1899/01/31 – Ausverkauf ! Selten günstige Gelegenheit ! Umzugshalber verkaufe ich mein Lager in verschiedenen Brennereiartikeln, als Wasserstandsgläser, Thermometer, Asbesthplatten, Gummischläuche ec. zu jedem nur annehmbaren Preise.

Roy, Zinskowo 1899/01/20, 1899/01/27, 1899/02/03, 1899/02/10 – Meine Gastwirtschaft mit ca. 80 Morgen Land beabsichtige ich aus freier Hand bei geringer Anzahlung zu verkaufen.

Roy, Zinskowo 1899/09/01, 1899/09/08, 1899/09/15, 1899/09/22 – Zwei Wohnungen, eine in Friedenhorst, eine in Zinskowo, passend für Handwerker, sind zu vermiethen.

Land- bezw. Dom.-Gasthof 1899/01/27, 1899/01/31 – flottes Geschäft zum 1. Juli oder 1. Oktbr. 1899 zu pacht. ges., spät. Kauf nicht ausgeschl. Off. u. A. G. 10 a. Exp. d. Bl. erb.

Julius Kotscherowski, Konkolewo Abbau  1899/01/27 – Ein bebautes Grundstück mit 2 1/2 großen Morgen Land wünscht zu verkaufen.

Chr. Kuck in Paprotsch 1899/01/27, 1899/01/31, 1899/02/03, 1899/02/07 – Zwei Arbeiterwohnungen in gutem Zustande sind vom 1. April d. Js. zu beziehen bei

Chr. Kuck in Paprotsch 1899/04/11 – 12 Morgen zweischürige Wiese bin ich willens unter guten Bedingungen sogleich zu verkaufen.

Chr. Kuck in Paprotsch 1899/04/11 – Das kleine Gehöft an der Neutomischeler Straße liegend, mit 10-20 Morgen, zum Theil mit Wintersaat besät, beabsichtige ich sogleich auf mehrere Jahre zu verpachten.

D. Bielke, Neutomischel 1899/01/31, 1899/02/03, 1899/02/07, 1899/02/10 – Schmiede mit Handwerkszeug zu verpachten

In Friedenau wurde die Wirtschaft des Heinrich Rau angeboten [718]

In Friedenau wurde die Wirtschaft des Heinrich Rau angeboten

Paul Goldmann, (Neutomischel) 1899/01/31, 1899/02/03Tockenes Brennholz, Kiefern Stubben, hat abzugeben

Heinrich Rau, Eigenth. in Friedenau 1899/01/31, 1899/02/03, 1899/02/07, 1899/02/10 – Ich beabsichtige meine Wirthschaft, Friedenau No. 4, ca. 88 Morgen groß, mit vollständig guten Wirthschaftsgebäuden, Wald und Wiesen, mit oder ohne Ausgedinge sofort zu verkaufen. Es können nach Uebereinkunft Restkaufgelder auf mehrere Jahre stehen bleiben. Noch wird bemerkt, daß ich auch kleinere Parzellen davon verkaufe. Kauflustige können sich bei mir melden

Carl Knobel (Neutomischel ?) 1899/02/03, 1899/02/10, 1899/02/28, 1899/03/07 – Ein Wohnung von 4-5 Zimmern, Küche und Nebengelaß ist gleich oder per 1. April zu vermiethen.

Beamter 1899/02/03wünscht sofort oder später (Neutomischel ?)möblirtes Zimmer, Adressen an die Exp. d. Bl. erbeten

W. Wilde, Wymyslanke 1899/02/14, 1899/02/21 – Meine Wirthschaft in Wymyslanke, bestehend aus 24 ha Land nebst neuen Gebäuden (Wohnhaus, Scheune, Stall) beabsichtige ich kranheits- und altershalber freiwillig zu verkaufen. Bewerber wollen sich direkt melden bei W. Wilde in Wymyslanke. Vermittler verbeten.

In Wymyslanke wurde die Wirtschaft des  W. Wilde zum Verkauf offeriert [719]

In Wymyslanke wurde die Wirtschaft des W. Wilde zum Verkauf offeriert

Milde, Opalenitza 1899/02/14, 1899/02/21, 1899/02/28 – Ein ca. 3 1/2 Morgen großes drainirtes Acker-Grundstück vorzüglicher Boden, direkt an die Zuckerfabrik (Neustädter Chaussee) angrenzend, ist preiswerth sofort gegen Baarzahlung verkäuflich

Milde, Opalenitza 1899/02/14, 1899/02/21, 1899/92/28 – Ein ca. 5 Morgen großes Acker-Grundstück nahe der Zuckerfabrik an zwei öffentlichen Straßen gelegen, ist preiswerth sofort gegen Baarzahlung verkäuflich. Das Grundstück eignet sich besonders gut zur Anlage einer Gärtnerei oder zu Bauplätzen.

Bruno Toeffling, Paprotsch 1899/02/17 – Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Paprotsch Blatt 80, auf den Namen des Gastwirths Bruno Toeffling zu Paprotsch eingetragene, in Paprotsch belegene Grundstück am 19. April 1899, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – versteigert werden.

Das Grundstück ist mit 29,98 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 9,47,60 ha zur Grundsteuer, mit 620 Mk. Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblattes, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei Zimmer No. 9 eingesehen werden.

Zwangsversteigerung bei Toeffling zu Paprotsch [720]

Zwangsversteigerung bei Toeffling zu Paprotsch

Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks nicht hervorging, insbesondere derartige Forderungen von Kapital, Zinsen, wiederkehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, falls der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte glaubhaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Vertheilung des Kaufgeldes gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten.

Diejenigen, welche das Eigenthum des Grundstücks beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt.

Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 20. April 1899, Vormittags 10 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, 14. Februar 1899.  Königliches Amtsgericht.

Stephan Weimann, Neubolewitz 1899/02/17 – Meine Wirthschaft, 70 Morgen Land, beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen

Eigenthümer Gottlieb Hildebrandt in Kozielaske 1899/02/17 – Eine Wohnung ist vom 1. April ab oder später zu vermiethen

Frau Klemke, am Schießhaus, (Neutomischel) 1899-02-21, 1899/02/24, 1899/02/28, 1899/03/03 – Eine Wohnung, zwei Zimmer und Zubehör ist von sogleich zu vermiethen

Heinrich Schiller, Eigenthümer in Friedenhorst 1899/02/24, 1899/02/28, 1899/03/03, 1899/03/07 – Meine in Friedenhorst unter No.14 gelegene Wirthschaft bin ich willens mit verschiedenem Inventar freihändig sofort zu verkaufen

W. Janott, Paprotsch 1899/02/24. 1899/02/28, 1899/03/03, 1899/03/07 – Meine Wirthschaft in Paprotsch No. 57, nahe der Stadt, bestehend aus 18 Hektar Land und guter Wiese mit Erlenholz, die Gebäude in ziemlich gutem Zustande, Wohnhaus, Scheune, zwei Ställe, beabsichtige ich krankheitshalber zu verkaufen. Das Gehöft steht mitten auf dem Grundstück

G. Morzynski, Brauereibesitzer (Neutomischel) 1899/02/24 – Eine Bäckerei von jetzt oder 1. April ab hat zu verpachten

G. Morzynski, Brauerei (Neutomischel) 1899/07/07, 1899/07/11 – 1 Wohnung, 3 Zimmer und Küche vom 1. Oktober hat zu vermiethen

G. Morzynski, (Neutomischel) 1899/11/14, 1899/11/21 – Ein paar Arbeiterwohnungen jetzt oder vom 1. Januar hat zu vermiethen

Frobel für Dom. Alttomischel 1899/02/28, 1899/03/03 – Bekanntmachung. Zum Dom. Alttomischel gehörige Ländereien am Zinskowoer See, Mischke, Bobrowko, sollen auf weiter e 8 Jahre verpachtet werden. Pächter, die ihre Parzellen behalten wollen, können sich bis zum 15. März 1899 unter Vorzeigung des alten Pacht-Kontraktes bei mir melden

Johann Mischke, Eigenthümer, Tarnowce 1899/02/28, 1899/03/07 – Bekanntmachung. Meine in Tarnowce, Kreis Neutomischel, belegene Wirthschaft beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen. Größe derselben 47 ha Acker, wobei 4 ha Wiesen, Wirthschaftsgebäude in gutem Zustande und ebenso das lebende und todte Inventar. Verkaufspreis 35.500 Mark, nach Uebereinkunft kann der größere Theil des Kaufgeldes stehen bleiben. Das Grundstück liegt ca. 6 klm von der Eisenbahnstation Kwitsch entfernt. Tarnowce, den 24. Februar 1899

Haenelt auch Haehnelt, Ober-Postassistent, (Neutomischel) 1899/03/03; 1899/03/07, 1899/04/07 – Meine Wohnung in dem B. Maennl’schen Hause ist vom 1. April ab zu vermiethen

Majorowicz, Postschaffner, (Neutomischel) 1899/03/07 – Versetzungshalber ist meine Wohnung im Kurtz’schen Hause vom 1. April ab zu vermiethen

Alexander Maennel, (Neutomischel) 1899/03/07, 1899/03/10, 1899/03/14 – Eine Wohnung am Witteplatz hat zu vermiethen

Otto Blank, Alttomischel 1899/03/10, 1899/03/14 – Eine Stube und Stall hat vom 1. April ab zu vermiethen

H. Stiller beabsichtigte die Stadt zu verlassen [721]

H. Stiller beabsichtigte die Stadt zu verlassen

Frau Kuttner, (Neutomischel) 1899/03/10, 1899/03/17, 1899/03/24, 1899/04/01 – Die von meinem Sohne innehabende Wohnung ist per 1. Juli ec. oder später zu vermiethen

Ernst , (Neutomischel) 1899/03/17 – Eine Wohnung an einzelne Arbeitsleute hat vom 1. April ab zu vermiethen

Ernst Tepper, (Neutomischel) 1899/05/16 – Gras- und Klee-Verpachtung. Einige Parzellen Wiese und Klee (zum grünfüttern) hat sofort zu verpachten.

Ernst Tepper, (Neutomischel) 1899/05/30 – Gras -Verpachtung. 2 Parzellen hat noch zu verpachten

Ernst Tepper, (Neutomischel) 1899/06/30, 1899/07/05 – Zwei Arbeiter-Wohnungen hat zum 1. Oktober ec. zu vermiethen

Ernst Tepper, (Neutomischel) 1899/11/03, 1899/11/10, 1899/11/14 – 1 Stube mit Kammer und Zubehör hat sofort oder später zu vermiethen

Ernst Tepper, (Neutomischel) 1899/11/07, 1899/11/17 – Für eine ältere noch rüstige Frau ohne Anhang habe eine billige Stube zu vermiethen. Ferner 1 (Fiege’schen) Bürgergarten zu verpachten

H. Stiller, (Neutomischel) 1899/03/21, 1899/03/28 – Mein Grundstück No. 92, in Neutomischel, passend für jeden Handwerker, bestehend aus Wohnhaus, zwei Ställen und zwei Gärten, bin ich willens fortzugshalber zu verkaufen

H. Stiller, Hinterstr., (Neutomischel) 1899/07/14, 1899/07/18 – Eine Wohnung von 3 Zimmern ist im Ganzen oder getheilt vom 1. Oktbr. zu vermiethen

H. Stiller, Hinterstr., (Neutomischel) 1899/08/04 – Eine Arbeiter-Wohnung ist zu vermiethen

Öfferntliche Versteigerung in Rakwitz [722]

Öfferntliche Versteigerung in Rakwitz

Alex Michalski, Rakwitz 1899/04/01 – Bekanntmachung. Im Wege der öffentlichen Versteigerung soll das zu Rakwitz am Markte belegene, im Grundbuche von Rakwitz Blatt 52 auf den Namen des verstorbenen Bäckers Alex Michalski aus Rakwitz eingetragene, zur Zeit der Ehefrau und den Erben des Letzteren gehörige, mit einer Bäckerei verbundene Grundstück, welches einen Flächeninhalt von 0,06,90 Hektar hat, am 10. April 1899, Nachmittags 3 Uhr, an Ort und Stelle durch den Unterzeichneten verkauft werden.

Das Grundstück hat einen Nutzungswerth von 245 Mark. Seine Gebäudesteuer beträgt 8,80 Mark. Die auf ihm ruhende Rente beläuft sich auf 1,80 Mk.

Die Gebäude des Grundstücks bestehen aus einem Wohnhause nebst Zubehör, einem im Seitenflügel belegenen Backhause, einem Kellergebäude, einem Kuhstalle und einem Schweinestalle.

Die Auszüge aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblattes, sowie die besonderen Kaufbedingungen können im Büreau des Unterzeichneten eingesehen werden.

Wollstein, den 29. März 1899. Ziehe, königlicher Notar

August Seide, Paprotsch 1899/04/07, 1899/04/11, 1899/04/18 – Zwei Arbeiterwohnungen sind von gleich zu vermiethen

C. Weismann, (Neutomischel) 1899/04/07, 1899/04/21 – Verkaufe sofort unter sehr günstigen Bedingungen, eventuell ohne Anzahlung, die am Neuen Markt 41/42 belegenen Grundstücke

C. Weismann, (Neutomischel) 1899/04/25, 1899/05/02, 1899/05/05 – Werkstatt ! Eine oder zwei Werkstätten, 110 qm groß, auf Wunsch mit Wohnung sind zum 1. Oktober zu vermiethen.

Alfred Otto Gellert, Konkolewo Hauland 1899/04/11 – Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Konkolewo Hauland Blatt 377 auf den Namen des am 6. September 1881 geborenen Alfred Otto Gellert zu Konkolewo Hauland eingetragene, zu Konkolewo Hld. belegene Grundstück am 10. Juni 1899, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – versteigert werden.

Das Grundstück ist mit 3,85 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 1,41,70 ha zur Grundsteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei Zimmer No. 9 eingesehen werden.

Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 10. Juni 1899 Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, 7. April 1899, Königliches Amtsgericht

Bekanntmachung 1899/06/06 – Das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuch von Konkolewo Hdl. No. 377 auf den Namen des minderjährigen Alfred Otto Gellert eingetragenen Grundstücks wird aufgehoben.

Neutomischel, den 1. Juni 1899, Königliches Amtsgericht

Wilhelm Siegmund, Friedenhorst 1899/04/14, 1899/04/18 – eine neu eingerichtete Bäckerei nebst recht geräumigen Wohnungen und Keller kann sofort unter sehr günstigen Bedingungen verpachtet und sofort bezogen werden. Eignend zu allen Geschäften. Zu erfragen bei Wilhelm Siegmund, Friedenhorst

Eine Oberwohnung, (Neutomischel ?) 1899/04/25, 1899/05/02, 1899/05/05, 1899/05/09, 1899/05/12, 1899/05/16, 1899/05/19, 1899/05/26 – mit 2-3 Zimmern nebst Küche und Zubehör ist per 1. Oktober sowie ein Laden nebst geräumiger Wohnung sogleich oder per 1. Oktober zu vermiethen. Zu erfragen in der Expedition d. Bl.

Ed. Buchwald, Uhrmacher, (Neutomischel) 1899/05/05, 1899/05/09, 1899/05/12, 1899/05/16 – Umzugshalber um mein großes Lager in Taschenuhren, Regulateuren, Wand- und Wecker-Uhren, Gold-, Alfenide-Waaren, optische Waaren, Ketten etc. etwas zu räumen, verkaufe ich obige Waaren zu bedeutend herabsetzten Preisen. Reparaturen billig u. sofort !

F. Lüdke, (Neutomischel) 1899/05/09, 1899/05/12, 1899/05/16, 1899/05/19 – Eine Stube und Küche ist zum 1. Oktober d. Js. zu vermiethen

D. Wollstein, (Neutomischel) 1899/05/09, 1899/05/12, 1899/05/16, 1899/05/19 – Die Wohnung, welche Herr Amtsrichter Dr. Rudolphi inne hat, ist vom 1. Oktober zu vermiethen

D(avid). Wollstein, (Neutomischel) 1899/06/27, 1899/07/05, 1899/07/11, 1899/07/18, 1899/09/12, 1899/09/19, 1899/09/26, 1899/10/03 – Umzugshalber ist die Wohnung, welche Herr Amtsrichter Dr. Rudolphi inne hatte, vom 1. Oktober zu vermiethen

Karl Krötzsch, Neuer Markt, (Neutomischel) 1899/05/12, 1899/05/19 – Eine Oberwohnung  und ein Laden mit Wohnung und Zubehör zum 1. Oktober d. Js. zu vermiethen

L. Munter, (Neutomischel) 1899/05/12, 1899/05/16, 1899/05/19, 1899/05/26, 1899/05/30 – Die Wohnung, welche Frau Bernhardt inne hatte, bestehend aus 2 größeren und 3 kleineren Zimmern nebst Küche und Nebengelaß ist vom 1. Oktober ab zu vermiethen.

Frau W. Schulz, (Neutomischel) 1899/05/16, 1899/05/19 , 1899/05/26, 1899/06/02 – Eine Oberwohnung, 2 Stuben und Küche ist per 1. Oktober im Weißmann’schen Hause zu vermiethen.

Wilhelm Joachim II., Paprotsch 1899/05/19 – 15-20 Schock Hopfenranken hat abzugeben

Das Geschäftshaus von Ehrhard konnte erworben werden [723]

Das Geschäftshaus von Ehrhard konnte erworben werden

Gg. Ehrhard auch Ehrhardt, Goldstraße 56, Neutomischel 1899/05/26, 1899/06/02, 1899/06/06, 1899/06/16, 1899/06/23, 1899/06/30, 1899/07/14 – Mein Geschäftshaus steht unter günstigen Bedingungen zum Verkauf

Franz Wieczorek, Neustadt b. P. 1899/05/26 – Bekanntmachung. Der Hotelbesitzer Franz Wieczorek zu Neustadt b. P. hat das Aufgebot der nachbenannten Hypothekenurkunden über die nachbenannten auf seinem Grundstücke Neustadt No. 708 eingetragene Posten bezw. das Aufgebot über die daselbst eingetragene nachbenannte Post beantragt:

1. Des Hypothekenbriefes über die in Abtheilung III No. 1 für den Kaufmann Marcus Cohn zu Neustadt eingetragene Judikatforderung aus dem Erkenntniß des Land- und Stadtgerichts Grätz vom 11. April 1845 in Höhe von 300 Thalern nebst 6 % Zinsen seit dem 1. Februar 1895

2. Der nachgenannten Bestandteile des über die Post Abtheilung III No. 11 (19 Thlr. 25 Sgr. nebst 5 % Zinsen seit 4. Oktober 1847 Judikatforderung aus dem rechtskräftigen Erkenntnisse des Land- und Stadtgerichts zu Grätz vom 25. November 1846, sowie das Recht auf Erstattung der Prozeß- und Eintragungs-Kosten für den Kaufmann Franz Michaelis zu Stetting) gebildeten Dokumentes, nämlich

a. des Eintragungsvermerkes vom 28. August 1848,

b. der Requisition des Prozeßrichters vom 25. Oktober 1847 und des Urtheils des Königlichen Land- und Stadtgerichtes zu Grätz vom 25. November 1846

3. Der Post Abtheilung III No. 15, Kaution in unbestimmter Höhe für die von den Schuldnern in der Verhandlung vom 29. November 1862 übernommene Verpflichtung zur alleinigen Tilgung der auf dem Grundstück eingetragenen Schulden eingetragen für die 4 minorennen Erben nach Michael Jurasch, Namens

Geschwister Jurasch und die minorenne Tochter des Ernst Brust, Namens Antonina Erdmine Adelheide, sowie für die unbekannten Erben des Karl Brust aus der Verpfändungsurkunde vom 27. Februar 1863.

Die Inhaber der vorgenannten Hpothekenurkunde bezw. Urkundenbestandtheile, sowie die unbekannten Gläubiger oder Rechtsnachfolger derselben bezüglich der vorbezeichneten Post werden aufgefordert, ihre Rechte auf die Urkunden unter Vorlegung derselben bezw. ihre Rechte und Ansprüche auf die Post spätestens in dem Aufgebotstermine am 22. September 1899, Vormittags 9 Uhr, anzumelden, widrigenfalls die Urkunden für kraftlos erklärt bezw. sie mit ihren Ansprüchen auf die Post werden ausgeschlossen werden und die Post im Grundbuch gelöscht werden wird.

Pinne, den 18. Mai 1899, Königliches Amtsgericht.

Ferdinand Rausch, Kirchplatz-Borui 1899/05/26, 1899/05/30, 1899/06/09, 1899/96/16 – Günstiger Landverkauf. Circa 3 1/2 Hektar Land in Altborui mit voller Ernte, darunter 70 Schock gestängerter Hopfen, beabsichtige ich unter den günstigsten Vereinbarungen im Ganzen oder parzellenweise eventl. mit Gebäuden sofort zu verkaufen oder zu verpachten

Frau Emma Glaesemer, (Neutomischel) 1899/06/06 – Wohnung 3 Zimmer, Küche, Garten u. 3 kleinere Wohnungen sind vom 1. Oktober zu verm.

Frau Emma Glaesemer, (Neutomischel) 1899/07/21 – Eine Unterwohnung, bestehend aus zwei großen Zimmern mit Garten und eine kleinere Wohnung sind noch zu vermiethen

Ernst Noack bot seine Wirtschaft in Brücken-Hauland an [724]

Ernst Noack bot seine Wirtschaft in Brücken-Hauland an

Wilhelm Knoll, Sattler u. Tapezier, (Neutomischel) 1899/06/09, 1899/06/16, 1899/06/23, 1899/06/30, 1899/07/05, 1899/07/11, 1899/07/18, 1899/07/25 – Die Wohnung, welche Herr Oberwachtmeister Wolff inne hat, ist umzugshalber vom 1. Oktober ab anderweitig zu vermiethen

J. Singer, Scherlanke 1899/06/09, 1899/06/13, 1899/06/16, 1899/06/20 – Meine Wirthschaft mit der Ernte, beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen

Andreas Ziemek, Landwirth, Jastrzembnik 1899/06/23 – Mein Grundstück in Jastrzembnik gelegen, bestehend aus einem neuen massiven Wohnhaus mit Fleischerladen eingerichtet, einem Schlachthause, Stall, Scheune, Obstgarten und 4 Morgen Land bin ich Willens sofort zu verkaufen. Nähere Auskunft bei mir selbst

Ernst Noack, Brücken-Hauland 1899/06/23, 1899/06/27, 1899/06/30, 1899/07/05 – Meine in Brücken-Hauland belegene Wirthschaft, bestehend aus 80 Morgen Acker, 20 Morgen Wiese, 12 Morgen Wald, massivem Wohnhaus, beabsichtige ich mit voller Ernte zu verkaufen

August Lehmann, Gasthofbesitzer in Glinau bei Neutomischel  1899/06/27, 1899/06/30, 1899/07/05, 1899/07/07 – Ein massives Haus, 4 Stuben, 1 Küche, Keller und Stallung nebst 5 Morgen gutem Lehmboden steht zu sehr günstigen Bedingungen zum Verkauf. Nähere Auskunft bei  August Lehmann, Gasthofbesitzer in Glinau bei Neutomischel

August Kruschel, Neurose bei Eichenhorst Kr. Neutomischel 1899/06/27 – Meine Wirthschaft, ungefähr 90 Morgen Ackerland, Wiese und Wald, Wohnhaus massiv, beabsichtig ich zu verkaufen

Frau Kuttner, (Neutomischel) 1899/06/27 – eine Remise ist vom 1. Juli ec. zu vermiethen

E. Richter, Bahnhofstr., Neutomischel 1899/06/30, 1899/07/05, 1899/07/07, 1899/07/11 – Vom 1. Oktober eine Wohnung zu vermiethen

Verkauf der Grundstücke aus dem Nachlass des B. Maennel [725]

Verkauf der Grundstücke aus dem Nachlass des B. Maennel

Kaufmann B. Maennel’schen Nachlass, (Neutomischel) 1899/07/05, 1899/07/18, 1899/08/01, 1899/08/11, 1899/08/15, 1899/08/22, 1899/08/29, 1899/09/12, 1899/09/26 – Die zum B. Maennel’schen Nachlaß gehörigen Grundstücke

sollen zum Zwecke der Auseinandersetzung unter den Erben zusammen oder einzeln freihändig verkauft werden. Auskunft ertheilt die Expedition des Kreisblatts in Neutomischel

Die Grundstücke aus dem Nachlass des B. Maennel kamen letztlich in die Zwangsversteigerung [726]

Die Grundstücke aus dem Nachlass des B. Maennel kamen letztlich in die Zwangsversteigerung

Berthold Maennel’scher Nachlass 1899/10/24 – Zwangsversteigerung. Die im Grundbuche von Neutomischel Nr. 4 und 177 und Glinau Nr. 189 auf den Namen des Kaufmanns Berthold Maennel zu Neutomischel  eingetragenen zu Neutomischel bezw. Glinau belegenen Grundstücke sollen auf Antrag der Wittwe Mathilde Maennel geb. Frommhold zu Chemnitz zum Zwecke der Auseinandersetzung unter den Miteigentümern am 16. Dezember 1899, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – zwangsweise versteigert werden.

Die Grundstücke sind mit 9,51 Thaler Reinertrag und einer Fläche von 2,32,32 ha zur Grundsteuer, mit 2.195 M. Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere die Grundstücke betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei Zimmer No. 9 eingesehen werden.

Diejenigen, welche das Eigenthum der Grundstücke beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt.

Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 16. Dezember 1899, nachmittags 3 Uhr an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, den 19. Oktober 1899. Königliches Amtsgericht

Das Maennel’sche Grundstück in der Posenerstraße,  (Neutomischel)  1899/12/22 -hat Herr Waldemar Paech bald nach der gerichtlichen Versteigerung von Frau Maennel aus Chemnitz käuflich übernommen

Waldemar Paech, (Neutomischel) 1899/12/22, 1899/12/29 Die früher B. Maennel’schen Ländereien an der Alttomischeler Straße beabsichtige ich parzellenweise zu verkaufen. Die Stücke eignen sich zu Baustellen und werden Wahl der Kaeufer abgegeben.

Im B. Maennel’schen Hause hierselbst  (Neutomischel) 1899/07/05, 1899/07/11, 1899/07/18, 1899/07/25, 1899/08/01, 1899/08/08, 1899/08/15, 1899/08/22, 1899/08/29, 1899/09/12, 1899/09/19, 1899/09/26 – sind ein Laden nebst anstoßenden 3 Zimmern und Küche vom 1. Oktober d. J., sowie 3 kleinere Wohnungen sofort oder später zu vermiethen.

C. Werth, (Neutomischel) 1899/07/05, 1899/07/07, 1899/07/11, 1899/07/14, 1899/08/22, 1899/08/29, 1899/09/01, 1899/09/05 – Die Balkonwohnung in meinem Hause ist im Ganzen oder getheilt, sowie eine kleinere Oberwohnung zu vermiethen

Otto Klemm, Eigenth. in Cichagora 1899/07/05, 1899/07/07 – Mein in Cichagora belegenes Acker- und Wiesen-Grundstück mit guten Wohn- und Wirthschafts-Gebäuden in der Größe von 12 kleinen Morgen ist bei einer halben Anzahlung sofort verkäuflich

Haus Verkauf durch B. Walter in Sontop [727]

Haus Verkauf durch B. Walter in Sontop

Benno Walter, (Neutomischel)   1899/07/11, 1899/07/14, 1899/07/18, 1899/07/21 – Haus-Verkauf. Das in Sontop belegene Walter’sche Grundstück beabsichtigen wir jetzt zu verkaufen. Näheres bei Benno Walter

Traugott Hauf, Alt-Borui 1899/07/18, 1899/07/21, 1899/07/25, 1899/07/28 – Mein in Alt-Borui belegenes Grundstück (früher Kahl), bestehend aus Wohnhaus, Scheune und Stallung ist preiswerth zu verkaufen. Traugott Hauf.

Nähere Auskünfte ertheilt: Alex. Lüdke, Neutomischel, Gottlieb Enkelmann, Kirchplatz-Borui

Lutz, Neutomischel 1899/07/21, 1899/07/25, 1899/07/28, 1899/08/01 – Die Wirthschaft meines Vaters soll mit voller Ernte verkauft oder verpachtet werden. Die Hopfenernte dürfte etwa 20 Ctr. Hopfen bringen. Fritz Lutz, Neutomischel

2 km vom Bahnhof (Neutomischel)   1899/07/21, 1899/07/28, 1899/08/04, 1899/08/11 – Eine Landwirthschaft, 110 Morgen groß, wovon 29 Morgen gute Wiesen, in vorzüglicher Kultur, 2 km vom Bahnhof, ist sofort ganz oder parzellenwiese aus freier Hand zu verkaufen. Wo ? sagt die Exped. des Kreisblattes

H. Sperling, Berlin 1899/07/25 – Waldgut zu kaufen gesucht. Offerten erbeten

Paul Schostag, Bentschen 1899/07/25, 1899/07/28 – Materialgeschäft gut gehend, vollständig eingerichtet, ist preiswerth zu verpachten und 1. Oktober zu übernehmen

Leo Hämmerling bot seine Stellmacherwerkstatt in Neutomischel zum Verkauf an [728]

Leo Hämmerling bot seine Stellmacherwerkstatt in Neutomischel zum Verkauf an

Leo Hämmerling, Stellmachermeister, Neutomischel  1899/08/01 – Meine seit 18 Jahren eingerichtete Stellmacherwerkstadt in Neutomischel, wohlhabender Umgang, guter Kundschaft, nur drei Stellmacher am Orte, günstig an einer Schmiede gelegen, wo noch eine zweite Schmiede zum Herbst eingerichtet wird, ist mit Werkzeug, einer Menge Nutzholz billig vom Unterzeichneten zu verkaufen

H. Westphal, Schwiebus 1899/08/15, 1899/08/22, 1899/08/29 – Baustelle, Neutomischel, Neuer Markt 41 verkaufe spottbillig ohne Anzahlung.

Ein fein möblirtes Zimmer (Neutomischel) 1899/08/18, 1899/08/22, 1899/08/25, 1899/08/29, 1899/09/01, 1899/09/05, 1899/09/08, 1899/09/12 – ist per 1. September zu vermiethen. Zu erfragen in der Expedition dieses Blattes

Ein schön möblirtes Zimmer (Neutomischel) 1899/09/26, 1899/09/29, 1899/10/03 ist per sofort zu vermiethen. Zu erfragen in der Expedition dieses Blattes

Ein möblirtes Zimmer (Neutomischel) 1899/11/24, 1899/11/28, 1899/12/01, 1899/12/05 ist sofort zu vermiethen. Zu erfragen in der Exp. des Blattes

R. Reschke. Scharke 1899/08/18, 1899/08/29, 1899/09/08 – Ein Grundstück an der Chaussee Kirchplatz-Neutomischel, ca. 3 Morgen Land, neu erbautes Wohnhaus und Scheune ist bei geringer Anzahlung preiswerth verkäuflich

Reinhold Fischer, Alt-Borui 1899/08/22, 1899/08/29, 1899/09/01, 1899/09/05 – Ich bin Willens meine etwa 150 Morgen große, in Alt-Borui belegene Acker-Wirthschaft mit Wald und Wiesen, ganz oder getheilt unter günstigen Bedingungen zu verkaufen

Luftmann, Alttomischel 1899/08/25, 1899/08/29 – Hausgrundstück. Mein erst vor kurzem erworbenes Hausgrundstück mit 4 Morgen Gartenland, beabsichtige ich wegzugshalber wieder zu verkaufen. Das Grundstück hat 8-9 Baustellen an der Hauptstraße.

Otto Hiersekorn, (Neutomischel) 1899/08/29, 1899/09/01 – Ein möblirtes Zimmer ist vom 1. Oktober zu vermiethen

Otto Hiersekorn, (Neutomischel) 1899/09/26 – Ein möblirtes Zimmer ist zu vermiethen

Wittwe Johanne Eleonore Knoll geb. Bielke zu Neuborui  1899/09/05 – Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Neuborui Nr. 113 auf den Namen der Wittwe Johanne Eleonore Knoll geb. Bielke zu Neuborui eingetragene, in Neuborui belegene Grundstück am 31. Oktober 1899, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – versteigert werden.

Das Grundstück ist mit 6,24 Mark Reinertrag und einer Fläche von 2,67,30 ha zur Grundsteuer, mit 24 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei Zimmer No. 9 eingesehen werden.

Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks nicht hervorging, insbesondere derartige Forderungen von Kapital, Zinsen, wiederkehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, falls der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte glaubhaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Vertheilung des Kaufgeldes gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten.

Diejenigen, welche das Eigenthum des Grundstücks beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt.

Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 31. Oktober 1899, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, 1. September 1899, Königliches Amtsgericht.

Mathias Paszek, Neustadt b. P. 1899/09/12 – Bekanntmachung. Am Montag, den 18. September d. Js., Vormittags um 11 Uhr, wird das hierselbst in der Komorowoerstraße unter No. 176 belegene, dem Einsturz drohende Wohnhaus des Maurers Mathias Paszek zum sofortigen Abbruch meistbietend gegen gleich baare Bezahlung an Ort und Stelle verkauft werden.

Neustadt, den 7. September 1899, Die Polizei-Verwaltung. Weigt

Eine Wohnung gesucht (Neutomischel ?) 1899/09/15 vom 20. d. Mts. ab, mit 4 Betten und Kochofen. Dauer 3-4 Wochen. Gefl. Offerten Hotel Schwarzer Adler

Emma Hecke, Glinau 1899/09/15 – Wohnung für ruhige Miether sofort zu vermiethen

Kommissionair A. Koch, Neutomischel 1899/09/19, 1899/09/22 – Mehrere Schank- und Gasthäuser mit Land im Preise von 13-60.000 Mk., sowie auch kleine und große Landgrundstücke weist zum Ankauf nach

O. Krönert, (Neutomischel) 1899/09/26, 1899/10/03, 1899/10/06 – Wegen Aufgabe des Geschäfts im Hause des Herrn Kroll, neben der Schmidt’schen Dampfmühle, verkaufe von jetzt ab die noch vorhandenen Waaren: Schürzen- und Futterstoffe, Handarbeiten, Besätze, Wolle, Corsetts, Cravatten usw. usw. äußerst billig. Auch ist das Geschäft im Ganzen verkäuflich.

Im früheren Roy's Busch beabsichtige R. Bielke sein Land mit Wiesen zu verkaufen [729]

Im früheren Roy’s Busch beabsichtige R. Bielke sein Land mit Wiesen zu verkaufen

R. Bielke I., Glinau 1899/10/06, 1899/10/13, 1899/10/20, 1899/10/27 – Mein Grundstück mit Land und Wiesen, dem früheren Roy’schen Busch, bin ich willens im Ganzen oder parzellenweise unter günstigen Bedingungen zu verkaufen.

C. Weidner, Grubske 1899/10/13, 1899/10/17, 1899/10/22, 1899/10/24 – Beabsichtige meine Wirthschaft, 26 große Morgen, aus freier Hand zu verkaufen.

Eigenthümer Gottlieb Birk, Schwarzhauland 1899/10/20 – Mein Grundstück Nr. 10 in Cichagora, wie es steht und liegt, beabsichtige ich bei einer halben Anzahlung sofort zu verkaufen. Nähere Auskunft bei dem früheren Eigenthümer Otto Klemm in Cichagora Nr. 10

Manowski, Rektor, (Neutomischel) 1899/10/20, 1899/10/27, 1899/11/03, 1899/11/10, 1899/11/17 – Die von mir bisher bewohnten 4 Zimmer ec. im Hause des Herrn Louis Munter werden bis 1. Oktober 1900 von mir billig weiter vermietet. Näheres in der Geschäftsstelle d. Blattes.

Gustav Gärtner, Neutomischel  1899/10/24, 1899/10/27 – Bäckerei. Die in meinem Grundstück sich befindende Bäckerei ist p. 1. Januar 1900 anderweitig zu verpachten.

B. Gutkind bot sein Grundstück zum Verkauf an, da er aus der Stadt wegzuziehen beabsichtigte [730]

B. Gutkind bot sein Grundstück zum Verkauf an, da er aus der Stadt wegzuziehen beabsichtigte

Benno Gutkind, (Neutomischel) 1899/10/03, 1899/11/07 – Mein im besten Zustande befindliches Grundstück, will ich wezugshalber unter günstigen Bedungen sofort verkaufen

Wolff Hiller, (Neutomischel) 1899/12/29 – Mehrere Wohnungen zu vermiethen, früher Gutkind

D. Bielke, (Neutomischel) 1899/11/14, 1899/11/17, 1899/11/21, 1899/11/24 – Ein möbliertes Zimmer zu vermiethen

Dienegott Kasper, Scherlanke 1899/11/14, 1899/11/17, 1899/11/21, 1899/11/24 – Mein Grundstück, 11 große Morgen, 2 Wohngebäude, beabsichtige ich im Ganzen oder parzellenweise zu verkaufen

August Hartmann, Scherlanke 1899/11/10, 1899/11/14 – Mein in Scherlanke gelegenes Grundstück, 5 große Morgen, bin ich willen zu verkaufen

Salomon Lewy, (Neutomischel) 1899/11/17, 1899/11/24, 1899/12/01, 1899/12/08 – Mein Haus mit schönem Laden, großem massiven Speicher und Stallungen, am Markt gelegen, beabsichtige ich krankheitshalber unter günstigen Bedingungen zu verkaufen

Haus, Speicher und Stallungen des Salomon Levy sollten krankheitshalber zum Verkauf kommen [731]

Haus, Speicher und Stallungen des Salomon Levy sollten krankheitshalber zum Verkauf kommen

Juliane Siegismund, Glinau 1899/12/01, 1899/12/19 – Mein neu massives Haus mit zwei Wohnungen und Garten, am Berge der Hartstein-Fabrik, will ich aus freier Hand verkaufen

Gustav Böhm, Jablone 1899/12/01, 1899/12/05 – Mein Grundstück in Komorowo-Hld., 5 Morgen guter Lehmboden, neues massives Haus, 4 Stuben, 1 Küche, Keller, sowie Stallung, steht sehr günstig zum Verkauf. Anzahlung den 4. Theil des Kaufpreises

N. Mannel, (Neutomischel) 1899/12/08, 1899/12/12 – Ein Wohnung zu vermiethen, Glinau 123

Geschwister Melchior und Rosalie Lisinski, Neustadt b. P. 1899/12/08 – Bekanntmachung. Der Kupferschmied Hermann Rentel zu Neustadt b. P. hat das Aufgebot der auf dem Grundstück Neustadt b. P. blatt Nr. 65 in Abtheilung III Nr. 1 für die Geschwister Melchior und Rosalie Lisinski aus dem Erbrezesse vom 28. April 1841 /15. Juni eingetragene und jetzt für den Kaufmann Salomon Pergamenter zu Neustadt umgeschriebenen Hypothek von 14 Thlr. 10 Sgr. 9 Pf. zwecks Löschung beantragt. Die eingetragenen Gläubiger oder deren Rechtsnachfolger werden aufgeforder, ihre Ansprüche und Rechte auf die Post, spätestens im Aufgebotstermin am 30. März 1900, Vorm. 9 Uhr anzumelden, widrigenfalls sie mit ihren Ansprüchen auf die Post werden ausgeschlossen und die Post im Grundbuche wird gelöscht werden.

Pinne, den 30. November 1899. Königliches Amtsgericht

S. Josephson, (Neutomischel) 1899/12/12, 1899/12/15 – Eine Ackerparzelle nebst Wiese an der Hinterstraße ist auf längere Zeit zu verpachten

Berthold Roy, Glinau 1899/12/19 – 50 Schock gut erhaltene, erst 3 >Jahre gestandene Hopfenpflanzen werde ich Mittowch, den 20 d. M., von 10 Uhr vorm. ab verkaufen

Dienegott Lange, Cichagora No. 3 bei Neutomischel 1899/12/29 – Meine Wirthschaft, 50 Morgen groß, in sehr gutem Zustande, beabsichtige ich zu verkaufen.

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1899 – Kopien der Anzeigen den Zeitungen entnommen

Schöffengerichtssitzung vom 18. Mai 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsprotokoll)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Im April und auch im Beginn des Mai 1904 finden sich keine Zeitungsprotokolle über Schöffengerichtssitzungen. Es ist nicht bekannt ob solche nicht abgehalten wurden, oder ob nur nicht über diese berichtet wurde. Mit der Sitzung vom 18. Mai 1904 setzen wir unsere Veröffentlichungen fort.

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat von Grabski, Amtsanwalt Herr Polizeirat Roll; Schöffen waren die Herren Eigentümer Sperling-Neuborui und Kurz-Paprotsch.

Verhandelt wurden folgende Fälle

1. Der Arbeiter Martin Pienta aus Charlottenburg wurde wegen Bedrohung und Mißhandlung des Nachtwächters Koza-Bukowiec und weil er dem Gastwirt Niedermeier daselbst zwei Plakate mutwillig vernichtet hatte, mit 30 Mark bestraft.

2. Hausbesitzer Otto Hecke hierselbst (Neutomischel) hatte gegen einen Strafbefehl in Höhe von 150 Mk., den er wegen Ausfertigung von Schriftstücken für den Eigentümer Winkler-Scherlanke verwirkt hatte, Einspruch erhoben. Er wurde freigesprochen.

3. Der Eigentümer August Seide-Glinau hatte seine Tochter Martha im März viermal unentschuldigt die Schule versäumen lassen und dafür einen Strafbefehl von 1 Mk. erhalten. Seinen hiergegen erhobenen Einspruch zog er in heutiger Verhandlung wieder zurück.

4. Der Arbeiter Mischke aus Marienberg wurde von der Anklage wegen Betruges freigesprochen.

5. Die Arbeiterin Pauline Perlinska von hier (Neutomischel) wurde wegen Uebertretung des § 366, Abs. 8 freigesprochen

Die Schützengilde zu Grätz – Rückblick auf das Privilegium des Jahres 1666

geschrieben von Gudrun Tabbert
(R.Prümers )
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Die erste Seite des Privilegiums aus dem Jahr 1646 - Ausgestellt im Muzeum Ziemi Grodziskiej [732]

Die erste Seite des Privilegiums aus dem Jahr 1646 – Ausgestellt im Muzeum Ziemi Grodziskiej

In den „Historischen Monatsblättern für die Provinz Posen“ – Ausgabe XVI. Jahrgang Nr. 6 – Juni 1915, zu lesen über die Großpolnische Digitale Bibliothek http://www.wbc.poznan.pl/dlibra  veröffentlichte R. Prümers nachstehenden Beitrag über die Schützengilde zu Grätz.

Die von ihm angegebenen Quellen sind nicht mehr in vollem Umfange nachprüfbar. Im Muzeum Ziemi Grodziskiej [733] wird jedoch ein Privilegium verwahrt, dass bereits im Jahr 1646 erteilt wurde.

Die Bilder dieses Beträges wurden in vorerwähnten Museum aufgenommen und es wurde uns erlaubt diese zur Veröffentlichung zu verwenden.

An dieser Stelle nochmals Vielen Dank für die Unterstützung !

* * *

Die Schützengilde zu Grätz kann auf eine Vergangenheit von mehreren hundert Jahren zurückblicken. am 11. Januar 1666 verlieh ihr König Johann Kasimir ein Privileg, wie er sagt, um das Reich mit edelmütigen und um die Republik verdienten Bürgern zu zieren, sowie die befestigten Städte zum Widerstand und Abtreibung der Gefahr zur Zeit der Not mit tauglichen Leuten zu vermehren und zu erweitern. Denn es sei der ganzen Welt bekannt, mit welchen sehr großen Kriegen das Königreich Polen durch verschiedene Feinde überfallen, die meisten Festungen und Städte gewaltig überwunden, viele Städte und Dörfer in Asche verwandelt und verwüstet worden, so weit, dass die Einwohner keineswegs ihr Glück, das durch die beständigen Kriege vernichtet worden, genießen könnten, nachdem die Kenntnis der Schützenkunst aufgehört habe.

Deshalb genehmigte der König die Errichtung der Schützen­gilde, bestimmt, dass die Stadt einen zum Schießen tauglichen Ort hergeben und die der Gilde zu erteilenden Satzungen und Privilegien, die er im voraus bestätigt, beachten soll (Kgl. Staatsarchiv zu Posen: Grätz C. 63 Bl. 52. Urkunde Johann Kasimirs, enthalten in einer Urkunde König Michaels vom 10. Oktober 1669)

Der Erbherr von Grätz, Johann Leopold v. Opalenski, er­teilte sodann den Schützenbrüdern ihr Privileg am 24. Dezember 1666. In diesem setzte er u. a. fest, dass kein Schützenbruder aus eines anderen oder fremden Menschen, sondern nur aus seiner eigenen Büchse schießen dürfe. Ging seine Flinte nicht los, so zahlte er 3 Groschen Strafe. Mittwoch nach Pfingsten musste ein Requiem mit Musik für die verstorbenen Brüder abgehalten werden. Ging ein Bruder bei Einführung des Königs in die Stadt hinter das Schiesshaus, d. h. schloss er sich dem Zuge nicht an, so zahlte er zur Strafe ein Fass Bier.

Der König erhielt mancherlei Vorrechte und Nutzungen. Er war von allen Abgaben, königlichen, herrschaftlichen und städtischen, befreit, erhielt freies Leseholz in den herrschaftlichen Forsten, durfte mit allem, was er nur wollte, handeln. Auch stand ihm alle 14 Tage ein Gebräu Bier und Schankgerechtigkeit zu und, falls er noch nicht zur Brauerzunft gehörte, freier Ein­tritt in diese.

Dagegen hatte er allerdings auch manche Leistungen zu übernehmen. Den Brüdern, die ihn in die Stadt geleiteten, stellte er 2 Fass Bier. Er hatte die Zielbude und Scheibe auf seine Kosten anzuschaffen und war verbunden, einen silbernen Kranz mit Blumen im Werte von einem Taler zu stiften, der am Sonn­tage nach der Oktave des Fronleichnamsfestes ausgeschossen wurde. Nach Beendigung dieses Schießens bewirtete er die Teil­nehmer mit 2 Fass Bier. Sonntag nach Pfingsten hatte er für die Brüderschaft nach seinem Vermögen eine Abendmahlzeit aus­zurichten oder 50 fl. an die Zeche zu zahlen. War er jedoch unbemittelt, so konnte er seine Königswürde verkaufen oder ver­schenken. Auch war ihm erlaubt, die Schützenkleinodien, mit denen geschmückt er am Fronleichnamsfeste zwischen den Ältesten in der Prozession einherschritt, zu verpfänden, doch musste er sie natürlich bei Ablauf seiner Würde wieder zurückgeben.

Diese Statuten wurden um das Jahr 1690 von Johann Opalenski, Starosten von Schrimm, mit der Einschränkung be­stätigt, dass der König nur 5 Gebräue Bier jährlich herstellen dürfe. Die königliche Genehmigung der Statuten war bereits am 7. Juni 1685 durch König Johann III. wiederholt worden(Urkunde König Johanns III. mit den Urkunden Johann Kasimirs und Michaels im Kgl. Staatsarchive zu Posen: Grätz C. 63 Bl. 53 v.)

Das Schützenfest ist von jeher ein Volksfest gewesen. Der Zug mit dem alten König zum Schiesshause und dem neuen in die Stadt war stets von einer fröhlichen Menge begleitet. Ein buntes Treiben entwickelte sich bei dem Schiesshause. Christen und Juden schlugen ihre Buden auf, verkauften dort ihre Waren oder liessen sie auswürfeln und ausspielen, wofür sie Standgeld an die Schützengilde zu zahlen hatten(Bl. 6)

So ist es wohl bei der Schützengilde geblieben, soweit nicht die Rechte und Einkünfte des Königs durch den Erbherren im Laufe der Zeit beschnitten wurden. Erst die neue Regierung, die mit der Besitznahme des Landes durch Preußen die Zügel in die Hand nahm, brachte hier wesentliche Änderungen. Am 19. August 1794 bereits war an die Magistrate der Lissaer Steuer­inspektion durch den Kriegs- und Domänenrat v. Hirschfeld die Anfrage ergangen, ob in einer oder der andern Stadt ein jähr­liches Scheibenschießen üblich sei, ob dafür etwas an die Starosten oder Grundherrschaften bezahlt werde, und was für eine Entrichtung bisher hierunter stattgefunden habe(Ebend. Bl. 1.)

Der Magistrat zu Grätz antwortete, dass am Orte eine Schützenbruderschaft bestehe, die seither alle Jahre zu Pfingsten nach der Scheibe geschossen habe. Die Grundherrschaft habe sich 12 Schüsse vorbehalten, bekomme im übrigen sonst aber nichts. In einem weiteren Schreiben fragt der Magistrat an, ob die Schützengilde zu Pfingsten wieder schießen dürfe. Sie habe freilich keinen Fonds für den König und habe daher beschlossen, ihm für diesmal 25 Rtl. aus ihrer Kasse zu geben. Das Gesuch dürfte um so eher genehmigt werden, als Grätz Garnison habe und bei der ganzen Schützenzunft etwa 10 Gewehre vorhanden seien, aus denen alle nach der Reihe schießen müssten, weil die Insurgenten die übrigen Gewehre geraubt hätten (Ebend. Bl. 3). Die Ge­nehmigung wurde dann auch erteilt, und das Schießen abgehalten. König wurde der Bürger Meszinski, der in einem Gesuche an den Magistrat wegen der vielen ihm erwachsenen Kosten um Ge­währung der vom Könige von Preußen festgesetzten Prämie bat, wenn er nicht, wie in früheren polnischen Zeiten, freien Salz- und Heringshandel und Befreiung von Lasten erhalten könne. Eine Antwort findet sich in den Akten nicht. Aber nach den späteren Vorgängen wird sie abschlägig gelautet haben. Die Ältesten der Schützengilde nämlich wurden nochmals i. J. 1800 wegen Gewährung einer Entschädigung für den König vorstellig. Der Alleinhandel mit Heringen und Salz habe ihm in polnischer Zeit jährlich gegen 200 Rtl. Revenuen gebracht, die jetzt ganz fortfielen, weil der Salzhandel freigegeben sei. Auch die Ge­rechtigkeit, 5 Gebräu Bier zu sieden, sei dem Könige genommen. Sie bäten daher, wieder den Alleinhandel mit Salz zu bewilligen. Das könne dem Publikum nicht nachteilig sein, weil der taxenmäßige Verkauf des Salzes unter polizeilicher Aufsicht stehe. Ferner bäten sie, die 5 Gebräu Bier für die Zukunft zu ge­nehmigen. Gegen letzteres erklärte sich die Brauerzunft, da das Recht der Schützengilde hierzu durch die Konstitution von 1765 aufgehoben sei. Aus demselben Grunde aber lehnte auch der Domänenrat v. Hirschfeld das Gesuch ab. Bei dem für frei er­klärten Salzhandel könne für Grätz keine Ausnahme gemacht werden. Noch aber gaben die Schützen ihre Bemühungen nicht auf, doch selbst eine Immediat-Eingabe erlitt den gleichen Miss­erfolg, wenngleich bescheidener Weise von der damals aus 80 Per­sonen bestehenden Korporation nur um eine Entschädigung von jährlich 40 Rtl. aus der Consumtionssteuerkasse gebeten wurde. Ebenso erging es der Gilde mit einem erneuten Gesuch im Jahre 1807 an die polnische Behörde (Bl. 28 v.)

Die Schützengilde verzichtete schließlich auf ihr Recht, zumal sie schon seit 1797 jährlich ihren König durch 150 fl. aus ihrer Kasse entschädigt hatte. Ihr Schiesshaus vergab sie im gleichen Jahre in Erbpacht gegen einen jährlichen Kanon von 16 Rtl. und die Berechtigung, unentgeltlich dort ihr Pfingstschiessen abzuhalten.

 

Aufnahme der Mitglieder der Schützengilde aus dem Jahr 1913 - Ausgestellt im Muzeum Ziemi Grodziskiej [734]

Aufnahme der Mitglieder der Schützengilde aus dem Jahr 1913 – Ausgestellt im Muzeum Ziemi Grodziskiej

1852 erhielt die Gilde neue durch die Kgl. Regierung zu Posen bestätigte Statuten in 75 Paragraphen (S.102). Nach diesen war sie in 4 Abteilungen gegliedert, die nacheinander eingerichtet wurden, sobald 30—40 Mitglieder eingetreten waren. Das Schießen sollte am 3. Pfingstfeiertage beginnen; da wurde der Schützenkönig Punkt 10 Uhr mit den üblichen Zeremonien, von 2 Magistratsmitgliedern geführt und von der Gilde begleitet, in die Pfarrkirche und Nachmittags 3 Uhr nach dem Schützenhause gebracht. Angetan war er mit dem Schützenkönigsband, auf dem Silbermünzen, eine Silberkette und Sternverzierungen angebracht waren. Jeder König hatte eine Medaille oder Münze im Werte von 1 Rtl. hinzuzufügen. Zum Eintritt in die Gilde war jeder unbescholtene Bürger unter 50 Jahren berechtigt ohne Unterschied der Konfession und der Bürgerklasse. Stand und Gewerbe sollten in den Rechten der Gilde keinen Einfluss haben. Als Prämie erhielt der König 15 Rtl., die früher üblichen Bewirtungen und Geschenke wurden sämtlich aufgehoben. Geldpreise wurden für die 12 besten Schützen ausgesetzt. Die Witwe eines nicht durch Selbstmord umgekommenen Schützen erhielt zu den Begräbnis­kosten 5 Rtl. Für Bewirtung der Gilde am Tage der Einführung des Königs wurden aus der Kasse 10 Rtl. gezahlt.

Als Uniform waren vorgeschrieben ein Rock aus dunkel­grünem Tuch mit halbstehendem Kragen und zweireihigen runden schwarzen Knöpfen, graumelierte Beinkleider und weiße Bein­kleider zur Parade, schwarzes Halstuch, schwarze Handschuhe, grüne runde Mütze mit Schirm, auf dieser als Abzeichen eine bronzene Eichel in Eichenlaub, auf den Schultern gelbe mit grüner Wolle durchflochtene Raupen. Die Befehlshaber trugen silberne Raupen und einen Degen mit silbernem Portd’épée.

1858 hatte ein Mitglied das Glück, dass der von ihm für Se. Majestät den König abgegebene Schuss als der zweitbeste von allen festgestellt wurde. Daraus nahm die Gilde Veranlassung, unter gleichzeitiger Überreichung eines silbernen Ordenszeichens, die Bitte auszusprechen, es möchte Sr. Majestät hiervon Kenntnis gegeben und für die Gilde eine Fahne erwirkt werden, die bisher wegen Mangels an Fonds nicht hätte beschafft werden können. Die Kgl. Regierung lehnte jedoch eine Befürwortung ab. Auch Gesuche an den Magistrat um Zuschüsse zu den Kosten des Pfingstschiessens, das die Bürger zu geselligem Vergnügen vereine, konnten keine Berücksichtigung finden, weil nur ein kleiner Teil der Einwohner, im Jahre 1860 waren es 61 Mitglieder, der Gilde angehörte.

Privileg vom 24. Dezember 1666.

Johann Leopold z Bnina von Opalenski, Sohn des Posner Woywoden, Erbherr zu Grätz.

Da die Stadt Grätz zwischen andern angrenzenden Städtchen im Kostner Kreise belegen mit Bürgern und verschiedenen Hand­werkern bevölkert, die sich zum Umgange mit dem Geschütz bey verschiedenem gefährlichen Eingreifen qualificiren, so will ich zur Ergänzung des von Sr. Majestät Johann Kasimir zur Zeit glücklich regierenden Königs erst kürzlich der Schützengülde ertheilten Privilegii dieselben zur Uebung des Geschützes und Gewehres in unserer Stadt, da selbige nicht weit von der schlesischen und pommerschen Grenze entlegen, aufmuntern und denenselben laut andern grössern Städten zu Follge der submissen Bitte unserer Bürger und Einsassen aus unserer Gnade follgende Puncte er- theilen und festsetzen, als

1. Wer ein Schützen Bruder werden will, ist sogleich 6 Gulden Eintrittsgeld in die Bruderschaft an die Zeche zu be­zahlen und zwey Pfund Wachs zu geben verbunden.

2. Soll diese Brüderschaft keinem, der nicht Bürger ist und zur städtischen Glocke (czwonek) gehöret, ertheilt werden.

3. Soll jeder von den Brüdern mit der Flinte oder Musquete, bey Verlust dieser Gerechtigkeit, sogleich zu den Herrn Aeltesten gehen oder einen Stellvertreter hinterlassen, sobald die Trommel, über die Gewohnheit, zu einer Nothwendigkeit (Gott behüte vor Gewalt) gerührt wird. Wenn aber die Trommel wie gewöhnlich zur Procession oder aber ins Schiesshaus zu gehen gerührt wird, und es kommt ein Bruder nicht und meldet es nicht, derselbe verfällt in sechs Groschen Strafe.

4. Werden überdies zuerst der Erbherr oder aber dessen Stellvertreter, den die Herren Aeltesten dazu einzuladen ver­bunden sind, nach diesem der Herr Bürgermeister, Herr Richter, nach ihnen der diesjährige König, nach diesem die Herren Aeltesten und zuletzt die Herren Brüder laut dem angefertigten Cataloge auf dem Platze nach der Scheibe schüssen.

5. Soll sich kein Bruder unterstehen, aus eines andern Bruders oder fremden Menschen, sondern nur blos aus seiner eigenen Flinte unter Nichtgiltigkeit des Treffers und Abnehmung dieser Flinte nach der Scheibe zu schüssen.

6. Wird der diesjährige König nach Beendigung des Schüssens einen silbernen Kranz eines Thalers an Werth, mit Blumen zu stellen verbunden seyn, um welchen die Herren Brüder am Sontage nach der Octawe des Frauenleichnams-Festes, oder wenn sie die Zeit ersehen, schüssen werden, und dessen Treffer, der als der beste in der Scheibe anerkannt wird, dieser nimt sich den Kranz zum Geschenk, welche Brüder der König nach Beendigung des Schüssens mit 3 Fässern Bier beschenkt.

7. Verfällt derjenige Bruder, dessen Flinte nicht los gehet, in drey Groschen Strafe an die Brüder.

8. Wird der König dieses Jahr von allen Abgaben und zwar nahmentlich von der Copowe-Abgabe, Kammin-Geld, Mühlen- Gelde und von andern in genere allen Abgaben durchs ganze Jahr, sowohl königlichen, herrschaftlichen und städtischen und solchen von den Zollen und Kron-Kammern laut denen dieser Zeche von Sr. Königl. Majestaet allergnädigst ertheilter Dyplomaten befreiet.

9. Wird jeder König bey Beendigung seines Königreichs verbunden seyn, eine Tafel nach seinem Vermögen, wenigstens aber vier Thaler an Werth, in die Brüderschaft zu schaffen.

10. Wer König wird, soll nach seinem Vermögen den ersten Sontag nach Pfingsten für die Brüderschaft eine Abend­mahlzeit bereiten oder aber fünfzig Gulden benaviso tempore an die Zeche bezahlen.

11. Sollen die erste Mittwoche nach Pfingsten die Herren Brüder das Requiem für die verstorbenen Brüder mit der Orgel und Kirchen-Music abhalten, auf welchem Requiem jeder Bruder bey sechs Groschen Strafe auf der Oferte gegenwärtig seyn soll.

12. Soll kein Bruder, wenn der König nach Beendigung des Schüssens in die Stadt geführt wird, hinter das Schüsshaus gehen, bey Strafe eines Fass Bieres, der so nach die Brüder für die Einführung mit 2 Fässern Bier beschenkt.

13. Keiner von den Brüdern darf auf einen Tag mehr als dreymal schüssen, und welcher Bruder dem Puncte näher seyn wird, dieser wird König. Welchem Könige wir auch das freie Leseholz in diesem Jahre in unsern eigenen Forsten zu seinem Bedarf erlauben und befreyen denselben in diesem Jahr von den Schloss-Abgaben und Pferden, wogegen dieser König die Zielbude und Scheibe für seine Kosten zu schaffen verbunden ist.

14. Sollte jedoch irgend ein Bruder seine Schüsse den ersten oder den zweyten Tag zwischen dreyen Tagen nicht füglich verrichten können, so soll ihm sonach erlaubt seyn, seine Schüsse am dritten Tage zu verrichten.

15. Soll dem Könige auch freystehen, in diesem Jahre mit allem, was er nur gedenkt, zu handeln und ohne herrschaftliche noch irgend andere Contradition und Verhinderung zu verkaufen.

 

Schiesscheibe, die gewonnenen Orden und das Bild des Schützenkönigs Josef Kubera aus dem Jahr 1937 - ausgestellt im Muzeum Ziemi Grodziskiej [735]

Schiesscheibe, die gewonnenen Orden und das Bild des Schützenkönigs Josef Kubera aus dem Jahr 1937 – ausgestellt im Muzeum Ziemi Grodziskiej

16. Der Bruder, welcher in dem Jahre König wird, wenn er die Brauer-Profession noch nicht erlernt haben sollte, wird den Eintritt in die Bierbrauer-Zeche haben, und erlauben wir ihm für beständig gegen gewöhnliche Bezahlung an die Brau-Innung alle 14 Tage ein Gebräude Bier zu brauen und in diesem Jahre eine Schänkere zu haben.

17. Sollte jedoch der König nicht vermögend seyn, so wird ihm freystehen, seinen Treffer und das Königreich an jemanden andern zu verkaufen oder zu verschenken, welcher bey der Procession am Frauenleichnams-Feste die Kleinodien auf sich habend verbunden seyn wird, in der Mitte zwischen den Herren Aeltesten zu gehen, und ist ihm erlaubt, diese Kleinodien, wenn er kein Possessionat, gegen einen glaubenswürdigen Bürgen (fidejussor), und ist er Possessionat, ohne Bürgschaft zum Ge­brauch und seiner Rettung bey jemanden gewisses zu versetzen und bey Exspiration seines Königreichs der Zeche abzugeben.

18. Derjenige Aelteste oder Beysitzer, der zur Zeit der Versamlung von dem Brüderschafts-Tische aufstehet und keinen von den Brü­dern in seine Stelle einsetzt, verfällt in eine Strafe von sechs Groschen.

19. Zuletzt darf sich kein Bruder, was zur Sache der Brüderschaft gehört, wegen der ihm geschehenen Kürze selbst rechen, sondern sich vor dem Brüderschafts-Tisch beschweren, auch seine Sentens nicht ausgeben, bis an ihm per consequens das Votum gelangt, bey Strafe eines Pfund Wachses.

20. Alle diese Punkte approbiren wir und wollen haben und befehlen, dass selbige von den Brüdern dieser Zeche cum posteritate sua unverbrüchlich gehalten und selbige ihren Nachkommen ge­schützt und aufbewahrt werden. Welches alles wir zu mehrerer Beglaubigung und Festhaltung eigenhändig unterschreiben und mit unserem angebohrnen Siegel bekräftigen.

So geschehen im Schlosse zu Opalenice den 24 ten December anno domini 1666.

Johann Leopold v. Opalenski, Sohn des Woywoden zu Posen.

Ich pflichte vorstehenden Puncten bey und füge dieses hinzu, dass es von jetzt an den Hofleuten oder ihren Stell­vertretern nicht frey stehe, mehr als zehn Mahl nach der Scheibe und um das Königreich zu schüssen.

Ich approbire dieses Privilegium in allen seinen Puncten, ausgenommen den 16ten Punct, welchen ich durch meine jetzige Approbation in diesem Privilegio cassire; und will solches so beybehalten haben, als es der Bierbrauer-Zunft schon einmal im 23. Articul ihres Privilegii näher beschrieben worden.

Dem Schützen-Könige erlaube ich, mit Heringen, Salz und alle dem, was in diesem vorstehenden Privilegio beschrieben ist, auf immerwärende Zeiten zu handeln; als zu was ich auch meine Nachfolger verpflichte.

Johann v. Opalenski, Starost zu Schrim.

NB. Dem Schützen-Könige wird erlaubt seyn, jährlich fünf Gebräude Bier zu brauen, aber nur nicht alle 2 Wochen. Für den Bürgermeister sind zwanzig Gebräude genug.

 Karol v. Opalenski, Starost zu Schrim

 Quelle: Kgl. Staatsarchiv Posen: Grätz C. 63 Bl. 13ff.

 

 

 

Grundsteinlegung der evangelischen Kirche zu Opalenitza – 1899

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung, Opalenitza 24. Juli 1899 / Anm. Gudrun Tabbert)
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 Die ehemalige evangelische Kirche - heute: Kościół św. Józefa. Opalenica, ul. Powstańców Wielkopolskich / Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kosciol_Jozefa-Opalenica-1.JPG?uselang=de [736]

Die ehemalige evangelische Kirche – heute: Kościół św. Józefa. Opalenica, ul. Powstańców Wielkopolskich / Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kosciol_Jozefa-Opalenica-1.JPG?uselang=de

Gestern Vormittag am 23. Juli 1899 fand hier in Opalenitza die feierliche Grundsteinlegung für die neu zu erbauende evangelische Kirche statt.

Die Feier, welche dem „Pos. Tgbl.“ zufolge einen rein kirchlichen Charakter trug, wurde durch einen kurzen Gottesdienst im Beetsaal im Pfarrhause eingeleitet Von dem Beetsaal aus ging die Gemeinde in geschlossener Ordnung nach dem festlich geschmückten Bauplatz, wo nach Gesang und Festpredigt der Ortsgeistliche Herr Pfarrer Ernst Oelze die von dem Grundstein aufzunehmende Urkunde verlas.

Alsdann folgten die üblichen 3 Hammerschläge seitens des Pfarrers, der Kirchenältesten und der beim Bau betheiligten Personen. Das Projekt der Kirche, wird von dem Wirklichen Geheimen Regierungs- und Baurath Herrn von Tiedemann* aus Charlottenburg entworfen, die Ausführung des Baues ist Herrn Maurer- und Zimmermeister Walther Dolscius aus Grätz, dem Erbauer unseres neuen Rathhauses, übertragen worden.

* * *

Ludwig von Tiedemann - Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_von_Tiedemann [737]

Ludwig von Tiedemann – Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_von_Tiedemann

Anm.: * Ludwig Alexander Erdmann von Tiedemann wurde am 17. November 1841 in Russoschin bei Danzig geboren, er verstarb am 02. März 1908 in Berlin-Wannsee. Von den unter der Schutzherrschaft der Kaiserin von von Tiedemann angefertigten Skizzen und unter seiner Oberleitung in Verzeichnissen erwähnten Kirchenbauten sei hier erwähnt: die ehemals evangelische Kirche zu Grätz (heute: Kościół pw. Najświętszego Serca Pana Jezusa).

Die ehemals evangelische Kirche zu Kranz (heute: Kręcko Kościół pw. Przemienienia Pańskiego) verdankt ihre Entstehung einer seiner  ausserdienstlichen Tätigkeiten in der Provinz Posen, in diesem Fall für seinen Bruder. Ähnliches gilt für den Bau der Kapelle in Seeheim (heute wieder: Jeziorki), diese errichtete er für einen Cousin.

Die Familie, welcher der Wirklich Geheime Regierungs- und Baurath Herr von Tiedemann angehörte, stand in enger Verwandtschaft zu der Familie derer von Hardt in Wonsowo.

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1899/07 No. 58

Vor 100 Jahren – Meldung im Kreis Blatt für Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung am 01. Juli 1914

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Das Attentat von Sarajevo fand am 28. Juni 1914 statt, es schloss sich ein Monat mit Verhandlungen und Drohungen an, welchen letztlich im Juli 1914 die Mobilmachungen und Kriegserklärungen folgten. Dieser Krieg, der I. Weltkrieg, kostete annähernd fast zwanzig Millionen Menschen das Leben. - Ausschnitte aus dem Kreis Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung - Mittwoch, den 1. Juli 1914 - Quelle: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra [738]

Das Attentat von Sarajevo fand am 28. Juni 1914 statt, es schloss sich ein Monat mit Verhandlungen und Drohungen an, welchen letztlich im Juli 1914 die Mobilmachungen und Kriegserklärungen folgten. Dieser Krieg, der I. Weltkrieg, kostete annähernd fast zwanzig Millionen Menschen das Leben. – Ausschnitte aus dem Kreis Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung – Mittwoch, den 1. Juli 1914 – Quelle: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Schöffengerichtssitzung vom 23. März 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat von Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren Eigentümer Steinke aus Bukowiec und Eigentümer Förster aus Albertoske.

Verhandelt wurden folgende Fälle

1. Der Arbeiter Joseph Niga aus Alttomischel hatte, weil seine Tochter unentschuldigt die Schule versäumt haben soll, einen Strafbefehl in Höhe von 60 Pfg. erhalten und hiergegen die richterliche Entscheidung angerufen. Die Sache wurde vertagt.

2. Die Knechte Reinhold Flack aus Neu-Borui und Friedrich Rüdiger aus Blumerhauland waren angeklagt, gemeinschaftlich ihren Brotherrn, den Eigentümer Fischer aus Alt-Borui, dessen Frau, Tochter und Dienstmädchen mit der Begehung eines Verbrechens bedroht zu haben. Ersterer wurde mit 5 Tagen Gefängnis bestraft, letzterer freigesprochen.

3. Der Eigentümerssohn Karl Schulz aus Wiosker-Hauland und der Eigentümer Lange aus Jablone hatten Strafbefehle erhalten, weil sie an ihren Wagen keine Namenstafel gehabt und ihre Fuhrwerke auch nicht beleuchtet hatten. Infolge ihres Einspruchs wurde Schulz freigesprochen, Lange jedoch mit 10 Mark bestraft.

4. Gegen den Eigentümer Lachmann aus Albertoske war wegen des gleichen Vergehens in 2 Fällen ein Strafbefehl erlassen, gegen welchen er Einspruch erhob. Er wurde zu einer Gesamtstrafe von 20 Mark verurteilt

5. In der Privatklagesache Gierke gegen Lischinski, beide aus Neurose, wegen Beleidigung übernimmt der Angeklagte die Kosten des Verfahrens und nimmt durch Inserat im Kreisblatt seine Aussage zurück.

6. Die Privatklagesache des Eigentümers Zibella aus Neu-Borui gegen den Eigentümer Wilhelm Franke ebenda (Neu-Borui) wird dahin erledigt, daß der Beklagte die Kosten des Verfahrens übernimmt und Kläger seine Klage zurückzieht.

Ein Schauspiel – ein Doppeldecker überfliegt Neutomischel / 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Doppeldecker - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Biplanes?uselang=de#mediaviewer/File:Flugpost_1.jpg [739]

Doppeldecker – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Biplanes?uselang=de#mediaviewer/File:Flugpost_1.jpg

Freitag nachmittag (04.07.1913) kurz vor 6 Uhr gab es für alt und jung ein gleich interessantes Ereignis: ein Zweidecker kam in 500 bis 600 Meter Lufthöhe – genau läßt sich die Höhe ja schwer schätzen – in majestätischem Fluge über Neutomischel heran.

Die Einwohnerschaft wurde auf ein heftiges Surren aufmerksam. Das Gesurre kam immer näher und wurde immer vernehmlicher.

Man schaute ganz unwillkürlich in die Luft und erblickte einen Zweidecker, der von Osten heran schwebte. Selbstredend hat das für die Mehrzahl unserer Einwohner vollständig neue Schauspiel viele Hunderte aufmerksam gemacht, man bewaffnete sich in aller Eile mit Fernrohren und Opernguckern, aber die Entfernung war doch so groß, daß man von den Fliegern selbst nichts erkennen konnte.

Es dürfte sich um einen Militärdoppeldecker der Fliegerstation Posen gehandelt haben, der leider beim Landen einen schweren Unfall erlitt. Es wird nämlich gemeldet: Der abends gegen 1/2 8 Uhr aus Posen kommende Mars-Doppeldecker „Dresden IV“, der der Leutnant Böder von der Fliegerabteilung in Posen steuerte und in dem Leutnant Krey vom 14. Art.-Reg. in Thorn als Begleiter saß, wurde, als er auf dem Kunersdorfer Exerzierplatz landen wollte, durch einen Windsturz gegen einen Baum geschleudert. Das Flugzeug überschlug sich. Leutnant Böder stürzte zu Boden und wurde mit einer Gehirnerschütterung in das Garnisonslazarett gebracht. Leutnant Krey blieb unverletzt.

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1913/07 No. 54

Immobilien, Mieten, Vermieten, Pachten u. Zwangsversteigerung – 1898

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Wohnungsangebot W. Schmidt [740]

Wohnungsangebot W. Schmidt

Nachfolgend finden sich die im Neutomischeler Kreisblatt des Jahres 1898 veröffentlichten Anzeigen mit welchen Verpachtungen, Verkäufe und An- und Vermietungen sowie letztlich auch Zwangsversteigerungen inseriert wurden.

Die Zusammenstellung der Inserate basiert darauf, dass Grundstücke, Anwesen und Wohnungen oder Etwas direkt mit diesen in Verbindung stehendes, wie z. B. eine Wiese oder eine Ernte, angeboten wurde.

Ausdrücklich weisen wir darauf hin, dass auch wenn es ein Inserat z. B. zu einer Zwangsversteigerung gegeben hat, diese nicht unbedingt durchgeführt wurde, genau so wenig, wie ein beabsichtigter Verkauf einer Wirtschaft auch zu diesem geführt haben muss.

* * *

Edmund Swaica, Fleischermeister, Neustadt b. P. 1898/01/07, 1898/01/11 – Mein in der Neutomischeler Straße belegenes Hausgrundstück bestehend aus zweistöckigem Hause mit eingerichteter Fleischerei, Schlachthaus und Stallung wünsche, da anderweitig ein Geschäft übernehmen will, sofort zu verkaufen. Der Laden eignet sich auch zu anderen Geschäften

W. Schmidt, Mühlenbes., Neutomischel 1898/01/07, 1898/01/11 – 2 Arbeiterwohnungen habe ich auf meinem Wiesengrundstück Glinau vom 1. April 1898 zu vermiethen

A. Bengsch, Neutomischel 1898/01/07, 1898/01/11 – Eine Unterwohnung zu vermieth., besth. aus 3 Zimmern, Küche, Holzt. u. Kammer

A. Bengsch, Bahnhofstraße, Neutomischel 1898/03/04, 1898/03/15, 1898/03/22 – Eine obere Wohnung mit Zimmer, Küche, Kammer und Holzstall hat von gleich zu vermiethen

Anton Minge, Klein Lipke bei Neutomischel 1898/01/11 – Meine Wirthschaft, 20 Morgen Acker, mass. Haus, Stall und Scheune beabsichtige ich zu verkaufen. Käufer wollen sich binnen 14 Tagen melden

Ortsschulze Ludwig Minge, Klein Lipke bei Neutomischel 1898/12/20 – Eine Wirthschaft, 58 Morgen Land, in guter Kultur, neue Gebäude, etwas Wiese und schöner Wald, kleines Ausgedinge, wünsche ich so bald als möglich zu verkaufen

G. Hildebrand, Kozielaske 1898/01/11 – Meine Wirthschaft Witomischel-Abbau, massives Haus, Scheune und Stall, 6-10 kleine Moren, bin ich Willens zu verkaufen

Ein bis zwei schön möblierte Zimmer (in Neutomischel) 1898/01/14 für die Dauer von neun Monaten sofort zu miethen gesucht. Wenn möglich mit besonderem Eingang.

Wittwe Ernstine Wald, Neufeld 1898/01/14 – Meine in Neufeld belegene Wirthschaft, 4 Morgen starker Mittelboden, bin ich Willens freihändig zu verkaufen

H. Kutzner, Zinskowo 1898/01/18 – Eine Arbeiterwohnung hat vom 1. April ab zu vermiethen

Grundstücksverpachtung durch Ww. Schreiber, Sontop [741]

Grundstücksverpachtung durch Ww. Schreiber, Sontop

Ww. J. Schreiber, Sontop 1898/01/18, 1898/01/21 – Mein in Sontop belegenes Grundstück zu jedem Geschäft geeignet, in bester Lage des Dorfes belegen, ist sofort zu verpachten

Ww. Ernstine Rausch, Kozielaske 1898/01/21 – Meine Wirthschaft, Wohnhaus, Stall und Scheune, 27 Morgen Land, incl. 3 Morgen Waldung, beabsichtige ich zu verkaufen

Hermann Pflaum, Eigenthümer in Altborui 1898/01/21 – Mein Wohnhaus aus Bohlen bin ich willens wegen Neubau zu verkaufen

Jakob Napierala, Wonsowo 1898/01/21, 1898/01/25, 1898/01/28, 1898/02/01 – Meine Wirthschaft mit 18 kleinen Morgen gutem Acker 1. Kl. und Lehmboden, guten neuen Gebäuden, hypothekenfrei, steht jederzeit zu verkaufen

Jakob Napierala, Witomischel Abbau 1898/11/11 – Meine Wirtschaft, 30 Morgen, schöner Lehmboden, die Hälfte mit Korn besät, will ich ohne Gebäude freih. verk.

August Kruschel, Neurose Kreis Neutomischel 1898/01/25 – Meine Wirthschaft, ungefähr 90 Morgen, bestehend aus Ackerland, Wiese und Wald, Wohnhaus massiv, bin ich willens zu verkaufen

August Marschall, Eigentümer, Glinau 1898/01/25, 1898/01/28 – Ein Wohnhaus mit einem Morgen Land hat zu verkaufen

Wilhelm Probst’schen Eheleute, Jablone 1898/01/28, 1898/02/01 – Parzellirung ! – Donnerstag, den 10. Februar von Nachmittags 2 Uhr ab, werde ich in der Wohnung der Besitzer die den Wilhelm Probst’schen Eheleuten gehörige, zu Jablone belegene Wirtschaft, bestehend aus einer mit guten Gebäuden versehener Hofstelle, sowie ungefähr 30 Morgen besten Ackers, Waldes und Wiesen unter günstigen Zahlungsbedingungen ganz oder parzellenweise verkaufen, wozu Kauflustige hiermit ergebenst eingeladen werden. Lindenstadt-Birnbaum im Januar 1898. Hoese

Zu kaufen gesucht in oder bei Neutomischel 1898/02/01, 1898/02/04, 1898/02/08, 1898/02/11 – kleines Häuschen mit Garten gegen sofortige Baarzahlung. Offerten mit Preisangabe unter G1864 an die Exp. des. Blattes erbeten

August Knoll, Neurose 1898/02/01, 1898/02/04, 1898/02/08, 1898/02/11 – Meine Wirthschaft von 35 Morgen mit Wohn- und Wirthschaftsgebäuden beabsichtige ich zu verkaufen

Rosenau, Schmiedemeister, Cichagora 1898/02/04, 1898/02/08, 1898/02/11, 1898/02/15 – Eine Stellmacher Werktstatt mit Wohnung hat zum 1. April zu vermiethen

Jul. Giesel, Maurermeister Betsche 1898/02/08, 1898/02/15, 1898/02/22, 1898/02/25 – Ein tüchtiger Stellmachermeister und ein Schmiedemeister können jeder eine passende Wohnung mit Werkstatt bei mir sofort miethen und zum 1. April beziehen

Wirthschaft und Mühle zum Verkauf durch Strauch, Scherlanke [742]

Wirthschaft und Mühle zum Verkauf durch Strauch, Scherlanke

Gottlieb Strauch, Scherlanke 1898/02/15 – Meine Wirtschaft mit 4 guten Gebäuden, ca 70 Morgen Land incl. Wiesen und Wald, sowie eine Windmühle ist mit oder ohne Inventar unter sehr günstigen Bedingungen zu verkaufen

Ww. Henriette Basch, (Neutomischel) 1898/02/18, 1898/02/25, 1898/03/01 – Meine beiden an der Hinterstraße belegenen Gärten beabsichtige ich zu verpachten

August Segner, Gronsko Abbau 1898/02/18 – Mein massives Grundstück mit 23 Morgen gutem Lehmboden ist sofort zu verkaufen

Gustav Wolke, Abbau Kupferhammer bei Tirschtiegel 1898/02/18 – Meine Wirthschaft mit 45 Morgen, wovon 10 Morgen gute Wiesen, Boden durchschnittlich Hopfenland, Gebäude neu erbaut, will ich verkaufen

Verkaufe 1898/02/18, 1898/02/22, 1898/02/25, 1898/03/01 – sofort mein schuldenfreies Grundstück ohne Anzahlung. Wer ? sagt die Expedition d. Bl.

Richard und Emma geb. Bock – Jende’schen Eheleute, Neurose 1898/02/22 – Zwangsversteigerung . Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Neu-Rose Blatt 5 auf den Namen der Eigenthümer Richard und Emma geb. Bock – Jende’schen Eheleute zu Neu Rose eingetragene Grundstück am 16. Apr 1898, Vormittag 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – Zimmer No. 7 versteigert werden.

Das Grundstück ist mit 26,96 Mk. Reinertrag und einer Fläche von 13,19,40 ha zur Grundsteuer, mit 60 Mk. Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück bestreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei Zimmer No. 9 eingesehen werden.

Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 16. April 1898, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, 15. Februar 1898 – Königliches Amtsgericht

Grundstück, auch geteilt - Verkauf durch Nickelmann, Grätz [743]

Grundstück, auch geteilt – Verkauf durch Nickelmann, Grätz

Oskar Nickelmann, Grätz 1898/02/22, 1898/03/01, 1898/03/04 – Ich beabsichtige mein Grundstück, Grätz No. 525, an der Landstraße Grätz-Slocin, circa 100 Morgen in Parzellen als Baustellen von 1-10 Morgen, oder im Ganzen freihändig unter sehr günstigen Bedingungen zu verkaufen

D. Timm, Borui-Kirchplatz 1898/02/22, 1898/03/01 – Mein Grundstück mit Wohnhaus und Stallung nebst schönem Gemüsegarten und gut angepflanzten erwachsenen Obstbäumen bin ich willens zu verkaufen.

F.L. Stettin 1898/02/22 – Ein möblirtes Zimmer mit oder ohne volle Pension wird von einem alleinstehenden Herrn zum 1. April d. Js. in Neustadt b. Pinne gesucht. Offerten mit Preisangabe erbeten unter F. L. Stettin postlagernd

Angebot des Verkaufs durch Timm, Borui-Kirchplatz [744]

Angebot des Verkaufs durch Timm, Borui-Kirchplatz

Marie Faust geb. Trapp, Neutomischel 1898/02/25 – Zwangsversteigerung . Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Glinau Blatt 226 auf den Namen der Wittwe Marie Faust geb. Trapp zu Neutomischel eingetragene Grundstück am 20. Apr 1898, Vormittag 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – Zimmer No. 7 versteigert werden.

Das Grundstück ist mit 0,61 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 0,13,72 ha zur Grundsteuer, mit 609 Mk. Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück bestreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei Zimmer No. 9 eingesehen werden.

Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 21. April 1898, Vormittags 11 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, 19. Februar 1898 – Königliches Amtsgericht

Marie Faust geb. Trapp, Neutomischel 1898/06/21 – Zwangsversteigerung . Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Glinau Blatt 284 auf den Namen der Wittwe Marie Faust geb. Trapp zu Neutomischel eingetragene Grundstück am 16. August 1898, Vormittag 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht versteigert werden.

Das Grundstück ist mit 1,52 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 0,27,80 ha zur Grundsteuer veranlagt.

Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 17. August 1898, Mittags 12 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, 14. Juni 1898 – Königliches Amtsgericht

C. G. Toeffling (Neutomischel) 1898/03/01, 1898/03/04, 1898/03/11, 1898/03/15 – Eine Arbeiter-Wohnung hat zu vermiethen

C. G. Toeffling (Neutomischel) 1898/12/13, 1898/12/20, 1898/12/30 – Eine Wohnung von 3 Zimmern, Küche und Nebengelaß ist von gleich zu vermiethen

Gustav Toeffling, (Neutomischel) 1898/04/29, 1898/05/06, 1898/05/13, 1898/05/24 – Meine auf dem Neuen Markt No. 22 (Eckhaus) und 50 belegenen Hausgrundstücke will ich preiswerth verkaufen, letzteres eventl. auch vermiethen

Carl Gustav Toeffling (Neutomischel) 1898/08/30, 1898/09/06 – Eine Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche und Nebengelaß ist vom 1. Oktober zu vermiethen

Otto Toeffling, (Neutomischel) 1898/12/06, 1898/12/09, 1898/12/16, 1898/12/23 – Eine Wohnung, 3 Zimmer und Küche hat zu vermiethen

Müller’sches Grundstück (Neutomischel?) 1898/03/01 – Donnerstag, den 3. März werde ich in dem Müller’schen Grundstücke meistbietend gegen Baarzahlung einen Morgen Land mit Hopfenbau auf 2 oder 3 Jahre verpachten. G. Gilter

G. Helmchen, Bäckermeister, Kuschlin 1898/03/01 – Eine sehr passende Wohnung für einen Tischler, da nur einer im Orte ist, hat zu vermiethen, vom 1. April 1898 zu beziehen.

Meine Wirtschaft (Neutomischel?) 1898/03/11, 1898/03/15 mit Materialwaaren beabsichtige ich per bald zu verkaufen. Zu erfragen in der Expedition d. Bl.

A. Kintzel, Gasthofbesitzer, Neustadt b. P. 1898/03/011 – Mein Gasthaus in Neustadt b. P. mit großer Ausspannung u. großem Obst- und Gemüse-Garten will ich sofort verkaufen oder verpachten

August und Wanda geb. Schulz – Kuss’schen Eheleute, Albertoske 1898/03/15 – Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Albertoske Blatt 73  auf den Namen der Eigenthümer August und Wanda geb. Schulz – Kuss’schen Eheleute zu Albertoske eingetragene Grundstück am 10. Mai 1898, Vormittag 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht versteigert werden.

Das Grundstück ist mit 9,63 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 4,35,00 ha zur Grundsteuer, mit 36 Mk. Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück bestreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei Zimmer No. 9 eingesehen werden.

Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 11. Mai 1898, Vormittags 12 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, 11. März 1898 – Königliches Amtsgericht

Gut Sawade 1898/03/15 – Vom Gute Sawade ist noch ein kleines Restgut, sowie einige bestellte Parzellen und Wiesen nebst Gebäuden und Inventar zu verkaufen. Hierzu steht Termin am 19. und 20. März ex. auf dem Gutshofe an.

Grundstücksverkauf Zeuschner, Altborui [745]

Grundstücksverkauf Zeuschner, Altborui

August Zeuschner, Altborui bei Kirchplatz-Borui 1898/03/18, 1898/03/22 – mein Grundstück Nr. 15 beabsichtige ich freihändig zu verkaufen

Carl Becker, Scherlanke 1898/03/25, 1898/03/29, 1898/04/01, 1898/04/05 – Meine Wirthschaft mit ungefähr 30 kl. Morgen Acker beabsichtige ich zu verkaufen

Heinrich Seifert, Eigenthümer, Konkolewo Abbau 1898/04/05 – Meine Wirthschaft mit 2 Morgen Land, Obstgarten, Wohnhaus, Scheune und Stall will ich verkaufen

O. Müller, Blake bei Lewitz 1898/04/08, 1898/04/15, 1898/04/19, 1898/04/22 – Meine Wirthschaft mit etwa 36 Morgen, Torfstich, Hopfenbau, Wiesen und hohes Land, beabsichtige ich zu verkaufen

Deckert, Neufeld beabsichtigt Schmiede Grundstück zu verkaufen [746]

Deckert, Neufeld beabsichtigt Schmiede Grundstück zu verkaufen

Ferdinand Deckert, Neufeld bei Neustadt b. P. 1898/04/08, 1898/04/15 – Mein Schmiede-Grundstück mit 4 1/2 Morgen Land beabsichtige ich zu verkaufen

Jende’schen Grundstück, Neurose 1898/04/15 – Zwangsversteigerung. Mittwoch, den 20. d. Mts., Nachm. 2 Uhr, werde ich in Neurose auf dem Jende’schen Grundstück ca. 100 Kiefernstämme, 4 Strauchhaufen und eine Anzahl Stubben meistbietend verkaufen. Manzke, Gerichtsvollzieher.

C. Wendt, Messerschmiedemstr, (Neutomischel) 1898/04/22, 1898/04/26 – Zum 1. Oktober ist eine Wohnung zu vermiethen.

Eine Wohnung (in Neutomischel ?) 1898/04/26, 1898/05/03, 1898/05/10, 1898/05/17 – bestehend aus 4-5 Zimmern nebst Küche ist zu vermiethen. Zu erfragen in der Exp. d. Bl.

Chr. Kuck, Paprotsch 1898/04/26, 1898/04/29, 1898/05/03, 1898/05/06 – ca. 12-20 Morgen zweischürige Wiesen sind auf ein oder mehrere Jahre wegen Erleichterung der Wirthschaftbestellung zu verpachten

Chr. Kuck, Paprotsch 1898/04/26, 1898/04/29, 1898/05/03 – Zwei Arbeiterwohnungen nebst Zubehör, auf Wunsch auch mit Land sind zu vermiethen

Berthold Henschinski, Glinau 1898/05/03, 1898/05/06, 1898/05/10, 1898/05/13, 1898/07/05, 1898/07/08, 1898/07/12, 1898/07/15 – Eine Wohnung, 2 Stuben, Küche, Stall und Bodenkammer vom 1. Oktober an zu vermiethen

Verkauf der Wiesen des ehem. Gutes Friedenfelde [747]

Verkauf der Wiesen des ehem. Gutes Friedenfelde

Die Parzellirungs-Bank (Bank Parzelacyjny), Bäckerstr. 18, Posen 1898/05/06, 1898/05/10, 1898/05/13  – Letzter Friedenfelder Wiesen-Verkauf in Parzellen von 3 Morgen an; gegen 10 jährige Abzahlung, finde am Dienstag, den 17. Mai, Vormittags 10 Uhr im Hirsekorn’schen Gasthause in Jablone statt. Es kommen ca. 40 Morgen zum Verkauf

Gustav Sommerfeld, Schützenhaus Tirschtiegel 1898/05/17, 1898/05/20 – Eine Wirtschaft, ganz in der Nähe von Guben, Bahn- und Poststation, circa 48 Morgen real mit besonders guter Obstanlage, auch passend für Gärtner, ist unter günstigen Bedingungen sofort zu verkaufen. Näheres bei Gustav Sommerfeld

Hoffmann, Witomischel 1898/05/20, 1898/05/24 – Meine Wirthschaft mit 56 Morgen Land incl. 2 Morgen Torfstich und guten Gebäuden beabsichtige ich zu verkaufen

Otto Hirsekorn (Neutomischel?) 1898/05/24, 1898/05/27, 1898/06/07 – Eine möblirte Stube ist zum 1. Juni zu vermiethen

Otto Hirsekorn (Neutomischel?) 1898/12/20, 1898/12/23 – Ein möblirtes Zimmer ist zu vermiethen

Angebot einer Bock-Windmühle durch Hildebrand, Konkolewo Abbau [748]

Angebot einer Bock-Windmühle durch Hildebrand, Konkolewo Abbau

Juliane Hildebrand, Konkolewo Abbau, Kr. Neutomischel 1898/05/24 – Bock Windmühle in gutem Zustande hat zu verkaufen

A. Richter, Postschaffner, Posen, Theaterstr. 5, II 1898/05/24, 1898/05/27 – Mein Hausgrundstück, Gartenstraße No. 131 in Neutomischel beabsichtige ich bei halber Anzahlung zu verkaufen

Frau Ernstine Rausch, Zinskowo 1898/05/27, 1898/06/03 – Meine Wirthschaft 9 Morgen groß in Scherlanke bin ich willens aus freier Hand zu verkaufen

A. Kluge in Kozielaske 1898/06/03 – Meine Wirtschaft mit 8 Morgen Land in gutem Zustande mit reiner Hypothek will ich verkaufen oder nach Gutachten verpachten

Marie Kutzner, (Neutomischel ?) 1898/06/03, 1898/06/10, 1898/06/17 – Wegen Aufgabe des Geschäfts gänzlicher Ausverkauf sämmtlicher Waaren zu bedeutend herabgesetzten Preisen, auch Uebernahme des ganzen Lagers

Angebot des Anwesens Josephsohn in der Bahnhofstraße in Neutomischel [749]

Angebot des Anwesens Josephsohn in der Bahnhofstraße in Neutomischel

S. Josephsohn, Bahnhofstr., (Neutomischel) 1898/06/03, 1898/06/10, 1898/06/17, 1898/06/24 – Wegzugshalber beabsichtige ich meine Villa nebst Garten, (gutes Brunnenwasser vorhanden), Hopfenmagazin und Ackerland, ferner einen Bauplatz gegenüber der katholischen Kirche, insgesammt oder einzeln, preiswerth unter günstigen Zahlungsbedingungen zu verkaufen oder zu vermiethen

Ernst Tepper, (Neutomischel ?) 1898/06/14, 1898/06/21 – Gasverpachtung. Eine 2schürige Wiese, 3 Morgen groß, hat zu verpachten

W. Lutz, (Neutomischel) 1898/06/17 – Die Wohnung des Herrn Oberpostassistenten Püschel ist vom 1. Juli ab anderweit zu vermiethen

C. Marcinkowski, Alter Markt, (Neutomischel) 1898/06/24, 1898/06/28, 1898/07/01, 1898/07/05, 1898/07/15, 1898/07/19 – Ein Laden nebst Wohnung ist vom 1. Oktober d. Js. zu vermiethen

C. Marcinkowski, (Neutomischel ?) 1898/07/22, 1898/07/26 – Eine Wohnung von zwei Zimmern, Kabinet und Küche ist vom 1. Oktober ab zu vermiethen

Frau Emil Rausch, Kirchplatz-Borui 1898/06/24, 1898/06/28, 1898/07/05, 1898/07/12 – Meine in Alt-Borui an der Rawitz-Neutomischler Chaussee belegene Ackerwirtschaft einschließlich sehr guter Wiesen und einem Nebenhause beabsichtige ich aus freier Hand unter günstigen Bedingungen zu verkaufen

Gustav Goller, Glinau 1898/06/24 – Wegen Uebersiedlung nach München verkaufe sofort billigst gegen Baarzahlung mein massiv gebautes und im besten Zustande sich befindliches Wohnhaus mit 6 Zimmern, 2 Kammern, 2 Küchen, gr. Boden, sowie mit geräumigem, hellem Waschhaus und Stallung, Garten, gr. Hof und ca. 1 Morgen Ackerland

H. Joachim, Neutomischel 1898/07/01, 1898/07/05, 1898/07/08, 1898/07/12 – Beabsichtige mein Grundstück in Zinskowo mit neuen Gebäuden unter günstigen Bedingungen zu verkaufen

Eigenthümerin Louise Klemke, (Neutomischel)  1898/07/05, 1898/07/08, 1898/09/23, 1898/09/27 – Eine Wohnung, zwei Zimmer, Keller u. Kammer, Stallung und Boden ist vom 1. Oktober d. Js. zu vermiethen am Schützenhause

Eine freundl. Hinter-Wohnung (Neutomischel?) 1898/07/08, 1898/07/15 von 2 Stuben und Küche ist an ruhige Miether per 1. Oktober ex. preiswerth zu vermiethen. Auskunft ertheilt die Expedition des Blattes

L. Munter, (Neutomischel) 1898/07/08, 1898/07/12, 1898/7/15, 1898/07/19, 1898/07/22, 1898/07/26, 1898/07/29, 1898/08/02, 1898/08/05, 1898/08/09, 1898/08/12, 1898/08/16, 1898/08/19 – Die Wohnung, welche der prakt. Arzt Herr Löchner inne hat, 4-5 Zimmer nebst Küche, ist vom 1. Oktbr. ab anderweitig zu vermiethen

Windmühlenverkauf durch Zerbe, Grätz [750]

Windmühlenverkauf durch Zerbe, Grätz

R. Zerbe, Grätz (Posen) 1898/07/08 – Mühlenverkauf ! Windmühle mit Walzen, Spitzmasch., Gang neuer Steine, sehr gutem Bauzustande, guter Kundschaft, mit oder ohne Haus und Acker ist sehr preiswerth bald zu verkaufen

Johann Manczak, Gronsko 1898/07/15 – Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die im Grundbuche von Bolewitz Blatt No. 172 und Blatt No. 295 auf den Namen des Johann Manczak in Gronsko und seiner Ehefrau Barbara geb. Majerek daselbst eingetragenen belegenen Grundstücke am 9. September 1898, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – versteigert werden.

Das Grundstück Bolewitz No. 172 ist mit 2,44 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 2,44 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 2 ha 49 a 50 qm zur Grundsteuer und das Grundstück Belewitz No. 295 mit 4,47 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 2 ha 17 a 02 qm zur Grundsteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift der Grundbuchblätter, etwaige Abschätzungen und andere die Grundstücke bestreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiber eingesehen werden.

Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 9. September 1898, nachmittags 5 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, 13. Juli 1898, Königliches Amtsgericht

Frau Louise Pflaum, (Neutomischel ?) 1898/07/19, 1898/07/22 – Beabsichtige mein Wohnhaus zu verkaufen

Frau Louise Pflaum (Neutomischel ?) 1898/08/30, 18098/09/02 – Zum 1. Oktober oder später ist ein Laden mit Zubehör und eine Wohnung von drei Zimmern mit Zubehör zu vermiethen

Kluge, Kozielaske 1898/07/22 – Meine Wirthschaft mit 8 Morgen Land, reiner Hypothek, in gutem Zustande, beabsichtige ich zu verkaufen

Wilh. Hartmann, Kopanke bei Opalenitza 1898/07/22, 1898/07/29, 1898/08/05, 1898/08/09, 1898/08/12 – Mein Grundstück, 5 Morgen groß, Haus und Scheune, bin ich Willens aus freier Hand zu verkaufen

G. Morzynski, (Neutomischel?) 1898/07/29, 1898/08/02 – Die Bäckerei in meinem Hause ist sogleich, eine Oberwohnung an der Chaussee vom 1. Oktober zu vermiethen

3-4 Morgen guter Acker 1898/08/02, 1898/08/05 – wird zu pachten gesucht. Zu erfragen in der Exped. d. Blattes

Amalie Marggraff, Badestr.2, Schwiebus 1898/08/02, 1898/08/05 – Ich beabsichtige mein dem früheren Eigenthümer August Kahl in Elisenfeld bei Bauchwitz gehöriges Grundstück unter günstigen Bedingungen sofort zu verkaufen

Über O. Hecke, Volksanwalt, Neutomischel 1898/08/05, 1898/08/09 – Eine Landwirtschaft, 80 Morgen guter Acker, 1/2 Meter tief Lehm, 18 Morgen Wiesen, zweischürig, 20 Morgen Waldung, Stangen und schwach Bauholz, mit guten Gebäuden, Wohnhaus massiv mit 10.000 Bankengeld 4%, ist Verhältnisse wegen billig bei geringer Anzahlung mit voller Ernte unter den günstigsten Bedingungen zu verk.

Wilhelm Siegmund, Friedenhorst 1898/08/05 – Bäckerei und Wohnung ist vom 1. Oktober ab zu beziehen

Paul Schulz, Pakoslaw 1898/08/12 – Die Schmiede in Brody ist zum 1. Oktober zu verkaufen oder zu verpachten. Anfragen zu richten an Paul Schulz, Pakoslaw

Verkauf einer Windmühle in Neufeld [751]

Verkauf einer Windmühle in Neufeld

Mühlenverwalter Minge, Wonsowo 1898/08/30, 1809/09/02 – Eine Windmühle in Neufeld bei Neustadt b. P. nebst 7 Morgen Land, sowie Wohn- und Wirtschaftsgebäuden ist zum 1. Oktober d. Js. zu verpachten

C. Werth, (Neutomischel ?) 1898/08/30, 1898/09/02 – Eine kleine Unter-Wohnung ist zu vermiethen

Herr Schuhmachermeister Kurtz, Gartenstraße, (Neutomischel) 1898/08/30 , 1898/09/02– Eine Wohnung mit 3 Zimmern und Küche, an der Neustädter Chaussee, ist vom 1. Oktober ab zu vermiethen. Näheres bei Herrn Schuhmachermeister

Aron Markus (Neutomischel) 1898/09/02, 1898/09/06, 1898/09/09, 1898/09/13, 1898/09/17, 1898/09/20, 1898/09/23 – Ein Laden mit vollständiger Einrichtung und Wohnung ist sogleich oder zum 1. Oktober d. Js. zu vermiethen

Berthold Kahl, Neu-Jablonke b. Tirschtiegel 1898/09/02, 1898/09/09 – Meine Wirthschaft, 17 Morgen groß, gutes Land, guter Wald, zweischürige Wiese und gut erhaltene Wohn- und Wirthschaftsgebäude ist umzugshalber zu verkaufen

A. Wandel, Kirchplatz-Borui 1898/09/06, 1898/09/13 – Mein neu erbautes Wohnhaus beabsichtige ich zu vermiethen

Handelsmann Wilhelm und Rosalie Hermine Gutsch’schen Eheleute zu Chichagora 1898/09/09– Zwangsversteigerung . Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Chicagora Band III auf dem Namen der Handelsmann Wilhelm und Rosalie Hermine Gutsch’schen Eheleute zu Cichagora eingetragene zu Cichagora belegene Grundstück am 5. November 1898, Vormittag 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht versteigert werden.

Das Grundstück ist mit 4,53 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 1 ha, 32 a 80 qm zur Grundsteuer, mit 36 Mk. Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück bestreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei Zimmer No. 9 eingesehen werden.

Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks nicht hervorging, insbesondere derartige Forderungen von Kapital, Zinsen, wiederkehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, falls der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte glaubhaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Vertheilung des Kaufgeldes gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten

Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 5. November 1898, nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Neutomischel, 5. September 1898 – Königliches Amtsgericht

Bekanntmachung 1898/09/17 – Das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von Cichagora Blatt No. 96 auf den Namen des Handelsmannes Wilhelm Gutsche eingetragene Grundstücks, Bietungstermin den 5. November 1898, wird aufgehoben, da der Antragsteller den Antrag auf Zwangsversteierung zurückgenommen hat.

Neutomischel, den 12. Septb. 1898, Königliches Amtsgericht

Frau Krönert, (Neutomischel) 1898/09/09, 1898/09/13, 1898/09/17, 1898/09/20 – Umzugshalber ist die von mir bei Herrn Krötsch gemiethtete Wohnung anderweitig zu vermiethen

F. Michaelis, (Neutomischel) 1898/09/09, 1898/09/13 – Beabsichtige meine Gärtnerei an der Alttomischeler Straße gelegen baldmöglichst zu verkaufen

Heinrich Michaelis, Wonsowo Abbau 1898/12/02, 1898/12/30 – Mein Grundstück von 36 Morgen Land mit Gebäuden und 30 Schock Hopfen, alles in gutem Zustand, beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen

A. Slawinski, Bahnhofstraße, (Neutomischel) 1898/09/13, 1898/09/20, 1898/09/27  – Ein möblirtes Zimmer ist zu vermiethen

Isidor Schlachcic, Neustadt b. P. 1898/09/13 – Eine neu erbaute Bäckerei auch zum Kaffee-Ausschank geeignet am Markte gelegen, ist per sofort preiswerth zu verpachten, Neustadt b. P., 10. Sept. 1898

Heinrich Lehmann, Kozielaske 1898/09/13 – Meine Wirthschaft mit 45 Morgen beabsichtige ich zu verkaufen

B. Maennel beabsichtigt seinen Besitz zu verkaufen [752]

B. Maennel beabsichtigt seinen Besitz zu verkaufen

B. Maennel, (Neutomischel) 1898/09/27, 1898/09/30, 1898/10/04, 1898/10/07 – Da ich meinen Wohnsitz verändern will, bin ich geneigt, meine sämmtlichen Grundstücke incl. Biergeschäft u. Selterwasserfabrik mit Destilliapparat billig zu verkaufen.

Wilhelm Lüdke, Paprotsch 1898/09/27, 1898/09/30 – Meine Wirthschaft, nahe an der Stadt, einige 60 Morgen, beabsichtige ich im Ganzen oder getheilt zu verkaufen

August Schlinke, Glinau 1898/09/30 – Mein Grundstück, No. 210 mass. Wohnhaus mit 2 Stuben, 1 Stall, Garten wünsche ich zu verkaufen

Löchel’sche Wirthschaft, Friedenhorst 1898/10/04 – Parzellirungs-Anzeige. Beabsichtige die bisher Löchel’sche Wirthschaft in Friedenhorst Abbau im Ganzen oder in einzelnen Parzellen zu verkaufen.

Die schönen Gebäude mit beliebigen Ländereien, Wiese und Haide können als Restgut abgezweigt werden. Habe Verkaufstermin Donnerstag, den 6. Oktober d. J. von Mittag 1 Uhr ab im Gasthofe zu Friedenhorst bei Riesner angesetzt, wozu ich Käufer einlade. Schlagbares Holz 28 Morgen.

Berlin, im Oktober 1898 C. Spremberg

Michaelis, (Neutomischel) 1898/10/07 – Verkaufe sofort meinen an der Bahnhofstraße gelegenen Garten

Frau A. Goldschmidt, (Neutomischel) 1898/10/14, 1898/10/18, 1898/10/21 – Umzugshalber ist meine im Hause des Herrn Berthold Goldmann befindliche Wohnung vom 1. Januar 1899 ab preiswerth zu vermiethen

Wilhelm Leske, Altborui 1898/10/18, 1898/10/25, 1898/11/04 – Günstige Gelegenheit. Auf meinem Neuborui Nr. 215 belegenen Grundstück habe zwei neu erbaute Wohnhäuser nebst Scheunen sowie zu jedem Gebäude ca. 5 Morgen Hopfenland, zehn Minuten von Kirchplatz, an der Rakwitzer Chaussee gut gelegen, preiswerth unter sehr günstigen Bedingungen zu verkaufen.

H. Kurz, Wiosker Hauland 1898/10/28, 1898/11/04, 1898/11/11, 1898/11/18 – Wirthschaftsverkauf. Umstandshalber will ich meine zu Wiosker-Hauland belegene Wirthschaft 27 Morgen groß, neu bebaut, ohne Ausgedinge, unter sehr günstigen Bedingungen sehr billig verkaufen

Reinhold Müller, Scherlanke 1898/11/08, 1898/11/11, 1898/11/15, 1898/11/18 – Meine Wirthschaft, 15 kleine Morgen groß, bin ich willens aus freier Hand zu verkaufen

Vermietung durch Hämmerling, Zinskowo [753]

Vermietung durch Hämmerling, Zinskowo

W. Hämmerling, Zinskowo 1898/11/15, 1898/11/18 – Eine Wohnung, 2 Stuben, Keller Bodenraum, Stallung, Garten und eine Parzelle Land ist zu vermiethen

Parzellen 1898/11/18, 1898/11/22, 1898/11/26, 1898/11/29 – eines Grundstücks, dicht an der Chaussee Neutomischel-Bolewitz, 2 km von der Stadt, sind verkäuflich. Zu erfragen in der Exped. d. Bl.

Paulke in Kirchplatz Borui beabsichtigt sein Anwesen mit Schmiede und Windmühle zu verkaufen [754]

Paulke in Kirchplatz Borui beabsichtigt sein Anwesen mit Schmiede und Windmühle zu verkaufen

Hermann Paulke, Mühlenbesitzer zu Kirchplatz Borui 1898/11/18, 1898/11/22, 1898/11/26, 1898/11/29 – Ein Wohnhaus mit Materialwaarengeschaft, mehreren Zimmern zum vermiethen, ein Nebengebäude mit Schmiede, eine Scheune mit mehreren Baustellen und eine Windmühle mit Bäckerei hat im Ganzen oder theilweise aus freier Hand zu verkaufen

Wohnungsvermietung nurch N. Maennel [755]

Wohnungsvermietung nurch N. Maennel

N. Maennel, (Neutomischel) 1898/11/26, 1898/11/29, 1898/12/06 – Wohnungen zu vermiethen. Glinau Nr. 123 habe ich eine Wohnung, welche sofort bezogen werden kann, und eine zum 1. April 1899 zu vermiethen.

Gustav Pawlowski, Weißhauland 1898/11/26 – Beabsichtige meine Wirthschaft bestehend aus neuen Wohngebäuden, Stallungen, Scheune ec. nebst 40 Morgen Land (guten Ackerboden, Wald, Wiese ec.) aus freier Hand zu verkaufen. Anzahlung 3.000 Mk. Rest kann bei genügender Sicherheit längere Zeit stehen bleiben.

Eleonore Knoll, Neu-Borui 1898/12/13 – Meine Wirthschaft, 4 Morgen groß, bin ich willens aus freier Hand zu verkaufen

Stubenvermietung für eine Familie durch Ernst Tepper [756]

Stubenvermietung für eine Familie durch Ernst Tepper

Ww. Wilhelmine Schulz, Cichagora 1898/12/30 – Meine zu Cichagora belegene Landwirthschaft, 60 Morgen umfassend, bin ich willens zu verkaufen. Käufer mit der Hälfte Anzahlung können sich melden

Ernst Tepper, (Neutomischel ?) 1898/12/30 – Auf dem früher Lehmannschen Viertel habe zum 1. April (1899) für eine kleine Familie 1 Stube zu vermiethen

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1898 – Kopien der Anzeigen den Zeitungen entnommen

 

 

Kirchweihe in Friedenhorst – Dezember 1914

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsbericht)
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Die neue Kirche, im Hintergrund erkennbar das alte Gotteshaus - Ausschnitt aus AK aus der Sammlung A. Kraft [757]

Die neue Kirche, im Hintergrund erkennbar das alte Gotteshaus – Ausschnitt aus AK aus der Sammlung A. Kraft

Mit dem Jahr 1914 hatte der I. Weltkrieg begonnen. An allen Fronten wurde gekämpft. In vielen Familien wurde um die im „Felde“ stehenden Soldaten gebangt. In der ein oder anderen Familie herrschte aber auch bereits Trauer um die Angehörigen, die ihr Leben für die „vaterländische Pflicht“ hingegeben hatten.

Und eben in jener Zeit, am 15. Dezember 1914, kurz vor dem Weihnachtsfest, wurde die neue evangelische Kirche zu Friedenhorst – Jastrzębsko Stare eingeweiht.

Im „Kreisblatt“ wurde wie folgt berichtet:

* * *

Der letzte Dienstag (15.12.1914) war für die Gemeinde Friedenhorst ein Ehrentag, wie er nur selten einer Gemeinde beschieden ist, galt es doch, das neue Gotteshaus zu weihen und seinem Zweck zu übergeben.

Schon Tage zuvor waren viele fleißige Hände tätig, dem Kirchplatz ein würdiges Aussehen zu geben, und als nun am Festtage selber die Gäste ihren Einzug hielten, grüßte sie das von reichem Tannenschmuck umgebene Gotteshaus auf das Freundlichste. Glücklicherweise hatte sich das Wetter aufgeklärt, so daß kein Regen das schöne Fest störte.

Eine überaus zahlreiche Gemeinde und viele Gäste von nah und fern hatten sich zur Feier eingefunden. Vom Königl. Konsistorium in Posen nahmen an der Feier teil: Herr Konsistorial-Präsident Balan und Herrn Generalsuperintendent D. Blau. Ferner sah man Herrn Superintendent Reisel, Herrn Geheimrat von Daniels, Herrn Oekonomierat Schwartzkopff-Rose, den Herrn Landratsamtsverwalter von Meibom-Meseritz, Herrn Baurat Henschke und viele andere.

Die Ehrengäste wurden im Pfarrhause vom Gemeindekirchenrat begrüßt. vor Beginn der Feier gab Herr Konsistorial-Präsident Balan die Ordensauszeichnungen bekannt, die S. M. der Kaiser anläßlich der Kircheneinweihung verliehen hatte.

Mit Worten höchster Anerkennung überreichte der Herr Konsistorial-Präsident Herrn Superintendent Reisel den Roten Adlerorden 4. Klasse, Herrn Gemeindevorsteher Schubert-Friedenhorst, der sich um den Kirchbau sehr verdient gemacht hatte, das Allgemeine Ehrenzeichnen und ebenso dem Küster Müller, der seit über 27 Jahren der Gemeinde als Küster gedient hat, und dem Maurerpolier Dümke aus Dickbusch (strauch) bei Kontopp das Allgemeine Ehrenzeichen.

Das alte und das neue Kirchengebäude - Ausschnitte aus AK aus der Sammlung A. Kraft [525]

Das alte und das neue Kirchengebäude – Ausschnitte aus AK aus der Sammlung A. Kraft

Um 1 Uhr begann dann die Feier mit einem kurzen Abschiedsgottesdienst im alten Gotteshause, das seit über 100 Jahren der Gemeinde zu ihrer religiösen Erbauung gedient hat, nun aber bald vom Erdboden verschwinden soll. Im feierlichen Zuge begab sich dann die Gemeinde aus dem alten nach dem neuen Gotteshause hinüber, voran die Schulkinder, dann die Geistlichen mit den heiligen Geräten, der Herr Generalsuperintendent mit dem Herrn Superintendenten und dem Ortspfarrer, Pastor Meyer, dann die übrigen Ehrengäste, die kirchlichen Körperschaften und die feiernde Gemeinde.

Vor der neuen Kirche machte der Zug Halt, und es folgte die feierliche Schlüsselübergabe und Oeffnung der neuen Kirche.

Herr Baurat Henschke aus Meseritz als Leiter des Baues übergab mit glückwünschenden Worten den Schlüssel dem Herrn Generalsuperintendenten, der ihn mit Segensworten an Herrn Superintendent Reisel überreichte. Dieser übergab ihn dann an den Ortspfarrer, Herrn Pastor Meyer, der damit namens der Gemeinde von der Kirche Besitz ergriff und sie feierlich öffnete.

Unter dem Gesang: „Tut mir auf die schöne Pforte“ betrat dann der Festzug das mit frischem Myrtengrün sehr sinnig geschmückte Gotteshaus, das die große Zahl der Gäste kaum fassen konnte. Nun nahm Herr Generalsuperintendent D. Blau das Wort zur Weiherede, der er das Wort Micha 5, Vers 4 zu Grunde legte: „Er wird unser Friede sein.“ Nachdem er geendet, erklang Glockengeläut, und die schöne Orgel ließ ihre Stimme erschallen. Nach einem Gesang der Gemeinde hielt Herr Superintendent Reise die Liturgie, der dann die Predigt des Ortspfarrers, des Herrn Pastor Meyer, über Jesaias 40, Vers 1-8 folgte. Vor und nach der Predigt trug ein Kinderchor verschiedene Gesänge in sehr ansprechender Weise vor. Nach der vom Herrn Generalsuperintendenten gehaltenen Schlußliturgie fand dann die erhebende Feier ihren Abschluß.

Ein einfaches Festmahl in Riesners Saal, bei dem Konsistorialpräsident Balan das Hoch auf den Kaiser ausbrachte, beschloß das schlichte und schöne Fest.

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Die Festschrift zum 100 jährigen Jubiläum der Gemeinde wurde in vier Kapiteln veröffentlicht unter: 1. Der Busch [758], 2. Die Ansiedler [759], 3. Rechtsverhältnis [760] und 4. Das Kirchspiel Friedenhorst. [761]

Ein Artikel über den Verfasser der Schulchronik, auf welche die seitens Pfarrer Illgner veröffentlichte Festschrift basierte, findet  sich unter: Schoefinius, Lehrer zu Grubske [762]

Aus den Veröffentlichungen in „Dies und Das aus dem Posener Lande“ [763] und dem „Kreisblatt für den Kreis Neutomischel“ [764] wurden die Berichte über die Grundsteinlegung im Jahr 1913 wiedergegeben,

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1914/12/18 No. 148

Grundsteinlegung der neuen Kirche Friedenhorst – 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
am in Friedenhorst,Jastremske,Kirchen | Kommentare sind deaktiviert
Friedenhorst (9-10-2009 Foto:PM) [765]

Friedenhorst (9-10-2009 Foto:PM)

Schon 2011 [763] veröffentlichten wir eine Zeitungsmeldung über die Grundsteinlegung der neuen Kirche [763] zu Friedenhorst im Jahr 1913. Dieser Meldung können wir nun ergänzend die Berichterstattung aus dem Amtlichen Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel hinzufügen. Über das Ereignis wurde wie folgt berichtet:

Friedenhorst. Die hiesige Kirchengemeinde feierte am Himmelfahrtstage (01.Mai 1913), nachmittags 3 Uhr das Fest der Grundsteinlegung ihrer neuen Kirche.

Infolge des herrlichen Wetters füllte eine überaus zahlreich erschienene Gemeinde den im herrlichsten Grün prangenden Festplatz. Eingeleitet wurde die weihevolle Feier durch einen von einem Kinderchor unter Leitung des Kantors Neumann vorgetragenen Festgesang: „Alles mit Gott“, worauf für den wegen Krankheit beurlaubten Ortspfarrer Röder sein Vertreter, Pfarrer Knapp aus Sontop, die Liturgie hielt.

Nach dem Gesang der Gemeinde: „Lobe den Herren“ nahm dann Superintendent Reisel aus Neutomischel das Wort zu einer warm empfundenen und zu Herzen gehenden Ansprache, der er das Schriftwort: 1. Korinther 3,11 „Einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Christus“ zu Grunde legte.

Nach einem weiteren Gemeindegesang verlas Pfarrer Knapp eine in den Grundstein einzumauernde Urkunde, welche auf die Vorgeschichte des Kirchbaus hinwies, der notwendig wurde, da die alte, vor 1797 erbaute Kirche so baufällig geworden war, daß Reparaturen sich nicht mehr lohnten. So wurde 1907 beschlossen, eine neue Kirche zu bauen, welche 72.000 Mark kosten solle, die aus staatlichen, kirchlichen und Gemeinde-Mitteln aufgebracht werden.

Die neue Kirche wird im Stil der spät-mittelalterlichen Backsteinbaukunst erbaut, sie erhält einen rechteckigen Turm mit Turmuhr, 600 Sitzplätze und Centralluftheizung.

Die Urkunde schloß mit dem Wunsche, daß die neue Kirche für alle Zeiten eine Pflanzstätte christlichen Glaubens und christlicher Zucht sein möge. Sodann wurde diese Urkunde der Kapsel einverleibt und weiter noch hinzugefügt zur Erinnerung für späteres Geschlecht ein Posener Gesangbuch, ein Neues Testament, ein Programm der heutigen Feier, eine vom früheren Ortspfarrer Illgner zum 100jährigen Jubiläum der Kirche am 4. August 1897 verfaßte Festschrift, einige Ansichtskarten mit der alten Kirche, einige Tageszeitungen und einige Münzen. Während des Zulötens der Kapsel  trug der Kinderchor ein weiteres Lied vor: „Dem dreieinigen Gott“.

Nachdem die Kapsel in den Grundstein eingelegt und dieser eingemauert war, tat der Superintendent mit weihenden Worten die üblichen drei Hammerschläge, welchen die Hammerschläge des Vorstandes des Hochbauamtes, Baurat Henschke aus Meseritz, des Bauleiters Regierungsbaumeister Marbach, der übrigen Festgäste und des Gemeindekirchenrates unter begleitenden Weiheworten folgten.

Mit Gebet und Segen des Superintendenten und dem gemeinsamen Gesang: „Ach bleib mit deinem Segen“ schloß die erhebende Feier, an welche sicher alle Teilnehmer und namentlich die Gemeindeglieder gern zurückdenken werden.“

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Die Festschrift zum 100 jährigen Jubiläum wurde in vier Kapiteln veröffentlicht unter: 1. Der Busch [758], 2. Die Ansiedler [759], 3. Rechtsverhältnis [760] und 4. Das Kirchspiel Friedenhorst. [761]Ein Artikel über den Verfasser der Schulchronik, auf welche die seitens Pfarrer Illgner veröffentlichte Festschrift basierte, findet  sich unter: Schoefinius, Lehrer zu Grubske [762]

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1913/05 No. 35

Feuer in Sontop – 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Sontop - Dorfplan - 1941 [766]

Sontop – Dorfplan – 1941

Am Mittwoch (18. Juni 1913) schwebte unser Ort in großer Gefahr.

Gegen 4 Uhr nachmittags brach aus bisher unaufgeklärter Ursache in dem Wohnhause des Halbhäuslers Rothe und Sowinski Feuer aus, welches, da in der Rothe’schen Wohnung niemand zu Hause war, zunächst nicht bemerkt wurde, und als die Nachbarn es sahen, bereits solchen Umfang angenommen hatte, daß es nicht mehr zu ersticken war.

Bald stand nicht nur dieses Haus, sondern auch das angrenzende Wohnhaus des Eigentümers Sender in Flammen.

Zwar traten in kurzer Zeit die beiden Spritzen von Sontop in Tätigkeit, denen die Spritzen der benachbarten Ortschaften zu Hilfe eilten, aber die aus Bohlen erbauten Häuser waren nicht zur retten. Von den in den Häusern befindlichen Sachen konnte leider wenig gerettet werden.

Sehr erschwert wurde das Löschwerk durch die Zinkbedachung der Häuser, welche das Wasser der Spritzen nicht an den Feuerherd kommen ließ.

Aber wenigstens gelang es den vereinten Bemühungen der Löschmannschaften, die benachbarten Gebäude zu schützen, so daß das verheerende Element nicht weitergreifen konnte. Ein Glück war es, daß völlige Windstille herrschte, sonst wären die Folgen unübersehbar geworden.

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1913/06 No. 49

Schöffengerichtssitzung vom 9. März 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsprotokoll)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte; Schöffen waren die Herren Besitzer Kurz-Paprotsch und Bäckermeister Lipelt-Neutomischel.

Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Joseph Robinski aus Fraustadt war aus dem Arbeitshause zu Schweidnitz entwichen und wurde in Kirchplatz Borui wegen Bettelns verhaftet. Er wurde mit 2 Wochen Haft bestraft
  2. Der Hausierer Aug. Schmidt aus Sakrschifko wurde von der Anklage, dem Eigentümer August Schulz aus Neuborui  80 Mark entwendet zu haben, freigesprochen.
  3. Der Knecht Joseph Mischke aus Groß Lipke hatte seinen Dienst bei dem Eigentümer Hermann Meißner in Paprotsch nicht angetreten und dieserhalb einen Straftbefehl von 6 Mk. erhalten. Gegen denselben legte er Berufung ein, die aber heute nach verhandelter Sache verworfen wurde.
  4. Der gegenwärtig in Berlin inhaftierte Otto Rumpf hatte sich im Dezember v. J. in der Schulz’schen Herberge zu Neutomischel des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht. Er wurde mit 2 Wochen Gefängnis bestraft.
  5. Der Knecht August Brech aus Altscharke wurde wegen versuchten Diebstahls in Anbetracht seiner Jugend zu einem Verweise verurteilt.
  6. Valentin und Johann Swieder, Knechte aus Neuborui und der Eigentümerssohn Rosenau daselbst haben sich der Körperverletzung schuldig gemacht. Der erste und letzte Angeklagte wurde mit je 30 Mk. bestraft, während der zweite mit 20 Mark Strafe davon kam.
  7. Der Eigentümer Wilhelm Schulz II. aus Komorowo-Hauland wurde wegen Diebstahls zu 3 Tagen Gefängnis verurteilt.
  8. Die Privatklage Sperling gegen Muß zu Blake wurde durch Vergleich erledigt. Sp.(erling) nahm die Klage zurück, M.(uß) verzichtete auf die Reisekosten

 

Gebäude der Stadt Neutomischel No. 88 – „Der prächtige Holländer“

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Alte Ansichtskarte mit einem "Galerie-Holländer", so könnte es auch in Neutomischel ausgesehen haben - Quelle: http://www.wbc.poznan.pl - Moje wiatraki – wirtualne muzeum, Creator: Szkopek, Wiesław [767]

Alte Ansichtskarte mit einem „Galerie-Holländer“, so könnte es auch in Neutomischel ausgesehen haben – Quelle: http://www.wbc.poznan.pl – Moje wiatraki – wirtualne muzeum, Creator: Szkopek, Wiesław

Neu Tomysl war eine Stadt der Windmühlen. Das Gebiet der noch jungen Ansiedlung  umfasste zu Beginn lediglich die Straßenzüge Posener Straße, den Alten Markt oder Kirchring wie er wohl in früherer Zeit auch genannt wurde und in alten Unterlagen vereinzelt zu lesen ist, die Hauptstraße, sie wurde später zur Goldstraße und als letztgenannten den Neuen Markt. Aber auf diesem doch kleinen Gebiet fanden sich bereits in den Gebäudebeschreibungen aus dem Jahr 1836 sieben Windmühlen.

Und die Stadt wuchs. Im Jahr 1844 wurde an der Hinterstraße, vermutlich zu dieser Zeit nicht viel mehr als ein Feldweg, das Haus der Familie Stellmacher [768] gebaut. Dieses stand „ganz frei“, nur gegenüber einem  Holzhaus, welches im hinteren Grundstücksteil  eines Anwesens der Posener Straße gestanden hatte. Hinterstraße war in jener frühen Zeit als Beschreibung der Lage des Weges, also hinter den Hauptstraßenzügen liegend, und noch nicht als eigener Straßenname, anzusehen. In alten Unterlagen findet sich auch die Lage bezeichnend: Weg an den Großen Gärten.

Vorgenanntes Gebäude war das Erste welches in diesem Bereich errichtet worden war, die Bebauung schritt aber weiter voran und eine der nachfolgend errichteten Gebäude betraf auch eine weitere Windmühle für die Stadt.

Mitten in diesem noch namenslosen Gebiet, auch in seiner ältesten gefundenen Beschreibung aus dem Jahr 1858 nicht näher in seiner Lage fixiert, lag dann das Anwesen des Müllermeisters Heinrich Tepper.

Das Wohnhaus stieß vom nordwestlichen Ende an den südlichen Giebel des Stalles, bei dem Stall wurde die gleiche Lagebeschreibung in umgekehrter Form verwendet, die Scheune wiederum stieß mit dem südwestlichen Ende an den nördlichen Giebel des Stalles.

Das Gebäude war 1853 neu erbaut worden. Zum Zeitpunkt seiner Beschreibung im Jahr 1858 galt es als in gutem Zustand.

Das Wohnhaus mit einer Grundfläche von 65×34 Fuß = 2.210 Quadratfuß  (ca. 19,8×10,4m = 206qm) war ein massiver Ziegelbau gewesen, beim dem im oberen Bereich das Fachwerk mit Luftsteinen ausgemauert worden war. Im Inneren befanden sich 5 Stuben, 3 Küchen- und 2 Kellerstuben, sowie 2 Keller, 2 Flure und 1 Bodenraum, welche über 1 große, 2 kleine, 2 Keller- und letztlich 2 Flurtreppen zu erreichen waren. Weiterhin wurden 1 Rauchkammer und 2 Vorgelege welche mit Türen versehen waren erwähnt. Im Haus waren auch 3 Wandspinde zu finden gewesen. Die Beheizung erfolgte über 5 Öfen und 1 Kamin.

Die vorhanden gewesenen 3 Küchenstuben lassen die Vermutung aufkommen, dass dieses Müllerhaus auch als Herberge gedient haben könnte.

Im Jahr 1858 wurde ein Betrag von 100 Tlr. per Quadratfuß als Versicherungswert festgelegt; dieses lässt den Rückschluss von Wohlhabenheit der Besitzer zu, welches sich im Laufe der Ausarbeitung dann letztlich auch bestätigte.

Einen gleichlautende Werteinschätzung hatte auch der Stall mit seiner Grundfläche von  480 Quadratfuß (ca. 44 qm) des Anwesens erhalten. Dieser war im Jahr 1850 entstanden, 3 Jahre früher als das Wohnhaus. In dem mit 2 Doppeltoren versehenen Gebäude waren eine Siedekammer, ein Schuppen, ein Holzverschlag und die Ställe für Kühe und Pferde untergebracht. Hinter dem Trempel , dem hölzernen Aufbau des oberen Stockwerkes, befand sich unter einem Ziegeldach noch ein Bodenraum. Das ganze Gebäude war im unteren Stockwerk 7 Fuß und im oberen 4,5 Fuß hoch, hatte also über eine Gesamthöhe von 11,5 Fuß (ca. 3,5m) verfügt.

Auf dem Areal befand sich als drittes Gebäude noch eine Scheune. Auch diese hatte 2 Doppeltore, die zu der im Innenbereich gelegenen Tenne und dem Bansen führten. Sie war 1852, also im Jahr vor der Errichtung des Wohnhauses, aufgestellt worden. Mit der Grundfläche von 648 Quadratfuß (ca. 60qm) war dieser aus kiefernen Bohlen errichtete Bau mit 10 Talern per Quadratfuß Grundfläche geschätzt worden.

Das Anwesen Tepper-Glaesemer, Zeichnung angefertigt nach Akten der Gebäudebeschreibung mit Zeichnung aus dem Jahr 1876 [769]

Das Anwesen Tepper-Glaesemer, Zeichnung angefertigt nach Akten der Gebäudebeschreibung mit Zeichnung aus dem Jahr 1876

Das letzte Gebäude des Müllermeisters Heinrich Tepper war jedoch der über 100 Meter von der Scheune im hinteren Teil des Grundstückes auf freiem Felde stehende „Galerie-Holländer“ gewesen.

Die Holländische Windmühle mit offener Galerie war 1857 neu, von sehr gutem Material, erbaut worden. Sie muss sich gegenüber den sonst überwiegend vorzufinden gewesenen Bockwindmühlen abgehoben haben wie das „schwarze“ Schaf in der Herde der weißen. Schon bei seiner Eheschließung im Jahr 1839 war Johann Heinrich Carl Tepper als Bürger und Müller von Neutomischel bezeichnet worden, es ist aber nicht sichergestellt, ob er schon Besitzer einer eigenen Windmühle gewesen ist.

Der Galerie-Holländer war 6 Etagen hoch erbaut worden, das entsprach 50 Fuß (ca. 15m) und dieses ohne die Flügel. Sie muss mit dieser Höhe den nordwestlichen Teil der Stadt weithin sichtbar überragt haben. Im Vergleich sei hierzu angeführt, dass die Bockwindmühle aus dem Artikel über das Gebäude No. 85 [770], mit einer Höhe von ca. 8,3m genannt wurde.

Das Gebäude selbst war 8eckig, und der untere Durchmesser von 42 Fuß verjüngte sich zum Dach auf 19 Fuß. Aus den Abmessungen errechnete der Versicherungsvertreter 882,5 Quadratfuß (ca. 81qm). Die Galerie in fast 4 Meter Höhe, von ihr aus wurde die Dachkuppe mit den Mühlflügeln in den Wind gedreht, war lediglich mit „schwachen“ Brettern belegt und ruhte auf 23 hölzernen Säulen, die wiederum jede auf einem Ziegelfundament standen.

Der aus kiefernen Bohlen errichtete auf einem 0,5 Meter hohem Steinfundament  stehende Mühlenbau, wies unter anderem 1 Doppeltür und 24 Fenster auf, die einzelnen Etagen waren mit 6 Treppen verbunden und das Bretterdach war mit Zinkblech überdeckt gewesen. Im Inneren ohne dem Raum unter der Dachkrippe haben sich 1 Cylinder-Raum, 1 Steinboden, 2 Schüttböden, 1 Raum zur Reinigungs-Maschine und 1 Raum für das sogenannte gangbare Zeug befunden.

Ohne das Mahlwerk war der Wert dieser für die Stadt außergewöhnlichen Mühle auf 2.000 Taler per Quadratfuß eintarifiert (882,5 x 2.000 = 1.765.000 Taler) gewesen.

Alles in Allem war das Anwesen inclusive der Mühle im Jahr 1858 also mit einem Versicherungswert von 2.040.480,00 Taler eingeschätzt worden.

In einer weiteren Beschreibung aus dem Jahr 1876, also 18 Jahre später, ist zu finden, dass das Anwesen jetzt im Besitz des Robert Glaesemer war. Durch eine Skizze zum Anwesen, siehe das entsprechende Bild im Artikel,  war aus dieser später angefertigten Anwesenbeschreibung auch die genauere Lage zu erfahren: es lag schräg gegenüber dem, in der Hinterstraße endenden, damaligen Grundstück No. 4 der Posener Straße des Dienegott Maennel.

Das Gebäude ist wenig verändert beschrieben worden: das Wohnhaus wurde als“ solide“ im Bau ausgeführt und „gut erhalten“ mit einem „reparaturbedürftigen“ Dach befunden, der Stall hingegen wurde nun mit: im Bau „sehr mittelmäßig“ errichtet und erhalten eingestuft, die Scheune wurde ebenso nur als „mittelmäßig“ aber als gut erhalten beschrieben und letztlich bekam die Mühle die Einschätzung:  „gut erhalten“.

Die Einschätzung der Gebäude hingegen hatte einen erheblichen Verlust im Wert erfahren. Alle Gebäude im geschätzten Zeitwert addiert ergaben nun lediglich den Betrag von 26.900 Mark.

Durch den Heimathistoriker K.E. Goldmann ist in dem im Jahr  1912 [771] verfassten Artikel über die ehemaligen Wind- und Wassermühlen in und um Neutomischel ein weiterer Hinweis betreffend diese Mühle zu lesen: “ … der etwa 1857 vom Mühlen- und Bäckermeister Heinrich Tepper erbaute und 1878 abgebrannte prächtige Holländer des Rob. Gläsemer. Diese Mühle hatte in sechs Etagen drei Mahlgänge. Es war nach der noch vorhandenen Bauzeichnung (heute nicht mehr zur Verfügung stehend) Dampfhilfe für ebenfalls drei Mahlgänge in Aussicht genommen. Gerade dieses Bauwerk war ein besonderer Schmuck des nordwestlichen Stadtbildes.“

1857-1878 der "prächtige Holländer" wurde nicht alt [772]

1857-1878 der „prächtige Holländer“ wurde nicht alt

Also hatte auch Robert Glaesemer, Schwiegersohn des Erstbesitzers, schon den Wandel zur Industriealisierung zur Kenntnis genommen bzw. nehmen müssen und Überlegungen zum Umbau der Mühle von Wind- auf Dampfantrieb angestellt.

Der „prächtige Holländer“ brannte jedoch als Windmühle im Alter von nur 21 Jahren nieder.

* * *

Genealogische Daten der Mühlenbesitzer

Johann Carl Heinrich Tepper (geb. 1815) war der einzige Sohn aus der 2ten Ehe seines Vaters Johann Christoph Tepper, welcher in alten Kirchenbucheintragungen neben anderen Berufen auch als Müllermeister in Sontop genannt wird, mit Modesta Liebegott geborene Richter.

Im Juli 1839 heiratete er Johanna Juliana Gutsch, Tochter des Bäcker und Zimmermanns Johann Gottfried Gutsch und dessen Ehefrau Rosina Dorothea Fenske; diese Familie war in Paprotsch und Witomysl ansässig gewesen.

Als Kinder dieser beiden fanden sich in den Kirchenbüchern:

1840 Emilia Rosalie später verehelichte Toeffling; 1841 August Gustav, er verstarb im Jahr seiner Geburt; 1842 Bertha Auguste später verehelichte Gerlach; 1844 Mathilda Maria später verehelichte Gerlach; 1846 Carl Adolph, er verstarb nach nur wenigen Tagen; 1847 Reinhold Wilhelm, auch er verstarb kurz nach seiner Geburt; 1848 Wilhelm Erdmann, er war im Dezember geboren wurden und verstarb im Januar des Folgejahres; 1859 Amalie Hulda (Ida), sie verstarb 11 Monate nach ihrer Geburt; 1851 Emma Ottilie, später verehelichte Glaesemer; 1853 Florentina Helena, später verehelichte Kaufmann; 1858 Paul Richard, von ihm wurde außer dem Geburtseintrag keine weitere Eintragung gefunden.

Johann Carl Heinrich Tepper, starb als Ausgedinger zu Neutomischel im Alter von 83 Jahren am 17. März 1899. Aus dem Standesamtseintrag geht hervor, dass sein Schwiegersohn, der damalige Hotelpächter Carl Gustav Toeffling, er war verheiratet gewesen mit Emilia Rosalie geborene Tepper, ihn tot auf seinem Stallboden aufgefunden hatte.

Robert Johann Friedrich Wilhelm Glaesemer (geb. ca. 1846) stammte aus Glowinka im Krs. Schroda. Als seine Eltern wurden Carl Ernst Glaesemer, Mühlengutsbesitzer und dessen Ehefrau Dorothea Christina geborene Glaesemer genannt. Er und Emma Ottilie geborene Tepper, die 4te Tochter des Mühlenbesitzers Johann Carl Heinrich Tepper heirateten am 30. Oktober 1873 in Neutomischel.

Aus dieser Ehe Glaesemer konnten noch die Kinder Agnes Bertha Alma geb. 1874, später verehelichte Bruns, der schätzungsweise 1878 geborene Otto, er wurde 1919 im Wählerverzeichnis der Stadt aufgeführt, der 1879 geborene und 1880 wieder verstorbene Hugo Rudolph sowie die 1885 geborene Hedwig Elsa Margaretha ermittelt werden. Leider sind die Standesamtsunterlagen lückenhaft, sodass weitere Daten dieser Familie nicht gefunden wurden.

Innenansicht der Britzermühle als Beispiel - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Britzer_M%C3%BChle?uselang=de#mediaviewer/File:Britzermuehle-innen02.jpg [773]

Innenansicht der Britzermühle als Beispiel – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Britzer_M%C3%BChle?uselang=de#mediaviewer/File:Britzermuehle-innen02.jpg

In zeitlicher Reihenfolge stellt es sich wie folgt dar:

* * *

 Quellen soweit nicht im Text direkt genannt:
Stadtakten – Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt [774] und Kirchenbücher der Gemeinde Neu Tomysl – Neu Tomischl – Neutomischel

Die ersten Anordnungen zur Hebung der hygienischen Zustände in Neutomischel – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Buddee - 1904 / Transkription Gudrun Tabbert)
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Der östliche Teil der Hinterstraße - Bild: Maennel Archiv [775]

Der östliche Teil der Hinterstraße – Bild: Maennel Archiv

In Neutomischel hatte von Oktober 1903 bis in den Februar 1904 hinein eine Ortsbesichtigung in Bezug auf die hygienischen Zustände in der Stadt und deren Umgebung, durch den damaligen Kreisarzt Dr. Buddee stattgefunden. Diesen Bericht haben wir in den Beiträgen

wiedergegeben.

Hatte Dr. Buddee seinerzeit zwar geschrieben, dass Neutomischel sich vor vielen anderen Städten durch Ordnung und Sauberkeit auszeichnete, so wurden dennoch einige gravierende Übelstände festgestellt.

Dr. Buddee beließ es allerdings auch nicht bei der Feststellung, sondern er drängte in einem Schreiben vom März 1904, welches er an den Landrat von Daniels sandte, auf deren Beseitigung. In seinen „Vorschlägen“ finden sich zum Teil für die Verursacher kostspielige Umbauten, er droht sogar Bestrafung an.

Nachfolgend finden Sie die Transkription seines Schreibens zur Abstellung der Mißstände.

* * *

An den Herrn Landrat hier (Neutomischel) – Betrifft das Ergebnis bei der im vorigen Jahre stattgefundenen Ortsbesichtigung – Neutomischel, den 5. März 1904

In der Anlage überreiche ich das Ergebnis der Ortsbesichtigung von Neutomischel.

Zur Abstellung gefundener Mißstände sind folgende Maßnahmen erforderlich:

1. Der das Haus von Otto Maennel sen. in der Goldstraße durchziehende öffentliche Graben bedarf einer gründlichen Reinigung und allgemeinen Regulierung. Die Sohle des Grabens am Beginn d. s. unter dem Hause kann etwas höher gelegt und damit das Gefälle erhöht werden. Der Graben ist sodann nördlich vom Hause aus, aus Cementrinnen oder Röhren mit gleichmäßigem Gefälle herzustellen. Die verschiedenen ganz verfallenen Abortgruben und Dungstätten in der unmittelbaren Nachbarschaft dieses Grabens müssen in gemauerten gut cementierten Gruben gefaßt werden, eingefallene Mauern sind in Standt zu setzen, baufällige Gebäude wieder herzustellen.

Da dieser Graben bereits als ein Malariaherd bekannt ist, so ist auf seine Regulierung noch vor der heißen Jahreszeit auf jeden Fall zu dringen; insbesondere muß der Graben überall leicht zugänglich und zu reinigen sein; Neuverunreinigung durch benachbarte Aborte u. pp. Gruben muß ausgeschlossen sein.

2. Der hinter dem Gärtner’schen Grundstück einherziehende Graben ist ebenfalls in Cementrinnen zu fassen damit eine regelmäßige Reinigung möglich ist.

3. Der vom Rathause nach dem Landgraben ziehende Graben ist ebenfalls aus Cementröhren unterirdisch herzustellen; dabei kann ein größeres Gefälle sehr gut dadurch erzielt werden, daß die Ausflußöffnung (gegenüber dem Brauer Morzynski’schen Grundstücke tiefer gelegt wird.

Die ehemalige Goldstraße - rechts müssten die Gräben des Maennel'schen und Gärtner'schen Anwesen angelegt gewesen sein - AK Sammlung Wojtek Szkudlarski [780]

Die ehemalige Goldstraße – rechts müssten die Gräben des Maennel’schen und Gärtner’schen Anwesen angelegt gewesen sein – AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

4. Die Pflasterung des östlichen Teils der Hinterstraße, welcher oft unpassierbar ist, muß als ein dringendes Bedürfnis bezeichnet werden.

5. Das Haus von Otto Hecke in der Hinterstraße ist, in seinem westlichen Teile jedenfalls, stark baufällig und zu schließen.

6. Baufällig ist ferner das Haus des Schuhmachers Zeidler am Alten Markt; ob dasselbe noch in bewohnbaren Zustand gebracht werden kann, muß von einem Bausachverständigen untersucht werden.

7. Auf das Schlafstellenwesen ist zu achten. Es muß dahin gestrebt werden, daß für die Lehrlinge etc. ausreichend große, genügend helle, trockene, geschlossene Räume beschafft werden. Jede Benutzung dieser Schlafträume zu anderen Zwecken (Aufbewahrung von Mehl, Gemüse etc., ist streng zu bestrafen.

8. Der Hof von Ferdinand Lüdke (Singer) muß gepflastert und sauber gehalten werden. Eine gemauerte und cementierte Abort- resp. Dunggrube ist anzulegen.

9. Das Gleiche gilt für den Hof des Fleischers Gustav Schmidt. Hier ist auch für die Abortgrube eine dichte feste Bedeckung notwendig.

10. Auf dem Hunold’schen Hofe (Rudolf Macus) muß eine gemauerte und cementierte Grube für den Dunghaufen hergestellt werden.

11. Das Gleiche gilt für die Abortgrube auf dem Hofe der Wwe. Basch. Es ist hier dafür zu sorgen, daß durch einen gepflasterten Rinnstein überfließende Abwässer in diese Grube abgeleitet werden. Die versumpften Stellen sind aufzufüllen und trocken zu legen.

12. Auf den Höfen des Bäckers Kaulfuss und von Otto Hecke (Hinterstraße) sind gemauerte, cementierte und gut gedeckte Abortgruben herzustellen.

13. Der alte offene Ziehbrunnen auf dem Hofe von Otto Hecke ist zu schließen.

14. Der Schlächter Janott ist wegen fortgesetzter Verunreinigung seines Hofes zu bestrafen; auf Reinlichkeit dieses Hofes ist ganz besonders streng zu achten, nachdem bereits ein Typhusfall hier vorgekommen ist.

Der ehemalige Alte Markt mit den Vorderansichten der Gebäude Kaulfuss und Hecke - AK Sammlung W. S [781]

Der ehemalige Alte Markt, links im Hintergrund mit den Vorderansichten der Gebäude Kaulfuss und Hecke – AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

15. Aus dem Kupczyk`schen Schlachthause führt eine Öffnung direkt auf den Hof hinaus in einen Rinnstein, der schließlich in den öffentlichen Graben mündet. In dem Rinnstein wird noch über 20 m vom Schlachthause entfernt blutige Flüssigkeit gefunden, während in der Senkgrube nur alte faulige Flüssigkeit steht. Die auf dem Hof frei mündende Öffnung ist unter Controlle zuzumauern, eventl. ist K. in Strafe zu nehmen.

16. Die Reinigung bzw. Entleerung der zu den Schlachthäusern gehörigen kleinen Senkgruben geschieht im Allgemeinen viel zu selten. Eine Controlle wäre hier sehr am Platze.

17. In den meisten Gast- und Schankwirtschaften fehlt die Polizei-Verordnung betr. Reinigung pp. des Trinkgeschirrs. Die Beschaffung und Befolgung dieser Vorschriften ist zu überwachen.

18. Der Fleischer Singer hat die Genehmigung zum Einrichten eines Schlachthause erhalten, ohne daß mir der Antrag zur Prüfung vorgelegen hat. Ich bitte feststellen zu lassen, aus welchem Grund des unterblieben ist.

Der Kreisarzt – gez. Dr. Buddee

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Quelle: Staatsarchiv Poznan – Stadtakten/Akta Miasta Nowy Tomysl 4385/0195 Ortsbesichtigung

Aus der Kirchenchronik von Hammer Boruy: Einpfarrung von Dorf Boruy zur Kirche von Hammer Boruy – 1835

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Pastor Rohrmann 1840)
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Dorf Boruy wird nach Hammer Boruy eingepfarrt [782]

Dorf Boruy wird nach Hammer Boruy eingepfarrt

„Einpfarr-Urkunde für Dorf-Boruy ist in den Akten im Kirchen-Archiv“ , so begann Pastor Rohrmann 1840 seine Ausführungen in der Kirchenchronik von Hammer Boruy. Anschließend fuhr er fort mit den Worten „Seit dem Jahre 1835 sind auch die evangelischen Einwohner des Dorfes Boruy zur Parochie Hammer-Boruy eingepfarrt. Die Einpfarrungs-Urkunde lautet so:

 * * *

Da in Gemäßheit der gesetzlichen Vorschriften des allgemeinen Landrechts Teil II Teil 11 § 293 alle Einwohner des Staates eine Kirche ihrer Religionspartei wählen müssen, zu welcher sie bestimmt gehören wollen, und die evangelischen Einwohner zu Boruy laut der hier in beglaubigter Abschrift beigehefteten Verhandlung vom 21ten Juni 1832 erklärt haben, sich zur evangelischen Kirche in Hammer-Boruy halten zu wollen, so wird von der unterzeichneten Königlichen Regierung hierdurch Folgendes festgesetzt.

1.            Zu der evangelischen Kirche in Hammer-Boruy werden die evangelischen Einwohner zu Dorf Boruy unter den in jener Anlage enthaltenen Bedingungen eingepfarrt. Sollte künftig ein diesen Einwohnern näher gelegenes evangelischen Kirchspiel gebildet werden, so bleibt ihnen unbenommen, sich wieder von der Parochie Hammer-Boruy zu trennen, ohne dass für diesen Fall Prediger und Kirchen-Kollegium von dem letzt gedachten Orte einen Anspruch auf Entschädigung erhalten.

 2.            Der Pfarrer der evangelischen Parochialkirche zu Hammer-Boruy tritt zu den neueingepfarrten in das Verhältnis des Pfarrers, und übernimmt alle Pflichten eines solchen gegen den eingepfarrten Gemeineglieder. Derselbe hat dagegen ein ausschließliches Recht auf alle bei letzeren vorfallenden Taufen und Trauungen, wofür er die Stolgebühren nach der in Hammer-Boruy üblichen Taxe bezieht. Nach eben dieser Taxe werden ihm die Stolgebühren bei Beerdigungen zu Teil, er möge diesen amtlich beiwohnen oder nicht. Ferner empfängt der Prediger von jedem Wirth vier, von jedem Gärtner aber nur zwei polnischen Mäßchen Korn.

3.            Außerdem zahlt jeder evangelische Einwohner zu Dorf Boruy zur Unterhaltung des evangelischen Kirchen-Systems in Hammer-Boruy alljährlich zu Martini jeden Jahres an die evangelische Kirchen-Kasse zu Hammer-Boruy denjenigen Beitrag, zu dessen Entrichtung er sich in der oben gedachten Verhandlung verpflichtet hat, und ist jeder Eigentümer eines Grundstücks verbunden, seinen Beitrag in das Hypothekenbuch seines Grundstücks eintragen zu lassen.

4.            Die evangelische Gemeine zu Hammer-Boruy räumt den evangelischen Einwohnern zu Dorf Boruy die Konkurrenz bei dem Wahlrechte im Falle einer entstehenden Vakanz der Predigerstelle, so wie das Recht an der Verwaltung des Kirchenvermögens Teil zu nehmen und gleiches Recht mit den anderen Eingepfarrten hinsichtlich der Kirchensitze ein.

5.            Die evangelischen Einwohner in Dorf Boruy sind, der übernommenen Verpflichtung gemäß, bei  vorfallenden Neubauten und Reparaturen in Ansehung der evangelischen Kirche oder der Pfarrgebäude zu Hammer Boruy nach den gesetzlichen Vorschriften und gleich den übrigen Eingepfarrten, sowohl in barem Gelde, als auch mit Hand- und Spanndiensten beizutragen.

Diese Einpfarrung und die obigen Bedingungen derselben ist durch das evangelischen Kirchen-Kollegium zu Hammer-Boruy laut der abschriftlich hier beigehefteten Erklärung desselben vom 21. Juni 1832 und laut der vom Patron der Kirche, Herrn Geheimen Ober-Regierungs-Rath v. Schütz zu Berlin abgegeben, hier ebenfalls in Abschrift beigehefteten Erklärung vom 16. Juni 1833 genehmigt worden.

Urkundlich unter dem Königlichen Regierungs-Insiegel und der geordneten Unterschrift.

Posen, den 19 Dezember 1835 – (L.S.) – Königlich Preußische Regierung – Abtheilung für die Kirchenverwaltung u. das Schulwesen – gez. Stroedel

* * *

Verhandlung betr. die Einpfarrung des Dorfes Boruy vom 21. Junius 1832 mit der Gemeine

Einpfarrungs-Urkunde No 1543/11 35 II Abschrift: Verhandelt zu Hammer am 21. Juni 1832.In dem auf heute behufs der Einpfarrung des Dorfes Boruy zur evangelischen Kirche in Hammer-Boruy anstehenden Termine gestellten sich auf ergangene Vorladung:

I. Die Gemeinde des Dorfes Boruy nämlich
1. Gottlieb Pfeiffer, Gerichtsschulze; 2.Christian Koschuetzki, Gerichtsmann; 3. Gottlob Gleissert, Gerichtsmann;
die Ackerwirthe
4. Gottlob Redlich, 5.Gottlob Lange; 6. Gottfried Zippel, 7. Christian Fechner; 8. Gottlob Reich; 9. Christian Paelchen; 10. Gottlob Fechner; 11. Christian Jaekel; 12. Gottfried Schulz; 13. Gottfried Haeusler; 14. Christian Gleissert; 15. Christian Lehmann; 16. Gottlob Hoffmann; 17. August Paech; 18. Gottlob Lehmann; 19. Gottfried Lehmann
die Gärtner
20. Gottlob Brauer, 21. Christian Rochow und 22. Gottfried Rochow
II. Das Kirchen-Kollegium von Hammer-Boruy, nämlich:
1. der Herr Pastor Schulz; 2. Christoph Kutzner, Kirchenvorsteher aus Alt Boruy; 3. Michael Giering, Kirchenvorsteher aus Neu-Boruy; 4. Samuel Franke, Kirchenvorsteher aus Szarke
 III. Namens des Dominii Hammer aus des Patrons der in Rede stehenden Kirche:
der Herr Commissarius Busse.

 Zunächst wurden die anwesenden Mitglieder der ad I. erwähnten Gemeine gefragt, zu welcher Kirche sie sich halten wollen. Sie erklärten: dass sie sich nach wie vor zu der Kirche in Hammer-Boruy halten und sich auch zu derselben einpfarren lassen wollen. Hierauf wurde die Gemeinde ferner befragt, ob sie sich definitiv oder nur als Gastgemeinde einpfarren lassen wolle, wobei derselben eröffnet würde, dass sie sich im ersteren Falle verbindlich machen müsse:

a)  alle Ministerial-Handlungen von dem Prediger zu Hammer-Boruy verrichten zu lassen und die Gebü(h)ren nach der üblichen Stoltaxe dafür zu entrichten;
b)  zu den Kirchen und Pfarrbauten gleich der übrigen Eingepfarrten beizutragen;
c)  zur Erhaltung des Kirchen-Systems mit einer von jedem einzelnen zu bestimmenden Summe zu contribuieren

Es wurde ihnen außerdem auseinandergesetzt, dass falls sie sich weigerten, diese Bedingungen anzunehmen, die Höhe der Beiträge und die anderen Verpflichtungen in dem Einpfarrungs-Decret festgestellt werden würden, dass dagegen der Patron und das Kirchen-Kollegium, falls sie jene Verpflichtungen eingingen, ihnen dieselben Recht, wie den übrigen Eingepfarrten zustehen müssten, und es endlich der Gemeinde freistehe, sich, falls in der Folge ein näheres Kirchen-System errichtet werden sollte, ohne Entschädigung zu leisten, an das letztere anzuschließen.

Die versammelten Vorsteher und Gemeindemitglieder erklärten hier, auf einstimmig, wir wollen alle Ministerial-Handlungen von dem Prediger zu Hammer-Boruy verrichten lassen und die Gebühren dafür nach der bei dieser Kirche üblichen und hinlänglich bekannten Stoltaxe bezahlen. Wir haben einen besonder(e)n Begräbnis-Platz, und machen uns anheischig, den Prediger, auch wenn er nicht besonders aufgefordert wird, dem Begräbnisse zu assistieren /: ein Fall der noch nicht vorgekommen :/ die in der genannten Stoltaxe für Begräbnisse bestimmten Sätze zu bezahlen.

Zu den Kirchen- und Pfarrbauten wollen wir gleich den übrigen Eingepfarrten sowohl in barem Gelde als mit Hand- u. Spanndiensten nach dem allgemeinen Land Recht Tfl. II Tit. II, § 714 sgg. beitragen.  Zur Erhaltung des Kirchen-Systems hat bis jetzt jeder Wirth an Stollengeld 10 Sgr geschrieben Zehn Silbergroschen jährlich und jeder Gärtner 5 Sgr. geschrieben Fünf Silbergroschen jährlich, so wie außerdem jeder Wirth dem Prediger vier polnische Mäßchen Korn entrichtet.

Von der zuerst gedachten Geldsumme haben wir bisher nur sieben Thaler fünf Silbergroschen jährlich an die Kirchen-Kasse gezahlt, und das, was durch die gedachten Beiträge über diese Summe aufkam, für die Reparatur des Kirchhofzauns zurückbehalten, und wollen es auch für die Zukunft so gehalten wissen. Unter dieser Maßgabe werden wir diese Kirchen-Abgabe sowohl an Geld als Naturalien hypothekarisch auf unsere Kosten auf unsere Grundstücke  eintragen lassen. Die Eintragung würde dann in der Art geschehen, dass sich

jeder einzelne Wirth a) zu zehn Silbergroschen bar, b) zu vier polnischen Mäßchen Korn
und jeder Gärtner a) zu fünf Silbergroschen und b) zu zwei polnischen Mäßchen Korn

verpflichtet. Wogegen das Kirchen-Kollegium von der ganzen Gemeinde an barem Geld jährlich nur Sieben Thaler fünf Silbergroschen einziehen darf, und uns das Übrige für den gedachten anderweitigen Zweck überlässt.

Dem Prediger werden wir das erwähnte Korn nach wie vor entrichten. Von der Befugnis, uns später von dem Kirchen-System zu trennen und uns an ein anderes etwas näher zu errichtendes anzuschließen, werden wir sobald keinen Gebrauch machen können, behalten uns dieses jedoch für den eintretenden Fall vor. Dagegen bitten wir nunmehr, uns auch alle Recht der Eingepfarrten namentlich auch in Hinsicht der Kirchensitze zu verleihen.

Das Kirchen-Kollegium, so wie der Herr Commissarius Busse, letzterer jedoch unter Vorbehalt der nachträglich beizubringenden Vollmacht des Herrn Geheimen Rats von Schuetz als Patron genehmigen die vorstehenden Erklärungen der Gemeine, und räumen derselben das Recht ein, an der Wahl des Prediger und an der Verwaltung des Kirchenvermögens Teil zu nehmen, so wie ihn in Hinsicht der Kirchensitze gleiche Rechte mit den anderen Eingepfarrten zu zugestehen.

Was die Vermögensverwaltung anbetrifft, so werden wir in derselben keine Änderung verlangen, sondern wollen diese Sache in der bisherigen Gestaltung belassen.

Der erwähnte Begräbnisplatz in Boruja im Jahr 2008 - EA [783]

Der erwähnte Begräbnisplatz im Jahr 2008 – EA

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben, so wie für die des Schreibens Unkundigen unter dem Comparenten von dem Pastor Schulz unterzeichnet.

Für mich, wo wie für diejenigen Comparenten, welche als Schreibens-Unkundige die Verhandlung mit unterkreuzt haben

Schulze PfarrerChristoph KutznerMichael GieringSamuel FrankeBusse – a.u.s. Bitter, stellvertretender Landrat Bomster Kreises.

Verhandlung betr. die Einpfarrung des Dorfe Boruy vom 21. Juni 1882 mit dem Kirchen-Collegie Verhandelt Hammer, den 21. Juni 1832

In der Angelegenheit, betreffend die Einpfarrung des Dorfes Boruy zu der evangelischen Kirche in Hammer Boruy wurde heute das Kirchen-Kollegium dieser Kirche, bestehend aus

  1. dem Herrn Pastor Schulz
  2. den Kirchenvorstehern: Christoph Kutzner, Michael Giering, Samuel Franke

über die Erklärung der erwähnten Dorfgemeinde vom heutigen Tage vernommen, und erklärte dasselbe einstimmig, dass es die Einpfarrung nach Maßgabe der von der Gemeine abgegebenen Erklärung in allen Punkten accoptiere, den Interessenten das Rech einräume, an der Wahl des Predigers und an der Verwaltung des Kirchenvermögens Teil zu nehmen, und in Hinsicht der Kirchensitze gleiche Rechte mit den anderen Eingepfarrten zugestehe.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben:

Schulze, PfarrerKutznerFrankeMichel Giering – a. u. s. Bitter, stellvertretender Landrat Bomster Kreises

Verhandlung betr. die Einpfarrung des Dorf Boruy vom 21. Juni 1832 mit dem Hr. Comissarius Buss nomine Dominii et patronatus Verhandelt Hammer, den 21. Juni 1832

In der Angelegenheit, betreffend die Einpfarrung des Dorfes Boruy zu der evangelischen Kirche in Hammer-Boruy wurde heute der Herr Commissarius Busse nomine Dominii et patronatus über die Einpfarrungs-Verhandlung vom heutigen Tage befragt, und erklärte:

dass er die Einpfarrung nach Maßgabe der von der Gemeine Boruy abgegebenen Erklärung überall acceptiere, der Gemeine das Recht einräume, an der Wahl des Predigers und der Verwaltung des Kirchenvermögens Teil zu nehmen, und ihnen in Hinsicht der Kirchensitze gleiche Rechte mit den übrigen Eingepfarrten zustehe; sich jedoch für seine dies fällige Erklärung die Genehmigung des Patrons Geh. Rats von Schütz in Berlin vorbehalte, und dessen Special-Vollmacht für diesen Akt nachbringen werde.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben

Busse, a. u. s. Bitter, stellvertretender Landrat Bomster Kreises

Zeugnisse über die Authenticität der vorstehenden Verhandlung vom 23. und 24. November 1835   

Das Vorstehende, durch Heft und Siegel verbundenen, drei Verhandlungen, welche in der Einpfarrungs-Angelegenheit der evangelischen Wirte zu Dorf Boruy mit den Interessenten von dort, mit den Kirchenvorstehern hierselbst und mit dem General-Bevollmächtigten des Dominii Hammer Herrn Busse von Sr. hochwohlgeboren dem königlichen Landrat Herrn Bitter d.d. Hammer 21. Juni 1832 aufgenommen worden sind, wir hiermit der Wahrheit gemäß bescheinigt. Hammerboruy, den 23. November 1835

Das Kirchen-Collegium zu Hammerboruy – gez. Giering – Kutzner – Schulz – Muster – Schulze, Pfarrer, (L.S.)

Hammer, den 24. November 1835                          Boruy, den 24. November 1835

Königlicher Bezirks-Woyt                                            das Schulzen-Amt
Busse                                                                                  gez. Fechner, Jäkel, xxx Gottlieb Redlich
als Zeuge Jahns

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Quelle: Kirchenchronik der evangelischen Kirche zu Hammer Boruy – mit der Erlaubnis des Probstes von Boruja Kościelna – Krystjan Grabijas

Parochie des St. Wojciech (Heiliger Adalbert)

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Weitere Beiträge aus und auf Daten der Kirchenchronik basierend:

 

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 85 – Wohnhaus, Betsaal, Kirche und eine Windmühle – Teil 2

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Bockwindmühlen im Tomischler Hauland - Fotoaufn. Enderich, in Privatbesitz [784]

Bockwindmühlen im Tomischler Hauland – Fotoaufn. Enderich, in Privatbesitz

In Teil 1 unseres Artikels zur Gebäude No. 85 [768] haben wir  ja bereits geschrieben, dass unter Nummer 85 “ … in den alten Aufzeichnungen aus dem Jahr 1836 bereits die Bockwindmühle des Johann Wilhelm Stahn erwähnt“ wurde, wobei die Bezeichnung „Hinterstraße“ nicht  vorkommt.

Errichtet „von Fachwerk aus kiefernen Balken von 6 Zoll stark, auswendig mit Brettern und auf der Wetterseite noch außerdem mit Schindeln verschlagen“ war diese Mühle 18,5 Fuß lang, 17 Fuß breit (ca. 5,7×5,4m) und mit ihren 2 Etagen 26 Fuß (ca. 8,3m)hoch. Der Zustand war gut; der Läuferstein mit eisernem Reifen wurde „alle Jahre“ repariert. Als einzige Standorteingrenzung findet sich bei diesem Gebäude, dass sie „von der nächsten Mühle 11 1/2 Ruthen entfernt“ stand. Ihr Alter wurde mit 45 Jahren angegeben. Die Mühle war also um 1791 gebaut worden. Altersangaben von Windmühlen sagen allerdings nichts darüber aus, dass sie immer ein und derselben Standort gehabt haben.

Dieser Teil befasst sich nun etwas genauer mit der Bockwindmühle des Johann Wilhelm Stahn, da diese den ein oder anderen Anlass zu Spekulationen liefert bzw. auch schon lieferte.

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Links das ehem. Villenviertel der Stadt, im Hintergrund die "Würdige Alte" Windmühle des letzten Besitzers Reisch - AK in Privatbesitz [785]

Links das ehem. Villenviertel der Stadt, im Hintergrund die „Würdige Alte“ Windmühle des letzten Besitzers Reisch – AK in Privatbesitz

Trotz intensiver Prüfung der alten Unterlagen fand sich nur  eine weitere Erwähnung dieser  Windmühle mit der Gebäudenummer 85. Diese ist aus dem Jahr 1856, also 20 Jahre später.  In einem Dokument erklärte der damalige Besitzer, Heinrich Thiesler, dass er auch das „gehende“ Werk der Mühle, von welchem er bis zu dieser Erklärung angenommen hatte, dass es versichert gewesen wäre, was aber nicht der Richtigkeit entsprochen hatte, nun zu versichern wünsche.

Die Erwähnung des Namens Tiesler als Besitzer einer Windmühle findet sich wiederum im Artikel über die letzten Mühlen der Gegend [771] aus dem Jahr 1912 des K. E. Goldmann, ehemaligem Heimathistoriker in Neutomischel.

Es heißt in diesem:  „Jetzt erinnert nur noch eine übrig gebliebene Windmühle an der westlichen Seite der Neustädter (früher Tirschtiegeler) Straße zwischen Stadt und der so genannten Rutschkowe an die Blütezeit der Windmüllerei. Auf ihrem Sattelbalken befindet sich die Inschrift: „M C G Anno 1791“. Diese würdige Alte, die bereits hat „rücken“ müssen, stand früher an der Stelle der heutigen Buddeeschen Villa und gehörte Tiesler, welcher sie an Gottlieb Reisch verkaufte, und von diesem wurde sie auf Rollen nach ihrem heutigen Standplatz geschafft.“

Die Besitzer der Mühle: Stahn um 1830, Tiesler um 1851, Reisch ab ca. 1866 [786]

Die Besitzer der Mühle: Stahn um 1830, Tiesler um 1851, Reisch ab ca. 1866

Die Buchstaben der am Sattelbalken erwähnten Inschrift wurden einmal gedeutet als vorangestellt der damalig geführte Titel,  M = „Müllermeister“, und daran anschließend die Initialen des Besitzers, C G. Weiter wurde ausgeführt, dass im Stammbuch der Müllermeister [787] aus dem Jahr 1787 sich lediglich der Mstr. Christian Giese, geboren ca. 1736 und verstorben 1797, Erbbesitzer einer Windmühle in Tomysl, dem späterem Alt Tomysl, finden würde, zu welchem diese Annahme passen würde.

Zu dieser Theorie findet sich jedoch keinerlei Beweis.

Gefunden wurde eine Familie Johann Wilhelm Stahn, Bürger und Müllermeister zu Neutomischel und verheiratet mit Johanna Friederika geboren Pflaum, welche im Dezember 1830 in Neutomischel heirateten. Im November 1830, also einen Monat vor der Eheschließung, trat der Meister Johann Wilhelm Stahn der Müllerinnung der Stadt bei.

Als Kinder dieses Ehepaares  finden sich dann in den Kirchenbüchern der Stadt: 1831 Auguste Hermine, 1833 Amalie Ernestine Friederike (später verehelichte Walther), 1835 Emilie Louise (sie verstarb 1836) , 1836 Friedrich Wilhelm (er verstarb 1837), 1838 Friedrich Ernst, 1839 Louise Maria Amalie, 1842 Friedrich Wilhelm Reinhold (er verstarb 1843) und 1845 Adelgunde Bertha.

Familie R. Reisch vor ihrem Wohnhaus am Neuen Markt - ca. 1925 - Aufn. v. A. Kraft [788]

Familie R. Reisch vor ihrem Wohnhaus am Neuen Markt – ca. 1925 – Aufn. v. A. Kraft

Zu Auguste Hermine Stahn, sie war im  August 1831 als älteste Tochter und auch ältestes Kind der Eheleute geboren worden findet sich dann im July 1851 die Eheschließung  mit Ernst Heinrich Thieselek, ca. geboren 1823, welcher als Bürger und Müllermeister angegeben wurde.

Kurz zuvor findet sich in dem schon erwähnten Stammbuch der Müllermeister [787] ein hierzu passender Eintrag:

1851 22.April Vor dem versammelten Vorstande meldete sich heute der Müller Heinrich Tiesler, und trägt darauf an ihn als Mitglied der hiesigen Innung aufzunehmen. Da der Tiesler seine Befähigung zum selbstständigen Betriebe des Müller Handwerk durch Vorzeigung des ihm von der Hauptprüfungs Commission ertheilten Prüfungszeugniß dargethan hat, und sich verpflichtet allen denen ihm obliegenden Pflichten als Mitglieder der hiesigen Inn<ung treulich nach den Statuten nach zu kommen, so wird er mittelst Handschlag an Eidesstatt als Mitglied der hiesigen Inung verpflichtet aufgenommen“

Sein Name, der auch Thieseler und letztlich Tiesler geschrieben wurde war also vermutlich nach Neutomischel zugezogen und hatte mit der Eheschließung die elterliche Mühle seiner Braut übernommen und diese wurde dann zur „Mühle des Tiesler“. Da aus dem Eheeintrag hervorgeht, dass der Vater der Braut verstorben war, ist ein solches, obwohl nur Vermutung, anzunehmen.

In der ersten Erwähnung aus dem Jahr 1836 findet sich, dass sie 11 1/2 Ruthen von einer anderen Mühle entfernt stand. Das Längenmaß Rute wurde in den unterschiedlichsten Längenmaßen verwendet. Wenn die Rute mit 3,766242 m (vgl. Alte Maße und Gewicht in Preußen = Enzyklopädie Wikipedia [789]), war die Abstand 43,3 m zur nächstgelegenen Mühle. Genauer erfahren wir durch diese Angabe allerdings nicht, wo sich die Mühle tatsächlich befunden hat.

Auch wurde nur eine weitere Erwähnung zu dem Müller Tiesler aus dem Jahr 1854 gefunden; er wurde in den Wahlunterlagen als der Vorsitzenden der Müllerinnung genannt; rechnerisch müsste er zu diesem Zeitpunkt circa 31 Jahre alt gewesen sein.

Wenn wir den vorerwähnten Daten und Annahmen folgen und dann dazu die Ausführungen des K. E. Goldmann einbeziehen, verkaufte Tiesler die Mühle an Gottlieb Reisch. Bis zu diesem Zeitpunkt, so Goldmann, stand die Mühle an der Stelle der späteren Buddee’schen Villa.

War diese Standort Angabe vielleicht der Grund warum die Mühle lediglich im Jahr 1836 und dann nur noch einmal 1856 Erwähnung fand ? Das Gebiet, auf dem später die Buddee Villa entstand gehörte in früherer Zeit zu Glinau; eine Eingemeindung nach Neutomischel war erst viel später erfolgt. Hatte man deshalb vielleicht die eigentlich vergebene Gebäudenummer 85, als man den Irrtum bemerkte einfach nochmals, jetzt an das Haus Stellmacher, verteilt ? War bzw. ist die Annahme, dass die Mühle einst in der „Hinterstraße“ gestanden hat falsch ? Stand sie vielleicht schon immer am stadtseitigen Anfang der späteren Neustädter Straße, der heutigen 3 Stycznia ? Solange die Unterlagen von Glinau verschollen bleiben, werden die Fragen wohl nicht beantwortet werden können.

Beschriftung auf der Rückseite: "Die letzte Neutomischeler Bockwindmühle des Reisch. 1912 (von Westen gesehen) Aufn. Fotoatelier P. Schulz - Bild im Privatbesitz D. Maennel [790]

Beschriftung auf der Rückseite: „Die letzte Neutomischeler Bockwindmühle des Reisch. 1912 (von Westen gesehen) Aufn. Fotoatelier P. Schulz – Bild im Privatbesitz D. Maennel

Das unter dem Mühlenflügel erkennbare Haus in der 3. Stycznia im Jahr 2012 - Aufn. PM [791]

Das unter dem Mühlenflügel erkennbare Haus in der 3. Stycznia im Jahr 2012 – Aufn. PM

Es ist eine Annahme, dass der Verkauf zwischen Tiesler und Reisch im Jahr 1866 stattgefunden hat. In diesem Jahr hatte Johann Gottlieb Reisch (geboren 1842)  im Oktober die Ehe mit Johanna Paulina Liepelt (geboren 1841) geschlossen; aus diesem Anlass könnte die inzwischen 75 Jahre alte Mühle angekauft worden sein um die Lebensgrundlage der Familie zu bilden.

Unter diesem neuen Besitzer hat dann die Umsetzung von ihrem Standplatz bei der späteren Buddee’schen Villa zu ihrem letzten Standplatz in die Windmühlenstraße, der heutigen Wiatrakowa stattgefunden.

Zu wann dann die Mühle auf den im September 1880 geborenen Sohn Carl Robert Reisch und dessen Ehefrau  Anna Maria geborene Liepelt (geboren 1888), einer Nichte seiner Mutter,  überging war nicht feststellbar. Vielleicht war es im Jahr 1910 dem Jahr der Eheschließung dieser letzten Besitzer.

Hier nun endet dieser Beitrag über Die Alte würdige, wie diese Mühle, so Goldmann,  genannt worden war. Sie hatte schon ihren schweren Kampf gegen die technische Entwicklung antreten müssen; in Neutomischel waren die Dampfmühlen Maennel und Schmidt weitaus leistungsfähiger als sie gewesen, als Krieg und Vertreibung sie zum endgültigen Stillstand brachte.

Nach dem Krieg nahm niemand mehr den Betrieb auf, das Holz des Bauwerkes wurde morsch, die Wettereinflüsse taten ihr übriges. Der Wind, der sie früher angetrieben hatte, soll sie Mitte der 50iger Jahre  bei einem Gewitter schwer beschädigt und zum Teileinsturz gebracht haben, woraufhin sie später endgültig abgerissen wurde. Annähernd 154 Jahre alt war diese Mühle geworden.

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Gebäude der Staatsanwaltschaft, Budynek Prokuratury Rejonowej w Nowym Tomyślu - Aufn. 2008 PM [792]

Gebäude der Staatsanwaltschaft, Budynek Prokuratury Rejonowej w Nowym Tomyślu – Aufn. 2008 PM

Gebäude der Staatsanwaltschaft, Budynek Prokuratury Rejonowej w Nowym Tomyślu - Aufn. 2009 PM [793]

Gebäude der Staatsanwaltschaft, Budynek Prokuratury Rejonowej w Nowym Tomyślu – Aufn. 2009 PM

In unserem Artikel  über die Gebäudenummer 85 haben wir einiges aus alten Unterlagen zusammengetragen; und doch blieben viele Fragen offen.

Vom Grundstück und den Gebäuden der Familie Stellmacher in der ehemaligen Hinterstraße, der heutigen Długa, Ecke Sniadeckich ist nichts mehr erhalten. Wir haben gehört, dass in der ersten Nachkriegszeit ein Kindergarten in dem alten Gebäude untergebracht worden war. Danach soll noch der Verband der Bauernjugend ihre Räume in dem Gebäude gehabt haben. Da die Bausubstanz aber zu schlecht war, die Reparaturen zu viele wurden, wurde das Gebäude letztlich abgerissen.

Heute steht auf dem Anwesen das im Jahr 1974 errichtete Gebäude der Staatsanwaltschaft, Budynek Prokuratury Rejonowej w Nowym Tomyślu, der Stadt.

Während die Ausarbeitungen zum „Stellmacher-Haus“ durch die Vielzahl von Einzelunterlagen zu einem doch recht vollständigem Bild zusammengefügt werden konnten, war dieses zu der Mühle, welche ebenfalls unter der Nummer 85 gestanden haben soll, nicht möglich, es blieben zu viele Fragen.  Allein der Wandel der Zeit von der Mechanik zur Technik löschte viel Wissen. Hier haben wir dem ehemaligen „Heimathistoriker“ K.E. Goldmann zumindest zu verdanken, dass überhaupt noch etwas aus der Zeit der „hölzernen Riesen“ der Stadt und Umgegend überliefert ist.

Die letzte Bockwindmühle der Stadt, rechts die Ecke des Hauses - Bild Privatbesitz Fam. Reisch [794]

Die letzte Bockwindmühle der Stadt, rechts die Ecke des Hauses – Bild Privatbesitz Fam. Reisch

Der letzte Standort der Mühle 3. Stycznia, Ecke Wiatrakowa - Aufn. 2010 GT [795]

Der letzte Standort der Mühle 3. Stycznia, Ecke Wiatrakowa – Aufn. 2010 GT

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Schöffengerichtssitzung vom 10. Februar 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsprotokoll)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte; Schöffen waren die Herren Eigentümer Sägner-Sempolno und Eigentümer Roy– Glinau

Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Der Fleischergeselle Becker, früher in Neutomischel, war angeklagt, in 27 Fällen durch Vorspiegelung falscher Tatsachen das Vermögen des Fleischermeisters Weinert hier (Neutomischel)  beschädigt zu haben. Er wurde mit 2 Wochen Gefängnis bestraft.
  2. Der Maurer Paul Sperling aus Blake wurde von der Anklage, dem Wirt Muß 20 Mk. entwendet zu haben, freigesprochen
  3. Gastwirt Otto Fenske zu Glashütte hatte gegen zwei Strafbefehle Einspruch erhoben, welche er wegen Tanzabhaltens ohne polizeiliche Erlaubnis und wegen Verabfolgens von Getränken über die Polizeistunde hinaus erhalten hatte. Er wurde wegen des ersteren Falles freigesprochen, wegen letzteren Vergehens  dagegen zu der im Strafbefehl festgesetzten Geldstrafe von 5 Mk. verurteilt.
  4. Eigentümer Gierke aus Altborui hatte den Kaufmann Rausch-Kirchplatz gröblich beleidigt und mit der Begehung eines Verbrechens bedroht. Er wurde mit 30 Mk. bestraft.
  5. Eigentümer Knoll II aus Alttomischel war angeklagt, seinen Stiefvater, den Ausgedinger Pochstein, körperlich schwer mißhandelt zu haben. Hierfür erhielt er 20 Mk. Geldstrafe.
  6. Volksanwalt Valentin Spichalski von hier war des versuchten Betruges angeklagt, er wurde jedoch freigesprochen.

Aus der Kirchenchronik von Hammer Boruy: Einweihung der Kirche 1777 und Einpfarrung der Gemeinde Cichagora 1817

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Pastor Robert Adolph Rohrmann - 1840)
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Cichagora wird nach Hammer Boruy eingepfarrt - Karte: http://mapy.amzp.pl, Postkarte: A. Kraft [796]

Cichagora wird nach Hammer Boruy eingepfarrt – Karte: http://mapy.amzp.pl, Postkarte: A. Kraft

Im Jahr 1840 begann Pastor Robert Adolph Rohrmann eine Kirchenchronik für das Kirchspiel. Er bereitete in dieser die Anfänge mit einigen kurzen Beiträgen auf.

Sehr interessant ist z. B. der Punkt, dass die evangelische Gemeinde Chichagora ab dem Jahr 1775 zur evangelischen Kirche in Grätz gehörte und erst mit dem Jahr 1819 die offizielle Einpfarrung nach Hammer Boruy erfolgte.

Nachfolgend die Ausführungen des Pastor Rohrmann, die er zur Einweihung der Kirche und der ersten und ältesten Zugehörigkeit der Gemeinden verfasste.

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Einweihung der Kirche

Im Winter des Jahres 1775 wurden alle zum Aufbau der Kirche erforderlichen Materialien angefahren, die Kirche selbst am 3ten September 1776 gehoben und unter Dach gebracht und im Laufe dieses und des folgenden Jahres ausgebaut, so dass am 1ten Junius 1777 durch den Pastor Herrn Nikisch aus Wollstein die neue Kirche feierlichst eingeweiht wurde. Die Parochie Hammer-Boruy umfasste in den ersten Zeiten ihres Bestehens die Holländer-Gemeinen Alt-Boruy, Neu-Boruy, Szarke und Hammer. Später wurde die Holländer-Gemeine Cichogora eingepfarrt.

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Blick über die Hopfenfelder von Cicha Góra [797]

Blick über die Hopfenfelder von Cicha Góra

Umpfarrung Decret für die Gemein Cichogora. 

Das Umpfarrungs-Decret lautet wie folgt: Die evangelischen Einwohner der Hauländer Gemeinde Chichogora, welche durch die Kirchen- und Einpfarrungs-Kommission laut Verhandlung vom 13ten und 14ten November 1775 zu der evangelischen Kirche zu Graetz eingepfarrt worden, haben, als die Prediger-Stelle daselbst erledigt war, darauf angetragen, sie von Graetz, welches an zwei Meilen von ihnen entfernt liegt, auszupfarren und sie dem später entstandenen evangelischen Kirchspiel zu Hammer Boruy, von wo sie nur eine Viertelmeile entlegen sind, einzuverleiben.

Sämtliche hierneben angeführte Verhandlungen sind im Kirchen-Archiv enthalten.

Dieselben haben sich vermöge der von dem Friedens-Gerichte zu Wollstein am 6ten September 1817 aufgenommenen Verhandlung verpflichtet, den Beitrag, den sie in Folge der Einpfarrungs-Verhandlung vom 13ten und 14ten November 1775 und der gleichförmigen Erlaubnisse vom 14ten October 1799 und 26ten November 1801 an die evangelische Kirchen-Kasse zu Graetz jährlich mit 14 Thlr. 16 gg Vierzehn Thaler, Sechszehn Groschen zu zahlen haben und worüber am 17ten April 1818 die am 9ten November 1818 gerichtlich anerkannte Repartition angelegt worden, fortwährend an die Kirchen-Kasse zu Graetz zu entrichten, und es ist ihnen dagegen die Umpfarrung von Graetz nach Hammerboruy von der unterzeichneten Regierung nachgegeben worden. Es wird demnach festgesetzt:

§1

Die evangelischen Einwohner der Hauländer Gemeine Cichogurre werden hiermit von dem Parochie-Verbande mit dem evangelischen Kirchen-System zu Graetz gegen die übernommene Verpflichtung fortwährend jährlich einen Betrag von 14 Thaler 16 gg Vierzehn Thaler, Sechszehn gut Groschen an die evangelische Kirchen-Kasse in Graetz zu zahlen, getrennt, und zu der evangelischen Parochial-Kirche zu Hammerboruy eingepfarrt.

§2

Der Pfarrer der evangelischen Parochial-Kirche zu Hammerboruy tritt zu den evangelischen Einwohnern der Hauländer Gemeine Cichogurre in das Verhältnis des Pfarrers. Er hat ein ausschließliches Recht auf Taufen und Trauungen, auf Begräbnisse, indes nur in soweit, als die Eingepfarrten, wenn sie ihren eigenen Begräbnis-Platz haben, seine Assistenz dabei verlangen, und bezieht die Stolgebühren nach der in Hammerboruy üblichen Taxe. Dagegen wird der Pfarrer verpflichtet, auch alle Pflichten eines Geistlichen gegen die evangelischen Einwohner dieser eingepfarrten Ortschaft zu übernehmen.

§3

Bei vorfallenden Kirchen- und Pfarrläuten leisten die evangelischen Einwohner der neu eingepfarrten Gemeine Cichogurre ihre Beiträge nach dem in dem Gesä(e)tzen bestimmten Verhältnisse.

§4

Außerdem haben die evangelischen Einwohner der Chichogurrer Hauländer-Gemeine sich laut Verhandlungen vom 5ten September 1817 und 17 April 1818 verpflichtet, an die Kirchen-Kasse zu Hammerboruy zu zahlen:

a.  Ein für allemal 100 Thlr. Hundert Thaler in zwei Terminen, nämlich 50 Thlr gleich nach erfolgter Umpfarrung, und ein halb Jahr später, die übrigen 50 Thaler.

b.  Jährlich für den Prediger Zehn Thaler und für den Kantor Fünf Thaler, und sollen deshalb die in der gerichtlich anerkannten Repartition vom 17 April 1818 regulierten Beiträge hypothekarisch sicher gestellt und eingetragen werden

§5

Dagegen überweiset das evangelische Kirchen-Kollegium zu Hammerboruy den eingepfarrten evangelischen Einwohner der Chichogurrer Hauländer-Gemeine 60 Sechzig Kirchstellen unentgeltlich, und räumt denselben überdies die Befugnis ein, bei Besetzung der Prediger-Stelle an dem Wählerrechte gleich den übrigen Eingepfarrten teil zu nehmen.

Posen, den 11ten September 1819

(L.S.) – Königlich Preußische Regierung I – gez.  Munth Schupert Erbausch

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Quelle: Kirchenchronik der evangelischen Kirche zu Hammer Boruy – mit der Erlaubnis des Probstes von Boruja Kościelna – Krystjan Grabijas
Parochie des St. Wojciech (Heiliger Adalbert)

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Weitere Beiträge aus und auf Daten der Kirchenchronik basierend:

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 85 – Wohnhaus, Betsaal, Kirche und eine Windmühle – Teil 1

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Um 1895 - links die Luth. Kirche - rechts das ehemalige Pfarrhaus, das letzte Haus der Familie Stellmacher [798]

Um 1895 – links die Luth. Kirche – rechts das ehemalige Pfarrhaus, das letzte Haus der Familie Stellmacher / Bild: Privatbesitz D. Maennel

Für einen zeitlichen Überblick wurden Daten aus dem von Otto Schilter verfassten Artikel über die evangelisch lutherische Gemeinde  [799], welche aber ergänzt wurden, genutzt :

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Martin Stellmacher, Aufnahme um 1884 / Bild: Privatbesitz D. Maennel [800]

Martin Stellmacher, Aufnahme um 1884 / Bild: Privatbesitz D. Maennel

Angehörige dieser Gemeinde waren auch Carl Heinrich Stellmacher und dessen Ehefrau Emilie Ferdinandina Doris geborene Frey. Er war ab dem 01. März 1836 als Wundarzt I. Classe und dann ab dem 12. April 1836 als Geburtshelfer tätig gewesen. Ab dem 23. Jun 1838 hatte er die Anstellung als königlicher Kreischirugius inne und wohnte in Neutomischel. Im Jahr 1839 findet sich als erster Hinweis auf die Familie im Kirchenbuch der seinerzeit evangelischen (unierten) Gemeinde der Stadt der Geburts- und Taufeintrag der gemeinsamen Tochter Agnes. Die Familie wurde in den nächsten Jahren rasch größer, sodass vermutlich der Entschluss zur Errichtung eines eigenen Hauses gefällt wurde.

Stellmacher’s müssen tief in Ihrem evangelisch lutherischen Glauben verwurzelt und engagiert in Ihrer Kirche gewesen sein, denn der Neubau aus dem Jahr 1844 unterlag einer besonderen Planung: in ihm war ein Betsaal für die evangelisch lutherische Gemeinde integriert worden.

Nicht ganz sicher ist, ob daraus der Schluß gezogen werden kann, dass auch der letzte eingangs erwähnte Antrag aus dem Jahr 1843 des Johann Tepper mit der Bitte zur Errichtung eines Bethauses abgelehnt worden war, zu vermuten ist es aber.

In der Beschreibung des Anwesens aus dem Jahr 1844 findet sich , dass dieses neu errichtete Haus  „in der Hinterstraße ganz frei liegend“ stand. „Nach der Morgenseite (Osten) liegt in weiter Ferne kein Gebäude. Nach der Mitternachtsseite (Norden) desgleichen.  Doch liegt die Ecke des Stalles 9 Fuß von der Mitternachts- und Morgen Ecke des Hauses No. 85 entfernt. Nach der Mittagsseite (Süden) liegt ein kleines einzeln stehendes Wohnhaus über die Straße weg. Nach der Abendseite (Westen) eine kleine einzeln stehende Scheune 35 Fuß entfernt.“

Die Hinterstraße, bekannt als spätere Langestraße und heute den Namen Długa führend, war in jener Zeit vermutlich nicht viel mehr als ein Feldweg. Über die ehemalige Goldstraße, heutige Mieckiewicza und vom Alten Markt, jetzt Plac Fryderyka Chopina sowie auch von der Posener Straße, jetzige Poznanska fuhren die Pferdefuhrwerke der Besitzer auf ihre jeweiligen Grundstücke; viele der Torbogen sind heute noch erkennbar. Die Grundstücke waren jedoch lang und schmal und rechts und links mit Seitengebäuden, wie z. B. Lagerräumen und Scheunen bestanden, sodass ein Wenden im Hof nicht möglich war und die Fahrzeuge zur Hinterstraße wieder ausfuhren, man kann es auch einen Einbahnstraßen Verkehr nennen. Das kleine erwähnte einzeln stehende Wohnhaus gegenüber dem Stellmacher Haus stand nach dieser Beschreibung also eigentlich im hinteren Teil eines Grundstückes der Goldstraße. Mit dem Haus No. 85  begann die eigentliche Bebauung  der Hinterstraße.

Dorothea Fleischmann geb. Stellmacher - Aufnahme um 1884 / Bild: Privatbesitz D. Maennel [801]

Dorothea Fleischmann geb. Stellmacher – Aufnahme um 1884 / Bild: Privatbesitz D. Maennel

Wobei diese Aussage mit einer Einschränkung gemacht werden muß. Unter der  Gebäudenummer 85 befand sich nicht nur das Haus der Familie Stellmacher.

An diesem Standort wurde in den alten Aufzeichnungen aus dem Jahr 1836 bereits die Bockwindmühle des Johann Wilhelm Stahn erwähnt., wobei die Bezeichnung „Hinterstraße“ nicht verwendet wurde. Errichtet „von Fachwerk aus kiefernen Balken von 6 Zoll stark, auswendig mit Brettern und auf der Wetterseite noch außerdem mit Schindeln verschlagen“ war diese Mühle 18,5 Fuß lang, 17 Fuß breit (ca. 5,7×5,4m) und mit ihren 2 Etagen 26 Fuß (ca, 8,3m)hoch. Der Zustand war gut; der Läuferstein mit eisernem Reifen wurde „alle Jahre“ repariert. Als einzige Standorteingrenzung findet sich bei diesem Gebäude, dass sie „von der nächsten Mühle 11 1/2 Ruthen entfernt“ stand. Ihr Alter wurde mit 45 Jahren angegeben. Die Mühle war also um 1791 gebaut worden. Altersangaben von Windmühlen sagen allerdings nichts darüber aus, dass sie immer an ein und derselben Stelle gestanden hatten.

Aber befassen wir uns vorerst wieder mit dem Gebäude der Familie Stellmacher, dieses wurde weiterhin beschrieben als ein einschließlich der Giebel mit Ziegeln ausgeflochtener Fachwerkbau mit einer Grundfläche von 50 x 32 Fuß (ca. 16,0×10,2m), die Höhe wurde mit 18 Fuß (ca. 5,8 m) angegeben. Auf 2 Etagen waren verschiedene Zimmer, sowie im Giebel eine Oberstube untergebracht; diese wiesen 19 Türen und 25 Fenster auf, wobei das „über der Hausthür sich befindende das 26zigste sein würde“. Ein im Haus befindlicher Betsaal wurde in seiner Größe als „die Hälfte des Gebäudes“ (ca. 8,0×5,0m, wenn die Angabe die Grundfläche betraf, wobei die Hälfte auch das komplette Erdgeschoss gewesen sein könnte) einnehmend angegeben. Die Befeuerung bzw. Beheizung wurde durch „zwei nebeneinander laufende sogenannte russische Röhren, die eine von 6, die andere von 9 Zoll Durchmesser“ erzielt. Hierbei handelte es sich vermutlich um einen Schornstein mit geringem Querschnitt; es war hierdurch möglich mehrere Kachelöfen an einen einzigen Schornstein anzuschließen. Es gab, so kann angenommen werden, einen eisernen Feuerraum, welcher von einer Mauerung mit Kacheln in denen sich Warmluftgitter befanden,  umgeben worden war, wobei über letztere die Wärmeabgabe reguliert werden konnte.

Als Nebengebäude befanden sich ein Stall (54 x 13 Fuß Grundfläche, 7 Fuß Höhe) und ein Keller (13 1/2 x 8 1/2 Fuß Grundfläche, 8 Fuß Höhe) auf demselben Grundstück. Im Ersteren waren zu ebener Erde die diversen Stallungen untergebracht, während im Obergeschoß ein Hopfenboden eingerichtet werden sollte. Letzterer scheint nach der Beschreibung eine Art Lagerraumanbau und nicht unterirdisch gelegen gewesen zu sein, da er mit dem Wohnhaus „durch eine Thür verbunden“ war, während alle anderen Seiten als „ganz frei stehend“ beschrieben wurden.

Helena Stellmacher - Aufnahme um 1884 / Bild: Privatbesitz D. Maennel [802]

Helena Stellmacher – Aufnahme um 1884 / Bild: Privatbesitz D. Maennel

Eine weitere Beschreibung des Anwesens findet sich im Jahr 1853, also 9 Jahre später. In dieser wird das Gebäude benannt als „Wohnhaus nebst Kirche“. Die Erstellung dieser Beschreibung enthält einige Einzelheiten über Umbauten, es finden sich nun 4 russische Röhren, 1 Tür und 2 Fenster scheinen zusätzlich eingebaut worden zu sein, genauso wie nun 6 Öfen und 1 Kamin erwähnt wurden und 3 Treppen, wobei letztere vermutlich auch schon vorher vorhanden waren. Die gravierendste Veränderung des Haupthauses lag darin, dass im unteren Stockwerk das Fachwerk weggerissen und durch „neue massive Wände umgeändert“ worden war.

Auch der alte Keller Anbau war abgerissen und durch einen neuen (13,5 x5,5 Fuß Grundfläche, 6,5 Fuß hoch) ersetzt worden, an welchem nun an der „Mitternachtsseite“ (Norden) ein Backofen die Begrenzung gebildet hatte.

Selbst die Scheune hatte Veränderungen erfahren. Im oberen Stock wird nun keine Hopfenboden mehr erwähnt, sondern dieser wird nun als Trempel mit Heuboden beschrieben. Im Jahr 1852 war  auch die ehemals niedrigere Hinterwand mit der höheren Vorderwand auf gleiche Höhe ausgeglichen worden.

In den nächsten 5 Jahren fanden sich keine weiteren Erwähnungen.

Aus den Aufzeichnungen von Pastor Schilter geht hervor, dass am 14. November 1858 die Einweihung der evangelisch lutherischen Kirche, einem massiven Steinbau, schuldenfrei, in Neutomischel  gefeiert wurde.

In demselben Jahr, so die Aufzeichnungen Pastor Schilters, brannte jedoch auch das Haus der Familie Stellmacher ab.

Zu diesem Ereignis des Niederbrennens des  „Hauses mit Kirche“ , wie das Stellmacher Gebäude ja tituliert worden war, haben wir einen Artikel aus dem Kirchen-Blatt 1858, 15.03., Seite 71/73 zur Verfügung gestellt bekommen, aus dem wir hier den Teil wiedergeben, der den Brand beschrieb:

„Kirchliche Nachrichten.

Eine unsrer Gemeinen hat ein schweres Unglück getroffen, indem ihr Kirchlein ein Raub der Flammen geworden ist. Es ist die Meine zu Neutomysl, deren Pastor, Herr Kornmann, dem Herausgeber unterm 22. v. M. (22.02.1858) (fortgesetzt am 26.) über diesen betrübenden Vorfall folgende Mittheilung gemacht hat: „Unser liebes Kirchlein, das der Herr nun schon so manches Jahr aus Gnaden eine Stätte der Erbauern durch sein Wort und Sakrament hatte sein  lassen, ist heut Nachmittag nebst der Wohnung des Kreischirurgen und Vorstehers Stellmacher, mit welcher es zu einem Gebäude vereinigt war, ein Raub der Flammen geworden. Das Feuer, wie es scheint, von ruchloser Hand angelegt, kam in dem der Wohnung des genannten Vorstehers nahe gelegenen und dazu gehörigen Stalle aus, ergriff bald das Gebäude selbst und fand leider zu reichliche Nahrung, als daß ihm bei dem ungünstigen Winde, zumal da auch das Wasser in den Spritzen eingefroren war hätte Einhalt gethan werden können. Noch jetzt nach 6 Stunden brennen die Trümmer. Wir aber stehen weinend über das verlorene Gotteshaus….“ weiter beschreibt der Artikel die Situation dann: „Das Gebäude ist bis auf den Grund niedergebrannt, die Sachen aber sind, mit Ausnahme dessen was auf dem Boden lag, größtentheils gerettet. Stellmacher kam erst Abends von einer Amtsreise zurück, nachdem das Gebäude schon ganz zerstört war. Er hat nebst Familie einstweilen bei Kaufmann Männel (auch ein Vorsteher unsrer Gemeinde) ein Unterkommen gefunden, einige Kinder sind bei uns untergebracht ….“.

Das Haus der Familie Stellmacher, wenn nun auch ohne Betsaal und Kirche wurde wieder aufgebaut. Es fand sich wiederum eine Gebäudebeschreibung des „neu erbauten Wohn- und Wirtschaftsgebäudes des Kreis-Chirurg Carl Stellmacher sub No. 85 Neutomysl“. Die Beschreibung ist datiert auf den 20. November 1858, das Gebäude müsste somit zeitgleich mit der Kirche entstanden sein.

Gemeindesaal im Pfarrhaus der Luth. Gemeinde, dem ehemaligen Haus der Familie Stellmacher / Bild: Privatbesitz D. Maennel [803]

Gemeindesaal im Pfarrhaus der Luth. Gemeinde, dem ehemaligen Haus der Familie Stellmacher / Bild: Privatbesitz D. Maennel

Dieses Wohnhaus hatte nun eine Grundfläche von 50 x 40 Fuß (ca. 16×12,8m) und eine Höhe von 9,5 Fuß (ca. 3,0m) und ist aus gebrannten Ziegeln, welche in Kalk gelegt wurden, erbaut worden. Nunmehr waren 9 Zimmer, 1 Küche und 1 Speisekammer, 1 Boden und 1 Kellerraum in dem Gebäude untergebracht. Es war in der Grundfläche also etwas größer jedoch dafür ohne den Anbau; die Höhe war allerdings geringer als der Vorgängerbau. Zum Gebäude gehörte wiederum ein Stall, welcher eine Grundfläche von 48 x 15 Fuß (ca. 15,3×4,8m) bei einer Höhe von 12 Fuß (ca, 3,8m) hatte. Der Versicherungswert belief sich im Jahr 1858 auf 1.500,00 Rtlr. für das Wohngebäude und auf 300,00 Rtlr. für den Stall, das Anwesen hatte somit einen Gesamtwert von 1.800,00 Rtlr.

In dieser Beschreibung des neu erbauten Hauses der Familie Stellmacher wurde die Lage des Anwesens  wie folgt verfasst: „In der Hinterstraße, 26 Fuß von dem jenseits der Straße gelegenen mit Schindeln gedeckten Block-Hause, und von dem Stalle No. 85 b als den zunächst stehenden Gebäuden 10 Fuß entfernt“ ; die dem Hause schräg gegenüberstehende neu erbaute Kirche wurde nicht erwähnt.

Auch fand sich in keiner der Gebäudebeschreibungen auch nur der geringste Hinweis auf die unter gleicher Gebäudenummer eingetragene Windmühle, von welcher aber die Existenz im Jahr 1856 noch aus einem Dokument hervorgeht.

Eine letzte Aufzeichnung zum Gebäude des Stellmacher Hauses findet sich im  Jahr 1867, es handelt sich um  eine Werterhöhung  zur Versicherungseindeckung auf 2.450,00 Rtlr.; 2.000,00 für das Haus und 450,00 für den Stall.

Wiederum in Pastor Schilters Aufzeichnungen ist zu finden, dass am 12. September 1871 die Gemeinde unter Anregung ihres Pastors Herrmann Matschoß ein Wohnhaus nebst Garten, der Kirche gegenüber gelegen, erwarb, um dieses als Pfarrhaus zu nutzen, der Kaufpreis wurde mit 2.350,00 Reichstalern angegeben.  Es soll sich bei diesem, so die Überlieferung, um das „Stellmacher“ Haus gehandelt haben; die Familie hatte dieses bei Ihrem Weggang von Neutomischel an „ihre“ Kirchengemeinde verkauft.

 ——————–∞♦∞ Ende Teil 1 ∞♦∞———————-

Genealogische Daten zur Familie Stellmacher (soweit diese ermittelt werden konnten):
Carl Heinrich Stellmacher (geb. 28.01.1809 Friedeberg N/M. , gest. 07.03.1884 in Rothenburg an der Oder / Schlesien), er wurde am 24. August 1838 als Kreischirurg in Kosten vereidigt und als solcher schon am 23. Juni 1838 angestellt. Er war mit dem 23. Juni 1898 als Kreischirurg tätig. Er war verehelicht gewesen mit Emilie Ferdinandina Doris geborene Frey
Kinder aus dieser Verbindung:
1839 Agnes, 1841 Rudolph, 1843 Elisabeth, 1845 Philipp (um 1884 in Berlin ansässig), 1846 Maria, 1849 Martin, 1850 Friedrich, 1852 Hanna (verehel. mit Emil Theodor Louis Täuber, Kaufmann zu Grätz), 1854 Dorothea (verh. Fleischmann, um 1884 in „Russland“ wohnend), 1856 George, 1859 Helena

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Quellen:

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Ostern – 2014

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski)
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2014 - Frohe Ostern ! - Wesołych Świąt ! [804]

2014 – Frohe Ostern ! – Wesołych Świąt !

Immobilien, Mieten, Vermieten, Pachten u. Zwangsversteigerung – 1897

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Zeitungsanzeigen 1897)
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Verkaufs-, Verpachtungsangebot der Windmühle Gewiss zu Jablone [805]

Verkaufs-, Verpachtungsangebot der Windmühle Gewiss zu Jablone

Nachfolgend finden sich die im Neutomischeler Kreisblatt des Jahres 1897 veröffentlichten Anzeigen mit welchen Verpachtungen, Verkäufe und An- und Vermietungen sowie letztlich auch Zwangsversteigerungen inseriert wurden.

Die Zusammenstellung der Inserate basiert darauf, dass Grundstücke, Anwesen und Wohnungen oder Etwas direkt mit diesen in Verbindung stehendes, wie z. B. eine Wiese oder eine Ernte, angeboten wurde.

Ausdrücklich weisen wir darauf hin, dass auch wenn es ein Inserat z. B. zu einer Zwangsversteigerung gegeben hat, diese nicht unbedingt durchgeführt wurde, genau so wenig, wie ein beabsichtigter Verkauf einer Wirtschaft auch zu diesem geführt haben muss.

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Ankündigung einer Zwangsversteigerung [806]

Ankündigung einer Zwangsversteigerung

Wilhelm und Ernestine geb. Kaleske-Vogel’schen Eheleute, Albertoske 1897/02/05 -Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Albertoske Band III., Blatt 118, auf den Namen der Eigenthümer Wilhelm und Ernestine geb. Kaleske-Vogel’schen Eheleute eingetragene, zu Albertoske belegene Grundstück am 23. Mär 1897, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 7 versteigert werden.Das Grundstück ist mit 3,05 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 1 ha 29 ar 70 qm zur Grundsteuer, mit 24 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks nicht hervorging, insbesondere derartige Forderungen von Kapital, Zinsen, wiederkehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungstermin, vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, falls der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte glaubhaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Vertheilung des Kaufgelde gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten.Diejenigen, welche das Eigenthum des Grundstücks beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt.Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird  am 24. März 1897, Mittag 12 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. — Neutomischel, 22. Januar 1897 – Königliches Amtsgericht.

Bekanntmachung 1897/02/26 – Das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von Albertoske auf den Namen der Wilhelm und Ernestine Vogel’schen Eheleute eingetragenen, zu Albertoske belegenen Grundstücks wird aufgehoben. Der Bietungstermin vom 23. März 1897 fällt weg —Neutomischel, den 20 Februar 1897 – Königliches Amtsgericht.

Alexander Lüdke, Neutomischel 1897/02/09 -Ein Oberstube bald, und eine Oberstube und Kammer zum 1. April zu vermiethen. Alexander Lüdke, Neuer Markt 37

Wwe. Henriette Basch, Neutomischel 1897/02/19, 1897/02/23, 1897/03/02 – Meine beiden an der Hinterstraße gelegenen Gärten beabsichtige ich per 1. April zu verpachten

Martin und Emilie geb. Dittfach-Helmchen’schen Eheleute, Scherlanke 1897-02-19 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Scherlanke Blatt 167, auf den Namen der Eigenthümer Martin und Emilie geb. Dittfach-Helmchen’sche Eheleute eingetragene, zu Scherlanke belegene Grundstück am 17. April 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – Zimmer 7 versteigert werden. Das Grundstück ist mit 0,94 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 0,82,50 ha zur Grundsteuer, mit 36 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden. Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks nicht hervorging, insbesondere derartige Forderungen von Kapital, Zinsen, wiederkehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungstermin, vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, falls der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte glaubhaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Vertheilung des Kaufgelde gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten. Diejenigen, welche das Eigenthum des Grundstücks beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt.Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 17. April 1897, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. — Neutomischel, 17. Februar 1897 – Königliches Amtsgericht.

Martin und Emilie geb. Dittfach-Helmchen’schen Eheleute, Scherlanke  1897-07-13 -Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Scherlanke Blatt 167 u. 202, auf den Namen der Eigenthümer  Martin und Emilie geb. Dittfach-Helmchen’sche Eheleute in Scherlanke eingetragenen Grundstücke am 6. September 1897, Vormittags 10 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – Zimmer 7 versteigert werden.Das Grundstück Scherlanke Nr. 202 ist mit 3,98 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 3,56,04 ha zur Grundsteuer veranlagt.Das Grundstück Scherlanke Nr. 167 ist mit 0,94 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 85,30 a zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 7. September 1897, Vormittags 10 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. — Neutomischel, 1. Juli 1897 – Königliches Amtsgericht

Kaufmann Moritz Wolfsohn zu Neustadt 1897/02/19, 1897/03/19, 1897/04/13 – Auf Antrag des Kaufmanns Philip Wolfsohn zu Halensee, vertreten durch den Rechtsanwald Langenmayer zu Pinne sollen zum Zwecke der Auseinandersetzung unter den Miteigenthümern folgende auf den Namen des verstorbenen Kaufmanns Moritz Wolfsohn zu Neustadt eingetragene Grundstücke des Grundbuchs von Neustadt b. P.

      • 1. Band II Blatt No. 67 (Grundsteuermutterrolle Art. 31.) – Acker – Plan 9 – an der Pawlowko’er Grenze – Kartenblatt 1 Flächenabschnitt 9 – von 0,3920 ha Größe mit 4,68 M Reinertrag
      • 2. Band VIII. Blatt No. 308 (Grundsteuermutterrolle Art. 387.) – Acker an der Stadt – Kartenblatt 4 Flächenabschnitt 162 – von 0,0546 ha Größe mit 0,90 Mk Reinertrag
      • 3. Band XI. Blatt Nr. 420 (Grundsteuermutterrolle Art. 185.) – Acker – Plan 7 – an der Pawlowko’er Grenze Kartenblatt 1 Flächenabschnitt 7 – von 0,6360 ha Größe mit 8,16 Mr. Reinertrag
      • 4. Band XII. Blatt Nr. 445 (Grundsteuermutterrolle Art. 204.) – Acker – Plan 3b – an der Pawlowko’er Grenze Kartenblatt 1 Flächenabschnitt 3 – von 9,5545 ha Größe mit 150,00 Mk. Reinertrag – Ausgeschlossen von der Versteigerung sind die auf diesem Grundbuchblatte mitverzeichneten Acker- bezw. Wiesenparzellen Kartenblatt 3 Flächenabschnitte 28,29 und 30 von zusammen 0,6156 ha Größe mit 13,62 Mk. Reinertrag (Grundsteuermutterrolle Art. 340.)
      • 5. Band XII Blatt Nr. 447 (Grundsteuerrolle Art. 207) – Acker – Plan 4 an der Pawlowko’er Grenze – Kartenblatt 1 Flächenabschnitt 4 – von 3,2891 ha Größe mit 48,48 Mk. Reinertrag
      • 6. Band XIII Blatt No. 493 (Grundsteuermutterrolle Art. 241.) – Acker – Plan 5 – an der Pawlowko’er Grenze – Kartenblatt 1 Flächenabschnitt 5 – von 2,1949 ha Größe mit 30,03 Mk. Reinertrag
      • 7. Band XIII Blatt Nr. 520 (Grundsteuermutterrolle Art. 263.) – Acker – Plan 6 – an der Pawlowko’er Grenze – Kartenblatt 1 Flächenabschnitt 6 – von 0,8512 ha Größe mit 11,10 Mk. Reinertrag
      • 8. Band XIV Blatt Nr. 531 (Grundsteuermutterrolle Art. 277.) – Acker – Plan 8 – an der Pawlowko’er Grenze – Kartenblatt 1 Flächenabschnitt 8 – von 0,4734 ha Größe mit 5,82 Mk. Reinertrag.
      • 9. Band XV Blatt Nr. 564 (Grundsteuermutterrolle Art. 303.) – Acker – Plan 3a – an der Pawlowko’er Grenze – Kartenblatt 1 Flächenabschnitt 2 – von 0,2723 ha Größe mit 4,47 Mk. Reinertrag, sowie:
      • 10. die Parzelle Kartenblatt 4, Flächenabschnitt 67 der Gemarkung Neustadt – Acker an der Stadt – von 0,1361 ha Größe mit 3,84 Mk. Reinertrag, für welche bisher ein Grundbuchblatt nicht angelegt

im Wege der Zwangsvollstreckung am 8. April 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gerichte an Gerichtsstelle versteigert werden.  Auszüge aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschriften der Grundbuchblätter, etwaige Abschätzungen und andere die Grundstücke betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei I, Zimmer Nr. 3 werktäglich während der Dienststunden eingesehen werden.  Diejenigen, welche das Eigenthum der Grundstücke beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlage das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt.  Das Urtheil über die Erteilung des Zuschlages wird am 9. April 1897/06. Mai 1897, Vorm. 10/9 Uhr, an Gerichtsstelle Zimmer Nr. 2 verkündet werden. — Pinne, den 9. Februar 1897 – Königliches Amtsgericht

August Damsch, Neu Borui 1897/02/23 – Der Eigenthümer August Damsch in Neuborui bei Kirchplatz-Borui wünscht sein Wohnhaus (Bohlenwerk) preiswerth zu verkaufen

Louise Klemke, Paprotsch, Paprotsch beim Schützenhause 1897/02/26, 1897/03/02, 1897/03/05 -Eine Wohnung bestehend aus 2 Zimmern, Kammer und Keller, 2 Ställen und Hofraum ist vom 1. April d. Js. ab zu vermiethen bei Eigenthümerin Wittwe Louise Klemke, Paprotsch, beim Schützenhause

Heinrich Gewiss, Jablone 1897/03/05, 1897/03/12, 1897/03/19 -Unterzeichneter wünscht seine Windmühle Jablone anderweitig sofort zu verpachten oder auch zu verkaufen. Heinrich Gewiss in Jablone

Leo Seelig, Zimmermeister, Bentschen 1897/03/09, 1897/03/12, 1897/03/16 -Schuppen-Verkauf (eignet sich zu einer Feldscheune).Ein Schuppen, 30 m lang, 12 m tief und 3,38 m von Unterkante Riegel (Schwelle) bis Oberkante Wandrahm hoch, kunstgerecht abgebunden, welcher mit Bretter bekleidet und mit Pappdach versehen ist, soll vor dem 1. April er. auf Abbruch billig verkauft werden. Das Gebäude eignet sich sehr gut zu einer Feldscheune. Näheres bei Leo Seelig, Zimmermeister, Bentschen

Reinhold Meissner, Paprotsch 1897/03/09 -Ein Stall in gutem Zustande, 23 Ellen lang, zweistöckig auf Trempel hat billig zu verkaufen Reinhold Meissner, Paprotsch

O. Schinske, Zinskowo 1897/03/09 -Eine Wagenremise, Dreschmaschine u. einen Pritschwagen hat sofort zu verkaufen O. Schinske, Zinskowo

Frau Schinske, Zinskowo 1897/03/16 – Am Freitag, den 19. d. Mts. findet in Zinskowo bei Frau Schinske große Auktion statt. Es sollen sämmtliches Inventarium und auch das Grundstück, ca. 13 Morgen Wiese, Ackerland nebst zweistöckigem Wohnhaus versteigert werden. Kauflustige werden hierzu ergebenst eingeladen

  • Frau Schinske, Zinskowo 1897/05/21, 1897/05/25, 1897/05/28 – Eine Wiese, ca. 5 Morgen, ist zu verpachten, ev. zu verkaufen bei Frau Schinske, Zinskowo
  • Rosalie Schinske, Zinskowo 1897/08/24, 1897/08/27, 1897/08/31, 1897/09/03 -Mein Grundstück bestehend aus ca. 12 Morgen Ackerland und Wiese, sowie fast neuem Wohnhaus und zwei Ställen, ist zu verkaufen. Rosalie Schinske, Zinskowo

W. Lutz, Neutomischel 1897/03/09, 1897/03/12, 1897/03/19, 1897/03/30 – Eine Wohnung, 3 Stuben, Küche mit Entree etc. ist vom April ab anderweit zu vermiethen bei W. Lutz

Paul Kasan, Eigenthümer zu Schwarzhauland 1897/03/16 -Meine zu Schwarzhauland belegene Wirthschaft, bestehend aus massivem Wohngebäude, Scheune, Stall etc., 66 Morgen Land, sowie sämmtl. lebenden u. totem Inventar (darunter 7 St. Rindvieh), beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen. Kleine Anzahl. nur erforderl., Rest kann bei prompter Zinszahlung stehen Bleiben. Paul Kasan, Eigenthümer.

 

Anzeige aus dem März 1897 - Schweriner startet den Ausverkauf [807]

Anzeige aus dem März 1897 – Schweriner startet den Ausverkauf

Emil Schweriner, Neutomischel 1897/03/16 – Wirklich reeller Gelegenheitskauf ! -Bitte nicht mit anderen Angeboten zu verwechseln. -Wegen Verkauf meines Hauses werden sämmtliche Waaren meines noch reichhaltigen Lagers zu weiter herabgesetzten Preis verkauft.

  • Emil Schweriner, Neutomischel 1897/08/06 – Wegen Aufgabe meines Geschäfts ist meine vollständige Ladeneinrichtung getheilt oder im Ganzen preiswerth zu verkaufen. Emil Schweriner, Neutomischel
  • Emil Schweriner 1897/08/24, 1897/08/31, 1897/09/07 -Grosser gänzlicher Ausverkauf ! Wegen Aufgabe meines Geschäftes verkaufe ich sämmtliche Waaren zu weit herabgesetzten Preisen. Emil Schweriner
  • Emil Schweriner 1897/10/29 -Da ich nur noch bis zum nächsten Sonntag Ausverkauf halte, weil ich am Montag, den 1. November nach Erfurt ziehe, so bitte ich die geehrten Käufer diese kurze Zeit zum Einkauf bei mir zu benutzen, da ich bis dahin zu wahren Spottpreise noch ausverkaufe. Emil Schweriner

 

Im September fallen die Preise bei Schweriner weiter 1807/09/24 [808]

Im September fallen die Preise bei Schweriner weiter 1897/09/24

Slawinski, Bahnhofstraße, Neutomischel 1897/03/19, 1897/03/26; 1897/03/30 -Ein möblirtes Zimmer, sowie eine Stube mit Zubehör ist zu vermiethen bei Slawinski, Bahnhofstraße

August Gemba, Bolewitz 1897/03/23, 1897/03/26 -Ich beabsichtige mein in Bolewitz belegenes Grundstück No. 136, bestehend aus 38 Morgen Land und 2 Morgen Wiese, sowie sämtliches Wirthschaftsgeräth und Wirthschaftsgebäude zum 1. April d. Js. zu verkaufen. August Gemba.

August Hildebrand, Scherlanke 1897/04/02 -Mein Grundstück, 6 kl. Morgen Land nebst Gebäuden beabsichtige ich sofort aus freier Hand zu verkaufen. August Hildebrand, Scherlanke

Hasenfelder, Neutomischel 1897/04/02 -1 Giebelwohnung – 2 Stuben – hat zu vermiethen Hasenfelder

H. Wittkowsky.Neutomischel 1897/04/06, 1897/04/16 -Eine Balkon-Wohnung, 4 Zimmer, Küche und Zubehör habe per 1. Oktober zu vermiethen H. Wittkowsky

Golkowski, Neutomischel 1897/04/06 -Ein möbliertes Zimmer für einen Herrn, Bahnhofstrasse bei Polier Golkowski ist sofort zu

Es werden noch Reste bei Schweriner verkauft 1897/10/12, zum 01 November erfolgte dann die Übersiedlung nach Erfurt [809]

Es werden noch Reste bei Schweriner verkauft 1897/10/12, zum 01. November erfolgte dann die Übersiedlung nach Erfurt

vermiethen

Otto Hermann Ramm, Paprotsch 1897-02-19 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Paprotsch Blatt 54, auf den Namen des Eigenthümers Otto Hermann Ramm zu Paprotsch eingetragene, zu Paprotsch belegene Grundstück am 29. Mai 1897, Vormittags 8 1/2 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – Zimmer 7 versteigert werden.Das Grundstück ist mit 19,59 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 23,48, 30 ha zur Grundsteuer, mit 165 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 29. Mai 1897, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. — Neutomischel, 31. März 1897 – Königliches Amtsgericht.

Frau Ww. Emilie Heller, Neutomischel 1897/04/13, 1897/04/16, 1897/04/23 -Eine Schmiede mit Handwerkszeug sofort zu verpachten bei Frau Ww. Emilie Heller

Frau Emilie Heller 1897/09/24, 1897/09/28, 1897/10/01, 1897/10/05 -Zwei möblierte Zimmer sind zu vermiethen bei Frau Emilie Heller

H. Bielke, Hinterstraße No. 103, Neutomischel 1897/04/16, 1897/04/23 – Mehrere Wohnungen zu verschiedenen Preisen sind zu vermiethen bei H. Bielke, Hinterstraße No. 103

Beamter sucht, verm. Neutomischel 1897/04/23 – Beamter sucht 1. Mai möblirtes Zimmer mit Kost. Antwort unter S.W. postlagernd Neustadt

Hermann und Johanna Albertine geb. Schäfer, Rausch’schen Eheleute, Glinau 1897/04/30 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Glinau  Blatt 50, auf den Namen der Eigenthümer Hermann und Johanna Albertine geb. Schäfer, Rausch’schen Eheleute zu Glinau eingetragene, daselbst belegene Grundstück am 26. Juni 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – Zimmer 7 versteigert werden.Das Grundstück ist mit 29,08 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 8,93,00 ha zur Grundsteuer, mit 75 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 26. Juni 1897, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. — Neutomischel, 26. April 1897 – Königliches Amtsgericht.

Bekanntmachung ! 1897/06/18 – Die Versteigerung des Grundstücks Glinau Nr. 50 (Bietungstermin vom 26. Juni 1897) wird aufgehoben. — Neutomischel, 16 Juni 1897 – Königliches Amtsgericht

Heinrich und Beate geb. Kubsch-Lachmann’schen Eheleute, Albertoske 1897/05/07 -Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Albertoske  Blatt 120, auf den Namen der Eigenthümer Heinrich und Beate geb. Kubsch-Lachmann’schen Eheleute in Albertoske eingetragene, in Albertoske belegene Grundstück am 3. Juli 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – Zimmer 7 versteigert werden.Das Grundstück ist mit 9,05 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 7,81,80 ha zur Grundsteuer, mit 45 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 3. Juli 1897, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. — Neutomischel, 1. Mai 1897 – Königliches Amtsgericht.

Bekanntmachung ! 1897/06/18 – Die Zwangsversteigerung des Grundstücks Albertoske No.  120 (Bietungstermin am 3. Juli er 9 Uhr) wird aufgehoben — Neutomischel, 15. Juni 1897 – Königliches Amtsgericht

Zolnierkiewicz, Weidenvorwerk 1897/05/07 – Grundstück-Verkauf. Das Grundstück Weidenvorwerk, Antheil Bentschen 448, früher dem Eigenthümer Albert Wachowski gehörig, circa 30 Morgen Acker, Wiese und Hopfen vollständig bestellt, beabsichtige im Ganzen oder parzellenweise zu verkaufen. Bentschen neben der Post Zolnierkiewicz.

Johann Geisler, Witomischel 1897/05/14 – Zwei Wirthschaften eine kleinere und eine größere, sind sofort aus freier Hand zu verkaufen. Johann Geisler, Witomischel

Johann Geisler, Witomischel 1897/05/25, 1897/05/28, 1897/06/15 -Meine zu Witomischel gelegene Wirthschaft circa 63 Morgen groß, massiv gebaut ist aus freier Hand zu verkaufen. Johann Geisler

Traugott und Rosalie geb. Heinrich-Koch’schen Eheleute, Glinau 1897/05/18 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Glinau Blatt 251, auf den Namen der Müllermeister Traugott und Rosalie geb. Heinrich-Koch’schen Eheleute in Glinau eingetragene, in Glinau belegene Grundstück am17. Juli 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – Zimmer 7 versteigert werden.  Das Grundstück ist mit 2,25 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 0,76,10 ha zur Grundsteuer, mit 69 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.  Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 17. Juli 1897, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. —  Neutomischel, 13. Mai 1897 – Königliches Amtsgericht

Heinrich Seifert in Dombrowo bei Eichenhorst 1897/06/15 – Mein Grundstück mit 5 Morgen Land beabsichtige ich zu verkaufen Heinrich Seifert in Dombrowo bei Eichenhorst

Heinrich Seifert in Dombrowo 1897/09/24 – Mein Grundstück von 5 preuß. Morgen mit Haus, Stall und Scheune will ich am 15. Oktober d. J. aus freier Hand verkaufen. Heinrich Seifert in Dombrowo

Gustav Morzynski, Neutomischel 1897/06/15, 1897/06/22 – Die von Frau Lindenberg innegehabte Wohnung ist von jetzt oder 1. Oktober ab zu vermiethen Gustav Morzynski

Ernst Tepper, vermutl. Neutomischel 1897/06/15 – Eine Wiese Gras ca. 3 Morgen hat zu verpachten Ernst Tepper

Reinhold Lanski, Kozielaske 1897/06/18, 1897/06/22 –  Meine zu Kozielaske gelegene Krugwirthschaft ca. 100 Morgen groß, in bester Kultur, beabsichtig ich mit voller Ernte im Ganzen oder getheilt sofort zu verkaufen. Käufer wollen sich direkt an mich wenden. Reinhold Lanski

R. Stiller, Hinterstr., Neutomischel 1897/06/18, 1897/06/22, 1897/06/25, 1897/06/29 – Eine Wohnung von 2 Zimmern und Küche hat vom 1. Oktober getheilt oder im Ganzen zu vermiethen. R. Stiller, Hinderstr.

Marie Faust, Alttomischelerstr., Neutomischel 1897/06/18, 1897/06/22, 1897/06/25, 1897/06/29 – Eine Unterwohnung mit zwei Stuben und Küche, sowie eine kleine Oberwohnung ist vom 1. Oktbr. d. J. ab zu vermiethen bei Marie Faust, Alttomischelerstr.

 

Verkauf der Windmühle und des Anwesens Pohl in Doktorowo 1897/10/29 [810]

Verkauf der Windmühle und des Anwesens Pohl in Doktorowo 1897/10/29

Chr. Kuck, Paprotsch 1897/06/22, 1897/06/25, 1897/06/29 – Gras ist sofort auf meinem zu Paprotsch belegenen Grundstück Nr. 54 zu verpachten. Chr. Kuck.

Chr. Kuck1897/09/24, 1897/09/28, 1897/10/01, 1897/10/05; 1897/10/12 -Ein Wohnhaus und Stallung mit guter Einrichtung und nach Belieben Land und Wiese dazu hat zu verpachten Eigenthümer Chr. Kuck, Paprotsch

Johann Bunk, Kleinlipke 1897/06/22, 1897/06/25, 1897/06/29 – Eine Wirthschaft, bestehend aus 11 Morgen Land, Haus massiv, Scheune Fachwerk beabsichtigt aus freier Hand zu verkaufen. Johann Bunk, Kleinlipke

Ramm, Neutomischel 1897/06/25 – 3 Morgen Roggen auf dem Halm habe auf meinem Grundstück in Paprotsch zu verkaufen. Ramm, Neutomischel

Josef Mis, Alttomischel 1897/06/29 -Meine Wirtschaft, 45 Morgen Land mit darauf stehendem Getreide beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen. Josef Mis, Alttomischel

Eigenthümer Joseph Mis zu Altomischel 1897/07/09 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Alttomischel Blatt 39, auf den Namen des Eigenthümers Joseph Mis zu Alttomischel eingetragene, zu Alttomischel belegene Grundstück am 4. September 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – Zimmer 7 versteigert werden.  Das Grundstück ist mit 18,16 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 5,49,40 ha zur Grundsteuer, mit 36 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden. Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 6. September 1897, Vormittags 11 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.  — Neutomischel, 1. Juli 1897 – Königliches Amtsgericht.

Frau Johanna Schreiber, Neutomischel 1897/06/29, 1897/07/02 -Ein Laden u. Remise ist zu vermiethen bei Frau Johanna Schreiber, Goldstraße.

Frau Johanna Schreiber 1897/09/10 – Eine Hopfenremise u. Pferdestall hat vom 1. Oktober ds. Js. zu vermiethen Frau Johanna Schreiber, Goldstraße

A. Bengsch, Bahnhofstraße, Neutomischel 1897/07/02; 1897/07/06 – Eine Oberwohnung, zwei Zimmer, Dachkammer und Holzstall, an ruhige Miether zum 1. Oktober zu vermiethen. A. Bensch, Bahnhofstraße.

A. Bengsch 1897/12/31 -Ein Unterwohnung zu vermieth., besteh. aus 3 Zimmern, Küche, Holzst. u. Kammer bei A. Bengsch

C. Werth, Neutomischel 1897/07/02, 1897/07/09, 1897/07/16 – Eine Balkonwohnung sowie eine kleine Oberwohnung sind an ruhige Leute zu vermiethen und am 1. Oktober zu beziehen. C. Werth

Gustav Toeffling, Neutomischel 1897/07/02, 1897/07/09, 1897/07/16, 1897/07/23 – In meinem Eckhause ist eine Wohnung von 6 Zimmern, Küche und Nebengelaß vom 1. Oktober zu vermiethen. Gustav Toeffling

M. Szukala, Duschnik 1897/07/02, 1897/07/06 – Eine Wirthschaft von circa 85 Morgen mit prachtvoller Ernte ist sofort zu verkaufen in Duschnik bei M. Szukala.

Gutsverwaltung Sawade 1897/07/02, 1897/07/06 – Am 8. Juli er. Vorm. findet der Verkauf der noch vorhandenen Restparzellen auf dem Gutshofe von Sawade bei Tirschtiegel statt. Auch mit Gebäuden und Inventar, Wald, Wiese, Niederung und gut mit Früchten bestandener Acker. An demselben Tage Nachm. 3 Uhr wird daselbst ein Schlag von ca. 80 Morgen Roggen auf dem Halme meistbieten verkauft. Näh. bei der Gutsverwaltung.

Krötzsch, Stellmachermeister, Neutomischel 1897/07/02, 1897/07/09, 1897/07/16, 1897/07/20, 1897/07/23 – Eine Oberwohnung ist zum 1. Oktober zu vermiethen bei Krötzsch, Stellmachermeister.

R. Hunold, Neutomischel 1897/07/02 -Eine Oberwohnung, bestehend aus 4 Stuben und Küche ist vom 1. Oktober ab zu vermiethen. R. Hunold

Carl Chedor, Neutomischel 1897/07/06, 1897/07/09, 1897/07/13, 1897/07/16, 1897/07/27 – Zwei freundliche Zimmer auch möbliert, hat sofort oder vom 1. Oktober zu vermiethen. Neutomischel Carl Chedor

Caskel Hirsch (alias Caspar Kallmann) und Ehefrau Bertha geborene Joachim (alias Saul), Neustadt b. P. 1897/07/16 – Zwangsversteigerung ! auf Antrag des Kaufmanns Moritz Kallmann zu Magdeburg Breiter Weg Nr. 146 soll im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Neustadt b. Pinne Band III Blatt Nr. 113, auf den Namen des verstorbenen Handelsmanns Caskel Hirsch (alias Caspar Kallmann) und seiner gleichfalls verstorbenen Ehefrau Bertha geborenen Joachim (alias Saul) eingetragene, am 18. September 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 2 versteigert werden.  Das Grundstück, bestehend aus nicht vermessenem Hofraum und Garten mit Gebäuden, ist mit 182 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. — Pinne, den 10. Juli 1897 – Königliches Amtsgericht.

S. Lewy, Neutomischel 1897/07/16, 1897/07/23 – In meinem Hause ist eine Hofwohnung aus 2 Zimmern bestehend sofort oder 1. Oktober an ruhige Leute zu vermiethen. S. Lewy

Eheleute Eigenthümer Carl Strempel und Ernstine geborene Becker, Blake 1897/07/23 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Blake Band III Blatt Nr. 67, auf den Namen der Eheleute Eigenthümer Carl Strempel und Ernstine geborene Becker eingetragene, zu Blake belegene Grundstück am 18. September 1897, Vormittags 10 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – Zimmer 7 versteigert werden.  Das Grundstück ist mit 1,52 Mk. Reinertrag und einer Fläche von 3,88,58 ha zur Grundsteuer, mit 18 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.  Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 18. September 1897, Vormittags 11 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.  — Neutomischel, 17. Juli 1897 – Königliches Amtsgericht.

Parzellirungsbank Posen, Gut Friedenfeld bei Jablone 1897/07/27 – Am Montag, den 2. August d. Js. und an den nächstfolgenden Tagen werden wir den Rest der Acker- und Wiesenparzellen auf dem Gute Friedenfeld bei Jablone verkaufen. Unsere Zahlungsbedingungen sind: bei geringer Anzahlung 10 Jahre Frist zur Abzahlung. Parzellirungsbank Posen, Bäckerstraße 18

Parzellirungs-Bank in Posen 1897/08/24, 1897/08/27 – Wiesen-Verkauf ! Montag, den 30. August, Vorm. 10 Uhr, werden an Ort und Stelle in Jablone 38 Morgen Wiesen in Parzellen (von je 3 Morgen abgesteckt) und auf Vorwerk Friedenfeld eine Ackerparzelle von 40 Morgen unter günstigen Bedingungen verkauft werden durch die Parzellirungs-Bank in Posen, Bäckerstraße 18

Wolff, Lehrer Friedenhorst 1897/07/30 – Die Grasnutzung meiner Dienstwiese, einschürig, ist zu verpachten. Wolff, Lehrer Friedenhorst

Lucht, Bolewitz 1897/08/10, 1897/08/17 – Fleischer- u. Bäckermstr. Lucht Bolewitz will sein Grundstück in gutem Zustande verkaufen

Stellmacher und Gastwirth Anton Lisinski und Ehefrau Antonina geb. Poszwa, Brody 1897/08/13 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Brody Band II Blatt Nr. 64, auf den Namen des Stellmachers und Gastwirths Anton Lisinski und seiner gütergemeinschaftlichen Ehefrau Antonina geb. Poszwa eingetragene am 9. Oktober 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – Zimmer 2 versteigert werden. Das Grundstück ist mit 2,10 Reinertrag und einer Fläche von 0,21,20 ha zur Grundsteuer, mit 69 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. — Pinne, den 8. August 1897 – Königliches Amtsgericht.

Christian und Rosina geborene Knoll – Kuck’schen Eheleute, Paprotsch 1897/08/17 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Paprotsch  Blatt Nr. 54, auf den Namen der Eigenthümer Christian und Rosina geborene Knoll – Kuck’schen Eheleute zu Paprotsch eingetragene Grundstück am 16. Oktober 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – wieder versteigert werden.  Das Grundstück ist mit 19,50 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 23,48,30 ha zur Grundsteuer, mit 165 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.  Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 16. Oktober 1897, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. — Neutomischel, 5. August 1897 – Königliches Amtsgericht

Heinrich Lachmann, Albertoske und August Kuss, Albertoske 1897/08/24, 1897/08/27 – Zwangsversteigerung ! Montag, den 28. ds. Mts. Vormittags 9 Uhr werde ich in Albertoske auf dem Grundstück des Eigenthümer Heinrich Lachmann, Roggengarben im Werthe von ungefähr 20 Mk., ein Feld Hafer im Werthe von ungefähr 10 Mk., den Hopfen auf den Stangen im Werthe von ungefähr 240 Mk., ferner an demselben Tage, Vormittags 11 Uhr, ebendort, bei dem Eigenthümer August Kuss, den sämmtlichen Hopfen auf den Stangen im Werthe von ungefähr 180 Mk. meistbietend verkaufen. Manzke, Gerichtsvollzieher.

August Seide, Zinskowo 1897/08/27 – Zwangsversteigerung ! Dienstag, den 31. d. Mts., Vormittags 9 Uhr werde ich in Zinskowo auf dem Grundstück des Eigenthümers August Seide drei Plantagen Hopfen im Werthe von 100 Mark meistbietend verkaufen. Manzke, Gerichtsvollzieher

Walentin Kucz, Altomischel 1897/08/31 – Meine Wirthschaft mit 30 Morgen Land incl. 3 Morgen Wiese, neuen Gebäuden beabsichtige ich aus freier Hand sofort zu verkaufen Walentin Kucz in Alttomischel, Kreis Neutomischel

über die Expedition d. Bl., Neutomischel 1897/09/24, 1897/09/28, 1897/10/01, 1897/10/05 – Eine Wohnung von 4 Zimmern, Küche und Zubehör in der Bahnhofstraße ist vom 1. Oktober oder später zu vermiethen. Zu erfragen in der Expedition d. Bl.

Neuer Markt 42, Neutomischel 1897/09/28, 1897/10/01, 1897/10/05, 1897/10/08 – Neuer Markt 42 sind sofort 2 Wohnungen zu vermiethen

Frau Kroenert, Neutomischel 1897/09/28, 1897/10/01 – Ein Zimmer mit oder ohne Möbel ist vom 1. Oktober ab zu vermiethen bei Frau Kroenert

über die Expedition d. Bl., Neutomischel 1897/09/28, 1897/10/01, 1897/10/05, 1897/10/08 – Zwei Grundstücke in guter Lage Neutomischels sind bei geringer Anzahlung zu verkaufen. Zu erfragen in der Exp. d. Bl.

Heinrich Stahr, Weißhauland 1897/10/01 – Eine Wirthschaft 23 kl. Morgen groß zu 3.000 Mark. Anzahlung 1.500 M. hat u verkaufen Heinrich Stahr, Weißhauland

Heinrich Müller, Neufeld 1897/10/15, 1897/10/19 – Mein Grundstück mit 40 Morgen Land und Wiese, sowie neuem Gehöft, beabsichtig ich zu verkaufen. Heinrich Müller, Neufeld

Wittwe Emma Hecke geb. Steinborn zu Glinau 1897/10/26 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Glinau  Blatt Nr. 238 auf den Namen der Wittwe Emma Hecke geb. Steinborn zu Glinau, welche, wie gerichtskundig, mit August Schirmer wieder verheiratet ist, –  eingetragene Grundstück am 18. Dezember 1897, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – wieder versteigert werden.  Das Grundstück hat eine Fläche von 1,0693 ha zur Grundsteuer, mit 216 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.  Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 18. Dezember 1897, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. — Neutomischel, 22. Oktober 1897 – Königliches Amtsgericht

Gustav Pohl, Doktorowo bei Grätz 1897/10/29 – Ich beabsichtige meine Windmühle mit 2 Mahlgängen nebst 4 Morgen Land, sowie darauf stehenden massiven Gebäuden sofort zu verkaufen oder zu verpachten. Gustav Pohl, Doktorowo bei Grätz

Wilhelm Schauer, Albertoske 1897/11/02 – Meine Wirthschaft, 13 Morgen Land und dazu 1 1/2 Morgen Wiese, Haus mit 2 Stuben, Scheune und Stall ist sofort zu verkaufen. Wilhelm Schauer Albertoske bei Konkolewo Hld.

Carl Hunold, Altborui 1897/11/05 – Eigenthümer Carl Hunold aus Altborui, nahe bei Kirchplatz, will sein Grundstück mit dem Wohnhaus und Scheune verkaufen

Wilhelm Rausch, Friedenau 1897/11/05, 1897/11/12, 1897/11/19, 1897/11/23 – Meine Wirtschaft, 40 Morgen Land, 6 Morgen Wiese und 20 Morgen Haide, ein Wohnhaus, 2 Ställe und 1 Scheune beabsichtige ich zu verkaufen. Wilhelm Rausch in Friedenau bei Friedenhorst, Kreis Meseritz

Alwine Stein geb. Schulz, Scherlanke 1897/11/16 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Scherlanke  Blatt Nr. 159 auf den Namen der Alwine Stein geb. Schulz zu Scherlanke, welche mit Wilhelm Stein II. verheirate ist, eingetragene Grundstück am 15. Januar 1898, Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht an Gerichtsstelle – wieder versteigert werden.  Das Grundstück ist mit 2,33 Thlr. Reinertrag und einer Fläche von 2,00,90 ha zur Grundsteuer, mit 36 Mark Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Zimmer Nr. 9, eingesehen werden.  Diejenigen, welche das Eigenthum des Grundstücks beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt.  Das Urteil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 15. Januar 1898, Nachmittags 3 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden. — Neutomischel, 11. November 1897 – Königliches Amtsgericht

August Seide I., Paprotsch 1897/11/19, 1897/11/23, 1897/11/30, 1897/12/07 – Für Arbeiterfamilie hat eine Stube mit Bodenraum und Kammer und etwas Land dazu vom 1. April k. Js. zu vermiethen August Seide I., Paprotsch

Manheim Swarzenski bei Maennel, Neutomischel 1897/12/03, 1897/12/07 -Die M. Swarzenski’sche Ladenwohnung mit Zubehör im Maennel’schen Hause ist für sofort oder später zu vermiethen. Neutomischel, 1. Dezember 1897 C. E. Goldmann, Konkursverwalter

über die Expedition d. Blt., vermutl. Neutomischel 1897/12/03 – Ein auch zwei möblierte Zimmer sind zu vergeben. Wo, sagt die Exp. dieses Blattes

Anton Minge, Klein Lipke bei Neutomischel 1897/12/03 – Meine Wirthschaft, 51 Morgen Land incl. Wiesen, Gebäude in gutem Zustande, beabsichtige ich im Ganzen oder getheilt zu verkaufen. Anton Minge, Klein Lipke bei Neutomischel

Joseph Szukala und seiner gütergemeinschaftlichen Ehefrau Magdalena geb. Josefowska, Niewierz 1897/12/07 – Zwangsversteigerung ! Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Niewierz Band I – Blatt 15, (früher No. 36 B) – auf den Namen des Eigenthümers Joseph Szukala und seiner gütergemeinschaftlichen Ehefrau Magdalena geb. Josefowska zu Niewierz eingetragene Grundstück am 10. Februar 1898 Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht – an Gerichtsstelle – Zimmer Nr. 2 versteigert werden.  Das Grundstück ist mit 53,91 Mk. Reinertrag und einer Fläche von 8,80,30 Hektar zur Grundstuer, mit 60 Mk. Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. — Pinne, den 27. November 1897. – Königliches Amtsgericht

Beschluß 1897/12/21 – Das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von Niewierz Band I, Blatt 15, auf den Namen des Eigenthümers Josef Szkula und seiner Ehefrau Magdalena geb. Jozefowska eingetragenen Grundstücks wird aufgehoben, da der betreibende Gläubiger, Arbeiter Stanislaus Szukala, den Versteigerungsantrag zurück genommen hat.  Die Termine am 10. und 11. Februar 1898 werden aufgehoben. — Pinne, den 13. Dezember 1897 – Königliches Amtsgericht

Wilhelm Meissner, Kozielaske 1897/12/07 – Mein Grundstück Nr. 23, 9 ha groß, beabsichtige ich zu verkaufen. Wilhelm Meissner, Kozielaske

Zeuschner, Alt-Borui 1897/12/10 – Der Termin des Zeuschner’schen Grundstücks No. 61 Alt-Borui ist bis auf Weiteres aufgehoben. Die Erben.

Dienegott Meissner, Weißhauland 1897/12/10 – Meine Wirthschaft 21 Morgen Land einschl. etwas Wald, beabsichtig ich unter günstigen Bedingungen zu verkaufen. Dienegott Meissner, Weißhauland bei Eichenhorst

Gustav Sender, Alttomischel 1897/12/14 – Meine Wirthschaft, ca. 6 Morgen Land und Wiese, Haus und Scheune, beabsichtige ich zu verkaufen. Gustav Sender, Alttomischel

M. Nowak, Witomysl 1897/12/14 – Außer meinem Wohngebäude habe ich ein besonderes halbes Haus mit 3 Morgen Land, belegen an der Dorfstraße, zu verkaufen. M. Nowak, in Witomysl

Heinrich Kahl, Witomischel-Abbau 1897/12/24 – Mein Grundstück, 4 Morgen Land nebst Wohnhaus und Stall beabsichtige ich aus freier Hand zu verkaufen. Heinrich Kahl, Witomischel Abbau

Carl Gierling, Glinau 1897/12/31 – Meine Wirthschaft, 12 Morgen Land, Wohn- und Wirthschaftsgebäude, beabsichtige ich zu verkaufen. Carl Gierling, Glinau

W. Schmidt, Glinau 1897/12/31 – 2 Arbeiterwohnungen habe ich auf meinem Wiesengrundstück Glinau vom 1. April 1898 zu vermiethen. W. Schmidt, Mühlenbes.

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1897

Die Pferde gingen durch – 1905

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung 1905)
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Der Unfallort - die Gaslaterne vor der Weinert'schen Villa / Postkartenausschnitt u Eigenaufn. [811]

Der Unfallort – die Gaslaterne vor der Weinert’schen Villa / Postkartenausschnitt u Eigenaufn.

Gestern (18. Mai 1905) vormittag während des Wochenmarktes wurden die Pferde des Eigentümers Giering aus Sontop auf dem Neuen Markte scheu und rasten, trotzdem sie abgesträngt waren, mit dem Wagen derartig gegen die vor Weinert’schen Villa stehende Gaslaterne, daß dieselbe umgeworfen und zertrümmert wurde. Auch die Deichsel des Wagens wurde zerbrochen.

Darauf wurden die Pferde von dem Eigentümer Albert Lischinski-Neurose ergriffen, sonst hätte vielleicht größeres Unglück geschehen können.

Der Besitzer des Fuhrwerks ist bei der Stuttgarter Gesellschaft versichert, die den Schaden zu tragen hat.

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Pastor Knispel – 1. Pastor zu Hammer Boruy – um 1777

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Die Kirche zu Boruja Kościelna - Kirche des Heiligen Adalbert - Eigenaufn. 2007 [812]

Die Kirche zu Boruja Kościelna – Kirche des Heiligen Adalbert – Eigenaufn. 2007

Zur Kirche Hammer Boruy später auch Kirchplatz Boruy genannt, findet sich in „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“ (1), Verfasser Albert Werner aus dem Jahre 1904 folgendes:

„Die Stiftung des Kirchspiels Hammer Boruy ist erfolgt auf Grund der Erektionsurkunde vom 3. November 1775, welche am 15. Januar 1776 von dem Provinzial-Konsistorium zu Lissa bestätigt wurde. Vor diesen Jahren hatten die Evangelischen Augsburgischer Konfession in der Herrschaft Hammer nur ein Schulhause, in dem ein Lehrer die Predigt kraft des der Gemeinde erteilten Privilegs von 1705 verlas; einigemale im Jahre besucht sie der Prediger Krone aus Züllichau, um das heilige Abendmahl zu spenden, die kirchlichen Akte verrichteten bald der katholische Probst in Bentschen, bald die evangelischen Pfarrer in Wollstein, Chlastawe und Kranz. Zu einem eigenen Pfarrsystem verhalf diesen Evangelischen vornehmlich der evangelische-reformierte Besitzer der Hammerschen Güter Ludwig von Mielecki, indem er nicht nur Grund Boden und einen Teil des Bauholzes zu einer Kirche und einem Pfarrhause nebst einer Summe von 100 Dukaten schenkte, sondern auch die Erlaubnis zum Bau des Gotteshauses auswirkte. Die Kirche wurde am 1. Juni 1777 durch den Pastor Nikisch aus Wollstein feierlich geweiht; sie ist bis jetzt (1904) erhalten. “

 

Boruy und Umgebung 1893 - Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25_list.cgi?show=3762;sort=w [813]

Boruy und Umgebung 1893 – Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25_list.cgi?show=3762;sort=w

Als weitere Quelle zu diesem Kirchspiel nutzen wir jetzt die im Jahr 1840 von Pastor Robert Adolph Rohrmann angelegte Kirchenchronik (2) . Er begann sie im Jahr seiner Amtseinführung als 3ter Pastor der Gemeinde, welches er bis zum seinem Tode 1865 inne hatte.  Vorstehende Ausführungen finden sich mit etwas anderen Worten auch in seiner Aufzeichnung. Interessanterweise führte er an, dass er wiederum in einem Schulbuche, welches mit dem Jahr 1743 begonnen hatte, gefunden hatte, dass dem Probst der römisch-katholischen Kirche zu Bentschen, für seine Handlungen Gebühren entrichtet worden waren. Über den Verbleib dieses erwähnten Schulbuches ist leider nichts bekannt.

Pastor Rohrmann, stellte in der Kirchenchronik auch Kurzbiographien seiner Amtsvorgänger zusammen. Er führte aus, dass er von seinem Vorgänger  Pastor Johann Friedrich August Schulze (2ter Pastor in Boruy in den Jahren von 1825-1838) folgende, wie er schrieb, eigenhändigen Notizen zu Pastor Knipsel, dem 1sten Pastor der gegründeten Gemeinde, welche er in Unterlagen aufgefunden hatte, genutzt hatte:

“ Der bisherige erste Prediger an der hiesigen evangelischen Kirche, Herr Superintendent Christoph Knispel starb am 24. Juni 1824 zu Lindenruh bei Glogau am Schlagflusse in einem Alter von 73 Jahren vier Monaten und sechszehn Tagen. Über seine Berufung und Einführung, welche noch etwas früher erfolgt sein soll, als der Bau der Kirche beendigt war, findet sich nichts bei den Akten und Papieren der Kirche, die mir sämtlich von dem zeitigen Cantor Rau übergeben worden sind. Nicht einmal die Nachweisung der Emolumente, welche seiner Vocation beigefügt war, konnte aus wiederholten Nachfragens von Seiten der Herrschaft und der Gemeine, so wie der königl. Regierung … vorgefunden werden. Dafür konnte aber der verstorbene g. Knispel nicht; denn bei seinem unerwartet erfolgten Hinscheiden hatte er keine Zeit, seine Papiere in Ordnung u Sicherheit zu bringen. Übrigens war er ein sehr treuer Seelsorger und ein sehr beliebter Kanzel-Redner. Weshalb es die Gemeine, welche bereits schon Ziegel-Steine zu seiner Gruft angefahren hatte, sehr tief betrauerte, daß es die Knispelschen Erben nicht möglich machten, seine sterblichen Überreste hier zu bestatten.“

Als einen weiteren Punkt führte PastorRohrmann das Patronatsverhältnis im Hinblick auf die Predigerwahl an.

“ Über die erste Predigerwahl (fehlt) selbst in den Kirchenakten die schriftliche Nachricht gänzlich und die mündliche wiederspricht sich so sehr, daß ich, um nicht offenbare Unwahrheiten hier aufzuzeichnen, lieber ganz davon schweige.

Die Kirche zu Borui nach 1900 - Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft [814]

Die Kirche zu Borui mit dem 1900 angebauten Turm, deutlich erkennbar aber der alte Fachwerkbau – Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft

Soviel soll jedoch gewiß sein, daß der erste Kirchenpatron Herr Ludwig v. Mielecki auf diese Wahl einen entschiedenen Einfluß ausgeübt habe“

Die Aussagen in den Aufzeichnungen von Pastor Schulze und Pastor Rohrmann stimmen also dahingehend überein, dass etwaige Unterlagen zum ersten Pastor der Gemeinde vor 1840 schon nicht mehr zur Verfügung standen.

Aus den dürftigen Daten, welche ihm zugängig waren, stellte Pastor Rohrmann letztlich folgende Biographie zusammen:

„Der erste Prediger zu Hammer-Boruy hieß Johann Christoph Knispel, geboren in Neudamm am 8ten Februar 1750. Er studierte auf der Universität zu Frankfurt a/O. von Ostern 1770 bis 1773. Ehe derselbe das hiesige Pfarramt antrat, war er Hauslehrer bei den Kindern des Herr Hauptmanns von Brause zu Stoppanowo und wurde am 3ten April 1776 zu Bojanowo von dem Herrn General Consenior Krumbholz ordiniert. Im Jahr 1790 wurde ihm die Verwaltung der Superintendantur des damaligen Karger-Kirchenkreises übertragen, die er im Jahre 1817 freiwillig niederlegte. Im Jahre 1824 besuchte er seine in Gr. Glogau verheiratete Tochter, woselbst er, vom Schlage plötzlich getroffen, am 24. Junius in Lindenruh starb und auf dem evangelischen Gottesacker zu Glogau, woselbst ihm der Prediger und Superintendent Herr Koehler die Leichenrede hielt, beerdigt wurde.“

Ergänzend aus Kirchenbuchaufzeichnungen (3) fügen wir noch hinzu, das sich aus Eintragungen der Eheschließungen der Töchter als Mutter und somit Ehefrau des Pastor Knispel Marianna Henriette geborene Scheunstuhl fand, welche vermutlich vor 1815 verstarb. Die Töchter, soweit dieses aus Eintragungen notiert wurde, waren:

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Die Verwendung der Kirchenchronik von Hammer Boruy erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Probstes von Boruja Kościelna – Krystjan Grabijas – Parochie des St. Wojciech (Heiliger Adalbert)

An dieser Stelle nochmals Vielen Dank !

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Quellen:

Tod durch Blitzschlag – 1897

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung  No. 43 Dienstag, den 1. Juni 1897  [815]

Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung
No. 43 Dienstag, den 1. Juni 1897

Während eines kurzen aber heftigen Gewitters am Freitag (28. Mai 1897) vormittag befanden sich der dreizehnjährige Knabe Gustav Liedke (Anm.: Der in Zinskowo tot aufgefundene Junge war Oswald August Otto Liedke, 13 Jahre; Sohn des Johann Gustav Carl Liedke und seiner Ehefrau Emilia Anna Florentina geborene Thomas.) und der Knabe Bresch aus Zinskowo auf dem Heimwege von der Schule, als ein Blitzstrahl niederging und beide zur Erde fielen.

Liedke war sofort todt, während sich der andere Knabe von der Betäubung erholte und in einiger Verwirrung zu Hause ankam, ohne von dem Schicksal seines Mitschülers Kenntniß zu haben.

Am Nachmittage wurde der Verunglückte aufgefunden und von den verzweifelten Eltern in Empfang genommen. Über die Verletzungen des Knaben entnehmen wir dem „Pos. Tagebl.“ folgenden eingehend abgefaßten Bericht: In dem Filzhut war – wahrscheinlich an der Stelle, wo sich der Blitz den Weg zum Körper des Knaben gebahnt hat – eine handgroße unregelmäßige Öffnung eingerissen. Die Kleider waren nicht verbrannt oder geschwärzt. Dagegen zeigt sich auf dem Kopfe des Knaben, rechts oberhalb des Ohres eine Stelle von der Größe eines Fünfmarkstückes, woselbst die Haare halb abgesengt waren. Am linken Schlüsselbein entsprang ein etwa zwei Zentimeter breiter blauroth gefärbter nach unten zu schmäler werdender Streifen von etwa 15 Zentimeter Länge, an dessen unteren Ende zwei sich kreuzende blaue Streifen zu sehen waren. Auch die Beinkleider des Knaben, den man auf dem Gesichte liegend vorfand und der jedenfalls durch den Blitzschlag sofort getödtet ist, waren an der Hinterseite total zerrissen.

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Die Hauländer – nicht jeder war ihnen freundlich gesinnt – 1798

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Justizkommissarius Stenger 1798, Unruhstadt/Südpreussen (Einleitung Gudrun Tabbert))
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Unruhstadt - Markt mit Rathaus, Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coat_of_Arms_of_the_Polish-Lithuanian_Commonwealth.svg [816]

Unruhstadt – Markt mit Rathaus, Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coat_of_Arms_of_the_Polish-Lithuanian_Commonwealth.svg

Dieser hier veröffentlichte Aufsatz des Justizkommisssarius Stenger aus Unruhstadt  wurde im Jahr 1798 von diesem verfasst und publiziert.

Der Leser mag sich selbst ein Bild über die Ausführungen machen. Dieses unter dem Aspekt der ungeordneten Rechtslage jener Zeit, der Jahre von Beginn bis Ende 1700, und dem immer wiederkehrenden Versuch freie Bauern in die Abhängigkeit der Obrigkeit zu pressen; und vor allem mit dem Wissen über Hauländer, welches in zahlreichen unserer Beiträge schon zusammen getragen wurde.

Als zeitlichen Rahmen schieben wir hier nochmals ein, dass die Hauländer um 1700 nachweislich im Tomischler Hauland siedelten,  vermutet wird ein noch weiter zurückliegender Ansiedlungszeitraum, jedoch sind dazu noch nicht alle Quellen endgültig ausgewertet. Die Teilungen Polens (1772,1793,1795) die eine Zugehörigkeit zu Preußen brachten, waren noch in weiter Ferne.

Die Ansiedlung hatte auf Grundlage vertraglicher Vereinbarungen, den sogenannten Privilegien,  stattgefunden, die in jener Zeit für beide Parteien, zwischen denen Sie geschlossen wurde, als akzeptabel angesehen worden sein müssen.

Ganz grob umrissen war einem Hauländer wichtig:

Im Gegenzug war er bereit seine Arbeitskraft einzubringen und zu einem späteren Zeitpunkt, meist nach 7 Jahren, auch Steuern  und Abgaben auf das von ihm Erwirtschaftete zu zahlen.

Es finden sich auch in der Chronik [762]  zum  100 jährigen Bestehen [760] der evgl. Kirche Friedenhorst/Jastremske aus dem Jahr 1897  in welcher die Aufzeichnungen des Lehrers Schöfenius wiedergegeben wurden, Erwähnungen, das nicht jeder sich an die Vertragsvereinbarungen hielt.

Einmal heißt es:

Königreich Polen (1025-1659), Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coat_of_Arms_of_the_Polish_Crown.svg [817]

Königreich Polen (1025-1659), Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coat_of_Arms_of_the_Polish_Crown.svg

“ Die Eigentumsrechte der Holländer wurden willkürlich eingeschränkt. Mancher Punkt, der im Privilegium zweideutig gefasst war, wurde ganz zum Vorteile der Herrschaft ausgelegt und Einschränkungen hinzugefügt. Bauholz von seinem Lande durfte der Holländer nur mit Erlaubnis der Herrschaft verkaufen. Von Martini bis Klaibetag durfte der herrschaftliche Schäfer auf den Saaten der Holländer weiden. Wenn keine Erben vorhanden waren, fiel die Wirtschaft an den Gutsherrn zurück, welcher auch einen schlechten Wirt von Haus und Hof treiben durfte. Was endlich die Erwerbsverhältnisse betrifft, so wurden diese den Ansiedlern immer mehr erschwert und belastet.“

Nur wenige Sätze später findet sich dann auch folgende Aussage:

Kurz die Herrschaft dachte: Je mehr das Land durch die Arbeit der Holländer im Werte gestiegen ist, desto mehr muss es der Herrschaft einbringen. Auf diese Weise wären die Ansiedler nie zum Wohlstände gelang, wie sehr sie sich auch mühten und einschränkten, wenn sich nicht Gott ihrer erbarmt hätte. Er gedachte seines von der Welt vergessenen evangelischen Häufleins in Polen, welches seinen Glauben treu bewahrt hatte. Er schickte ihnen, ohne dass sie es ahnten oder etwas dazu taten, einen Erlöser, der sie aus dem Diensthause befreite, König Friedrich Wilhelm II. von Preußen vereinigte im Jahre 1793 den Rest des Großherzogtums Posen, wozu unsere Gegend gehörte, nebst anderen polnischen Gebieten unter dem Namen „Südpreußen” mit dem Königsreiche Preußen.“

Es ist also nicht verwunderlich, dass die „Hauländer“, nachdem sie im Gebiet Südpreußens ansässig wurden, versuchten die ursprünglich in den Privilegien vereinbarten Vertragsverhältnisse wieder herzustellen, und die ihnen im Laufe der Jahre aufgezwungenen Repressalien zu diesen wieder rückgängig zu machen. Sie reichten Klagen bei den nunmehr zuständigen preußischen Gerichten ein um zu ihrem Recht zu kommen.

Im Jahr 1798, die Teilungen Polen waren längstens vollzogen, war zumindest der im preußischem Staatsdienst tätige Richter Stenger anderer Meinung als die Hauländer. Er erkannte die vollumfängliche Gültigkeit der Privilegien gegenüber den Hauländern nicht an und folgte sogar der Auffassung, dass die seitens des polnischen Adels „erpressten“ Mehrabgaben rechtens in der Erhebung gewesen seien. Richter Stenger schien dem Standesdenken jener Zeit tief verwurzelt zu sein: ein Adeliger stand noch über einem Beamten des preußischen Staates, aber dieser doch weit, weit über einem Bauern; und letzerer habe sich unterzuordnen und zu gehorchen.

Dem „Hauländer“ blieb also nichts anderes, als „stur und starrköpfig“, wie es dann genannt wurde, durch langjährige Prozesse, auf Einhaltung der Vertragsvereinbarungen zu bestehen und diese dafür heranzuziehen um zu belegen, was seine Rechte und Pflichten waren.  Dieses Beharren auf das ihm zustehende Recht führte jedoch auch dazu, das es zu offenen Anfeindungen gegenüber den sich eigentlich im Recht befindenden „Hauländern“ seitens der Obrigkeit kam. Richter Stenger bringt seine Abneigung, seinen Haß gegenüber  dem freien Stand der Bauern in seinem Artikel „Hauländer in Südpreußen“ zum Ausdruck. Heute würde er vermutlich wegen Befangenheit seines Amtes entbunden.

Dr. Clemens Brandenburger (2): verfasste dazu im Jahr 1903 folgende Einschätzung: „…. Richtig ist allerdings, dass viele Staatsdiener, Richter sowohl wie Verwaltungsbeamte, sich zu Ungerechtigkeiten gegen die Bauern hinreissen liessen, einerseits, um sich den polnischen Edelleuten gefällig zu erweisen, andererseits aus Ärger über die häufigen und langwierigen Prozesse, durch die sie aus ihrem gewohnten Schlendrian herausgerissen wurden. Typisch für diese Art von Leuten ist der Kronzeuge Meisners, Stenger-Unruhstadt, der in den „Jahrbüchern der preussischen Monarchie“, Jahrgang 1798 II einen Aufsatz „Von den Hauländern in Südpreussen“ veröffentlichte. Da dieser Aufsatz neben den zahlreichen Anerkennungen, die den Hauländern zu jener Zeit von anderen Beamten zu Teil wurden, voll des unfreiwilligen Lobes von einer ihnen feindlich gesinnten Seite ist ….“

Nachfolgend nun der Artikel in seinem Original Wortlaut:

„Von den Hauländern in Südpreussen.

Polen-Litauen (1569-1795), Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coat_of_Arms_of_the_Polish-Lithuanian_Commonwealth.svg [818]

Polen-Litauen (1569-1795), Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coat_of_Arms_of_the_Polish-Lithuanian_Commonwealth.svg

An Wichtigkeit und Interesse fehlt es dem Gegenstande dieser Abhandlung gewiss nicht. Mögte es mir nur gelingen, in ein solches Licht zu stellen, dass er auch selbst der Aufmerksamkeit unsers guten und weisen Königs nicht entginge.

Die Hauländer machen in Südpreussen einen sehr wichtigen Theil der Einwohner aus; sie weichen in ihren Sitten und Character von den eigentlichen Südpreussen sehr ab; sie haben auf die Stimmung, besonders des Adels in der Provinz, nach der Preussischen Besiznahme einen sehr grossen Einfluss gehabt; kurz, es ist werth, von ihnen mehr zu sagen.

In dem … Werke – Topographisch – Statistisch – Geographisches Musterbuch der sämmtlichen Preussischen Staaten u.w.w. erster Theil, A-bla, Halle 1796 heisst es:

Hauland, in der gemeinen Mundart Holand oder Holland; polnisch Oledry, bedeutet ein urbares Feld, das nur, nachdem erst alles darauf gewachsene Holz abgehauen und dann auf einem Haufen verbrannt war, bebaut werden konnte. Dergleichen Hauländer findet man in Südpreussen sehr viele; sie sind grösstentheils durch eingewanderte Deutsche lutherischer Religion zu Anfang des vorigen Jahrhunderts urbar gemacht, und von ihnen bewohnt. Man bezeichnet sie mit dem Namen Hauländer oder Holänder, und unterscheidet sie von den eigentlichen Unterthanen, welche ursprünglich Pohlen, und katholischer Religion sind.  Unter ihnen hat sich auch die deutsche Sprache erhalten: denn sie vermischen sich durchaus nicht mit jenen, sondern bilden für sich untereinander Gemeinden, ungeachtet sie zerstreut umher, und jeder in der Mitte des ihm zugehörigen, mit einem Zaun eingefassten Landes wohnen. Ganze Distrikte von zwei bis drei Meilen haben sich zum Bau einer Kirche vereinigt, und besolden einen eigenen Geistlichen. Sie sind nicht Leibeigene ihrer Grundherrschaft, sondern haben von dieser das Land erb- und eigenthümlich gekauft, und verzinsen dasselbe.“

Im Ganzen ist der Begriff wohl ziemlich gefasst; aber einige Berichtigungen wird der Herr Verfasser dem Einsender erlauben.

Die Benennung ist so wie der Ursprung dieser Leute richtig angegeben, aber wozu der Zusaz, dass das Holz erst verbrannt werden musste, ehe die Ländereien bebaut werden konnten? Dieses ist so wenig historisch wahr, als ein notwendiger Grund davon abzusehen. Die Hauländereinen sind nicht grösstentheils zu Anfang des vorigen, sondern vielleicht eben so viele schon zu Ende des siebzehnten Jahrhundert etablirt; und ist es ferner nicht genug, sie blos von den katholischen-polnischen Unterthanen zu unterscheiden, so ein charakteristisches Kennzeichen derselben es auch übrigens ist, dass sie keine leibeigene Unterthanen sind.

Viele Hauländereien liegen in ihren einzelnen Etablissements zerstreut umher, viele Hauländer wohnen aber auch in ihren Gehöften neben einander; die wenigsten haben in ganzen Distrikten ihre eigenen Geistlichen, vielmehr sind die meisten in eine Stadtkirche eingepfarrt, und wenn in einem Haulande eine Kirche ist, so ist auch der Grundherr Patron derselben, und von ihm wird das Meiste zur Besoldung des Geistlichen beigetragen, sofern man die Entrichtung der Kurium Stolae nicht Besoldung nennen kann.

Zwar sind die Hauländer nicht Leibeigene, auch nicht einmal Unterthanen, aber in der Zinspflichtigkeit beruht auch nicht mehr ihr einziges Verhältniss gegen ihre Grundherrschaft. das ehemalige Pohlen war in den ältern Zeiten besonders mit Waldungen reichlich versehen, die dem Adel – dieser reichsten und mächtigsten, beinahe einzig etwas geltenden Klasse der Nazion, vorzüglich nur um der Jagd willen werth waren: denn wohn sollte er so viel Holz verkaufen, und wozu es auf eine zwekmässige Art anwenden? Der Bedürfnisse waren so viele nicht; und zur Befriedigung der vorhandenen waren seine Besizzungen und anderweitige Erwerbsqurllen hinreichend. Mit dem Wachsthum jener mussten jedoch diese immer kärglicher werden; leicht ward das Mittel gefunden, ohne eigene grosse Mühwaltung und Kosten jährlich eine beträchtliche baare Revenüe zu gewinnen: — man etablirte Hauländereien, d. h. man räumte den Antretungslustigen Flekke Waldungen ein, die sie sich urbar machen, bebauen und dann nach Verlauf einer gewissen Anzahl von Freijahren (gewöhnlich sieben) mit einer jährlichen Geldabgabe (von der Hufe Culmisch Maass mehrentheils zehn bis zwölf Thaler) verzinsen mussten. Darüber erhielten dann die Annehmer für sich, ihre Erben und Nachfolger ein sogenanntes Privilegium; worin ihnen ihre Ländereien erb- und eigenthümlich verschrieben, und sie selbst für dienstfreie Leute erklärt wurden. Gewöhnlich wird ihnen in diesen Privilegien auch frei Brennholz versprochen, wofür sie in der Regel jährlich nur zwei Scheffel Hafer abgeben, und wenn man dazu nimmt, dass sie entweder gar kein, oder ein äussert unbeträchtliches Grundgeld (Kaufprezium) bezahlen, so ist nicht zu leugnen, dass sie auf eine vortheilhafte Art zu nicht selten sehr beträchtlichen Besizzungen kamen.

Freilich kostete die Urbarmachung der Ländereien, die Erbauung der nöthigen Gebäude keine geringe Mühe, aber dafür wurden sie durch die Freijahre entschädigt. Nehmen wir auf die damalige Lage und Verfassung der Gutsbesizzer, überhaupt der pohlnischen Edelleute als Guthsbesizzer, nicht Rüksicht, so können wir uns nicht genug wundern, wie sie so viel gegen so wenig hingeben konnten. Nach dem damaligen Preise des Holzes liess sich für das freie Brennholz von einer Hufe jährlich nicht füglich mehr als zwei Scheffel Hafer (verstehe sich gross Maass) verlangen, und eben so wenig eine höhere baare Geldausgabe; den zwölf Thaler waren in jenen Zeiten gewiss so viel werth, als heute dreissig Thaler sind. Dienest ? — wozu sollte der Edelmann sie gebrauchen? die äussert eingeschränkt und unvollkommen betriebene Landwirthschaft brauchte damals der Dienst nicht mehrere, als der leieigene pohlnische Bauer gewährt, der an den meisten Orten täglich mit doppeltem Gespann zu Hofe gehen muss.

Auf die Verbesserung der Wirthschaft hatte der Guthsbesizzer nun fürs erste um so weniger dringende Veranlassung zu denken, da die Hauländer ihm baar Geld einbrachten.

Fleiss und Industrie waren Lezterm durchaus nothwendig, der gemeine Pohle damals aber dazu nicht aufgelegt: daher die ersten Hauländer auch alle deutschen Ursprungs sind, jedoch gewiss nicht, so allgemein auch diese Vermuthung ist, zum grössten Theil, von Religionsdruk verfolgt, aus ihrem deutschen Vaterlande vertrieben. Eher glaube ich, darf man den Grund Ihrer Auswanderungen theils in Neuerungssucht, theils in lokkenden Einladungen suchen.

Der bessere Theil der deutschen Nazion verliess mit den Vorfahren unsrer jezzigen Hauländer sein Vaterland gewiss nicht; denn mögten wir auch weiter unten Gründe auffinden, warum sie schlechter geworden, so lässt sich doch ihre jezzige Verderbtheit nicht wohl erklären, wenn sie sonst nur gute Sitten und Charakter mitbrachten. — Fleiss und Industrie, als Kinder der Noth, waren gewiss ihre einzige Mitgift: mögten sie diese nur wenigstens ganz erhalten haben. (Ich darf wohl nicht erst an das: keine Rege ohne Ausnahme! erinnern. Meine eigene Erfahrung hat mich Hauländer kennen gelehrt, die sich durch Kopf und Herz gleich empfehlenswerth machten.).

Der Hauländer ist nicht einfältig, aber auch nichts weniger, als klug: er ist verschmitzt, wenn er einen Angriff befürchtet, und klebt so an alten Vorurtheilen und Gewohnheiten, dass er seinen offenbaren Vortheil nicht sieht, den triftigsten Vorstellungen kein Gehör giebt, weil angeborne Furcht gegen alles, was neu ist, ihn taub macht. Er ist äusserst misstrauisch: der Mann traut seinem Webe nicht, der Vater nicht dem Kinde, aber alle vereinigen sich, wenn es auf  Misstrauen gegen den Herren oder gegen den Vorgesezten überhaupt ankommt. Er ist äusserst halsstarrig,m wiedersezlich und — undienstfertig: thut nichts gern was er nicht thun muss; er hat endlich — keine Religion.

Ich würde diese harte Beschuldigungen nicht niedergeschrieben haben, wenn ich einerseits nicht von der Wahrheit derselben überzeugt, und andererseits eben so zur Entschuldigung der Leute bereit wäre.

Die Teilungen Polens, Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Partitions_of_Poland_german.png [819]

Die Teilungen Polens, Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Partitions_of_Poland_german.png

Vorzüglich nach der preussischen Besiznahme hatte der Geschäftsmann, ganz insbesondere der Richter in der Provinz, viel Gelegenheit, diese Hauländer von der geschilderten Seite kennen zu lernen. Wir haben bereits die Privilegien und ihres Hauptinhalts erwähnt. Dieser war ganz der Zeit angemessen, zu der sie gegeben wurden; aber tempora mutantur etc.  (nos et mutamur in illis, lateinisch für: „Die Zeiten ändern sich und wir ändern uns in ihnen“.) So gieng es auch in Polen. Die Guthsbesizzer sahen sich bald, durch Noth gedrungen, und durch gute Beispiel aus der Nachbarschaft aufgemuntert, veranlasst, auf Erweiterung und Veredlung ihrer Wirthschaft zu denken: die Unterthanen-Dienste wollten nicht mehr hinreichen, Lohnarbeiter waren entweder nicht zu bekommen, oder zu kostspielig. — Mann sprach die Hauländer um Hülfe an, sie thaten es anfangs auf Bitte, und am Ende ward freilich ein Recht daraus, den Hauländern blieb nichts übrig, als sich zu gratuliren, wenn nur nicht zu viel von ihnen verlangt werde. Ein Theil Polens ward Preussisch. – Von den Kanzeln und überall publizirte man, dass ein jeder bei seinen Rechten und Privilegien geschüzt werden solle. Dies erhizte die Köpfe der Hauländer auf einmal zu schnell; in Strömen eilten sie den Gerichtshöfen zu, ihr Privilegium, wohl eingepakt, auf der Brust. Dies Nachsuchen rechtlicher Hülfe — wer könnte tadeln? aber damit verband nun der Hauländer eine so unwiderlegbare Renitenz, dass er nicht nur in der Meinung, es sei schon genug sein Privilegium blos vorgezeigt zu haben, plözlich zu dienen aufhörte, sonder auch oft durch alle nur mögliche Vorstellungen nicht zu der Überzeugung zu bringen war, und es noch nicht ist, dass er nicht selbst sein eigener Richter seyn, sich nicht selbst sein Recht nehmen könne; nein, er liess lieber zu vierzehn Tagen bis drei Wochen militairische Exekuzion das Seine aufzehren, um dann doch noch wenigstens in die Scheltworte auszubrechen: was ist das für eine Gerichtikeit! wir haben unsere Privilegien, und es wird uns doch nicht geholfen! u.s.w. Sich mit seiner Herrschaft vergleichen, davon ist ihm keine Vorstellung beizubringen: denn statt dass andere vernünftige Menschen es einen Vergleich nennen, wenn der eine Theil etwas nachlässt, und der andere etwas zugiebt, versteht der Hauländer darunter nichts anders, als seinem Privilegio nachlegen.

Die Beantwortung der Frage: ob die Hauländerprivilegien die einzige Norm der Entscheidung der Hauländerprozesse hergeben können und müssen? würde mich theils in ein zu weites Feld führen, theils wäre sie in Praxi überflüssig, da die Verjährung nun auch hier angenommen ist. Aber so viel darf ich bemerken, dass die bejahende Beantwortung jener Frage, wenn sie in allen dergleichen Prozessen eintreten solle, wirklich hart wäre. Einmal sind die Privilegien selten ganz deutlich gefasst, und zweitens, wenn auch nach allen Besizzer der Hauländereien Dienstfreie Leute genannt werden, weit eher zu vermuthen, dass man sie damit von Unterthanen unterscheiden, als von allen und jeden Diensten für Zeit und Ewigkeit entbinden wollte. Ich sage, zu vermuthen; denn ich höre den Einwand: und welche Dienst sind denn die Hauländer zu thun verbunden, da sie zu gar keinen schriftlichen verpflichtet sind? Doch wohl nicht zu ungemessnen? Lassen wir dies aber jetzt — hoffend zu unserm vortrefflichen Regenten, dass er für die grosse Disharmonie, die arlich durch kein Revisionserkenntniss in völlige Harmonie umgestimmt werden kann, einen glüklichen Mittelweg finden wird — kehren wir zur Person unsrer Hauländer zurük. —

Sie waren und sind, sagte ich, gar nicht zu überzeugen, dass sie ein rechtskräftiges Erkenntniss abwarten müssen; und da es denn auch nicht an unberufnen Dienern weltlichen und geistlichen Standes fehlt, die ihnen zu Munde redeten, so liessen sie es beinah jedesmal auf das Äusserste ankommen, ohne zwischen guten und bösen Herrschaft einen Unterschied zu machen. Es steht mir besonders ein Beispiel lebhaft vor, wo zwei grosse Hauländer-Gemeinen ihren Herrn verklagten, die nur zehn Tage jährlich dienten, recht wohlhabend sind, und selbst eingestehen müssen, dass sie den besten Herrn von der Welt haben. Dennoch verfolgen sie ihn mit einer ausgesuchten Hartnäkkigkeit, stellten sich blutarm, und dichteten ihm Handlungen an, deren nur der ganz böse und gemein Tirann fähig gewesen seyn würde. —

Überhaupt pflegt der Hauländer sich gern recht arm und dürftig zu nennen und zu stellen; er ist im Ganzen zwar nicht reich, aber auch nichts weniger als arm. Jedoch seine Furcht und sein Misstrauen lassen ihn überall Gefahren ahnden. Dazu kommt seine grosse Geldliebe, ich sage absichtlich nicht Geiz; denn geizig möchte ich ihn nicht nennen, wenigstens da nicht, wo es auf Befriedigung seines Stolzes und seiner Eigenliebe ankommt. Mögte es Gemeinsinn seyn, aber ich muss es leider Gemeindestolz nenn, der diese Leute auszeichnet. Man sehe einmal eine solche Hauländer-Gemeine unter dem Präsidio ihres Schulzen und ihrer Gerichtsleute, — ich weiss nicht gleich, womit ich diese Scene am schiklichsten vergleichen könnte! Gottlob! dass noch Nüchternheit so ziemlich unter ihnen herrschend ist, ich meine, dass sie dem Trunke nicht ergeben sind: denn übrigens lässt der Hauländer sich am guten Leben nichts abgehen, und die vielen Jahrmärkte in den vielen kleine Städten Südpreussens tragen vorzüglich dazu bei, ihn zum Wohlleben geneigt zu machen, und seinen sinnlichen Geschmak zu verfeinern.

 

Im Nahmen Gottes – Das Privilegium – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: 1347 “Cechy miasta Nowy Tomyśl” [die Innungen von der Stadt Neutomischel] sign. 1 “C. August II, król polski potwierdza cechowi młynarzy powiatu babimojskiego postanowienia statutowe co potwierdza również Feliks Szołdrski, starosta łęczycki i dziedzic miasta Nowego Tomyśla” http://szukajwarchiwach.pl/53/1347/0/1#tabJednostki [820]

Im Nahmen Gottes – Das Privilegium – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: 1347 “Cechy miasta Nowy Tomyśl” [die Innungen von der Stadt Neutomischel] sign. 1 “C. August II, król polski potwierdza cechowi młynarzy powiatu babimojskiego postanowienia statutowe co potwierdza również Feliks Szołdrski, starosta łęczycki i dziedzic miasta Nowego Tomyśla”
http://szukajwarchiwach.pl/53/1347/0/1#tabJednostki

Die Kirche besucht er, wenn er nicht zu weit davon entfernt wohnt, fleissig genug; aber dies ist auch die einzige Art seines Gottesdienste, und, so segnend und heilsam sie sonst ist, so ist sie es doch für den Hauländer nicht, weil er nicht vorbereitet genug das Gotteshaus besucht. Wir kommen hierauf noch einmal zurük.

Woher nun diese Verderbtheit der Sitten und des Charakters, diese schlechte Ausbildung des Verstande? Allgemein können wir den Grund dieser niederschlagenden Erscheinungen in der Staatsverfassung des ehemaligen Polens suchen.

Der Adel war der einzige Stand, dem der Weg zur Bildung offen stand. War er auch dem Bürger nicht gänzlich verschlossen, besonders in den königlichen und Grenzstädten, so konnte er doch, wenigstens in adlichen Städten, nur dann für sich und seine Mitbürger heilsamen Beracht davon machen, wenn und so lange der Grundherr nicht dawider war: denn der Adel war auch zugleich der einzige Siz und Stimme habende Stand der Nation. Lässt sich auch in Hinsicht des Verhältnisses der Guths-Einwohner und Unterthanen gegen die Guths-Herrschaft der Justizmangel nicht völlig beweisen, so ist es doch auch etwas voreilig, wenn dieser in den Hauländerprocessen von den Klägern als notorisch vorausgesezt wirde; es ist nicht zu bezweifeln, dass es den Guthseinsassen ehemals sehr schwer war, gegen ihre Herrschaft im Wege Rechtens etwas durchzusezzen; wenn gleich der Edelmann nicht selten hart gegen seine Unterthanen war, so war er es doch schon aus Klugheit gegen seinen Leibeigenen; seinen leibeigenen Bauer drükken, hiess das Gewehr gegen sich selbst zu richten, denn, ward er ruinirt, so musste ja der Herr ihm wieder aufhelfen. Ganz eine andere Bewandniss hatte es mit den erb- und eigenthümlichen Hauländern. Von ihnen liess sich theils noch etwas erheben, theils durfte man vor dem Ersaz sich nicht fürchten, und so schwieg denn freylich bisweilen die Stimme der Menschheit unterdrükt von Eigennuz, so war denn hie und da das gegebene Versprechen vergessen, und im dritten Jahre schon als Schuldigkeit verlangt, was man im ersten nur gebeten, im zweiten gehoft und schon befohlen hatte. Dergleichen böse Beispiele von oben herab so selten sie auch seyn mochten, mussten einen eben so bösen Einfluss auf die Unterdrükten haben, sie wurden zurükhaltend, verstokt – boshaft – und selbst auch diejenigen wurden mistrauisch, denen das Gluiik zu Theil ward, billig und edeldenkende Grundherrn zu besizzen, welches – zur Ehre des ehemaligen polnischen Adels sei es gesagt –  bei weitem der grössere Theil ehemals war, und es noch weit mehr jezt ist. —

Unbekannt mit andern Wegen oder unvermögend, sie einzuschlagen, nahm der Hauländer zur Heuchelei und niedrigen Schmeichelei seine Zuflucht, ward immer schlechter, und machte immer schlechter! So lässt es sich jezt auch erklären, warum aber die gute Herrschaft mit der Bosheit ihrer Hauländer kämpfen muss, entweder ihre Vorfahren verdarben ihnen das Spiel oder sie müssen als Unschuldige mit den Schuldigen leiden. Des Staats Ober-Aufsicht fehlte, die Glieder desselben waren sich zu sehr selbst überlassen. Die Aufsicht der Guthsherren über ihre Unterthanen, war oft fehlerhaft gegen den Wunsch und Willen der ersteren. Viele Gutsherrn, bald durch weitläufige Besizzungen, bald durch Ämter, bald durch ihren Aufenthalt in der Hauptstadt zerstreut, überliessen das Gouvernement ihren Amtleuten, wodurch es denn oft schlechten Händen anvertraut wurde, blieb auch die Appellation an den Grundherrn offen, so trat doch nur Willkühr an die Stelle des Gesezzes, denn bekanntlich fehlte es in vorigen Zeiten beinahe gänzlich an gesezlichen Vorschriften für das platte Land. Jeder wird von selbst die nachtheiligen Folgen solcher Verhältnisse auf den Charakter der zu richtenden und der gerichtete  einsehen. Statt Prozesse zu vermindern, ward dadurch Prozessucht vielmehr angefacht; statt das Eigenthum zu sichern, ward vielmehr der Weg zur Stöhrung derselben gebahnt.

Das Verhältniss gegen ihren Grundherrn abgerechnet, waren die Hauländer ganz freie und unabhängige Leute, leider nur zu frei, zu unabhängig! Ob sie und ihre Kinder zur rechten Zeit, und lange genug zum Unterricht bei dem Geistlichen schikten, dafür sorgte Niemand, wenn der Herr es nicht that. Der Geistliche hatte bei dem besten Willen nicht die nöthigen Zwangsmittel in Händen, und der gemeine Mann, besonders auch der Hauländer, will zum Guten getrieben seyn.

Viele Hauländereien waren nicht einmal eingepfarrt, sie hielten sich, zu welcher Kirche ihnen beliebt, bald zu dieser bald zu jener. Trafen sie einen Ort, wo, wie das an mehreren der unglükliche Falle ist, am Sonntage Markt war, so nahmen sie das Geräusch der Welt entweder mit in die Kirche, oder die Hoffnung, diesen und jenen Gevatter draussen zu sehen, störte drinnen ihre Aufmerksamkeit. Ihr liebster und gewöhnlicher Prediger, der Redner aller Gelegenheits-Reden, war der Vorleser (Küster) im Haulande selbst. Dieser führte die Begräbnisse auf, hielt seine Reden beim Grabe und in der Schule — ein Schneider, Schuhmacher und dergleichen von Profession, war der Lehrer der Jugend auf ein paar Stunden in den Wintertagen. Wer seine Kinder schikken wollte, konnte es thun, aber auch eben so füglich unterlassen, wozu die mehrsten geneigter waren, da bei ihrer oftmals weiten Entfernung von der Schule solches für sie zu lästig war.

Bei der Annahme eines Schulmeisters, wozu gewöhnlich Handwerke aus den Städten, die hier ihr Brodt nicht mehr fanden, sich meldeten und gewählt wurden, ohne eine Prüfung ausstehen zu müssen, sah man mehr darauf, ob er so viel schreiben könne, die Kauf- und Verschreibungs-Brief aufzunehmen — denn die Vorleser waren die Actuarien und Notarien der Gemeinden — als auf andere nüzliche Kenntnisse und Methode, und ein solcher Schulhalter musste denn auch stets den Winker der Hauländer gehorchen, wenn er nicht in seinen Revenüen verkürzt und wohl gar abgesezt seyn wollte.

Ich kenne einen sehr rechtschaffenen Schulhalter, der neuerlich resignirte, und mir mit Thränen gestand, dass er lieber die S… hüten wolle, als länger Hauländer-Schulhalter seyn. —

So war die Lage der Dinge, als es hier preussisch ward. Allerdings ist mehreren der eben aufgeführten Mängeln, durch die Einführung der preussischen Verfassung, wenn auch noch nicht ganz abgeholfen, doch der Weg zur Abhelfung derselben gebahnt. Der Guthseinsasse weiss wohin er gehen soll, wenn er sich bedrükt glaubt; er weiss wohin er sich zu wenden hat, wenn sein Nachbar, ihm Fallstrikke legt, ihm seine Ehre, sein Eigenthum angreift; er hat Gelegenheit und seinen Kräften angemessne Mittel, die Gesezze, so weit sie auf ihn anwendbar sind, kennen zu lernen; für die gehörigen und zwekmässigen Einpfarrungen wird nach und nach gesorgt, die Geistlichen finden bei ihren vernünftigen Anträgen hinreichende Unterstüzzung: aber dennoch bleiben dem Patrioten noch manche Wünsche übrig, die er schon jezt realisirt sehen, von einer künftigen Generation nicht erst erwarten mögte.

Nur einen kann ich jezt besondesr in Anregung bringen, die Coupirung der Hauländer-Dienst- und Prästations-Prozesse. Nur der Weg dürfte der beste seyn, der die etwa vorkommende Härte des Grundherrn wieder gut machte, und zugleich das Vermögen, oder vielmehr einen beträchtlichen Theil des Vermögens des guten Grundherrn nicht dem Ausgange eines so mislichen Prozesses Preis gäbe. Sind auch wirklich schon viele Prozesse rechtskräftig entschieden, so ist es doch noch Zeit genug. Denn der noch nicht entschiedenen nicht zu gedenken, denen auf jenem Wege noch ausgebeugt werden könnte, so wird es, so lange nicht Urbarien (Verzeichnis über Besitzrechte einer Grundherrschaft und zu erbringende Leistungen ihrer Grunduntertanen)  errichtet sind, nie an Gelegenheiit zu gegenseitigen Chikanen fehlen. Verlohr der böse Herr seinen Prozess, wehe seinen Hauländern! verlohr ihn der gute Herr; — er wird Entschädigung wünschen, und durch kein Erkenntniss von seinem Unrecht überzeugt werden. Gewann der Grundherr — o ! der Hauländer ist von der Grundveste seines Privilegii zu sehr versichert; als dass irgend etwas ihm diese angebohrne Lieblingsidee zu entreissen vermögte!

Unruhstadt.                                                      Stenger“

* * *

 

 

 

Lehrer an der Schule in Albertoske – aus der Schulchronik von 1890

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Lehrer B. Krause - 1890)
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Bilder aus Albertoske, die ehemaligen Schulhäuser werden heute als Wohngebäude genutzt [822]

Bilder aus Albertoske, die ehemaligen Schulhäuser werden heute als Wohngebäude genutzt

Es ist der 12. oder 13. Band, genau ist es durch eine Ausstreichung nicht mehr zu erkennen, einer Chronik der Schule I. in Albertoske, der im Muzeum Ziemi Grodziskiej [733]verwahrt wird und aus welcher diese Teilabschrift, der einige Ergänzungen hinzugefügt wurden, stammt. Ob die vorangegangenen Bände sich wirklich ebenfalls mit der Chronik oder etwaig anderen Belangen befasst haben weiß heute niemand mehr. Nach derzeitigem Wissensstand ist weder ein Aufbewahrungsort weiterer Hefte, noch ob diese überhaupt erhalten sind, bekannt.

B. Krause, er wirkte in der Zeit von 1889-1892 als Lehrer in Albertoske, versuchte jedoch auf den ersten Seiten dieses Buches etwas über seine Vorgänger in dieser Stellung aufzuzeichnen. Zu wann genau eine Schule eingerichtet worden war, konnte schon er nicht mehr in Erfahrung bringen, aber es war wohl lange vor dem Jahr 1890.

Wenn es auch nur wenig ist, das er notierte, so ist es doch mehr als nichts und in Verbindung mit einigen Funden aus den Kirchenbüchern ergibt sich zumindest für einige Jahre ein Bild über die Lehrer in Albertoske. Nichts allerdings wurde über den Lehrer B. Krause selbst gefunden. Über Zuschriften zur Vervollständigung dieses Artikels würden wir uns sehr freuen !

Die Chronik beginnt mit der Eintragung:

* * *

 „Laut Mitteilung der ältesten Eigentümer von Albertoske stand schon lange vor deren Zeit ein altes Schulhaus im hiesigen Haulande, welches im Fachwerksverband (aus Lehm) erbaut und mit Stroh eingedeckt war. Das Jahr der Erbauung dieses genannten Gebäudes ist den ältesten Wirten jedoch nicht mehr erinnerlich.

Der zuerst an dieser Schule wirkende Lehrer (der vermutlich in Erinnerung geblieben war) hieß Kulisch, er war ein gelernter Stellmacher, und soll während und außer der Schulzeit sein Handwerk stark betrieben haben. Er unterrichtete bis zum Jahr 1829. „

Ein Lehrer oder auch Stellmacher Kulisch findet sich in keinem der durchgesehenen Kirchenbücher, wie z. B. Boruy, Grätz, Neutomischel, Konkolewo etc., soweit diese noch erhalten sind,  in Verbindung mit Albertoske. Es fand sich lediglich ein Gottlieb Kulisch geboren ca. 1771 und verstorben 1837 zu Alt Dabrowo welcher als dortiger Schullehrer erwähnt wurde, er war mit Sophia geborene Wagner verehelicht; ob es sich um den erwähnten handelt ist nicht nachzuvollziehen.

„Sein Nachfolger war der Lehrer Heidrich von Fraustadt herkommend; (ebenfalls nicht ordentlich geprüfter Lehrer). Dieser amtierte vom Jahre 1829 bis 1837.“

Hier handelte es sich vermutlich um Friedrich Wilhelm Heidrich, geb. am 05. November 1798 in Kreibau in Schlesien welcher 1830 mit Juliane Wilhelmine Schnell, sie war am 06. Mär 1809 in Meseritz geboren worde,  in Grätz die Ehe schloss. Ihre Kinder Adolph Theodor, Julius Amandus, Alexander Hugo und Maria Tugendreich wurde in den Jahren von 1831 bis 1836 in Albertoske geboren.

Auffällig ist hier, dass B. Krause, während er bei dem ersterwähnten Lehrer Kulisch noch etwas befremdlich von einem gelernten Stellmacher berichtete, nun bereits eine verschärfte Form – ebenfalls nicht ordentlich geprüfter Lehrer – verwendete. War er sich, der ja selbst keinen größeren Wunsch hatte als das Hauland schnellstmöglichst wieder zu verlassen, wie er am Ende seines Berichtes selbst erwähnt, nicht über die Entwicklung und Problematik der Besetzung der Lehrerstellen auf dem Lande bewusst?

„Dessen Nachfolger war der Lehrer Rossdorf bis zum Jahre 1844.“

Es fand sich ein Lehrer Rossdorf, verehelicht mit der Charlotte Adelheid Bilaske aus Stenszewo, er war vermutlich der Sohn des Lehrers Johann Christian Rossdorf aus Politzig und seine Ehefrau die Tochter des Bürger Adam Bilaske. Es wurde nur eine einzelne Eintragung zu diesem Paar gefunden; 1844 wurde in Albertoske die gemeinsame Tochter Leontine Albertine geboren.

Nach ihm folgte der Lehrer Jungnik aus Neurose kommend, er führte den Unterricht im alten Schulhause fort, bis dasselbe im Jahre 1850 abbrannte; sodann wurde ein geeignetes Zimmer solange dazu gemietet, bis ein Neubau in Angriff genommen wurde; was auch im Jahre 1860 (10 Jahre nach dem Brand) geschah und unterrichtete in demselben Herr Lehrer Jungnik nach Vollendung desselben bis zum Jahre 1867.

Zu Wilhelm Eduard Jungnik wurde gefunden, dass er am 13. März 1819 in Neutomischel als Sohn des Tuchmachers und Lehrers Carl August Ernst Jungnik und dessen Ehefrau Anna Maria Schulz geboren worden war. Er stammte also aus der „Gegend“. 1843 ehelichte er in Neutomischel Johanna Louise Sommer. Sie war ca. 1822 als Tochter des herrschaftlichen Pachtfischers in Bentschen Johann Christoph Sommer und dessen Ehefrau Johanna Rosina Leitloff geboren worden. Die ersten beiden Kinder des Ehepaares wurden in den Jahren 1844 und 1845 noch in Neurose geboren, die weiteren 9 Kinder haben den Geburtsort Albertoske bis in das Jahr 1864.

Dessen Nachfolger war der Lehrer Fiege aus Schewce (Szewce) kommend; dieser amtierte an hiesiger Schule vom Jahre 1868 bis zum 1. Oktober 1889, wo er alsdenn von der königl. Regierung zu Posen nach Kozielaske (Kreis Neutomischel) versetzt wurde. Lehrer Fiege starb im Mai 1909 nach 5 jährigem Ruhestande zu Kirchplatz Borui (letzterer Vermerk ist mit Nachgetragen Zinke versehen).

Hier müsste es sich um Albert Bernhard Fiege handeln. Sein genaues Geburtsdatum ist zur Zeit noch nicht bekannt, geschätzt liegt dieses bei 1846. Er war der Sohn des Johann Wilhelm Fiege Bürger und Bäckermeisters zu Neutomischel und zu Rostarzewo und dessen Ehefrau der Augusta Pauline geb Radetzke, welche aus Alttomischel stammte. Er war also der zweite Lehrer in Folge, der zumindest von Kindheit an mit dem  „Hauland“ vertraut war.

Weiterhin wurde notiert, dass im Jahr 1873 der Lehrer Albert Bernhard Fiege mit Maria Mathilda Ida geb. Eulitz die Ehe schloß; sie war die Tochter des Töpfermeisters Friedrich August Eulitz aus Quaritz im Kreis Glupon  und dessen Ehefrau Maria Elisabeth geb. Schiller.

Zu erwähnen ist hier, dass die Tochter des Lehrerehepaars, Anna Emilie Meta Fiege, geb. am 07. Januar 1875, im Jahr 1893 in Neutomischel die Ehe mit Eduard Julius Bernhard Westphal, geb. 13. Nov 1869 in Hansdorf im Krs. Mogilno schloss. Dieser wiederum hatte in Konkolewo eine Anstellung als II. Lehrer inne, ehe er als Hauptlehrer in Albertoske die Nachfolge des Lehrers B. Krause, welcher die Aufzeichnungen über die Lehrer hinterlassen hat,  antrat.  

Seit dem 1. Oktober 1889 wirkt der Lehrer B. Krause unter Gottes Schutz u Segen an der hiesigen evgl. Schule.

Mittwoch, den 9. Oktober 1889 wurde der Lehrer B. Krause an hiesiger Schule in sein neues Amt von dem königlichen Kreis-Schul-Inspektor Herrn Pastor Flatau, Jablone und dem königlichen Local-Schul-Inspektor Herrn Pastor Anders, Konkolewo in Gegenwart der hiesigen Schulvorstände eingeführt.

Da es aber mein sehnlichster Wunsch war als Lehrer nach einer Stadt versetzt zu werden, so wurde mir meine Bitte von der hohen Behörde erhöret und zog am 1. April 1892 nach Rostarschewo. Vom 1. April 1892 ab wurde der 2. Lehrer aus Konkolewo Hld. Herr Westphal mein Nachfolger

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Der Buker Kreis im Jahresbericht 1834 / Teil 3

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Landrat Schubert, Buk - 1834/35)
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Der Kreis Buk - Kartenausschnitt (1) [823]

Der Kreis Buk – Kartenausschnitt (1)

In diesem 3. und letzten Teil des Jahresberichtes des Kreises Buk für das Jahr 1834 berichtet Landrat Schubert über die Administration und die Polizei- und Kommunalverwaltung, darüber, dass nur 3 Gendarmen im Kreis tätig sind, über das Rechtswesen , darüber, dass noch immer Kinder ohne Aufsicht allein zuhause gelassen werden, wenn ihre Eltern arbeiten, die Instandhaltung der Wege und deren Bepflanzung , die dürftige Besoldung von Bürgermeistern und Kämmerern, desweiteren darüber, dass noch nicht überall Steinpflaster verlegt wurde – Neu Tomysl gehörte auch zu den Säumigen, über das Militär und die Wehrpflichtigen, über die Abgaben und letztlich noch über zu wenig Personal bzw. zu viel Arbeit in der Verwaltung.

* * *

3. Zustand und die Resultate der Administration

Eine wesentliche Verbesserung in allen Branchen der Administrationen ist unverkennbar eingetreten, nach dem die Allerhöchste Vorordnung vom 9. Mär 1833 die Einrichtung der Polizei- und Kommunalverwaltung in den Landgemeinden und kleinen Städten betreffend, zur Ausführung gebracht worden ist.

Der Geschäftsgang ist lebendiger, die für Staats-Interesse gesammelten Nachrichten sind zuverlässiger, den Polizei-Gesetzen und sonstigen Verordnungen der Landesbehörden ist der Erfolg durch das Woyts-Institut mehr als sonst  gesichert. Zu wünschen bleibt noch übrig, dass die Zahl der königlichen Gendarmen vermehrt, dass wenigstens überall wo der Sitz des Woyts Amts ist, ein Gendarm stationiert werde. Die jetzt im Kreis stationierten drei Gendarmen können wegen der zu großen Ausdehnung ihrer Patrouillen-Bezirke nur mangelhaft ihre Pflichten erfüllen. Sie besuchen nämlich die vielen Ortschaften zu selten und, um sie abpatrouillieren zu wollen, entfernen sich häufig von ihrem Stationsorte auf längere Zeit und sind oft dann abwesend, wo die Behörden ihrer Unterstützung bedürfen. Durch Mehrzahl der Gendarmen würde ferner das Eigenthum der Einwohner gegen gefährliche Unternehmungen böser Menschen und gegen Verheerungen des Feuers mehr gesichert sein, als dies bisher geschehen sein konnte.

Nach der in v. J. stattgefundenen Aufnahme der aus der Corrections-Anstalten entlassenen Individuen ergab es sich, dass ihre Zahl sich auf 32 beläuft, dass darunter nur 5 sind, welche der Sorge der Ortsbehörden für ehrlichen Erwerb ungeachtet, sich durch wiederholte gemeine Diebstähle straffällig gemacht haben, wozu sie durch Arbeitsscheu nicht aber durch Hilflosigkeit verleitet wurden sein mögen.

Alle übrigen ernähren sich rechtlisch und führen tadelloses Leben.

Zu den gedachten 5 Personen gehört nur ein Frauenzimmer, welches ihre Strafe im Zuchthause zu Rawicz im Jahre 1833 abgebüßt hat, da ihre Besserung nur von einer strengeren Beaufsichtigung abhängig ist, zumal ihr nicht an Gelegenheit gebricht, sich auf eine ehrliche Art zu ernähren, so war dieserhalb als auch überhaupt wegen Besserung der Sträfliche das Nötige in Gemäßheit des diesfälligen hohen Erlasses vom 12ten Dezember 1833, betreffend das Bestehen des Vereins zur Verbesserung der Strafgefangenen veranlasst.

Die häufigsten Diebstähle, zu welchen die im Juny v. J. statt gehabte Beraubung der königl. Kreis-Kasse gehörte, wobei 1.505 M 14 Gr 3 Pf entwendet wurden, fanden trotz der Wachsamkeit der Behörden in Buk und dessen umliegenden Gegend statt.

Die in Bezug auf persönliche Sicherheits-Polizei erlassenen Verordnungen wurden im allgemeinen zur Zufriedenheit ausgeführt, doch aber anlangend das Alleinlassen der Kinder ohne Aufsicht, war die diesfällige Verfügung wonach um häufig vorkommenden Beschädigungen und Todesfällen von Kindern in den Städten und geschlossenen Dörfern die Einrichtung getroffen werden sollte, dass die kleinen Kinder während der Arbeitszeit der Eltern, Pflege in einem Locale unter Aufsicht einer alten arbeitsunfähigen Frau, die dafür aus der Armenkasse, oder aus milden Beiträgen eine kleine Renumeration erhält, gestellt werden, ohne Erfolg geblieben. Die Amtsbehörden werden dazu auf neue veranlasst.

Die Besserung der Wege und deren Bepflanzung haben sich im Allgemeinen die Bezirks Woyts und Bürgermeister angelegen sein lassen. Vorzugsweise zeichnen sich die Bezirks Woyts Günther v. Borkowski, Kant und Janke aus.

Buk - die Gebäude des Rathauses und der Apotheke (2) [824]

Buk – die Gebäude des Rathauses und der Apotheke (2)

Die Witterung im verflossenen Jahr begünstigte die Arbeiten anlangend die Instandsetzung der Wege, deren Gradelegung, die Brücken-Bauten, dagegen die Bepflanzung der Wege nicht, weil in Folge der anhaltenden Dürre ein großer Theil der angepflanzten Bäume eingegangen ist.

Es wurden zu diesem Zwecke ausgepflanzt

Von den drei Städten, die zu den Woyt Bezirken nicht gehören, hat Grätz auf Verleihung der Städte Ordnung angetragen, worauf die königliche hochlöbliche Regierung das nötige an den Magistrat daselbst veranlasst hat um diesen Antrag zu motivieren.

In den beiden übrigen Städten Buk und Neustadt sind nach erfolgter Erledigung und der Stellen neue Bürgermeister durch die Bürgerschaft erwählt worden. Eine Verbesserung hinsichtlich der Salairierung der Bürgermeister in diesen drei Städten ist ein Bedürfnis. Das Gehalt derselben beträgt und zwar

davon kann nur kärglich eine Familie leben, geschweige noch ein Stadtsecretair, den heutzutage kein Bürgermeister entbehren kann, unterhalten werden. Freilich sind die financiellen Verhältnisse der Kämmereien von der Art, dass daraus die Erhöhung der Gehälter sich ohne neue Auflage nicht füglich bewirken läßt. Die notwendig Erhöhung ihrer Gehälter dürfte billigerweise aus der Staatskasse erfolgen, da die Bürgermeister gleichzeitig als Organe der Staatsgewalt dastehen.

Noch kärglicher werden die Kämmerer besoldet, da ihre Gehälter kaum die Summe 100 Tlr übersteigen. Diesen Übelstand hat manch andere Übelstände zur Folge, als dem häufigen Wechsel der Kämmerer, die mangelhafte Verwaltung der Kassen und die defekte. Die Gemeinderäthe lassen sich aus dem angegebenen Grunde schwerlich zur Erhöhung der Gehälter vermögen, wenn sie auf anderweitige nothwendige Gemeindebedürfnisse zu deren Deckung die Einkünfte aus dem Kämmerei-Vermögen nicht ausreichen, Rücksicht nehmen.

In den Städten, wiewohl nach Kräften der resp. Kommunen für die Unterhaltung der Steinepflaster pp gesorgt wirde, noch manches hauptsächlich in der Stadt Grätz und Neutomysl in dieser Beziehung zu wünschen übrig bleibt.

Gemeinde Schulden haben nur noch die Städte

abzutragen, erstere hat pro 1834 – 217 Tlr dagegen letzere nur 29 Tlr abgebündet.

Buk - Synagoge (2) [825]

Buk – Synagoge (2)

Zu diesem Behuf bestehen besondere Schuldentilgungskassen und Pläne. Auf dem platten Lande bleibt noch die Gemeinde Rechnungslegung einzuführen, aus allen Dingen eine passende fachliche Instruction für die Ortsschulzen als Kommunal-Behörde zu erlassen, die Gemeinde-Etas anlegen zu lassen und demnächst die Anordnungen zu treffen, dass sie bei jedem Jahres-Schlusse die Gemeinde-Rechnungen zu legen gehalten sein, dass sich keiner derselben beigehen lassen soll, außer den etatmäßigen königlichen Abgaben, ohne höhere Genehmigung das Mindeste auf die Gemeinde zu repartieren und zu erheben.

Militaria, die Kreis Besatz-Kommission wurde in den verflossenen beiden Jahren in ihren Operationen in dem Amt von Seiten der königl. Woyts und Bürgermeister unterstützt, dass die Resultate derselben nun erfreulich sein könnten, die neu angefertigten Stammrollen lieferten richtigere Nachrichten als sonst, während des Besatz-Geschäft herrschte Ordnung, Ruhe und Pünktlichkeit.

Folgendes war das Resultat der Operation pro 1834:  Es waren in den fünf stehende Heer verpflichteten 5 Alters-Klassen 1.209 Mann, hiervon sind

Die Zahl der Militairflüchtigen aus den folgenden Alters-Klassen von 25 bis 32 beträgt 879 Mann

Auch diese Listen werten nunmehr mit Acuratesse geführt und für den Fall einer Mobilmachung können danach die Disponiblen Tramsoldaten, Handwerker und Rekruten für die Ersatz und Besetzungs-Truppen ohne alle Schwierigkeit ermittel werden. So werden die pro 1834 angelegten Listen der Landwehrleute geführt, um die zur Berücksichtigung geeigneten Verhältnisse bei eintretender Mobilmachung daraus ergeben zu können.

Abgaben: Nach Ausweis der Jahres-Bericht-Abschlusses pro 1834 blieb bei der Soll u Einnahme von – 45.395 Tlr 5 Sgr ein Rückstand von 436 Tlr. -1-3 welcher bis auf die unverzinsbaren größtenteils zur Niederschlagung und liquidierter Steuerbeträge bereits berichtigt ist.

Die Abgabenlast durchschnittlich berechnet trifft bei

wobei die Bevölkerung der zu den Woyt-Bezirken nicht gehörigen drei Städte Buk, Graetz und Neustadt zur Berechnung nicht gebracht werden, pro Kope 1 Thl 1/2 Gr. Wenn die umstehend genannten Abgaben im Betrag von 47.573 Tlr 10 Gr 4 Pf und die Gesamtbevölkerung verteilt werden, so kommt pro Kopf 1 Tl 4 Sgr 9 Pf jährlich

KreisverwaltungsbehördeNachdem das Verwaltungsgebiet der Landräthe  durch die wesentliche Veränderung in der Gesetzgebung so sehr ausgedehnt ist, dass

Buk - St. Adalbertkirche (2) [826]

Buk – St. Adalbertkirche (2)

ohne Vermehrung des Personalbestande die Arbeiten bei aller Tätigkeit sich nicht überwältigen lassen, in dem Geschäftgangedie verlangte Ordnung, Gründlichkeit und Beschleunigung kaum möglich sind, so kann ich nicht umhin Euer Hochwohlgeboren allergehorsamst zu bitten gnädigst dafür zu sorgen, dass

Mit der vermehrten Arbeit haben sich auch Ausgaben vermehrt. Man wird genötigt, so viel Schreiber zu halten, dass das zu diesem Zweck ausgesetzte Fixum unmöglich zunehmen kann. Wenn man um so viele Hände im Bureau arbeiten muss, so ist ein nicht unbedeutender … Zweifel größeren Bedarf an Schreibmaterialien als er je erforderlich sein konnte. Trotzdem, dass man auf alle zulässige Weise für Vermeidung das Schm… sorgt, beschäftigt dasselbe dennoch mehr den zweimal so viel Hände verlangt. Dergleichen Ausgaben haben sich fast bei allen Verwaltungs Behörden vermehrt selbst bei den Magistraten steigen sie von Jahr zu Jahr wie dieses aus den Rechnungen ersichtlich ist.“

* * *

 

 

 

 

 

 

 

Der Buker Kreis im Jahresbericht 1834 / Teil 2

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Landrat Schubert, Buk - 1834/35)
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Der Kreis Buk - Kartenausschnitt (1) [823]

Der Kreis Buk – Kartenausschnitt (1)

In diesem 2. Teil seines Jahresberichtes für das Jahr 1834 beschreibt Landrat Schubert die Körperlichen und Geistigen Verhältnisse im Kreis Buk. Er wechselt nachdem er den gesundheitlichen Aspekt der Einwohner abgehandelt hatte direkt zum Rindvieh über, um dann aber wieder auf die Glaubensangehörigkeit zurückzukommen. Ebenso führt er die Themen der Einwohnerzahl unter Berücksichtigung der verbesserten Verwaltung, Geburten in Verbindung mit der seinerzeit sehr hohen Kindersterblichkeit, das Vorhandensein von Ärzten, Apothekern und Hebammen, die Durchführung von Impfungen an. Ausführlich geht er auf die Schulen im Kreis ein, deren Neubau, ihrer geplanten Errichtung und ihrer Finanzierung um dann bei dem Thema Lehrer und die Anpflanzung von Obstbäumen anzuschneiden, ehe er über Kirchen, deren Zustände und Klöster berichtet.

* * *

2) Zustandes des Kreises in physischer und psychischer (körperlicher und geistiger) Hinsicht – und Sanitäts Verhältnisse

Im vorigen Jahre insbesondere im dritten Quartale hatten Ruhren und Durchfälle grassiert, blieben aber hinsichtlich ihrer Dauer nur auf dem angegebenen Zeitraum beschränkt, da im letzeren Vierteljahre keine der erwähnten Krankheitsformen den Ärzten mehr zu Gesichte kamen. Anderweitige epidemische und kontagiöse Krankheiten, einige Fälle von Krätzen auf dem Lande abgerechnet fanden nicht statt.

Unter dem Rindvieh war im zweiten Quartale des v. J. Maul- und Klauensuche, von welchem letzteren Übel hier und da auch Schwarzvieh ergriffen gewesen, epidemisch verbreitet. Insbesondere kam der Milzbrand in einer Dorfschaft des Kreises zum Ausbruch. Alle diese Krankheiten haben seit längerer Zeit aufgehört.

Die Volkszahl nach der letzten Aufnahme zufolge der statistischen Listen beträgt:

sie betrug nach der Zählung

also nachdem die Anlegung der Volksbücher in die Hände der königlichen Woyts übergegangen ist, stieg die Bevölkerung bei der ersten ihrerseits vorgenommenen Zählung um 579 Seelen, dagegen bei der zweiten um 476 Seelen, welches den Grund in der richtigen Führung der Seelen-Listen hat.

Im vorigen Jahre wurden im Kreise

es kommt auf beinahe 27 2/3 lebende 1 Geburt und auf 28 1/3 lebende 1 Todesfall und auf 360 Lebende 1 uneheliches Kind

Es gibt im Buker Kreises

Alte Schule Dabrowo vor 1901 - Postkartenausschnitt (4) [827]

Alte Schule Dabrowo vor 1901 – Postkartenausschnitt (4)

Die Vaccination bei den öffentlichen Gesamt Impfungen, obwohl die Resultate pro 1834 in bezug auf die mit Erfolg geimpften Individuen erfreulich erscheinen, geht immer noch nicht zur Zufriedenheit der Impfärzte von Statten. Häufige Verweigerungen namentlich in Beziehung auf die Revaccinationen kam. Man war, indem das Vorurteil schon einmal geimpft zu sein und daher eine Nachimpfung als unnütz und entbehrlich zu erachten, bei dem gemeinen Volke prädominiert.  Es ward in einem einzelnen Falle sogar versucht, nicht mehr als zwei Pocken impfen zu lassen. Es waren nach Ausweis der Listen pro 1834 = 1684 Impflinge und sind hiervon:

Außer den Elementar-Schulen befinden sich im hiesigen Kreis keine sonstigen Bildungs-Anstalten.

Im Allgemeinen ist durch die bestehenden Elementar-Schulen bei weiterem Bedürfnisse nach nicht abgeholfen, wie wohl das Streben der Schul-Societäten nach Verbesserung der Schulen sehr lebendig, der Sinn für das Schulwesen selbst bei dem gemeinen Manne durchweg erweckt ist. Im Kreise bestehen zur Zeit und zwar

die Schulen werden gewöhnlich besucht

Es sind in Ortschaften welche Schulen haben und zwar

die Schulen werden daher nicht besucht

Der Entschuldigungsgrund weshalb die Schulen von sämtlichen Schulkindern in den Städten nicht besucht werden, ist größtenteils in dem Umstande zu suchen, dass mit Ausnahme der Stadt Neutomysl in allen übrigen Städten die bisherigen Schul-Localien und die Zahl der angestellten Lehrer dem Bedürfnisse nicht entsprechen.

Auf dem platten Lande stellen sich dem regelmäßigem Schulbesuche vielfältige Hindernisse entgegen, zu welchem hauptsächlich Armut, Entfernung vom Schulhaus, häusliche notwendige Verrichtungen pp zu zählen sind, welche dadurch allein, dass die säumigen Eltern, die ohne genügende Entschuldigungsgründe ihre Kinder von dem Schulbesuche abhalten, gestraft werden, sich nicht beseitigen lassen.

Die Hüte- und Sommerschulen waren pro 1834 eingeführt und überhaupt wurde

Szkoła Podstawowa w Słocinie (3) [828]

Szkoła Podstawowa w Słocinie (3)

Der Besuch der eingeführten Sonntagsschulen hat sich im v. J. wesentlich gebessert, denn nur drei Schulen machten aus Gründen, die aus Rücksicht verdienen, eine Ausnahme davon. Es haben an dem Sonntags-Unterricht überhaupt

teilgenommen.

Das israelitische Schulwesen anlangend, so zeichnet sich in dieser Beziehung

Im vorigen Jahre

Es sollen überdies auch noch Schulhäuser gebauet werden und zwar

Zum Bau der Schulhäuser ad 1. und 14. sind die Vorkehrungen bereits in der Art getroffen, dass derselbe im Laufe d. J. vor sich gehen wird.  Die Kosten Anschläge zum Bau der Schulhäuser ad 2, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 16 sind bereits vorbereitet und die Schulbaubeiträge werden repartiert und ratenweise nach Vermögen der resp Schul-Societäten eingezogen.  Ad. 17 in Urbanowo hat zur Sache nach nichts geschehen können, weil die Trennung dieses Dorfes vor kurzem angeordnet worden und erst bei Gelegenheit der Regulierung der bäuerlichen Verhältnisse das Schulland ausgewiesen werden soll.  Ad. 10 zur Gründung der Schule in Zgierzynska die verlangte Genehmigung des erzbischöflichen Officialats hinsichtlich ihrer Dotation nach zu suchen, ist erst jetzt gelungen, nachdem das Consentiment des Patrons Constantin v. Sczaniecki erlangt worden ist.  Ad. 11 die Einrichtung der Schule in Grudno accrotiert sich an der Regulierung der bäuerlichen Verhältnisse und namentlich an der Ausstattung derselben mit Grundstücken, indem die Gemeinde so klein ist, dass sie ohne Hilfe ein Schulsystem zu unterhalten außer Stande ist.  Ad 5 und 18 walten eben dieselben Verhältnisse ob.  Ad 19 die Trennung des Dorfes Konkolewo von der Schule zu Granowo hat die königliche hochlöbliche Regierung vor kurzem genehmigt und den Bau des Schulhauses in Konkolewo, da das Dominium 6 Morgen Land zum Schulzweck unter der Bedingung bestimmt hat, wenn daselbst eine Schule … wird, angeordnet.  Ad 13 wird nur nach der Entscheidung der königl hochlöblichen Regierung über die Bildung des Schulzirkels entgegen gesehen, worauf zum Bau des Schulhauses, wozu sich der Grundherr verpflichtet hat, wird geschritten werden können. Disponible Mittel zu Schulhausbauten teils im Wege der Repartitionen, teils durch Verpachtung der Schulländereien, teils durch Zeihen von Activis aufgebracht, befinden sich in Deposito bei der königl. Regierungs- und resp. Kreis-Kasse und zwar

in der Stadt Grätz soll die Reorganisation der dortigen Schulen eintreten, die dazu gemachte Vorbereitung besteht darin, dass

Von dem Allerhöchsten Gnadengeschenke hat die königliche hochlöbliche Regierung im v. J. auf den Zeitraum von zehn Jahren

Auf Anstellung der Industrie-Lehrerinnen wird bei Anlegung des neuen Etats überall Bedacht genommen, wo die Fonds es zulässig machen. An mehreren Schulen sind diese Lehrerinnen bereits angestellt.

Die Obstbaum-Kultur bei den Schulen wird von Jahr zu Jahr mit größerem Fleiß und Eifer betreiben. Im vorigen Jahre wurden neu angepflanzt überhaupt:

In allen Schulzirkeln findet ordentliche Führung der Schulrechnungen statt.

C. Der kirchliche Zustand

Klosterkirche Wozniki (2) [829]

Klosterkirche Wozniki (2)

Es sind im Buker Kreise überhaupt

Der bauliche Zustand der evangelischen Kirchen ist gut, dagegen die Kirchen ad b) exclus 3, c ) 1, d) 1  bedürfen bald einer größeren, bald einer minderen Reparatur.

Zu diesem Behuf

Der Reparaturbau dieser 3 Kirchen soll im Laufe dies Jahres vor sich gehen

Bei den resp 3 evangelischen Kirchen sind drei ordinierte Prediger und bei den katholischen Kirchen überhaupt 11 Pfarrer und 8 Vicarien angestellt. Dagegen leben in dem Kloster

Bei den katholischen Kirchen wir der Mangel an Festsetzungen, wonach die Geistlichkeit Jura Stolae erheben soll, von Seiten der Eingepfarrten namentlich in denjenigen lebhaft gefühlt, wo die Geistlichen sich erlauben, anscheinlich mehr zu fordern, als wozu sie befugt sind. Es wird hin und wieder von Seiten der Eingepfarrten der Wunsch ausgedrückt, diesem Bedürfnisse alsbald abzuhalten.

 * * *

 

Der Buker Kreis im Jahresbericht 1834 / Teil 1

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Landrat Schubert, Buk - 1834/35)
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Der Kreis Buk - Kartenausschnitt (1) [823]

Der Kreis Buk – Kartenausschnitt (1)

Der Jahresbericht, gesplittet in die Teile 1 bis 3 betreffen die Gegebenheiten des Buker Kreises zum Jahr 1834. Im 1. Teil sind die Industriellen Verhältnisse mit den Kapiteln A) Agricultur und B) Handel & Gewerbe übernommen worden.

Berichtet wurde seitens der Buker Landrates Schubert an den Königlich Preußischen Ober-Präsidenten der Provinz Posen, Ritter des Rothen Adler Ordens II. Klasse mit Eichenlaub Herrn Flottwell – Hochwohlgeboren in Posen.

53 Jahre später, im Jahr 1887, wurde Nowy Tomysl nachdem Buk diese Funktion abgesprochen worden war, selbst Kreisstadt. Im Jahr 1834 jedoch, war Nowy Tomysl ein unbedeutender Ort unter vielen anderen Ansiedlungen im Verwaltungsbezirk.

Der Landrat Schubert leitete seine Ausführungen im Jahr 1835 ein mit den Worten: „Euer Hochwohlgeboren beehre ich mich den verlangten Jahresbericht ganz gehorsamst zu erstatten:

* * *

Der Flächeninhalt des Buker Kreises beträgt, nach dem Vorberichte zu dem im Jahre 1821 verfassten Ortschafts-Verzeichnisses des Regierungs-Bezirk Posen 17. 4794 Quadrat Meilen oder die Quadrat Meile a 21.490 1/3 Morgen berechnet, überhaupt 365.538 Morgen.

Die Nachrichten, wie viel von dieser Fläche des Kreises Ackerland, wie viel Wiesen, Gärten, Forstland, Hütung und sonstige Kulturen sind, lassen sich, wie wohl man bemühet war, sie bei Anlegung der neuen Rechnungssteuer-Kataster zu sammeln, noch nicht mit Bestimmtheit angeben, weil die Ländereien noch nicht überall vermessen sind und wenn dies größtenteils erfolgt ist, die Vermessungsnachrichten bisher nicht überall zu erlangen waren.

1) Industrielle Verhältnisse des Kreises in Bezug auf das Ackerland im Buker Kreise dürfte

Klasse gehörig angesprochen werden.

A) An Agricultur – Es bestehen 85 Dominial- und sonstige größere Vorwerke, deren resp. Flächeninhalt mindestens 340 bis 3.000 Morgen beträgt, und nur 10 darunter sind, wo eine Schlag-Wirtschaft eingeführt worden; sonst hängt man der Drei-Felder-Wirtschaft an.

Durch Graben-Anlegung und Räumung sucht man überall die Ländereien zu meliorieren, man betrebt sich durch tüchtige Bestellung der Äcker die Production zu erhöhen. Sie wird auch dadurch wesentlich herbeigeführt, dass namentlich in den Dörfern, wo die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse beendet ist, eben so die Gutsherren als auch die Bauern stärkeres Zugvieh zu jenem Zwecke halten.  Die Gutsbesitzer, obgleich ihrerseits hin und wieder für besseren Schlag des Rindviehes gesorgt wird, widmen fast ausschließlich die größte Aufmerksamkeit der Schafzucht und wetteifern in der Veredelung der Schafherden.

In dieser Beziehung zeichnen sich aus

Die beiden ersteren richten ihr Betreben auch auf bessere Pferdezucht. Die meisten Erfolge an der wohltätigen Landgestüt-Anstalt werden bei ihnen schon jetzt angetrofffen.

Blick auf Dakowy Mokre (2) [639]

Blick auf Dakowy Mokre (2)

Von Jahr zu Jahr widmet man der Garten- und Obstkultur größere Aufmerksamkeit. Die Besitzer von Gärten suchen die Obstgattungen zu wandeln, fast überall offenbart sich der Sinn für Obstkultur. Ein merklicher Fortgang lässt sich selbst bei den seit zwei und mehr Jahren regulierten Bauern wahrnehmen. Doch der Mangel an Obstbaumschulen ist noch fühlbar. Diese werden zwar auf größeren Gütern hin und wieder angetroffen, dadurch wird aber nicht einmal dem örtlichem Bedürfnisse abgeholfen. Und wenn daraus Pflänzlinge für Geld zu haben sind, so kommen sie so teuer zu stehen, dass man deren Erwartung der kleinen Grundbesitzer abhelfen muss. Dem Bedürfnisse wird einigermaßen dadurch abgeholfen, dass Gärtner aus Bamberg, welche seit einigen Jahren die hiesige Gegend besuchen, eine Menge von Obstbäumen herüber transportieren und zu billigen Preisen absetzen. Es erscheint daher wünschenswert, dem Landmann durch öffentliche Blätter auf jene Gärtner aufmerksam zu machen und diese aufzufordern, die hiesige Provinz mit Obstbäumen zu versehen.

Die Grundeigner des südwestlichen Teils des Kreises lassen sich die Anlegung von Weinbergen angelegen sein. In diesem Teile des Kreises ist der Boden der passendste dazu und das Beispiel mehrerer Besitzer, deren Weinberge jetzt schon von solcher Ausdehnung sind, dass in guten Jahren 5 bis 15 Tonnen Wein gewonnen worden, dient zur Aufmunterung vieler anderer, die nun Jahr für Jahr Weinberge anlegen und erweitern.

Dagegen im westlichen Teile des Kreises bestrebt sich der Hauländer neben dem Ackerbau den Hopfen zu bauen. Viele derselben bestimmen dazu 1/4 bis 1 und mehr Morgen Land. Der darauf gewonnene Artikel wird in die älteren Provinzen des Staats durch Händler, deren 24 in der dortigen Gegend wohnen und als Hausierer besteuert sind, versehen.

Die Brauereien, 12 an der Zahl, sind auf dem platten Lande im Gange und erhalten sich nur auf größeren Gütern, wo die Localität dem Gutsbesitzer den Bierabsatz sichert, wo dies der Fall nicht ist, hört deren Betrieb auf. Die Zahl derselben hat sich daher im Laufe des verflossenen Jahres von 15 auf 12 vermindert.

Fünf Brennereien existieren auf dem platten Lande; in den Städten keine. Zu einer derselben (zu Alttomysl) werden außer Spiritus auch feine Liköre fabriziert und nach den umliegenden Städten versendet.

Zu den Städten unter den 5. Brennereien zeichnen sich zwei in Grätz durch vorzüglich gutes Bier aus. Eine derselben ist erst im v. J. entstanden, nachdem das von Seiten der Brauerzunft daselbst seit vielen Jahren behauptete Recht denjenigen Brauern, der einzig und allein zur Fabrikation des beliebten und gesunden Grätzer Bieres Wasser liefert, zu diesem Behuf ausschließlich zu benutzen, aufgehoben ist.

Die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse ist noch nicht so weit gediehen, als es nunmehr allgemein gewünscht wird.

Die Regulierung ist in 8 Dörfern beendigt und die Rezesse eingegangen, in 32 soweit gediehen, dass die Separationen bereits ausgeführt, die Frohndienste größtenteils abgelöset und die Rezesse zur Bestätigung vorbereitet sind. In 32 Dörfern werden die dazu nötigen Vorbereitungen getroffen und die Frohndienste bestehen noch fort. Der geringste Fortgang in dieser Beziehung fand im v. J. in den Neustädter Gütern statt.

Fassade des Palastes in Kotowo (Unesco Kennzeichen 1418/A) (3) [830]

Fassade des Palastes in Kotowo (Unesco Kennzeichen 1418/A) (3)

In Folge Regulierung dieser Verhältnisse

B) Handel und Gewerbe Die Haupt-Artikel des Handels sind das Getreide und die Wolle. Ersteres wurde im v. J. größten Teils nach Posen versendet, da Abnahme nach den nächsten Provinzen Schlesien und Neu-Mark, wohin sonst dieser Artikel versehen wurde, nicht stattgefunden hat. Die Wolle dagegen wurde durch die Producenten teils an einheimische Wollhändler verkauft, teils zu diesem Behuf auf die Wollmärkte nach Breslau, Landsberg auch Berlin transportiert.

Die letzteren Aufnahmen der Schaffenden liefern folgendes Resultat:

Es sind im Kreis vorhanden

Rechnet man vom Stück 2 1/2 Pfund Wolle, so wird überhaupt 1.181 1/2 Centner jährlich produciert. Der Centner wurde im v. J. durchschnittlich und zwar die veredelte Wolle a 90 Tlr., die halb-veredelte a 60 Tlr., die unveredelte a 40 Tlr. verkauft, tut für die angegebene Qualität 70.685 Tlr.

– Fortsetzung Teil 2 und 3 –

* * *

 

Unwetter über Buk und Umgegend – 1802

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung 1802)
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Blitze am Himmel - Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Longhorndave_-_Lightning_%28by%29.jpg?uselang=de [831]

Blitze am Himmel – Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Longhorndave_-_Lightning_%28by%29.jpg?uselang=de

In der Nacht vom 12ten auf den 13ten August 1802 traf ein sehr heftiges fürchterliches Gewitter die Gegend von Buk. Ausser den ununterbrochenen Blizzen, die ein beständiges Feuer bildeten und die ganze Gegend in Schrekken sezten, war das Gewitter mit einem ungewöhnlich schreklichen Hagelwetter begleitet. Der Hagel fiel in der Grösse eines Tauben-Eies und stärker herab, ja man fand sogar Stükken von Eis in der Grösse einer geballten Mannhand. Fast alle Fenster wurden zerschmettert und die Dächer durchgehends beschädigt. Alles noch auf dem Felde befindliche Getreide an Winterung, so wie die ganze Sommerung wurde theils durch den Hagel selbst, theils durch die grosse Masse Wasser, welche zugleich herabfiel, total verheert und weggetrieben. Die Felder der Stadt Buk, so wie die zum Domainenamte gleiches Namens gehörigen Vorwerker Grosdorff, Pawlowko und Zegowo haben einen äusserst beträchtlichen Schaden erlietten, und in dem leztern Orte wurde auch noch durch den Windsturm die Scheune des dortigen Krügers umgeworfen, so dass dieser arme Mann von seiner ganzen Erndte wenig oder gar nichts gerettet hat.

* * *

Schöffengerichtssitzung vom 20. Januar 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsprotokoll)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Den Vorsitz führte Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, als Amtsanwalt fungierte Herr Bürgermeister Witte, die beisitzenden Schöffen waren die Herren Eigentümer und Ortsschulze Gebauer-Scherlanke und Eigentümer Ferdinand Heinrich-Sontop.

Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Der Tischlergeselle Uschwa war in das hiesige Gefängnis wegen Bettelns und Vagabundierens eingeliefert worden, wurde jedoch nach der Beweisaufnahme freigesprochen
  2. Ferdinand Adam aus Konkolewo hatte gegen einen Strafbefehl in Höhe von 10 Mark wegen Verübung ruhestörenden Lärms und groben Unfugs Einspruch erhoben. Der Angeklagte wurde freigesprochen.
  3. Leonore Dombrowska aus Glinau wurde von der Beschuldigung, sich trotz Aufforderung der Polizeibehörde keine Wohnung verschafft zu haben, nach Lage der Sache freigesprochen.
  4. Gastwirt Muß wurde, weil er am 29. Nov. v. Js. nach Eintritt der Polizeistunde Gäste in seinem Lokal geduldet hatte, zu der im Strafbefehl festgesetzten Strafe verurteilt.
  5. Derselbe hatte gegen einen Strafbefehl von 9 Mk., weil er seinen Hund ohne Maulkorb frei umherlaufen ließ, ferner gegen einen Strafbefehl von 6 Mk., weil er während des Betriebes seiner Häckselmaschine dieselbe nicht vorschriftsmäßig bekleidet hatte, Einspruch erhoben. Er wurde jedoch nach dem Ergebnis der Verhandlung wegen ersterer Sache mit 9 Mk., wegen der letzteren Angelegenheit mit 3 Mk. bestraft.
  6. Adolf Lange aus Chichagora wurde unter Anrechnung der Untersuchungshaft wegen Hühnerdiebstahls mit 3 Wochen Gefängnis bestraft.
  7. Eigentümer Heinrich Roy und dessen Ehefrau, beide aus Paprotsch, waren des gemeinschaftlichen Hausfriedensbruches und der Körperverletzung angeklagt. Dieselben wurden jedoch nur wegen leichter Mißhandlung des Schuhmachers Simon mit 5 Mk. bestraft.
  8. Der Eigentümer Knoll 2 aus Alttomischel war wegen körperlicher Mißhandlung angeklagt. Die Sache wurde vertagt.
  9. Die Privatklagesache des Eigentümers Meißner zu Paprotsch gegen die Eigentümersfrau Janott und
  10. Janott gegen Meißner wurde dahin verglichen, daß jede Partei ihre Klage zurücknahm.
  11. In der Privatklagesache der Arbeitersfrau Josefa Korbanek gegen die Arbeitersfrau Agnes Kaczmarek und deren Tochter verehelichte Mathis, sämtlich aus Bolewitz, wurden die Angeklagten zwar der Beleidigung für schuldig erachtet, jedoch für straffrei erklärt, weil die Klägerin die Beleidigung auf der Stelle erwidert hatte. Der Klägerin wurden außerdem sämtliche Kosten auferlegt

Schöffengerichtssitzung vom 13. Januar 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsprotokoll)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Den Vorsitz führte Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, als Amtsanwalt fungierte Herr Bürgermeister Witte, die beisitzenden Schöffen waren die Herren Eigentümer Reschke-Scharke und Förster-Konkolewo.

Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Wegen Betteln wurde der inhaftierte Nitschke aus Glinau mit 3 Tagen Gefängnis bestraft.
  2. Die Eigentümersfrau Franziska Pukz aus Neurose erhielt wegen Diebstahls von 7 Stück Preßkohlen 1 Tag Haft.
  3. Die Ausgedingerin Ernestine Rau und deren Tochter, die Eigentümersfrau Minna Jäkel, beide aus Neuborui, wurden wegen gemeinschaftlicher körperlicher Mißhandlung mit je einer Woche Gefängnis bestraft.
  4. Die Dominialarbeiter Kaczmarek und Jamuczek, beide aus Bukowiec, erhielten jeder 3 Tage Gefängnis; ersterer wegen Beleidigung, vorsetzlicher Mißhandlung und Bedrohung mit Totschlag des letzteren, letzterer wegen körperlicher Mißhandlung des ersteren mittelst eines gefährlichen Werkzeuges.
  5. Der jugendliche Arbeiter Josef Banach aus Bollwitz wurde wegen Beschädigung einer Fensterscheibe mit einem Verweise bestraft.
  6. Der Volksanwalt Valentin Spichalski von hier (Neutomischel) war des Betruges bezichtigt, wurde aber von der Anklage freigesprochen.
  7. Die Arbeiterswitwe Dombrowska aus Scherlanke, früher in Glinau, war angeklagt, sich auf Anordnung der Ortsbehörde nicht rechtzeitig eine Wohnung beschafft zu haben. Die Sache wurde vertagt.
  8. Der Eigentümer Ferdinand Labsch aus Paprotsch hatte einen Strafbefehl erhalten, weil er seine Tochter angeblich unentschuldigt die Schule versäumen ließ. Er wurde freigesprochen.
  9. Die Eigentümersöhne Stefan und Josef Korbanek aus Bolewitz wurden wegen gemeinschaftlicher körperlicher Mißhandlung des Arbeiter Lodiga ebendaselbst mit je 10 Mk. bestraft.
  10. Die Privatklagesache Janotte gegen Meißner aus Glinau wurde zwecks Ladung eines Schriftverständigen vertagt.
  11. Die Privatklagesache des Eigentümers und Hopfenhändlers Wilhelm Weber aus Glinau gegen den Eigentümer Krepel aus Scherlanke wegen schriftlicher Beleidigung wurde, nachdem letzerer Widerklage gegen den Privatkläger erhoben hatte, durch Vergleich erledigt.
  12. Die wegen grober Beleidigung angestrengte Privatklage der Eigentümersfrau Josefa Korbanek gegen den Eigentümer Stefan Kaczmarek, dessen Ehefrau Agnes und deren verheirateten Tochter Mathis, sämtlich aus Bolewitz, mußte behufs Vernehmung weiterer Zeugen vertagt werden.
  13. Die Privatklagesache des Eigentümers Gustav Kühn gegen die Eigentümersfrau Juliane Rausch, beide aus Albertoske, wegen Beleidigung, wurde mangels genügender Beweise auf Kosten des Privatklägers eingestellt.

Nachtwächter – Anstellungsvertrag aus dem Jahr 1835

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Transkription Gudrun Tabbert)
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Nowy Tomysl bei Nacht - Aufn. PM [832]

Es ist dunkel in Neutomischel – Aufn. PM

Im Jahr 1835 bildete die Posener Straße, der Alte Markt, dann als Verbindung zum Neuen Markt die Goldstraße das komplette Straßennetz der Stadt Neu Tomysl. Es war allerdings sehr dunkel in der Stadt, Straßenbeleuchtung gab es in jenen frühen Jahren noch keine, und in den umliegenden Hauländereien sah es wohl nicht anders aus.

Die Bewohner der Stadt und des Umlandes mussten um 22:00 Uhr, zu Beginn der von Amtswegen angeordneten Sperrstunde, „die Bürgersteige“, soweit es sie schon gab, „hochklappen und die Häuser reinholen“. Niemand hatte nach dieser Stunde mehr etwas in den Straßen zu suchen.

Eine der Aufgaben der Nachtwächter, welche seitens der Stadtverwaltung ihren Dienst versahen um eben die Ruhe und Ordnung in der Nacht zu überwachen und ggfls. herzustellen, war es Fremde oder Herumtreiber anzuhalten, diese bis zu  dem Wachfeuer zu bringen, um dort im Feuerschein, sonst war es eben zu dunkel, deren Identität zu prüfen und sie gegebenenfalls festzusetzen. Jedoch bleibt hier die Frage: wer, der Böses plante, sich von 2 einzelnen Personen in dunkler Nacht erwischen ließ ?

Vielmehr galt es vermutlich, zu überwachen, dass die Kneipen und Wirtschaften schlossen; dass Niemand, weder der Wirt noch der Gast, sich widersetzte und vielleicht doch noch ein Bier oder Schnaps nach 22:00 Uhr ausschenkte oder zu sich nahm.

Es galt die Ordnung im Namen der Regierung und der Kirche aufrecht zu erhalten.

Für diese Aufgabe waren seitens der Stadtverwaltung Nowy Tomysl’s im Jahr 1835 zwei Nachtwächter, jeder mit einem Jahresgehalt von 16 Thalern, Urlaub wurde in dem Vertrag keiner erwähnt,  bei 1/4 jährlicher nachträglicher Auszahlung befristet auf 1 Jahr, eingestellt. In diesem Vertrag findet sich jedoch, dass beide Nachtwächter die Genehmigung für eine Sammlung von Barspenden bei jedem Bürger der Stadt zum Jahreswechsel erhielten, also somit ihr Gehalt aufbessern konnten; nicht bekannt ist, wie hoch dieses Nebeneinkommen gewesen sein könnte.

Nachstehend die Transkription, soweit erhalten und entzifferbar, der im Jahre 1835 getroffenen Vereinbarung:

* * *

„Zwischen dem Magistrat und dem Stadtamth hierselbst  an einem und dem Häusler Friedrich Fechner zu Glinau und dem Bürger und Schuhmachermeister Gottlieb Kurz hierselbst zum anderen Theile ist unterm heutigen Tage nachstehender Kontrakt wohlbedächtig verabredet und geschloßen worden.

§ 1.

Stadtplan 1836 - GT [833]

Stadtplan 1836 – GT

Der Häusler Friedrich Fechner und Schuhmachermeister Gottlieb Kurz übernehmen mit dem heutigen Tage die Verwaltung des Nachtwächter Postens in hiesiger Stadt in einer Person und konstituieren dieses Verhältniß ein Jahr hierdurch und zwar bis zum 4 Februar achtzehnhundert sechs und dreißig. – Dieselben verpflichten sich

                                                                                                     § 2.

ferner jede Nacht hindurch fünf Stunden Wache zu halten und zwar von des Abends zehn bis Morgens drei Uhr, es möge im Winter oder Sommer sein, als die Stunden gehörig durch Rufen und Pfeifen bekannt zu machen. Auch sich jeden Abend bei der Ortspolizeibehörde und zwar bei dem Bürgermeister um 10 Uhr zu melden.

§3.

Sie sind verpflichtet die Stadt (innerorts) und außerhalb zu bewachen … Augenmerk auch muß die …. zu berichten. Vor allen Dingen haben sie unter Zuziehung der Nachtpatrouille dafür zu sorgen, daß die Schänken und Wirthshäuser um Punkt zehn Uhr Abend geschloßen werden; und sollen sie befugt sein diejenigen, welche das Wirthshaus auf  gütliches Ansuchen um die gedachte Stunde nicht verlassen wollen gewaltsamerweise herauszubringen und etwaige Widersetzlichkeit dem Bürgermeister zur Untersuchung anzeigen.  Unbekannten Personen welche sie nach 10 Uhr Abends antreffen, sollen sie anhalten, ans Wachfeuer führen wo sie sich zu legitimieren haben. Über jeden nur einigermaßen wichtigen Vorfall haben sie des Morgens dem Bürgermeister Anzeige zu leisten.

§ 4.

Für die getreue und pünktliche Bewachung der hiesigen Stadt verpflichtet sich der hiesige Magistrat und Stadtrath einen jeden der genannten Wächter einen jährlichen Gehalt von 16 Th. schreibe sechszehn Thaler zu zahlen, welches vierteljährigen Raten postnumerando zahlbar sein soll und die Wächter aus der Kämmerei Kasse zu erheben haben. Außer diesem sollen sie noch von jedem Bürger ein Neujahrsgeschenk in baarem Gelde erhalten, welches sie sich jedoch selbst von den Bürgern abholen müssen.

§ 5.

Sollten sich die Wächter Vernachläßigungen zu Schulden kommen lassen, so haben diese ihre sofortige Entlassung ohne vorherige Kündigung zur Folge.

Mehr ist nicht festzusetzen gewesen.

Neut. d. 4 Feb. 1835″

* * *

Im Kirchenbuch von Neutomischel wurde hierzu gefunden:

 * * *

Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] [Anstellung der Nachtwächter in der Stadt Neutomischel]    http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0035 [834]

 

Bolewitz brennt ! – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(W. Busch - Redakteur)
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Ausschnitt aus der Kreiskarte Neutomischel - Quelle: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra [835]

Ausschnitt aus der Kreiskarte Neutomischel – Quelle: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Von einem furchtbaren Brandunglück wurde unser Nachbarort Bolewitz (Bolewice) schwer heimgesucht. Am vergangenem Mittwoch (07 September 1904) nachmittag gegen 2 Uhr brach daselbst eine verheerende Feuersbrunst aus, die sich durch den um diese Zeit herrschenden starken Wind rasch auf die zum größten Teil mit Stroh gedeckten Häuser ausdehnte, so daß bis gegen abend trotz energischer Bekämpfung des Elements durch die zahlreich anwesenden, von nah und fern zur Rettung herbeigeeilten Mannschaften die Gebäulichkeiten von 74 Wirtschaften mit sämtlichen Erntevorräten eingeäschert wurden; davon sind 69 nicht versichert.

Das Mobiliar konnte teilweise gerettet werden, ebenso sämtliche Pferde und Kühe. Die Schweine sowie das Kleinvieh sind jedoch meistenteils ein Opfer des verheerenden Elements geworden. Leider ist auch bei dem Rettungswerk der 64 jährige Hausmann Anton Jarnott verbrannt. Man fand seine verkohlte Leiche unter den Trümmern. Auch ein anderer Mann erlitt so schwere Brandwunden, daß er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte.

Das Feuer ist in der Scheune des Eigentümers Michael Halasch ausgekommen. Dieser war zur Zeit in Linde bei Neustadt, wo er einer Hochzeitsfeierlichkeit beiwohnte. Über die Entstehungsursache ist noch nicht Genaues festgestellt worden. Wohl hat man Brandstiftung vermutet, doch haben die angestellten Verhöre bis jetzt keinen Beweis erbracht. Das umlaufende Gerücht, daß in Bolewitz Branddrohbriefe eingegangen sein sollen, entspricht nicht den Tatsachen.

Wasser war bei den Löschungsarbeiten zum Glück genügend vorhanden, nur die bei dem Brande herrschende entsetzliche Hitze in den engen Dorfstraßen, sowie der erstickende Rauch waren bei den aufopfernden Rettungsarbeiten hinderlich. Es sind 450 Personen obdachlos geworden, mithin ist die Not der schon an und für sich armen Bewohner eine sehr große. Wohl sind von vielen mildtätigen Personen aus Bolewitz, Neustadt b. P., Neutomischel usw. Geld sowie Nahrungsmittel und Wirtschaftsgegenstände in reichem Maße eingetroffen, sodaß die erste Not gelindert ist, doch bietet der  Unglückfall noch ein weites Feld zur Betätigung edler Nächstenliebe, um aus den Trümmern so schnell als möglich wieder Wohnstätten für die Armen erstehen zu lassen. Darum möge jeder, soviel in seinen Kräften steht, beitragen, das angefangene Liebeswerk zu fördern. Es hat sich ein Komitee gebildet, das im heutigen Kreisblatt einen Aufruf erläßt, in dem es um Einsendung milder Gaben bittet. Möchten sie recht reichlich fließen ! – „Wohlzutun und mitzuteilen vergesset nicht, denn solche Opfer gefallen Gott wohl!“

Aufruf ! [836]

Am 7. d. Mts. (07 September 1904) sind im Dorf Bolewitz 74 Wohnhäuser und die dazu gehörigen Wirtschaftsgebäude mit der Ernte und zahlreichem Vieh verbrannt. Mehr als 450 Personen wurden obdachlos und gerieten in drückende Not.

Bei der großen Armut der Bevölkerung vermag die alsbald eingeleitete Hilfe des Kreise und der Kreiseingesessenen nicht die dringendsten Notstände zu beseitigen.

Wir bitten daher herzlichst um milde Gaben, insbesondere Geldmittel zum Wiederaufbau der gering oder gar nicht versicherten Wohnstätten und zur Beschaffung von Mobilien und Wirtschaftsgeräten.

Zusendungen werden erbeten an das Hilfskomitee zu Bolewitz, Bez. Posen, oder an das Landratsamt zu Neutomischel

Bolewitz, den 8 September 1904

Grynia – Gemeindevorsteher; Keibel – Königl. Oberamtmann; Packenius – Königl. Oberförster; Kieslich – Königl. Förster; von Daniels – Königl. Landrat; Rosenberger – Königl. Distriktskommissar; Schneider – Probst zu Neustadt b. P.; von Poncet – Alttomischel; Schwartzkopff – Rose; von Lacki – Pakoslaw; Schulze – Pfarrer zu Neustadt b. P.

Im Interesse einer ordnungsgemäßigen und gerechten Versorgung der Notleidenden wird dringend gebeten, alle Liebesgaben an die obigen Stellen zu senden, einzelnen Abgebrannten aber nichts zu verabfolgen, sie vielmehr an das Hilfskomitee zu verweisen.

Für die Abgebrannten in Bolewitz sind folgende Beträge beim Landratsamt und dem Hilfskomitee eingegangen:

Kreis-Ausschuß Neutomischel 660,00 Mark  
Frauen-Verein hier (Neutomischel) 50 Pfd.
70 Pfd.
100 Pfd.
50 Pfd.
Zucker
Gebrannten Kaffee
Cichorien
Reis
Gemeinde Glinau 25,00 Mark  
Gemeinde Alttomischel 20,00 Mark  
Gemeinde Zinskowo 20,00 Mark  
Gemeinde Scherlanke 20,00 Mark  
Von Hesse 40,00 Mark  
Von Lacki-Pakoslaw 300,00 Mark  
W. Busch 10,00 Mark  
Weigt-Neustadt b. P. 238,00 Mark  
Saammlung, Emmrich 5,00 Mark  
v. Bg.-Charlottenburg 10,00 Mark  
Von Korzbok-Lacki Neustadt b. P. Schloss 500,00 Mark  
Seeliger Ferd. 3,00 Mark  
Baron von Steinäcker 5,00 Mark  
Gemeinde Sontop 30,00 Mark  
Gemeinde Cichagora 30 Mark  
Gemeinde Neurose 15,00 Mark  
Witte 10,00 Mark  
Eisenstädt-Posen 5,00 Mark  
Weber 5,00 Mark  
Fromm 5,00 Mark  
Höhere Töchterschule Sammlung 31,50 Mark  
Von Zawadzyk-Charlottenburg 10,00 Mark  
Gemeinde Kozielaske 25,00 Mark  
Gebr. Wolke-Paprotsch 60,00 Mark  
E. T. 3,00 Mark  
Max Nord-Opalenitza 20,00 Mark  
Böttcher 10,00 Mark  
N. N. Posen 1,00 Mark  
Schwartzkopff-Rose 100,00 Mark  
Dominium Zborowo 100,00 Mark  
Löbel Lewin-Posen 100,00 Mark  
E. Pflug-Brody 300,00 Mark  
E. Pflug-Brody 200 Ztr. Erbsenstroh
F. Schlinke-Brody 5,00 Mark  
O. Raatz-Brody 2,00 Mark  
Jungnick 4,00 Mark  
v. Hardt-Wonsowo 300,00 Mark  
Fechner-Kröben 10,00 Mark  
Arndt-Steinhorst Sammlung 46,55 Mark  
Mertner-Zirke 1,50 Mark  
Bockisch-Zirke 1,59 Mark  
Bambauer-Grätz 5,00 Mark  
R. Frölich-Posen 2,00 Mark  
Von Kahlden-Neustadt b. P. Sammlung in den Gemeinden Brody, Linde und Zgierzynska 121,80 Mark  
Dr. Otto-Zeitz 5,00 Mark  
Dr. Weßling-Pinne 3,00 Mark  
Von Treskow-Owinsk 100,00 Mark  
C. Gölsch-Eberswalde 3,00 Mark  
H. S. Posen 50,00 Mark  
Dr. N. Berlin 7,05 Mark  
Sartig-Meseritz 10,00 Mark  
Reh Sammlung der Schüler 10,00 Mark  
Vaterländ. Frauen-Verband Posen 300,00 Mark  
Von Plötz-Schleusenau 5,00 Mark  
Saße-Posen 10,00 Mark  
M. Oettinger-Rakwitz 30,00 Mark  
X. Halle a. S. 15,00 Mark  
Paul Dreier Posen 2,00 Mark  
Jacobi-Trzcionka 100,00 Mark  
A. Zuntz sel. Ww.-Berlin 120 Pak. Kaffee a 1/2 Pfd.
Bengsch 5,00 Mark  
Graf von Alvensleben-Ostrometzko 20,00 Mark  
Von Tiedemann-Seeheim 50,00 Mark  
v. Dziembowski-Schloss Meseritz 20,00 Mark  
Hans Krause-Marcellino 10,00 Mark  
Jos. Permont-Wennensdorf 10,00 Mark  
Fl. Windmöller-Lengerich i. W. 20,00 Mark  
Von Daniels 50,00 Mark  
Gemeinde Chmlinko 290,60 Mark  
Frau Verhuven-München 5,00 Mark  
Dr. Franz Berlin 15,00 Mark  
Frau Keibel Groß Münche 20,00 Mark  
G. B. Neustadt b. P. 3,00 Mark  
Leipziger Sprittfabrik 30,00 Mark  
Frau Keibel-Steglitz 20,00 Mark  
Graf Tyszkiewicz 100,00 Mark  
Unbekannt Berlin 1,00 Mark  
Frau Marie Peto Strasburg i. Pr. 3,00 Mark  
Schrader-Pinne 25,00 Mark  
Piechocki-Neustadt b. P. 10,00 Mark  
Hanow-Posen 10,00 Mark  
Packenius-Ehrenbreitenstein 153,00 Mark  
Gies-Pelplin 10,00 Mark  
Nath. Kristeller-Neustadt b. P. 6,00 Mark  
Frau Koeller-Coblenz 30,00 Mark  
Unbekannt Berlin 20,00 Mark  
Frau von Kalkreuth 30,00 Mark  
B. Schönberner-Berlin 3,00 Mark  
Unbekannt Fraustadt 5,00 Mark  
Dr. Jonas-Berlin 10,00 Mark  
B. Knoblauch 50,00 Mark  
Müller- und Bäckerinnung Neustadt b. P. 10,00 Mark  
Schlinke-Brody 15,00 Mark  
Protze-Ballenstadt 5,00 Mark  
Frau von Unruh-Görlitz 5,00 Mark  
Zusammen in bar 4.961,30 Mark  
     
Graf von Lacki-Posadowo 300 ca. Brote
Von Korzbok-Lacki-Neustadt 100 ca. Brote,
.   Milch,
. 40 Ztr. Saatroggen,
.   1 Wöchnerin und ca. 40 Kinder wurden in Pflege genommen
Von Lacki-Pakoslaw   Kleidungstücke
Bürger aus Neustadt b. P.   Geschirr,
Bürger aus Neustadt b. P.   Kleidungstücke,
Bürger aus Neustadt b. P.   Kolonialwaren
Gemeinde Chmielinko 80 Stk. Brote,
.   Kleidungsstücke
Jahnke-Neustadt b. P. 30 Stk. Brote
Janotte 30 Stk. Brote
Gustav Wolke-Kupferhammer 10 Stk. Brote,
.   Birnen
Fitzner-Sempolno 2 Säcke Mehl,
.   Obst
Seeliger sen.   Reis,
.   Erbsen etc.
Frau Keibel-Groß Münche 10 Ztr. Kartoffeln.
. 10 Ztr. Roggen.
. 1 Sack Backobst.
. 1 1/2 Ztr. Reis.
. 10 Pfd. Seife.
.   Kaffee.
.   Cichorie,
.   Salz,
. 3 fette Hammel,
.   Betten und Decken
Probst Schneider-Neustadt b. P. 400 Paar Holzpantoffeln
Krüger   Kleidungsstücke
Frau Dr. Keibel-Berlin   Kleidungsstücke
Madantz   Kolonialwaren
Jurasz-Bolewitz 100 Stk. Würste
Probst Styczynski-Witomischel   Brote
Gruß-Grudno 1 Ztr. Mehl,
. 2 Stk. Ferkel
J. Janiszewski   Semmel, Brote, Kuchen,
.   Kleidungsstücke
Kupczyk 109 Stk. Würste,
.   Speck,
.   Reis,
.   Seife,
.   Gerätschaften,
.   Kleidungsstücke
Stich-Kaisershof 10 Ztr. Erbsen,
. 20 Ztr. Saatroggen
Ww. Knoll-Glinau 1 Ztr. Roggen,
. 20 Bund Stroh
Berthold Bielke, Glinau 2 Ztr. Roggen,
.   Kleidungsstücke
Unbekannt Glinau 10 Stk. Brote
Gottfr. Hoffmann-Scherlanke 1 Sack Birnen,
. 2 Stk. Brote,
.   Quark
Woskowiak 6 Stk. neue Knabenanzüge
Rudolf Petersdorff-Posen 40 Stk. neue Knabenanzüge
Neutomischel, den 15. September 1904 Der Landrat Von Daniels

 Vom Brande in Bolewitz ! von dem gewaltigen Umfange des Brandes, des schwersten, der in diesem Jahre und seit langem in der Provinz vorgekommen ist, können sich unsere Leser aus folgenden Zahlen einen Begriff machen. Es sind nach den amtlichen Ermittelungen

denn die Gebäude waren nur gering, zum Teil ebenso wie die Mobilien, die Ernte und Ackergeräte gar nicht versichert. Am Abend des Brandes und noch am folgenden Tage boten die an das Dorf grenzenden Felder das Bild eines trostlosen Feldlagers. Umso erfreulicher war die schnelle Hülfe von Nah und Fern, insbesondere das tatkräftige Eingreifen der Herren Oberförster Packenius und Oberamtmann Keibel, mit den der Herr Landrat sogleich nach dem Stillstande des Brandes an Ort und Stelle die zu treffenden Maßnahmen beriet. Dazu gehörten insbesondere die Verpflegung und Unterbringung der Obdachlosen in alsbald zu erbauende Baracken. Dankenswerte Hülfe durch erhebliche Geldspenden und Lebensmittel brachten schnell die Familie v. Lacki-Neustadt. b. P. , Posadowo und Pakoslaw, ebenso auch die Städte Neustadt b. P. und Neutomischel und viele Gemeinden. 40 kleine Kinder, Säuglinge mit ihren Müttern, hat Frau v. Lacka-Neustadt b. P. Schloß in hochherziger Weise auf ihrem Gute untergebracht. Viele Familien fanden Aufnahme in anderen Ortschaften des Kreises. Auch das gerettete Vieh ist versorgt. Dank aller dieser Hilfe war schon am Tage nach dem Brande für eine geordnete Verpflegung gesorgt, die Unterkunft der Mehrzahl der Obdachlosen gesichert. So konnte denn der Herr Regierungspräsident bei seinem Erscheinen in Bolewitz am 9. d. Mts. mit Befriedigung feststellen, daß Ordnung in die traurigen Verhältnisse gebracht sei und es nun darauf ankommen, Mittel aus Staats-, Provinzial- und Kreisfonds zu erbitten um den Wiederaufbau der Ortschaft schnellstens zu ermöglichen und die Abgebrannten wieder in einen Haus- und Nahrungsstand zu bringen, der es ihnen gestattet, ihrem Erwerb nachzugehen und ihre Felder zu bestellen. Nach einem Rundgange durch das Dorf, wobei der Herr Regierungs-Präsident die Abgebrannten durch freundlichen Zuspruch beruhigte, fand eine Konferenz in der Oberförsterei statt, an der auch das Ortskomitee und Mitglieder des Kreisausschusses teilnahmen. Allein alle Opfer werden naturgemäß nur Beihülfen sein können. Die Selbsthülfe der Abgebrannten muß die Hauptsache tun. Darum richten wir an diese die Mahnung, bauet auf die eigene Kraft!

Der Aufruf des Hilfskomitees hat überall die Herzen und Hände geöffnet und schon sind nahezu 5.000,00 Mark neben vielen Lebensmitteln und Kleidungsstücken, wie auch Saatgut und Viehfutter eingegangen.

Auch die Frauenvereine brachten Hilfe. Die Frau Vorsitzende des hiesigen Vereins war mit Lebensmitteln zur Brandstätte geeilt, um durch Augenschein und Umfrage Kenntnis von der nötigen Fürsorge zu nehmen. Der Posener Verwand der Vaterländischen Frauenvereine spendete 300,00 Mark, ebenso viel stellte der hiesige Verein zur Verfügung.

So ist denn der so schwer betroffenen Bevölkerung die Beruhigung und Gewißheit geworden, daß die Behörden vereint mit der Nachbarschaft alles tun werden, um die Not zu lindern. Dazu werden sie die reichen Gaben edler Menschenfreunde auch aus der Ferne willkommen heißen.

mtv. Verschiedene Vereine rüsten sich, durch Veranstaltungen aller Art Einnahmen für die Notleidenden in Bolewitz zu erzielen. Nach dem Grundsatze: „Doppelt gibt, wer schnell gibt“ bringt der Männerturnverein, der bekanntlich über 100 Mitglieder zählt, am kommenden Sonntag (18. Sept.) zwei Volksspiele zur Darstellung und rechnet auf regen Besuch. Um den Kindern und den weniger Bemittelten Gelegenheit zu geben, die Stücke zu sehen, wird die Generalprobe am Sonnabend, d. 17. Sept., um 7 Uhr abends, öffentlich sein. Als Eintrittsgeld wird von Kinder 10 Pfd., von Erwachsenen 25 Pfg. erhoben. Einlaßkarten, welche für die Vorstellung gelöst sind, aber aus irgend welchen Gründen am Sonntag nicht benutzt werden können, haben auch für die Generalprobe Gültigkeit, wenn sie an der Kasse abgegeben werden.

Für die Abgebrannten in Bolewitz sind ferner folgende Beträge beim Landratsamt und dem Hilfskomitee eingegangen:

Wilhelm Krepel-Scherlanke 3,00 Mark
Familie Tangermann und Marggraf 100,00 Mark
Gottlieb Giering-Glinau 10,00 Mark
Schultz-Eidena 3,00 Mark
R. Schultz-Mustin i. Lbg. 20,00 Mark
Franz Marck-Berlin 20,00 Mark
Ruth v. Gersdorf-Parsko 3,00 Mark
Wächter-Grunwald 60,00 Mark
v. B.-Schoenebeck 10,00 Mark
Fuß-Paradies 15,00 Mark
Sturtzel-Paprotsch Sammlung der Schulkinder 10,50 Mark
Gemeinde Albertoske 25,00 Mark
Gemeinde Paprotsch 50,00 Mark
Ungenannt Sobbowitz 10,00 Mark
Schbg.-Posen 20 Mark
Hoffmann-Lopischweo 100,00 Mark
Frau M. Hohensee-Racot 3,00 Mark
Ungenannt Ilfeld 15,00 Mark
Gemeinde Konkolewo 30,05 Mark
Reinh. Werner-Posen 10,00 Mark
Urbach-Meseritz 10,00 Mark
Louis Wittkowsky 10,00 Mark
H. Wittkowsky 10,00 Mark
Kreisgemeindekasse Grätz 300,00 Mark
F. Ziegler-Breslau 10,00 Mark
Simon-Rogasen 3,05 Mark
Wandke 2,00 Mark
Eichholz 5,00 Mark
Swyczynski-Witomischel Sammlung in der kath. Kirche 73,57 Mark
Witte Sammlung der Stadt Neutomischel 501,50 Mark
Männerturn-Verein Überschuß aus Theateraufführung 68,30 Mark
Kurz 3,00 Mark
Weimann-Porazyn Sammlung in der Gemeinde 32,00 Mark
Vollmer-Rudnik 20,00 Mark
Karl Pleßner-Inowrazlaw 3,00 Mark
H. P.-Tirschtiegel 2,00 Mark
Wilhelm 2,00 Mark
Schwartzkopff-Rose Sammlung 46,00 Mark
Magistrat Opalenitza 60,00 Mark
Von Brandis-Neuhaus 20,00 Mark
Graf zu Dohna-Hillergaertingen 30,00 Mark
Ungenannt Zinskowo Kleidungsstücke und 2,00 Mark
Grzegorzewski-Kucharki Sammlung der Schulkinder 13,05 Mark
Dr. Rudolphi-Halensee 30,00 Mark
Fr. I. Rifftin-Culmsee 10,00 Mark
L. Kinder-Rochau 20,00 Mark
Von Kahlden Sammlung der Gemeinden Konin, Wymyslanke, Zembowo, ungenannt Potsdam und Neustadt b. P. 180,00 Mark
Wittchen-Scherlanke 5,00 Mark
Goede-Sontop 3,00 Mark
H. Beyme-Blasewitz 200,00 Mark
Ungenannt Waldenburg i. Schl. Kleidungsstücke 2 Kisten
Kern-Kirchplatz 10,00 Mark
H. G. Schneider-Birnbaum 3,00 Mark
Lausch-Wreschen 2,00 Mark
Provinz Posen 500,00 Mark
Haase-Paprotsch 9,00 Mark
Georg Nette-Worbzig (Cöthen) 50,00 Mark
Birnbaum’er Wochenblatt Sammlung 63,00 Mark
Opitz-Lomnitz 50,00 Mark
C. Schöpke-Lomnitz 5,00 Mark
Prüfer-Grätz Sammlung von Beamten und Unterbeamten des Postamts Grätz 21,00 Mark
Perle-Meseritz Schloß 19,00 Mark
Von Kalkreuth Obergörzig bei Meseritz 30,00 Mark
Rütigers-Disternich bei Zülpich Rheinl. 20,00 Mark
Magistrat Blesen 110,00 Mark
Von Terpitz-Diebau 20,00 Mark
Von Kahlden Sammlung der Güter Posadowo und Brody 52,60 Mark
m. Kintzel-Hammer Sammlung der Schulkinder 10,40 Mark
m. Balde-Popowo 5,00 Mark
Dr. Buddee 100,00 Mark
A. Borchard-Pinne 100,00 Mark
Packenius-Hardt 20,00 Mark
Franz-Striche 10,00 Mark
Gemeinde Wengielno 75,25 Mark
Gebrüder Lesser-Posen 100,00 Mark
Julius Grosse-Oschersleben 50,00 Mark
C. R.-Fraustadt 10,00 Mark
Kade-Rocko 5,00 Mark
Helmuth Packenius-Buchwerder 1,00 Mark
Irene Packenius-Buchwerder 1,00 Mark
H. u. M. K.-Eisenach 10,00 Mark
C. Wien-Westend 3,00 Mark
Von Kalkreuth-Kurzig 10,00 Mark
Nicaeus-Wierzebaum 40,00 Mark
Gemeinde Witomischel 102,45 Mark
Gemeinde Krummwalde 36,70 Mark
Gemeinde Neufeld 60,30 Mark
Gemeinde Grudno 98,00 Mark
Gemeinde Sempolno 30,25 Mark
Gemeinde Klein Lipke 62,00 Mark
Gemeinde Schleife 20,60 Mark
Gemeinde Neubolewitz 84,50 Mark
Gemeinde Blake 27,21 Mark
Gemeinde Gronsko 61,00 Mark
Gemeinde Komorowo-Hld. 59,75 Mark
Gemeinde Groß-Lipke 100,00 Mark
Gustvorstand Altenrode 2,40 Mark
Stauche-Stenschewo 3,00 Mark
Chedor 5,00 Mark
Zaedow-Posen 5,00 Mark
Probst Schneider Kollekte 1.000,00 Mark
Frau von Gustorf-Gorka 30,00 Mark
Haberling-Posen 10,05 Mark
Frau R. Heinsius-Berlin 3,00 Mark
Heyder-Grätz 50,00 Mark
Unbekannt 2,50 Mark
G. Beyme-Eichenhorst 100,00 Mark
Frau F. H. Beyme-Eichenhorst 25,00 Mark
Frau Dubois-Düsseldorf 10,00 Mark
a. Sp. in L. 2,05 Mark
Polly -Wartenberg i. Pomm. 1,50 Mark
Karl Dannwerth-Hackenstadt 5,00 Mark
Gustav Schwarz-Tirschtiegel 10,00 Mark
Unbekannt Brätz 3,00 Mark
Hildebrandt-Sliwno 50,00 Mark
Weimann-Rothenstein 3,00 Mark
Wicke-Meseritz 5,00 Mark
Windmöller-Lengerich i. W. 10,00 Mark
Graf Lacki-Posadowo 300,00 Mark
Dr. Celichowski-Kornik 5,00 Mark
Roll-Glückstadt i. Holstein 4,00 Mark
Dr. Hanow-Züllichau 10,00 Mark
Paeschke-Grunzig 2,00 Mark
Frau von Reiche-Rozbitek 100,00 Mark
Th. Krupp u. Co.-Düsseldorf 20,00 Mark
Hanzbuckan-Chemnitz 5,00 Mark
A. Wertheim-Berlin 30,00 Mark
Pastor Schulze-Neustadt b. P. Sammlung 60,00 Mark
Spindler-Driebitz Schulsammlung 11,65 Mark
Sattler-Driebitz 3,00 Mark
Kersten-Ludom 10,00 Mark
C. Engel-Aachen 100,00 Mark
P. Behrendt-Ostrowo 2,00 Mark
Kölnische Volkszeitung 30,00 Mark
durch Probst Schneider Neustadt b. P. Kirchenkollekte in Neustadt 121,08 Mark
Agnes Loba-Neustadt b. P. 1,00 Mark
F. Krysziosak-Neustadt b. P. 3,00 Mark
N. N. Neustadt b. P. 80,00 Mark
Kirchenkollekte in Neustadt b. P. 146,40 Mark
General-Vikar Dr. Goezkowski-Gnesen 15,00 Mark
Dom-Pönitentiar Raats-Gnesen 10,00 Mark
Lorenz Szczechowski-Neustadt b. P. 5,00 Mark
Prälat und Dekan Jaskulski-Biezdrowo 20,00 Mark
Dr. Heliodor v. Swiecki-Posen 100,00 Mark
Landgerichtsrat a. D. Meißner-Lissa i. Pr. 10,00 Mark
Dekan Gajowiecki-Kolmar i. P. 16,00 Mark
Rechtsanwalt und Notar Bartecki Neutomischel 50,00 Mark
Julius Kretschmer-Posen 10,00 Mark
Pfarrer Meißner-Ottorowo Sammlung 71,50 Mark
N. N. 4,00 Mark
Felix v. Poninski-Baszewo 10,00 Mark
Sanitätsrat Dr. v. Chlapowski-Kissingen 10,00 Mark
Pfarrer Echast-Xions 25,00 Mark
W. Rydzewski-Brodnica 5,00 Mak
A. Manski-Pinne 100,00 Mark
Dr. Szrant-Pinne 30,00 Mark
Nep, v Zajaczkowska-Pinne 20,00 Mark
Pfarrer Julius Kegel-Krotoschin 5,00 Mark
Pfarrer Hertmanowski-Chojnica 10,00 Mark
Fr. Steczniewski-Posen 7,50 Mark
Weynerowski-Bromberg 20,00 Mark
Marie Piatkowska-Gultowy 3,50 Mark
Probst Dr. Sypniewski-Scharfenort Sammlung 60,50 Mark
W. Stam-Buk Hauptlehrer 3,10 Mark
Pfarrverweser Zalewski-Bentschen Sammlung 225,00 Mark
Probst Hennig-Zirke 26,00 Mark
Dekan Gajowiecki-Kolmar i. P. (II) 5,00 Mark
Pfarrer Nowald-Prittisch 5,00 Mark
Arbeiter A. Kasprzak-Bolewitz jetzt in Völpke 5,00 Mark
v. Gledocki-Psarskie 20,00 Mark
Helena Budasz-Staroleka Sammlung 23,55 Mark
Probst Szramkowski-Wronke 20,00 Mark
Justizrat Cichowicz-Posen 20,00 Mark
Kirchenkollekte in Neustadt b. P. 62,90 Mark
M. Gnesen 3,00 Mark
E. M. in P. 10,00 Mark
Pfarrer Ussorowski-Kwieciszewo 10,00 Mark
J. Kierstan-Czyste 2,00 Mark
Graf T. Zoltowski-Nekla 40,00 Mark
Pfarrer Krzyzanski-Lutom Sammlung 36,00 Mark
Strafanstalts-Geistlicher Meißner Rawitsch 20,00 Mark
Dekan Fligierski-Buk 10,00 Mark
Firma Bendlewicz-Pleschen Gebetbücher usw.
Pfarrer Ruszczynski-Slawoszew Sammlung 15,10 mark
A. Szmytkowski, Kaufmann, Pinne 20,00 Mark
Kämmerer Mroczkiewicz-Neustadt b. P. 30,00 Mark
Lehrer Gierszewski-Neustadt b. P. 20,00 Mark
v. Stablewski-Mosciejewo 20,00 Mark
Frau v. Wesierska-Posen 10,00 Mark
Winzewska-Grünau 1,00 Mark
Pfarrer v. Laskowski-Koldromb Sammlung 35,00 Mark
W. Ziarniak-Stralkowo 1,00 Mark
K. Jaster-Flatow (Westpr.) 5,00 Mark
Kaufmann A. Neumann-Ostrowo 12,00 Mark
Pfarrer Radziejewski-Wilczyn Sammlung 63,30 Mark
Pfarrer Jagodzinski-Wierzebaum Sammlung 22,50 Mark
Pfarrer Smietana-Brody Sammlung 280,30 Mark
Dekan Gajowiecki Kolmar i. P. (III) 30,00 Mark
Pfarrer Meißner-Birnbaum Sammlung 50,00 Mark
Probst Miskiewicz-Pinne Sammlung 190,00 Mark
Pfarrer Zmidzinski-Michorzewo Sammlung 244,10 Mark
A. Nowakowski, em. Lehrer, Posen 5,00 Mark
Pfarrer Urbanowicz-Plonkowo 15,00 Mark
Probst Galecki-Sulmierzyce Sammlung 80,00 Mark
Pfarrer Cielinski-Lubosch Sammlung 90,00 Mark
Erzbischof Dr. v. Stablewski 300,00 Mark
Unter Hinzuziehung der bereits gesammelten 4.961,30 Mark
Insgesamt in bar bis zum heutigen Tage 14.499,81 Mark
Paech 30 Liter Leinöl
Frau v. Kalkreuth-Muchocin 1 Kinderwagen und Kleidungsstücke
Frau E. Bonin-Gr. Zackwitz Kleidungsstücke
Gaertner Stiefel
Redlich-Glinau 1 Ztr. Mehl und Quark
L. Seelig-Bentschen 318 Brote
Ww Bertha Kahle Kleidungsstücke
Von Haza-Lewitz 40 Ztr. Saatroggen
Frhr. von Massenbach-Pinne 30 Ztr. Sommerstroh

Schöffengerichtssitzung vom 25. November 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsprotokoll)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Den Vorsitz dieser Sitzung führte Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, als Amtsanwalt fungierte Herr Bürgermeister Witte, die beisitzenden Schöffen waren die Herren Bäckermeister Liepelt aus Neutomischel und der Eigentümer August Roy aus Paprotsch

Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Vinzent Percz, Handelsmann und Eigentümer aus Bukowiec, war angeklagt, dem Arbeiter Kaczmarek aus Bukowiec in Kosten eine Eisenbahnfahrkarte entwendet zu haben, mußte jedoch nach Lage der Sache freigesprochen werden.
  2. Das Dienstmädchen Anna Hoffmann aus Chichagora hatten einen Strafbefehl in Höhe von 6 Mk. erhalten, weil sie den Dienst bei dem Eigentümer Robert Neumann in Chichagora ohne Grund verlassen hatte. Gegen diesen Strafbefehl hatte sie jedoch Einspruch erhoben. Sie mußte aber zu der im Strafbefehl festgesetzten Geldstrafe verurteilt werden.
  3. Der Arbeiter Joseph Nieja aus Witomischel hatte einen Strafbefehl in Höhe von Mk. 5,50 erhalten, weil er seine Tochter unentschuldigt vom Schulbesuch zurückgehalten hatte. Nach Lage der Sache mußte er freigesprochen werden.
  4. Der Bäckerlehrling Paul Müller aus Neutomischel und der jetzige Bäckergeselle Arthur Ziebell z. Zt. in Fürstenwalde a. Spree wurden, weil sie dem Zugführer Fischer hierselbst gemeinsam Tauben gestohlen hatten, mit einem Verweise bestraft.
  5. Gegen den Fleischer Karl Weinert von hier (Neutomischel) war ein Strafbefehl erlassen, weil er ein Kalb angeblich ohne Einwilligung des zuständigen Viehbeschauers geschlachtet hatte. Gegen diese Strafe hatte er Einspruch erhoben. Nach dem Ergebnis der Verhandlung mußte er denn auch freigesprochen werden.
  6. Der Ausgedinger Gottfried Pochstein aus Alttomischel wurde, weil er dem Eigentümer Knoll ebenda, einige Krautköpfe entwendet hatte, mit 5 Mark bestraft.
  7. Der Tischler Ludwig Swoboda von hier hatte einen Strafbefehl im Betrage von 2 Mk. von der hiesigen Polizeiverwaltung erhalten, weil er es unterlassen hatte, sich bei der genannten Behörde trotz deren Aufforderung vorschriftsmäßig anzumelden. Er hatte jedoch hiergegen Einspruch erhoben. Die Angelegenheit mußte vertagt werden, da Swoboda bereits vom Königl. Amtsgericht in Pinne wegen derselben Sache bestraft worden ist, und die Herbeischaffung dieser Akten sich notwendig machte.
  8. Der Maschinist Rau aus Wonsowo erhielt eine Schulstrafe von Mk. 1,25, weil er seine Tochter Lotte 5 Tage ohne genügenden Grund nicht zur Schule geschickt hatte. Durch seinen Einspruch erzielte er in der heutigen Verhandlung seine Freisprechung, da das Kind nach Aussage des als Zeuge geladenen Arztes s. Zt. krank gewesen ist.
  9. Der Wirt Percz aus Groß-Lipke hatte ebenfalls einen Strafbefehl in Höhe von 7 Mk. erhalten, weil er seinen Pflegesohn Tomolka unentschuldigt vom Schulbesuch zurückbehalten, hatte jedoch ebenfalls Einspruch erhoben. Nach Vernehmung der Zeugen wurde auf Freisprechung erkannt, da der Junge z. Zt. krank war und auch entschuldigt worden ist.
  10. In der Privatklagesache des Arbeiters Sczekala gegen den Arbeiter Skibba aus Witomischel wegen gegenseitiger Beleidigung nimmt ersterer die Klage zurück, letzterer übernimmt die Kosten des Verfahrens.
  11. In der Privatklage des Schuhmachers Paul Stelzer von hier (Neutomischel) gegen den Eigentümer Schulz wegen Beleidigung wird letzterer mit 6 Mk. bestraft.
  12. Die letzte Privatklagesache mußte vertagt werden, da die Angeklagte, Gastwirtsfrau Pauline Muß, gegen den Privatkläger Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft wegen Diebstahls gestellt hat, und die Erledigung dieser Anklage vorerst abgewartet werden muß.

Schöffengerichtssitzung vom 16. Dezember 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsprotokoll)
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Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [317]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

In loser Folge werden wir die im Kreisblatt veröffentlichten Protokolle der Schöffengerichtssitzungen, welche im Gerichtsgebäude zu Neutomischel verhandelt wurden,  bringen. Über die Verhandlungen im Einzelnen sind zur Zeit keine Akten in Archiven gefunden worden. Aus den Kurzbeschreibungen der geführten Prozesse und auch der verhängten Urteile, ist zu erkennen, dass neben den Anklagen der Behörden der Stadt, der Gemeinden und des Landes, viele der Streitigkeiten sich mit Familien- und Nachbarschaftangelegenheiten sowie aber auch dem „Gehorsam“ von angestellten Dienstleuten gegenüber Ihren „Dienstherren“ befassten. Klagen wegen Beleidigungen waren zahlreich zu finden und auch vor Denunziationen untereinander scheute man vielfach nicht zurück.

* * *

Den Vorsitz führte Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, als Amtsanwalt fungierte Herr Bürgermeister Witte, die beisitzenden Schöffen waren die Herren Eigentümer und Ortsschulze Gebauer aus Scherlanke und Eigentümer Sägner aus Sempolno.

Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Vorladung für den Ersatz-Reservisten Gustav Hermann Jahn zwecks Verhandlung der unerlaubten Auswanderung - (1) [837]

    Vorladung für den Ersatz-Reservisten Gustav Hermann Jahn zwecks Verhandlung der unerlaubten Auswanderung – (1)

    Der militärpflichtige Gustav Jahn, geboren zu Neutomischel, letzter Wohnort Herensen, wurde mit 30 Mark bestraft, weil er sich durch Auswanderung der Heerespflicht entzogen hatte. (laut dem im September veröffentlichten Aufruf mit der Aufforderung, dass der Beklagte sich zur Verhandlung am 16.12.1903 einzufinden hätte, war der Gustav Hermann Jahn allerdings am 28.09.1874 zu Berlin geboren und hatte lediglich seinen Wohnsitz zwischenzeitlich in Neutomischel gehabt)

  2. Der inhaftierte Wilhelm Plisch wurde wegen Bettelns in Neutomischel mit 4 Wochen Gefängnis, wovon 2 Wochen als durch die Untersuchungshaft verbüßt erachtet wurden, bestraft.
  3. Der Tischler Karl Nawroth aus Bolewitz erhielt wegen Hausfriedensbruches und Sachbeschädigung 2 Wochen Gefängnis.
  4. Der Gemeindevorsteher Bielke aus Blake hatte einen Strafbefehl in Höhe von 5 Mk. erhalten, weil er seinen bösartigen Hund frei umherlaufen ließ, sodaß das Tier die Tochter des Eigentümers Muß in Blake gebissen und deren Kleid zerrissen hatte. Der Angeklagte erhob gegen den Strafbefehl Einspruch, mußte aber nach dem Ergebnis der Verhandlung zu der bereits festgesetzten Geldstrafe verurteilt werden.
  5. Der Arbeiter Vinzent Sokolka aus Witomischel wurde wegen Diebstahls mit 3 Tagen Gefängnis bestraft.
  6. Der Eigentümer Andreas Starzak und seine Ehefrau Marianna, beide aus Grudno, waren des Arrestbruches angeklagt, mußten aber nach Lage der Sache freigesprochen werden.
  7. Der Arbeiter Heinrich Schlesinger hatte den Arbeiter Karl Schmidt, beide aus Neuborui, körperlich gemißhandelt. Ersterer wurde mit 2 Wochen Gefängnis bestraft.
  8. Der Eigentümer Wilhelm Kurz hatte einen Strafbefehl in Höhe von 10 Mk. erhalten, weil er angeblich die Grenze seines Nachbars Freier beim Laubstreuharken überschritten hatte. Durch seinen erhobenen Einspruch erzielte er seine Freisprechung.
  9. Der Tischlermeister Ludwig Swoboda von hier (Neutomischel) hatte gegen einen Strafbefehl von 2 Mk., den er wegen nicht rechtzeitig erfolgter Beibringung eines Abzugattestes erhalten hatte, Einspruch erhoben. Er wurde mit 1 Mk. bestraft.
  10. Der Eigentümer und Handelsmann Wilhelm Gutsch aus Cichagora wurde zu einer Geldstrafe von 96 Mk. verurteilt, weil er bei Ausübung seines Gewerbes als Schweinehändler den Gewerbeschein nicht rechtzeitig eingelöst hatte.
  11. Der Arbeiter Vorwerk aus Altborui, z. Zt. in der Fremde, wurde wegen Verübung groben Unfugs und Sachbeschädigung mit 10 Mark bestraft
  12. Die Dienstmagd Juliane Lehmann aus Neuborui wurde wegen Diebstahls zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt.
  13. In der Privatklagesache des Eigentümers Wilhelm Ortlieb gegen den Eigentümer Karl Becker, beide aus Scherlanke, wurde letzterer wegen Beleidigung des ersteren mit 20 Mk. bestraft.
  14. In der Privatklagesache des Arbeiters Stanislaus Lodiga gegen den Arbeiter Anton Pilatschek, beide aus Bolewitz, wurde letzter wegen Beleidigung der Ehefrau des Privatklägers zu einer Geldstrafe von 20 Mk. verurteilt

Der Tod des Gottfried Meißner – aus der Chronik im Sterbebuch der evgl. Kirchengemeinde Rakwitz 1758

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Pfarrer Krumbholz / 1758 - Transkription A. Giering)
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Ausschnitt aus der im Kirchenbuch überlieferten Chronik - Quelle: http://szukajwarchiwach.pl/53/3843/0/-/2/str/1/16/15#tabSkany [838]

Ausschnitt aus der im Kirchenbuch überlieferten Chronik – Quelle: http://szukajwarchiwach.pl/53/3843/0/-/2/str/1/16/15#tabSkany

Gottfried Meißner [839]  war zum Beginn des Jahres 1758, nachdem das gegen ihn wegen Gotteslästerung verhängte Todesurteil durch Begnadigung aufgehoben worden war, aus der Stadt Rakwitz ausgewiesen worden.

Pfarrer Krumbholz hatte seine ersten Aufzeichnungen beendet mit den Worten: “ Die ihm Umfange, nach erhaltener Lebens-Schenckung, merklich gewesene Lebens-Beßerung dieses Mannes dauerte nicht lange. Er fieng bald wieder an, sich zu betrinken und unordentlich zu leben.“

Letztlich wurde Gottfried Meißner aber für ein Verbrechen hingerichtet, dass er nicht begangen hatte . . .

* * *

Nach Ostern fügte es sich, dass zwei Bauern von Ruchodzic von freyen Stücken der Stadt Obrigkeit meldeten: es habe oft erwehnter Gottfried Meißner, als sie letzthin in Schlawe gewesen, ausdrücklich und öffentlich zu ihnen gesaget, sobald die Ernte vorbei wäre, wollte er kommen und Rackwitz anzünden.

Welche Aussage vermeldete Bauern auch auf dem Rathauße beschworen. Kurz vor Johannis kam Nachricht ein, daß Meißner sich in hiesigen Gegenden hätte blicken lassen, und bald darauf, dass er in „Rostarzewo“ wäre.

Dahin lieffen nun zwar sein Weib und Stief-Kinder alsobald, um ihn zu warnen, daß er sich hier nicht blicken lassen möchte; allein er kam alles Warnungs ohngeachtet ongescheut in die Stadt. Weil nun der Magistrat besorgte, er möchte seine Drohung ins Werk setzen wollen, so ward er arretiert, verhört, mit denen Bauern confrontirt, und weil er alles läugnete, torquiriert. Da er dann gestand, er habe es zwar zu den Bauern gesagt, sei aber niemahls Willens gewesen, es zu thun, am wenigsten aber sei  er aus der Ursach hierhergekommen, um es jetzo zu vollstrecken. Allein dies konnte ihn nicht erretten, sondern weil sein vorher geführtes Leben notorisch ruchlos gewesen war, so wurde er als ein declarierter Mordbrenner zum Todet verurteilet, und den 25. Juni 1758 wirklich enthauptet.

Ich konnte abermahls die Erlaubnis nicht erhalten, ihn zum Tod zu bereiten, doch blieb er, aller Zudringungen unerachtet, bei der Evangelischen Religion, nachdem er sich selbst gantz christlich zum Tode bereitet hatte.

Verschiedene Evangelische Bürger waren stets in der Komorke bei ihm und beteten mit ihm. Auch fingen dieselben, sobald sie nur um die Ecke des Marktes herum gekommen waren, mit dem Delinquenten an Sterbenslieder zu singen, und begleiteten ihn also bis zur Richte Stätte.

* * *

Quelle: Kirchenbuch Rackwitz – Archiwum Państwowe w Poznaniu, Fond: Akta stanu cywilnego Parafii Ewangelickiej Rakoniewice (pow. wolsztyński) [1714-1766] http://szukajwarchiwach.pl/53/3843/0/-/2 [840]

Das Schwesternhaus in Wonsowo – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Wilhelm Busch als Nachfolger des Otto Scheumann - Druckereibesitzer zu Neutomischel)
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Das Schwesternhaus in Wonsowo - Ansichtskarte aus der Sammlung des A. Kraft [841]

Das Schwesternhaus in Wonsowo – Ansichtskarte aus der Sammlung des A. Kraft

Mit der Veröffentlichung des Artikels „Weihnachtsbescheerung der Gutsleute in Wonsowo [842] “ aus dem Jahr 1898 hatten wir schon etwas für die Lebensumstände in Wonsowo veröffentlicht. Ein weiterer Artikel, der die Wohltätigkeit der Herrschaft unterstreicht ist der nachfolgende über die Einweihung eines Pflegeheims für Sieche und Kranke. Desweiteren war in selben Gebäude ein Kindergarten oder behalten wir besser den Ausdruck eine „Kleinkinderbewahranstalt“ bei, der als „Erziehungsanstalt zur Treue gegen die Eltern, Lehrer und die Gutsherrschaft und in allererster Linie gegen Gott“ angesehen wurde, für noch nicht schulpflichtige Kinder, eingerichtet worden.

Wiederum ist aber auch hierzu die Frage zu stellen, ob diese Einrichtung die Menschen nicht noch tiefer in die Abhängigkeit des Arbeitgebers brachten? Außer Frage steht, dass es für die Arbeiter jener Zeit eine soziale und humanitäre Einrichtung darstellte. Nicht geschrieben wurde, wie hoch die Kosten der Nutzung derselben war und wie diese verrechnet wurden.

Einerseits gewann der Gutsbetrieb die vormals im Haushalt tätigen Frauen als weitere für die Unterhaltung des Anwesens so wichtige Arbeitskräfte, da die Pflege von Angehörigen, sowie auch die Beaufsichtigung der Kinder in die Hände Dritter abgegeben werden konnten; andererseits, wieviel blieb nach Abzug der Kosten an Einkommen in den Familien?  Verblieb überhaupt ein Bareinkommen ? Oder hatten die Familien zwar ein Auskommen, konnten aber keine Ersparnisse erwirtschaften um aus dem Kreislauf der Abhängigkeit ihrer Herrschaft auszubrechen ?

* * *

Am 2. Juli 1904, mittags 1 Uhr, fand auf dem Hauptgute der Herrschaft Wonsowo die Einweihung des Schwesternhauses statt. An derselben nahmen Teil außer der Familie des Stifters und seiner Gemahlin (von Hardt), den Gutsleuten und sämtlichen Beamten der Herrschaft, der Oberhofmeister Ihrer Majestät der Kaiserin, Exzellenz Frhr. von Mirbach nebst Gemahlin, Herr Regierungs-Präsident Krahmer, Herr Major von Tiedemann-Seeheim, Herr Landrat von Daniels, Herr Generalsuperintendent Hesekiel mit Gemahlinnen, die Oberin und der Pastor des Diakonissenhauses zu Posen u. a. m.

Die Errichtung des Schwesternhauses entspricht einem langgehegten Wunsch des Stifters und der Stifterin und soll als Zufluchtsstätte für Sieche und solche Kranke dienen, die zu Hause der nötigen Pflege entbehren. Verbunden damit ist eine Kleinkinderbewahranstalt, die unter Aufsicht einer Kindergärtnerin steht, zu der alle noch nicht schulpflichtigen Kinder Zutritt haben sollen. Diese Idee ist auf das schönste und praktischste verwirklicht worden.

Das große zweistöckige, im Schweizerstiel erbaute Haus liegt mitten in einem freundlichen Garten, der einen Spielplatz für Kinder unter dem Schatten herrlicher Linden birgt. Die innere Einrichtung übertrifft alle Erwartungen und ist ein Muster der Vollkommenheit. Im unteren Stockwerk befindet sich ein Kinderspeisesaal nebst daran angrenzendem Spielsaal, sinnreich ausgestattet, das Auge eine jeden Beschauers fesselnd. Für die Kleinsten ist ein hübsches Zimmer als Schlafraum eingerichtet, dem sich Bade- und Waschwanne anschließen.

In den höher gelegenen Räumen befinden sich außer den Wohnräumen für die Schwestern, luftige saalartige Räume für Sieche und Kranke.

Auch eine vorzüglich eingerichtete Hausapotheke fehlt nicht.

Die Einweihungsfreier selbst gestaltete sich zu einer sehr erhebenden. Herr Generalsuperintendent Hesekiel sprach von dem Zweck und den Zielen des Schwesternhauses, das eine Erziehungsanstalt zur Treue gegen die Eltern, Lehrer und die Gutsherrschaft und in allererster Linie gegen Gott werden solle, ebenso wie die ganze Stiftung ein Dankeswerk für die den Stiftern bisher von Gott erwiesene Treue darstelle.

Herr Landrat von Daniels sprach in zündenden Worten den Dank der Gemeinde und des Kreises den Stiftern aus und gab seiner Freude Ausdruck, in wie schöner beispielanregender Weise hier den Intentionen unseres Herrscherhauses gefolgt worden wäre. Herr Regierungs-Präsident Krahmer brachte im Anschluß daran ein Hoch auf unseren Kaiser, den Förderer und Schirmherrn aller Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen aus. Nachdem der Probst noch dem dank seiner katholischen Gemeindemitglieder in beredten Worten Ausdruck gegeben hatte, schloß die schöne Feier mit einem Rundgang durch die Räume des Hauses.

In dem Saal und den angrenzenden Zimmern des gegenüberliegenden Vereinshauses waren Erfrischungen jeglicher Art für die Gutsleute und Beamten der Herrschaft bereit gestellt, während die Gäste ein fröhliches Mahl in den herrlichen Räumen des Schlosses bis zum Abgang des Extrazuges vereinte.

Quelle:

„Ein nichtswürdiges Bubenstück“ wird mit 3 Jahren Zuchthaus bestraft – 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(O. Scheumann / Artikelzusammenstellung)
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Dampflok auf der Strecke Zbąszyń - Jastrzębsko Stare / Eigenaufn. [843]

Dampflok auf der Strecke Zbąszyń – Jastrzębsko Stare / Eigenaufn.

„Ein nichtswürdiges Bubenstück ist auf der Bahnstecke Friedenhorst-Neutomischel in der Nacht zum 22. August 1900  verübt worden. Auf das Geleise war vor der Ankunft des Zuges ein mehr als ein Centner schwerer Stein gewälzt, und zwar an der Stelle, an welcher sich die beiden Nachtschnellzüge kreuzen, Glücklicherweise hat die Maschine den Stein heruntergestoßen. Als Thäter wurden drei Knechte aus Paprotsch ermittelt und gestern (29.08.1900) durch Herr Gendarm Gutsche zur Vernehmung abgeführt.“

Die Verhandlung fand dann vor dem Schwurgericht in Meseritz statt. Im Neutomischler Kreisblatt findet sich zu dem Prozeß folgende Berichterstattung:  

„Am 18. Oktober saßen die Knechte Ferdinand Scheffler aus Paprotsch, Berthold Grunwald aus Zinskowo und Robert Lorenz aus Paprotsch auf der Anklagebank, weil sie im August dieses Jahres eines Nachts auf der Strecke Friedenhorst-Neutomischel einen etwa 35 Kilogramm schweren Stein auf die Schienen gelegt und dafür einen Eisenbahntransport gefährdet haben.

Nach ihrer eigenen Schilderung war der Vorgang folgender: Alle drei kamen nachts zwischen 2 und 3 Uhr über die Bahnstrecke, und zwar wollen sie angetrunken gewesen sein. Grunwald stieß im Schwanken an einen Prellstein und kam auf den Gedanken, einen solchen auf die Schienen zu legen. Er zog einen aus der Erde, und nun schaffte ihn der Angeklagte Scheffler auf Zureden der beiden anderen auf das Geleis.

Bald darauf sei dann auch ein Zug durchgefahren.

Der den Zug führende Lokomotivführer erklärte als Zeuge, auf der Strecke zwischen Friedenhorst und Neutomischel habe der Zug einen mächtigen Stoß bekommen und habe sich auf der rechten Seite merklich gehoben. Er habe sofort die Ueberzeugung gehabt etwas überfahren zu haben, in Neutomischel habe er dann die Maschine eingehend besichtigt und gefunden, daß der Schienenräumer verbogen gewesen sei und auf dem Absatz vorn an der Maschinen Steinsplitter gelegen hätten. Es wäre nur der Schwere der Maschine zu danken, daß der Zug nicht entgleist sei.

Ein vernommener Sachverständiger meinte, es sei geradezu als ein Wunder zu betrachten, daß der Zug nicht entgleist sei.

Je 3 Jahre Zuchthaus war der Lohn für die ruchlose That.“

Quelle:

Das Gebiet Tscharkische Hollander wird besiedelt – 1724

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Einleitung u. Transkription Gudrun Tabbert)
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Im Nahmen der heil. Dreyfaltigkeit amen. (1) [844]

Im Nahmen der heil. Dreyfaltigkeit amen. (1)
Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: 410 “Dokumenty wiejskie” [Landdokumente] http://szukajwarchiwach.pl/53/973/0/

Diese Urkunde ist ein erstes Versprechen, also nach heutigem Verständnis eine Art Vorvertrag, des  polnischen Adelsherrn Johann von Mielęcino Mielecki gegenüber „guthen Ehrlichen Leuthen“, das in seinem Besitz befindliche Gebiet, welches unter dem Namen „Tscharkische Hollander“ bekannt war, gegen die, zu jener Zeit üblichen Ansiedlungs-Vereinbarungen, zu überlassen.

„Tscharkische Hollander“ – eine Annahme zur Namensgebung wäre, dass das „Tscharkische“ eine Ableitung des Namens „Tscharker“ also einer Sumpfschnepfe oder Bekassine gewesen sein könnte. Eine sich daran anschließende Vermutung wäre dann, dass, da der Lebensraum dieser Vögel meist ein relativ dicht bewachsenes Sumpfareal ist, es sich um ein solches bei dem besagten Gebiet gehandelt hat.

Dem Namen hinzugefügt wurde dann das obligatorische „Hollander“. In Zusammenhang mit dem betroffenen für die Besiedlung vorgesehenen Areal könnte man diesen Begriff dann interpretieren als die Bezeichung für ein Feuchtgebiet, welches für eine Besiedlung trockengelegt werden musste. Unterstrichen wird dieses durch den extra aufgenommen Zusatz, dass zur Verbesserung der Wiesen ein Graben angelegt werden müsste und dass zu dessen Anlegung 1 Ruthe Land zinsfrei zur Verfügung gestellt werden würde.

Dieses sind aber Vermutungen – Literatur, Bilder oder anderes aus und über Scharke aus der Zeit der Besiedlung stand  bzw. standen bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht zur Verfügung.

* * *

Im Nahmen der Heil. Dreyfaltigkeit amen.

War dieser Vogel der Namensgeber ? (2) [845]

War dieser Vogel der Namensgeber ? (2)

Ich Johann von Mielęcino Mielecki Ensifer Territorii, Wschoviensis Erb-Herr auf Hamer Boruja, Jablona, Wioska, Blineck, Krolicowa, Commorvce, Milęcinko  Holland

Urkunde und bekenne hiermit vor Mich meine Erben und Nachkommende Besizerr, daß Ich mit vor wohlbedachten Rath, gesundes Leibes und Gemüthes aus freÿen standhaften Willen und von Niemand auf einigerleÿ Weise irmahls zu ändern diesen guthen Ehrlichen Leuthen das Tscharkische Hollander genand zu Erb und Erbenherrn mit sambten Holze und hatt Nahmen wie es will damit zu handeln und wandeln oder Ihren Nuzen zu schaffen, eigenthümlich, und zwar die halbe Hufe mit confirmation dieses von Mir in wahren Glauben ertheilten Privilegii umb und vor einen Reichsthaler den Thaler zu dreÿßig Silvergroschen gerrechnet, verkauffet.

Es bestehet aber die halbe Hufe-Land in fünffsen Morgen, und der Morgen in dreÿhundert Ruthen, 1 (Ein)  Welches Landt durch einen approbierten Landt-Meßer nach hiesiger landtüblichen Ruthen Ihnen auch zugemeßen worden.

Und dieses auf ewig Zeit freÿ ohne einige Dienstbarkeit, Hoff-Arbeit oder wie es zu nennen nur seÿ oder seÿn mag. So daß Sie, Ihre Erben und Nachkommen vor Sie nur seÿn von allen und irden Dienst freÿe Leuthe seÿn und bleiben sollen ohne einige Pertubratica, auch diese Ihre Güther mit Hauß und Hoff, Aeckert und Wiesen wieder verkauffen, vertauschen oder Verschencken mögen wie sie vor sich nur wollen und so guth sie können, irdoch ohne Schaden Gnädiger Herrschafft Grund-Zinse. Und also ungehindert nach solchen mit den Ihrigen was sie haben ungehindert ziehen wo sie hin wollen. Ich verspreche und gelobe Ihnen auch sandte dabeÿ sieben Jahrige Freÿheit. Ingleichen auch aller Geld Gaben und Contrubution sie haben Nahmen wie sie wollen auch des Kopff-Geldes und Soldaten Beschwerungen in den wärenden sieben Jahren befreÿet zu seyn. Solte aber das Kopff-Geld nach verfloßenen freÿ Jahren nicht zu erhalten seyn geben sie portionaliter wieder in Mielecinischen Holländer und das führen sie Gnädiger Herrschafft ab.

Schon 1724 wurde der Name "Tscharkische Hollander" verwendet (1) [846]

Schon 1724 wurde der Name „Tscharkische Hollander“ verwendet (1)

Es haben sich aber die freÿ Jahre oder Freÿheiten an eintausend siebenhundert und vier und zwanzig de Martini und wären biß auf den Tag Martini 1731 inclusive. Nach verfloßenen völligen sieben freÿ Jahren seÿnd sie schuldig von Jahre an allezeit auf Martini der gnädigen Herrschafft perpetuo einen Morgen Landt und zwölff Silbergroschen und also die halbe Hufe mit sechs Reichsthalern, den Thaler zu dreyßig Silbergroschen gerechnet gangbahrer weißer Silber Münze zu Verzinsen und abzuführen, und zwar das erste mahl auf Martini das 1732 Jahres. Wie auch alsden jährlich von der halbe Hufe einen Scheffel Hafer. Darauf wenn sie nun Ihro Zinse richtig abgeführet, sollen sie von Mir oder meinen Nachkommen mit einer sattsammen Quittung darüber iederzeit ohne entgeldt verführet werden. Vor dieses sollen Sie auch ferner freye Wahl haben mit Ihren Vieh auf Meiner Heyde und Walde iederzeit freÿ zu hüten wie Sie wollen ohne Nachtheil des Borruischen Viehes, daß sie Ihnen muthwillig zu nahe kommen. Auch sollen Sie Wahl haben freÿ Brennholz, Bauholz und Lattenzäune und zum ersten Aufbau aus meiner Heyde und Walde wie die Mielecinischen Holländer soviel sie gebrauchen aber nicht auf Verkauff, iederzeit freÿ zu hohlen.

Scharke - 1893 (3) [847]

Scharke – 1893 (3)

Niemand unter Ihnen soll fermbd ? (ferment) Bier einführen ohne Herrschafftlichen Behuf, Wer das thut soll 3 Tonnen Bier gestrafft werden. Sonst mögen Sie allerhand ehrliche Handthierung treiben in Handel und Wandel, mögen auch allerhand Handwercker unter und bey sich haben.

Ihre Religion sollen sie ganz freÿ und ungekränckt haben und behalten, mit trauen, tauffen und begraben sollen Sie solche Freÿheit haben wie die Mielecinischen Holländer. Wo und wie sie trauen und tauffen und begraben laßen, so wie sie unter sich ehrlich können, da zu einen Kirchhofe Ich Ihnen 12 Ruthen freÿ Land gebe. Vor trauen und tauffen aber geben Sie nicht mehr als einer in Mielecinischen Holländer. Vor solche Freÿheit aber giebt irder Wirth erst nach verfloßenen Freÿ Jahren Gnädiger Herrschafft, daß sie Ihnen für allen Geistlichen soweit Schuz hält jährlich einen Gulden silber ?.

Ihr Gerichte sollen Sie haben als einen Gerichts Schulzen. Welchen ich bekräfftige, der Gerichte … ? so zeitiger Händel Sie beÿ und unter sich haben, auch in gebührende Straffe ziehet. Aber Peinliche Halßgerichtssachen behalte Ich mir als dero von Gott Vorgesezte Gnädige Obrikeit für. Meine Unterthanen sollen so weit sich Ihre Gerechtigkeit und Gränze erstrecket Ihren … ? Eingriff mit Hütung oder sonst Verdruß thun. Weile auch ein Graben zu Verbeßerung der Wiesen muß geführet werden als mögen Sie Ihn führen so guth er Ihnen dienlich dazu Sie eine Ruthe zinßfreÿ haben.

So beÿ Jemanden da der große Gott in Gnaden vor behüten wolle ein Brandt-Schaden entstehen solte, soll auch Christlichen Mitleiden von Mir eine Gnade und Hülffliche Hand geleistet werden.

Und daß Sie sich nochmahls ewiger Versicherung und Haltung in allen was von Mir auf alle Nachkommen wohl überleget und sancte premittiert enthalten, lezlich auch die Versicherung noch haben, daß, so es käme, daß dieses Gerechte Original des wohlertheilten Privilegii durch Brandt-Schaden, oder sonst Verwarloset oder entführet würde, so soll Ihnen wieder eines wie dieses von Wort zu Wort lautet von Mir meinen Erben und Nachkommen ohne alle Wiederrede ertheilet werden.

Zu desto mehrer Recognition habe Ich solches mit meinen wohlangebohrenen Signet corroboriert und bekräfftiget auch mit eigner Handt unterschrieben.

Geschehen in Meinen Erbrittersiz Hamer im Jahr nach Christi Geburth Eintausend Siebenhundert und Vier und Zwanzig sage 1724 den 6 Augusti.

Unterzeichnet und gesiegelt (1) [848]

Unterzeichnet und gesiegelt (1)

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Quellen:

 

Theophil Thorzewski – Bürgermeister der Stadt Opalenitza in den Jahren 1883 – 1910

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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Dem Bürgermeister Theophil Thorzewski geb. 22. Aug 1852, gest. 15. Mai 1910 - Gedenkstein auf dem Friedhof von Opalenica - Eigenaufn. 2013 PM [849]

Dem Bürgermeister Theophil Thorzewski geb. 22. Aug 1852, gest. 15. Mai 1910 – Gedenkstein auf dem Friedhof von Opalenica – Eigenaufn. 2013 PM

Theophil Thorzewski wurde am 31.03.1883 erstmals in das Amt des Bürgermeisters der Stadt Opalenitza für eine Amtszeit von zwölf Jahren gewählt.  Er verstarb im Jahr 1910 nachdem er für eine dritte Amtsperiode gewählt worden war.

Bei Amtsantritt war er ein junger Mann von ca. 30 Jahren. Gemäß der Inschrift auf seinem Gedenkstein wurde er am 22. August 1852 geboren. Weder fanden sich hinsichtlich dieses Datums in alten noch erhaltenen Unterlagen, noch bezüglich seines Geburtsortes nähere Einzelheiten.

Der Name seines Vaters, Martin Thorzewski, war den Akten zu entnehmen. Theophil Thorzewski als sein Sohn unterstützte ihn jährlich mit 300 Mark, und er war es auch der für seinen Vater im Jahr 1902 einen Antrag auf  Kriegsveteranen-Rente stellte. Der Senior war zu jener Zeit 77 Jahre alt und wurde als Schuhmacher zu Gudzin benannt. Die beantragte Rente sollte eine Ehrengabe im Sinne eines ergangenen Ministerialerlasses , für 5 Jahre Militär Dienstzeit, 1846 in Holstein, 1848 im Posenschen und 1850 in Kurhessen sein.

Die Unterschrift Theophil Thorzewskis findet sich vor seiner Wahl zum Bürgermeister vereinzelt auf Unterlagen des Landrat- und Standesamtes von Neutomischel. Hier war er als Bürogehilfe und vereidigter Translateur beschäftigt gewesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte er vermutlich auch im Jahr 1882 die Aufgabe übertragen bekommen, eine Prüfung der Akten des Bürgermeisteramtes in Opalenitza vorzunehmen. Aus nicht bekannten Gründen hatte der seinerzeit dort im Amt befindliche Bürgermeister Niestrawski jegliche Korrespondenz und Erledigung von Amtsgeschäften eingestellt. Seitens der Königlichen Regierung in Posen war daraufhin das zuständige Landratsamt, dieses war zu jener Zeit Neutomischel gewesen, angewiesen, unverzüglich die Ordnung wieder herzustellen.

Altes Rathaus von Opalenitza, abgetragen im Jahr 1884 - Postkartenausschnitt: “Opalenica na dawnej pocztówce” S. 53 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek [850]

Altes Rathaus von Opalenitza, abgetragen im Jahr 1884 – Postkartenausschnitt: “Opalenica na dawnej pocztówce” S. 53 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek

Unter der  Dringlichkeit, das Bürgermeisteramt in Opalenitza, Herr Niestrawski konnte nicht länger im Amt verbleiben, sofort wieder zu besetzen, und vermutlich auch, weil Theophil Thorzewski durch die Prüfung der Buchprüfung schon einen gewissen Einblick in das Chaos der Amtsunterlagen gewonnen hatte und man ihn letztlich auch für befähigt hielt das Bürgermeisteramt ausfüllen, wurde dieser  dann im Jahr 1883 als Bürgermeister der Stadt Opalenitza gewählt.

Der Beginn seiner Tätigkeit wurde ihm nicht leicht gemacht. Seitens des Landrats in Neutomischel wurde auf ihn erheblicher Druck ausgeübt die Amtsgeschäfte einwandfrei auszuführen. Der Landrat selbst hatte gegenüber der Königlichen Regierung in Posen Bericht zu erstatten, dass die Situation in Opalenitza geregelt sei.

Hatte Theophil Thorzewski die Amtsgeschäfte bekannterweise  in einem unhaltbarem Chaos übernommen, so musste er nun dieses beseitigen, gleichzeitig aber die laufenden Angelegenheiten ohne Verzug erledigen. Hinzu kam, dass er die Kämmereikasse ordnen und die Rechnungsabschlüsse der Vorjahre tätigen, aber wiederum auch die Mehrarbeiten des außergewöhnlich hohen Zuzugs von Neubürgern in die Stadt zu bewältigen hatte.

Im Jahr 1884, seinem ersten Amtsjahr, war die Zuckerfabrik AG Opalenitza fertiggestellt worden und die Arbeiter und Arbeitssuchenden strömten nur so in das nun immer mehr wachsende Städtchen. Ein weiteres Ereignisse während dieser ersten Amtsperiode war im Jahr 1889 die Einrichtung einer evangelischen Schule in der Stadt.

Theophil Thorzewski bewältigte aber die Arbeiten der Amtsgeschäfte und die an ihn gestellten Anforderungen und er schaffte es die Ordnung der Verwaltung der Stadt wieder herzustellen.

Ende 1894 erfolgte, obwohl seine Amtszeit noch nicht abgelaufen war, seine Wiederwahl für weitere 12 Jahre. Der zu dieser Zeit zuständige Landrat Daum aus Grätz, er musste für die Wahl die Zustimmung der königl. Regierung aus Posen einholen, schrieb am 05. Januar 1895:  „Gegen die Wiederbestätigung des p. Thorzewski habe ich keine Bedenken. Derselbe erfreut sich der allgemeinen Zuneigung seiner Mitbürger hat sich dienstlich und außerdienstlich tadelfrei geführt und ist auch bemüht den Anforderungen, die an ihn gestellt werden, zu genügen. Für die immer noch kleine nach Titel VIII der Stadtordnung verwaltete Stadtgemeinde genügt auch seine Vorbildung und Geschäftsbildung.“ Aus Posen wurde die Wahl bestätigt und die Bestallungsurkunde für die zweite Amtsperiode von 12 Jahren übersandt.

Das im Jahr 1897 in der Amtszeit von Th. Thorzewski neu erbaute Rathaus - Eigenaufn. 2013 PM [851]

Das im Jahr 1897 in der Amtszeit von Th. Thorzewski neu erbaute Rathaus – Eigenaufn. 2013 PM

In diese zweite Amtsperiode fielen: 1896 die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr; im selben Jahr ein Ereignis von weitreichenden Folgen in der Geschichte zwischen Polen und Deutschland, welches durch den damaligen Distriktkommisar von Carnap und dessen Fehlverhalten ausgelöst worden war, und welches dann als der „Fall Carnap“ in die Geschichte einging; 1897 der Bau des neuen Rathauses der Stadt; 1900 die Installierung der evangelischen Kirchengemeinde, ebenso wie der Bau der im neugotischen Stil gehaltenen evangelischen St. Josephs Kirche.

War Opalenica vor dem Jahr 1884 fast ausschließlich von einer dem katholischen Glauben angehörigen Bevölkerung bewohnt gewesen, so zeichnete sich zum Jahr 1900 ein Wandel in den Statistiken ab, die zu dieser Zeit eine  deutschstämmig, protestantische Einwohnerzahl von 20% angaben. Letztlich ist noch die im Jahr 1902 erfolgte Ablehnung der Eintragung der Schützengilde zu Opalenitza zu erwähnen.

Es scheint aber, dass Theophil Thorzewski in den ganzen Jahren mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Es finden sich immer wieder Notizen seiner Abwesenheit in der er an Gesundheitskuren teilnahm. Zudem erklärte er schon im Jahr 1902 als er den Antrag auf eine Veteranenrente für seinen Vater stellte, dass er selbst diesen nicht höher unterstützen könnte, „da er andauernd krank ist und hohe Ausgaben für Arzt und Apotheke“ hatte.

Sein Gesundheitszustand scheint ihn jedoch nicht gravierend in der Ausübung seines Amtes eingeschränkt zu haben; denn Theophil Thorzewski führte in seiner 2ten Amtsperiode die Geschäfte der Stadt wiederum so gut, dass er 1907 ein weiteres Mal, also für eine dritte Amtszeit, als Bürgermeister auf 12 Jahre gewählt wurde.

Anlässlich des im Jahr 1908 anstehenden 25 jährigen Amtsjubiläums von Theophil Thorzewski schrieb der Magistratsbeigeordnete und stellvertretende Bürgermeister, Sanitätsrat A.M. Krüger an den Landrat zu Grätz und fragte um eine „geeignete Auszeichnung“ anlässlich dieses Ereignisses nach. Der Landrat versuchte einen Kammerorden der IV Klasse für Theophil Thorzewski zu erwirken, dieses ist aber vermutlich gescheitert, denn es findet sich nicht, dass ein solcher übergeben wurde.

Der 30. April 1908, der Tag des 25zigsten Dienstjubiläums von Theophil Thorzewski, wurde zu Ehren des Jubilars mit einer Festversammlung im Rathaus und der Überreichung von Ehrengeschenken, Landrat Boltze aus Grätz ließ ihm ein Barometer zuteilwerden und der Kreisausschuss ein Kaiserbild, mit einem anschließenden Festessen im Kutzner’schen Saale begangen. Theophil Thorzewski war zu jener Zeit ca. 56 Jahre alt.

Etwa im Februar 1909 begab sich Thorzewski zu einer Augenbehandlung nach Posen, im März 1909 wurden ihm, adressiert an die Anschrift der Posener Augenklinik des Augenarztes Dr. Pulvermacher ein vier wöchiger Nachurlaub zwecks Behandlung und Rehabilitation gewährt.

Was dann folgt ist sehr erschütternd.

Nur 1 Jahr später, mit dem 07. Februar 1910 reichte Theophil Thorzewski ganz unvermutet seinen Pensionsantrag aus Gesundheitsgründen ein. Er erklärte zwar noch, dass er die Amtsgeschäfte bis zu seinem offiziellen Amtsende per 30.04.1910 wahrnehmen werde, aber dieses scheint ihm dann nicht mehr vergönnt gewesen zu sein.

Aufgrund einer Erkrankung wurde er vom 07. April bis zum 04. Mai 1910 in der Diakonissen-Anstalt in Posen durch Professor Hess behandelt, aber nur 4 Wochen später, zum 05. Mai 1910 folgte die Überstellung in die Provinzial-Irren-Anstalt zu Owinsk, wo er am 15. Mai 1910 mit nur ca. 58 Jahren verstarb.

* * *

Erst durch seinen Tod haben wir aus den Nachlass-Unterlagen etwas über seine Familienangehörigen in Erfahrung gebracht. Der Theophil Thorzewski im Amt folgende Bürgermeister Gerlach war als dessen Nachlassverwalter eingesetzt worden und in Ausübung dieser Tätigkeit waren die Erben ermittelt worden.

Theophil Thorzewski war vermutlich nie verheiratet gewesen, denn eine eigene Familie in Opalenitza gab es nicht.

Sein eingangs schon erwähnter Vater war bereits verstorben, seine leibliche Mutter, die schon zu keinem früherem Zeitpunkt erwähnt wurde, fand auch jetzt keine Erwähnung. Man ermittelte aber den Stiefbruder des Verstorbenen, Stanislaus Thorzewski, der als Friseur noch in Budzin, dem früheren Wohnort seines Vaters, ansässig gewesen war. Da dieser aber 1910 die Volljährigkeit noch nicht erreicht hatte, schaltete sich die hinterlassene, zweite Ehefrau seines Vaters, die Stiefmutter des Verstorbenen, Frau Marianna Thorzewska geborene Rakowska,  in die Abwicklung der Erbangelegenheiten ein.

Vollmacht der in Amerika ansässigen Verwandten an Marianna Thorzewska geb. Rakowska zwecks Erbabwicklung aus dem Jahr 1910 - Quelle: Muzeum Ziemi Grodziskiej, ul. Kolejowa 12, 62-065 Grodzisk Wielkopolski, Ekspozycja: Pałac przy ulicy 27 Stycznia, tel: +48 (61) 444 52 34 – http://www.muzeum.webstudio4u.com/info.htm [852]

Vollmacht der in Amerika ansässigen Verwandten an Marianna Thorzewska geb. Rakowska zwecks Erbabwicklung aus dem Jahr 1910 – Quelle: Muzeum Ziemi Grodziskiej, ul. Kolejowa 12, 62-065 Grodzisk Wielkopolski, Ekspozycja: Pałac przy ulicy 27 Stycznia, tel: +48 (61) 444 52 34 – http://www.muzeum.webstudio4u.com/info.htm

Sie erhielt im Laufe der Abwicklung auch die Vollmacht der leiblichen Geschwister des Verstorbenen, die allesamt in Amerika lebten, und nicht selbst zugegen sein konnten, deren Interessen wahrzunehmen.

Diese Geschwister waren:  Johann Thorzewski, er hatte vermutlich zuerst in Chicago gelebt, wo sich auch der Bruder Felix Thorzewski, er war 1910 schon verstorben und hatte seine Wittwe Julia und die Kinder Eduard und Cäcilia hinterlassen, aufgehalten hatte. Dieser Teil der Familie ist dann scheinbar später nach New York übersiedelt, wo sich die Schwestern Marianna Thorzewski, eine verh Zurowski und Paulina Thorzewski vermutlich in 1ster Ehe eine verheiratete Braun oder Brown und in 2ter Ehe eine verheiratete Minke aufgehalten hatten. Eine Tochter der Marianna Thorzewski soll Hortense Peters, auch sie in New York lebend, gewesen sein.

Im Nachlass des verstorbenen ehemaligen Bürgermeisters der Stadt Opalenitza fanden sich zudem noch zwei Sparbücher deren Begünstigte die „Fräuleins“ Hortense und Maria Raymond in Budzin gewesen waren; ob diese in Verwandtschaft zur Familie standen oder lediglich zwei Mündel derer sich der Verstorbene angenommen hatte, war nicht in Erfahrung zu bringen.

Als eine überraschende Information, war den Nachlassunterlagen zu entnehmen, dass Theophil Thorzewski auch Besitzer der „Cementfabrik Terespotocke“ gewesen war.

* * *

Der Beitrag ist zusammengestellt anhand von Unterlagen des Archiwum Państwowe w Poznaniu (Staatsarchives in Poznan):

Dezember – Grudzień 2013

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski)
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P1680326 kl u G u D [856]

Weihnachtsbescheerung der Gutsleute in Wonsowo – 1898

geschrieben von Gudrun Tabbert
(O. Scheunemann (1898))
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Zwischenablage A sr [857] Mit Veröffentlichung des Artikels ist noch wenig über die Lebensumstände in Wonsowo unter der Herrschaft derer von Hardt bekannt.

Vereinzelt wurde in einigen Veröffentlichungen erwähnt, dass den auf dem Gut Wonsowo tätigen Knechten, Mägden und Hausbedienten der von ihnen und ihren Familien benötigte Wohnraum zur Verfügung gestellt wurde. In Wonsowo soll es ebenfalls ein Kaufhaus gegeben haben in dem im Anschreibeverfahren die zum Leben notwendigen Güter erworben werden konnten.

Diese Einrichtungen, die die Wohltätigkeit der Herrschaft gegenüber ihrem Personal unterstrichen, klingen zwar im ersten Moment als sehr sozial und für die Zeit – 1898 – auch als fortschrittlich, es ist jedoch nicht zu vergessen, dass die Menschen dadurch, dass sie diese nutzten bzw. nutzen mussten auch tief in die Abhängigkeit ihres Arbeitgebers gerieten.

Deutlich kommt dieses in dem Satz „… daß die Arbeiter und Angestellten aber gleichsam selber ihres Glückes Schmied seien, wenn sie nur recht fleißig, willig und treu ihre Obliegenheiten erfüllten, da sie dann die Gutseinnahmen förderten und selber die Möglichkeit schafften und verbesserten, ihren Weihnachtstisch alljährlich immer reicher besetzt zu finden“ zum Ausdruck. Als ein weiteres Beispiel kann die Bemerkung „Die Vertheilung erfolgte familienweise und war bei Abmessung der Geschenke einmal das dienstliche Verhalten und zum andern das Bedürfniß in Rechnung gezogen worden“ betrachtet werden; wobei der letzte Teil dieses Satzes auch noch die Interpretation zulässt, dass die Einkommen für die geleistete Arbeit auf dem Gutshof nicht ausreichten um die Bedürfnisse einer Familie abzudecken, sondern die weihnachtlichen Gaben, die „nur aus lauter nützlichen Gebrauchsgegenständen für den Haushalt bestanden“ zum Überleben notwendig waren.

Aus den Gehaltslisten der Herrschaft Brody aus dem Jahr 1903 [858] ist zu entnehmen, dass der Lohn eines Pferdeknechtes bei 110,00 Mark Jahreslohn lag. Ein „Weihnachtsgeschenk“ im Wert von 8-16 Mark, wie es in Wonsowo verteilt wurde, hatte somit annähernd dem Gegenwert eines Monatslohnes entsprochen.

Für die Kinder, die schon in sehr jungen Jahren bei den Arbeiten wie z. b. der Kartoffellese, dem Hopfenpflücken oder auch der Rübenernte eingesetzt wurden und deren Schulferien eigentlich unter der Bezeichnung Ernteferien in den Berichten dieser Zeit vor „nur“ 120 Jahren zu finden sind, die als unentbehrliche Arbeitskräfte galten,  muss eine Bescherung wie beschrieben, ein ihnen lange Zeit in Erinnerung bleibendes Ereignis gewesen sein.

Ob der Redakteur des Neutomischlers Kreisblattes O. Scheunemann, der diese Erzählung über die Bescherung der Gutsleute in Wonsowo veröffentlichte auch der derjenige war, der an diesem Ereignis teilgenommen hatte und davon berichtete, ist nicht bekannt.

* * *

„Ich hatte Freitag, den 23. Dezember 1898 das angenehme Vergnügen der Weihnachtsbescheerung der hiesigen Dominialleute beiwohnen zu dürfen.

Schon seit dem halben Nachmittag hatte die gesammte Dorfjugend, wahrlich keine kleine Zahl, ich schätzte allein auf mehr als 250 Kinder, das Gutshaus umlagert gehalten und war nicht müde geworden für sie Interessantes von den regen Vorbereitungen im Gutshause durch Fenster und Thüren zu erhaschen.

Um circa 5 1/2 Uhr öffneten sich die Pforten des Gutshauses und die gesammte Kinderschaar mit den sich inzwischen ebenfalls eingefundenen Knechten und Angestellten des Gutes nebst ihren Frauen drängte hinein, wo die Geschenke in dem mächtigen Saale des Hauses auf langen Tischen bereits gesondert für jede Familie aufgestellt waren und die Pfefferkuchen, Backwaaren, Aepfel und Nüsse in mächtigen Körben, Kisten und Kasten daneben prangten.

Bei der Menge der begehrlichen Schaar konnte dem Uneingeweihten wohl bange werden, wie dieselbe zu befriedigen sein würde, doch schwand die Sorge darüber bald bei dem Anblick der mit Geschenken überhäuften langen Tische und der Unmassen von Pfefferkuchen, Backwaaren, Aepfel und Nüsse. Auf Wunsch des Direktors der Herrschaft empfing ich die Eintretenden mit den Klängen von „Stille Nacht, Heilige Nacht“ und hierzu der Eindruck eines mächtigen schön dekorirten und in ungezählten Lichtern prangenden Christbaums wirkte in wirklich erhebender Weise und als der Herr Direktor nun eine kurze Ansprache hielt, worin er hervorhob, daß es dem Gutsherrn Herrn Rittmeister Willy von Hardt und ihm selbst die allergrößte Freude machte, ihren Arbeitern und Angehörigen auch eine Weihnachtsfreude zu machen, daß die Arbeiter und Angestellten aber gleichsam selber ihres Glückes Schmied seien, wenn sie nur recht fleißig, willig und treu ihre Obliegenheiten erfüllten, da sie dann die Gutseinnahmen förderten und selber die Möglichkeit schafften und verbesserten, ihren Weihnachtstisch alljährlich immer reicher besetzt zu finden. Als er darauf die Leute aufforderte ihren Dank durch ein kräftiges Hoch auf ihren Gutsherrn zu bekunden, stimmte Jung und Alt, Mann und Frau dreimal so mächtig ein, wie ich es stärker wohl kaum gehört habe.

Zwischenablage AaB Sr [859]Nun ging es an die Vertheilung der Geschenke, die nur aus lauter nützlichen Gebrauchsgegenständen für den Haushalt der Empfangenden bestanden, da waren fertige ganze Anzüge, Mäntel, Jacken, Hemden, wollene und leinene, warme Untersachen jeglicher Art, Schuhe, Stiefel, Mützen, Schürzen, Bettdecken, wollene Decken, Strümpfe, Tuche und Stoffe zu Anzügen, Kleidern, Röcken etc. Leinwand in großen Masen außer den verschiedensten kleineren Sachen.

Die Vertheilung erfolgte familienweise und war bei Abmessung der Geschenke einmal das dienstliche Verhalten und zum andern das Bedürfniß in Rechnung gezogen worden. Der Werth der Geschenke an die 71 bedachten Familien schwankte zwischen 8-16 Mark. Nach dieser Vertheilung erfolgte die Austheilung der Pfefferkuchen, Backwaaren, Aepfel und Nüsse an sämmtlich Erschienene, was mit zu der schwierigsten Aufgabe des Abend gehörte, aber sicher und praktisch gelöst wurde.

Hiernach ging Alles befriedigt nach Haus.

Ich aber, der ich schon vielen Wohlthätigkeitsbescheerungen früher beigewohnt hatte und dabei durch unbefriedigte Mienen Vieler gestört worden war und auch hier ähnliches erwartet hatte, war höchlichst erstaunt, als ich vergeblich nach unzufriedenen Gesichtern mich umschaute.“

* * *

Quelle:

 

 

Skelettfund bei Ausschachtarbeiten – Opalenitza 1897

geschrieben von Gudrun Tabbert
(O. Scheunemann 1897)
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Das Rathaus von Opalenica - erbaut 1897 - Aufn. PM 2013 [860]

Das Rathaus von Opalenica – erbaut 1897 – Aufn. PM 2013

Opalenitza, 10. Mai 1897

Beim dem Ausschachten der Fundamente zum Bau des Rathhauses wurde ein menschliches Skelett, bei dem der Kopf mit Ober- und Unterkiefer und vollständigen Zähnen gut erhalten war, in einer Tiefe von etwa 2 Metern gefunden.

Der Kopf steckte in einem Blumentopf und war von oben mit größeren Steinen bedeckt. Nach ärztlichem Urtheil rührt das Skelett von einem etwa 18 jährigen Menschen männlichen Geschlechts her.

Thatsächlich ist vor ungefähr 20 Jahren ein in diesem Alter stehender Lehrling des früheren Orgelbauers Kaminski hier spurlos verschwunden, auch standen in damaliger Zeit auf diesem Platze zwei Häuser.

Vor ungefähr 4 Jahren wurde anläßlich des Brandes der W. Witajewski’schen Scheune beim Aufgraben der Tenne gleichfalls ein Skelett gefunden.  Vorbesitzer dieser Scheune und des Hauses war der vorgenannte Kaminski, der ein gewaltthätiger Mensch gewesen sein soll.

* * *

Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1897/No. 37

Außerfahrplanmäßiger Halt vor Friedenhorst – 1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(O. Scheunemann - 1900)
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Eisenbahn 1k [861]Ein leichtfertiger Jungenstreich hat kürzlich der Eisenbahnbehörde zu vielen Ermittelungen Anlaß gegeben. Auf der Strecke nach Friedenhorst bemerkte der Zugführer eines Eilgüterzuges an einem Abend ein deutliches Nothsignal: mehrmaliges Schwenken eines rothen Lichtes.

Der Zug hielt glücklich an einer gefährlichen Kurve, die Strecke wurde abgesucht, aber es war weder Gefahr noch der Urheber des Signals zu ermitteln.

Fast schien die Untersuchung erfolglos zu verlaufen, als der in Kenntniß gesetzte Herr Gendarm mit einigen Kindern darüber sprach.

Diese erklärten offenherzig, sie wüßten sehr gut, wie ein Eisenbahnzug zum Stehen zu bringen sei. Ein Junge hatte ein bengalisches Streichholz auf der Strecke angezündet, worauf bald der Zug stehen blieb.

Quellen:

Erben der Eleonore Arlt, verw. Wandel, geb. Miegel – 1888

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Transkription, Zusammenstellung, Ergänzungen: Gudrun Tabbert)
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1888 Wohnorte der Angehörigen der Familie Miegel [862]

1888 Wohnorte der Angehörigen der Familie Miegel

Die Stadt Neutomischel sollte wachsen. Als Grundvoraussetzung dazu war aber notwendig, Grund und Boden „anzukaufen“. Das die Stadt umgebende Territorium war in jener Zeit jedoch vollständig den die Stadt umschliessenden Gemeinden Glinau und Paprotsch zugehörig. Dieser Umstand, dass es eigentlich keine freien Flächen gab, führte im Jahr 1886 dazu, dass in der abgehaltenen  Stadtverordneten-Sitzung beschlossenen wurde, einige der Gemeinde Glinau zugehörigen Grundstücke umzuwidmen und in das Gebiet der Stadt Neutomischel einzugliedern.

Um einen solchen Beschluss umzusetzen waren einmal die Erklärungen an die Regierungsbehörden in Posen und Berlin notwendig, warum es unabdingbar war, dass diese Grundstücke in die Stadtzugehörigkeit umgemeindet werden mussten; zum zweiten war aber auch das Einverständnis der Eigentümer der jeweiligen Areale notwendig.

Bei einigen der Grundstücke war der Umstand der Ermittlung der Besitzverhältnisse durch z. B. unklare Erbfolgen für die Stadt, vertreten durch den Bürgermeister, mit einem doch erheblichen Aufwand an Nachforschungen, Ermittlungen und letztlich auch Aufwendungen verbunden.

Eine Abklärung betraf das Grundstück Glinau 240; als dessen letzte Besitzerin war die Witwe Arlt, früher verwitwete Wandel, geborene Miegel eingetragen gewesen. Da diese in der Zeit der Beschlussfassung und -umsetzung verstarb und durch das Fehlen direkter Nachkommen und einem Testament war es notwendig geworden die nächsten Familienangehörigen und Erbberechtigten zu ermitteln.

Diese von Amtswegen festgestellten Familiendaten und einige Ergänzungen aus den Kirchenbüchern zeigen uns heute deutlich anhand des Beispiels der Familie Miegel, die schon zum Teil sehr frühen Verbindungen von Neutomischel in den Raum südlich von Posen. Für andere Familien führen die Wege der Siedler aber auch noch weiter in die süd- und östlich gelegenen Regionen von Schrimm/Szrem, Stawiszyn, Prazuchy, Kalisch/Kalisz u. a.

Hier also die Daten, die vor annähernd 125 Jahren festgestellt wurden …

* * *

Auf Grund eingereichter Urkunden und abgegebener eidesstattlicher Versicherungen wird hiermit zum öffentlichen Glauben bescheinigt, dass als nächste gesetzliche Erben der am 17. Januar 1888 in Neutomischel, soviel bekannt, ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen Eigenthümerin Wittwe Eleonore Arlt geborene Miegel, welche zuerst mit dem vor ihr verstorbenen Schmied Wandel und demnächst mit dem gleichfalls vor ihr verstorbenen Müllermeister Carl Arlt verheiratet gewesen war, ohne aus einer dieser beiden Ehe Kinder hinterlassen zu haben, die Kinder beziehungsweise Kindeskinder ihrer vor ihr verstorbenen vollbürtigen Geschwister nämlich:

I. die Kinder und Kindeskinder ihres in Neu Demanczewo am 8. März 1865 verstorbenen Bruders des Ackerwirths Johann Daniel Miegel nämlich:

  1. dessen Sohn Wirth Johann Wilhelm Miegel in Neu Demanczewo bei Moschin
  2. die Kinder des in Neu Demanczewo am 26. Februar 1880 verstorbenen Wirths Johann Ferdinand Miegel, Sohnes des Wirths Johann Daniel Miegel, a) Auguste Amalie Emma, geboren am 11. December 1870, b) Friedrich Wilhelm, geboren am 18. October 1873, c) Johann Otto, geboren am 12. November 1875 – Geschwister Miegel, bevormundet durch den Wirth Traugott Kutzner in Alt Demanczewo bei Moschin
  3. der Hülfsbahnwärter Johann Adolph Miegel in Moschin, Sohn des Wirths Johann Daniel Miegel
  4. der Arbeiter Johann Daniel Miegel in Neu Demanczewo, ebenfalls Sohn des Wirths Johann Daniel Miegel, Bruder der Wittwe Eleonore Arlt

II. die Kinder ihrer am 2. Juli 1847 in Krossno verstorbenen Schwester Johanna Karoline verehelichte Stellmacher Daniel Redlich geborene Miegel

  1. Johanne Emilie, verehelichte Schmied Foerster geborene Redlich in Wyssogotowo bei Posen
  2. Johanne Amalie, verehelichte Wirth Johann Ferdinand Wollmeyer geborene Redlich in Baranowo Hauland bei Moschin
  3. Johanna Wilhelmine geborene Redlich, Ehefrau des Landmannes Tepper, zur Zeit in Amerika

III. die Kinder ihres am 6. Juni 1863 in Krossno Hauland verstorbenen Bruders des Wirths Johann Martin Miegel

  1. Anna Rosina, Ehefrau des Häuslers Joseph Wysocki, geborene Miegel in Krossno Hauland bei Moschin
  2. der Wirth Johann Adolph Miegel in Krossno Hauland
  3. Wilhelmine, Ehefrau des Häuslers Daniel Welst, geborene Miegel in Neu Hauland bei Moschin
  4. Johanna Karoline, Ehefrau des Wirths Johann Jahus, geborene Miegel, in Rogalinek bei Hohensee
  5. der Hülfsbahnwärter Johann Daniel Miegel in Budzyn bei Moschin
  6. Johanna Amalie, Ehefrau des Wirths Emil Koch, geborene Miegel in Budzyn

IV. der Sohn ihrer am 8. August 1866 in Moschin verstorbenen Schwester Johanne Christine geborene Miegel, zuerst verehelicht gewesene Müller Carl Miegel, dann verehelicht gewesene Daniel Reich, aus der Ehe mit dem Carl Miegel, nämlich der Müller Johann Wilhelm Miegel in Neutomischel in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise sich legitimiert haben.

Urkundlich unter Siegel und Unterschrift. – Neutomischel, den 14ten Februar 1888 – L.S. – Königliches Amtsgericht – gez. Lange

Durch die finanzielle Entschädigung bzw. Auszahlung des Johann Wilhelm Miegel an die Miterben wurde die Erbschaftsangelegenheit abgeschlossen mit dem Vermerk: „Bei dem Grundbuche von Glinau Band 6 Blatt Nr. 240 ist in Abteilung I als Eigenthümer eingetragen: Der Müller Johann Wilhelm Miegel zu Neutomischel, welcher mit seiner Ehefrau Emilie geb. Schmidt in Gütergemeinschaft lebt. – Aufgelassen und eingetragen am 08. Juni 1888.“

Quellen:

* * *

* Darstellung der Familie Johann und Johanna Beata Miegel, geb. Schmidt*   

Ein Gang durch die Zuckerfabrik Opalenitza – 1898

geschrieben von Gudrun Tabbert
(M.L. (1898))
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Opalenitza Zuckerfabrik - Bild: "Opalenica na dawnej pocztówce" S.36  Öffentlichen Stadt- und Kreisbibliothek [863]

Opalenitza Zuckerfabrik – Bild: „Opalenica na dawnej pocztówce“ S.36 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek

Die erste Zuckerfabrik in Opalenitza war im Jahr 1884 fertiggestellt worden, dieser Artikel wurde 1898, 14 Jahre nach der Inbetriebnahme eines Neubaus, veröffentlicht. In der Hauptsache geht es sehr ausführlich um die Gewinnung des Zuckers aus Zuckerrüben. Es finden sich jedoch auch einige interessante Informationen in Nebensätzen, wie z. B., dass ca. 520 Menschen in diesem Betrieb Arbeit fanden. Dieses wurde von den Bewohnern der Umgegend sicherlich als „segensreich“ angesehen und die Stadt Opalenitza selbst wuchs durch den Zuzug der Arbeiter. Die Bezahlung in der Zuckerfabrik war, so eine Aussage eines Bewerbers auf den Nachtwächterposten in Neutomischel, besser, als dass dieser, den ihm angebotenen Posten in der Stadt hätte annehmen können.

Berichtet wurde aber auch, dass die Rüben Zulieferungen ausschließlich durch Aktionäre erfolgten. Im Umkehrschluss bedeutete dieses, dass jeder Grundbesitzer, der sich mit dem Rübenanbau beschäftigte und Aktien der Zuckerfabrik besaß, die Anbauflächen so groß als möglich ausgeweitet haben wird um seine Erträge zu maximieren; vermutlich ist so die Ruine des  Schlosses von Opalenitza [864] letztlich untergepflügt worden.

Heute hält das Unternehmen „Nordzucker“ mit der Nordzucker Polska S.A. in Opalenica die Aktienmehrheit des umfangreich modernisierten Werkes, in dem jetzt mehrheitlich loser, kristalliner Weißzucker produziert wird.

* * *

Wer um die jetzige Zeit die Eisenbahnstrecke Bentschen – Posen befährt, wird überrascht sein durch die große Anzahl mit Zuckerrüben hoch beladener Güterwagen, die man auf allen Stationen zu sehen bekommt und die alle einem gemeinsamen Ziele, der Zuckerfabrik zu Opalenitza zugeführt werden. Namentlich auf dem recht ausgedehnten Bahnhof dieses kleinen Städtchen, dessen Name noch vor etwa Jahresfrist aus Anlass des Falles Carnap in aller Munde war, sehen wir in fast endlosen Reihen Güterwagen an Güterwagen, teils offen, teils geschlossen, teils leer, teils beladen stehen, die zum allergrößesten Teil dem Verkehr mit dem Fabriketablissement dienen, dessen gewaltige Baulichkeiten schon vom Bahnhof aus einen recht imposanten Anblick gewähren; schon dieser allein lässt wohl in jedem Beschauer den Wunsch nach einer näheren Besichtigung rege werden, zumal es hochinteressant sein muss, einmal den Werdegang eines unserer wichtigsten Nahrungsmittel aus eigener Anschauung kennen zu lernen.

Opalenitza selbst, ein Städtchen von etwa 3.000 Einwohnern, muss früher wohl ein erbärmliches Nest mit echt polnischem Gepräge gewesen sein, wie die große Mehrzahl der recht unansehnlichen, geschmacklos mit grellen Wasserfarben angestrichenen Häuser schließen lässt; denn alle etwas ansehnlicheren Gebäulichkeiten entstammen sichtlich der neueren Zeit, die allerdings eine recht rege Baulust geweckt zu haben scheint; man gewinnt unwillkürlich den Eindruck aufblühender Kultur, zu der sicher das Unternehmen deutschen Gewerbsfleißes, die Zuckerfabrik, den Grund gelegt hat. Die Stadt bietet jedoch so außerordentlich wenig Interessantes, dass wir uns eine Wanderung durch seine schmutzigen, schlecht gepflasterten Straßen getrost ersparen können; wir lassen sie daher zwar nicht links, aber doch rechts liegen und biegen, den Bahnkörper überschreitend, in die in nördlicher Richtung nach Neustadt bei Pinne führende Chaussee ein, an der etwa 1 km vom Bahnhof entfernt die Fabrik erbaut ist. Von der Hauptbahn sich abzweigend bemerken wir ein eigenes vollspuriges Bahngeleise in weitem Bogen an das Fabrikgrundstück herangeführt, während die neben der Chaussee herlaufende, Opalenitza mit Neustadt b. P. verbindende Schmalspurbahn, die früher nur die Rübenbeförderung diente, ebenfalls ein Zweiggeleise auf den rings eingezäunten Fabrikhof entsendet.

Eine Eschenallee führt uns an dem in einem Garten belegenen villenartigen Wohnhaus für den Direktor der „Zuckerfabrik Opalenitza, Aktien Gesellschaft zu Opalenitza“, wie das Unternehmen offiziell heißt, sowie an dem Lazarett und dem Pförtnerhäuschen vorbei zu dem Haupteingang, von dem aus wir folgenden Gesamtüberblick über die Anlagen zu gewinnen vermögen:

Die Zuckerrübe - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Beta_vulgaris_var._rapacea0.jpg [865]

Die Zuckerrübe – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Beta_ vulgaris_var._rapacea0.jpg

Rechts und links vor uns liegen die gewaltigen Fabrikgebäude, weit überragt von den mächtigen, eisenberingten, rauchgeschwärzten Schornsteinen; rechts die sogenannte alte Fabrik, mit einem Vorbau versehen, in dem die elektrischen Lichtmaschinen untergebracht sind, links die neue Fabrik, deren Vorbau die Comtoirräumlichkeiten, Arbeitszimmer für den Direktor und den Aufsichtsrath sowie den Sitzungssaal enthält; zwischen beiden gerade vor uns steht ein Waagehäuschen, dessen Centesimalwaagen alle Lastfuhrwerke in beladenem und leerem Zustande passieren müssen; dahinter langgestreckte, mit Schienengeleisen durchzogene Schuppen, in denen die herangeschafften Rüben bis zu ihrer Verarbeitung lagern; sie vermögen aber anscheinend die gewaltigen Vorräte lange nicht zu fassen, denn auch außerhalb ihrer Räume sehen wir haushohe Berge von Rüben aufgestapelt.

Links von uns vor der neuen Fabrik bemerken wir die stets in Wasserdampf gehüllte Schnitzeltrocknungsanstalt, daneben ein Beamtenwohnhaus; ein zweites größeres steht mit der Front nach Süden, an der Wandgrenze des Grundstücks, an der entlang ein Stallgebäude, ein Lagerraum für Maschinentheile und Materialien, eine Kasernen für Arbeiter, eine Kantine für diese und ein Kasino für die zahlreichen Fabrikbeamten sich anschließen, denen für den Sommer auch ein hübscher Garten mit Kegelbahn zur Verfügung steht.

Unsere Bitte, den Betrieb selbst in Augenschein nehmen zu dürfen, wird höflichst gewährt und in zuvorkommendster Weise übernimmt einer der Herren Fabrikleiter unsere Führung; von ihm erfahren wir zunächst folgende interessante Einzelheiten:

Die Zuckerfabrik Opalenitza ist die größeste Rohzuckerfabrik nicht nur Deutschlands, sondern auch des Kontinents, sie beschäftigt in der etwa von Mitte September bis Mitte Januar währenden Hauptkampagne etwa 520 Arbeiter und Arbeiterinnen. Die Rüben liefern ausschließlich Aktionäre, die sich aus Groß- und Kleingrundbesitzern zusammensetzen; für die laufende Kampagne ist eine Anbaufläche von etwa 21.000 Morgen gezeichnet, deren Gesamtertrag nach den bisherigen durchschnittlichen Ernteergebnissen auf etwa 3.400.000 Zentner berechnet wird. Es werden täglich in beiden Fabriken zusammen etwa 32 – 35.000 Zentner Rüben verarbeitet, aus denen etwa 3.600 – 4.000 Zentner Rohzucker gewonnen werden. Der Betrieb erforder einen täglichen Kohlenaufwand von etwa 230 Zentner.

Zum besseren Verständnis des Fabrikationsganges wird uns sodann folgende Belehrung zu Teil:

Die Zuckerrübe enthält in ihren kleinen, bläschenartigen Zellen, die durch ganz feine Häutchen voneinander getrennt sind, einen Saft, der aus etwa 80-84% Wasser und 16-20% Trockensubstanz zusammengesetzt ist; diese enthält etwa 13% Zucker, während der Rest, aus Eiweißstoffen, Farbstoff, Säuren und Salzen bestehend, unter dem Fachausdruck „Nichtzucker“ zusammengefasst wird. Die Fabrikation richtet sich nun darauf, zunächst den Rübensaft aus dem Zellengewebe der Rübe und aus diesem dann den Zucker durch Entfernung des Wasser und Ausscheidung des Nichtzuckers möglichst rein zu gewinnen.

In dem Rübenschuppen, den wir nun betreten, sehen wir Arbeiter damit beschäftigt, die aufgestapelten Rüben, die schon auf dem Felde von den grünen, zum größten Teil Nichtzucker enthaltenden Köpfen befreit sind, in einen schmalen aber tiefen Kanal zu schaufeln, in dem das mit natürlichem Gefälle in starkem Strom dahin schießende Wasser die Rüben der alten Fabrik zuführt, die wir zu besichtigen zu gedenken.

Zuckerfabrik 1899_12_29_101 [866]

Zucker ist ein Nahrungsmittel (1)

Hier werden sie von einem so genannten Schneckengang, einer schrägliegenden korkzieherartig um die Axe angeordneten sich drehenden Schaufel, aufgefangen und in eine Waschmaschine befördert, wo sie durch rechenartige Vorrichtungen in stetig ab- und zufließendem Wasser von dem anhaftenden Schmutz gereinigt werden. Blitzsauber gelangen die Rüben von hier über ein Schüttelsieb, dessen rüttelnde Bewegung sich möglichst vom Wasser befreien soll, einem senkrecht aufsteigenden Elevator entgegen, dessen Taschen sie aufnehmen und in das oberste Stockwerk der Fabrik befördern; polternd fallen sie aus den Taschen in den Kasten einer automatischen Waage, deren Spiel trotz der damit verbundenen donnerähnlichen Getöses sehr interessant zu beobachten ist. Sobald der Waagekasten zum größten Teil gefüllt ist, wird durch das Gewicht der Rüben ein Hebel ausgerückt, der die Balanciervorrichtung in Tätigkeit gelangen lässt; hat die Menge der Rüben in dem Waagekasten das Gewicht von 400 kg erreicht, so wird selbsttätig der weitere Zufluss von Rüben abgesperrt, der Waagekasten kippt nach vorn und schüttet den Inhalt auf eine schiefe Ebene, um sofort wieder in seine frühere Lage zurückzukehren. Hierdurch wird auch die Absperrung der Rübenzufuhr wieder aufgehoben und dasselbe Spiel beginnt von Neuem. Seitlich an der Wiegevorrichtung bemerken wir einen sinnreichen Mechanismus, der bei jeder Entleerung des Waagekastens ein Zählwerk genau um so viel fortschreiten lässt, als sich Kilogramm auf der Waage befunden haben; man kann also jederzeit genau ablesen, wie viel Kilogramm Rüben über die Waage gegangen sind, was täglich beim Schichtwechsel des Morgens um 6 Uhr und des Abend um 6 Uhr zu geschehen pflegt.

Die Zuckerfabrik in Opalenica - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:58801_Opalenica_cukrownia_1.JPG?uselang=de [867]

Die Zuckerfabrik in Opalenica – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:58801_Opalenica_cukrownia_1.JPG?uselang=de

Nachdem wir eine Weile dem interessanten Automaten zugesehen, steigen wir eine Treppe hinab und werden vor die Schnitzelmaschine geführt, in welche die Rüben auf der eben erwähnten schiefen Ebene gelangen; wir sehen uns vor einem mächtigen, eisernen Cylinder, dessen seitliches Mannloch auf Geheiß unseres Führers geöffnet wird; jetzt können wir wahrnehmen, dass der Cylinder mit Rüben angefüllt ist, die durch ihr eigenes Gewicht gegen den in schnell kreisender Bewegung befindlichen Boden gedrückt werden; dieser ist besetzt mit scharfen wellenlinig gestalteten Messern, die das Fleisch der aufliegenden Rüben in schmale, dünne Streifen zuschneiden. Unten herausfallend, gleiten diese hinab in den von unserem Standort aus zu überschauenden Saal in eine, seine ganz Breit überspannende Rinne, in die an einem darüber herlaufenden endlosen Riemen angebrachte Rechen hineingreifen und die Schnitzel fortschieben, bis sie an eine der verschiedenen in der Rinne vorhandenen Öffnungen gelangen, an diesen befinden sich große drehbare Fülltrichter, die die Rübenschnitzel zur Gewinnung des Saftes den unter der Rinne angeordneten sogenannten Diffuseuren zuführen.

Um das Verfahren, dem die Schnitzel nun unterworfen werden, zu verstehen, müssen wir uns erst den Begriff der „Diffusion“, auf der die Saft-Gewinnung beruht, zu erklären suchen.

Wenn man die Öffnung eines mit einer Zuckerlösung gefüllten Glases mit einer Membrane (z. B. Schweinsblase) verschließt und es mit der verbundenen Öffnung nach unten in ein mit reinem Wasser gefülltes Gefäß taucht, so wird bei einiger Erwärmung ein Ausgleich der beiden Flüssigkeiten von verschiedener Dichtigkeit in der Weise stattfinden, dass ein Teil des minder dichten Wassers durch die Membrane hindurch zu der dichteren Zuckerlösung tritt, während diese in derselben Weise sich dem Wasser mittheilt; dieser Vorgang, den man Diffusion nennt, würde so lange stattfinden, bis die verschieden dichten Flüssigkeiten in den beiden Gefäßen sich vollständig ausgeglichen, also den gleichen Zuckergehalt erlangt haben.

Wie wir nun oben gesehen haben, ist der zuckerhaltige Rübensaft in kleinen mit seinen Häutchen, – Membranen – umgebenen Zellen enthalten, von denen durch das Zerschneiden in dünne Streifen möglichst viele bloß gelegt sind. Bringt man nun solche Rübenschnitzel in warmes Wasser, so wird dieses nach Analogie des eben beschriebenen Vorganges durch die Zellenmembrane hindurch zu dem zuckersaftigen Rübensaft eindringen, während dieser durch die Zellenwandungen in das Wasser tritt, und dieser Ausgleich wird so lange anhalten, bis sich außerhalb und innerhalb der Zellen eine Flüssigkeit von gleicher Dichte, d. h. gleichem Zuckergehalt befindet. Wird nun das zuckerhaltige durch reines Wasser ersetzt, so wird durch eine Wiederholung des eben beschriebenen Vorgangs dem in den Zellen enthaltenen Rübensaft ein weiterer Teil seines Zuckergehalts entzogen, was durch fortgesetzte Erneuerung des Wassers bis zur fast völligen Auslaugung der Rübenschnitzel wiederholt werden kann.

Diese Saftgewinnung durch Diffusion geschieht nun hier in den sogenannten Diffuseuren, von denen wir in dem Saale, in den wir jetzt hinabgestiegen sind, gewissermaßen nur die Hälse sehen; ihre Körper reichen bis in das Erdgeschoß hinunter und bestehen aus mächtigen, eisernen Cylindern, die unten einen trichterförmigen Aufsatz haben; dieser ist von dem cylindrischen Körper durch einen siebartig durchlöcherten Boden getrennt, der das zuckerhaltig gewordene Wasser durchlässt, die Schnitzel aber zurückhalt; zu ihrer Entfernung, wenn sie genügend ausgelaugt sind, dient ein seitlich angebrachtes Mannloch.

Eben sehen wir die Befüllung eines Diffuseurs vor sich gehen: Nach Entfernung des Mannlochdeckels wird der Fülltrichter aufgesetzt und hastig stürzen die Schnitzelmassen hinunter in den schier unersättlich scheinenden Schlund; als die Füllung bis an den „Hals“ reicht, steigt ein Arbeiter mit bloßen Füßen hinein und sucht die Schnitzel niederzutreten, dann wird wieder vollgefüllt und nun der dichtschließenden Mannlochdeckel aufgeschraubt; die Befüllung ist beendet und wendet sich nun dem nächsten Gefäß zu und so geht es weiter, bis die 12 Gefäße, die durch Übersteigrohre mit einander zu einer sogenannten Batterie vereinigt sind, sämtlich befüllt sind. In den ersten Diffuseur ist nun warmes Wasser geleitet worden und hat die darin befindlichen Schnitzel in der oben beschriebenen Weise zum Teil ausgelaugt; von hier tritt es durch ein Übersteigrohr in den zweiten Diffuseur, dessen Schnitzel noch zuckerreicher sind, als das eintretende Wasser, und an dieses wieder einen Teil ihres Zuckergehalts abgeben; so reichert sich das Wasser zwar immer mehr mit Zuckergehalt an; trifft aber in jedem neuen Diffuseur immer wieder Schnitzel an, deren Saft ihm an Zuckergehalt überlegen ist, bist es aus dem letzten Diffuseur der Batterie als Zuckersaft heraustritt.

Die Zuckerfabrik um 1912 -Bild: "Opalenica na dawnej pocztówce" S.34 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek [868]

Die Zuckerfabrik um 1912 -Bild: „Opalenica na dawnej pocztówce“ S.34 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek

Die ausgelaugten Schnitzel kommen aus den Diffusseuren unter die Schnitzelpressen, wo sie von dem aufgenommenen Wasser möglichst befreit werden, um dann als beliebtes Viehfutter an die Aktionäre zurückgegeben zu werden. Ein Teil der Schnitzel, namentlich soweit sie mit der Bahn versendet werden sollen, wird in die eingangs erwähnte Trocknungsanstalt befördert, wo darüber hinweg geleitete heiße Luft ihnen den letzten Rest von Feuchtigkeit entzieht und in Wasserdampf umsetzt, sodass nur ein pulveriger Rückstand verbleibt, dessen Nährwerth als Futtermittel durch diese Behandlung jedoch nur wenig beeinträchtigt ist.

Der gewonnene Zuckersaft bedarf nun, bevor er weiter verarbeitet werden kann, einer gründlichen Reinigung, da er ja auch den in der Rübe vorhandenen Nichtzucker mit in sich aufgenommen hat; dieser muss aber entfernt werden, da er die Krystalliationsfähigkeit des in dem Saft enthaltenen Zuckers zu beeinträchtigen geeignet ist. Zur Abscheidung dieser Nichtzuckerstoffe wir der Zuckersaft zunächst in kupfernen Kochkesseln, von denen wir eine größere Anzahl neben den Diffusionsbatterien aufgestellt sehen, den sogenannten Scheidepfannen durch Dampf erhitzt und mit Kalkmilch versetzt. Diese Kalkmilch wird bereitet, indem frisch gebrannter Kalk, den die Fabrik in eigenen Kalköfen brennt, in reichlichen Wassermengen gelöscht und verrührt wird, und hat die Eigenschaft, die in dem erhitzten Zuckersaft vorhandenen Nichtzuckerstoffe an sich zu ziehen und zu binden. Durch in die Flüssigkeit hineingeleitet Kohlensäure, welche Gasform man beim Brennen des Kalk gewinnt, wird der Kalk zur Füllung gebracht. Der Scheidesaft wird nun mittelst Dampfkraft in die sogenannten Schlammpressen gedrückt, die wir in einem Nebenraum aufgestellt finden; sie sehen fast aus, wie große Harmoniums und bestehen aus zahlreichen senkrecht angeordneten Sieben in viereckigen eisernen Rahmen, die dicht aneinander geschoben bzw. gepresst werden, nachdem leinene Tücher zwischen die einzelnen Rahmen eingeschaltet sind. Durch diese Vorrichtung wird nun der Saft hindurchgepresst, wobei der darin enthaltene Kalkschlamm durch die Tücher zurückgehalten wird, während der Zuckersaft abfließt und nun die sogenannten Saturationspfannen, – die die Gestalt von eisernen Kästen haben -, verbracht wird. Hier findet eine zweite Saturation, bzw. Kohlensäurebehandlung statt, der sich eine nochmalige Beförderung durch eine Filterpresse anschließt, aus der der nun gereinigt Dünnsaft durch eigenes Gefälle langsam noch durch einen Filterbeutel geleitet wird.

Scheideschlammauktion (2) [869]

Scheideschlammauktion (2)

Nachdem der Zuckersaft so nach Möglichkeit von allen fremden Bestandteilen befreit ist, gilt es, die schwache, nur ca. 10 % Zucker enthaltende Lösung soweit einzudicken, dass eine Krystallbildung ermöglicht wird; dies geschieht durch Verdampfen des in der Lösung enthaltenen Wassers. Von den Filterpressen werden wir wieder zwischen den Saturations- und Scheidepfannen hindurch in den großen Oberlichtsaal zurückgeführt, in dessen hinteren Teil zwei aufrecht stehende und 6 liegende cylindrische Gefäße von mächtigen Maßen unser Auge fesseln, die zu besserer Festhaltung der Wärme mit gelbgestrichenen hölzernen Latten umkleidet sind. Der Dünnsaft fließt nun zuerst in die aufrecht stehenden Gefäße, die uns als Vorwärmer bezeichnet werden und den Zweck haben die Flüssigkeit in stets gleichmäßiger Temperatur an die liegenden Gefäße, die sogenannten Verdampfkörper, von denen je drei zu einem System verbunden sind, weiterzugeben.

In diesen Verdampfkörpern großen von zahllosen messingenen Dampfrohren durchzogenen Kesseln, wird verdünnte Luft gehalten und zwar dergestalt, dass der Luftdruck im zweiten der mit einander verbundenen Körper geringer ist als im ersten, und im dritten der geringste Luftdruck vorhanden ist. Da nun eine Flüssigkeit um so eher zum Sieden gebracht wird, je geringer der auf ihr lastende Luftdruck ist, so wird es durch die oben erwähnte Luftdruckverteilung ermöglichst, dass die im ersten Körper sich entwickelnden Dämpfe in den zweiten übergeleitet, genügen, den in diesem befindlichen Saft auf Siedetemperatur zu erhitzen, während der hier erzeugte Wasserdampf wiederum in dem dritten die nötige Hitze zur Verdampfung des in dem Saft noch enthaltenen Wassers zu erzeugen vermag.

Der Dünnsaft fließt nun aus dem Vorwärmer in ununterbrochenem Strom in den ersten Verdampfkörper, setzt hier einen erheblichen Teil seines Wassergehalts in Dampfform um und tritt schon in konzentrierter Form in den zweiten Verdampfkörper über; nachdem er auch hier längere Zeit gekocht, wird er in den fast luftleeren dritten Körper gezogen, der ihn erst abfließen lässt, wenn er zu einer syrupartigen Flüssigkeit eingekocht ist, die nun Dicksaft genannt wird. Die Standgläser, die neben jedem Gefäß angebracht sind, ermöglichen es uns, zu verfolgen, wie der im ersten Körper schwach gelblich erscheinende Zuckersaft, im zweiten schon dunkler und dickflüssiger aussieht, während er im dritten völlig die Zähigkeit und Farbe von Syrup angenommen hat.

Blick auf das Fabrikareal -Bild: "Opalenica na dawnej pocztówce" S.36 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek [870]

Blick auf das Fabrikareal -Bild: „Opalenica na dawnej pocztówce“ S.36 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek

Eine eiserne Wendeltreppe hinauf werden wir nun vor ein mächtiges, eisernes, holzbekleidetes Gefäß von kugelförmiger Gestalt geführt, in dessen Innern in verschiedenen Höhenlagen angebrachte Schaugläser einen Einblick gestatten; es ist das „Vakuum“, so genannt, weil die Luftpumpe unausgesetzt tätig ist, die in ihm enthaltene Luft bzw. die sich entwickelnden Dämpfe abzusaugen und so fast eine Luftleere zu erzeugen, bei der der Dicksaft durch Dämpfe, die in schlangenartig gewundenen Röhren das Innere des Gerätes durchziehen, bei möglichst geringer Temperatur langsam auf Korn verkocht, d. h. soweit abgedämpft wird, dass der in ihm enthaltene Zucker Krystallform annimmt.

Durch das oberste Schauglas sehen wir den braunen Saft in kochender Bewegung, an dem mittleren steht er schon als starre, unbewegliche Masse, während wir im untersten Teil des Gefäßes deutlich die kornartigen Krystalle erkennen können.

Um die weitere Gewinnung des Zuckers in Augenschein zu nehmen, steigen wir die Treppe hinab und werden nun durch eine ständig unter Aufsicht eines Steuerbeamten stehende Thür in die Räume geführt, wo der Zucker in Krystallform gewonnen und gelagert wird; sie sind gegen die anderen Räume der Fabrik und nach außen „feuersicher“ abgeschlossen, d. h. alle Fenster sind mit engmaschigen Drahtgittern versehen, die mit Steuerbleien gesichert sind, alle Türen sind mit Kunstschlössern verschlossen, oder stehen unter amtlicher Bewachung; wo hölzerne Wände sind, sieht man sogar die einzelnen fest aneinander gefügten Bretter unter einander mit Bandeisen beschlagen usw.; kurz, hier darf wohl alles hinein, aber nichts heraus, was nicht der steuerlichen Kontrolle unterzogen worden ist und jeder diese Räume verlassende Arbeiter kann dies nur durch die eine Thür, an der er Körbe, Kannen oder sonstige Behälter, in Verdachtsfällen sogar die Kleider dem prüfenden Auge des Mannes mit der grünen Mütze öffnen muss. Nun, wir beneideten ihn nicht um diese Aufgaben, die abgesehen von ihrer Eintönigkeit auch wegen der Höhe der hier herrschenden Temperatur, der schlechten Luft und dem ewigen Getöse der Maschinen keine angenehme sein dürfte, sondern wenden uns wieder dem Fabrikationsgange zu.

Aus dem Vakuum wird die körnige Masse in die sogenannten Sudmaischen verbracht, die wir gleich am Eingang neben dem Steuerbeamten aufgestellt finden: große, eiserne Kästen, die wir angefüllt sehen mit einem weißlich grauen Brei, jetzt „Füllmasse“ genannt, die ein Rührwerk in fortwährender Bewegung erhält, um sie abzukühlen und weitere Krystallbildung zu begünstigen. – Immer noch keine Zucker ? Aber Geduld, gleich werden wir ihnen sehen ! Eine Treppe hinab führt man uns einer merklich noch heißeren Temperatur zu, als wir sie bisher nur mit Mühe ertragen; ein surrendes Geräusch tönt uns entgegen, und vor einer Reihe niedriger cylindrischer Gefäße sehen wir ebenso viele Arbeiter scheinbar unbeschäftigt stehen. Doch nein, da stochert einer emsig in seinem Gefäß herum und nimmt etwas heraus ! Wahrhaftig, es ist Zucker ! Neugierig treten wir hinzu und haben nun Gelegenheit, das Gerät näher in Augenschein zu nehmen, und arbeiten zu sehen. In einem eisernen oben offenen Cylinder befindet sich um ihre senkrechte Achse drehbar eine Trommel, deren vertikale Wandung aus einem äußerst feinlöcherigem Sieb (Drahttuch), gebildet wird. Diese Trommel wird nun etwa bis zur Hälfte mit Füllmasse, wie wir sie oben in den Sudmaischen gesehen, befüllt und durch die Maschine allmählich in so schnelle Umdrehungen versetzt, dass sie dem Auge als stillstehend erscheint. Durch die Fliehkraft wird die Füllmasse an die Wandung gedrängt, die die festen Krystallkörper festhält, während alles Flüssige herausgeschleudert wird.

So sehen wir denn auch an dem die Trommel umgebenden eisernen Mantel den Syrup herabfließen, während um die innere Wand der nach einiger Zeit wieder zum Stillstand gebrachten Trommel ein fester Ring von Zuckerkrystallen sich gelegt hat, der mit einem kleinen Instrument abgestochen wird, sodass der Zucker in die Trommel zurückfällt. Damit ist der Rohzucker ersten Produkts fertiggestellt, der sich als eine klebrige Masse lose zusammenhängender Krystalle von blass gelber Farbe darstellt. Dicht daneben sehen wir auch weißen Zucker aus den Trommeln nehmen, den die Fabrik, wie wir auf Befragen erfahren, in beschränkter Menge, hauptsächlich für ihre Aktionäre und Beamten herstellen lässt; das Verfahren ist dasselbe bis auf die Ausschleuderung in den Centrifugen: zwar wird dieselbe Füllmasse in die Trommel gelassen, doch wird der sie umschließende Cylinder beim Schleudern geschlossen, und ein starker Dampfstrahl gegen die Wandung der rotierenden trommel gerichtet, wodurch verschiedene dem Rohzucker noch anhaftende Salze, die ihn zum menschlichen Genuss noch ungeeignet erscheinen lassen, entfernt werden, und das fahlgelbe Aussehen in ein rein weißes überführt wird. Damit ist dieser Zucker zum Verbrauch fertiggestellt, währen der Rohzucker erst in Raffinerien wandert, die ihn reinigen, und in die Formen – Brot-, Würfel-, Kandiszucker etc. – verbringen, in denen wir ihm im Handel begegnen.

Opalenica Cukrownia - Bild: "Opalenica na dawnej pocztówce" S.35 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek [871]

Opalenica Cukrownia – Bild: „Opalenica na dawnej pocztówce“ S.35 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek

Den Rohzucker schafft aus dem Centrifugenraum ein endloser Elevator auf die Zuckerböden, wo er nach Ausscheidung etwaiger Klumpen durch eine Sieb gelagert und getrocknet wird, dann erst wird er gesackt und unter steuerlicher Aufsicht zum Versand in Eisenbahnwagen verladen, von denen wochentäglich 25-30 Stück beladen werden – könnten, wenn nicht der chronische Wagenmangel auf der Staatsbahn dies häufig verhindern würde.

Was aber geschieht nun mit dem abgeschleuderten Syrup ? Unser freundlicher Führer will uns auch dessen Verbleib zeigen und führt uns in einen bei den Arbeitern bezeichnender Weise „Amerika“ genannten Raum, – Afrika wäre noch richtiger – , in dem wir zahlreiche, großmächtige eiserne Kästen wahrnehmen, mit Syrup angefüllt; doch schon nach wenigen Schritten bitten wir dringend umkehren zu dürfen, da die hier herrschende etwa 45° Celsius betragende Hitze uns den Aufenthalt unerträglich macht. Wir begnügen uns daher mit der Erklärung, dass in diesen Kästen der Syrup bei hoher Temperatur etwa 4-6 Wochen zum Auskrystallisieren belassen würde, um dann abermals auf Korn verkoch, und von Neuem ausgeschleudert zu werden. Der hiervon gewonnene Zucker wird das zweite Produkt genannt, von dessen Ablaufen auch noch ein drittes auf gleiche Weise erzeugt wird, während die dann verbleibenden Rückstände, Melasse genannt, meist als Viehfutter von hohem Nährwerth an die Landwirte abgegeben werden.

So hochinteressant und lehrreich nun auch der Gang durch die imposante Fabrik gewesen, so ahmen wir doch erleichtert auf, dass wir am Ende desselben angelangt sind und uns dem Ausgang zuwenden, die vielen Eindrücke, die dumpfe Luft, die Hitze, das Getöse der Maschinen und Geräte hat uns doch in eine gewisse Abspannung versetzt und das Bedürfnis nach frischer, reiner Luft, einem ruhigen, gemütlichen Aufenthaltsort und nicht zuletzt nach einer Erfrischung äußerst lebhaft in uns wachgerufen. Nur flüchtig durchschreiten wir den großen Maschinensaal, in dem besonders die gewaltigen Luftpumpen und die das elektrische Licht erzeugenden Maschinen unser Interesse erregen, lassen uns an den zwölf gewaltigen Dampfkesseln vorbei ins Freie führen und haben kaum noch einen Blick für die Kalkofenanlagen übrig. Wohl erstaunen wir noch über die riesigen Kohlen- und Kalksteinvorräte, die auf dem Fabrikhof aufgetürmt sind, über das langgestreckte Scheideschlammgebirge und das zum Abkühlen und Reinigen des heißen Wassers dienende langgestreckte Dorngradirwerk, über das Ab- und Zufahren der Gespanne und Eisenbahnwagen: aber ein zweifellos von Herzen kommendes „Gott sei Dank!“ entringt sich doch dem Gehege der Zähne, als wir den anheimelnden Raum des Kasinos betreten, aus dessen Küche uns der Duft frisch bereiteten Kaffees verheißend in die Nase zieht; behaglich lassen wir uns an dem sauber und geschmackvoll angerichteten Kaffeetisch nieder und gönnen nach so reichlich genossener geistiger Nahrung auch dem Körper das Seine !

Mit herzlichem Dank verabschieden wir uns dann von unserem liebenswürdigen Führer und nehmen das Bewusstsein mit auf den Wege, einen der größten und interessantesten Betriebe der Provinz Posen kennen gelernt zu haben.

* * *

Vorsicht ! – 1899

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Otto Scheumann - 1899)
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Volkskalender 1900 - Quelle: Großpolnische digit. Bibliothek Poznan [872]

Volkskalender 1900 – Quelle: Großpolnische digit. Bibliothek Poznan

28. November 1899

Veraltete Kalender mit neuen Umschlägen werden vielfach wieder von Hausierern feilgeboten.

So wurde einem Landmann ein Kalender von 1900 verkauft, dessen Titelblatt auch diese Jahreszahl trug. bei näherem Nachsehen stellt sich aber heraus, dass man einen Kalender vom Jahre 1897 vor sich hatte.

Also Vorsicht !

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Quelle: Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung 1899/No. 93 – Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra)

Schliessung der Glashütte Lomnitz – 1897/1898

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Otto Scheumann 1897 - Anmerkungen Gudrun Tabbert)
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Neutomischel, den 26. November 1897

Dorfstrasse in Lomnitz - AK Sammlung A. Kraft [873]

Dorfstrasse in Lomnitz – AK Sammlung A. Kraft

Die einheimische Glas-Industrie erleidet mit Beginn des neuen Jahres einen empfindlichen Verlust: der Betrieb der Glasfabrik Lomnitz wird von diesem Zeitpunkte ab eingestellt. Die Fabrik, welche Eigenthum des Rittergutsbesitzers Opitz-Lomnitz ist, blickt bereits auf über 60 Jahre ihres Bestehens zurück, und seit 30 Jahren hat dieselbe der Chemiker Stosch in Pacht, der es verstanden hat, den Betrieb derselben nach allen Richtungen zu heben.

Über den Beweggrund zur Aufgabe des Betriebes erfährt die „Pos. Ztg.“, daß die seit Jahren in die Höhe geschnellten Holzpreise dem Eigenthümer die Lösung des Kontraktverhältnisses mit dem Pächter wünschenswerth erscheinen lassen, da ersterer kontraktlich zur Hergabe des Heizmaterials, als welches ausschließlich Holz, das die großen Forsten ausreichend lieferten, verwendet wird, verpflichtet ist und der hohe Preis der Hölzer den Betrieb nicht mehr recht lohnend erscheinen lässt.

Da in der Fabrik zu Usch im wesentlichen nur Flaschen angefertigt werden, die Glashütte Lomnitz sich außerdem auch mit der Fabrikation von Hohlglas, Schleifglas und Krystallglas befaßt, so bildet das Etablissement das einzige seiner Art in der Provinz Posen. Sein Absatzgebiet erstreckt sich außer auf den Osten, auf Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Lübeck und Hamburg.

Die Zahl der Arbeiter betrug durchschnittlich über 100 Personen, größtentheils Böhmen, welche nach der Außerbetriebsetzung auswandern werden.

* * *

Der in diesem Artikel genannte Pächter „Chemiker Stosch“ war der Vater des  Hans Erdmann Franz Theodor Stosch, Begründer des Zirkus Stosch-Sarrasani [874]. Dieser Zeitungsartikel lässt wiederum eine um den Zirkusdirektor rankende Legende in einem anderem Licht erscheinen.

In Büchern über diesen und seinen Lebensweg findet sich immer wieder die Vermutung, dass sich sein Vater um 1876 in Oberlößnitz zur Ruhe gesetzt habe und sein Sohn aus diesem Grunde 1901 sein Heimatquartier in Radebeul bei Dresden ausgewählt habe.

Während einesteils sein Vater, sich 1876 zur Ruhe gesetzt und im Februar 1900 in Oberlößnitz verstorben sein soll, so ist andernteils dieses schwer vorstellbar, da er bis ins Jahr 1897 die Pacht der Glashütte Lomnitz inne hatte.

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Quelle: Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung 1897/No. 93 – Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra)

Schulen, Gefängnisse, Kranke, Gebrechliche, Arme und Haltekinder aber auch Friedhöfe – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Transkription und Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Blick auf die ehemalige Dampfmühle Schmidt mit der Badeanstalt - AK Sammlung Wojtek Szkudlarski [875]

Blick auf die ehemalige Dampfmühle Schmidt mit der Badeanstalt – AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

Nach den Beiträgen Schädliches Klima [776], Lebensumstände [777] und Wasserversorgung, Gewerbebetriebe und deren Einfluss auf die Gesundheit [778] ist dieses nun der vierte und letzte Teil des 1903/1904 von dem Kreisarzt Dr. Buddee erstellten Berichtes.

Es ist eine „eigenwillige“ Reihenfolge, mit der die Berichterstattung der allgemeinen und sanitären Zustände der Stadt Neutomischel abgeschlossen wurde; es wurden nacheinander

abgehandelt.

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Das rote  Backsteingebäude war die ehemalige jüdische Schule - Eigenaufn. [876]

Das rote Backsteingebäude war die ehemalige jüdische Schule – Eigenaufn.

Dr. Buddee hielt auf die die Frage nach der Anzahl und Art der vorhandenen Schulen fest, dass es in der Stadt

Unter dem direkt folgenden Punkt, der Frage nach den Gefängnissen, beschrieb er die vorhandenen Einrichtungen als

Was die Fürsorge für die Kranken und Gebrechlichen und die Art und den Zustand der Armenkrankenpflege anging, so erhielten Ortsarme je nach ihrem Gesundheitszustand Wohnung und eventl. Geldunterstützung, sowie in Krankheitsfällen freie Behandlung und Arznei. Erforderlichen Falles fand eine Aufnahme ins städtische Krankenhaus staat. Staatliche Armenärzte gab es nicht.

Der Kreisarzt fügte in seinen Bericht auch das Vorhandsein des städtischen Krankenhauses mit seinen zwei mittleren und zwei kleineren Krankenzimmern ein, nicht unerwähnt ließ er, dass dieses eigentlich nur zur Aufnahme von 10 Kranken geeignet, einfach eingerichtet, aber von 2 Posener Diakonissen sauber und gut verwaltet gewesen sei. Auch merkte er an, dass das Krankenhaus häufig überfüllt gewesen war. Letztlich fügte er noch das Vorhandensein des einfachen Operations- und Verbandsraum, sowie das der kleinen Leichenkammer mit Desinfektionsofen ein.

Weitere Anstalten, die der sonstigen Heilung und Pflege von Siechen und Gebrechlichen dienten waren in der Stadt nicht vorhanden; welches auch bzgl. einer Anstalt zur Irrenpflege galt. Der Buddee erwähnte, dass zum Zeitpunkt seines Berichtes auch keine Geisteskranken in Familien ver- und gepflegt wurden.

Die ehemalige Louisenschule - AK Sammlung Wojtek Szkudlarski [877]

Die ehemalige Louisenschule – AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

Zum Haltekinderwesen, also gegen Entgelt bei „Fremden“ untergebrachte Kost- und Ziehkinder, vermutlich aber auch Waisenkindern, findet sich:

Um 1904 waren Badezimmer in den Wohnungen und Häusern noch unüblich. Die Bewohner nutzten daher Badeanstalt des Dampfmühlenbesitzers Schmidt, diese lag dann allerdings schon auf Glinauer Terrain. Das früher zu rituellen Zwecken bestimmte Bad der jüdischen Gemeinde wurde nicht mehr benutzt. Die Räume standen leer und waren z. Zt. nicht in Ordnung. Einige Badewannen waren noch vorhanden; eine der Wannen wurde an arme Gemeindemitglieder verliehen. Schwimmanstalten gab es nicht; auch verfügte die Stadt über keine Heilquellen

Gedenken an die Toten - AK Sammlung Wojtek Szkudlarski [878]

Gedenken an die Toten – AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

Der letzte Punkt des Berichtes des Kreisarztes befasste sich mit der Beschreibung der Begräbnisplätze:

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Quelle: Staatsarchiv Poznan – Stadtakten/Akta Miasta Nowy Tomysl 4385/0195 Ortsbesichtigung

 

 

 

Die Wasserversorgung, die Gewerbebetriebe und der Einfluss auf die Gesundheit – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Transkription und Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Panorama-Ansicht Neutomischel - Ansichtskarte aus der  Sammlung A. Kraft [879]

Panorama-Ansicht Neutomischel – Ansichtskarte aus der Sammlung A. Kraft

Dieser Beitrag befasst sich wiederum, wie auch schon die vorhergehenden, Schädliches Klima [776] und  Lebensumstände [777],   mit der Beschreibung der Stadt Neutomischel im Jahr 1904 aus Sicht des Kreisarztes Dr. Buddee. Es war die Zeit in der durch mehr Hygiene, Ordnung und Sauberkeit das Leben der Menschen verbessert werden sollte.

Dr. Buddee hatte seine Aufzeichnungen begonnen mit dem Satz:

Die Stadt Neutomischel zeichnet sich … vor vielen anderen Städten der Provinz durch Ordnung und Sauberkeit aus

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Rammbrunnen oder auch Abessinierbrunnen - Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Rammbrunnen [880]

Rammbrunnen oder auch Abessinierbrunnen – Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Rammbrunnen

Dr. Buddee hatte notiert, dass die Wasserversorgung der Ortschaft durch Brunnen, von denen 11 etwa öffentliche Brunnen waren, stattfand. Er berichtete: Dieselben sind teils Abessinier teils mit Cement gemauerte Kesselbrunnen. Die Abessinier liefern zum größten Teile ein so stark eisenhaltiges Wasser, das dasselbe nicht getrunken werden kann.

Der Name Abessinierbrunnen soll lt. Wikipedia [881] auf deren Nutzung zur Trinkwasserversorgung  der Truppen im Feldzug der Engländer gegen Abessinien im Jahr 1868 herrühren. Weiter heißt es dort: Der Rammbrunnen besteht aus einem Stahlrohr (3), welches an seinem unteren Ende mit einer Rammspitze (1) und mit einem Rammbrunnenfilter mit Schlitzen oder Löchern (2) versehen ist. Er wird durch Rammen oder Einschlagen bis auf die wasserführende Schicht in den Boden getrieben. Am oberen Ende der Stahlrohre befindet sich über der Erde ein Rohr (4) mit Anschlussstutzen für eine Handpumpe oder elektrische Kreiselpumpe zur Wasserentnahme.

Bei Erstellung des Berichtes gab es noch keine zentralen Leitungen, lediglich das Kreisständehaus hatte eine eigene Wasserleitung eingerichtet. Ein Problem war darin gesehen worden, dass das Grundwasser bei seinem höchsten Stand bis auf nur 1 Meter unter der Oberfläche anstieg.

Letztlich wurde das Neutomischeler Wasserwerk [882] allerdings erst 10 Jahre nach der Verfassung des Berichtes zum  Januar 1914 als betriebsbereit aus der Bauphase an die Stadt übergeben.

Als öffentlicher Wasserlauf, wurde der die Stadt an der Westseite umziehende Landgraben, der als Entwässerungskanal diente, angesehen derselbe führte im Sommer sehr wenig Wasser. Sein Strom war dann träge.  Bezüglich des Zustandes desselben, wurde festgehalten, dass eine Reihe von Grundstücken und Höfen hart an den Kanal stießen. Dabei fand trotz aller polizeilichen Verordnungen eine Verunreinigung oft genug statt. Am Bedenklichsten waren die von dem Fleischer Schmidt’schen Hofe ausgehenden Verunreinigungen, da dieselben fäulnisfähige Stoffe in größerer Menge enthielten und die Entwicklung von Fäulnis durch den langsamen Strom begünstigt wurde.

Dr. Buddee verwies daher darauf, dass  mit besonderer Strenge auf Reinlichkeit der am Graben liegenden Gehöfte, namentlich des Schmidt’schen gehalten werden sollte.

Im Abschnitt der sich mit den  Nahrungs- und Genußmitteln befasste, beantwortete der Kreisarzt die Frage nach einer Kontrolle dieser, insbesondere des Verkehrs mit Milch dahingehend, dass die  Nahrungsmitteln gelegentlich chemisch untersucht wurden; die Milch vermittelst des Bischof’schen Milchprüfers von dem damit eingeübten Polizeibeamten. Untersuchungsanstalten diesbzgl. bestanden in Neutomischel in jener Zeit nicht.

Fleischer-Innungszeichen - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fleischer_Innungszeichen_by.jpg [883]

Fleischer-Innungszeichen – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fleischer_Innungszeichen_by.jpg

1903/1904 bestanden in der Stadt nur private Schlachthäuser; fast alle Schlächter besaßen solche. Im einzelnen ist dazu im Bericht zu finden:

Es findet sich keine Bemerkung dahingehend, dass die Erzeugnisse nicht in Ordnung gewesen waren.

Dr. Buddee hielt fest, das am Ort eine Selterswasserfabrik ansässig gewesen war. Dasselbe wurde aus destilliertem Wasser und flüssiger Kohlensäure hergestellt. Das Wasser wurde an Ort und Stelle destilliert.

Bestrafungen bzgl. der festgestellten Mißstände hatten  nicht stattgefunden. Ebenso waren in der Berichtszeit Gesundheitsschädigungen durch verfälschte oder verdorbene Nahrungsmittel u.s.w. nicht bekannt geworden.

Als weitere gewerbliche Betriebe und deren gesundheitliche Folgen für die Arbeiter, Nachbarschaft u.s.w. erwähnte der Arzt:

Und letztlich bemängelte er, dass

An dieser Stellen möchten wir aus der Einleitung wiederholen:

Die Stadt Neutomischel zeichnet sich … vor vielen anderen Städten der Provinz durch Ordnung und Sauberkeit aus

*** Fortsetzung folgt***

Quelle: Staatsarchiv Poznan – Stadtakten/Akta Miasta Nowy Tomysl 4385/0195 Ortsbesichtigung

Lebensumstände in Neutomischel und Umgegend – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Transkription u Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Blick in die Hinterstraße - Postkarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [884]

Blick in die Hinterstraße – Postkarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Dieses ist der 2te Teil des durch den damaligen Kreisarzt Dr. Buddee erstellten Berichtes über die hygienischen Verhältnisse in der Stadt und Umgebung von Neutomischel im Jahr 1904. Im 1sten Teil [776] wurde ja berichtet, dass allein schon das Klima eine Hauptursache für die schlechten Gesundheitsverhältnisse war.

In diesem Teil geht man dann auch nochmals auf den eingangs erwähnten Umstand ein, dass die in den Häusern durch den hohen Grundwasserspiegel und die fehlenden Isolierungen in den Gebäuden bestehende Feuchtigkeit ungesund gewesen sei.

Lebensumstände, vermutlich aus bestehender großer Armut resultierend, die verhinderten das Häuser repariert wurden und einstürzten, oder dass eine nachträgliche Isolierung von Häusern vorgenommen werden konnte, sind in dem Bericht unberücksichtigt.

Das fehlende Wissen der Hygiene, denn diese rückte ja gerade erst in das Bewusstsein der Menschen, ebenso wie das Beispiel der Beschreibung des Lebens der Arbeitnehmer hat den Bewohnern der Stadt und des Haulandes in jener Zeit sicherlich aber mehr geschadet, als das attestierte „schädliche Klima“.

Und … diese Zustände wurden vor erst 109 Jahren beschrieben !

von einigen unserer Leser, war es das Leben der Eltern oder Großeltern, dass hier beschrieben wurde.

* * *

Der Allgemeine Charakter der menschlichen Wohnungen der beschrieben werden sollte, wurde von Dr. Buddee wie folgt kommentiert:

meist massive Häuser: in den Nebengassen finden sich auch noch Holzhäuser. Überall haben die Häuser unter der Bodenfeuchtigkeit zu leiden, sodaß das unterste Stockwerk fast durchweg keine gesunden Wohnräume abgibt. Neuere mit Isolierschicht und Hochparterre gebaute Häuser sind etwas besser dran. Baupolizeiliche Vorschriften von gesundheitlicher Bedeutung gab es hierzu nur die allgemeinen.

Dr. Buddee hielt es für wünschenswert, daß generell für alle Neubauten eine starke Isolierschicht vorgeschrieben und Erhöhung bzw. Auffüllung des Bauplatzes empfohlen werden würde.

Hinterstraße in Höhe der evgl.-Luth. Kirche und des Pfarrhauses, um 1895 - Bild Maennel Archiv [885]

Hinterstraße in Höhe der evgl.-Luth. Kirche und des Pfarrhauses, um 1895 – Bild Maennel Archiv

Vorgänge mit Bezug auf gesundheitswidrige Wohnungen, beschrieb der damalige Kreisarzt wie folgt:

Unter dem Punkt der Frage nach Massenwohnungen; Schlafstellen- und Kostgängerwesen findet sich in dem Bericht:

Den hygienischen Anforderungen einigermaßen entsprechend sind fast gar keine Schlafstellen. Die meisten sind sogar recht schlecht; entweder auf freiem Boden, zu eng, zu dunkel, im Sommer zu heiß, im Winter zu kalt, gegen Zug nicht geschützt.

Blick vom Neuen Markt in Richtung Friedhofgasse - deutlich erkennbar die "kleinen" Häuschen früherer Zeit - Bildausschnitt [470]

Blick vom Neuen Markt in Richtung Friedhofgasse – deutlich erkennbar die „kleinen“ Häuschen früherer Zeit, vor diesen von rechts nach links im Gefälle muss eine der Abwasserrinnen verlaufen sein – Bildausschnitt

Besonders schlecht sind die Schlafstellen der Gesellen pp. bei den Bäckern; sie bestehen z. T. aus dunklen, feuchten Kellergelassen, die noch zu allerhand anderen Zwecken – Aufbewahrung von Mehl, Gemüsen pp. – benutzt werden, z. T. aus dunklen, engen Räumen, die man nur als kleine Löcher bezeichnen kann.

Im Jahr 1904 als dieser Bericht verfasst worden war, also vor nur 109 Jahren, gab es in der Stadt selbst genauso wenig wie auf den Dörfern eine Kanalisation. Von Dr. Buddee wurden die damals herrschenden Zustände wie folgt „um“schrieben:

Die Art der Behandlung der unreinen Abgänge auf den Grundstücken in den Ortschaften ist dahingehend, dass diese auf die Dungstätten oder in die Abortgruben kommen. Es gibt hier zwar einen mit Saugevorrichtung versehenen Abfuhrwagen; derselbe wird aber zu wenig benutzt. Die Bestimmung, daß in anderen Wagen nur nachts Grubeninhalt fortgeschafft werden darf, wird ebenfalls sehr oft übertreten, was sich für die Bewohner sehr unangenehm bemerkbar macht.

Zu den Schmutzwasser – Leitungen, Rinnsteinen und den geschlossenen Kanälen stellte der Arzt dann folgendes fest:

Der das Haus von Otto Maennel in der Goldstraße durchbrechende Canal resp. Graben ist hochgradig verunreinigt. Die Dung- resp. Abortgruben entleeren z. T. ihre Jauche hinein, die Grabenwände sind zum Teil eingefallen, auch von den Häusern, Ställen etc. sind Steine und Putz hineingefallen. Der Zustand in dem eng verbauten Teil des Grabens zwischen Maennel und Knoll ist fürchterlich. Ebenfalls ist der zwischen Kupczyk und Gärtner verlaufende Graben stark verunreinigt. Beide Nachbarn sind z. T. schuld, doch ist der Graben, da er nicht gepflastert ist, schwer zu reinigen.

 Der alte "Neue Markt" - er gab Grund zur Beanstandung bzgl. des Ablaufs der Abwässer - Bild Stadtbibliothek Nowy Tomysl [624]

Der alte „Neue Markt“ – er gab Grund zur Beanstandung bzgl. des Ablaufs der Abwässer – Bild Stadtbibliothek Nowy Tomysl

Der Verbleib der Schmutzwässer wurde ebenfalls in Recht „anschaulicher“ Form beschrieben

Bezüglich der Straßenreinigung konnte jedoch auch eine erfreuliche Feststellung getroffen werden, denn es fand eine solche allwöchentlich statt; dieselbe ist im allgemeinen ergiebig und gut; sodaß die Stadt fast stets ein sauberes Aussehen hat. Die Reinigung wurde allerdings auch öffentlich versteigert [886]und für den gezahlten Betrag, der Straßendünger wurde seinerzeit noch voll recycelt, achteten die Käufer schon selbst darauf, dass sie die Abfuhr erledigten.  

Die Pflasterung, oder eigentlich das Fehlen derselben wurde wie folgt notiert: 

*** Fortsetzung folgt***

Quelle: Staatsarchiv Poznan – Stadtakten/Akta Miasta Nowy Tomysl 4385/0195 Ortsbesichtigung

Schädliches Klima in Neutomischel – 1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Transkription u. Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Gesamtbild über Neutomischel - Karte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [888]

Gesamtbild über Neutomischel – Karte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Von Amts wegen wurden die allgemeinen und sanitären Zustände der Städte begutachtet. Es sollte eine Verbesserung der hygienischen Verhältnisse erzielt werden.

In Neutomischel fand eine Ortsbesichtigung am 20. /21. Oktober, 18. November 1903 und am 24. Februar 1904 statt. Der damalige Kreisarzt Dr. Buddee fasste die Ergebnisse dieser, in einem Bericht datiert vom 24. Februar 1904, zusammen.

Im ersten Kapitel –

***Gesundheitsheitsverhältnisse***

findet sich folgende „allgemeine Schilderung“ des Stadtbildes jener Zeit :

„Die Stadt Neutomischel zeichnet sich zwar vor vielen anderen Städten der Provinz durch Ordnung und Sauberkeit aus, trotzdem sind die Gesundheitsverhältnisse nicht gut.

Es liegt dies an seiner Lager in einem alten Niederungsgebiete und dem dadurch bedingten der menschlichen Gesundheit schädlichen Klima.

Außer dem hohen Grundwasserstande, schlechtem Trinkwasser, feuchten Wohnungen, kalten Nebeln etc. ist noch als besonderer hygienischer Überstand die Schwierigkeit der Abwässerbeseitigung zu nennen.“

 Eine Beschreibung hierzu lieferte dazu Färbermeister Kroenert, der 1874/1875 die Nutzung des  „Düngers“ [886] gepachtet hatte. Er versuchte, da der Winter sehr kalt und auch schneereich gewesen war, eine Ermäßigung des Pachtbetrages durchzusetzen, weil: “… durch den fortwährenden Schnee, welcher bis jetzt dort (Anm.: Neuer Markt)  liegen blieb … behindert von der Nutzung des Düngers Gebrauch zu machen. Dazu kommt noch, dass, da nun der Schnee getaut ist, derselbe Markt voll Wasser steht und noch nicht voraus gesehen werden kann, wann dieser üble Umstand ein besserer werden wird, da es für das Wasser hier keinen Abfluss gibt und es lediglich eintrocknen muss …”

Dr. Buddee schrieb weiter: „Zwar gibt es einen Reihe größerer und kleinerer Kanäle welche das Land und auch die Stadt durchziehen, doch ist infolge der gesamten niedrigen Lage das Gefälle äußerst gering, der Strom in den Kanälen sehr träge, sodaß Stockungen, Versumpfung und Anhäufungen von Schmutzstoffen nur zu leicht eintreten. Auf die hierdurch bedingten Zustände muß besonders geachtet, Ordnung und Sauberkeit auf den einzelnen Gehöften besonders streng verlangt und durchgeführt werden, gleichzeitig müssen die größeren öffentlichen Abzugskanäle so hergestellt sein, daß ein möglichst gleichmäßiges Gefälle garantiert wird, Reinigungen aber leicht vorzunehmen sind.“

Bezüglich dem Punkt „ansteckende Krankheiten“ und deren epidemisches Auftreten wurde wie folgt festgehalten:

Der Punkt der Überwachung der Prostitution wurde mit der Feststellung, dass es „polizeilich überwachte Prostituierte“ nicht gab, beantwortet.

Bei der Frage nach bemerkenswerten Vorkommnissen findet sich in dem Bericht folgende Eintragung:

„Tuberkulose ist nicht selten, da die ungünstigen klimatischen Verhältnisse dieser Krankheit den Boden bereiten. Da aber die Bewohner der Stadt meist in der Lage sind, für ihre Gesundheit etwas zu tun, so werden die Anfänge dieser Krankheit in den meisten Fällen geheilt.“

*** Fortsetzung folgt***

Quelle: Staatsarchiv Poznan – Stadtakten/Akta Miasta Nowy Tomysl 4385/0195 Ortsbesichtigung

Ansiedlung im Tommischler Pusch – 1704

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Transkription und Einleitung Gudrun Tabbert)
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Die Ansiedlungsbedingungen zu Martini 1704 Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: 973 “Dokumenty wiejskie” [Landdokumenten] sign. 206 http://szukajwarchiwach.pl/53/973/0/#tabZespol [889]

Die Ansiedlungsbedingungen zu Martini 1704
Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: 973 “Dokumenty wiejskie” [Landdokumenten] sign. 206 http://szukajwarchiwach.pl/53/973/0/#tabZespol

Nachdem einige „Holender“ bei Ludwig Szoldrky vorstellig geworden waren und um freie Ansiedlung ohne Repressalien oder sonstige Frondienste gebeten hatten, war Ludwig Szoldrsky zu dem Entschluß gekommen diesem Ansuchen zuzustimmen. Er stellt hierfür ab Martini 1704 das Areal „Tommischler Pusch“ zur Verfügung.

Er versprach sich durch die Ansiedlung nicht nur einen finanziellen Zugewinn, sondern auch die Zunahme seiner „freiherrlichen“ Herrschaft.

Der „Holender“ welcher sich ansiedeln wollte hatte sich mit 2 Thaler (Kurs: 1 Thaler = 35 Schustag) von jeder Hube Land einzukaufen. Dann wurden ihm ab Martini 1704 gerechnet 7 Freijahre eingeräumt. Diese musste er nutzen, um seine Landwirtschaft aufzubauen; und dieses soweit, als dass sie den Ertrag abwarf, die dann fällige Pacht von 30 Thalern (Kurs: 1 Thaler = 15 Schustag in weißer Silbermünze) per Jahr zu begleichen.

Gegen diesen Preis wurde ihm wie folgt zugesichert:  1. freie Verwendung des auf dem ausgemessenen Grundstück stehenden Baumbestandes oder etwaiger anderer Vereinbarungen, wenn ein solcher nicht vorhanden war, 2. die Erlaubnis zur Errichtung eines Wohnhauses aus Fichtenholz, 3. freier Erhalt von Land für einen Schullehrer und auch „Vorleser“ für Gottesdienstabhaltung, 4. freies Halten von Bienen auf ihren Grundstücken und freies Fischen in den Flüssen, die Seen waren ausgenommen, 5. die Zusicherung der Gültigkeit der „Freiheit“ auch für die Kinder und Enkel, 6. die freie Herstellung von Bier zum Privatverbrauch, dieses hatte allerdings keine Gültigkeit für große Feste wie z. B. Hochzeiten und Taufen, 7. freies Weiden des Viehes auf den Szoldrsky eigenen Weiden und Gebieten. 8. freies Brenn-, Bau- und Zaunholz, 9. die Aufmessung der Grundstücke in märkischem Rutenmaß, 10. freien Ver- und Ankauf des Grund und Bodens, 11. das Angebot die ersten 7 Jahre von Martini 1704 an gerechnet, frei von Abgaben zu sein, 12. die Zusage der Gültigkeit der Vereinbarungen auf „ewige“ Zeiten und letztlich 13. die freie Mästung von Schweinen, solange sie auf dem eigenen Grund und Boden und nicht auf dem des Ludwig Szoldrsky vorgenommen wurde.

Wir wissen heute, dass diese Bedingungen viele Siedler, woher sie auch immer gekommen sein mögen, bewog ihre Heimat zu verlassen und diese sich am „freiherrlichen“ Sitz des Ludwig Szoldrski in Wilkowa wie unter Punkt 11. benannt, einschrieben, um ihr weiteres Leben frei und auf eigenem Grund und Boden zu leben.

* * *

Im Nahmen der Hochgelobten Dreyfaltigkeit Amen

Ich Ludovicus von Szoldry Szoldrsky

Fennrich aus der Woiewodschafft Posensche Marschalck in Gros Pollen Erbher der feyherlichen Herschafften Pinne – Grosdorf – Wilkowa – Polsche – Tommischel – Wietommischel

)(

Uhrkunde und beken hirmit vor mich, meine erben und nach kommenden Wie auch sonst vor männiglichen nach dem bej mir sich einige Holender Angegeben und Zugleich diesen untertägnigsten vorschlag gethan, das wen Ich ihm den Untergebenen freyherlichen gebitte belegenen Tommischler Pusch, welcher der ausmesung nach vor sich und Ihre kinder und kindeskinder, Erblichen ubergeben von Conterbirung Conterbucion Einquartirung Zesenden und anderen Scharwerken wie sie den nahmen haben mögen befreiet und sie mit nöhtigen bau und brand holtz, auß Hüttung vor Ihr Viehe, doch das sie mir Ein gewisses das von geben, nehmlich Von der Hube 2 thaler den thaler zu 35 schustag gerechnet nicht von der hube sondern ein jetweder, begenediget werden könten, vor solchen Pusch vor mich von Anno 1704 den tag Martini an zu Rechnen dass sie Zu besitzen angefangen, Inne den nächsten 7 frejen Jahren von Jeder Huben Zins 30 Thaler d tahler zu 15 schustag gerechnet an weißer silber müntze und ich ihme daselbe uber Leget, daß mir daßelbige zu meinen Intraden, sondern auch zu vermehrung meiner frejherlichen Herschafft diene, habe derowegen ob er wehnete Holendern Coniediret und bewilliget Wie folget

Zum Ersten sollen sie daß auff Ihren Huben schlagstehende Holtz ansuchen, Eschen buchen Erlen, und was an Holtz befindlichen ist, In ihren nutzen Zu verwenden besieget sein wo sie aber  groß künftige wen angeliche sein solte, und waßt gein holtz brauchen, sollen sie sich mit der genedigen Obrikeit darumb vertragen.

Zum 2. sollen sie zum bau Ihrer Wohnung fichtenholtz Auß meiner …….(1) Ihren boden nicht haben gegeben werden.

Zum 3. sol Ihnen auff 20 Huben Eine halbe Hube frej gegeben werden umb einen schulmeister zur Invermacion Ihrer Kinder, und Ihren Gottes Dinst zu bestellen, darauf zu setzen, solle sie aber gleich mehr Huben annehmen, sol sich doch der Schulmeister mit der halben Hube condentiren

Zum 4. wird ihnen Concediret bienen auf Ihren Lande zu halten, und zu Fischen mit samen und waten, auff dem Seeen aber nicht im teiche, mehr sol Ihnen frejstehen im Flößen zu Fischen

Zum 5. sollen die Holender, und Ihre Kinder, auch ihre Kindes Kinder, von allen und Jeden Conterbirung Ein quartirung Zehenden und andern scharwercken, Wie sie den nahmen haben mögen, von nun an und zu allen Zeiten befreiet sein

Zum 6. sol ihnen zugelaßen werden frej Trincken als Kosent in ihren Heußern, vor sich und ihr gesinde zu machen, doch aber wen sie Hochzeit oder Kindstauffen , oder sonst ehrliche gelache außrichten und bihr darzu benöhtiget, sollen sie solches auß meinem brau Hauße nehmen

Zum 7. sol den Holendern Zugelaßen werden in meinem Pusche auff meiner weijde zu hütten Wen sie mir Jährlich davon geben 2 Thaler guttes geldes, mogen sie hütten, so weit sie kommen können

Zum 8. sol den Holendern zugelaßen werden auff meiner Hejde brän und bau Holtz wie auch Rucktemme zu holen, vor ietzt und Ihnen frej zu stehen, Zaun Holtz sollen sie alle mahl frey haben

Zum 9. gebe ich zu, das die holender ihre Lender mit der märckische Rute mögen Außgemeßen werden

Zum 10. so vergünstige ich den Holendern auch einen jeden Hauß vater mit den seinigen zu thun und zu laßen, zu kauffen und ver kauffen, nach eines Jeden seinem belieben.

Zum 11. sollen die holender, von Mertini 1704 an zu rechnen 7 frej Jahre haben, gegenselbige Zeit müßen alle alle heran Interesirende Holender in unseren fejherlichen sitze sich an melden, daß ihr nahme zu ende dießer von mir ihnen genedigeß Brifelegium nach geschrieben werden könte.

Zum 12. sollen diese mehr beregten Holendern Ihren Kindern Erblichen verbleiben, zum ewigen Zeitten.

Zum 13. sol den Holedern frej Mastung auf Ihrem Lande zu gelaßen werden, sollen sie aber die Schweine auff meine Mastung Bringen, werden sie geben nach dem sie sich vergleichen können

Damit nun allen diesen desto beßeren und versicherten, Glauben bejgemessen werden, mächte, so habe ich solches Eigenhändig unter schrieben, und mit meinen Angebohrnen Hochadelichen Petschaff Wohl wissentlich bekräfftiget so gegeben auff meiner freiherlichen Hoffe stette Wilkowa

Ludwik Szoldrski

(1)  Dokumentfalzung / Text nicht mehr leserlich

 

Das Privileg der Schuhmacher – 1788

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Transkription und Einleitung Gudrun Tabbert)
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Im Nahmen Gottes – Das Privilegium – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: 1347 “Cechy miasta Nowy Tomyśl” [die Innungen von der Stadt Neutomischel] sign. 1 “C. August II, król polski potwierdza cechowi młynarzy powiatu babimojskiego postanowienia statutowe co potwierdza również Feliks Szołdrski, starosta łęczycki i dziedzic miasta Nowego Tomyśla” http://szukajwarchiwach.pl/53/1347/0/1#tabJednostki [820]

Im Nahmen Gottes – Das Privilegium – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: 1347 “Cechy miasta Nowy Tomyśl” [die Innungen von der Stadt Neutomischel] sign. 1 “C. August II, król polski potwierdza cechowi młynarzy powiatu babimojskiego postanowienia statutowe co potwierdza również Feliks Szołdrski, starosta łęczycki i dziedzic miasta Nowego Tomyśla”
http://szukajwarchiwach.pl/53/1347/0/1#tabJednostki

In diesem Artikel wird der Inhalt des den Schuhmachern erteilten Privilegiums wiedergegeben. Diese erhielten durch dieses, das Vorrecht der Ausübung des Handwerks, des Handels einschließlich des Importes und letztlich sogar der Qualitätsprüfung zugestanden . Das Privileg kann auch als ein Schutzbrief für die der Schuhmacherzunft durch den Grafen Szoldrski angesehen werden, gegen Bezahlung selbstverständlich, denn durch dieses konnte Niemand, der nicht der Vereinigung angehörte, in dem betroffenen „Schutzgebiet“ dem Handwerk oder dem Handel frei nachgehen.

Interessant ist hierbei, dass dieses Privilegium für das „gantze Tomischler Gebüth“, also auf dem ganzen dem Grafen Szoldrski gehörenden Territorium, Gültigkeit hatte. Es bekamen nur die „Wirthe“ gleich ob Bürger oder Hauländer die Freiheit ihre Schuhe selbst „flicken“ zu dürfen.

Von einer Gleichstellung der Menschen und der Nichtdiskriminierung aufgrund z. B. der Abstammung, der Heimat und Herkunft, des Glaubens, der religiösen Anschauung wegen, hatte man vor 235 Jahren noch nicht gehört.

Am Ende des Artikels haben wir mögliche genealogische Daten aus unserer Datenbank eingefügt. Das Original Dokument wird verwahrt im Staatsarchiv in Poznan – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – 1347 „Cechy miasta Nowy Tomyśl“ [die Innungen von der Stadt Neutomischel] sign. 1 „C. August II, król polski potwierdza cechowi młynarzy powiatu babimojskiego postanowienia statutowe co potwierdza również Feliks Szołdrski, starosta łęczycki i dziedzic miasta Nowego Tomyśla“ http://szukajwarchiwach.pl/53/1347/0/1#tabJednostki [890]

◊∞◊∞◊∞◊∞   Im Nahmen Gottes   ∞◊∞◊∞◊∞◊

Ich Felix Graff v Szoldrski . Starost v. Leczycki . Erb Herr auf Zempin . Neu Tomischel . Tomischel ect. etc.

Urkunde und füge Jedermänniglichen hiermit zu wissen, Allermeist aber denen so daran gelegen, daß vor mich kommen die Ehrbarn und Wohlbenahmten Meister Johann Ludewig Blanck . Meister Christian Scheibe . Meister Martin Weber . Meister Andreas Scheibler . Meister Martin Friedrich Fechner und Meister Christian Ludwig Gerhard. (Meister. Joh. Gottf. Rich)*

Dem Löblichen Schumacher Gewerck zugethan, insgesamt und einhellig mir vorgebracht, wie sie gesonnen wären, eine Zunft und Zeche vor sich als Deutsche Schumacher in Neu Tomischel zu stifften, damit gute Einigkeit erhalten, auch allen Unfuge gesteuret werde. Welches voraus Gott zu Ehren Mir als Obrigkeit, wie auch denen so genannten Meistern zu Ihren Wohlsein gedeyen möchte.

Schuhmachergerätschaften im SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO in Wolsztyn (Freilichtmuseum der Volksbauweise des Westlichen Wielkopolska in Wollstein ) [891]

Schuhmachergerätschaften im SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO in Wolsztyn (Freilichtmuseum der Volksbauweise des Westlichen Wielkopolska in Wollstein )

Da ich dann ihr solch unterthänigst, demüthigst Bitten wohl erwogen, und überleget habe bin Ich Resolvirt selbiges zu thun, Gebe und Confirmire Ihnen hiermit, Krafft meiner Unterschrift und angebohrenen Petschafft, diese Ihre begehrte und bey mir eingebrachte Puncte, Clausuln und Articuln, wie solche aller Orten Brauch und üblich seyn, worüber Ich sie bestermaßen in allen Stücken schützen und Handhaben will. Lauten demnach die Puncte von Worth zu Worth wie folget:

)1(

Wenn einer will Meister werden, unter unser Zunft und Zeche der Schumacher allhier, so muß er haben drey gelernt, Jahre gewandert, hernach seinen Ehrlichen Geburths und Lehr Brieff den Gewercke bringen, und wenn er solches hat, so muß er sich bey dem Aeltesten angeben, und das Zeichen Geld Vier Schustack (vielleicht Schostag = polnische Silbermünze) erlegen, nachdem muß der Älteste das Zeichen herum schicken, und die Meister laßen zusammen kommen, welcher Meister aber das Zeichen nicht bald födert, und läst es eine kleine Weile liegen, ist schuldig einen Schustack Straffe zu erlegen, und wenn die Meister beysammen sind, soll derjenige welcher will Meister werden vor den Tisch treten, und seine Sache mit Höfflichkeit vorbringen, kann er aber selber sich mit Worten nicht behelffen, so wird Ihm vergönnt, einen andern Meister von unsern Gewerck sein Worth zu führen; Als dann soll Ihm gesaget werden, wie es in solcher Zunft und Zeche gehalten wird, steht es Ihm an, so muß er zu einen andern Meister gehen der da Gerbet, und sich ein Kuh-Leder von Ihm Kauffen, und aus denselben das Meiter Stücke bereiten; Als Ein Paar Manns Stieffeln, Ein Paar Mannes Schuh, und Ein Paar Frauens Schu, auch ein Paar Frauen Pantoffeln. und solches muß er aus diesen einigen Leder alles gantz schneiden, und Jedes Paar mit drey gantze Sohlen, wie auch die Absätze von gantzen Flecken machen, daß also an den Sohlen, auch an den Absätzen kein Flekgen zu finden ist.

)2(

Hernach muß er das Leder zum Aeltesten tragen, und daßelbe ausfaltzen und aufreiben und wenn das geschehen, so muß das Gewerck zusammenkommen, und wenn es beisammen ist, muß er das Leder auf den Tisch bringen und aufweichen, alsdenn besehen die Meister das Leder, obs zum Meister Stück taug oder nichts, wird ein Fehler befunden, so muß er sich willig in der Straffe welche Ihn der Alt Meister Dictirt, ergebe, und wenn er sie Straffe erleget hat, so muß er das Leder vor dem Gewerck zuschneiden und zurichten, unter stehet er sich solches nicht so wird Ihm erlaubt, einen andern Meister solches zu zerschneiden davor er denjenigen muß also bald gut kommen, und wenn er das Leder zerschnitten hat, so wird Ihm vergönnt über den Meister Stück acht Tage bey den Aeltesten zu arbeiten, und muß es also machen, daß kein Zweck Loch oben oder unten zu sehen ist bey Straffe.

)3(

 Wenn das Meister Stück fertig ist, so soll er wiederum das Gewerck laßen zusammen kommen, und das Meister Stück in einer Muhlde legen, denen Meistern auf den Tisch tragen, und entweichen, wenn die Meister es besehen haben, und ein Fehler darunter ist funden worden, muß er sich willig in derer Straffe ergeben.

)4(

Wenn er die Straffe erleget hat, so ist er schuldig dem Gewercke eine gute Mahlzeit, wie auch zwey Tonnen Bier und Sieben Reichs Thaler gut Geld in die Meister Lade zu geben, und erlegen auch die Jüngsterey so lang bestellen, bis ein ander Meister wird, und auch noch dabey zwey Pfund Wachs abgeben.

)5(

Kömmt er um diesen allen nach, so wird er von den Gewerck vor einen Meister erkant, und angenommen, und muß sich nach diesen folgenden Articuln wohl aufführen:

)6(

Es soll auch ein Jedweder Meister, wenn der Liebe Gott Friede giebt, der gnädigen Herrschafft Jährlich Vier Pohl. Floren Zinß abgeben.

)7(

Das Quartal. soll er Viertel Weise des Jahres schuldig seyn beyzuwohnen, bey Vier Schustack Straffe, und wird jedesmahl eine Tonne Bier aufgesetzt.

)8(

Wenn die Meister beisammen seyn, sollen sie sich fein Ehrbar, und Sittsam erzeigen, und begehen, nicht zancken sollen, auch nicht einer den andern mit Lügen straffen, viel weniger vor offener als auch geschloßener Lade sich mit Schimpff oder Schmäh Worten begegnen, solte aber etwas vorgehen, muß es des Morgens mit dem Früh Gespräche verglichen werden, Auch ist der Aelteste verbunden, dem Gewerck Jährlich Rechnung abzugeben, so wohl Ausgabe als auch Einnahme, und hat auch freye Macht das Gewercke nach richtiger Berechnung einen Aeltesten zu erwehlen, wie Sie wollen.

)9(

Es soll sich kein Meister unterstehen, das Meister Bier über die Schwelle zu tragen, viel weniger verzappen, oder etwas zu vergießen, geschiehts, das was verzappet oder vergoßen wird, soll derjenige schuldig seyn, wenn er es mit der Hand nicht kann bedecken, das Faß wieder zu füllen, es sey viel oder wenig davon getruncken worden, ja halb oder gar ledig gewesen.

)10(

Wenn nun einer von diesen Meistern sich den Alt Meister nicht wolte laßen Regiren, so soll bey einen Wohlweisen Herrn Burger Meister, oder Herrn Stadt Richter um den Stadt Diener angehalten werden, Welcher Ihnen auch solchen soll laßen folgen damit dieser ins Gehorsam gebracht werde.

)11(

Schuhmachergerätschaften im SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO in Wolsztyn (Freilichtmuseum der Volksbauweise des Westlichen Wielkopolska in Wollstein ) [892]

Schuhmachergerätschaften im SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO in Wolsztyn (Freilichtmuseum der Volksbauweise des Westlichen Wielkopolska in Wollstein )

Wenn ein Meister stirbt, so soll seine Frau eben das Handwerck treiben, entweder durch ihren Sohn, oder durch einen Breth Meister, wie zuvor ihr Meister gethan hat.

)12(

Wenn nun auch die Wittfrau, bey Absterben ihres Meister keinen Schu Knecht hätte, so soll sie sich bey dem Alt Meister angeben Welcher ihr mit allen, nach Hand Wercks-Gebrauch, soll an die Hand stehen.

)13(

Auch soll hernach, wenn Sie bey dem Alt Meister ist gewesen, frey haben einen von der Werck Stelle, welchen sie will zunehmen, wo zwey Schu Knechte in einer Werckstell sind, und zum Breth Meister haben.

)14(

Wenn einen Meister, oder Meister Frau, Gesell, oder Kind stirbt, so soll er schuldig seyn, mit zu Grabe zugehen, wenn Ihm nehmlich zuvor der Alt Meister das Zeichen hat zugeschickt, gehet er aber nicht mitte, so ist er schuldig einen Schustack Straffe zu erlegen.

)15(

Es soll sich auch kein Fremder Schumacher unterstehen, Schu herzubringen, viel weniger von Hauß zu Hauß mit Waaren zugehen, Solte einer damit betroffen werden, so soll deßen Waare verfallen seyn, und bey den Aeltesten gebracht werden.

)16(

Es sollen auch bey uns in Neu Tomischel. auf Jeden Jahr Marckt, von hiesigen Meistern zwey Schau Meister gehalten werden, darbey der Jahr Marckt vergrößert kann werden, wann die Arbeit besehen, und die untüchtige Arbeit abgenommen, auch was vor ungutsamen befunden wird, soll bey den Aeltesten abgegeben werden, und muß vor dem Gewercke verglichen werden.

)17(

Kein fremder Meister, soll sich nicht unter stehen, noch viel weniger ein Jude ein Rauch-Leder in Neu Tomischel zu kauffen, werden solche getroffen, so soll es verfallen seyn und bey den Aeltesten gebracht werden.

)18(

Wenn die Meister pflegen, Leder, Rinde oder Eichen Stangen zu kauffen, soll es einer den andern nicht auskauffen bey Straffe.

)19(

Auch soll kein Meister des andern seine Arbeit tadeln, oder verachten, noch viel weniger die Kauffleute abhalten, kommt solches Verbrechen vors Hand Wercke, und kann mit Zeugen erwiesen, soll der Verbrecher mit harter Straffe angesehen werden.

)20(

Unter den gantzen Tomischler Gebüth (Gebiet) soll sich kein Fuscher, oder Schuh Flicker laßen finden, solte einer gefunden werden, so mögen die Meister alles wegnehmen, und zerstöhren, ausgenommen einen Wirth, Er mag Bürger, oder Holländer seyn ist erlaubt, wenn er kann seine Schu zu flicken.

)21(

Solte sich einer finden, in Neu Tomischel. der willens wäre Meister zu werden, so soll derselbe sich nicht unterstehen eher zu arbeiten, bis er sich bey den Aeltesten angeben, und vorher Bürgerlich eingelaßen hat.

)22(

Wenn ein Meister einen Jungen Lehren will, so ist er schuldig 14 Tage zu versuchen, gefälts Ihm, so soll der Meister nebst des Jungen Vater und Jungen zum Alt Meister gehen, und das Zeichen Geld erlegen, und das Gewerck laßen zusammen kommen.

)23(

Der Lehr Junge ist schuldig, dem Gewercks Meister, seinen Geburths Brieff zu zeigen, damit deßen Ehrliche Ankunft und Geburth untersuchet wird.

)24(

Der Meister mag sich mit seinen Lehr Jungen vergleichen wie Er kann und will. der Lehr Junge aber muß bey seinen Aufnehmen, den Meister zwey Bürgen schaffen, welche er sich selbst von unsern Gewerck erbitten muß, darmit der Meister gewiß ist seiner Lehr Jahre.

)25(

Auch ist der Lehr Junge schuldig bey seinem Aufnehmen zu geben den Meistern, des Gewerck eine Mahlzeit, wie auch 1 Tonne Bier nebst 2 Pfund Wachs.

)26(

Wenn er denn seine 3 Lehr Jahre hat richtig ausgestanden, so muß er sich bey den Aeltesten angeben, und das Zeichen Geld erlegen, damit die Meister des Gewercks zusammen kommen, und bey seinem Loßsprechen denen Meistern geben wird, eine halbe Tonne Bier.

)27(

Der Lehr Junge soll sich nicht unterstehen in seinen Lehr Jahren, eine Nacht ohne des Meisters wißen auszubleiben, geschweige Mehrmahlen, solte er aber den Meister 14 Tage die Lehre fahren laßen, und bleiben, so soll es verfallen seyn, was darauf ist gewendet worden.

)28(

Ein Meister soll Macht haben seinen Sohn in der Wiege Loß zusprechen, solte er aber hernach bey seinem Vater nicht können Lehren, daß Er einen anderen Meister müste haben, so soll er Zeichen Geld erlegen, und bey Loßsprechung Ein Fäßgen Bier.

)29(

Wenn eines Meister Sohn, Meister wird, oder ein Schuh Knecht eines Meisters Tochter heyrathet, so haben solche das Meister Recht auf eine Tonne Bier, und 3 Rth. 15 Sgr. gut Geld frey zu genießen.

)30(

Schuhmachergerätschaften im SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO in Wolsztyn (Freilichtmuseum der Volksbauweise des Westlichen Wielkopolska in Wollstein ) [893]

Schuhmachergerätschaften im SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO in Wolsztyn (Freilichtmuseum der Volksbauweise des Westlichen Wielkopolska in Wollstein )

Wenn ein Lehr Junge ausgelehret hat, und Geselle ist, daß er auf die Wanderschafft gehet, so soll er nicht eher nach Hause kommen bis nach Verfließung drey Jahre, und ein Meister Sohn nach Verlauff 2 Jahre.

)31(

Wenn ein Schuknecht bey den Meister in Arbeit stehet, so soll solcher sich nicht unterstehen, 14 Tage vor den Jahr Marckt, noch vierzehn Tage vor der Wanderschafft abschied zu nehmen, sondern muß warten bis die Wander Zeit kommt, und der Jahr Marckt vorüber ist.

)32(

Es soll sich kein Kauffmann unterstehen Fremde Arbeit, sie mag Nahmen haben, wie Sie will einzuführen, es sey in oder außer der Stadt, auch sogar in der gantzen Parovie nicht, so fern einer damit betroffen wird soll die Arbeit verfallen seyn, und bey gnädiger Herrschafft verglichen werden, auch soll kein Meister des andern seinen Gesinde abhalten, es sey Gesell oder Junge, kommt solches heraus, so soll der Abhalter mit harter Straffe vom Gewerck angesehen werden.

Zu mehrer Bekräfftigung habe dieses Privilegium, nebst allen obstehenden Puncten und Clauseln, mit meinen Hoch Grafflichen Petschafft besiegelt und Eigenhändig unterschrieben.

Gegeben auf den Schloss TSchempin d. 17 January . 1788 .

Felix Szoldrsky

• • • • •

 Die Herren Schuhmachermeister, die eingangs erwähnt wurden, könnten sein:

 

Statistik der evgl. Bewohner der Hauländergemeinden und Dörfer – um 1744/1766

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Evangel. Kirche in Rakwitz; erbaut 1662, Turm von 1781 - Quelle (1) [435]

Evangel. Kirche in Rakwitz; erbaut 1662, Turm von 1781 – Quelle (1)

In der Veröffentlichung „Geschichte der Evangelischen Kirche zu Rakwitz“ – Autor Karl Schulz – gedruckt 1929, finden sich einige statistische Zahlen zu den protestantischen Siedlern des damaligen Einzugsgebietes der evangelischen Kirche zu Rakwitz.

Die Statistik basiert auf den Amtsantritt des Pastor Bechner im Jahr 1744 an der evangelisch-augsburgischen Kirche zu  Polnisch-Freystadt; er amtierte dort bis 1752.

Er hatte, wie auch schon seine Vorgänger, ein großes Gebiet zu betreuen. Die Unterrichtung der Kinder in der Glaubenslehre fand in den Bethäusern oder den Schulen direkt in den Dörfern statt und oblag den sogenannten Vorlesern oder Schullehrern, der Akt der Konfirmation selbst jedoch, dem Pastor.  Anhand von gefundenen Visitationsberichten wurden die Kinder mit ca. 14 Jahren konfirmiert;  mit der Konfirmation fand zeitgleich auch die Schulentlassung statt. Im Kirchenbuch von Rakwitz wurden für die Jahre 1743 – 1764 pro Jahr im Schnitt 50 Konfirmanden  mit Namen und Herkunftsort notiert. Anhand dieser Eintragungen kann von einer gleichmässig anwachsenden evangelischen Bevölkerung ausgegangen werden.

Es findet sich in der Veröffentlichung des Autors folgende „Aufzählung der Orte, aus denen seine Konfirmanden, damals Katechumenen genannt, kamen. Hinter den Ortsnamen, der in der alten Schreibweise gebracht wird, ist die Zahl der aus dem Orte genannten Familien angegeben. Die Zahlen geben ein Bild von der stellenweise sehr zahlreichen evangelischen Bauernschaft in jener Zeit“:

Barlozen 1 Grotzig 1 Ruchocice 2
Bentschner Hauland 1 Guschin 38 Rostarzewo 5
Bentschen 1 Jazkolke 4 Schwartzes Hauland 38
Blincke 35 Karge 2 Schwersentz 1
Bombiewo 2 Kellmar 6 Snowidowo 8
Boreslawe 1 Kleinluncke 4 Sontopp 80
Boruysches Hauland 5 Kmellinsze 1 Sorau 1
Brätz 1 Kottove 4 Stodolzke 9
Bruch 1 Kuschlin 29 Tornave 45
Bug 1 Liptke 20 Thomischel zugeh. Hauländer 45
Camerawe 4 Lubikove 3 Turkowo 2
Concleve 37 Neuroschnik…………………….. 18 Unruhstadt 2
Dykowe 2 Neustadt 2 Urbanowe 2
Dempske 1 Opalenice 1 Uyast 3
Damerave 3 Parzeczewo 1 Vorwerk (Podgradovice) 14
Dorf Rakwitz 5 Plastowo 1 Wetzke (Wioska) 30
Droßnetz 1 Podgradovic 18 Willikove 2
Druyer Hauländer………….. 20 Proche 3 Witomischel 1
Gabilone 31 Pruschkave 15 Wunzave (Wasowo) 5
Gnin 2 Ptoszkave 1 Zellentzin 1
Geule 33 Pudszikave 1 Zikufko 1
Grätz 29 Ratteu 23 Zirke 1
Gromleve 4 Rentzig 1 Züllichau 3

Durch den Zuzug evangelischer Ansiedler veränderte sich auch die Gemeindearbeit des Pfarrers von Rakwitz, wie es heißt, weiter.

Es wurde folgende Statistik (Jahr/Anzahl Communicanten) veröffentlicht:

Die in blau eingefügten Daten sind dem heute noch erhaltenem Kirchenbuch der Gemeinde Rackwitz entnommen und entsprechend ergänzt worden.

Die Statistik aus dem Jahr 1744 zeigt auf:

22 Jahre später zeigt die letztere Statistik aus dem Jahr 1766, wenn die gleichen Basisdaten genutzt werden

Hier von einem „Zuzug evangelischer Ansiedler“ der „allenthalben in vollem Gange“ war, wie es von dem Autor eingeschätzt wurde zu sprechen ist unter Heranziehung des oben ausgewerteten Datenmaterials fragwürdig. Sicherlich kann der ein oder andere Zuzug nicht ausgeschlossen werden, die Zahl der Bewohner hatte sich in den 22 Jahren von 1744 bis 1766 jedoch noch nicht einmal verdoppelt. Es kann also vielmehr angenommen werden, dass der Zuwachs der evangelischen Gläubigen, vornehmlich durch die erwachsen gewordenen Kinder der, bei der ersten Statistik berücksichtigten Siedler,  die nun ihre eigenen Familien gegründet hatten, eingetreten ist.

* * *

Bildquelle: siehe Artikel Die evgl. Holzkirche zu Rakwitz [894]

 

Die überlieferte Abschrift des Privilegiums von Konkolewo aus dem Jahr 1855

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Konkolewo - Kartenausschnitt von 1893 - Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [895]

Konkolewo – Kartenausschnitt von 1893 – Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Die Landwirte Gottlieb Förster und Gottlieb Labsch, beide Mitglieder des ehemaligen Gemeinde Kirchenrates und der Gemeinde Vertretung von Konkolewo, hatten, so die Überlieferung, das Original der Privilegiums-Abschrift im Gemeinde Archiv entdeckt. Vermutlich waren dann Kopien angefertigt worden, die innerhalb der Familien verblieben. Eine dieser Kopien von der Kopie wurde 1986 für das Buch „… und dazwischen Neutomischel“ – Autor A. Kraft, in dem nachfolgender Text abgedruckt wurde, genutzt. Über den Verbleib der Original Abschrift ist nichts bekannt.

* * *

Abschrift – Privilegium der Gemeinde Konkolewo

Im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit! Amen!

Ich, Carl Graff von Bnin Opalinski Erb Herr der Herrschaft Grätz urkunde und beken­ne vor mich meine Nachkommen und Besitzer, das Ich mit wohlbedachtem Rath, rei­fer Überlegung, gesundes Leibes und Gemüthes aus freiem standhaftem Willen diesen guthen Ehrlichen Holländrischen Leuthen Mein Dorf Konkolewo genand, samt dem Vorwerge wie es in seinen Reinen und alten Grenzen mit aller und jeder Zugehör an Gebäuden Ackern, Walde, Wiesen, Gärten, Teichen, Bäumen gelegen, ausgenommen Meine beiden Wiesen behalte vor mich, jedoch trete von den großen so viel ab, was Ihnen nachteilig und schädlich lauft, wo so viel wieder bekommt auf ewig frei ohne einige Dienstbarkeit, Hof Arbeit, so daß Sie und Ihre Erben und Nachkommen in allen dienstfreie Leute sein sollen und bleiben, auch so, daß Sie Ihre Güther wieder verkau­fen und verschenken mögen, wie Sie nur wollen und dieses nach Ihren Belieben unge­hindert frei abziehen, jedoch ohne Schaden Gnädiger Herrschaft Grundzinse und zwar, um und vor Tausend Sechshundert Reichsthaler verkauft und Ihren besten Nutzen übergeben habe.

Konkolewo - Kirche, Aufnahme 2009/09 PM [896]

Konkolewo – Kirche, Aufnahme 2009/09 PM

Diese Holländerschen Leuten aber verzinsen jährlich (perpetuo) (heißt für immer) der Gnädigen Herrschaft die 20 Hufen und geben von jeder Hufe Fünffzieg Timpfe. Es hebet sich aber die erste Zinse von den verflossenen 1720 Jahre an, 1721 den Tag Martini und diese jährlich gesetztes Tages (suuehsior) abzulegen, (soll heißen jährlich am gesetzten Tage und wenn ein Tag dazu nicht ausreicht nach & nach) Weile aber merklich noch ungeräumtes Land in diesen 20 Hufen als verzinsen erstlich 1722 Fisto (Ende) Martini nur das nutzbare Land bis als den 1723, auf welches unbe­bautes Land zweijährige Freiheit der völligen Hufe welches Land auch durch einen Approbierten Land Messer Ihnen zugemessen werden. Es besteht aber jede Hufe in 30 Morgen, der Morgen aber in 300 Ruthen, die Ruthe aber in 8 1/2 culmscher Ellen. Hierbei haben Sie (perpetuo) (heißt für immer) Ihre freie Hüthung auf der Gnädigen Herrschaft Heide und Walde vor alle Ihren Viehe und Schafe wie auch die Mastschweine mögen sie nebst meinen Schwein Herden mittreiben, und zwar von der Hufe zwei. Vor welche gänzliche Viehe und Schafe Weide, diese Leute an St. Martini, wozu der An­fang 1721 gemacht wird, jederzeit ablegen zwanzig Reichsthaler gangbare Silber Mün­ze.

Damit Sie aber freies Brennholz, als Eschen, Buchen, Erlen, Kiefern, Eichen, in meinem Wald und Heide unturbiert (heißt ungehindert) hauen und holen mögen, So führen Sie dafür Jährlich Martini ab: vierundzwanzig Scheffel Hafer gestrichen Grätzer Maßes, wobei gleichfalls 1721 der erste Anfang zur Lieferung gemacht wird. Haben Sie solche Ihre Zinse Weidegeld und Hafer abgeführt, so sollen Sie allezeit von Mir, Meinen Erben und Nachkommen, jeder appart mit meiner haltsamen, richtigen Quittierung ohne Entgeld oder Verzug versichert und vergewissert werden,  Und weil solch Gut in der Anlage als will ich Ihnen solches aus der Kostnischen Kanzelei, ohne Rauchfang und Kopfgeldern in derselben abzulegen verschaffen, damit Sie sich aber ewiger wahrer Versicherung zu getrösten haben, als erteile ich Ihnen Ihren Erben und Nachkommen solch theuer Privilegium mit seinen Clauseln, Punkten und Artikuln Sancti Sanctißimi zu halten und zu wahrer Aufrichtigkeit in der Kostnischen Kanzlei bestätigen zu lassen.

Das Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes in Konkolewo - Aufn. Piotr Szwiec [897]

Das Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes in Konkolewo – Aufn. Piotr Szwiec

Privilegire demnach Selbige theuer, daß Sie an Ihrer Religion sollen frei und ungehin­dert, sicher und ungekränkt sein und bleiben.

Ingleichen ewige Dienstfreie Leuthe Sie und Ihre Nachkommen ohne ein einzige ersinnliche Pecturbation und Exeption (Befreiung von jeder Last) – Ihre Gerichte sollen Sie haben als Schulzen Schoppen und Rathsleute die Sie alle Jahre die S. Johnis unter sich selbst ordnen und aus sich wählen, welche ich auch bekräftigt sein lasse, die da ordentliche Gerichte halten und nach Ihren rechtlichen Erkenntniß die Verbrechungen abstrafen mögen, außer Peinliche Halse Gerichts Sachen behalte ich mir vor.

Ehrlicher Handel und Wandel womit es sei, steht Ihnen frei, auch frei Markt in Graetz zu halten, daran Sie alles Zolles liebernirt (heißt befreit) Damit Sie aber auch Aufbau­en können, als gebe ich Ihnen zum Wiederaufbauen freies Bauholz, wie auch zu Zäunen, es mag sein was es wille, wie auch wozu es wolle, ungehindert dort zu hohlen. Nach vollführenden Aufbau aber sollen Sie sich mit Gnädiger Herrschaft, da Sie etwas brauchen werden vergleichen. Auch sollen sie von meinen Unterthanen, als auch an­dern Benachbarten, soweit sich Ihre Gerechtigkeit erstrecket, ungekränkt und etubiret bleiben, wo ich in allen Vorfallenden (Occasionen) )(eißt Gelegenheiten) Ihnen haltbare und vergnügliche (Protsition) (heißt Schutz) leisten will.

Auch vergönne Ich Ihnen einen Handwerksmann unter Ihnen wohnend und Wirth ist, der Ihnen Ihre Kinder in Lesen und schreiben informirt, Ingleichen der auch ihre Todten nach Holländerischen Gebrauch ehrlich zur Erde bestattet, wozu ich Ihnen einen freien Kirchhof, so in ihren Grenzen gebe, Welcher auch von Niemanden soll gekränket, oder von einen einigen Geistlichen (turbiert) (heißt gestört) werden. Deßwegen habe ich mich auch als Ihre Gnädige Erb. Herrschaft mit den (Titel) Herrn Pleban von Bockovie, in welches Parochie es gehört, wegen des Decems, Messen und Begrabens auf Geld näm­lich jährlich davor hundert Timpfe Selbten abzuführen und von einer Copulation fünf Timpfe, von Täuflingen aber dreißig Groschen polnisch zu geben verglichen, damit diese Leuthe können höher als gebräuchlich nicht Taxirt werden, worüber der (Titel) Herr Pleban auch einen haltsamen Revers und Versicherung laut Vergleichs von sich geben soll.

Auch steht ihnen frei Bienen zu halten.

Auch habe ich mir vorbehalten, einen Krug zu Meinem Nutzen zu halten, dazu ich Ihnen eine halbe Hufe Land zu ewigen Zeiten zinßfrei gebe, das Bier aber muß aus meinem Brauhause zu Graetz und nirgens anders wo holen.

Ich erlaube Ihnen auch eine Windmühle zu bauen, davon sie schuldig sind, so sie gangbar zwei Dukaten Grundzinse abzuführen, Und wilo gebräuchlich, so ein Holländer Gut angelegt, daß derselbe Fundator Semper frei Land bekommt, so erhält Johann Lieschke etc. 3 auch zu ewigen Zeiten eine halbe Hufe zinsfrei Land.

Konkolewo-Hauland [898]

Konkolewo-Hauland – Wappen aus dem Artikel „Deutsche Blätter in Polen“ in dem auch Abbildungen aus der Sammlung des K.E. Goldmann veröffentlicht wurden

Sollte nun auch, davor Gott behüten wolle, Irgend ein Brand entstehen so soll aus Christ­lichen Mitleiden und Barmherzigkeit hülfreiche Hand geleistet werden, und zwar durch Einschlagen oder Feinde, wofern es aber durch Verwahrlosung oder Unvorsichtiger Weise geschehen, soll derjenige noch darzu gestraft werden. Auch mögen sie allerhand Erliche Handwerker unter sich haben, als Schuster, Schneider, Tuchmacher, Schmiede.

Käme es auch letzlich, das dieses gesiegelte Original durch Brandschaden oder sonst verworfen verloren würde, oder auch gedachte Holländer durch Krieg verheeret werden sollten, sollen Sie ein Jahr zinßfrei sein, und dieses Original, wie es vom Wort zu Worte lautet, von Mir, Meinen Erben und Nachkommen ohne alle Hinderung, wie dieses in der Kanzlei bekräftigt gewiß und wahrhaftig welcher mein ernster Wille zu ewigen Zeiten zu halten wiederum! mitgeteilt und ohne einzige Turbation gegeben werden.

Zu desto mehrer Reorgnition und Versicherung habe ich Solches durch alle meine Nachkommen es (Sanctissima) (heißt heilig) zu halten, mit Meinen hier angehängten, angebornen Gräf­lichen Pittschaft corroborirt bekräftiget, bestätigt und eigenhändig unterschrieben.

Geschehen in meiner Erb Stadt Graetz im Jahre Christi Eintausend Siebenhundert und zwanzig den 10. Oktober gez: C G.v. Opalinski

Praesens Privilegium inductum est in Acta Castrensia Costenia Geria Sexta Ipso die Festi Sancti Apoloniae Virginis A Martyris Die scitiret Nonna Mencis February Anno Domini Millesimo Septingentesimo Octagesimo Primo Suscepit Dobrakawski – Obtegens Castronsia Costenia Ocupta.

(Übersetzung: Gegenwärtiges Privilegium ist in die Burg Akten zu Kosten sechste Serie Seite eingetragen und zwar am Festtage der heiligen Jungfrau und Märtyrerin Apolonia, nähmlich am 9 Februar 1781)

Übernommen von Dobrostawski – Registratur der Burgschriften zu Costen.

Vorstehende Abschrift des Privilegie der Gemeinde Konkolewo Hauland von 10. Okto­ber 1720 wurde nach mehrmaliger, sehr genauer und sorgfältiger Durchsicht des Originals, mit möglicher Beibehaltung der älteren Orthographi und Satzbildung, sowie mit Ausscheidung der auf dem Urtext des Originals durch fremde Hand später daraufgeschrieben, manchmal ganz falsche Worte geschrieben.

Behufs Aufbewahrung mit dem betreffenden Orginale beim hiesigen Schulzenamte von dem unterzeichneten evangelischen Lutherischen Pfarrer selbst angefertigt und mit Anmerkungen versehen, Solches bescheinigt der Wahrheit gemäß unter Beidruckung des Kirchensiegels

Konkolewo, den 9 Februar 1855 gez: Ludwig ev. lutherischer Pfarrer

Es hat ihn gegeben,den Willkommbecher der Müllerinnung (1787-1887)

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Bockwindmühle,Nachbau im Freilichtmuseum für Volkskunst in Wollstyn - Aufn. 09/2010 GT [899]

Bockwindmühle,Nachbau im Freilichtmuseum für Volkskunst in Wollstyn – Aufn. 09/2010 GT

Schon in seinem 1912 veröffentlichten Artikel „Die letzten Wind- und Wassermühlen – Teil 3“ [900] schrieb Karl Eduard Goldmann:

„Mit dem Verschwinden der Mühlen musste selbstverständlich auch das Innungswesen der Müller leiden. Die Müllerinnung Neutomischel, deren Willkür Felix Szoldrski, Erbherr auf Neutomischel, 1786 bestätigt, ist wohl die älteste unter den hiesigen Gewerken. Sie galt einstmals als die größte und vornehmste in der Stadt, ihr gehörten auch die Berufgenossen aus der Umgegend an. Auf den Festlichkeiten, „Müllerquartalen“ , ging es hoch her. Es kamen aber, wie schon erwähnt , andere  Zeiten. Das Interesse für die Innung schwand, und die Mitgliederzahl verringert sich von Jahr zu Jahr. Bedauerlich ist es, dass ein alter Willkommbecher aus der ältesten Zeit der Innung verloren gegangen ist (siehe Zeitschrift d. Hist. Ges. f. d. Prov. Posen, Jg IV, S. 215). Wo blieben die alte Innungsfahne, wo die mit dem Stadtwappen ausgelegte Innungslade ? Heute sind die wenigen Müller von Neutomischel und Umgegend der hiesigen Bäckerinnung angeschlossen.“

* * *

Für das Jahr 1854 konnten aus alten Wahlunterlagen der Vorsitzenden der Müllerinnung noch folgende Mitglieder notiert werden:

Fechner, Heinrich – Neutomysl; Tiesler, Heinrich – Neutomysl ; Arlt, Carl – Neutomysl; Maennel, Alexander – Neutomysl; Kaulfuss, Peter – Neutomysl; Sperling, Carl – Neutomysl; Pflaum, Gottlieb – Neutomysl; Schmidt, Gottlieb – Glinau; Knoll, Samuel – Zinskowo; Haesler, Wilhelm – Paprotsch; Rausch, Wilhelm – Paprotsch; Fenske, Traugott – Paprotsch; Schulz, Carl – Paprotsch; Hunold, Gottlob – Alt Boruy; Hunold, Gottlieb – Alt Boruy; Hunold, Traugott – Alt Boruy; Hunold, August – Alt Boruy; Stenschke, Julius – Alt Boruy; Giering, Gottlieb – Alt Boruy; Bautz, Gottlieb – Konkolewo; Neumann – Konkolewo; Heinrich, Martin – Konkolewo; Herrmann – Schwarzhauland; Koth, Gottlieb – Schichogora; Markwardt, Senior – Bukowicz; Markwardt, Junior – Bukowicz; Müller, Daniel – Sontop; Tepper, Joh. – Sontop; Gebauer – Sontop; Korn – Sontop; Steinke – Sontop; Schneider – Sontop; Hirth – Kozielaski; Trapp – Alt Tomysl; Reisch – Alt Tomysl; Hoffmann – Chmielinko; Herzog – Sempolno

25 Jahre später, im Jahr 1879, findet sich die Aussage von Goldmann bestätigt, erwähnt wurden in alten Papieren der Innung nur noch die Mitglieder:

Rausch, Müller Goldmann, Pflaum, Sperling, Rausch, Neumann, Arlt, Gebauer, Trapp, Hirt, Reisch, Morzynski, Schneider, Rüdiger, Pflaum, Steinke und Hunold.

Die Zahl der Mitglieder hatte sich also nahezu halbiert. Es fehlten unter anderem auch die Herren Maennel und Schmidt, Besitzer der beiden großen Dampfmühlen der Stadt.

Um 1887 muss die Innung noch weiter an Bedeutung verloren haben. Die eingangs erwähnten Signien der Innung verschwanden, zumindest eine auf einem Dachboden. Hatte man 1787 noch das Stammbuch der Meister  [787]für das „löbliche Gewerk der Wind- und Wasser Müller in Neu Tomijsel“ eingerichtet, so verkaufte man nur 100 Jahre später die Münzen des Willkommbechers der Müllerinnung. Gedanken seitens des Magistrats oder auch der nachfolgenden vereinigten Innung der Handwerker der Stadt Neu Tomysl, nachkommenden Generationen Gegenstände und Dokumente der Geschichte der Stadt zu erhalten, scheint es in jenen Jahren noch nicht gegeben zu haben.

Beispiel eines Willkommbechers - Zeichnung PaNe [901]

Beispiel eines Willkommbechers – Zeichnung PaNe

Herr Rodgero Prümers, seinerzeit Vorsitzender der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen, einer Institution, die sich u. a. aber mit dem Sammeln von alten Gegenständen zur Erhaltung und Bewahrung der Siedlungsgeschichte der Provinz Posen befasste, schrieb 1887 an den Herrn Bürgermeister Witte in Neutomysl betreffend der ihm von diesem angebotenen „Münzen der Müllerinnung“.

Er fragte in diesem Schreiben an, ob er nicht auch den Pokal erhalten könnte zu dem die ihm übersandten Münzen gehören würden. Prümers führte aus, dass er „für das Ganze“ also für den Becher und die Münzen einen Preis bieten möchte, da die Münzen allein nur den Silberwert besitzen würden.  Die Historische Gesellschaft würde sogar „10 % über diesen (Silberwert) bieten, damit dergleichen Zeugen der Vergangenheit des Landes nicht in den Schmelztiegel wandern“ würden. Man wäre aber eben an dem Gesamtensemble interessiert.

In einer Randnotiz auf diesem Brief ist durch Bürgermeister Witte vermerkt worden, dass der Müllermeister Christoph Rausch als letzter Obermeister der Müllerinnung sich im Besitz des so genannten Willkommbechers befinden müsste.  Christoph Rausch wurde eine Frist von 3 Tagen zur Abgabe des Bechers und zur Vermeidung einer Klage auf Herausgabe eingeräumt.

Letztlich war es aber wohl für den Willkommbecher schon zu spät. Per 24. September 1888, also fast ein Jahr nachdem die ersten Ver- bzw. Ankaufsverhandlungen zu den Münzen des Bechers aufgenommen worden waren, findet sich auf den Archivunterlagen nur noch der Vermerk seitens Witte: „Diese Angelegenheit ist inzwischen geregelt worden daher – ad acta.“

Prümers schreibt noch im Jahr 1888 einen Artikel über diesen Willkommbecher in der Zeitschrift der historischen Gesellschaft. In diesem heißt es: „Die Müllerinnung zu Neutomischel  besaß einen alten Willkommbecher, welcher wohl aus den ersten Zeiten der Stadt, also Ende des vorigen Jahrhunderts, stammte. Derselbe war von dem Grundherrn von Neutomischel, Namens Szoldrski, gestiftet worden und im Besitz der Innung bis in dieses Jahrzehnt hinein geblieben, hat dann aber lange auf einem Hausboden gelegen und ist nunmehr nicht mehr aufzufinden.

An diesem Pokale hingen mehrere Münzen, die ihres Silberwertes wegen von demselben abgenommen und auf diese Weise gerettet wurden. Zunächst ein halber Thaler von Stanislaus August v. J. 1788 (Zagorski Nr. 759) mit einer hübschen Verzierung zum Anhängen, in deren Mitte ein S angebracht ist, jedenfalls auch ein Geschenk des Grafen Szoldrski. Ferner sind noch mit einfachen Ösen versehen ein Thaler von Stanislaus August vom Jahr 1795 (Zagorski Nr. 761), ein Rubel von 1813, 8 gute Groschen von Friedrich dem Großen vom Jahr 1753, eine Münze Ludwig XIV. vom Jahre 1690. Außerdem hatten früher einzelne Münzen in dem Becher gelegen, und zwar ein Dreißig-Groschenstück Johann Casimirs aus dem Jahre 1665, 5 Groszy vom J. 1811, ein Sechsgröscher Friedrichs des Großen v. J. 1770, ein Dreigröscher Friedrich Wilhelms III. v. J. 1803 und zwei Gröschel Friedrich des Großen vom. J. 1775, endlich an Kupfer 3 Grozy v. J. 1811. Diese Münzen sind für die Sammlung der historischen Gesellschaft angekauft worden.“

* * *

Quellen: 1) Der Artikel wurde zusammengestellt anhand von Akten, welche im Staatsarchiv in Poznan verwahrt werden – hier http://szukajwarchiwach.pl/53/4385.0209 Müllerinnung …. 2) „Ein Willkommbecher der Müllerinnung zu Neutomischel“ – Prümers, Rodgero – Zeitschrift der Historischen Gesellschaft zu Posen – Martin Opitz Bibliothek, Herne

Neutomysl – 1ste Schritte in die Internationalität – 1849

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Hopfenverladung auf dem Bahnhof Neu Tomysl - 1910 - Pferde- und Rollwagen der Fa. Goldmann - Aufn. durch Photographisches Atelier und Kunstanstalt Hermann Spychalski Neu Tomysl - Bild aus Privatbesitz der Familie Goldmann [902]

Hopfenverladung auf dem Bahnhof Neu Tomysl – 1910 – Pferde- und Rollwagen der Fa. Goldmann – Aufn. durch Photographisches Atelier und Kunstanstalt Hermann Spychalski Neu Tomysl – Bild aus Privatbesitz der Familie Goldmann

„An die sämtlichen Einsassen der Stadt Neutomysl

Zur Beförderung des Hopfenbaues und besseren Wohlstande der Einsassen hiesiger Stadt ist auf Veranlassung des Königlichen Landraths Amte von Seiten der Königlichen Regierung zu Posen die Abhaltung eines dreitägigen Hopfenmarkts jedes Jahr mit dem im Herbst fallenden Kram- und Viehmarkt verbunden genehmigt worden.

Um aber dem Verkehr des Hopfenmarktes einen erheblichen Vortheil zu verschaffen, ist es durchaus erforderlich, dass der angelegte Hopfenmarkt auch in allen öffentlichen Blättern für das In- und Ausland bekannt gemacht werde, welches jedoch mit mehreren Kosten verknüpft , welches sich aber um so leichter bewerkstelligen lässt, wenn es sich die hiesigen Einsassen angelegen sein lassen, die erforderlichen Inserats Gebühren durch freiwillige Beiträge aufzubringen, und da wir das Vertrauen zu unseren Einsassen hegen, dass es ein jeden Wunsch sein dürfte, den Verkehr des angelegten Hopfenmarktes nach Möglichkeit zu befördern, indem es gewiss nicht zu verkennen ist, dass derselbe nur das allgemeine Wohl der hiesigen Einsassen bezweckt, so auch herbeiführen kann, wenn zur Verbesserung des Verkehrs die nöthigen Schritte gethan werden, weshalb wir uns veranlasst fühlen, die hiesigen Einsassen hierdurch freundschaftlich zu ersuchen, den Verkehr des angelegten Hopfenmarktes durch eigenes und eifriges Mitwirken zu befördern suchen, und zur Beförderung dieses Zweckes nach Kräften freiwillig Beiträge zu leisten.

Gleichzeitig wird gebeten um eine genaue Übersicht über die eingekommen freiwilligen Beiträge zu gewinnen, dass diejenigen welche zu den obigen Zwecke Beiträge leisten, die Namen und den Betrag der gegebenen Beiträge umseitig zu verzeichnen.

Neutomysl, den 17. August 1849 – Der Magistrat – Katerla“

No. Name derjenigen die Beiträge geleistet haben Thl. Sgr. Pfg.
. Schaefer   2 6
. Rausch   1  
. Kutzner   1  
. Pflaum   1  
. Hackus   1  
. Schreiber   1  
. Dampmann   1  
. Haems ?   1  
. Manthei   2  
. Schmerl   1  
. Katner     6
. Stein   2  
. Toeffling   1  
. Schlestein   1  
. Maennel, Alexander   2 6
. Manthey, Beata   2 6
1 Apothker Weiss 1    
2 Thiele   5  
3 Roesler, Robert   3  
4 Lemberg, Carl   2 6
5 Maennel, Heinrich   2 6
6 Maennel, Alexander   5  
7 Markus, Salomon   1  
8 Maennel, Dienegott   5  
9 Morzynski, Peter   5  
10 Huebner, August   5  
11 Schlestein, Hermann   5  
12 Schulz, Gottlieb   2  
13 Tepper, Wilhelm No. 59     6
14 Büttener, Michael   1  
15 Weinert, Peter     6
16 Schaefer, Gottlieb   10  
17 Koch, Heinrich     6
18 Richter, Wilhelm   1  
19 Janott, Elisabeth     6
20 Hirsch, Ferd.     6
21 Neumann   2 6
22 Lange   25  
23 Sperling, Carl   5  
24 Hekke, Heinrich   1  
25 Scheibe, Wilhelm senior     4
26 Luchtmann, Rudolph   1  
27 Kosel, Carl   2 6
28 Xenodochius, Carl   1  
29 Eichler, Gottlieb   1  
30 Gutsch, Gottlieb   1  
31 Gutsch, Carl   1  
32 Zeidler, Heinrich   2 6
33 Kannewischer, Lud.   3  
34 Schreiber, Moritz   1  
35 Kaulfuss, Peter   2 6
36 Tepper, Alexander   1  
37 Pietsch, Wilhelm   1  
38 Manthey Beata   5  
39 Tepper, Gottlieb   1 6
40 Josephsohn, Meyer   1  
41 Tepper, Heinrich   5  
42 Kroetsch, Friedrich   2  
43 Luedke, August   2 6
44 Rausch, Johann   2 6
45 Paletzki, August   1  
46 Laengert, Gottf.     3
47 Stelzer, Gottfr.   2 6
48 Luedke, Heinrich   1  
49 Kroenert, Gottlieb   2  
50 Pflaum, Dienegott   4  

 

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Hopfenanlage bei Cicha Góra – Aufn. GT

Die „freiwilligen“ Spenden, wer hätte gewagt keinen Beitrag zu leisten, wenn eine Liste der Spender öffentlich einzusehen gewesen ist, reichte aus um in der Beilage No. 208 der Breslauer Zeitung  vom Freitag den 7. September 1849 die

„Bekanntmachung

In hiesiger Gegend werden alljährlich 2.000 bis 2.500 Centner Hopfen von ganz vorzüglicher Qualität erzeugt, welcher seither auch ins ferne Ausland, besonders nach Bayern und Böhmen verfahren worden ist. Um den diesfälligen Handel noch mehr zu beleben, haben wir von der hohen Behörde erwirkt, dass in Zukunft, mit diesem Jahre anfangend, alljährlich am 10., 11. und 12. Oktober ein Hopfenmarkt hier in Neutomysl abgehalten werden soll, wozu wir das betreffende handeltreibende Publikum hiermit ergebenst einladen.

Neutomysl im Großherzogthum Posen, den 1. Sept. 1849 – Der Magistrat“

* * *

veröffentlichen zu lassen. Gleichlautende Anzeigen waren in der Schlesischen Zeitung, der Danziger Zeitung, der Königsberger Zeitung und der Berliner Zeitung geschaltet worden.

Mit der Zahlung von 2 Thalern und 15 Silbergroschen an die Königliche Regierungs Abtheilung des Innern in Posen als Markt- und Inspektionsgebühren waren die ersten Schritte und Formalitäten erledigt.

Hopfenfeld am Landgraben in der Nähe des ehem. Witte Platzes 1928 - Aufn. Maennel-Archiv [904]

Hopfenfeld am Landgraben in der Nähe des ehem. Witte Platzes 1928 – Aufn. Maennel-Archiv

Hatte 1838 Joseph Jacob Flatau [689] damit begonnen in Neutomysl den Hopfenanbau und -handel neu zu strukturieren, so hatte die Stadt nun einen ersten Schritt aus ihrer Unbekanntheit auf das internationale Parkett vollzogen.

Über Einzelheiten und Ergebnisse der ersten Märkte wurden keine weiteren Aufzeichnungen gefunden. Die Entwicklung des Hopfenhandels schritt in späterer Zeit erfolgreich voran. Die  ersten Preise [629], so ist den Aufzeichnungen des Jos. Jac. Flatau zu entnehmen, erhielt der Hopfen nur 6 Jahre später. Durch anhaltendes weiteres geschicktes Marketing wurde der Neutomysler Hopfen ein für den Markt bedeutendes Produkt und die einheimischen Anbauer und Händler gelangten zu einem gewissen Reichtum.

Um 1858 hatte die Stadt 1.144 Einwohner.  Die Nachweisung der behufs Aufkauf von Hopfen in Neutomysl anwesenden Fremden (Saison 1860/61), welche in Gasthöfen der Stadt logierten wies  68 Gäste aus; nicht bekannt ist die Zahl derjenigen, die ggfls. an den Tagen des Hopfenmarktes anreisten, noch die, derjenigen, die nicht direkt in der Stadt Übernachtung nahmen.

 

No. Name und Stand des Fremden Wohnort (Behörde welche die Legitimation ausgestellt hat ) Im Gasthofe oder Privatlager bei
1. Glaser, Carl – Grundbesitzer u Hopfenhändler Kanowa Bez. Rakonitz bei Prag Palitzki
2. Mohl, Elias – Hopfenhändler Auscha bei Prag Palitzki
3. Sack, Moritz – Hopfenhändler Bamberg Hübner
4. Sack, Max – Geschäftsreisender seines Vaters des Hopfenhändlers Sack, Zacharias Bamberg Unger
5. Hess, Bernhard – Hopfenhändler Trunstadt Unger
6. Tobriner, Maier – Handelsmann Mingolsheim (Bruchsal / Großherzogthum Baden) Unger
7. Lang, Bernhard – Handlungscommiss. Reisender für Bergold Aleg… Laemmlein in Bamberg Bamberg Unger
8. Kronacher, Max – Kaufmann Bamberg Unger
9. Schwab, Isak – Kaufmann Fürth Unger
10. Spatz, Leopold – Hopfenhändler Bischberg (Bamberg II) Pflaum
11. Rosenwald, Nathan – Hopfenhändler Burgebrach Pflaum
12. Dessauer, Siegesmund – Geschäftsreisender seines Vaters Dessauer, Emmanuel Kaufmann in Bamberg Bamberg Pflaum
13. Reinstein, Nathan – Hopfenhändler Pahric ? (Neustadt a/A) Pflaum
14. Sternau, Daniel – Handlungsreisender für Heidenheimer in Fürth Diespek (Fürth) Pflaum
15. Zillerbarth, Michael – Kaufmann Reichenbach in Böhmen Pflaum
16. Rau, S. – Hopfenhändler Schwabach (Nürnberg) Palitzki
17. Schnebel, Adolph – Geschäftsführer seines Vaters Schnebel, Michael Hopfenhändler in Bamberg Bamberg Palitzki
18. Zeiler, Moritz – Kaufmann Forchheim (Bamberg II) Palitzki
19. Kaster, Benedikt – Handlungsreisender seines Vaters Kaster, Hirsch Hopfenhändler in Redwitz Redwitz in Bayern Palitzki
20. Hahn, Elias – Geschäftsführer Daube Krs Bunzlau in Böhmen (Prag) Palitzki
21. Piek, Moritz – Hopfenhändler Melnik (Prag) Palitzki
22. Piek, Joseph Moritz – Brauer u Hopfenhändler Theresienstadt (Prag) Palitzki
23. Lederer, GeorgHopfenhändler Pommelsbrunn (Hersbruck in Bayern) Hakus
24. Velzburg, Abraham – Handlungsreisender seines Vater Vetzburg, Beermann Schnaittach (Lauf in Bayern) Hakus
25. Hellmann, Max – Hopfenhändler Bamberg Palitzki
26. Putzel, Ludwig – Produktenhändler Altenkunstadt (Waismain K.L.G.) Bonn, M.
27. Putzel, Max – Handlungscommiss.  seines Vaters Altenkunstadt (Waismain K.L.G.) Bonn, M.
28. Iglauer, Heinrich – Handlungsreisender seines Vaters Iglauer, Simon Hopfenhändler Burgkunstadt (Waismain K.L.G.) Bonn, M.
29. Silbermann, Isidor – Kaufmann Altenkunstadt (Waismain K.L.G.) Wandrey
30. Sulzbacher, Max – Geschäftsführer für das Haus Lust in Redwitz Redwitz (Lichtenfels) Wandrey
31. Berg, Joseph – Handlungsreisender für das Haus Gütermann in Burgebrach Burgebrach Wandrey
32. Gütermann, Joseph – Hopfenhändler Memmelsdorf (Ebern in Bayern) Wandrey
33. Schmidt, Conrad – Hopfenhändler Nürnberg Wandrey
34. Rosenwald, Elkan – Handlungscommiss. für Heidenheimer in Burgebrach Burgebrach Wandrey
35. Elsinger, Johann – Handlungsreisender für Furchheim in Nürnberg Nürnberg Arlt, C.
36. Oestreicher, Moritz – Handlungscommiss. für d. H. Erlbacher in Nürnberg Nürnberg Friedlaender, J.
37. Oestreicher – Hopfenhändler Prag Hoffbauer
38. Hellmann, Jacob – Hopfenhändler Bamberg Toeffling, G.
39. Koski, Otto – Brauer Cüstrin Hübner
40. Danziger, S – Hopfenhändler Neustadt O/S. Unger
41. Anspacher, Wolf – Handlungsreisender für Mailänder in Fürth Fürth Unger
42. Lampert – Brauer Posen Schlestein
43. Gütermann, Wilhelm – Hopfenhändler Nürnberg Schlestein
44. Haas, Conrad – Geschäftsreisender für Beckel u Comp. in Nürnberg Nürnberg Schlestein
45. Russ, Joseph – Hopfenhändler Prag Palitzki
46. Heckel, Johann – Einkäufer für d. H. Barth in Lauf Betzenstein (Poltenstein L. G.) Palitzki
47. Simonsfeld – Handlungsreisender für Heidenheimer in Mainz Mainz Stein
48. Wassermann, Justin – Handlungsreisender seines Vaters Wassermann, Löb in Fürth Fürth Fenske
50. Fleischmann, Jacob – Hopfenhändler Cunreuth in Bayern Fenske
51. Euschmann, Jacob – Hopfenhändler Coblenz Schulz
52. Wagner, Ignatz – Hopfenhändler u Fleischer Sangerburg Krs Eger (Prag) Toeffling, G.
53. Fuld, Samuel – Hopfenhändler Mühlhausen (Höchstadt in Bayern) Toeffling, G.
54. Leon, Max – Kaufmann u Hopfenhändler Frankfurth a/M Unger
55. Strasz, Jacob – Hopfenhändler Töplitz Schaefer
56. Kellner, Abraham – Productenhändler Litschkau (Prag) Schaefer
57. Ewald, Carl – Brauer Wien Palitzki
58. Rosenthal, Adolph – Handlungsreisender für Ullmann in Nürnberg Nürnberg Unger
59. Gütler – Brauer Landsberg a/W Palitzki
60. Ehrenberg – Brauer Landsberg a/W Palitzki
61. Schwarz – Hopfenhändler München Arlt, C.
62. Löwitz, Simon – Hopfenhändler Welleschütz (Prag) Hoffbauer
63. Weil, Ignatz – Hopfenhändler Turnau Krs. Bunzlau (Prag) Palitzki
64. Landmann – Hopfenhändler Berlin Unger
65. Neumark – Hopfenhändler Fürth Unger
66. Laufke, Johann – Brauer u Hopfenhändler Daube in Böhmen Palitzki
67. Genge, Friedrich – Handlungscommiss. für das Haus Gb. Scharrer in Nürnberg Nürnberg Wandrey
68. Köhn, Friedrich – Particulier u Hopfenhändler Vinzelberg (Gardelegen) Wandrey

 

Quelle: Der Artikel wurde zusammengestellt anhand von Akten, welche im Staatsarchiv in Poznan verwahrt werden – hier http://szukajwarchiwach.pl/53/4385.0200 Hopfenmärkte ….

Kurzmeldung Überfall – September 1906

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Redaktion, Druck und Verlag von Hermann Hartmann in Grätz)
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Strasse im Krs Grätz - Gemälde Paul Bürck veröffentl. im "Der Warthegau Landschaft und Siedlung" [905]

Strasse im Krs Grätz – Gemälde Paul Bürck veröffentl. im „Der Warthegau Landschaft und Siedlung“

Der Arbeiter Michael Jakubowicz, welcher bei der Witwe Bibrowicz hierselbst das Ziegelfuhrwerken versieht, ist vor einigen Tagen abends auf der Chaussee Rakwitz – Grätz angefallen worden.

Er koppelte auf der Chaussee zwei mit Ziegeln beladene Wagen zusammen. Als er abfahren wollte, traten ihm plötzlich 1 1/2 Kilometer vom Dorfe Ruchocice entfernt aus dem Walde drei Männer und eine Frau entgegen.

Sie verlangten von ihm das auf der linken Seite des Wagens angespannte braune Pferd, da sie es notwendig gebrauchten. Während die Männer über ihn herfielen, spannte die Frau das Pferd vom Wagen ab. Der Angefallene ergriff nun einen handfesten Stock, versetzte der Frau einen Fußtritt, worauf die Frau die Flucht ergriff. Nun hieb er mit seinem Knüttel auf die drei Wegelagerer ein, so dass sie mit zerschlagenen und blutigen Köpfen in den nahen Wald flüchteten.

Vermutlich handelt es sich um eine Zigeunerbande.

Anzeige ist bereits erstattet.

Quelle: Beilage zum Amtlichen Kreisblatt u. Anzeiger des Kreises Grätz – No. 38 – Freitag, den 21 September 1906 – welches verwahrt wird im Muzeum Ziemi Grodziskiej, ul. Kolejowa 12, 62-065 Grodzisk Wielkopolski, Ekspozycja: Pałac przy ulicy 27 Stycznia, tel: +48 (61) 444 52 34 – http://www.muzeum.webstudio4u.com/info.htm

Impressionen des ehemaligen evgl. Friedhofes von Stodolsko (Friedheim)

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii,Stodolsko / Friedheim | Kommentare sind deaktiviert
Kartenausschnitt - Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25_list.cgi?show=3863;sort=w [906]

Kartenausschnitt – Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25_list.cgi?show=3863;sort=w

Das Gelände des ehemaligen Friedhofes - Aufn. PM [907]

Das Gelände des ehemaligen Friedhofes – Aufn. PM

Westlich von Rakwitz, nördlich von Rothenburg und südlich von Gloden war Friedheim, welches zu früherer Zeit den Namen Stodolsko führte, zu finden.  Heute heißt diese Ortschaft denn auch wieder Stodolsko.

Weder war etwas über die erste Ansiedlung noch über die Bewohner früherer Jahre zu finden.

Auf dem Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofes steht noch heute ein Gedenkstein, der die im Weltkrieg 1914-18 Gefallenen benennt. Die Inschrift ist kaum noch zu entziffern. Bei keinem der Genannten wurden die Geburtsdaten angegeben, es wurde lediglich das Datum des Todes eingemeißelt.

Im Weltkrieg 1914-18 gefallen - Aufn. PM [908]

Im Weltkrieg 1914-18 gefallen – Aufn. PM

Im Weltkrieg 1914-18 gefallen - Aufn. PM [909]

Im Weltkrieg 1914-18 gefallen – Aufn. PM

Die Namen dieses Gedenksteines:

Im Weltkrieg 1914-18 gefallen

Adolf Kleinertxxxxxxxxxx04.12.1914
Paul Jänschxxxxxxxxxxxx15.09.1915
Heinrich Müllerxxxxxxxx13.02.1916
Otto Lindner xxxxxxxxxx25.04.1916
Wilhelm Zerbexxxxxxxxx21.03.1917

und ein einzelner Grabstein,
der an

Ruhestätte Zinke - Aufn. PM [910]

Ruhestätte Zinke – Aufn. PM

Johann Gottlieb Zinke – Eigentümer hierselbst, geboren 6. November 1816, gestorben 20. August 1869 und dessen Ehefrau, der  Auguste Louise Zinke geb. Schulz, geboren 22. Mai 1818 erinnert

sind vermutlich die letzten Erinnerungen an die Vergangenheit …

Grabstelle, heute ohne Inschrift - Aufn. PM [911]

Grabstelle, heute ohne Inschrift – Aufn. PM

Blick über das Gräberfeld - Aufn. PM [912]

Blick über das Gräberfeld – Aufn. PM

 

 

 

 

 

Erinnerungen - Aufn. PM [913]

Erinnerungen – Aufn. PM

Die Verpachtung des auf den Straßen und Marktplätzen entstehenden Düngers 1835 – 1876 … oder

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Der Stadtschreier - er verlass durch lauten Ausruf Bekanntmachungen - Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Town_Crier,_Provincetown,_MA.jpg?uselang=de [914]

Der Stadtschreier – er verlass durch lauten Ausruf Bekanntmachungen – Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Town_Crier,_Provincetown,_MA.jpg?uselang=de

 „So wird aus Scheiße Geld „ Es war im Sommer vor 178 Jahren als am 06 Juli 1835 die Herrn Stadträthe erschienen waren und feststellten:  „bisher hat ein jeder wer Lust gehabt hat sich den Dünger an Jahr- und Wochenmarktstagen auf dem Markte und auf den Straßen in hiesiger Stadt zusammengerafft.

Es haben sich indes einige Bürger gemeldet, welche den Dünger pachten wollen, und da wir dadurch eine Einnahme zu unserer Kämmerei Kasse haben werden, so tragen wir dahin an:

Einen Termin zur Verpachtung des Düngers des baldigsten anzuberaumen, welcher durch lauten Ausruf bekannt zu machen ist !“

Wer die besagten „einige Bürger“ waren wurde leider nicht erwähnt, nur ab diesem Zeitpunkt wurde nach dem alten Sprichwort  „Aus Scheiße Geld machen“ auch in Neutomischel verfahren – oder hat der Ausspruch bzw. die Redewendung in dem „Düngerverkauf“ von Städten und Gemeinden sogar seinen Ursprung ?

Bekanntmachung

Auf den Antrag des Stadtraths hier wird zur Verpachtung des durch Abhaltung der Jahr- und Wochenmärkte auf den Marktplätzen und den Straßen hierselbst entstehenden Düngers auf drei hintereinander folgende Jahre als vom Jahr 1835 bis dahin 1838 ein Termin auf den 8ten Juli anberaumt, zu welchem Pachtlustige vorgeladen werden ihre Gebot abzugeben und hat der Meistbietende unter Vorbehalt höherer Genehmigung den Zuschlag zu gewärtigen.

Die Pachtbedingungen konnten im Magistrats-Bureau eingesehen werden; sie lauteten:

I. Die Verpachtung des durch Abhaltung der Jahr- und Wochenmärkte auf den Marktplätzen und auf den Straßen entstehenden Düngergeschäft auf drei hintereinander folgende Jahre nämlich von Johanni 1835 bis Johanni 1838

II. Der Pächter muß die Pacht vierteljährig pränumerando bei Vermeidung der Exekution zur hiesigen Kämmereikasse zahlen

III. Muß Pächter gleichen Tages nach dem abgehaltenen Jahr- oder Wochenmarkte für die Fortschaffung des Düngers sorgen, widrigenfalls 48 Stunden nach dem Markttage solcher auf seine Kosten fortgeschafft werden soll

IV. Pächter muß sämtliche etwa durch die Verpachtung entstehenden Kosten, sowie die Ausfertigung und Bestätigung des Pachtkontraktes allein tragen, und darf solche von der zu zahlenden Pacht nicht in Abzug bringen.

* * *

Hiernächst wurde nun mit der Verpachtung vorgeschritten und wurden folgende Gebote abgeben:

  1. Gottlieb Mentzelxxxxx 1 Taler
  2. Friedrich Thomasx xxx 1 Taler 5 Silbergroschen
  3. Gottlieb Mentzelxxxxx 1 Taler 7 Silbergroschen 6 Pfennige
  4. Friedrich Thomasx xxx 1 Taler 10 Silbergroschen
  5. Gottlieb Mentzelxxxxx 1 Taler 12 Silbergroschen 6 Pfennige
  6. Christian Dekert xxxxx 1 Taler 15 Silbergroschen
  7. Gottlieb Mentzelxxxxx 1 Taler 20 Silbergroschen
  8. Friedrich Thomasx  xxx1 Taler 22 Silbergroschen
  9. Christian Dekertx xxxx 1 Taler 24 Silbergroschen
  10. Gottlieb Mentzelxxxxx 1 Taler 26 Silbergroschen
  11. Christian Dekertxx xxx 2 Taler
  12. Friedrich Thomasx xxx 2 Taler 5 Silbergroschen
  13. Gottlieb Huebnerx xxx 2 Taler 10 Silbergroschen
  14. Samuel Hirsekornxxxx 2 Taler 11 Silbergroschen
  15. Christian Dekertxx xxx 2 Taler 12 Silbergroschen
  16. Gottlieb Huebnerxxxxx 2 Taler 15 Silbergroschen
  17. Benjamin Schmidtxxxx 2 Taler 17 Silbergroschen 6 Pfennige

Die übrigen Lizitanten treten nunmehro von dem weiteren Bieten ab und es blieb hiernach der Benjamin Schmidt hierselbst mit dem höchstliegen Pachtgebote von zwei Talern siebenzehn Silbergroschen sechs Pfennige Meistbietender und wird nun über den Zuschlag befunden werden

* * *

Markttag mit zahlreichen Fuhrwerken, an seinem Ende musste der Dünger beseitigt werden - Bild: Fam. Goldmann [915]

Markttag mit zahlreichen Fuhrwerken, an seinem Ende musste der Dünger beseitigt werden – Bild: Fam. Goldmann

Und so ging es nun fort: 1844-1847 steigerten Johann Tepper, Dienegott Protsch, Carl Riediger, Gottlieb Huebner und Friedrich Fechner aus Glinau in 63 Geboten, 1847-1850 erfolgten 44 Gebote durch Dienegott Protsch und Gottlieb Hübner – Fleischermeister, 1850-1853 waren  es Carl Handtke, Carl Xenodochius, Heinrich Hartmann und wieder Gottlieb Huebner, die Ihre Gebote abgaben.

Die Kämmereikasse Neutomischel verzeichnete ab dem ersten Jahr der Verpachtung eine nunmehr kontinuierlich steigende Einnahme …

* * *

Mit der Vergabe für die Pachtzeit von 1853 – 1856 tritt eine veränderte Formulierung in Kraft. Nun findet sich, dass man die Versteigerung weniger für die „Erlangung einer Einnahme für die Communal-Casse als vielmehr für die Erreichung der möglichsten Reinlichkeit auf den Plätzen der Stadt“ anberaumen würde.

Hatten die Pächter bis dahin „nur“ ihren Dünger, für den sie ja bezahlten, von den Plätzen zu beseitigen, stellte die Stadt nun weitere Bedingungen an die Pacht:

… der Pächter ist nun verpflichtet den Alten und den Neuen Markt und soweit dass die Posener und Wollsteiner Straße den ersteren begrenzen, die Hälfte dieser Straßen nebst den Rinnsteinen in gehörigen reinlichen Zustande zu erhalten, insbesondere stets spätestens im Laufe des nächsten Vormittags nach jedem abgehaltenem Jahr- oder Wochenmarkt, und an jedem Sonnabend die Marktplätze gehörig abzufegen und den gesammelten Dünger sofort abfahren zu lassen. Das auf dem Steinpflaster wuchernde Gras, ist Pächter ebenfalls wegzuschaffen verpflichtet. Bei entstehendem Tauwetter muss Pächter die Rinnsteine seines Pachtreviers von Schnee und Eis räumen lassen, um dadurch dem sich sammelnden Wasser Abfluss zu verschaffen

Aber der „Dünger“ war wertvoll; auch diese zusätzlichen Auflagen schreckten die Interessierten an der zu vergebenen Pacht nicht ab.

Auch auf dem Alten Markt wurden zahlreiche Pferdefuhrwerke abgestellt, und es galt im nachhinein den entstandenen Dünger zu beseitigen - AK aus Sammlung des Wojtek Szkudlarski [916]

Auch auf dem Alten Markt wurden zahlreiche Pferdefuhrwerke abgestellt, und es galt im nachhinein den entstandenen Dünger zu beseitigen – AK aus Sammlung des Wojtek Szkudlarski

1853-1856 waren es Michael Bonn, Franz Palitzki, Gottlieb Hübner, Ferdinand Unger die boten;, nach 14 Geboten ging der Zuschlag an Ferdinand Unger, Gastwirth für 6 Taler, 7 Silbergroschen, 6 Pfennige

1856-1859 waren es Kaufmann C. J. Dampmann, Apotheker Eduard Weiss, Färbermeister Samuel Hakus, Sattlermeister Adolph Thiele, Färbermeister Gottlieb Krönert; der Zuschlag ging an letzteren, den Färbermeister Gottlieb Krönert für 16 Taler, 20 Silbergroschen

1859-1862 es war nun noch die Ergänzung der Stadt vorgenommen worden, dass der Pächter bei trockenem Wetter „… zur Verhütung der Belästigung des Publicums durch Staub, die zu fegenden Straßen vorher gehörig mit Wasser zu sprengen“ habe. Für diese Pachtzeit boten die Färbermeister Kroenert und Hakus, ersterer erhielt den Zuschlag für  5 Taler 20 Silbergroschen.

Die Stadt war nun vermutlich „sauberer“ als vorher, bei Weiterführung der Aufstellung zeichnet sich jedoch ein „herber“ Einnahmeverlust für die Stadtkasse ab:

Dieser „Einnahmeverlust“  wäre eine Erklärung dafür, dass nun wiederum die Pachtmodalitäten geändert wurden. Die Pachtzeit wurde auf 2 Jahre reduziert und das „Pachtgebiet“ wurde gesplittet.

Für den Zeitraum 1866 – 1868 stellte sich das Angebot an Interessierte seitens der Stadt wie folgt dar:

Zur Versteigerung fanden sich ein: Fleischermeister Peter Weinert, Productenhändler Heinrich Scheibe, Tischlermeister Wilhelm Richter, die Frau Färbermeister Kroenert im Auftrage ihres Ehemannes und das Fräulein Clara Hakus im Auftrage ihres Vater

Die Stadt vergab die Pachten an den Meistbietenden wie folgt:

Der Ertrag für die nunmehr auf 2 Jahre vergebene Pacht belief sich nun für die Stadt  finanziell auf 5 Taler und 59 Silbergroschen.

Für 1869 -1871 wurde die Pacht für a) und b) wiederum an Färbermeister Hakus für 6 Taler und 15 Silbergroschen und die für c) und d) an Färbermeister Kroenert für 24 Taler und 15 Silbergroschen vergeben. An der Versteigerung hatten teilgenommen Bäckermeister Carl Sperling, Färbermeister Samuel Hakus, Färbermeister Gottlieb Kroenert, Müllermeister Christoph Rausch, Maurermeister Wilhelm Lutz, Gasthofbesitzer Franz Palitzki, Bäckermeister Alexander Kannewischer, Müllermeister Samuel Arlt, Müllermeister Samuel Bincke, im Nachgang Pauline Scheibe, Kaufleute Friedländer

Ähnlich verhielt es sich für die Jahre 1872 – 1874, a) und b) gingen an Färbermeister Hakus für 10 Taler und 15 Silbergroschen und c) und d) an Färbermeister Kroenert für 15 Taler nachdem sich die weitere Interessierte Gasthofbesitzer Palitzki aus der Versteigerung zurückgezogen hatte

Eine aus Lehm errichtete Fachwerkwand - Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lehm_ausfachung.jpg [917]

Eine aus Lehm errichtete Fachwerkwand – Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lehm_ausfachung.jpg

Hatte man vorher für 6 Pachtjahre eine Einnahme von annähernd 10 Taler gehabt, so war diese nun auf mehr als 60 Taler gesteigert worden.

Aber nicht Alles verlief positiv. Das war zum Beispiel der Winter 1874/1875. Der Pachtinhaber Färbermeister Kroenert sah sich gezwungen mit der Bitte um Pachtermäßigung an die Commune heranzutreten, da  „… durch den fortwährenden Schnee, welcher bis jetzt dort liegen blieb“ er „jedoch behindert“ war „ von der Nutzung des Düngers Gebrauch zu machen. Dazu kommt noch, dass, da nun der Schnee getaut ist, derselbe Markt voll Wasser steht und noch nicht voraus gesehen werden kann, wann dieser üble Umstand ein besserer werden wird, da es für das Wasser hier keinen Abfluss gibt und es lediglich eintrocknen muss …“  Mal davon abgesehen, dass es besser ist sich den Zustand des Neuen Marktes nach dieser Beschreibung nicht näher vorzustellen, fand sich, dass die Stadt veranlasste die volle Bezahlung des Pachtbetrages zu verlangen.

Im Jahr 1876 war es der „Hoffmann“ durch den sich der Pächter Färbermeister Kroenert gezwungen sah eine Beschwerde an den Stadtrath einzureichen. Der „Hoffmann“ hatte sich „erlaubt“ das sich „auf dem Markt befindliche Stroh und Heu zu sammeln und fort nach seiner Behausung zu nehmen“. Färbermeister Kroenert verlangte Schadensersatz, da es schon mehrfach vorgekommen war und auch Bestrafung.

 * * *

Pferdedung und -mist fand als Dünger bei Gärtnern Verwendung; dieser sowie auch Kuhdung und anderer Mist wurde aber auch getrocknet und dann als Heizmaterial verwendet, er galt als raucharm. Eine weitere Verwendung lag in der Beimischung von diesem zu Baulehm.

* * *

Der Artikel wurde zusammengestellt anhand von Akten, welche im Staatsarchiv in Poznan verwahrt werden – hier http://szukajwarchiwach.pl/53/4385.0072 Verpachtung ….

Kirchenvisitation – 1855

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert
Der ehemalige "Alte Markt" mit Kirche und davor abgestellten Fuhrwerken - AK aus Sammlung des Wojtek Szkudlarski [697]

Der ehemalige „Alte Markt“ mit Kirche und davor abgestellten Fuhrwerken – AK aus Sammlung des Wojtek Szkudlarski

In allen evangelischen Gemeinden fanden die Kirchenvisitationen, also der Besuch eines Oberen, in Neutomysl im Jahr 1855 des Superintendenten Kühn, statt. Superintendent Kühn verfügte über die Aufsichtsbefugnis zum Zweck der Bestandsaufnahme und der Normenkontrolle. Es wurde die ordnungsgemäße Verkündigung, die Amtsführung von Pfarrern und anderen kirchlichen Mitarbeitern und auch das Gemeindeleben durchleuchtet.

Aus dem anlässlich der Visitation angefertigten Bericht ist doch das ein oder andere aus dem Leben der Gemeinde Neutomysl in diesem Jahr zu erfahren.

In jenen Jahren verließen die Kinder, meist 14-15 jährig, mit der Konfirmation auch die Schule. Am Ende des Artikels findet sich die Konfirmanden Liste vom 01. April 1855 aus der die Bewertung in Hinsicht auf die vermittelten Religionskenntnisse als auch die über die schulischen Leistungen zu entnehmen ist. Für die Schulbildung galt: „Das ganz Wohl des einzelnen Menschen, ja ganzer Staaten beruht auf dem ersten Unterricht der Jugend. Daher sind öffentliche Schulen gestiftet worden, wo die jungen Gemüther in allen Dingen unterrichtet und zur Tugend angeleitet werden. Die Schule wird in Classen abgetheilt. Der Lehrer sitzt auf dem Lehrstuhl, die Schüler auf Bänken; jener lehrt, diese lernen. Etliche sitzen am Tische und schreiben, oder rechnen, und der Lehrer verbessert ihre Fehler; andere stehen und sagen her, was sie gelernt haben. In den gewöhnlichen Schulen lernen die Knaben (Mädchen sind unerwähnt) das Nöthigste im Christenthume, die Regeln ihrer Muttersprache, in der Rechenkunst und im Schön- und Rechtschreiben, wie auch das Wichtigste aus der Geschichte, Naturgeschichte und Erdbeschreibung“ (entnommen aus Neuer Orbis Pictus 1835).

Der Visitationsbericht als auch die Konfirmandenliste sind entnommen aus Akten, welche im Staatarchiv Poznan verwahrt werden – hier 53/893/0 Konsystorz Ewangelicki w Poznaniu [698] » Series:: 17.82 Neutomischel – pow. Nowy Tomyśl [699]» File/unit:: 5364 [700]

* * *

Verhandelt Neu-Tomysl, den 10 December 1855

Auf dem Weg zur Schule ... auch bei schlechtem Wetter - Bild: Digital Library of Wielkopolska (www.wbc.poznan) Kłosy: czasopismo ilustrowane, tygodniowe, poświęcone literaturze, nauce i sztuce 1885.02.28(03.12) T.40 Nr1028 [918]

Auf dem Weg zur Schule … auch bei schlechtem Wetter – Bild: Digital Library of Wielkopolska (www.wbc.poznan) Kłosy: czasopismo ilustrowane, tygodniowe, poświęcone literaturze, nauce i sztuce 1885.02.28(03.12) T.40 Nr1028

Über das kirchliche Leben der hiesigen Parochie wurde mit dem Herrn Pfarrer Lange, wie folgt verhandelt:

Der öffentliche Gottesdienst an Sonn- und Festtagen nimmt in den Sommermonaten um 10 in den Wintermonaten um 11 Uhr seinen Anfang, und dauert gewöhnlich zwei Stunden.

Von der erneuerten Agenda wird dabei nicht abgewichen. Der Choralgesang befriedigt, aber so auch der lithurgische Gesang; nur dass gestern beim Visitationsgottesdienst in einigen Responsorien (abwechselnder Gesang zwischen einem Vorsänger, meist des Kantors und der Gemeinde) nicht genau intoniert , theils nicht voll genug gesungen wurde.  Sonst wird für Bildung des Gesanges nicht wenig gethan, insofern als nicht nur ein besonderer Gesangverein unter den Lehrern der Parochie, sonder auch ein allgemeiner größerer aus den Lehrern, mehreren Bürgern und Bürgersöhnen, besteht.

Die Orgelbegleitung wäre gewiß ganz zweckmäßig, wenn nur die Orgel selbst in einem besseren Zustande wäre. (Die Kirche erhielt 1861 eine neue Orgel – sh. Artikel Die Neue Orgel 1858-1861 [919] und Das erste Spiel auf der neuen Orgel 1861 [920])

Der Gottesdienst wird in der Regel, außer bei ungünstiger Witterung, sehr zahlreich besucht.

Ein Klassenzimmer - Bild: Der Sprach-Brockhaus 1949 [921]

Ein Unterrichtsraum, Klassenzimmer – Bild: Der Sprach-Brockhaus 1949

Der nachmittägliche Sonntagsgottesdient finde nur den Sommer über statt, und besteht in der sogenannten Kinderlehre und wird von älteren Gemeindemitgliedern ziemlich besucht. Weit zahlreicher ist dagegen der Besuch des nachmittäglichen Gottesdienste an den 3 hohen Festtagen.

Die Wochengottesdienst erstrecken sich nur auf die Passionsandachten, welche des Freitags vormittags 11 Uhr abgehalten und zahlreich besucht werden.

Häuslicher Gottesdienst findet sich noch in einigen Familien und dürfte eher zu- als abgenommen haben, namentlich auch in den Ortschaften Zinskowo, wo einige, dem Trunke stark ergebene Wirthe durch ihr Absterben der guten Sache Platz gemacht haben. Besonders in der großen Ortschaft Sontop ist ein solcher Gottesdienst ganz gewöhnlich, so oft der öffentliche wegen ungünstiger Witterung nicht besucht werden kann.

Die Feier des heiligen Abendmahls findet an allen Sonntagen statt, jedoch mit Ausnahme der Erntezeit und der Monate Januar und Februar, wo nur alle 14 Tage abgehalten wird; außerdem auch in der Passionszeit bei den wöchentlichen Passionsgottesdiensten, und zwar jedesmal vor dem Hauptgottesdienst. Es wird dabei bis auf die wieder aufgenommene lutherische Distributionsformel von der erneuerten Agenda nicht abgewichen.

Nach den genau geführten Communikanten Register belief sich die Zahl der Communikaten im Jahre 1852 auf 4.361, im Jahre 1853 auf 4.405 und im Jahr 1854 auf 4.436; im laufenden Jahre wird sich die Anzahl höher steigern.

Im Jahr 1854 waren 253 Taufen, darunter 10 uneheliche Geburten; die Taufe selbst ist nie gesetzwidrig aufgeschoben worden.

Gemischte Ehen sind selten, die Kinder aus denselben werden in der Regel in der evangelischen Kirche getauft und auch im evangelischem Glauben erzogen.

Der Religionsunterricht wird in allen Schulen nur von den Lehrern und sonst überall auf zweckmäßige Weise ertheilt, wobei freilich noch manchem Lehrer noch mehr Glaubenswärme zu wünschen wäre. Ohne segensreichen Einfluß auf die Gemeinde dürfte dieselbe nicht bleiben.

Der Choralgesang wird ebenfalls fleißig geübt, besonders auch von den Confirmanden.

Schönschrift - Bild: Der Sprach-Brockhaus 1949 [922]

Schönschrift – Bild: Der Sprach-Brockhaus 1949

An den kirchlichen Katechisationen , welche von Pfingsten bis Michaelis allsonntäglich nachmittags 2 Uhr stattfinden, nehmen außer den 12 bis 14 Jahre alten Schulkinder auch die meisten Confirmaten des letzten Jahres fleißig Antheil. Sonntagsschule wird nicht gehalten. Der Konfirmandenunterricht wird wöchentlich zwei Mal in je 2 Stunden von Michaelis bis Ostern abgehalten.

Über die Kinderzucht in der Gemeinde kann im Allgemeinen nichts Nachtheiliges ausgesprochen werden.

Die Zahl der Copulierten betrug im Jahre 1854 = 45 Paare.

Es findet sich jetzt nur eine wilde Ehe. und zwar die bezüglich des Eigentümers Gottfried S in Zinskowo, der mit seiner Stieftochter bereits 5 Kinder gezeugt hat. Derselbe war im laufenden Jahre seitens des Kreisgerichtes in Grätz wegen Blutschande gefänglich eingezogen, ist aber vor einiger Zeit, angeblich zur Bestellung seiner Wirthschaft wieder entlassen worden, um später wieder eingezogen zu werden, und treibt wieder, wie es sich nicht anders vermuten läßt, das alte sündhafte Leben zum allgemeinen Ärgernisse, und alle Mühen und erfahrenen Kränkungen des Pfarrers sind vergeblich gewesen.

An Todesfällen kommen im Jahre 1854 = 171 vor, die stillen Beerdigungen haben weder zu noch abgenommen. Unordnungen bei Begräbnissen sind nicht vorgekommen.

Die Kirchenbücher sind in vorschriftsmäßiger Ordnung und haben Register der einzelnen Jahrgänge.

Bezüglich des religiösen und sittlichen Lebens, so gibt es allerdings ortschaftsweise Trunkenbolde; doch scheinen sich dieselben aber vermindert zu haben und wird der Pfarrer nicht müde, dagegen direkt und indirekt anzukämpfen.

Über Müßiggang, Unfriedfertigkeit kann nicht besonders Klage erhoben werden. Lostrennungen von der Kirchengemeinschaft hat nicht im Mindesten stattgefunden, trotzdem dass seit 4 Jahren ein altlutherischer Prediger hier seinen Sitz genommen.

Beim öffentlichen Gottesdienste ist das Züllichauer Gesangbuch im Gebrauch; beim häuslichen Goßners Predigten, Schmolkens Gebetbücher, Müllers Erquickstunden (Heinrich Müllers geistliche Erquickstunden, oder freihundert Haus- u. Tischandachten); beim Religionsunterrichte in den Schulen der Katechismus von Boeck; beim Confirmandenunterrichte der Katechismus von Dümichen.

Weiteres war nicht schriftlich zu verhandeln

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben – Lange Pfarrer zu Neutomysl –  Kühn Superintendent

* * *

Liste der in der evangelischen Kirche zu Neutomysl am Sonntage Palmarum (Palmsonntag = der sechste und letzte Sonntag der Fastenzeit und der Sonntag vor Ostern. Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche) den 1. April 1855, eingesegneten Confirmaten:

Lp Name, Wohnort Vater, Stand Geburtstag Ergebnis der Prüfung in Absicht der erlangten Religionskenntnisse Schulbesuch, erlangte Schulkenntnisse
1 Kurz, Wilhelm – Paprotsch Kurz, George – Eigenthümer 05 Jun 1841 zufrieden regelmäßig, ging an
2 Fenske, Gottlieb – Paprotsch Fenske, Gottfried – Eigenthümer 18 Sep 1840 mittelmäßig regelmäßig, ziemlich
3 Fenske, Wilhelm – Paprotsch Fenske, Gottfried – Eigenthümer 13 Dec 1840 ziemlich regelmäßig, ziemlich
4 Meissner, August – Paprotsch Meissner, George – weil. – Eigenthümer 14 Oct 1840 gut regelmäßig, zufrieden
5 Jeske, Heinrich – Paprotsch Jeske, Wilhelm – Eigenthümer 07 Dec 1840 gut regelmäßig, gut
6 Gröger, Wilhelm – Paprotsch Gröger, Gottfried – Eigenthümer 27 Mär 1841 ziemlich regelmäßig, schwach
7 Hecke, Gustav – Paprotsch Hecke, Christoph – Eigenthümer 29 Mär 1841 gering regelmäßig, schwach
8 Müller, Dienegott – Sontop Müller, Christoph – Eigenthümer 10 Feb 1840 recht gut regelmäßig, recht zufrieden
9 Rausch, Wilhelm – Sontop Rausch, Daniel – Eigenthümer 05 Dec 1840 recht gut regelmäßig, ganz zufrieden
10 Prüfer, Daniel – Sontop Prüfer, Christoph – Eigenthümer 21 Jan 1841 zufrieden regelmäßig, gut
11 Seide, Heinrich – Sontop Seide, Daniel – Eigenthümer 04 Nov 1840 ziemlich regelmäßig, ging an
12 Fenske, Wilhelm – Sontop Fenske, Christian – Eigenthümer 14 Apr 1840 gut regelmäßig, gut
13 Tepper, August – Sontop Tepper, Gottfried – Eigenthümer 10 März 1840 gut regelmäßig, zufrieden
14 Siegismund, Wilhelm – Sontop Siegismund, Gottlieb – Eigenthümer 15 Nov 1840 befriedigend regelmäßig, ging an
15 Schelschke, Otto – Sontop Schelschke, Juliane – Wittwe 18 Apr 1840 schwach ziemlich regelmäßig, schwach
16 Hecke, Heinrich – Glinau Hecke, Christian – Eigenthümer 20 Mär 1841 gut regelmäßig, gut
17 Dampmann, Martin – Neutomysl Dampmann, Gustav – weil. – Pastor 26 Sep 1840 gut regelmäßig, gut
18 Thiele, Emil – Neutomysl Thiele, Adolph – Bürger u Sattler 25 Feb 1841 gut regelmäßig, gut
19 Enge, Robert – Glinau Enge, Carl – ehemals Förster 22 Mär 1840 ziemlich ziemlich regelmäßig, schwach
20 Joachim, Heinrich – Glinau Joachim, George – Einwohner 10 Nov 1840 gut regelmäßig, ging an
21 Seimert, Adolph – Neutomysl Seimert, Julius – Einwohner 05 Febr 1840 ziemlich ziemlich regelmäßig, ziemlich
22 Rausch, Hermann – Neutomysl Rausch, Johann – Bürger u Müller 28 Aug 1840 gut regelmäßig, gut
23 Pflaum, Gustav – Neutomysl Pflaum, Juliana – Wittwe u Einwohnerin 22 Oct 1838 ziemlich ziemlich regelmäßig, schwach
24 Zerbe, Heinrich – Glinau Zerbe, Rosina – Wittwe u Einwohnerin 26 Apr 1841 ging an regelmäßig, ging an
25 Sommerfeld, Wilhelm – Zinskowo Sommerfeld, George – Eigenthümer 21 Feb 1841 zufrieden regelmäßig gut
26 Seide, Wihelm – Zinskowo Siede, Gottfried – Eigenthümer 21 Mai 1841 ging an regelmäßig, ging an
27 Müller, August – Koseloske Müller, Daniel – Eigenthümer 16 Nov 1840 gut regelmäßig, gut
28 Neumann, August – Koseloske Neumann, Gottfried – Eigenthümer 27 Mär 1840 befriedigend regelmäßig, ging an
29 Mettchen, Heinrich – Koseloske Mettchen, Christian – Einwohner 27 Nov 1840 befriedigend regelmäßig, gut
30 Bläsing, Dienegott – Koseloske Bläsing, Friedrich – Eigenthümer 02 Mär 1840 gering regelmäßig, gering
31 Täubner, Dienegott – Glinau Täubner, Wilhelm – Eigenthümer 01 Mär 1841 ziemlich regelmäßig, ziemlich – oft krank
32 Schanzenbach, Heinrich – Glinau Schanzenbach, Gottlieb – Eigenthümer 25 Apr 1841 zufrieden regelmäßig, gut
33 Schanzenbach, Gottlieb – Glinau Schanzenbach, Wilhelm – weil. – Eigenthümer 01 Jun 1840 schwach unregelmäßig, ziemlich
34 Riemer, August – Glinau Riemer, Gottfried – Einwohner 30 Oct 1839 schwach ziemlich regelmäßig, schwach – Hirtenknabe
35 Seyde, Gottfried – Glinau Seyde, Gottfried – Eigenthümer 20 Mär 1841 ziemlich regelmäßig, schwach
36 Bielke, Heinrich – Scherlanke Bielke, Gottfried – weil. – Eigenthümer 25 Sept 1840 genügend ziemlich regelmäßig, ziemlich
37 Bielke, Wilhelm – Scherlanke Bielke, Gottfried – Eigenthümer 11 Sep 1840 ziemlich genügend ziemlich regelmäßig, ziemlich
38 Rausch, Wilhelm – Scherlanke Rausch, Gottfried – Eigenthümer 12 Mai 1840 ziemlich regelmäßig, ziemlich
39 Schulz, Wilhelm – Scherlanke Schulz, Friedrich – Eigenthümer 22 Feb 1840 ziemlich ziemlich regelmäßig, ziemlich
40 Wilhelm, Ferdinand – Neurose Wilhelm, Daniel – Eigenthümer 30 Mai 1841 schwach regelmäßig, schwach
41 Kötz, Dienegott – Paprotsch Kötz, Christian – Einwohner 17 Oct 1840 ziemlich regelmäßig, schwach
42 Kirsch, Ludwig – Glinau Kirsch, Daniel – Eigenthümer 24 Mai 1841 schwach unregelmäßig, schwach – Hirtenknabe
43 Hecke, Johann Wilhelm – Glinau Hecke, Johann Dienegott 28 Aug 1839 schwach unregelmäßig, schwach – Hirtenknabe
44 Peter, Wilhelm – Glinau Peter, Gottlieb – Einwohner 27 Mär 1840 ziemlich regelmäßig, ziemlich
45 Kurz, Carl Heinrich – Glinau Kurz, Gottfried – Eigenthümer 24 Apr 1840 mangelhaft regelmäßig, ziemlich
46 Heinrich, Adolph – Neurose Heinrich, Gottfried – Eigenthümer 14 Feb 1840 sehr schwach regelmäßig, sehr gering – angeblich bescheinigt, daß er blödsinnig ist
47 Nitschke, Wilhelm – Glinau Nitschke, Gottfried – Einwohner 15 Mär 1840 schwach unregelmäßig, schwach – Hirtenknabe
Lp Name, Wohnort Vater, Stand Geburtstag Ergebnis der Prüfung in Absicht der erlangten Religionskenntnisse Schulbesuch, erlangte Schulkenntnisse
1 Pflaum, Ottilie – Paprotsch Pflaum, Gottlieb – Eigenthümer 10 Oct 1840 recht zufrieden regelmäßig, recht gut
2 Joachim, Dorothea – Paprotsch Joachim, Christian – Eigenthümer 27 Apr 1840 zufrieden regelmäßig, gut
3 Stenschke, Juliane – Paprotsch Stenschke, Johann – Eigenthümer 26 Apr 1841 gut regelmäßig, gut
4 Rausch, Dorothea – Paprotsch Rausch, Gottfried – Eigenthümer 07 Mär 1841 zufrieden regelmäßig, gut
5 Kahl, Wilhelmine – Paprotsch Kahl, George – Eigenthümer 08 Apr 1840 genügend regelmäßig, ging an
6 Rausch, Juliane – Paprotsch Rausch, Dorothea – Einwohnerin 28 Oct 1840 gut regelmäßig, gut
7 Pohl, Juliane – Paprotsch Pohl, August – Einwohner 06 Nov 1840 genügend regelmäßig, ziemlich
8 Ulm, Ernestine – Paprotsch Ulm, Gottlieb – Eigenthümer 24 Apr 1841 gut regelmäßig, gut
9 Rösler, Wilhelmine – Paprotsch Rösler, Gottfried – Einwohner 11 Mai 1841 gut regelmäßig, ging an
10 Fischer, Ernestine – Paprotsch Fischer, Traugott – Eigenthümer 13 Mai 1841 zufrieden regelmäßig, gut
11 Horlitz, Bertha – Sontop Horlitz, George – Eigenthümer 12 Jan 1841 recht zufrieden regelmäßig, recht gut
12 Gutsch, Ernestine – Sontop Gutsch, Christian – Eigenthümer 04 Jan 1841 gut regelmäßig, gut
13 Siegismund, Ernestina – Sontop Siegismund, Wilhelm – Eigenthümer 20 Dec 1840 ziemlich regelmäßig, ging an
14 Seiffert, Juliane – Sontop Seiffert, Gottlieb – weil. – Eigenthümer 10 Jul 1840 ziemlich regelmäßig, ziemlich – dient beim Eigenthümer Wilhelm Giese
15 Hartmann, Emilie – Sontop Hartmann, George – Ausgedinger 01 Feb 1841 recht gut regelmäßig, recht zufrieden
16 Henschinska, Amalia – Neutomysl Henschinski,Felix – Schuhmacher 24 Jan 1841 gut regelmäßig, gut
17 Unger, Adelheid – Neutomysl Unger, Carl – Gastwirth 30 Mai 1841 recht gut regelmäßig, recht zufrieden
18 Kannewischger, Hermine – Neutomysl Kannewischer, Ludwig – Bäcker 26 Jan 1841 recht zufrieden regelmäßig, recht gut
19 Strauss, Louise – Neutomysl Strauss, Wilhelmine – Wittwe 27 Sep 1840 gut regelmäßig, gut
20 Pester, Auguste – Neutomysl Pester, Caroline – Wittwe u Einwohnerin 07 Dec 1840 schwach sehr unregelmäßig, schwach – große Armut
21 Grunwald, Ernestine – Glinau Grunwald, Friedrich 31 Aug 1840 gut regelmäßig, ging an
22 Meissner, Ernestine – Glinau Meissner, George – Eigenthümer 26 Feb 1841 gut regelmäßig, gut
23 Marchewka, Ernestine – Neutomysl Marchewki, Thomas – Eigenthümer 12 Jan 1841 ziemlich unregelmäßig, ziemlich – das Hauswesen der Eltern ist schlecht bestellt
24 Gerlach, Florentine – Zinskowo Gerlach, August – Lehrer 12 Apr 1841 recht zufrieden regelmäßig, recht gut
25 Winkler, Juliane – Zinskowo Winkler, Gottlieb – Schuhmacher 02 Mai 1841 mittelmäßig regelmäßig, ziemlich
26 Steinbrenner, Juliane – Zinskowo Steinbrenner, Gottlieb – Einwohner 25 Feb 1840 mittelmäßig regelmäßig, ziemlich
27 Seide, Juliane – Zinskowo Seide, Christian – Einwohner 31 Oct 1840 mittelmäßig unregelmäßig, ziemlich – Dienstmädchen
28 Schulz, Juliane – Zinskowo Schulz, Wilhelm – Eigenthümer 19 Mär 1841 zufrieden regelmäßig, gut
29 Rausch, Ernestina – Zinskowo Rausch, Wilhelm – Eigenthümer 13 Sep 1840 zufrieden regelmäßig, gut
30 Proschke, Pauline – Zinskowo Proschke, Friedrich – Eigenthümer 02 Dec 1840 schwach regelmäßig, schwach – keine Anlagen
31 Müller, Ernestine – Koseloske Müller, Christian – Eigenthümer 23 Jun 1841 gut regelmäßig, gut
32 Bennewitz, Wilhelmine – Alt Tomysl Bennewitz, Johann – Gärtner 27 Jul 1840 gut regelmäßig, gut
33 Kuk, Wilhelmine – Alt Tomysl Kuk, Gottlieb – Eigenthümer 24 Apr 1841 ging an regelmäßig, ging an
34 Wittke, Wihelmine – Witomysl Wittke, Heinrich – Erbpächter 15 Jan 1841 ziemlich regelmäßig, ziemlich
35 Freier, Juliane – Witomysl Freier, Johann – Erbpächter 24 Dec 1840 mittelmäßig ziemlich regelmäßig, ziemlich – hat weit in die Schule
36 Sperling Ernestine – Glinau Sperling, Christoph – Eigenthümer 28 Sep 1840 recht zufrieden regelmäßig, recht zufrieden
37 Knoll, Ernestine – Glinau Knoll, Juliane – Wittwe u Eigenthümerin 07 Jul 1840 gut regelmäßig, gut
38 Pflaum, Wilhelmine – Glinau Pflaum, Gottfried – Eigenthümer 06 Mär 1841 ziemlich regelmäßig, ging an
39 Luftmann, Wilhelmine – Glinau Luftmann, Wilhelm – Einwohner 09 Apr 1841 mittelmäßig regelmäßig, ziemlich
40 Seide, Juliane – Glinau Seide, Martin – Eigenthümer 19 Dec 1840 schwach ziemlich regelmäßig, schwach – geringe Anlagen
41 Quast, Mathilde – Glinau Quast, Jacob – Eigenthümer 07 Feb 1841 mittelmäßig regelmäßig, ziemlich
42 Pfeiffer, Wilhelmine – Glinau Pfeiffer, Christian – Einwohner 04 Aug 1840 ziemlich regelmäßig, ziemlich
43 Bielke, Dorothea – Glinau Bielke, Gottfried – Eigenthümer 02 Mär 1841 ging an regelmäßig, ging an
44 Häusler, Ernestine – Glinau Häusler, Gottlieb – Einwohner 12 Apr 1841 ziemlich regelmäßig, ziemlich – Gottlieb Krepl, Eigenthümer als Pflegevater
45 Schallert, Wilhelmine – Scherlanke Schallert, Gottfried – Eigenthümer 07 Jun 1840 gut regelmäßig, gut
46 Scheffler, Ernestine – Scherlanke Scheffler, Matthäus – Eigenthümer 30 Aug 1840 gut regelmäßig, zufrieden – ist beim Eigenthümer Ludwig, die Eltern sind tot
47 Strauch, Juliane – Scherlanke Strauch, Daniel – Ausgedinger 11 Jun 1841 genügend regelmäßig, ziemlich
48 Troschke, Wilhelmine – Scherlanke Troschke, Christian – Eigenthümer 03 Mai 1838 schwach unregelmäßig, sehr weit in die Schule
49 Lindner, Rosina – Neurose Lindner, Christoph – Eigenthümer 08 Apr 1840 gut regelmäßig, gut
50 Winter, Juliane – Neurose Winter, Samuel – Eigenthümer 02 Nov 1840 gut regelmäßig, gut
51 Seide, Juliane – Scherlanke Seide, Gottlieb – Einwohner 03 Nov 1839 schwach unregelmäßig, schwach – Dienstmädchen
52 Kutzner, Juliane – Sontop Kutzner, Louise – Wittwe 07 Dec 1839 schwach unregelmäßig, schwach – Dienstmädchen
53 Rau, Ernestine – Paprotsch Rau, Wilhelm – Schneider 18 Apr 1841 ziemlich regelmäßig, ziemlich
54 Schulz, Wilhelmine – Neurose Schulz, Christoph – Einwohner 16 Apr 1840 schwach regelmäßig, schwach -geringe Anlagen

100 Jahre Kreiskrankenhaus Neutomischel – Nowy Tomysl

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert / Erinnungen Frau U. Timm)
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 Die Planungszeichnung 1912 -Südansicht- erbaut 1913 - Quelle: Staatsarchiv Poznan (1) [923]

Die Planungszeichnung 1912 -Südansicht- erbaut 1913 – Quelle: Staatsarchiv Poznan (1)

Wiederum die Südansicht  - 100 Jahre nach der Errichtung - Bild: PM [924]

Wiederum die Südansicht – 100 Jahre nach der Errichtung – Bild: PM

Wie in unserem Artikel über das Städtische Krankenhaus [925] schon berichtet fanden sich in den alten Archivunterlagen Hinweise darauf, dass es eine Lobby im Landkreis gab, die sich schon im Jahr 1890 dafür einsetzte ein Johanniterkrankenhaus in der Stadt Neutomischel  errichten zu wollen. Alle Planungen scheiterten jedoch an dem Widerstand des Stadtrates. Dieser hatte keinen Grund darin gesehen, da die Errichtung des Städtischen Krankenhauses eine hohe finanzielle Aufwendung für die Stadt bedeutet hatte, weiteres Geld für ein Kreiskrankenhaus, also eine zweite Einrichtung dieser Art, investieren zu sollen.

1894 war ein weiterer Vorstoß der Befürworter der Errichtung eines Johanniterkrankenhauses vorgenommen worden, um das Projekt doch noch umzusetzen. Die Entscheidung des Stadtrates war jedoch unverändert gewesen – finanzielle Aufwendungen der Stadt wurden abgelehnt. Dieses vermutlich auch unter dem Aspekt, dass die Einnahmen des Städtischen Krankenhauses direkt der Kämmereikasse der Stadt Neutomischel zugute kamen; wie sich herausgestellt hatte, waren schon dieser Zeit nicht unerhebliche Überschüsse in der Unterhaltung der Krankenanstalt erzielt worden.

Nur aus den freiwilligen Spenden der evangelischen Gemeinden des Kreises Neutomischel ließ sich der Bau jedoch nicht finanzieren. Auch die gegebene Zusage einer Spende zur Errichtung des Krankenhauses des Majoratsbesitzers Herrn von Hardt aus Wonsowo über 20.000 Mark war ohne zusätzliche Mittel nicht ausreichend gewesen.

Nachdem dann durch die Johanniter, sie übernahmen in jener Zeit die Bewirtschaftung der von den Landkreisen fertig erstellten und eingerichteten Krankenhäuser, eine erhöhte Forderung an den Kreis für die Unterhaltung der Anstalt, wenn sie denn in Neutomischel etabliert worden wäre, gestellt worden war, kam das Projekt endgültig zum Stillstand. Die Mittel zur Errichtung und zum Unterhalt wären durch den Landkreis Neutomischel nicht aufzubringen gewesen. In den folgenden Jahren findet sich in den Archivunterlagen keine weitere Erwähnung zur Errichtung einen Johanniterkrankenhauses oder einer ähnlichen Anstalt.

Planungszeichnung des Krankenhausgeländes - Quelle: Staatsarchiv Poznan (1) [926]

Planungszeichnung des Krankenhausgeländes – Quelle: Staatsarchiv Poznan (1)

Erst im April 1911 schrieb der Kreisarzt Dr. Buddee, er war auch am städtischen Krankenhaus in Neutomischel tätig gewesen, in einem Brief, dass der Bau eines modernen Kreiskrankenhauses beschlossen worden war.

* * *

Planungszeichnung des Erdgeschosses (1) mit Bildern des Operationssaales und des Roentgengerätes (2) [927]

Planungszeichnung des Erdgeschosses (1) mit Bildern des Operationssaales und des Roentgengerätes (2)

Ab diesem von Dr. Buddee erwähnten Beschluss scheinen die zur Errichtung notwendigen Veranlassungen beschleunigt vorangetrieben und durchgeführt worden zu sein: der Beschluß zur Errichtung müsste im April 1911, vielleicht etwas früher gefasst worden sein, die Planungszeichnungen für den Neubau datieren vom 20. April 1912 und die polizeiliche Erlaubnis zum Bau wurde per 24. Mai 1912 erteilt.

Leider waren trotz intensiver Suche keine Archivordner bezüglich des Baus des Kreiskrankenhauses ausfindig zu machen. Die nun folgenden Einzelheiten wurden aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen und wir hoffen zumindest einen kleinen Abriss der in diesem Jahr 100 Jahre alt werdenden Einrichtung aufzeichnen zu können.

Wie schon geschrieben sind die Planungszeichnungen des Neubaus per 20. April 1912 datiert; beauftragt worden war das Architektenbüro Mohr u. Weidner aus Charlottenburg. Die Prüfung der Pläne wurde vom Königl. Hochbauamt II durch Baurat Hauptner am 09. Juli 1912 abgezeichnet. Als Bauherr findet sich auf den Zeichnungen der „Kreisausschuß“ – mit Unterschrift des Herrn von Daniels als Vorsitzenden.

Blick auf das Krankenhaus vor ca. 100 Jahren, noch ohne jeglichen Baumbestand - AK aus Sammlung des Wojtek Szkudlarski [928]

Blick auf das Krankenhaus vor ca. 100 Jahren, noch ohne jeglichen Baumbestand – AK aus Sammlung des Wojtek Szkudlarski

In der polizeilichen Bauerlaubnis vom Mai 1912 war die Bausumme mit 100.000 Mark beziffert worden. Eine Spende, wie sie seinerzeit von dem Herrn von Hardt für das Johanniterkrankenhaus zugesagt worden war, hätte also einem Fünftel der hier genannten Baukosten entsprochen. Anhand der zur Zeit zur Verfügung stehenden Unterlagen war jedoch nicht zu klären wie die Baufinanzierung durchgeführt worden war.

Das für die Errichtung ausgewählte Baugrundstück lag in der in der Gemeinde Glinau, auch hier scheint das Verfahren beschleunigt worden zu sein, die Bestätigung der Eingemeindung zur Stadt Neutomischel erfolgte bereits per 12. September 1912.

Nur wenige Tage zuvor, am 09. September 1912 war mitgeteilt worden, dass in der Planung sei, um den 23. September 1912 bereits die Rohbauabnahme vornehmen zu können; es waren seit Einreichung der Planungszeichnungen also lediglich 5 Monate vergangen. Die Abnahme erfolgte dann per 14. November 1912 durch Baurat Hauptner, Mitarbeiter des königlichen Hochbauamtes II aus Posen, welcher ja auch schon die Planungszeichnungen geprüft hatte.

Das alte Nebengebäude mit den heutigen modernen Klinikgebäuden im Hintergrund - Bild: PM [929]

Das alte Nebengebäude mit den heutigen modernen Klinikgebäuden im Hintergrund – Bild: PM

Die Gebrauchsabnahme des Kreiskrankenhauses war per 27. Oktober 1913, kombiniert mit der des Wasserturmes nebst Motorhauses, vorgenommen worden; wieder war dem Baurat Hauptner der Auftrag zu dieser erteilt worden. Er bestätigte unter dem 17. November 1913: „Die Bauten sind in jeder Weise gut und richtig ausgeführt und entsprechen den baupolizeilichen Bestimmungen“.

Nach nur etwas mehr als 1 1/2 Jahren Bauzeit, gerechnet ab der Erstellung der Bauzeichnungen bis zur Freigabe der Nutzung, war das Kreiskrankenhaus Neutomischel fertiggestellt worden.

Im Juni 1913 waren zwischen dem Magistrat als Vertreter des Städtischen Krankenhauses, welches seine Tätigkeit mit der Inbetriebnahme der neu errichteten Krankenanstalt einstellen würde, und dem Kreisausschuss als Vertreter des Kreiskrankenhauses, Verhandlungen bezüglich des Ankaufs von nicht mehr im städtischen Krankenhaus benötigten Inventars für das Kreiskrankenhaus aufgenommen worden. Es wurden, so ist den Unterlagen zu entnehmen, nur Einrichtungsgegenstände im Wert von 127,75 Mark übernommen. Vieles des alten Inventars wurde letztlich öffentlich versteigert, da es keine andere Verwendung mehr gehabt hatte und seitens des Kreiskrankenhauses kein Interesse bestanden zu haben scheint. Über den noch kurz zuvor neu im Städtischen Krankenhaus durch Dr. Buddee angeschafften Operationstisch und den orthopädischen Übungsapparat wurden, so eine Aktennotiz, gesonderte Verhandlungen geführt; die Unterlagen zu diesen fanden sich jedoch ebenfalls nicht. Eine Vermutung ist, dass Beide in das Kreiskrankenhaus überführt wurden.

Blick auf den Eingang des Krankenhauses - ca. 1958 - Ansichtskarte PM [930]

Blick auf den Eingang des Krankenhauses – ca. 1958 – Ansichtskarte PM

Weder war etwas über eine Umverlegung von Patienten aus dem „alten“ Krankenhaus in das „neue“ zu finden, noch fanden sich Unterlagen über eine stattgefundene Einweihungsfeier. Die Annahme ist, dass nach der Gebrauchsabnahme sofort die

Aufnahme des Krankenhausbetriebes des Kreiskrankenhauses Neutomischel im November / Dezember 1913

ohne jegliche Verzögerung erfolgt war. Dieses vermutlich auch, da die Zustände des alten Städtischen Krankenhauses schon seit längerer Zeit als unhaltbar gegolten hatten.

Leider ist über die weitere Zeit nur sehr wenig bekannt. Die Betreuung der Patienten soll durch 2 Ärzte stattgefunden haben. Die Krankenpflege wurde, wie auch schon zuvor im Städtischen Krankenhaus, durch Diakonieschwestern geleistet.

* * *

 

Frau Timm und Ihre Kolleginnen - Bild zum Abschied 1950 - Bild: Privatbesitz [931]

Frau Timm und Ihre Kolleginnen – Bild zum Abschied 1950 – Bild: Privatbesitz

Erinnerungen an das Kreiskrankenhaus Nowy Tomysl 1945-1950

Eine geschwisterliche Rauferei aus dem Jahr 1935  war der Anlass der ersten Begegnung der Frau Ursula Timm, früher in Cichagora wohnend, mit dem Krankenhaus in Neutomischel. Die zwei jüngeren Brüder hatten austesten wollen, ob sie gemeinsam als Sieger gegen die ältere Schwester hervorgehen würden. Zwei gegen Eine konnte nicht gutgehen – bei einem Sturz von Wagen brach sie sich den Arm. Die Behandlung des Bruches mit Anlegung eines Gipsverbandes war im Kreiskrankenhaus behandelt worden. Weitere Einzelheiten aus dieser vor nunmehr 78 Jahren stattgefundenen ersten Begegnung mit dem Krankenhaus sind ihr aber nicht in Erinnerung geblieben.

Ihr nächster Aufenthalt im Krankenhaus dagegen war folgenschwerer für ihr weiteres Leben.

Nach Kriegsende im Januar 1945 wurde sie mit anderen noch in Polen verbliebenden Deutschen, sie waren ungefähr 50 Personen gewesen, zum Arbeitseinsatz der Kartoffellese und Rübenernte auf Gut Sliwno verbracht. Frau Timm war damals 15 Jahre. Für die Nacht wurden sie in einer Getreidekammer  untergebracht. In dieser befand sich zwar ein kleiner Lehmofen, aber die von ihm ausgehende Wärme schaffte es nicht den 3 cm dicken Raureif an den Innenwänden des Raumes aufzutauen. Es war immer bitterkalt, zumal alle, auch die Mädchen, nur getrennt durch eine dünne Schicht Stroh auf der Erde schliefen. Sie erinnert sich, dass sie sich gegenseitig die Läuse entfernt hatten, oft hatten sie sogar gezählt wer von ihnen am meisten gefunden hatte. Zu essen gab es meist nur eine dünne Suppe.

Durch verunreinigte Nahrungsmittel und verschmutztes Wasser wird das Bakterium Salmonella Typhi, im Sprachgebrauch Typhus, hervorgerufen. Diese hochansteckende Infektionskrankheit macht sich durch hohes Fieber, 40-41°C, und unter anderen Symptomen, wie zum Beispiel durch Bewusstseinsstörungen bemerkbar. Unbehandelt führt die Erkrankung zum Tod.

Bild zum Abschied mit der Mutter Oberin - 1950 - Bild: Privatbesitz [932]

Bild zum Abschied mit der Mutter Oberin – 1950 – Bild: Privatbesitz

Auch Frau Timm erkrankte. Ihre Mutter maß über mehrere Tage Fieber von über 40°C, eine Nahrungsaufnahme war nicht mehr möglich gewesen und auch war sie schon zu schwach gewesen um noch zu laufen. Der Arzt, Dr. Janischewski, hatte der Mutter erklärt, dass sie ihre Tochter ins Krankenhaus zur Behandlung bringen sollte. Frau Timm erinnert sich, sie hatte es empfunden als sei es durch einen Nebel gewesen, dass sie, als sie von ihrer Mutter auf einen organisierten Pferdewagen, der mit Stroh ausgepolstert worden war, gelegt worden war, sie die Nachbarin zu ihrer Mutter hatte sagen hören, dass sie wohl kaum überleben werde. Bei der Einlieferung ins Krankenhaus äußerte sich der Dr. Janischewski  in ähnlicher Weise, die Krankheit wäre schon zu weit fortgeschritten.

Grabstätte der Ordens-Schwestern Mägde Mariens von der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria auf dem katholischen Friedhof in Nowy Tomysl - 2013 - Bild: PM [933]

Grabstätte der Ordens-Schwestern Mägde Mariens von der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria auf dem katholischen Friedhof in Nowy Tomysl – 2013 – Bild: PM

Frau Timm wurde im Isoliergebäude des Kreiskrankenhauses aufgenommen und gepflegt – und: sie überlebte. Die sie pflegenden Ordensschwestern sagten ihr, dass, wenn sie vollständig genesen sei, sie im Krankenhaus arbeiten könnte.

Eigentlich hatten die Familie ja aus Polen ausreisen wollen, aber durch die Erkrankung und die lange Zeit des Krankenhausaufenthaltes der Tochter war dieses nicht möglich gewesen. Als diese soweit wieder gesund war, als das die Familie die Ausreise hätte nun angetreten können, war es den deutschen Bewohnern, die noch im Land waren, durch eine geänderte Gesetzgebung nicht mehr erlaubt gewesen auszureisen, sie sollten erst einmal als Arbeitskräfte eingesetzt werden.

Als ihre Mutter daraufhin im Krankenhaus nachfragte, ob es noch Gültigkeit habe, dass ihre Tochter in der Anstalt arbeiten könnte hielten die Schwestern Wort. Frau Timm erhielt Arbeit in der Küche und zudem noch freie Unterkunft und Logis im Krankenhausgebäude selbst.

Die Orthopaedie 1925 (2) – war dieses der Bewegungsapparat, der von dem Städtischen Krankenhaus übernommen worden war ? [934]

Die Orthopaedie 1925 (2) – war dieses der Bewegungsapparat, der von dem Städtischen Krankenhaus übernommen worden war ?

Alle 14 Tage durfte sie am Sonntag, ihrem freien Tag, Ihre Mutter, die sich in Cichagora als Tagelöhnerin durchschlug, besuchen. Vom Krankenhaus war der einfache Weg zu Fuß in einer guten Stunde zu bewältigen. Eine der Ordensschwestern steckte ihr, wenn der Besuch zuhause anstand, immer einige Brötchen und anderes für die Mutter zu.

Die Ordensschwestern waren streng und doch – sie duldeten einige Vorgänge von denen sie vorgaben, dass sie nicht von ihnen wüssten, obwohl – ihnen entging nichts was in der Krankenanstalt und in dem Betrieb von dieser vor sich ging.

Der Tag begann für die jungen Mädchen um 6:00 Uhr in der Früh. Das Wecken geschah durch die sehr strenge Nachtschwester, aber trotzdem gelang es ab und an doch, noch die ein oder andere halbe Stunde länger zu schlafen.

Am Abend um 10:00 Uhr mussten alle wieder im Hause sein. Wie es dann schon mal vorkam wurde es später. Vereinbart war dann, dass Frau Timm, sie hatte zu dieser Zeit noch keinen Freund in der Stadt und blieb daher im Krankenhaus, den Schlüssel für die Hintertür neben das Küchenfenster hängte. Dieses war zwar von außen mit Gittern versehen, man konnte aber durch diese durchgreifen und das dahinter befindliche, nur angelehnte Küchenfenster etwas aufschieben, um dann an den dort hängenden Schlüssel zu gelangen und mit diesem die Hintertür aufzuschließen um wieder ins Haus zu kommen.

Grundriss des Untergeschosses (1) mit Bild des Laboratoriums (2) [935]

Grundriss des Untergeschosses (1) mit Bild des Laboratoriums (2)

Eines Tages jedoch kam eine der Schwestern in die Küche und fragte wo der Schlüssel sei. Na ja, er hing wo er immer hing – neben dem Fenster; griffbereit für zu späte Heimkehrerinnen. Aber – oh Mist – die Schwester steckte die Schlüssel in die Tasche und ging. Als nun die Kolleginnen etwas verspätet zurückkamen war das Gebäude natürlich schon verschlossen. Da aber der Schlüssel ja nun nicht neben dem Fenster hing, war guter Rat teuer, wie sie nun, ohne erwischt zu werden, was eine Bestrafung nach sich gezogen hätte, wieder ins Haus gelangen könnten.

Neben der Küche schlief Herr Goldmann. Er war vor dem Krieg Gastwirt in der Posener Straße gewesen. Nach dem Krieg, er hatte keine Familienangehörigen mehr, hatte er Beschäftigung als eine Art Hausmeister im Krankenhaus erhalten. Die Fenster seines Zimmers waren nicht vergittert gewesen.  Aus der Not heraus drängten nun die jungen Mädchen, die unbedingt wieder in das Gebäude gelangen mussten, dass Frau Timm das Fenster im Zimmer des Herrn Goldmann öffnen sollte, sodass sie durch dieses einsteigen könnten. Frau Timm erinnert sich noch, dass der Herr Goldmann unheimlich schnarchte, und dieses Schnarchen aber plötzlich verstummte und er fragte: wer ist da ? was ist los ? Frau Timm beruhigte ihn und sagte nur, Herr Goldmann es ist nichts passiert, schlafen sie nur weiter, woraufhin das Schnarchen wieder einsetzte und die Mädchen sich durch das Zimmer schlichen.

Die Nachtschwester war am nächsten Morgen sehr verblüfft darüber, dass alle im Hause waren, hatte sie doch noch immer die Schlüssel. Herr Goldmann hatte die Mädchen aber nicht verraten, er und auch Herr Napierala, der später von dem Vorfall erfuhr, lachten über die Streiche der Mädchen.

Die neuen, modernen Krankenhausgebäude in Nowy Tomysl - 2013 - Bild PM [936]

Die neuen, modernen Krankenhausgebäude in Nowy Tomysl – 2013 – Bild PM

Herr Napierala (1905 geboren) hatte auch schon zu deutscher Zeit am Krankenhaus gearbeitet. Er war dann, als Neutomischel polnisch geworden war, am Krankenhaus tätig geblieben und fuhr den Krankenwagen. Neben dieser Tätigkeit war er auch „Mädchen für Alles“; zum Beispiel holte er alle Einkäufe in den verschiedenen Geschäften ab, die vorher von den Ordensschwestern erledigt worden waren.

Er wohnte mit seiner Familie ebenfalls auf dem Krankenhausgelände. Seine Wohnung befand sich in dem kleinen Nebengebäude in dem sich im Erdgeschoß die Leichenhalle befand. Er galt aber auch als „Filou“. Zum Krankenhaus gehörten immer einige Hühner, die im Hof frei herumliefen. Wenn nun der Herr Napierala den Krankenwagen in die Garage fuhr, trieb er ab und an eine der Hennen in diese und „drehte“ ihr den Hals um.

Wenn dann Frau Timm die Aufgabe erhielt, die Hühner zu zählen fehlte natürlich eines. Aber genauso wenig wie Herr Goldmann und Herr Napierala die Mädchen verrieten, so verrieten diese auch nicht die Herren. Dass die Schwestern aber sehr wohl Bescheid wussten, war daraus zu entnehmen, dass einer von ihnen bei einer Zählung entfuhr: „Es fehlt eins, hat der Napierala wieder eins in seinen Topf gesteckt !?“ Herr Napierala tat dann hinterher immer ganz „unschuldig“ und sagte, was er hätte denn tun sollen ?, die Henne sei ihm schließlich ins Auto gelaufen und das tote Tier dann so einfach liegenlassen wäre doch auch nicht in Ordnung gewesen.

1950 bekam die Familie Timm die Ausreise in die DDR genehmigt.

Frau Timm schließt Ihre Erinnerung mit folgenden Sätzen:

Neu und Alt nebeneinander - 2013 - Aufn. PM [937]

Neu und Alt nebeneinander – 2013 – Aufn. PM

1966 haben wir, meine Mutter und ich nochmals Nowy Tomysl besucht. Dieses geschah mit Hilfe der Familien Wittchen und Meissner, die noch in der Stadt lebten und die uns eine „Einladung“, die zur Einreise notwendig gewesen war, geschickt hatten. Wir besuchten auch die Ordensschwestern, die noch Wohnrecht im Krankenhausgebäude beanspruchten, und die uns so viel Gutes getan hatten.

Noch heute, so sagt Frau Timm, kann ich nur Gutes über die Ordensschwestern und über die Jahre meiner Tätigkeit im Krankenhaus sagen. Ich bin noch heute für die mir entgegenbrachte Menschlichkeit dankbar !

* * *

Dr. Hologa - seinen Namen trägt die heutige Klinik in Nowy Tomysl - Bild: Geschichtsweg Nowy Tomysl [938]

Dr. Hologa – seinen Namen trägt die heutige Klinik in Nowy Tomysl – Bild: Geschichtsweg Nowy Tomysl (3)

Untrennbar verbunden für die Zeit ab 1951 ist mit dem Nowy Tomys’ler Krankenhaus Doktor Kazimierz Hołoga. Nach ihm wurde das Krankenhaus im Jahr 2008 benannt.

Kazimierz Hołoga wurde am 18. Januar 1913 in Poznań geboren. Sein Arztdiplom erhielt er während des 2. Weltkrieges. Nach Nowy Tomyśl kam er im Jahr 1951, wo er die Leitung des Kreiskrankenhauses übernahm. Er ließ die Gebäude renovieren und erhöhte das Personal um mehrere Ärzte und Krankenschwestern. Doktor Kazimierz Hołoga hatte die Absicht, das Krankenhaus noch umfangreicher auszubauen. Sein verfrühter Tod am 12. September 1958 durchkreuzte leider alle Pläne.

An das Krankenhausgebäude wurde im Jahre 1962 ein weiterer Pavillon angebaut. In den Jahren 1984 – 1985 wurde ein Verbindungsgebäude zwischen dem alten und dem neuen Krankenhausteil eingefügt.

In den Jahren 2008 – 2011 fand das bisher größte Projekt des Ausbaus des Krankenhauses in Nowy Tomyśl statt.

Heute wird die Krankenanstalt zu einer der Modernsten des Landes gezählt.

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Quellen:

Die erste Beurteilung und das erste Spiel auf der Dinse Orgel – 1861

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Carl Julius Theodor Neumann, Lehrer und Kantor (1861) - Ergänzungen G. Tabbert)
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2012 - Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl - Aufn. PM [352]

2012 – Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl – Aufn. PM

„…und durch ein vorzüglich schönes Werk das Kirchencollegium derart zufrieden stellen, dass diese Verzögerung nicht mehr erwähnt werden wird“ ; Orgelbaumeister Dinse betrachtete die von ihm für die Kirche in Nowy Tomysl gebaute Orgel als so hervorragend, als dass die einjährige Lieferverzögerung damit gegenstandslos angesehen werden müsste.

Zu Einzelheiten der Orgel war lediglich eine Art Abnahmeprotokoll in den im Staatsarchiv von Poznan verwahrten Akten, welches durch den Kantor und Lehrer Neumann aus Hammer Boruy erstellt worden war, zu finden: 

* * *

Neu Tomysl, den 11ten Mai 1861

Auf den Wunsch der Mitglieder des löbl. Kirchen Collegi zu Neu Tomysl begab sich der Unterzeichnete heut an Ort und Stelle, um die in der evangel. Kirche daselbst erbaute neue Orgel zu besichtigten und über deren Befund ein Urtheil abzugeben.

Zunächst wurde auf Grund des vorgelegten Anschlages nachgesehen, ob die ausbedungenen Stimmen in den einzelnen Clavieren und dem Pedale wirklich vorhanden sind. Es ergab sich, daß das Hauptmanual wie vorgeschrieben besetzt ist, nur mit dem Unterschiede, daß statt Rohrflöte 8 Fuß Corner 4 fach und im Ober-Manual statt Gedact 8 Fuß, die Rohrflöte in gleicher Stärke angebracht ist. Das Pedal ist nach dem Anschlage angefertigt, ebenso die Nebenregister.

Zu sub. A.1. des Anschlages ist keine andere Bemerkung zu machen, als die, daß die Prinzipal-Pfeifen im Prospect eine sehr saubere Politur haben und die stummen Pfeifen auch vorhanden sind. Das verwendete Zinn sowohl zu den Pfeifen, so wie die zu den Prospect-Pfeifen führendes Conducte scheinen aus guter Masse zu bestehen. Zu C. wird bemerkt, daß das verwandte Kieferholz, sowie das namentlich zu den Windladen verbrachte Eichenholz knorrfrei und von guter Beschaffenheit ist.

Einzelnen Töne in den einzelnen Registern hat sich herausgestellt, daß die Intonation bei folgenden Registern:

ganz vorzüglich ist.

2012 - Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl - Aufn. PM [351]

2012 – Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl – Aufn. PM

Bei den 16 füßigen Manual-Registern ist nichts Nachteiliges zu erwähnen. Die Pretunal-Flöte 8 Fuß klingt sehr schön und nur einige Nachhülfe durch Stimmung bedurften die Quinte und diejenigen Register, welche aus zusammengesetzten Pfeifen ihre Klangwirkung zu leisten haben. Der gegenwärtige Herr Orgelbauer Meister Dinse erklärte sich bereit, die entsprechende Nachstimmung auszuführen. Die Trompete 8 Fuß thut ihre volle Wirkung ohne wirklich zu tönen.

Die Pedal-Register anlangend nahm ich wahr, daß der Violon 16 Fuß Subbass 16 Fuß und Violon 8 Fuß zwar an und für sich kräftig und wohlklingend, daß aber ihre volle Wirkung dem Gesamteindrucke der Manuale insofern nicht entspricht, als der Bass der Kraft des Manuals nicht die Spitze bietet; dies ist nun aber entweder als ein Mangel in der Disposition hervorzuheben, oder aber, es hat diesem Übelstande beim Entwurfe der Disposition durch Beigabe der Posaune 16 Fuß Abhülfe geschafft werden sollen; ich halte indess dieses Auskunftsmittel für unhaltbar, weil dieses Register als ein Zungenwerk zu häufig gestimmt werden muß, indem es sich beim Gebrauche selbst und unter dem Einfluße und der Beschaffenheit der Luft zu leicht verstimmt, sich also auch zu nicht allen Zeiten als brauchbar erweist. Die Posaune selbst bildet mit den übrigen Pedal-Registern einen tüchtigen Bass, der in Verbindung mit der Pedal-Koppel die ganze Orgel würdig fundamentiert. Im Allgemeinen bemerke ich, weil ein Eingehn in Beurtheilung der einzelnen Stimmen ihrem Klange nach von mir darum nicht für nöthig gehalten wird, da jedes Register in dem ihm eigenen Charakter intoniert ist, daß das ganze Werk nicht ein Register enthält, welches eine übelklingende Schärfe an sich trüge, in seiner Vollwirkung den Kirchenraum doch wohl füllen dürfte, wenngleich ich nicht unerwähnt lassen kann, daß die ganze Bauart der hiesigen Kirche Wohlklang und Fülle einer Orgel nicht sonderlich begünstigt.

Einzelne kleine Mängel, die Herr Dinse mit mir anerkannt, als da sind: die Wahrnehmung des Überganges von Holz- zu Zinnpfeifen und das feinste Durchstechen von 3 oder 4 Tönen sind von der Art, daß ersterem Umstande nicht leicht abzuhelfen, letzterer Übelstand aber sich bei einer gleichmäßigen Witterung wohl von selbst Abhülfe verschaffen wird; denn wahrscheinlich hat sich die Schleife in der Windlade um eine Kleinigkeit gezogen.

Schließlich spreche ich mein Gutachten, daß sich auf Besichtigung und das Spiel sehr vieler Orgeln gründet dahin aus:

Herr Dinse hat sich beim Baue der hiesigen Orgel als den tüchtigen Meister in seiner Kunst bewährt und der hiesigen Kirchen-Gemeinde eine gut gebaute und recht wohlklingende Orgel geliefert.

Noch sehe ich mich genötigt zu erwähnen, daß, als ich das volle Werk spielte, ein Mangel an Wind, der das Werk als windstößig erscheinen lassen müßte, nicht im entferntesten wahrzunehmen war, wiewohl ich der Ansicht bin, daß ein solches Werk eigentlich 4 Bälge zu seiner Sättigung haben müßte, was aber der beschränkte Raum der Balgkammer hier nicht zuläßt.

Dieses Urtheil habe ich nach meiner besten Einsicht abgegeben

a.u.s. Neumann, Cantor und Lehrer in Hammer-Boruy

* * *

Kirchplatz Boruy den 13ten Mai 1861

zu der gestern von mir erfolgten Besichtigung resp. Begutachtung der neuen Orgel in der Kirche zu Neu Tomysl habe ich noch  folgenden Nachtrag zu machen

  1. die Stimmung der Orgel ist richtig Kammerton
  2. die Abstracten sind zur Verhütung des Ausreißens der ziehenden Drähte mit Pergament beledert
  3. die Federn unter den Cancellen in der Windlade sind bei den Manualen einfach, beim Pedal doppelt angebracht, von entsprechend starkem Messingdrahte und in der Windlade so gestellt, daß man ohne Beschwerde zu denselben hinzukommen kann. Die Cancellen sind an dem hintern Ende an einem Drahte befestigt, der vermittels einer Mutter, ein beliebiges Festschrauben zuläßt
  4. der Pfeifenstock ist durchaus nicht zu dicht mit Pfeifen besetzt und um diesem Prinzipe treu zu bleiben, hat Herr Dinse sogar mehrere Pfeifen im Obermanuale außerhalb der Windlade angebracht und den Wind mittelt Conducten zugeführt
  5. 5. die Coppelung der Mannuale ist Gabelkoppel und in ihrer Mechanik einfach und dauerhaft
2012 - Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl - Aufn. PM [942]

2012 – Im inneren der Herz Jesu Kirche, der früheren evangelischen Kirche zu Neu Tomysl – Aufn. PM

Da Herr Dinse eine 2 jährige Garantie für das Orgelwerk übernommen, so ist es keine neue Forderung, die ich an ihn stellen möchte, wenn ich darauf aufmerksam mache, daß wie es bei einem neuen Orgelwerke immer notwendig wird, nach Jahr und Tag eine Nachstimmung wird erfolgen müssen, die ihm wohl auch jetzt bald zur Pflicht gemacht werden dürfte.

Diesen Nachtrag bitte ich Euer löbliches Kirchen Collegium meinem gestrigen Gutachten anzuschließen.

Neumann Cantor

* * *

Die Söhne des Cantors und Lehrers zu Kontopp in Schlesien Wohlgeboren Carl Samuel Neumann und seiner Ehefrau Helena geb. Grossmann:

Quelle:

Das Warten auf die neue Orgel 1858-1861

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Bild der heutigen Orgel der Herz-Jesu-Kirche [944]

Bild der heutigen Orgel der Herz-Jesu-Kirche -Aufn. PM

Die Stadt Nowy Tomysl unterhält seit Dezember 1999 mit dem Amt Biesenthal-Barnim in Brandenburg eine Städtepartnerschaft. Dass zwischen beiden Städten bzw. Gemeinden eine noch weitaus ältere Verbindung besteht ist aus alten Unterlagen ersichtlich geworden.

1811 wurde in Biesenthal der Orgelbauer August Ferdinand Dinse geboren, er war späterer Mitbegründer und -inhaber der Orgelbaufirma Lang & Dinse in Berlin. In Biesenthal findet sich noch heute eine der wenigen in ihrer ursprünglichen Substanz erhaltenen Orgeln des Baumeisters. Sie gilt als ein Geschenk des Orgelbauers aus dem Jahr 1859 an seine Geburtsstadt.

1859 war auch das Jahr in dem die evangelisch-unierte Gemeinde zu Neu Tomysl von der Orgelbaufirma Lang & Dinse ihre neue Orgel hätte erhalten sollen.

Dieser Beitrag wurde zusammengestellt anhand von im Staatsarchiv zu Poznan verwahrten Akten, hier: Bestand: 53/893/0 Konsystorz Ewangelicki w Poznaniu [698] » Serie: 17.82 Neutomischel – pow. Nowy Tomyśl [699]» Einheit: 5366 [943] – Bauten an der evangelischen Kirche … vol. II

* * *

Im Februar 1858 fasste das evangelisch-unierte Kirchenkollegium von Neu Tomysl den Beschluss für die Kirche eine neue Orgel anzuschaffen. Die alte Orgel annähernd 70 Jahre alt, so wurde ausgeführt, verursachte „eine Menge“ Reparaturkosten, aber letztlich würden die Reparaturen nur ein „bestandloses Flickenwerk“ sein.

Seitens der Kirchenkollegiums war man nicht untätig gewesen und hatte zu diesem Zeitpunkt schon Erkundigungen über Orgelbauer und die von ihnen ausgeführten Arbeiten eingeholt; man hatte sich letztlich auf den Orgelbauer Adolf Alexander Lummert aus Breslau, der in jener Zeit auch die Aufstellung der Orgel in Ratibor vorgenommen haben soll, für die Durchführung des Orgelbaus in Neu Tomysl fixiert.

Für eine derartige Investition und Baumaßnahme war es Voraussetzung gewesen, dass die Königliche Hochlöbliche Regierung, Abteilung II für die Kirchenverwaltung und das Schulwesen, in Posen ihre Zustimmung erteilte. Als seitens des Kirchenkollegiums von Neu Tomysl um die Genehmigung ersucht worden war, erteilte die Regierung die Auflage einen zweiten Kostenvoranschlag des Orgelbaubetriebes Lang & Dinse, Berlin einzuholen.

Unter dem 20. Juli 1858 wurden, so der Text eines Anschreibens, die Kostenvoranschläge beider Orgelbauer, Lummert und Lang & Dinse, seitens der Gemeinde Neu Tomysl bei der Regierung in Posen zur Genehmigung eingereicht. Leider sind diese Kostenvoranschläge nicht in den Unterlagen erhalten geblieben, sodass keine Einzelheiten bekannt sind.

Bild der Kirche aus der "kurzgefassten Chronik" aus dem Jahr 1888 [945]

Bild der Kirche aus der „kurzgefassten Chronik“ aus dem Jahr 1888

Anfang Oktober 1858 wurde man bezüglich einer Regierungsentscheidung in Neu Tomysl ungeduldig und erlaubte sich dort nachzufassen. Die Antwort kam auch umgehend – zur Bearbeitung der Angelegenheit durch die letztlich zuständige Superrevision in Berlin, fehlte die Einreichung einer Zeichnung des Grundrisses der Kirche. Diese Aussage hatte aber schon Mitte Oktober 1858 keine Gültigkeit mehr. Unter dem 13. Oktober wurde dem Kirchenkollegium mitgeteilt, dass man beide Kostenvoranschläge erhalten habe, dass man das Angebot mit den Baukosten von 1.600 Mark der Firma Lang & Dinse genehmige. Als Voraussetzung der Genehmigung galt, dass das Geld zur Bestreitung der Baukosten in der Kirchenkasse vorhanden zu sein habe. Der angeforderte Grundriss der Kirche sei nicht mehr erforderlich.

Der Vertrag zur Ausführung des Baus der Orgel in Neu Tomysl war letztlich unter dem 28. Dezember 1858 datiert, konnte aber durch eine verspätete Rücksendung seitens der Firma Lang & Dinse erst per 02. Januar 1859 in Posen zur notwendigen letzten Prüfung und Genehmigung eingereicht werden. Letztere wurde dann per 18. Januar 1859 erteilt.

Ohne die Zeit der Einholung von Auskünften zu berücksichtigen, war annähernd ein Jahr für Planungen und Genehmigungen vergangen.

Leider sind keine Einzelheiten aus dem Vertrag zwischen der Gemeinde Neu Tomysl und dem Orgelbauunternehmen Lang & Dinse bekannt. Zu Beginn scheinen die Arbeiten in einem vereinbarten Zeitrahmen stattgefunden zu haben, doch dann kam es zu Verzögerungen, die die Geduld der Neutomischler auf eine harte Probe stellten.

Seitens der Königlichen Hochlöblichen Regierung wurden von dem Kirchenkollegium Zwischenbescheide über den Fortgang des Orgelbaus angefordert. Unter dem 17. Juli 1859 antwortete diese, dass man seitens Lang & Dinse zum Monatsbeginn einen Zwischenbescheid angefordert und gerade erhalten habe:

“ Erwidere auf Zuschrift vom 7. des Monats, dass seit Bestellung der Orgel für die Kirche daselbst die Theile des Werkes in Angriff genommen. Einige Theile schon vollendet sind und sobald die Witterung im Winter einigermaßen erträglich ist komme ich zum Aufbau dorthin und stelle das Werk auf. Berlin, den 18. Juli 1859

Wie schon geschrieben entsprach diese Antwort zu Beginn der Orgelbauarbeiten scheinbar noch dem vereinbarten Terminplan. Der geplanten Einweihung der Orgel für den Sonntag nach Ostern im Jahr 1860 schien nichts im Wege zu stehen.

Doch der geplante Einweihungstermin verstrich ohne neue Orgel in der evangelisch-unierten Kirche zu Neu Tomysl. Abgezeichnet hatte sich der Niedergang aller terminlichen Planungen schon um die Weihnachtszeit 1859. Keiner der zu jener Zeit gewechselten Briefe wurde aufgefunden, vielleicht sind diese auch nicht mehr erhalten; in einem Schreiben vom 24. April 1860 welches seitens des Kirchenkollegiums an die Königliche Hochlöbliche Regierung in Posen gerichtet wurde, findet sich aber die ganze Misere recht deutlich beschrieben:

Unterschrift des Orgelbauers F. Dinse [946]

Unterschrift des Orgelbauers F. Dinse

„… nach einem Schreiben des Orgelbauers Dinse von Weihnachten schrieb derselbe, dass die Theile der Orgel größtentheils fertig wären und er sobald der Winter etwas leidlich werden würde, er sogleich die Orgel aufstellen wollte. Als wir im Laufe des Winters ihn an sein Versprechen erinnerten, schrieb derselbe über die Vollendung ganz unbestimmt und bemerkte zugleich, dass er im Winter nie eine Orgel aufstellte, und noch hatte er in seinem Contrakte dieses Bedenken gar nicht geäußert. Nach dem Contrakte sollte die Orgel schon den Sonntag nach Ostern eingeweiht werden, und er willigte auch beim Abschluß des Contraktes ein, sich für jede Woche der Verzögerung einen Abzug von 30 Mark gestatten lassen zu wollen. Wir haben etwa 3 Wochen vor Empfang des hohen Schreibens vom 31. März abermals an den Orgelbauer geschrieben und bestimmte Auskunft über die Vollendung und den Termin der Aufstellung gefordert, haben aber bis heute noch keine Antwort bekommen. Wir wissen daher gar nicht, wie es mit dem Bau steht und die Leute wollen schon die Geduld verlieren und das Vertrauen zu dem Orgelbauer …“

Im Mai 1860 versicherte Dinse dann, dass eine Aufstellung im Juli stattfinden werde. In einem Schreiben vom 26. August 1860, noch immer war nichts passiert, findet sich eine weitere Beschreibung der Umstände aus Sicht der Neutomischler in einem weiteren Bericht nach Posen: „…Schon an Ostern sollte unsere neue Orgel fertig sein und ist bis heute noch keine Anstalt dazu. Der Orgelbauer schiebt es immer weiter hinaus und erfüllt nie seine Versprechen. Wir haben schon oft erinnert und immer hat er Ausflüchte. Vor etwa 6 Wochen war er hier und versprach ganz gewiß spätestens in 3 Wochen die Orgel zu bringen und es ist schon über einmal so lange vergangen und er gibt keine Nachricht und kommt auch nicht … kommt nun bald der Herbst und wer weiß ob nicht die nasse Witterung fortdauert oder noch ärger wird und das Werk Schaden leidet …“.

Mit einem Schreiben datiert vom 3. September 1860 schreibt Dinse dann an die Königlich Hochlöbliche Regierung in Posen: „… das Orgelwerk trifft in den Tagen vom 18. bis 20. September dort ein, und werde selbige möglichst schnell aufstellen und durch ein vorzüglich schönes Werk das Kirchencollegium derart zufrieden stellen, dass diese Verzögerung nicht mehr erwähnt werden wird“.

Erst am 20. Mai 1861 berichtete das evangelische Kirchenkollegium letztlich an die Regierung in Posen, dass es doch noch zu einem guten Ende gekommen sei: „Euer Königlichen Hochlöblichen Regierung berichten wir ganz ergebenst über die stattgefundene Einweihung der hiesigen neuen Orgel nachstehend folgendes:

Blick auf die heutige Orgel in der Herz Jesu Kirche- Aufn. PM [947]

Blick auf die heutige Orgel in der Herz Jesu Kirche- Aufn. PM

„Nachdem am Sonnabend, den 11 Mai, die hiesige neue Orgel durch den Cantor und Lehrer Neumann aus Hammer Boruy besichtigt worden war, dessen Gutachten dabei liegt, wurde dieselbe am 12. Mai, am Sonntage Exaudi, feierlich eingeweiht, und zwar in folgender Art: Der Gottesdienst begann mit dem Liede: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut pp. bis zum 6. Vers ohne Orgelbegleitung. Hierauf folgte die Liturgie und die 2te Hälfte des angefangenen Liedes. Daran schloss sich die Weiherede, und der Chor sang das Amen zum ersten Male von drei vollen Akkorden der Orgel begleitet, welches den eigentlichen Weihe-Act schloss. Der Cantor Neumann zeigte nun in einem längeren Vorspiel, was die neue Orgel zu leisten im Stande ist, worauf ein Gesang für gemischte Chöre mit Orgelbegleitung folgte. Nun begann das Hauptlied: Allein Gott in der Höh sei Ehr pp., worauf die Festpredigt gehalten wurde. Zum Schlusse wurde mit freudig bewegten Herzen von der Gemeinde noch das Lied angestimmt: Nun danket alle Gott pp. Gott, der bis hierher geholfen, helfe glücklich weiter und lasse unsere Gemeinde als eine Pflanzstätte wahrhaft religiösen Glaubens und Lebens immer … und fröhlicher erblühen.

Eine Rechnungslegung über Einnahmen und Ausgaben für den Bau der neuen Orgel kann jetzt noch nicht stattfinden, da der Orgelbauer kontraktmäßig die letzten Raten erst nach 1 und 2 Jahren empfängt.“

Es war also geschafft mit 1-jähriger Verspätung war die neue Orgel der evangelischen-unierten  Gemeinde zu Neu Tomysl eingeweiht worden. Die Planungen hatten offiziell im Februar 1858 begonnen und am 12. Mai 1861 hatte die feierliche Einweihung stattgefunden.

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Die Kirche mit dem abgebrannten Turm, bei diesem Brand wurde die Orgel auch die Orgel in großen Teilen vernichtet - Karte aus der Sammlung von Wojtek Szkudlarski [948]

Die Kirche mit dem abgebrannten Turm, bei diesem Brand wurde auch die Orgel in großen Teilen vernichtet – Karte aus der Sammlung von Wojtek Szkudlarski

Abschließend stellt sich dem Leser jedoch, eine nicht zu beantwortende Frage: Fa. Lang & Dinse hatte einer Zahlungsminderung von 30 Mark pro Woche zugestimmt, die Kosten der Erstellung der Orgel waren mit 1.600 Mark veranschlagt gewesen, wie hat man sich hier schlussendlich wohl geeinigt ?

* * *

Die eingangs erwähnte „alte“ reparaturbedürftige um 1788 erbaute Orgel war trotz ihrer Schwächen noch von der evangelisch-lutherischen Gemeinde für ihre im Jahr 1858 errichtete Kirche angekauft worden. Dort wurde sie noch weitere 30 Jahre genutzt. Letztlich wurde sie , da sie „zeitweilig gänzlich ihren Dienst versagte“, in einem Alter von annähernd 100 Jahren ausrangiert.

 

 

 

 

Robert Protsch 1855-1889

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Der Eintrag der Mitteilung des Todes aus dem Jahr 1889 - Quelle: http://szukajwarchiwach.pl/53/1913/0/4/51/str/1/10/15#tabSkany [949]

Der Eintrag der Mitteilung des Todes aus dem Jahr 1889 – Quelle: http://szukajwarchiwach.pl/53/1913/0/4/51/str/1/10/15#tabSkany

In den Standesamtsunterlagen von Neutomischel vom 31. Juli 1889 unter der Nr. 138 findet sich nachfolgender Eintrag:

„Zufolge Mitteilung des Hansestadt Bremischen Amts vom 27. Juli 1889 No. 143 pro 1889/90 ist heute eingetragen worden, dass der Kohlenzieher Robert Protsch geboren zu Neutomischel, am (18ten) achtzehnten Juli des Jahres tausend acht hundert achtzig und neun vormittags um neun Uhr fünfundzwanzig Minuten auf der Reise von New York nach Bremerhaven ertrunken resp. verstorben ist.

Religion, Alter, Wohnort und Familienstand des Verstorbenen ist unbekannt.“

Wir haben in diesem Artikel versucht das Leben des Robert Protsch zurückzuverfolgen …

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 Am 23. September 1878 traute Pastor Illgner in der evangelischen Kirche zu Friedenhorst den 23-jährigen Junggesellen Robert Wilhelm Protsch aus Neutomischel mit der 17-jährigen Anna Rosalie Amalie (Legate) Hökel.

Von der Braut hieß es, dass ihre Mutter zum Zeitpunkt der Eheschliessung verstorben gewesen sei; als ihre Pflegeeltern wurden Wilhelm Rehfeld, ein Schmelzer zu Lomnitzer Glashütte, und dessen Ehefrau Marie, geborene Malke genannt. Leider waren zu ihr oder Ihren Eltern keine weiteren Daten aufzufinden.

Robert Wilhelm Protsch, der Bräutigam, war am 21 März 1855 in Glinau geboren worden. Er war zum Zeitpunkt seiner Eheschließung als Fleischermeister zu Neutomischel tätig gewesen.

Er war der 3te eheliche Sohn des in Glinau ansässig gewesenen Stellmachermeisters Daniel Protsch und dessen Ehefrau Rosamunde geborene Tepper gewesen. Sein Vater war schon 2 Jahre nach seiner Geburt im Alter von 50 Jahren verstorben. Seine Mutter, beim Tod des Vaters 46 Jahre alt, ging entgegen den damaligen Gepflogenheiten erst wieder im Jahr 1868 eine weitere Ehe mit dem 15 Jahre älteren Johann August Hübner ein. Dieser war in erster Ehe mit Johanna Beata geborene Protsch, der Großtante von Robert Wilhelm verheiratet gewesen.

Der älteste Bruder des Bräutigams war Johann Carl Heinrich Protsch (*1831); er hatte schon 1852 mit seiner ersten Eheschließung das elterliche Haus verlassen. Der jüngere Bruder wird zu ihm aufgrund des hohen Altersunterschiedes und der räumlichen Trennung keinen intensiveren Kontakt gehabt haben; letzteres scheint auch für die älteren Schwestern gegolten zu haben. Anders scheint es sich bei dem zweiten auch älteren Bruder Alexander Ernst Reinhold verhalten zu haben. Er, 9 Jahre älter als sein jüngerer Bruder, ist einer der Auswanderer lutherischen Glaubens, der die Heimat verlassen hat. Er immigrierte per 30. Juni 1876 mit seiner Frau Bertha Hentschel und dem Sohn George Ernst Robert welcher noch in Deutschland geboren worden war, in Baltimore, Maryland in die Vereinigten Staaten von Amerika.

Ob es der Wunsch war dem älteren Bruder zu folgen, der vielleicht in die „alte Heimat“ berichtete, dass er sein Auskommen gefunden habe oder es andere Beweggründe gegeben hat selbst auch auszuwandern, ist heute nicht mehr bekannt. Robert Wilhelm Protsch, Beruf Fleischer, immigrierte am 05. Aug 1882 in Baltimore; er tat dieses scheinbar ohne weitere Familienangehörige.

Kohlentrimmer beim Bunkern eines Linienschiffes in Hoboken (New Jersey) - Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kohlentrimmer [950]

Kohlentrimmer beim Bunkern eines Linienschiffes in Hoboken (New Jersey) – Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kohlentrimmer

Was dann weiter in den Jahren 1882 – 1889 geschah ist nicht bekannt … der letzte Hinweis ist die eingangs zitierte Eintragung in den Standesamtsunterlagen

* * *

Der Beruf des Kohlenziehers oder Kohlentrimmers in der Seeschiffahrt bestand während der Zeit der mit Kohle befeuerten Dampfschiffe. Die Arbeit bestand darin die Kohle in das Schiff in die dafür vorgesehenen Lagerräume zu verbringen und während der Überfahrt diese, aus den zum Teil weit vom Kesselraum entfernten Kohlenbunkern, zu den Kesseln zu befördern. Es herrschten unzumutbare Arbeitsbedingungen: die Kohlenbunker waren ohne Beleuchtung, das Schiffsinnere war verwinkelt und eng, die Arbeit verlangte hohe körperliche Kraft bei großer Hitze unter ständig durch Kohlenstaub stickiger Luft. Zudem standen Angehörige dieser Berufsgruppe auf der niedrigsten Stufe in der Hierarchie der an Bord eines Dampfschiffes tätigen Arbeiter.

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Quellen:

Kurzmeldung – Umleitung wegen Dammbruch – 1888

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Königl. Distriktkommissarius - 1888)
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Sempolno Mühle [951]

Sempolno Mühle

Bekanntmachung

Die Landstraße Neutomischel – Birnbaum, Territorium Sempolno Mühle, ist in Folge Dammdurchbruchs an dem Sempolnoer Mühlenteiche bis auf weiteres gesperrt und wird die dadurch unterbrochene Kommunikation durch die, die fragliche Landstraße durchschneidende Chaussee Pinne-Tirschtiegel, resp. den bei Mitrenga von der Letzteren abführenden Kommunikationsweg bis zur alten Landstraße Neustadt b. P.-Tirschtiegel, hergestellt.

Neustadt b. P., den 7 März 1888 – Der Königliche Distrikts-Kommissarius

Quellen:

Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 71 – Das Pfarrhaus errichtet um 1786

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii,Neutomischel | Kommentare sind deaktiviert
Blatt aus den Aufzeichnungen des Pastor Willmann - Quelle: 893/Archiwum Państwowe w Poznaniu, 5346/Evangelisch-lutherisches Kirchensystem. vol. II [952]

Blatt aus den Aufzeichnungen des Pastor Willmann – Quelle: 893/Archiwum Państwowe w Poznaniu, 5346/Evangelisch-lutherisches Kirchensystem. vol. II

Wenn man die alten Unterlagen der entstehenden Stadt Neu Tomysl liest, dann dominiert natürlich der Kirchenbau der Jahre 1779/1780. Es finden sich in den Dokumenten noch vereinzelte Hinweise auf z. B. ein Gebäude, welches ca. 1736 errichtet worden sein soll, diesem folgen dann Häuser deren Baujahre für die Jahre 1786-1780 errechnet wurden. Um 1786 entstand auch das erste evangelische Pastorhaus der Gemeinde.  Dieser Artikel zeigt das Wenige auf, welches über die Anfänge von diesem gefunden wurde.

* * *

Vom ersten in Neu Tomysl tätigen Pfarrer Johann Christian Bräuning (1778-1790) sind leider keine Aufzeichnungen das Pfarrhauses betreffend gefunden worden. Dieses gilt ebenso für Berichte von seinem Amtsnachfolger Christian Friedrich Zachert (1790-1815). Erst durch den dritten Pfarrer der Gemeinde, Pastor Ferdinand Gottlieb Wilhelm Willmann [955], er wurde 1815 in das Amt berufen, ist etwas Detaillierteres über die kirchlichen Einrichtungen aufgezeichnet worden und im Staatsarchiv in Poznan erhalten geblieben.

Als Pastor Willmann sein Amt antrat, hatte sich die Gemeinde zur Unterhaltung der Pfarrwohnung in schriftlicher Form verpflichtet: „Alles, was in der Pfarrwohnung und denen dazu gehörigen Stücken zu bauen und zu erhalten nöthig ist, davor wird die Gemeine sorgen.“ Diesen Vertrag zeichneten die vereinigten evangelischen Tomy’sler Hauländer Gemeinen…. als da waren: Paprotsch, Zinskowo, Scherlanke, Alt Tomysl, Koseloske (Kozielaske), Lipke und Mischke. Es fällt auf, dass das Dorf Sontop, nicht erwähnt wurde.

Ehemaliges Haus am Alten Markt in der typischen Bauweise des "alten" Neu Tomysl [956]

Ehemaliges Haus am Alten Markt in der typischen Bauweise des „alten“ Neu Tomysl

Im Jahr 1826, 11 Jahre nach seinem Amtsantritt, schrieb Pastor Willmann über die Stiftung des Kirchen Systems Tomysl. Seine Ausführungen wurden in der Veröffentlichung „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“ von den Autoren A. Werner und J. Steffani als Quelle verwendet, als diese ausführten,  dass „…Nachdem sie (die Siedler) sich lange Zeit bei ihren gemeinsamen Andachten mit Predigtvorlesern hatten begnügen und zu kirchlichen Amtshandlungen außer den Schul- und Bethäusern in Zinskowo (erbaut 1692), Sontop, Kozielaske ,die Kirchen in Chlastawe und Wollstein hatten besuchen müssen…“  Und in einer folgenden Passage: „… Das Gotteshaus wurde am 21. Sonntage nach Trinitatis (15. Oktober) 1780 geweiht. Da die Gottesdienste nunmehr in Neutomischel abgehalten wurden, wurden die Schul- und Bethäuser in Zinskowo und Kozielaske abgebrochen und das Material zum Pfarrhausbau verwandt.  Pastor Willmann selbst schrieb noch, dass auch hier Sontop eine Ausnahme gebildet hatte und das dort befindliche Bethaus bestehen blieb. Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels war nicht zu ermitteln, warum Satopy / Sontop eine Sonderstellung eingenommen zu haben schien.

Ebenfalls im Jahr 1826 beschrieb Pastor Willmann erstmalig, wenn auch nur mit wenigen Worten, das Pfarrhaus – das Haus No. 71 der entstehenden Stadt – wie folgt: „Die Wohnung des Predigers ist 45 Fuß lang, 30 Fuß breit von Fachwerk mit Schindeln gedeckt, hat einen doppelt stehenden Dachstuhl und 11 Gebinde. Darin befinden sich 4 Stuben, 1 Kammer, 1 Küche und Haustür und auf dem Dachboden eine kleine Stube. Der Stall ist 25 Fuß lang, 12 Fuß breit von Bohlenwänden mit Stroh gedeckt und hat 8 Gebinde. Diese Gebäude sind noch in ziemlich gutem Zustande“

Bei Einsicht in die Gebäudebeschreibungen der Feuerversicherung aus dem Jahr 1836 als eine zweite, wenn auch jüngere Quelle, wurde die Größe entgegen den Angaben von Pastor Willmann (in Klammern) etwas abweichend notiert: Länge 53 1/2 Fuß (45), Tiefe 36 Fuß (30), auch wurde der für die damaligen Häuser in Neu Tomysl so typische Erker erwähnt. Um eine Vorstellung der Größe zu bekommen wurde 1 Fuß mit = 0,3048 Meter umgerechnet. Dieses hätte dann einer Gebäudegröße von in etwa einer Länge von 16,3 Metern (13,8) und einer Tiefe von 11 Metern (9,2) entsprochen.

Der für die Häuser im "alten" Neu Tomysl typische Erker [957]

Der für die Häuser im „alten“ Neu Tomysl typische Erker

Weiter ist in den Unterlagen der Feuerversicherung zu finden, dass das Pfarrhaus 12 Jahre zuvor „durchweg repariert worden“ sei. Das Alter des Baues wurde mit „etwa 50 Jahre“ eingeschätzt, die Errichtung wäre also ungefähr im Jahr 1786 gewesen. Dieses beschriebene Gebäude war somit vermutlich auch das erste Pfarrhaus der neu entstandenen Gemeinde Nowy Tomysl.

Blick vom Neuen Markt in Richtung Friedhofgasse - deutlich erkennbar die "kleinen" Häuschen früherer Zeit - Bildausschnitt [470]

Blick vom Neuen Markt in Richtung Friedhofgasse – deutlich erkennbar die „kleinen“ Häuschen früherer Zeit – Bildausschnitt

Für den weiteren zeitlichen Ablauf sei hier erwähnt, dass Pastor Willmann im Oktober 1835 verstarb, erst im Folgejahr, im Dezember 1836 wurde Pastor Dampmann als sein Nachfolger in das Amt eingeführt. In diesen Zeitraum der Vakanz fällt die Bestandsaufnahme der Gebäude-Feuer-Versicherung. Unterzeichnet und für richtig befunden wurde diese von den Vorsitzenden der vereinigten evangelischen Tomys’ler Hauländergemeinden Rausch, Seyde und Christoph Bielke.

Für den Leser bleiben Fragen; z. B. warum Pastor Willmann den Umstand der Renovierung nicht erwähnte und als ein weiteres Beispiel, warum der Versicherungsbeauftragte schon 12 Jahre nach der erwähnten Renovierung im Jahr 1836 feststellte, dass das „Holz im Gebäude morsch“ war, unbeantwortet. Sollte die Gemeinde vielleicht zu viel versprochen haben als sie schriftlich erklärte, dass sie für die Errichtung der Pfarrwohnung und deren Erhaltung Sorge tragen werde ?  Noch sind dazu keine Unterlagen gefunden worden um hier Abschließendes zu sagen.

* * *

Vorausgeschaut auf spätere Jahre im Hinblick auf das Pfarrhaus findet sich z. B. im Jahr 1867 die Schätzung, dass das Pfarrgebäude ca. 80 Jahre alt sei, rechnerisch also um 1787 erbaut wurde und im selben Jahr ist zu finden, dass das Haus vor 25 Jahren neu unterschwellt worden war, diese Ausbesserung wäre dann ungefähr im Jahr 1842 vorgenommen worden. Von einem Neubau eines Pfarrhauses im Jahr 1840, wie in den Aufzeichnungen von Max von Poncet erwähnt, fand sich bis zum Jahr 1867 in den Archivakten kein Hinweis.

Neu Tomysl - Stadtplan 1836, erstellt nach den “Akta miasta Nowy Tomyśl“ [Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2) [590]

Neu Tomysl – Stadtplan 1836, erstellt nach den “Akta miasta Nowy Tomyśl“ [Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2)

Die letzten Jahre des Städtischen Krankenhauses zu Neutomischel 1903-1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Blick auf das ehemalige Städtische Krankenhaus Neutomischel - Eigenauf. [958]

Das ehemalige Städtische Krankenhaus Neutomischel – Eigenauf.

Den noch vorhandenen Unterlagen im Staatsarchiv in Posen ist zu entnehmen, dass bereits im September 1890 die damaligen Herren Landrat von Daniels und Kreisphysikus Dr. Brinkmann Überlegungen angestellt hatten ein Krankenhaus für den Johanniterorden in Neutomischel etablieren zu wollen.

Seitens der Stadt Neutomischel war man  zwar einer solchen Idee nicht abgeneigt gewesen, denn dem Landkreis war als Beitrag der Stadt, das in den Jahren 1883/84 aus Stadtkapital errichtete Krankenhaus nebst Grundstück zu einem günstigen Preis angeboten worden; wobei das Inventar sogar als Schenkung der Stadt an den Landkreis übergegangen wäre, aber der Kreisausschuss hatte dieses Angebot abgelehnt. Er hatte es als „nicht genügenden finanziellen Zuschuss“ des an dem Johanniterkrankenhaus interessierten Verbandes – der Stadt Neutomischel – angesehen.

Die letztere Aussage, dass die Stadt Neutomischel an der Ansiedlung interessiert gewesen sei muss nach der Aktenlage jedoch als äußerst fraglich angesehen werden, denn in den folgenden Unterlagen lehnte der Magistrat unter Bürgermeister Witte jegliche Änderung der Offerte der Stadt ab. Wenn der seitens der Stadt gemachte Vorschlag nicht angenommen werden würde, würde man das aus Stadtkapital errichtete „Städtische Krankenhaus“ zu Neutomischel, welches den Ansprüchen der Stadt genügen würde, weiter betreiben. Diese Aussage wurde im Mai 1894 nochmals erneuert. Weiterer Schriftverkehr oder weitere Erwähnungen in dieser Angelegenheit sind dann in den Akten jener Zeit nicht mehr zu finden.

Die Zeit ging Ihren Gang und unterlag einem gewissen Alltag. [925]

 

Vermutlich 1903/1904 hatte dann der königliche Kreisarzt Dr. Georg Buddee seine Tätigkeit am städtischen Krankenhaus zu Neutomischel aufgenommen. Erste Hinweise auf ihn finden sich in den Akten im Juni des Jahres 1904. Hierin forderte er den Vorstand des Krankenhauses, welches ja immer noch der Magistrat gewesen ist, auf, sich gefälligst um die „stinkende“ Abort Grube zu kümmern.

Dr. Buddee kritisierte auch die Zustände und Verwaltung des Krankenhauses. Es existiert noch ein Schreiben vom 27. April 1905 mit nachstehendem Inhalt:

“ … das hiesige städtische Krankenhaus hat in den letzten Jahren sehr erhebliche Überschüsse erzielt, was ja eigentlich nicht Zweck eines Krankenhauses ist. Da außer der eigentlichen Pension alles Andere (ärztliche Behandlung, Medikamente, Diätzulagen, Verbandstoffe etc.) extra bezahlt werden muss, so ist das Krankenhaus, mit Recht, in den Ruf eines teuren gekommen. Dieser Ruf wird nun aber durch die inneren Einrichtungen bisher in keiner Weise begründet, es fehlt nicht nur an allen möglichen Bequemlichkeiten, sondern vor allem an zur Behandlung Kranker notwendigen Utensilien. So ist ein Instrumentarium so gut wie gar nicht vorhanden, die Instrumenten gehören fast alle mir, der Operationstisch ist ganz schlecht und entspricht in keiner Weise modernen Anforderungen, Einrichtungen zur Untersuchung der Abgänge (Urinauswurf etc.) fehlen ebenfalls.

Im vorigen Jahr habe ich für die zahlreichen Unfallverletzten, die auf meine Veranlassung dem Krankenhause überwiesen wurden einen Übungsapparat, der viel benutzt wurde angeschafft.

Für dieses Jahr wünsche ich:

  1. eine kleine Centrifuge zur Urinuntersuchung (Preis etwa 30 Mark) und
  2. einen Operationstisch (Preis etwa 100 Mark).

Ich bemerke noch, dass derartige gute nur jedem Krankenhause notwendige Utensilien nicht vergeblich angeschafft werden würden: für den Fall, dass etwa ein größeres Kreis Krankenhaus gebaut werden sollte, würden diese Apparate etc. von dem neuen Hause ohne weiteres zu einem entsprechenden Preise übernommen werden. Das Risiko fällt also fort

Ich bitte daher die Anschaffung der bezeichneten Gegenstände zu genehmigen, das Weitere werde ich alsdann veranlassen …“

Angebotsbeispiele des medicinischen Waarenhauses, Berlin -  Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] “Die Verwaltung und Leitung des städtischen Krankenhauses” http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/69 [959]

Angebotsbeispiele des medicinischen Waarenhauses, Berlin – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] “Die Verwaltung und Leitung des städtischen Krankenhauses”
http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/69

Und so scheint es auch weitergegangen zu sein:  es folgenden Anforderungen zur Anschaffung eines Inhalierapparates, einer beheiz- und fahrbaren Sitzbadewanne, eines Sterilisierungsgerätes und diverser anderer Dinge wie  Nadeln, Klingen, Sonden und Katheder, Zangen, Messer und Spritzen. Letztlich ist sogar die Forderung nach der Errichtung eines Telefonanschlusses vom Krankenhaus zum Magistratsbüro gestellt worden. Irgendwie verwundert es, dass jegliche Anschaffung genehmigt und ohne Verzögerung besorgt wurde, wobei als Einkäufer seitens des Magistrats der damalige Apotheker Dr. Vité fungierte.

Beachtenswert ist der Hinweis in dem 1905 verfassten Brief des Dr. Buddee an den Magistrat, dass wenn „… etwa ein größeres Kreis Krankenhaus gebaut werden sollte …“  alle Apparate etc. von diesem übernommen werden würden.  Wieder ist also ein neues und größeres Krankenhaus im Gespräch gewesen.

Aber vorerst war es noch nicht so weit gewesen – der Krankenhausbetrieb scheint, wenn man dem noch erhaltenen Schriftverkehr Glauben schenkt – ohne große Ereignisse weitergelaufen zu sein.

Im Mai 1907 kaufte man die „noch brauchbaren“ Krücken von Frau Leciejewicz für 8 Mark, diese wurden unter der No. 206 im Inventarbuch des Krankenhauses aufgenommen.

Einen guten Eindruck über die damaligen Verhältnisse zu Hygiene und Sauberkeit bekommt man aus einer Verfügung, die seitens des Ministers der geistlichen Unterrichtes und Medizinal-Angelegenheiten, datiert in Berlin vom 4. Mai 1908, an alle Krankenhausverwaltungen erging:

Angelegentlich der Ermittlung und Feststellung von Pockenerkrankungen sind in einigen Lumpensortieranstalten Ballen von Abfällen aus Krankenhäusern – Verbandgaze, Tupfer – vorgefunden worden, die mit Blut und Eiter beschmutzt waren. Danach scheint es nicht zu den Seltenheiten zu gehören, dass Krankenhäuser ihre Abfälle von Verbandstoffen verkaufen. Es unterliegt kaum Zweifel, dass mit den Abfällen Krankheitskeime verschleppt werden können. In den Ausführungsvorschriften zu den Reichs- und dem Preußischen Seuchengesetz beigegebenen Desinfektionsanweisungen ist deshalb die Vernichtung derartiger wertloser Gegenstände vorgeschrieben…“

1911 ist es dann zu einem Vorfall mit einer Diakonieschwester Namens Amalie Radke gekommen. In den Unterlagen finden sich leider nur Kopien der Briefe, die seitens des Magistrats und des Arztes Dr. Buddee an den Vorstand der Diakonissen Anstalt in Posen verfasst wurden. Dr. Buddee erwähnte darin auch einen weiteren am Krankenhaus tätigen Arzt, leider aber, ohne dessen Namen zu erwähnen.

Aus diesen Briefen geht hervor, dass Schwester Amalie ihre Tätigkeit als Diakonieschwester aufgrund der Verhältnisse am städtischen Krankenhaus in Neutomischel aufgekündigt hatte. Seitens des Magistrats und Dr. Buddees führte man aus, dass einiges anders gesehen würde, als von Schwester Amalie beschrieben worden war. Sie hätte für bestimmte Arbeiten Hilfe von dem Heilgehilfen Korytowski und den beiden im Krankenhaus wohnenden Nachtwächtern in Anspruch nehmen können und wenn sie es nicht getan hätte, dann sei dieses ihre eigene Entscheidung gewesen. Man stellte die Ausführungen der Schwester Amalie als übertrieben dar. Eine Kommentierung beschreibt sie als Person, die Unzufriedenheit in sich trug und diese auch auf andere Schwestern übertragen hatte. Man gestand zwar zu, dass die Verhältnisse in dem Krankenhaus überaltert und nicht die besten seien, aber ebenso führte man aus, dass das Krankenhaus „… seit über 20 Jahren zum Segen der Menschheit…“ existierte und wenn keine Schwestern der Diakonie mehr zur Pflegetätigkeit geschickt werden würden „… die segensreiche Anstalt eingehen…“ müsste.

Seitens der Krankenhausverwaltung und dem Vorstand der Diakonissen Anstalt kommt es schlussendlich zu einer Einigung doch weiterhin Schwestern am städtischen Krankenhaus in Neutomischel einzusetzen. Diese Einigung wurde auch getroffen, da seitens Dr. Buddees in einem Brief vom 9. April 1911 erwähnt wurde, dass der Bau eines modernen Kreiskrankenhauses beschlossen worden war.

Vom Beschluss bis zur Durchführung sollte es aber weiterhin noch dauern.

Unter dem 02. Jul 1912 wurde seitens der Königlichen Intendantur der 10. Division – gez. Weigt und dem Magistrat als Verwaltung des städtischen Krankenhauses noch folgender Vertrag vereinbart und geschlossen:

§ 1. Das Krankenhaus verpflichtet sich währen der diesjährigen Herbstübungen der 10. Division der Militärverwaltung die z. Zt. im Krankenhause noch verfügbaren z. h. unbelegten Lagerstellen zur Aufnahme von Schwerkranken, nicht transportfähigen Militärpersonen zur Verfügung zu stellen.
§2. Für Unterkunft und vollständige Verpflegung der Kranken erhält die Krankenhausverwaltung (Magistrat) pro Tag und Kopf 1,50 Mark, ausschließlich der Arzt und Apothekerkosten, sowie der Kosten für besondere Aufwendungen
§ 3. Die erforderlichen Arzneien und Verbandmittel werden aus der Stadt-Apotheke entnommen und auf Grund einer mit den ärztlichen Rezepten belegten Rechnung von der Militärverwaltung besonders vergütet.
§ 4. Für ärztliche Behandlung werden gewährt die s. Zt. von dem behandelnden Arzt in Liquidation gestellten Beträge
§ 5. Die Kontrolle der Kranken durch ihre militärischen Vorgesetzten ist innerhalb des Krankenhause gestattet.
Nach eingetretener Transportfähigkeit sind die Kranken dem nächsten Militärlazarett zu überweisen.
§ 6. Die entstandenen Kosten werden auf Grund einer vom Krankenhause nach Entlassung der letzten Kranken an die Intendantur V Armee Korps in Posen in zweifacher Ausfertigung einzusendenden, gehörig belegten Liquidation erstattet.
§ 7. Das Krankenhaus übernimmt die Verantwortung über die den Kranken mitgegebenen Bekleidungsstücke, die in einem bei der Einlieferung der Kranken vom Truppenteil zu übergebenden Verzeichnisse enthalten sind.
§ 8. Dieser in zwei Exemplaren ausgefertigte Vertrag ist zum Zeichnen des Einverständnisses von beiden Teilen eigenhändig vollzogen worden.“

Dieses scheint dann allerdings auch das letzte „größere“ Ereignis am städtischen Krankenhaus vor dessen Auflösung gewesen zu sein.

Die Planungszeichnungen des Kreiskrankenhauses zu Neutomischel datieren vom 20. April 1912 und die polizeiliche Erlaubnis zum Bau wurde per 24. Mai 1912 erteilt.

* * *

Die letzte Statistik für das Jahr 1912 im Vergleich zum Vorjahr 1911 (in Klammern) sah wie folgt aus:

Der in früherer Zeit gebaute Doppeleingang zum ehemaligen Städtischen Krankenaus und dem Gefängnis - Eigenaufn. [960]

Der in früherer Zeit gebaute Doppeleingang zum ehemaligen Städtischen Krankenaus und dem Gefängnis ist noch heute erkennbar – Eigenaufn.

„Städtisches Krankenhaus

Nach Eröffnung des Kreiskrankenhause wird der Betrieb des städtischen Krankenhauses im Herbst d. Jr. (1912) eingestellt werden.

Die unteren Räume des jetzigen Krankenhauses werden nach Vornahme einer Erweiterung an das Königliche Bezirkskommando als Büroräume vermietet werden.“

* * *

Die Abwicklung aller Dinge inklusive die Einstellung des Krankenhausbetriebes verzögerte sich dann jedoch noch in das Jahr 1913 hinein.

Per 02.06.1913 erklärte sich die Vorstandsversammlung mit dem Verkauf einiger Inventarien an den Kreisausschuss, der ja als Vertretung des Kreiskrankenhaus fungierte einverstanden. Letzterer ließ sich jedoch Zeit. Per 01.10.1913 fragte man seitens des Magistrats nochmals nach, wann denn die Besichtigung der Gegenstände und vor allem auch die Preisbestimmung stattfinden könnte. Weiterhin beschloss der Magistrat unter dem 12.10.1913, dass das im Städtischen Krankenhaus befindliche Mobiliar nebst weiteren Gegenständen, soweit es nicht für anderweitige städtische Zwecke genutzt werden konnte zur öffentlichen, meistbietenden Versteigerung freizugeben sein würde.

Es findet sich dann eine Liste in der Tische einen Preis von 0,60-2,90 Mark erzielten, Waschtische für 50-60 Pfennige abgegeben wurden, die elf Bettgestelle das Stück 70 Pfennige bis 3,90 Mark einbrachten, eine Nähmaschine immerhin 24,00 Mark erzielte, es wurde alles verkauft: Kleiderschränke, Wandspinde, Bücherbretter, Spiegel, Küchenwaagen, Wurstmaschinen, Töpfe, Besteck, Matratzen, Kissen und Sitzbadewannen; letztlich betrug der Ertrag 307,60 Mark.  Vermutlich war dieses der Erlös aus der Versteigerung, da sich in den Unterlagen lediglich eine Quittung für einen erhaltenen Betrag seitens des Kreisausschusses, datiert vom 04.04.1914 findet, in welcher der Erhalt von 127,75 Mark bestätigt wurde, dieses für Wäsche, chirurgische Instrumente und einen Sterilisationsapparat. Was letztlich aus dem Operationstisch und dem Übungsapparat wurde, war nicht in Erfahrung zu bringen, eine letzte Notiz zu diesen findet sich unter dem 01.11.1914, welche besagt, dass hierzu ein gesonderter Vorgang eröffnet worden war.

Das städtische Krankenhaus, dessen Bauvergabe 1883 erteilt worden war, stellte letztlich seinen Betrieb mit dem Jahr 1913 nach knapp 30 Jahren endgültig ein.

Familiendokumente des Friedrich Johannes Seide im Stadtgeschichtlichen Museum in Leipzig

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Genealogie | Kommentare sind deaktiviert
Seide - von Glinau nach Leipzig [961]

Seide – von Glinau nach Leipzig

Im Stadtgeschichtlichen Museum in Leipzig [962] wird ein Konvolut von Familiendokumenten des Friedrich Johannes Seide (*1899) verwahrt. Seine familiären Spuren führen in die Hauländergemeinde Glinau.

Wir bedanken uns für die Erlaubnis der Nutzung der Daten bei Frau Karin Kühling – Abteilung Zentrale Dokumentation, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig.

* * *

Nach wie vor ist die Herkunft der Mehrzahl der „Hauländer“ im Tomyler Hauland ungeklärt. Man kann die Behauptung aufstellen, dass sie aus einem deutschsprachigen Raum kamen, denn von Anbeginn an wurden alle Verträge die die Ansiedlung betrafen, die so genannten Privilegien, mit den polnischen Adelsherren in deutscher Sprache verfasst.  Ob angestellte Vermutungen, die als Herkunftsgebiete Brandenburg, Schlesien, Württemberg, Österreich oder Elsass Lothringen annehmen sich jemals beweisen lassen werden ist ungewiss.

Aber so wie die Herkunft der Siedler im Dunkeln liegt, so ist es auch oft der Verbleib vieler Familien. Einmal beruht dieses sicherlich auf die vielen heute nicht mehr vorhandenen Dokumente früherer Zeit; einige wurden z. B. bei Kirchenbränden vernichtet und viele andere gingen in den Weltkriegen unwiederbringlich verloren.

Zum Verschwinden einzelner Personen oder ganzer Familien haben, so hat es den Anschein, auch die Siedler selbst beigetragen. Als ein vorherrschendes Prinzip schien gegolten zu haben, dass, wenn man sich auf den Weg in ein neues Siedlungsgebiet machte oder in ein fremdes Land wie z. B. Australien auswanderte, Alles aus der Vergangenheit hinter sich gelassen wurde. Der Abschied von der „alten“ Heimat scheint ein endgültiger gewesen zu sein.

Sicherlich, viele der Kolonisten waren des Schreibens und Lesens unkundig; dieses ist belegt mit vielen Vermerken, die z. B. Standesbeamte unter Trau- und Geburtsurkunden sowie auch unter Totenscheinen vornahmen. Als ein Beispiel hierzu kann auch gelten der Ablösungsrezess [963]  von Sontop, die Zeichnung des Einverständnisse geschah in vielen Fällen seitens der Beteiligten mit drei Kreuzen.

Ebenso gab es keine Kommunikationsverbindungen wie wir sie heute kennen, aber nichtsdestotrotz finden sich Hinweise darauf, dass es die Möglichkeit der Aufrechterhaltung von Kontakten gab. Vereinzelt finden sich Briefe, die über die Pastoren oder auch die Dorfschulzen zum Versand gebracht worden waren. Diese Schreiben waren zwar lange Zeit, oft Monate, manchmal sogar Jahre unterwegs, aber sie belegen, dass es Möglichkeiten gab in Verbindung zu bleiben.

Aus den vorgenannten Gründen haben Familienforscher, gerade jene deren Vorfahren zu den Kolonisten zu zählen sind, große Schwierigkeiten etwas über Ihre Vorfahren in Erfahrung zu bringen. Eine Wanderbewegung einer Familie, die z. B. von dem Tomischler Hauland über Schrimm und Stawiszyn zurück nach Franken führt, um dann letztlich im Rheinland zu enden, findet man nur durch Zufall und mit viel Glück.

Manchmal reichte es aber auch schon aus, so wie im Fall der Auguste Wilhelmine Seide aus Glinau (geb. 1845) mit ihrem Sohn Johann Wilhelm (geb. 1868), dass nur eine Übersiedlung in das nicht weit entfernte Anhalt und etwas später von dort nach Sachsen stattgefunden hatte, um den Verbleib eines bzw. einer Familienangehörigen als ungeklärt ansehen zu müssen.

Die Familie der Auguste Wilhelmine Seide ist über ihre Eltern Johann Gottlieb Seide (*1820) mit dessen Ehefrau Johanna Wilhelmine geb. Hoffmann (*1827) und Großeltern Johann George Seide (*ca. 1760) mit dessen Ehefrau Johanna Beata Rosina geb. Peter (*1788) in die Anfänge der Besiedlung des Tomysler Haulandes zurückzuverfolgen.

Durch die Veröffentlichung der Verwahrung des Konvoluts von Familiendokumenten im Stadtgeschichtlichen Museum in Leipzig, war es nun möglich ein weiteres Mosaikteilchen in Geschichte der „Hauländerfamilie“ Seide einzusetzen.

1912 – Eine letzte Erinnerung an die alte Sanduhr der evangelischen Kirche in Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung u. Abschrift Gudrun Tabbert)
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Sanduhren auf der Kanzel - Bildquelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kulturen_-_Bosebo_kyrka_7_Sanduhren_auf_der_Kanzel.jpg?uselang=de [964]

Sanduhren auf der Kanzel – Bildquelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kulturen_-_Bosebo_kyrka_7_Sanduhren_auf_der_ Kanzel.jpg?uselang=de

Ab und an bedurften die Geistlichen der Ermahnung, dass sie ihre Predigten nicht zu sehr und zu weitschweifig in die Länge zogen. 1 Stunde Gottesdienst galt als ausreichend um der Kinder willen und um die Aufmerksamkeit der Gläubigen nicht zu verlieren. Um die Einhaltung der Gottesdienstzeiten zu wahren, war ein einfaches Mittel die Nutzung einer Sanduhr. Bei einer Kanzeluhr mit 4 Gläsern war der feine Inhalt des 1sten Glases nach 15 Minuten, der des 2ten nach einer 1/2 Stunde, der des 3ten nach 45 Minuten und letztlich der des 4ten Glases nach 1 Stunde durchgelaufen. Die Besucher, die die Uhr von ihrem Platz aus erkennen konnten, konnten am jeweiligen Stand auch den Fortgang des Gottesdienstes ablesen.

Noch 1857 scheint der Pastor zu Neutomischel die Länge seiner Predigten und des Gottesdienstes mit einer an der Kanzelbrüstung befestigten Kanzeluhr bemessen zu haben.

Wiedergegeben ist hier der Text eines Briefes des Evangelischen Pfarramtes, datiert – Neutomischel, am 25. Juli 1912, an das königliche Konsistorium der Povinz Posen zu Posen. Es wurde scheinbar auf eine Anfrage des Konsistoriums geantwortet, welches vermutete, dass ein vorhandenes wertvolles Kirchenutensil nicht angemessen verwahrt wurde.

Weder haben wir eine weitere Erwähnung, ausser in diesem Brief, zu diesem Kirchengeschenk des ehemaligen Landrates von Saher gefunden, noch die Sanduhr selbst – nebenstehendes Bild kann also nur als ein Beispiel des Aussehens gelten; ebenso ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels der Verbleib der erwähnten Kirchenchronik unbekannt.

* * *

„Betr: Sanduhr – in Beantwortung des Schreibens vom 20. Juni 1912

Die früher hier in Gebrauch gewesene Sanduhr ist nicht ein Geschenk des Landrats Klappe sondern nach den Angaben der hiesigen Chronik ein Geschenk des Landrats von Saher. Sie trägt auch die Inschrift „Zum Andenken von dem königlichen Landrat von Saher zum Weissenstein. Neutomischel 1857“. Sie hat 4 Gläser, von denen eines zerbrochen ist, auch fehlt die Sandfüllung in den Gläsern fast gänzlich. Sie war früher an der Kanzelbrüstung angebracht, und es kann nicht mehr festgestellt werden, wann sie von dort entfernt worden ist. Jedenfalls ist das schon vor Jahrzehnten geschehen.

Wir glauben nicht, dass der Uhr ein hoher Wert beizumessen ist. Das Gestell ist nur versilbert, und da die Uhr aus dem Jahr 1857 stammt, ist auch ihr Alter kein sehr hohes und ihr einen besonderen Wert verleihendes.

Jedenfalls trifft die Angabe, dass sie hinter dem Altar unter altem Gerümpel sich befindet, nicht zu. Der Altar unserer Kirche steht frei und wird von allen Seiten von den Kirchenbesuchern umschritten, da hinter dem Altar sich ein sonntäglich viel benutzter Eingang befindet. Es kann also hinter dem Altar nicht altes Gerümpel und unter diesem die Sanduhr aufbewahrt werden.

Dagegen ist in der Hinterwand des gemauerten Altars eine verschließbare Tür angebracht, durch welche der Innenraum desselben abgeschlossen wird. In diesem Raum werden einige Leuchter und dazu gehörige Untersetzer aufbewahrt, die bei Aufbahrungen in der Kirche gebraucht werden. Ferner befinden sich dort die Liedertafelnummern und ein ca. 1 m langes Kniekissen, das bei Abendmahlsfeiern und Trauungen Verwendung findet. Unter diesen Sachen, die doch nicht als altes Gerümpel bezeichnet werden können, wird in einer Kiste die Sanduhr aufbewahrt.

Der Gemeinde-Kirchenrat
Reisel, Superintendent
Vorsitzender“

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Quelle: Staatsarchiv von Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) – Bauten und Reparaturen an der evangelischen Kirche … [965]

Kurzmeldung – Überfall und Beraubung des Wirtes Thomas Chudy -1873- Sicherheitspolizeiliche Bekanntmachung – No. 3938

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Öffentlicher Anzeiger vom 31.07.1873)
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Blick auf Dakowy Mokre - Eigenaufn. [639]

Blick auf Dakowy Mokre – Eigenaufn.

„In der Nacht vom 17. zum 18. d. Mts. (Juli 1873) ist der Wirth Thomas Chudy aus Dakowy Mokre auf dem Wege von Stenszewo nach Jeziorki seiner Baarschaft von 1 Thlr. 10 Sgr. und seines Fuhrwerks beraubt worden.

Das Fuhrwerk bestand aus:

  1. einem Bauernwagen mit Leitern, eisernen Achsen, eicherner Deichsel, Wagenkorb, hinten gelb, vorne roth angestrichen, der Halter hinten von einer Leiter zur andern roth und an einer Seite mit Eisen geflickt
  2. 2 Pferden: a) einer Fuchstute mit Blässe, 8 Jahr als, 8 Wochen erst nach dem Fohlen, b) dunkelbrauner Hengst mit Stern, 2 1/4 Jahr alt, beide Pferde erst gestern an den Hufen geschärft, jedoch nicht beschlagen
  3. Geschirre: alte beim Hengste, neuer Brustgurt, der Deichselriemen frisch geflickt, ein Nasenriemen angebracht, während derselbe bei der Stute fehlt.

Ausschnitt aus Messtischblatt 1911 - Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 [642]

Ausschnitt aus Messtischblatt 1911 – Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80

Des Raubes verdächtig sind zwei unbekannte Männer, von denen der eine, ungefähr 35 Jahr alt, schlank und 6-7 Zoll groß ist, blondes Haar und rothen Schnurrbart hat und mit grauem Zeugrock desgleichen Hosen, Lederstiefeln und eine schwarze Tuchmützen mit Schirm bekleidet war, während der andern ungefähr 40 Jahr alt, untersetzt, und 1-2 Fuß groß ist, schwarzes Haar und schwarzen Backenbart hat und mit schwarzem Kortrock, schwarzen Tuchhosen, Lederstiefel und mit runder Mütze ohne Schirm bekleidet war.

In Begleitung der muthmaßlichen Räuber befand sich ein Frauenzimmer, welches circa 25 Jahr alt, schlank und blond ist und mit braunem rothpunktirten wollenem Kleide dunkelrother Schürze, roth und weiß karrirten Tuche und weißem Häubchen bekleidet war. Die Räuber, welche polnisch mit ausländitchem Accent sprachen; sind mit den geraubten Sachen nach Stenszewo zu entflohen. Es wird ersucht, das geraubte Fuhrwerk im Ermittelungsfalle mit Beschlag zu belegen und die muthmaßlichen Räuber im Betretungsfalle festzunehmen und mir umgehend davon Nachricht zu geben.

Grätz, den 21. Juli 1873 – Der Staatsanwalt“

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Quelle:

Ferdinand Gottlieb Wilhelm Willmann wird 3ter Pastor in Neu Tomysl – 1815

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert
Das letzte ehemalige Pastorhaus - Eigenaufn. 2011 [967]

Das letzte ehemalige Pastorhaus – Eigenaufn. 2011

Ferdinand Gottlieb Wilhelm Willmann hatte vor seiner Tätigkeit als Pastor in Neutomy’sl in Schwerin/Warthe das Amt eines Kantors inne.

Er bekam im Juni 1815 die Übernahme des Pastor Amtes in Neutomy’sl durch den Grafen Victor von Szoldrski in dessen Eigenschaft als Patron der evangelischen Kirche von Neu Tomysl angeboten. Diesem Angebot lag auch  die einstimmige Wahl der Kirchenvorsteher, siehe nachfolgenden Text, der vereinigten Gemeinden zugrunde.

„Im Namen des Dreyeinigen Gottes
Nachdem durch das Absterben Sr. Hochehrwürden dem weyl. wohlseeligen Herrn Herrn Christian Friedrich Zachert zeit hero treu gewesener Lehrer und Pastor alhier diese werthe Gemein in einen Waisenstand von Seiten ihres gedachten Lehrers versetzet worden: So haben wir vereinigten evangelische Tomy’sler Hauländer Gemeinen unter Anrufung Gottes durch die Märhrheit der Stimmenzahl zu unsern künftigen Herrn Pastor und Seelsorger erwählt, dem hochehrwürdigen und hochgelehrten Herrn Herrn Gottlob Wilhelm Ferdinand Willmann zeit hero gewesener Diaconus in Schwerin.
Demnach vociren und berufen wir im Namen der allerhöchsten Dreyeinigkeit diesen hochehrwürdigen und hochgelehrten Herrn Herrn Gottlob Wilhelm Ferdinand Willmann zu unseren Pastor und Seelsorger in dem festen Zutrauen, dieselben werden uns den Weg zur Seeligkeit aus dem Worte Gottes durch Lehre und frommes Beyspiel zeigen und treulich auf denselben führen, und dieses göttliche Wort rein und lauter, so wie es auch in der unveränderten Augsburgischen Confession verfasset ist, unermüdet vortragen, die heil. Sakramente nach Jesu Einsetzung und nach den eingeführten Gebräuchen unserer evang.-lutherischen Kirche austheilen. Jedem der Unterricht verlangt, denselben willig geben, vorzüglich aber in Krankheiten alle Zeit bereit seyn, jedem mit seinem Zuspruche und Troste beyzustehen, wie auch auf den Unterricht unserer Jugend ein wachsames Auge zu haben.
Was die besonderen Arbeiten, wie auch den Gehalt und die Einkünfte unsers Herrn Pastoris und Seesorges betrift: So werden wir dieselben in einer besondern Schrift ausfertigen und beylegen laßen. Ueberdem aber versprechen wir dem Herrn Pastor alle Folgsamkeit und Liebe, und rufen Gott an, daß er mit reichen Seegen das Werck des Herrn unseres Gottes zu aller unserer Heil und Seeligkeit unter uns treiben möge.
Zu meherer Beglaubigung haben wir diese Vocation eigenhändig unterschrieben und besiegelt. Geschehen in Tomy’sl Haulande im Jahre Eintausend Achthundert und Fünfzehn nach der Geburt Jesu Christi am Sieben und Zwanzigsten Tage des Monats Junius
Johan Krehan – Kirchen Vorsteher der Paproter Gemeine —Christian Horlitz — J. Christoph Freye — Michael  ? — Michael Janotte – Kirchen Vorsteher in Sinskow“
Der ehemalige Alte Markt - rechts das ehemalige Pastorhaus - Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [968]

Der ehemalige Alte Markt – rechts das ehemalige Pastorhaus – Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Als er seinem damaligem Arbeitgeber vertreten durch den Kirchenvorstand in Schwerin von diesem Angebot in Kenntnis setzte, äußerte dieser und auch die Schweriner Gemeinde den Wunsch, Willmann als Ihren Prediger behalten zu wollen. Man bot ihm sogar an, dass er nach dem Tode des angestellten Oberpredigers Brix dessen Amt übertragen bekommen würde; welches er schon seit längerer Zeit kommissarisch verwaltete.

Da Willmann weder die eine noch die andere Gemeinde enttäuschen wollte, beide Angebote waren ja ein eindeutiger Vertrauensbeweis seiner Person gegenüber, schrieb der die „Hochpreißl. Königl. Preuß. Großherzogthum Posen’schen hohe Landes-Regierung“ an und bat um Entscheidung, für welches der Ämter diese ihm ihre Zustimmung erteilen würde.

Die Regierung entsandte Willmann, mit Entscheid vom 25ten August 1815,  als Pastor in die Gemeinde von Neu Tomy’sl.

Superintendent und Pastor Knispel, zu jener Zeit in Hammer-Boruy, erhielt den Auftrag Willmann in sein Amt der evang.-lutherischen Gemeinde zu Neu-Tomischel einzuführen. Knispel begann seinen Antwortbrief bzgl. der Amtseinführung des „… bisherigen Diaconum Willmann in Schwerin, als Prediger der Parochie Tomy’sl, ordnungsgemäß, zu introducieren…“, an die Regierung in Posen noch mit den Demut ausdrückenden Worten: den diesen „gnädigen Auftrag“ wollte er sogar mit „untertänigster Bereitwilligkeit“ tun, wenn, ja wenn  „bei der Wahl des neuen Predigers, alles ordnungsmäßig verhandelt worden wäre“. Beim Lesen des Textes wartet man schon förmlich darauf, dass der wahre Grund dieses Schreibens zum Tragen kommt, denn diese zum Ausdruck gebrachte Untertänigkeit setzt geradezu voraus, dass ein – aber… – kommen wird.

Und schon einen Absatz weiter ist es soweit, der wahre Grund des Schreibens kommt zum Vorschein, denn Knispel schrieb weiter: „Es ist aber diese Wahl, ohne mein Wißen und meine Zuziehung, wider die Oberservanz der Kirchen Verfaßung, vom Erbherrn, anbefohlen, und von den Gemeinen, in dem Hause ihres Schulzen, abgehalten worden“. Weiter führte er aus: „Eine solche ordnungswidrige Wahl, kann ich, nach meinem Erachten, nicht, für eine Rechtliche, sondern nur für eine Winkelwahl halten.“

Die ehemalige evangelische Kirche - heute Herz Jesu Kirche der katholischen Gemeinde zu Nowy Tomysl - Quelle: Kurzgefasste Chronik [969]

Die ehemalige evangelische Kirche – heute Herz Jesu Kirche der katholischen Gemeinde zu Nowy Tomysl – Quelle: Kurzgefasste Chronik

Erklärt sei hier, dass alles was mit  dem vorangestellten „Winkel“ beschrieben wurde, nicht ganz legal war, als Beispiel sei hier genannt der „Winkeladvokat“, diese Redewendung verstehen wir noch heute als eine abwertende Bezeichnung für einen Anwalt, dem es an Fachkenntnis mangelt und der auf unlautere Methoden zurückgreift. Und eben unlautere Machenschaften unterstellte Knispel dem Erbherrn und der Gemeinde von Neu Tomy’sl.

Knipsel führte weiter aus, dass er „pflichtwidrig“ handeln würde, wenn er seine „vorgesetzten Behörden“, über ein derartiges „ordnungswidriges Verhandeln“, welches die „kirchliche Ordnung und die Würde der Verfassung und des geistlichen Standes“ verletzen würde, nicht anzeigen täte. Seit 1790 sei er im  Amt eines „Aufsehers“ im Karger Kirchenkreises beschäftigt gewesen, und alle während dieser Zeit vorgenommenen Wahlen waren unter seiner Leitung vorgenommen worden. Er empfand es als Anmaßung, dass diese Autorität seit ca. 1814 durch die Erbherrn, die es als ihr ausschließliches Recht ansahen Wahlen zu veranlassen und durchzuführen, untergraben sein würde. Neu Tomy’sl war allerdings nicht allein schuldig an der Verärgerung des Knispel, auch in Rostarzewo war der Rector Fechner aus Fraustadt unter Vorsitz des Erbherrn zum Prediger erwählt und auch angestellt worden. Letzteres war auch ohne Einschaltung des Knispel veranlasst worden. Dieser schlug vor, um die kirchliche Verfassung nicht vollständig vernichtet zu sehen, dass die Introduction beider Prediger, erst nach einer feierlichen Wahl gemäß der Kirchenordnung geschehen sollte. Der Brief endet wie er begann; Knispel bittet um „gnädige Bescheidung“ zu seinen Ausführungen und bittet „untertänigst“ um Antwort bevor er mit „vollkommenster Hochachtung und Ehrerbietigkeit“ unterzeichnete.

Aus der Antwort vom 30. September 1915 sei hier nur der Auszug wiedergegeben, der da heißt: „Sie haben unseren Befehl vom 25. August … ohne Anstand zu befolgen…“.

Am 5ten November 1815, unter Anwesenheit des Mietherrn von Alt-Tomysl von Bronkowski, da der Erbherr Szoldrski „entfernt wohnte“, des Pastor Fendler aus Pieske – als Schwiegervater, des Pastor Stürzel aus Bentschen – als Onkel des Pastor Willmann, des Bürgermeisters der Stadt Neu Tomy’sl und der sämtlicher Kirchenvorsteher und Schulzen  wurde Pastor Willmann das „Amt der Seelensorge bei der Gemeinde von Neu-Tomysl“ feierlich übergeben und ihm die Vocations Urkunde ausgehändigt.

Abschließend noch die Abschrift des Arbeitsvertrages zwischen den vereinigten Gemeinden und dem Pastor

„Arbeiten und Verrichtungen des Herrn Pastoris    
1. Alle Sonn- und Festtage wird Vormittags eine Predigt gehalten und an den ersten Festfeiertagen der drey hohen Feste auch Nachmittags eine Vesperpredigt. An denen Sonntagen werden der Herr Pastor von Ostern bis St. Michaelis, Nachmittags über den Catechismus Kinderlehre halten und zugleich die Vormittagspredigt mit den Kindern wiederholen. Von Michael aber bis Ostern ist wegen der kurze Tage Nachmittgas kein Gottesdienst.
2. Die Beichthandlung geschieht allemal vor der Predigt so, daß ein Jeder besonders seine Beichte ablegt. Die Communion wird gleichfalls vor der Predigt gehalten. Außer dem öffentlichen Sonn- und Festtäglichen Gottesdienste wird keine so genannte Privat Communion stattfinden.
3. Am heiligen Abend vor Weynachten wird eine Christnachtspredigt gehalten, der Gottesdienst nimmt seinen Anfang so bald es dunckel geworden ist.
4. In der Fastenzeit wird wöchentlich Freytags über die Passionsgeschichte gepredigt und zwar Vormittags.
5. Die Einleitungen der Wöchnerinnen geschehen blos an denen Tagen wenn öffentlicher Gottesdienst gehalten wird.
6. Da wir bishero wegen großer Entfernung von den Kirchen, wo wir uns hinhielten unsere Kinder durch die Schulhalter zum Gebrauche des heiligen Abendmals haben müßen praepariren laßen, nun aber jener Nothfall verschiedene Jahre nicht mehr ist: So wird der Herr Pastor sich eine hinlängliche Zeit aussetzen, in welcher er selbst die Praeparation mit ihnen vornehmen wird, damit sie in ihrem Christenthum recht gegründet werden, und allezeit bereit seyn können zur Verantwortung gegen Jedermann, der Grund fordert.
7. Bey öffentlichen Begräbnißen werden der Herr Pastor die Leichen allemal an dem Kirchhofe erwarten, und als den in der gewöhnlichen Prozession mit auf den Kirchhof gehen, wo die Bestättigung zur Erden mit den üblichen Ceremonien geschieht.
8. Die Visitation der Schulen werden sich der Herr Pastor angelegentlich seyn laßen, auch den Schulhaltern eine gute Ordnung des Kinder Unterrichts anweisen und vorschreiben.
9. Der Herr Pastor wird auch dahin sehen, daß die Kirchenväter ihre Schuldigkeit beobachten, sonntäglich das eingekommene Geld, nachdem es in seinem Beysein überzählet und eingeschrieben worden in seiner Gegenwart in die Lade thun, und das Kirchengeräthe wohl verwahren; auch in allen andern Stücken Ordnung und Genauigkeit beobachten werden. Die Kirchenkasse wird in einem verschloßenen Kasten allemal in des Herrn Pastoris Wohnung seyn.
10. Nachträglich willigt der Herr Pastor noch ein, daß er die Leichen, wenn das Wetter nicht zu schlecht ist, oder ihm Altersschwäche daran hindert, aus dem Leichenhause abholt, und in Procession zum Kirchhofe begleitet.
Folgende Einkünfte und Accidentien werden dem Herrn Pastor versprochen und verschrieben.
1. Den Salario Fixo ist ausgesetzt:
a. An baarem Gelde von jeder Hufe 3 Fl. schreibe drey Floren, polnische Hufen sind 249 1/4. Das Geld wird der Schulze jeder Gemeine in der Michaeliswoche von den Wirthen einsamlen, und es hernach dem Herrn Pastori richtig berechnen und abbringen, worüber ihm ferner der Herr Pastor quittiert.
b. An Getreide von jeder Hufe zwey Garniec Korn, welches gleichfalls jede Gemeine bei ihren Schulzen zusammen bringt, von wo es dem Herrn Pastor hingeliefert wird.
2. An Accidentien:
a. Die Jura Stolae werden nach derjenigen Taxa Stolae entrichtet, welche die hochpreißl. Synode von allen actibus ministeralibus fest gesetzt und publiciert haben.
b. Alle drey hohe Festtage geben der Herr Pastor den ersten Feiertag ein Opfer.
c. Von dem Opfer bei der Communion wird der Herr Pastor zugleich den nöthigen Wein und Hostien anschaffen, doch können sich der Herr Pastor versprechen, daß das Opfer nicht schlecht fallen werde.
d. Vor die Mühle, die sie mit der Praeparation der Kinder zum heiligen Abendmal haben werden, setzen wir zwar nichts gewißes fest, wir werden uns aber auch bei dieser Gelegenheit bemühen, keine Undankbarkeit und Unerkenntlichkeit uns zu Schulden kommen zu laßen.
Alles, was in der Pfarrwohnung und denen dazu gehörigen Stücken zu bauen und zu erhalten nöthig ist, davor wird die Gemeine sorgen. Wir versprechen auch den Herrn Pastor Fuhren zu geben, wenn er zu einem Kranken verlangt wird, oder eine Leiche begraben woll, es sey den, daß der Kranke oder Kirchhof ganz nahe wäre.
Ueberdieses bedingen sich, die sämmtlichen Gemeinen aus, daß wenn der Herr Pastor dieselben verlaßen und unter zehn Jahre eine andere Vocation annehmen sollte, derselbe sich verpflichtet, die jezt aufgewandeten Kosten bey deßen hiesiger Wahl-Vocation und Installation zu vergüten.
Zu desto größeren Glaubwürdigkeit haben wir diese Schrift eigenhändig unterschrieben und mit den Kirchensiegel bestättigt. Geschehen Tomy’sler Hauländer im Jahre Jesu Christo 1815 den 27ten Junius.
Die heutige Herz-Jesu Kirche zu Nowy Tomysl - Eigenaufn. 2008 [970]

Die heutige Herz-Jesu Kirche zu Nowy Tomysl – Eigenaufn. 2008

Johan George Kurtz – Schulte der Paprotschen Gemeinde
Martin Meißner — Gorge Fried Wielhelm ? — Gorge Fried Lüdke — Christian Klemtke –) sämtlich Gerichten  — —  Johann Gottfried Kleinitz  – Gemein Rath
Gericht Schultz Joh. George Seyde – zu Scherlanken Gemeinde  — —Gottfried Flaum — Christian Freier — Christian Schultz — George Wenzel —) Gerichte
Johann Georg Horlitz – zu Alt Tomischl Gerichts Schulz
Johan George Lehmann – in Nahmen sämtlichen Gerichte zu Koselosken
Christian Hecken – Gericht Schultz zu Lipken Gemeinde in Nahmen der sämtlichen Gerichten
Cristgan Sender – Gerichts Schultz in Mnischke ? Hauland
J Daniel Hartmann — Gottfried Koter — Gottfried Zöber ? — Johannes Siegmund  — Johan Fried Michael Arndt ?  ) sämtlich Gerichten

Jako Dziedzic i Kollator zaświadczam przy wyci: śnięciu rodowitey Pieczęci. Datum w Poznaniu Dnia 29 go Czerwca 1815 go roku

Wiktor Szoldrski

(bestätigt mit Siegel durch Wiktor Szoldrski am 29. Juni 1815)“

 

***

Der Artikel wurde zusammengestellt anhand von Akten, die im Staatsarchiv von Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) verwahrt werden; hier: Besetzung und Einkünfte der evangelischen Predigerstelle Vol. 1 [953]

* * *

Persönliche Daten zur Familie Willmann – ein Auszug aus der Genealogischen Datensammlung Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski:

Rezess über die Ablösung der Weide-, Holz- und Streu-Berechtigung in Juliana – Kreises Buk 1870

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Transkription Gudrun Tabbert)
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Juliana - im Hintergrund der ehemalige Hof Hildebrandt [971]

Juliana – im Hintergrund der ehemalige Hof Hildebrandt.
Quelle: Staatarchiv Poznań
4832 Landesbildstelle Wartheland. Stadtbildstelle der Gauhauptstadt Posen sign. 140
szukajwarchiwach.pl/53/4832/0/

Der am 6. Februar 1870 in Posen gezeichnete „Rezess in der Ablösungssache der Weide – Holz – und Streu – Berechtigung der beiden Eigentümer zu Julianna Kreis Buk“ wird hier in seinen einzelnen Punkten wiedergegeben. Hatten die Eigentümer, Hildebrandt unentgeltlich und Giering gegen geringe Bezahlung, bis dahin noch das Recht gehabt die herrschaftlichen Bukowiecer Forsten als Weideland für Ihre Tiere nutzen sowie auch aus den Wäldern Ihre Streu und ihren Holzbedarf decken zu dürfen, so erlosch dieser nicht unerhebliche Anspruch mit dem Vertragsabschluss. Beiden Eigentümern wurde seitens des neuen Besitzers der Herrschaft zum Ausgleich Landbesitz überschrieben.

Das Original des Rezesses wird verwahrt im Staatsarchiv zu Posen: Starostwo Powiatowe w Nowym Tomyślu – Landratsamt Neu Tomischel – http://szukajwarchiwach.pl/53/325/0 – recesy 33 [972]

Die Fotos: Landesbildstelle Wartheland. Stadtbildstelle der Gauhauptstadt Posen szukajwarchiwach.pl/53/4832/0/ [973]

§1. Interessenten

Interessenten der Auseinandersetzung sind:

§ 2. Verhältnisse vor der Auseinandersetzung

Die im Paragraph 1 unter 2 aufgeführten Besitzer der ebendaselbst bezeichneten Grundstücke haben bisher die Berechtigung gehabt in den herrschaftlichen Bukowiecer Forsten:

Die Besitzer des Grundstücks Hypotheken Nummer 2 waren dagegen verpflichtet, an die Gutsherrschaft von Bukowiec jährlich als Gegenleistung

abzuführen

§ 3. Zweck der Auseinandersetzung

Der Zweck der Auseinandersetzung ist:

§ 4. Beilagen des Auseinandersetzungs-Rezesses

Beilagen und Teilstücke des Auseinandersetzungs-Rezesses sind:

3 Karten, nämlich 1 Urkarte und 2 Reinkarten, die erstere führt folgende Bezeichnung:

§ 5.  Art der Auseinandersetzung

Die Gemeinheits-Aufhebung ist dergestalt erfolgt, dass die beiden Servitutberechtigten für den Wert ihrer Grundgerechtigkeiten nach Abzug des Wertes der Gegenleistungen Landabfindung erhalten haben, und zwar der Besitzer des Grundstückes Nummer 1 mit einem Teile der darauf befindlichen Holzbestände.

§ 6.  Spezielle Plan-Anweisung

Die auf Grund der Auseinandersetzung festgestellten Landabfindungen ergibt die nachstehende tabellarische Zusammenstellung, in deren Kolonne 9 das Wertverhältnis derselben angegeben ist:

1. Lfd. No. 1.
2. Namen der bei der Auseinandersetzung Beteiligten Johann Gottfried Hildebrandt und dessen Frau Maria Elisabeth geborene Labsch
3. Bezeichnung der Grundstücke mit denen sie teilnehmen Ackergrundstück
4. Vol. und No. des Hypothekenbuches von Julianna 1
5. No. der in § 4. bezeichneten Karte I.
6. Lage des Abfindungsstückes resp. sonstige Bezeichnung desselben an seinem Grundstücke und am Wege von Julianna nach Sworzyce
7. Flächeninhalt des Abfindungsstücke
8. dto. der Gesamtabfindung 90 Morgen – 44 Quadrat-Ruthen
9. Verhältnismäßige Wertzahl der Gesamtabfindung 71,54
1. Lfd. No. 2.
2. Namen der bei der Auseinandersetzung Beteiligten Gottfried Giering und dessen Frau Anna Elisabeth geborene Rosenau
3. Bezeichnung der Grundstücke mit denen sie teilnehmen Ackergrundstück
4. Vol. und No. des Hypothekenbuches von Julianna 2
5. No. der in § 4. bezeichneten Karte II.
6. Lage des Abfindungsstückes resp. sonstige Bezeichnung desselben an seinem Grundstücke und am Wege von Julianna nach Sworzyce
7. Flächeninhalt des Abfindungsstücke
8. dto. der Gesamtabfindung 73 Morgen – 163 Quadrat-Ruthen
9. Verhältnismäßige Wertzahl der Gesamtabfindung 57,36

§ 7.  Grenzen der Besitzstände

Die Grenzen der Landabfindungen sind mit Hügeln, in deren Mitte unverwesliche Merkmale, als Schmiedeschlacken, Glasscherben pp. gelegt sind, bezeichnet. Die Hügel sind auf der Karte mit 0 bezeichnet, und die Entfernungen derselben sind nach Ruthen und deren Dezimal-Teilen auf der Karte mit roter Farbe eingeschrieben

§ 8. Wege und Gräben

Zur Verbindung mit den Landabfindungen hat es der Auslegung neuer Wege nicht bedurft, da die bisher bestehenden auslänglich sind. Ebensowenig ist eine Graben-Anlage nötig geworden. Der nach Sworzyce führende, teils in der Giering’schen Landabfindung, teils an der Grenze der Hildebrandt’schen Abfindungsfläche liegende Weg ist teilweise gerade gelegt worden.  In der bisherigen Unterhaltungsverpflichtung dieses Weges tritt keinerlei Änderung ein.

§ 9.  Einschränkung des Eigentums nach der Auseinandersetzung

Außer den allgemeinen gesetzlichen Einschränkungen des Eigentums, insbesondere in betreff der Vorflut sind nach der Auseinandersetzung keinerlei Einschränkungen des Eigentums zu dulden.

§ 10. Grundsteuer-Regulierung

Nach dem von der Königlichen Regierung zu Posen festgestellten Grundsteuer-Verteilungs-Plan ist von den Landabfindungen

Grundsteuer jährlich zu entrichten, um welche Beträge sich die Grundsteuer der Gutsherrschaft vermindert.

§ 11.  Ausgleichung der Holzbestände

Die Besitzer des Grundstücks Nummer 1 übernehmen auf einer Fläche von 10 Morgen ihres Landabfindungsplanes gleichzeitig die Holzbestände.  Der Wert derselben mit 554 Taler 20 Silbergroschen Fünfhundert Vier und Fünfzig Taler Zwanzig Silbergroschen haben die Übernehmer der Gutsherrschaft von Bukowiec zu erstatten.

§ 12.  Ausführung

Die Ausführung dieser Auseinandersetzung ist auf den 16. Oktober 1869 festgesetzt, sodass an diesem Zeitpunkt die Gutsherrschaft die Abfindungspläne den beiden Servitutsberechtigten frei von Holzbeständen, insoweit letztere nicht mit übergeben werden, zum unbeschränktem Eigentum überlässt.

Mit demselben Zeitpunkt hören die Grundgerechtigkeiten und Gegenleistungen der bäuerlichen Wirte auf und ist die im Paragraph 11 angegebene Geldentschädigung der Gutsherrschaft von Bukowiec zu zahlen.

Juliana - der ehemalige Hof Giering [974]

Juliana – der ehemalige Hof Giering.
Quelle: Staatarchiv Poznań
4832 Landesbildstelle Wartheland. Stadtbildstelle der Gauhauptstadt Posen sign. 127
szukajwarchiwach.pl/53/4832/0/

§ 13. Berichtigung des Hypothekenbuches

Beide Teile beantragen und bewilligen, insofern aus dem Hypothekenbuche über die im Paragraph 2 angegebenen Rechtsverhältnisse etwas hervorgehen sollte, den Vermerk der Aufhebung und verfg. die Löschung derselben.

§ 14. Kosten

Von den Kosten der Auseinandersetzung, mit Ausnahme der prozessnämlichen hinsichtlich deren es bei den ergangenen Entscheidung verbleibt, haben die Gutsherrschaft von Bukowiec die eine Hälfte, die bäuerlichen Wirte die andere Hälfte zu tragen. Zu der letzteren tragen sie nach Verhältnis der in Kolonne 9 Paragraph 6 angegebenen Wertzahlen bei.

Vollzogen Graetz, denn 23 Dezember 1869 laut besonderer Verhandlung von demselben Tage.

Martini …… Hildebrand …… Giering ….. a. u. s. Bruchmann – Oekonomie Commissarius

* * *

Verhandelt, den 23ten Dezember 1869

In der Ablösungssache der Weide-, Brennholz- und Streuberechtigung der beiden Eigentümer zu Julianna, Kreis Buk ist auf heut zur Vollziehung des Auseinandersetzungs-Rezesses Termin anberaumt. In demselben sind von Person bekannt und dispositionsfähig erschienen:

I. Herr Rechtsanwalt Martini als Bevollmächtigter der Gutherrschaft

II. die Eigentümer

Den Anwesenden wurde der aus 14 Paragraphen bestehende Auseinandersetzungsrezess langsam und deutlich vorgelesen und dabei die Belehrung erteilt:

  • dass durch diesen Rezess das Auseinandersetzungs-Verfahren dergestalt abgeschlossen werde, dass die zur Sache zugezogenen Interessenten weder mit Einwendungen gegen den Inhalt des Rezesses, welche ihnen hinsichtlich dieser Auseinandersetzung zuständig gewesen wären und dabei übergangen seien, weiter gehört werden könnte.

Die Anwesenden versicherten diese Belehrung verstanden zu haben, genehmigten den Rezess in allen Punkten und erkannten auch die rezessmäßige Ausführung der Auseinandersetzung durchweg an.

Die bäuerlichen Wirte hatten nur zu bemerken, dass der Grenzpunkt, welcher am östlichen Ende der ihre beiderseitigen Landabfindungen scheidenden Linie liegt, verdunkelt sei und beantragten:  denselben durch den Kataster Controlleur Bröhm gelegentlich wieder herstellen zu lassen.

Vorgelesen, genehmigt u. unterschrieben

Martini ….. Hildebrandt ….. Giering ….. a.u.s. Bruchmann – Oekonomie Comissarius

Nachstehende Abschriften

Geschehen Graetz, den 3. Mai 1865

Der Unterzeichnete hat heut die Hypothekenbücher der Rittergüter

eingesehen und daraus folgende Eintragungen constatiert:

Rubrica I

Das in der Woywodschaft Posen in dem Kosten’schen Distrikt gelegene adelige Rittergut  Klein Bukowiec

bestehend, wozu außerdem

hat der Kaufmann und Rittergutsbesitzer Franz Friedrich Beyme bei der teilungshalben eingeleiteten notwendigen Subhastation (Zwangsversteigerung) zufolge Adjudicatoria (Schlichtungs- oder Streitbeilegungsverfahren) vom 27ten Juni 1864 nebst den Rittergütern Graetz, Opalenica und Zdroj für das Meistgebot von 1.361.000 Thaler erstanden, es ist daher der Besitztitel ex decr vom 2ten April 1865 berichtigt worden.

Geschehen wie oben gez. Bruchmann – Oekonomie Commissarius

* * *

Verhandelt Graetz, den 5ten August 1865

In dem zur Aufnahme einer Vollmacht heute anstehenden Termin war von Person bekannt und dispositionsfähig anwesend Herr Rittergutsbesitzer Franz Friedrich Beyme, Eigentümer der Herrschaften Graetz, Opalenica, Bukowiec und Zdroj.

Herr Comparent erklärte folgende Vollmacht:

In den bei der Königlichen General Commission für das Großherzogtum Posen bezüglich der Herrschaften Graetz, Bukowiec, Opalenica und Zdroj im Kreise Buk schwebenden oder künftig nach in Antrag zu bringenden gutsherrlich bäuerlichen Regulierungen, Ablösungen und Gemeinheitsteilungen und in den mit diesen in Verbindung stehenden Prozessen und Nebengeschäften bevollmächtige ich hiermit den Herrn Rechtsanwalt Martini mich zu vertreten und Alles dasjenige zu tun, was die Gerichte und Auseinandersetzungsbehörden von dem Bevollmächtigen einer abwesenden Partei zu fordern berechtigt sind.

Insbesondere ermächtige ich denselben bei den vorgedachten Verhandlungen:

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben

F. F. Beyme ….. a. u. s. gez. Bruchmann – Oekonomie Commissarius

sind mit den Originalien gleichlautend – Graetz, den 30ten Dezember 1869 – /: L.S. :/ Königliche Special Kommission gez. Bruchmann

wird hierdurch in allen Punkten bestätigt.

Urkundlich unter Beidrückung unseres größeren Siegels und der verordneten Unterschrift ausgestellt.

Königliche General Kommission für die Provinz Posen ….. Obergethmann

Der Bruckhof – 7. Exkurs des Buches Fräulein X

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Edelgard Ehrt)
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Einband "Fräulein X" [975]

Einband „Fräulein X“

Dieser Text und die Bilder sind ein Auszug aus dem autobiografischen Erinnerungsbuch von Edelgard Ehrt geborene Xenodochius – „FräuleinX“

Edition Ehrt Kleinmachnow 2013, ISBN 978-3-00-042138-9″

Hier nochmals Vielen Dank an die Familie Ehrt, dass wir dieses Kapitel der Erinnerungen hier veröffentlichen dürfen !

* * *

Langsam beginnen sich die Wolken am Himmel zu färben. Sie verlieren dabei mehr und mehr ihre graue Farbe und gehen über in ein gelblich rotes Leuchten. Damit ist ganz gewiss angedeutet, dass bald die Sonne den Tag begrüßt. Sie vertreibt mit ihrem Licht das Dunkel der Nacht. Dort, erste Strahlen brechen sich am Horizont Bahn! Nur noch Augenblicke, dann verklären tausendfache Strahlen den Anblick des großen Himmelsballes.

Doch ehe ich diesen ganz erblicke, vergeht noch etwas Zeit – und das ist gut so.

Ich weile am Rande eines Waldes, dessen Rauschen und ewiges Singen mein Herz erfüllt von der Sehnsucht zu lauschen, lange zu lauschen. Ich möchte hören, möchte Herz und Sinne öffnen beim Raunen seiner Äste und Zweige, die da Unvergessliches wissen von Liebe und Freud, aber auch von Leid und harter Zeit.

Ich wende mich um und mit geheimnisvoller Kraft zieht es mich in die Tiefe des Waldes. Hier finde ich einen unbeschreiblich schönen Platz! Mich umgibt das üppige, taufrische Grün des Sommermorgens, das glitzernde Leuchten der sich bahnbrechenden Sonnenstrahlen. Dicht neben mir entdecke ich zarte Waldblumen noch schlummernd benetzt vom Morgentau, darauf wartend, von der Sonnenwärme nachgerufen zu werden! Da fesselt etwas Neues meinen Blick! In tiefer Abgeschiedenheit und Stille schimmert das Wasser eines Waldsees durch Sträucher, Unterholz und Bäume. Diese neue Entdeckung zieht mich in den Bann, so dass ich meinen Blicken folge und das Seeufer erreiche. Viel Grün spiegelt sich im Wasser wider, für das Blau des Himmels bleibt wenig übrig. Zu groß und zu verzweigt säumen sie das Ufer und als ein leichter Wind aufkommt, nehme ich über und neben mir wieder Raunen, Säuseln, Wispern wahr und es ergreift mich eine unbestimmte, ungestillte Neugier, was wohl diese Bäume mit erlebt und mit angesehen haben? Wieder nehme ich Platz unter einer knorrigen, alten Erle, die sich wie altersschwach krumm gebeugt dem Wasser zuneigt. Ich schließe meine Augen fest und atme tief, Wald – und Wasserduft empfindend. Nun sehe ich Bilder an mir vorüberziehen und mir ist, als ob sich die uralte, zerzauste Erle noch tiefer zu mir neigt und sich ihr Knarren, ihr Rauschen zu Worten formt. Ich lausche angestrengt und gespannt, wovon sie zu erzählen weiß, zu erzählen nämlich vom Bruckhof.

Die Großeltern mütterlicherseits Bernhard Bruck † 1938 und dessen 1. Ehefrau Emma, geb. Steinborn † 1901 [976]

Die Großeltern mütterlicherseits Bernhard Bruck † 1938 und dessen
1. Ehefrau Emma, geb. Steinborn † 1901

An einem sonnigen Junitag des Jahres 1992 betraten mein Bruder Kurt Xenodochius, und ich – zwei Ururenkel des Bruckhofes – sowie meine Söhne Rainer und Heiko das ehemalige Rund dieses Anwesens.

Geblieben ist vom einstigen Bruckhof nur ein romantisch anmutendes Fleckchen Erde mit lebendigen Zeugen der Natur. Die Bilder aus Kindertagen erwachen.

Wir orientieren uns zuerst am Waldsee (Teich), der zum Hofareal gehörte und der, von üppig und wild wucherndem Strauchwerk umwachsen, nur von dem entdeckt wird, der von seiner Existenz weiß. Zielstrebig weisen uns Büsche und Bäume den Weg. Wir überschreiten die einstige Hofmitte und wissen noch, dass das Gelände leicht abfallen wird. Richtig, wir bewegen uns bereits abwärts und treffen unmittelbar auf einen Strauchgürtel. Nachdem wir diesen auseinanderbiegen, erkennen wir den sich länglich ausdehnenden, moorig – dunkel schimmernden Teich. Da, Seerosen wie ehemals, Schilfbewuchs an den Innenrändern, auch Trauerweiden, die sich hängend verträumt im dunklen Wasser spiegeln!

Blieb hier die Zeit 50 oder mehr Jahre stehen?

Unser Blick gleitet zum nahegelegenen Ufer gegenüber. Still sitzt dort ein Angler. Wir wollen ihn nicht stören und ziehen uns wortlos zurück.

Ein paar Schritte weiter entdecken wir Reste des kleinen Bootssteges, der sich hier einst befand und an dem damals stets ein Kahn für eine Bootspartie oder für einen Fischzug (nach Karpfen) ankerte.

Ein Foto mit einem Teil der Hochzeitsgesellschaft von Tante Hedwigs Hochzeit ist noch in meinem Besitz und ergänzt die Erinnerungen an romantische, friedvolle Tage.

Wieder wenden wir unsere Blicke und Schritte den leichten Anstieg zum ehemaligen Hof zu und werden auf die Reste eines Brunnens aufmerksam, der seine Funktion längst verlor. Wie oft hat Mutter diesen Brunnen erwähnt, den die Vorfahren ganz sicher noch vor der Errichtung der Gebäude bauten, um das lebenswichtige Nass für Mensch und Tier zu sichern. Anschaulich und einprägsam schilderte Mutter, wie sie unzählige Eimer Wasser schöpfen und per Trage über den Schultern mit je einem Eimer voll Wasser in der Hand den leichten Anstieg hinauf über den Hof in die Viehställe oder in das Wohnhaus schleppen musste.

Nachdenklich und langsam gehen wir weiter. Die Stille der Einsamkeit und Abgeschiedenheit dieses einstigen Hofes nimmt uns gefangen. Nur Vogelstimmen, die aus blühenden, verwilderten Weißdornbüschen und aus dem nahen Wald herüberklingen, sind nicht zu überhören und rufen uns in die Wirklichkeit zurück.

22.11.1919 Hochzeit meiner Eltern Otto Xenodochius und Alma, geb. Bruck, rechts vom Vater Ernestine und Bernhard Bruck, links von der Mutter Auguste und August Xenodochius. Aufnahme vor der Süd - Giebelseite des großen Bauernhauses. Rechts im Hintergrund Wirtschaftsgebäude [977]

22.11.1919 Hochzeit meiner Eltern Otto Xenodochius und Alma, geb. Bruck, rechts vom Vater Ernestine und Bernhard Bruck, links von der Mutter Auguste und August Xenodochius.
Aufnahme vor der Süd – Giebelseite des großen Bauernhauses. Rechts im Hintergrund Wirtschaftsgebäude

Erneut begegnen wir stummen Zeugen der Vergangenheit. Es sind Reste vertrockneter, knorriger, ehemals prächtiger Süßkirschbäume, die in den 20er Jahren in voller Pracht blühten und saftige Früchte trugen, wie sich Bruder Kurt gern erinnert. Doch er erwähnte auch, dass es Großmutter Ernestine Bruck gar nicht gern sah, wenn ihre Enkelkinder aus Dombrowo zur Reifezeit der Süßkirschen unangemeldet auf den Bruckhof kamen und ohne ihre Erlaubnis oder Kenntnis erst einmal die Kirschbäume erstiegen und sich mit süßen Früchten vollstopften!

Wir überqueren den relativ großen, von Wildgräsern überwucherten Hofraum und verweilen an dem Platz, an dem damals – vermutlich um 1800 (?) – die Ururgroßeltern diesen Platz und das umliegende Land für die Hofgründung vom damaligen etwa 2 km entfernten Herrensitz der von Hardt aus Wonsowo erwarben.

An dieser Stelle, also ungefähr in der Hofmitte, lag einst ein riesiger flacher Findling, der den Hoferbauern noch vor der Errichtung der Gebäude als 1. Tisch diente, so weiß ich es von den Überlieferungen der Mutter. Wer sucht, der findet, heißt es in einem weisen Wort. Doch wir geben die Suche bald auf!

Vergeblich schauen wir uns nach Überresten der einstigen großen Stall – und Scheunenanlagen um, die den Hof im Süden, Osten und Norden begrenzten. Nur die Weißdornhecke hat die Zeit überdauert. Jetzt völlig ausgewuchert bildete sie noch zu meiner Kinderzeit – damals geschnitten und gepflegt – eine natürliche Begrenzung für den Garten im Süden längs des großen Stallgebäudes.

Wie froh, glücklich und erleichtert war ich als Kind – etwa 8 – 10 jährig – immer, wenn ich diese mannshohe Weißdornhecke vor mir sah, denn dann wusste ich, dass ich den Weg (von Dombrowo) zum Bruckhof nicht verfehlt hatte. Er war nämlich gar nicht so leicht zu merken, dieser Weg vom elterlichen ca. 4 km entfernten Lindenhof. Weil dieser Weg mir oft so romantisch – abenteuerlich erschien, will ich nicht versäumen, ihn hier etwas näher zu beschreiben:

Zuerst lief ich von unserem Westhoftor aus bis zur Hauptstraße und dem großen Kastanienbaum. Nun überquerte ich die Hauptstraße – die links nach Porazyn und rechts nach Kuschlin führte – und bog nach ca. 100 m rechts in einen Waldweg ab. Dieser mündete in unserem privaten Wald, den wir als Kinder durch Pilze-, Beeren- und Reisig sammeln recht gut kannten. Jetzt musste ich darauf achten, dass ich auf dem sandigen, leicht ausgefahrenen Waldweg blieb, um diesen erst an einer bestimmten Gabelung zu verlassen. Hier endete auch unser Wald und ich durfte nun eine bestimmte, mit Jungkiefern bewachsene Schonung nicht verpassen, durch die ein schmaler Pfad bis zum nächsten Hochwald führte. Mit leichtem Unbehagen durcheilte ich diese Schneise und war froh, wenn mein Blick den Hochwald freigab. Trotz Unterholz mit viel Gestrüpp und kratzenden Brombeer-Ranken (deshalb war es auch gut, nicht vom Weg abzuweichen) konnte ich nun bald das idyllisch gelegene Forsthaus vom Förster Joachim erkennen. Oft musste ich an dieser Stelle an Hänsel und Gretel denken, die so- oder so ähnlich – das Hexenhaus versteckt im Walde entdeckt hatten! Kinderträume – erlebte Märchenträume? Das »versteckte« Forsthaus rechts liegen lassend, hieß es, sich links halten und bald erblickte ich ein Stückchen blauen oder grauen Himmel, der Wald lichtete sich, und nun hatte ich mein Ziel fast erreicht! Mit Vorsicht überquerte ich einen – je nach Jahreszeit – feuchten Pfad über die Ausläufer des Teiches, von dem ich bereits berichtete.

28.10.1937 Hochzeit von Tante Hedwig Griesche, geb. Bruck - älteste Schwester der Mutter aus 2. Ehe, Dezember 1998 in München verstorben. Fräulein X als Blumen-mädchen vorn rechts [978]

28.10.1937 Hochzeit von Tante Hedwig Griesche, geb. Bruck – älteste
Schwester der Mutter aus 2. Ehe, Dezember 1998 in München verstorben.
Fräulein X als Blumen-mädchen vorn rechts

Oft genug bin ich zuvor mit der Mutter oder mit den älteren Brüdern diesen Weg gemeinsam gegangen, um mir alle markanten Punkte einzuprägen! Doch nun wieder zurück zum ehemaligen Bruckhof im Sommer 1992!

Unsere Aufmerksamkeit gilt jetzt den Spuren des einstigen neuen, großen Wohnhauses (vielleicht um 1800 erbaut?) – es bildet den Hintergrund des Hochzeitsbildes meiner Eltern. Sicherster Hinweis, so meint mein Bruder Kurt, sei die urwüchsige, alte, hohe Linde, die vor dem Eingang des Wohnhauses stand. Sie hat die Stürme der Zeit überdauert. Ach, könnte sie erzählen! Wir verweilen in ihrem Schatten, lehnen uns an ihren mächtigen Stamm, lassen unsere Blicke schweifen, beschwören unsere Vorstellungskraft. Unsere Suche treibt uns weiter zu entdecken – und wir werden fündig! Überwucherte Mauerreste können ehemalige Grundmauern sein! Ja, sicher, hier stand das große Bauernhaus und da ich die Räume gut kannte, möchte ich noch einige Beschreibungen hinzufügen:

Das Haus wies zum Hof zu einen östlichen Haupt- und Seiteneingang auf, wobei der Haupteingang vermutlich selten benutzt wurde. Ich erinnere mich, das Haus stets durch den Seiteneingang betreten zu haben. Durch einen schmalen, länglichen Flur gelangte ich in die große Küche, in der schon zu Mutters Zeit das Gesinde das Essen einnahm. Geradezu, rechts an zwei Fenstern und einem langen Zubereitungstisch vorbei, stieg man einige Treppenstufen hoch und betrat ein kleineres Zimmer, wohl als Speisezimmer für die Familie gedacht. Von diesem Zimmer aus erreichte man einen größeren Vorratsraum (Speisekammer) und eine zweite Tür führte in den hinteren Mittelflur, von dem aus wiederum eine Tür zum Garten, eine zweite in das große Wohnzimmer (die sogenannte gute Stube) wies. Von hier aus gelangte man durch eine Verbindungstür in das Schlafzimmer und von diesem auf den Hof oder in die Küche.

Ich ging gern durch den Hinterausgang in den Blumengarten denn dieser Garten wies eine Vielfalt von Blumen, immergrünen Sträuchern und kleinwüchsig umrandete Beeteinfassungen  aus Buchsbaum auf. Außerdem gelangte man von hier aus zu dem ersten, alten, aus dicken Bohlen errichteten Wohnhaus, das damals nur noch als Schuppen oder Abstellraum benutzt wurde und welches für uns Kinder immer irgendwie geheimnisvolle Anziehungskraft besaß. Hier, so Mutters Überlieferungen, wohnten die Urgroßeltern Bruck bis zu ihren letzten Tagen. Die Urgroßmutter starb 1910, als meine Mutter 12 Jahre alt war. Von ihren Großeltern, vor allem von der Großmutter, hat mir Mutter viel und oft erzählt. Sie war eine ungewöhnliche Frau, die auf ein arbeitsreiches Leben zurückblicken konnte, in welchem sich Fleiß mit kluger Wirtschaftsführung vereinte. Voller Liebe und Güte nahm sie sich der zwei Halbwaisen (meiner damals dreijährigen Mutter und der zweijährigen (Schwester) an, als die Mutter der Mädchen nach der Geburt des 3. Kindes starb. Schwer trug die Großmutter an diesem Schicksalsschlag. Zu schwer war die tägliche Arbeit der jungen, zarten Bauersfrau auf dem großen Hof. Hinzu kam, dass wenig Zeit blieb, sich von den rasch nacheinander folgenden Geburten zu erholen. So brach sie, geschwächt und entkräftet, eines Tages hochschwanger, unter der Last von zwei Futtereimern in den Händen bei der Arbeit zusammen. Sie erholte sich nicht mehr und auch das zu früh geborene Söhnchen starb.

Das Areal des Bruck Hofes [979]

Das Areal des Bruck Hofes

Solange Großmutter und Großvater Bruck lebten, wuchsen die beiden Mädchen wohlbehütet auf. Doch bald mussten sie während dieser Zeit schon oft in das große Bauernhaus, um im Haushalt und bei der Aufsicht der 5 Geschwister aus 2. Ehe zu helfen. Damit begann für die beiden Mädchen eine schwere Zeit, vor allem als der 1.Weltkrieg ausbrach. Es mangelte mehr und mehr an Arbeitskräften, die Mädchen mussten oft einspringen und harte Männerarbeit leisten. Am schwierigsten und äußerst kräftezehrend waren wohl Arbeiten auf den Feldern im Umgang mit den Pferden. Fast in Verzweiflung gerieten die Mädchen beim Pflügen. Der Boden war besonders im Frühjahr und Herbst nass, schwer, lehmig und steinig. Der Pflug musste mit ganzer Kraftanstrengung gehalten, niedergedrückt und geführt werden! Wehe, er sprang, etwa wegen eines Steines, aus der Furche. Der Vater stand am Hofausgang oder sonst in der Nähe, beobachtete und kommandierte den Fortgang der Arbeiten. Er brüllte zuweilen seine Anweisungen und Tadel mit einer Lautstärke, die den Mädchen durch Mark und Bein gingen. Es war auch demütigend, wenn die Mädchen mit dem übrigen Gesinde zusammen in der großen Küche essen mussten, während sich die übrige Familie ins Nebenzimmer begab. Oft war das Essen knapp bemessen, die Mädchen langten meist zögerlich zu oder ließen sich von den kräftigen und rüden Knechten an die Seite drängen. Zudem waren sie wiederholt unflätigen Bemerkungen der Männer ausgesetzt, wie das in solchen Kreisen oft üblich war. So war es zu verstehen, dass die Mädchen hungrig vom Tisch aufstanden und sich in unbeobachteten Augenblicken noch eine Scheibe Brot – das in einer Truhe in der Küche aufbewahrt wurde – abschnitten. An Aufstrich war natürlich nicht zu denken, den hielt die Stiefmutter streng unter Verschluss. Doch eines Tages merkte sie, dass Brot fehlte und kerbte hinfort angeschnittenes Brot ein. Dass sie damit die »Diebinnen« bald überführte, lässt sich denken. Strafen und noch härtere Arbeit waren die Folgen.

Zu gern wären die Mädchen nach dem Volksschulbesuch vom Bruckhof weggegangen, hätten eine Ausbildung, z.B. als Schneiderin oder Mutter als Lehrerin (was ihrem heimlichen Wunsch entsprach) aufgenommen. (Für ihre Tochter – also mich – sollte sich dieser Wunsch viel später – ab 1943 – erfüllen!) Doch der Vater ließ in dieser Richtung nichts zu, behielt die Mädchen als billige Arbeitskräfte auf dem Hof und zog – wie damals oft üblich – höchstens günstige Heiratsangebote in Erwägung.

So heiratete Mutter 1919 unseren Vater, Otto Xenodochius, und zog auf den Lindenhof nach Dombrowo. Dass sie es auch auf dem Lindenhof nicht leicht hatte, wäre eine andere erzählenswerte Geschichte.

Mutters Schwester dagegen erwartete mit einer Heirat ganz gegen ihren Willen ein weitaus schwereres, ja aus meiner Sicht tragisches, fast unmenschliches Los. Man zwang sie in die Ehe mit einem Jahrzehnte älteren Onkel. Der Leidensweg und das Schicksal dieser Tante gäbe ebenfalls Stoff für die Wiedergabe einer Erzählung.

Es wird Zeit – wir gehen langsam zum einstigen südlichen Hofausgang zu und verlassen den »Bruckhof«, den es nicht mehr gibt, der aber in meiner Erinnerung lebendig geblieben ist und von dem ich mit Sicherheit nur einen Bruchteil seiner Geschichte wiedergeben konnte. Allen, die einst diesen Hof mit Leben erfüllten, die Freud und Leid miteinander teilten,  die die wechselvolle Geschichte dieser Heimat durchlebten, die Großes leisteten, möchte ich diese Zeilen widmen, ehe sich der Schleier der Vergessenheit über alles legen wird.

Bleiben wird vom Bruckhof ein versonnenes, vergessenes, idyllisch gelegenes Fleckchen Erde, der Natur zurückgegeben.

Nichts hält oder bleibt ewig, alles ist vergänglich hier auf Erden. Die Spuren verweht der Wind, wenn Menschen die Stätten ihres Wirkens verlassen oder verlassen müssen, wenn Krieg, Flucht, Tod, Vertreibung tiefe Wunden hinterlassen. So möchte ich meine Erinnerungen nicht beenden, ohne die letzten Bewohner des Bruckhofes zu erwähnen, die alles aufgeben und zurücklassen mussten. Die unheilvollen Ereignisse nach dem 2. Weltkrieg trugen sie in eine unbekannte Fremde.

Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges heiratet Onkel Adolf Bruck Tante Agnes, geb. Fenske.Rechts außen meine Mutter sitzend, Vater hinter ihr stehend. Ich sitze vorne links im hellen Kleid [980]

Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges heiratet Onkel Adolf Bruck Tante
Agnes, geb. Fenske.Rechts außen meine Mutter sitzend, Vater hinter ihr
stehend. Ich sitze vorne links im hellen Kleid

1939 heiratete Onkel Adolf Bruck und damit kam neues Leben und neuer Schwung auf den Hof! Tante Agnes ist mir als tüchtige, umsichtige Hausfrau in Erinnerung, die klug wirtschaften und einteilen konnte. Ihren Haushalt, die Kleinviehbestände, die großen Gärten und viele anderenAufgaben sowie die Betreuung und Erziehung ihrer drei Kinder meisterte sie mit Aufopferung und Geschick. Ich besuchte sie so oft ich konnte, bewunderte ihre Energie, denn bald nach Ausbruch des Krieges musste sie alle Verantwortung allein übernehmen.

Onkel Adolf musste einrücken, überlebte den Krieg, aber er starb kurz danach in einem Flüchtlingslager.

1943, kurz bevor ich zur Lehrerausbildung nach Lissa kam, durfte ich den kleinen Hans – Georg Bruck in der Kuschliner Kirche als Patin über das Taufbecken halten.

Im Flüchtlingslager hielt der Tod reiche Ernte und raffte Gisela, das Töchterchen und älteste Kind sowie Großmutter Ernestine Bruck dahin.

Tante Agnes blieben die beiden Jungen Dieter und Hans – Georg und sie fand nach langer Odyssee eine vorläufige Bleibe bei Verwandten in der Nähe von Berlin. Tapfer kämpfte sie sich in der entbehrungsreichen und schwierigen Nachkriegszeit durch und opferte alles für ihre Söhne. Beide waren ihrer lieben Mutter für alle Liebe und Güte bis zu ihrem Ableben von Herzen dankbar.

Das Geschlecht der Brucks lebt in den Kindern und Kindeskindern weiter und mögen sie durch diese kurzen Aufzeichnungen erfahren, wo die Wurzeln ihrer Vorfahren zu finden waren.

 

Alltag in der Arbeit des Krankenhausvorstandes 1884-1904

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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Das Angebot zum Erwerb eines Krankenpflegeabonnements - Quelle: Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/68 [981]

Das Angebot zum Erwerb eines Krankenpflegeabonnements – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten]
http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/68

Dieser Artikel befasst sich mit der Arbeit des Krankenhausvorstandes. In zeitlicher Folge wurden hier die Alltäglichkeiten, mit denen man sich in den Jahren 1884-1904 auseinandersetzte notiert. Einige der Tätigkeiten, wie z. B. der Beschluß zur Entfernung der Hühner aus dem Krankenhaus, können uns heute zu einem Lachen mit ungläubigen Kopfschütteln bringen; sie führen uns aber auch die Entwicklung der letzten annähernd 120 Jahre im Krankenhauswesen vor Augen.

Die Zusammenstellung der Daten erfolgte nach Akten, welche im Staatsarchiv in Poznan / Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] [982] verwahrt werden.

* * *

Der Betrieb des Krankenhaus war ein positiver gewesen und wurde immer weiter ausgebaut. Mit dem 3. Januar 1889 waren zwei Diakonissinnen für die Pflege der Patienten tätig geworden. Dieser Umstand brachte daraufhin den Magistrat auch zu einer Art Werbeanzeige:

„Bekanntmachung

Mit dem 1. Januar 1889 ist das Abonnement auf freie Kur und Verpflegung erkrankter Dienstboten im hiesigen städtischen Krankenhause eröffnet worden, was mit dem Bemerken bekannt gemacht wird, dass jede in der Stadt Neutomischel wohnende Familie berechtigt ist, bezüglich ihrer Dienstboten dem Abonnement beizutreten. Anmeldungen werden an den Wochentagen von 8 bis 12 Uhr im Magistratsbureau entgegengenommen. Der jährliche Abonnementspreis beträgt pro Person 4 Mark.

Familien, welche mehrere Dienstboten halten, müssen, wenn sie beitreten wollen, dieselben alle versichern.“

Dass das Krankenhaus sich zu einem erfolgreichen Unternehmen entwickelt hatte sprach sich scheinbar auch herum. Auch andere Städte befassten sich mit dem Gedanken ein solches einzurichten. Im Juni 1888 z. B. war der Krankenhausvorstand von Neutomischel seitens des Magistrats von Bentschen angeschrieben worden und es war darum gebeten worden diesem für kurze Zeit die Kostenvoranschläge und auch die Bauzeichnungen zu überlassen.

Die meisten der aufgefundenen Unterlagen jedoch befassen sich mit Alltäglichkeiten. So ging es zum Beispiel in dem unter dem 24. März 1889 an den Kaufmann Herrn Joseph Gutkind verfassten Brief darum, dass immer wieder schmutziges Wasser und Unrat aus dem im oberen Stockwerk, nach hinten hinaus gelegenen Fenster seines Hauses in den Garten des Krankenhauses ausgegossen worden sei. Man hatte dem Kaufmann Bestrafung angedroht, wenn dieses nicht eingestellt werden würde.

Ab Ende 1890, also nach nur 6 Jahren Betrieb des neu errichteten Stadt-Krankenhauses, finden sich vereinzelte Hinweise darauf, dass seitens einiger Politiker oder auch seitens des Kreisphysikus, welche also nicht unmittelbar zur Stadtverwaltung gehört hatten, sondern Angehörige der Kreisverwaltung waren,  versucht worden war die Einrichtung eines Johanniterkrankenhauses in der Stadt Neutomischel anzusiedeln. Ein Punkt, der allerdings dazu notwendig gewesen wäre, war, dass die Stadt einen größeren finanziellen Eigen-Beitrag hätte aufbringen müssen, um weitere Bau-Finanzierungs-Mittel des Kreises zu erhalten.

Seitens des Magistrats scheint man der Angelegenheit nicht abgeneigt gewesen zu sein. Man hatte angeboten, dass zu diesem Projekt als finanzieller Anteil der Stadt das Grundstück und das Gebäude des Städtischen Krankenhauses durch den Kreis angekauft werden könnte; wobei letzteres dazu ausgelegt gewesen war um ein weiteres Stockwerk aufgebaut werden zu können. Dieses Angebot wurde seitens des Kreisausschussvorsitzenden Hr. Klapp jedoch als „nicht sachgemäß“ abgelehnt.

Werbung für das Marine-Scheuertuch - Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] "Die Verwaltung und Leitung des städtischen Krankenhauses" http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/69 [983]

Werbung für das Marine-Scheuertuch – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] „Die Verwaltung und Leitung des städtischen Krankenhauses“
http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/69

Auf diese Ablehnung reagierte der Magistrat mit einem Schreiben welches vom Bürgermeister Witte unterzeichnet worden ist mit den Fakten, wie sie sich der Stadt darstellten:

Der Kreis, so war die Auffassung des Neutomischler Magistrats gewesen, hätte dann mit dem von ihm angekauften Grundstück und Krankenhausgebäude weitere Verhandlungen mit dem Johanniter Orden wegen einer Übernahme durch diese verhandeln können.

Die Stadtgemeinde sah keinen Grund zur Erbauung und Unterhaltung eines neuen Krankenhauses Zuschüsse zu geben, da man ja nicht durch den Kreis auf das seitens der Stadt gemachte Angebot eingegangen war. Man müsste es dann wohl bei der „alten“ Einrichtung belassen.

Ab dem Jahr 1893 weiteten sich die Differenzen zwischen den am Krankenhaus tätigen Ärzten aus; einerseits war dieses der Kreisphysikus Dr. Brinkmann, ein Befürworter der Einrichtung des Johanniterkrankenhauses und andererseits der ebenfalls am Krankenhaus als zweiter Mediziner tätige praktische Arzt Viktor Loechner gewesen.

Im Mai 1894 wurde dann seitens der Befürworter des Johanniterkrankenhauses ein weiterer Vorstoß unternommen um den Magistrat doch noch umzustimmen, dass dieser seine Ablehnung gegenüber einem Krankenhaus des Landkreises aufgeben würde.Das Städtische Krankenhaus der Stadt war zu diesem Zeitpunkt ca. 10 Jahre in Betrieb.

Man unterrichtete den Magistrat darüber, dass die evangelischen Gemeinden des Kreises bereit wären, durch freiwillige Spenden den Baufonds zu fördern; desweiteren würde der Majoratsbesitzer Herr von Hardt-Wonsowo 20.000 Mark zugesagt haben, wenn die Mittel, die sonst noch aufzubringen gewesen wären, freiwillig eingebracht worden seien.

Noch im selben Monat erteilte der Magistrat der Angelegenheit eine erneute Absage und verwies auf die schon im Jahr 1890 angeführten Fakten, die keine Änderung erfahren hätten.

Im April 1894 verfasste der Magistrat nachstehende Verfügung für den Betrieb des Stadt-Krankenhauses:

„Im Interesse der Reinlichkeit, sowie zum Schutze der Anlagen und Aufrechterhaltung der Ordnung bezüglich der Verwaltung des Krankenhause werden folgende Anordnungen getroffen, um deren Befolgung wir bitten und auf deren Durchführung wir mit aller Strenge halten werden:
a) die großen Hühner werden von heute ab in den dazu hergestellten eingefriedeten Raum in den Garten gebracht und während der Sommermonate darin gehalten
b) die jungen Hühner werden aus dem Krankenhause weggenommen und in einer Stallabteilung untergebracht
c) zur weiteren Haltung und Anschaffung von Vieh jeglicher Art ist unsere Erlaubnis einzuholen
d) mit den übrig bleibenden gekochten Kartoffeln und den Semmelresten ist sorgsamer umzugehen“

Verschiedenste Modelle von Zwangsjacken - Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] "Die Verwaltung und Leitung des städtischen Krankenhauses" http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/69 [984]

Verschiedenste Modelle von Zwangsjacken – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] „Die Verwaltung und Leitung des städtischen Krankenhauses“
http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/69

Das städtische Krankenhaus in Neutomischel fand auch Unterstützung aus privaten Kreisen. Im Mai 1894 bedankte sich der Magistrat als Vorstand der Einrichtung bei dem Kaufmann Herrn Heinrich Wittkowski, Wohlgeboren und dessen Gattin für die Schenkung eines vollständigen Bettes.

Unter dem 28. September 1894 legte der Magistrat die Zulieferer für das Krankenhaus fest, bei denen die Diakonissenschwestern, die auch für den Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes zuständig waren, ihre Bestellung haben vornehmen dürfen:

Datiert per 23. April 1895 erhielt der Magistrat dann eine Mängelrüge des Krankenhauses seitens des königlichen Regierungs-Präsidenten zu Posen, da bezüglich einer vorangegangenen Besichtigung des Krankenhauses folgende wesentliche Mängel festgestellt worden waren:

Es wurde eine Frist zur Behebung der Mängel von 8 Wochen eingeräumt; diese war seitens der Verwaltung eingehalten worden

Aus der Berechnung des Rauminhaltes ist zu erfahren, dass das Krankenhaus zu dieser Zeit über folgende Räumlichkeiten verfügte: Zimmer 1 = 4,75 x 4,50 x 3,00 m; Zimmer 2 = 4,90 x 4,45 x 3,00 m; ein Zimmer 3 = wurde nicht aufgeführt; Zimmer 4 = 4,90 x 3,00 x 3,00 m; Zimmer 5 = 5,38 x 3,25 x 2,95 m; Zimmer 6 = 5,38 x 3,25 x 2,95 m

Im Jahr 1895 eskalierte der Streit der am Krankenhaus tätig gewesenen Ärzte derart, dass sogar die Justizbehörden eingeschaltet worden waren. Nach der Urteilssprechung im Dezember des gleichen Jahres wurde es dann sehr ruhig.

Es folgen in den Archivunterlagen Briefe, die sich befassten mit

Bei einer Revision am 24. September 1897 waren nachstehende Mängel festgestellt worden:

Die Verwaltung des Krankenhauses hatte sich aber ab und an mit einigen selten vorkommenden Angelegenheiten zu beschäftigen. Da war zum Beispiel die Einforderung Dritter von Geldern bzw. Zahlungen die das Krankenhaus an den Lieferanten Bäckermeister Thomas zu leisten hatte. Einmal forderte Paul Goldmann 80 Mark, die er als Schuldtitel gegen den Bäckermeister besaß; es gab jedoch eine weitere Forderung des Dampfmühlenbesitzers W. Schmidt aus Mehllieferungen gegen diesen. Der Rechtsanwalt und Notar Bartecki sah die Vollstreckung der Forderungen beim dem Schuldner Bruno Thomas seinerzeit als gefährdet an, da dieser mit seiner Familie, seine Wohnung nebst Bäckerei, die er bei dem Brauereibesitzer Morzynski innegehabt hatte, in der Nacht vom 21. auf den 22. April 1898 mit allem Mobiliar heimlich verlassen hatte.

Wehnelt-Unterbrecher - Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] "Die Verwaltung und Leitung des städtischen Krankenhauses" http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/69 [985]

Wehnelt-Unterbrecher – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] „Die Verwaltung und Leitung des städtischen Krankenhauses“
http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/69

Weitere Beschäftigungen des Magistrats als Vorstand des Krankenhauses lagen in der

Erst mit dem Jahr 1904 kam es am Städtischen Krankenhaus zu Neutomischel durch den königlichen Kreisphysikus Dr. Buddee zu einem gewissen Umschwung.

Lustbarkeitsveranstaltungen in der Stadt, ein Für und Wider, 1893-1896

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert
Markttag in Neutomischel ca. 1900 - Quelle: Privatbesitz Fam. Goldmann [486]

Markttag in Neutomischel ca. 1900 – Quelle: Privatbesitz Fam. Goldmann

Die 1786 gegründete Stadt Neutomischel wuchs im Laufe der Jahre. Hatte sie einen ersten Aufschwung durch den Hopfenhandel erfahren, dieser war ab 1837 durch den Kaufmann Joseph Jacob Flatau so forciert und ausgebaut worden, dass der Neutomischler Hopfen zu Weltruhm gelangte, so waren auch Bürger der Stadt durch den Anbau und Handel mit dem Hopfen zu reichen Leuten geworden.

Und je größer und vermögender das Städtchen geworden war, desto mehr war es auch Anziehungspunkt für Schausteller, Zirkusse, Händler und anderes „fahrendes Volk“ geworden.  Je mehr Veranstaltungen wiederum stattfunden hatten, desto größer waren dann wiederum die Einnahmen der Kämmereikasse gewesen. Nach Erlass des Kommunalabgabengesetzes von 1893 hatte auch die Stadt Neutomischel eine „Ordnung betreffend der Erhebung von Lustbarkeitssteuern“ erlassen.

Dieser Artikel wurde zusammengestellt anhand von Akten des Staatsarchives in Poznan:
Die Besteuerung der öffentlichen Lustbarkeiten [986]

 

* * *

Ordnung betreffend die Erhebung von Lustbarkeitssteuern im Bezirke der Stadt Neutomischel

Auf Grund des Beschlusses der Stadtverordneten-Versammlung hierselbst vom 12. Oktober 1894 pro pos. 5 b wird hierdurch in Gemäßheit der §§ 13, 18, 82 des Kommunalabgabengesetzes vom 14 Juli 1893 nachstehende Ordnung, betreffend die Erhebung von Lustbarkeitssteuern im Bezirk der Stadt Neutomischel erlassen:

1. für die Veranstaltung einer Tanzbelustigung
 
a) wenn dieselbe längstens bis 12 Uhr Nachts dauert
3 Mark
b) wenn dieselbe über 12 Uhr Nachts hinaus dauert
5 Mark
c) wenn dieselbe von Masken besucht wird
10 Mark
2. für Veranstaltung einer Kunstreiter Vorstellung
 
a) wenn bei derselben ein Eintrittsgeld von höchstens 1 M. erhoben wird
5 Mark
b) wenn bei derselben ein Eintrittsgeld von mehr als 1 M. erhoben wird
10 Mark
3. für die Veranstaltung eines Konzerts oder einer Theatervorstellung
3 Mark
4. für Gesangs- oder deklamatorische Vorträge (sog. Tingel-Tangel) für den Tag
3 Mark
5. für Vorträge auf einem Klavier, einem mechanischen oder anderen Musik-Instrumente in Gastwirthschaften,
Schankstuben, öffentlichen Vergnügungs-Lokalen, Böden oder Zelten
 
a) bis Mitternacht für den Tag
3 Mark
b) über Mitternacht hinaus für den Tag
5 Mark
6. für Vorstellungen von Gymnastikern, Equilibristen (Anm: z. B. Balanceakte, Jongleure), Ballet- und Seiltänzern, Taschenspielern,
Zauberkünstlern, Bauchrednern und dergl.
 
a) wenn bei denselben ein Eintrittsgeld von höchstens 1 Mark erhoben wird, für den Tag
3 Mark
b) wenn bei denselben ein Eintrittsgeld von mehr als 1 Mark erhoben wird, für den Tag
5 Mark
7. für das Halten eines Karussels
 
a) eines nur durch Menschenhand gedrehten, für den Tag
3 Mark
b) eines anderweitig, als zu a) angegeben, gedrehten, für den Tag
5 Mark
8. für das Halten einer Würfelbude für den Tag
3 Mark
9. für das Halten einer Schießbude für den Tag
3 Mark
10. für öffentliche Belustigungen der vorher nicht gedachten Art, insbesondere für das Halten eines Marionetten Theaters,
für das Vorzeigen eines Panoramas, Wachsfiguren-Kabinets, Museums, je nach dem zu erwartenden Gewinn des
Unternehmers für den Tag
1-3 Mark

Neutomischel, den 12. Oktober 1894 – Der Magistrat – gez.: WITTE

* * *

Aber das Wachstum der Stadt hatte für die Einwohner nicht nur positive Aspekte mit sich gebracht. Der „Neue Markt“, vermutlich schon ab dem Jahr 1786 angelegt und ringsherum von Bürgerhäusern umgeben, war 1879 auch Standort des Rathauses der Stadt geworden und somit Zentrum des Geschehens. Auf ihm waren von Anbeginn an die Vieh-, Woll- und Pferdemärkte veranstaltet worden und, so geht es aus dem Schreiben der Anwohner des Neuen Marktes hervor, er war auch als Festplatz der Stadt genutzt worden.

Je größer und zahlreicher die Veranstaltungen im Laufe der Zeit geworden waren, desto größer war auch die damit verbundene Geräuschkulisse angewachsen. Waren die Anrainer des „Alten Marktes“, auf ihm stand die evangelische Kirche, aus Pietät gegenüber dieser,  von „Lustbarkeits-Veranstaltungen“ verschont geblieben, so traf es die Anwohner des „Neuen Marktes“ um so heftiger.

Wer der im nachfolgenden Brief „schwer krank darnieder liegende Mitbürger“ war, ist nicht bekannt, aber durch ihn und seiner Familie bekam Neutomischel schlussendlich eine „Festwiese“.   Es wurde folgende Eingabe an die Stadtverordneten-Versammlung gerichtet:

„Neutomischel, den 16. October 1895

Schon seit Jahren ist den Schaubuden, Karussells, Luftschaukeln und ähnlichen Veranstaltungen der Platz an der westlichen Seite des Rathauses zugewiesen. Besonders im letzten Jahre haben sich derartige Veranstaltungen so kurz hintereinander abgelöst und sind häufig in größerer Anzahl, fünf bis sechs verschiedener Art, nebeneinander aufgestellt gewesen, dass es für die in der Nähe wohnenden Bürger schier unerträglich geworden ist. Jede dieser Schaustellung pflegt begleitet zu sein von allen möglichen lauten Musikinstrumenten, die ununterbrochen in Bewegung erhalten werden, um möglichst viel Publikum anzulocken. Drehorgeln der verschiedensten Stimmungen begleitet von Pauken und Trompeten, überschrien von den gellenden Anpreisungen der Ausrufer, dazu auf der einen Seite das Klingeln und Trommeln, auf der anderen Tuten und Heulen, das Dröhnen und Schallen der Tam-Tams und anderer Lärminstrumente, untermischt von dem Johlen und Kreischen der sich belustigenden Volksmenge, ergeben eine derartige Disharmonie und wahres Höllenconcert, dass es schon für denjenigen, der diese nur im Vorübergehen anzuhören gezwungen ist, eine nervenerregende Belästigung wird.

Menagerie 1895 - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Days.menagerie.1895.oxford.jpg?uselang=de [988]

Menagerie 1895 – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Days.menagerie.1895.oxford.jpg? uselang=de

Wer nun gar gezwungen ist, als Bewohner dieser Gegend diesen Höllenlärm von nachmittags bis in die Nacht hinein und nicht tage- sondern sogar wochenlang anzuhören, muss selbst bei stärkster Constitution in eine Nervenerregung geraten, die seine Gesundheit zu untergraben geeignet ist. Welch unheilvolle Folgen können aber für einen in dieser Gegend schwer krank daniederliegenden Mitbürger und seiner Familie in Folge dieser Störung der Ruhe erwachsen.

Es ist deshalb wohl kein unbilliger Wunsch, wenn wir Unterzeichnete die verehrlichte Stadtvertretung bitten, dadurch Abhilfe zu schaffen, dass den Anwohnern des alten Marktes durch Verlegung des Platzes für derartige Schaustellungen nach dort auch mal dasselbe Vergnügen bereitet wird, wonach schon nach kurzer Zeit mit Sicherheit darauf zu rechnen sein wird, dass auch von dort Beschwerden vorgebracht werden und nichts übrig bleibt, als diesen Wandergesellschaften vielleicht einen Platz außerhalb der Stadt anzuweisen, da es abgesehen von den vor angeführten Unannehmlichkeiten auch äußerst gefährlich ist, den Marktplatz mit Gespannen zu passieren, weil durch das Scheuwerden der Pferde vor Karussells und Schaukeln etc. Unfälle schon vorgekommen und weitere Unglücksfälle nicht ausgeschlossen sind.

Wir würden der hohen Stadtvertretung zu tiefstem Dank verpflichtet sein, wenn Sie uns von dieser Plage befreien wollte, sodass wir auch mal die Gelegenheit hätten, die Sonntagsruhe, auf welche jetzt so viel Wert gelegt wird, ohne sogenannte Musik zu genießen.

G. E. Kroenert, Alexander Lüdke, Carl Ed. Goldmann, Otto Maennel, Pl. Seiler, Paul Madantz, D. Kubel, B. Maennel, Carl Gustav Toeffling, Fritz Lutz, Kuttner, Gustav Toeffling, Lindner – Ober Steuer Controlleur,  Eduard Goldmann, Hugo Jennicke, H. Scheibe, F. Bober ?, K. Lüdke, S. Hiller, Dr. Weiss, Frau W. Schulz, R. Wandke, H. Kurtz, Fr. E. Lüdke, M. Bielke, Gottlieb Reisch, E. Schweriner, Ernst Goldmann, H. Saar, H. Baensch, Rausch, Schwedler, Sänger, Thiele (entziffert nach Unterschriften)

Nach 6 Monaten war dann Abhilfe geschafft worden:

„Zwischen dem Bürgermeister Witte, als Vertreter der Stadt Neutomischel und dem Gastwirth Wilhelm Schmidt zu Alttomischel ist heute unter Vorbehalt der Genehmigung der Stadtverordneten Versammlung (diese genehmigte den Vertrag am 28. April  1896) folgender Pachtvertrag verabredet und geschlossen worden:

§ 1 Herr Wilhelm Schmidt verpachtet der Stadt Neutomischel seinen ihm gehörenden Garten, welchen er vor dem Grundstücke Glinau No. 88 erworben und welcher von den Grundstücken des Wilhelm Leciejewicz und des Schneidermeisters Adolph Heller begrenzt wird vom 1. April 1896 ab auf die Dauer von drei Jahren zum beliebigen Gebrauch

§ 2 Der jährliche Pachtzins beträgt 18 Mrk in Worten Achtzehn Mark und ist in halbjährigen Raten postnumerando am 1. October und 1. April jeden Jahres an den Verpächter zu zahlen

§ 3 Erfolgt vor Ablauf der Pachtzeit eine halbjährliche Kündigung nicht, so gilt das Pachtverhältnis als auf zwei Jahre verlängert. Ein etwaiger Verkauf des Platzes hebt den Pachtvertrag mit 1/2 jähriger Kündigung auf.“

Hans Erdmann Franz Theodor Stosch – Zirkus Stosch-Sarrasani

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 [989]

Clown Sarrasani with his funny family – Quellenangabe  [1]

„Für Manchen ist das ganze Leben ein Zirkus;
für Manchen wieder der Zirkus das ganze Leben“

Widmung von Ernst Günther – 27.05.1986

– – –

Sarrasani – noch heute ist dieses der Begriff für großen Zirkus, für all die Attraktionen, die einen in die Welt des Lachens, Träumens, und des Staunens und in die, des immer wieder tosenden Applauses entführt.

Der Gründer dieses Zirkusses war Hans Erdmann Franz Theodor Stosch. Er war am 02. April 1873 früh um 1 1/2 Uhr zu Lomnitzer Glashütte geboren worden. Sein Vater war der Glasfabrikant Albert Friedrich Stosch und seine Mutter Hedwig Charlotte Catharina eine geborene Ernst gewesen.  Da noch bis 1865 der Hermann Julius Moebius und dessen Ehefrau Anna Emilie Dorothea Auguste eine geborene Wende als Pächter der Glashütte genannt wurden,  muss die Familie Stosch nach der Geburt ihrer ältesten Tochter im Jahr 1868 in Dresden, von dort nach Lomnitz übersiedelt sein.

Während er am 11. Mai 1873 in der evangelischen Kirche zu Friedenhorst nach der Konfession seines Vaters getauft wurde, war seine Mutter katholischen Glaubens gewesen. Seine im Kirchenbuch genannten Taufpaten waren:

Bernhard Stosch, Doctor med. in Berlin – Theodor Becker, Doctor phil. in Alt Ranft bei Freienwalde – Leopold Schnackenberg, Rittergutsbesitzer in Schroda bei Jablonowo – Theodor Postler, Pastor in Kirchplatz-Boruy – Marie Toepfer, Kaufmannswitwe aus Dresden, verwitwet gew. Ernst, die Großmutter

Stosch - Lomnitz [990]

Hans Stosch zusammen mit seiner Schwester auf dem Gutshof in Lomnitz – das vermutliche letzte Foto des Jungen bevor er zum Zirkus durchbrannte – Text und Foto aus dem Buch Sarrasani wie er wirklich war

Aus der Ehe seiner Eltern entstammten nach den gefundenen Kirchenbucheintragungen 6 Kinder. Die 1869 geborenen Zwillinge und auch die 1871 geborene Schwester Therese Hedwig waren bald nach ihrer Geburt wieder verstorben. Hans, er nutzte diesen seiner Vornamen, hatte noch eine ältere und eine jüngere Schwester. Die ältere,  Louise Maria Albertine Walpurgis auch Wally genannt, war 1868 geboren worden, während die jüngere, Elisabeth Friederike Erdmuthe,  1876 zur Welt gekommen war.

Neben den schon bei Hans erwähnten Paten wurden bei den Geschwistern noch Pastor Illgner, Alt Jastrzembski und Helene Illgner, als Pastortochter  – Charlotte Opitz, Landschaftsräthin zu Lomnitz und Victor Opitz, 1871 noch als zukünftiger Rittergutsbesitzer auf Lomnitz – Emilie Stosch, Obertribunalräthin in Berlin und deren Tochter Franzisca Stosch, sowie auch Therese Stosch, Obertribunalrathstochter in Berlin – Hr. Altenkrüger, Geheimsekretär in Berlin – Marie Swoboda, Kaufmannfrau in Leipzig – Reinhard Cramer, Kreisgerichtssekretair in Grünberg genannt.

Alles in allem entstammte Hans Stosch also einer illustren Familie, in der Doktoren, Kaufleute, Pastoren, Tribunalräte und Kreisgerichtssekretäre vertreten waren.

Der grosse Circus Sarrasani kommt - Quellenangabe: [3] [991]

Der grosse Circus Sarrasani kommt – Quellenangabe: [3]

Eine weitere entscheidende Information in den Kirchenbüchern der evangelischen Gemeinde zu Friedenhorst ist der Toteneintrag von Hedwig Stosch geborene Ernst vom 29. April 1884 mittags um 12 Uhr. Sie verstarb, so die Eintragung, an einer Brusterkrankung im Alter von 42 Jahren, 8 Monaten und 9 Tagen. Als ihre Eltern wurden Heinrich Ernst und dessen Ehefrau Marie geborene Lüdicke, letztere nach dem Tod ihres Mannes eine wiederverehelichte Töpfer, genannt. Hedwig Stosch wurde am 2. Mai 1884, einem Freitag auf dem evangelischen Friedhof zu Friedenhorst mit einer Standrede beerdigt. Zum Zeitpunkt Ihre Todes waren ihre Kinder Walpurgis 16, Hans 11 und Friederike 8 Jahre alt.

Ernst Günther, Autor des Buches „Sarrasani wie er wirklich war“, schreibt über die dann folgende Zeit „…für die beiden Mädchen hatte Albert Stosch eine Gouvernante angestellt, den Sohn, auf den er seine ganze Hoffnung setzte, gedachte er selbst zu erziehen. Seine Strenge war bekannt im Ort.“

Hans soll jedoch den Erziehungsmaßnahmen des Vaters widerstanden haben, genau wie dessen Wunsch ein Chemiestudium zu absolvieren und daran anschließend die Glashütte weiter zu führen. Er soll viele Schulen besucht haben und an keiner lange Zeit verblieben sein; letztlich legte er in Brandenburg an der „von Saldern’schen Schule“ das „Einjährige“ ab. Eine kaufmännische Ausbildung in Berlin, also der Stadt in der zahlreiche Zirkusse gastierten und in der Hans die verschiedensten Veranstaltungen hätte besuchen können, soll ein Ende gehabt haben, als sein Lehrherr diesen Umstand des grossen Interesses von Hans an den Schaustellern, an den Vater meldete und dieser ihn zurück in den Glasfabrikationsbetrieb orderte. Hans war zu dieser Zeit etwa 15 Jahre alt.

Man findet wiederum verschiedenste „Erzählungen“ über die weitere Zeit. Ob es wirklich ein Streit mit der im Haushalt lebenden Gouvernante oder doch einer mit den Vater direkt war; oder ob es die Eheschließung seiner Schwester Walpurgis mit dem königlichen Regierungsbaumeister Georg Rehdantz in Jarotschin im Oktober des Jahres 1888 und ihrem damit verbundenem Auszug aus dem Elternhaus war; oder gar die ihm vom Vater zugedachte Arbeit; oder schlichtweg alles zusammengenommen – 1888 soll das Jahr gewesen sein in dem Hans Stosch von zuhause „fortgelaufen“ sein soll.

Auch über diese Flucht gibt es die Wahrheit verklärende Berichte. Hans soll in Scheunen übernachtet, sogar eine ganze Nacht auf dem Friedhof am Grab seiner Mutter verbracht haben ehe er letztlich in der Wanderschau der Wwe. Kolzer, welche in Bentschen gastierte, Aufnahme fand.

Er arbeitete anfangs als Stallbursche, später als Stallmeister und er dressierte nebenbei Tiere. 1890 stellte er seine erste Solovorführung mit einem Polka tanzenden Pudel vor. In jene Zeit fällt vermutlich auch die Wahl seines Künstlernamens Sarrasani. Es folgte eine Zeit des Reisens und der Gastspiele an den verschiedensten Orten. 1893 gastierte der Dressurclown Hans Stosch-Sarrasani in Stuttgart. Hier lernte er Anna Albertina Augusta Maria Ballhorn, geboren am 20. Oktober 1873,  kennen und beide heirateten. Es folgten viele Wanderjahre, welche das junge Paar auch nach Russland, wo Hans Stosch-Sarrasani mit seiner Dressurnummer auch die Ehre zuteil wurde, am Zarenhof auftreten zu dürfen. 1896 wurde auf einer der vielen Tourneen in Berlin die Tochter Hedwig und auf einer weiteren im Jahr 1897 in Sorau der Sohn Hans geboren.

Herr u. Frau Direktor Stosch-Sarrasani - Quellenangabe -2- [992]

Herr u. Frau Direktor Stosch-Sarrasani – Quellenangabe -2-

Mit Hilfe eines alten Schulfreundes, den Hans Stosch-Sarrasani 1896 in Berlin wiedertraf und der eine Künstleragentur führte, kam er an zahlreiche, auch gut bezahlte Engagements. Diese verschafften ihm letztlich mit seiner Tierdressurnummer den erhofften Durchbruch. Er verdiente nun ausreichend um sich und seine Show auch auf Werbeplakaten präsentieren zu können. Sein Bekanntheitsgrad nahm zu und er wurde zu Privatvorstellungen an europäischen Adelshöfen engagiert.

1901 unterhielt Hans Stosch-Sarrasani seinen ersten kleinen eigenen Wanderzirkus; als Heimatquatier von diesem war Radebeul bei Dresden ausgewählt worden.

Die Frage warum gerade in Radebeul ist nicht schlüssig geklärt worden. Eine Vermutung welche sich noch heute in Büchern findet war, dass er sich mit seinem Vater, der sich um 1876 in Oberlößnitz zur Ruhe gesetzt hatte, versöhnte und dadurch in dem kleinen Radebeul das Quartier mietweise für seine Familie und Tierschar genommen hatte.

In der Folgezeit wuchs der Zirkus und wurde weiter ausgebaut. Ab 1910 entstand dann letztlich in Dresden ein großer und fester Zirkusbau. Bei der Standortsuche und -beschaffung, so schreibt Ernst Günther in seinem Buch „Sarrasani wie er wirklich war“, soll ein Vertrauter, vermutlich Paul Illgner, unterstützend bei den Behörden seinen Einfluss geltend gemacht haben.

Hans Stosch-Sarrasani - Quellenangabe (4) [993]

Hans Stosch-Sarrasani – Quellenangabe (4)

War der Kontakt zur Familie Illgner auch nach den vielen Jahren seiner Abwendung von seinem Elternhaus nicht abgerissen ? Paul Oscar Illgner, um ihn müsste es sich gehandelt haben, war ein Sohn von Oscar Wilhelm Erdmann Illgner gewesen. Dieser war zur Kinderzeit von Hans Stosch Pastor in Friedenhorst gewesen. Er hatte ihn und seine Geschwister, ausser seiner ältesten Schwester, getauft und seine Mutter und seine früh verstorbenen Geschwister beerdigt. Die zweite Ehefrau von Pastor Illgner war Sophie Emma geborene Stosch, eine Schwester des Vaters von Hans, also dessen Tante gewesen.

Mit der endgültigen Bauabnahme dieses Zirkusbaues am 19. September 1912 war der große Traum des Hans Stosch-Sarrasani wahr geworden.

Den Abschluss unseres Artikels, dieses vielleicht auch als Zeichen, dass Hans Stosch-Sarrasani seine Kindheit nicht vergessen hatte, soll eine kleine Zeitungsmeldung aus dem Kreis Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung vom 24. Juni 1913 bilden; es wurde gemeldet:

„L o m n i t z. Der Besitzer des bekannten Zirkus Stosch-Sarrasani, H. Stosch, der in Lomnitz geboren und in Friedenhorst getauft worden ist, hat zum Neubau [994]  der Kirche in Friedenhorst 400 Mark geschenkt. „

* * *

Bilder – Europäische Digitale Bibliothek – EUROPEANA

[1] Bild: Clown Sarrasani with his funny family;  [995]

[2] Bild: Herr u. Frau Stosch-Sarrasani ;  [996]

[3] Bild: Der grosse Circus Sarrasani kommt ;  [997]

[4] Bild: Hans Stosch-Sarrasani [998]

Buch – „SARRASANI wie er wirklich war“ – Autor: Ernst Günther – Henschelverlag Kunst und Gesellschaft DDR-Berlin 1985

Kirchenbücher der Gemeinde Friedenhorst/heute Jastrzębsko Stare – Staatsarchiv in Poznan (http://szukajwarchiwach.pl)

Im Falle eines Feuers … Friedenhorst 1890

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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Friedenhorst Dorfansicht - Postkartenausschnitt aus der Sammlung des A. Kraft [999]

Friedenhorst Dorfansicht – Postkartenausschnitt aus der Sammlung des A. Kraft

Feuer – diese Gefahr war in früherer Zeit allgegenwärtig. Viele der älteren Generation erlebten immer wieder einen Dorfbrand. Eine kleine Unachtsamkeit, ein minimaler Funkenflug dazu dann ein rasch wechselnder Wind und schon stand ein ganzes Dorf mit seinen Anwesen, Ställen, Scheunen und sogar Kirchen in Flammen. Wenn dann noch Mangel an verfügbaren Wasser herrschte, so ab und an geschehen im Sommer, dann gab es kaum noch Hoffnung etwas zu retten. Die Holzbauten, oft mit Stroh oder Holzschindeln gedeckt boten dem Brand so viel Nahrung, dass die Flammen hoch in den Himmel loderten.

Solange es noch ging wurde noch manches von Hand zu Hand gereicht aus den Häusern gerettet. Aber es war wenig was noch „heraus“ geschafft werden konnte. Die Betroffenen verloren oft ihre gesamte Habe und standen vor dem Nichts, wenn sie denn ihr Leben hatten retten können.

Und doch wurde immer wieder versucht einer solchem Ereignis entgegenzutreten und alles zu tun um einen Brand zu löschen.

Auch in Friedenhorst, heute Jastrzębsko Stare, war Vorsorge getroffen worden. Im Staatsarchiv in Poznan (http://szukajwarchiwach.pl) wurden in den Aufzeichnungen der Standesamtsunterlagen [1.000]für das Jahr 1890 durch Zufall die Listen der im Brandfalle in den einzelnen Anwesen zur Verfügung stehenden Anschlagleitern und Löscheimer gefunden:

 

Lfd. No. Name des Eigentümers Dachleitern Eimer
1 Gebauer, Wilhelm 1 3
2 Kurz, Dienegott 1 3
3 Kurz, Gottfried 1 3
4 Handke, Gottfried 1 4
5 Rosenau, Dienegott 1 3
6 Deutschmann, Gottlieb 1 3
7 Rausch, Wilhelm 2 4
8 Waimann, Anton 1 3
9 Kurz, Heinrich 2 4
10 Kurz, Karl August 1 4
11 Rausch, Joh. August 1 3
12 Hübner, Joh. Wilhelm 1 2
13 Hübner, Heinrich 1 4
14 Schiller, Dienegott 1 3
15 Rausch, Gottfried 1 3
16 Siegmund, August 1 2
17 Schiller, Gottlieb 1 3
18 Schiller, Ferdinand 2 5
19 Loechelt, Julliana 2 5
20 Ulrich, Gottlieb 1 4
21 Schulz, Wilhelm 1 2
22 Jochindke, Gottlieb 1 1
23 Leske, Gottfried 1 3
24 Kutzner, Heinrich 1 2
25 Müller, August 1 3
26 Froede, Reinhold 1 1
27 Reschke, Dienegott 1 4
28 Bresch, August 1 4
29 Kurz, Gottfried 2 3
30 Redlich, Joh. Gottlieb 1 3
31 Schirmer, Joh. August 1 2
32 Gutsche, Karl 1 1
33 Horlitz, Gottlieb 1 1
34 Kucke, Traugott 1 1
35 Siegmund, Wilhelm 1 5
36 Kutzner, Gottfried 2 3
37 Fischer, Ernestine 1 3
38 Zeh, Christian 1 3
39 Müller, Heinrich 1 3
40 Schubert, Heinrich 2 5
41 Fiedler, Dienegott 1 3
42 Fiedler, August 1 3
43 Rausch, Beate 1 3
44 Gebauer, Wilhelmine 1 3
45 Rausch, Karl Heinrich 1 3
46 Bürger, Wilhelm 1 1
47 Zippel, Wilhelm 1 1
48 Rausch, Heinrich 1 3
49 Janott, Reinhold 1 2
50 Rausch, Ernst 1 2
51 Wolke, Heinrich 1 0
52 Schmidt, Johann 1 1
53 Wittchen, Gustav 1 1
54 Schirmer, Christian 1 1
55 Krause, Christian 0 0
56 Jungnik, Hermann 1 0
57 Müller, Karl August 1 2
58 Fiedler, Karl August 2 3
59 Maier, Ferdinand ? 1 1
59 Lindner, Gottlieb 1 0
60 Rissner, Beate 1 3
61 Weber, Dienegottt 1 1
62 Gebauer, August 1 1

Kurzmeldung – Unfall im Gasthof Dzieziol in Lomnitz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Redaktion, Druck und Verlag von Hermann Hartmann in Grätz)
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Die Bären, welche auch zu den Raubthieren gerechnet werden ...sind von plumper Statur, haben einen dicken Kopf und werden besonders in Polen und Rußland angetroffen. - Quelle: Orbis Pictus für die Jugend oder Schauplatz der Natur, der Kunst und des Menschenlebens - erschienen 1835 [1.001]

Die Bären, welche auch zu den Raubthieren gerechnet werden …sind von plumper Statur, haben einen dicken Kopf und werden besonders in Polen und Rußland angetroffen. – Quelle: Orbis Pictus für die Jugend oder Schauplatz der Natur, der Kunst und des Menschenlebens – erschienen 1835

In Lomnitz kehrten kürzlich Abends, wie dem „Birnbaumer Wochenblatt“ ein Leser mitteilt, Bärentreiber beim Gastwirt Dzieziol ein.

Auf einmal ein schreckliches Geschrei.

Während die Bärentreiber beim Abendbrot saßen, ging das Dienstmädchen vom Gastwirt mit einer Frau in den Stall, wo sich die Tiere befanden.

Indem die Frau den Bären streichelte, wurde sie von demselben erfasst und fürchterlich zugerichtet. Nach etwa 25 Minuten gelang es den Herbeigeeilten, die Frau noch lebend aus den Klauen der wütenden Tiere zu retten.

* * *

Quelle: Beilage zum Amtlichen Kreisblatt u. Anzeiger des Kreises Grätz – No. 15 – Freitag, den 13. April 1906 – welches verwahrt wird im Muzeum Ziemi Grodziskiej, ul. Kolejowa 12, 62-065 Grodzisk Wielkopolski, Ekspozycja: Pałac przy ulicy 27 Stycznia, tel: +48 (61) 444 52 34 – http://www.muzeum.webstudio4u.com/info.htm

 

Arbeitsvereinbarung des Nachtwächters Gustav Wilhelm als Krankenpfleger am Städtischen Krankenhaus zu Neutomischel 1884

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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Unterschrift des Nachtwächters Gustav Wilhelm unter dem Vertrag seiner Beschäftigung als Krankenpfleger - Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/68 [1.002]

Unterschrift des Nachtwächters Gustav Wilhelm unter dem Vertrag seiner Beschäftigung als Krankenpfleger – Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten]
http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/68

Als erster Krankenpfleger am „Städtischem Krankenhaus zu Neutomischel“ wurde, dieses nach den noch erhaltenen Unterlagen welche im Staatsarchiv in Poznan verwahrt werden, der Gustav Wilhelm angestellt. Ihm wurde zum 1. Mai 1884 eröffnet, dass ihm, außer seinem bisherigen Dienst als Nachtwächter, auch noch die Arbeit als Krankenwärter mit allen Rechten und Pflichten übertragen werden würde.

Es kann davon ausgegangen werden, dass ausser dem Krankenpfleger noch 2 Ärzte ihre Praxis im Krankenhaus unterhielten. Diakonissinnen, die als Krankenpflegerinnen tätig gewesen waren, wurden erst ab dem Jahr 1888 erwähnt, sodass eine Vermutung wäre, dass nur Gustav Wilhelm und unter Umständen dessen Ehefrau für die Krankenpflege und -versorgung sowie die Hausmeistertätigkeiten zuständig waren

* * *

Eine Verpflichtung des Gustav Wilhelm als Krankenpfleger war z. B. die der Verpflegung der Kranken. Weiterhin hatte er für die „Reinlichkeit“ der für die Krankenpflege bestimmten Räumlichkeiten und Sachen zu sorgen, welches auch beinhaltete darauf zu achten, dass weder die Krankenstuben noch deren Inventar zu anderen als den ihnen bestimmten Zwecken genutzt wurden. Außer den Räumlichkeiten im Krankenhaus musste er zudem noch den Platz vor diesem und den Hof stets sauber und rein erhalten.

Weiterhin hatte er auch die Verpflichtung, das für ein Bad zu verwendende Wasser herbei zu holen, wobei dann die ihm zur Benutzung zugewiesene Küche, als Badestube genutzt worden war.

Es war ihm nicht gestattet Gänse und Hühner zu halten, zudem durfte auch kein anderes Vieh im Hofe umherlaufen.

Mit seiner Tätigkeit unterstand er direkt dem Magistrat und den am Krankenhaus tätigen Ärzten.

Der vom Krankenhausvorstand, dem Magistrat, mit ihm geschlossene Vertrag regelte auch die Entschädigung, die Gustav Wilhelm für seine Arbeit erhalten hatte:

Gustav Wilhelm versicherte nachdem ihm der Vertrag vorgelesen worden war, dass er alle Punkte wohl verstanden habe, er den Inhalt genehmige und signierte den Vertrag durch seine Unterschrift.

* * *

 Quelle:

Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten]
http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/68  [1.003] – Die Nutzung und Unterhaltung des Grundstücks Neutomischel Nr. 44- Krankenhaus pp.

Gottlob Winter und dessen Kinder, ein Grabstein auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof von Alt Dombrowo, heute Dąbrowa Stara

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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Gottlob Winter und dessen Kinder - Aufn. PM [1.004]

Gottlob Winter und dessen Kinder – Aufn. PM

Hier ruhen in Gott der Eigenthümer und dessen Kinder

Gottlob Winter geb. d. 10. Febr. 1812
gest. d. 8 Sept. 1855
Johanne Doroth. geb. d. 25. Decb 1843
gest. d. 12 März 1858
Karl Heinrich
geb. 1. Novr. 1845
gest. d. 22. Jun 1872
 

Der Grabstein ist sehr gut erhalten und auch deutlich lesbar. Und doch hat es einige Mühe gemacht die Familiendaten in den alten Kirchenbuchaufzeichnungen aufzufinden. Der Stein wurde vermutlich lange Zeit nach dem Tod der hier Beerdigten zum Gedenken angefertigt und aufgestellt. Vielleicht ist es geschehen, weil die hier zur letzten Ruhe gebetteten Angehörigen nie vergessen wurden.

Bei der Aufstellung des Steines im sind jedoch einige der Daten etwas durcheinander geraten; wir haben diese anhand der alten Kirchenbücher von Neutomischel, Grätz und Kuschlin (Archiwum Państwowe w Poznaniu – http://szukajwarchiwach.pl) neu zusammengestellt und ergänzt.

Johann Gottlob Winter war am 31. Dezember 1812 in Neu Rose als 3ter Sohn des Christian Winter und dessen Ehefrau Anna Rosina geb. Koth geboren worden. Als Taufzeugen fungierten am 3. Januar 1813 George Friedrich Siegismund und Johann Christoph Müller, beide „Nachbarn“ aus Sontop . Er hatte am 13 Jan 1842 in Grätz die Ehe mit Maria Elisabeth Pochstein geschlossen. Sie war als 2te Tochter der Eheleute Johann George Pochstein und dessen Ehefrau Anna Rosina Dorothea geb Pochstein am 16. Juni 1818 zur Welt gekommen. Als sie 8 Jahre alt gewesen war verstarb ihr Vater; als Todesursache wurden Weichselzöpfe angegeben, ihre Mutter heiratete 1833 ein zweites Mal. Maria Elisabeth war zu diesem Zeitpunkt, als George Friedrich Herrmann ihr Stiefvater wurde, 15 Jahre alt .

Die jungen Eheleute ließen sich in Alt Dombrowo nieder und bewirtschafteten als Eigentümer einen eigenen Hof.

Schon im Oktober 1842 wurde das erste Kind, ein Mädchen, geboren, sie erhielt den Namen Wilhelmine. Wie so viele Kinder verstarb sie schon bald nach ihrer Geburt am 19. November 1842 an Stickfluss. Ihr Alter wurde mit 1 Monat und 7 Tagen im Kirchenbuch eingetragen. Das zweite Kind wurde am 10. November 1843 geboren, Johanne Dorothea, sie verstarb am 17. März 1858 im Alter von nur 14 Jahren, 4 Monaten und 7 Tagen an Abzehrung. Ihrer und ihrem jüngerem Bruder, Johann Karl Heinrich, er war am 1. November 1845 geboren worden und im Alter von 27 Jahren am 22 Juni 1872 verstorben, wurde auf dem gefundenen Grabstein gedacht. Das Todesdatum von Johann Karl Heinrich ist lediglich auf dem Gedenkstein zu finden, sein Toteneintrag konnte in keinem der erwähnten Kirchenbücher aufgefunden werden. Als viertes Kind kam am 09. Mai 1848 die Tochter Johanna Juliana zur Welt. Ihr folgte Augustina Ernestina als fünftes Kind am 13. September 1850, auch letztere verstarb sehr früh im Alter von nur 2 Jahren am 19. September 1852 an der Ruhr. Am 10. Feb 1854 folgten als sechstes und siebentes Kind der Eheleute die Zwillingskinder Johann Gottlieb und dessen totgeborener namensloser Bruder.

Johann Gottlieb Winter verstarb im Alter von nur 43 Jahren am 7. September 1855 an einem Fußleiden. Im Kirchenbuch wurde sein Alter zum Zeitpunkt seines Todes mit 46 Jahren, 8 Monaten und 7 Tagen errechnet. Von den hinterlassenen Kindern war Johanna Dorothea mit fast 12 Jahren die Älteste gewesen, Johann Karl Heinrich war fast 10 Jahre, Johanna Juliana gerade 7 Jahre und ihr jüngerer Bruder Johann Gottlieb noch nicht einmal 2 Jahre alt.

Ihre Mutter verehelichte sich am 10 Juli 1856, 10 Monate nach dem Tod ihres ersten Ehemannes, ein zweitesmal mit dem 14 Jahre jüngeren Johann Wilhelm Klenke. Dieser war als jüngster Sohn der Eheleute Johann George Klenke und dessen Ehefrau Eva Rosina geb. Pochstein, am 18 März 1832 geboren worden. Die Eheleute waren Cousin und Cousine, ihre Mütter waren Schwestern gewesen.

In dieser Ehe wurde die Tochter Johanna Wilhelmina Klenke geboren, welche einen Monat später am 30. Dezember 1858 verstarb. Als Todesursache dieses kleinen Mädchens wurden Krämpfe vermerkt.

Johann Wilhelm Klemke verstarb nach 13 Jahren Ehe im Alter von nur 37 Jahren am 20. März 1869 an Typhus.  In seinem Toteneintrag wurde seine hinterlassene Ehefrau als Maria Elisabeth verwitwete Winter geborene Herrmann, also unter dem Namen ihres Stiefvaters, angegeben. Johann George Pochstein, ihr leiblicher Vater war zu diesem Zeitpunkt schon 43 Jahre verstorben, der Stiefvater George Friedrich Herrmann, der 1855 verstorben war, war in der Erinnerung vermutlich noch präsenter gewesen.

In den 12 Jahren der Ehe der Maria Elisabeth Winter geb. Pochstein mit ihrem ersten Ehemann Johann Gottlob Winter waren 7 Kinder zur Welt gekommen von denen lediglich zwei, die Johanna Juliana und der Johann Gottlieb überlebten, aus der zweiten Ehe verstarb das einzige geborene Töchterchen, das achte ihrer Kinder. Johanna Juliana, geb. 1848, ehelichte 1869 den Johann August Heinrich Reimann und ihr Bruder Johann Gottlieb Winter, geb. 1954 schloss 1879 die Ehe mit Alwina Anna Erdmunde Loechel.

Die Altsitzerin Maria Elisabeth verwitwete Winter, verwitwete Klemke, geborene Pochstein verstarb am 4. Januar 1873 im Alter von 79 Jahren in Alt Dabrowo.

 

Kurzmeldung … Störung der Nachtruhe durch Hundegebell

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Kreis Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung - Dienstag, den 24 Juni 1913)
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Hunde in Neutomischel - Ausschnitte aus alten Ansichtskarten aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [1.005]

Hunde in Neutomischel – Ausschnitte aus alten Ansichtskarten aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Zur Beachtung !

Es scheint bei Hundebesitzern nicht allgemein bekannt zu sein, dass sie gerichtlich dafür zu Verantwortung gezogen werden können, wenn ihre Köter durch nächtliches grundloses Gekläffe die Nachtruhe stören. In Neutomischel sind solche unliebsamen Störungen gar nicht selten. Es sei darum auf eine Entscheidung des Kammergerichts hingewiesen, welche die Revision eines mit einer Geldstrafe belegten Hundebesitzers  mit der Begründung zurückwies, ein Hundebesitzer sei dafür verantwortlich zu machen, wenn sein Hund während der Nachtzeit grundlos belle. Tue er, wie im vorliegenden Falle, zur Abstellung des grundlosen Bellens seines Hundes nichts, dann sei er der Ruhestörer und strafbar.

* * *

Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu, Dokumentacja aktowa, Fond:  4385/Akta miasta Nowy Tomyśl  / 0020 Anlegung des Kaiser Wilhelm Platzes [1.006] / Kreis Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung, Dienstag, den 24 Juni 1913

Eine Festung im Sumpfe Bentschen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Heinrich Müller in Lissa (1908))
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[1.007]

Torturm der alten Festung – Bild aus dem Original Artikel

Mutet unsere Abbildung nicht fremdländisch an, so fragte im Jahr 1908 Heinrich Müller die Leser, mit ihrer ragenden italienischen Pappel und den massigen Formen des Turmes? Und doch ist das Bild in unserer Provinz im Jahre 1889 aufgenommen. Es ist der Torturm der alten Feste Bentschen, deren übrige Bauwerke längst von der Erde verschwunden sind.

Im Sumpfe zwischen dem Obraflusse und dem Bentschener See liegt eine regelrecht mit Bastionen versehene kleine Festung, in welcher wohl gegen tausend Mann lagern konnten, und die bei dem Stande des Geschützwesens in früheren Jahrhunderten nur bei haltendem Froste hätte erobert werden können. Das Aufschütten der ausgedehnten Wälle war eine gewaltige Arbeit; dann aber saß der polnische Kastellan sicher in seiner Grenzburg, die nur von einer einzigen Stelle aus zugänglich war, nämlich durch den früher mit einer Zugbrücke versehenen Torturm.

Etwa tausend Schritte entfernt liegt auf einer Bodenerhebung die Pfarrkirche von Bentschen, um sie drängt sich die alte Stadt, umgeben von Sümpfen und der Obra.

Jetzt ist die Gegend verändert: die Sümpfe sind durch die allgemeine Regulierung der Wasserverhältnisse in nasse Wiesen verwandelt, und als Damm führt die Chaussee durch die Niederung.

Schön ist die alte Festung durch den wahrhaft prachtvollen Baumwuchs an den versumpften Gräben und auf den Wällen; auch im Inneren des Wallringes befinden sich herrliche Bäume: gleich rechts vom Turme zwei mächtige Kastanien und weiterhin riesige Tannen und Kiefern. In der Mitte des Ringes liegt an der Stelle des in seinen letzten Überresten erst vor wenigen Jahren beseitigten Schlosses ein Gärtnerhaus; noch stehen hinter ihm die geschorenen Buchengänge; von den verwitterten Sandsteinpostamenten sind die Figuren der Zopfzeit längst verschwunden.

Torturm der alten Festung heute - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:62387_Zbaszyn_brama_zamkowa_4.JPG?uselang=de [1.008]

Torturm der alten Festung heute – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:62387_Zbaszyn_brama_zamkowa _4.JPG?uselang=de

Wer die Bentschener Festung besuchen will, muss dies an einem schönen Frühlingsabend tun; dann prangt die im Sumpfe aufgeschüttete Erde in üppigen Pflanzenwuchse, der Flieder duftet, die Nachtigallen schlagen, im Röhricht des nahen Sees ruft die Dommel und schwatzt der Star, und die Frösche konzertieren auf den Wiesen.

Die Rittergutsherrschaft Bentschen, zu der Stadt und Schloß Bentschen, drei Dörfer, sechs Hauländereien, sechs Vorwerke und ein Steinhaus am Markte in Posen gehörten, war lange Zeit im Besitze der Familie von Garczynski. Um 1760 war Grundherr der Königlich Polnische General Stephan von Garczynski, dessen Erben die Herrschaft im Jahre 1797 an ihren Vetter, den ehemaligen polnischen Rittmeister Stephan von Garczynski verkauften; auf diesen folgte im Jahre 1827 der Königliche Kammerherr Thaddäus von Garczynski. Nach kurzem Besitze der Grafen Pourtalès-Gorgier erwarb 1855 der Graf und Edle Herr von Lippe-Biesterfeld die Herrschaft; sein Sohn, Graf Ernst, der spätere Graf-Regent von Lippe Detmold, verkaufte im Jahre 1898 den umfangreichen Besitz an den Major von Klitzing. Seit langer Zeit wohnt die Gutsherrschaft nicht mehr im Ringe der alten Festung, sondern jenseits des Bentschener Sees in Neudorf auf steiler Höhe am See, zu welchem die verschlungenen Wege des malerischen Parkes hinabführen.

Der Turm ist 1726 errichtet worden, er trägt auf der Innenseite über dem Bogen das Wappen der Familien Ciswicki und Zbaski mit einer auf den Erbauer und die Entstehungszeit weisenden lateinischen Inschrift. Die Wetterfahne ist gezeichnet: S(tephanus) G(arczynski) 1806.

* * *

Quelle: Aus dem Posener Land – Blätter für Heimatkunde – Dritter Jahrgang 1908 – Zweites November Heft – veröffentlicht über die Großpolnische Digitale Bibliothek: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Der Kaiser Wilhelm Platz mit Gedenkstein 1913 bis 1921

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[1.009]

Die Parkanlage mit Brunnen – Aufn. GT

Niemand der gefragt wurde, der schon im Grünstreifen entlang der Straße Musiala spazieren gegangen war, eine Ruhepause am Brunnen einlegt hatte oder der als Kind dort gespielt hatte, wusste etwas oder erinnerte sich. Niemanden war noch bekannt, dass dieser kleine Park der Rest des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Platzes ist. Längst vergessen und längst nicht mehr existent ist dieser Platz. Gleiches gilt für den auf ihm anlässlich der Hundertjahrfeier der Befreiungskriege und des 25 jährigen Regierungsjubiläum des Kaiser und Königs Wilhelm des II. errichteten und feierlich am 22. Juni 1913 eingeweihten Gedenkstein. Vielleicht hat zum völligen Vergessen beigetragen, dass der Gedenkstein im Sommer 1921 abgetragen wurde.

Alles begann, auch wenn es später anders ausgelegt wurde, mit einem Schreiben der staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen an den Herrn Oberpräsidenten welches dann an die Herren Landräte der Provinz weitergeleitet wurde.

In diesem Schreiben vom 22. Oktober 1912 wird nachfolgende Anregung für das Jahr 1913 ausgegeben:

“ Im Jahr 1913 stehen uns zwei Feiern bevor, welche das Fühlen unseres ganzen Volkes berühren: die Hundertjahrfeier der Befreiungskriege und das 25 jährige Regierungsjubiläum unsere Kaisers und Königs. Aus diesem Anlass werden Denkmäler von Stein und Erz sowie Stiftungen im ganzen Lande erstehen, unseren Nachkommen zum Angedenken und uns zur Ehre. Dabei wäre es vielleicht möglich, weitere Kreise und opferfreudige Stellen für die Auffassung zu gewinnen, dass neben jenen Denkmälern, deren Wert hoch zu schätzen ist, auch Denkmäler der Natur, welche von der Gemeinde zur Freude der ganzen Bevölkerung bewahrt werden, wohl geeignet sind, die Erinnerung an jene hervorragenden Ereignisse wach zu halten. Wie die Altenburger zum 50 jährigen Regierungsjubiläum ihres Regenten 1903 einen Herzog Ernst Wald, wie Berlin 1840 zum Jubiläum des Regierungsantritts Friedrich des Großen den Friedrichshain anlegten, und wie die Stadt Dresden beim 25 jährigen Regierungsjubiläum König Alberts die Dresdner Heide ankaufte, um sie dauernd als Wald zu erhalten, könnte jetzt die ein oder andere Gemeinde ihre Teilnahme an den patriotischen Feiern dadurch bekunden, dass sie einen bemerkenswerten Teil der umgebenen Natur sicherte. Fast jede Gemeinde ist in der Lage ein oder mehrere Natur Denkmäler sei es einen ausgezeichneten Felsen, einen schönen Wasserfall, einen hervorragenden Aussichtspunkt, einen bemerkenswerten Baum, ein Stück Wald oder Heide, eine geeignete Fläche für Vogelschutzzwecke oder anderes derartiges dauernd zu schützen. In manchen Fällen wird es kaum besonderer Geldmittel der Gemeinde bedürfen, um den Eigentümer eines solchen Naturdenkmals zu bestimmen, es ihr zur Erhaltung zu überlassen, in anderen Fällen wir sie nur geringe Mittel aufzuwenden brauchen, um ein Naturdenkmal zu erwerben, in noch anderen Fällen, zumal wenn es sich um große, vermögende Kommunen handelt, werden von ihnen gern auch erhebliche Beträge gewährt werden. Vor allem sollten Gemeinden in ihrer Nähe ein Wäldchen zur Erholung und zum Naturgenuss ihrer Bevölkerung sichern.

Die Hohenzollern haben der Pflege des Waldes und seiner Denkwürdigkeiten immer ein besonderes Interesse entgegengebracht. Wie der Große Kurfürst einerseits untersagte, die Wälder zur Pfingstzeit des Maiengrüns wegen zu plündern, bestimmte er andererseits, dass jedes junge Ehepaar einige Bäume neu anpflanzen sollte.

[1.010]

Ausschnitt Messtischblatt – Bild mit freundlicher Genehmigung des Archiwum Państwowe w Poznaniu aus den Original Unterlagen. 4385/Stadtakten Nowy Tomyśl sign. 20 Anlegung des Kaiser Wilhelm Platzes http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/20

Den Landräten wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 30. November 1912 gesetzt. Von Daniels, Landrat des Kreises Neutomischel,  wiederum reichte dieses Anliegen dann mit einer Fristsetzung zur Beantwortung per 25.11.1912 an die Herrn Bürgermeister und Distrikt Kommissare des Kreises weiter.

In dem seinerzeit amtierenden Bürgermeister Franke von Neutomischel  fand er einen eifrigen Unterstützer dieser Angelegenheit . Er teilte dem Landrat mit, dass er beabsichtigte zwecks Schaffung eines Andenkens an die Stadtvertretung heranzutreten.

Ob große Überzeugungskraft nötig gewesen ist, wissen wir heute nicht mehr, es gelang Franke jedoch, dass seinem Antrag bzgl. der Schaffung eines Gedenkplatzes stattgegeben wurde. In der Stadtverordneten Sitzung vom 02.12.1912 haben teilgenommen:

als Vorsitzender Herr Bürgermeister Franke
die Herren Stadtverordneten:

und der Magistratschöffe und Stadtälteste Herr Rentier Ernst Tepper

Es  wurde der Beschluss gefasst, dass vom Kaufmann A. Maennel  anschließend an das stadteigene Gelände des Sport- und Spielplatzes weitere 1  1/4 Morgen Land zum Preis von 1.000,00 M. pro Morgen angekauft werden sollten, dieses Areal dann parkartig zu gemeinnützigen Zwecken angelegt werden und letztlich, dass dieses neu angekaufte gemeinsam mit dem Gelände des Sport- und Spielplatzes den Namen  „Kaiser Wilhelm Platz“ tragen sollte.

Am  12.12.1912 teilte er diese Entscheidung  der Stadtverordnetenversammlung dem Landrat mit. Das „Räderwerk der Bürokratie“ wurde in Gang gesetzt.  Es musste schließlich alles seine Ordnung haben wozu die Angemessenheit des geplanten Vorhabens staatlicher Prüfung und Genehmigung unterlag.

Kurz vor Weihnachten, am 20.12.1912, bekam der Magistrat folgendes Schreiben aus Posen:

[1.011]

Der ehemalige Kaiser Wilhelm Platz, im Hintergrund der Gedenkstein – AK aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

“ Ich ersuche noch um die Einreichung einer zur Vorlage an Allerhöchster Stelle geeigneten, mit Nordlinie und Maßstab versehenen Stadtplans, auf dem der in Betracht kommende Platz in seiner ganzen Ausdehnung in roter Farbe hervorzuheben und durch farbige Eintrag des Namens besonders kenntlich zu machen ist. Dieser Plan ist auf Leinwand zu ziehen und in einer Mappe vorzulegen. Auch ersuche ich um nähere Angaben über die Größe und Einrichtung des Platzes, sowie darüber, ob und welche öffentlichen Gebäude an ihm liegen.

Die Beschlüsse der städtischen Körperschaften, nach denen der in Rede Stehende Platz die Benennung „Kaiser Wilhelm Platz“ erhalten soll, sind beizufügen.

Im übrigen kann die beantragte allerhöchste Genehmigung erst erwirkt werden, wenn die Stadtgemeinde den tatsächlich eigentümlich erworben und ihn seinem Zwecke entsprechend eingerichtet hat.“

Einen Stadtplan gab es zu jener Zeit noch nicht; außerdem lag das Areal des vorgesehenen Kaiser Wilhelm Platzes im Glinauer Gemeindebezirk. Ferner stellte sich heraus, dass es noch nicht einmal eine Karte der Stadt Neutomischel und der Gemeinden Glinau und Paprotsch in einem einheitlichen Maßstab gab, auf denen eine Einzeichnung möglich gewesen wäre. Neutomischels Areal existierte nur auf einem Plan im Maßstab 1: 2.500, Glinau war nur kartographiert in der Größe von 1:5.000 und die Paprotscher Gemeinde letztlich nur im Maßstab on 1:4.000.

Es musste also erst einmal der Vertrag zum Ankauf des Geländes abgeschlossen, dann die notwendige Eingemeindung zum Stadtgebiet Neutomischels vorgenommen und letztlich der Lageplan angefertigt werden.

Es wurde mit der Vermessung des vorgesehenen Platzes und der Anfertigung des Lageplans der Landmesser Ramm aus Posen beauftragt; die notwendigen Veranlassungen und Arbeiten wurden im Januar 1913 in Angriff genommen.

[1.012]

Deutsche Lazarett Einsassen auf dem Gedenkstein – Bild aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Nach einigen Vorschlägen zur Erstellung des Planes, die alle wieder verworfen wurden, da diese der Stadt erhebliche Kosten bereitet hätten, kam vom Landvermesser Ramm der Vorschlag von dem zu jener Zeit existierenden Meßtischblatt eine Teilvergrößerung anzufertigen und darauf die neuen Straßen und den neuen Platz einzuzeichnen.

Gedankt wurde ihm seine Arbeit allerdings seitens des Magistrats nicht. Eigentlich – wie immer und entgegen den getroffenen Vereinbarungen mit seinen Auftragnehmern – bemängelte der Magistrat die Höhe der Rechnung des Landmessers und machte „unberechtigte“ Forderungen geltend, die nicht bezahlt werden sollten, selbstverständlich erst, nachdem alle Arbeiten wie erforderlich abgeschlossen worden waren.

In der Zeit vom Januar bis zum Mai 1913 muss dann auch der Entwurf des Gedenksteines durch Karl Eduard Goldmann, er war als Spediteur in Neutomischel ansässig und veröffentlichte zahlreiche Artikel aus der Geschichte der Stadt, entstanden sein. Leider sind von diesem keine Unterlagen mehr bis zur Veröffentlichung des Artikels aufgefunden worden.

Letztlich fand am 22. Juni 1913 die feierliche Einweihung des Platzes und des Gedenksteines statt. In der Urkunde, welche im Fundament eingelegt wurde, wurde zwar der 15. Juni 1913 angegeben, die tatsächlichen Feierlichkeiten fanden jedoch erst eine Woche später statt.

Einen Bericht  dieses Ereignis, welches in Verbindung mit dem Kreiskrieger Verbandfest stattgefunden hatte, findet sich im Kreis Blatt Neutomischel  zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung  vom Dienstag, dem 24. Juni 1913.

Es wurde berichtet, das zahlreiche Vereine wie

anwesend gewesen waren. Die Vereine hatten sich zum Parademarsch formiert, der dann von dem Landwehrverein und seinen Gästen abgenommen wurde. Es soll „ein freudiger Anblick“ gewesen sein, „die einzelnen Vereine nach den Klängen eines flotten Militärmarsches an sich vorüberziehen zu sehen, jeder einzelne Teilnehmer war bemüht“ gewesen, „den anderen durch Exaktheit zu übertreffen und so  hatte dank dieser anerkennenswerten Bestrebung der Vorbeimarsch der Festteilnehmer das Gepräge eines wohlgelungenen militärischen Bildes.“ Im „geordneten Zuge“ ging es durch „die der Würde des Tages entsprechend festlich geschmückte Bahnhofstraße zum Kaiser-Wilhelm-Platz, woselbst ebenfalls Aufstellung um den zu enthüllenden Denkstein genommen“ worden war.

Nachdem das „erste Lied des Männer-Gesangverein ausdrucksvoll zum Vortrag“ gebracht worden war, hielt der Herr Geheimer Regierungsrat von Daniels seine Ansprache.

Daran an schloss sich die Rede des Bürgermeisters Franke.

Aus letzterer geht hervor, dass die Chronik der Stadt Neutomischel und die Urkunde für den Denkstein, in einer verlöteten Messinghülle im Sockel des Steines versenkt wurden. Der Text derselben lautete:

 „Urkunde für den Denkstein auf dem Kaiser Wilhelm Platz in Neutomischel:

In freudiger Erinnerung an die 100 jährige Wiederkehr der Erhebung Preußens, an die Befreiung Deutschlands vom Franzosenjoche im Jahre 1813 und in dankbarer Erinnerung an die 25 jährige gesegnete Regierungszeit unseres allgeliebten allergnädigsten Kaisers und Königs Wilhelm II. regte im Januar 1913 der Geheime Regierungsrat, Landrat Herr von Daniels in Neutomischel die Errichtung eines Denksteins an.

[1.013]

Polnische Soldaten auf dem Gedenkstein – Bild: Sammlung des Tadeusz Gajska

Mit Begeisterung stimmten alle Mitglieder des Landwehrvereins Neutomischel ohne Unterschied des Standes, der Nationalität und des Glaubens diesem Plane zu. Die General-Versammlung des Landwehrvereins beschloss einstimmig für den Denkstein einen Betrag bis 700 Mark aus der Vereinskasse aufzuwenden, der noch fehlende Betrag soll durch Opferwilligkeit aufgebracht werden. Der Entwurf zu dem Denkstein stammt vom Spediteur Herrn Karl Eduard Goldmann hier. Die Bauausführung geschah unter Leitung des Bürgermeisters Herrn Franke mit Unterstützung des Spediteurs Herrn K.E. Goldmann, die Arbeiten selbst wurden durch den Steinmetz Herrn Völtz ausgeführt. Die zum Sockel verwendeten Feldsteine (Findlinge) sind in entgegenkommender Weise von den Herrn Besitzern

Als Platz zur Errichtung des Denksteins wurde im Einverständnis mit der Stadtvertretung der aus Anlass des 25-jährigen Regierungszeit unseres Kaisers und Königs die Bezeichnung „Kaiser-Wilhelm-Platz“ tragende Platz gewählt. Am 22. Juni 1913 soll das 25 jährige Regierungsjubiläum unseres Kaisers und Königs unter Beteilgung sämtlicher Landwehr- und Kriegervereine des Kreises, sowie sämtlicher Vereine der Stadt gefeiert werden und hierbei die Enthüllung des Denksteins stattfinden.

Fest wie der Stein soll Deutschland stets und einig sein. Wir geloben allzeit festzuhalten an Gottesfurcht und Königstreue, wir geloben treue Liebe zum Vaterlande als eine heilige uns überkommende Pflicht.

Wir danken allen Vaterlandsfreunden, die zur Errichtung des Denksteins beigetrage, leb und wertvolle Hülfe gewährt und mit Rat und Tat uns zur Seite gestanden haben.

Der Denkstein, dessen Sockel aus Findlingen ein daraufgesetzter Sandsteinwürfel mit Adler ziert, enthält auf der vorderen Seite die Jahreszahlen 1813-1913.In diesem Jubeljahre wollen wir der Helden gedenken, die uns im Jahre 1813 die Freiheit mit ihrem Herzensblut erkämpft und damit auch unser einiges deutsches Vaterland vorbereitet haben, wollen uns an ihren Taten erfreuen und uns durch sie mahnen lassen, auch heute wieder freudigen Mutes zu folgen, wenn der Heerruf ertönt und es gilt, Freiheit und Ehre des Vaterlandes zu retten. Dankbar empfinden wir heute die Segnungen, die die große Zeit uns gebracht hat. Wir wohnen sicher unter den Fittichen des Kaiseradlers, die das geeinte Deutschland überspannen. Die Kaiserkrone mit der Zahl 15.6.13 soll erinnern an die 25 jährige gesegnete Regierungszeit unseres Kaisers und Königs, Wilhelm II., des dritten Kaisers nach der 1871 erfolgten Wiedererrichtung des deutschen Reiches. Wir wollen unserem Kaiserlichen Herrn aufs neue Treue geloben und allzeit fest zu ihm halten, „sei’s trüber Tag, sei’s heitrer Sonnenschein.“ Wir alle, ob in des Königs Rock oder im bürgerlichen Kleid wollen: Treue um Treue geloben. Wir alle wollen Hüter sein, allzeit treubereit für des Reiches Herrlichkeit, für unseres Volkes Wohlfahrt, heut und immerdar: Unserem Kaiser treu, treu bis in den Tod.

Als sichtbares Zeichen nationaler Begeisterung und Erhebung, als Mahnruf zur Nacheiferung für Männer und Frauen der Gegenwart und Zukunft, möge dieser Denkstein übergehen von Geschlecht zu Geschlecht.

So geschehen zu Neutomischel den fünfzehnten Juni im Jahre Eintausend neunhundert und dreizehn im fünfundzwanzigsten Jahre der Regierung des Kaisers und Königs Wilhelm II.

[1.014]

Lageplan des Kaiser Wilhelm Platzes – Bild mit freundlicher Genehmigung des Archiwum Państwowe w Poznaniu aus den Original Unterlagen. 4385/Stadtakten Nowy Tomyśl sign. 20 Anlegung des Kaiser Wilhelm Platzes http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/20

Gott schütze und schirme Kaiser und Reich, König und Vaterland, den Kreis und die Stadt Neutomischel.

Der Vorstand des Landwehr-Vereins Neutomischel. – von Daniels, Dr. Luther, Manzke, Löchel, Jeenicke, Kuhnke, Fromm – Der Bürgermeister : Franke“

Den Abschluß dieser Feier bildeten eine Kranzniederlegung und das Singen der 1. Strophe des Preußenliedes.

* * *

Es ist schon verwunderlich den Text dieser Rede zu lesen. Eine Einigkeit wie beschrieben gab es in der Provinz Posen in jener Zeit nicht. Im  Januar 1913 war es z. B. in der Stadt Posen durch die Polizei die Jubiläumsfeier der polnischen Bevölkerung anlässlich des 50 zigsten Jahrestages  Januaraufstandes von 1863 [1.015], der hauptsächlich als polnische Erhebung gegen die russische Herrschaft gegolten hat, aufgelöst, da man diese Feier untergründig als Auflehnung gegen die Preußische Regierung angesehen hat. Auch im Jahr 1913 wurde durch den preußischen Landtag in Berlin ein Gesetz zur „Stärkung des Deutschtums“ in den Provinzen Posen und Westpreußen unter Zurverfügungstellung von 175 Millionen Mark für den Erwerb polnischer Güter  bewilligt worden. Im  Weltgeschehen herrschte im Jahr 1913 auf dem Balkan Krieg.  Die polnische Bevölkerung sah in dem Kaiser und König Wilhelm II. den Unterdrücker; als eine Chance wieder einen unabhängigen polnischen Staat einrichten zu können, wurde die Möglichkeit angesehen, dass die Besatzungsmächte sich gegenseitig bekriegen würden.

Ein Hinweis, dass auch in Neutomischel diese Ereignisse nicht spurlos wie beschrieben vorübergingen, findet sich in unserem Artikel  Eine Luftreise im Jahr 1914 [1.016]. Also in etwa 1 Jahr nach der festlichen Einweihung, heißt es, dass Karl Ed. Goldmann eine Beschreibung des nach seinem leider etwas abgeänderten Entwurf erbauten Denkmals zur Erinnerung an die Befreiungskämpfe und das 25jährige Regierungsjubiläum unseres Kaisers gab. Die Vorarbeiten für die endliche Ausschmückung und die Aufstellung des noch dazugehörigen Sinnbildes sollen zu jener Zeit im Gange gewesen sein. Ob das Denkmal, an dem 1 Jahr nach seiner Aufstellung immer noch Arbeiten ausgeführt wurden, jemals fertiggestellt wurde ist nicht bekannt.

* * *

Im Juni 1914 schließlich wurde dann das Attentat in Sarajewo verübt und im August erfolgt die deutsche Mobilmachung – Der I. Weltkrieg begann.

Die schon weiter oben erwähnte Ansicht unter der polnischen Bevölkerung , dass dieser Krieg zur Wiederherstellung eines unabhängigen polnischen Staates führen würde, löste aus, dass zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs große Freude unter dieser herrschte, obwohl sich auch für diese, wie für alle anderen Kriegsbeteiligten, dann eine sehr schwere Zeit anschloss.

* * *

Quellen:

 

 

 

 

Kurzmeldung Chaussee Arbeiter August Kühn zu Rakwitz 1875 wird Unterstützung nach Unfall zugesprochen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Veröffentlichung des 18. Provinzial-Landtages der Provinz Posen - 1875)
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[1.018]

Pferdegezogene Straßenwalze von 1800 – ausgestellt im Deutschen Straßenmuseum in Germersheim – Quelle: http://commons.wikimedia.org/File:Deutsches_Stra%C3%9Fenmuseum,_ Germersheim._ Horse-drawn_road_roller_01.jpg

Referat des 1. Ausschusses, betreffend die Gewährung einer fortlaufenden Unterstützung an den ehemaligen Chaussee-Arbeiter August Kühn zu Rakwitz

Das von dem ehemaligen Chaussee-Arbeiter (Weber) August Kühn zu Rakwitz an den  Provinzial-Landtag gerichtete Gesuch vom 8. September c., um Gewährung einer fortlaufenden Unterstützung, welches der Magistrat zu Rakwitz, der Königliche Kreislandrath Bomster Kreises und die Königliche Regierung Abtheilung des Innern hier, dringend befürwortet, ist von Sr. Excellenz dem Herrn Landtags-Commissarius unterm 12. October zur Beschlussfassung übersandt.

Tatsächlich steht fest, dass Petent, welcher als Arbeiter beim Bau der Chaussee zwischen Rakwitz und Rostarzewo engagiert war, bei Ausführung des Auftrages „beim Fortbringen der Walze mitzuwirken“, am 1. November 1873 am rechten Arm beschädigt und dass der Arm amputiert worden ist.

Petent ist ein vermögensloser Mann, der, gut beleumdet, seine aus einer Frau und zwei Kindern, im Alter von 6 und 2 1/2 Jahren, sowie einer 85 jährigen Mutter bestehende Familie, von seiner Hände Arbeit ernährte, was ihm nach Verlust des rechten Armes nicht mehr möglich ist.

Obgleich eine rechtliche Verpflichtung zur Unterstützung des Petenten nicht besteht, so erachtete der erste Ausschuß es doch als eine moralische Verpflichtung, einen im Dienste der Provinz Verunglückten zu unterstützen und empfiehlt dem 18. Provinzial-Landtage, beschließen zu wollen:

Der ehemalige Chaussee-Arbeiter (Weber) August Kühn zu Rakwitz erhält vom 1. October 1875 eine jährliche Unterstützung von 360 Mark, geschrieben: Dreihundert Sechzig Mark, aus dem Provinzialfonds bis zu dem Zeitpunkte, wo er als Chaussee-Aufseher oder in einer anderen Stellung im Dienste der Provinz Verwendung findet.

* * *

Quelle: Verhandlungen des 18. Provinzial-Landtages der Provinz Posen – 1875 – veröffentlicht durch die digitale Bibliothek, Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra)

Die Müllerinnung zu Grätz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(H. Sommer (1913))
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[1.019]

Die Windmühle „Tomasz“ (Thomas) entstand 2011/2012 in Grodzisk neu – Aufn. GT

H. Sommer begann seinen Artikel über die Müllerinnung zu Grätz mit folgenden Worten: Wie aus den mir im Original vorliegenden Statuten zu ersehen ist, verdankt die Müllerinnung zu Grätz in Posen ihre Entstehung einer Anregung von vier dort angesessenen „Bürgern und Windmüllern“ mit Namen Johann Friedrich Dedercke, Andreas Fancke, Johann George Dohn und Andreas Schönfeld.

Es ist nun verwunderlich, dass die Grätzer bis über die Mitte des 18. Jahrhunderts hinaus keine Müllerzunft besessen haben sollen, und sich zwecks Errichtung einer solchen erst an die Nachbarstadt Polnisch Freystadt (heute Rakwitz im Kreise Bomst) gewandt haben. Denn Grätz ist bekanntlich eine viel ältere Stadt, während Rakwitz erst am 24. Februar 1662 gegründet worden war.

Allein da die Tatsache der Grätzer Gründung einer Müllerinnung ur­kundlich verbrieft ist, muss man wohl annehmen, dass die Ver­hältnisse des Müllereigewerbes bis dahin in Grätz sehr im Argen gelegen haben, wogegen sich Rakwitz in dieser Hinsicht besserer Zustände von vornherein zu erfreuen hatte.

Denn, wie ich der Schrift „Rakoniewice“ von Dr. Karwowski entnehme, besaß Polnisch Freystadt bereits seit seiner Gründung eine Müllerinnung, die in großer Blüte stand und damals einen schwunghaften Getreidehandel betrieb, so dass dort, als man im Jahre 1762 infolge der Leiden des 7 jährigen Krieges für ein Viertel Ge­treide einen Dukaten und mehr bezahlen musste, keine Not herrschte. Diese Tatsache muss nun wohl die vier oben ge­nannten Grätzer Müllermeister bewogen haben, wie es in dem den eigentlichen Statuten vorausgehenden Gründungsprotokoll vom 2. April 1761 ausdrücklich heißt, am 20. Oktober 1760 vor den „beschworenen eltesten und jüngsten Meistern des löblichen Gewercks der Wind Müller in hoch gräflicher Stadt Polnisch Freystadt in Gross Pohlen“ zu erscheinen, die sie dort „angeflehet und gebehthen, weil sie willens, bey ihnen eine löbliche Zunfft auffzurichten, man möchte ihnen“ aus der Rakwitzer „Privilegia die Puncta und Articula ertheilen“.

[1.020]

Alte und neue Bauteile wurden für den Wiederaufbau verwendet – Aufn. GT

Ihrem  Ansinnen  hat nun  der Innungsvorstand von Rakwitz, der sich damals aus den Bürgern und  Windmüllern, Meistern Caspar Bruntzel als Oberältestem, Matthäus Woyte als Nebenältestem,   Gottfried Hofmann als Vorreder und Johann George Heyder  als Handwerksschreiber    zusammensetzte,  gern  entsprochen. Und  so haben sich denn die Grätzer „nachgehends eine Privilegia auf ein weiss Pergament aussfertigen   lassen, auch solche bey Ihro hoch gräflichen Excellence Adam von Opalenskl, Canonico von Posen, alss Ihren allergnädlgsten Erb­herrn, confirmiren lassen“.

Dies hat nun ungefähr ein halbes Jahr gedauert, worauf sie sich wiederum, nämlich am 30. März 1761,in  Polnisch  Freystadt oder Rakwitz einfanden, um  jetzt zur Er­richtung Ihrer neuen Müllerinnung zu schreiten. Der vorgenannte Rakwitzer Innungsvorstand hat  hierauf  „ihre   Privllegia und Puncta genau untersuchet und nach reifer Überlegung  für gutt befunden, ferner ihre Geburths Brieffe von Mann und Weib von vier Ahnen her  richtig befunden“.  Am Tage darauf  ist dann die  „Neue Zunfft“ aufgerichtet,  und  deren Ältesten eingesetzt worden. Es wurde nun am 2. April in Grätz selbst ein Meister­tag abgehalten,  worauf  sich die Rakwitzer  „nebst dem neuen vorgesetzten  eltesten  Tisch   Meistern und  der gantzen neuen Meisterschafft  sammt der Handwercks Lade und Prlvilegia vor einen ehrenvesten wohl weissen  Magistrat“ begaben und dort die Schriftstücke vorlegten. Hierauf   wurde „dem neuen vor­gesetzten Ober Eltesten  die neuauffgerichte Privilegia und Handwercks Lade   alda  übergeben“ und danach „von zweyen Jüngsten aus ihrer neuen Zunfft,  samt dem gantzen Magistrat, im Beyseyn des gantzen löblichen Gewerck, in sein Hauss getragen“. Soweit das Gründungsprotokoll.

[1.021]

Ein Originalteil, das – restauriert – wieder eingesetzt wurde – Aufn. GT

Es folgen nun die Satzungen der neuen Innung, die aus 14 Paragraphen bestehen und mit der üblichen Formel: „Im Nahmen der heiligen und hochgelobten Dreyfalltigkelt“ ein­geleitet werden.

Sodann behandelt § l die Aufnahme als Meister in die Innung, die nur nach zuvor erlangtem Bürgerrecht er­folgen kann; bemerkenswert Ist die Bestimmung, dass der Auf­zunehmende seinen Lehrbrief „nicht von Dörffern, wo unbezechte Meister wohnen, herbringen“ soll, d. h. er muss bei einem Innungsmeister ausgelernt haben. Als Einstandsgeld für das Meisterrecht waren 12 Mark zu zahlen, und ausserdem mustte eine Tonne Bier  des Innungsälltesten aufgelegt werden.

§ 2 setzte fest, dass der Aufzunehmende entweder eine eigene Windmühle besitzen oder eine solche gemietet haben müsse, überhaupt durfte kein Innungsmeister mehr als eine Windmühle haben bei Verlust seines Meisterrechts. Auch wir das Überbieten beim „Einkauffen des Getreydes“ verboten, wofür „vor einen Scheffel zwelff Groschen Polnisch“ als Strafe in die Handwerkslade entrichtet werden mussten.

Der nächste § 3 betrifft das Lehrlingswesen, er setzte drei Lehrjahre fest, für Meistersöhne jedoch nur eines. Das zu erlegende Lehrgeld war auf „20 Floren“ d. h. polnische Gulden bemessen, außerdem erhielten die Meister ½ Tonne Bier. Bemerkenswert Ist die Bestimmung, wonach „der Lehr Junge sich nicht In Bier und Brandwein Häusern finden lassen, viel weniger bey dem Kegelspiel“, bei letzterem nur mit Er­laubnis seines Meisters antreffen lassen durfte. Nach Ablauf der Lehrzeit hatte der freizusprechende Lehrling wieder „10 Floren“ in die Lade zu erlegen und  ½ Tonne Bier zu geben, erhielt aber von seinem Lehrmeister „ein untadelhafftes Schurtz Fell, welches ihme durch zwey Gesellen vor offener Lade vorge­bunden“ werden musste. Mehrere Lehrlinge gleichzeitig durfte kein Meister halten „bey der Straffe fünff Marck in die Lade“. Freigesprochene Lehrlinge mussten „zwey Jahre verwandern“, wenn sie Meistersöhne waren, nur ein Jahr, ehe sie das Meister­recht erwerben konnten.

[1.022]

Der Rohbau – Aufn. PM

§ 4 handelt von der Sonntagsruhe; es war unter­sagt, „unter dem hohen Amte von neun Uhr biss eilff Uhr zu mahlen“, ausgenommen „in höchst dringender Noth in Er­mangelung des Windes“. Verstöße gegen dieses Verbot zogen das Auflegen von ½  Tonne Bier nach sich.

§ 5 bestimmte, dass jeder Innungsmeister wöchentlich „Donnerstag um 9 Uhr ein Viertel Mehl unter die Waage zu bringen“ ver­pflichtet war. Die Unterlassung dieser Bestimmung zog „sechs Groschen Polnisch“ an Strafgeld nach sich. Das Abspenstigmachen von Mahlgästen war bei zwei Mark Strafe untersagt.

Die Müllerinnung besaß nicht nur das Monopol des Getreidehandels, sondern auch einen gewissen Schutz gegen die Einfuhr von Getreide, wie aus § 6 erhellt.

Die §§ 7—12 betreffen das Leben und Verhalten der Innungsmeister. Ledige Meister, die sich binnen Jahresfrist nicht verheirateten, waren gehalten, für jedes Jahr ihres Junggesellenstandes eine Tonne Bier aufzulegen. Wenn ein Meister von einem andern ehrenrühriger Dinge geziehen wurde, so wurde dem Beschimpften „sein Handwerck so lange geleget, biss er seinen ehrlichen Nahmen wiederum   gerettet, seine Un­schuld  aussgeführet“   hatte. Das Fluchen und Schwören  beim Namen Gottes sowie bei den heiligen Sakramenten, während das Meisterbier getrunken ward,  war bei „drey Marck  in die Lade“ verboten. Zu den Innungsversammlungen durfte „bey Straff eine Marck“ niemand   bewaffnet erscheinen;  ein hier  ausgebrocheuer Zank oder eine etwaige Schlägerei wurden mit  drei Mark Strafe belegt, auch musste das angezapfte Bierfass  seitens der Über­treter wieder aufgefüllt    werden. Das Einführen liederlicher Manns-  oder Weibspersonen zum  Meisterbier sowie das Fortschaffen von Meisterbier, um es anderwärts zu verschenken,   war mit einer Mark Strafe   bedacht.  Endlich zog auch das unter­lassene Weiterschicken des Handwerkszeichens, um die Quartals­- oder sonstige Sitzungen anzukünden,   eine Strafe von „zwölff Groschen Polnisch“ nach sich.  Wer aber den Verlust des „Zechzeichens“ verschuldete, musste „in die Lade fünfzehn Groschen“ erlegen und „ein neu Zeichen machen lassen“.

[1.023]

Die Windmühle „Tomasz“ in Grodzisk 2012 – Aufn. PM

Alle Jahre musste ein Jahres- und Kassenbericht erstattet werden und jeder Meister „zum Quartal erlegen sechs Groschen Polnisch“, so bestimmte es § 13, während der Schluß­paragraph die Maßnahmen des Gewerks beim Todesfalle eines Angehörigen, „es sey Mann oder Weib, oder Kinder, oder Knecht“, anordnete. Als Leichenträger waren die Jüngsten be­stimmt, die im Falle der Behinderung „einen tauglichen und eine andere Person, jedoch auss dieser Zeche“, bestellen durften.

Das ganze Statut ist in recht guter und deutlicher Schrift aufgezeichnet, das Eingangsprotokoll wie die Satzungen am Schlusse unterzeichnet und mit dem Innungssiegel versehen und in einen festen Deckel mit schwarzem Lederbezug, dessen Rand mit Goldpressung verziert ist, gebunden und dadurch wohlerhalten.

* * *

Quelle: Historische Monatsblätter für die Provinz Posen – XIV. Jahrgang Nr. 1 – Januar 1913 – – veröffentlicht über die Großpolnische Digitale Bibliothek: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Vorbereitung zu der Stadtverordnetenwahl 1919

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.024]

Blick auf Nowy Tomysl - Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel – Mittwoch, den 26. Februar 1919

Verordnung betr. die Wahlen zu den Stadtverordnetenversammlungen

[im Original veröffentlicht  in der Tygodnik Urzędowy Naczelnej Rady Ludowej 1919.02.13 nr 5  www.wbc.poznan.pl/dlibra/docmetadata?id=49444] [1.025]

§ 1. Die Wahlen sind allgemein, unmittelbar, geheim und proportional

§ 2. Das aktive und passive Wahlrecht steht ohne Rücksicht auf das Geschlecht jedem zu  (1) der am Wahltage das 20. Lebensjahr vollendet hat  (2) der am 6. Januar 1919 in der betreffenden Stadt seinen Wohnsitz gehabt hat

§ 3. Personen die (1) entmündigt sind, (2) durch rechtskräftiges Urteil der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt worden sind,  und (3) sowie Ausländern  steht weder das aktive noch das passive Wahlrecht zu.

§ 4. Den Kommunalbeamten der betreffenden Stadt steht das passive Wahlrecht nicht zu

§ 5. Jede Stadt bildet einen Wahlbezirk

§ 6. Jeder Wähler hat eine Stimme

§ 7. Die Wählerlisten müssen eine Woche lang in öffentlich bekannt gemachten Räumen ausgelegt werden, um jedem Wahlberechtigen die Einsicht zu ermöglichen -In die Wählerliste sind alle Wahlberechtigten nach Zu- und Vornamen, Alter, Stand bzw. Beruf und Wohnsitz in alphabetischer Ordnung einzutragen. – Die Wählerlisten dürfen auch in der Weise angelegt werden, dass die Straßen nach der alphabetischen Reihenfolge ihrer Namen, innerhalb der Straßen die Häuser nach ihrer Nummer, und innerhalb jedes Hauses die Wahlberechtigten eingetragen werden.

§ 8. Während der im §7 Absatz 1 bezeichneten Woche dürfen gegen die Wählerlisten Einsprüche erhoben werden. -Die Einsprüche müssen schriftlich sein und an den Wahlausschuss gerichtet werden. -Der Wahlausschuss (§ 10. Absatz 2) entscheidet binnen einer Woche über die Einsprüche. Hierauf werden die Wahllisten geschlossen.

§ 9. Die Wahlen haben bis zum 26. März 1919 einschließlich stattzufinden (Anm. in Nowy Tomysl wurde am 25.03.1919 gewählt). Sie können auch an einem Sonntag erfolgen.

§ 10. Für jede Stadt ernennt der Regierungs-Präsident oder in seinem Auftrag der Starost einen Wahlkommissar. -Der Wahlkommissar beruft nach seinem Ermessen zwei  bis fünf Wahlberechtigte zu seiner Unterstützung, bildet zusammen mit ihnen den Wahlausschuss der betreffenden Stadt und führt in diesem den Vorsitz.

§ 11. In einer Wahlordnung werden alle weiteren, die Wahlen betreffenden Bestimmungen bekannt gegeben werden, insbesondere betreffend: – die Wahlvorschläge, ihre Einrichtung und ihre Vereinigung, das Wahllokal, die Wahlvorstände und den Wahlausschuss, den Zeitpunkt des Beginns und des Schlusses der Wahlen, die Wahrung der Wahlen als geheimer, das Verfahren zur Feststellung der Gewählten, usw. usw.

§ 12. Die Anzahl der Stadtverordneten bleibt in jeder Stadt die gleiche wie bisher.

§ 13. Die Wahlen erfolgen für einen Zeitraum von sechs Jahren.

§ 14. Alle bisherigen Stadtverordnetenversammlungen werden aufgelöst.

Posen, den 11 Februar 1919

Komisarjat Naczelnej Rady Ludowej. (Anm.: Kommissariat des Haupt-Volksrates)

Adamski.       W. Korsanitz

Auf Grund des § 10. der vorstehenden Verordnung des Naczelna Rada Ludowa ernenne ich hiermit zum Wahlkommissar:

Neutomischel, den 22. Februar 1919

Starosta – Landrat

* * *

Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu, Dokumentacja aktowa, Fond:  4385/Akta miasta Nowy Tomyśl –  26 Stadtverordnetenwahlen [1.026] und 27 Stadtverordnetenwahlen [1.027]

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 Liste der Wahlberechtigten Bewohner aus der Stadt Neutomischel 1919

Lfd No. Zuname Vorname Alter Stand oder Gewerbe Ordentl. Stimmabgabe
1 Adam Andreas 34 Kanzlist x
2 Adam Veronika 33 Ehefrau x
3 Andersch Franz 50 Amtsgerichtsassistent +
4 Andersch Ida 48 Ehefrau x
5 Andersch Lucia 24 Bürogehilfin x
6 Andersch Käthe 22 Bürogehilfin x
7 Augustin Hermann 60 Handelsmann x
8 Augustin Anna 53 Ehefrau x
9 Augustin Gertrud 22 Kassengehilfin x
10 Augustin Hedewig 20 o(hne) B(eruf) +
11 Aldefeld Oskar 41 Klempnermeister x
12 Aldefeld Luzielia 33 Ehefrau x
13 Adam Walter 38 Lehrer +
14 Adam Grete 30 Ehefrau +
15 Anderson Valerian 27 Distr. Kommissar x
16 Anderson Anna 26 Ehefrau x
17 Arlt Gottlieb 60 Steinsetzer
18 Abraham Heinrich 57 Schuhmacher x
19 Abraham Bertha 57 Ehefrau x
20 Aldefeld Augusta 37 Witwe x
21 Augustin Selma 27 Ehefrau +
22 Adam Wilhelm 64 Eigentümer
23 Adam Franziska 55 Ehefrau x
24 Adam Martha 28 Tochter x
25 Arndts Johannes 45 Rechtsanwalt u. Notar x
26 Arndts Gertrud 33 Ehefrau
27 Abt Jakob 40 Heizer
28 Abt Martha 37 Ehefrau
29 Arndt Wilhelm 56 Lehrer +
30 Arndt Martha 55 Ehefrau +
31 Augustin Paul 24 Händler +
32 Arndre Alwina 20 Dienstm(ädchen) x
33 Bokmer von Otto 57 Major
34 Bokmer von Klara 42 Ehefrau +
35 Bengsch Bertha 65 Witwe +
36 Bleschke Anna 42 Arbeiterin +
37 Broda Veronika 22 Dienstmädchen x
38 Bengsch Martha 21 Dienstmädchen +
39 Bengsch Anna 25 Dienstmädchen x
40 Bothe Juliana 53 Arbeiterin x
41 Buchwald Eduard 55 Uhrmacher x
42 Buchwald Emma 59 Ehefrau +
43 Borowy Katharina 28 Ehefrau +
44 Bäker Magdalena 26 Buchhalterin
45 Baudis Ernst 44 Obermüller x
46 Baudis Marta 44 Ehefrau x
47 Bohlmann Alexander 48 Zollinspektor +
48 Beutner Maria 59 Wirtschafterin x
49 Baentsch Florentina 79 Witwe x
50 Braun Karl 51 Tischlermeister x
51 Braun Anna 49 Ehefrau x
52 Braun Louisa 24 Haustochter x
53 Böhnke Dr. Hans 43 prakt. Arzt +
54 Böhnke Gertrud 39 Ehefrau +
55 Beckmann Reinhold 70 Privateur x
56 Beckmann Hedewig 41 Geschäftsinhaberin x
57 Bunk Wilhelmina 56 Plätterin x
58 Bein Johanna 62 Händlerin x
59 Berhold Flora 53 Händlerin x
60 Brilske Wilhelmina 64 Altsitzerin
61 Begerow Reichard 43 Händler +
62 Begerow Paulina 39 Ehefrau +
63 Baber Karl 54 Böttchergeselle
64 Bielke Paul 38 Kreisassistent +
65 Birkholtz Richard 39 Tischlermeister x
66 Birkholz Martha 36 Ehefrau x
67 Beier Frieda 21 Dienstmädchen x
68 Bunk Ernestina 81 Arbeiterin +
69 Bannasch Emilia 82 Rentierin x
70 Bergmann Hermann 60/68 Postmeister +
71 Bergmann Louise 62 Ehefrau x
72 Baum Maria 74 Witwe +
73 Bruns August 32 Händler x
74 Bruns Frieda 28 Ehefrau x
75 Boy Mathilde 60 Pensionärin
76 Boy Richard 24 Tiefbautechniker +
77 Bengsch Wilhelm 57 Oberpostschaffner +
78 Bengsch Juliana 58 Ehefrau +
79 Baentsch Clementine 74 Witwe
80 Bäntsch Laura 56 Tochter +
81 Bielawa Julius 59 Heizer x
82 Bielawa Bertha 60 Ehefrau +
83 Blank Otto 48 Schuhmacher
84 Blank Ida 46 Ehefrau +
85 Bartecka Maria 65 Witwe +
86 Bloch Bruno 55 Arbeiter +
87 Bloch Johanna 55 Ehefrau x
88 Bernhardt Anna 37 Ehefrau +
89 Bernhardt Wilhelm 43 Arbeiter +
90 Bugsel Ignatz 40 Arbeiter +
91 Bugsel Juliana 41 Ehefrau +
92 Binder Wilhelm 45 Arbeiter
93 Binder Mathilde 49 Ehefrau +
94 Bühlow Rudolf 22 Unteroffizier +
95 Bilawa Richard 24 Arbeiter x
96 Bielke Reinhold 69 Ausgedinger
97 Beyer Johanna 33 Hebamme +
98 Büttner Ida 25 Arbeiterin
99 Behrendt August 89 Lehrer a.D.
100 Bielke Berthold 66 Rentier +
101 Bielke Rosalia 56 Ehefrau x
102 Bielke Maria 28 Tochter x
103 Busch Wilhelm 40 Buchdruckereibesitzer x
104 Busch Christina 36 Ehefrau x
105 Busch Wilhelm 73 Rentier x
106 Busch Sophie 68 Ehefrau
107 Bohr Ferdinand 31 Handelsmann +
108 Bohr Selma 28 Ehefrau x
109 Beneskiewicz Karl 70 Handelsmann x
110 Beneskiewicz Augusta 70 Ehefrau
111 Buddee Dr. Georg 47 Kreisarzt x
112 Buddee Gertrud 30 Rendantenfrau x
113 Brosig Wilhelm 63 Lehrer i. R. x
114 Bunk Emilia 34 Arbeiterin x
115 Bunk Veronika 29 Arbeiterin x
116 Bülwing Helene 41 Försterwitwe +
117 Bethge Richard 38 Bäckereimeister x
118 Bethge Ida 35 Ehefrau x
119 Börkey Hans 31 Amtsgerichtssekretär +
120 Börkey Frieda 27 Ehefrau +
121 Böhme Anna 52 Witwe +
122 Bielke Emilia 64 Handelsfrau +
123 Bleschke Mathilda 50 Arbeiterin +
124 Bengsch Otto 30 Friseur x
125 Cohn Regina 40 Händlerin x
126 Cohn Gertrud 38 Handlerin x
127 Cohn Auguste 64 Putzmacherin x
128 Cohn Friederika 66 Haushälterin x
129 Chedor Karl 64 Kaufmann +
130 Chedor Bertha 53 Ehefrau x
131 Chedor Helene 26 Tochter +
132 Chedor Adolf 23 Handlunsgehilfe
133 Christian Josef 41 Dachdeckermeister x
134 Christian Amalia 36 Ehefrau
135 Donner Hugo 40 Apotheker x
136 Donner Elisabeth 27 Ehefrau x
137 Deckert Heinrich 55 Arbeiter x
138 Deckert Emilia 51 Ehefrau x
139 Daniel Paulina 53 Arbeiterin x
140 Draschkowiak Stanislaus 29 Arbeiter
141 Draschkowiak Katharina 25 Ehefrau
142 Deichsler Ida 26 Witwe x
143 Dudek Josef 21 Arbeiter
144 Dartsch Walter 38 Kreisausschußassistent
145 Dudek Katharina 22 Dienstmädchen x
146 Dolling Karl 58 Rentier +
147 Dolling Ida 53 Ehefrau +
148 Dziamski Martin 43 Arbeiter x
149 Dziamski Valentina 45 Ehefrau x
150 Dabrowski Michael 50 Heizer x
151 Dabrowski Anna 42 Ehefrau x
152 Dombrowski Eleonora 69 Witwe +
153 Deckert Gertrud 21 Arbeiterin x
154 Eckert Thaddäus 42 Bürovorsteher x
155 Eckert Katharina 63 Witwe
156 Engelmann Ernst 37 Schneidermeister +
157 Engelmann Martha 36 Ehefrau +
158 Eisewicht Elli 21 Dienstmädchen
159 Einsporn Adolf 67 Schneidermeister
160 Einsporn Martha 29 Ehefrau
161 Engelmann Paul 44 Hilfsweichensteller +
162 Engelmann Martha 39 Ehefrau x
163 Eichholz Anna 45 Böttchermeisterwitwe +
164 Engelmann Maria 35 Witwe x
165 Fiege Lorenz 58 Fuhrmann +
166 Fiege Klara 54 Ehefrau +
167 Frenzel Emilia 32 Heimvorsteherin
168 Fromm Julius 56 Kreisausschußsekretair +
169 Fromm Emilia 54 o. B. +
170 Frost Gustav 28 Briefträger x
171 Frenzel Charlotte 22 Apothekengehilfin +
172 Franzkowiak Marianna 61 Waschfrau +
173 Fröde Wilhelm 60 Küster +
174 Fröde Johanna 55 Ehefrau +
175 Fröde Johanna 28 Haustochter x
176 Fröde Otto 24 Buchbinder
177 Feldhahn Walter 39 Schachtmeister x
178 Feldhahn Ida 31 Ehefrau x
179 Fechner Gottlieb 57 Zigarrenfabrikant x
180 Fechner Bertha 54 Ehefrau x
181 Fechner Erich 22 Haussohn
182 Feldhahn Agnes 60 Witwe +
183 Feldhahn Hedwig 34 Stütze
184 Fiege Hermann 34 Arbeiter x
185 Fiege Anna 30 Ehefrau x
186 Fimmel Otto 47 Maschinenbauer
187 Fimmel Sophie 48 Ehefrau x
188 Fimmel Johannes 22 Sohn
189 Fimmel Elisabeth 21 Tochter x
190 Freitag Paulina 61 Arbeiterin x
191 Faust Hermann 42 Töpfermeister x
192 Faust Martha 31 Ehefrau x
193 Faust Maria 68 Witwe
194 Freitag Rosa 27 Ehefrau
195 Fiegiel Ludwig 51 Holzmeister x
196 Fiegiel Marianna 38 Ehefrau +
197 Franke Paul 53 Bürgermeister +
198 Franke Margaretha 43 Ehefrau x
199 Franke Ilse 20 Tochter x
200 Fleischer Friedrich 57 Kreisausschuß-Registrator x
201 Fleischer Maria 49 Ehefrau x
202 Fleischer Klara 24 Tochter x
203 Fleischer Ella 20 Tochter x
204 Froede Martha 30 Witwe +
205 Fiege Berthold 58 Stellmacher
206 Fenske Karl 27 Bürogehilfe +
207 Fiedler Hermann 37 Postschaffner +
208 Fiedler Ida 33 Ehefrau +
209 Friedrich Martha 28 Dienstmädchen
210 Froede Otto 41 Landwirt x
211 Froede Maria 44 Ehefrau x
212 Fiedler Mathilde 59 Witwe
213 Fimmel Ida 38 Witwe x
214 Feldhahn Conrad 36 Konditor +
215 Friedenberger Alma 24 Arbeiterin
216 Friedenberger Arthur 25 Arbeiter
217 Friedrich Anna 20 Dienstmädchen
218 Goldmann Paul 63 Kaufmann +
219 Goldmann Maria 54 Ehefrau
220 Goldmann Karl 33 Kaufmann +
221 Groschinski August 64 Arbeiter
222 Goldmann Ernestina 77 Witwe
223 Goldmann Wilhelm 45 Schneider x
224 Goldmann Walter 40 Kaufmann
225 Goldmann Helene 43 Wirtschafterin x
226 Gutkind Benno 53 Kaufmann
227 Gutkind Hilda 39 Ehefrau +
228 Gröger Otto 55 Handelsmann +
229 Gröger Ida 40 Ehefrau +
230 Giering Alfred 39 Landbriefträger
231 Giering Emma 30 Ehefrau +
232 Gross Ernst 28 Kürschner +
233 Gross Irene 31 Ehefrau
234 Gutkind Rebecka 73 Rentierin +
235 Glowacka Bertha 53 Handelsfrau +
236 Goldmann Karl Ed. 55 Spediteur +
237 Goldmann Elfriede 48 Ehefrau
238 Grasmai Hulda 21 Dienstmädchen +
239 Gamm Hermann 28 Postassistent x
240 Gamm Ella 23 Ehefrau x
241 Greiser Hedewig 34 Witwe
242 Gollnisch Robert 41 Arbeiter +
243 Gollnisch Maria 45 Ehefrau
244 Günther Maria 48 Rentierin +
245 Gaertner Gustav 70 Gastwirt +
246 Gaertner Maria 68 Ehefrau x
247 Gartzke Otto 34 Kaufmann +
248 Gartzke Emma 30 Ehefrau +
249 Gartzke Elsa 23 o. B. x
250 Gladycz Sophie 41 Geschäftsinhaberin +
251 Gladysz Olga 33 o. B. x
252 Gladysz Josefa 30 Geschäftsinhaberin x
253 Grützmacher Pauline 73 Hausbesitzerin +
254 Gutsche Bertha 62 Arbeiterin
255 Greve Ludwig 41 Pfarrer +
256 Greve Hedwig 31 Ehefrau +
257 Gläsemer Otto 41 Töpfermeister +
258 Gläsemer Bertha 43 Ehefrau +
259 Gerschberg Josef 34 Arbeiter
260 Gerschberg Katharina 30 Ehefrau +
261 Glaesemer Emma 67 Hausbesitzerin +
262 Glaesemer Margaretha 33 Tochter
263 Gutsch Juliane 78 Arbeiterin
264 Gutsch Louise 67 Witwe
265 Ganz Karl 52 Oberpostschaffner x
266 Ganz Katharina 59 Ehefrau x
267 Grunwald Karl 47 Schrankenwärter
268 Grunwald Mathilde 42 Ehefrau +
269 Gruhn Gustav 57 Landwirt +
270 Gruhn Emma 56 Ehefrau +
271 Gonda Julia 25 Dienstmädchen x
272 Gellert Otto 37 Arbeiter x
273 Gellert Martha 33 Ehefrau +
274 Gewiss Hermann 24 Bürogehilfe +
275 Greiser Paul 29 Arbeiter
276 Greiser Anna 33 Ehefrau x
277 Grundmann Hermann 68 Schuhmacher x
278 Grundmann Pauline 68 Ehefrau x
279 Greim Oskar 42 Amtsrichter +
280 Greim Erna 33 Ehefrau +
281 Gutsch Emilia 23 Dienstmädchen +
282 Grzegorek Emil 20 Kathastergehilfe +
283 Giering Gottlieb 59 Eigentümer x
284 Giering Selma 48 Ehefrau x
285 Girndt Ferdinand 40 Arbeiter +
286 Girndt Hulda 41 Ehefrau +
287 Günther Wilhelm 86 Altsitzer
288 Giering Reinhold 52 Fahrradhändler x
289 Giering Lina 41 Ehefrau
290 Girndt Martha 39 Ehefrau x
291 Giese Frieda 25 Lehrerin x
292 Giering Wilhelm 57 Hausbesitzer x
293 Giering Wilhelmina 56 Ehefrau x
294 Girndt August 71 Pensionär x
295 Girndt Marta 37 Ehefrau x
296 Grossmann Wanda 21 Dienstmädchen
297 Giering Otto 20 Krankenwärter x
298 Goldmann Elfriede 20 Tochter x
299 Hermann Martha 21 Dienstmädchen x
300 Hiersekorn Richard 38 Handelsmann +
301 Hiersekorn Marta 39 Ehefrau x
302 Hampel Leo 42 Molkereigehilfe x
303 Hampel Bruno 39 Molkereibesitzer x
304 Hampel Benno 38 Molkereigehilfe
305 Hampel Agnes 70 Witwe
306 Haupt Paul 22 Schuhmachergeselle x
307 Hecke Reinhold 42 Schneidermeister x
308 Hecke Frieda 31 Ehefrau x
309 Haeseler Maria 65 Witwe
310 Hannemann Karl 33 Bezirksfeldwebel +
311 Hannemann Frieda 33 Ehefrau +
312 Hiller Julius 53 Handelsmann x
313 Hiller Jenny 50 Ehefrau x
314 Heckert Amanda 31 Dienstmädchen x
315 Hippel Oskar 58 Kaufmann x
316 Hippel Amanda 52 Ehefrau x
317 Hohensee Emil 66 Postagent a. D. +
318 Hohensee Mathilde 61 Ehefrau +
319 Hesse Robert 42 Bäckereimeister x
320 Hesse Helene 33 Ehefrau +
321 Höhne Hedwig 35 Ehefrau x
322 Hoffmann Heinrich 71 Arbeiter x
323 Hoffmann Maria 66 Ehefrau x
324 Hiller Wolff 56 Handelsmann +
325 Hiller Emma 54 Ehefrau +
326 Hirsemann Eduard 33 Bezirksfeldwebel +
327 Hirsemann Margaretha 27 Ehefrau +
328 Höhne Wilhelmine 47 Händlerin x
329 Hoffmann Johanna 24 Verkäuferin
330 Hirt Wilhelm 56 Gastwirt x
331 Hirt Emma 55 Ehefrau x
332 Hirt Otto 26 Sohn +
333 Huhn Willi 38 Feldw. Leutnant
334 Huhn Maria 37 Ehefrau +
335 Hecke Stanislawa 29 Ehefrau
336 Hecke Richard 34 Arbeiter
337 Hildebrandt Adolf 59 Arbeiter +
338 Hildebrandt Martha 42 Ehefrau +
339 Heinrich Dienegott 64 Altsitzer x
340 Heinrich Augusta 61 Ehefrau +
341 Heinrich Gustav 55 Landwirt +
342 Heinrich Pauline 48 Ehefrau +
343 Helmchen Wilhelm 78 Pensionär +
344 Helmchen Wilhelmine 70 Ehefrau +
345 Hahn Oskar 50 Handelsmann x
346 Hahn Mathilde 49 Ehefrau x
347 Hahn Hildegard 23 Tochter +
348 Hellwing Otto 33 Arbeiter +
349 Hellwing Selma 30 Ehefrau x
350 Hiller Johanna 58 Witwe x
351 Hildebrand Berthold 42 Hausbesitzer x
352 Hildebrand Martha 43 Ehefrau x
353 Hildebrand Juliana 79 Altsitzerin
354 Haupt Bertha 42 Ehefrau
355 Henschinski Amalia 77 Näherin x
356 Hiersekorn Otto 64 Handelsmann +
357 Hiersekorn Anna 59 Ehefrau x
358 Hämmerling Lina 23 Dienstmädchen x
359 Hiersekorn Oskar 36 Handelsmann x
360 Hiersekorn Frieda 30 Ehefrau x
361 Henicz Johanna 49 Arbeiter x
362 Henicz Maria 49 Ehefrau x
363 Haupt Otto 31 Schuhmacher x
364 Haupt Anna 29 Ehefrau +
365 Henicz Valentin 25 Landarbeiter x
366 Henicz Michael 22 Fleischergeselle
367 Hämmerling Albertina 59 Arbeiterin x
368 Henschke Pauline 52 ohne Beruf +
369 Hoffmann Auguste 47 Areiterin
370 Hoffmann August 49 Aufseher
371 Hoffmann Selma 22 Tochter
372 Hahn August 48 Viehhändler x
373 Hahn Lina 42 Ehefrau x
374 Hasenfelder Hermann 66 Baumeister +
375 Hasenfelder Lucilia 49 Ehefrau x
376 Hasenfelder Elsa 29 Tochter
377 Hasenfelder Elisabeth 25 Tochter
378 Hasenfelder Hedwig 26 Tochter
379 Hartmann Louisa 66 Witwe +
380 Haupt Agnes 64 Witwe
381 Hahnfeld Eduard 48 Arbeiter
382 Hahnfeld Emma 46 Ehefrau
383 Hasselmann Karl 49 Kreistierarzt +
384 Hasselmann Sophie 41 Ehefrau +
385 Hartmann August 61 Arbeiter +
386 Hartmann Wanda 48 Ehefrau +
387 Haake Reinhold 54 Arbeiter
388 Haake Wilhelmine 57 Ehefrau +
389 Hildebrandt Benjamin 40 Arbeiter +
390 Hildebrandt Martha 42 Ehefrau +
391 Hoffmann Mathilde 72 Wittwe x
392 Heinrich Robert 66 Schrankenwärter a.D. x
393 Heinrich Bertha 60 Ehefrau x
394 Hartmann Karl 30 Postaushelfer
395 Hartmann Selma 33 Ehefrau
396 Hoffmann Martha 24 Diakonisse +
397 Held Julius 37 Briefträger x
398 Held Maria 38 Ehefrau
399 Helmchen Gustav 32 Maschinenwärter +
400 Helmchen Selma 31 Ehefrau x
401 Hinze Friedrich 39 Kreisausschußassistent x
402 Hinze Elsa 21 Ehefrau x
403 Höge Ottilia 60 Ehefrau
404 Hoffmann Otto 26 Bäckergeselle x
405 Herrmann Anna 20 Dienstmädchen x
406 Hoffmann Willi 20 Inspektor
407 Jurok Gottlieb 31 Kutscher
408 Jurok Martha 29 Ehefrau
409 Janiszewski Adalbert 53 Bäckermeister +
410 Janiszewska Johanna 43 Ehefrau +
411 Janiszewska Luvia 83 Wittwe
412 Janiszewska Theophila 44 Kaufmannsfrau x
413 Jost Otto 36 Bäckermeister x
414 Jost Anna 33 Ehefrau x
415 Janotte Ida 62 Kochfrau x
416 Janotte Hermann 37 Schneider +
417 Joachim Anna 26 Arbeiterin
418 Jeenicke jun. Hugo 32 Bezirksschornsteinfegermeister x
419 Jeenicke Hugo 74 Bezirksschornsteinfegermeister a.D. +
420 Jeenicke Albertina 72 Ehefrau +
421 Janotte Traugott 46 Stellmachermeister +
422 Janotte Selma 43 Ehefrau +
423 Jaensch Otto 45 Nachtwächter +
424 Jaensch Martha 44 Ehefrau x
425 Janowska Michalina 28 Dienstmädchen
426 Jungnik Richard 57 Lehrer x
427 Jungnik Ida 55 Ehefrau x
428 Jungnik Margareta 25 Tochter x
429 Janott Heinrich 63 Fleischermeister
430 Janott Emma 56 Ehefrau +
431 Janott Alwine 41 Witwe x
432 Joachim Auust 53 Zimmermann x
433 Janotte Juliana 85 Arbeiterin x
434 Janott Oswald 35 Bauunternehmer x
435 Janott Martha 33 Ehefrau x
436 Janott Reinhold 64 Handelsmann x
437 Janott Anna 59 Ehefrau x
438 Joachim Heinrich 75 Hausbesitzer
439 Jochade Ida 21 Arbeiterin +
440 Jermis Anna 47 Witwe
441 Jaeger Max 47 Steuerinspektor x
442 Jaeger Käthe 38 Ehefrau x
443 Jablonska Stanislawa 26 Hilfspflegerin x
444 Jablonska Agnes 67 Witwe +
445 Jaskowski Leo 25 Sohn +
446 Janischewski Wilhelmine 62 Witwe
447 Jeske Otto 39 Landbriefträger x
448 Jeske Ida 35 Ehefrau x
449 Janott Emma 28 Witwe
450 Jocksch Agnes 24 ohne Beruf x
451 Janott Dienegott 49 Orgelbauer x
452 Janott Ottilie 42 Ehefrau x
453 Janott Konrad 21 Sohn +
454 Janott Margarathe 20 Tochter +
455 Janotte Berthold 50 Schrankenwärter x
456 Janotte Hulda 35 Ehefrau +
457 Jagemann Leo 31 Gerichtsassessor +
458 Jagemann Charlotte 27 Ehefrau +
459 Jeske Alfred 26 Vizefeldwebel +
460 Joachim Mathilde 49 Schneiderin +
461 Jenschmischek Lina 24 Dienstmädchen
462 Jungnik Hedwig 21 Haustochter
463 Kriese Marianna 51 Ehefrau +
464 Karoske Gustav 24 Kutscher x
465 Krok Friedrich 25 Arbeiter
466 Kurtz Gotthold 71 Schumachermeister x
467 Kurtz Pauline 68 Ehefrau +
468 Kurtz Frieda 27 Haustochter x
469 Köth Rosalia 76 Einwohnerin x
470 Koza Viktoria 22 Dienstmädchen x
471 Kaliske Max 48 Arbeiter
472 Knop Andreas 51 Arbeiter +
473 Kremer Georg 41 Rittmeister +
474 Kannewischer Richard 55 Bäckermeister x
475 Kannewischer Marta 54 Ehefrau x
476 Kannewischer Konrad 27 Milchkontrolleur +
477 Kannewischer Ida 23 Haustochter x
478 Kurz Emilia 68 Gemüsehändlerin +
479 Kurz Hermann 30 Schuhmachermeister +
480 Kurz Emma 31 Ehefrau +
481 Kraft Bruno 26 Gasthausbesitzer +
482 Kraft Lina 31 Ehefrau +
483 Kuhnke Paul 30 Sattler +
484 Kuhnke Hedwog 39 Ehefrau x
485 Korytowski Stanislaus 54 Dentist x
486 Korytowski Wanda 53 Ehefrau x
487 Korytowski Adalbert 29 Heilgehilfe +
488 Korytowski Stanislaus 26 Dentist x
489 Kurtz Karl 31 Schuhmachermeister +
490 Kurtz Martha 30 Ehefrau +
491 Knobel Karl 61 Kaufmann
492 Knobel Margarete 48 Ehefrau
493 Knobel Theodor 24 Student
494 Knobel Ernst 23 Haussohn
495 Knoll Wilhelm 72 Sattlermeister x
496 Knoll Ingertine 69 Ehefrau x
497 Knoll Hans 35 Sattler +
498 Kretschmer Gustav 45 Schneidermeister x
499 Kretschmer Ernestine 45 Ehefrau x
500 Kernchen Rudolf 31 Bäcker x
501 Kernchen Selma 22 Ehefrau x
502 Kühn Ernestine 57 Wittwe +
503 Kühn Marta 29 Haustochter +
504 Kühn Paul 48 Schornsteinfegergehilfe +
505 Kasperozak Wanda 40 Arbeiterin x
506 Keitel Fritz 31 Stadtsekretär x
507 Keitel Hedewig 28 Ehefrau x
508 Kubel Agnes 62 Witwe +
509 Kubel Maria 41 Schneiderin
510 Krause Ferdinand 79 Rentenempfänger x
511 Kruschel Juliana 83 Witwe
512 Kühn Julius 56 Oberpostschaffner x
513 Kühn Anna 59 Ehefrau
514 Kahl Heinrich 36 Bäckermeister x
515 Kahl Ema 33 Ehefrau x
516 Knoll Wilhelm 72 Rentier x
517 Kühnel Anna 80 Rentierin x
518 Kern Alfred 36 Konditor x
519 Kern Martha 38 Ehefrau x
520 Kandula Elfriede 20 Dienstmädchen +
521 Knak Hieronimus 43 Postschaffner x
522 Knak Anna 39 Ehefrau x
523 Kittner Otto 32 Bürohilfsarbeiter +
524 Kittner Else 26 Ehefrau +
525 Krüger Albrecht 47 Pfarrer x
526 Krüger Theodora 49 Ehefrau x
527 Karlowski von Cornelia 55 Lehrerin
528 Krähan Alwin 44 Gerichtskanzlist x
529 Krähan Emma 47 Ehefrai x
530 Kaminski Emil 34 Arbeiter +
531 Kaminski Juliana 33 Ehefrau +
532 Kempe Karl 53 Handelsmann +
533 Kempe Anna 57 Ehefrau x
534 Kempe Margarete 20 Tochter x
535 Kempe Julius 84 Handelsmann
536 Kuhlow Heinrich 66 Steinsetzer
537 Kuhlow Matilde 75 Ehefrau +
538 Knoll Bruno 41 Kämmerer x
539 Knoll Susanna 31 Ehefrau x
540 Knoll Reinhold 64 Schlossermeister
541 Knoll Johanna 60 Ehefrau
542 Klinder Heinrich 53 Arbeiter +
543 Klinder Auguste 56 Ehefrau +
544 Kuhlow Mathilde 73 Schneiderin
545 Klimek Franz 41 Schneidermeister
546 Klimek Stanislawa 31 Ehefrau
547 Kuss Heinrich 62 Arbeiter +
548 Kuss Luisa 62 Ehefrau +
549 Kunert Ferdinand 30 Weichensteller +
550 Kunert Bertha 29 Ehefrau
551 Korn Berthold 56 Schmiedemeister x
552 Korn Anna 51 Ehefrau x
553 Korn Elfriede 21 Tochter x
554 Korn Erich 25 Schmiedegeselle
555 Krause Gustav 65 Sattlermeister
556 Krause Mathilde 49 Ehefrau x
557 Knoll Oswald 40 Bahnwärter +
558 Knoll Minna 34 Ehefrau +
559 Kucz Anna 20 Dienstmädchen x
560 Kelm Ferdinand 44 Heizer +
561 Kelm Agnes 45 Ehefrau +
562 Klosin Wladislaus 50 Postschaffner +
563 Klosin Bronislawa 39 Ehefrau +
564 Kwasny Marianna 69 Witwe
565 Kurtz Hermann 58 Tischlermeister x
566 Kurtz Johanna 63 Ehefrau x
567 Kirschke Pauline 75 Altsitzerin +
568 Kittner Martha 26 Krankenpflegerin +
569 Kahl Hermann 59 Zimmermann
570 Kahl Emilie 57 Ehefrau +
571 Kahl Hermann 37 Zimmerpolier x
572 Kowala Andreas 21 Schuhmacherlehrling
573 Kahl Ida 36 Ehefrau x
574 Kowalczyk Josef 37 Arbeiter
575 Kruschel Hermann 57 Schmiedemeister +
576 Kruschel Anna 61 Ehefrau +
577 Kruschel Richard-Hermann 21 Schmiedegeselle x
578 Kroll Fritz 64 Hauptlehrer x
579 Kriese Friedrich 50 Abbrennmeister +
580 Kannewischer Karl 67 Pensionär x
581 Kannewischer Anna 50 Ehefrau
582 Knispel Reinhold 41 Eigentümer
582 Knispel Marhta 38 Ehefrau
584 Klemm Gottlieb 35 Arbeiter
585 Klemm Martha 27 Ehefrau
586 Kandula Pauline 52 Arbeiterin +
587 Koch Wilhelm 65 Arbeiter x
588 Koch Auguste 61 Ehefrau
589 Koch Artur 22 Sohn
590 Koch Karl 27 Arbeiter x
591 Köppel Julius 54 stellvertretener Stadtwachtmeister +
592 Köppel Marha 29 Ehefrau x
593 Kucz Frieda 23 Dienstmädchen
594 Knickbein Martha 55 Witwe
595 Koniczny Valeria 30 Witwe x
596 Knorr Reinhold 38 Werkführer x
597 Knorr Martha 37 Ehefrau x
598 Kernchen Heinrich 66 Arbeiter
599 Kernchen Juliana 64 Ehefrau +
600 Krüger Hermann 45 Arbeiter x
601 Krüger Wilhelmine 42 Ehefrau +
602 Knoll Mathilde 65 Eigentümerin x
603 Knoll Paul 34 Landwirt x
604 Knoll Frieda 28 Tochter
605 Knoll Berthold 45 Hausbesitzer x
606 Knoll Martha 30 Ehefrau x
607 Kelm Bertha 46 Witwe x
608 Kelm Martha 20 Tochter +
609 Köter Ida 27 Arbeiterin x
610 Kurz Wilhelm 57 Arbeiter x
611 Kurz Bertha 53 Ehefrau x
612 Klauke Gottlieb 51 Arbeiter +
613 Klauke Emma 48 Ehefrau +
614 Knibbel Cäcilie 33 Arbeiterin
615 Kahl Max 24 Arbeiter
616 Kahl Bertha 25 Ehefrau
617 Kott Karl 64 Handelsmann +
618 Kott Bertha 61 Ehefrau +
619 Kott Selma 25 Tochter
620 Kutzner Johanna 20 ohne Beruf
621 Kuss Frieda 20 Dienstmädchen
622 Kahl Luisa 20 ohne Beruf
623 Lange Wilhelmina 61 Arbeiterin
624 Lehmann Gustav 60 Sattlermeister x
625 Lehmann Berthold 37 Sattler +
626 Lengert Heinrich 44 Sattlermeister +
627 Lengert Hermine 39 Ehefrau x
628 Luchtmann Berthold 65 Drechslermeister x
629 Luchtmann Antonia 64 Ehefrau x
630 Luchtmann Otto 34 Drechsler x
631 Lindner Johanna 58 Hebamme x
632 Lüdke Johanna 65 Witwe +
633 Lüdke Elisabeth 33 Bürogehilfin +
634 Lauterer Fritz 50 Bildhauer x
635 Lippmann Jakob 53 Kaufmann x
636 Lippmann Selma 48 Ehefrau x
637 Lüdke Ferdinand 65 Kaufmann +
638 Lüdke Ernestine 73 Ehefrau x
639 Löchel Anna 67 Witwe
640 Lüdke Alexander 54 Kaufmann x
641 Lüdke Rosalie 66 Ehefrau x
642 Lehmann Johanna 68 Handelsfrau x
643 Lutz Ida 63 Kaufmannswitwe +
644 Lutz Erna 28 Haustochter x
645 Lutz Bertha 29 Haustochter
646 Löchner Viktor 60 Sanitätsrat +
647 Löchner Auguste 63 Ehefrau +
648 Löchner Hertha 25 Haustochter +
649 Lemberg Ferdinand 67 Bäckermeister +
650 Lemberg Anna 45 Ehefrau +
651 Lemberg Heinrich 20 Bäckergeselle x
652 Ludwig George 31 Kaufmann +
653 Ludwig Lotte 27 Ehefrau +
654 Lachmann August 70 Gefangenenaufseher +
655 Lachmann Wilhelmina 65 Ehefrau x
656 Lachmann Margareta 25 Tochter x
657 Linke Berthold 34 Arbeiter
658 Linke Frieda 29 Ehefrau x
659 Lindner Wilhelm 32 Friseur x
660 Lindner Marta 34 Ehefrau x
661 Lachmann Elfried 28 ohne Beruf x
662 Lutz Anna 44 ohne Beruf x
663 Lutz Fritz 59 Kaufmann
664 Lutz Franziska 55 Ehefrau
665 Leske Mathilde 65 Ehefrau +
666 Leske Hermann 41 Sohn
667 Leske Oskar 33 Sohn +
668 Lüdke Traugott 78 Schneidermeister
669 Lüdke Anna 50 Schneiderin x
670 Lüdke Hermann 53 Schneidermeister x
671 Lüdke Anna 50 Ehefrau x
672 Lissek Maria 47 Arbeiterin x
673 Liepelt Anna 62 Witwe x
674 Leciejewicz Wilhelm 66 Viehhändler x
675 Leciejewicz Auguste 56 Ehefrau x
676 Leciejewicz Ida 34 Tochter x
677 Leciejewicz Selma 30 Tochter
678 Leciejewicz Hedwige 26 Tochter x
679 Leciejewicz Anna 22 Tochter x
680 Liszkowska Emilia 56 Arbeiterin +
681 Liszkowska Stanislawa 28 Tochter +
682 Liszkowski Michael 26 Sohn
683 Lange Karl 38 Gasmeister x
684 Lange Anna 32 Ehefrau x
685 Lehmann Karolina 65 Altsitzerin
686 Lange Gustav 60 Rechnungsrat x
687 Lange Agnes 55 Ehefrau x
688 Lehmann Bertha 53 Witwe x
689 Lehmann Luisa 30 Tochter x
690 Lehmann Frieda 27 Tochter x
691 Linke Wilhelm 65 Handelsmann
692 Linke Auguste 71 Ehefrau
693 Ludwig Max 35 Kaufmann +
694 Ludwig Hedwig 36 Ehefrau +
695 Lorke Wilhelm 60 Hausbesitzer
696 Lorke Maria 58 Ehefrau
697 Liepelt Johannes 42 Landwirt +
698 Lewin Aron 77 Kaufmann x
699 Lewin Flora 76 Ehefrau x
700 Lindner Frieda 24 Dienstmädchen x
701 Lanski Albert 55 Rentier x
702 Lanski Florentina 60 Ehefrau x
703 Laasch Ida 46 Witwe x
704 Lehmann Sophie Josefa 28 Ehefrau x
705 Lehmann Emil 34 Arbeiter
706 Loewe Eduard 65 Handelsmann +
707 Loewe Hulda 70 Ehefrau
708 Loewe Ida 29 Tochter x
709 Lange Berthold 37 Arbeiter x
710 Lange Wanda 30 Ehefrau x
711 Laube Selma 57 Diakonisse x
712 Lutz Gerhard 24 Sohn +
713 Lemberg Kurt 26 Bäcker
714 Lippmann Ernst 20 Kaufmann
715 Lange Lina 22 Dienstmädchen
716 Lanski Franz 21 Bäckergeselle
717 Milczynski Sylvester 47 Maler
718 Milczynski Martha 36 Ehefrau
719 Marquardt Otto 44 Händler
720 Marquardt Emma 42 Ehefrau x
721 Munter George 46 Kaufmann +
722 Munter Margarete 44 Ehefrau +
723 Munter Flora 74 Witwe
724 Munter Hulda 30 Haustochter
725 Michalak Veronika 24 Dienstmädchen x
726 Mis Dorothea 64 Arbeiterin +
727 Mis Martha 34 Schneiderin x
728 Mis Anna 28 Dienstmädchen +
729 Mis Hedwig 26 Hausmädchen
730 Mis Lucia 20 ohne Beruf +
731 Marcinkowski Stanislaus 43 Schuhmachermeister x
732 Marcinkowska Maria 40 Ehefrau x
733 Markus Paulina 64 Händlerin x
734 Müller Amalia 41 Dienstmädchen x
735 Müller Paul 28 Unteroffizier x
736 Müller Maria Martha 22 Ehefrau x
737 Müller Minna 24 Hausmädchen x
738 Manthei Wilhelm 62 Schlossermeister x
739 Manthei Ottilia 62 Ehefrau x
740 Manthei Selma 28 Haustochter x
741 Menzel Klara 22 Arbeiterin x
742 Müller Ferdinand 36 Kaufmann +
743 Müller Selma 27 Ehefrau +
744 Morczynski Hugo 43 Hopfenhändler x
745 Mischke Johann 20 Stellmacherlehrling x
746 Maennel Klara 56 Kaufmannswitwe x
717 Maennel Richard 27 Kaufmann x
748 Maennel Eva 25 Haustochter +
749 Maennel, Dr. Walter 27 Dampfmühlenbesitzer x
750 Maennel Käthe 26 ohne Beruf +
751 Marcus Moritz 56 Kaufmann +
752 Marcus Martha 51 Ehefrau x
753 Maennel Lydia 73 Rentierin
754 Maennel Hedwig 48 Haustochter
755 Marcus Minna 58 Kaufmannsfrau
756 Marcus Julia 31 Haustochter
757 Müller Hulda 29 Dienstmädchen
758 Müller Otto 50 Zolleinnehmer
759 Müller Ida 42 Ehefrau
760 Marcinkowski Franz 40 Ofensetzer
761 Marcinkowska Therese 37 Ehefrau
762 Müller Ferdinand 67 Hausbesitzer +
763 Müller Mathilde 61 Ehefrau
764 Müller Wanda 39 Tochter
765 Minge Martha 52 Arbeiterin x
766 Minge Bruno 25 Arbeiter x
767 Munk Arthur 40 Distr. Kornmeister
768 Munk Auguste 65 Witwe x
769 Mackowiak Tekla 28 Hausmädchen
770 Mielczysnki Valentin 31 Arbeiter x
771 Mielczysnki Maria 29 Ehefrau x
772 Musial Agnes 52 Arbeiterfrau +
773 Markus David 74 Kaufmann +
774 Markus Doris 64 Ehefrau +
775 Markus George 39 Kaufmannssohn +
776 Markus Käthe 29 Haustochter x
777 Miegel Ernestina 74 Witwe +
778 Makowski Klara 26 Arbeiterin
779 Marcinkowska Anna 46 Waschfrau +
780 Marcinkoswki Richard 21 Fleischergeselle
781 Markus Aron 66 Kaufmann +
782 Markus Sophia 70 Ehefrau +
783 Markus Rosa 31 Ehefrau +
784 Maennel Luise 58 Rentierin +
785 Maennel Johannes 36 Sohn +
786 Maennel Louise 35 ohne Beruf +
787 Maennel Maria 33 ohne Beruf
788 Minge Frieda 23 Kontoristin
789 Müller Heinrich 72 Hausbesitzer x
790 Müller Pauline 65 Ehefrau x
791 Maass Juliane 51 Ehefrau x
792 Morzynski Arthur 42 Gastwirt x
793 Morzynski Maria 23 Ehefrau x
794 Madten Emma 41 Schneiderin x
795 Müller Paula 27 Witwe x
796 Müller Emilie 51 Witwe +
797 Müller Klara 23 ohne Beruf x
798 Morzynski George 44 Brauereibesitzer +
799 Maennel Otto 46 Gärtnereibesitzer x
800 Maennel Margarete 37 Ehefrau x
801 Meisenheimer Maria 57 Ehefrau +
802 Meisenheimer Wilhelm 65 Rentier +
803 Meisenheimer Minna 34 Tochter +
804 Manzke August 71 Gerichtsvollzieher x
805 Manzke Auguste 64 Ehefrau x
806 Matschke Berthild 35 Maurer +
807 Matschke Anna 34 Ehefrau +
808 Mis Josef 45 Arbeiter x
809 Mis Katharina 37 Ehefrau x
810 Müller Jeomrocj 27 Unteroffizier x
811 Müller Helene 20 Ehefrau
812 Molzahn Maria 55 Witwe
813 Malaskiewicz Waclaw 37 Fleischer
814 Malaskiewicz Anna 34 Ehefrau
815 Müller David 63 Arbeiter
816 Muthmann Karoline 59 Witwe +
817 Muthmann Fritz 30 Kathastergehilfe +
818 Muss Auguste 59 Witwe +
819 Muss Otto 34 Schlosser +
820 Marchewka Franz 61 Pensionär +
821 Marchewka Valeria 51 Ehefrau +
822 Majewski Anton 28 Schlosser
823 Majewska Anna 23 Ehefrau +
824 Müller Karl 33 Arbeiter x
825 Müller Wanda 32 Ehefrau x
826 Müller Wilhelm 43 Arbeiter x
827 Müller Emma 45 Ehefrau x
828 Marquardt Gottlieb 66 Weichensteller a.D. +
829 Marquardt Emilia 67 Ehefrau +
830 Marquardt Hermann 28 Sohn +
831 Marquardt Karl Richard 26 Sohn +
832 Moicke Klara 44 Schulvorsteherin +
833 Marcinkowska Paulina 49 Plätterin x
834 Merkwirth Fritz 35 Schriftsetzer
835 Meiling Maria 46 Wirtschafterin +
836 Menzel Emil 32 Arbeiter
837 Maas Klara 25 Arbeiterin
838 Marquardt Frieda 24 Stütze +
839 Notz Else 35 Ehefrau x
840 Nyga Ludwig 30 Arbeiter x
841 Nya Maria 34 Ehefrau +
842 Nickchen Selma 24 Wirtschafterin x
843 Nawrocki Veronika 20 Dienstmädchen +
844 Nowitzki Franziska 20 Dienstmädchen
845 Nowak Paul 43 Schuhmachermeister x
846 Nowak Amalia 49 Ehefrau x
847 Nyga Max 35 Bäckermeister x
848 Nyga Marta 33 Ehefrau +
849 Nawrot Anton 27 Maurer +
850 Nawrot Emilie 23 Ehefrau +
851 Nowak Agnes 50 Magd +
852 Nowak Jakob 48 Steinsetzer
853 Nowak Josefa 48 Ehefrau
854 Neumann Otto 33 Arbeiter +
855 Neumann Wanda 37 Ehefrau x
856 Nowak Johann 43 Arbeiter x
857 Nowak Emma 41 Ehefrau x
858 Nowitzki Maria 21 Dienstmädchen
859 Nawrocka Anna 21 Arbeiterin x
860 Nawrocka Maria 54 Witwe +
861 Nowak Franziska 39 Ehefrau
862 Näbrig Gottfried 76 Invalide x
863 Nabrig Emma 44 ohne Beruf x
864 Nitschke Wilhelm 40 Eigentümer x
865 Nitschke Emma 35 Ehefrau x
866 Nowak Agnes 50 Witwe
867 Nyga Stanislaus 31 Arbeiter x
868 Nyga Antonia 32 Ehefrau +
869 Neumann Andreas 31 Zigarrenmacher +
870 Neumann Agnes 21 Ehefrau +
871 Niehr Margareta 37 Witwe
872 Nyga Klara 31 Witwe +
873 Nowak Johann 33 Arbeiter
874 Nowak Berta 22 Dienstmädchen
875 Oertel Hans 22 Oberheizer +
876 Ossowsky Betty 27 Wirtschafterin x
877 Opaska Hedwig 22 Dienstmädchen x
878 Overstraeten, van Maria 52 Schneiderin
879 Overstraeten, von Gerhard 30 Bürogehilfe
880 Orwat Dorothea 66 Waschfrau +
881 Osinski Hedwig 21 Dienstmädchen x
882 Okoniewski Josef 38 Arbeiter x
883 Okoniewska Michalina 33 Ehefrau x
884 Obst Gertrud 21 Kontoristin +
885 Obst Auguste 68 Witwe
886 Olszweski Leo 60 Tischlermeister
887 Ortlieb August 76 Altsitzer +
888 Ortlieb Rosalia 72 Ehefrau +
889 Orwat Johann 21 Musketier
890 Pflaum Hermann 41 Brauereibesitzer
891 Pflaum Bertha 40 Ehefrau x
892 Piotrowski Hedwiga 22 Dienstmädchen x
893 Pilatschek August 59 Korbmachermeister x
894 Pilatschek Beate 55 Ehefrau x
895 Pilatschek Paul 26 Korbmacher +
896 Pilatschek Ida 32 Haustochter x
897 Pilz Robert 25 Steuer Sup. +
898 Pietsch Ida 64 Rentierin x
899 Pflaum Reinhold 36 Uhrmacher x
900 Pflaum Teodora 35 Ehefrau x
901 Perschel Wilhelm 30 Bezirksfeldwebel x
902 Perschel Gertrud 29 Ehefrau x
903 Piske Richard 34 Rentmeister x
904 Piske Hedwig 29 Ehefrau x
905 Piske Hermann 64 Rentier +
906 Pflaum Hermann 55 Eigentümer +
907 Pflaum Emilie 64 Ehefrau +
908 Pretschker Emilie 44 Ehefrau +
909 Pretschker Emil 40 Kaufmann +
910 Prüfer Auguste 58 Rentierin +
911 Pohl Franz 31 Schneidermeister x
912 Pohl Marianna 31 Ehefrau x
913 Peikert Maria 80 Rentier x
914 Pietsch Nanni 35 ohne Beruf
915 Pflaum Emil 65 Kaufmann
916 Pflaum Anna 64 Ehefrau
917 Pflaum Else 37 Tochter
918 Pflaum Frieda 33 Tochter
919 Pflaum Wilhelmine 56 Rentierin +
920 Pawliczak Michalina 41 Arbeiterin x
921 Pflaum Hermann 68 Rentier +
922 Pusch Matilde 52 Arbeiterin x
923 Pohl Emilie 37 ohne Beruf +
924 Peiler Margarete 20 Stütze x
925 Paech Waldemar 49 Fabrikdirektor
926 Puterczyk Michaelina 54 Arbeiterin x
927 Puterczyk Susanna 24 Arbeiterin x
928 Pilarski Anton 74 Arbeiter
929 Pilarski Louise 65 Ehefrau x
930 Pohl Karl 46 Schlossermeister x
931 Pohl Maria 50 Ehefrau
932 Puchert Ferdinand 78 H… a.D.
933 Puchert Elsbeth 42 ohne Beruf +
934 Przybylek Hedwig 21 Köchin x
935 Pflaum Ferdinand 72 Bahnwärter a.D. +
936 Pflaum Ernestine 61 Ehefrau +
937 Pflaum Richard 33 Fahrradhändler x
938 Pflaum Hermine 28 Ehefrau +
939 Paetzold Paul 53 Lehrer x
940 Paetzold Anna 51 Ehefrau x
941 Paetzold Hellmut 26 Sohn
942 Pawliczak Marianna 54 Arbeiterin x
943 Perlinski Nepomuk 52 Dreher… +
944 Pohl Mathilde 56 Hausbesitzerin +
945 Pak Selma 29 Ehefrau
946 Pflaum Frieda 23 Dienstmädchen x
947 Perlinska Pauline 63 Arbeiterin x
948 Penther Paul 44 Arbeiter x
949 Penther Emma 29 Ehefrau x
950 Piechowiak Johann 35 Kutscher +
951 Piechowiak Anna 37 Ehefrau +
952 Püschel Hermann 60 Postsekretär +
953 Püschel Eleonora 57 Ehefrau x
954 Püschel Hildegard 21 Krie….aushelferin x
955 Polley Wanda 32 Arbeiterin x
956 Pohle Frieda 25 Witwe x
957 Puppe Richard 27 Arbeiter x
958 Puppe Wanda 32 Ehefrau x
959 Pflaum Wilhelm 39 Arbeiter x
960 Pflaum Wilhelmine 33 Ehefrau x
961 Pochstein Auguste 64 Arbeiterin +
962 Paulini Wilhelmine 43 Ehefrau x
963 Pochstein Karl 31 Arbeiter x
964 Pochstein Bertha 32 Arbeiter x
965 Prüfer Heinrich 52 Müller x
966 Prüfer Wanda 41 Ehefrau x
967 Pusch Karl 20 Schuhmachergeselle x
968 Papina Veronika 29 Ehefrau +
969 Quast Eduard 48 Tischlermeister x
970 Quast Ernst Otto 27 Sohn
971 Quast Emma 23 Tochter
972 Quast Reinhold 23 Arbeiter
973 Quast Wilhelm 65 Arbeiter
974 Quast Bertha 54 Ehefrau x
975 Rentel Gertrud 29 Meierin x
976 Rückheim Hulda 44 Uhrmacherwitwe x
977 Rückheim Friedrich 22 Uhrmachergeselle +
978 Rau Johanna 77 Plätterin
979 Rau Anna 48 Tochter +
980 Reschke Wilhelm 42 Müller x
981 Reschke Emma 37 Ehefrau x
982 Reisch Robert 38 Mühlenbesitzer +
983 Reisch Anna 30 Ehefrau +
984 Reisch Pauline 77 Altsitzerin
985 Reisch Anna 35 Haustochter +
986 Roy Traugott 70 Rentier
987 Roy Anna 30 Dienstmädchen x
988 Rausch Berthold 73 Gastwirt +
989 Rausch Auguste 79 Ehefrau +
990 Rausch Alfred 42 Sohn
991 Reisel Georg 53 Superintendent x
992 Reisel Gertrud 46 Ehefrau x
993 Reisel Ruth 21 Haustochter x
994 Roick Emma 56 Handarbeitslehrerin +
995 Redlich Paul 48 Bauunternehmer x
996 Redlich Auguste 47 Ehefrau x
997 Roy Ernestine 77 Arbeiterin x
998 Rutschke Auguste 65 Witwe x
999 Richter Wilhelm 56 Arbeiter x
1000 Richter Maria 45 Ehefrau x
1001 Rutkowski Maria 45 Ehefrau x
1002 Rau Reinhold 61 Weichensteller a.D.
1003 Rau Mathilde 58 Ehefrau
1004 Rietz Margarete 48 Hausdame
1005 Rausch Julius 76 Rentier +
1006 Rausch Emilie 72 Ehefrau +
1007 Rutschke Gustav 47 Arbeiter
1008 Rutschke Bertha 50 Ehefrau +
1009 Rausch Traugott 79 Arbeiter +
1010 Redlich Maria 76 Witwe +
1011 Rau Bertha 56 Waschfrau x
1012 Rau Frieda 21 Arbeiterin x
1013 Reichert Emilie 65 Krankenpflegerin +
1014 Reichert Maria 53 Wirtschafterin +
1015 Ramm August 78 Rentier x
1016 Ramm Wilhelmine 74 Ehefrau x
1017 Reichelt Oskar 45 Architekt
1018 Reichelt Adele 40 Ehefrau +
1019 Radke Heinrich 61 Werkführer x
1020 Radke Auguste 57 Ehefrau x
1021 Radke Else 29 Tochter
1022 Rössel Karl 35 Schuhmachermeister x
1023 Rössel Luise 37 Ehefrau x
1024 Roy Juliana 69 Ehefrau x
1025 Roy Emma 35 Tochter x
1026 Roy Selma 33 Tochter x
1027 Ruske Traugott 54 Handelsmann x
1028 Ruske Juliana 50 Ehefrau x
1029 Rutschke Richard 30 Hilfsweichensteller +
1030 Rutschke Frieda 25 Ehefrau +
1031 Rutkowski Johann 21 Klempnergehilfe +
1032 Rietze Otto 39 Brunnenbauer +
1033 Rietze Anna 42 Ehefrau +
1034 Roy Oswald 51 Rentier x
1035 Roy Louise 68 Ehefrau x
1036 Rausch Albertine 50 Wirtin x
1037 Richter Otto 28 Arbeiter x
1038 Richter Bertha 31 Ehefrau +
1039 Rebotzki Wilhelm 69 Hausbesitzer x
1040 Rebotzki Beate 64 Ehefrau x
1041 Rebotzki Mathilde 49 Schneiderin x
1042 Rex Gustav 29 . . . +
1043 Rosenau Otto 33 Zimmermann x
1044 Rosenau Ida 28 Ehefrau x
1045 Rosenau Berthold 28 Eisenbahnarbeiter
1046 Richter Wilhelmine 68 Arbeiterin x
1047 Richter Gustav 44 Gärtnereibesitzer x
1048 Richter Anna 40 Ehefrau x
1049 Richter Bertha 31 Arbeiterin
1050 Rausch Otto 33 Invalide x
1051 Rausch Emma 27 Ehefrau +
1052 Rademacher Erna 21 Diakonisse +
1053 Rau Richard 29 Arbeiter x
1054 Rau Richard 21 Hilfsbahnsteigschaffner x
1055 Redlich Emma 34 Dienstmädchen x
1056 Reimann Otto 28 Leitungsaufseher +
1057 Rietze Martha 20 Bürogehilfin x
1058 Seifert Berta 34 Witwe x
1059 Saegenschnitter Adolf 49 Tischlermeister x
1060 Saegenschnitter Ida 39 Ehefrau x
1061 Seide Emma 24 Dienstmädchen x
1062 Siegismund Selma 21 Dienstmädchen
1063 Seeliger Richard 47 Buchhändler +
1064 Seeliger Martha 42 Ehefrau x
1065 Spychalski Valentin 67 Privateur +
1066 Spychalski Wanda 62 Ehefrau x
1067 Seide Paul 42 Schuhmacher +
1068 Seide Hulda 47 Ehefrau +
1069 Singer Paul 49 Fleischermeister +
1070 Singer Ida 44 Ehefrau x
1071 Singer Maria 21 Haustochter x
1072 Singer Charlotte 82 Witwe x
1073 Sprenger August 55 Gend. Wachtmeister +
1074 Sprenger Cäcilia 52 Ehefrau +
1075 Sprenger Else 22 Postaushelferin +
1076 Szala Marianna 25 Witwe +
1077 Salbach Emilia 61 Lehrerwitwe +
1078 Saar Hermann 70 Töpfermeister x
1079 Saar Pauline 73 Ehefrau
1080 Saar Otto 44 Töpfermeister x
1081 Saar Auguste 42 Ehefrau x
1082 Saar Margarete 20 Buchhalterin x
1083 Singer Wilhelm 45 Kaufmann x
1084 Singer Margarete 35 Ehefrau x
1085 Szuwalski Mizislaus 35 Fleischer x
1086 Szuwalski Boleslaus 33 Fleischer x
1087 Szuwalska Hedwig 24 ohne Beruf x
1088 Slocinska Magdalena 22 Dienstmädchen x
1089 Szadkowska Maria 25 Stütze +
1090 Seidel Johannes 58 Pastor a.D. x
1091 Seidel Emilie 43 Ehefrau x
1092 Szyputa Stefan 40 Handelsmann x
1093 Szyputa Helene 32 Ehefrau +
1094 Semrau Maria 66 Witwe +
1095 Swarsenski Mannheim 64 Kaufmann +
1096 Swarsenski Adelheid 65 Ehefrau
1097 Sperling Wilhelmine 83 Witwe
1098 Szuflitz Johann 39 Maurer +
1099 Szuflitz Martha 43 Ehefrau +
1100 Szmierzchalski Simon 54 Maurer +
1101 Szmierzchalska Petronella 53 Ehefrau x
1102 Seide Juliana 71 Arbeiterin +
1103 Seiffert Martha 44 Dienstmädchen +
1104 Seeliger Ferdinand 79 Rentier +
1105 Seeliger Ida 73 Ehefrau +
1106 Szymanska Marianna 55 Arbeiterin x
1107 Seide Dorothea 73 Arbeiterin
1108 Siegismund Frieda 22 Arbeiterin
1109 Seifert Gustav 46 Arbeiter x
1110 Seifert Else 33 Ehefrau x
1111 Seide Otto 29 Ziegeler x
1112 Seidlitz Michalina 56 Arbeiterin
1113 Seidlitz Otto 41 Arbeiter +
1114 Seide Selma 27 Witwe
1115 Siegismund Auguste 58 Witwe
1116 Skrzypczak Ida 28 Witwe +
1117 Spiess Friedrich 51 Nachtwächter +
1118 Spiess Mathilde 32 Ehefrau x
1119 Sasse Bertha 50 Ehefrau
1120 Szala Viktoria 34 Arbeiterin
1121 Seide Berthold 47 Eigentümer x
1122 Seide Anna 43 Ehefrau x
1123 Seide Wilhelm 51 Zimmermann x
1124 Seide Ida 50 Ehefrau
1125 Siedler Emma 29 Ehefrau x
1126 Sobieraj Otto 33 Handelsmann
1127 Sobieraj Maria 26 Ehefrau x
1128 Senft Wilhelm 40 Arbeiter
1129 Senft Martha 40 Ehefrau
1130 Slobinska Maria 21 Dienstmädchen
1131 Siedler Luise 73 Witwe x
1132 Schulz Karl 49 Rentier
1133 Schanzenbach Ernestina 72 Waschfrau +
1134 Schmidt Fritz 43 Oberpostassistent x
1135 Schmidt Frieda 27 Ehefrau x
1136 Scholz Wilhelm 49 Gend. Wachtmeister +
1137 Schulz Anna 22 Bürogehilfin +
1138 Schade Auust 54 Pensionär +
1139 Schade Hedwig 28 Haustochter +
1140 Schade Gertrud 20 Haustochter +
1141 Schiersand Edgar 38 Privatlehrer
1142 Scheffler Maria 65 Putzhändlerin +
1143 Schmidt Juliana 63 Witwe +
1144 Schoeneich Ernst 49 Klempnermeister x
1145 Schirmer Emil 65 Klempnermeister +
1146 Schirmer Maria 64 Ehefrau +
1147 Schneider Gustav 38 Kaufmann +
1148 Schneider Margarete 28 Ehefrau x
1149 Schroedler Georg 37 Fleischer +
1150 Schroedler Anna 27 ohne Beruf +
1151 Schinske Kurt 45 Buchhalter
1152 Schinske Ida 41 Ehefrau x
1153 Schubert Anna 54 Hebamme x
1154 Schubert Richard 22 Handlungsgehilfe
1155 Schüber Emma 77 Handarbeitslehrerin +
1156 Schmidt Gustav 53 Fleischermeister +
1157 Schmidt Agnes 50 Ehefrau x
1158 Schmidt Richard 28 Fleischergeselle +
1159 Schallert Louise 70 Arbeiterin +
1160 Scheffler Willibald 41 Brunnenbauer x
1161 Scheffler Berta 37 Ehefrau x
1162 Schröder Elisabeth 45 Haushälterin +
1163 Schirrmann Emil 41 Schneidermeister x
1164 Schirrmann Hedwig 35 Ehefrau x
1165 Schaefer Emil 64 Gastwirt +
1166 Schaefer Ida 44 Ehefrau +
1167 Scheffler Emilie 70 Witwe
1168 Scheibe Karl 63 Fleischermeister
1169 Scheibe Karl 33 Student
1170 Scheibe Hildegard 25 ohne Beruf
1171 Schimanski Karl 59 Arbeiter x
1172 Schimanski Auguste 52 Ehefrau
1173 Scharke Berta 51 Lehrerwitwe +
1174 Scharke Olga 20 Bürogehilfin +
1175 Schinske Juliana 70 Witwe +
1176 Schilling Fritz 41 Maler +
1177 Schilling Emma 44 Ehefrau +
1178 Schulz August 65 Weichensteller x
1179 Schulz Ernestine 67 Ehefrau x
1180 Schulz Otto 39 Kaufmann x
1181 Schulz George 51 Kaufmann +
1182 Schulz Auguste 70 Ehefrau +
1183 Schilenski Reinhold 29 Arbeiter x
1184 Schilenski Martha 20 Ehefrau x
1185 Schütz Emma 37 Witwe x
1186 Schmidt Emil 62 Rechnungsrat +
1187 Schmidt Paul 52 Fleischermeister x
1188 Schmidt Anna 48 Ehefrau x
1189 Schwaebe Hugo 77 Hauptlehrer a.D.
1190 Schmidt Walter 28 Postassistent +
1191 Schmidt Gertrud 32 Ehefrau +
1192 Schulz Heinrich 60 Malermeister x
1193 Schulz Wilhelmina 50 Ehefrau x
1194 Schulz Hertha 20 Tochter x
1195 Schulz Frieda 29 Tochter x
1196 Schaefer Karl 44 Arbeiter +
1197 Schaefer Emma 40 Ehefrau +
1198 Schulz August 74 Schuhmacher
1199 Schulz Gustav 43 Bäckermeister x
1200 Schulz Maria 43 Ehefrau x
1201 Schulz Wilhelm 33 Hausbesitzer x
1202 Schulz Wilhelm 78 Altsitzer x
1203 Schulz Marta 43 Ehefrau x
1204 Schulz Berthold 35 Arbeiter +
1205 Schulz Emma 31 Ehefrau x
1206 Schütze Traugott 48 Buchhalter +
1207 Schütze Elisabeth 46 Ehefrau +
1208 Schäfer Rudolf 67 Rentier +
1209 Schäfer Maria 49 Ehefrau +
1210 Schallert Gottlieb 79 Veteran +
1211 Schallert Louise 72 Ehefrau
1212 Schallert Paul 36 Buchhalter
1213 Schulz August 74 Schuhmacher
1214 Schmidt Wilhelm 38 Postassistent x
1215 Schmidt Ella 32 Ehefrau x
1216 Schulz Wilhelm 77 Arbeiter x
1217 Schulz Mathilde 63 Ehefrau x
1218 Schulz Gustav 37 Arbeiter +
1219 Schulz Bertha 32 Arbeiterin
1220 Schmidt Richard 53 Dampfmühlenbesitzer +
1221 Schmidt Bertha 45 Ehefrau
1222 Schulz Paulina 61 Arbeiterin x
1223 Schmidt Mathilde 70 Rentenempfängerin
1224 Schmidt Maria 32 Briefträgerwitwe x
1225 Schroer Helene 38 Lehrerfrau x
1226 Schulz Adolf 22 Arbeiter
1227 Schaller Fritz 22 Unteroffizier +
1228 Schröder Hermann 33 Gefreiter x
1229 Schroer Rudolf 38 wiss. Lehrer +
1230 Steinaecker Frh. von Felix 70 Pensionär +
1231 Stelzer Hermann 46 Schuhmachermeister x
1232 Stelzer Juliana 46 Ehefrau +
1233 Stüber Hugo 42 Kreisschulinspektor +
1234 Stüber Magda 27 Ehefrau +
1235 Stelzer Bertha 58 Händlerin +
1236 Stasinska Dorothea 69 Arbeiterwitwe x
1237 Stiller Amandus 44 Bauunternehmer +
1238 Stiller Amanda 38 Ehefrau x
1239 Strauch Maria 45 Ehefrau +
1240 Strauch Hermann 39 Arbeiter +
1241 Stiller Ernestina 80 Rentierin
1242 Steinke Martha 33 Dienstmädchen +
1243 Steller Maria 43 Arbeiterin
1244 Steinke Arthuer 35 Kreissekretär +
1245 Strauss Bertha 36 Ehefrau x
1246 Stelter Elsbeth 31 Ehefrau x
1247 Strauch Karl 40 Arbeiter +
1248 Strauch Ida 36 Ehefrau x
1249 Stobbe Richard 51 Maschinenfabrikant x
1250 Stobbe Pauline 25 Tochter x
1251 Stobbe Meta 25 Tochter x
1252 Stenzel Pauline 35 Ehefrau
1253 Steinhoff Kurt 20 Unteroffizier +
1254 Stenzel Reinhold 41 Bergmann
1255 Toeffling Otto 50 Kaufmann x
1256 Toeffling Hildegard 49 Ehefrau x
1257 Toeffling Hedwig 22 Haustochter x
1258 Trojanowski George 52 Dentist +
1259 Trojanowski Ottilie 45 Ehefrau x
1260 Tepper Otto 39 Kaufmann +
1261 Tepper Lydia 31 Ehefrau +
1262 Tepper Martha 39 Wochenpflegerin +
1263 Täubner Emma 22 Verkäuferin +
1264 Tesmer Albert 73 Rentier +
1265 Tesmer Pauline 67 Ehefrau +
1266 Thiele Elisabeth 64 Putzhändlerin
1267 Thiele Emma 61 Putzhändlerin
1268 Toeffling Hugo 45 Gasthausbesitzer +
1269 Toeffling Lina 40 Ehefrau
1270 Tauch Richard 30 Friseur x
1271 Tauch Paula 30 Ehefrau x
1272 Tilesius Reinhold 37 Kreisbote x
1273 Telesius Frieda 23 Ehefrau x
1274 Tepper Ernestina 39 Witwe
1275 Täubner Heinrich 41 Hausbesitzer +
1276 Täubner Martha 42 Ehefrau x
1277 Tietze Gustav 51 Seilermeister +
1278 Tietze Ernestina 47 Ehefrau x
1279 Tietze Frieda 24 Tochter x
1280 Tietze Konrad 25 Sohn
1281 Tepper Gustav 76 Rentier +
1282 Tepper Maria 65 Ehefrau +
1283 Trautmann Elsa 29 Ehefrau
1284 Ulrich Wilhelm 46 Kaufmann x
1285 Ulrich Ferdinand 36 Arbeiter x
1286 Ulrich Anna 36 Ehefrau +
1287 Vogel Leopold 61 Schneidermeister +
1288 Vogel Therese 59 Ehefrau +
1289 Vogt Martha 36 Ehefrau x
1290 Vogel Martha 29 Witwe x
1291 Vetter Ernst 51 Postschaffner +
1292 Vetter Bertha 41 Ehefrau +
1293 Völtz Hedwig 33 Witwe x
1294 Vollmer Hans 38 Eisenbahn-Unterassistent +
1295 Vollmer Ella 29 Ehefrau +
1296 Vetter Frieda 20 Dienstmädchen
1297 Wolf Max 45 Kaufmann x
1298 Wolf Wally 37 Ehefrau x
1299 Wollstein David 71 Kaufmann +
1300 Wollstein Auguste 59 Ehefrau +
1301 Wollstein Jenny 26 Haustochter x
1302 Wollstein Bertha 23 Haustochter x
1303 Wittkowsky Heinrich 64 Kaufmann +
1304 Wittkowsky Hedwig 55 Ehefrau +
1305 Wittkowsky Hanna 22 Haustochter +
1306 Wendt Karl 59 Messerschmiedemeister x
1307 Wendt Elsbeth 27 Haustochter x
1308 Wendt Meta 26 Haustochter x
1309 Wendlandt Reinhard 66 Glaser +
1310 Walter Bruno 50 Kaufmann +
1311 Walter Helene 47 Ehefrau +
1312 Walter Ruth 20 Buchhalterin +
1313 Weber Gustav 34 Dachdecker
1314 Weber August 71 Chausseearbeiter +
1315 Weber Louise 71 Ehefrau +
1316 Weber Beata 74 Witwe
1317 Weber Helene 43 Schneiderin x
1318 Woskowiak Konstantin 60 Schneidermeister +
1319 Woskowiak Bertha 47 Ehefrau +
1320 Woskowiak Margaretha 21 Haustochter +
1321 Woskowiak Martha 48 Schneiderin +
1322 Wilhelm Gustav 64 Nachtwächter a.D. x
1323 Wilhelm Pauline 68 Ehefrau x
1324 Weinert Karl 67 Handelsmann +
1325 Weinert Ida 59 Ehefrau +
1326 Weintert Oskar 40 Handelsmann +
1327 Weidner Karl 65 Rentier
1328 Weidner Emma 57 Ehefrau
1329 Wesolowski Joseph 56 Dachdecker +
1330 Wesolowski Anna 54 Ehefrau +
1331 Wandrey Richard 40 Gastwirt x
1332 Wandrey Margarete 34 Ehefrau x
1333 Walter Hedwig 49 Händerlein x
1334 Wieczorek Franziska 28 Dienstmächden +
1335 Wendenburg Fritz 31 Dentist x
1336 Wendenburg Lina 29 Ehefrau x
1337 Wegner Stanislaus 45 Malermeister +
1338 Wegner Marianna 40 Ehefrau x
1339 Wieczorek Maria 37 Arbeiterin
1340 Werner Martha 35 Arbeiterin x
1341 Weinert Elise 32 Witwe x
1342 Wilhelm Emilia 59 Witwe x
1343 Wollermann Berta 38 Ehefrau x
1344 Weber Josef 28 Arbeiter x
1345 Weber Anna 28 Ehefrau x
1346 Wittkowsky Louis 46 Kaufmann +
1347 Wittkowsky Babeth 42 Ehefrau +
1348 Weber Paul 46 Töpfermeister x
1349 Weber Ludwig 27 Töpfer +
1350 Wandke Bertha 48 Witwe x
1351 Wandke Johanna 22 Tochter +
1352 Walter Robert 55 Oberpostschaffner
1353 Walter Martha 49 Ehefrau +
1354 Wilke Gustav 44 Arbeiter +
1355 Wilke Juliana 41 Ehefrau +
1356 Weber Ernst 57 Kreisrendant x
1357 Weber Berta 57 Ehefrau x
1358 Winter Wilhelm 44 Heizer +
1359 Winter Hedwig 28 Ehefrau +
1360 Wendenburg Hermann 59 Handelsmann +
1361 Wendenburg Hermann 29 Händler x
1362 Wendenburg Paul 28 Kontorist x
1363 Wendenburg Willi 25 Zahntechniker x
1364 Wunicke Maria 35 Witwe x
1365 Wilhelm Anna 53 Witwe x
1366 Wekwerth Ludwig 58 ….meister a.D.
1367 Wekwerth Elisabeth 49 Ehefrau
1368 Wolf Maria 47 Witwe
1369 Wolf Martha 20 Buchhalterin
1370 Weide Helene 21 Stütze +
1371 Winter Friedrich Wilhelm 46 Hausbesitzer x
1372 Winter Bertha 43 Ehefrau x
1373 Wojciechowski Theodor 54 Briefträger a. D. x
1374 Wojciechowska Martha 24 Dienstmädchen x
1375 Wojciechowska Anna 53 Ehefrau
1376 Weber Agnes 51 Witwe +
1377 Weber Michael 25 Arbeiter +
1378 Wilhelm Louise 58 Witwe +
1379 Weber Martha 42 Schneiderin x
1380 Wagner Max 39 Direktor der landw. Winterschule
1381 Wagner Loth 29 Ehefrau x
1382 Wiedemann Martha 22 Dienstmädchen +
1383 Weber Johann 59 Landwirth x
1384 Weber Berkadia 55 Ehefrau x
1385 Weber Anna 23 Tochter x
1386 Weber Max 32 Sohn +
1387 Weber Ludwig 21 Sohn +
1388 Wittig Hermann 53 Landwirth x
1389 Wittig Hulda 39 Ehefrau x
1390 Winter Reinhold 37 Landwirth
1391 Winter Wanda 42 Ehefrau +
1392 Woydt Otto 60 Arbeiter x
1393 Woydt Bertha 57 Ehefrau x
1394 Weber Robert 40 Handelsmann x
1395 Weber Emma 36 Ehefrau x
1396 Wiesner Emil 50 Zollaufseher x
1397 Wiesner Emma 42 Ehefrau x
1398 Wallstab Max 32 Sergeant x
1399 Wallstab Klara 27 Ehefrau x
1400 Winter Ernestine 68 Eigentümerin +
1401 Wagner Emma 23 Dienstmädchen
1402 Werner Heinrich 40 Zimmermann x
1403 Werner Ida 34 Ehefrau x
1404 Werner Wilhelmine 80 Witwe
1405 Wolf Frieda 20 Diakonisse x
1406 Warthold Adelheid 24 Hausmädchen x
1407 Wothe Elise 37 Ehefrau +
1408 Weigand Otto 45 Oberpostassistent x
1409 Weigand Erna 23 Ehefrau +
1410 Weidner Kurt 26 Molkereigehilfe
1411 Woskowiak Hans 27 Schneider +
1412 Weber Gerhard 26 Student
1413 Weiss Hedewig 20 Dienstmädchen
1414 Wardinska Josefa 20 Dienstmädchen +
1415 Weslowska Antonia 21 Stütze +
1416 Wittkowsky Helene 29 Bürobeamtin
1417 Wieczorek Tomas 33 Schneider
1418 Wesolowski Karl 25 Kellner +
1419 Zeidler Karl 75 Schuhmachermeister +
1420 Zeidler Janette 72 Ehefrau +
1421 Zeidler Klara 35 Haustochter +
1422 Zink Emilie 57 Fleischerwitwe x
1423 Zink Frieda 28 Tochter x
1424 Zink Mathilde 69 Witwe
1425 Zeckzer Paul 42 Briefträger x
1426 Zeckzer Emma 41 Ehefrau x
1427 Ziebell Hermann 66 Kreis…. +
1428 Ziebell Martha 29 Ehefrau +
1429 Zithier Nathanael 50 Handelsmann x
1430 Zithier Anna 58 Ehefrau
1431 Zeppei Lina 29 Witwe +
1432 Zeuschner Wilhelm 34 Arbeiter x
1433 Zeuschner Martha 25 Ehefrau x
1434 Zierz Hedwig 28 Dienstmädchen x
1435 Zimmer Klara 73 Försterwitwe +
1436 Zeidler Maria 27 Ehefrau x
1437 Zietek Theophila 72 Arbeiterin +

Fünfter Jahresbericht der Landwirtschaftlichen Winterschule Winterhalbjahr 1908/1909

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Der Vorsitzende des Kuratoriums von Daniels und der Direktor der landw. Winterschule Foß (1908/1909))
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[1.028]

Die Landwirtschaftliche Schule, auch kurz „Bauernakademie“ genannt / AK Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Fünfter Jahresbericht der Landwirtschaftl. Winterschule der Landwirtschaftskammer für die Provinz Posen in Neutomischel – Winterhalbjahr 1908 – 1909; zugleich Einladung zu der am Freitag, den 26. März 1909 stattfindenden öffentlichen Schlußprüfung – Neutomischel  – Druck von Wilhelm Busch – 1909

Inhalts-Verzeichnis

                1. Zweck und Aufgaben der landwirtschaftlichen Winterschule
                2. Schulnachrichten
                3. Ausschuss VII für landw. Schul- und Unterrichtswesen
                4. Das Kuratorium
                5. Das Lehrerkollegium
                6. Schülerverzeichnis
                7. Lehrplan
                8. Schulordnung
                9. Unterrichtsbeginn – Aufnahmebedingungen – Kosten des Schulbesuchs
                10. Prüfungsfolge zur Schlussprüfung

1. Zweck und Aufgaben der landwirtschaftlichen Winterschule

Unter den Landwirten herrschen über das Wesen und die Ziele der landwirtschaftlichen Winterschule noch so verschiedenartige und entgegensetzte Ansichten, dass immer wieder auf die Einrichtungen und Zwecke dieser Schulen aufmerksam gemacht werden muss.

[1.029]

Apfelbäume wurden in und um Neutomischel häufig kultiviert - Bildquelle: http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84pfel

Die landwirtschaftliche Winterschule will ihren Schülern eine bessere, allgemeine Bildung und alle die Kenntnisse beibringen, welche zum rationellen Betriebe einer Landwirtschaft notwendig sind. Aber nur solche jungen Leute werden in der verhältnismäßig kurzen Unterrichtszeit einen wirklichen Nutzen aus dem Schulbesuche ziehen können, die mit der Überzeugung in die Anstalt eintreten, dass nicht für die Schule, sondern für das Leben gelernt wird; der junge Mann soll aus der Schule die Überzeugung nehmen, dass zur Handhabung des landwirtschaftlichen Gewerbes mehr gehört, als die schablonenmäßige und gedankenlose Verrichtung der einzelnen Arbeiten, dass nicht bloß die reine Praxis oder reine Theorie die höchsten Erfolge sichert, sondern, dass beide miteinander innig verbunden sich gegenseitig ergänzen müssen. Die Schule soll den angehenden Landwirt befähigen, sich Auskunft zur geben über das „Warum“; mit gereifterem Verstande, mit erweitertem Gesichtskreis soll er in die Praxis zurückkehren, ihm sollen die wissenschaftlichen Grundlagen der Landwirtschaft aufgeschlossen werden, er soll urteilen, denken und rechnen lernen. Natürlich darf der junge Mang auf der Anstalt den praktischen Arbeiten nicht entfremdet werden, was auch nicht anzunehmen ist, da der Kursus in jedem der beiden Winter nur eine fünfmonatige Dauer hat und Gelegenheit zur Entfremdung in so kurzer Zeit nicht gegeben wird.

Die landwirtschaftlichen Winterschulen sollen in erster Linie Fachschulen, in zweiter auch Fortbildungsschulen sein; neben der Fachbildung hat die Schule auch die Fortbildung in den Elementar- und Realfächern nicht außer acht zu lassen, das in der Dorfschule erlernte und meist wieder Vergessene soll wieder aufgefrischt, ergänzt und erweitert werden. Diese für die Bauern eingerichteten Schulen sollen einen Bauernstand schaffen, der seine Stelle im Berufsleben nach jeder Richtung hin vertritt; brauchbare Gemeindemitglieder, tüchtige Staatsbürger sollen sie heranbilden.

Welche jungen Leute sollen sich die landwirtschaftliche Winterschule zu ihrer Ausbildung erwählen ? – Diese Frage ist dahin zu beantworten, dass wohl im allgemeinen jeder, der sich dem landwirtschaftlichen Berufe zuwendet, Vorteile aus dem Besuche einer solchen Schule ziehen kann, dass aber im besonderen und in erster Linie die Winterschule von Söhnen bemittelter und da der Besuch mit nur geringen Kosten verknüpft ist, auch weniger bemittelter Bauerngutsbesitzer besucht werden soll, dass endlich auch diejenigen Aufnahme suchen können, die sich zu Wirtschaftsbeamten ausbilden wollen. – Es ist eine unumstößliche Tatsache, dass bemittelte, ja selbst reiche Kleingrundbesitzer eher zu andern Zwecken, als zur Ausbildung ihrer Söhne Geldausgaben machen und aus dem Grunde „weil es zu viel Geld kostet“, diese in der Wirtschaft zurückbehalten. Alle Bauernsöhne, welche für den Winter in der väterlichen Wirtschaft entbehrlich sind, sollen sich der Winterschule zuwenden.

Der umfangreiche Unterrichtsstoff ist auf zwei Winter verteilt und zwar werden im ersten Winter mehr die grundlegenden naturwissenschaftlichen Fächer behandelt. Nur derjenige junge Mann wir aus dem Besuch der Winterschule den vollen Nutzen ziehen, der beide Kurse der Schule besucht und den dazwischenliegenden Sommer dazu benutzt, in der Praxis der väterlichen Wirtschaft Beobachtungen anzustellen und das im Winter Gelernte überall anzuwenden.

2. Schulnachrichten

Das vierte Winterhalbjahr im Bestehen der hiesigen Winterschule wurde am Sonnabend, den 28. März 1908 mit einer öffentlichen Schlussprüfung geschlossen. An derselben nahmen der Vorsitzende des Kuratoriums, Herr Landrat von Daniels, das Lehrerkollegium, die Eltern der Schüler, sowie eine Anzahl Mitglieder des Vereins ehemaliger Schüler, Freunde und Gönner der landwirtschaftlichen Winterschule teil. Die an die Prüfung sich anschließende Zeugnisverteilung und Entlassung der Schüler der Oberklasse erfolgte mit einer entsprechenden  Ansprache durch den Vorsitzenden des Kuratoriums Herrn Landrat von Daniels. An nachbenannte Schüler wurden Preise, bestehend in einem Buche nebst Diplom, verteilt:

  1. Paul Heinrich – Rakwitz-Dorf
  2. Reinhold Muster – Friedheim
  3. Otto Lehmann – Königsfelde
  4. Franz Weimann – Königsfelde
  5. Otto Schlecht – Neudombrowo
  6. Oswald Prüfer – Komorowo-Hauland

Die übrigen zur Entlassung kommenden Schüler der Oberklasse erhielten je ein Diplom als Belobigung überreicht.

Der Abend desselben Tages vereinigte nochmals das Lehrerkollegium mit den Schülern im Schülerverein zu einer Sitzung im Hohenzollernsaale, wobei von einigen Schülern Vorträge gehalten wurden. Es sprachen der Schüler der Oberklasse Paul Mettchen über „Kartoffelbau“, Franz Weimann über „Landwirtschaft früher und heute“, Gustav Wolff über „Auswahl des Saatgutes“ und Nikodemus Szymanski über „Bestäubung und Befruchtung der Pflanzen“.

Am Dienstag, den 3. November 1908 begann die Winterschule ihr 5. Winterhalbjahr. Es traten in die Unterklasse 12 Schüler ein, während von den vorjährigen 14 Schülern 10 in die Oberklasse zurückkehrten; außerdem nahm 1 Hospitant am Unterrichte, teils in der Ober-, teils in der Unterklasse teil.

Im Lehrerkollegium traten folgende Änderungen ein: Herr Polizeirat Roll trat aus Gesundheitsrücksichten von seinem Amte als Lehrer zurück und (es) übernahm den Unterricht in Gesetzeskunde Herr Rechtsanwalt und Notar Arndts – Neutomischel. Leider war es Herrn Polizeirat Roll nicht mehr vergönnt, sich von seiner Erkrankung zu erholen; am 29. Januar 1909 schloss er für immer die Augen und wurde am 1. Februar zur ewigen Ruhe bestattet. An seinem Grabe legt der Direktor der Winterschule einen Kranz namens des Schülervereins nieder. Nicht nur die jetzigen, sondern auch eine Anzahl früherer Schüler gaben mit dem gesamten Lehrerkollegium ihrem geliebten Lehrer und Mitkollegen das letzte Geleit. – Möge er in Frieden ruhen, die Schule wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren. –

An einigen Nachmittagen wurden mit den Schülern der Oberklasse einige Exkursionen per Rad gemacht und zwar nach Alt-Borui und Friedenhorst zum Ausmessen bzw. zur Besichtigung der Moorversuche, nach Zembowo zur Teilnahme an einer Vereinssitzung und nach Sontop zur Besichtigung der Ausrückevorrichtungen an landw.  Maschinen. Auch in diesem Jahre veranstaltete die Maggi Gesellschaft durch ihren Posener Vertreter eine unentgeltliche Kostprobe für die Schüler, die großen Anklang fand.

[1.030]

Das Gebäude der Winterschule 1942 - Foto Sammlung des Wojtek Szkudlarski

An den Sitzungen des hiesigen Rustikalvereins, sowie den Versammlungen des Vereins für Kunst- und Wissenschaft nahmen die Schüler mit Erlaubnis der betr. Herren Vorsitzenden stets teil.

Im Verein ehemaliger Schüler, Freunde und Gönner der landw. Winterschule wurden u. a. auch von Schülern der Oberklasse einige Vorträge gehalten und zwar sprach Szymanski über „Gründüngung“, Fenske über „Pferdeinfluenza“, Niedermeyer über „Familien- und Erbrecht“.

Über die Tätigkeit des Schülervereins gibt der bereits erschienene besondere Jahresbericht näheren Aufschluss.

Während des Sommers 1908 war der Direktor der Schule als Wanderlehrer in den Kreisen Neutomischel, Grätz, Bomst und in der südlichen Hälfte des Kreises Meseritz tätig.

Die Lehrmittelsammlung und die Bücherei wurden im laufenden Jahre durch Neuanschaffung bedeutend erweitert und tragen diese Sammlungen wesentlich zum Verständnis und zur Erklärung des im Unterrichtes behandelten Stoffes bei.

Das laufende Wintersemester findet am 26. März 1909 durch eine öffentliche Schlussprüfung seinen Abschluss.

3. Ausschuss VII der Landwirtschaftskammer

Unterrichts- und Schulwesen.

  1. Landeshauptmann Dr. von Dziembowski – Posen, Vorsitzender
  2. Professor Dr. Peters – Posen, stellv. Vorsitzender
  3. Oberregierungsrat Daum – Posen
  4. Landrat Dr. Buresch – Hohensalza
  5. Rittergutsbesitzer Leonhardt – Rucewko bei Güldenhof
  6. Rittergutsbesitzer Reinecke – Gußwiß bei Bojanowo
  7. Erbscholtiseibesitzer (schlesischer Ausdruck für den Besitz als solches in Verbindung mit dem Schulzenamt) Schubert – Grune bei Lissa i. P.
  8. Erster Landesrat Nötel – Posen
  9. Ober-Regierungs-Rat von Both – Posen

 

4. Das Kuratorium

setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen:

  1. Vorsitzender:  Herr Landrat von Daniels – Neutomischel
  2. Vertreter der Landwirtschaftskammer: Herr Rittergutsbesitzer von Poncet – Alttomischel
  3. Vertreter des landwirtschaftlichen Kreisvereins: Herr Rittergutsbesitzer von Beyme – Eichenhorst
  4. Vertreter der Stadt: Herr Bürgermeister Franke
  5. Vertreter der Schule: Herr Direktor Foß

 

[1.031]

Bienenkunde - älteste überlieferte Zeichnung - Bildquelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Honigbiene

5. Das Lehrerkollegium

umfasst foldgende Herren:

  1. Direktor Foß für Naturwissenschaft und Landwirtschaft
  2. Landwirtschaftslehrer Frech für Naturwissenschaft und Landwirtschaft
  3. Kreisarzt Dr. Buddee für Erste Hilfe in Unglücksfällen
  4. Kreistierarzt Hasselmann für Tierheilkunde
  5. Rechtsanwalt und Notar Arndts für Gesetzeskunde
  6. Rektor Glitscher für Raumlehre
  7. Lehrer Kroll für Zeichnen und Baukunde
  8. Lehrer Paetzold für Rechnen und Schönschreiben
  9. Lehrer Stegemeier für Bienenkunde, Geschäftsaufsätze und Obstbau
  10. Lehrer Bölsch für Deutsch und Heimatkunde
  11. Sattlermeister Knoll für Sattlerei
  12. Stellmachermeister Saage für Stellmacherei

 

6. Schülerverzeichnis

Lfd. Nr. Namen des Schülers Alter Stand des Vaters Wohnort Kreis

A) Oberklasse

1 Fenske, Richard 17 Landwirt Sontop Neutomischel
2 Gröger, Karl 16 3/4 Landwirt Paprotsch Neutomischel
3. Hirt, Otto 17 Kaufmann Alttomischel Neutomischel
4. Jaeschke, Bruno 17 1/2 Gastwirt Blenke Bomst
5. Lehmann, Miezeslaus 16 3/4 Gastwirt Siedler Bomst
6. Löchel, Hermann 17 1/2 Landwirt Glinau Neutomischel
7. Szymanski, Nikodemus 19 Landwirt Duschnik Samter
8. Thomas, Paul 16 3/4 Landwirt Grubske Meseritz
9. Wittchen, Gustav 16 3/4 Landwirt Paprotsch Neutomischel
10. Wolff, Gustav 19 3/4 Landwirt Wilschin Samter
11. Niedermeyer, Rudolf – Hospitant 22 1/4 Gastwirt Paprotsch Neutomischel

B ) Unterklasse

1. Baehr, Paul 17 Landwirt Grätz Grätz
2. Chudak, Thomas 17 Landwirt Klichow Jarotschin
3. Fischer, Hermann 16 Landwirt Alt-Borui Bomst
4. Freier, Wilhelm 17 Landwirt Glinau Neutomischel
5. Kara, Stefan 15 Först. u. Landw. Waldtal Neutomischel
6. Rausch, Hermann 15 Landwirt Friedenhorst Meseritz
7. Roy, Bruno 17 1/2 Landwirt Scherlanke Neutomischel
8. Schulz, Hermann 21 3/4 Landwirt Neu-Borui Bomst
9. Trapp, Gustav 15 3/4 Kaufmann Alttomischel Neutomischel
10. Winkler, Max 18 Landwirt Scherlanke Neutomischel
11. Filip, Cheslaus 15 1/2 Molkereiverw. Neustadt Schloß Neutomischel
12. Hauch, Gustav 19 3/4 Landwirt Albertoske Neutomischel

 

Übersicht der Schüler nach dem Wohnort

  1. Aus dem Kreise Neutomischel stammen 13 Schüler
  2. Aus dem Kreise Bomst stammen 4 Schüler
  3. Aus dem Kreise Meseritz stammen 2 Schüler
  4. Aus dem Kreise Grätz stammt 1 Schüler
  5. Aus dem Kreise Samter stammen 2 Schüler
  6. Aus dem Kreise Jarotschin stammt 1 Schüler

Summa 23 Schüler

Das Durchschnittsalter beim Eintritt in die Unterklasse betrug 17 Jahre. Das Durchschnittsalter beim Eintritt in die Oberklasse betrug 17 3/4 Jahre

7. Lehrplan 

Der Unterricht im Unterkursus erstreckt sich auf folgende Lehrgegenstände:

 

Oberkursus

 

[1.033]

Das Gebäude der ehemaligen Winterschule 1966 - AK aus der Sammlung P. Mierzejewski

8. Schulordnung

                    1. Jeder Schüler ist jedem Lehrer Gehorsam und Aufmerksamkeit beim Unterricht schuldig und zum Besuche sämtlicher Unterrichtsstunden verpflichtet
                    2. Die Schüler haben pünktlich zum Unterricht zu kommen und sich sofort auf den ihnen angewiesenen Platz zu verfügen
                    3. Die Schüler haben sich stets und überall eines gesitteten, anständigen und bescheidenen Betragens zu befleißigen und sich in jeder Weise zu bemühen, der Schule Ehre zu machen
                    4. Untereinander haben sich die Schüler freundschaftlich und gefällig zu benehmen. Neckereien sind streng verboten.
                    5. Für jedes Schulzimmer wir ein Zimmerwart ernannt, der jede Woche nach einer bestimmten Reihenfolge wechselt. Dieser hat für Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen.
                    6. Schüler, welche Eigentum der Schule mutwillig oder fahrlässig beschädigen, haben den entstandenen Schaden zu ersetzen
                    7. Ohne Erlaubnis des Direktors darf ein Schüler von den Schulausflügen oder Schülervereinssitzungen und Schulfeiern nicht fern bleiben
                    8. Ist ein Schüler durch Krankheit verhindert, dem Unterricht beizuwohnen, so haben die Eltern oder der Hauswirt sofort dem Direktor mündliche oder schriftliche Mitteilung davon zu machen
                    9. Urlaub kann nur in den dringendsten Fällen erteilt werden. Werden durch den Urlaub Unterrichtsstunden versäumt, so hängt die Genehmigung von einem schriftlichen Einverständnis der Eltern ab
                    10. Das Rauchen in und vor der Schule, auch auf dem Wege zur Schule ist nicht gestattet
                    11. Nach 9 Uhr abends dürfen  die Schüler ihre Wohnungen nicht mehr verlassen. Ihre mündlichen und schriftlichen häuslichen Aufgaben haben sie gewissenhaft zu erledigen. Von Seitens der Lehrer wird eine diesbezügliche Kontrolle geübt.
                    12. Der Besuch von Wirtschaften innerhalb des Schulortes ist nicht gestattet
                    13. Auswärtige Schüler dürfen nur unter Zustimmung des Direktors eine Wohnung wählen oder wechseln
                    14. Der Besuch von öffentlichen Tanzlustbarkeiten ist verboten
                    15. Jedes Spiel um Geld ist streng untersagt
                    16. Jeder Schüler erhält bei seiner Aufnahme ein Exemplar dieser Schulordnung. Dieselbe ist den Eltern oder Pensionshaltern zur Einsicht vorzulegen und während des Kursus aufzubewahren
                    17. Über Führung, Fleiß und Fortschritte wird jedem Schüler nach Schluss des Schuljahres ein Zeugnis ausgestellt
                    18. Übertretungen der Schulordnung werden bestraft und zwar durch Ermahnung, Erteilung eines Verweises, Benachrichtigen der Eltern durch den Direktor und endlich Entlassung aus der Schule.

9. Unterrichtsbeginn – Aufnahmebedingungen – Kosten des Schulbesuches

Das nächste Winterhalbjahr beginnt am 3. November 1909, vormittags 9 Uhr.

Anmeldungen zum Besuch der Winterschule nimmt jederzeit der Direktor der landwirtschaftlichen Winterschule Foß – Neutomischel entgegen. Wiederkehrende Schüler des Unterkursus bedürfen keiner neuen Anmeldung, da es als selbstverständlich gilt, dass dieselben in ihrem eigensten Interesse auch den Oberkursus der Schule besuchen.

Bei der Aufnahme sind vorzulegen:

  1. Das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Volksschule
  2. Ein polizeiliches Führungszeugnis

Erwünscht ist ein Mindestalter von 15 Jahren und eine vorherige praktische landwirtschaftliche Tätigkeit.

An Schulgeld sind für das erste Winterhalbjahr 40 Mk., für das zweite nur 30 Mark zu entrichten. Wenig bemittelte Schüler können reichliche Unterstützung erhalten.

Für das Schuljahr 1909/10 erhält jeder würdige Schüler, dem eine Staatsunterstützung nicht zuteil wird, aus der Kasse des Schülervereins zur Beschaffung der Schulbücher, Hefte usw. eine Unterstützung in Höhe von 10 Mk.

Auswärtige Schüler finden bei hiesigen Bürgern gute Unterkunft für ca. 40 Mark pro Monat. Der Schuldirektor weist Schülerquartiere gerne nach, ist auch zu weiteren Auskünften jederzeit bereit.

Neutomischel, im März 1909

Der Vorsitzende des Kuratoriums           Der Direktor der landw. Winterschule

von Daniels                                                   Foß

 

* * *

Prüfungsfolge für die am Freitag, den 26. März 1909, vorm. 10 Uhr, beginnende Schlussprüfung

1. Oberklasse

2. Unterklasse

Verteilung der Zeugnisse und Prämien. – Entlassung der Schüler der Oberklasse

Die Zeichnungen und schriftlichen Arbeiten der Schüler liegen während der Prüfung zur Einsicht aus; ebenso die im Handfertigkeitsunterricht hergestellten Gegenstände.

* * *

Text-Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu, Dokumentacja aktowa, Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl – 53/4385//0/11.1/7 – Der jährlich zu erstattende Hauptverwaltungsbericht 1907-1917

Johanna Beate Heinrich geborene Bederke 1810-1880

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert
[1.034]

Der Grabstein der Beate Heinrich geb. Bederke - Aufn. PM

Hier ruhet in Gott die Ausgedingerin

Beate Heinrich geb. Bederke

Geboren d. 3 Oktober 1810  – Gestorben d. 24 Mai 1880

Friede ihrer Asche !

Mit unserer Internet Seite ist auch das große Projekt der Katalogisierung [1.035] der Friedhöfe verbunden. Es finden sich dort auch einige Bilderserien – noch sind nicht alle veröffentlicht – der ehemaligen evangelischen Friedhöfe des Haulandes.

Nicht immer ist etwas über die Personen, deren Grabsteine oder Grabplatten gefunden wurden, in Erfahrung zu bringen. Aber ab und an liefert dann der Zufall doch noch einige Informationen. So war es auch mit dem zerbrochenen, tief in die Erde eingesunkenen Grabstein der Johanna Beata Heinrich geb. Bederke.

Es ist jetzt bekannt, dass sie als Tochter des Müllermeisters Johann George Bederke und dessen Ehefrau Christina, einer geborenen Hauch in Rostarzewo geboren wurde.  Im Jahr 1835 ehelichte sie den Johann George Heinrich (geb. ca. 1795).

Als Kinder aus dieser Verbindung sind zur Zeit bekannt die

Da bei den Eheschließungen der Töchter der Vermerk zu finden ist, dass der Vater als Ausgedinger in Gloden bei Rostarzewo seinen Wohnsitz hatte, ist durch das Grab auf dem ehemaligen Friedhof „Juliana“  zu vermuten, dass die Mutter zuletzt als Witwe bei ihren Familienangehörigen  in Albertoske gelebt hatte, dort verstarb und auch beerdigt wurde.

„Städtisches Krankenhaus zu Neutomischel“ – Die Verwaltung – 1883/84

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[277]

Das Krankenhausgelände heute - Postkartenausschnitt

Unseren Veröffentlichungen über die Bauvergabe [1.036]  und den Bauvertrag [1.037] folgen mit diesem Beitrag die Ausführungen zu den Statuten der Verwaltung zur Führung des „Städtischen Krankenhauses zu Neutomischel“.

Die Einrichtung jener Zeit kann mehr oder weniger als Privatklinik angesehen werden, da bis auf wenige Ausnahmen die Erkrankten alle Kosten für den Arzt, die Behandlung, die Medikamente und die Unterbringung mit Verpflegung selbst zu tragen hatten.

Eine gewisse Berühmheit erlangte dass Krankenhaus durch die für eine Behandlung zu zahlenden Pflegesätze. Das vom Magistrat erhobene Pflegegeld in Neutomischel belief sich auf 1,50 Mark zuzüglich der Arzt-, Arznei- und Verpflegungskosten während in anderen Krankenanstalten Kosten in Höhe von 1,20 bis 1,50 Mark inklusive der Arzt- und Arzneikosten und nur die Kosten der Verpflegung ausgenommen, zu zahlen gewesen waren. Es findet sich sogar eine Bemerkung, dass Kranke lieber die beschwerliche Reise nach Posen in Kauf genommen hätten, ehe sie zur Zahlung der Kosten in Neutomischel bereit gewesen wären.

* * *

Das in den Jahren 1883/1884 neu erbaute und eingerichtete Krankenhaus wurde unter der Bezeichnung „Städtisches Krankenhaus zu Neutomischel“ geführt. Die Krankenhausverwaltung oblag dem Magistrat der Stadt, so der einstimmige Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 23. November 1893, welcher in jener Zeit  Herr Witte als Bürgermeister und die Herren Gustav Toeffling, Ernst Tepper, Ad. Maennel und B. Maennel beigewohnt hatten.

Der Zweck des Krankenhause sollte einzig und allein der Aufnahme

dienen.

Die Aufnahme von anderen erkrankten Personen aus den „Außengemeinden“ war nur vorgesehen gewesen, soweit dieses der vorhandene Raum und die Einrichtung gestattet hätten. Bevorrechtigt vor Ihnen waren jedoch noch die Mitglieder der Ortskrankenkassen, bezüglich derer ein kontraktliches Übereinkommen bestanden hatte.  Die „Außengemeinden“ Bewohner hatten, wenn sie denn aufgenommen wurden außer den Arzt- und Medizinkosten die Kosten, die durch die Gewährung des Unterkommens, der Vorhaltung der Gerätschaften und die ihrer Verpflegung entstehenden baren Auslagen, zu welchen auch die Kosten der Heizung gehört hatten, zu entrichten.

Eine Aufnahme Erkrankter in das Krankenhaus ohne das Vorwissen des Magistrats hatte nicht erfolgen dürfen. Bei ganz dringenden Fälle, diese waren von der Regelung ausgenommen gewesen, war dem Magistrat spätestens am nächsten Tage eine Mitteilung zu übermitteln gewesen. Die Nichtbeachtung dieser Vorschrift hätte zur Folge haben können, dass derjenige, welcher die Aufnahme veranlasst hatte, ggfls. für die entstandenen Kosten haftbar gewesen wäre.

Jeder der in der Stadt Neutomischel wohnhaften Ärzte hatte das Recht gehabt seine Kranken im Krankenhaus zu behandeln. Die Behandlungskosten eines Kranken, der nicht Patient dieser Ärzte war, wurde nur vom Magistrat übernommen, wenn dieser durch den Magistrat überwiesen bzw. in das Krankenhaus eingewiesen worden war. Die Einstellung eines „eigenen“ Krankenhausarztes durch die Stadt war nicht vorgesehen gewesen, dieses hatte der Magistrat nicht für notwendig erachtet, da, so war die Argumentation gewesen, alle Behandlungen durch die am Ort praktizierenden Ärzte und in dem ihn zur Verfügung stehenden Krankenhauses erledigt werden konnten.

In dem seinerzeit fünften verfassten Punkt der Krankenhaussatzung war vorgesehen gewesen, die sanitätspolizeiliche Leitung des Krankenhauses alljährlich einem der am Krankenhaus gleichberechtigt tätigen Ärzte gegen eine separate Vereinbarung zu übertragen.

Dieses entsprach jedoch nicht der annähernd 9 Jahre nach der Inbetriebnahme des Krankenhauses, erlassenen Anordnung des königlichen Regierungspräsidenten [1.038] in Posen. Jeder Einwand und jede Argumentation des Magistrats, die hervorgebracht worden war um die Beibehaltung der für das Krankenhaus festgeschriebenen Statuten zu erreichen, wurde jedoch aus Posen als nicht den Gesetzen entsprechend abgelehnt.  Dem Magistrat wurde vorgeschrieben einen Arzt mit der sänitätspolizeilichen Leitung des Krankenhauses vertraglich zu verpflichten. Diese Anweisung führte am Krankenhaus in Neutomischel zu Neid und Mißgunst und ruinierte fast die Karriere des in der Stadt praktizierenden Arztes Dr. Loechner; über die gefundenen Einzelheiten berichten wir in unserer nächsten Veröffentlichung zum „Städtischen Krankenhaus zu Neutomischel“.

Bereits 1888 hatte man seitens des Magistrats mit dem Diakonissenmutterhaus in Posen einen Vertrag über die Entsendung von zwei Diakonissinnen nach Neutomischel geschlossen. In diesem Vertrag, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikel noch nicht vorlag, waren, so die Ausführungen in den Krankenhausstatuten, deren Rechte und Pflichten geregelt. In den Krankenhausstatuten selbst wurde lediglich ergänzend der Punkt hervorgehoben, dass außerhalb des Krankenhauses die Schwestern nur mit Zustimmung des Magistrats Krankenpflege ausüben durften und es ihnen nicht gestattet war, dass sich beide zu gleicher Zeit aus der Anstalt – wenn sich Kranke darin befanden – entfernen durften.

Durch die Krankenschwestern war auch die Ökonomie des Krankenhauses zu erledigen gewesen, jede etwaige Neuanschaffung oder Nachbestellung von Materialien etc. war jedoch selbstverständlich nur mit Zustimmung des Magistrats erlaubt gewesen.

Zum Krankenhaus gehörte in jener Zeit noch ein Garten. In diesem, so sahen die Statuten es vor, fand der Anbau von Gartenfrüchten statt. Die Nutzbarmachung hatte nach Anweisung des Magistrats zu erfolgen, wobei die Wünsche der Schwestern berücksichtigt werden konnten. Jedoch blieb die Hopfen-, Spargel- , Wein- und Obst- Nutzung den Bestimmungen des Magistrats vorbehalten.

Den Kranken konnte der Aufenthalt im Garten gestattet werden, doch hatten sich dieselben den zum Schutz der Gartenfrüchte getroffenen Anordnungen zu fügen. Bei Zuwiderhandlungen oder Entwendung von Gartenfrüchten konnte den Kranken der Aufenthalt im Garten untersagt werden.

Weiterhin hatten die Kranken die Hausordnung sowie die Anordnungen der Ärzte und Schwestern genau zu befolgen. Das Umherlaufen der Kranken außerhalb des Krankenhauses und des dazu gehörigen Hofraumes und Gartens war ihnen nicht gestattet gewesen, es sei denn, sie hatten dazu die Erlaubnis erhalten.

Über die Einnahmen und Ausgaben des Krankenhauses hatte der Magistrat beziehungsweise der die Kasse verwaltende Rendant alljährlich Rechnung zu legen und diese der Stadtverordneten-Versammlung zur Decharge vorzulegen.

* * *

Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten]

 

Kurzmeldung – Regierungserlass – Z. 9586/92 I D. vom 19. April 1893 – Die angemessene Leitung einer Krankenanstalt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Der königliche Regierungspräsident zu Posen (1893))
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[1.039]

Kopie eines Handschriftlichen Erlasses des Königlichen Regierungspräsidenten zu Posen aus dem Jahr 1893

Der königliche Regierungspräsident in Posen erließ mit Schreiben vom 19. April 1893 an die Vorstände sämtlicher öffentlichen Krankenanstalten des Regierungsbezirks die nachstehenden Weisungen.

Die angemessene Leitung einer Krankenanstalt, sowie namentlich die Wahrung der Interessen der Kranken erfordern, dass die Rechte und Pflichten des Krankenhausarztes klar ausgesprochen und vom Vorstande normiert, wie vom Arzte anerkannt sind. Ich bestimme deshalb hiermit im sanitätspolizeilichen Interesse von Aufsichtswegen, dass in allen öffentlichen (kommunalen, kirchlichen, korporativen) Krankenanstalten des Regierungsbezirks binnen drei Monaten mit den leitenden Ärzten Verträge abgeschlossen oder denselben besondere Instruktionen erteilt werden, in welchen folgende Bestimmungen aufzunehmen sind:

§1. Dem Arzte liegt die Leitung des gesamten Sanitätsdienste der Anstalt ob und ist er dafür sowohl dem  Vorstande, wie den Behörden verantwortlich. Letzeren gegenüber ist derselbe namentlich verpflichtet, von der Aufnahme Verwundeter, Verletzter, Geisteskranker, mit ansteckenden Krankheiten Behafteter und dergleichen, sowie von dem Vorkommen ansteckender Krankheiten und Unglücksfällen innerhalb der Anstalt nach Maßgabe der bestehender Gesetze und Verordnungen den zuständigen Polizei- resp. Gerichtsbehörden rechtzeitig Anzeige zu machen, die fernerhin erforderlichen Berichterstattungen pünktlich und sachgemäß auszuführen, auch bei dem Absterben solcher Kranken, deren Leichen nach Lage der Sache mutmaßlich einer gerichtlichen Besichtigung oder Obduktion unterliegen, dafür Sorge zu tragen, dass an denselben nichts vorgenommen wird, was zur Verdunkelung des Tatbestandes dienen kann. Die Sektion solcher Leichen durch den Krankenhausarzt darf nur nach vorherigen Benehmen mit der zuständigen Polizei resp. Gerichtsbehörde vorgenommen werden.

§2. Das mit der Wartung und Pflege betraute Personal ist in Ausübung seines desfalltigen Dienstes dem Arzte untergeordnet und dessen Anordnungen unbedingt Folgsamkeit schuldig.

§3. Der Arzt hat darüber zu wachen, dass in der Anstalt gesorgt wird:

§4. Auf die Kranken bezug habende Abweichungen von der Hausordnung bedürfen der vorherigen Zustimmung des Arztes.

§5. Der Arzt ist verpflichtet, von allen erheblichen Übelständen, deren Beseitigung er nicht selbst herbeiführen kann, dem Vorstande rechtzeitig Anzeige zu machen und auf deren Abhilfe zu dringen.

§6. Im Fall der Abwesenheit hat der Arzt für angemessene Stellvertretungen Sorge zu tragen. Außer den regelmäßigen Besuchen ist er verpflichtet, in dringenden Fällen zu jeder Tages- oder Nachtzeit sich in die Anstalt zu begeben. Das Verhältnis in den dienstlichen Funktionen des Anstaltsarztes zu den nachgeordneten Assistenzärzten (Sekundär-Hilfsärzten u.a.m.) ist vertragsmäßig bestimmt zu bezeichnen, damit ein jeder derselben seine Pflichten und Befugnisse gegenüber der Anstaltsleitung und den Kranken genau kenne und beachte.

§7. Die Entlassung von Kranken aus Anlass ihrer Besserung oder Genesung bedarf der Anordnung des Arztes. Entlassung wegen Vergehen gegen die Hausordnung dar nur vom Vorstand oder einem Delegierten desselben angeordnet werden und ist dem Arzt stets baldigst mitzuteilen.

§8. Der Arzte ist gehalten, die Krankenjournale ordnungsmäßig zu führen, namentlich die Krankheitsbezeichnungen regelmäßig einzutragen und bei Anfertigung der vom Vorstande beschlossenen Statistiken und Berichte in angemessener Weise mitzuwirken.

Da, wo bereits Instruktionen für Krankenhausärzte bestehen, sind dieselben den vorstehenden Bestimmungen entsprechend zu ergänzen.

Die Herren Kreisphysiker haben die Ausführung vorstehender Bedingungen zu überwachen, eventuell durch Vermittlung der Königlichen Landratsämter die Verträge einzufordern um über die Ausführung in den jährlich einzureichenden Sanitätsberichten Mitteilung zu machen.

* * *

Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten]

Johann Gottlieb Heyder 1751-1764 Polnisch Freystadt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Pastor Krumbholz - 1764 (Transkription Karl Schulz))
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[1.040]

Nachruf für Johann Gottlieb Heyder durch Pastor Krumbholz - Kirchenbuch Rackwitz - Archiwum Państwowe w Poznaniu Dokumentacja aktowa Fond: Akta stanu cywilnego Parafii Ewangelickiej Rakoniewice (pow. wolsztyński) 53/3843/0/-/2

Ein Wunderkind, so begann 1764 der damalige Pastor Krumbholz der evangelischen Kirche zu Polnisch Freystadt, welches später mit dem Dorf Rakoniewece zu einer Ortschaft zusammenwuchs, den Nachruf auf den verstorbenen Johann Gottlieb Heyder. Durch Einträge dieser und ähnlicher Art ist das ein oder andere Ereignis oder die ein oder andere Besonderheit im Leben der damaligen Einwohner im Kirchenbezirk einer Gemeinde zu erfahren.

Auch in dem Manuskript „Geschichte der Evangelischen Kirche zu Rakwitz“ von Karl Schulz wurde diese Eintragung schon als Transkriptionen veröffentlicht, die heute noch in dem erhaltenen Kirchenbuch jener Zeit einsehbar ist, sodass wir etwas über ein aussergewöhnlich begabtes Kind, welches vor 260 Jahren geboren wurde und im Alter von 12 Jahren viel zu früh verstarb, erfahren.

* * *

Juli, den 2. starb abends um 10 Uhr nach harter Niederlage ein Hoffnungsvoller Knabe, nehmlich Mstr. Joh. George Heyders, B.(ürgers) und Müllers allhier eintziger Sohn, Nahmens Johann Gottlieb, alt 12 Jahr, 33 Wochen.

Dieses Kind hatte außerordentliche Gemüths-Gaben und Fähigkeiten. Er hatte in der Music, auff der Orgel, und andern Instrument ausnehmende Progressen gemacht. Schrieb eine schöne Hand und vollkommen orthographisch, das Rechnens zu erwehnen; trug auch schon in einem Brieffe seine Gedanken recht ordentlich und zusammenhangend vor. Er war dem Studieren gewiedmet, und ich habe ihn 2. Jahr nebst meinem Sohne in der Lateinischen Sprache und Geographie unterrichtet, worinnen er ungewöhnlich zunahm, und durch meinen Sohn, der jünger war, als er, nur auff gehalten wurde. Er war dabey ein sehr frommes Kind, von aller Leichtfertigkeit und Muthwillen gantz entfernet. In den 2. Jahren meines Unterrichts hat er nie einige Straffe verdient, oder einen Schlag bekommen. Er schrieb und lernte seine Lectionen mit solcher Application, als ein erwachsener Mensch nur immer haben kann, denn er war fern von aller Flatterhaftigkeit, und verrichtete alles mit einem gesezten und ernsthafften Wesen. In seiner Krankheit, ehe noch die Mattigkeit überhand nahm, laß er alle Tage in der Bibel, sonderlich laß er das Büchlein Tobiä durch, weil er die Führungen des jungen Tobiä auff sich deutete. Den Spruch Tob. 12, 13 führete er auch hernach stets im Munde, welchen seine Eltern auch zum Leichen Texte erwehlten. Deßgleichen ließ er sich täglich seine Schul-Bücher und Land-Charten ins Bette geben, und betrachtet gar offt diese Sphären, welche er so bald verlaßen solte.

Dieses Kind wäre sonder Zweiffel eine Zierde seiner Vater-Stadt, und vielleicht ein Licht der Welt geworden, daferne es dem unerforschlichen Willen Gottes gefallen hätte, ihm ein längeres Leben zu schencken. Er ward den 4. Juli begraben, mit einer, von seinen Eltern bestellten Leichen-Predigt. Ich hielt ihm aber, aus freyem Triebe, zum lezten Ehren Gedächtnis noch eine Abdanckung, über die, auff ihn sich gantz besonders schickende Wort, Sap. 4,13: Klugheit unter den Menschen ist das rechte graue Haar und ein unbefleckt Erbe ist das rechte Alter. Er ist bald vollkommen worden, und hat viel Jahre erfüllet, woraus ich vorstellete: Klugheit, und unbeflecktes Leben, als ein Ruhmvolles Alter in der Kindheit. Er sah wohl aus, hielt sich reinlich in Kleidung, und war, durch seine eigne Urtheils-Krafft weit, weit manierlicher als Kinder von seinem Stande und Erziehung zu seyn pflegen. Doch war er, bey angenehmen Lineamenten, nur klein von Statur, und schwächlich vom Leibe.

Daferne dieses Kirchen-Buch sich der Vergänglichkeit entreißet, und auff die Nachwelt kommt; so darff Niemand an der Wahrheit dieser Geschichte zweiffeln. Es ist hier viel eher zu wenig, als zu viel gesagt. Der Hochwohl Ehrwürden Herr Kopp von Unruhstadt, welcher diesen holden Knaben, wenig Wochen vor seiner lezten Krankheit bey mir gesehen, und selbst examiniret hat, ist über seine seltenen Gaben erstaunt, und gleichwie Er, nebst mir, etwas außerordentliches von diesem Kinde prophezeyet hatte, also hat Er auch nebst mir, desselben frühzeitigen Hintritt schmertzlich bedauert. Gott hat diesen jungen Theologum, (denn er hatte Willens Theologiam zu studieren, dahero er auch die Predigten mit ungemeiner Auffmercksamkeit anhörte, und in den öffentlichen Kinder-Lehren, mit männlicher Parrhesie und Verstande antwortete) bald gar zeitig, in eine höhere Schule eingeführet, und ihn von dem Schauen, durch einen Spiegel, als an einem dunckeln Orte, auffgenommen, zum Schauen von Angesicht , zu Angesicht. Sein heiliger Rahme sey auch vor dieses unbegreifliche Schicksaal gepriesen.

Amen !

Quelle: Kirchenbuch Rackwitz – Archiwum Państwowe w Poznaniu Dokumentacja aktowa Fond: Akta stanu cywilnego Parafii Ewangelickiej Rakoniewice (pow. wolsztyński) 53/3843/0/-/2

Nachrichten über den Hopfen von Neu-Tomysl Provinz Posen, Königreich Preußen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Jos. Jac. Flatau (1873))
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[904]

Hopfenfeld am Landgraben in der Nähe des ehem. Witte Platzes 1928 - Aufn. Maennel-Archiv

Unter diesem Titel wurde im Jahr 1873 für die Weltausstellung in Wien, auf welcher, wie auch schon zahlreicher anderer Ausstellungen, der Neu Tomysler Hopfen dargeboten wurde, von Jos. Jac. Flatau, Königl. Preuss. Commissionsrath, Ehrenbürger der Städte Neu-Tomysl, Provinz Posen, und Buckow  Provinz Brandenburg. Ehrenmitglied des landwirtschaftlichen Central-Vereins für den Regierungs-Bezirk Potsdam, der National – Academie für Ackerbau zu Paris, des landwirtschaftlichen Vereins zu Heiligenbeil O.-Pr., Sections-Präsident der 27. Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe zu Wien und der 28. Versammlung zu Breslau etc. etc. eine kleine Broschüre zusammengestellt.

Der Hopfen und dessen Anbau war für die Stadt und deren Umgegend zu diesem Zeitpunkt bereits von existenzieller Bedeutung. Hatte beides auch schon früher eine große Rolle gespielt, siehe hierzu die Verwaltungsberichte 1817-1831, [1.041] in denen seitens des Bürgermeisters Hartmann 1828 bereits von dem Hopfenanbau als Haupterwerbszweig und im Jahre 1832 von der „großen Wohltat des Hopfenanbaus“ berichtete, so war in den folgenden Jahren der Anbau immer mehr ausgedehnt worden.

Jedoch, so die späteren Überlieferungen, modernisierte ungefähr ab dem Jahr 1838 Joseph Jacob Flatau die Anbau- und Vertriebsmethoden. Er brachte neue Hopfensorten in die Neutomischeler Gegend, letztlich wurde daraus, wie es heißt, sogar eine eigene Neu Tomysler Hopfensorte, sodass ein ungeahnter Aufschwung einsetzte und die Einnahmen der Hopfenbauern sie zu reichen Leuten machten. Nach derzeitigem Wissensstand bestand zwischen einerseits dem Joseph Jacob Flatau und andererseits den Hopfenbauern des Neu Tomysler Kreises eine einvernehmliche Zusammenarbeit, da man nur gemeinsam Weltruhm erlangen konnte. Vielleicht ist dieses auch der Grund, warum in dem schon eingangs erwähnten Heftchen als Herausgeber der Selbst-Verlag des Magistrats zu Neu-Tomysl fungierte und nach einer minimalen Beschreibung des Anbau, Handel und Vertriebs sämtliche von Joseph Jacob Flatau in Verbindung mit Hopfen erhaltenen Preise und letztlich die Hopfenhändler und -bauern erwähnt wurden.

* * *

[1.042]

Anerkennungen für Neu Tomysler Hopfen - Erworben und geschenkt erhalten von Herrn Joseph Jacob Flatau, kgl. Kommissions-Rath und Ehrenbürger der Stadt Neutomischel - der Pokal wird noch heute in Nowy Tomyśl verwahrt, die Münzen fehlen leider sämtlich / Bild: Kurzgefasste Chronik der Stadt

[1.043]

Ehrenpreis für Neu Tomysler Hopfen Bremen 1874, er bildete mit seinen 33cm Höhe die Mitte der Zusammenstellung der "Hopfenpreise" / Bild mit der freundlichen Genehmigung der Kreis- und Stadtbibliothek zu Nowy Tomyśl

Der rationelle Hopfenbau und der geregelte Hopfen­handel in Neu-Tomysl. (Provinz Posen, Königreich Preußen) und seinem weiteren Umkreise datiert vom Jahre 1838. Die Anlagen haben von da an von Jahr zu Jahr zugenommen, und es werden jetzt daselbst bei einer vollen Ernte nahe an 60.000 Centner eines zu Lagerbieren vorzüglich geeigneten Products gewonnen, welches den besten Hopfen-Sorten aus Bayern und Böhmen zur Seite gestellt wird, und deshalb auch hauptsächlich an bayerische und böhmische Hopfenhändler seinen Ab­satz findet. Dieses Product ist aber auch das einzige in Preußen, welches zu Lagerbieren verwendet werden kann. Der Hopfenbau in dieser Gegend ist der umfang­reichste in Preußen und der einzige Erwerbszweig einer Bevölkerung von circa 10.000 Menschen, welche dadurch zu einem wachsenden Wohlstande erhoben ist. Im Jahre 1860 sind für Hopfen in Neu-Tomysl 2.200,000 Thaler vereinnahmt worden. Es bestehen daselbst mehrere An­stalten mit den nötigen Vorbereitungen (hydraulischen Pressen u. dergl.), um Hopfen nach böhmischer, bayeri­scher, französischer und englischer Art, kurz in jeder Art, wie es von den Abnehmern gewünscht wird, zu verpacken.

Ein Näheres über den Hopfenbau um Neu-Tomysl und die Beziehungen des Verfassers dieser Schrift zu demselben ergibt die Zeitschrift des königlichen statisti­schen Büreaus zu Berlin No. 3 pro December 1860, Seite 82 bis 84, und No. 10 pro October 1862, Seite 244 bis 248.

Folgende öffentliche Auszeichnungen sind dem Hopfenbau zu Neu-Tomysl wegen seines bedeutenden Umfanges und der Vor­züglichkeit des Productes, beziehungsweise dem Herausgeber dieser Schrift für seine Verdienste um die Förderung dieses Kultur- und Handelszweiges allein in den letzten zehn Jahren erteilt worden:

Die bedeutendsten Hopfenhändler und Hopfen-Producenten in Neu-Tomysl sind:

a. – Die mit einem * Bezeichneten betreiben nur Handel, die übrigen sind Händler und auch gleichzeitig Producenten

Arlt, Samuel Arlt, Carl Basch, J. Bonn, David *
Danziger, Wolf * Fechner, Carl * Friedlaender, J. * Friedlaender, H. *
Goldmann, Eduard * Goldmann, Carl Goldmann, August Goldscheider, Eduard *
Guttkind, Joseph * Hamburger, Gebrüder zu Neu Tomysl u Tirschtiegel * Hoffbauer, August Josephssohn, Meyer *
Kaulfuss, Carl Kuttner, Alexander * Landmann, Julius Lippmann, Joseph *
Lüdtke, August Lutz, Gottlieb Lutz, Wilhelm Markus, Salomon *
Morczinski, Peter Palitzki, Franz Peikert, Wilhelm Pflaum, Friedrich *
Pflaum, Dienegott Rausch, Christoph Richter, Hermann * Schreiber, Moritz
Schulz, Gottlieb Toeffling, Julius Toeffling, Gustav Unger, Eduard
 Wandrey, Berthold

 

b. – Hopfen-Producenten von Bedeutung:

Bielke, August Brunsch, August Buchwald, Julius Dampmann, Jonathan Fechner, Robert
Frenske, Traugott Gutsche, Carl Gutsche, August Hakkus, Samuel Heinrich, Gottlieb
Hirsekorn, Ernst Kannewischer, Ludwig Kannewischer, Alexander Kaulfuss, Peter Kroetsch, Friedrich
Kroenert, Gottlieb Kierczek, Joseph Koch, Heinrich Kregl, Gottfried Kurz, Johann
Kuttner, Julius Lehmann, Heinrich Lüdtke, Heinrich Maennel, Heinrich Maennel, Dienegott
Maennel, Alexander Manthey, August Mentzel, Wilhelm Neumann, Louis Pflaum, Gottlieb
Roessler, Robert Rausch, Gottlieb Richter, Eduard Schroeter, Friedrich Scheibe, Wilhelm
Scheibe, Heinrich Sperling, Carl Stelzer, Gottfried Stelzer, Daniel Stein, Johann
Thiele, Adolph Thomas, Oswald Thomas, Hugo Thomas, Adolph Tepper, Gottlieb
Tepper, Christian Tepper, Wilhelm Tepper, Heinrich Unger, Gottlieb Weber, Wilhelm
Weiss, Eduard Weinert, Peter Xenodochius, Carl Zeidler, Heinrich

 

 

 

Vertrag zum Bau des Kranken- und Gefangenenhauses – 1883

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.044]

Das Kranken- und Gefängnisgebäude - Bild aus "Kurzgefasste Chronik"

Nachdem die Bedingungen [1.036]  der Vergabe des Baues des Kranken- und Gefangenenhauses bekannt gegeben worden waren, wurde nach nur 3 Tagen der Gebotsabgabe der sich bewerbenden 5 Bauunternehmer  unter dem 20. September 1883 der Zuschlag an Herrn Jacob aus Bentschen erteilt.

Über den Bauunternehmer Herrn Jacob aus Bentschen waren bis zu unserer Veröffentlichung aus den Unterlagen keine weiteren Einzelheiten zu erfahren, sodaß wir hier leider noch keine weiterführenden Daten in unseren Artikel einbringen konnten.

Die Bauausführung verlief vermutlich im Zeitplan, obwohl im letzten Drittel noch Änderungen vorzunehmen waren, welche zu einer Verzögerung in der Begleichung der fälligen Ratenzahlung führte, dann allerdings auch letztendlich mit einer Aufzahlung von 300 Mark auf den vereinbarten Baupreis abschloss.

Verhandelt

Neutomischel den 20. September 1883

Dem Maurermeister Herrn Jacob aus Bentschen wurde heute mitgeteilt, dass ihm bezüglich der Ausführung des Baues des städtischen Kranken- und Gefangenenhauses nach Maßgabe der getroffenen mündlichen Vereinbarungen, die Zeichnung, des Anschlages und den Bedingungen sowie der Licitationsverhandlung durch Beschluss der Stadtverordneten Versammlung vom 18. d. Mts der Zuschlag unter der Bedingung ertheilt worden sie, dass er die Gesamtausführung incl. der Lieferung der Materialien für den vereinbarten Preis von 10.800 Mark in Worten zehntausend achthundert Mark pünktlich und tadelfrei bewirken und die für die Stellung des Gebäudes namentlich aber die für das verlängerte und erhöhte Fundament entstehenden Mehrkosten nicht beanspruche.

Ferner wurde dem Herrn Jacob eröffnet, dass der Bau im Putzbau ausgeführt werden soll und dass als Baukommission die Herrn Bürgermeister Witte, Gustav Toeffling und Berthold Maennel gewählt worden sind

Herr Jacob acceptiert hierdurch alle ihm gestellten Bedingungen und ist damit einverstanden, dass diese Verhandlung die Stelle eines Kontraktes vertreten soll

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben

W Jacob

a.n.s.

Witte

* * *

Über den weiteren Verlauf der Bauarbeiten, etwaigen Schwierigkeiten oder auch Verzögerungen in der knapp bemessenen Bauzeit über den Winter wurden keine Unterlagen gefunden. Einzig die in den Bedingungen [1.036]  der Vergabe des Baues bei „quicklicher und gewissenhafter Erfüllung der Verpflichtungen und anschlagsmäßiger Ausführung des Baus“ festgelegten  Zahlungsvereinbarungen  und dazu auf dem Vertrag notierte Zahlungsvermerke liefern hierzu noch Auskunft;

Es wurden somit 11.100 Mark gezahlt und zwar 10.800 Mark kontraktlich u 300 Mark für Nebenarbeiten

Unter Berücksichtigung dessen, dass für die Restzahlung ein 6 monatiges Zahlungsziel in Anspruch genommen werden konnte, welches, so vermuten wir, seitens der Stadt ausgeschöpft wurde, kann also angenommen werden, dass das Kranken- und Gefangenenhaus im Juli / August 1884 fertiggestellt war.

* * *

Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten]  http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/68  [1.003] [Die Nutzung und Unterhaltung des Grundstücks Neutomischel Nr. 44- Krankenhaus pp.]

Dezember – Grudzień 2012

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert + Przemek Mierzejewski)
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[1.045]

1779/80 erbaut als evangelische Kirche - heute Herz Jesu Kirche der katholischen Gemeinde zu Neutomischel - Kościół zbudowany w latach 1779/80 jako ewangelicki - dziś kościół parafii rzymskokatolickiej pw. Najświętszego Serca Pana Jezusa w Nowym Tomyślu

Adventszeit und Christabend in Neutomischel – um 1847

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Johann Carl Berthold Roy (1895))
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[1.046]

Engel in der Herz-Jesu-Kirche auf der Orgel - Aufn. PM

Berthold Roy beschrieb seine Erinnerungen an die Weihnachtszeit wie folgt: …Bald lehrten weihnachtliche Gesänge auch uns Schulkindern so recht die Herrlichkeit des „Friede auf Erden“; – denn die Adventszeit hatte, und mit ihr das sogenannte „Quempas“-Singen, wieder begonnen. In meinem Heimatstädtchen war es nämlich eine alte, wahrscheinlich durch die ersten Ansiedler eingeführte Sitte, vier Wochen vor Weihnachten, also mit der Beginn des Advents, für die Christnacht aus den besten Sängern der Schule einen Kirchenchor zusammenzustellen, um unter Leitung des Kantors, welcher auch als Lehrer der Vorschule vorstand, den sogenannten „Quempas“ zu üben oder zu lernen. Dieser Name ist eine volkstümliche Abkürzung der Worte: Quem pastores, mit welchem der altbekannte, lateinische, deutsche Weihnachtsgesang:

Quem pastores laudavere (den Hirten lobten schon)

begann. Dieser Gesang stand immer auf der ersten Seite des Gesangsheftes, welches jeder Sänger in seiner Familie ererbt oder neu angefertigt hatte. Dieses „Quempas“-Singen war eine Merkwürdigkeit in Neutomischel, ich wenigstens habe es anderwärts nicht wieder angetroffen. (Anm. der Autoren, es gab dieses auch anderswo, vergl. http://de.wikipedia.org/wiki/Quempas)

Die ältesten, schönsten und lieblichsten Weihnachtsgesänge der deutschen Christenheit waren in diesem Heftchen nebst Text und Noten handschriftlich aufgeführt. Oberhalb der ersten Notenreihe stand in buntester Frakturschrift die erste Verszeile der Lieder: z. B. „Quem pastores laudavere“, „Lobt Gott ihr Christen allzugleich“, „Es ist ein Ros‘ entsprungen“, „Stille Nacht“, „Vom Himmel hoch, da komm ich her“, „Gelobet seist du Jesus Christ“, „O, du selige, du fröhliche“ u.s.f.

In alten Zeiten, als die Buchdruckerkunst noch unbekannt war, kann, in den Mönchsklöstern, kaum ein größerer Kunstfleiß bei Herstellung farbiger Frakturen auf heiligen Pergament-Urkunden verwendet worden sein, als es hier die Sänger familienweise taten. In welcher Weise jeder seinen Kunst- und Farbensinn schon fast das ganze Jahr hindurch vorher bestätigte, ließ keiner dem Anderen vor Beginn der Gesangsübungen merken. Dann aber wurden die „Karten aufgedeckt“, und mit stillem Neid oder unverhohlener Freude schaute sich dann der Minderbegabte die Leistungen seines Gesangsgenossen an. – Jedes Lied musste mit einer anders gearteten und mit in unterschiedlichen Farbenverbindungen getuschter Frakturschrift beginnen. Besonders die Anfangsbuchstaben konnten nicht kunstvoll genug sein. Auch zur Herstellung ganzer Bilder verstieg sich die Phantasie einzelner Künstler, z. B. „Adam, Eva und die Schlange, mit dem Apfelbaum“ als Eingangsbild; „Die Geburt Christi im Stall“, „Die Flucht nach Ägypten“ u.s.w.

[1.047]

Kronleuchter in der Herz-Jesu-Kirche - Aufn. PM

Endlich war der Christabend erschienen. – Hatte nun die Schöpfung ihr weißes Festkleid angezogen, oder fielen noch silberne Flocken zu Erde, so dass kein Tritt zu hören war, und fingen die Glocken an in feierlichen Pulsen durch die stille Abendluft zu ertönen, da senkte sich ein unbeschreiblicher Feierzauber in Herzen und Gemüter namentlich der Kleinen, der Pulse eine schnellere Gangart annahmen. Und wie Heinzelmännchen, mit Wachskerzchen oder Stöckchen in der Hand, huschten sie aus den Haustüren, von Erwachsenen begleitet, zur Kirche. Auch vom Lande strömte Groß und Klein in die Stadt. Schnell füllen sich die Räume der Kirche. Mächtig brausen der Orgel weihnachtliche Akkorde durch die kreuzweise sich schneidenden Hallen des Gotteshauses, welches durch Kronleuchter und Hunderte von Kindeshand getragener Kerzen lichtdurchflutet ist. – Die Orgel schweigt. – Horch! – Sind das Engelstimmen, deren sanft beginnender und allmählich anschwellender Gesang des „Quem pastores laudavere“ herniederzusteigen scheint, um auf der unteren Empore, westlich gegenüber, weiterzuklingen im zweiten Chor:

Quibus angeli dixere (Und die Engel noch vielmehre)

bis die dritte Zeile:

Absit vobis jan timere (Fürcht Euch nicht zu dieser Frist)

im höheren Chor der Südseite von einem dritten zweistimmigen Knabengesang wie aufgefangen wird, um mit

Natus, es rex floriae (Geborn ist der Herr Jesus Christ)

auf der Nordseite der unteren Empore durch einen vierten Chor beschlossen zu werden. – Und so folgt – von dem Vortrag des Pastors unterbrochen, – Lied auf Lied, bis die Christfeier in der Kirche beendet ist und die Feier im traulichen Kreise der Familie unter aufleuchtenden Christbäumen beginnt.

Die Wirkung jener Feier ist mächtig, und der Mensch der sie als Kind erlebt hat, verliert diesen herrlichen Eindruck nie, solange er lebt.

* * *

Quelle: Auszug aus „Kind – Jüngling – Mann – Selbsterlebtes aus Kriegs- und Friedenszeiten (1840-1871) geschildert von Berthold Roy“ erschienen 1895

Gottfried Meißner – die Kirchenzucht 1754 und das Halsgerichtsurteil 1757

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Pfarrer Krumbholz / Niederschrift im Kirchenbuch zu Rakwitz)
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[1.048]

„Peinliches Verhör“ im 17. Jahrhundert - Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Folter

Der Pfarrer einer Gemeinde war auf das Belehren und Ermahnen der Kirchengemeindenangehörigen beschränkt. Er konnte jedoch Sünder und Störenfriede aus „seiner“ Kirche hinausweisen oder diesen auch kirchliche Handlungen, wie z. B. das Abendmahl verwehren.

Gottfried Meißner hat im Jahr 1754 diese durch den Pfarrer Krumbholz in Rackwitz ausgesprochenen Restriktionen erleben müssen. Vermutlich angegriffen durch die Schmach, die die Schwangerschaft seiner unverehelichten Stieftochter, ein Zustand, der in jener Zeit als untragbar und als „Schande“ über die ganze Familie bringend galt, zudem unter Einfluß Dritter und Alkolhols waren „lästerliche“ und wohl auch beleidigende Worte gegenüber Pastor und Kirche gefallen.

Es sollte für Gottfried Meißner aber 1757 noch weitaus schlimmer kommen. Im Strafrecht wurde in diesem Jahre der gerichtliche Zwang zur Ablegung von Geständnissen unter Zufügung von Schmerzen, Folter, Tortur oder auch peinliche Befragung die „peinliche Halsgerichtsordnung“ genannt. Der Name bzw. die Benennung war abgeleitet von der in ihr geregelten schmerzhaften und auch Pein ( =Schmerz) bereitenden Befragung unter dem Einsatz der Folter. Und eben einer solchen hatte sich Gottfried Meißner zu unterwerfen, als er im Branntwein Rausch Gotteslästerung beging.

Gegen ihn wurde das Todesurteil verhängt. 

* * *

Eod. Ao. Dominica  VI. nach Trinitas mußte ein Bürger, Meister Gottfried Meißner, ein Fleischer allhier öffentliche Kirchen-Buße thun, nach dem er 14 Tage in der Komorke geseßen. Er hatte unter andern Exceßen auf mich (Pastor Krumholz) und die Evangelische Kirche lästerliche Reden ausgestoßen. Die Ursache, daß er mich angegriffen, war diese: eine Stieftochter war mit einem Bauern Kerl zur Hure worden.

Ehe es heraus kam, nahm sie, (Gott weiß, ob nicht mit Vorwißen ihrer Mutter) Artzney ein, adabortum procurandum, und als die Würkung dieser Artzney sie an die Pforten des Todtes bracht, so wurde nach mir geschickt, um sie zu berichten.

Sie entdeckte aber nichts von ihrem gefährlichen Seelen Zustande, wie sie wohl hätte zur Bezeugung einer wahren Reue und Zerknirschung ihres Hertzens thun sollen, und empfing also das heilige Nachtmahl in Verstellung und Unwürdigkeit.

Während meiner Abwesenheit in Sachsen entdeckte sich ihre Schwangerschaft und sie wurde mit ihrem Kerl von dem Hr. Canonikus getrauet.

Als ich nach Hauße kam, drang ich auf Kirchen-Buße. Vater u. Mutter kamen zu mir, u. entschuldigten sich, sie, die böse Person selbst aber wolte durchaus nicht erscheinen, schickte aber ihren brutalen Mann, der die trotzigsten Reden führte. Ich verboth ihm also zum Beicht Stuhl und heiligem Abend Mahl zu kommen, biß er sich der Kirchen Ordnung submittieret hätte. Der Stief-Vater Meißner nahm sich ohne Ursach dieses Handels an, und verklagte mich deßhalb bey dem Herrn Branetzky, welcher aber gesagt, er menge sich nicht in geistliche Händel.

Hierauf hatte er im Soffe die lästerlichen Reden wieder mich und die Kirche ausgestoßen. Er wurde davor auf dem Rathhauße verurtheilt 3 Sonntage hintereinander den Gottes-Dienst hindurch vor dem Altar zu knien. Das geschah auch do, IV. Trin. würklich. Er wurde durch 6 Jüngsten mit Gewehr aus der Komorke in die Kirche geführet, und auch wieder so dahin zurück gebracht. Die anderen 2 Sonntag wurden ihm erlaßen.

Ich bath selbst vor ihm: Gott gebe, daß er sich dieses zu Beßerung seines bösen Lebens dienen laße.

Sonnabend zuvor war Herr Burger Meister Standkowski bey mir, und meldete mir was vorgehen solte. Ich sagte zu ihm, ich befürchtete, es möchte Meißner etwas thun, welches ihn vor aller Straffe befreyte. Er antwortete aber er möchte thun was er wolte, so müßte er doch seine Strafe ausstehen. Es hatte auch Meißner würklich bey den Herrn Canonikus geschickt, und sich anbieten laßen, catholisch zu werden. Es war ihm aber zur Antwort worden: er solte erst seine Strafe ausstehen, und als dann kommen.

* * *

Anno 1757 um die Adventszeit verging sich der schon obenerwehnte Fleischer Gottfried Meißner so weit, daß er, in einem Brandwein-Rausche, da er sehr betrunken war, Gott lästerte.

Er ward deßhalben angeklagt und auff der Stelle eingezogen, auch, weil er von nichts wissen wolte, gemartert; er blieb aber dabey, es könte zwar seyn, daß er es im Trunke gesagt habe; allein er wiße gar nichts davon, habe auch nie den Vorsatz gehabt, Gott zu lästern.

Nichts desto weniger war ihm das Schwerdt zuerkannt, und auff am Tage nach den unschuldigen Kindlein wurde er vor dem gesezten peinlichen Halß-Gerichte auff dem Marckte öffentlich zum Todte verurtheilet.

In seinem Gefängnis wurde ihm sehr zugesetzt, umzutreten, mir aber ward durchaus nicht erlaubt, ihn zu besuchen, ob er gleich inständig darum bath. Vor dem Halß-Gerichts-Tische mangelt es auch nicht an theils ungestümen Zuredungen, welche aber von dem Deliquenten mit gleichem Ungestüm zurückgewiesen wurden.

Er ward zwar endlich gegen die Richt-Stätte, vor der Stadt, zugeführet, aber auff dem halben Wege kehrte man wieder mit ihm um und setzte ihn ins Gefängniß.

Es wurde der Frau Starostin die Sache auf das neue berichtet, und Meißner bekam sein Leben geschenkt, mußte aber, laut Urtheils, 6 Sonntage, während des Gottes-Dienstes im Sterbe-Kittel, vor dem Altar, auf der Erde (krzyzem) liegen, und also öffentliche Buße thun. Meißner erwehlte sich die Evangelische Kirche und stand seine Straffe aus.

Als alles vorbei war, kam erst Befehl, daß er die Stadt meiden solte, welches er auch, wiewohl mit großem Widerwillen that und sich nach Schlawe wandte.

Die ihm Umfange, nach erhaltener Lebens-Schenckung, merklich gewesene Lebens-Beßerung dieses Mannes dauerte nicht lange. Er fieng bald wieder an, sich zu betrinken und unordentlich zu leben.

* * *

Quelle: Kirchenbuch Rackwitz – Archiwum Państwowe w Poznaniu, Fond: Akta stanu cywilnego Parafii Ewangelickiej Rakoniewice (pow. wolsztyński) [1714-1766] http://szukajwarchiwach.pl/53/3843/0/-/2 [840]

 

Kurzmeldung: Wilhelm Kruschel und die Schule 1910

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert
[1.049]

Lehrer Laempel aus Wilhelm Busch - Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:L%C3%A4mpel.jpg

Normalerweise handeln Schulchroniken nur von Verwaltungsangelegenheiten, Schulneubauten, Konferenzen und ähnlichem. Von Schulkindern findet sich, außer vielleicht mal einer Erhebung ihrer Anzahl getrennt nach Mädchen und Jungen und gegebenenfalls noch nach Ihrem Alter, mehr oder weniger nichts. Wie groß muss die Empörung des Lehrers Schulz, der 1906 sein Amt in Schwarzhauland angetreten hatte, gewesen sein, dass er folgende Begebenheit notierte:

Den 3. Februar 1910

Als besonderes Vorkommnis muss hier Folgendes vermerkt werden. Unter anderen Kindern musste heute auch Wilhelm Kruschel wegen fortgesetzter Faulheit nachsitzen. Als er seine Strafarbeit, die sehr schlecht ausgefallen war, noch einmal anfertigen sollte, lief er aus der Schule, indem er den ihn verfolgenden Lehrer mit unverständlichen Worten und mit gehobener Faust bedrohte.

Die weiteren Aufzeichnungen schweigen über die Folgen, die sich aus dieser Tat ergeben haben  …

* * *

Die Schulchronik aus welcher die hier entnommene Passage wiedergegeben wurde, wurde uns mit freundlicher Genehmigung der Schule in Kąkolewo zur Verfügung gestellt. Vielen Dank !

Die Kirche zu Chlastawe – Gedanken

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert - 2012)
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[1.050]

Kirche zu Klastawe – Zeichnung Arthur Haupt – der Veröffentlichung entnommen

Die Kirche zu Chlastawe – Gedanken

In der Veröffentlichung „Wanderungen um Meseritz – und in Nachbargebieten der Kreise Schwerin, Bomst und Oststernberg“ aus dem Jahr 1936 findet sich im Kapitel über die Holzkirchen des Kreises auch ein kleiner geschichtlicher Abriss der Kirche zu Chlastawe.

Schon seinerzeit zählte man diese Kirche zu einer der schönsten, die noch erhalten waren. Diese Aussage hat bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren. Es bleibt zu hoffen, dass dieses auch für die Zukunft gelten wird.

* * *

Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten und leider muss man feststellen, dass das alte Kirchengebäude leidet. Es ist schwer ein Bauwerk, dass annähernd 475 Jahre alt ist, in die heutige Zeit zu integrieren.

[1.051]

Ein LKW fährt direkt an dem Kirchengelände vorbei – Eigenaufn. 2012

Das Kirchengelände wurde in der Vergangenheit reduziert um einer Durchgangsstraße Platz zu geben. Sicherlich hatte man bei ihrer Planung und Anlage keine Vorstellung davon, dass diese heute ständig von 40 to LKWs befahren werden würde. Die  Erschütterungen, die diese Fahrzeuge auslösen sind  von einem Besucher deutlich wahrzunehmen.  Wenn es diesem schon möglich ist diese zu spüren, dann sind die Auswirkungen auf das alte Gebäude weitaus intensiver. Sichtbar wird dieses durch die gelöste Vernagelung der Schindeln oder sogar deren völligem Abrutschen.

[1.052]

Die Schindeln des Kirchendaches lösen sich – Eigenaufn. 2012

Die Industrialisierung unserer Zeit ist nicht wegzudenken, die Arbeitsplätze angesiedelter Unternehmen werden gebraucht um der Bevölkerung ein Auskommen zu geben – dieses steht außer Frage.

Aber das Heute und das Gestern muss doch auf eine Art miteinander existieren können. Es kommt in einem der Gedanke, ob Unternehmen, die von den die Kirche passierenden LKW angefahren werden, nichts zum Erhalt dieser Denkmalgeschützten Bauwerke beitragen könnten ?

Bei  Karl Hielscher [1.053] heißt es zur Geschichte der Kirche Chlastawe, dass „dieses Kirchlein eine Besonderheit unter den alten aus Holz errichteten Gotteshäusern“ ist und es Anklänge an die Stabkirchen Schwedens“ zeigt, welches auf die Erbauung durch einen schwedischen Zimmermann zurückgeführt worden war.

Es ist aber nicht nur die Besonderheit ihrer Bauart, sondern dieses Kirchlein repräsentiert in sich auch die frühere Gemeinschaft von Menschen verschiedenster Herkunft, die im gemeinsamen Glauben vereint waren und miteinander lebten.

[1.054]

Das ehemalige Brauttor mit gelösten und abgeruschten Schindeln – Eigenaufn. 2012

Wäre es nicht zum Schutz dieses kleinen doch so bedeutenden Gebäudes möglich, einfach eine  Anfahrt zu den Werken zu gestalten ohne diese direkt an der Kirche vorbei zu führen ? Wäre es nicht schöner, das Kirchenareal wieder als Grünfläche herzurichten, als es zu asphaltieren und als Parkplatz zu nutzen ?

[1.055]

Die alte geschnitzte Kanzel – Eigenaufn.

In dem Artikel aus dem Jahr 1936 findet sich mit der Beschreibung des Torgebäudes auch der Hinweis auf einen alten Brauch, der nachdem er wohl auch schon in dem Wandel jener Zeit in Vergessenheit geraten war, wieder in das Bewusstsein der Menschen gelangte: „Das Torgebäude vor der Kirche, am Eingang des Kirchhofes, diente früher als Glockenträger. Seine Schallöcher zeigen die Form der Weltkugel mit dem Kreuz darüber. Seit einigen Jahren ist der alte Brauch wieder aufgelebt, dass die Brautpaare durch dieses Torgebäude zur Kirche gehen, daher der Name „Brauttor.

Dieser Brauch hat ohne Änderung der bestehenden Verhältnisse heute keine Möglichkeit nochmals aufzuleben wie dieses vor über 76 Jahren der Fall war. Der Durchgang durch das ehemalige „Brauttor“ ist geschlossen, die direkt an ihm vorbeiführende Straße ist vielbefahren und die anhaltende Geräuschkulisse der Fahrzeuge nicht zu überhören.

Aus dem Kapitel sind dann noch folgende weitere Einzelheiten über die Kirche zu erfahren: „Sie besteht – anders als die früheren Holzkirchen – aus Lehmfachwerk, das außen größtenteils mit Brettern verkleidet ist, stellenweise aber auch frei liegt. – Der Turm ist erst 1911 angebaut, jedoch der alten Bauweise so gut angepasst, dass ein Unterschied von neu und alt kaum auffällt. Ihn umzieht in Manneshöhe ein weit ausladendes Schindeldach. Dem schräg ansteigenden Mittelteil des Turmes, berichtet Haupt, „ist die würfelförmige Uhrstube aufgesetzt. An jeder Seite beleben zwei langrunde (Schall-) Öffnungen die unten im Zickzack ausgesägte Fläche. Und wiederum überragen die Spitzen des achteckigen Daches den Turm, gestützt von schrägen Streben. Schlank steigt die kreuztragende Pyramide (des Turmdaches) empor.“

[1.056]

Die geschnitzte Mittelsäule – Aufn. Haase u. Co., Frankfurt/Oder, der Veröffentlichung entnommen

[1.057]

Die geschnitzte Mittelsäule heute – Eigenaufn.

Eine weitere Beschreibung handelt dann von der Einrichtung des Gebäudes jener Zeit: „Auch das Innere der Kirche ist ein Denkmal alter Handwerkskunst und dörflichen Volkstums, wie es in dieser Reinheit nicht allzu oft erhalten ist … Eine geschnitzte Mittelsäule mit vier Kopfbändern stützt einen Unterzug, der die Balken des sichtbaren Dachstuhls trägt. Der ganze Raum ist mit lichten Temperamalereien liebevoll geschmückt. Fast jedes Stück der Ausstattung (Altar, Kanzel, Taufbecken, Kirchstühle, Bilder usw.) ist ein Zeugnis guten, echten Handwerks. Eines der Bilder zeigt Spuren von Säbelhieben aus dem Dreißigjährigen Kriege. Verschiedene Bilder stellen die Erbherren, deren Ehefrauen und Kinder dar. Die Wappen der Kirchenpatrone aus früheren Jahrhunderten zeigen ausschließlich deutsche Namen, wie die von Schenkendorff, von Troschke, von Kalckreuth, von Ruppen, Pobschitz, Löben, Unruh (bekannt als Gründer von Unruhstadt), von Rechenberg, Luck, Schlichtung, Nostiz, Blankenstein, Rothenburg, Braun … Auch die Kanzel ist mit Bildern geschmückt. Hier nennt sich auch der Maler: „Anno 1651 die 30 July Christophorus Petzelius, Pictor“. “

[1.058]

Klastawe – Aquarell von Max Heilmann, Frankfurt/Oder der Veröffentlichung entommen

In dem Büchlein werden die Ruhestätte Verstorbener in zwei kurzen Sätzen zusammengefasst: „Ein Seydlitz, wahrscheinlich Verwandter des Reitergenerals Friedrichs des Großen, ruht unter dem alten Grabdenkmal vor der Kirche. Die Inschrift verweist auf Alexander Friedr. von Seydlitz, 1750-95. – Grabgewölbe befinden sich unter der Sakristei und vor dem Altar.“ Über diese Grabgewölbe und diejenigen, die dort bestattet wurden, waren keine weiteren Einzelheiten zu erfahren.

[1.059]

Kirche mit noch erkennbaren Gräbern – Aufn. Haase u Co Frankfurt/Oder, der Veröffentlichung entnommen

[1.060]

Verwahrte alte Grabsteine – Eigenaufn.

Von dem früher bei der Kirche vorhandenen Friedhof ist heute nichts mehr erhalten. Nur wenig neuere Gräber finden sich neben dem erhaltenen Sockel des früheren Grabdenkmals des Seydlitz. Aber, nicht alle Zeugen der Vergangenheit sind verloren. Auf dem Gelände der Kirche werden noch einige alte Grabstein verwahrt. Leider sind diese und deren Inschriften noch nicht inventarisiert.

Zum 300 jährigen Jubiläum der Kirche, welches für 1937 mit seiner Feierlichkeiten hat stattfinden sollen, hat der im Jahr 1936 amtierende Pfarrer alle geschichtlichen Aufzeichnungen und Überlieferungen zur Erstellung einer Denkschrift gesammelt ist aus dem Büchlein mit der  Beschreibung der Chlastawer Kirche durch den Autoren zu erfahren. Noch erhaltene alte Unterlagen zur Vergangenheit der Kirche sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht zur Einsicht verfügbar. Es kann also nicht gesagt werden, ob das erhaltene Material vielleicht aus dieser Sammlung und der Denkschrift stammt, noch wovon der Inhalt handelt.

[1.061]

Die Holzkirche zu Chlastawe – Eigenaufn. 2012

Die Beschreibung der Kirche zu Chlastawe endet mit der Erwähnung  von 3 Glocken. Diese sollen 1774 bzw. 1775 von Friedrich Schramm aus Frankfurt/Oder umgegossen worden sein. Die größte der Glocken trug die Inschrift:

„Verbum domini manet in aclernum“

(Gottes Wort bleibt in Ewigkeit).

* * *

Quelle: Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa – „Wanderungen um Meseritz und in Nachbargebieten …“ http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/docmetadata?id=226763&from=pubindex&dirids=4&lp=8702

Das Wasserwerk mit seinem Turm feiert seinen 99. Geburtstag – Teil 2 – Die End-Abnahme und die Übergabe an die Stadt, die Dienstvorschriften

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.062]

Im alten Wasserturm ist heute modernste Technik - Foto: EgAufn.

Den ersten Teil unseres Berichtes über den Bau des Wasserwerkes mit seinem Wasserturm beendeten wir mit dem Termin zur Endabnahme der Landespolizei in Neutomischel am 1. Dezember 1913.

Der Königliche Regierungs-Präsident genehmigte dann mit Schreiben vom 05. Dezember 1913 „die dringend gewünschte Inbetriebnahme des Wasserwerks“ aber dieses „unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs“. 

Denn die End-Abnahme des Wasserwerkes wurde wegen der „mangelhaften Beschaffenheit des Zugangs zum Hochbehälter noch nicht ausgesprochen“

* * *

Dem Magistrat wurde mitgeteilt, dass „ein Umbau der bestehenden Leiter in einzelne Treppenteile mit Podesten und einem möglichst dichtem Geländer dringend erforderlich erscheint, zumal die Änderung dieser Anlage ohne übermäßig hohe Kosten auszuführen sei“ weiter wurde ausgeführt, dass „eventuell eine Vergrößerung des den Hochbehälter umschließenden Mauerwerks durch Auskragung zu ermöglichen sei“. 4 Wochen Frist zur Vorlage eines Änderungsberichtes wurden der Stadt eingeräumt.

Fa. Carl Francke in Bremen interpretierte diesen Vorbehalt der landespolizeilichen Abnahme  in einem Schreiben vom 5. Dezember 1913 als „keine nennenswerten Punkte“. Weiter führte sie aus, dass ihr Beauftragter Herr Encke sich darum kümmern würde, dass die noch restlichen Anstreicharbeiten bis zum 10. Dezember 1913 fertig gestellt werden würden.

In diesem Schreiben vom 5. Dezember drängte die Fa. Carl Franke dann auch auf einen Abnahmetermin zum 15. bzw. 16. Dezember 1913 durch die Stadt; es wird auch noch darauf hingewiesen, dass das Werk seit dem 15. November betriebsfähig gewesen und per 15. Dezember die 4 wöchige Probezeit beendet sei.

Zu vermuten steht, dass mit diesen Terminen auch Zahlungen der Stadt an die Fa. Francke zu leisten waren.

Der 27. Dezember 1913 ist das Datum des nächsten in den Archiv Unterlagen vorhandenen Schreibens. Es scheint, dass der Magistrat der Stadt Neutomischel die Fa. Francke drängte die landespolizeilichen Anordnungen bzgl. der Vorbehalte der Abnahme vom 1. Dezember zu beseitigen. Eine Abnahme des Wasserwerkes durch die Stadt Neutomischel von Fa. Francke hatte nicht wie gewünscht zu Mitte Dezember 1913 stattgefunden.

Die Francke schrieb: „Bei der geringen Höhe der Galerie um den Behälter kann ich die Leiter nicht in einzelnen Treppenteilen mit Podesten ausführen. Auch eine Auskragung des Mauerwerkes ist an dieser Stelle nicht möglich. – Bemerken möchte ich, dass der Aufstieg vom Tropfboden nach dem Behälter in diesem Falle besonders bequem angeordnet ist. Bei anderen Türmen in dortiger Gegend wird der Umgang um den Behälter nur 50 cm breit angelegt, während in diesem Falle ein Breite von 70 cm vorgesehen wurde. – Um ein gefahrloses Besteigen der Leiter zu ermöglichen, habe ich die vorhandene Leiter mit einer Rückenschutz-Vorrichtung versehen, wie sie aus beiliegender Zeichnung ersehen wollen. Ich hoffe, dass hiermit die Königl. Regierung einverstanden ist, und bitte ich ergebenst, diese Zeichnung dem Herrn Regierungs-Präsidenten einzureichen, damit ich die Anordnung auf meine Kosten ausführen kann.

Ich bitte den verehrlichen Magistrat, in dem Schreiben an den Herrn Regierungs-Präsidenten die Gründe auszuführen, welche eine Umänderung der Treppe in eine Podesttreppe unmöglich machen. Ich bitte darauf hinzuweisen, dass diese Treppe lediglich für das Betriebspersonal bestimmt ist. Bei etwaigen Besichtigungen durch Kommissionen etc. wird von der Stadt die Bestimmung erlassen, dass das Besteigen des Turmes nur bis zum Tropfboden erlaubt ist.

[1.063]

Der Betrieb der Anlage ist heute Computer gestützt - Foto: EgAufn.

Ich empfehle mich Ihnen mit vorzüglicher Hochachtung Carl Franke“

Da nur noch ein Schreiben vom 8. Januar 1914 zu finden ist in dem aus Posen die Anweisung ergeht, den Rückenschutz gemäß den Zeichnungen der Fa. Francke auszuführen, ist anzunehmen, dass die durch die Fa. Francke vorgeschlagene Anordnung des Verbotes des Besteigens des oberen Turmabschnitts ausgereicht hat, um den Anweisungen der landespolizeilichen Auflagen zu genügen.

Mit dem 10. Januar 1914 nachmittags um 3 Uhr war es dann alles zur Übergabe des Wasserwerkes von der Fa. Francke, Bremen an die Stadt Neutomischel geregelt. Der seinerzeit im Amt stehende Bürgermeister Franke bittet die Herren Baumeister Hasenfelder, Rentier Madantz, Fabrikdirektor Paech und den Kreisrendant Weber ebenfalls zugegen zu sein.

Das zu dieser Übergabe gefundene Protokoll vom 10. Januar 1914 ist dann gerichtet an die Teilnehmer der Abnahme:

außerdem an

und von der Firma C. Francke

Das Protokoll führte Folgendes aus:

„Nach eingehender Besichtigung des Werkes wurden folgende Mängel gerügt:

  1. Die Eingangstür muss in Ordnung gebracht, und mit einem besseren Schloss versehen werden
  2. Fliesenbelag im Maschinenraum muss ausgebessert bzw. ausgegossen werden
  3. das Mauerwerk zwischen den Doppelfenstern ist sauber zu fugen
  4. die zerbrochenen Fensterscheiben sind zu ersetzen, und die Fensterverschlüsse nachzusehen
  5. die Rohre über dem Tropfboden sind zu isolieren
  6. in der Enteisungsanlage ist noch ein Gasofen aufzustellen
  7. der Gartenzaun ist nochmals zu streichen
  8. gewünscht wird von der Stadt für das Maschinenhaus ein Läufer (Teppich)

Das Werk gilt mit dem heutigen Tage als abgenommen (10. 01.1914), im übrigen gelten für die sich noch herausstellenden Bau- und Betriebsmängel, die vertraglichen Bedingungen.

[1.064]

Die Stadt ist gewachsen, der "Neue" zweite Wasserturm steht in Sichtweite des "Alten" - Foto: EgAufn.

Herr Bauführer Encke wird noch cirka acht Tage in Neutomischel bleiben und die Maschinenwärter weitere Instruktion geben.

Außerdem wird die Firma noch genauere kurz gefasste Betriebsvorschriften ausarbeiten.

Die 3 jährige Garantiezeit wird vom 1. Dezember 1913 ab gerechnet.“

Die Stadt Neutomischel hat nunmehr ein eigenes Wasserwerk, für welches sie jetzt die Statuten und Gebühren für die daran angeschlossenen Haushalte festlegen muss. Auch sind noch weitere Punkte, wie z. B. die Versicherung des Wasserwerkes mit den Gebäuden und Maschinen zu erledigen. Über hierzu gefundene Akten und Schriftstücke geht es im nächstenTeil unserer Ausführungen zu dem Neutomischeler Wasserwerk weiter.

* * *

Dienstvorschriften für den Maschinenmeister des städtischen Wasserwerke Neutomischel

. Allgemeines

Fremden Personen ist der Zutritt zu dem Wasserwerk nur mit ausdrücklicher schriftlicher Erlaubnis des Magistrates zu gestatten.

Der Maschinenraum ist stets peinlich sauber und in vollkommener Ordnung zu halten. Werkzeuge, Mutterschlüssel, Ölkannen und Putzlappen sind an den dafür bestimmten Schlüsselbrettern bzw. in den Kasten aufzubewahren und dürfen, wenn sie nicht gebraucht werden, nicht ungeordnet umherliegen. Im Notfalle ist das Werkzeug dann nicht zu Hand oder in keinem brauchbaren Zustande. Es ist eine Hauptpflicht des Maschinisten, auf sein Werkzeug zu achten, damit er in der Lage ist, jeden Augenblick kleinere Reparaturen schnell und gut selbst auszuführen.

Blanke Maschinenteile sind regelmäßig zu putzen und alle anderen Teile sauber und staubfrei zu halten. die vorhandenen Schutzvorrichtungen dürfen weder verändert noch beseitigt werden.

[1.065]

Das Wasser wird noch heute aus den alten Brunnen gefördert - Foto: EgAufn.

B. Pumpen

Alle Wasserschieber und Ventile werden geschlossen, indem man deren Spindel (Handrad) nach rechts (im Sinne der Uhrzeigerbewegung) dreht. – Bei entgegengesetzter Drehung werden die Schieber geöffnet.

Beim Öffnen sind die Spindeln bis zur Hubbegrenzung zu drehen und dann durch eine geringe Rückdrehung von dem Druck auf die Gewindegänge zu entlasten.

Die Pumpen erreichen ihre volle Leistung bei 70 Umdrehungen in der Minute und zwar beträgt die Leistung der Rohwasserpumpe 15,705 cbm pro Stunde und die der Reinwasserpumpe 15,000 cbm pro Stunde. Das Mehr von 0,750 cbm ist für die Verdunstung in der Enteisungsanlage berechnet.

Die beiden Pumpsysteme sollen allwöchentlich abwechselnd in Betrieb genommen werden. Falls bei einer wöchentlichen Umschaltung der Pumpen durch die Ablagerungen des Eisenschlammes in dem Pumpenkörper der Rohwasserpumpe das Wiederanlassen der Pumpen erschwert wird, ist ein täglich wechselnder Betrieb erforderlich. Es ist auch dann noch genügend Zeit für die sorgfältige Reinigung der noch in Betrieb befindlichen Maschinenanlage vorhanden. Bei den Pumpen müssen auch die Druckhauben entfernt und die Druck- und Saugventile alle 3-4 Wochen nachgesehen und von Sand und sonstigen Unreinlichkeiten gesäubert werden.

Sämtliche Armaturen, wie Umlauf- und Belüftungsventile müssen dicht schließen und gangbar sein. Die kleinen Ventile müssen auch von Zeit zu Zeit mit feinem Schmirgel oder Graphit nachgeschliffen werden. Dieses gilt auch besonders für die Ventilhähne am dem Druck- und Saugwindkessel, welche auch zeitweise nachgeschliffen, vor allen Dingen aber gut gangbar gehalten werden müssen.

Vor dem Beginn des Betriebes hat der Maschinist sämtl. Schmiervorrichtungen mit Öl zu versorgen und sich davon zu überzeugen, dass die Ölapparate auch funktionieren und dass alle Verschraubungen, Flanschen, Gelenk- und Keilverbindungen in Ordnung sind. Auch ist besonders darauf zu achten, dass keine fremden Gegenstände (Schraubenschlüssel etc.) auf der Maschine liegen, welche den Betrieb sehr gefährlich werden können.

Der Absperrschieber der Rohwassersaugeleitung, welcher nach Schluss der Betriebszeit gleich geschlossen wird, muss vor dem Anlassen ganz geöffnet werden. Die Absperrschieber zu den einzelnen Brunnen, welche sich im Brunnenschacht befinden, bleiben stets geöffnet und brauchen nach Beendigung der Betriebszeit nicht geschlossen werden. Es sollen immer beide Brunnen in Betrieb sein.

Muss durch irgend eine Störung ein Brunnen ausgeschaltet werden, so ist der Absperrschieber in dem betreffenden Brunnenschacht zu schließen und die Aufsichtsbehörde (Magistrat) alsbald davon in Kenntnis zu setzen, damit diese den Brunnen durch einen Fachmann untersuchen lässt. wird nach längerem Betrieb eine größere Absenkung erreicht, wie gewöhnlich, so ist dieses in dem Betriebsbuch besonders zu vermerken und dabei auch ein kurzer Vermerk über den Gang der Pumpen zu erbringen. Der Wasserstand in den Brunnen ist wenigstens wöchentlich einmal kurz vor Beginn und kurz vor Schluss des Pumpenbetriebes durch Peilen genau zu ermitteln und in das Betriebsbuch einzutragen. Die Sicherheitsventile sind täglich durch sanftes Anheben und wieder Herablassen auf ihre Gangbarkeit zu kontrollieren. Wenn sich das Sicherheitsventil bei gleichzeitigem Steigen des Manometerzeigers auf dem Druckwindkessel öffnet, so ist die Maschine sofort stillzusetzen und die Ursache der Drucksteigerung in der Druckleitung zu untersuchen.

Die Hebel- oder Federbelastung des Sicherheitsventils ist um 1 Atmosphäre höher einzustellen, als der höchste Druck an diesem Punkte bei vollem Behälter beträgt. – Die Sicherheitsventile müssen von Zeit zu Zeit in der Fabrik geprüft werden.

Soll z. B. die Pumpmaschine 1 in Betrieb genommen werden, so sind zuvor die Absperrschieber der Roh- und Reinwassersaugeleitung, sowie die Schieber der Roh- und Reinwasserdruckleitung zu öffnen. Nachzusehen ist dann, ob die sämtlichen Schieber bei System 2 geschlossen sind, was anderenfalls gleich geschehen muss.

Bei jedem System ist die im Schacht stehende die Rohwasserpumpe und die auf Flur liegende die Reinwasserpumpe.

Vor Inbetriebnahme müssen die Absperrventile in den Umlaufleitungen zwischen den Cylindern und den Saugeräumen der in Betrieb zu nehmenden Pumpe unbedingt geöffnet werden.

Hierauf ist die Pumpe durch langsame Einschalten des Motors vorsichtig in Betrieb zu setzen und nach einigen Touren sind die Umlaufleitungen der Pumpe wieder zu schließen. Die Zeit bei Beginn des Pumpens und der Stand des Tourenzählers hierbei sind zu notieren, ebenso die Zeit bei Beendigung des Pumpens, wobei auch wieder der Stand des Tourenzählers abgelesen werden muss.

Steigt beim Betrieb das Wasser im Hauptdruckwindkessel über den Normalstand, so ist dem Windkessel durch Öffnen der an den Pumpencylindern angebrachten Belüftungshähnen Luft zuzuführen. Der Normalstand ist erreicht, wenn im Wasserstandsglas 1/3 Wasser und 2/3 Luft sichtbar ist. Dieses Verhältnis darf sich noch die höchstens 1/2 Wasser 1/2 Luft steigern.

Arbeitet ein Maschinensystem plötzlich ohne erkennbaren Grund rascher als normal oder wird ein starkes Klopfen der Ventile wahrgenommen, so ist die Maschinenanlage sofort abzustellen und die Pumpe zu untersuchen. Es kann die Möglichkeit vorliegen, dass ein zu tiefer Wasserstand in den Brunnen bzw. im Reinwasserbassin vorhanden ist. In diesem Falle ist der Pumpenbetrieb so lange einzustellen, bis der Wasserstand im Brunnen wieder seinen normalen Wasserstand erreicht hat. Falls der Reinwasserbehälter leer war, öffnet man bei der Reinwasserpumpe die Umlaufleitungen, damit die Reinwasserpumpe weniger leistet und durch das Mehr der Rohwasserpumpe der Behälter wieder angefüllt wird.

Bei Beginn des Pumpens ist auch der Stand des Wasserstandsfernmelders abzulesen und auch während des Pumpens zu beobachten. Gibt der Melder an, dass der Hochbehälter gefüllt ist, so ist mit dem Pumpen innezuhalten. Wöchentlich einmal soll eine kurze Zeit länger gepumpt werden, damit das Wasser im Hochbehälter einmal ordentlich überläuft.

Neu verpackte Stopfbuchsen müssen allmählich angezogen und nachgestopft werden. Es ist sorgfältig darauf zu achten, dass die Stopfbüchsen-Schrauben gleichzeitig angezogen werden, damit ein Klemmen (Ecken) derselben vermieden wird.

Erwärmt sich ein Lager, so ist es reichlich zu schmieren und der Lagerdeckel ein wenig zu lüften, bis nach dem Stillstande der Maschine der Ursache des Warmlaufens nachgeforscht werden kann.

Bei jeder Ausserbetriebsetzung einer Pumpanlage (allwöchentlich) sind die Pumpenventile nachzusehen, namentlich bei der Rohwasserpumpe.

Bei nicht Reinhaltung der Ventile werden dieselben undicht und die Förderleistung der Pumpen wird bedeutend vermindert.

Während des Stillstandes der Pumpen und besonders über Nacht sind die Hähne am Druck- und Saugwindkessel zu schließen, damit die Wasserstandsgläser nicht unter Druck bleiben.

[1.066]

Beide Türme förderten bzw. fördern das Wasser aus derselben Quelle - Eg-Aufn.

C. Die Gasmotoren

Zum Bedienen der Motoren ist jedem eine genaue Gebrauchsanweisung beigegeben, die in dem Maschinenraum aufzubewahren ist. – An dieser Stelle soll nur darauf hingewiesen werden.

D. Die Enteisungsanlage

Das Prinzip der Enteisenungsanlage ist folgendes: In der Rieseleranlage soll das Wasser in möglichst fein verteiltem Zustande mit der atmosphärischen Luft in Berührung kommen, wodurch das lösliche Eisensalz in unlösliches Eisenoxydhydrat überführt wird. Die Rohwasserpumpen fördern das Rohwasser aus den Brunnen zunächst auf die Rieseleranlage. Durch die feine Zerstäubung des Wassers mittels Streudüsen wird das Wasser mit der äußeren Luft intensiv gemischt und wird das hierdurch gebundene Eisen auf dem Wege durch die in dem Rieselerraume befindliche Kokspackung ausgeschieden.

Nachdem das Wasser die Rieseler passiert hat, gelangt dasselbe in zwei Absetzbecken. Das Wasser, welches nach Durchfließen der Rieselerkörper getrübt ist, bildet in den Absetzbecken einen flockigen, rostbraunen Niederschlag. Die Absetzbecken können jedoch die ausgeschiedenen Eisenflocken nicht vollständig zurückhalten. Dieses ist nur durch Sandfilter möglich, deshalb wird das Wasser, bevor es nach dem Hochbehälter bzw. in das Rohrnetz gelangt, durch die Schnellfilter gedrückt. In den Filterapparaten wir der letzte Rest des Eisenschlammes zurückgehalten.

Die Rieseleranlage ist in zwei voneinander unabhängige Kammern getrennt, welche aber in der Regel gleichzeitig in Betrieb sein sollen. Nur behufs Reinigung soll die Ausschaltung einer Kammer erfolgen.

Das Entleeren und Reinigen der Absetzbecken unter den Rieselern geschieht vorteilhaft alle 3-5 Monate. Die Kokspackung der Rieseler wird nicht gereinigt, jedoch ist es vorteilhaft, alle 3-5 Jahre den Koks zu erneuern, dieses richtet sich nach dem Eisengehalt des Rohwassers. Der gebrauchte Koks kann nicht mehr gereinigt werden, sondern muss für andere Zwecke verwandt und neues Material besorgt werden.

Wie schon oben gesagt, sind für die gänzliche Beseitigung des Eisenschlammes 2 Stück Schnellfilter vorgesehen. Für die Bedienung dieser Filter gelten nachstehende Vorschriften:

1. Normaler Betrieb. Schieber 1 und 2 sind geöffnet, Schieber 3,4 und 5 sind geschlossen. Das enteisente Wasser passiert die Leitung a und die Schieber 1, wird von oben nach unten durch die Filter gedrückt und verlässt die Filter durch Leitung b und die Schieber 2, um in das Rohrnetzt bzw. den Turmbehälter zu gelangen.

Der Ein- und Ausgang der Schnellfilter Leitungen a und b sind mit Manometern versehen, welche den Wasserdruck vor und nach der Filtration angeben. Die Anzeigedifferenz der beiden Manometer ergibt den jeweiligen Widerstand in den Filterapparaten. Dieder Filterwiderstand soll höchstens 6.– m betragen; wird dieses Maß überschritten, dann ist eine Spülung der Filter vorzunehmen.

2. Spülen des Filtermaterials Die Reinigung des Filtersandes erfolgt durch Rückspülung mittelst filtriertem Wasser aus dem Turmbehälter bzw. aus dem Ortsrohrnetz. – Während dieser selbsttätigen Rückspülung wird durch das Rechen-Rührwerk der Sand im Filterbehälter aufgerührt, hierdurch wird der Eisenschlamm ausgewaschen und gelangt aus dem oberen Teil des Apparates zum Abfluss.

Die beiden Filter werden zweckmäßig nicht gleichzeitig sondern nach einander gereinigt.

Die Schieberstellung während dieser Spülung ist folgende: Alle Schieber an den Apparaten werden zunächst geschlossen. Nachdem Schieber 3 und der Schlammkasten d geöffnet, (Spülwasser Ablauf) ist Schieber 2 langsam zu öffnen und zwar soweit, dass das Ablaufrohr des Schlammkastens d das aus dem Filterapparate austretende Spülwasser aufzunehmen in der Lage ist und der Schlammkasten nicht überläuft. Die für diese Schiebeöffnung erforderlichen Handrad-Umdrehungen sind im Betriebe auszuprobieren.

Nachdem Schieber 2, wie oben beschrieben, geöffnet ist, wird das Rührwerk mittelst der Handkurbel so lange gedreht, bis das Wasser im Schlammkasten d hellgelb erscheint. Eine gute Spülwirkung wird erzielt, wenn der Schlammkasten ziemlich gefüllt, jedoch nicht zum Überlaufen gebracht wird. Das Ablaufrohr des Schlammkastens ist so groß gewählt, dass eine zu starke Spülung, durch welche der Filtersand mit aus den Behältern gerissen werden könnte, nicht eintreten kann.

Nachdem das Filtermaterial in dieser Weise gereinigt ist, werden die Schieber 2 und 3 wieder geschlossen. Würden die Apparate jedoch schon jetzt wieder eingeschaltet, so würde das Wasser eine zeitlang trübe in das Rohrnetzt gelangen. Um dieses zu verhindern, muss noch eine Nachspülung von oben nach unten erfolgen, wobei das Rührwerk nicht in Bewegung gesetzt werden darf.

Zu diesem Zwecke wird erst Schieber 4 geöffnet und hierauf auch langsam Schieber 5 und 1. Durch Schieber 5 und 1 tritt das Druckwasser von dem Turmbehälter in den Apparate ein und wird durch Schieber 4 in der Leitung c nach dem Schlammkasten d gleitet. Die Nachspülung muss so lange erfolgen, bis das Wasser kristallklar aus Leitung c in den Schlammkasten d eintritt. Erst dann können Schieber 4, 1 und 5 in der angegebenen Reihenfolge wieder geschlossen werden.

In der angegebenen Weise müssen jetzt die beiden Filterapparate nach einander gereinigt werden. Nachdem dieses geschehen, werden die Schieber 1 und 2 geöffnet, wodurch die Filterapparate wieder betriebsfähig sind die die Pumpenmaschinenanlage angestellt werden kann.

Es ist besonders darauf zu achten, dass sämtliche Schieber langsam geöffnet und geschlossen werden.

E. Brunnen-Anlage

Wie schon früher gesagt, sollen 2 Brunnen in Betrieb sein und nur im Notfalle 1 Brunnen ausgeschaltet werden. Die Absenkungen sind wöchentlich einmal zu messen und einzutragen. Kommen plötzlich große Absenkungen vor, so hat der Maschinenmeister dieses umgehend zu melden, damit von einem Fachmann eine Untersuchung vorgenommen wird. Über die Reinigung der Brunnen lassen sich keine Vorschriften aufstellen, diese Reinigung ist nach vorheriger fachmännischer Untersuchung von einem tüchtigen Brunnenbauer vorzunehmen. In trockenen Sommern ist besonders kurz vor Beginn des Pumpens die Wiederergänzung festzustellen und im Protokollbuch einzutragen.

F. Hochbehälter

Der Maschinenmeister hat den Hochbehälter besonders im Winter täglich wegen der Gefahr des Einfrierens in allen seinen Teilen mit Rohrleitungen und Schieber nachzusehen.

Im normalen Betrieb muss der Schieber im Steigrohr stets geöffnet und alle anderen Schieber müssen geschlossen sein. Das Wasser wird bei dieser Schieberstellung durch das Steigrohr in den Behälter gedrückt und gibt nach Bedarf durch dasselbe Rohr auch Wasser an das Stadtrohrnetzt ab.

Soll der Behälter zwecks Reinigung entleert werden, so öffnet man, (wenn möglich, bei einem nicht zu hohen Wasserstand im Behälter) den Entleerungsschieber. Da die Pumpenmaschinenwähren der Behälterausschaltung in Betrieb sein müssen, öffne man den Schieber der Umgangsleitung und schließe den Absperrschieber im Steige- und Fallrohr.

Wie schon gesagt, muss bei Ausschaltung des Behälters dauernd gepumpt werden, da sonst das Wasser im Steigrohr sofort ausfließt und im Rohrnetz kein Druck mehr vorhanden ist. Das Stadtrohrnetz steht bei Ausschaltung des Behälters unter dem gleichen Druck als wenn der Behälter in Betrieb wäre, da die Wassersäule (Druckhöhe) bis zum Behälter (Abzweig der Umgangsleitung) reicht.

Bei jeder Besichtigung des Hochbehälters ist der von dem Wasserstandsfernmelder angezeigte Wasserstand mit dem wirklichen Wasserstand im Behälter zu vergleichen. – Auch ist zu beobachten, ob der Schwimmer noch ordnungsgemäß arbeitet und nicht etwa eintaucht.

Die Steig- und Fall-Leitung sowie Entleerungsleitung und besonders deren Schieber müssen im Winter sorgfältig isoliert werden. Bei strengem Frost ist eine gewissenhafte Kontrolle doppelt erforderlich.

* * *

Quellenangabe: Staatsarchiv Poznań –

Neutomischel war in „stockfinsterer“ Nacht gefährlich – 1902

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[832]

Es ist dunkel in Neutomischel – Aufn. PM

Neutomischel, den 3. VIII. 1902

An das Königliche Landrathsamt Neutomischel !

Dem Königlichen Landrathsamt erlaube mir, folgende Beschwerde vorzulegen:

Mit Ermächtigung von mehreren Herren, Herrn Major v. Hesse, Herrn Postmeister Hofmann, Herrn Leutnant Gosig u. a. beschwere ich mich darüber, dass soviel ich weiß, seit 1. April bis jetzt Abends keine Laternen in den Straßen der Stadt angezündet werden. Dadurch werden besonders jetzt bei den stockfinsteren Nächten geradezu unhaltbare Zustände geschaffen, die umgehend der Änderung bedürfen. Am 30.7. 10.45 A wurde mein Weg, als ich von der Wirtschaft M(a)ennel nach Hause ging, auf der Straße etwa vor Trojanowkis Haus (es soll aus der Goldstraße kommend links Richtung Posener Straße am Alten Markt gelegen haben) von einem vom Bahnhof kommenden Fuhrwerk gekreuzt, das ohne Laterne im schärfsten Trabe bei völliger Dunkelheit fahrend, mich niedergeschmettert hätte, wenn es mir nicht gelungen wäre, im letzten Moment auszuweichen. Nach der Aussage des einen Nachtwächters der dabei war, soll es ein Gefährt von Zink gewesen sein.

Eine diesbezügliche Anzeige sowie die Bitte um Beleuchtung habe ich am 31.7. an die hiesige Bürgermeisterei geschickt, bis jetzt aber keine Antwort erhalten. Major v. Hesse wollte vor einigen Abenden beim Nachhause gehen einigen ihm entgegenkommenden, ohne Licht fahrenden Radlern ausweichen, und geriet bei der herrschenden Finsternis in einen Chausseegraben, wo er sich die Knochen hätte brechen können.

[1.069]

Kandelaber auf dem Alten Markt – Ausschnitt AK Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Gestern Abend war ein höherer Postbeamter bei M(a)ennel mit uns zusammen, der 10.24 A nach Posen zurückfuhr. Um um 10.00 Uhr den Omnibus zu erreichen, der vor der Post hielt, musste der fremde Herr von dem H. Postmeister am Arm dahin geleitet werden, weil nicht die Hand vor Augen zu sehen war. Dieser Vorfall veranlasste mit Recht den Herrn Inspektor zu der Äußerung, dass er so etwas in einer anderen Stadt noch nicht erlebt habe.

Ich lasse mich jetzt des Abend durch den Burschen mit einer Laterne abholen während die Herrn vom Civil, nicht in der glücklichen Lage, über einen Diener zu verfügen, sich entweder selbst nach Hause leuchten müssen, oder, wie gestern Abend Herr v. Luck, der Führung des Nachtwächters sich anzuvertrauen gezwungen sind. Das sind doch antediluvianische (vorsintflutliche) Zustände.

[1.070]

Aus der Bahnhofstraße kam ohne Laterne und im schärfsten Trabe bei völliger Dunkelheit das Fuhrwerk – AK aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Da der gänzliche Mangel an abendlicher Beleuchtung doch lediglich aus Sparsamkeitsrücksichtigen von Seiten der Stadt zu erklären ist, so bin ich von mehreren, oben genannten, Herrn ermächtig, zu erklären, dass wir gern die entstehenden Mehrkosten für Beleuchtung bis 1. September zu tragen bereit sind. Dasselbe habe ich in dem Schreiben an die Bürgermeisterei beantragt.

Erlaubt mir nunmehr, das Königliche Landrathsamt ganz ergebenst zu ersuchen, seinen Einfluss auf die Stadtverwaltung derart geltend machen zu wollen, dass für eine umgehende, angemessene Beleuchtung der Hauptstraßen gesorgt wird, und dass wenigstens die Richt- u. J. Laternen die ganze Nacht brennen.

Bis dat, qui cito dat. („Zwei mal gibt, wer schnell gibt.“)

Hochachtungsvoll

Scheid – Hauptmann z. V. u. Bezirksoffizier

* * *

Den Landrath muss diese Beschwerde sehr „verärgert“ haben, denn mit dem Vermerk: SOFORT verfasste er bereits am Folgetag, dem 4. VIII. 1902 einen Brief an die Polizeiverwaltung: 

E.R. der Polizeiverwaltung hier

[1.071]

Blick heute vom ehem. Alten Markt in die ehem. Goldstrasse – Aufn. PM

Ich bemerke schon jetzt, dass bei eintretender Dunkelheit auch in den Sommernächten und zwar bis 11.20 U Abend die Hauptstraßen und Plätze beleuchtet werden müssen. Wenn die Stadtgemeinde dieser unbedingten Verpflichtung nicht nachkommen sollte, werde ich mit Zwangsmaßregeln vorgehen!

Es ist amtlich festzustellen ob Zink mit seinem Fuhrwerk ohne Laternenlicht am 30. VII.02 den Weg des Beschwerdeführers gekreuzt hat.  Gegebenenfalls ist Zink zu betrafen.

Die Polizeiorgane sind anzuweisen, schärfer als bisher auf die Beachtung der verkehrspolizeilichen Vorschriften zu achten.  Wenn ein Polizist nicht im Stande ist, den Anforderung zu genügen, ist die Einstellung eines zweiten ins Auge zu fassen.

Der Landrath – von Daniels

Die Frist zur Beantwortung dieses Schreibens wurde auf 8 Tage festgesetzt.

 * * *

[1.072]

Laterne vor dem Hotel „Schwarzer Adler“ auf dem Alten Markt – Ausschnitt AK Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Unter dem 14. August 1902 wurde dieses Schreiben des Landraths dann seitens der Polizei-Verwaltung beantwortet. Die Antwort ist nicht unbedingt aussagekräftig. Zwar wurde die Fahndung nach dem „ohne Laterne im schärfsten Trabe bei völliger Dunkelheit“ fahrenden Fuhrwerk aufgenommen, dieses jedoch ohne jegliches Ergebnis. Ansonsten verwies man auf die nächste abzuhaltende Stadtverordneten-Versammlung für weitere Entscheidungen bzgl. eines Beschlusses die Beleuchtung in der Stadt betreffend.

Hier der Inhalt dieser Antwort seitens der Polizei-Verwaltung an den Landrath: Urschriftlich mit dem Bericht zurück, dass wir die Angelegenheit, da durch die Beleuchtung der Hauptstraßen während der Sommermonate besondere Kosten entstehen würden, der nächsten Stadtverordneten-Versammlung, die sowieso wegen Beschaffung einer besseren Beleuchtung für die ganze Stadt, beraten wird, vorlegen werden.

Bezüglich des Vorfalls in der Nacht am 30. Juli, den der Herr Antragsteller hier besonders angezeigt hat, sind die Ermittlungen nach dem Leiter und Besitzer des Fuhrwerks noch im Gange. Soviel steht fest, dass dem Fleischermeister Zink das Fuhrwerk nicht gehörte. Die Nachtwächter, die dem Herrn Antragsteller diese Angabe gemacht haben, haben hier erklärt, sich geirrt zu haben.

Die Polizeiorgane sind angewiesen worden schärfer als bisher auf die Beachtung der verkehrspolizeilichen Vorschriften zu achten und jede Übertretung derselben unverzüglich zur Anzeige zu bringen.

Nach Beschlussfassung der Stadtverordneten-Versammlung werden wir weiteren Bericht erstatten.

Die Polizei-Verwaltung  J.W. Peikert

* * *

Gleiches wurde in etwa dann per 15. VIII 02 an den Königl. Hauptmann z. V u. Bezirksoffizier Herrn Scheid Hochwohlgeboren in Neutomischel, seitens des Landrathes mitgeteilt. Nur, die Polizei-Verwaltung kommt mit dieser nicht sehr doch sehr vagen Erklärung gegenüber dem Landrat nicht einfach so davon. Das nächste Schreiben des Landrats, ebenfalls vom 15.08.1902 lautete:

An den Herrn Bürgermeister hier

Zum Bericht vom 14. August : Es ist nicht angängig,  dass mit der notwendigen Beleuchtung der Straßen und Plätze solange gewartet wird bis die Stadtverordnetenversammlung sich über eine andere Beleuchtungsart, als die bisherige, schlüssig gemacht haben wird, zumal schon seit längerer Zeit vergeblich darüber verhandelt wird.

Sie wollen daher feststellen, welche Kosten zur Durchführung der Beleuchtung in der bisherigen Art auch für die Sommermonate, also noch bis zum 30. IX. erforderlich sind und diese Ausgabe, sofern ein Haushaltsanschlag für 1902 keine Mittel zwecks Bestreitung vorhanden sind, der Stadtverordnetenversammlung diese zur Bewilligung zu unterbreiten.

Wieder wurde binnen 8 Tagen eine Antwort in dieser Angelegenheit erwartet.

* * *

[1.073]

Beleuchtung in der Bahnhofstraße – Ausschnitt AK Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Seitens des Magistrat wurde dieses Schreiben termingerecht per 25. August 1902 beantwortet. Zwar klingt aus dem Schreiben heraus, dass man keine Einmischung des Landrates in den Stadtangelegenheiten wünschte, jedoch wurde in der Angelegenheit bezüglich der Straßenbeleuchtung nachgegeben und diese auch in den Sommermonaten zugesagt. Die Antwort seitens des Magistrats lautete:

Betrifft die Beleuchtung der Straßen und Plätze in hiesiger Stadt – Verfügung vom 25. August 1902

Nach dem Beschluss der Stadtverordneten Versammlung vom 19. d. Mts. sollen fortan die in ausreichender Anzahl vorhandenen Straßenlaternen täglich, also auch während der Sommermonate bei eintretender Dunkelheit angezündet werden und bis 11 Uhr Abends brennen.

Die dadurch entstehenden Mehrkosten sollen aus dem Bestande der Kämmereikasse entnommen werden. Seit dem 23. d. Mts. wird dieser Beschluss bereits durchgeführt und werde ich darauf halten, dass er auch ferner durchgeführt wird.

Mit Rücksicht darauf, dass hierorts 2 Gendarme, 1 Stadtwachtmeister und 2 Nachtwächter die Straßenordnung überwachen, ist die Einstellung eines zweiten Polizeibeamten nicht notwendig.

Übertretungen, wie solche zur Sprache gebracht, kommen hier nur sehr selten vor und werden, wenn die Ermittlung der Übertreter zu ermöglichen, was bei der Schnelligkeit der Radler nicht immer der Fall ist, diesseits stets streng geahndet.

Im Übrigen, sind die diesseitigen Polizeibeamten – wie bereits berichtet  auf die Beachtung der verkehrspolizeilichen Bestimmungen protokollarisch angewiesen worden.

Es dürfte sich empfehlen, auch die hiesigen Gendarmen mit gleicher Anweisung zu versehen.

Witte

* * *

Quelle:
Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten/Städte-Ordnung in der Stadt Neutomischel] http://szukajwarchiwach.pl/53/325/0/-/770 [834]

Bedingungen welche der Vergabe des Baues eines Kranken- und Gefangenenhauses in der Stadt Neutomischel im Jahre 1883 zu Grunde gelegt wurden

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.074]

Das ehemalige Hospital und Gefängnisgebäude heute als Wohnhaus genutzt - Eigenaufn. 2011

Vor 129 Jahren – 1883 – liefen die Vorbereitungen für den Bau eines „neuen“ Kranken- und Gefangenenhauses ihrer Entscheidung entgegen. Leider haben wir die Bauzeichnungen nach denen letztlich die Errichtung erfolgte, nicht auffinden können; und es ist uns nicht gelungen zu finden, wo bis zur Fertigstellung dieses Neubaus diese Einrichtungen untergebracht waren.

In diesem Teil geht es noch um die Bedingungen, die an die Bauunternehmer seitens der Stadt Neutomischel gestellt wurden, um den Zuschlag des Bauauftrages zu erhalten. 5 Unternehmer haben ihr Gebot abgegeben, der Entscheid der Vergabe muss nun durch die Stadtverordneten-Versammlung getroffen werden.

Auf dem Bild links ist das Gebäude wie es heute aussieht zu sehen, es hat, nachdem es die eigentliche Bestimmung als Kranken- und Gefangenenhaus verlor, einige Umbauten erfahren und wird heute als Wohnhaus genutzt.

Die Bedingungen wurden wie folgt formuliert:

I. Im Allgemeinen

1. Die Vergabe erfolgt in Enterprise im Wege der Minuslicitation an den Mindestfordernden nach Maßgabe der Jacob’schen Zeichnung und des dazu gehörigen Anschlages incl. der Lieferung des Materials. Ausgeschlossen von der Vergabe der Titel X insgemein.

2. Das Material muss von bester Beschaffenheit sein und die Arbeit gut und dauerhaft ausgeführt werden. Der Unternehmer unterwirft sich dieserhalb des Urtheils der Baukommission, sowie er überhaupt verpflichtet ist, deren Anweisung Folge zu leisten.

3. Der Bau muss so gefördert werden, dass er noch in diesem Jahre unter Dach gebracht und bis 1. Mai 1884 fertig gestellt wird. Sollte der  Unternehmer dieser Verpflichtung nicht genügen, so ist die Baukommission berechtigt von ihm eine Konventionalstrafe von fünfhundert Mark von ihm zu fordern und sich dieser Betrag von der zu zahlenden Bausumme in Abzug zu bringen. Sollten nach Ansichten der Baukommission Witterungsverhältnisse es unmöglich machen den Bau in der angegebenen Zeit fertig zu stellen, so ist die Baukommission berechtigt die Fristen zu verlängern.

4. Sollten während des Baues seitens der Baukommission Änderungen gewünscht werden, die auf den Kostenpreis ohne Einfluss sind, so ist der Unternehmer verpflichtet solche auszuführen. Mehr- oder Minderarbeiten dürfen nur nach vorangegangener Vereinbarung mit der Baukommission zur Ausführung kommen, resp. stattfinden und erfolgt die Berechnung des Preises dafür nach Verhältnis der Übernahmesumme

5. Die Zuschlagserteilung wir der Stadtverordneten-Versammlung vorbehalten, bis diese erfolgt ist, bleiben die drei Mindestfordernden an ihre Gebote gebunden. Die Abtretung des Geschäfts an Dritte darf ohne Genehmigung der Baukommission nicht stattfinden.

6. Bei vorausgesetzter quicklicher und gewissenhafter Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen und anschlagsmäßiger Ausführung des Baues erfolgt die Zahlung der bedungenen Baugelder wie folgt:

7. Für Alles, was als tadelhaft nicht abgenommen, wird keinerlei Vergütung geleistet und muss der Unternehmer Ersatz durch gute Arbeit und vorschriftsmäßiger Lieferung bewirken, falls die Baukommission nicht anordnet, dass sie auf seine Gefahr und Kosten anderweit bewirkt wird

8. Etwa eintretende Streitigkeiten zwischen der Baukommission und dem Unternehmer darüber, ob die Leistungen und Lieferungen nach dem Anschlage, der Zeichnung und den gestellten Bedingungen ausgeführt worden sind, entscheidet der von der Baukommission zu wählende Königliche Kreisbaubeamte. Die dadurch entstehenden Kosten trägt der unterliegende Theil

9. Die Abnahme des vollendeten Baues erfolgt, wenn dies die Baukommission verlangt, durch einen Königlichen Kreisbaubeamten, dessen Wahl der Baukommission zusteht. Die dadurch entstehenden Kosten trägt die Stadtcommune

10. Alle noch nöthig werdenden Zeichnungen Berechnungen hat sich der Übernehmer auf seine Kosten zu beschaffen und solche der Baukommission zur Genehmigung vorzulegen

11. Die Kontraktsstempel und Publikationskosten hat der Übernehmer allein zu tragen.

II. Im Speziellen

a) für die Maurerarbeiten: die zu verwendenden Mauersteine müssen I. Klasse gut gebrannt und derartig sein, dass der Bau als Rohbau ausgeführt werden kann. Der Baukommission bleibt vorbehalten, darüber zu entscheiden, ob dieser Verpflichtung genügt wurde. Um Luftventilation herzustellen, müssen besondere russische Rohre bis über das Dach hinaus angebracht werden.

b) für die Zimmerarbeiten: die zu verwendenden Hölzer müssen frei von Baumborke und möglichst trocken sein. Zu den Fußböden, Treppen und Trägern darf nur ganz trockenes kerniges Material genommen werden und die Bretter zu den Fußböden müssen möglichst astfrei sein, auch hier bleibt der Baumkommission vorbehalten darüber zu bestimmen, ob das zu verwendende Material gut und tadelfrei ist.

c) für die Tischlerarbeiten: das zu verwendende material muss gut, also trocken, kernig und möglichst astfrei und auch die Arbeit tadellos sein. Ob dieser Verpflichtung genügt wurde unterliegt dem Urtheil der Baukommission

d) für die Schlosserarbeiten: die anzubringenden Schlösser müssen eigens gemacht sein. Die Einsteckschlösser müssen mit gesägter Besatzung, die Kastenschlösser mit einer Mittelleiste versehen sein. Bei den Aufsatzbändern muss der Riegel auflaufen. Der Baukommission bleibt es überlassen zu bestimmen, wo Einsteckschlösser und wo Kastenschlösser genommen werden sollen.

Die Beschläge der Gefängnisthüren müssen denen der hiesigen Gerichtsgefängnisthüren ähnlich sein. Besondere Vergütung bezüglich dieser Änderungen wird nicht gewährt.

e) für die Dachdeckerarbeiten: die zu liefernden Dachsteine müssen gute Sorauer, oder diesen ähnliche Steine, sein. Vor der Lieferung müssen der Baudeputation Proben vorgelegt werden.

f) für die Anstreicherarbeiten: sämtliche Fenster und Fensterrahmen müssen vor dem Einsetzen mit heißem Öl grundiert werden, auch von außen. Nach erfolgter Abputzung des Gebäudes nochmals lackiert werden.

Vorgelesen und angenommen im Licitationstermin –  Neutomischel, den 17. September 1883.

Als Bauherren haben sich beworben: 

1. Herr August Schiller aus Neustadt b Pinne – würde für die Anschlagssumme annehmen

2. Herr  Jacob vermutlich Karl nach den Unterschriften  (Jacob wäre doppelt) aus Bentschen – 1/10 % unter dem Anschlag

3. Herr Kleemann aus Bentschen – 1/9 % unter dem Anschlag

4. Herr Eduard Richter – 1 % unter dem Anschlag

5. Herr Jacob – 2 % unter dem Anschlag

Weitere Gebote wurden nicht abgegeben, die Verhandlung deshalb geschlossen

* * *

Quelle:

Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten]  http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/68  [1.003] [Die Nutzung und Unterhaltung des Grundstücks Neutomischel Nr. 44- Krankenhaus pp.]

Unbekannte, nicht zu ermittelnde Gebäude der Stadt Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert / Stand November 2012)
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[1.075]

Nicht immer geben die alten Aufzeichnungen zu der Stadt Neutomischel Aufschluss über die tatsächlichen Gegebenheiten wie sie einmal gewesen waren, noch dürftiger ist das Material der Hauländereien.

Die Geschichtsschreibung war in früherer Zeit oft nur lückenhaft, Dokumente waren schon seinerzeit nicht erhalten, wenn es sie überhaupt gegeben hatte und die mündliche Überlieferung hat im Laufe der Generationen die ein oder andere Variation zu den Geschehnissen hervorgebracht, die man in früheren Zeiten schon als die „Geschichte“ für Chroniken und ähnlichem nutzte weil andere Informationsquellen nicht zur Verfügung standen. In späteren Jahren kam dann noch hinzu, dass die alten Handschriften nicht mehr entziffert werden konnten und sich dadurch noch zusätzliche Ungenauigkeiten einschlichen.

Wer machte sich den früher schon Gedanken darüber, dass es einmal jemanden geben würde, der sich für die Ansiedlung der Hauländer, für die Gründung der Stadt und deren Entwicklung interessieren würde?

Nun, es gibt sie heute, ehemalige Bewohner der Hauländereien, ehemalige Städter, Geschichtsinteressierte,  die Leser unserer Internetseite und uns, die Autoren, die sich interessieren und die gemeinsam ein klein wenig Geschichte in unsere heutige Zeit hinüber retten. Das ein oder andere „Puzzleteilchen“ konnte eingefügt, die ein oder andere Verwechslung im Stammbaum einer Familie unter Zuhilfname unserer Datenbanken geklärt werden und auch  überhaupt die ein oder andere Begebenheit im Leben der früheren Bewohner beschrieben werden.

Wir hoffen, dass diese Geschichtsschreibung weiter wachsen wird – auch, wenn einige Unbekannte zur Zeit im Raum ungelöst stehen bleiben und vielleicht nie, oder vielleicht auch erst später beantwortet werden können.

Es sind nun schon zwei Beschreibungen und Erwähnungen von Gebäuden und Einrichtungen, die in die Kategorie ungeklärt einsortiert werden müssen:

1)  in unserem Artikel über das Rathaus [1.076] haben wir ein Gebäude erwähnt, welches den Fachwerkbau auf dem Neuen Markt ersetzt haben muss:

„Das nächste Gebäude auf diesem Grundstück, jetzt in den Unterlagen „Communalhaus der Stadt Neutomysl No. 84“ genannt, wird 1866 als massiver aus gebrannten Steinen errichteter Bau beschrieben. Sein Baujahr ist mit 1865 angegeben. Dieses bedeutet, dass dieser Bau nur neben dem alten Gebäude errichtet worden sein kann, und dass das „Kommunal-Gefängnis oder Rathhaus der Stadt Commune“  erst nach Fertigstellung des Neubaus abgebrochen worden war (also zum Jahr 1866). Das „Communalhaus“ , jetzt 40 x 40 x 14 Fuß ohne dem Fundament in den Ausmaßen (14,00×14,00×4,90m) war schon etwas größer als der Vorgängerbau. In dieser Zeit war in dem Gebäude noch die Feuerwehr der Stadt untergebracht, denn es wurden 2 Spritzenschuppen und 1 Raum für den Wasserwagen als zugehörig erwähnt. Von diesem Gebäude gibt es heute keine weiteren Aufzeichnungen mehr – bei den Recherchen wurde außer einer einmaligen Erwähnung nichts gefunden, man könnte fast meinen dieses Gebäude sei nicht existent gewesen.“

hinzuzufügen ist jetzt:

2) im Text der Kurzgefassten Chronik der Stadt [1.077] heißt es:

„Im Jahre 1883 wurde … das bequem und zweckdienlich eingerichtete Kranken- und Gefangenhaus erbaut, nachdem das städtische Grundstück, welches bis dahin diesen Zwecken gedient hatte, in Privatbesitz übergegangen war.“

In keiner bis jetzt eingesehenen alten Akte findet sich ein Gebäude oder Grundstück in der Stadt Neutomischel, das als im städtischen Besitz eingetragen war. Heißt es in den Berichten des Bürgermeisters Hartmann [1.041]  doch noch  bis zum Jahr 1831 unter Art. 11, dass bis dahin keine Maßnahmen zur Einrichtung eines Hospitals getroffen worden waren, da sich keine Pflegebedürftigen in der Stadt dafür fanden.  Unter Artikel 14 wurde dann nochmals erwähnt, dass die Stadt keine Werte in Grundstücken besaß und auch bis dahin nie besessen hatte.

Ein Ankauf und die Einrichtung eines Hospitals, wie klein es auch gewesen sein mag, kann dann eigentlich nur nach 1831 vorgenommen worden sein und wenn 1883 ein Verkauf erfolgte, ergibt sich nur der kurze Zeitraum von 52 Jahren.

Nur wo ? – diese Frage bleibt zur Zeit offen.

Das Wasserwerk mit seinem Turm feiert seinen 99. Geburtstag – Teil 1 – Von der Planung bis zur Endabnahme

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.078]

Der Wassertum - Eigenaufn. 2012

„Berlin, den. 14 September 1912 – Die königliche Geologische Landesanstalt, hierselbst weist auf Grund geologischer Schlüsse die Stellen nach, an denen mutmaßlich Wasser anzutreffen oder zu erbohren ist …   pp der Minister für Handel und Gewerbe – Im Auftrag gez. von Velsen, der Minister des Innern gez. Kirchner“

Dieses Schreiben ist versehen mit dem Eingangstempel des „Königl. Landrathsamt Neutomischel“ vom 08. Oktober 1912

Mit diesem Hinweis beginnen die noch erhaltenen und bis jetzt ausgewerteten Unterlagen zum Bau eines Wasserwerkes in Neutomischel . Ob die Versuchsbohrungen nun tatsächlich von dieser Behörde oder von jemanden Anderen ausgeführt wurden, ist nicht bekannt. Eine kleine Randnotiz in der Beilage „Dies und Das aus dem Posener Lande“ siehe hierzu unsere Veröffentlichung http://oledry.pl/de/1912-versuchsbohrung-zum-wasserwerk  [1.079]berichtete im November 1912 über die „außerordentlichen günstigen Resultate“ von 2 Versuchsbohrungen und dass man sich erhoffte, dass ein dritte Bohrloch ebenso positiv bewertet werden könne.

Es wurde also Ernst mit dem Bau eines Wasserwerkes in der Stadt, dessen Errichtung in unmittelbarem Zusammenhang mit den im April 1912 eingereichten Planungsunterlagen eines Kreiskrankenhauses in der Stadt stand.

* * *

In den eingesehenen Akten der Stadt ist leider kein in sich geschlossener Schriftverkehr aus der Zeit der ersten Planung vorhanden. Mit dem 26.03.1913 findet sich zum Beispiel ein Schreiben des Königl. Regierungs-Präsidenten in Posen an den Magistrat der Stadt, dass bei diesem ein Entwurf eines Wasserwerkes eingegangen sei. In diesem Schreiben wird aber auf eine Verfügung vom 15. Januar 1913 Bezug genommen, die leider nicht zu finden war, die aber besagte, dass erst die Ergebnisse der Vorarbeiten einzureichen gewesen wären; weiterhin würden Anlagen des Entwurfes fehlen und auch das Gutachten des Stadtbauinspektors a.D. Knauff. Dieses Schreiben endet damit, dass ohne die Einreichung der fehlenden Unterlagen keine Bearbeitung der Angelegenheit vorgenommen werden würde.

Für den März und April 1913 finden sich Hinweise, dass bzgl. der Baukosten zwischen der Fa. Carl Francke Bremen, diese wurde schlussendlich das Unternehmen, welches mit der Er- und Einrichtung des Wasserwerkes beauftragt wurde,  und dem Magistrat Nachverhandlungen geführt wurden. Fa. Francke nimmt Stellung dazu, dass:

[1.080]

Ausschnitt Bauzeichnung des Wasserturmes C. Francke - Originale im Staatsarchiv Poznan, Akta Miasta Nowy Tomyśl 4385 sign.184 Bau: a) des städtischen Wasserwerks, b) des Kreiskrankenhauses http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.10/183

Im April 1913 befindet sich dann auch ein Schreiben des Herr Max Knauff, Berlin-Hermsdorf – Stadtbauinspektor a.D. in den Akten welcher als Privatdozent an der Königlichen Technischen Hochschule tätig war. Er stellt sich bzgl. der notwendigen Arbeiten, Berechnungen und Kostenvoranschlagsprüfungen gegen Vergütung seines Honorars dem Magistrat der Stadt Neutomischel zur Verfügung. Herr Knauff war es, der dann die notwendige Wasserturmhöhe errechnete und diese dann an die Fa. Carl Francke in Bremen übermittelte. Aus diesen Daten stellte Fa. Francke dann die Berechnungen an, die notwendig waren um einen endgültigen Kostenvoranschlag auszuarbeiten.

In den Unterlagen ist im Zeitraum Mai 1913 ein kleiner Zeitungsausschnitt eingeklebt, in dem das im nachfolgend wiedergegebenen Text unterstrichen mit lila Buntstift markiert worden war und sich am Rande des Artikel  Ausrufezeichen finden. Vermutlich gedachte man, so wie beschrieben auch in Neutomischel verfahren zu wollen. Leider ist dieser Artikel  ohne Quellenangabe, Verfassernamen oder auch genauerem Erscheinungsdatum. Der Inhalt liest sich heute, wo wir mit einer überaus geordneten Wasserversorgung leben und uns der zentralen Wasserversorgung in unseren Haushalten mit deren Abgaben gar nicht mehr entziehen können, recht abenteuerlich:

„Die Kosten der Anlage von Wasserversorgung und Kanalisation werden häufig von den Stadtverwaltungen zu hoch eingeschätzt. Sie sind nicht so hoch, dass man sie nicht aufbringen könnte. Wesentlich für das Aufbringen ist, dass eine gerechte Gebührenverordnung aufgestellt wird. Man muss gewiss von vornherein manchmal etwas politisch vorgehen. Ich rate keiner kleineren oder mittleren Gemeinde Wassermesser gleich am Anfange der Inbetriebnahme des Wasserwerkes aufzustellen, weil die Leute, wenn sie Wassermesser haben, kein Wasser verbrauchen. (Sehr richtig!) Bei den Leuten, bei denen man vermutet, dass sie zuviel Wasser verschwenden, kann man ja allmählich mit der Aufstellung von Wassermessern vorgehen. Es werden dann die anderen, bei denen noch kein Wassermesser aufgestellt ist, vorsichtiger mit dem Wasser umgehen. Wer einen Wassermesser bekommt, wenn er sich einmal an den Verbrauch von Wasser gewöhnt hat, wird nun in dem Verbrauch des Wassers nicht zu sehr sparen, niemand wird wieder zur Wasserentnahme aus Einzelbrunnen zurückkehren. Einzelbrunnen sind direkte Seuchenherde. Ich kenne Städte in der Nähe von Berlin, wo laut Untersuchung von Kreisärzten auch nicht ein Brunnen mehr einwandfrei war. Diese Brunnen müssten eigentlich verschwinden, besonders an Orten wo eine zentrale Wasserversorgung leicht zu bauen ist. „

Im zeitlichen Ablauf folgen in den Aktenordnern weitere Schreiben zwischen Hr. Knauff, dem Magistrat und der Fa. Carl Franke, aber auch mit dem Königl. Regierungspräsidenten in Posen. Es wurden Änderungen vorgeschrieben, einige Punkte als abgeschlossen betrachtet, aber es sollte auch der Preis nochmals „nachgebessert“, also reduziert, werden. Nach den unter dem 15. Mai 1913 angeordneten Korrekturen sollte der Antrag auf Genehmigung der Errichtung des Wasserwerkes erneut bei der Behörde des Königl. Regierungspräsidenten in Posen vorgelegt werden.

Mit dem Eingangsstempel der Stadt Neutomischel vom 13. Juni 1913 findet sich dann das vom 11. Juni 1913 in Posen datierte Schreiben des Königl. Regierungs Präsidenten an den Magistrat der Stadt Neutomischel, welches Bezug auf den Bericht vom 25. Mai d. J. – Akt.-Z. 1407/13 nahm und die vermutlich seinerzeit erlösende Mitteilung machte, die da lautete: „Mit der Ausführung des Wasserwerks auf Grund der wieder zurückfolgenden Berichtsanlagen erkläre ich mich einverstanden…“, dass der Satz weiterging mit „… wenn dabei die folgenden Bemerkungen berücksichtigt werden“, war vermutlich erst einmal zweitrangig, denn im Rechenschaftsbericht der Stadt Neutomischel für das Jahr 1912, welcher am 20. Juli 1913 unterzeichnet ist heißt es:

„Der bereits im vorigen Jahre beschlossene Bau eines Wasserwerks ist der Firma Carl Francke – Bremen übertragen worden, nachdem die Vorarbeiten beendet worden sind, und das Projekt der Genehmigung des Herrn Regierungs-Präsidenten in Posen gefunden hat. Das Werk soll spätestens am 1. Dezember d. Js. betriebsfertig hergestellt sein. Die Baukosten werden sich auf rund 122.000,00 Mk. belaufen, wozu noch die Kosten für Vorarbeiten und Grunderwerb treten“. 

Die „Bemerkungen“, die dann noch auferlegt worden waren umfassten folgende 15 Punkte:

  1.  der Reservebrunnen muss in der Richtung des Grundwasserstromes gemessen, mindestens 25 m von dem Hauptbrunnen entfernt liegen
  2. der freie Fall des Wassers aus den Brausen soll bei dem hohen Eisengehalt und bei der freien Kohlensäure des Rohwassers nicht weniger als 1,0 m betragen, ohne dass die Höhe des Rieselers vermindert wird
  3. der Wasserbehälter zwischenden Turmfundamenten darf mit diesen in keinem festen Zusammenhang stehen, weil mit ihrem Setzen infolge deren starken Belastung Risse in dem Behälter unvermeidlich und damit die Möglichkeit der Infizierung des Wassers im Behälter geschaffen würde. –Die die Turmfundamente durchdringenden Rohrleitungen müssen frei in den Schlitzen liegen
  4. für eine Durchlüftung des Wassers in dem Behälter zwischen den Turmfundamenten muss gesorgt werden, ebenso, wie in den Turmgeschossen, in den die Rieseler und der Hochbehälter stehen, eine ausgiebige Lüftung nötig ist
  5. der Rieseler muss zweiteilig angelegt werden
  6. eine zweite Schnellfilter-Anlage wird erforderlich
  7. der Umgang um den Turmbehälter soll nicht weniger als 70 cm betragen und seine Beleuchtung muss durch verschiedene Fenster, da die vorgesehenen ganz unzulänglich sind, wesentlich verbessert werden
  8. der projektierte Zugang zum Umgang ist in der angedeuteten Weise ungenügend
  9. bei dem Gehalt an freier Kohlensäure, die teilweise beseitigt werden kann, sind Bleiröhren in den Leitungen auszuschliessen
  10. die baupolizeiliche Genehmigung, im besonderen des Wasserturmes nebst An- und Einbauten wird nicht entbehrlich
  11. wenn der mittlere Wasserstand im Hochbehälter nicht erhöht wird, ist am Ende der Grätzer Straße nach dem Höhenplan nur ein Leitungsdruck von 12 m vorhanden Eine Änderung wird nur dann nötig, wenn die Bebauung an dieser Stelle der Straße dies zweckmäßig erscheinen lässt
  12. auf die möglichen Folgen der Verwendung von 60 mm weiten Röhren im Straßennetz habe ich unter Punkt 5 meiner Verfügung vom 15. Mai  d. J. 2848/13.I.B. aufmerksam gemacht
  13. über die Lage der Feuerlöschhydranten ist mit dem Provinzialfeuerlöschdirektor eine Vereinbarung zu treffen
  14. die Beachtung der obigen unter 2-8 aufgestellten Bedingungen ist mir durch Vorlegung eines anderweitigen Entwurfes nebst eingehender Beschreibung der Wasserführung während des Veredelungsvorganges und zwar bevor mit dem Bau des Bauwerkes begonnen wird, nachzuweisen
  15. der Beginn und die Beendigung der Bauausführung sind mir anzuzeigen. Der Inbetriebnahme des Wasserwerks hat eine Besichtigung durch meine Kommissare vorauszugehen

Aus inzwischen vielen gelesenen Unterlagen, in denen es um die Geldausgabe der Stadt geht, haben wir immer wieder gefunden, dass sich der Magistrat in diesem Punkt, nämlich der Geldausgabe, sehr schwer tat, in einigen Fällen muss man von regelrechtem Geiz sprechen. Es kam auch immer wieder zwischen der Stadt als Auftraggeberin und den Auftragnehmern zu Streitigkeiten.

Eine dieser Differenzen findet sich auch in Briefen vom Juni 1913 zwischen dem Herrn Knauff und dem Magistrat. Die Stadt hatte die Höhe der Rechnung des Herrn Max Knauff für die von ihm erbrachten Leistungen moniert, da einige der berechneten und auch erbrachten Leistungen ohne Erlaubnis des Magistrats geleistet worden waren. Herr Knauff stellte der Stadt anheim die Rechnung nach deren Ermessen zu kürzen, ist aber von dem Gebaren der Stadt wenig begeistert. Aber Herr Knauff fand einen Weg mit der Stadtverwaltung umzugehen und weiterhin in der Sache „Wasserwerk“ tätig zu sein. Dieses äußert sich in einem Schreiben vom 27.06.1913 dahingehend, dass, als die Fa. Francke aus Bremen von ihm nähere Einzelheiten zu einer Bauzeichnung erfahren will, Herr Knauf erst einmal bei dem Magistrat anfragt, ob er denn überhaupt als „Sachverständiger oder sogar als Oberbauleiter eingesetzt sei, der dem Unternehmer Weisung in technischen Angelegenheiten zu erteilen zu habe?“  Er bittet darum, dass man ihm dieses dann mitteilen möge unter Angabe der Vergütung, da sein Angebot vom 20. Dez 1912 nicht angenommen worden war. Wenn es dann doch so wäre, dass er in das Amt berufen sei, dann müsse er davon ausgehen, dass sein Angebot wohl doch akzeptiert worden war.

[1.081]

Ausschnitt Belastungsberechnung Maschinenfabrik Donnermarkshuette - Originale im Staatsarchiv Poznan, Akta Miasta Nowy Tomyśl 4385 sign.184 Bau: a) des städtischen Wasserwerks, b) des Kreiskrankenhauses http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.10/183

Ebenfalls noch im Juni 1913 begann der Schriftverkehr für die Anschaffung von Feuerlöschgeräten. Man holte sich Rat bei den Städten Kosten und Schroda, die schon mit dem Bau ihrer Wasserwerke abgeschlossen hatten, wie diese denn vorgegangen seien. Anhand der erhaltenen Informationen nahm man Kontakt mit Firma Koebe aus Lückenwalde und der Firma Magirus in Berlin zwecks Angeboten zur Anschaffung eines Hydrantenwagens auf.

Datiert vom 22. Juli 1913 finden sich dann die ausführlichen Ausarbeitungen der Fa. Carl Francke, Bremen:

„Wasserwerk Neutomischel

Wasserturm mit Maschinenhausanbau und Enteisungs-Anlage

Die Enteisungs-Anlage soll im Erdgeschoss des Turmes untergebracht werden, die Maschinen-Anlage findet in einem Anbau an den Turm ihre Aufstellung.

Das Fundament des Turmes wird in Stampfbeton hergestellt. Das aufgehende Mauerwerk bis zur Tropfbodendecke besteht aus hartgebrannten Ziegelsteinen in verl. Zementmörtel. Das Mauerwerk des Tropfbodens und der Behälterummantelung gelangt aus hartgebrannten Ziegelsteinen in Zementmörtel zur Ausführung. Der Behälter von 100 cbm Inhalt ruht auf einem Eisenbetonring von 30 cm Stärke. Die äußeren Ansichtsflächen des Turmes werden teils mit ausgesuchten Hartbrandsteinen verblendet, teils mit verl. Zementmörtel geputzt. Der Fußboden des 1. Stockes und des Tropfbodens besteht aus Zementstampfbeton. Der Fußboden des 2. Stockwerkes besteht aus 6 cm starken Bohlen auf eisernen Trägern. Die inneren Wandflächen des Enteisungsraumes und die des Tropfbodenraumes werden mit Zementmörtel mit Ceresitputz geputzt; die anderen inneren Wandflächen werden mit verl. Zementmörtel geputzt.

Das Dachgespärre von der Höhe des Behälters ab, besteht aus Eisen (handschriftl. eingefügt: Die fehlende statische Berechnung ist rechtzeitig vor der Ausführung vorzulegen) und ist an der Behälterwand befestigt. Der untere Teil des Daches wird in Holz ausgeführt und wird von innen mit einer Holzwand bekleide und mit verl. Zementmörtel auf Drahtgewebe berappt. Zwecks Notlüftung sind im oberen Dachkegel 8 schließbare Fenster eingebaut. Die Dachflächen werden mit Schiefer eingedeckt. Der Turm erhält eine Blitzschutz-Anlage mit Fangspitze, die Kupferplatte wird auf den Boden des Behälters gelegt.

Im Erdgeschoss des Turmes werden 2 Druckfilter und die Rieseler-Anlage untergebracht. Der Fußboden im Erdgeschoß ist massiv und hat eine Stärke von 20 cm. Die Wasserkammer befindet sich unter dem Rieseler. Die Sohle der Wasserkammer wird in einer Stärke von 40 cm aus Stampfbeton hergestellt. Die Sohle außerhalb der Wasserkammer wird ebenfalls in Stampfbeton ausgeführt und ist 20 cm stark. Die Wände der Wasserkammer sind 38 cm stark und aus hartgebrannten Ziegelsteinen in Zementmörtel aufgemauert. Von innen und außen erhält die Wasserkammer einen 2 cm starken Zementputz.  Die Wände des Rieselers sind 25 cm stark und ebenfalls aus hartgebrannten Ziegelsteinen in Zementmörtel ausgeführt. Die Innen- und Außenflächen des Rieselers werden mit Zementmörtel geputz. In die Wandungen des Rieselers werden zwecks guter Belüftung Jalousien eingebaut. Das 1. Stockwerk ist durch eine eiserne Wendeltruppe vom Erdgeschoss aus zugänglich.

Der Maschinenhaus-Anbau hat eine lichte Abmessung von 5,50 x 9,50 m. Der Fußboden des Maschinenhause und der Erdgeschossfußboden des Turmes liegen auf einer Höhe. Vom Maschinenraum aus gelangt man durch eine 1,20m breite Tür zum Turm.

Die Fundamente des Maschinenhaus-Anbaues werden aus hartgebrannten Ziegelsteinen in verl. Zementmörtel  hergestellt. Das aufgehende Mauerwerk und die Außenflächen werden wie beim Turm hergestellt. Die inneren Wandflächen werden mit verl. Zementmörtel sauber geputzt. Die Maschinenfundament werden aus hartgebrannten Ziegelsteinen in Zementmörtel 1 : 3 ausgeführt. Von dem Auspuffschacht und den Rohrkanälen gilt dasselbe.

Die Fundament des Maschinenhaus-Anbaues werden aus hartgebrannten Ziegelsteinen in verl. Zementmörtel hergestellt. Das aufgehende Mauerwerk und die Außenflächen werden wie beim Turm hergestellt. Die inneren Wandflächen werden mit verl. Zementmörtel sauber geputzt. Die Maschinenfundament werden aus hartgebrannten Ziegelsteinen in Zementmörtel 1 : 3 ausgeführt. Von dem Auspuffschacht und den Rohrkanälen gilt dasselbe. Der Fußboden erhält einen Belag von guten Tonfliesen, die auf einer 12 cm starken Betonunterlage in Zementmörtel gebettet sind.

Das Dach ist ein Holzzementdach. Die Balken erhalten eine Stärke von 18/24 und werden unterseitig mit 2,5 cm starken, gehobelten und gespundeten Brettern verschalt.

Der Turm, sowie der Anbau erhalten für die Belichtung und Belüftung schmiedeeiserne Doppelfenster.

Der Anbau und Enteisungsraum erhalten je einen genügend großen Dauerbrandofen.

Alle näheren Einzelheiten sind aus der beigefügten Zeichnung ersichtlich.“

Dieser ausführlichen Beschreibung der Planung schlossen sich die „Statistischen Berechnungen des Wasserturmes des Wasserwerkes,  welche die Untersuchungen der Druckbelastung durch das Eigengewicht der Konstruktion und der beweglichen Lasten sowie die Beanspruchung des Mauerwerke durch Winddruck“ an.

Beide Ausarbeitungen sowie auch die sich daran anschließenden Zeichnungen wurden per 13.08.1913 mit einem Prüfvermerk des Kgl. Hochbauamtes II J.V. Büchler – Regierungsbaumeister versehen.

Die oben gemachte Anweisung: Die fehlende statische Berechnung ist rechtzeitig vor der Ausführung vorzulegen  wurde nach zahlreichen Anmahnungen, erledigt mit den Planungsunterlagen unter dem Titel „Festigkeitsnachweis für einen Wasserbehälter von 100 cbm Inhalt nebst Dachkonstruktion für das Wasserwerk Neutomischel“, einer  Ausarbeitung der Maschinenfabrik Donnersmarckhütte – Abteilung Kesselschmiede, die datiert vom August 1913 ist. Diese Unterlagen wurden dann wiederum von der Fa. Carl Franke per 20. September 1913 gegengezeichnet und vermutlich nach Posen eingereicht, denn es findet sich wiederum ein Prüfungsvermerk vom 09. Oktober 1913 auf der letzten Seite des Berichtes.

Per 20. Oktober 1913 unterzeichnete dann für die Polizeibehörde der gleichzeitig als Bürgermeister tätige Franke, die Bauerlaubnis an die Stadtgemeinde Neutomischel. Hier stellt man sich unweigerlich die Frage „im Oktober 1913“?  Am Ende dieser Bauerlaubnis findet sich der Vermerk: „die Rohbauabnahme des Wasserwerkes hat am 30. Oktober 1913 stattgefunden. Der Bau ist in jeder Weise gut und richtig und den baupolizeilichen Vorschriften entsprechend ausgeführt. “ Diese Eintragung ist datiert vom 17. November 1913 und abgezeichnet von „H…“ Baurat (die Unterschrift ist nicht einwandfrei  entzifferbar).

In den Monaten Juli und August 1913 wurden auch weitere Bemühungen und Informationen zur Anschaffung des Hydranten- und Schlauchwagen und anderer Feuerlöschgeräte eingeholt.

[1.082]

Wasserturm - Bild: Halina Patalas

Allerdings finden sich auch immer wieder Schreiben bezüglich der Finanzierung der Baukosten. Es wurden seitens der Kgl. Regierung in Posen 120.000,00 Mark zur Darlehensaufnahme bewilligt, aber durch die zahlreichen Änderungen, die zur ursprünglichen Planung angeordnet wurden, wurde ein Zusatzdarlehen über weitere 10.000,00 Mark notwendig. Die Beschaffung dieses zusätzlichen Kredites scheint aber nicht so ohne weiteres möglich gewesen zu sein, zumal seitens der Kgl. Regierung diese Darlehensaufnahme nicht genehmigt wurde und Erklärungen verlangt wurden weshalb die kalkulierten Gesamtkosten überschritten werden sollten. Worauf die Verantwortlichen des Baus der Stadt Neutomischel dann die kgl. Regierung in Posen darauf hinwiesen, dass die Kosten sich auf 132.000 Mark erhöht hätten, da doch anstatt einer geschlossenen Enteisungsanlage eine offene und anstatt eines Silos zwei gefordert worden seien. Desweiteren war doch entschieden und angeordnet worden die Unterbringung des Motors und der Maschinen nicht im Wasserturm selbst vorzunehmen, sondern für diese ein separates Gebäude zu errichten.

Im Oktober 1913 nimmt die Stadt dann auch den ersten Kontakt zu einigen Versicherungsgesellschaften bzgl. der Eindeckung einer Feuerversicherung, aber auch zur Abdeckung von Schäden an den Wasserleitungen für die die Stadt haften könnte, auf. Für ersteres wurde der Wasserturm mit Enteisungsanlage mit einer Versicherungssumme von 39.500,00 Mark und das Maschinenhaus mit 22.000,00 Mark bewertet; zu letzterem erhielt die  das Stadtgemeinde die Auskunft, dass sie nicht haftbar sei für Hausinstallationen der Wasserleitungen,  da diese auf Veranlassung der Hausbesitzer ausgeführt werden würden und diese haften würden, auch bei Rohrbruch durch Kälte, wenn sie die Rohre nicht gewärmt haben würden.

Mit Schreiben vom 20ten November 1913 des Königlichen Regierungs-Präsidenten findet sich dann an den Magistrat in Neutomischel folgende Mitteilung: „Bericht vom 13. November 1913 No. 2211 betreffend das Wasserwerk . – Die Abnahme des Wasserwerks kann erst nach seiner Fertigstellung erfolgen. Von der Anberaumung des Termins auf den Schluß Monats November muß ich wegen der Behinderung meines wasserbautechnischen Dezernenten absehen. Ich habe den Termin auf Montag, den 1. Dezember 1913 nachmittags 3.45 Uhr, im Anschluß an den dort um 3.40 Uhr eintreffenden Zug, anberaumt. Die ausführende Firma ersuche ich zu dem Termin hinzuzuziehen und zu veranlassen, daß die Zeichnungen zur Stelle sind.“

Es war soweit, mit dem 01. Dezember 1913 war die Endabnahme des Baus des Wasserwerkes und des Wasserturmes anberaumt.

* * *

Und mit diesem Termin enden wir nun diesen Beitrag. Es gibt in den Archiv-Unterlagen noch einige Schriftstücke mehr, auch gibt es Berichte zu einigen kuriosen Begebenheiten und letztlich sind einige Maßnahmen, die der Bau des Wasserwerkes mit sich brachte bis jetzt nur ganz oberflächlich angeschnitten. Und wie bei jedem Bau auch, kam es auch zu der ein oder anderen Reklamation von Baumängeln und es wurde die ein oder andere Nachbesserung notwendig. Aber davon zu einem späteren Zeitpunkt mehr.

Quellenangabe: Staatsarchiv Poznan –

Zeitungsmitteilung 1913 bzgl. der Bauvergabe für das Wasserwerk; und ein kritischer Leserbrief hinsichtlich der Unterrichtung der Bürger zu diesem Projekt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.082]

Wasserturm - Bild: Halina Patalas

„Kreisblatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung“ vom 24. Juni 1913

Der Bau des hiesigen städtischen Wasserwerkes ist an die Firma Carl Francke, Bremen, für den Preis von 122.000 Mark vergeben worden. Mit den Arbeiten wird Anfang Juli begonnen. Das Werk soll bis 1. Dezember betriebsfertig hergestellt sein.

Die Zweigleitungen vom Hauptrohr bis zur Grundstücksgrenze werden seitens der Stadt gelegt.

Die Hausinstallation, die bis zum 1. November bereits fertig sein soll und zur der Bleirohre nicht verwendet werden dürfen, liegt den Hausbesitzern ob.

* * *

In selbiger Zeitung findet sich dann ebenfalls der Abdruck nachfolgenden kritischen Leserbriefes bzgl. der zu späten und verzögerten, und wohl auch nicht ausführlichen Information und Unterrichtung seitens des Magistrats gegenüber den, nach Fertigstellung des Bauvorhabens zur Wassergeldzahlung verpflichteten Eigentümern der Stadt. (sh. auch http://oledry.pl/de/polizeiverordnung-uber-den-anschluss-an-die-stadtische-wasserleitung-19131914/)

Der Leserbrief wurde unter dem Titel Eingesandt – Ein offenes Wort! veröffentlicht, wobei der Einsender nicht namentlich genannt wurde:

Die Tagesordnung zur letzten Stadtverordnetensitzung, die am Freitag, den 20. Juni stattfand, wurde in der am selben Tag erscheinenden Ausgabe des Kreisblattes erst zur Kenntnis der Bürgerschaft gebracht. Das Blatt erscheint gewöhnlich um 5 Uhr, während die Sitzung auf 4 1/4 Uhr angesetzt war. Als erster Punkt war der Bau der Wasserleitung zur Beratung gestellt. Bei der hohen Wichtigkeit dieser Anlage für unsere Stadt würde vielleicht mancher Bürger die Gelegenheit wahrgenommen haben, persönlich dem Gang der Verhandlungen beizuwohnen, wenn er nur rechtzeitig von der Tagung des Stadtparlaments in Kenntnis gesetzt worden wäre. Es ist jedenfalls sehr wünschenswert, dass der Herr Bürgermeister und die Herren Stadtverordneten dafür Sorge tragen, dass in Zukunft die Tagesordnungen der Sitzungen drei Tage vorher bekannt gegeben werden. Auch die Stunde der Sitzung könnte man auf abends 8 Uhr verlegen, denn dann haben unsere Geschäftsleute eher Zeit den Verhandlungen, die doch mehr oder weniger tief in das städtische Wohl und Wehe einschneiden, beizuwohnen und sich von ihrem Gang zu überzeugen. In unserer jetzigen Zeit, in der alle Lebensmittelpreise eine nie zuvor gekannte Höhe erreichten und wir auch sonst genügend Lasten zu tragen haben, ist es nicht allein des Bürgers gutes Recht, sondern der Selbsterhaltungstrieb macht es ihm zur Pflicht, sich über alle öffentlichen Vorkommnisse auf dem Laufenden zu erhalten. Hier würde der neu gegründete Bürgerverein ein fruchtbares Feld finden, wenn er seine Mitglieder zum Besuch der Stadtverordneten-Versammlungen anspornen würde, eine Maßnahme, die nicht etwa gegen das städtische Kollegium gerichtet sein soll, wie dies vielleicht den Anschein haben könnte, nein, im Gegenteil würde zuweilen anders gearteten Meinungen der Boden entzogen, wenn sich die Bürger persönlich vom Stand, der Dinge überführten. Auch die Berichte, die über die jeweiligen Stadtverordneten-Sitzungen im hiesigen Kreisblatt erscheinen , lassen manchmal lange auf sich warten und sind oft in lakonischer Kürze gehalten; hier möge doch die Redaktion dafür sorgen, dass etwas ausführlicher berichtet wird, denn nicht alle Leser haben zum Besuch der Versammlungen jedesmal die nötige Zeit.

Schreiber dieser Zeilen hat auf Wunsch mehrere seiner Mitbürger hier in offenen schlichten Worten seine Ansichten der Öffentlichkeit unterbreitet in der Hoffnung, dass sie befruchtend wirken mögen.

e.

Polizeiverordnung über den Anschluss an die städtische Wasserleitung 1913/1914

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.084]

Brunnen in der Bahnhofstrasse – AK-Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Kann ein Grundstückseigentümer gezwungen werden, sein Grundstück an die Gemeindewasserleitung anzuschließen?  So eine Überschrift eines Zeitungsartikels, der sich in den alten Akten des Wasserwerkes der Stadt Neutomischel findet.

Diese Frage hatte sich der Magistrat sicherlich gestellt, als er die Planungen zur Errichtung des Wasserwerkes begann. Die Bewohner sollten per Gesetz  nach Fertigstellung und Inbetriebnahme des Wasserwerkes dann ja für etwas bezahlen, was sie bis zu diesem Zeitpunkt umsonst genutzt hatten, und dieses, obwohl die Städter von Neutomischel, soweit bekannt, zu keinem Zeitpunkt Probleme mit der Qualität des Wassers, welches aus den öffentlichen Brunnen entnommen wurde, gehabt hatten. Und so musste man sich von vornherein gegen den Widerspruch der Einwohner wappnen.

Der Argumentation der Ablehnung, dass Brunnen mit gutem Wasser vorhanden seien, und damit ein Anschluss an die städtische Wasserleitung durch einen Eigentümer eines Grundstückes nicht zu akzeptieren sei, wurde durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes nicht anerkannt. Der Entscheid, dass alle Grundstücke an die Gemeindewasserleitung anzuschließen seien, wurde begründet mit der Aussage, dass eine öffentliche Wasserleitung im allgemeinen Gesundheitsinteresse errichtet werden würde bzw. worden sei. Ein Wasserwerk einer Stadt würde nicht gebaut und betrieben werden können, wenn nicht sämtliche Eigentümer der Grundstücke verpflichtet werden würden, an dieses mit den verlegten Wasserleitungen angeschlossen zu werden.

Unter Berücksichtigung des § 10 II, 17 des Allgemeinen Landrechts , gehörte es zu den Aufgaben einer Polizeibehörde Gefahren von der Bevölkerung abzuwenden. Um dieses durchzuführen, war es der Behörde sogar gesetzlich genehmigt den Anschluss von Grundstücken an die öffentliche Wasserleitung zu erzwingen.

Dieses galt selbstverständlich auch für die Stadt Neutomischel und deren Bewohner. Eine entsprechende Veröffentlichung, mit der die Verordnung vom 27.11.1913 nochmals bekanntgegeben wurde , ist zu finden im  Kreis Blatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung vom Freitag, den 16. Oktober 1914.

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[1.085]

Brunnen auf dem Alten Markt / Ecke Goldstrasse – AK-Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Polizeiverordnung  über den Anschluss der bebauten Grundstücke innerhalb der Stadtgemeinde Neutomischel an die städtische Wasserleitung

Auf Grund der §§ 143, 144 des Landesverwaltungs-Gesetzes vom 30. Juli 1883 und der §§ 5 und 6 des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 wird unter Zustimmung des Magistrats ( zu dem seinerzeit Bürgermeister Franke gehörte, der auch gleichzeitig die Polizeiverwaltung unter sich hatte) für den Stadtbezirk Neutomischel folgende Verordnung erlassen:

§ 1. Jedes Grundstück, auf welchem ein zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmtes Gebäude errichtet ist muss an die städtische Wasserleitung gemäß den über die Ausführung der Wasserleitungen in Privatgrundstücken der Stadt Neutomischel erlassenen technischen Vorschriften angeschlossen werden, sofern die Wasserleitung durch den angrenzenden Straßenteil gelegt oder an diesen bis auf höchstens 50 m Abstand herangeführt ist.

§ 2. Der Anschluss ist von dem Eigentümer oder Verwalter des Grundstücks für die bereits bewohnten Gebäude binnen 6 Wochen nach einem auf ortsübliche Weise bekanntzumachenden Zeitpunkt, für neu erbaute Gebäude vor Beziehung derselben, zu bewirken.

[1.086]

Brunnen auf dem Neuen Markt vor dem Hotel Toeffling – Bild: Maennel-Archiv

§ 3. Wer es unterlässt sein Grundstück in der im § 2 festgesetzten Frist an die städtische Wasserleitung anzuschließen, erhält – abgesehen von der zwangsweisen Ausführung des Anschlusses gemäß § 132 des Landesverwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1883 – in eine Geldstrafe bis zu 9 Mark, an deren Stelle im Unvermögensfalle entsprechend Haft tritt.

§ 4. Die Verordnung tritt mit dem Tage der Veröffentlichung in Kraft

Neutomischel, den 27. 11. 1913

Die Polizeiverwaltung Franke

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Quellenangabe: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Staatsarchiv Poznan –

Nachstehend eine Auflistung der Grundstücke mit den jeweiligen Eigentümern aus der Zeit der bevorstehenden Inbetriebnahme des Wasserwerkes 1913/14 und der im Entwurf errechneten einzufordernden Wassergeldabgabe:

Jahr Betrag No. Zu-, Vorname Stand Gewerbe Haus-No. Straße Wasseruhr
1913/14 30,60 1 Kurtz, Gotthold Schuhmachermeister 1A Posener Straße x
1913/14 51,60 2 Pflaum, Hermann Brauereibesitzer 1B Posener Straße Messer
1913/14 14,70 3 Lehmann, Gustav Sattlermeister 2 Posener Straße x
1913/14 59,40 4 Goldmann, Paul Kaufmann 3 Posener Straße x
1913/14 97,00 5 Munter, Georg Kaufmann 4 Posener Straße x
1913/14 51,00 6 Paech & Wolf Kaufmann 5A Posener Straße x
1913/14 56,90 7 Wollstein, David Kaufmann 5B Posener Straße x
1913/14 39,30 8 Lutz, Paul (überschrieben mit Hampel, Bruno) Molkereibesitzer 6A Posener Straße Messer
1913/14 44,70 9 Toeffling, Otto Kaufmann 6B Posener Straße Messer
1913/14 33,30 10 Goldmann, Walter Kaufmann 7 Posener Straße Messer
1913/14 60,40 11 Zeidler, Karl Schuhmachermeister 8 Posener Straße x
1913/14 31,10 12 Kannewischer, Richard Bäckermeister 9A Alter Markt x
1913/14 x 13 x, Richard (wurde gestrichen) Bäckermeister 9B Alter Markt x
1913/14 55,40 14 Hecke, Reinhold Schneidermeiser 10 Alter Markt x
1913/14 17,10 15 Janiszewski, Albert Bäckermeister 11 Alter Markt x
1913/14 67,70 16 Hunold, Reinhold Hausbesitzer 12 Alter Markt x
1913/14 41,80 17 Gröger, Otto Kaufmann 13 Alter Markt x
1913/14 82,70 18 Palitzki, Hermann Hotelbesitzer 14 Alter Markt Messer
1913/14 31,20 19 Kuhnke, Paul Sattlermeister 15A Alter Markt x
1913/14 41,50 20 Korytowski, Stanislaus Heilgehilfe 15B Alter Markt x
1913/14 75,70 21 Janiszewski, Joseph Kaufmann 16 Goldstraße x
1913/14 66,30 22 Seeliger, Richard Buchhändler 17 Goldstraße x
1913/14 42,30 23 Knobel, Karl Kaufmann 18A Goldstraße x
1913/14 72,20 24 Knobel, Karl Kaufmann 18B Goldstraße x
1913/14 32,10 25 Tepper, Otto Kaufmann 19 Goldstraße x
1913/14 46,20 26 Walter, Bruno Kaufmann 20A Goldstraße x
1913/14 49,80 27 Knoll, Wilhelm Sattlermeister 20B Goldstraße x
1913/14 56,50 28 Lippmann, Jacob Kaufmann 21 Goldstraße x
1913/14 66,60 29 Hippel, Oskar Kaufmann 22 Goldstraße x
1913/14 23,80 30 Schirmer, Emil Klempnermeister 23 Neuer Markt x
1913/14 34,30 31 Manthei, Wilhelm Schlossermeister 24 Neuer Markt x
1913/14 14,70 32 Bielke, Maria Schneiderin 25 Neuer Markt x
1913/14 42,00 33 Lüdke, Ferdinand Kaufmann 26 Neuer Markt Messer
1913/14 22,80 34 Chedor, Carl Kaufmann 27 Neuer Markt x
1913/14 in Nr. 34 35 Chedor, Carl Kaufmann 28 Neuer Markt x
1913/14 14,10 36 Liepelt, Ernest Bäckermeister 29 Neuer Markt x
1913/14 48,60 37 Goldmann, Carl Eduard Spediteur 30 Neuer Markt Messer
1913/14 12,90 38 Zink, Karl Fleischermeister 32 Neuer Markt Messer
1913/14 9,80 39 Reisch, Robert Müller 32A Neuer Markt x
1913/14 8,70 40 Loechel, Wilhelm Hausbesitzer 32B Neuer Markt x
1913/14 12,80 41 Schwedler, Gustav Fleischermeister 33 Neuer Markt Messer
1913/14 13,60 42 Jaenicke, Hugo Bez. Schornsteinfeger 34 Neuer Markt x
1913/14 6,90 43 Engelmann, Ernst Schmiedemeister 35 Neuer Markt x
1913/14 41,80 44 Kubel, Dienegott Tischlermeister 36 Neuer Markt x
1913/14 20,10 45 Lüdke, Karl Schmiedemeister 37A Neuer Markt x
1913/14 42,90 46 Lüdke, Alexander Kaufmann 37B Neuer Markt x
1913/14 42,70 47 Schmidt, Gustav Fleischermeister 38 Neuer Markt Messer
1913/14 13,60 48 Pretschker, Emil Kaufmann 39 Neuer Maerkt x
1913/14 28,20 49 Müller, Ferdinand Kaufmann 40 Neuer Markt x
1913/14 15,60 50 Janott, Traugott Stellmachermeister 41A Neuer Markt x
1913/14 12,60 51 Braun, Karl Tischlermeister 41B Neuer Markt x
1913/14 ? 52 Woskowiak, Konstantin Schneidermeister 42 Neuer Markt x
1913/14 ? 53 Hiller, Wolff Handelsmann 43 Neuer Markt x
1913/14 ? 54 Neutomischel, Stadtgemeinde (Krankenhaus) 44 Neuer Markt x
1913/14 12,20 55 Rausch, Florentine (unleserlich überschrieben) Wittwe 45 Neuer Markt x
1913/14 17,00 56 Saar, Hermann Töpfermeister 46 Neuer Markt x
1913/14 58,50 57 Donner, Hugo Apotheker 47 Neuer Markt x
1913/14 12,00 58 Thiele, Elisabeth Putzmacherin 48 Neuer Markt x
1913/14 ? 59 Goldmann, Emilia (unleserlich überschrieben) Hausbesitzerin 49 Neuer Markt x
1913/14 ? x X, Richard (wurde gestrichen) x 50 fehlt Neuer Markt x
1913/14 ? 60 Weinert,Kkarl Handelsmann 51 Neuer Markt x
1913/14 58,70 61 Toeffling, Hugo Hotelbesitzer 51 Neuer Markt Messer
1913/14 59,00 62 Maennel, Alexander Kaufmann 52A Neuer Markt x
1913/14 67,10 63 Maennel, Adolph Dampfmühlenbesitzer 52B Neuer Markt x
1913/14 66,90 64 Sinder, Wilhelm Kaufmann 53 Goldstraße x
1913/14 69,05 65 Rupozyk, Valentin Rentier 54 Goldstraße Messer
1913/14 91,20 66 Gärtner, Gustav Gasthofbesitzer 55 Goldstraße Messer
1913/14 35,70 67 Aldefeld, Oskar Klempnermeister 56 Goldstrape x
1913/14 47,20 68 Wandrey, Konstanze Gasthofbesitzerin 57 Goldstraße Messer
1913/14 25,00 69 Markus, Moritz Kaufmann 58 Goldstraße x
1913/14 67,20 70 Gartzke, Otto Kaufmann 59 Goldstraße x
1913/14 36,60 71 Roy, Oswald Rentier 60 Alter Markt x
1913/14 42,60 72 Schaefer, Emil Gasthofbesitzer 61 Alter Markt Messer
1913/14 mit Nr. 72 73 Schaefer, Emil Gasthofbesitzer 62 Alter Markt x
1913/14 29,40 74 Rausch, Berthold Gasthofbesitzer 63 Alter Markt Messer
1913/14 9,60 75 Kurtz, Hulda Schneiderin 64 Alter Markt x
1913/14 21,40 76 Peikert, Wilhelm Rentier 65 Alter Markt x
1913/14 42,00 77 Pfeiffer, Wilhelm Kaufmann 66 Alter Markt x
1913/14 37,60 78 Kern, Alfred Konditor 67 Alter Markt Messer
1913/14 x 79 Schulsozietät Neutomischel x – unleserlich 68 Alter Markt x
1913/14 x 80 Kirchengemeinde Neutomischel Küster 69 Alter Markt x
1913/14 x 81 Kirchengemeinde Neutomischel x – unleserlich 70A Alter Markt x
1913/14 x 82 Kirchengemeinde Neutomischel Kantor 70B Alter Markt x
1913/14 6,20 83 Kirchengemeinde Neutomischel Pfarrhaus 71 Alter Markt x
1913/14 54,70 84 Scheibe, Carl Fleischermeister 72 Alter Markt x
1913/14 104,70 85 Hirt, Wilhelm Hotelbesitzer 73 Alter Markt Messer
1913/14 31,20 86 Lemberg, Ferdinand Bäckermeister 74 Posener Straße x
1913/14 50,20 87 Nyga, Max Bäckermeister 75 Posener Straße x
1913/14 44,10 88 Janott, Heinrich Fleischermeister 76 Posener Straße Messer
1913/14 25,20 89 Scheibe, Karl Fleischermeister 77 Posener Straße Messer
1913/14 0,40 90 Scheibe, Karl Fleischermeister 78 Posener Straße Messer
1913/14 25,20 91 Cohn, Isidor – Vorname ist unleserlich geändert Kaufmann 79 Posener Straße x
1913/14 31,10 92 Fechner, Gottlieb Cigarrenfabr. 80 Posener Straße x
1913/14 27,00 93 Pflaum, Emil Kaufmann 81 Posener Straße Messer
1913/14 14,70 94 Pflaum, Emil Kaufmann 82 Posener Straße x
1913/14 27,90 95 Schultz, Georg Kaufmann 83 Posener Straße Messer
1913/14 x 96 Rathaus x 84 Neuer Markt x
1913/14 x 97 luth. Kirchengemeinde x 85 Lange Straße x
1913/14 x 98 evangelische Kirchen – ist gestrichen x 86 Alter Markt x
1913/14 6,20 99 Redlich, Paul Bauunternehmer 87 Bahnhofstraße x
1913/14 30,90 100A Glaesemer, Emma Rentier 88A Lange Straße x
1913/14 mit Nr. 100A 100B Glaesemer, Otto Rentier 88B Lange Straße x
1913/14 43,20 101 Pflaum, Hermann Rentier 89 Posener Straße x
1913/14 18,80 102 Faust, Traugott – überschrieben mit Begorow Töpfermeister – gestrichen 90 Bahnhofstraße x
1913/14 10,00 103 Knoll, Wilhelm Böttchermeister 91 Lange Straße x
1913/14 12,90 104 Stiller, Heinrich Bauunternehmer 92 Lange Straße x
1913/14 48,60 105 Lutz, Fritz Kaufmann 93 Posener Straße x
1913/14 ? 106 Gebr. Wolke (Speicher) – gestrichen Gutsbesitzer 94 Bahnhofstraße x
1913/14 51,00 107 Gebr. Wolke Gutsbesitzer 95 Bahnhofstraße x
1913/14 17,40 108 Judengemeinde (Schulhaus) 96 Lange Straße x
1913/14 9,40 109 Lutz, Heinrich Schlossermeister 97 Lange Straße x
1913/14 x 110 luth. Kirchengemeinde x 98 Lange Straße x
1913/14 x 111 Friedhof – städtischer x 99 Friedhof Straße x
1913/14 10,20 112 Richter, Bertha Hausbesitzerin 100 Bahnhofstraße x
1913/14 7,60 113 Janott, Oswald Bauunternehmer 101 Bahnhofstraße x
1913/14 28,00 114 Markus, David Kaufmann 102 Bahnhofstraße x
1913/14 23,40 115 Birkholz, Richard Tischlermeister 103 Lange Straße x
1913/14 ? 116 Joachim, Heinrich Hausbesitzer 104 Bahnhofstraße x
1913/14 ? 117 Schulz, August Weichensteller 105 Bahnhofstraße x
1913/14 10,00 118 Rausch, Otto Schneidermeister 106 Lange Straße x
1913/14 zu ? gehörig 119 Toeffling, Otto Kaufmann 107 Lange Straße x
1913/14 12,40 120 Gutsch, Luise Rentier 108 Lange Straße x
1913/14 88,30 121 Wittkowski, Louis Kaufmann 109 Bahnhofstraße x
1913/14 24,30 122 Fimmel, Otto Maschinenfabr. 110 Bahnhofstraße x
1913/14 x 123 Maennel, Lydia – gestrichen Post 111 Bahnhofstraße x
1913/14 x 124 Tepper, Gustav – gestrichen unleserl. Vermerk x 112 Bahnhofstraße x
1913/14 33,00 125 Knoll, Reinhold Schlossermeister 113 Lange Straße x
1913/14 9,10 126 Oehlmühle Paech & Wolf x 114 Lange Straße Messer
1913/14 36,40 127 Markus, Aaron – Aaron mit Alfred überschrieben Kaufmann 115 Bahnhofstraße x
1913/14 85,80 128 Maennel, Lydia (Post) Rentier 116 Bahnhofstraße x
1913/14 17,70 129 Ulrich, Wilhelm Kaufmann 117 Bahnhofstraße x
1913/14 34,80 130 Leske, Heinrich Hausbesitzer 118 Bahnhofstraße x
1913/14 28,20 131 Ramm, August Rentier 119 Bahnhofstraße x
1913/14 x 132 Weinert (Speicher) – gestrichen x 120 Bahnhofstraße x
1913/14 x 133 Goldmann, Carl Eduard (Scheune) – gestrichen Spediteur 121 Bahnhofstraße x
1913/14 10,50 134 Lüdke, Hermann Schneidermeister 122 Lange Straße x
1913/14 66,60 135 Paech, Waldemar Fabrikdirektor 123 Bahnhofstraße x
1913/14 12,60 136 Heinrich, Gustav Hausbesitzer 124 Altomischler Straße x
1913/14 8,80 137 Lorke, Heinrich Hausbesitzer 125A Altomischler Straße x
1913/14 8,80 138 Rake, Heinrich Hausbesitzer 125B Altomischler Straße x
1913/14 36,00 139 Wanke, Reinhold Handelsmann 126 Altomischler Straße x
1913/14 ? 140 Hahn, Oskar Handelsmann 127 Altomischler Straße x
1913/14 28,20 141 Korn, Berthold Schmiedemeister 128 Posener Straße x
1913/14 18,50 142 Leciejewicz, Wilhelm Handelsmann 129 Posener Straße x
1913/14 14,60 143 Schmidt, Paul Fleischermeister 130A Posener Straße Messer
1913/14 13,40 144 Aldefeld, Otto Klempnermeister 130B Posener Straße x
1913/14 8,40 145 Bengsch, Wilhelm Postschaffner 131 Garten Straße x
1913/14 15,20 146 Adam, Wilhelm Fuhrmann 132 Garten Straße x
1913/14 9,20 147 Hildebrandt, Berthold Hausbesitzer 133 Garten Straße x
1913/14 11,10 148 Müller, Heinrich Hausbesitzer 134 Garten Straße x
1913/14 8,10 149 Maas, Martin Hausbesitzer 135 Garten Straße x
1913/14 ? 150 Schulz, Reinhold Hausbesitzer 136 Garten Straße x
1913/14 ? 151 Hendschinski, Amalia Hausbesitzerin 137 Garten Straße x
1913/14 41,00 152 Schwaebe, Hugo Hauptlehrer a.D. 138 Lange Straße x
1913/14 22,20 153 Morzynski, Gustav – der Vorname ist unleserlich überschrieben Gastwirt 139 Neustädter Chaussee Messer
1913/14 ? 154 Morzynski wie 153 Gastwirt 140 Neustädter Chausse x
1913/14 ? 155 Morzynski, Gustav – Vorname mit Georg überschrieben Brauereibesitzer 141 Neustädter Chaussee Messer
1913/14 21,80 156 Hiersekorn, Otto Handelsmann 142 Neustädter Chaussee x
1913/14 50,70 157 Schulz, Heinrich Malermeister 143 Bahnhofstraße x
1913/14 ? 158 Arndts, Johannes Rechtsanwalt 144 Neustädter Chaussee x
1913/14 ? 159 Hasenfelder, Hermann Baumeister 145 Neustädter Chaussee x
1913/14 ? 160 Rausch, Heinrich (Mühle) Hausbesitzer 146 Altomischler Straße x
1913/14 ? 161 Bartecki, Adalbert Hausbesitzer überschr. Rechtsanwalt 147 Bahnhofstraße x
1913/14 ? 162 Weber, Ernst Kreisrendant 148 Bahnhofstraße x
1913/14 6,00 163 Schulz, August Schuhmacher 149 Bahnhofstraße x
1913/14 38,10 164 Chedor, Karl Kaufmann 150 Neustädter Chaussee x
1913/14 35,00 165 Schulz, Gustav Bäckermeister 151 Neustädter Chaussee x
1913/14 x 166 Katholische Kirche – gestrichen x 152 Bahnhofstraße x
1913/14 17,70 167 Schulz, Wilhelm Hausbesitzer 153 Bahnhofstraße x
1913/14 17,40 168 Kurtz, Hermann Tischlermeister 154 Bahnhofstraße x
1913/14 73,20 169 Müller, Emilie Wittwe 155 Neustädter Chaussee x
1913/14 37,80 170 Schütze, Traugott Buchhalter 156 Bahnhofstraße x
1913/14 18,00 171 Wendenburg, Hermann Handelsmann 157 Altomischler Straße x
1913/14 80,90 172 Kreishaus x 158 Grätzer Straße Messer
1913/14 17,20 173 Nitschke, Wilhelm Hausbesitzer 159 Grätzer Straße x
1913/14 13,70 174 Eichholtz, Paul Böttchermeister 160 Lange Straße x
1913/14 x 175 Militär Zeughaus – gestrichen x 161 Lange Straße x
1913/14 46,80 176 Tepper, Ernst Rentier 162 Bahnhofstraße x
1913/14 8,90 177 Wunicke, Gustav Hausbesitzer 163 Bahnhofstraße x
1913/14 27,00 178 Maennel, Otto Gärtnereibetr. 164 Bahnhofstraße Messer
1913/14 17,70 179 Paetzold, Paul Lehrer 165 Bahnhofstraße x
1913/14 19,80 180 Gasanstalt x 166 Friedhof Straße Messer
1913/14 13,20 181 Schaefer, Rudolf Rentier 167 Bahnhofstraße x
1913/14 15,40 182 Wilhelm, Gustav – jetzt Ehefrau Kreisbote a.D. 168 Bahnhofstraße x
1913/14 51,30 183 Glühlichtfabrik x 169 Bahnhofstraße Messer
1913/14 40,00 184 Busch, Wilhelm Buchdruckermeister 170 Bahnhofstraße x
1913/14 12,60 185 Kruschel, Hermann Schneidermeister 171 Altomischler Straße x
1913/14 38,80 186 Weckwerth, Ludwig Kgl. Amt?meister 172 Bahnhofstraße x
1913/14 10,20 187 Wolf, Maria Wittwe 173 Bahnhofstraße x
1913/14 41,10 188 Hahn, August Handelsmann 174 Bahnhofstraße x
1913/14 98,40 189 Buddee, Dr. Kgl. Kreisarzt 175 Neustädter Chaussee Messer
1913/14 37,20 190 Kroll, Fritz Hauptlehrer 176 Bahnhofstraße x
1913/14 x 191 Müller, Richard Bauunternehmer 177 Bahnhofstraße x
1913/14 19,80 192 Röschke, Karl Musikdirigent 178 Lange Straße x
1913/14 x 193 Tepper, Ernst Rentier 179 Bahnhofstraße x
1913/14 x 194 Weidenschälerei – gestrichen x 180 Garten Straße x
1913/14 7,80 195 Pohl, Mathilde Wittwe 181 Altomischler Straße x
1913/14 12,60 196 Zimmer, Clara Rentier 182 Lange Straße x
1913/14 87,90 197 Lehmann, Berthold Bäckermeister 183 Bahnhofstraße x
1913/14 27,50 198 Hasenfelder, Hermann Baumeister 184 Neustädter Chaussee x
1913/14 25,00 199 Linke, Wilhelm Rentier 185 Altomischler Straße x
1913/14 ? 200 Knispel, Reinhold Fuhrmann 186 Lange Straße x
1913/14 x 201 Müller, Richard Bauunternehmer 187 Lange Straße x
1913/14 x 202 Winter, Wilhelm Arbeiter 188 Lange Straße x
1913/14 x 203 Goldmann, Carl Eduard – gestrichen Spediteuer 189 Lange Straße x
1913/14 13,00 204 Seide, Beate Rentier 190 Bahnhofstraße x
1913/14 15,80 205 Taeubner, Heinrich Eigentümer 191 Lange Straße x
1913/14 12,90 206 Roy’schen Erben x 192 Friedenwälder Straße x
1913/14 19,20 207 Steinäcker, Baron von Kgl. Beamter 193 Bahnhofstraße x
1913/14 72,60 208 Ludwig, Max – gestrichen – Schultz, Georg Kaufmann 194 Bahnhofstraße Messer
1913/14 x 209 Vereinigte Schulen – gestrichen x 195 Bahnhofstraße x
1913/14 ? 210 Molzahn, Hermann Zollaufseher 196 Friedenwälder Straße x
1913/14 42,20 211 Tietze, Gustav Seilermeiser 197 Lange Straße x
1913/14 37,50 212 Hasselmann, Karl Krgl. Kreistierarzt 198 Bahnhofstraße x
1913/14 x 213 kath. Kirchengemeinde x 199 Bahnhofstraße x
1913/14 x 214 Hartmann, August Arbeiter 200 Bahnhofstraße x
1913/14 12,10 214A Janott, Oswald Bauunternehmer 200A Bahnhofstraße x
1913/14 x 215 Landwirtschaftliche Winterschule x 201 Neustädter Chaussee x
1913/14 x 216 Jeske, Otto Briefträger 202 Garten Straße x
1913/14 x 217 Hasenfelder, Herrmann Baumeister 203 Friedenwälder Straße x
1913/14 2,40 218 Giering, Reinhold Eigentümer 204 Altomischler Straße x
1913/14 8,70 219 Richter, Gustav Gärtnereibetr. 205 Altomischler Straße Messer
1913/14 2,80 220 Winter, Gottlieb – gestrichen x 206 Altomischler Straße x
1913/14 x 221 Knoll, Berthold – gestrichen x – nicht bebaut 207 Altomischler Straße x
1913/14 x 222 Knoll, Heinrich – gestrichen x – nicht bebaut 208 Altomischler Straße x
1913/14 19,60 223 Knoll, Mathilde x 209 Altomischler Straße x
1913/14 18,70 224 Engelmann, Adolf Bauunternehmer 210 Altomischler Straße x
1913/14 x 225 Pflaum, Gottlieb – gestrichen x – nicht bebaut 211 gestr. Altomischler Straße x
1913/14 x 226 Kreis Neutomischel – gestrichen x 212 Altomischler Straße x
1913/14 2,40 227 Schulz, Wanda verehel. Winter – gestrichen x 213 Altomischler Straße x
1913/14 2,40 228 Seide, Berthold x 214 Altomischler Straße x
1913/14 x 229 Pflaum, Hermann x 215 Altomischler Straße x
1913/14 31,80 230 Weber, Robert x 216 Altomischler Straße x
1913/14 7,40 231 Bielke, Emilie x 217 Altomischler Straße x
1913/14 6,00 232 Giering, Gottlieb – gestrichen x 218 Altomischler Straße x
1913/14 8,40 233 Weber, Johann – gestrichen x 219 Altomischler Straße x
1913/14 28,50 234 Richter, Hermann Maschinenfabrikant 220 Neustädter Chaussee x
1913/14 12,00 235 Tepper, Gustav Rentier 221 Neustädter Chaussee x
1913/14 4,20 236 Rebotzki, Wilhelm x 222 Neustädter Chaussee x
1913/14 51,70 237 Schmidt, Richard Dampfmühlenbesitzer 223 Neustädter Chaussee x
1913/14 2,40 238 Maennel, Alexander Kaufmann 224 Neustädter Chaussee x
1913/14 5,40 239 Wittig, Hermann Ackerbürger 225 Neustädter Chaussee x
1913/14 x 240 Wittkowsky, Louis Kaufmann 226 Neustädter Chaussee x
1913/14 4,20 241 Beitsch, August Eigentümer 227 Neustädter Chaussee x
1913/14 2,40 242 Froede, Otto Eigentümer 228 Neustädter Chaussee x
1913/14 9,90 243 Janott, Dienegott Orgelbauer 229 Neustädter Chaussee x
1913/14 ? 244 Much, Wilhelm gew. Weichensteller 230 Neustädter Chaussee x
1913/14 x 245 Joachim, Berthold – ? Seide, Wilhelm x 231 gestr. Neustädter Chaussee x
1913/14 x 246 Rosenau, Otto Zimmermann 231 Neustädter Chaussee x
1913/14 2,40 247 Maennel, Adolf Dampfmühlenbesitzer 232 Neustädter Chaussee x
1913/14 x 248 Rathaus Neutomischel – gestrichen x ohne x x
1913/14 x 249 höhere Schule x ohne x x
1913/14 x 250 Kreiskrankenhaus x x x Messer
1913/14 x ohne Schule IV Glinau x x x x

50 Jahre Glöckner von Rakwitz – 1858

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Amtsblatt der Königlichen Preußischen Regierung zu Bromberg - Jahrgang 1858)
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Kirchturm Rakoniewice – Quelle: http://www.panoramio.com/photo/12288002

Bekanntmachung

Des Königs Majestät haben geruht, dem Glöckner an der evangelischen Kirche zu Rackwitz, Johann Martin Heinrich, in Veranlassung seines am 25. Oktober pr. gefeierten 50 jährigen Amtsjubiläums das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen.

Posen, den 19. Januar 1858

Königl. Konsistorial-Präsidium  – veröffentlicht im Amtsblatt der Königlichen Preußischen Regierung zu Bromberg – Jahrgang 1858

* * *

Gefundenes zu dem Inhaber des Glöckneramtes in Rackwitz:

Zu den Jahren 1785 – 1798 finden sich in den Kirchenbuchaufzeichnungen Eintragungen zu Johann Christian Joythe. Er wurde als Kürschner in Rackwitz betitelt mit dem Zusatz, dass er auch der Glöckner der Stadt gewesen ist. Ein Kürschner jener Zeit verarbeitete und gerbte seine Felle vermutlich noch selbst. Das Handwerk selbst galt durch den Umgang mit den Fellen toter Tiere noch als unrein, zudem kam es bei der Verarbeitung zu einer starken Geruchsbelästigung. Trotz allem gehörten die Kürschner dennoch zu den angesehensten und auch ratsfähigen Handwerkern. Johann Christian Joythe war verehelicht mit Anna Rosina Wache. In dem oben genanntem Zeitraum gehen aus dieser Verbindung die Kinder Charlotta Dorothea, Johanna Rosina, Maria Elisabeth, Augusta und Louise Wilhelmine Amalie hervor.

Charlotta Dorothea, sie wurde ca. 1785 geboren, heiratete um 1807 den Schuhmachermeister Johann Martin Heinrich. Es wird angenommen, dass er der Sohn der Eheleute Martin Heinrich, Brauer und Bürger zu Rackwitz und der Maria Elisabeth, einer geborenen Joythe ist.

Scheinbar ging das Ehrenamt des Glöckners der evangelischen Kirche zu Rackwitz mit  dieser Eheschliessung des Johann Martin Heinrich und der Charlotta Dorothea geborener Joythe von  Johann Christian Joythe an Johann Martin Heinrich über und wurde von diesem bis in das Jahr 1858 fortgeführt.

Charlotta Dorothea Heinrich geborene Joythe verstarb 1824 in Rackwitz. Johann Marin Heinrich schloss dann eine weitere Ehe im Januar 1830 mit Johanna Carolina Herrmann.

 

Kirchweihe nach Renovierung der evgl. lutherischen Kirche zu Neuborui – 1884

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Kirchen-Blatt 217 vom 15. Juli 1884)
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Neuborui evgl. luth. Kirche nach Renovierung - Quelle: Maennel Archiv

Nur wenig ist überliefert von der evangelisch-lutherischen Kirche, der so genannten „Altlutheraner“ Kirche, in Neuborui. Die Kirche selbst wurde abgerissen, heute findet sich in Boruja Nowa keine Erinnerung mehr an sie.

Der hier veröffentlichte Artikel stammt aus dem Kirchen-Blatt 217 vom 15. Juli 1884; dieser und die Bilder wurden uns zur Veröffentlichung eingesandt vom Maennel-Archiv, Kassel.

Vielen Dank !

* * *

Schon im vorigen Herbst hatte ein Gemeindeglied angeregt, dass die Kirche, niedrig, klein und mit Rohr gedeckt (Die Kirche war errichtet worden auf dem Grund und Boden des Gerichtsschulzen Daniel Schulz, 1847 geweiht worden und wurde 1854 von der Glaubensgemeinde erworben – Inf. aus dem Bericht zur 75.jähren Bestehensfeier), möchte vergrößert und renoviert werden. Der Gedanke wurde von vielen beifällig aufgenommen und mit herzlicher Freude habe ich gesehen, wie in nachfolgenden Gemeindeversammlungen die Glieder der Gemeinde den Umbau nicht nur einstimmig beschlossen, sondern auch alle Unkosten zu tragen willig waren. So wurde im Namen Gottes der Umbau im März begonnen.

Zuerst wurde die Kirche 4 1/2 “ in die Höhe geschraubt und untermauert, dann wurden zwei Seiten- und ein Querchor geschmackvoll eingerichtet, wodurch wir viel Raum gewonnen haben, das alte Strohdach wurde durch Ziegeldach ersetzt und der First mit einem Kreuz geschmückt. Das Gebäude macht jetzt von außen einen schönen kirchlichen Eindruck und von innen ist es einfach aber sauber, einladend den Herrn anzubeten und seine Gottesdienst zu feiern.

Am Sonntag Exaudi hielten wir Kirchweih. Weil Sonntag, wagte ich nicht einen Amtsbruder einzuladen. Die Feier war schön, denn die Gemeinde hatte ein herzlich Verlangen nach ihrem Gotteshause. Die Brüder der Tomischler Gemeinde erhöhten die Festfreude durch einen Vortrag einer schönen Kirchweih-Cantate. Die Festpredigt wurde über das Kirchweih evang. Luc. 19 gehalten und Nachmittags über Ruth 1, 14-17 von der Treue, die wir als Kinder unserer Mutter Kirche schuldig sind.

Der Herr wolle die Gemeinde auch in ihren Herzen allezeit so erbauen, dass alle renovierte Tempel seiner Wohnung sein und bleiben mögen.

* * *

Es folgen genealogische Daten des Kirchenmitgliedes und Gerichtsschulzen Johann  Daniel Schulz und seiner Familie welcher in diesem Artikel erwähnt wurde; notiert anhand der noch vorhandenenen Kirchenbücher im Staatsarchiv Posen, durch die mehrfache Namensnennung Daniel bzw. Johann Daniel Schulz in Neuborui wissen wir nicht, ob alle Daten der Richtigkeit entsprechen. Für weitergehende Informationen oder Änderungen setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung:  Neutomischel.Autorenkontakt@yahoo.de

Johann Daniel Schulz geboren ca. 1803 oo in 1. Ehe ca. 1829 mit Anna Dorothea Weiss geboren ca. 1804, verstorben 1846

  • Kinder aus dieser Verbindung:
    • 1829      Johann Friedrich Wilhelm
    • 1833      Johanna Juliana
    • 1835      Carl August
    • 1837      Johanna Beata
    • 1842      Johann Heinrich +
    • 1843      Johann Gotthilf
    • 1845      Daniel Paul +

oo in 2. Ehe 1847 mit Johanna Eleonora Böhm geb. ca. 1823

Geschichte des Grätzer Bieres – Teil 2. Monopolisierung, Export, Auflösung und Privatisierung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(A. Warschauer / 1893)
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Grätzer Bier - Bildquelle : http://www.brauwesen-historisch.de/Polenverl1.html [1.089]

Grätzer Bier – Bildquelle : http://www.brauwesen-historisch.de/Polenverl1.html

Hier finden sich die 3 weiteren Kapitel der sehr umfangreichen Ausarbeitung des Dr. Rodgers Prümer aus dem Jahre 1893 über die Geschichte des Grätzer Bieres. Ging es in der ersten Veröffentlichung noch um die Entstehung der Braukunst in der Stadt und den ältesten Nachrichten über diese, so wird hier nun die Blütezeit und die sich daran anschließende Auflösung bis hin zur Privatisierung beschrieben. Der Original Artikel ist zu finden unter http://www.archive.org/stream/zeitschriftderh05posegoog#page/n388/mode/2up

III. Die Monopolisierung des Grätzer Brauwesens in der Brauerinnung und die Ausbreitung des Grätzer Bieres über Großpolen im XVII. Jahrhundert

Das XVII. Jahrhundert war für das Grätzer Brauereiwesen die am meisten epochemachende Zeit. In der inneren Organisation entwickelte sich nämlich damals nicht nur die ausschließliche Berechtigung der Mitglieder der Brauzunft zum Bierbrauen, sondern auch die Beschränkung dieser Berechtigung auf eine Anzahl Familien, und Hand in Hand damit ging nach außen hin die Verbreitung des Grätzer Bieres als Exportbier über Großpolen.

In Bezug auf die Zunftorganisation wurde am 10. April 1660 ein neues Statut von der Grundherrschaft erlassen (1), wodurch die Bestimmungen von 1601 in den wesentlichsten Stücken geändert wurden, und zwar nach der Tendenz hin, den Familien, welche sich in jener Zeit gerade im Besitze der Mitgliedschaft der Zunft befanden, eine Art Monopol zum Bierbrauen zu verschaffen. Von fremden Gesellen nämlich, welche sich in Grätz als Bierbrauerniederlassen wollten, wurde nunmehr außer dem überall gebräuchlichen Nachweis der ehelichen Geburt und guten Führung, der Erlangung des Bürgerrechts und Ablegung eines Meisterstücks eine bare Zahlung von 50 Mark Silber an die Innungskasse verlangt, zu denen noch weitere 20 Markt Silber hinzukamen, wenn der Geselle nicht auf der Wanderschaft gewesen war. Da die für die damalige Zeit sehr hohe Summe vor der Aufnahme bar und ohne jegliche Stundung zu erlegen war, so konnte nur schwer ein fremder Geselle daran denken, in Grätz sich zum Meister zu machen.

[1.090]

Der Brunnen mit seinem hölzernem Aufbau heute – Eigenaufn.

Überdies wurde noch der Besitz eines eigenen Hauses in Grätz verlangt, von welcher Forderung nur auf besondere Gnadenerweisung der Innung Abstand genommen wurde. Auch beschränkte man den Meldungstermin für neu Aufzunehmende nunmehr auf einen Tag im Jahre, nämlich den Michaelistag. Während für die Fremden das Eintrittsgeld sich in der Zeit von 1601 bis 1660  von 4 poln. Gulden auf 50 Mark Silber erhöhte hatte, blieb für Söhne von Mitgliedern der Grätzer Bierbrauerinnung der alte Tarif von 6 Groschen bestehen, ein Beweis, dass man die Innung nur für diese offen halten wollte. Selbst das in den anderen Zünften jener Zeit sehr erleichterte Hineinheiraten in die Zunft erschwerte dieses Statut; denn es verlangte von einem Gesellen, welcher eine Grätzer Meistertochter heiratete, immer noch eine Eintrittssumme von 25 Mark Silber und lies diese Ermäßigung überhaupt nur dann gelten, wenn der Kandidat der Sohn eines Bierbrauers aus einer anderen Stadt war. Aber selbst durch die angeführten strengen Aufnahmebestimmungen glaubten die Zunftgenossen gegen den Eintritt Fremder sich noch nicht genügend geschätzt zu haben. Etwa 25 Jahre nach Erlass des Statuts klagten sie bereits dem Grundherrn, dass durch die Aufnahmebedingungen für die ganze Brüderschaft ein merklicher Nachteil und beinahe der Untergang eines jeden von ihnen verursacht werde, da sich eine Anhäufung der Mitgliederzahl daraus ergeben habe. Der Grundherr ließ sich deshalb bereit finden, durch einige am 4. Oktober 1686 erlassen Zusatzbestimmungen (2) den Wünschen der Bierbrauer gerecht zu werden. Das Eintrittsgeld für einen Gesellen, der Meister werden wollte, wurde nunmehr auf 600 Gulden erhöht, wovon jedoch nur die Hälfte der Innungskasse, die andere aber der Herrschaft zufallen sollte. Auch der Besitz eines eigenen Hause wurde nunmehr als unerlässlich festgesetzt, da bei Verlust der Brüderschaft keiner in einem anderen als seinem eigenem Grundstücke Bier füllen und schenken durfte. Auch die Aufnahmegebühren für solche, welche in die Innung hineinheirateten, wurde auf das Vierfache, also auf 100 Mark Silber erhöht. Dagegen wurde die niedrige Gebühr von 6 Groschen für Meistersöhne beibehalten, allerdings aber jetzt auf diejenigen beschränkt, welche geboren waren, als der Vater schon das Meisterrecht besaß, während für die früher Geborenen das Vorrecht nicht weiter in Geltung gelassen wurde. Es ist nun freilich hierbei zu beachten, dass während des XVII. Jahrhunderts überhaupt die Zünfte danach strebten, durch Erschwerung der Eintrittsbedingungen andere als ihre Familienangehörigen von der Aufnahme auszuschließen, allein zu einer so schroffen Monopolisierung des Handwerks, wie die Brauer zu Grätz, dürfte es keine Zunft in Großpolen gebracht haben. In dem damals viel größeren Fraustadt wurde nach dem Statut von 1723 von den Brauern nur ein Aufnahmegeld von 20 Mark verlangt, und selbst in Posen forderten die vornehmsten Innungen nicht mehr als 100 Gulden Eintrittsgebühren.

Die ganze mit Glück durchgeführte Tendenz, Fremden den Eintritt in die Innung zu erschweren, wäre bedeutungslos gewesen, wenn nicht in Gemeinschaft mit derselben die Innung das zweite Ziel verfolgt hätte, nach und nach die Nichtinnungsmitglieder von dem Brauereibetrieb auszuschließen und sich ein Monopol für denselben zu verschaffen. Zunächst scheint demzufolge in der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts die Einrichtung der Halbbrüder abgeschafft worden zu sein; wenigstens sind solche in dem Statut von 1660 nicht mehr erwähnt. Dagegen war des damals nicht gelungen, die Bürgerschaft vollkommen von dem Betrieb der Brauerei auszuschließen; wenigstens hebt das Statut noch hervor, dass jeder Bürger, welcher ein eigenes Malzhaus besitze, dies benutzen dürfe; doch schein es sich hier nur um Hausbrau gehandelt zu haben, das das Malzverkaufen an andere und das Brauen für Fremde bei strenger Strafe verboten wurde. Auch durften die Bürger Brauknechte nicht höher besolden, als dieselben in den eigentlichen Brauereien besoldet wurden, um sie diesen nicht zu entziehen.Nur dem Schützenkönig wurde das Recht des Brauereibetriebes zum Verkauf altem Brauche zufolge noch gewahrt. Allein auch diese noch gebliebenen Rest der allgemeinen Braugerechtsame der Bürgerschaft wusste die Innung in der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts zu beseitigen und ein direktes Verbot des Brauens in privaten Brauhäusern bei der Grundherrschaft durchzusetzen. In dem Zusatzstatut von 1686 heißt es ausdrücklich, dass kein Bürger, welcher mit der Innung keine Gemeinschaft habe, sich untersagen dürfe, sein eigenes Malzhaus zu besitzen. Diejenigen also, welche sich solche angekauft hätten und keine Mälzer seien, sollten sie sogleich an Innungsmitglieder verkaufen oder in andere Häuser verändern, bei Strafe der Konfiskation zu Gunsten der Grundherrschaft. Auch dem Schützenkönig entwand man seine Gerechtsame, indem man ihn anwies, sein Recht an denjenigen Mälzer zu verkaufen, welcher ihm an der Scheibe der nächste war. Wollte er dies nicht, so musste er sich gewisse Beschränkungen gefallen lassen.

In diesem Zustand des strengsten Monopols zu Gunsten der Innung befand sich das Grätzer Brauwesen ein und ein halbes Jahrhundert bis zur Beschränkung der Innungsrecht zu preußischer Zeit.

Deutlich aber zeigen auch die Statuten, dass die Innung diese wichtigen ihren Nahrungsstand sichernden, die Freiheiten der Bürgerschaft aber schmälernden Rechte nicht ohne schwere Opfer der Grundherrschaft gegenüber durchgesetzt hatte. Während 1601 von besonderen Abgaben der Innungsmitglieder an dieselbe noch nicht die Rede ist, wird 1660 bereits von einer Mühlenabgabe berichtet, welche im Jahre 1686 wesentlich erhöht wurde, und zwar auf 8 Fl. für jedes zu einem Gebräu nötige Malz und überdies für die Mühlpferde 1 Viertel Hafer und 6 Groschen bei einem jeden halben Gebräu (3). Allerdings werden diese Abgaben als Entgelt für die Benutzung der herrschaftlichen Malzmühle aufgeführt, indessen folgt doch aus der Höhe der Summe, dass in ihr zugleich eine Gewerbsabgabe enthalten war, was übrigens bei den späteren Ablösungsverhandlungen sowohl die Grundherrschaft wie die Innung ohne weiteres zugestand. In Verbindung mit dem Charakter der Abgabe stand die Zwangsbenutzung der herrschaftlichen Malzmühle durch die Grätzer Bierbrauer. Die Einfuhr fremden Malzes war verboten, widerrechtlich eingebrachtes verfiel mit Pferd und Wagen, und der Eigentümer hatte noch 30 Mark Strafe zu zahlen, von der 1/3 der Kirche, 1/3 der Grundherrschaft und 1/3 dem Magistrat der Stadt anheimfiel. Dass die Grundherrschaft seit 1686 auch die Hälfte des Eintrittsgeldes bei fremden Gesellen, welche in Grätz Meister werden wollten, bezog, ist schon erwähnt worden. Allerdings war ein solcher Fall wohl sehr selten, was man auch daraus erkennt, dass sie später bei der Ablösung auf eine Kapitalisierung dieses Einkommens gutwillig verzichtete. Ausdrücklich behielt sich die Grundherrschaft auch vor, musikalisch beanlagte Mitglieder der Innung, wenn sie wollte, unentgeltlich zum Musizieren zu sich bestellen zu dürfen.

[1.091]

Piwo Grodziskie – Bildquelle : http://www.brauwesen-historisch.de/Polenverl1.html

Mit dem Bier selbst scheint während des XVII. Jahrhunderts ebenfalls eine Veränderung vorgegangen zu sein. Man hörte wohl bald auf, zwei verschiedene Biere zu brauen; wenigstens wird später immer nur von einer Art Bier gesprochen. Es wurde dies aber nicht mehr, wie am Anfang des XVII. Jahrhunderts, aus reinem Weizenmalz hergestellt, sonder erhielt einen Zusatz von Gerste. Im Jahre 1660 wurden zu einem Gebräu 5 Scheffel Weizenmalz und 2 Scheffel Gerstenmalz verwendet, und sogar die Erlaubnis erteilt, wenn einmal der Weizen nicht geriete, nur aus Gerste zu brauen. Im Jahre 1686 war man von dem größeren Gerstenzusatz wieder abgekommen und braute zu 6 Scheffel Weizenmalz nur 1 Scheffel Gerstenmalz ein. Nach wie vor aber galten strenge Strafbestimmungen für Nachlässigkeit der Betrügereien bei der Brautätigkeit.

Der Ausschluss der Laien vom Brauereibetriebe und die Beschränkung desselben auf einige Familien, bei denen er von Vater auf Sohn überging, übte naturgemäß einen günstigen Einfluss auf die Vervollkommnung der Technik, und es dürfte keine zufälliges Zusammentreffen sein, dass aus der Zeit, in welcher die Innung den Alleinbetrieb ihres Handwerks durchsetzte, auch die ältesten Nachrichten darüber stammen, dass das Grätzer Bier ein beliebtes Exportbier für Großpolen geworden war.

Die älteste mir bekannte Urkunde, aus welcher hervorgeht, dass das Grätzer Bier die Grenzen seiner Heimat überschritten hat, stammt vom Jahr 1671 und befindet sich in dem Innungsbuche der Hutmacher von Fraustadt (4). Dieselbe lautet: „Anno 1761 den 6. Januarii. Ist bey E.E. und Lobl. Gewercke auch vor offener Laden einhellig beschlossen worden, dass kein Miester, welcher alhier wohnen thut, von einem alten Hutte zu färben nicht weniger nehmen soll zu Lohne als 12 gr. polnisch. Solte aber einer oder der ander betroffen werden, der weniger nehme und disem, wass alhier beschlossen ist worden, zuwieder lebte, der sol zur Straffe schuldig seyn eine Thonne Grätzer Bier.“ Außerdem wird von derselben Innung, allerdings nach einer nicht ganz verbürgten Nachricht gemeldet, dass sie in ihr Statut vom Jahre 1679 die Bestimmung aufgenommen habe: jeder neu aufzunehmende Meister solle ein Tonne voll Polnisch Grätzer Bier geben und eine gute Mahlzeit machen (5). Einige Jahre jünger ist die erste Nachricht über den Export des Grätzer Bieres nach der Stadt Posen. Aus dem Jahre 1694 ist nämlich eine Ausgaberechnung eines Posener Innungsältesten Bartholomeus Slpczynski, der wohl in einer Prozess-Sache mit einer staatlichen Kommission zu verhandeln hatte, erhalten (6), worin sich 4 Posten auf das Grätzer Bier beziehen, nämlich:

  • Für ein Maaß Grätzer Bier 7 Groschen
  • Zwei Maaß 14 Groschen
  • Den Trägern, welche das Grätzer Bier herführten 15 GroschenSeiner Gnaden dem Herrn Tzlewski für ein Faß Grätzer Bieres, welches er Seiner Gnaden dem Herrn Barczewski, derzeitigem Präsidenten der Kommission überbrachte 15 Gulden

Aus diesem Rechnungsauszug ergibt sich nun aber auch schon, dass das Grätzer Bier, da es zum Geschenk für Standespersonen verwandt wurde, für ein besonders gute Bier gehalten wurde, außerdem, dass es ein sehr teures Bier war, indem es nämlich mit 15 Gulden pro Faß bezahlt wurde, während zu derselben Zeit eine Tonne einheimischen Bieres in Posen nur 5-6 Gulden galt.

Schließlich dürfen wir zu den Nachrichten über den Export des Grätzer Bieres im 17. Jahrhundert noch den Beschluß rechnen, welchen die Magistratskollegien der Stadt Posen im Jahr 1712 gefasst haben, dass nämlich beide Bürgermeister der Stadt als Lohn für ihre Mühen und Arbeiten außer dem Fasse Grätzer Bier, das sie schon seit langer Zeit erhielten, halbjährlich 500 polnische Gulden aus der Kämmereikasse empfangen sollten. Auch aus dieser Notiz erkennt man, dass das Grätzer Bier damals ein vornehmes Getränk besonders der höheren Stände gewesen sein muss.

Schließlich sei noch angeführt, dass wir aus einer Urkunde des Jahre 1662 die Namen von 7 Grätzer Brauerfamilien aus dem XVII. Jahrhundert entnehmen können (7). In dem genannten Jahre waren nämlich die Ältesten der Brauerinnung: Thoms Walecki und Mathias Czurel und die Beisitzer Jacobus Parczewski, Johannes Veller, Thomas Voltynowicz, Petrus Socka und Albertus Ciasto.

* * *

 * * *

IV. Das Grätzer Bier im XVIII. Jahrhundert. Statistisches über den Export nach der Stadt Posen. – Die Grätzer Brauerei und der Export zu Zeit der preußischen Besitznahme.

Im XVIII. Jahrhundert scheint in ganz Großpolen der Import auswärtiger Biere durch das Grätzer Bier fast vollkommen zurückgedrängt worden zu sein. Wenigstens ist es sicher, dass der Magistrat der Stadt Posen, welcher nach einem Privileg von 1646 das Recht zum Ausschank fremder Biere zum Besten der Stadtkasse erhalten hatte, im XVIII. Jahrhundert dieses Recht fast nur duch die Einfuhr des Grätzer Bieres ausübte. Dasselbe war bei dem Altaristenkollegium der Posener Pfarrkirche der Fall, welches ebenfalls das Recht hatte, in ihrem Psalteriegebäude alle von auswärts her eingeführten Biere auszuschenken, und dieses Recht nur auf das Grätzer Bier anwandte. Da die Rechnungsbücher der Stadt über die Einfuhr des Grätzer Bieres z. T. noch erhalten sind, so gestatten sie ein Schluss sowohl auf die Höhe der Einkünfte der Stadt aus dem Schankrecht, sowie auch auf die Menge des eingeführten Bieres. Die Stadt kaufte das Bier an Ort und Stelle in Grätz und bezahlte es dort in den Jahren 1737-39, wie aus den Rechnungen ersichtlich ist, mit 9-12 Fl. für das Faß, auf Transportkosten wurden noch etwa 3 Fl. gerechnet, und da das Bier an den städtischen Schänker im Rathskeller je nach dem Einkaufspreis mit 17 bis 21 Fl. abgegeben wurde, so entstand für die Stadt von jedem Faß ein Gewinn von 5-7 Fl. Diese Einnahme betrug beispielsweise aus der Periode vom 28. Oktober 1737 bis 4. Oktober 1738 die Summe von ca. 4.302 Fl. von dem Ausschank von 663 Faß (1). In den späteren Jahren scheint sich die Größe der Einfuhr und demnach auch die Höhe der Einnahme etwas verminder zu haben (2).

Über den Betrieb der Brauerei in Grätz selbst fehlen aus dieser Zeit alle Nachrichten. Erst aus dem Jahre 1793, als Grätz mit dem größtem Teile von Großpolen an Preußen fiel, erfahren wir wieder näheres über den Zustand der dortigen Brauverhältnisse.

Die alte Brauerinnung bestand noch mit allen ihren monopolisierenden Rechten (3). Die Anzahl der wirklich brauenden Mitglieder betrug damals 40, das Eintrittsgeld für Brauerlöhne war etwas erhöht worden und zwar auf 2 Thlr. 18 Gr., das für Fremde war immer noch auf der früheren unerschwinglichen Höhe geblieben. Nichtinnungsmitglieder waren vom Brauereibetrieb vollkommen ausgeschlossen. Doch auch unter den Mitgliedern selbst war eine gegenseitige Konkurrenz zur Unmöglichkeit gemacht, indem das sogenannte Reihebrauen eingeführt war. Nur einmal in der Woche wurde nämlich gebraut, und hierzu traten immer 2 Brauer „en compagnie“ zusammen, gewöhnlich wurden hierbei jedesmal 56 Tonnen Bier hergestellt. Über dieses Reihebrauen wurde im Publikum sehr g3eklagt, da man, wenn das Bier schlecht geriet, nirgends besseres bekommen konnte. Die preußische Regierung scheute den Eingriff in die Privatrechte der Brauer und schaffte das Reihebrauen nicht ab, suchte aber durch Herabsetzung der Preistaxe für schlecht geratenes Bier sowie durch Verkaufsverbote für gesundheitsschädliches das Publikum zu schützen. Das Wasser für den Brauereibetrieb wurde fast nur dem alten Brunnen auf dem Markte entnommen, da man dem Wasser desselben die ausschließliche Kraft zuschrieb, dem Biere den spezifischen Geschmack zu verleihen. Über den Umfang des Brauereibetriebes wurde festgestellt, dass im letzten Jahre vor der Besitznahme 3.192 Tonnen zu 36 Garniec gebraut und 1.596 Viertel Weizenmalz verarbeitet worden waren. Die grundherrschaftlichen Einnahmen von den Brauern beliefen sich auf etwa 1.000 Thlr. jährlich und überstiegen den dritten Teil aller Einnahmen, welche die Herrschaft von der Stadt überhaupt bezog. Die gleichzeitigen Berichte stimmen darin überein, die Bierfabrikation für den hauptsächlichen Nahrungszweig der Bürgerschaft der Stadt Grätz anzusehen (4).

Den Organisatoren der für die Krone Preußen neu gewonnenen Provinz fiel die bedeutsame Stellung des Grätzer Bieres unter den Genussmitteln des Landes auf, und es ist von Interesse, dass sie die Beliebtheit desselben benutzten, um für die Kämmereikassen in den bedeutenderen Städten der Provinz eine ständige Einnahme zu erzielen. Durch öffentliche Lizitation wurde nämlich an den die höchste Jahresquote Bietenden das Recht des Alleinverkaufs bzw. Ausschanks des Grätzer Bieres vergeben, und die Einnahme fiel den städtischen Kassen anheim. So wurde in Kosten das Recht des Grätzer Bierausschanks im Jahre 1793 für 6 Thr. 8 Gr., 1796 für 7 Thr. 8 Gr. vergeben, in dem bedeutenderen Fraustadt brachte es  im Jahre 1793 eine Pachtsumme von 37 Thr. 8 Groschen, in dem folgenden Jahre 40 Thr. In Posen wurde mit dem Ausschankrecht zugleich der Rathskeller verpachtet, außerdem hatte der Pächter das Recht, von jedem, der sonst Grätzer Bier in der Stadt schenkte, 12 Groschen für die Tonne zu beziehen. Die Lizitation ergab hierfür im Jahr 1795 eine jährliche Pacht von 550 Thr. Die Höhe der Summe ist daher erklärlich, dass auf eine jährliche Einfuhr von weit über 1.000 Tonnen gerechnet wurde. Bei einer neuen Verpachtung im Jahre 1798 wurden sogar 785 Thr. geboten: doch hat der Pächter im Jahre 1800 um Herabsetzung der Pacht und Freilassung aus dem Kontrakt gebeten und wies nach, dass vom 1. Mai 1798 bis zum 8. März 1800 nur 576 1/2 Tonnen Grätzer Bier eingebracht worden seien.

* * *

  • (1) Kgl. Staatsarchiv zu Posen: Dep. der Stadt Posen. Register der Czopowe Vol. IV.
  • (2) Nach Ehrenberg, Zur Geschichte der geistigen Getränke etc. in Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen I S. 498 betrug diese Einnahme für 1750 – 3.206 Gulden, 1780 – 1.101 Gld., 1789 – 91 jährlich 2.215 Gulden.
  • (3) Aus der Geschichte des Grätzer Bieres nach 1793 hat Ehrenberg a.a.O. aus den Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Posen einige Mitteilungen gemacht, ferner Mendelsohn in der Festschrift zum fünfzigjähren Jubiläum des Naturwissenschaftlichen Vereins der Provinz Posen, Posen 1887 S. 198-201. Außer dem dort benutzten Material sind im Texte noch die Akten des Generaldirektoriums im Geh. Staatsarchiv zu Berlin über Grätz zur Ergänzung herangezogen worden.
  • (4) Holsche, Geographie und Statistik von West-, Süd- und Neuostpreußen (1804) II. S. 271.

V. Die Grätzer Bierbrauerei in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts. Auflösung der Innungsrechte, Ablösung der grundherrlichen Einnahmen, Gründung der privaten Brauereien.

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Aktie der Bierbrauerei, datiert 1923 – Bildquelle: http://www.historicstockmarket.com/market/zjednoczone-browary-grodziskie-1000-p-9290.html?language=ch

Erst im Anfange unseres Jahrhunderts begann die Befehdung der Monopolrechte der Brauerzunft, welche zwei Jahrhunderte lang die Herstellung des Grätzer Bieres allein übernommen hatte, welcher freilich aber auch das Verdienst nicht abzustreiten ist, dass sie da Bier zu einem im ganzen Lande beliebten Exportbier gemacht hatte. Als nach der Zeit der Kriegswirren Grätz wieder an Preußen fiel, versuchte man in der Bürgerschaft das Gesetz über die Gewerbesteuer und Gewerbefreiheit von 1810 auch auf den Brauereibetrieb anzuwenden, und im Jahr 1823 traten mehrere Bürger außerhalb der Innung zusammen und fingen an, ebenfalls Grätzer Bier zu fabrizieren. Unterstützt wurde dies dadurch, dass man den alten Brunnen, aus dem die Innungsbrauer das Wasser entnahmen, als städtisches Eigentum betrachtete, und die neuen Brauer sich ebenfalls zur Entnahme des Wassers aus demselben für berechtigt hielten. In dem Prozess, welcher sich hierüber entspann, wurde durch Urteil des Oberappellationsgerichts zu Posen vom 11. August 1826 in dritter Instanz entschieden, dass zwar der Brunnen städtische Eigentum sei, dass aber durch das Gesetz von 1810 die ausschließliche Brauberechtigung der Grätzer Bierbrauerinnung nicht aufgehoben sei (1). In Folge hiervon trat die Innung wieder in ihre alten Monopolrechte ein. Dies änderte sich erst mit dem Erlass des Gesetzes vom 13. Mai 1833 wegen Aufhebung der ausschließlichen Gewerbeberechtigungen in den Städten der Provinz Posen, durch welches das ausschließliche Recht der Zunft ohne Zweifel hinwegfiel. Hierauf bildete sich sogleich eine „neue Brauerinnung„, von welcher sich im November 1837 Carl Bähnisch abzweigte und in Gesellschaft des Bürgers Wilhelm Klose eine besondere Brauerei errichtete. Die „neue Brauerinnung“ pachtete ein früher dem Bernhardinerkloster gehöriges und auf dessen Gehöfte liegendes Brauhaus für 205 Thr. jährlich, konnte aber die Pacht wegen der Konkurrenz des Bähnisch kaum aufbringen, da dieser, wie sie in einem Remissiongesuch ausführte, „die Brauerei so stark exercierte, dass wir in Posen fast gar keinen Absatz mehr finden“ (2). In Folge dessen kündigte die Innung im Jahre 1839 die Pacht des Klosterbrauhauses und löste sich im Lauf der Zeit ebenso wie die alte Brauerinnung, da die Zunftorganisation bedeutungslos geworden war, auf. Seitdem wird die Brauerei zu Grätz nur noch in privaten Brauereien getrieben, die aber sämtlich noch bis in die vierziger Jahre ihr Wasser aus dem alten Brunnen auf dem Markte entnahmen. Nach den letzten im Staatsarchiv befindlichen Berichten (3) aus den Jahren 1843 und 1844 bestanden damals 2 Brauereien, welche mit starkem Betriebe arbeiteten. Im Oktober 1843 wurde eine dritte Brauerei eröffnet, welche aber nicht, wie die anderen, Bier aus Weizenmalz, sondern aus Gerstenmalz herstellt, und auch das Wasser nicht mehr aus dem alten Brunnen entnahm, sondern das Brauhaus im Gasthofe auf dem neuen Markte nebst dem dortigen Brunnen pachtete. Doch gewöhnte sich die Bewohnerschaft der Stadt nicht recht an das Gerstenbier, auch fand ein Export desselben nach auswärts nicht statt, sodass der Betrieb wieder eingestellt wurde.

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Aktie der Bierbrauerei, datiert 1923 – Bildquelle: http://www.historicstockmarket.com/market/zjednoczone-browary-grodziskie-1000-p-9290.html?language=ch

Endlich sei noch erwähnt, dass mit der Einführung der Gewerbefreiheit auch eine Ablösung der der Grundherrschaft zustehenden Gerechtsame von der Brauerei erfolgte. Von der Amortisationsrente von 1.200 Thr., welche der Magistrat insgesamt für die Ablösung aller einzelnen der Grundherrschaft zustehenden Einnahmen zu zahlen hatte, waren die Brauer nach dem Resolut der Posener Regierung vom 4. November 1841 mit einer Quote von 37 Thr. 22 Sgr. 3 Pf. in Ansatz gebracht (4). Allerdings gewährte dieses Ablösungsgeschäft den Brauern von Grätz keine materielle Erleichterung, denn da der Magistrat die Ablösungssumme nur durch erhöhte kommunale Steuern aufzubringen vermochte, so wurde ihm gestattet, nicht nur einen Zuschlag von 33 1/3 Prozent auf die Mahl- und Schlachtsteuern sondern auch einen ebensolchen von 100 % auf die Braumalzsteuer (2 Mk. für den zentner) zu legen. Dieser Zuschlag wurde auch mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde weiter erhoben, als die Amortisation beendet war, und da die Brauer außerdem noch an die Stadt eine mit dem Zuschlage gleich hohe Steuer für die Benutzung des oben erwähnten städtischen Brunnens zu zahlen hatten, so fühlten sie sich außerordentlich belastet (5). Indessen führten ihre Klagen und Eingaben nicht zu dem Ziele, dass der Zuschlag der Braumalzsteuer abgeschafft oder auch nur ermäßigt wurde, während die Wassersteuer von denjenigen Brauern gespart wurde, welche sich eigene Brunnen anlegten. Im Jahre 1876 spendeten bereits zwei solche Privatbrunnen Waser, welches sich ebenso geeignet  für die Herstellung des Grätzer Bieres erwies, als das aus dem städtischen Brunnen. Jetzt hat die Entnahme von Wasser aus dem Stadtbrunnen völlig aufgehört, da sämtliche Grätzer Brauereien ihre eigenen Brunnen besitzen.

In den letzten Jahrzehnten begann das Grätzer Bier bekanntlich auch die engeren Grenzen der Heimatprovinz zu überschreiten und ist jetzt ein beliebtes Exportbier auch für fremde Länder geworden. Der Erfolg war eine außerordentliche Steigerung des Brauereibetriebes in Grätz selbst, wie die folgenden Zahlen beweisen:

Es betrug die staatliche Braumalzsteuer bzw. der mit dieser in gleicher Höhe gezahlte Kommunalzuschlag

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Geschichte des Grätzer Bieres – Teil 1. Entstehung und älteste Nachrichten

geschrieben von Gudrun Tabbert
(A. Warschauer / 1893)
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Piwo Grodziskie - Bildquelle : http://www.brauwesen-historisch.de/Polenverl1.html [1.091]

Piwo Grodziskie – Bildquelle : http://www.brauwesen-historisch.de/Polenverl1.html

In der Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen – Herausgeben von Dr. Rodgers Prümer – 1893 – Digitalisiert zu lesen unter: http://www.archive.org/stream/zeitschriftderh05posegoog#page/n388/mode/2up wurde eine Zusammenfassung der verschiedenen Legenden und Begebenheiten sowie auch einiges über die Zunft der Bierbrauer beschrieben. Grätz, das heutige Grodzisk verdankte seinem über Jahrzehnte anhaltenen Wohlstand der Herstellung und Vermarktung seines Bieres. Heute erinnert nur noch wenig an die ehemaligen Brauereien der Stadt, obwohl, wenn man Herrn Jan Szala Glauben schenkt, eine „Wiederbelebung eine alkoholarmen Bierstils“ (sh. Artikel unter: http://derstandard.at/1339638506455/Bier-im-Gerede-Graetzer-Wiederbelebung-eines-alkoholarmen-Bierstils) anstehen könnte

I. Die Entstehung des Grätzer Bieres – Die Legende vom seligen Bernhard

Die Stadt Grätz gehört zweifelsohne zu denjenigen zahlreichen Städten des ehemaligen Großpolens und der jetzigen Provinz Posen, welche im 13. Jahrhundert unter dem Einflusse der damaligen großen deutschen Einwanderung entstand sind. In der ältesten Urkunde, welche über die Stadt erhalten ist, aus dem Jahre 1303, stellt sie sich als deutschrechtliches Gemeinwesen dar, an dessen Spitze ein Vogt Namens Hermann steht (1) . Der Name desselben sowohl als auch der seiner Gattin, Hildegund, weisen auf die deutsche Abstammung hin. Die Stadt gehörte einer adeligen Grundherrschaft; im XVI. Jahrhundert war diese das Geschlecht der Ostrorog, welches eine der Hauptstützen der Reformation in Großpolen war. Grätz wurde in Folge hiervon einer der Mittelpunkte des Protestantismus im Lande, der Sitz eines Generalseniors und der größten Druckerei reformatorischer Werke. Aus Deutschland ausgewanderte Lutheraner gründeten unter Beihilfe der Grundherrschaft damals neben der alten Stadt eine Neustadt, wie dies ähnlich auch bei anderen Städten der Provinz z. B. Zduny, Bojanowo etc. geschehen ist. Als jedoch beim Beginn der Gegenreformation die Ostrorog wieder katholisch wurden, und überdies im Jahre 1662 ein Bernhardinerkloster in der Stadt gegründet wurde, welches in der Bekehrung der Lutheraner außerordentlich erfolgreich wirkte, verlor der Protestantismus seine Kraft unter der Bevölkerung, so dass beim Übergang der Stadt an den preußischen Staat im Jahre 1793 nur eine aus 200 Köpfen bestehende einflusslose protestantische Gemeinde unter ihr gab.

Die Religionsgeschichte der Stadt Grätz ist auch für die Geschichte des Bieres, welches nach der Stadt seinen Namen führt, wichtig, da sich beide Bekenntnisse den Verdienst zuschreiben, die Stadt mit der Fähigkeit zur Herstellung dieses Produktes, welche ihren Wohlstand für Jahrhunderte begründete, ausgerüstet zu haben.

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Grätz gedenkt heute noch des Mönches – Aufn. 2009/09 PM

Lukaszewicz erzählt nämlich im II. Bande seiner „Kurzen historischen Schilderung der Pfarrkirchen in der alten Diözese Posen“ (2), dass die beiden Städte Neustadt b. P. und Grätz ihre ehemals berühmten Biere dem Johann Wolan, dem Vater des berühmten reformatorischen Schriftstellers Andreas Wolan, verdanken; derselbe sei Verwalter der Ostrorogschen Güter gewesen, zu welchen die beiden Städte gehörten, und habe dort Brauereien angelegt, zu welchen er Bierbrauer aus dem Auslande, wahrscheinlich aus Böhmen herbeiführte. Mit der Zeit seien die Brauereien in Neustadt in Verfall geraten, wogegen die klügeren Bewohner von Grätz die Kunst, gutes Bier herzustellen, niemals verloren. Lukaszewicz gibt nicht an, aus welcher Quelle er diese Nachricht geschöpft hat; ein urkundlicher Beleg für dieselbe ist in dem Kgl. Staatsarchiv zu Posen nicht aufgefunden worden.

Dagegen erzählt nun der Graf Eduard Racynski in seinen „Erinnerungen aus Großpolen“ (3), dass ihm über die Entstehung des Grätzer Bieres die folgende Legende berichtet worden sei: Ein frommer im Geruche der Heiligkeit stehender Benediktinermönch aus Lubin, Namens Bernhard (U 1603), sei einmal nach Grätz gekommen und habe die Bewohner in großer Verzweiflung angetroffen, weil der Brunnen, aus welchem sie Wasser zu städtischen Brauerei entnahmen, versiegt war. Da habe er zu Gott gebetet und den Brunnen gesegnet, worauf er alsbald wie unter einem artesischen Bohrer aufsprudelte. Die Brauer begaben sich sogleich an die Arbeit; als sie aber das Bier kosteten, hatte es einen ungleich besseren Geschmack, wie früher (diese Sage wurde veröffentlich unter: http://oledry.pl/de/der-brunnen-in-gratz-eine-sage/) – Die Entstehung dieser Legende ist daraus leicht erklärlich, dass der selige Bernhard in Grätz überhaupt eine absonderliche Beehrung genoss. Schon 26 Jahre nach seinem Tode, als im Jahre 1629 Beweismaterial an Wundern, welche an seinem Grabe geschehen seien, zum Zwecke seiner Heiligsprechung gesammelt wurde, spielten Grätzer Bürger und Bürgerinnen eine große Rolle, indem sie Geschichten wunderbarer Heilungen zu Protokoll gaben (4), und im Jahre 1708 stellte sogar der Magistrat zu Grätz ein amtliches Dokument aus, worin er bezeugte, von seinen Vorfahren gehört zu haben, dass im Jahre 1620 zur Pestzeit der selige Bernhard in himmlischer Glorie über der Stadt erschienen sei und, nachdem die ganze Bürgerschaft eine Wallfahrt zu seinem Grabe unternommen und dort ein die himmlische Erscheinung darstellendes Bild dargebracht, die Plage von der Stadt genommen habe (5). Nach der Gründung des Bernhardinerklosters in Grätz mögen die dortigen Mönche wohl auch mitgewirkt haben, die Verehrung des frommen Mönches unter der Bürgerschaft zu stärken; wann man aber angefangen hat, den seligen Bernhard außer als Helfer in der Not auch noch als Spender des zum Brauen besonders geeigneten Wassers zu verehren, ist unbekannt. Tatsache ist es jedoch, dass bis um die Mitte unseres Jahrhunderts alljährlich von Grätz aus Bier an das Kloster Lubin gespendet wurde. Der Biograph des seligen Bernhard hat sich von dem katholischen Lehrer in Lubin, Rudolph Gerlach, erzählen lassen, dass diese Abgabe noch im Jahre 1846 oder 1847 geleistet wurde, und die Grätzer Bürger Johann Humpinski und Hipolit Bibrowicz sagten aus, dass die Spende von der Brauerinnung im Namen der ganzen Stadt gegeben und, als die Brauerinnung aufhörte, von demjenigen Brauer geleistet wurde, welcher den gesegneten Brunnen in Pacht hatte, so lange als nach der Aufhebung des Klosters der letzte Benediktiner in Lubin weilte (6).

Selbstverständlich kann diese Tatsache nur als Folge, nicht als historische Begründung der Legende angesehen werden, um so weniger, als wir nicht wissen, wann die Grätzer Bier-Abgabe nach Lubin begann.

Bemerkenswert ist es, dass beide Erzählungen über die Entstehung des Grätzer Bieres dieselbe in das XVI. Jahrhundert verlegen, und dass tatsächlich die ältesten erhaltenen urkundlichen Nachrichten auf dieselbe Zeit hinweisen.

 

* * *

 

 

II. Die ältesten urkundlichen Nachrichten. – Die Organisation der Grätzer Bierbrauerei nach dem ältesten Statut von 1601

Im Mittelalter war der Betrieb der Brauerei viel allgemeiner geübt wie heute. Fast jeder angesehenere Bürger hatte auf seinem Grundstück ein Malzhaus – braseatorium – in welchem er durch sein Gesinde oder wohl auch mit Hinzuziehung eines sachverständigen Brauknechts das für seinen Hausbedarf nötige Bier herstellt. Gegen Ende des Mittelalters wurde das Malz von den Bürgern gewöhnlich fertig gekauft und aus demselben in den privaten Brauhäusern das Bier hergestellt. Deshalb entstanden in den Städten eher Zunftverbindungen unter den Mälzern, während die Brauerei als Lebensberuf noch weniger betrieben wurde. Später als dies schon mehr der Fall war, traten in kleineren Städten die Bierbrauer gewöhnlich in die Mälzerzunft ein, in größeren bildeten sie besondere neben derselben bestehende Zünfte.

Marktplatz mit dem alten Brunnen dessen Wasser dem Bier seine Güte gegeben haben soll - Quelle: Muzeum Ziemi Grodziskiej (muzeum.webstudio4u.com) [1.095]

Marktplatz mit dem alten Brunnen dessen Wasser dem Bier seine Güte gegeben haben soll – Quelle: Muzeum Ziemi Grodziskiej (muzeum.webstudio4u.com)

In Grätz dürfte die Entwicklung einen ähnlichen Gang genommen haben, wenn auch freilich urkundliche Nachrichten hierüber aus dem Mittelalter und dem XVI. Jahrhundert vollständig fehlen. Die älteste Urkunde, welche wir über das Brauwesen in Grätz besitzen (1), stammt vom Jahr 1601; da dieselbe aber ein eingehendes Innungsstatut ist, so gestattet sie sofort einen tiefen Einblick in den damaligen Betrieb und lässt auch stellenweise Rückschlüsse auf frühere Zeiten zu. Zunächst geht aus derselben hervor, dass nicht nur schon früher in Grätz Bier gebraut wurde, sondern daselbst auch eine Mälzerinnung existiert hat. Dieselbe muss auch schon Statuten besessen haben, den 1601 wurden diese durch den Grundherrn Graf Johann von Ostrorog aufgehoben und an ihre Stelle die damals erlassenen gesetzt. Zu einem ausschließlichen Rechte des Malzens und Brauens hatte die Innung damals es durchaus noch nicht gebracht. Vielmehr durfte jeder Bürger, welcher in der Alt- oder Neustadt ein Haus besaß, malzen und brauen, nur wurde ihm anempfohlen, sich die ersten beiden Male von einem Brauer bedienen zu lassen und erst allein zu arbeiten, wenn er es verstände. Außerdem gab es noch Halbbrüder oder Machelniks, von denen ausdrücklich bestätigt wurde, dass sie ihr Handwerk gut verständen und es ungehindert durch die Innungsmitglieder, wenn auch unter einer gewissen Aufsicht derselben, treiben dürften.

Die Innungsmitglieder selbst nannten sich Mälzer, nahmen aber offenbar nicht nur diese, sondern auch die eigentlichen Bierbrauer auf. Dass die Aufnahme in die Innung damals noch nicht eine ganz besonders privilegierte Stellung verlieh, ersieht man aus den unschwer zu erfüllenden Aufnahmebedingungen. Die Innung verlangte nämlich von dem Gesellen, welcher Meister werden wollte, außer dem von allen Zünften geforderten Nachweis der ehelichen Geburt, der guten Führung und der regelrechten Erlernung des Handwerks nur die Erlegung von 4 polnischen Gulden, 4 Pfund Wachs und 2 Faß Schwarzbier. Grätzer Meistersöhne wurden bei der Aufnahme allerdings schon in dieser Zeit bevorzugt, indem sie nur 6 Groschen Eintrittsgeld zahlen und von den lästigen Diensten des Jungmeisters, wie Biereinschenken, Kerzenhalten etc. frei waren. Auch Gesellen, welche eine Meisterwitwe heirateten, genossen eine Ermäßigung des Eintrittsgeldes und waren von den Diensten frei. Die Meldung zum Meister war auf zwei Termine, zu Johanni und Michaeli, beschränkt. Auch die Bedingungen für die eintretenden Lehrling waren mäßige. Ein Eintrittsgeld von denselben verlangte die Innung gar nicht, sondern nur eine Tonne schwarzen Bieres und zwei Pfund Wachs. Der Meister musste allerdings 3 Mark Lehrgeld erhalten, wofür er den Lehrling zu beköstigen hatte. Die Lehrzeit dauerte ein Jahr. Ein Lehrling, der Geselle geworden war, musste mindestens ein Jahr in Arbeit stehen oder wandern, bevor er sich zum Meister melden konnte.

Die Organisation der Innung wich in keinem Stücke von der gewöhnlichen Zunftverfassung jener Zeit ab. An der Spitze der Innung standen zwei Älteste, welche die Innung jährlich neu wählte, und der Magistrat bestätigte. Diese wählten sich für ihr Amtsjahr 6 Beisitzer. Aus dieser verhältnismäßig großen Zahl von Vorsitzenden lässt sich schließen, dass die Innung sehr zahlreiche Mitglieder hätte, worüber sonst Nachrichten aus jener Zeit nicht vorhanden sind. Zu den Beratungen wurden immer auch zwei Vertreter der Halbbrüder herangezogen, wenn der Gegenstand diese mit betraf. Der Innungsbeitrag bestand in 1 Shilling vierteljährlich. Zahlreiche Bestimmungen des Statuts regelten die Ordnung bei den Innungs-Versammlungen und Gelagen, die innere Gerichtsbarkeit der Zunft, die Feiertagsheiligung, die Bestattung verstorbener Mitglieder u. a.

Über das Bier selbst erfahren wir, dass helles und dunkles Bier gebraut wurde. Das dunkle, welches offenbar das beliebtere war, führte den Namen Kuc (= kleines Pferd). Tierbezeichnungen für Biere sind überhaupt nicht selten: es sei an das Schöps und das Münchener Bockbier erinnert. Sowohl zu dem hellen als dunklen Biere wurde reines Weizenmalz genommen, und zwar war bestimmt, dass aus 4 Vierteln desselben 11 Faß dunkles oder 14 Faß helles Bier hergestellt werden sollten. Streng verboten war es sowohl den Innungsmitgliedern als Halbbrüdern, verdorbenes Getreide zum Malz zu nehmen. War das Bier fertig gestellt, so musste es, bevor es ausgeschenkt oder ausgeführt werden durfte, einer Bierprobe unterworfen werden. Zu diesem Zwecke musste der Meister einen Gesellen zu dem Bürgermeister senden. Er selbst durfte nicht gehen, ebenso wenig seine Frau schicken. Der Bürgermeister trat mit den Ältesten zusammen, und sie kosteten das Bier und stellten endgültig fest, ob es als helles oder dunkles zu betrachten sei. Es geht aus dieser Bestimmung hervor, dass beide Biere dem äußere Ansehen nach sich kaum sehr von einander unterschieden. Wurde der Meister bei der Probe auf Fälschungen ertappt, so verlor er für ewige Zeiten das Recht zum Betriebe des Handwerks. War ein Geselle schuld, so mussten der Meister und seine Gattin ihre Unschuld beschwören, und der Geselle allein bestraft.

Den Preis des Bieres zu bestimmen war nicht Sache des einzelnen Brauers, vielmehr wurde von Zeit zu Zeit eine Biertaxe erlassen. Die Innung trat zu diesem Zwecke mit dem Magistrat  und den Abgeordneten der Bürgerschaft zusammen. Der festgestellte Preis wurde auf das Schloß an den Grundherren gemeldet, und dieser ließ ihn durch öffentlichen Ausruf in der Stadt bekannt machen.

Der Brunnen mit seinem hölzernem Aufbau heute [1.090]

Der Brunnen mit seinem hölzernem Aufbau heute – Bildquelle: http://www.grodzisk.wlkp.pl/page.php?o=21

Von besonderem Interesse ist die Frage, ob zu jener Zeit das Grätzer Bier schon außerhalb der Stadt selbst einen Namen hatte und exportiert wurde. Zwei Stellen in dem genannten Statut von 1601 lassen darauf schließen, dass die Brauer auf die Ausfuhr rechneten. Es sind nämlich Strafen für die Brüder oder Halbbrüder angesetzt, welche Bier vor der Probe ausschenken oder aufs Land führen (niesmial kucu szynkowac ani othwarzac ani stawiac na wiesz Nr. 18), und an einer anderen Stelle wird geboten, die Fässer auf der einen Seite mit dem Stempel der Stadt, auf der anderen mit dem des einzelnen Bierbrauers zu bezeichnen und bei Strafe keine Achtelfässer ohne Stempelung aufs Land zu führen oder Fuhrleuten zu übergeben (ktory tesz smial piwo stawiac na wies albo furmanom w achteliach niecechowanych etc. Nr. 28). Der an beiden Stellen gebrauchte Ausdruck „aufs Land führen“ scheint allerdings darauf hinzudeuten, dass nur die Landbevölkerung in der Umgegend der Stadt regelmäßig mit dem Biere versorgt wurde, von einer weiteren Ausfuhr in andere Städte und von einer eigentlichen Konkurrenz des Grätzer Bieres mit dem anderer Städte scheint indessen noch nicht die Rede gewesen zu sein. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht auch der Mangel jeglicher Nachrichten aus anderen Städten über dort etwa eingeführtes Grätzer Bier im Anfange des 17. Jahrhunderts. Eine Notiz aus dem Jahre 1613 macht es sogar sicher, dass z. B. in der dem Kloster Lubin gehörigen Stadt Kriewen kein anderes auswärtiges Bier geschenkt wurde, als das Breslauer Schöps.

Die erste der oben angeführten Stellen zeigt übrigens, dass das dunkle Bier (Kuc) es war, welches die Stadt in die Umgegend ausführte.

Im Ganzen kann man wohl sagen, dass gegen Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts das Grätzer Bier anfing, in engen lokalen Grenzen ein gewisses Ansehen zu erlangen. Schon damals galt die Güte des Bieres, wie die Bezeichnung der Fässer mit dem städtischen Stempel und die Prüfung unter Teilnahme des Bürgermeisters beweist, für eine die ganze Bürgerschaft interessierende Angelegenheit; man arbeitete offenbar darauf hin, mit der Zeit das Ausfuhrgebiet zu erweitern.

 

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Erinnerungen eines bei Fluchtbeginn knapp 7-jährigen an die Heimat

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Horst Rechenburg - 2012)
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Die Bewohner der Hofstelle - Aufn. Privatbesitz

Mein Geburtsort ist die Hofstelle Schmergal in Friedenau/Warthegau,dem heutigen Jastrzebsko Nowe.

Hier lebten bis Anfang 1945 meine Großeltern, meine Eltern, mein dreieinhalb Jahre älterer Bruder Günther, gestorben bereits 1947, und ich: Horst, sowie die Polen Pelagia T. -genannt Pilascha- als Magd, Stanislaw T. -genannt Schtascho- als Großknecht und Stefan S. aus Lodz als Jungknecht.

Mit meinen 74 Jahren bin ich inzwischen der letzte Überlebende unserer Familie aus dem „Osten“. Meine Frau und ich haben zwei erwachsene Söhne und fünf Enkelkinder, die einmal fragen könnten, woher ihre Vorfahren stammten. Daher habe ich mich entschlossen, das aufzuschreiben, was mir aus der Kindheit in Erinnerung geblieben ist, denn außer einigen Fotos wäre ohne meine Erzählung nichts mehr vorhanden.

* * *

Die Dinge meiner frühesten Kindheit wurden schon mir erzählt, die spätere Zeit ist mir jedoch noch lebhaft in meiner eigenen Erinnerung. Manchem mögen sie als unwichtige Nebensächlichkeit erscheinen, haben sie doch mit den damaligen schicksalsschweren Abläufen wenig zu tun – es war jedoch das Leben unserer Familie in jener Zeit.

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Meine Eltern - Aufn. Privatbesitz

Die ersten Jahre meiner Kindheit: Mein erster Tag auf dieser Erde soll bereits bedrohlich für mich begonnen haben, und das kam so: Rechtzeitig vor meiner Geburt wurde mein Bruder Günther zur befreundeten Nachbarin gebracht. Als ich dann endlich da war und für das Notwendigste gesorgt war, wurde mein Bruder zurückgeholt. Als dieser aber in „seinem“ Kinderwagen ein fremdes Baby vorfand, verlangte er, dass dieses sofort entfernt werden sollte. Weil daraus aber nichts wurde, soll er permanent versucht haben, den Kinderwagen umzustoßen. Ich musste daher ständig bewacht und beschützt werden, bis Günther zur Einsicht kam und sich darin fügte, einen „kleineren“ Bruder zu haben.

Als Baby war ich häufig kränklich und wurde zusätzlich mit Mohrrübensaft und -brei ernährt. Später gab es dann täglich einen Esslöffel Lebertran.

Schon im Alter von viereinhalb Jahren musste mir der Blinddarm entfernt werden. Mein Vater brachte mich in das Posener Krankenhaus, wo die Operation dann durchgeführt wurde. Die einstmals kleine Operations-Narbe wurde im Laufe der Zeit mit meinem größer werdenden Bauch immer länger.

Im Kinderkrankenhausbett hatte ich ständig eine Puppe, die nur ein längs gestreiftes Kleidchen trug und im Nacken ein eingestanztes „Schildkröt-Zeichen“ besaß.

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Hochzeitsbild meiner Eltern - Aufn. Privatbesitz

Das Krankenzimmer befand sich im 2. oder 3. Stockwerk. Das war für mich sehr ungewohnt, waren doch bei uns zuhause alle Räume zu ebener Erde. Das elektrische Licht, das wir daheim nicht hatten, registrierte ich zu Beginn gar nicht. Wenn ich von oben aus dem Fenster sah, konnte ich tief unten regen Autoverkehr beobachten. Fassungslos vor Staunen war ich, dass dort kleine Lieferwagen fuhren, die vorn nur noch ein einziges Rad hatten, kannte ich doch bis dahin nur von Pferden gezogene Gespanne.

Als mich mein Vater vom Krankenhaus abholte, besuchten wir den Zoo. Hier ist mir besonders das Glashaus mit den Riesenschildkröten in Erinnerung geblieben. Diese waren größer als ich selbst zu jener Zeit gewesen bin.

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Mutti mit ihren Söhnen - Aufn. Privatbesitz

Wieder zu Hause spielte ich mit meinem wenigen Spielzeug auf dem Sandhaufen, lief den Großen hinterher und durfte manchmal mit zu den Feldern hinausfahren. Eine riesige Abwechslung und Freude war es daher für Günther und mich, als unsere Eltern endlich unseren alten Kinderwagen als Spielzeug freigaben. Abwechselnd durfte der eine im Wagen sitzen und der andere musste schieben. Ich hatte immer den Verdacht, dass ich viel zu lange schieben musste, konnte gegen meinen „großen“ Bruder aber nicht viel ausrichten.

Viele meiner Erinnerungen sind eng mit unserem Hof selbst und dessen direkter Umgebung verknüpft. Daher versuche ich jetzt in Gedanken nach und nach einen Rundgang durch das Wohnhaus und die dazugehörigen Wirtschaftsgebäude zu machen. Mit Ausnahme der mit zwei Toren versehenen Holzscheune waren alle Gebäude bis zum Kniestock in Massivbauweise erstellt.

[1.100]

Plan aus der Erinnerung

Als erstes war da natürlich das Wohnhaus. Die Haustür zu ihm befand sich deutlich rechts von der Mitte auf der Hofseite. Im Flur führte eine Tür rechts in die Ausgedinge- Wohnung, eine Tür nach links führte eigentlich in die „gute Stube“, war aber durch einen Schrank zugestellt und die letzte Tür direkt geradeaus gewährte den Zugang in die Wohnküche der Elternwohnung.

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Der ehelm. Anbau für Vorräte war nicht mehr vorhanden - Aufn. Rechenburg 1980

[1.102]

Giebelseite mit der aufgehobenen Hofeineinfahrt - Aufn. Rechenburg 1980

Man kam direkt in die Küche mit großem   Esstisch, den Schränken, dem Herd und  dem Kachelofen. In der Küche selbst zweigte eine Tür nach links in das Schlaf- und Wohnzimmer und eine weitere nach rechts hinten ab. Dort ging es zur Waschküche. In  ihr befanden sich u.a. Waschkessel und -zuber mit dem dazugehörigen Waschbrett, sowie Stampfer, Zentrifuge und die Milchkannen. Von dieser Waschküche wiederum gelangte man durch einen Ausgang direkt nach draußen in den Obstgarten und letztlich führte aus ihr noch ein Durchgang zum Kartoffel- und Vorratskeller. Richtige Keller konnten wegen der hohen Grundwasserstände und der Überschwemmungsgefahr in unserem Siedlungsgebiet nicht angelegt werden. Die „gute Stube“ wurde nur zu besonderen Anlässen genutzt: sie war daher auch nur an diesen besonderen Tagen beheizt. In ihr wurden aber auch die vielen Einmachgläser, hauptsächlich gefüllt bei den Schlachtungen, aufbewahrt. Das Harmonium, das rechts hinter der Tür stand, wurde gespielt, wenn bei uns Veranstaltungen des EC (Jugendbund für entschiedenes Christentum) stattfanden. Einige der Lieder konnte mein Vater, der das Instrument sonst nicht beherrschte, mit einem Finger nachspielen.

Im kombinierten Schlaf- und Wohnzimmer standen u.a. die großen Ehebetten, ein Wäscheschrank, die Vitrine mit dem guten Geschirr, die meinem Vater gehörende  Nähmaschine und eine gemütliche Ofenbank vor dem in den Raum hineinragenden dunkelgrünen Kachelofen.

[1.101]

Der ehelm. Anbau für Vorräte war nicht mehr vorhanden - Aufn. Rechenburg 1980

Über dem Kopfende der Ofenbank tickte unsere Kuckucksuhr. Zur vollen Stunde öffnete sich das Türchen und der Kuckuck verkündete die Uhrzeit. Mit der Gewichtskette kitzelten wir denjenigen, der sein Mittagsschläfchen auf der Ofenbank hielt, vorsichtig so unter der Nase, dass dieser zwar nieste, aber nicht vollständig aufwachte.

Der schon erwähnte dunkelgrüne Kachelofen wurde von der Küche aus beheizt. Gleichzeitig hatte dieser auch eine Bratröhre, die von uns zur Herstellung von Bratäpfeln sehr häufig benutzt worden ist.

Die Nähmaschine hatte einmal dem Haupterwerb meines Vaters als sein wichtigstes Werkzeug dienen sollen. Er war als Schneidergeselle ausgebildet und hatte diesen Beruf auch ausüben wollen, ehe die Umstände es dann mit sich brachten, dass er den Hof übernehmen musste. Um „früher“ einen Beruf erlernen zu dürfen, musste man den Lehrherm bezahlen. Der Familie meines Vaters, er hatte noch 8 Geschwister, war dieses bestimmt nicht leicht gefallen. Günther und ich hatten durch unser Herumtollen häufig zerrissene Sachen, und daher war meine Mutter froh, dass die notwendigen Reparaturen durch meinen Vater erledigt wurden. Neue Hosen erhielten wir maßgeschneidert, kniebedeckt und mit Stoffhosenträgern.

Aber weiter mit dem Rundgang: vom Wohn- und Schlafraum führte eine Tür in einen Anbau. Er war Ersatz für nicht vorhandene Kellerräume. In ihm wurden Vorräte kühl aufbewahrt und in breiten Holzregalen Äpfel und Birnen gelagert, um auch  durch die Winter hindurch mit Obst versorgt zu sein.

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Rückansicht Wohnhaus - Aufn. Rechenburg 1980

Die Küche war der größte Raum des Hauses. Hier wurde gekocht, gegessen und gewohnt. Sie war im Winter der einzige ständig geheizte Raum, in dem sich auch vornehmlich das Familienleben abspielte.

Wenn Pilascha uns Kinder morgens aus dem Bett holte, hatte sie schon für heißes Wasser gesorgt. Wir wurden gewaschen und, soweit noch erforderlich, auch angezogen. Das „Leibchen“ war ein wichtiges Stück Unterwäsche.

Mutti war u.a. für kochen, melken und backen zuständig. Eine Spezialität war ihr Mohnkuchen. In eine mit scharfen Rillen versehene Steingutschüssel wurden die Mohnkörner hineingegeben und mit einem Mörser solange bearbeitet, bis alle Körner restlos zerstoßen waren. Zusammen mit vielen Zutaten entstand eine süße Creme, die dick auf den Kuchenboden aufgetragen wurde. Den Abschluss bildeten die Streusel.

Unser Backofen stand hinten im Garten in der Nähe eines Holzschuppens. Einmal wöchentlich war Brotbacktag. Die Brotlaibe waren groß und breit und hatten oft eine harte Kruste. Die einzelnen Scheiben wurden mit dem Messer ziemlich dick abgeschnitten und dann mit Butter und Marmelade, Quark oder Wurst bestrichen. Dazu wurde Milch oder auch Ersatzkaffee getrunken. Zu den Mahlzeiten saßen wir soweit anwesend alle gemeinsam am Tisch. Vor dem Essen wurde das Tischgebet gesprochen.

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Reihe von Opas Obstbäumen - Aufn. Rechenburg 1980

Mit Einbruch der Dunkelheit wurden in der Küche zwei Petroleumlampen mit weißen Schirmen angezündet. Sie leuchteten den Raum einigermaßen hell aus, seinerzeit hatte man ja keine Vergleichsmöglichkeiten, heute würden wir sagen, dass es eher eine für die Augen ungute schummerige Beleuchtung gewesen ist. Ehe wir unter die dicken Daunendecken schlafen gingen, sprachen wir noch das Gute-Nacht-Gebet.

An jedem frühen Sonntagmorgen wurde der Fußboden in der Küche dünn und gleichmäßig mit schneeweißem Sand bestreut. Für uns gehörte dieses Ritual fest zum Sonntag dazu. Im Laufe des Tages wurde die Pracht dann zertreten und je später es wurde immer unansehnlicher. Am nächsten Morgen, dem Montag, wurden die inzwischen grau gewordenen Reste sorgfältig ausgefegt und beseitigt. Mir ist nicht bekannt, woher dieser Brauch einmal gekommen ist; oder war es einfach der Fußboden-Reinigung wegen gewesen? Es heißt heute, dass der ausgestreute Sand den Schmutz von draußen sowie die in die Dielen eingedrungene Feuchtigkeit aufsaugen sollte.

Da wir bis auf wenige Ausnahmen Selbstversorger waren, wurden im Winter vom Hausmetzger zwei Schweine geschlachtet. Dabei durften wir zusehen. Besonders beliebt waren bei uns die frisch zubereitete weiße Semmelwurst und die Blutwurst im Darm. Sie mussten zudem wegen ihrer geringeren Haltbarkeit zuerst verzehrt werden. Schlachtzeit war Einweckzeit. Wir hatten aber auch selbst Schinken und Mettwurst.

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"Hans", Schtascho und "Liese" mit dem Fohlen - Aufn. Privatbesitz

Wie schon geschrieben zweigte vom Hausflur eine Tür nach rechts in die Altenteil- die so genannte Ausgedinge-Wohnung ab. Sie bestand aus einem kleinen Wohnraum mit Eßplatz und daran anschließender Küche und einem Schlafraum. Auch an diese Wohnung schloss sich ein Anbau zur Vorratshaltung und Lagerung von Obst an. Eine Tür gewährte den direkten Zugang zum Garten.

Wir Kinder blieben immer im Wohnraum. Hier hingen zwei große gerahmte Bilder. Sie zeigten von Pferden gezogene Geschütze, Kanoniere in blauer Uniform und roten Streifen um die Mütze, und es gab einen Text in goldfarbener Schrift. Das Foto unseres Opas war darauf aufgebracht, war er doch im 1. Weltkrieg Richtkanonier gewesen.

Seine beiden älteren Brüder, die eigentlich die Hoferben hätten sein sollen, waren während des Krieges gefallen. So musste mein Opa notgedrungen den Hof übernehmen, obwohl er viel lieber Gärtner geworden wäre.

Mein Großvater Johann Carl August Schmergal – Jahrgang 1876 – hatte irgendwie Bauernstolz! Er hat meinem Vater nie das „Du“ angeboten.

Für uns Kinder war er jedoch ein jederzeit ansprechbarer Großvater. Günther mit seinen blauen Augen war mehr Omas Junge und ich mit meinen braunen eben Opas. Wenn es sich manchmal ergab, dass Oma etwas in unseren Kinderaugen Schmackhafteres gekocht hatte als Mutti, durften wir ausnahmsweise nach „drüben“ zum Essen. Günther wurde dann von Oma betreut und ich durfte bei Opa auf dem Schoß sitzen und sogar aus seinem Teller essen. Nach dem Essen holte Opa ganz bedächtig ein kleines Blechdöschen mit Schnupftabak aus der Tasche und schnupfte eine kleine Prise. Direkt unter der Nase sah sein Schnurrbart manchmal leicht gelblich aus. In der Weste hatte er an einer Kette seine Taschenuhr mit Sprungdeckel. Noch vor Beginn meiner Schulzeit brachte er mir bei, die Zeit richtig abzulesen.

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Schtascho hält für uns das Fohlen - Aufn. Privatbesitz

Da Opa wegen der vielen harten Arbeit als Bauer inzwischen auch Beschwerden hatte, benutzte er zum Einnehmen und Einreiben seine persönlichen Spezialmedikamente: „Hingfong“ und „Pain-Expeller“.

In der Zeit, als mein Vater zur Wehrmacht eingezogen war, übernahm Opa noch einmal das Ruder der Leitung der Landwirtschaft. Eine ausgezeichnete Stütze hatte er mit Schtascho, der mit jeder Arbeit vertraut war und über die gesamten Ländereien und durchzuführenden Arbeiten genau Bescheid wusste. Zum Wochenende erhielt er zusätzlich zum Lohn eine Handvoll Zigaretten. Stefan, der Jungknecht, erhielt diese auch, nur entsprechend weniger.

Auf dem Schrank in dem Wohnzimmer der Großeltern stand ein mit Batterien betriebener, dunkelbrauner, würfelförmiger Volksempfänger mit rundem Lautsprecher. Nachrichten, Reden und Wehrmachtsberichte wurden hier gehört. Die monotonen Pausenzeichen kamen uns Kindern immer unheimlich vor.

In der Nähe der Altenteiler-Wohnung auf der Hofseite befand sich auf einer deutlich  erhöhten Stelle der Brunnen und der runde Schleifstein mit Handkurbel. Unten ragte der Stein etwas in eine mit Wasser gefüllte Mulde und wurde so bei Gebrauch ständig befeuchtet.

Von den Wirtschaftsgebäuden ist als erstes der Pferdestall, der mit dem Kuhstall unter einem Dach war, zu erwähnen. Das langgestreckte Stallgebäude beherbergte in der ersten Hälfte, sie lag dem Wohnhaus am nächsten, die Pferde und in der hinteren Hälfte daran anschließend die Kühe, in unserem Sprachgebrauch die „Kie“. Der Pferdestall hatte zur Hofseite zwei Eingänge und zur Feldseite eine Hintertür für die Dungbeseitigung. Der Pferdedunghaufen war an zwei Seiten durch hochgewachsene Büsche den Blicken Fremder entzogen. Die Futterkrippen im Stall waren so hoch angebracht, dass Günther und ich nicht hineinsehen konnten. Aus unserer Perspektive wirkte alles einschließlich der Pferde einfach riesenhaft.

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Kuhstall mit den beiden großen Toren - Aufn. Rechenburg 1980

Wir hatten drei große Kaltblüter und zeitweise ein Fohlen. Das übliche Zweiergespann waren „Hans“ und die Stute „Liese“. „Liese“ war sehr umgänglich und die Mutter vom noch jungen Rapphengst „Hans“. Der alte großrahmige Fuchswallach wurde noch zu Einspänner-Arbeiten herangezogen, durfte sich aber schon langsam auf sein Gnadenbrot freuen. Alle drei hatten zu ihrem Geschirr das passende Kummet. Sie waren sehr stark, die idealen Arbeitspferde. Sie reagierten prompt auf die Worte „schwie“ oder „hott“ – links oder rechts, ein Zug an der Leine war nicht erforderlich. Schwierig wurde es nur, wenn auf dem Feld direkt an der Eisenbahnlinie Bentschen – Posen gearbeitet wurde. Wenn sich fauchend und zischend ein Dampfzug ankündigte, mussten den Pferden trotz der Scheuklappen vorsorglich Wagen oder Ackergerät abgehängt werden. Die Pferde mussten dann beruhiqt und am Kopf ganz kurz gehalten werden.

Der Kuhstall hatte zur Hofseite wiederum zwei Tore. Es handelte sich um einen Tiefstall, der nur einmal im zeitigen Frühjahr ausgemistet wurde. Da es bei uns keine eingezäunten Weiden gab und die oft nassen Wiesen nicht zum Kühe hüten geeignet waren, blieben unsere fünf bis sieben Kühe ganzjährig im Stall. Ausgestreut wurde der Stall mit Fichtennadeln. Vor dem eigentlichen

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"Minka" und wir vor der Holzverschalung für Fichtennadeln - Aufn. Privatbesitz

Kuhstall befand sich eine Holzverschalung mit breiten Brettern, in die eine ganze Reihe von Wagenladungen mit Fichtennadeln hineinpasste. Dieses Streumaterial holten wir regelmäßig trocken aus unserem eigenen Wald, nur dass wir den Wald nicht Wald sondern „Haide“ nannten. Ganz nebenbei bemerkt: hier gab es auch Mengen von goldgelben Pfifferlingen, die bei uns aber „Hähnchen“ genannt wurden. Im zeitigen Frühjahr, wenn die Kühe schon fast unter der Decke standen und der Boden draußen noch gefroren war, wurde der Stall ausgemistet.

Das war Schwerstarbeit.

Der kurze schwarze, zusammengepresste, hochwertige Dung musste zunächst losgehackt und dann auf den Mistwagen geladen werden. Der halbe Hof war dann in der kalten Luft in eine Dampfwolke gehüllt. Der Geruch ist mir als eigentümlich gut in Erinnerung. Auf dem Feld wurde der Dung in kleinen Häufchen auf dem noch gefrorenen Boden verteilt, indem die Seitenbretter des Wagens nach und nach immer höher geschoben wurden und der Dung herausfallen konnte. Die Feinverteilung musste dann sofort mit der Forke erfolgen.

Zur Melkzeit band sich Mutti regelmäßig ein schneeweißes Kopftuch um, sie hatte davon mehrere. Günther und ich mussten sie in den Kuhstall begleiten. Während sie molk hatten wir die zehn auswendig gelernten Gebote nach Luther aufzusagen. Bei Günther kamen die Erklärungen noch dazu. Hier hatte ich als der Jüngere eindeutig einmal einen Vorteil.

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Alleinige Zufahrt zur Hofstelle - Aufn. Rechenburg 1980

Der Milchwagen kam nicht bis zu uns auf den Hof. Die Kannen mussten etwa hundert Meter bis zur Wegkreuzung gebracht und auf einem in Wagenhöhe vorhandenen Bock abgestellt werden. Hier erfolgte auch der Austausch mit den Kannen vom Vortag, die auf Bestellung oft Molke zur Fütterung enthielten.

Rechts neben dem Kuhstall befanden sich zwei rechteckig gemauerte Silos, die nur zur Hofseite offen waren. Die Silage war ein wichtiger Bestandteil der Fütterung.

Das nächste Gebäude war die parallel zum Wohngebäude stehende Scheune. Wiederum bildeten zwei große Scheunentore den Zugang. Das Dachgeschoß war nach allen Seiten deutlich vorspringend (Trempel), da früher eine große Fläche zur Trocknung  von Hopfen benötigt wurde.

Vor der Scheune war der Göpel platziert, der über eine Welle und Übersetzung den in der Scheune befindlichen ziemlich kleinen Dreschkasten in Betrieb setzte. Das Pferd, das vor den Göpel gespannt war, musste immer im Kreis laufen.

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Scheune - Aufn. Rechenburg 1980

In der Scheune hingen auch zwei Dreschflegel. Sie wurden für Reste benötigt, die auf der Tenne ausgebreitet wurden. Die Arbeit mit den Dreschflegeln erfolgte immer zu zweit und zwar wechselweise genau im Takt.

Ab und zu brachten wir eine Fuhre Korn zur Mühle und tauschten diese gegen Schrot und Feinmehl. Da die Mühle nicht in der Nähe war, verging damit fast ein ganzer Tag.

Rechts von der nördlichen Hofein- bzw. Ausfahrt und auch vom Wohngebäude aus gesehen befand sich die Remise.Bei meinem Besuch im Jahre 1980 war diese vollständig abgetragen.

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Schtascho und der stolze "Hans" - Aufn. Privatbesitz

Dieses massive Gebäude war das jüngste auf dem Hof und hatte auffallend hellblau lasierte Dachziegel. Links waren die Tore für Wagen und Geräte und rechts davon  war die separate Kammer der Knechte. In der Remise waren dicht an dicht die Kutsche, der Schlitten und die landwirtschaftlichen Geräte untergebracht und nicht einfach so. Was am nächsten Tag benötigt wurde, kam jeweils ganz nach vorn.

In der Knechte-Kammer schliefen Schtascho und Stefan. Pilascha, Schtaschos Schwester, fuhr nach Arbeitsende mit dem Fahrrad nach Hause, das war nur eine kurze Wegstrecke. Einmal sah ich, dass die Tür zu dieser Kammer offen stand. Als ich neugierig eintrat sah ich, dass sich Schtascho und auch Stefan die Füße stramm mit Fußlappen umwickelten. Auf meine erstaunte Frage, ob sie keine dicken Wollsocken hätten, antwortete Schtascho, dass man mit Fußlappen keine kalten Füße, keine Blasen und keine wunden Stellen bekommen könne. Diese Szene ist mir auch durch den strengen Geruch, der von diesen Lappen ausging, im Gedächtnis geblieben.

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Mehrzweckstall, inzwischen abgerissen - Aufn. Rechenburg 1980

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Rechte Seite des ehem. Mehrzweckstalles - Aufn. Rechenburg 1980

Das letzte Gebäude, das den Hof einschloss war der Mehrzweckstall; 1980 fand ich ihn in einem sehr schlechten Zustand vor. Er lag rechts von der südlichen Hofeinfahrt, die linker Hand wieder an das Wohngebäude anschloss. Er enthielt die Unterstellmöglichkeit für die Ackerwagen. Desweiteren waren in ihm der Hühner- und der Schweinestall untergebracht. Ganz rechts, dem Wohnhaus am nächsten gelegen, lag das „Plumps-Klo“.

Der Hahn und die Hühner hatten durch eine Klappe freien Auslauf nach hinten über eine Hühnerleiter hinaus auf den sicher umzäunten Hühnerhof. Am Abend wurde erst das im Stall befindliche Hühnervolk gezählt und anschließend die Klappe von innen verriegelt.

Wie zuvor schon geschrieben wurden zur Selbstversorgung nur ein paar Schweine gehalten. Das Ausmisten des Schweinestalles erfolgte wie bei den Pferden, nach draußen, hinten durch eine Tür.

Der Hofplatz war, wie schon erwähnt von den Gebäuden umschlossen. Der Hof wurde immer penibel sauber gehalten.

Vor dem Wohnhaus standen zwei große Kastanienbäume. Sie waren eine willkommene Kulisse, wenn nach christlichen Veranstaltungen Gruppenfotos gemacht wurden.

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Eine Bekannte, Opa und der Verfasser dieser Zeilen - Aufn. Privatbesitz

An der Holzverschalung für das Einstreugut des Kuhstalles, stand die Hütte für „Minka“ unserer schwarz-weiß gefleckten, halbhohen Mischlingshündin. Ihren Beruf als Hof- und Wachhund übte sie zuverlässig aus. Sie wurde immer gut behandelt, obwohl sie ständig an einer langen Kette gehalten wurde, dieses war auf vielen Einzelgehöften wie auch bei uns üblich. Wir Kinder konnten unbesorgt in „Minkas“ Nähe herumtollen. Dabei gab es auch häufig Streicheleinheiten für unsere brave Hündin.

An der Rückseite der Holzverschalung stand ein hoher, alter Baumstumpf mit einem Storchennest. Dieses Nest wurde, soweit ich mich erinnern kann, jedes Jahr wieder angenommen. Die Freude war immer groß, wenn im Frühjahr der erste Storch eintraf und mit der Nestrenovierung begann. Mit einiger Zeitverzögerung kam dann auch die Partnerin. Begrüßung, klappern, dienern, tanzen und schnäbeln wiederholten sich jedes Jahr. Während der Brutzeit sorgte der Partner für die Ernährung, die bei uns im feuchten, morastigem Umland reichlich vorhanden war. Waren die Jungen geschlüpft, mussten beide Elternteile ständig für Futter sorgen.

Den weithin verbreiteten Geschichten vom Klapperstorch haben wir nie geglaubt. Wir konnten uns selbst davon überzeugen, dass die Storcheneltern allein schon mit der Versorgung ihrer eigenen Jungen voll ausgelastet waren.

Die Störche hatten das alleinige Recht, den Hof unter dem Nestbaum zu beschmutzen. Fast täglich mussten Heu und Stroh quer über den Hof gekarrt werden. Heruntergefallene Halme mussten umgehend aufgeharkt und entfernt werden, um die weiter oben erwähnte penible Sauberkeit des Hofes aufrecht zu erhalten. Nach Arbeitsende durften auch Wagen und Geräte nicht auf dem Hof abgestellt werden, sie mussten unter Dach gebracht werden.

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Hausgiebel mit blühenden Bäumen - Aufn. Rechenburg 1980

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Hausgiebel mit bühenden Bäumen - Aufn. Rechenburg 1980

Fast vergessen hätte ich, dass sich hinter der Bretterverschalung noch mehrere Kaninchenställe befanden. Die Kaninchen dienten auch der Selbstversorgung.

Das Gartenland war etwas höher gelegen und nur wenige Meter vom Haus entfernt auf der anderen Wegseite. Hier befand sich auch der Gemüsegarten.

Hier fällt mir ein, dass wir in unserem Dialekt, die Kartoffeln „ Apern“, die kleinen Kugeln nach der Kartoffelblüte „Apernbollang“ und die Steckrüben „ Wrucken“ nannten.

Im Garten waren manchmal Vogelscheuchen aufgestellt, die uns jedoch genauso wenig wie die Vögel beeindrucken konnten.

Ins Auge fielen mehrere Reihen mit Stangenbohnen. Eine weitere Besonderheit war ein ganzer Schlag mit Korbweiden. Teilweise brauchte sie Opa im Winter zum Flechten von Körben, teilweise wurden sie nach Aufbereitung auf dem Markt verkauft.

Die einzelnen Gemüsearten kann ich nicht alle aufzählen, behalten habe ich nur, dass es Himbeeren und Rosenkohl nicht gab. Auch Hopfen bauten wir nicht mehr an, die eigentliche Hopfengegend fing von aus gesehen auch erst in der Nähe von Sontop an.

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Bahnhof Friedenhorst - Aufn. Rechenburg 1980

Manchmal fuhr Opa mit Pferd und Wagen mit seinen Produkten, unter ihnen auch Kartoffeln, Kürbisse und Korbweiden in die Stadt nach Neutomischel zum Markt.

Neben der Ausgedinge-Wohnung befand sich ein weiteres kleines Stück Gemüseland. Dies war Oma Augusta Martha Schmergals.Reich; sie war eine geborene Weber gewesen. Auf diesem Stückchen Land begann sie auch ihren Lieblingsenkel Günther in die Geheimnisse der Gärtnerei einzuweisen.

Neben Gemüse wuchs bei uns aber auch allerlei Obst. Am Südgiebel unseres Hauses rankte Wein. Die kleinen grünen Trauben waren im Herbst eine willkommene Leckerei.

Der eigentliche Obstgarten lag gleich hinter dem Wohnhaus. Er war zur Wegseite mit einem Staketenzaun abgegrenzt und nahm eine ziemlich große Fläche ein.

Dieser Obstgarten war Opas liebstes Hobby. In ihm beschäftigte er sich u. a. mit der Veredelung von Apfelbäumen. Es waren in ihm ganz viele verschiedene Apfelsorten angepflanzt und mein Großvater wusste über jede von ihnen über Namen, Geschmack, Haltbarkeit, Eignung und Zeitpunkt der Reife Bescheid. Ständig war er auf der Suche nach neuen und auch damals schon ganz alten Sorten.

Manchmal wuchsen auf einem einzigen Baum mehrere Apfelsorten. In Opas Jugendzeit, so die Familienüberlieferung, soll den Schmergals einmal in einem strengen Winter eine ganze Apfelallee erfroren sein.

Unsere Ländereien waren sehr vielfältig und lagen weit verstreut. Wiesen, schlechter Sandboden, sehr gutes „Weizenland“, Wald und Busch, alles war vorhanden. Außer dem Land direkt um den Hof waren im Laufe der Zeit durch Zukäufe hier und da auch weiter entfernte Flächen dazugekommen.

Wenn auf dem „Kroschnitzer“ oder „Lomnitzer“, so die Unterscheidung der weiter entfernt liegenden Flächen, Arbeiten zu verrichten waren, erhielten Schtascho und Stefan in einem Weidenkorb Verpflegung für den ganzen Tag, weil sie bis zum Abend unterwegs waren. Sämtliche Fahrten mussten auf Feld- bzw. Sandwegen zurückgelegt werden, was sehr beschwerlich war, da unsere Wagen noch keine Gummibereifung hatten. Eine befestigte, eine richtige Straße gab es erst ab Friedenhorst/Jastrebsko.

Opa hatte für sich und Oma zusätzlich zum Ausgedinge ein an der Bahn gelegenes kleines Arbeiterhäuschen, 3 kleine Zimmer, mit ein paar Hektar Land zurückbehalten.

Da der Mieter B. selbst kein Pferd besaß, war vereinbart, dass auch dieses Stück durch meine Eltern bestellt wurde.

Wenn Vati von geschäftlichen Besorgungen in der Molkerei oder bei der Genossenschaft zurückkam, war es ihm zur Gewohnheit geworden, dass er uns Kindern etwas mitbrachte. Das waren Käsestückeähnlich dem Limburger oder auch Flaschen mit Bügelverschluss, die rote, gelbe oder grüne Brause enthielten.

Opa kaufte sich regelmäßig wunderbar duftendes fast noch warmes Korbbrot vom Friedenhorster Bäcker. Wenn wir das merkten, bettelten wir solange, bis wir einen „Knust“ oder eine Schnitte erhielten.

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Sonntägliche Kirchfahrt nach Friedenhorst - Aufn. Privatbesitz

Unsere Nachbarn im überschaubaren Umkreis waren die Familien Kessel, Deutschmann, Janott, Windmüller und Buschmüller. Günther und ich hatten nur näheren Kontakt zur Tante Kessel. Ich kann mich erinnern, dass Kessels eine größere und schönere Kuckucksuhr hatten als wir.

Mutti war in ihrer Freizeit sehr auf ihr Äußeres bedacht und mochte sich gern hübsch anziehen. Sie hatte u.a. einen Fuchspelzschal. Dieser hatte im Gesicht Glasaugen und unter der Schnauze einen Schnappverschluss. So konnte er sich in seinen eigenen Schwanz beißen. Wir Kinder baten so sehr, mit dem Fuchs spielen zu dürfen, dieses wurde uns jedoch nie erlaubt.

Der normale Ablauf an Sonntagen war, dass wir mit der Kutsche, im Winter mit dem Schlitten, nach Friedenhorst zur Kirche fuhren. Günther saß neben Schtascho vorn auf dem Bock und ich hinten zwischen Vati und Mutti. Vom Gottesdienst verstand ich noch nichts, mich fesselte aber stark ein Kirchenfensterbild, das vor rotem Hintergrund den „Guten Hirten“ mit langem Stab und seinen weißen Schafen zeigte; den dazugehörigen 23. Psalm kann ich heute noch auswendig aufsagen. Heute, 2012, ist dieses Kirchenfenster leider durch ein anderes ersetzt.

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Im Hintergrund das Geburtshaus meines Vaters in Deutschhöhe - Aufn. Privatbesitz

Meine Eltern waren neben der Kirche noch eng mit dem EC (Jugendbund für entschiedenes Christentum) verbunden.Von Deutschhöhe aus verteilte eine mit Fahrrädern ausgerüstete Gruppe Missionsblätter an die im weiten Umkreis liegenden Gehöfte mit evangelischer Bevölkerung. Wahrscheinlich hat mein Vater bei dieser Gelegenheit meine Mutter kennengelernt. Ein Bruder meines Vaters war Bläser in einem Posaunenchor. Dieser Chor war auch manchmal bei uns zu Gast. Diakonissen, vom Diakonissen-mutterhaus in Vandsburg/ Westpreußen, veranstalteten auf unserem Hof auch Kinderfeste mit vielen kleinen Gästen. Fotografiert wurde die ganze Meute dann vor dem Wohnhaus unter den Kastanien-bäumen. Mutti war mit der Diakonisse Schwester Elfriede B. befreundet. Wenn diese ihren Besuch ankündigte, kochte Mutti zur Vorbereitung dünne Vanille-Milch, die dann, nachdem sie abgekühlt war, in eine große Porzellankaffeekanne gefüllt wurde. Für uns war das ein ganz besonderer Genuss. Schwester Elfriede brachte uns regelmäßig ein Spruchkärtchen und ein kleines Stück Schokolade mit. Wegen der Schokolade war sie bei uns sehr beliebt.

Die Ernüchterung kam dann 1944. Erst als wir das „Stückchen“ im Mund hatten, bemerkten wir, dass es keine Schokolade war, sondern nur noch Lakritze. Die Zeiten waren eben schlechter geworden.

An manchen Sonntagen unternahmen wir auch Besuchsfahrten zu den Verwandten. Das waren hauptsächlich Tante Lina, Muttis ältere Schwester, die den Bauern Hermann Heinrich in Sontop geheiratet hatte, Tante Ella, Vatis Schwester, die mit dem Bäckermeister Jokisch in Bentschen verheiratet war und meine andere Oma Emma Rechenburg auf der Hofstelle in Deutschhöhe.

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Bläsergruppe mit Vatis Bruder - Aufn. Privatbesitz

Mit dem Weihnachtsfest hatte ich so meine Verständnisschwierigkeiten. Das größte Fest war tagsüber normaler Alltag und abends plötzlich Feiertag. In der guten Stube war der auf dem Tisch stehendeTannenbaum mit viel Lametta, bunten Kugeln, Wachskerzen und mit bunt bemalten weißen Kuchen geschmückt. Wegen der immer schlechter werdenden Zeit 1944 lagen nur wenige kärgliche Geschenke eingepackt unter dem Baum. Um uns auf die Folter zu spannen, wurde vor der Bescherung erst einmal gesungen und die Weihnachtsgeschichte vorgelesen.

Günther wusste, wo Mutti den Schlüssel zum Wäscheschrank aufbewahrte. So war es nicht schwer, die wenigen Teile ausfindig zu machen. Wir wussten somit bereits Tage vorher, was in den Päckchen verborgen war. Unbekannt war nur, wer was erhalten würde. Die interne Vorwegverteilung zwischen Günther und mir stimmte dann nicht immer mit der echten Bescherung überein. Einer von uns zog dann ein langes Gesicht.

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Bentschener Posaunenchor - Aufn. Privatbesitz

Mein erster Schultag ging ziemlich daneben. Da meine Eltern für mich keinen Tornister mehr kaufen konnten, musste ich mit einer Aktentasche aus schlechtem Spaltleder zufrieden sein. Außerdem musste ich zu große Schuhe tragen, wahrscheinlich waren das vorher Günthers. Auf dem Hinweg wurde ich von Mutti begleitet. In der Schule in Grubsko angekommen, stellte sich heraus, dass der neue Erstklässler-Jahrgang lediglich aus fünf Mädchen und mir bestand. Ich fühlte mich einsam und verlassen. Günther hatte einen guten Tornister und zur Einschulung eine Schultüte genauso wie zwei Schulkameraden, Wilfried Ulrich und Eitel Bruns, bekommen – und ich?!

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Kinderfest auf unserem Hof - Aufn. Privatbesitz

Wir sechs, die 5 Mädchen und ich erhielten unsere Plätze vorn in der ersten Reihe. Nach einer kurzen Begrüßungsrede durch die Lehrerin verließen uns die Erwachsenen.

Dann ging der Unterricht für die Zweitklässler weiter. Das hatte ich aber falsch verstanden.Ich blätterte verzweifelt in meiner Fibel hin und her und war sehr ärgerlich darüber geworden, dass ich den richtigen Text nicht hatte finden können..

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Günther zwischen seinen Schulkameraden - Aufn. Privatbesitz

Der Richtweg zur Schule nach Grubsko war ein schmaler Fußweg durch die Wiesen, der bei Kessels vorbeiführte. Etwas weiter befand sich ein Bauernhof, auf dem Gänse gehalten wurden. Schlimm war es für mich, wenn mich der Gänserich erspäht hatte. Weil er seine Gänse beschützen wollte, kam er mit großer Geschwindigkeit halb fliegend mit ausgespreizten Flügeln zischend auf mich zu. Mit meiner Aktentasche konnte ich seine Angriffe abwehren, musste dabei aber streckenweise rückwärtsgehen. Wenn die Gänse an manchen Tagen nicht zu sehen waren, durchquerte ich die Gefahrenzone im Laufschritt.

[1.124]

Tante Lina, Muttis ältere Schwester - Aufn. Privatbesitz

Kurz vor Grubsko kamen wir an einer Hausruine vorbei; das Dach war bereits eingestürzt, die Giebel waren schief, standen aber noch. Wegen der Einsturzgefahr hatten wir Verbot die Ruine zu betreten. Da aber auch dort, wie auch bei uns zuhause, an der einen Giebelseite Wein rankte, der blaue Trauben und größere Beeren hatte als unser Wein mit seinen kleineren grünen Trauben, konnten wir der Versuchung nicht widerstehen und kletterten am Giebel herum. Es hieß, die Familie, die hier mal gewohnt hatte, sei ausgestorben.

Ende 1944 erfuhren wir, dass Deutsche aus anderen Gebieten des Ostens bereits auf der Flucht waren. Opa begann daher auch bei uns mit Vorbereitungen. Der beste Leiterwagen mit den noch fast neuen Rädern wurde heimlich in der Scheune zum Fluchtwagen ausgebaut. Die Beladung mit dem Notwendigsten wurde sorgfältig geplant. Auch an die Versorgung für die Pferde und an Werkzeug wurde gedacht. Eingemachtes, Kleidung, Wäsche, Geschirr, Bestecke und Sonstiges vergruben Opa, Oma und Mutti an einer geheimen Stelle. Das Versteck wurde für alle Fälle nur einer einzigen polnischen Vertrauensperson mitgeteilt.

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Schulgebäude Grubsko - Aufn. Rechenburg 1980

Im Januar 1945 erhielten wir dann den Befehl zum Aufbruch.

Da Opa auf der Flucht auch Lina, seine älteste Tochter mit den vier Kindern und den Schwiegereltern bei sich haben wollte, musste noch ein Umweg nach Sontop in Richtung Osten eingeplant werden.

Als wir langsam von unserem Hof rollten, winselte „Minka“ und zerrte an der Kette. Sie fühlte, dass hier etwas Einschneidendes, Schreckliches vor sich ging. In diesem Augenblick empfanden Günther und ich das Ganze noch als eine Art Abenteuer, die Wirklichkeit holte uns aber ganz schnell ein.

Schtascho begleitete uns eine ganze Wegstrecke, wurde dann aber mit Dank von Opa verabschiedet. Schtascho wollte, so hatte er sich angeboten und so war es dann auch vereinbart worden, den Hof bis zu unserer baldigen Rückkehr treu versorgen und auf ihn aufpassen.

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Restlos verschwundene Geburtsstätte meines Vaters in Deutschhöhe - Aufn. Rechenburg 1980

Er lebte nach seiner Rückkehr auch auf dem Hof; in späterer Zeit musste auch er den Hof räumen. Ihm wurde ein kleinerer Hof – ehemalig Rausch- zugewiesen.

Die Erwachsenen waren trotz sehr schwerer Arbeit und einfachsten Lebensverhältnissen stets zufrieden und manchmal auch glücklich. Wir Kinder kannten kein anderes Leben. Meine Eltern, Großeltern, und mehrere weitere Generationen vor uns haben über 150 Jahre lang trotz mehrfach wechselnder politischer Herrschaft mit Bürgern anderer Nationalität und anderer Glaubensrichtung friedlich zusammengelebt.

1945 hofften wir daher noch, nach Beruhigung der Lage bald in unsere angestammte Heimat zurückkehren zu dürfen. – Es kam anders.

* * *

Und heute? – Im Juli 2012 machten mein Sohn und ich ganz spontan eine Tagesfahrt zu den Stätten meiner Kindheit. Seit meinem letzten Besuch in den 80iger Jahren hat sich der Gesamteindruck des Powiats Nowotomyskim stark verändert. Wir  mussten sogar suchen und auf mehreren fremden Höfen um Hilfe bitten, um die neue Zufahrt zu meinem Elternhaus zu finden.

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Horst Rechenburg - der Autor - 2012 in Nowy Tomysl

Vor 30 Jahren wirkte die Gegend ärmlicher, von den damaligen Bewohnern unserer ehemaligen Hofstelle wurden wir schon damals herzlich und gastfreundlich aufgenommen. Heute kann man überall den Aufschwung sehen. Die Aufnahme dieses Jahr war ebenso herzlich, wurde jedoch noch dadurch übertroffen, daß wir uns in „Deutsch“ verständigen konnten.

Am meisten hat mich gefreut, dass unser ehemaliger Hof nach wie vor von freundlichen und netten Menschen bewohnt ist. Ist es heute auch kein Landwirtschaftbetrieb mehr, so hat das Anwesen denn doch eine neue Bestimmung erhalten. Vielleicht wird es den Menschen, die dort heute leben, dass was es mir geblieben ist – ein Stückchen Heimat.

Juli 2012

 

St. Laurentius-Kapelle in Lomnitz, Bez. Posen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Baurat Wilke, Meseritz - Veröffentl. 1909)
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Der Altar, rechts hinter der Säule erkennbar die Statue des St. Laurentius – Eigenaufn. 2011

Unter dem Titel „Die Holzkirche zu Lomnica“ (http://oledry.pl/de/ die-holzkirche-zu-lomnica) hatte Herr Alexander Schmidt-Klahr im letzten Jahr eine Beschreibung zu dieser kleinen Holzkapelle in Lomnica zur Veröffentlichung eingereicht.

Durch den von Herrn Baurat Wilke aus Meseritz im Jahre 1909 veröffentlichten Artikel werden einige weitere Einzelheiten über dieses heute noch erhaltene Kirchlein, welches seit letztem Jahr restauriert wird,  ergänzt.

* * *

[1.129]

Auf der Turmspitze der in die Ferne schauende Engel – Eigenaufn. 2011

Etwa eine Meile nordöstlich von Bentschen liegt, von Waldungen reich umgeben, das Dorf Lomnitz mit einem Kirchlein besonderer Art. Während in diesem westlichen Teile der Provinz Posen und in den benachbarten Orten Brandenburg hauptsächlich nur langschiffige Kirchen vorhanden sind, zeigt die vorliegende eine achteckige Grundform mit vier sich anschließenden Seitenflügeln. Der östliche Flügel stellt den Altarraum nebst der Sakristei dar, der westliche bildte den, von zwei äußeren Säulen getragenen Vorbau, die beiden anderen dagegen können als Seitenschiffe angesehen werden.

Der westliche Vorbau enthält die Treppe zur Orgelbühne, deren durch zwei Säulen unterstützte Fußboden 2,6 m über demjenigen der Kirche liegt, und von welchem aus ein Zugang zum Dachraum nebst dem achteckigen Aufbau vorhanden ist.

[1.130]

Darstellung der Bauweise – Bilder aus der Originalveröffentlichung 1909

Der geschickten Hand des Meisters Johann Adam Karch aus Blesen, einer kleinen Stadt des Kreises Schwerin a.W., welche bis auf den heutigen Tag Tüchtiges im Zimmergewerke geleistet hat, verdanken wir den eigenartigen, im Jahre 1770 entstandenen Bau, welcher bis auf die Feldsteingrundmauer in Schurzholz hergestellt ist. Mit glatten, bemalten Brettern ist das Innere, mit überdeckten, lotrecht stehenden das Äußere bekleidet. Das früher mit Schindeln  gedeckte Dach zeigt jetzt deutschen Schiefer. Den kuppelförmigen Aufbau tragen die im Inneren der Kirche befindlichen vier Säulen und zwar mittels der Rähme gg (siehe die Abb.), sowie der beiden Sprengwerke hh. Letztere unterstützen die zur Laterne gehörigen Schwellen.

Die wie Anten gebildeten Ecken des Inneren sind mit feingeschnitzten Kapitellen versehen. Den Altar umgibt ein in zarten Renaissanceformen gehaltener Rahmen. Der Kanzel ist die Form eines Schiffes mit Mast, Segel, Wimpel nebst Netzt mit reichlich gefangenen Fischen gegeben. Infolge der reichen Lichtzuführung gewähren die in satten Farben dargestellten Bilder der Inneren Kuppel einen wirkungsvollen Eindruck.

[1.131]

Ruhestätte der Familie Opitz – Eigenaufn. 2011

Die Gemälde entnehmen ihren Inhalt aus der Heiligen Schrift. Eins dieser Bilder stellt den heiligen Laurentius mit dem Roste dar, auf welchem er den Feuertod fand. Diesem Heiligen ist das Gotteshaus geweiht.

Die unter der Kirche befindliche Gruft birgt die sterblichen Überreste der Vorbesitzerin des Gutes Lomnitz, Frau v. Bronikowska geb. v. Garczynska, deren Großvater Eduard v. Garczynski 1770 den Bau gründete, sowie diejenigen der Eltern und Geschwister des jetzigen Gutsherrn und Patrons, des Rittergutsbesitzers Opitz, welcher sich der Kirche stets sehr liebevoll angenommen hat.

* * *

Quelle:  Ostdeutsche Bau-Zeitung – Breslau, den 10. November 1909, Verlag: Paul Steinke, – veröffentlicht unter: http://www.dbc.wroc.pl/dlibra

 

[1.132]

Die St. Laurentius Kapelle – Eigenaufn. 2010

[1.133]

Zeitungsbild aus der Original Veröffentlichung 1909

Grabsteinfund auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Przylek/Scherlanke

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii,Scherlanke | Kommentare sind deaktiviert
[340]

Gedächtniskreuz auf dem ehemaligen Friedhof – Eigenaufn.

Grabsteine in früherer Zeit trugen im Gebiet des Tomischler Haulandes oft auf ihrer Rückseite einen Erinnerungs- oder Bibelspruch. Auf der Vorderseite, dem Grab zugewandt, befanden sich, wenn die Inschriften nicht direkt eingemeißelt waren, die Daten der Beerdigten auf einer dicken Glasplatte, die fest mit dem Stein verbunden gewesen waren.

Viele Steine, umgestoßen oder auch durch ihr Alter einfach umgestürzt, wurden mit den Erinnerungs- oder Bibelsprüchen auf den noch vorhandenen Arealen der ehemaligen Friedhöfe nach oben zeigend aufgefunden. Um festzustellen, wem hier einmal ein letztes Gedenken gegolten hat, mußten sie umgedreht werden. Dieses Umdrehen klingt einfach; nur – es ist nicht zu vergessen, dass die Steine ein erhebliches Gewicht haben, oft tief in die Erde eingesunken sind und die Vegetation sie nach den vielen Jahren fest am Boden hält.  Wenn dann nach mühevollem Ausgraben und Heben des Steines keine Inschrift mehr vorgefunden wird, war die Mühe vergeblich und es bleibt unbekannt, wer an dieser Stelle seine letzte Ruhestätte gefunden hatte.

Ein ungewöhnlicher Fund auf dem ehemaligen evangelischen Friedhofsgelände in Przyłęk/Scherlanke [1.134] wurde im Mai 2011 katalogisiert.

* * *

Bis zum Mai 2011 hieß es, das auf dem Areal des einstigen evangelischen Friedhofes, der direkt an der Straße von Nowy Tomysl in Richtung der Autobahn zwischen den Tankstellen BP und Statoil gelegen ist, kein Grabmal mehr erhalten sei.

Auf dem Gelände von Przylek/Scherlanke wurden jedoch entgegen dieser Aussage beim Durchstreifen des Unterholzes zwei  große, tief in die Erde eingesunkene Grabsteine entdeckt. Sie waren vollständig unter altem Laub und Geäst verborgen und reichlich mit Moos überwuchert. Kein Besucher hatte sie bis dahin gefunden und auch bei Rodungsarbeiten auf dem Gelände waren sie nicht aufgefallen.

Beim Auffinden lagen die beiden Steine mit den Gedenksprüchen nach oben. Es war zu Beginn der Freilegung nicht klar, ob noch Inschriften oder etwaige Grabplatten erhalten sein würden. Diesesmal wurde die Arbeit mit Erfolg belohnt.

[1.135]

Grabstein mit erhaltener Glasplatte mit Inschriften für die hier beerdigten Eheleute Fritsch-Fiege – Eigenaufn.

Die Inschrift des ersten Steines, dessen dicke aus schwarzem Glas bestehende Grabplatte nahezu unbeschädigt war, lautet:

Von der Grabstätte als solches war nichts mehr erkennbar, nur dieser über 100 Jahre alte Stein, weist daraufhin, das die Eheleute Fritsch – Fiege hier einmal von ihren Angehörigen ein letztes Gedenken erhalten hatten.

* * *

[1.136]

Grabstein der Eheleute Knoll-Weber – Eigenaufn.

Der Sockel des zweiten Grabsteines mit der lesbaren Inschrift „ges … 1924“ stand deutlich sichtbar auf dem Gelände; nur der abgebrochene Grabstein als solches galt als nicht mehr existent. Dieser Grabstein war nun der zweite Fund. Bei ihm fand sich folgende direkt in den Stein gemeißelt Inschrift:

Somit ist dieser Stein sogar nochmals 10 Jahre älter als der Erstere.

[1.137]

Sockel des Grabsteines der Familie Knoll-Weber – Eigenaufn.

Nach jetzigem Stand der Katalogisierung der noch erhaltenen Grabsteine der ehemaligen evangelischen Friedhöfe, sind diese beiden Funde, die Einzigen, die im Gebiet der direkt an die die Stadt Nowy Tomysl/Neutomischel angrenzenden Nachbargemeinden gemacht wurden.

Was weiter mit ihnen geschehen wird – ein Gedanke ist, sie als Zeichen der Erinnerung wieder aufzurichten – ist noch nicht entschieden. Es hat sich bis heute auch noch niemand gefunden, der etwas über die beiden Familien hätte erzählen können; oder vielleicht etwas über noch lebende Nachkommen weiß.

Motorradunfall in Nowy Tomysl / Neutomischel – 1939

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung PM/GT - Erzählung: Arno Kraft)
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[1.138]Unfallmeldung in der Orędownik na powiaty Nowy Tomyśl, Wolsztyn i Międzychód vom 13.07.1939 / No. 76 (digitialisiert zu finden unter: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/docmetadata?id=185167 [1.139]) findet sich folgender Unfallbericht:

Zwei Motoradunfälle. Am vorigen Sonnabend, dem 08.07.1939 ereignete sich um 20 Uhr auf der Bolewitzer Chaussee ein Unfall unter Beteiligung von 2 Motorrädern. Die Fahrer waren Herr Bukalski und Herr Bederke. Der Zusammenstoß beider Fahrzeuge war heftig, Herr Budalski erlitt starke Verletzungen; Herr Bederke hingegen kam ohne weiteren Schaden  davon.

Der zweite Unfall ereignete sich auf dem  Marsch. Piłsudski Platz (Neuer Markt, heute Niepodległości Platz). Der Sohn (Arno Helmut Bruno geb. 1922) des hiesigen Kaufmannes Herrn (Albert Bruno) Kraft ist während des Umfahren des Platzes aus unbekannten Umständen von der Fahrbahn abgekommen und in das Schaufenster des Kaufmanns Herr Müller (so gen. Eisen-Müller) gefahren, wobei die Schaufensterscheibe zu Bruch ging. Der Junge  hat  glücklicherweise nur leichte Kratzer davon getragen.

* * *

[1.140]

Unfallbericht - Quelle: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/docmetadata?id=185167 / Seite 3

Herr Kraft erinnert sich an den nunmehr 73 Jahren zurückliegenden Vorfall wie folgt:

Ich hatte kurz vor den Sommerferien in Posen meine Fahrerlaubnis bekommen, also im 17. Lebensjahr! – Organisiert war der Fahrkursus von meiner Schule,  dem Schiller Gymnasium.

Der Unfall hatte sich meines Erachtens an einem Sonntag ereignet.

Ein Angestellter meines Vaters mit Namen Gerhard Abraham, der in Wonsowo beheimatet war, hatte sich 1939 ein leichtes Motorrad gekauft, um öfters nach Hause fahren zu können.

An diesem Sonntag-Nachmittag war er gerade aus Wonsowo zurückgekommen und sagte zu mir: „Du hast nun den Führerschein für das Auto gemacht; willst Du nun mal mit meinem Motorrad durch die Stadt fahren, heute haben wir ja kaum Verkehr hier. Ich erkläre Dir die Handgriffe, die Du an meinem Motorrad zu tätigen hast und Du wirst schnell begreifen, was Du beim Fahren mit dem Motorrad tun musst!“

Ich fuhr danach gleich los. Es handelte sich bei seinem Rad wohl um eines der Marke NSU mit etwas unter 250 cm³ Hubraum also ca. 6 PS Motorleistung, für das man damals keinen Führerschein haben musste.

Ich fuhr durch die neue Straße an der Szarke, heute Tysiaslesia, Witosa (Parkstr.), Pilsudskiego (Bahnhofstr.), Pl. Chopin (Alter Markt), Mickiewicza (Goldstr.) und schräg über den Pl. Niepodleglosci (Neuer Markt), der damals noch gänzlich gepflastert war mit einer Geschwindigkeit von 30-40 Stundenkilometern, um vor unserer Haustür abzusteigen, wie ich es mit meinem Fahrrad gewohnt war.

Als ich vor unserer Einfahrt auf dem Bürgersteig angelangt war, kamen plötzlich kleine Kinder aus unserer Haustür und ich lenkte sofort nach links. Dabei streifte die breite Lenkstange Müllers rechtes Schaufenster und die Scheibe zerbracht und verletzte meinen rechten Oberarm. Der diensthabende Arzt war Dr. Janiszewski in der Villa gegenüber des Endes der Ul. Witosa an der Bahnhofstraße, der mich dann am Arm verband.

Das waren die „unbekannten Umstände“ meines Unfalls und ich hatte Glück, dass der Oberteil der Scheibe im Rahmen festhielt und nicht auf mich herabfiel. – Das hätte schlimm ausgehen können!“

[1.141]

Der Unfallort, linker Hand die Schaufensterscheibe - Aufn.PM 2010

Ganz zum Schluß möchte ich noch bemerken: Zum Zeitpunkt des Unfalls saßen mein Vater und Herr Müller vor dem Haus des Herrn Müller auf einer Bank; nur wenige Meter von der zerstörten Schaufensterscheibe entfernt. Mein Vater kam später auch noch für den Schaden auf.

August Foltynski, Lehrer – geb. 1813

geschrieben von Gudrun Tabbert
(August Foltynski (gesch. 1863))
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Der Personalbogen des August Foltynski findet sich in der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung.

Er wurde am 15. Februar 1813 zu Komorowo Hauland geboren. Seine Eltern waren der Herr Johann Wilhelm Foltynski (auch Foltinsky geschrieben) und dessen Ehefrau Friederike Wilhelmine Caroline geb. Mayling. Der Vater wird in Kirchenbuchaufzeichnungen als Oberförster zu Komorowo Hauland und als Wirtschaftskommissarius zu Wiosker Hauland genannt.

[1.142]

Kopie 1ste Seite Personalbogen - Quelle: http://bbf.dipf.de/kataloge/archivdatenbank/digiakt.pl?id=p95366

Im Personalbogen gab er an, dass er das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium zu Berlin besuchte und von diesem sein Maturitätszeugnis zum 15. März 1834 erhalten hatte.

Lt. den Schulbüchern hatte er diese Anstalt 6 Jahre im Gymnasiums Bereich besucht und anschließend 1 ¾ Jahre die Primo-Stufe; Ostern 1834 als er sein Abschlusszeugnis erhalten hatte, war er gerade 20 Jahre alt. Sein Wunsch war zu diesem Zeitpunkt gewesen Theologie und Philologie in Berlin zu studieren.

1838 erhielt er in Berlin sein Zeugnis der Lehramtsprüfung. Sein Probejahr leistete er von Michaelis 1838 bis 1839 am Grauen Kloster zu Berlin; wo er im Anschluss noch ein weiteres Jahr verblieb. Danach wechselte er nach Jena, wo er 1840 seine Promotion ablegte.

Er erlangte die Lehrbestätigung

Zum 01. Oktober 1840 fand er eine Anstellung als Subrektor an der höheren Bürgerschule in Landsberg an der Warthe. Zu Michaelis 1859 wechselte er dann an das neu errichtete Gymnasium Landsberg a/W. über und wurde dort mit einem Gehalt von jährlich 3.900,00 Mark als V. Oberlehrer beschäftigt.

Mit dem 01. April 1883 wurde er, inzwischen 70zig-jährig und nach annähernd 45 Jahren Tätigkeit als Lehrer, pensioniert.

* * *

Quellenangabe für Daten und Bild:

Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (http://bbf.dipf.de [1.143]).

„Die Pospischill“ – „Kairi la Blanche“ oder Theophila Szterke (1864 – 1888/89)

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert

Die als Theophila Szterke am 14. Oktober 1864 in Grätz, Provinz Posen geborene und unter dem Künstlernamen“ Olga Pospischill“ auftretende Luftgymnastikerin zeichnete sich durch hervorragende Kunstflugstaffel Darbietungen aus. Das atemberaubende Zusammenspiel von Können und Kraft in der Luft begeisterte schon immer die Zirkus- und Varieté-Besucher.

Es ist heute nur noch wenig über die Zirkusse vergangener Zeiten zu finden. Und um einige Erzählungen aus der „Welt des Scheins“ ranken sich die Legenden. So auch um den Tod der „Pospischill“.

[1.144]

Luftakrobatik - Quelle: http://www.circushistory.org/Bandwagon/bw-1965Sep.htm

[1.145]

Die Freundinnen: l. Miss Lala - Olga die Mulattin und r. Miss Pospischill - Kaira la Blanche / Quelle: http://www.fscclub.com/history/iron-e.shtml

Eine Erzählung ist folgende: In jener Zeit (um 1885) galt der „Dreifache Salto“ als die artistische Herausforderung. Ein Athlet mit dem Künstlernamen „Amor“ habe diesen riskanten Sprung im Jahr 1860 zwar erfolgreich abgeschlossen, ihn danach aber nie wieder ausgeführt, da ihm dieses Kunststück nur ganz knapp gelungen sein soll. Es hatte dann noch 4 weitere Versuche männlicher Artisten gegeben, die leider alle tödlich endeten. Ein fünfter Versuch wurde durch die „Pospischill“ unternommen. Als der Zirkus Wulf am 21. Juni 1888 in Barmen gastierte kam es bei diesem dann zum tödlichen Unfall. Die „Kaira la Blanche“ wie ein weiterer Künstlername von ihr gelautet haben soll, schaffte den Sprung nicht, und stürzte ab, wobei sie das rettende Netz verfehlte. Sie soll „krachend“ zu Boden gefallen sein. Es heißt, dass sie den Absturz 5 Tage unter schlimmsten Schmerzen überlebte, ehe der Tod sie erlöste.

Ein weiterer Bericht im „La merveilleuse histoire du cirque“ von Henry Thétard berichtet über den Vorfall viel nüchterner: „Der tödliche Unfall ereignete sich in Barmen, Deutschland, am 21. Juni 1889, am Ende einer Trainingseinheit. Olga war bereit für ihren letzten Sprung ins Netz, aber als sie die Plattform verließ, verfing sich ihr Kostüm auf dem Trapez an einem Haken. Das Kostüm zerriss natürlich, aber der Ruck brachte sie aus dem Gleichgewicht. Als sie erkannte, dass sie im Begriff war, mit dem Gesicht zuerst im Netz zu landen, senkte sie zwar noch instinktiv den Kopf – aber es war zu spät, ihre Wirbelsäule war durch den unkontrollierten Aufprall gebrochen. Sie starb drei Tage später, bei vollem Bewusstsein und ohne zu leiden. “

* * *

Leider haben wir weder den Geburtseintrag in Grätz aus dem Jahre 1864 finden können, noch Berichte, die genauer darüber Aufschluss geben, ob sich der Unfall im Jahre 1888 oder 1889 ereignete. Sollte einer unserer Leser weitere Daten haben oder vielleicht mehr über die Theophila Szterke, die in ihrer Zeit sicherlich als ungewöhnliche Frau gegolten hat, und nur 24 Jahre alt wurde, wissen, so würden wir uns freuen, wenn dieser Artikel um diese bzw. dieses ergänzt werden könnte.

* * *

Quellen:

Schulzenurteil 1706 am Fronleichnamstag

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Schulmeister Sigemund / Transkription Gudrun Tabbert)
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[1.146]

Kopie des Urteils aus dem Jahr 1706, Quelle: Staatsarchiv in Poznan, Dokumenty wiejskie (Landdokumenten) sign. 369 http://szukajwarchiwach.pl/53/973/0/-

Der Schulze oder die Gemeinschaft der Dorfschulzen wurde bzw. wurden von der Gemeinde als deren Vertreter gegenüber dem Grundherrn gewählt. Sie sorgten für die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen der Siedler gegenüber dem Grundherrn. Ebenso waren sie als gewählte Vertreter der Kolonisten für die „kleineren“ Rechtsprechungen innerhalb der Gemeinde zuständig.

Im Jahr 1706 am Fronleichnamstag (03. Juni) wurde  über eine solche Rechtsprechung aus dem Dorf Zinskowo/Sekowo berichtet:

Wier Schultze undt gerichten dieses ohrts geben durch dießes zu vernehmen, Wir daß Wir in erfahrung kommen, daß uns Jackob Friedenberger Einwohner in Paproc, nicht allein unß Scholtzen und gerichten nebst dero Gantzen gemein anderßwo mit diafandischen schme und schimpflichen Wortten wehre angefallen worden, weil wir aber solches durch gewieße Zeugen erfahrn, so haben wir solches nicht dulden und leiden können, und von ihm , scholtzen und gerichten nebst der gantzen Gemeine solchen schimpf behalten sollen, so ist also  Gedachter Jackob Friedenberck bej dem Scholtze in Paproc gefordert worden, auff Klage und Antwort.“

Es wird schriftlich festgehalten, dass den Dorfschulzen zugetragen wurde, dass der in der Zuständigkeit von Paprotsch wohnhafte Jackob Friedenberger, die Schulzen und die ganze Gemeinde Zinskowo mit Schmäh- und Schimpfworten belegt habe. Es kann vermutet werden, Einzelheiten sind keine angegeben, dass es doch wohl eine heftigere Form gewesen sein muss, denn da die Befürchtung bestand, den guten Rufe der Ansiedlung auf Dauer zu schädigen, wurde Klage in Paprotsch/Paproc anberaumt.

„Weil aber gedachter Jackob Friedeb. unß Scholtzen und gerichten nebst der gantzen gemeine nichts un Ehrliches überbringen und erweißen kann, sondern vielmehr sagen müßen daß er ihm nichts den alleß Liebeß und gutteß nach zu sagen weiß, so ist er zur gebührlichen Straffe gezogen worden, und alßo unß Scholtze und gerichten auch andern theilß Scholtze und gerichten ein ehrliches Atestation er teilen müßen zu bezeugniß ihrer Ehre und ihres Ehrlichen verhaltenß halber sollte auch einer oder der andre an unß Scholtzen und gerichten solcheß definiren.

Die Einvernahme des Jackob Friedeb. ergab lediglich, dass dieser nur „Liebes und Gutes“ auszusagen wusste. Um der Ehre und Ehrlichkeit der Dorfschulzen und der Gemeinde wieder herzustellen und um zu unterstreichen, dass unrichtige Aussagen nicht geduldet werden würden, wurde eine „gebührliche“ Strafe verhängt. Aus dem Dokument ist nichts über das Strafmaß zu erfahren.

„Und daß weiter un Einikeit daraus entstehen sollte, so sol solcheß an dem selben mit doppelter Straffe gesichtet werden so gegeben dem Schultzen und gerichten nebst daro gantzen gemeine. Am fron Leichmanß Tage im Jahre Christi Sinco wä Anno 1706“

Scheinbar war es zu größeren Differenzen unter den Bewohnern durch die Aussagen des Jackob Friedenberger gekommen. Um solchem zukünftig vorzubeugen bzw. um solche Verleumdungen von herein zu unterbinden, wird geurteilt, dass ein Nachahmer mit der doppelten Strafen zu belegen sei als der Verurteilte sie erhielt. Eine Vermutung wäre, dass die Strafe nicht ganz unerheblich gewesen ist – das eine Verdopplung dieser jedoch jede Wiederholung  von vornherein ausschloss.

Unterzeichnet ist dieser Bericht von den Schulzen

gesiegelt durch

Sigemund

Schul meiß

Ein Grätzer Pestbericht aus dem 17. Jahrhundert

geschrieben von Gudrun Tabbert
(H. Ehrenberg (1886))
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[1.147]

Pest-Arzt um 1720 - Quelle: http://commons.wikimedia.org /wiki/File:Beak_Doctor_ 1720.jpg?uselang=de

H. Ehrenberg beginnt seinen Artikel mit den Worten: Es ist bekannt, wie schwer Polen während des 16., 17. und 18. Jahrhunderts von der Pest heimgesucht wurde; zahlreiche Urkunden und sonstige schriftliche Nachrichten belehren uns, wie tief in alle bürgerlichen Verhältnisse das Wüten dieser unheimlichen Krankheit eingriff. Ein ganz eigenartiger Bericht über dieselbe fand sich vor Kurzem auf einem einzelnen losen Blatte in dem jetzt im Posener Staatsarchiv verwahrten Grätzer Archive. Er bietet eine so rührende und ergreifende Schilderung der durch die Pest verursachten Not, dass seine Veröffentlichung unseren Lesern sicherlich willkommen sein wird. Der Bericht lieg zwar nur in Abschrift vor und die Abschrift ist ziemlich neu (so die Betrachtung im Jahr 1886) – Papiere und Schrift weisen auf unser Jahrhundert – aber sie bietet, nach den vielen sorgfältig angebrachten Verbesserungen zu schließen, doch eine genaue Wiedergabe der ursprünglichen Niederschrift dar. Anscheinend war diese Abschrift für den Druck bestimmt, da der Abschreiber auch eine Überschrift und Anmerkungen, die freilich nur zum kleineren Teil brauchbar sind, hinzugefügt hat.

Aber nirgends hat sich bisher ein Druck des Berichts finden lassen. Der Verfasser ist unbekannt; er schrieb den Bericht, wie aus demselben hervorgeht und wie man trotz des im Anfange vorkommenden Wortes „heuer“ annehmen muss, nach dem Jahre 1638 nieder, mindestens zwölf Jahre nach dem von ihm vorzugsweise geschilderten Ereignis; seine Angaben erweisen sich jedoch, so weit diese sich feststellen lässt, als durchaus zuverlässig. Leider sind die Vogtsbücher, auf die er sich bezieht, nicht mehr vorhanden, die Hauptquelle ist also erloschen, und wir sind darum mehr auf beiläufige anderweite Bemerkungen angewiesen. Dass in den Jahren 1626 und 1627 in der Tat die Pest in Grätz gewütet hat, ergibt sich aus mehreren Eintragungen in ein Zinszahlungsbuch (Liber solutionis censuum sacerdotibus etc. Dep. Grätz Nr. 34(, wo es heißt, dass der Betreffende den Zins nicht habe zahlen können, weil er kurz zuvor an der Pest (peste grassante) gestorben sei o.ä. Desweiteren wird uns aus Trau-, Tauf- und anderen Büchern bewiesen, dass Johannes Gladisch in der Tat sowohl 1626/7 wie 1638 Rathsmann bzw. Bürgermeister war. Auch die übrigen Persönlichkeiten, die der Bericht erwähnt, lassen sich anderweitig nachweisen.

Dass der Verfasser ein Deutscher war, darf weiter nicht Wunder nehmen, da die Zahl der deutschen Bewohner von Grätz damals eine sehr große war. Um nur einige Belege hierfür anzuführen, sei eine Grätzer Chronik aus dem 17. Jahrhundert erwähnt (Staatsarchiv Posen, Dep. Pf. Grätz 31 I. Bl. 1 f.), aus welcher wiederholt hervorgeht, dass dort deutsch gepredigt wurde und es der Deutschen so viele gab (populo germanorum ibidem numerose congregato), sowie ferner die Tatsache, dass in den Grätzer Trau- und Taufbüchern jener Zeit öfters Prediger für die Deutschen (concionator Germanorum) erwähnt werden; es ist auch bemerkenswert, dass die beiden einzigen älteren Inschriften, die der Verfasser in dieser Stadt hat finden können (an einer steinernen Grabplatte in der Kirche und an einem Denkstein südwestlich von der Kirche) in deutscher Sprache abgefasst sind.

Der Abschreiber hat als Überschrift gewählt: „Alte Urkunden der Stadt Grätz. Ein Bürgermeister vom Pestjahr 1627. Nach geschriebenen Quellen“, und der Bericht selbst lautet dann, wie folgt.

„Solch Gejünse (1) ist seit der ältesten Menschen Gedenken nicht gehöret worden weder zu Grätz, noch auch in den gesammten polnischen Landen, als wie heuer geschahe durch die Schickung des gerechten Gottes, dessen Zorn wir wohl verdienet haben. Mag durch gräulicher Menschen Zauberein angethan sein, so über Land herummarodieren; doch lasse ich Männiglich in seien Würden, dieweil ich Niemand nit verleumden mag. Hat sich eine Pestilenz in der Stadt eingenistet, derohalben sich Niemand mehr sicher hielt in seiner Hütten vor Ansteckung und schwarzem Tod. Im Brachmonde kam es aber gar toll, von wegen dessen, dass niemand das Land bestellen möchte, das Korn aber auf dem Felde von denen Vögeln verfressen worden oder im Dreck elendiglich umbkam. Wannehero ein grausiger Hunger enstund, selich (2) aber der Pestilenz frisch Oel in die Flammen geschüttet. Mein Herr Jesu! War das eine Noth!

Ich war mit meinem Töchterlein Anna und mit dem Ehrn (3) Martino von der Spittelskirch ad sanctum Spiritum (4), nachdem wir in einem brünstigen Gebet die Stadt dem Herrn empfohlen , nach dem Walde bei Zdrojewirka (5) (!) geschlichen, wo wir ein Loch einer Höhlen gleich von Brummelbeeren und Knirkbusch (6) verrancket, ausersehn, da wir den Rest unserer Vorräthe in Gewahr ließen. Sind sechs Brode gewest und ein Hammel gesalzen, item ein geräuchert Speckschwaden, item zwo Stockfische, item ein viert Backäpfel, zwo Steine Krakauer Salz, tandem zwo Sack Korn, wie auch ein Tönnchen Branntwein nit zu vergessen. Da wir aber am Morgen vom Laublager aufstunden, das Pater und den Angelus gebetet, auch wohl an die zwene Stunden in und um der Höhlen uns gelagert, rannten eine ganze Schaar Volk, alte Greise und Weibsvolk mit Kindern bei Seufzen und Weinen zu uns in die Herberg, und kamen die kleinen Würmer mit ausgestrckten Händeleins angelaufen und schnurrten (7) und schrieen den Pater auf polnisch an: chleba! chleba! (8) Da mich solch groß Leid billig bejammerte, mochte Ehr Martino nit wehren, daß er alles Brod mit sammt dem Fleisch und die Fische gekocht, wie auch das Backobst, so vorräthig, unter die Hungerigen vertheilete. Ist uns am ersten Tag unserer Waldwohnung das Korn nur verblieben und der Brandwein, so hinter dem Laub geborgen lag.

[1.148]

Tanz des Todes - Holbein-death - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Holbein-death.png?uselang=de

Blieben auch da nicht von der Pest frei, denn uns nach kamen viel Volk aus der Stadt, mögen wohl an tausend Seel also ausgewandert sein. Starben im Walde jedweden Tag an 10, auch wohl mehr Leut vor Hunger und Pest, die elenden Leichname aber hatte Pater Martinus je Morgens mit gemeinem Geschrei beerdigt (merke allwo das Kreuz am Walde unter der großen Eiche stehet, seiend die Meisten begraben). So aber diese unsere Noth Domino Consuli Johanni Gladysch (9) zu Ohren kam, eilte er aus der Stadt herüber zu uns und erschracke nit wenig darob, angesehen wir quineten (10) und für den leidigen Hunger wie ein Schatten vergingen, alle insgesammt blaß wie ein Laken. Barmherziger Gott, das war dein Engel vom Himmel!

Enstund dahero eine große Freud in der Menge, denn Dominus Consul brachte von Sr. Hochgeboren dem Herrn Wojwoden zwölf große Leib Brod, hat just jeder an die 40 Pfund gewogen, und eine Kuh geschlachtet zur Atzung. War wenig gewest für Alle. Als aber Pater Martinus das Oculi Omnium gebetet und all dieses zu theilen begunnte, da hatte Männiglich nahe fast genug. Mag gewachsen sein unter der Hand, wie die Brode sammt den Fischleins dem Herren in der Wüste. Nunmehro ist Muth in die Leut gefahren, denn Dominus Consul kam also täglich gen Mittag zu uns und brachte verschiedenerlei Essen vom Hofe, daß wir nicht vor Hunger zu sterben gemußt. Gott lohns dem ehrlichen Mann!

Hatt auch in der Stadt ebenso überall Nachfrage gehalten um reich und arm, daß Männiglich befürsorgt werde im Leben und im Tod. Ist selbst der herumgegangen zu visitiren die Kranken und daß die Leichnahme exportirte würden Stund für Stund, nicht wartend auf die Stadtbüttel, sonder in persona. Sintemal und alldieweil nämlich er selbsten nicht hätte Alles schaffen können, hat ihme der ehrbare Herr Steffen der Apothecarius (11), so ehedem selbsten Consul gewest, mildiglich geholfen und auch wol die Hälfte seiner Hab unter die Armen spendiret. So aber Dominus Consul in ein Haus kame, da heulten alle Leut für Freuden, wie sonsten für Jammer, und die Kindeleien tanzeten in der Stuben, wie ein junge Rehe, und also that es auch mein Töchterlein Anna im Walde; da sie aber schwach war, untersagte ich ihr solchen Fürwitz, anerwogen dies auch hieße den Herrn versuchen, zumalen ja sowohl Pestilenz als auch Hungersnoth unaufhaltsam unter uns hasete. So gratiosa aber ist gottesfürchtiger Menschen Impression auf das Herz derer, die da Noth leiden. Hat doch Dominus Consul Johannes Gladysz für das Amt keine Löhnung bezogen, sondern ist von ehrbarer Bürgerschaft zu 6 Jahr erwählet worden Ehren halber, wie es hierorts landesüblich Brauch war seit Menschen Angedenken.

Ist aber Herr Johannes Gladysch wohl an 12 Jahren Consul ohne Intermission gewest. Denn obwohl die Seuche balde cassiret, und es nunmehro eine Zeit lang mit der Hungersnoth geruhlich worden, hat doch die Gemein ob großer Furcht, da der Krieg mit denen Schweden annoch im Nachbarslande wüthete, die Pestilenz möge heimkehren, denselben abermals erwählet und durch mächtiger Männer Fursprach selig zum Amte contendiret. Als er aber Anno 1638 am Tage Laurentii (12) das zweite Sexennium beendigt und calculum legte der Stadt vor dem Rathe und denen Zunftältesten, da kamen Obrigkeit und Bürger auf das Rathhaus, um Domino Consuli Dank zu bringen; dannenhero Männiglich wohl wissen kunnte, daß wir alle sammt hätten mögen im Walde und in der Stadt zu Tode hungern und in der Pestilenz jämmerlich umbkommen, wenn der allbarmherzige, auch der allbarmherzige Gott uns nit auf diese Weiß durch solch einen Consul so grundgütig bedacht und gesegnet hätte.

Es saßen aber im Rathe zu jener Zeit Steffen, der Apotecarius, auch Pharmacopola benamset, item Johannes Slatala (13) item Simon Straschygost (14), item Franz, der Cantor, item Johannes Ogrodnik (15). Waren auch zugegen gewest, wie all dieses in den libris advocatialibus des Rathes und der Schöffen zu kommender Menschen ewiglichem Andenken verzeichnet zu lesen stehet, andere Bürger mehr, wie auch ich selbsten, fürnehmlich aber unser gnädige Herre, Herre Wojwode Johannes Opalenski, item sein Commissarius, der Hochwohlgeborene Herr Samuel Trach Gninski (16), item Ehr Paulus Cyranus, Decanus von Grätz. Mein Pater Martinus aber von der Spittelskirche, der treue Freund in allen Nöthen, der ist in der Pestilenz doch umbgekommen. Ist wohl der letzte gewest von denen, die da an der Seuche starben. Gott gebe ihm die ewige Ruhe, hat auch allwie ein redlicher Vater die Gemein befürsorget in Noth.“

* * *

 * * *

Quelle: Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen – 1886 – digitalisiert veröffentlicht unter http://archive.org/details/zeitschrift03bromgoog

Münzfund von Konkolewo – 1886

geschrieben von Gudrun Tabbert
(R. Prümers (1886))
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[1.149]

Albrecht und Isabelle – Quelle: http://www.nbbmuseum. be/de/2006/09/antwerp-double-ducaton.htm

Ab und an hört man immer wieder von vergrabenen Schätzen, die durch Zufall gehoben wurden. Hier berichtete Rodgers Prümers über einen solchen Fund in Konkolewo. Leider ist es die einzigste Erwähnung über diese Begebenheit. Es wurde versucht zu recherchieren um welches Anwesen es sich gehandelt haben könnte und wer vielleicht der eigentliche „Schatzbesitzer“ gewesen sein mag. Nur, es war kein Michael Preuß, der in Konkolewo ansässig gewesen ist bis zur Veröffentlichung dieses Artikels zu ermitteln gewesen. Und auch die vage Beschreibung der als „recht wohlhabenden Leute“ genannten, früheren Bewohner des Anwesens, reichte nicht aus um Konkreteres zu finden.

* * *

Im Herbst 1886 brannte das Wohnhaus des Hauländers Michael Preuß in Konkolewo, Kreis Buk, nieder, wobei ein vor dem Hause stehender Birnbaum derart beschädigt wurde, dass er ausgerodet werden musste. Unter demselben nun fand sich ein kleiner Topf mit einer silbernen Kette und einer großen Anzahl von Silbermünzen. Der Finder versuchte seinen Schatz in Posen bei einem Goldarbeiter zu verwerten, wurde jedoch von letzterem, da der Fund noch nicht amtlich gemeldet war, der Polizei zugeführt, die mit dankenswerter Zuvorkommenheit unsere Gesellschaft benachrichtigte. Da zugleich auch ein Schreiben des Herrn Rektors Strödicke aus Neutomischel über diese Angelegenheit einlief, so sah sich der Vorstand der Gesellschaft veranlasst, der Sache näher zu treten, um eventuell Kette und Münzen für die Sammlungen zu erwerben. Diese Bemühungen waren denn auch von Erfolgt gekrönt und gingen die erwähnten Stücke für einen angemessenen Preis in den Besitz der Gesellschaft über.

Die Kette hat eine Länge von 1,17 Meter und ein Gewicht von 355 Gramm. Sie ist aus 12 gegossenen Medaillons und 66 kleineren gegossenen Mittelstücken, welche durch doppelte geschmiedete Ringe miteinander verbunden sind. Sie endigt in einer Oese und einem verzierten kräftigen Haken. Außerdem befindet sich an ihr ein abwärts hängender Ringe, vielleicht zum Befestigen einer Hieb- oder Stichwaffe. Die Länge der Kette würde dem Körperumfange eines kräftig gebauten Mannes entsprechen.

Unter den Münzen sind vertreten:

1. Spanien und die Spanischen Niederlande

Erzherzog Albrecht und Elisabeth: 5 Thaler und 1 Gulden – HS: Albertus Et Elisabet Dei Gratia + RS: Archid. Aust. Duces Burg. et Co. FL oder Fla., Archid. Aust. Duces Burg Brab. etc. oder Et Brab. Archid. Aus. Duces Burg. Dom Tor. etc. aus den Jahren 1617,1619, 162(?).

König Philipp IV.: 24 Thaler. HS: Phil III D.G. Hisp. Et. Judiar. Rex. RS: Archid Aust. Dux. Burg. Brab. etc. Archid. Aust. Dux et Com. Burg. etc. Archid. Aust. Dux Burg. Dom. Tor. (oder Torn) etc. Archid. Aust. Dux Burg. Co. Flan. Etc. aus den Jahren 1622,1623,1624,1626,1631,1632,1634,1636 (3), 1637,1645,1652,1653,1654 (2),1656 (5), 1656 (5),1657

 

Polnische Muenzen von Koenig Johann Kasimir. - Quelle: http://geneal.lemmel.at/TimpfeMunzmeister.html [1.150]

Polnische Muenzen von Koenig Johann Kasimir. – Quelle: http://geneal.lemmel.at/TimpfeMunzmeister.html

König Karl II: 6 Thaler. HS: Carol. II. D.G. Hisp. Et. Judiar. Rex. RS: Archid. Aust. Dux. Burg. Brab. etc. Archid. Aust. Dux Burg. Co. Flan. Etc. aus den Jahren 1669,1672,1677,1682,1685,1688.

2. Vereinigte Niederlande

10 Thaler HS: Concordia Rex Parvae Crescunt. RS: Mo. No. Arg. Pro. Co. …. n. Foe. Belg. Tran. oder Belg. Westf. oder Belg. Co. Hol. aus den Jahren 1659,1660 (3) ,1678, 1683,1687,1694,1695,1699.

3. Österreich

11 Sechgröscher Kaiser Leopolds I aus den Jahren 1665 (2),1669,1671,1674,1677,1680,1681,      1682,1685,1687, darunter die beiden aus den Jahren 1669 und 1671 für Ungarn, auf der RS: Maria mit dem Kinde und die Umschrift Patrona Hvngarise

4. Siebenbürgen

Fürst Michael Apasi: 1 Sechsgröscher. HS: MI. Apasi. D.G. Pr. Tr. RS: Par. R. H.D. Et Si.. C. G. Ar. 1674 und ein  ähnliches Stück mit der Zahl XII HS: wie oben RS: Par. R.H. Do. Et. Seo. Gros. Argc. 1672

5. Herzogthum Kurland

Herzog Friedrich Kasimir: 1 Ort. HS: Fried. Cas. In. L. Cv. Et. S: E: RS: Moneta Ducis Curland : 94

6. Brandenburg

1. Herzogtum Preußen

Kurfürst Friedrich Wilhelm: Der Titel: Archicamerarius et princeps elector ist auf die verschienartigste Weise abgekürzt;    und zwar: A.&E., A.C.&E., A.C.&El., A.C.& P.E., A.C.&P.El., A.C.&Pr.El., Ar.E., Arc.&E., Arc.&P.E., Arc.&P.El., Arc.&Pr.El., Archic&El. – 6 Oerter aus den Jahren 1662,1675,1679,1681,1684 (2). – 108 Sechsgröscher aus den Jahren: 1658 (1), 1674 (1), 1679 (1), 1680 (9) 5 Varianten, 1681  (15) 5 Var.,  1682 (15)  4 Var.,  1683 (26) 9 Var., 1685 (4) 4 Var., 1686 (35) 22 Var., 1687 (1)

 

6 Gröscher Kurfürst "Friedrich Wilhelm" Quelle: https://philatelie.deutschepost.de/Muenzen/Historische-Muenzen/Taler/6-Groescher-Kurfuerst-Friedrich-Wilhelm.html [1.151]

6 Gröscher Kurfürst „Friedrich Wilhelm“ Quelle: https://philatelie.deutschepost.de/Muenzen/Historische-Muenzen/Taler/6-Groescher-Kurfuerst-Friedrich-Wilhelm.html

Kurfürst Friedrich III: 7 Oerter aus den Jahren 1698,1699 (6)

2. Kurfürstenthum Brandenburg

Kurfürst Friedrich Wilhelm: 1 Sechspfennig HS: 6 Pf. Brandeb. Land. Muntz 1687. RS: Gekrönter Adler mit Szepter im          Herzschild

3. Markgraffschaft Brandenburg Ansbach

Markgraf Johann Friedrich: 1 Sechsgröscher: HS: Joh. Fr. D.G.M. Brand. Mag: Brustbild RS: Fr. D.B.Nor Pr. Halb. MC. 1678. – 15 theilige (5×3) gekröntes Wappen

Königreich Polen

1. Polen

König Sigismund III.:  4 Sechsgröscher aus den Jahren 1623 (2), 1625 (2)

König Johann Kasimir: 25 Gulden zu 30 Gr. Poln. aus den Jahren 1663 (6) 2 Var., 1664 (10) 4 Var., 1665 (7) Var., 1666   (2) 2 Var.- 15 Oerter aus den Jahren 1658,1659,1662,1667,1668 (11) 3 Bar. – 462 Sechsgröscher mit 102 Varianten. Auffallend ist die Mannigfaltigkeit der Umschrift sowohl auf der HS, wie auf der RS. Von Abkürzungen des Namens nenne ich hier Jo. Caim, Jo. Cas., Jo. Casi., Jo.

Polen-Elbing 18 Gröscher 1657 - Bildquelle: http://www.muenzauktion.com/knopik/item.php5?id=100927004 [1.152]

Polen-Elbing 18 Gröscher 1657 – Bildquelle: http://www.muenzauktion.com/knopik/item.php5?id=100927004

Casim, Jo. Casimi, Joan. Ca., Joan Cas., Joan Casi., Joan Casim, Joan. Casimi, Joh. Casim.  Die Münzen verteilen sich auf die einzelnen Jahre folgendermaßen: 1656 (1), 1657 (3) 3 Var., 1659 (2), 1660 (27), 1661 (47) 18 Var., 1662 (88) 16 Var., 1663 (57) 15 Var., 1664 (63) 12 Var. unter diesen zwei mit IV statt mit VI (Groschen) bezeichnet, 1665 (61) 9 Var.,  1666 (44) 10 Var., 1667 (67) 2 Var., 1668 (2) 2 Var., 166(?) (1)

König Johann III Sobieski: 167 Sechsgröscher mit 32 Varianten, deren Unterschied meist im Gewande liegt. Sie verteilen  sich auf die Jahre 1677 (3) 2 Var., 1678 (5) 2 Var., 1679 (7) 3 Var., 1680 (16) 6 Var., darunter ein (2 Exemplare) mit IV statt VI (Groschen, 1661 (34) 6 Var., 1682 (11) 4 Var., 1683 (59) 13 Var., 1684 (21) 5 Var., 1685 (1). Sehr merkwürdig ist ein Sechsgröscher Johanns III vom Jahr  1684. Die RS ist völlig normal und trägt das Polnische Wappen mit der Umschrift: Gros. Arge  Sex …. 1684. Auf der HS. aber ist nicht das Brustbild des Königs, sondern nochmals das  Wappen und die Umschrift der RS., jedoch negativ

König August II: 1 Sechsgröscher vom Jahre 1702 (abgebildet bei Zagroski Nr. 617)

2. Litthauen

König Johann Kasimir: 1 Ort. HS: Brustbild. Umschrift: Joan. Casimi D.G. Re. Polo. Münzzeichen T.L.B. RS: Im Kreise der Litthauische Reiter. Umschrift: Monet. Argen. Ms. Duc. Lit. 1664 – 1 Sechsgröscher HS: Brustbild mit Krone, Umschrift: Joan. Casim. D.G. & Rex Polo & S. Münzzeichen T.L.B. RS: Der Litthauische Reiter, über demselben in der Umschrift eine Krone. Umschrift: Gros * Argen * Se mag * Dvc * Lit * 1665

3. Stadt Elbing

1 Sechsgröscher Carls X Gustavs, Königs zu Schweden (also während der Besetzung durch die Schweden, in den Jahren 1655-1660 geschlagen) Das leider schlecht erhaltene Stück führt auf  der HS das gekrönte Brustbild des Königs mit der Umschrift: Carolus Gustavus …. RS: …. C. Civit. Elbing und das Elbinger Wappen (in horizontal geteiltem Schilde je ein Kreuz)

Auffallend ist es, dass unter all den erwähnten Thalern nicht ein Polnischer sich befindet und es lässt sich dieser Umstand wohl nur dadurch erklären, dass die Spanischen Thaler gewissermaßen die Weltmünze bildeten und ihres hohen Silbergehaltes wegen überall gern genommen wurden. Die älteste in dem besprochenen Funde befindliche Münze ist aus dem Jahre 1617, die jüngste von 1702. Letztere ist so vorzüglich erhalten, dass sie kaum in Kurs gewesen, vielmehr bald nach ihrer Prägung auch schon der Erde anvertraut zu sein scheint. Vor den anrückenden Truppen König Karls XII von Schweden barg der Konkolewoer Bauer seinen Schatz in der Erde; es ward ihm nicht vergönnt, denselben wieder zu heben. Interessant ist der Umstand, dass nach jetzt noch lebendiger Tradition gerade auf dem Grundstücke, wo dieser Fund gemacht wurde, in früheren Zeiten recht wohlhabende Leute gewohnt haben sollen.

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Textquelle: Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen – Herausgegeben von Dr. Hermann Ehrenberg – 1886 – Digital veröffentlicht unter: http://archive.org/details/zeitschrift03bromgoog

Heinrich Klumbies – Ein Leben für die Malerei

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung )
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[1.153]

Heinrich Klumbies / Quelle: http://www.ostdeutsche-biographie.de/klumhe05.htm

Heinrich Klumbies wurde am 05. Juli 1905 in Neutomischel als Heinz Emil Klumbies, Sohn des Gerichtsassistenten Emil Friedrich Klumbies und seiner Ehefrau Meta Schiefelbein, geboren, er verstarb am 09. Juni 1994 in Karlsruhe. Er bekannte sich zu seinem Heimatraum – der Weite des Landes und das Nebeneinanderleben von Angehörigen mehrerer Nationen. Dieses Alles hätte auch Einfluss auf seine Werke als Künstler genommen.

* * *

Er studierte von 1925-1930; zuerst an der Technischen Hochschule und im Anschluss an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart, anschließend dann in Königsberg / Ostpreußen, der Heimat seiner Eltern, in Berlin legt er sein Staatsexamen ab.

Heinrich Klumbies arbeitete ab 1930 als Kunsterzieher und Leiter einer Theatergruppe in Berlin an der Karl-Marx-Schule, diese wurde durch die Nationalsozialisten jedoch geschlossen. Es folgten Versetzungen an zahlreiche andere Schulen und letztlich schied Heinrich Klumbies 1936 aus dem Schuldienst aus; bis ca. 1940 lebte und arbeitete er als freier Maler.

Von 1940 bis 1945 leistete er seinen Wehrdienst bei der Luftwaffen-Kriegsberichtserstatter-Kompagnie. Im Krieg wurde sein Atelier mit nahezu allen darin befindlichen Arbeiten des Künstlers zerstört.

1946 übersiedelte Heinrich Klumbies nach Reichenbach a.d. Fils.  Im selben Jahr heiratete er Marigard Ohser, die Tochter des Malers Carl Bantzer und Witwe des Erich Ohser, der als Karikaturist unter dem Namen E.O. Plauen gearbeitet hatte.

Heinrich Klumbies arbeitete an der Volkshochschule, für Zeitungs- und Zeitschriftenverlage.

1960 erhielt er eine Professur an der Kunstakademie in Karlsruhe, die er bis 1971 innehatte.

Seine Gemälde der „unbegrenzten Flächen und aperspektivischen Räume“ nehmen in der modernen Kunstgeschichte Deutschlands ihren eigenen Platz ein.

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Quelle und weitergehende Informationen unter: http://www.ostdeutsche-biographie.de/klumhe05.htm

Die Überreste des Schlosses von Opalenitza

geschrieben von Gudrun Tabbert
(G. Kupke (1902))
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[1.154]

Schlossruine Opalenica – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Zamek-Opalenica.jpg?uselang=de

Im Jahr 1864 sollte das Schloß zu Opalenitza, welches im Anfange oder der Mitte des XVIII. Jahrhundert wahrscheinlich an Stelle einer alten schon im Mittelalter bekannten Befestigung (1) erbaut wurde und nach dem Tode des letzten Besitzers der Herrschaften Grätz und Opalenitza, Adalbert Opalinski, zu verfallen anfing, eingerissen werden. Um die zu verhüten, schrieb am 1. August 1864 der Oberpräsident v. Horn der Königl. Regierung (2), er habe gehört, das Opalenskische Schloß solle abgebrochen und mit den aus dem Abbruch zu gewinnenden Baumaterialien ein Schafstall aufgeführt werden. Es wäre dies nicht nur ein großer Verlust für die Gegend in landwirtschaftlicher und historischer Hinsicht, sondern auch in sofern zu bedauern, als das Schloß solide und in prächtigem Stile erbaut, noch in stattlichen Resten erhalten sei, und vielleicht zu einem oder dem anderen öffentlichen Zwecke mit mäßigem Kostenaufwand erworben und wieder hergestellt werden könne. Der betreffende Baurat solle bei einer Bereisung des Buker Kreises das Schloß besichtigen und Bericht erstatten. Am 14. Oktober sandte der Baurat Koch den folgenden Bericht ein und erklärte sich gegen die etwaige andere Verwendung aber auch gegen den Abbruch der Baulichkeiten . . .

* * *

„Posen, den 11. Oktober 1864. Die Beschaffenheit der Schloß-Ruine zu Opalenitza betreffend. Zur Br. m. Verf. vom 11. August 1864. Nr. 1065/8 64 I.

In Verfolg der hohen Verfügung des Herrn Ober-Präsidenten vom 1. August er. habe ich vor kurzem Veranlassung genommen, das alte Opalenskische Schloß bei der Stadt Opalenitza einer genaueren Untersuchung zu unterwerden, und verfehlt nicht, über das Resultat derselben Folgendes ganz gehorsamst vorzutragen.

Zuerst bemerke ich, dass die vorhandenen Baulichkeiten nicht die Überreste, sondern nur der Anfang eines beabsichtigten größeren Baues sind, und allem Anschein nach haben die bereits ausgeführten Teile nicht einmal die besseren und eigentlichen Prunkräume, sondern nur untergeordnete Wohnräume aufnehmen sollen, da außer der Kapelle nur kleinere Räume in denselben enthalten, die Treppen und Korridore auch unbequem und schmal sind.

Handzeichnung zur Schlossruine - dem Original Artikel entnommen [1.155]

Handzeichnung zur Schlossruine – dem Original Artikel entnommen

Es steht gegenwärtig ein Flügel von 76′ Länge, 50′ Tiefe, in der Vorderfront mit 7, in den Giebeln mit je 6 Fenstern nebeneinander ein zweiter auf den ersten vertikal stehender Flügel wird mit diesem durch einen bogenförmigen Bau verbunden, wie die nebenstehende Handzeichnung dartut. – Die Wand a-b ist nur roh und anscheinend nur vorübergehend vermauert, und ist das Mauerwerk bei a und b abgetrennt, um es später fortsetzen zu können.  –

Die ausgeführten Gebäude-Teile haben ein überwölbtes, nur wenig in der Erde liegendes Erdgeschoß, ohne Unterkellerung, da wegen des flachen Terrains Grundwasser zu befürchten war.

Dieses Erdgeschoß sollte allem Anschein nach die eigentlichen Wirtschaftsräume aufnehmen. Das Geschoß über demselben mit Balkendecken war höchstwahrscheinlich zu Wohnräumen für die Dienerschaft bestimmt, da die Etagenhöhe und die Fenster-Öffnungen verhältnismäßig gering sind. Einen großen Teil dieses Geschosses nimmt die auch durch das zweite Geschoß hindurch reichende Kapelle hier ein.  

Dieses zweite Geschoß endlich, – mit hohen Fenster-Öffnungen ist besser ausgestattet, aber auch hier sind, wie bemerkt, die Räume verhältnismäßig klein.

Unmittelbar über dem zweiten Geschoß liegt das Dach in Mansarden-Form und abgewalmt, doch findet sich zwischen den Etagen, Balken und den Dachbalken noch ein mehrere Fuß hoher, toter Raum.

Das Gebäude ist von gebrannten Ziegeln, nicht der besten Qualität in Kalkmörtel mit starken Wänden erbaut und mit Biberschwänzen eingedeckt.

Die Balken und Sparrhölzer sind außerordentlich stark, doch ist die Dachkonstruktion ungeschickt und mit großer Holzverschwendung ausgeführt.

Die Zeit der Ausführung diese Gebäudes dürfte in den Anfang oder die Mitte des vorigen Jahrhundert fallen, und ist dasselbe in dem damals herrschenden französischem Zopfstil hergestellt, aber keineswegs in den besten Formen, sondern ziemlich roh, wie überhaupt die ganze Bauausführung von wenig Kunstfertigkeit der Handwerker zeigt. So haben auch die noch im Innern vorhandenen wenigen Dekorationen und Wandmalereien, namentlich an dem Plafond der Kapelle, fast gar keinen, oder mindestens sehr geringen künstlerischen Werth.

Nach dem Tode des letzten Besitzers der Herrschaft Grätz und Opalenitza, Adalbert von Opalinski, Im Jahre 1773, soll an dem Bau nichts weiter geschehen sein, und ist das Gebäude seit der Zeit nach und nach verfallen.

Meiner unmaßgeblichen Ansicht nach, ist auch dieser Teil des Gebäudes, welcher gegenwärtig steht, niemals ganz fertig und wohl nur vorübergehend, vielleicht nur während der Sommermonate bewohnt gewesen.

Nach der Sage soll in demselben die Königin Marie von Frankreich. Gemahlin Ludwig XV., Tochter des polnischen Königs Stanislaw Lescinsky geboren sein. Damals war aber das jetzt dort stehende Gebäude aller Wahrscheinlichkeit noch nicht so weit im Bau vorgeschritten, dass es bewohnt werden konnte.

Nach der mir von dem Probste zu Grätz gemachten Mittheilung soll vielmehr die Geburt in einem Gebäude des nahen Vorwerks, auch „Schloß“ genannt, erfolgt sein. – Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass auf der Stelle, wo gegenwärtig das Schloß steht, früher ein anderes größeres Gebäude stand, da sich ganz unfern die Rest eines alten Turmes, nach dem Steinverband zu urteilen, aus dem Mittelalter herrührend, befinden.

Was nun die gegenwärtige Beschaffenheit dieses alten Schloßes betrifft, so ist dieselbe äußerst mangelhaft.  Außer einigen Türfuttern, Rest von Fensterzargen, einigen halb verfallenen Kaminen, defekten Dielen pp. fehlt der innere Ausbau gänzlich.

Da gegenwärtig, und wahrscheinlich schon seit langer Zeit, jedermann freien Zutritt zu dem Innern des Gebäudes hatte, kann dies nicht Wunder nehmen. Wahrscheinlich hat ein Teil des Gebäudes, einmal als Wohnung für arme Leute gedient, da die Wände teilweise anscheinend über dem Kalkputz, ganz roh mit Lehmmörtel geputzt sind. Die Kapelle ist auch nach den Balkenlöchern zu urteilen, wenn auch vielleicht nur interimsweise, einmal durch eine Zwischendecke geteilt gewesen.

Am schlechtesten an dem Gebäude ist das Dach und teilweise der Dachverband. Es fehlen ganze Reihen der Dachziegel und hat Regen Schnee freien Eintritt. Daher ist es gekommen, dass auch die Balkenköpfe vielfach angefault sind.

Dies der bauliche Zustand des Gebäudes. Eine Wiederherstellung desselben würde sehr kostbar werden und würde das Gebäude bei der eigentümlichen Anlage doch immer nicht recht nutzbar herzustellen sein.

Hierzu kommt noch die Lage in ziemlich feuchtem Wiesen-Terrain, so dass der Aufenthalt hier gewiss nicht sehr gesund sein dürfte. Ich wüsste daher keine Verwendbarkeit zu einem besonderem Zwecke in Vorschlag zu bringen.

Dagegen ist es nicht zu leugnen, dass dieses alte Gebäude der Landschaft zur Zierde gereicht, und würde ich es auch beklagen, wenn es ganz abgebrochen werden sollte.

Daran ist aber wahrscheinlich so bald nicht zu denken, da die Abbruchskosten mit dem Werte des gewonnenen Materials kaum in Verhältnis stehen würden.

Ohnehin sind die Mauerziegel überhaupt nicht sehr gut.

Meiner Ansicht nach wird das Gebäude übrigens noch mehr der Gegend zur Zierde gereichen, wenn es mehr Ruine geworden ist und den modernen Anblick, den es gewährt, verloren hat.

Immerhin möchte ich aber ganz gehorsamst anheim geben, den Besitzer des Gebäudes zu veranlassen, von einem Abbruch desselben abzusehen und vielmehr dafür zu sorgen, dass es verschlossen wird, damit nicht, wie es gegenwärtig der Fall ist, Unberufene freien Eintritt und Gelegenheit haben, das wenig, was nicht unbedingt festsitzt, zu entwenden. Ohnehin bietet dieses große offenstehende Gebäude Schlupfwinkel für das sich herumtreibende Gesindel.

gez. Koch.

Für die Richtigkeit der Abschrift gez. Lange.

An die Königliche Regierung, Abtheilung des Innern, hier.“

Daraufhin erfolgte am 25. Oktober die Antwort des Ober-Präsidenten: Es sei von einer Erwerbung des Schloßes abzusehen. Dagegen erscheine es wünschenswert, auf die möglichste Konservierung und Verschönerung der noch vorhandenen Gebäudeteile (etwa durch den Anbau von Schlingpflanzen) Bedacht zu nehmen, und gleichzeitig auf eine bessere Beaufsichtigung derselben hinzuwirken, damit das Schloß, welches auch in seiner gegenwärtigen Beschaffenheit noch eine Zierde der dortigen Gegend bilde, nicht durch die Elemente und durch die unbefugten Eingriffe der Umwohnenden völlig der Zerstörung Preis gegeben oder als ein Schlupfwinkel  für Landstreicher und andere verdächtige oder gefährliche Individuen benutzt werde.

Aber trotz dieser Verfügung des Ober-Präsidenten geschah leider nichts, das Gebäude verfiel mehr und mehr und wurde Anfang der 70er Jahre abgebrochen. Auf dem Schloßlande, welches gegenwärtig dem Rittergutsbesitzer Beyme gehört, werden jetzt Feldfrüchte gebaut (Die letzten Notizen verdanke ich der  Liebenswürdigkeit des Herrn Bürgermeisters Thorzewski in Opalenitza.)

Fußnoten:

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Vergleich des ehrsamen Gottfried Leske mit seinem Ausgedinge Vater – 1790

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Schultzengerichtsschreiber 1790 Sontop u Zinskowo / Transkription Gudrun Tabbert)
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[1.156]

Kopie des Schiedsspruches aus dem Jahr 1790, Quelle: Staatsarchiv in Poznan, Dokumenty wiejskie (Landdokumenten) sign. 369 http://szukajwarchiwach.pl/53/973/0/-

In früherer Zeit wurden zwischen den Eltern und den Kinder sogenannte Ausgedinge-Verträge geschlossen. Die bäuerliche Wirtschaft wurde dabei schon zu Lebzeiten der Eltern auf den Nachfolger überschrieben; in diesen Verträgen wurde aber der Nachfolgebesitzer auch dazu verpflichtet die Eltern bis zu ihrem Lebensende zu versorgen; ab und an verblieben Teile des zu vererbenden Anwesens noch unter der Bewirtschaftung der Eltern und gingen leztztlich dann erst bei deren Ableben auf den neuen  Besitzer über.

Das ein solches Zusammenleben der Generationen sich nicht immer ganz einfach gestaltet, war früher schon so wie es noch heute vorkommt. Der nachfolgende Vergleich ist zwar nur kurz gehalten, aber eingangs wird erwähnt, dass auf Empfehlung und Befehl zwei Schultzengerichte ein endgültiges Urteil im Streit des Ausgedingers George Leske, mit seinem Nachfolger Gottfried Leske fällen sollen, da bis zu ihrer Einschaltung keine Einigung erzielt werden konnte. Weiterhin wird mit „größter Strafe“ vor einem „Löblichen“ Gericht gedroht falls dieser Vergleich dann aber doch noch von einer der Parteien missachtet werden sollte.

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Nachdem ein Löbl. Wohl verordnetes Schultzen Gericht aus Sontop auf Herrschaftlicher Recommendation u Befehl in der Ehrsamen Zinskower Gemeinde mit den dasigen Löbl. Wohlverordneten Schultzen Gericht mit Order erschienen. Die Zwiespalt einigen zwischen dem Ehrbarn Ausgedinge Vater George Leske, und seinem Wirth dem Ehrbarn Gottfried Leske gerichtlich zu vergleichen, so ist der Vergleich folgender Gestalt gewißenhaft getroffen.

  1. Ist der Birck Busch oder Wiese, von beiderseitigen Gericht in die Länge abgemeßen, und den Ausgedinge Vater Lesken die freye Wahl gegeben, die Hälfte zu nehmen, welche er wolle. Da er sich dann die Seyte, nehmlich die Länge aus an der Seite des  Christian Welck selbst verwaltet.
  2. Von diesen Birck Busch oder Wiese, giebt der Besitzer der Nahrung, den Vater Lesken, daß ausgelegte Grund Geld wieder
  3. Nach seinem Tode aber fält der Birck Busch oder Wiese, nach Laut des Kauffbrieffes, an den Besitzer der Nahrung
  4. Auch wird der Ausgedinge Vater George Lesken, und seiner Ehegattin in wahrem Fried und Ruhe, mit den Besitzer und seine Ehegattin leben, welcher, oder welche aber Anlaß zur Uneinigkeit geben wird, in der größten Straffe bey einem Löbl. Gericht verfallen wird
  5. Da dann auch das Ausgedinge Vaters Lesken Ehe Gattin, nach seinem Tode gantz keine, Anforderung an den Besitzer der Nahrung zu machen hat
  6. N.B. Die Zinse von des Ausgedinge Vaters Leske Wiese, giebt der Besitzer der Nahrung

Zu mehrer Versicherung u gäntzlicher Bekräfftigung dieses von Beyderseitig Löbl Gerichten unterzeichnet u untersiegelt.

Signatum, Zinskower Gemeinde d. 1 Juni 1790

hierüber quittiert Gorge Lößke als Vater seinen Wirt Gottfried Lösken daß er sein aus gelegt gelt empfangen hat vor öffentlicher gerichts

session                         Gorge Lößke    xxx

 

 

Neutomischel und Posen schliessen einen Vertrag zum Bau des Amtsgericht- und Gefängnisgebäudes – 1878

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert
[1.157]

Gerichts- und Gefängnisgebäude - Ansichtskarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Unseren Artikel „Das Rathaus – gebaut als Amtsgericht – und Gefängnisgebäude der Stadt im Jahr 1879 (http://oledry.pl/de/das-rathaus-gebaut-als-amtsgericht-und-gefangnisgebaude-der-stadt-im-jahr-1879/ [1.076]) haben wir mit der erteilten Baugenehmigung vom 10. Februar 1879 begonnen.

Durch einige weitere Dokumentenfunde ist es nun noch möglich, etwas über die Vereinbarungen zwischen dem Justizfiskus und dem Königlichen Gerichtsrat in Posen einerseits und der Stadt Neutomischel andererseits zu ergänzen. Diese Vereinbarung hat letztlich, den Dokumenten nach zu urteilen, den Ausschlag gegeben dieses Gebäude, wie wir es heute noch in Nowy Tomysl besichtigen können, zu errichten.

Die Frage warum sich eine „Provinznest“, denn nichts anderes war Neutomischel im Jahr 1879, einen solchen „Monumentalbau“ eines Gerichts- und Gefängnisses leistete ist damit zwar noch nicht schlüssig beantwortet; aber vermutlich hatte es auch etwas mit dem Prestige der Stadt und dem Versuch der Bedeutungslosigkeit zu entkommen zu tun. Oder waren die „guten Beziehungen“ zu den Justizbehörden, Neutomischel hatte die Zellen seines Stadtgefängnisse zuvor auch schon an das Gerichtsgefängnis Grätz vermietet,  der Grund warum die Stadt sich so hoch verschuldete.

Die Bausumme hatte letztlich 67.900 Mark betragen, wovon allein 45.000 Mark zu einem jährlichen Zinssatz von 5% als Darlehen aufgenommen worden waren – wie sich das Ganze im Stadthaushalt darstellte, welche Einnahme diesen gewaltigen Ausgaben gegenüber standen wissen wir bis heute noch nicht.

Im Sommer 1878 , genauer am 16. Juli 1878, also sechs Monate bevor die Baugenehmigung erteilt wurde, wurde zwischen dem Justizfiskus Posen, vertreten durch den Königlichen Gerichtsrat Herrn Paul Hülse (auch Hilse geschrieben) und dem Bürgermeister der Stadt Neutomischel Herrn Karl Witte, ein Vertrag im Falle dessen, das ein Amtsgericht in der Stadt errichtet werden würde, geschlossen.

In diesem Vertrag im § 2 heißt es darin, dass die Stadt sich verpflichtet in einem neuen und massiv zu errichtendem Gebäude

einzurichten und „zu ebener Erde“

In einem zweiten Gebäude, dieses durch einen gemeinsamen Hof mit dem ersten verbunden, sollten

erbaut werden.

Alle Räume des Erdgeschosses sollten eine lichte Höhe von 4m und alle des 1sten Stocke eine Höhe von 4,5 m aufweisen.

Der gemeinsame Hof sollte von einer 5 Meter hohen Mauer umgeben bestehen, wobei der Gefängnishof nochmals durch eine Mauer abgetrennt sein sollte. Der Hof sollte durch eine Einfahrt u. a. für Zulieferungen erreichbar sein.

Als letzter Punkt wurde dann noch

Auch bei der Inneneinrichtung wurde die Stadt verpflichtet zahlreiche Auflagen zu erfüllen:

Die Justizverwaltung erhielt noch eine 4wöchige Frist nach Vertragsgenehmigung, bauliche Änderungen die vom Fiskusamt, welches diesen Vertrag zeichnete, einzufordern. Gleichzeitig aber auch das Recht eine geringere Raumzahl geltend zu machen: statt der 6 größeren Zimmer nur 5, statt der 6 kleineren Zimmer nur 3 und auch weniger Einzelzellen.

Letztlich erfolgte die Bestätigung, so die Aufstellung im Anschlussvertrag vom 14. Dezember 1878 für:

Die Stadt blieb ebenfalls in der Verpflichtung vorkommende Reparaturen auf Ihre Kosten auszuführen. Auch war sie für die Tapezierung der Wände zuständig, wenn der 1ste Anstrich schadhaft geworden war.

Der Rohbau, so die Verpflichtung der Stadt hatte bis zum 1. Mai 1879 fertig gestellt zu sein, alle anderen Arbeiten einschließlich der Innenausstattung bis zum 1. September 1879. Jeder begonnene Monat Verzögerung würde für die Stadt nicht nur eine Konventionalstrafe von 500 Mark bedeutet haben, sondern sie hatte zusätzlich für die Zeit der Verzögerung, für die anderweitige Unterbringung des Gerichtes und des Gefängnisses die Kosten zu tragen.

Bei Errichtung des Baues auf dem Neuen Markt der Stadt, so die Vereinbarung, hätte die Stadt die Verpflichtung diesen zu pflastern. Dieser Punkt erhielt in Dezember 1878 im Anschlussvertrag eine Erklärung dahingehend, dass man ausführte, dass dieser Punkt dahingehend zu verstehen sei, dass nur von allen Straßengängen gepflasterte Bahnen von zehn Fuß Breite zum Gerichtseingang hergestellt werden müssten.

Das Ganze klingt bis hier wie ein einseitiger Knebelvertrag.

Doch es gab hierzu eine Gegenverpflichtung des Fiskusamtes bzw. der Königlichen Justizverwaltung. Diese nämlich verpflichteten sich auf 30 Jahre vom 1. Oktober 1879 ab gerechnet, die erforderlichen Räume für das Amtsgericht und dessen Geschäftsbüros und den Gefängniseinrichtungen zu mieten. Die Miete wurde auf jährlich 2.000 Mark mit ¼ jährlicher Zahlung im Quartalsende festgeschrieben. Dieses aber unter dem Vorbehalt, dass wenn die Justizverwaltung die Raumanzahl verringern würde, sich dann auch die Mietzahlung auf nur 1.500 Mark reduzieren würde. Letztlich wurden zwar an den Raumzahlen einige Änderungen vorgenommen, trotzdem wurden aber doch die 2.000 Mark Mietzins bestätigt.

Das Mietende sollte nach den 30 Jahren mit einer 6 monatigen Kündigungsfrist enden, oder wenn die Stadt Neutomischel den Sitz eines Amtsgerichtes nicht mehr inne gehabt hätte. Aber auch für letzteren Fall gab es eine Vereinbarung:

Dieser am 16. Juli 1878 geschlossene Vertrag war bis einschließlich dem 1. August 1878 in der Annahme der Justizverwaltung offen. Die Stadt hatte innerhalb von acht Tagen einen Plan des Grundrisses des Bauvorhabens einzureichen.

Wenn man es sich zeitlich anschaut, dann war die Zeit vom der endgültigen Vertragsgültigkeit vom 1. August 1878 bis zur verbindlicher Errichtung des Rohbaus per 1. Mai 1879 unter Abzug der Wintermonate doch recht knapp bemessen; vermutlich resultiert aus dieser unangemessenen Terminierung, die im Anschlussvertrag vom Dezember 1878 genannte Verlängerung der Fertigstellung des Rohbaus auf den 1. August 1879. Abgerückt wurde nicht von dem vollständigen Fertigstellungsdatum per 20zigsten September 1879.

Wir wissen, dass dieser Termin nicht eingehalten wurde, da erst per 20zigsten September der Versand per Eisenbahnwaggon der “Utensilien für die Geschäfts- und Gefängnißlokale“ aus Posen vorgenommen worden war. Aber wir wissen auch, dass per 01. Oktober 1879, wie aus Posen vorgegeben, das Amtsgericht Neutomischel „ins Leben getreten“ war.

 

 

Familie Johannes Walter – die letzte Pfarrersfamilie in Sontop

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Frau Karin Kasimir)
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[1.158]

Dorfansicht - Eigenaufnahme

1939/1940 wurde von der damaligen NS-Regierung eine politische Umgestaltung des durch den Überfall der Deutschen auf Polen nun zu Deutschland gehörenden polnischen Staatsgebietes vorgenommen, der „Warthegau“ wurde geschaffen. Es kam zu zwangsweisen „Germanisierungen“ und im Gegenzug zu ethnischen „Säuberungen“, zur Deportation und Liquidierung von Polen und Juden.

Zum Kriegsbeginn im September 1939 war der in Sontop amtierende Pfarrer Tauber durch polnische Truppen interniert und auf dem Ver­schleppungsmarsch bei Kostschin erschossen worden.

1939 war auch das Jahr der „Umsiedlung“ der Deutschbalten nach Deutschland in Folge des „Hitler-Stalin-Paktes“. Im Oktober musste Pfarrer Johannes Walter mit seiner Frau Marianne, geb. von Cube, und ihren vier Kindern Estland verlassen. Durch Generalsuperintendent Paul Blau wurde ihm noch im gleichen Jahr die Pfarrstelle in Sontop zugewiesen.

Frau Karin Kasimir, zweitälteste Tochter des letzten deutschen Sontoper Pfarrers – damals 7 Jahre alt – erinnert sich an ihre kurze Zeit in Sontop

* * *

Als unsere Mutter mit uns Kindern 1940 aus dem Übergangslager Neustettin in Sontop ankam, wohnte die Witwe Lotte Tauber mit ihren Kindern Wolfgang, Renate, Hans-Christoph und Klaus-Jürgen noch im Pfarrhaus, bevor sie nach Dresden verzogen. Unsere Familie bewohnte zunächst das Obergeschoß. Sehr bald entstand ein freundschaftliches Verhältnis zwischen beiden Familien, das über das Kriegsende hinaus Bestand hatte.

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Das ehemalige Pfarrhaus - Eigenaufnahme

Im Juni 1941 wurde mein Vater zur Wehrmacht eingezogen. Im Gegen­satz zum „Altreich“ wurden in den besetzten Ostgebieten gerade viele Pfarrer zum Wehrdienst verpflichtet. Die Regierung wollte mit dieser Maßnahme wohl den erwarteten Widerstand der Kirche gegen ihre Politik unterbinden.

Da mein Vater – mit Ausnahme seiner Urlaube – keine Gottesdienste mehr halten konnte, vertrat ihn Superintendent Päschke aus Neutomischel an jedem zweiten Sonntag in Sontop. An den anderen Sonntagen wurde durch einen Kirchenältesten ein Lesegottesdienst gehalten. Meine Mutter redigierte die Predigttexte vorher, so dass sie leichter lesbar wurden.

Meine ein Jahr ältere Schwester und ich mussten ab dem 5. Schuljahr zum Schulbesuch zur „Hauptschule“ (eine NS- Gründung) nach Neutomischel. Wir gingen l Jahr dort zum Unterricht. Ich erinnere mich, dass der Lehrstoff an dieser Schule stark nationalsozialistisch ge­prägt war, z.B. mussten wir bei politischen Feierstunden in der Weih­nachtszeit „Hohe Nacht der klaren Sterne“ singen.

Da der Weg von Sontop nach Neutomischel für uns ja noch recht kleine Kinder weit war, kamen wir für die Wochentage „in Pension“ zu Päschkes ins Pfarrhaus.

Superintendent Päschke ist mir als ein sehr humorvoller und kinderlieber Mann in Erinnerung. Unser liebstes Abendspiel war Verstecken im großen Pfarrgarten. In unserem Alter waren die Söhne Bernd und Reimar. Es gab noch die Tochter Dagmar, die aber wohl einige Jahre älter war, sie erschien mir jedenfalls als sehr erwachsen. Und sie beteiligte sich auch nicht an unseren Spielen.

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Die Schule - AK Auschnitt A. Kraft

Die Wochenenden verlebten wir in Sontop; hier waren wir vor allem mit Ruth Heinrich und Anita Siegesmund zusammen, die – meiner Erinnerung nach – auch die Schule in Neutomischel besuchten. Trotz der Kriegszeit waren die ersten Jahre in Sontop doch auch unbe­schwert, wenn ich von der Abwesenheit unseres Vaters absehe.

An das Pfarrhaus in Sontop schloss sich der große Garten an. Er war sehr schön gestaltet, da er das Hobby der Taubers gewesen war. Ich erinnere mich deutlich an die Narzissen- und Tulpenpracht im Frühjahr, an Spargelbeete, an Weinreben an der Südseite des Hauses und an ein Kakteenhaus.

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Blick in den ehem. Pfarrgarten - Eigenaufnahme

Ein kleiner Bach trennte den Blumen- vom Gemüsegarten. Im Sommer stauten wir ihn auf, bis er gut vollgelaufen war. In einem Waschzuber stakten wir dann auf ihm herum, manchmal kenterten wir auch.

Im eben erwähnten Waschzuber wurde von Frau Hecke die „große Wäsche“ gewaschen. Sie wohnte am Ortsausgang von Sontop in Richtung Neutomischel und wusch für viele Leute im Dorf.

In Sontop schloss fast jeden Hofplatz neben dem Wohnhaus ein großes Holztor ab. Im Sommer öffneten die Tore sich zur selben Zeit, und die Kühe wurden von Kindern oder Halbwüchsigen auf die Weiden getrieben. Die zum typischen Straßendorf Sontop gehörenden Weiden lagen oft recht weit vom Dorf entfernt. Während der Ferien war es auch für uns ein Vergnügen, manchmal mit unseren Freundinnen Kühe zu hüten. An den Weideplätzen angekommen, verteilten die Hütejungen die Tiere jeweils auf die den Höfen zugehörigen umzäunten Weideflächen.

Der Holzzaun, der unseren Hof zur Dorfstraße hin abschloss, hatte in Abständen starke Pfosten, die oben eine Art Platte als Abschluss hatten. Bei uns Kindern war es beliebt, auf diesen Pfosten zu sitzen und das Geschehen auf der Dorfstraße zu beobachten. Ab und zu stand neben unserem Aussichtsplatz Herr Seide, ein recht kleiner alter Herr, der eine Glocke schwang und dann Bekanntmachungen verlas.

Eine Begebenheit ist mir in Erinnerung, die für Gesprächsstoff im Dorf sorgte und uns Kindern großen Eindruck machte. Es war der Unfall eines jungen Mädchens. Sie hieß Dora Winter und fuhr mit dem Rad von Neu Rose nach Sontop. Unterwegs wurde sie angeschossen, eine Kugel traf sie in den Oberschenkel. Der Jäger hatte sie für ein Reh gehalten.

In Sontop wurden zum Wochenende die Straßen gefegt und geharkt. Eine Hälfte der Straße war gepflastert, die andere war eher ein Sand­weg. Dieser Teil wurde jeden Sonnabend (wie man damals sagte) ge­harkt. Wir mussten uns natürlich dieser Sitte anschließen, und so wurde unser Hofplatz, der nur durch einige gepflasterte Wege unter­teilt war, unter uns Kindern aufgeteilt und auch entsprechend ge­harkt, Sontop war ein sehr gepflegtes Dorf!

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Dorfstraße - AK Ausschnitt A. Kraft

Ich habe das Leben in Sontop während der ganzen Kriegszeit als ruhig und friedlich in Erinnerung. Es lebten im Dorf aber auch kaum polnische Bürger, so dass heftige Auseinandersetzungen, wie sie andern­orts vorkamen, nicht stattfanden. Natürlich mussten in jener Zeit polnische Menschen für die deutschen Bauern arbeiten, und auch wir hatten eine polnische Haushilfe, aber von Schwierigkeiten habe ich damals nichts gehört.

Der Ortsvorsteher Herr Lengert war natürlich Mitglied der NSDAP, das galt auch für den Lehrer Herrn Grüning. Man sah sie in ihren ent­sprechenden Uniformen. Meine jüngere Schwester erinnert sich, dass ein Junge, Siegfried Bredler hieß er wohl, unter dem Lehrer zu leiden hatte. Ich habe kaum Erinnerungen an die Sontoper Schule, da ich sie mir kurze Zeit besucht habe.

Zurück zu Neutomischel: Wir konnten bei Päschkes nicht mehr wäh­rend des ganzen Schuljahres bleiben, den genauen Grund weiß ich nicht mehr. Ich wurde daraufhin bei einer Familie in Neutomischel untergebracht, deren Name mir entfallen ist. Die Familie hatte eine Öl­mühle. Dort habe ich ein Gericht zu essen bekommen, es bestand aus Pellkartoffeln, Quark und Leinöl; unbekannt war mir bis dahin auch Biersuppe gewesen. Dass ich mich daran so genau erinnere zeigt, dass es mir wohl geschmeckt hat.

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Dorfteich mit Kirche - AK Ausschnitt A. Kraft

Zum Ende des Schuljahres war mein Aufenthalt dort auch beendet. Unsere Eltern schickten meine Schwester und mich auf eine christliche Schule: die Herrnhuter Internatsschule in Niesky, nicht weit von Görlitz. So konnten wir nur noch in den längeren Ferien, also zu Ostern und im Sommer in Sontop sein.

Im dritten Oberschuljahr mussten wir wieder die Schule wechseln. Die ständigen Fliegerangriffe machten die lange Eisenbahnfahrt und das Umsteigen in Cottbus gefährlich. Wir besuchten nun eine aus Posen ausgelagerte Schule in Unterberg, nahe Posen. Auch hier waren wir „in Pension“, bei der Pastorenwitwe Frau Kienitz in Puschkau.

Es kam das Jahr 1945. Meiner Schwester und mir gelang es nicht mehr, im Januar einen Zug nach Sontop zu erreichen, so nahmen uns Verwandte mit auf die Flucht von Posen über Leipzig nach Zwenkau und schließlich nach Herford in Westfalen. Von unserer Mutter und den beiden jüngeren Schwestern waren wir lange getrennt und ohne Nachricht. Sie waren von Sontop mit dem Kirchenältesten Richard Fenske getreckt. Das lief aber nicht alles wie geplant, und so wurden die Sontoper, mit denen meine Mutter und die Schwestern waren, von der Front überholt und von den russischen Truppen bis Gleißen(Glisno) zurückgeschickt. Sie blieben in Polen bis zur späteren Ausweisung.

Mein Vater war noch Weihnachten 1944/45 zu einem Kurzurlaub in Sontop, im Januar musste er sich in Posen zum Einsatz stellen. Seit­dem haben wir nichts mehr von ihm gehört. Der Suchdienst des DRK teilte uns mit, dass seine Einheit beim Kampf um die „Festung Posen“ eingesetzt war, und es wird vermutet, dass er dabei zu Tode kam.

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Erinnerungsstein am heutigen Friedhofseingang - Eigenaufnahme

Im Juni 2011 habe ich, begleitet von meinem Mann, Sontop wiedergesehen. Ich konnte mich noch gut orientieren und erkannte vieles wieder. Sehr herzlich wurden wir von Pfarrer Szulcik begrüßt und mit Kaffee bewirtet. Ein schöner Anblick war die wunderbar gepflegte Kirche, und besonders freute mich die Erinnerungstafel am Eingang des Friedhofs.

 

Die Hebamme von Neutomischel – um 1830

geschrieben von Gudrun Tabbert
(B. Roy / Ergänzungen G. Tabbert)
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Der Beruf der Hebamme – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Eucharius_R%C3%B6%C3%9Flin_Rosgarten_ Childbirth.jpg?uselang=de

In den letzten Tagen gingen über die Medien in Deutschland viele Diskussionen über den Beruf der freiberuflichen Hebamme.

Wie war es aber eigentlich in früherer Zeit ? – Berthold Roy dessen Mutter die einzige Hebamme ihrer Zeit  in Neutomischel und den Hauländereien gewesen sein soll, hat seine Erinnerungen an sie in seinem Buch „Kind, Jüngling, Mann“- erschienen im Jahr 1895-  schriftlich festgehalten.  Man kann aus diesen einen kleinen Eindruck über das Leben einer Geburtshelferin jener Zeit gewinnen.

Nicht näher eingegangen wird auf die Schwierigkeiten bei einer Geburt, der Gefahr für die Mutter, den wenigen Hilfsmitteln, die eigentlich zur Verfügung standen und auch nicht auf die hohe Kindersterblichkeit.

Am Ende des Artikels wurde ein kleiner genealogischer Lebenslauf dieser bemerkenswerten Frau Brettschneider verehelichte Roy hinzugefügt.

* * *

„ … Ganz anders geartet (im Wesen als der ruhige Vaters) war mein Mütterchen.. Sie stammte aus Schlesien und war um mehrere Jahre älter als mein Vater. – Sie mag wohl unsere Haupternährerin gewesen sein. Sie war, wie dies ja bei der Mutter selbst des großen Sokrates der Fall war – Hebamme. – Diesen Beruf hatte sie ergreifen müssen als kinderreiche Wittwe eines ohne Hinterlassung von Vermögen verstorbenen Arztes, der aus dem damals französischen Saarlouis stammend, während der napoleonischen Zeit hier, wo ein Arzt fehlte, sich niedergelassen hatte.

Meine Stiefgeschwister – es waren noch welche aus erster Ehe des Arztes vorhanden – waren mit zunehmenden Jahren behufs Erlernung irgendeines Berufes, nach und nach aus dem Hause getan worden.

Meine Mutter war damals die einzige Hebamme weit und breit, nicht nur für das Städtchen, sondern auch für die ringsum sich meilenweit in die Ferne erstreckenden Hauländereien. Wenn man nun bedenkt, dass, wie schon oben erwähnt, die Gehöfte und Besitzungen der einzelnen Hauländer von Zäunen umgeben, und die einzelnen Arten des Besitztums wiederum von Zäunen umfriedet waren,  (es war üblich über diese erwähnten Zäune zu steigen um den Weg zu seinem Ziel abzukürzen, da die Wege sich so durch die Landschaft schlängelten, dass ihre Nutzung zu mehr als großen Umwegen führten) so sagt an, welche kernige Gesundheit muss nötig gewesen sein, um über 40 Jahre hindurch bei Reich und Arm, im Sommer und Winter dem „Storch“ die Beute abzunehmen. Das zehnte Mal vielleicht wurde sie mit der Fuhre abgeholt, weil arme Häusler und Tagelöhner keine beschaffen konnten. – Auf solche menschlichen Familienverhältnisse nimmt eben weder Sturm, Hagel, Schnee und Nebel eine Rücksicht. – Die Zeit ist da, und das vor den Toren des Erdenlebens stehende Menschlein begehrt stürmisch den Eintritt, um vielleicht dereinst, als ein gebrochener Greis, froh zu sein, die Uniform des Erdenpilgers in die Grabkammer hängen zu können.

Wie gesagt, oft im härtesten Winter, beim schlimmsten Unwetter, bei Nacht und Nebel, bei Sturm und Regen, zu Zeiten, wo man keinen Hund hinaus gejagt haben würde, wurde sie zur Ausübung ihres Berufes geholt, und kaum heimgekehrt, froh, ein wenig der Ruhe pflegen zu können, schon wieder herausgeklopft, um vielleicht weithin zu blutarmen Leuten, über Wurzel und Stein zu „stolpern“, wie sie es launig nannte. Manchmal war sie zu früh geholt worden, so dass sie Tage lang, vielleicht nur auf einer harten Bank schlummernd und bei so gut wie keiner Verpflegung an Ort und Stelle bleiben musste, während wir Kinder des Anblickes unserer so sehr von uns geliebten Mutter entbehren mussten. Mir lag dann noch besonders die Obhut und Verpflegung der jüngeren Geschwister ob.

Statt nun in solchen Fällen, den verdienten Lohn für ihre Mühen zu empfangen, musste sie selbst in die Tasche greifen und für die ihr anvertrauten Ärmsten, Mutter und Kind, sorgen, in Hütten und Wohnungen, wo, wie sie immer witzig sagte; „nicht weniger als Alles fehle“ und „wo der Hunger Schildwacht stände“.

Witzig, gesprächig und leutselig, wie mein Mütterchen war, konnte sie eine ganze Tafelrunde unterhalten. Von Natur war sie klein und untersetzt; im Wesen hurtig und betulich. Sie, welche den Wert der Zeit so sehr kennen lernten, mochten, bei all ihrer Herzensgüte, langsame Leute nicht um sich leiden. „Dreht Euch, dreht Euch“ höre ich sie noch heute ausrufen, wenn man ihr eine Leistung langsam verrichtete. Immer hilfsbereit, konnte sie dem Dürftigen nie etwas abschlagen, und ihr wohltätiger Sinn wurde leider oft missbraucht. – Wenn man sie dieser halb zu tadeln wagte, erwiderte sie kurz: „Das wird der liebe Gott einmal meinen Kindern wiedergeben.“

Dabei war sie eine wirklich kluge Frau, eine „Sage femme“, wie ja die Franzosen die Hebamme nennen. Ihr Rat wurde von weither eingeholt, da auch der Ärztedienst zu damaliger Zeit viel zu wünschen übrig ließ, und der einzige im Städtchen wohnende Kreis-Wundarzt bei den Leuten nicht beliebt war. Die Frauen zumal bezeigten meinem Mütterchen unbegrenztes Vertrauen. Des Sonntags, wenn sie zur Kirche in das Städtlein kamen, war unser Stübchen oft gefüllt von ihnen. Für ihre Kuren nahm die Mutter keine Bezahlung an, jedenfalls durfte sie es nicht, ohne wegen gewerbsmäßiger Ausübung der Heilskunde amtlich belangt zu werden. Lebte sie unter der heutigen gesetzlichen Anschauung dieser Dinge, so würde sie uns ein Vermögen hinterlassen haben. – Ihre Heilungen müssen ihr geglückt sein, sonst hätte sie nicht bis in ihr hohes Alter solchen Zulauf gehabt. –

Ich entsinne mich, sie nie vor dem 72. Lebensjahre je ernstlich krank gesehen zu haben, trotzdem sie den ununterbrochenen Dienst einer Heldin durch mehrere Jahrzehnte hindurch geleistet und viele Tausende von kleinen Erdenbürgern in das Dasein geleitet hat.

Endlich musste auch sie, die langjährige Kämpferin gegen Not und Elend, auf ihrem Ehrenfelde die Waffen strecken vor einer Krankheit, die sie sich durch Erkältungen, unaufhörliche Anstrengungen und Entbehrungen bei ihrem Beruf zugezogen, nämlich vor Gicht und Rheumatismus. Sieben lange, lange Jahre hat sie mit dem Feinde auf dem Siechbette gerungen. Keine Liebe, die sie so reichlich gesäet und nun so reichlich erntete, konnte ihr helfen. 1880 schloss sie ihre Augen.“

 * * *

Eine bemerkenswerte Frau

Johanna Friederika geborene Brettschneider, so hieß die Mutter, deren Name von Berthold Roy in seinen Erinnerungen nicht ein einziges Mal erwähnt wurde, wurde um 1804 in Przemko / Primkenau in Schlesien – dieses unter dem Vorbehalt der richtigen Entzifferung der Kirchenbuch Eintragung – als jüngste Tochter des dortigen Bürgers und Schuhmachers Balthasar Gottlieb Brettschneider geboren.

Aus ihrer Lebensgemeinschaft mit dem Batallionsarzt Johann Philipp Jacob Thomas (geb. ca. 1767) stammten (u.ü.V.) die Kinder:

In den Erinnerungen heißt es zwar, dass Johanna Friederika Brettschneider als Wittwe Thomas gegolten hat, aber so wie die Geburtseintragungen der Kinder vorgenommen wurden, waren die beiden nicht „offiziell“ verheiratet.

Zu wann genau dieses Paar Thomas-Brettschneider in Neutomischel eintraf ist nicht bekannt. Zu vermuten ist, das es nach Dezember 1826, ihr Sohn Hugo Friedrich wurde noch in Wollstein geboren, gewesen ist; 1830 wurde bei der Geburt der Tochter Emilia Juliana Friederika Charlotta Neutomischel als Geburtsort angegeben.

Vielleicht war aber auch der Tod der Maria Dorothea Heydrich verheiratete Schulz geb. ca. 1756 und verstorben am 19 Mai 1828 der Auslöser, das dieses Paar nach Neutomischel kam, denn diese war laut Vermerken im Kirchenbuch als Hebamme in Neutomischel tätig gewesen.

Johann Philipp Jacob Thomas verstarb am 16. Januar 1833 in Neutomischel.

Nach dem Tod ihres Lebenspartners kam am 28. September 1835 in Neutomischel die Tochter Johanna Maria Brettschneider zu Welt; sie ehelichte später den Schlossermeister August Bielke.  Am 06 Mai 1839 folgte die Tochter Juliana Friederika Brettschneider, welche am 12. Oktober des gleichen Jahres verstarb.  Bei beiden Geburtseintragungen ist als Beruf der Mutter – Hebamme –  im Kirchenbuch eingetragen; der Vater oder die Väter sind nicht erwähnt.

Am 17 Oktober 1839, im Alter von ca. 35 Jahren, und etwas mehr als 6 Jahre nach dem Tod ihres langjährigen Lebenspartners schloss Johanna Friederika Brettschneider dann die Ehe mit dem ca. 14 Jahre jüngeren Johann Carl Heinrich Roy (geb. 12 März 1818 in Neutomischel) – einem Schuhmacher aus Glinau. Dem Haushalt gehörten nun vermutlich an: Albert (ca. *1819) – 20 Jahre, Johann August Heinrich (ca. *1821) – 18 Jahre,  Friedrich Oswald (*1823) – 16 Jahre, Hugo Friedrich (*1826) – 13 Jahre,  Rudolph Oscar (*1832) – 7 Jahre und  Johanna Maria (*1835) – 4 Jahre. Die Älteren der Kinder könnten aber ebenso gut schon aus dem Haus “getan” worden sein, wie es im vorstehenden Text heißt, da mit in etwa 13 Jahren die Schulzeit beendet war und die Kinder dann in die Lehre gegeben worden waren.

Hier sei eingeschoben, das die so genannte „Buttermilchgasse“, die in den Erinnerungen als Wohnsitz der Familie Roy erwähnt wurde, erst im Jahr 1888 nach Neutomischel eingemeindet wurde, und bis zu diesem Jahr zur Landgemeinde Glinau gehörte. Nur – in vielen Erzählungen und auch hin und wieder in den Kirchenbucheintragungen geraten die Grenzen der Stadt und der Gemeinden etwas „durcheinander“.

Aus dieser Ehe stammten dann noch die Kinder:

Den vermutlich nach dem Tod ihres Lebenspartners Johann Philipp Jacob Thomas im Jahr 1833 aufgenommenen Beruf der Hebamme übte Johanna Friederika Brettschneider verheiratete Roy auch nach Ihrer Eheschließung weiterhin aus. Es heißt, dass sie 40 Jahre als Hebamme tätig gewesen ist.

Sie galt als die Haupternährerin der Familie.

Am 25. März 1880 verstarb Johanna Friederika Roy geborene Brettschneider nach 7 jähriger Krankheit

Zum Schluss noch eine kleine Statistik –  eingetragene Taufen im evangelischen Kirchenbuch von Neutomischel-

Schiedsspruch im Jahr 1757 zum Nachlass des George Rausch aus Sontop

geschrieben von Gudrun Tabbert
(1757 Schreiber der Schultzen von Glinau und Paprotsch / Transkription Gudrun Tabbert)
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[1.166]

Kopie des Schiedsspruches aus dem Jahr 1757, Quelle: Staatsarchiv in Poznan, Dokumenty wiejskie (Landdokumenten) sign. 369 http://szukajwarchiwach.pl/53/973/0/-

Am 26 Mai 1757 kam es durch die Schultzen-Gerichte aus Glinau und Paprotsch zu einem Schiedsspruch in Sachen der Erbauseinandersetzung des Nachlasses des George Rausch aus Sontop.

Wir erfahren, dass der George Rausch zweimal verehelicht gewesen war. Die erste Frau ist vermutlich verstorben; aus dieser Ehe scheinen 2 Söhne und 1 Tochter zu stammen. Die zweite Ehe schloss er dann mit Maria Giering, auch hier sind Kinder, 2 Mädchen, in der Erbfolge. Marie Giering verwittwete Rausch schloss dann eine weitere Ehe mit Johann Friedrich Jäger, dieser wurde auch zum Stiefvater einiger Rausch Kinder.

Wir würden uns freuen von den Genealogen, die sich mit einer der erwähnten Familien beschäftigen hier nähere Daten zu erfahren !

Zu guter Letzt wäre noch zu erwähnen, dass diese Transkription nach bestem Wissen aus dem handschriftlichen Text erstellt wurde. Das Original ist zu finden im Staatsarchiv in Poznan unter  Dokumenty wiejskie [Landdokumenten] Signatur 369 [http://szukajwarchiwach.pl/53/973/0/- [1.167]]. Der Text im Original lautet:

Weile so viel Streitigkeiten wegen des seeligen George Rauschens nachgelassenen Kindern entstanden und so viel Versäumniß darüber geschehen, auch niemahlens zum rechten Endzweck kommen können.

Auch am Hofe viele Turbation und Verdruß erwecket worden, sogar daß Ihro Hohe Gnaden der gnädige Herr von Majaschevski einen Ausspruch gethan, wie dieser Sache beyzulegen sey, und nach Wahl 2 Unpartheyischer Gerichten darzu consentiret, nehmlich das Paproste und Glinauische, welche nebst deren Freunden und Vormündern diese Sache auf das Genaueste untersuchen und beylegen sollen, auch mit Consens der Beyden Rausche von Sontop solches vorgenommen, und Sie auch in allen und jeden Puncten, so wir es von Scholtzen und Gerichten nebst ihren Beysein taxiret und ausgesprochen zu Frieden gewesen, auf jede Untersuchung auch befraget worden, ob es ihr Consens mit sey, darauf sie allemahl ihren Willen darin gegeben, und nichtes eingewendet haben, vielmehr gesagt, daß wenn nur die Kinder viertzig Reichsthaler ein jedes zu ihrem Vater-Erbe bekämen, so wären Sie zu frieden, nach den andern Vermächtnüß frügen Sie nicht, sondern ließen es sich gefallen, waß auf die Kinder an Kleidung fallen kann.

Allso ist das Guth mit Consens taxiret worden, und zwahr von denen Freunden, welche Scholtzen und Gerichten mit eingewilliget 600 Rthlr. Hernach ist an Baarschafft und ausstehenden Schulden gewesen nach Aussage George Stürtzebechers, welches Er behaupten kann 95 Rthl. von diesen 95 Thlr. sind 15 Thlr. auf das Begräbnüß gerechnet worden, verbleiben allso nur 80 Thlr an Baarschafft und allso 680 Rthler.

Diese Summa ist getheilet an Mutter als Kinder, und bekömmt jeder Theil 340 Rthl: Weil aber die Tochter ersterer Ehe apporte 9 Rthl. zufordern hat, nehmlich an Keßel, Fischpfanne und einen Birnstock, welches muß von der Baarschafft gezahlet werden, so werden von diesen 340 Rthl. diese 9 Rthl abgezogen und verbleiben allso 331 Rthl. : davon bezahlen die Kinder 7 Rthlr Kostüng welches der Process verursachet, und allso alle 5 Kinder dieses tragen müssen: bleiben annoch 324 Rthlr. Nun bekommen die 5 Kinder 200 Rthlr Vater-Gut. und 45 Rthlr zu denen Brautkleidern, nehmlich jedes Kind 9 Rthlr. Ferner hat der jetzige Wirth von dem Seinigen 60 Rthlr ausgezahlet, auf das Kind ersterer Ehe, macht allso zusammen 305 Rthlr. Verbleiben demnach von den 324 Rthlr. 19 Rthlr. Davon sollen die beyden Töchter ihre Bette und Hochzeit bekommen. Weile aber noch 10 Rthlr von des seeligen Vaters seinen Kleidern ausstehen, so sollen dieselbigen mit dazu genommen werden, daß allso aus den 19 = 29 Rthlr werden, und sollen diese 29 Rthlr, die letzteren beyden Töchter empffangen, auf Bette 24 Rthlr und 5 annoch auf andrer Notdürfftigen Sachen, und sich beyde darin theilen.

Dieses alles, wie es nun hier aufgesetzt, ist mit vielen Bedencken und wohl bedächtiglich so wohl von denen darzu erwehlten zwey unpartheyischen Scholtzen und Gerichten, wie auch von denen Freunden und Vormündern allso gemacht und ausgefertigt, und haben sonderlich die Freunde von Sontopp auf  unterschiedenes Befragen: ob Sie so mit allen wie es nunmehr gemacht zu frieden seyn, darauf ihren Consens darein gegeben und nichts darauf wieder mehr eingewendet Also verhoffen wird, daß Ihro Hohe Gnaden Selbsten solches wollen zu ihrer Überlegung nehmen, und nach dero hohen Disposition einen völligen Ausspruch geben. Damit nun wohl eine friedliche Endschaft erfolge.

Wir haben so viel als möglich des Unseren darbey gethan und unser Verstandt hat nicht weiter zu reichen mögen es anders ein zurichten. Beklagen nur, daß nach so vielen Process die armen Kinder letzterer Ehe einen nicht gering Einbuß tragen müssen, sondern denen zu schreiben möge welche hierzu Anleitung gegeben, und Schuld daran seyn. Erwarten dennoch von Ihro Hochgeb. Gnaden dero allergändigste Approbation und erstreben mit allen unterthänigsten Respect. Wie wir dem Buch solches mit unserem Nahmen unterschrieben auch mit unseren gewöhnl. Gerichts-Insiegel …

So geschehen Anno 1757 d 26ten May

Johann George Strauß – Scholtz, Michael Bielcken, George Friedrich Zinschcke, Johann George Hübner, Johann George Schmidt …. Judicii in der Glinauische Gemeinde

George Kahl – Scholtz, Martin Kleinitz, Christian Friedenberger, Johann George Bengsch, Johann GeorgeWelcken, .. Judicii in der Papr. Gemeinde

als Nachtragungen sind zu finden: 

a dato d 21 Dec am St Thomas Tage 1773 – sind die 2 Söhne und Elteste Frau Tochter des Weyl. Hr. George Rausch alhier nach gelaßene Erben lt Quittation Richtig und baar Ihres Erbtheils ausgezahlt von Ihrem Pflegevater Joh. Friedrich Jäger – attestiert Schultz: Andreas Seide, Gottf. Flöter, Mart. Baßler, Martin Redlich, Christian Schmied …

 a dato d 30ten April 1776 hat Tit. Johann Friedrich Jäger Nachbar alhier seinen Schwiegersohn Mstr. Johann George ..it (Nitsche?) baar laut Invendario 40 Thl.  .. 14 Thl 3 Gr nebst Vieh völlig ausgezahlet: welches wir attestiren: Schultz: Gottf. Seyde, Joha Friedrich Stölber, Mr. Joh. George Kruschel, Joachim Schultz, Christian Friedenberger …

das übrige Vermächtniß, waß sonsten die Kinder nach dem vorigen zu fordern gehabt, fält weg, sinermahles das Guth nicht tragen kann u. es hoch genurg taxiert ist. Die beyden Söhne bekommen 2 dreyjährige Stiere, Wagen, Pflug und Axt. Von denen Töchtern bekömmt ein jede zur Ausstattung 2 Kühe und eine zweyjährige Färse. Der Tochter ersterer Ehe werden die zwey Stücke Vieh abgesprochen, welche die Freunde über Verhältniß des seeligen Vaters von der Mutter pratendierten.

Letztlich wurden dann noch erwähnt

Bürgerhäuser der Stadt Grätz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Prof. Dr. Ing. Alfred Grotte (1932))
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[1.168]

Alter Markt vergl. Grundriss Abb. 55 Taf. XXVI Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Max Kunze

[1.169]

Alter Markt 13 Abb. 55 Graetz – Aufn. Baurat Rambeau – vergl. auch Taf. XXVI

Im Anschluss an die Beschreibung der Laubenhäuser von Rakwitz – Die Laubenhäuser zu Rakwitz – [1.170]folgt hier nun die Beschreibung der Bürgerhäuser zu Grätz. Der Stil der Bauten beider Städte wird immer wieder verglichen, da der Einfluß der Rakwitzer Bauweise in Grätz unübersehbar war. Häuser der älteren Bauweise der Stadt, so der Autor ,waren vermutlich bei einem verherrenden Brand im 17. Jahrhundert vernichtet worden, sodass der Wiederaufbau in Anlehnung der Bauten der Nachbarstadt erfolgte.

Quelle: Das Bürgerhaus in den Posener Landen von Professor Dr. Ing. Alfred Grotte – Digitalisiert bei der DBC – http://www.dbc.wroc.pl/dlibra – alle Bilder dieses Artikels sind der Original Veröffentlichung entnommen.

Im Jahre 1303 urkundlich zuerst erwähnt und mit Deutschem Stadtrecht versehen, besteht Grätz aus einer Alt- und Neustadt, jede mit dem typischen Grundriss der ostdeutschen Kolonialstädte erstellt. Beide Stadtteile verbindet eine gradlinig angelegte Hauptstraße. Schon zur Gründungszeit war (nach K. III, S. 65) die Zahl der deutschen Einwohner sehr beträchtlich. Beachtlich ist, dass hier aber zur gleichen Zeit, als Polen seine Grenzen gastlich den vertriebenen Protestanten öffnete, diesen alle Rechte genommen wurden und ihnen die Ausübung des Gottesdienstes von 1620-1775 verboten war.

Ein schwerer Brand im XVII. Jahrhundert scheint alle Spuren älterer Bauweise vernichtet zu haben; noch 1793 waren von 346 Bürgerhäusern nur deren vier mit Ziegeln bedacht.

Von typischen Laubenhäusern, die vordem vermutlich allenthalben am Markt vorhanden waren, ist nur das Haus Nr. 13 erhalten geblieben (Abb. 55 u Taf. XXVI). An dem Steildach dieses Hauses sowie dem der seither umgebauten Nachbarhäuser mag man den Einfluss des benachbarten Rakwitz erkennen, der sich auch in der Erstellung der luftigen Laube äußert. Aber ebenso im Grundriss, der für die Belange eines Handwerkers zugeschnitten, von Rakwitzer Mustern dadurch abweicht, dass die Küche den freien Durchgang nach dem Hofe unterbricht. Man dürfte indessen nicht fehlgehen, in dem heutigen Kontor und dahinterliegenden schmalen Zimmer diesen einstigen Durchgang zu erblicken.

Fleischerstraße 124 vergl. Grundriss Abb. 56 Tafel XXVII Graetz - Stadtbaumeister Kunze [1.171]

Fleischerstraße 124 vergl. Grundriss Abb. 56 Tafel XXVII Graetz – Stadtbaumeister Kunze

Breitestraße 192 links und Fleischerstraße 124 Abb. 56 Graetz - Aufn. Baurat Rambeau -vergl. auch Taf. XXVII- [1.172]

Breitestraße 192 links und Fleischerstraße 124 Abb. 56 Graetz – Aufn. Baurat Rambeau -vergl. auch Taf. XXVII-

Breitestraße 192 vergl. Grundriss Abb. 56 Tafel XXVII Graetz - Aufn. Stadtbaumeister Kunze [1.173]

Breitestraße 192 vergl. Grundriss Abb. 56 Tafel XXVII Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Rakwitzer Einfluss ist auch deutlich beim Hause Fleischerstraße 124 (Abb. 56 u Taf. XXVII) festzustellen, das von vorneherein mit Schank- und Fleischladen eingerichtet wurde, wodurch sich das Rakwitzer Grundriss-Schema  etwas verändert hat; der Durchgang nach dem Hofe ist jedoch erhalten geblieben. Auffallend erscheint die Giebelbildung, streng in Rakwitzer Manier, jedoch mit verputztem Fachwerkgiebel. Auch die lotrechte Leiste im Spitzdach zeigt deutlich noch das Rakwitzer Vorbild.

Kraemerstraße 276-278 Tafel XXVIII Graetz - Aufn. Stadtbaumeister Kunze [1.174]

Kraemerstraße 276-278 Tafel XXVIII Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Aus der Fülle der hier bis zum Kriegsausbruch noch vorhanden gewesenen, alten Bürgerhäuser seien nachstehend noch einige Beispiele besprochen, deren Grundrisse durchweg mehr Ähnlichkeit mit den Rakwitzer Häusern erkennen lassen als mit jenen in Fraustadt. Dies gilt besonders von Breitestraße 199 (Abb. 57 u Taf. XXVIII), wo in der rechten Haushälfte der durchgehende Flur charakteristisch ist, während in der linken Hälfte, einem Eckhause, der Durchgangsflur nach dem Hofe entbehrlich erschien. Dasselbe gilt von Krämerstraße 276-278 (Abb.58 u. Taf. XXVIII), wo die Grundrisse besonders lebhaft an Rakwitz erinnern und selbst bei dem nur 4,96m breiten Hause dieses Vorbild nachahmen. Abweichend von Rakwitz ist das vollausgebaute Obergeschoss. Lauben waren in dieser schmalen Straße nicht anzunehmen.

Auch bei den übrigen, hier wiedergegebenen Häusern bildet die „schwarze Küche“, den typischen Mittelpunkt des Hauses, so in dem ausgesprochenen Wohnhause Posener Straße 88 (Abb. 59 u. Taf. XXIX), bei dem die Treppenanlage nicht vorhanden ist und die schräge Verbretterung des Giebels, trotz erheblich flacherer Dachneigung, ebenso wie bei Breitestraße 192 (Abb. 56) an Rakwitz erinnert. Letzteres Gebäude hat als Eckhaus zwei Wohnungen mit getrennten Küchen aufzuweisen und den Eingang von der Nebenstraße. Endlich sei noch auf Posener Straße 121 (Abb. 60 u Taf. XXIX) verwiesen, eine alte Gastwirtschaft mit Fleischerei, bei der, im Gegensatz zu den übrigen Beispielen, die Bebauungstiefe gering ist, so dass die Küche direktes Licht erhalten konnte.

 

Posener Straße 88 Tafel XXIX Graetz - Aufn. Stadtbaumeister Kunze [1.175]

Posener Straße 88 Tafel XXIX Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Posener Straße 122 Tafel XXIX Graetz - Aufn. Stadtbaumeister Kunze [1.176]

Posener Straße 122 Tafel XXIX Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Breitestraße 199 Doppelhaus Tafel XXVIII Graetz - [1.177]

Breitestraße 199 Doppelhaus Tafel XXVIII Graetz –

 

Der Untergang der Schneiderzunft in der Stadt Neutomischel – 1833

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Der Schneider und seine Gehilfen - Quelle: Wikipedia – Datei:Chodowiecki Basedow Tafel 19 d.jpg – J. B. Basedows Elementarwerk mit den Kupfertafeln Chodowieckis u.a. Kritische Bearbeitung in drei Bänden, herausgegeben von Theodor Fritzsch. Dritter Band. Ernst Wiegand, Verlagsbuchhandlung Leipzig 1909.

In Neutomischel waren auch die Schneider Inhaber eines Privilegiums, welches Ihnen mit dem 17. Januar 1788 gezeichnet wurde.

Da dieses Privilegiung als nicht auffindbar gilt, können wir nicht genau wiedergeben, welche Zusagen diese Berufsgruppe bei ihrer Ansiedlung erhalten hatte und welche Pflichten sie einzuhalten hatten. Sicher ist, dass die Angehörigen dieser Berufsgruppe in einer Zunft organisiert waren.

Schneider wurden in alten Erzählungen oft als körperlich schmächtige Menschen beschrieben, schwere körperliche Arbeit war für sie ungeeignet. Den dadurch schon dem Spott ausgesetzten Angehörigen dieses Berufes wurde es nicht einfacher gemacht, mit der Ansicht,  dass die Schneiderei zudem als Frauenarbeit galt; dieses wurde in früherer Zeit mit einer Abwertung gleich gesetzt. Schneider galten schlichtweg als Verlierertypen. Selbst heute noch haben sich einige Redensarten, die dieser Berufsgruppe zugeordnet werden,  in unserem Sprachgebrauch diesbezüglich erhalten: „frieren wie ein Schneider“ ist eine – der kleine, schwache, dürre Schneider fror immer -, ein anderes Beispiel ist  „aus dem Schneider sein“ – also einer misslichen Lage entkommen sein in der sich die Schneider dauerhaft befanden.

Über die Schneider-Zunft wurde die Ausbildung geregelt, kontrolliert ob die vorgeschriebenen Wanderjahre abgeleistet waren und die Leistung der angefertigten Näh- und Bügelproben genügten um die Meisterprüfung zu bestehen und fortan den Meistertitel zu führen.,

Die Zugehörigkeit in einer Zunft hatte im 18ten Jahrhundert noch große Bedeutung und jeder war bestrebt um seine Aufnahme, oftmals war es sogar unumstössliche Pflicht dieser beizutreten um sein Handwerk überhaupt ausüben zu dürfen. Aber für diese Zugehörigkeit waren auch Beiträge zu leisten. Die Schneiderzunft wiederum pflegte das religiöse Element, wonach die Berufstätigkeit in unmittelbarer Verbindung mit der Frömmigkeit stand. Es ist zu vermuten, dass daraus ein Paragraph No. 46  im Privileg der Neutomischler Schneider entstand, in dem festgeschrieben worden war der Kirche eine jährliche Abgabe von 2 Rthlr. zu leisten.

Aber auch für diese Berufsgruppe blieb die Zeit nicht stehen. Zuerst langsam und dann immer schneller und endgültiger kamen die Veränderungen. Junge Männer siedelten sich um Neutomischel herum an und übten das Schneiderhandwerk aus. Sie waren, da sie auf dem „Land“ wohnten, nicht verpflichtet in die Innung einzutreten. Sie gedachten dieses auch nicht zu tun, da sie sich daraus keine Vorteile versprachen. Sie waren der Auffassung, dass wenn sie gute Arbeit lieferten ihnen ihre Kunden auch ohne Zunftzugehörigkeit treu bleiben würden. Sie konnten ihre Arbeiten auch günstiger anbieten als die Städter, da die Preisvorschriften der Stadt, die seitens der Innung vorgegeben waren,  für sie keine Gültigkeit hatten. Und sie sollten Recht behalten:  immer mehr Kunden suchten die Schneider auf dem „Land“ auf, sodass das Schneiderhandwerk der Stadt mehr und mehr schrumpfte.

Durch diese Entwicklung rutschte die Schneiderinnung in ihrer Existenz in die Bedeutungslosigkeit ab. Dieser Niedergang des einstmals wohl bedeutenden Gewerks mit eigenem Privileg bedeutete aber auch, dass durch die schwindenden Mitgliederzahlen keine Einnahmen mehr in die Zunftlade flossen. Der Eklat blieb nicht aus: die letzten Mitglieder des Schneidergewerk zu Neutomischel verweigerten im Jahre 1825/26 die Zahlung der 2 Reichsthaler an die evangelische Kirche der Stadt Neutomischel aufgrund leerer Kassen und nicht mehr vorhandener Einnahmen.

Der Oberälteste des Schneidergewerks Herr George Tepper, Bürger und Schneidermeister zu Neutomischel erklärte, nachdem seit Gründung des Kirchensystems immer regelmäßig die Abgabe gezahlt worden war, dass nun keine Beiträge mehr abgeführt werden würden. Die gemeinschaftliche Leistung der Abgaben sei nicht mehr gegeben. Mehr und mehr Gewerbetreibende hätten sich von der Innung losgesagt und daraus seien die Einkünfte zu schwach um noch die Zahlung an die Kirche zu leisten. Als eine weitere Begründung wurde angeführt, dass das Gewerk der Schneider nicht geschätzt werden würde und der Staat nicht in diese Abwanderung der Innungszugehörigkeit eingegriffen hätte um die Zukunft dieser zu schützen.

Dieser Auffassung konnte sich weder das evangelische Kirchen Kollegium aus Neutomischel, welches nicht auf diese Einnahme verzichten wollte, noch die eingeschaltete königliche hochlöbliche Regierung mit ihrer Abteilung für Kirchen und Schulverwaltung zu Posen, namentlich der Regierungs-Direktor von Leipziger, anschließen, so der Brief des letzteren datiert vom 12 Januar 1827. Beide vertraten den Standpunkt, dass die Schneiderinnung die Abtrünnigen Gewerbetreibenden selbst hätte verklagen müssen in die Innung einzutreten und ihre Abgaben zu leisten, dieses sei keinesfalls Aufgabe der Regierung gewesen. Die Fronten beider Partein verhärteten sich, niemand wollte nachgeben: die Schneider zahlten die Abgabe nicht und die Kirche drängte auf Zahlung und war nicht bereit auf die Einnahme zu verzichten.

Da über ein Jahr später noch immer keine Einigung herbeigeführt worden war, wurde mit dem 1. März 1828 diese Angelegenheit von höchster Stelle weiter verfolgt. Der Regierungs-Direktor von Leipziger in Posen beauftragte den Landrat des Buker Kreises die Auseinandersetzung nun doch endlich „im Guten“ zu lösen. Er erlaubte aber auch, wenn keine Einsicht gezeigt werden sollte die Zahlung zu leisten,  darauf hinzuweisen, dass geklagt werden würde.

Durch die Mittelung des Landrats des Buker Kreises vom 22. Juni 1828 bewahrheitete sich, dass die Schneiderzunft nicht nachgeben würde, diese würde mangels Vermögen nicht zahlen. Der außergerichtliche Einigungsversuch sei gescheitert schrieb der Landrat Szubert aus Buk an Posen. Der Oberälteste der Schneiderzunft Herr Tepper hätte in einer Anhörung erklärt, dass das Schneidergewerk nur noch aus 3 Mitgliedern bestehen würde und diese unmöglich in der Lage sei, die Abgaben zu entrichten. Die Forderung, dass der Staat eingreifen müsse, wurde wiederholt. Der Staat müsse die Schneider der Umgegend gesetzlich dazu bringen der Innung beizutreten, so die Forderung, dann würde die Abgabe auch wieder geleistet werden können.

Doch diese Forderung war ja bereits abgelehnt worden, der Staat sah sich nicht in der Zuständigkeit gesetzlich einzugreifen. Durch diesen Beschluß und der Weigerung der Schneiderzunft ihrer Zahlungsverpflichtung nachzukommen wurde seitens der königlichen hochlöblichen Regierung aus Posen mit Datum vom 28. Juni 1828  die Erlaubnis an das Evangelische Kirchenkollegium der Stadt Neutomischel erteilt die Schneiderzunft der Stadt Neutomischel auf Zahlung der im Privilegium vereinbarten Abgabe zu verklagen.

Von 1828 bis 1833 finden sich dann keine Hinweise mehr in Bezug auf diese Auseinandersetzung.

Eine Verhandlung Anfang 1833 vor dem Magistrat in Neutomischel abgehalten, zu der die Herren Tepper und Sperling, beide Schneidermeister zu Neutomischel, vorgeladen gewesen waren, führt wieder zu keinem Ergebnis. Aber der Magistrat hatte dieses aus welchem Grunde auch immer „vergessen“ dem Landrat in Buk mitzuteilen. Mit Schreiben vom 03. May 1833 übersandte der Landrat aus Buk, der zu diesem Zeitpunkt von der Verhandlung in Neutomischel Kenntnis bekommen hatte, an die königl. hochl. Regierung in Posen, einige Einzelheiten und Feststellungen die zu Protokoll genommen worden waren:

  1. „dass die Schneiderzunft kein Vermögen besitzt“
  2. „dass von den zur Zunft gehörenden und in Neutomischel wohnenden neun Schneidern nur fünf noch das Gewerk betrieben“
  3. „dass die auf dem Lande wohnenden Schneider an den Versammlungen der Zunft weder teilnehmen noch die zur Erhaltung der Zunftverbandes nötigen Beiträge geben wollen“
  4. „dass die nichtzünftigen Schneider auf dem Lande den Erwerb der zünftigen Meister schmälern und“
  5. „dass die in der Stadt wohnenden Schneider bei dem Ausbleiben der Beiträge die Existenz der Zunftverbandes nicht mehr gesichert und sich deshalb veranlasst fanden, die Gewerkslade dem Magistrat zu übergeben und damit gleichzeitig den Zunftverband als aufgelöst zu erklären“

Weiter schreibt der Landrat Szubert allerding auch: Der Magistrat hat mir hiervon keine Anzeige gemacht und deshalb ist die Auflösung der Zunft auch nicht mit Genehmigung des Staats geschehen, ich halte demnach aufgrund des Gesetzes vom 7 Sept. 1811 §§ 15,16 bis 28 / Gesetzessammlung pro 1811 pag: 263 dafür, dass das Schneidergewerk noch als fortbestehend betrachtet und deshalb zur Befriedigung der evgl. Kirche angehalten werden kann …“ In der Anlage dieses Berichtes wurde das vom Magistrat Neutomischel an den Landrat Buk übergebene Privileg der Schneiderzunft nach Posen gesandt.

Im Brief aus Posen vom 21 Juni 1833 als Erwiderung auf diesen Bericht erhielt der Landrat die Anlagen – somit vermutlich auch das Privileg – wie zurück und wurde angewiesen, von der, vom Landrat in Buk und von der Regierung in Posen immer noch als bestehend betrachteten Schneiderzunft die Rückstande der Kirchenabgaben einzutreiben.

Zu den Akten hieß es am 27. Oktober 1833 – die rückständigen Beiträge waren eingezogen worden und an das evangelischen Kirchen-Kollegium abgeführt. Die mit der Zahlungsverweigerung im Jahre 1825/26 begonnene Auseinandersetzung um die jährliche Zahlung von 2 Thalern galt als beendet.

Dieses abschliessende „Zu den Akten“ dokumentiert aber auch das Ende der Schneiderzunft in der Stadt Neutomischel.

Wer schlussendlich die Zahlung geleistet hatte, konnte aus dem gefundenen Schriftverkehr nicht ersehen werden. Waren es die ehemaligen Mitglieder der Schneiderzunft gewesen oder gar der Magistrat, der es versäumt hatte, die Auflösung der Schneiderzunft dem Landrat in Buk mitzuteilen?

* * *

Verwendetes Aktenmaterial:  http://szukajwarchiwach.pl/53/893/0/17.82/5379 [1.179] 893/Das evangelisches Konsistorium in Posen, Signatur 5379  [Entrichtung eines Zinses der Schneiderzunft im Betrage von 2 Rthlr. jährlich an die evangelische Kirche zu Neutomischel /Nowy Tomyśl/]

 

 

 

 

 

 

Blenke / Blinek – Erinnerungen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Nacherzählung von Gudrun Tabbert)
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[1.180]

Blick vom ehem. evgl. Friedhof zum Dorf – PM

Blenke, das heutige Blinek, damals und heute ein Dorf über das niemand Besonderes berichtet. Es ist 11 km nördlich von Rakoniewice/Rackwitz und 8 km westlich von Grodzisk/Grätz auf einer Waldlichtung gelegen.

Aus Randbemerkungen anderer Beschreibungen war zu entnehmen, dass die Ansiedlung Blenke von Hauländern vermutlich um das Jahr 1720 stattgefunden hat.

In der „Posener Stimme“ No. 7 aus dem Jahr 1957 erschien die von Gerhard Wilhelm verfasste Erzählung  „Das Brot unserer Erde“. Es handelt sich um eine Geschichte in der die Erinnerungen des Urgroßvaters des Autoren (vermutlich aus der Zeit von 1860-1900) und dessen Nachfahren dann bis 1945 erzählt wurden.

Diese Nacherzählung basiert auf diesen Artikel. Sollte einer unserer Leser weiteres zu diesem Dorf beisteuern oder das ein oder andere Ereignis näher datieren können, so würden wir uns über Zuschriften unter einer unserer E-Mail Adressen freuen.

* * *

[1.181]

Sicht ins Dorf vom heutigem kath. Friedhof – PM

Wie schon eingangs geschrieben hatte die Ansiedlung der ersten Einwohner vermutlich um 1720 stattgefunden. Zu Beginn sollen 6 Höfe das Dorf gebildet haben. Der Grund und Boden wurde, so die Erzählung, vom Besitz des Gutes Friedenfeld abgeteilt. Durch Teilung dieser ersten Höfe bei der Vererbung an die Nachkommen vergrößerte sich die Ansiedlung nach und nach. Der Ort selbst war von überwiegend Nadelwald umgeben, nur vereinzelt fanden sich auch Birken und Eichen.

Im Süden des Ortes reichte der Wald in den Erinnerungen noch nah an die Anwesen heran. Die Wege und auch die Entwässerungsgräben waren rechts und links mit Erlen und Pappeln begrenzt. Die Bewohner lebten von der Landwirtschaft.

Durch den Ort führte eine schmale Dorfstraße, welche vermutlich nach unserem heutigen Verständnis eher als ein etwas breiterer Sandweg gelten würde.

Viele der Siedler der Hauländereien führten die gleichen Familiennamen – Tepper, Hoffmann, Rau, Gellert oder Kernchen – um nur einige Bespiele zu nennen waren zahlreich vertreten. Ebenfalls war es eine Eigenheit jener frühen Zeit immer die gleichen Vornamen zu verwenden. Johann, als erster Name der Jungen, gefolgt von Gottlieb, Gottfried, Gustav, Carl, Wilhelm und Martin oder August bei den Jungen oder Johanna als erster Vorname der Mädchen gefolgt von Dorothea, Beata, Rosina, Maria, Juliana, Augusta oder Wilhelmina, jeweils nur in leicht veränderter Reihenfolge, die Kinder erhielten meist 4 Vornamen bei ihrer Taufe, sind von Generation zu Generation zu finden.

Um nun aber eine Unterscheidung zu demjenigen zu haben, über den man z. B. eine Unterhaltung führte wurde den Namen ein Zusatz angefügt. Bei einer Erzählung zu einer Familie Hildebrandt aus der Colonie Juliana war uns schon einmal aufgefallen, dass man diese als die des Huben-Hildebrandt bezeichnete. Eben jenem Begriff „Hube“ begegnen wir auch wieder in den hier nacherzählten  Erinnerungen – der Urgroßvater sprach von der Ernte der „Hinterhube“. Die Bezeihnung Hube soll sich ableiten von der Hufe dem früheren Flächenmaß für die Größe der Länderei und dem wichtigsten Besitz des Siedlers. Es wurde in Blenke und Umgebung also eine Art Niederdeutsch gesprochen, welches sich auch in der Begrüßung von Besuchern wiederspiegelt: „Schien Willkumm!“ soll es früher geheißen haben, wenn jemand als Gast eingetroffen war.

[1.182]

… viel Zeit ist vergangen – PM

Eine der Erinnerungen war die an einen Brandstifter im Ort. Seinen Anschlägen waren die Scheunen von Kühn und dem Gastwirt Jaeschke zum Opfer gefallen. Bei Wilhelm selbst waren neben der Scheune auch noch die Stallungen niedergebrannt. Bei Schulz waren das Haus und der Stall zerstört worden; und es waren Menschen zu Schaden gekommen; der Vater hatte versucht sein Kind zu retten, bei diesem Versuch waren jedoch beide in den Flammen umgekommen. Der Brandstifter soll zwar gefasst worden, aber ihm soll auf dem Weg ins Gefängnis die Flucht, dieses lt. Erzählung letztlich nach Amerika, gelungen sein.

In der Nähe des Wilhelm Anwesen hatte sich die Dorfschmiede befunden.

Ein alter Bohlenstall, der auf dem Heinrich Hof (letzter Besitzer Alfred Heinrich) als Holzschuppen genutzt worden war, galt als Gebäude aus viel früherer Zeit und es hieß von ihm, dass er dem Gut Friedenfeld als Schafstall gedient hatte.

[1.183]

Kapelle auf dem heutigem kathl. Friedhof, im Vordergrund der Rest eines der oft erwähnten Baumriesen – PM

Im Dorfkrug, als Nebenerwerb von einem Bauern betrieben, in der Mitte des Dorfes gelegen, hatte es zu Fastnacht und Kirmes, also 2-mal im Jahr eine Tanzveranstaltung gegeben. In jener Zeit war der Einfluss der Kirche noch so groß, dass jede weitere über diese 2 Veranstaltungen hinaus, als Sünde verdammt worden war.

Blenke verfügte über einen eigenen evangelischen Friedhof. Unterhalb von diesem, verlief ein Waldweg nach Jablone. Dieser Weg wurde für die Kirchgänge der Dorfbewohnern genutzt; da das Dorf Blenke nach Jablone eingepfarrt gewesen war.

Es wird auch von einem weiteren Johann Gottlieb Wilhelm (v. geb. 15 Jun 1832 zu Blenke), der nicht in direkter Verwandtschaft zu dem Urgroßvater des Erzählers gehörte, berichtet. Dieser war in Blenke Abbau, also außerhalb der Ortschaft, ansässig gewesen. Bei einem Besuch einer Hochzeit in Schwarzhauland, war dieser durch ein scheuendes Pferd erschlagen worden.

Eine weitere Erinnerung, die sich in der Erzählung findet, war die an den Lehmann Hof. Für diesen fanden sich keine Nachkommen der Familie, die die Landwirtschaft übernehmen wollten. Es war eine große Sorge der Dorfbewohner gewesen, dass der Hof an einen „Auswärtigen“ verkauft werden würde. Mit dieser Aussage findet sich bestätigt, dass „Fremde“ keine bzw. kaum Chancen hatten in die Gemeinschaften der Hauländer aufgenommen, toleriert und akzeptiert zu werden. Dieses „Unheil“ einen Fremden aufnehmen zu müssen, erübrigte sich dann aber damit, dass letztlich ein in Berlin geborener Enkel, Erich Lehmann, den Hof übernahm.

[1.184]

Grabplatte des Lehrers Gustav Rösler auf dem ehem. evgl. Friedhof – PM

Im Ort hatte es den Hof des Reich gegeben. Dieser war auch der Pächter der Gemeindejagd gewesen.

Es wird noch von den Kindern erzählt, die sonntags festlich gekleidet gewesen waren. 1933 war die Schule seitens der Behörden geschlossen worden, da die Kinderzahl zu gering gewesen sein soll; die Kinder mussten dann in die Schule nach Jablone. Zu Fuß war der Weg im Winter sehr beschwerlich und für die kleineren nicht zu bewältigen gewesen. Die Dorfbewohner hatten aufgrund dieser Schwierigkeiten eine „Schulfuhre“ organisiert, die im Wechsel geleistet worden war, um den Kindern den Schulbesuch dennoch zu ermöglichen. – Ein Kinderstreich besonderer Art war es gewesen den Nachtwächter des Dorfes, er war dafür bekannt gewesen die meisten Nächte tief und fest zu verschlafen, einmal im Schlaf, unbemerkt von ihm, an einer Bank auf der er ruhte, festzubinden. Er hatte um Hilfe rufen müssen als er wach geworden war, weil er sich nicht hat selbst befreien können.

Lehrer des Ortes waren Gustav Rösler, mit 30 Amtsjahren (sh. Grabplatte), Weckert, Jakob, Röhr, Kunert und Bothe gewesen. Einmal soll der Enkel von dem Rösler aushilfsweise in Blenke unterrichtet haben.

Von Johann Gottlieb Wilhelm – geb. 11.10.1833, gest. 25.09.1902, dem Urgroßvater des Autoren, der 55 Jahre nach dessen Tod die Erinnerungen aufschrieb, ist aus dem Artikel zu erfahren, dass er 12 Jahre der Gemeindevorsteher in Blenke gewesen war. Er war mit Pauline Auguste geborene Klopsch geb. 11.05.1838 aus Tarnowo verheiratet gewesen, welche am 16.03.1919 verstarb. Als seine Vorfahren, die auch in Blenke ansässig gewesen sein sollen, gelten Johann Traugott Wilhelm, geboren ca. 1798, verstorben 03 Okt 1846 und verheiratet mit Eheschliessung per 25. Nov 1827 mit Anna Eleonora geborene Müller und dessen Vater George Friedrich Wilhelm geb. ca. 1759, verstorben 21.03.1834 und verehelicht gewesen mit Anna Elisabeth geborene Jaekel . Von der Familie des Johann Gottlieb Wilhelm erfahren wir noch, dass ein Sohn durch ein Zerwürfnis in die „Fremde“ gegangen war und erst sehr viel später, er war in Hamburg ansässig gewesen, nochmals Blinek besucht hatte. Ein anderer Sohn hatte nach dem Nachbarkirchspiel Rotenburg geheiratet. Zwei weitere Söhne waren vermutlich als Erben des Hofes im Ort ansässig gewesen.

Die Kirchturmuhr – Baujahr 1843

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[945]

Bild der Kirche mit Turm und Uhr aus der Chronik

Auf alten Postkarten begegnen wir der Kirchturmuhr von Neutomischel immer wieder. Ob die in diesem Artikel aus den Jahren 1842-1845 beschriebene Uhr wirklich diese ist, die auf den Postkarten dargestellt ist, oder schon eine Nachfolgerin wissen wir nicht. Genauso wenig wissen wir was nach Abbruch des Turmes eigentlich aus „ihr“ geworden ist.

Alles begann mit dem am 13. Oktober 1842 gestellten Antrag des damaligen Pastors Lange aus Neu Tomysl an die  Königliche Hochlöbliche Regierung – Abteilung für Kirchen- und Schulwesen zu Posen mit der Bitte der Genehmigung zur Anschaffung einer Turmuhr. Pastor Lange führte aus, dass die Finanzierung aus dem der Kirche hinterlassenen Vermächtnis des Martin Redlich (v. Martin Redlich, Eigentümer zu Zinskowo geb. ca. 1741 verstorben 1837 und Ehepartnerin Christina Kuck geb. ca. 1752 verstorben 1832) , der Kirchenkasse und aus Beiträgen der Stadt- und den Landgemeinden erfolgen könnte. Im Dezember 1842 wurde dann abgeschlossen der:

Bau-Contract für die Thurmuhr der evangelischen Kirche zu Neutomysl

Zwischen dem hiesigen Kirchen-Collegio und dem Uhrmacher Valerius in Züllichau ist unter heutigem Tage folgender Bau-Contract geschlossen worden:

§ 1   Es verspricht der Uhrmacher Valerius in Züllichau für den Thurm der hiesigen evangelischen Kirche eine Thurmuhr anzufertigen und sie in dem Zeitraum von einem Vierteljahr ganz fertig und gut herzustellen. Diese Uhr soll dreißig Stunden gehen, Viertel- und ganze Stunden schlagen, und vier vergoldete Zeiger, einen neuen Anstrich der Zifferblätter und Gewichte von Gußeisen erhalten, gegen die von beiden Theilen festgesetzte Summe von Zwei Hundert Vierzig Thaler unter dreijähriger Verpflichtung für die Tüchtigkeit der Arbeit

§ 2   Der Uhrmacher Valerius verspricht ferner für Fuhren und Beköstigung während der Aufstellung der Uhr selbst Sorge zu tragen, ohne eine besondere Vergütung dafür zu verlangen.

§ 3   Dagegen macht sich das Kirchen-Collegium verbindlich dem Uhrmacher Valerius unter der Voraussetzung, daß er seiner übernommen Verpflichtung nachkommen werde, die verabredete Summe von Zwei Hundert und Vierzig Thalern in drei Terminen und zwar den ersten sogleich bei der Herbeischaffung der Uhr mit fünf u neunzig, den zweiten nach Vollendung des Baues, nachdem das Werk von einem unparteiischem Sachverständigen als tüchtig und anschlagsmäßig befunden worden, mit fünf und neunzig und den dritten nach Ablauf der verpflichteten drei Jahre von der Zeit der Aufstellung angerechnet – wenn sich nehmlich keine Mängel u Fehler während dieser Zeit herausgestellt haben, den Rest mit fünfzig Thalern auszuzahlen.

§ 4   Beide Theile haben diesen Contract in gleichlautenden Exemplaren ausgefertiget und eigenhändig unterschrieben

J. Valerius – Uhrmacher aus Züllichau >< Das evangelische Kirchencollegium Lange, Seyde, Janotte, Bielke, Kurz, Töpper

Neutomischel den 28. Dcbr. 1842 –  Nachtrag zum Contract zwischen dem evangelischen Kirchen Collegium zu Neutomysl und dem Uhrmacher Valerius zum § 1 Die von dem Uhrmacher Valerius für die evangelische Kirche zu Neutomysl zu fertigende Thurmuhr soll bestehen

 1.

[1.185]

Kirchturmuhr Chlastawa - Chlastawe - Eigenaufnahme

1. aus einem perpendiculairen Uhrwerk, und einem horizontalem Stunden und einem dergleichen Viertelstundenwerk

2. aus einem Hauptrade im Uhrwerk von ein Fuß Diameter, ruhender Hemmung oder Lepante’schen Stiftergang, aus einer Pendelstange von 5 Fuß Länge und aus einer 12 Pfund schweren Linse im Federn hängend. Das Hauptrad wird

3. im Viertelwerk 1 Fuß 2 Zoll, das des Stundenschlagwerkes 1 Fuß Diameter, und beide Schlagwerke sollen einschließlich ihrer Stäbe, zu Glocken von 12 bis 20 Ctr. Gewicht angelegt sein. Sämtliche Haupträder inclusive einiger feiner von Messing zu verarbeitenden Rädern, so wie den Wellbäume sollen

4. aus Schmiedeeisen und sämtliche Getriebe aus englischem Gußstahl gearbeitet sein. Außerdem soll

5. wie es im § 1. des Contracts ausgedrückt worden, die zu fertigende Uhr 30 (dreißig) Stunden gehen, Viertel u ganze Stunden schlagen, zu vier Seiten zeigen, vier vergoldete Zeiger, Gewichte von Gußeisen und die vier Zifferblätter einen neuen Anstrich erhalten und endlich soll

6. das Uhrgestell 5 Fuß lang, 1 Fuß 4 Zoll breit und aus starken Schmiedeeisen gefertigt sein.

Der Uhrmacher Valerius verspricht diese Uhr in der vorstehend näher angegebenen Beschaffenheit und wie es im § 1 des Contracts vom 28. December 1842 bereits festgesetzt worden in dem Zeitraume von einem Vierteljahr fertig und gut herzustellen auch die sonstigen contractlichen Bestimmungen zu erfüllen.

 2.

Das evangelische Kirchen Collegium acceptirt den von Hr. Valerius eingegangenen Verpflichtungen überall verspricht auch seinerseits die Erfüllung der von demselben übernommenen contractlichen Verbindlichkeiten.

Beide Theile genehmigen vorstehenden Nachtrag überall.

Neutomysl d. 16. Februar 1843  das evangelische Kirchencollegium Lange – Pastor  ><  Züllichau d. 15. Februar 1843 der Uhrmacher  J. Valerius                       

[1.186]

Uhrenturm - Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/be/Tower_clock_movement. png/343px-Tower_clock_movement.png

Am 1. Juli 1843 wurde dann berichtet, dass die Uhr seit Anfang Mai „im Gange“ ist. Die Ganggenauigkeit von 2 Zeigern war bereits seit 4 Wochen gegeben und die beiden anderen sollten auch in Kürze in Übereinstimmung angepasst werden. Die erste vereinbarte Rate des Kaufpreises war angewiesen worden.

„Kirche und Schule hat durch die Beseitigung dieses schon längst gefählten Bedürfnisses an Ordnung und Pünktlichkeit ungemein viel gewonnen.“

Das damit das Fehlen eines Bedürfnisse gemeint ist versteht sich von selbst, dass aber eigentlich das Leben der kleinen Stadt aufgewertet worden war, kommt uns heute kaum noch in den Sinn. Konnte der Pastor doch mit dieser Uhr, die weithin sicht- und hörbar für die Gemeinde war, mehr auf die Einhaltung der Gebetszeiten und dem pünktliches Erscheinen zum Gottesdienst bestehen. Ebenso war nun die Einteilung der Arbeitstage geregelter, welches auch für den Schulunterricht galt. Für „Ordnung und Pünktlichkeit“ war die Grundlage geschaffen worden.

Drei Monate später im Oktober 1843 war die Bauabnahme durch den seitens der Posener Behörden vorgeschriebenen Bauingenieur Peip immer noch nicht vorgenommen worden. Uhrmacher Valerius drängte jedoch darauf seine 2. Rate des Kaufpreises zu erhalten. Als Alternative wurde daher der Bauingenieur du Mesnil aus Meseritz beauftragt.

Im März 1844, also weitere 4 Monate später, nachdem auf die Bauabnahme und damit verbunden, die Zahlung gedrängt worden war, erfahren wir aus seinem Schreiben wie die Arbeit von staatlich beauftragten Bauingenieuren aussah und dass „nicht immer“  volle Zufriedenheit herrschte und vor allem Zeit auch in jenen Jahren schon relativ war:

[1.187]

Kirchturmuhr Michorzewo - Eigenaufnahme

 „Meseritz, den 4ten Maerz 1844

Die Abnahme einer Thurmuhr zu Neu Tomysl betreffend ad decret vom 25te/2 44 so 1216/2 44 II

Eurer Königlichen Hochlöblichen Regierung nebenbezeichneter hoher Verfügung zufolge, beehre ich mich in oben rubrizierter Sache ganz gehorsamst zu melden, daß ich bereits dem Kirchencollegium zu Neu Tomysl eröffnet habe; daß ich mich dem fraglichen Geschäft alsdann unterziehen werde, wenn mir bei Gelegenheit einer anderen Dienstreise, die Reisekosten in einer Richtung, und die Diäten für den Zeitaufwand bewilligt werden.

Zu etwas Weiterem bin ich, wie ich mich ehrerbietigst zu bemerken erlaube, in dieser reinen Kommunalsache nicht verpflichtet, indem mein 92 Quadratmeilen großer Baubezirk mir es unmöglich macht, so wie irgend ein Geschäft auftaucht, von meinem Wohnsitz an allen Orten gleich wie nach den Radien eines Cirkels, wobei ich mich noch zum Nachtheil des Geschäfts nicht ein …. sondern am Endpunkt befinde, sofort hinzueilen, indem in diesem Falle das Jahr nicht lang genug sein würde, um die bloßen Reisen zu bestreiten, vielweniger aber Geschäfte abzumachen.

Die Fahrkostenentschädigung der Bau-Inspectoren betragen 250 Thaler die Schreib- und Zeichenmaterialiengelder aber 25 Thaler, ich kann aber auf meinen Amtseid versichern, daß ich in ersterer Beziehung nicht unter 400 Thaler und in letzterer Beziehung wegen gleichzeitiger Vorhaltung der theuren Zeichenmaterialen, theuren Cirkel, theurer Meßwerkzeuge nicht unter 75 Thaler weggekommen bin.

Eine gleiche Summe bedarf ich an Büchern in meinem Fach. Wovon soll ich leben, wenn mir dergleichen Geschäfte, wo ich mich nur ganz schwach entschädigen kann, es officio aufgetragen werden.

Ich will hierbei gar nicht erwähnen, daß mir meine Dienstinstruction mit Ausnahme wichtiger und außerordentlicher Geschäfte und eine einmalige Frühjahres und eine einmalige Herbstbereisung vorschreibt, und dadurch, daß die Bau-Inspectoren zu diesen ausgedehnten Reisen, gezwungen werden, sobald sie einen gleichgroßen Bezirk als ich haben, sie in der allergrößten Dürftigkeit sich befinden.

Beide meiner Vorgänger haben nach ihrem Absterben bedeutende Schulden hinterlassen und mir wird es bei der größten Sparsamkeit nicht besser gehen.

Eurer Königliche Hochlöbliche Regierung beehre ich mich demnach ganz gehorsamst zu bitten

du Mesniel“

[1.188]

Kirchturmuhr Kuslin - Kuschlin - Eigenaufnahme

Am 30. März 1844 war es dann aber soweit gewesen, die Bauabnahme, hatte mit 5-monatiger Verspätung stattgefunden. Du Mesnil fand einige Mängel über die mit Schreiben vom 01. April 1844 seitens des Kirchenkollegiums von Neutomischel an die Posener Behörden und die gleichzeitig an den Uhrmacher Valerius nach Züllichau gemeldet wurden, letzerer erhielt denn auch die Aufforderung diese umgehend zu beseitigen, welches dann zu Ende April erledigt worden war:

„Neutomysl, den 20. April 1844

Ganz ergebene Anzeige über die gänzliche Beseitigung der bei der Abnahme hiesiger Thurmuhr gerügten Mängel

Auf die an uns ergangene hohe Aufforderung vom 16. April 1844 über die erfolgte Aufhebung der bei der Abnahme gerügten Mängel berichten wir Euren hohen Behörde ganz ergebenst folgendes:

Nachdem dem Uhrmacher Valerius in Züllichau nach geschehener Abnahme hiesiger Thurmuhr durch den Herrn Baumeister du Mesnil die hervorgetretenen Mängel bekannt gemacht worden waren und zu gleich auch, wieder hiesige Uhrmacher Hain diese Mängel für eine Vergütigung von 5 Thaler von Seitendes Uhrmacher Valerius beseitigen wolle, erschien der Uhrmacher Valerius selbst und hat gerügte Fehler dahin verbessert:

 1. sollten die Zapfn an den eisernen Wellbäume verstählt sein; er zeigte aber, daß die Zapfen der feineren Wellbäume alle verstählt waren

2. der Uhrschlüssel gehe nicht frei an den Windfängen und Krappen des Schenkel so geändert, daß derselbe die Windfänge nicht mehr berührt und dadurch das Aufziehen der Uhr erleichtert wird

3. sei das Zeigerwerk nicht richtig, dies hat er dahin geändert, daß an die Stelle der Schrauben ohne Ende ein zwölftes Getriebe gekommen ist, an die stehende Welle ein Rad mit 24 Zähnen, die in das zwölfte Getriebe eingreifen, am Ende der stehenden Welle aber ein Achter-Getriebe, was 2 Kammräder von 48 Zähnen die beiden geraden Zeigerstangen in Bewegung setzte in der Mittel der langen Zeigerstange ist ein Stirnrad mit 48 Zähnen angebracht, was die 3. und 4. Zeigerstange rechtwinkelig aus der Mitte, jede mit einem Stirnrad von gleicher Zahl versehen bewegt und somit jede Stunde 4 Zähne folgen müssen, was um eine durchaus genaue Richtigkeit des Zeigers erzielt.

[1.189]

Kirchturmuhr Satopy - Sontop - Eigenaufnahme

4. gehe sich nicht volle 24 Stunden, durch Abdecken der Walzen ist der Gang der Uhr vollkommen auf 30 Stunden gebracht

Wir bitten Eure Hochlöbliche Regierung ergebenst, uns nun zu benachrichtigen, ob dem Uhrmacher Valerius die 2. Contraktrate ohne weiteres ausgezahlt werden kann. Dem Bauinspector Hr. du Mesnil ist die Summe von 9 Thaler 21 Gr 9 Pf. als Kostenbetrag für die Abnahme eingehändigt worden.Anbei folgt auch eine Verhandlung mit dem Uhrmacher Hain am hiesigen Orte, daß er nämlich, nachdem die hohe Genehmigung dazu erfolgt ist, für das tägliche Aufziehen und Schmieren der Uhr mit der bewilligten Summe von 6 Thalern jährlich aus der Kirchenkasse zufrieden gestellt ist. Die zugesandten Verhandlungen folgen anbei zurück.“

Aber letztlich ist die Turmuhr fertig !

Mit dem Schreiben des Kirchenkollegium vom 29. Mai 1844 finden wir folgenden Bericht:

„Rechnungslegung über die neu erbaute Thurmuhr zu Neutomysl

Nachdem nun mehr der Bau der hiesigen Thurmuhr vollständig vollendet, das Abnahme Attest durch den Herrn Bauinspector du Mesnil zu Meseritz eingereicht, dem Uhrmacher Valerius die zweite Contrakts-Rate von 95 Thalern ausgezahlt und jede etwaige Ausgabe beseitigt worden ist, so verfehlen wir nicht Eurer Hohen Behörde die Rechnung über erfolgten Bau zur Bestätigung anbei ganz ergebenst einzureichen.

Das erfolgte Minus hätte sich nicht herausgestellt, wenn wir nicht noch nachträglich als durchaus zweckmäßig die Zifferblätter nicht blos, wie bestimmt war, hätten anstreichen sondern auch vorher erst mit Blech beschlagen und den Gang der Gewichte mit einem Gehäuse versehen lassen, damit sie nicht durch den großen Luftzug im Thurm in eine stete Bewegung versetzt würden, welche Schwingung sich bis in das Werk, zu dessen Schaden, mitgeteilt hätte.

Wir bitten Eure Hohe Behörde ganz ergebenst, diese noch fehlende Summe von 20 Thaler, 25 Groschen entweder aus der Kirchenkasse oder von den Baugeldern des hiesigen Reparatur Kirchenbaues, wo ein bedeutender Rest sich herausstellen wird erstatten zu dürfen.

Auch hat der Uhrmacher Hain von hier noch in einem Nachtrag der mit ihm aufgenommenen Verhandlung auf Anweisung Eurer Hohen Behörde v. 30. April 1844 1019/4 II sich noch zu den kleineren Reparaturen an der Uhr unter der bedungenen Vergütung von sechs Thalern jährlich verstanden.“

Aus diesem Bericht ist herauszulesen, dass es bei der Aufstellung noch zu Schwierigkeiten gekommen war, über die keine weiteren Aufzeichnungen gefunden wurden. Einmal ging es darum, dass das Zifferblatt doch von Anbeginn an mit Blech hätte beschlagen werden sollen und vermutlich nicht nur hölzern, wie vorgeschrieben; das zweite Problem hatte sich durch die im Turm herrschenden Windbewegungen ergeben, die Gewichte waren durch diese in Schwingungen geraten und brachten durch Übertragung dieser das gesamte Uhrwerk in Gefahr, welches dann durch die Anbringung eines Gehäuses in welchem die Gewichte sich dann bewegten verhindert wurde. Die hierfür nicht in der Kalkulation des Baues vorgesehenen Kosten wurden gebeten erstattet zu werden.

Und zum Schluss ist dann noch der in Neutomischel ansässige Uhrmacher Gottlieb Hain zu erwähnen, er war es, der es übernahm die Kirchturmuhr bis 1855 in stand zu halten. Wir vermuten, dass es Johann Gottlieb Hain (auch Heyn, Heyne o.ä.), geboren 16. Oktober 1816 Alt Tomysl,  war. Er  wurde im Kirchenbuch von Neutomischel bei seiner Eheschließung am 28. April 1853 mit Bertha Carolina Emilia Tepper, geboren 01. Dezember 1830, als in Neutomischel ansässiger Uhrmacher genannt.

[1.190]

Uhrenmechanismus - Quelle: Wikimedia: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6b/Basilica_de_Yarumal-Mecanismo_del_Reloj.JPG

„Neutomysl, d. 09. März 1845

Ganz ergebene Einreichung des neuen Contrakts zwischen dem hiesigen Kirchencollegio und dem Uhrmacher Gottlieb Hain, von hier wegen Beaufsichtigung der hiesigen Thurmuhr

Da mit dem 20. April dieses Jahres der mit dem hiesigen Uhrmacher Gottlieb Hain am 20. April 44 auf ein Jahr abgeschlossene und unter dem 30. April 44 No. 1019/4 von Eurer Hohen Behörde genehmigte Contract wegen Beaufsichtigung hiesiger Thurmuhr zu Ende läuft, so wurde unter dem heutigen Dato ein neuer auf zehn Jahre dauernder Contrakt mit ihm abgeschlossen, und wir reichen denselben beiliegend in Duplo zur hochgeneigten Bestätigung einer Königlichen Hochlöblichen Regierung ganz ergebenst ein mit dem Bemerken, daß wir uns dabei in die Nothwendigkeit versetzt sehen, dem p. Hain eine Zulage von drei Thalern jährlich zu gewähren, da er unter keiner anderer Bedingung das Aufziehen und die Beaufsichtigung weiter übernehmen wollte. Kein anderes qualificierendes Subjekt findet sich hierorts vor und ohne Beaufsichtigung eines Sachverständigen kann ein solches Werk, wenn nicht bald größere Reparaturen sich herausstellen sollen, keineswegs bleiben. Auch hat sich der Hain in diesem Jahre so gezeigt, daß wir nur seine Aufmerksamkeit auf das Werk lobend anerkennen müssen. Die Uhr ist gut und pünktlich gegangen und kein Schaden daran erkannt worden. Dies bewog uns um so mehr, ihm seine Forderung zu gewähren und diesen Contrakt bald auf 10 hintereinander folgende Jahre abzuschließen.

Eure Königliche Hochlöbliche Regierung bitten wir unter solchen Umständen, diesen eingereichten Contrakt die hohe Genehmigung ertheilen zu wollen“

* * *

Quelle der Contract und Briefzitate: http://szukajwarchiwach.pl/53/893/0/17.82/5365 im Archiwum Państwowe w Poznaniu

Der „vergessene“ Bürgermeister Hartmann – Berichte aus den Jahren 1817-1831

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert
[624]

Rathaus bzw. Communalgefängnis der Stadtcommune - 1864 / Bild: Stadtbibliothek Nowy Tomysl

Der jährlich zu erstattende Hauptverwaltungsbericht 1817-1890 [1.191] – bei ihm handelt es sich um eine Art Rechenschaftsbericht der Stadt. Es werden Einwohnerzahlen mit zuziehenden und abwandernden Bewohnern aufgeführt, über Maßnahmen, die hinsichtlich der Sicherung der Stadt zur Brandverhinderung getroffen wurden wird berichtet, aber auch über das Stadtvermögen. Wir haben zwar nicht die eigentlichen Fragen, die gestellt wurden in ihrem eigentlichen Wortlaut gefunden, jedoch waren die Antworten so aussagekräftig, dass wir nachfolgendes Stadtbild skizzieren konnten. Da einige Antworten sich Jahr um Jahr wiederholten, also keine Abweichungen notiert worden waren, wurden von uns im Artikel nur die Veränderungen mit der entsprechenden Jahrezahl erwähnt.

Neutomischel war zum Zeitpunkt der gefundenen und ausgewerteten Berichte noch eine Mediat Stadt. Dieses bedeutet, dass Neutomischel sich zu diesem Zeitpunkt noch im Privatbesitz befand, die Stadt also gegenüber dem Staat als Besitz des Grafen Felix Szoldrski galt. Im Jahr 1795 war der Stadtgründer und -besitzer Felix Szołdrski  kinderlos verstorben. Die Stadt ging als Erbschaft an Wiktor Szołdrski, einem Enkel von Onkels von Felix Szołdrski. Wiktor Szołdrski verstarb 1830. Seine Erben wiederum waren die minderjährigen Söhne. Włodzimierz (15 Jahre) und Wiktor (13 Jahre).

Ausgewertet wurden Berichte der Jahre 1793-1794 aus der Veröffentlichung  „Opisy Miast Polskich“ von Jan Wąsicki, veröffentlicht in Poznan 1962, die dann ergänzend zu den handschriftlichen Jahresberichten des Bürgermeisters Hartmann welche datiert sind: Neutomysl, den 04 August 1817, 28 Jan 1818, 28 Jan 1819; 21 April 1821, 20 Jan 1822, 1 Feb 1823, 20 März 1824, 2 Februar 1826, 30 Jan 1827, 28 Jan 1828 und letztlich bis 1831 reichen, hinzugefügt wurden, um ein noch vollständigeres Bild der Stadt zu jener Zeit zu erreichen. In den letztgenannten berichtet der Bürgermeister Hartmann „allergehorsamst “ über die Verwaltung des städtischen Polizei -und Gemeindewesen.

Johann Gottfried Hartmann war ein mehr oder weniger “vergessener” Bürgermeister der Stadt.  Bei Recherchen für die „Stadtchronik zum 100 jährigen Bestehen der Stadt [1.192]“ wurde er schlichtweg in der Auflistung “übersehen”, und mit seinem Amtsvorgänger und Namensvetter George Friedrich Hartmann (im Amt 1794, 1806-1812) “verwechselt”.  Als ich in den evangelischen Kirchenbüchern der Gemeinde die als Bürgermeister erwähnten Einwohner der Stadt für den  Artikel “Die ersten Bürgermeister der Stadt [1.193]” notierte, habe ich den damalig gemachten Irrtum berichtigen können und Johann Gottfried Hartmann, für die von ihm innegehabte Amtszeit von 1812-1832, also immerhin 20 Jahren, in die Reihe der Bürgermeister eingefügt.

Es wurden so weit als möglich, die Original Formulierungen der Berichte verwendet. Eingefügte Kommentare oder für das bessere Verständnis hinzugegebene Erklärungen wurden in Kursivschrift verfasst.

* * *

Art. 1 Neu ***

1827 Neutomysl erhielt ein Wachgebäude nebst Arrest Gefängnis, damit die Widersätzlichen (Gesetzesbrecher) mit Arrest Strafe belegt werden können, was aus den 1793/94 in gutem Zustande befindlichen, aber nicht massiv gebauten 2 Gefängniszellen  geworden ist, wird nicht erwähnt.

Art. 1

Es befinden sich in dem hiesigen Städtchen:

Die hiesigen Professionisten (Erwerbstätigkeiten)  bestehen in Tuchmachern, Schneidern, Müllern, Schuhmachern und Handels-Leuten etc.

Art. 2

Die Hauptprofessionisten bestehen in Tuchmachern und Müllern etc., Leineweber sind (da)bei; die Gerbereien betreiben die Schuhmacher als ein Nebengewerbe. 1793/94 ging man etwas detaillierter auf die vertretenen Berufe ein: 5 Bäcker, 1 Böttcher, 1 Färber, 5 Fleischer, 1 Goldschmied, 1 Gürtler,  3 Huf- und Waffenschmiede, 1 Hutmacher, 1 Kürschner, 1 Lohgerber, 3 Materialisten- sie sind auch die Weinhändler, 1 Maurer, 6 Müller, 1 Sattler, 1 Seiler, 5 Schneider, 10 Schuster, 2 Tischler, 1 Töpfer, 2 Tuchhändler, 5 Tuchmacher, 1 Zimmerleut, 1 Apotheker, 1 Barbier u Chirurgi, 1 Gastwirt, 2 Hebammen, 1 Küster, 1 Nachtwächter, 1 Organist. Weiter ist erwähnt, dass man die Ansiedlung von je 1nem Angehörigen der Berufsgruppe Seifensieder, Handschuhmacher, Schlosser, Posamentierer, Knopfmacher und Glaser begrüßen würde.

1828 wird erstmals erwähnt, dass “der Haupterwerbszweig der hiesigen Einwohner der Hopfenbau” und der “damit betriebene Handel“ gewesen ist. 1829 findet sich eine gleichlautende Erwähnung. 1832 wird von der “großen Wohltat des Hopfenbaus” geschrieben.

Leider waren zu dieser Erwähnung bis jetzt keine weiteren Einzelheiten zu finden. Laut den Ausführungen von Joseph Jacob Flatau, und auch den Berichten über ihn, nahm der Hopfenanbau erst ab dem Jahre 1838 seinen Aufschwung und war vor dieser Zeit unbedeutend, dieses steht jedoch im völligen Gegensatz zu den 10 Jahre früher getätigten Erwähnungen.

Art. 3

Müssen die Bürger wöchentlich den sogenannten Bürgersteig und die Straße, jeder soweit sein Hausbezirk reicht, jetzt fegen lassen. Es ist auch kein Wasser nach der Straße auszugießen damit kein übler Geruch entsteht. Jede Übertretung wird mit 1 Mark Polizeistrafe gerügt.

Art. 4

Die hiesige Schule wird durch den bei der Kirche angestellten Kantor verwaltet; dieses vermutlich schon ab 1793/94, da sich für dieses Jahr im Kirchenbuch ein ähnlicher Vermerk findet. Der öftere (häufigere) Kirchendienst zieht jedoch eine Vernachlässigung des Unterrichtes nach sich. Es wäre zu wünschen, dass ein Rektor in diesem Kirchspiel angestellt werden würde, der zugleich das Schulamt verwaltet. Im hiesigen Ort sind 110 schulpflichtige Kinder, weiter erhöht sich diese Zahl durch die vier Hauländer Gemeinden. So könnte dann von zwei Lehrern erfolgreicher und verbesserter Unterricht erteilt werden.
im Bericht des Jahres 1822 ist der Lehrer der Kantor Zillmann, und es werden 96 schulfähige Kinder erwähnt
im Bericht des Jahres 1823 werden 99 schulfähige Kinder aus der Stadt und zzgl. der aus den Hauländer Gemeinden sind es total  111 Kinder, der Antrag auf die Errichtung einer Elementarschule wird eingereicht
1824es wird nun eine Stadtschule erwähnt, die noch kommissarisch von Kantor Zillmann geleitet wird
1826 – 1ster Lehrer der Kommunal Schule ist der Kantor Zillmann und zweiter angestellter Lehrer der Gottfried Strunz

Art. 5

Wegen der nächtlichen Sicherheit, ist ein Nachtwärter bestimmt, ihn unterstützen drei weitere Bürger bei der täglichen Nachtwache.
1823 stehen dem Nachtwächter 4 Bürger zur Seite

Art. 6

Über die gebotenen Maßregeln der Feuergefahr ist zu deren Vermeidung bestimmt:

Zur Bedienung der Hauptspritze sind 30 Bürger bestimmt, die diese dann wechselweise bedienen. Die Müller, Zimmerleute, Böttcher und Maurer sind bestimmt zum Abbrechen (von Dächern und Wänden etc. um das Überspringen des Feuers auf Nachbargebäude zu verhindern). Ebenso müssen diese mit den Anschmeißleitern und Äxten erscheinen. 30 Personen gehören (zu der Truppe) mit den Feuerharken. Jeder andere muss mit einem Wassereimer und einer Handspritze erscheinen.
1823 werden 4 Pferde für die Hauptspritze und 14 Pferde für die Wasserschleifen erwähnt

Art. 7

1817 heißt es noch, dass von jedem Bürger 6 Groschen monatlich erhoben werden – zur Unterstützung der Armen – und dass dazu 2 Bürger bestimmt sind, die für die Erhebung und Bewachung des Geldes verantwortlich sind. Ab dem nächsten Jahr, 1818, und in den weiteren Jahren wurde lediglich vermerkt: Die hier befindlichen Armen werden von den Bürgern unterstützt, sodass es keine Bettelei gibt.

Art. 8

Die Straßen befinden sich in einem guten Zustand,  sie wurden dieses Jahr verbessert. Dieses gilt auch für die Brücken. Der Stadtrat hat im vorigen Jahr 1817, Anstrengungen unternommen einen neuen Brunnen anzulegen, zwei Brunnen wurden ausgebessert. 1793/94 befanden sich 6 öffentliche Brunnen und 12 private auf dem Stadtgebiet.

Art. 9

Es werden in unserer Stadt 9 Jahrmärkte abgehalten, Wochenmärkte gibt es keine. Ab 1830 gibt es dann die Erwähnung von Wochenmärkten, diese finden jeweils am Dienstag statt.  1831 werden die Jahrmärkte auf 4 eingeschränkt, die Gemeinde bitte um Rücknahme dieser Anordnung, da dieses erheblichen Einbußen in den Einnahmen mit sich bringt.  Die für die Jahre 1793/94 erwähnten 8 Jahrmärkte werden als sehr bedeutend beschrieben, da sich sehr viele auswärtige Krämer und Viehhändler zu diesen in der Stadt einfanden. Die Besitzer der Stadt erhielten an Stand- und Warengeldern 35 Rtl 2 Gr., welches eine nicht unbedeutende Einnahme darstellte. Ein weiterer Hinweis, der eine Erklärung dafür sein könnte, dass es Neutomischel nicht gelang zu einer wirklich bedeutenden Stadt aufzusteigen, ist, dass der Magistrat sich bemühte Wochenmärkte einzurichten, welches aber immer von den herrschaftlichen Pächtern vereitelt wurde.

[590]Art. 10.

Die Stadt Neutomysl eignet sich nicht als Garnisonsstadt. Alle Stuben in den Wohnungen sind belegt, sodass es keinen Platz für Unterbringungen gibt
1826 – die Stadt Neutomysl qualifiziert sich für eine Eskadron (Schwadron) Einquartierung; in Wirtschaften, die in unmittelbarer Nähe der Stadt liegen, wird Platz für Pferde und Schwadron Angehörige zur Verfügung gestellt

Art. 11

Bis heute sind keine Maßnahmen zur Einrichtung eines Hospitals getroffen worden. Es finden sich keine Pflegebedürftigen für diese in der Stadt.

Art. 12

Die Kämmerei (Stadtkasse) Einnahmen und Ausgaben belaufen sich nach dem Etat für

Dieses Plus entsteht dadurch, dass die Hausbewohner an die Stadt durch Observanz (bestehendes Gewohnheitsrecht) höhere Abgaben zahlen, als die Stadt dann an die Kreiskasse abzuführen hat. Die Kämmereikasse erwirtschaftet dadurch einen jährlichen Überschuss von 50 Mark.

Die Abrechnungen sind (von) bis 1816/1823 zur Revision an das Königliche Landratsamt eingereicht.

Art. 13

Die hiesige Bürgerschaft ist noch mit 200 Mark verschuldet.
im Bericht 1819 heißt es, dass die Schulden zum 1. Januar des Jahres beglichen wurden
im Bericht 1822 heißt es – die hiesige Bürgerschaft hat keine Kommunal-Schulden
im Bericht 1823 belaufen sich die Kommunal-Schulden auf 60 Mark
im Bericht 1824 und 1826 bestehen keine Kommunalschulden

Art. 14

Die hiesige Stadt hat keine Werte in Grundstücken und hat solche auch nie besessen

Art. 15

Am 24. März 1813 sind in der Stadt 2 Wohnhäuser und am 10. März 1815 ein Stall abgebrannt. Diese sind wieder nach den polizeilichen Vorschriften aufgebaut worden, dieses jedoch noch nicht endgültig, da die Besitzer dazu zu arm sind. Die ihnen zustehende Bonifikaton (Vergütung hier vermutlich Versicherungsauszahlung) kann daher nicht ausgezahlt werden.

Art. 16

1793/94 wird von 13 noch verfügbaren Bauplätzen auf dem Neuen Markt berichtet. Weitere 40zig Bauplätze könnten zusätzlich noch ausgewiesen werden. Weiterhin werden 3 der Stadt gehörende Scheunen in unmittelbarer Nähe der Stadt erwähnt. Ab 1817 finden sich dann folgende Informationen:  Im Jahr 1815 sind zwei Wohnhäuser in massiver Bauweise erbaut worden, da dieses polizeilich angeordnet wurde, und jeder Bauherr dazu angehalten ist (diese Vorschrift einzuhalten). Die Entfernung zur nächsten Ziegelei von 3 Meilen zur Beschaffung der Mauersteine und Dachziegel, denn nur dort sind diese zu beziehen, stellen jedem massiven Bau große Hindernisse und Kosten in den Weg.

1824 werden weitere 6 Wohnhäuser und 6 Hintergebäude erbaut
1830 es wird massiv 1 Gebäude gebaut
1831 in der goldenen Straße wird ein Massiv Haus gebaut

Art. 17

1793/94 findet sich noch der Eintrag, dass 50 Häuser mit Schindeln und 5 mit Stroh gedeckt sind. Ab 1817 ist jedoch zu finden: Strohdächer existieren hier nicht. Es ist unmöglich die Schindeldächer (vermutlich aus Holz gefertigt) auf den alten Gebäuden abzuschaffen. Die leichten Holzgebäude können die Last (das Gewicht) eines Ziegeldachs nicht tragen. Bei Reparaturen und auch bei Neubauten ist die Bedachung mit Ziegeln jedoch vorgesehen. Die Entfernung zur nächsten Ziegelei macht eine Bedachung in unserer Stadt sehr kostspielig. Die Schornsteine im hiesigen Ort sind schon sämtlich (alle) massiv errichtet.

[1.194]

Bürgermeister Hartmann unterschrieb die Berichte


*** Im Jahre 1827 änderte sich die Aufmachung des Berichtes, die Artikel wurden neu nummeriert, um weiterhin chronologisch darzustellen welchen Veränderungen die Stadt unterlag wurden die Ereignisse unverändert in unserer Aufstellung eingetragen

* * *

Quellen: Dieser Beitrag wurde zusammengestellt anhand von Dokumenten, die im Staatsarchiv in Posen unter: Akta miasta Nowy Tomyśl (Stadtakten von Neutomischel) sign. 6 “Der jährlich zu erstattende Hauptverwaltungsbericht 1817-1890”   [http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/6/ [1.191]] einzusehen sind.

1834-1844 Sontop löst sich von der Herrschaft Tomys’l – Der Ablösungs Rezess

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Königl. Preußische General Kommission (1844) - Transkription Gudrun Tabbert)
am in Sontop | Kommentare sind deaktiviert
[1.195]

Einband des Vertrages - Quelle: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl

Der über die Ablösung von Santop Hauland – Kreis Buk Zwischen dem Dominis und den bäuerlichen Wirthen abgeschlossenen Rezeß, welcher wörtlich wie folgt lautete

Ablösungs Rezess

von  Santop – Buker Kreises

In dem Dorfe Santop Hauland

welches zur adeligen Herrschaft Tomys´l gehörig, und im Buker Kreise, Posener Regierungsbezirk belegen ist, befinden sich gegenwärtig

Dieser Ablösungs-Rezess ist ein sehr gutes Beispiel für das Wesen der „Hauländer“ und Ihrem gewesenen Leitspruch „Einer für Alle, Alle für Einen“. Jeder dem ein Grundstück oder Anwesen in Sontop selbst oder im Sontoper Hauland gehörte, gleich ob er dort ansässig war oder längst woanders wohnte, musste diesem Vertrag zustimmen. da er den Status des „Nachbarn“  bzw. des „Eigentümers“ nicht verloren hatte, solange er eben noch als Land- oder Wirtschaftbesitzer galt. Ablösungen einzelner Höfe waren nicht möglich. Was hier sehr deutlich zum Ausdruck kommt ist, dass wenn gegenüber der Herrschaft ein Schuldner ausfiel, die Gemeinschaft der Dorfbewohner letztlich für diesen Verlust bürgte. Deutlich wird aber auch, dass für diejenigen, die nicht in diese Gemeinschaft der „Hauländer“ gehörten, diese Solidarität keine Gültigkeit gehabt hat.

* * *

Die Eigentümer der 56 Ackernahrungen, waren bisher nach dem Privilegio vom 13ten December 1736, in dem zur Herrschaft gehörigen Forste

oder gegen solidarisch

Der Eigenthümer der Krugnahrung, welchem nach dem vorerwähnten Privilegio dieselben Berechtigungen zustanden, besaß die ersten zins- und dienst frei, und war nur für das mit dieser Nahrung verbundene Grundstück von gegenwärtig 8 ½ Morgen, welches aus zugekauften Ländereien besteht, denen Holz und Weiderechte anklebten, zur Leistung von Diensten, Entrichtung von Zinsen, und zu einer Abgabe von Hafer, an die Gutsherrschaft verpflichtet.

Die sechs Windmüller, besitzen ihre Grundstücke, auf Grund besonderer Privilegien, nach welchen sie zur Abführung eines Goldzinses, und fünf derselben auch zur Entrichtung einer Natural Abgabe von Kapaunen an die Gutsherrschaft verbunden waren. Holz- und Weiderechte im gutsherrlichen Forste, standen denselben nicht zu.

Die 13 Eigenhäusler haben ihre Etablissements in neuerer Zeit theils durch außergerichtliche Kontrakte, theils durch einseitige schriftliche Zusicherungen von der Gutsherrschaft erkauft, und sind zur Abführung eines gewissen Zinses an die Gutsherrschaft verbunden.

Die bäuerlichen Eigenthümer trugen im Jahre 1834 auf Ablösung ihrer Dienste nach der Verordnung vom 7ten Juni 1821, bei der königl. General Kommission für das Großherzogthum Posen an.

Im Laufe des Geschäfts, formierten dieselben noch einen Anspruch auf das Recht zur unentgeldlichen Entnehmung von Waldstreu und auf freies Bau und Reparaturholz aus den herrschaftlichen Forsten, zu allen auf der Feld Mark Santop belegenen Brücken.

Sowohl die

Es ist deshalb in diesem Rezeß von der Ablösung aller gegenseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen mit Ausnahme des von sämtlichen Grundstücken exclusive der Krughufe an die Gutsherrschaft zu zahlenden Grundzinses welche Verpflichtung nach wie vor unverändert fortbestehen bleibt, die Rede.

Sämtliche zugezogenen Interessenten und zwar:

I.          des Eigenthümers der Herrschaft Tomys’l, Herr Carl Eduard Grabs von Haugsdorf                                                          

[1.196]

Alte Gebäude des Dorfes - Eigenaufnahme

II.         die bäuerlichen Eigenthümer und zwar

A. die im Dorfe wohnenden:

  1. Johann Friedrich Steinke   2. Johann Christoph Reimann   3. Johann George Hoffmann
  4. Gottlieb Fentzki   5. Johann George Hartmann   6. Gottlieb Laengert
  7. Johann Christian Laengert   8. Johann Christoph Müller   9. Gottfried Müller
10. Gottlieb Müller 11. Christian Fentzki 12. Johann Daniel Tepper
13. Gottfried Rausch 14. Gottfried Tepper 15. Gottlob Rausch sen
16. Dienegott Werner 17. Gottfried Paeschke 18. Johann Gottlieb Tepper
19. Johann Gottfried Tepper 20. Johann Gottfried Koth 21. Johann Gottfried Hoffmann
22. Samuel Abraham 23. Johann George Abraham 24. Gottfried Abraham
25. Johann Gottfried Heinrich 26. Johann Christoph Prüfer 27. Johann Wilhelm Prüfer
28. Wilhelm Giese 29. Johann Gottlieb Giese 30. Gottfried Tepper
31. Johann Christoph Müller 32. Gottfried Heinrich 33. Christian Wilhelm
34. Johann George Siegmund 35. George Friedrich Siegmund sen 36. George Friedrich Siegmund jun
37. Christian Gebauer 38. Johann George Steinke 39. Johann Christoph Hübner
40. Johann Gottfried Steinke 41. Christian Meyer 42. Gottfried Lipke
43. Johann Christoph Tepper 44. Johann Gottfried Tepper 45. Gottlob Steinke

B.  der Eigenthümer der Krugnahrung und des mit derselben verbundenen Grundstücks von 8 ½ Morgen

Gottfried Rausch

bereits sub No. 13 aufgeführt.

C. die auf der Feldmark abgebauten Eigenthümer, Ausländer genannt,

    1. Daniel Lüdtke   2. Gottfried Rausch   3. Daniel Rausch
    4. Gottfried Siedmund   5. + 6. Johann Christoph Müller – als Eigenthümer                zweier besonderer Grundstücke   7. Johann George Horlitz
    8. Jakob Quast   9. Gottfried Knobel 10. Gottlieb Eckert
  11. Samuel Schirmer

III. die Windmüller

1. Johann Christoph Tepper 2. Gottlob Müller 3. Johann Christoph Horlitz
4. Christian Gebauer 5. Johann Christoph Korn 6. George Friedrich Steinke

schließen nunmehr über die Rahulisten ? der Auseinandersetzung den nachstehenden Rezeß:

A . Bestimmungen die Weide Entschädigung betreffend

§1       Die Eigenthümer der 56 bäuerlichen Ackernahrungen, des Kruggrundstücks, und des mit dem letzteren verbundenen Besitzthums von 8 ½ Morgen, entsagen den ihnen zustehenden Weiderechten in der zur Herrschaft Tomys’l  gehörigen Forsten mit Ausschluß

§2       Die Gutsherrschaft räumt dagegen den in §1 gedachten Eigenthümern ein ausschließliches Weiderecht auf dem in demselben Paragraph ad a. und b. bezeichneten beiden Forstflächen mit Rindvieh und Schafen ein, und zwar für eine so große Anzahl als ein jeder der Eigenthümer von diesen beiden Vieharten durchwintern kann, ohne daß deshalb jedoch die privilegiumsmäßige bestimmte Zahl von 25 Stück Schafe pro Hufe des privilegiumsmäßigen Maßes überschritten werden darf. Die Gutsherrschaft  behält jedoch das Recht, stets den fünften Theil von diesen beiden Forstparzellen, in forstmäßiger Schonung zu halten. Die im Privilegio vom 13ten Dezember 1736 bestimmten, und von den Wirthen an die Gutsherrschaft zu entrichtende Abgabe von 4 polnischen Groschen 8 Pfennige preußisch pro Schaft bleibt unverändert, so daß auch für die Zukunft ein jeder den zur Weide auf den im §1 bezeichneten Forstparzellen berechtigten Wirthen für jedes ohne Unterschied des Geschlechts und Altersklasse gehaltene Schaf acht Pfennige der Gutsherrschaft zu Martini jeden Jahres, zu welchem Zeitpunkt die Zählung der Schaft stattfindet zu entrichten verbunden ist.

§3       Die Gutsherrschaft ist verpflichtet, die örtlichen Wege in den von der Feldmark Santop eingeschlossenen Forst  Parzellen, und war in den Forstparzellen

welche den bäuerlichen Eigenthümern namentlich zum Durchtreiben des Viehs erforderlich sind, auch für die Zukunft unveränderlich so wie sie auf der Windischen Karte bezeichnet sind, fortbestehen zu lassen

§4       Sowohl die im §1 bemerkten, als auch die übrigen in der Feldmark Santop belegenen Forstparzellen sind besiegelt, und wird das Besiegelungs Register der Ausführungs Verhandlung beigefügt  werden.

B.  Bestimmungen die Holzablösung betreffend.

§5     Die im §1 bezeichneten Eigenthümer, verzichten auf alle und jede  Brennholzrechte, welche ihnen in der Herrschaft Tomys’l zuhörigen Forste zustehen, und entsagen allen an die Gutsherrschaft etwa noch zu machenden     Nachforderungen wegen unterlassener Verarbeitung von Brennholz  pro paetenito zurecht beständigt und für immerwährende Zeiten. Dagegen verzichtet die Gutsherrschaft auf die für die Brennholzberechtigung der Wirthe im Privilegio vom 13ten Dezember 1736 titulierte Haferabgabe mit 2 Cwiertnie pro Hufe, also mit überhaupt 60 Cwiertnie oder 240 Posener Viertel von 30 Hufen mit voller  Rechtsgültigkeit.  Auch erlässt  die Gutsherrschaft den Eigenthümern den dreijährigen Rückstand der Haferabgabe, wogegen die letzten sich verpflichten, zu Martini 1838 an die ersten noch ein für allemal 270 Posener Viertel Hafer abzuführen. Der Krüger, welcher seinen Nahrungszins frei besitzt, bleibt von dieser Verpflichtung selbstredend  ausgeschlossen

C. Bestimmungen die Dienstablösung betreffend.

§6      Die Gutherrschaft entsagt hiermit dem, ihr nach dem vorhererwähnten Privilegio von den Eigenthümern der 56 Ackernahrungen und des 8 ½ Morgen großen mit der Krughufe vereinigten Grundstücks in solidum zustehenden Diensten  zum Pflügen,  Düngerfahren und  Schneiden des Getreides für alle Zukunft

§7       Zur Entschädigung der Gutsherrschaft für diese Entsagung, verpflichten sich die im zweiten Paragraph bezeichneten Eigenthümer derselben eine jährliche feststehende Goldrente von: = 70 Th. = geschrieben siebzig Thaler im vollem Betrage zu Martini jeden Jahres solidarisch prompt und unweigerlich zu entrichten. Für die solidarische Aufbringung  dieser Rente von 70 Th. sind die Grundstücke der 56 Eigenthümer und die von denselben bereits abgezweigten Häusler  Etablissements deren Besitzer gegenwärtig sind:

  1. Gottlob Gebauer   2. Martin Klemm   3. Samuel Mader
  4. George Friedrich Abraham   5. Gottlieb Mentzel   6. Christian Schapelius
  7. Martin Abraham   8. Gottfried Tepper   9. Wilhelm Abraham
10. Johann Christoph Sender 11. Johann George Abraham 12. Gottlieb Müller
13. Christian Just 14. Gottlieb Fentzke 15. George Pederke
16. Martin Grunwald 17. Andreas Zieboll 18. Gottfried Peisker

so wie das mit der Krughufe vereinigte Grundstück von 8 ½ Morgen verantwortlich, weil alle diese Grundstücke zu denjenigen Ländereien gehören, welchen das Privilegium vom 13ten December 1736, theils die Entrichtung der abgelösten Dienste, theils die Abführung der im §6 abgelösten Haferabgabe auferlegt hat. Nur die Krugnahrung macht eine Ausnahme von dem hier erwähnten solidarischen Verpflichtung, indem von der Schankhufe gar keine bisherigen Zinsen an die Gutsherrschaft  gezahlt sondern dieselben durch die Verpflichtung herrschaftliche Getränke auszuschänken verpräsentiert wurden

[1.197]

Dorfstraße - Eigenaufnahme

D. Bestimmungen, die Naturalien Ablösung betreffend

§8      Die Gutsherrschaft erlässt den Eingangs genannten im Dorfe wohnenden 45 Eigenthümern, und den 5 Windmüllern

1. Johann Christoph Tepper 2. Gottlob Müller   3. Johann Christoph Horlitz
4. Christian Gebauer 5. Johann Christoph Korn

die privilegiumsmäßigen solidarische Verpflichtung zur Abführung von Kapaunen und Gänsen zurecht beständig ist dagegen machen sich die gedachten 45 Eigenthümer und 5 Windmüller verbindlich, der Gutherrschaft eine feststehende Rente von 12 Th 13 Gr  8 Pf geschrieben: Zwölf Thaler, dreizehn Silbergroschen, acht Pfennige zu Martini jeden Jahres prompt abzuführen. Die Verpflichtung zur Aufbringung und Abführung dieser Rente, liegt den gedachten Eigenthümern und  Windmüllern solidarisch ob.

E.  Bestimmungen die Grundzinsen betreffend

§9       Die solidarische Verpflichtung zur Zahlung des Grundzinses, welchen die Eigenthümer der 56 Ackernahrungen der 18 Eigenhäusler Etablissements, und des 8 ½ Morgen großen Grundstücks so wie die 6 Windmüller zu Santop dem Privilegio gemäß im Betrage von 598 Thalern 28 Gr 6 Pf jährlich zu Martini an die Gutsherrschaft abzuführen haben, wird noch die gegenwärtige Auseinandersetzung  nicht berührt, bleibt vielmehr unverändert fortbestehen.

§10     Sämtliche in den Paragraphen 7,8 und 9 aufgeführten Renten und Zinsen, werden durch den jedesmaligen Schulzen, oder durch eine andere von der Gemeinde beauftragte Person auf Gefahr der Zahlungspflichtigen eingezogen, der Gutsherrschaft zum Fälligkeitstermin abgeliefert, und gleichzeitig derselben, die  Restanten und ihre Reste angezeigt, wonächst die Gutsherrschaft  verpflichtet  ist, zuvörderst einzeln die Restanten in Anspruch zu nehmen und resp. im Wege der gerichtlichen Klage zu belangen. Erst dann, wenn die Gutsherrschaft ihre  Befriedigung hierdurch nicht erhält ist dieselbe berechtigt von ihrer solidarischen Befugniß Gebrauch zu machen.

§11     Von der in der Hauländerei seitens der Gutsherrschaft gebildeten 13 Eigenhäuslerstellen, deren Besitzer gegenwärtig sind:

  1. die Wittwe des Christian Marquardt   2. Johann Gottfried Schapelius   3. Christoph Steinke
  4. Gottlieb Müller   5. Gottlob Gebauer   6. Gottfried Heinrich
  7. Christian Wilhelm   8. Christoph Mentzel   9. Johann Christoph Koth
10. Christian Fietzner 11. Johann Gottfried Richter 12. Johann Christoph Greiser
13. Gottfried Schultz

ist der jährliche Grundzins für 12 derselben, vorläufig im Betrage 6 Th 13 Gr 5 Pf ermittelt, für die 13te Stelle steht die Verpflichtung zu einer Zinszahlung noch nicht  fest. Die Eigenthümer der 56 Ackernahrungen und des 8 ½ Morgen großen Grundstücks, verpflichten sich für die Zukunft den obigen Zins in dem später genau festzusetzenden Betrage, von den Besitzern der 13 Eigenhäuslerstellen durch den jedesmaligen Schulzen oder durch eine andere von ihnen beauftragte Person einziehen, und denselben gleichzeitig mit der in §9 titulierten Rente an die Gutsherrschaft abführen zu lassen, … ?che sich auch aufrichtig die etwaige    Zinsrestanten derselben zur Einklagung jeder Zeit namhaft zu machen.  –  Außer der bloßen Empfangnahme und Abführung der obigen Eigenhäuslerzinsen an die Gutsherrschaft, und außer der sofortigen Namhaftmachung der etwaigen Restanten, liegt den gedachten Eigenthümern keine andere Verpflichtung rücksichts dieser Zinsen, am allerwenigsten aber irgend eine Vertretung derselben, gegen die Gutsherrschaft ob.

F. Bestimmungen in Betracht der von den Eigenthümern in Anspruch genommenen Rechte auf Waldstreu und freies Bau und Reparaturholz zu sämtlichen Brücken

§12     Sämtliche Eigenthümer entsagen dem, gegen die Gutsherrschaft in Anspruch genommenen Rechte auf die unentgeldliche Entnehmung von Waldstreu und auf Verabreichung von Bau- und Reparaturholz zu allen Brücken auf der Feldmark Santop zurecht beständigt und für immerwährende Zeiten.

 §13    Dagegen verpflichtet sich die Gutsherrschaft den Bau und Unterhalt aller derjenigen Brücken welche sich auf ihren in der Feldmark Santop belegenen Forstparzellen gegenwärtig befinden allein und ohne Convurrenz ? der Gemeinde Santop zu bewirken. Zu diesen Brücken gehören gegenwärtig nur zwei, wovon die eine auf dem Wege nach Alt Tomys’l die andere oben auf dem von Santop nach Buk  führenden Wege befindlich ist

§14     Die Unterhaltung so wie der Neubau aller übrigen auf bäuerlichen Grundstücken befindlichen namentlich auf der jetzt im Dorfe Santop auf dem Wege nach Bukowiec und Buk vorhandenen beiden Brücken übernehmen für die Zukunft die bäuerlichen Eigenthümer ohne Convurrenz der Gutsherrschaft.

G. Ausführungs Termin

§15     Die Ausführung dieser Auseinandersetzung ist in folgender Art eingetreten:

H.  Ab- und Zuschreibung im Hypothekenbuch.      

§16     Die Gutsherrschaft so wie die sämtlichen Eigenthümer, und die im §8 namhaft gemachten 5 Windmüller willigen gegenseitig in die Löschung der bisher zwischen ihren bestandenen und nach den Paragraphen 1, 5, 6, und 8 zur Ablösung gekommenen Dienst- , Naturalien-, Brennholz- und Weide Berechtigungen und resp. Verpflichtungen in ihren Hypothekenbüchern und ad consentieren:

[1.198]

Dorfstrasse - Eigenaufnahme

1. die Eigenthümer der 56 Ackernahrungen und des kleinen Grundstückes von 8 ½ Morgen, so wie die Windmüller darin, dass der bisher von ihnen in solidum gezahlte und im §9 aufgeführte Grundzins von 598 Th   28 Gr   9 Pf   falls es noch nicht geschehen

2. die Eigenthümer der 56 Ackernahrungen und des 8 ½ Morgen großen Grundstückes darin: dass die im §7 übernommene Rente von 70 Th

3. die im Dorfe wohnenden 45 Eigenthümer, und die im §8 genannten 5 Windmüller darin, daß die im §8 übernommene Rente von 12 Th  13 Gr   8 Pf in den Hypothekenbüchern ihrer Grundstücke mit der Bemerkung eingetragen werden, dass die ad 1, 2 und 3 bezeichneten Eigenthümer und Windmühlenbesitzer zu Santop zur    Aufbringung und Abführung dieser Zinsen und Renten solidarisch verpflichtet, letzteren ein Zubehör für die Herrschaft Tomys’l sind, und die Befugniß über sie zu    verfügen, aus dem Hypothekenbuche der gedachten Herrschaft zu ersehen ist.    Übrigens können sich die Verpflichteten, bei etwaigen Kapital Ablösungen im Falle eintretender  Schwierigkeiten nach §39 der Ablösungsungs Ordnung vom 7ten Juni 1825 durch gerichtliche Disposition des Kapitals von den Ansprüchen des Staats, wegen öffentlicher Abgaben des Hauptgutes, und sonstiger Realpr……danten dieselben sichern

§17     Endlich erkennen noch sämtliche Eigenthümer an, dass ihre außer dem im §1 erwähnten Weiderechte auf den daselbst bezeichneten Forstparzellen, sonstige Rechte oder Serwitute ? irgendeiner Art, in den herrschaftlichen Forsten und auf  anderen Grundstücken nicht zustehen.  –  Sie begeben sich überhaupt aller und jeder in diesem Rezesse nicht speziell erwähnten Ansprüche, welcher Art sie auch seyn möchten, die aus den bisher bestandenen Verhältnisse, sey es jeder Einzelne oder die Gesamtheit der Hauländer oder endlich eine bestimmte Klasse derselben an die Gutsherrschaft von Tomys’l hätte formieren können.

Vollzogen zu Wytomys’l am 28ten Juni 1841, auf Grund einer besonderen Verhandlung vom demselben Tage.

Schüler.

Handzeichen

xxx Johann Friedrich Steinke xxx Johann Christoph Reimann Johann George Hoffmann
xxx Gottlieb Fentzki xxx Johann George Hartmann Gottlieb Längert
Christian Längert Christoph Müller xxx Gottfried Müller
Gottlieb Müller Christian Fenske Daniel Tepper
xxx Gottfried Rausch /Krüger/ xxx Gottfried Tepper xxx Gottlob Rausch senior
xxx Gottfried Paeschke Gottlieb Tepper Gottfried Tepper
Gottfried Koth Johann Gottfried Hoffmann Samuel Abraham
xxx Johann George Abraham xxx Johann Gottfried Abraham Johann Christoph Prüfer
Johann Wilhelm Prüfer Wilhelm Giese Johann Christoph Müller
Gottfried Heinrich Christian Wilhelm xxx Johann George Siegmund
Christoph Tepper xxx Christian Gebauer xxx Johann George Steinke
xxx Johann Christoph Hübner xxx Johann Gottfried Steinke Johann Daniel Seide
Johann Christoph Fechner xxx Johann Gottfried Tepper xxx Gottlob Steinke
Daniel Lüdtke xxx Gottfried Rausch xxx Daniel Rausch
xxx Gottfried Siegmund xxx Johann Christoph Müller xxx Johann George Horlitz
George Siegmund xxx Gottfried Knobel Gottlieb Eckert
xxx Johann Christoph Korn George Friedrich Steinke xxx Gottlob Gebauer
Johann Gottfried Klische xxx Samuel Mager xxx Gottfried Tepper
xxx Johann Christoph Sender xxx Gottlieb Müller xxx Christian Just
xxx Gottlieb Fentzki xxx George Pederke xxx Gottfried Peisker
Samuel Abraham xxx Johann Gottfried Schapelius xxx Gottlieb Müller
xxx Christoph Mentzel xxx Johann Gottfried Richter xxx Johann Wilhelm Mentzel
xxx Gottfried Schultz

a.                                                   u.                          s.

G. Winkler Oekonomie Rath.                                     Wandtke Aktuarius

[1.199]

Alte Gebäude des Dorfes - Eigenaufnahme

Nachträglich vollzogen zu Witomys’l am 29ten Juni 1841 auf Grund einer besonderen Verhandlung von demselbem Tage.

Dienegott Gebauer xxx George Friedrich Siegmund sen Wilhelm Meier

a.                                                   u.                         s.

G. Winkler                                                                 Wandtke

Nachträglich vollzogen zu Alt Tomys’l am 11ten November 1842 auf Grund einer besonderen Verhandlung von demselben Tage

Carl Eduard Grabs Haugsdorf

Werner

Gottlob Giese / Komgarant No. II 2. der Vollziehungs Verh.

Gottfried Tepper Christian Kuss Samuel Schirmer
Johann Christoph Tepper Johann Christoph Horlitz Gottlob Müller
xxx George Friedrich Abraham xxx Martin Abraham xxx Christian Schapelius
Wilhelm Abraham xxx Martin Grunwald Wilhelm Winter
xxx Christian Fietzner Steinke.

a.                                                                                                     u.            s.

G. Winkler Regierungs- und Landes Oekonomie Rath.                 Wandtke

Zur anderweiten Vollziehung in Alt Tomys’l am 24ten April 1844 vorgelegt

Johann George Hoffmann Johann Gottlieb Pfeiffer

a.                                                         u.              s.

Wendland Spezial Kommissarius                        Zurkowske vereidigter Aktuarius

Zur Vollziehung vorgelegt in Zgierzynka  am 25ten April 1844

xxx Johann Christian Gutsch

a                         u                       b

Wendland                          Zurkowski

Zur Vollziehung in Witomys’l am 16ten November 1844 vorgelegt

xxx Johann Gottfried Kahl

a                         u                       b

Wendland                          Zurkowski

Verhandelt Witomys’l am 28ten Juni 1841 Zu der Ablösungs Sache von Santop     steht heute zur Vollziehung des Rezesses Termin an; in dem anwesend sind:

 I.         für die Gutsherrschaft Herr Kommissarius Schüler, mit der Anzeige, dass Herr Grabs v. Haugsdorf habe verreisen müssen und  der Rezeß nachträglich vollziehen werde

II.        Seitens der bäuerlichen Eigenthümer:

  1. A.   die im Dorfe wohnenden:
  1. Johann Friedrich Steinke   2. Johann Christoph Reimann   3. Johann George Hoffmann
  4. Gottlieb Fentzki   5. Johann George Hartmann   6. Gottlieb Laengert
  7. Johann Christian Laengert   8. Johann Christoph Müller   9. Gottfried Müller
10. Gottlieb Müller 11. Christian Fentzki 12. Johann Daniel Tepper
13. Gottried Rausch 14. Gottfried Tepper 15. Gottlob Rausch sen.
16. Gottfried Paeschke 17. Johann Gottlieb Tepper 18. Johann Gottfried Tepper
19. Johann Gottfried Koth 20. Johann Gottfried Abraham 21. Samuel Abraham
22. Johann George Abraham 23. Johann Gottfried Heinrich 24. Johann Christoph Prüfer
25. Johann Wilhelm Prüfer 26. Wilhelm Giese 27. Johann Christoph Müller
28. Gottfried Heinrich 29. Christian Wilhelm 30. Johann George Siegmund
31. für den George Friedrich Siegmund jun. dessen Schwiegersohn Christoph Tepper mit der Anzeige, dass er das Grundstück gerichtlich abgetreten erhalten habe, einen Hypothekenschein aber noch nicht besitze 32. Christian Gebauer 33. Johann George Steinke
34. Johann Christoph Hübner 35. Johann Gottfried Steinke 36. Johann Daniel Seide – früher Gottfried Lupke
37. Johann Christoph Fechner 38. Johann Gottfried Tepper 39. Gottlob Steinke

ausgeblieben sind:

40. Diengott Werner 41. Gottfried Abraham 42. Johann Gottlieb Giese
43. Gottfried Tepper 44. George Friedrich Siegmund sen 45. Christian Meyer

ferner sind anwesend:

B.  der Eigentümer der Krugnahrung und des mit derselben verbundenen Grundstücks von 8 ½ Morgen

Gottfried Rausch
[1.200]

Alte Gebäude - Eigenaufnahme

derselbe bereits ……. : A. No. 13     genannt

C.   die auf der Feldmark abgebauten Eigenthümer:

  1. Daniel Lüdtke 2. Gottfried Rausch   3. Daniel Rausch
  4. Gottfried Siegmund
5. + 6. Johann Christoph Müller – als Besitzer von 2 Grundstücken
  7. Johann George Horlitz 8. Johann George Siegmund früher Jakob Quast  9. Gottfried Knobel
10. Gottlieb Eckert

ausgeblieben sind:

Samuel Schirmer

III.  die Windmüller

1.  Christian Gebauer, derselbe sab No. II 32 genannt 2. Johann Christoph Korn
3. George Friedrich Steinke

die übrigen 3 Windmüller sind ausgeblieben

IV.  Seitens der 18 bäuerlichen Eigenhäusler, welche wegen der im §7 des  Rezesses enthaltenen Bestimmung interessier

  1. Gottlob Gebauer   2. Gottfried Kliche, früher Martin Klimm   3. Samuel Mader
  4. Gottfried Tepper   5. Johann Christoph Sender   6. Johann George Abraham
  7. Gottlieb Müller   8. Christian Just   9. Gottlieb Fentzke
10. George Pederke 11. für den minorenen Johann Friedrich Reimann /: früher  Andreas Zieboll :/ dessen Vormund Johann Christoph Müller, bereits sab No. I 8 genannt 12. Gottfried Peisker

die übrigen sechs, sind ausgeblieben

V.   Seitens der gutsherrlichen Eigenhäusler, welche wegen der im §11 des Rezesses enthaltenen Bestimmung interessieren:

  1. für die minorenen Christian Marquardtschen Kinder, deren Vormund Samuel Abraham   2. Johann Gottfried Schapelius   3.  Gottlieb Müller
4. Gottlob Gebauer   5.  Gottfried Heinrich   6. Christian Wilhelm
7.  Christoph Mentzel   8. Gottfried Hoffmann früher Johann Christoph Koth   9. Johann Gottfried Richter
10.  Johann Wilhelm Mentzel / früher Johann Christoph Greiser / 11.  Gottfried Schultz

Die übrigen beiden sind ausgeblieben.

 * * *

Die Anwesenden sind dispositionsfähig und theils bekannt, theils  …gensieren sie sich unter einander. Ihnen wurde der Eingangs gedachte aus 17 Paragraphen bestehende Ablösungsrezeß, langsam und deutlich vorgelesen, und ihnen dabei eröffnet: wie durch die Vollziehung desselben, das ganz Auseinander setzungs Verfahren dergestalt abgeschlossen wurde, daß die dabei zugezogenen Interessenten nicht nur mit keinen Einwendungen wegen der hierin bestimmten Gegenstände, sondern auch mit keinen Nachforderungen auf  Rechte welche ihnen dabei zuständig gewesen wären, und dabei übergangen seyn könnten, weiter gehört werden würden. Sie bemerken nun zur Einleitung des Rezesse ad a. daß nach einer weiteren Ermittlung, nicht 56. sondern vielmehr 57 bäuerliche Ackernahrungen vorhanden sind, indem zu den 11 sogenannten Ausländern, auch noch ein 12ter und zwar den im heutigem Termin ausgebliebenen Christian Kuss, welcher 1 ½ Morgen besitzt, gehört. – Auf diesen müssen sich deshalb auch alle Bestimmungen erstrecken, welche im Rezesse rücksichts des Besitzes der gedachten 56 Nahrungen aufgeführt sind.

Mit diesem Zusatze genehmigen sämtliche Theilnehmer den ihnen gemachten Vorhaltung  unge…den Rezeß seinem ganzen Inhal te nach, und haben solchen zum Beweise dessen, vollzogen.

Vorgelesen genehmigt und unter schrieben. Vor der Unterschrift bestimmen die Komgaranten, daß sie auf die im §4 des Rezesses gedachte behügelung der gutsherrlichen Forstparzellen verzichten indem die Grenzen derselben nicht strittig und überall kenntlich sind.Auch dieser Nachtrag wurde vorgelesen genehmigt und unterschrieben. Komgaranten finden noch einen Zusatz zu machen, und zwar zum §3 des Rezesses, in der Art, daß sie die hierin enthaltenen Spezifikation der Wege nicht für zureichend annehmen.  Sie wollen die erforderliche Ergänzung jedoch unter sich und ohne Vermittelung der Auseinandersetzungsbehörde vornehmen.

Hierauf erfolgte die Unterschrift

Schüler

[1.201]

Dorfeinfahrt - Eigenaufnahme

bittet um Abschrift

xxx Johann Friedrich Steinke xxx Johann Christoph Reimann Johann Georg Hoffmann
xxx Gottlieb Fentzki xxx Johann George Hartmann Gottlieb Längert
Christian Längert Christoph Müller xxx Gottfried Müller
Gottlieb Müller Christian Fenske Daniel Tepper
xxx Gottfried Rausch Krüger xxx Gottfried Tepper
xxx Gottlob Rausch sen xxx Gottfried Paeschke Gottlieb Tepper
Gottfried Tepper Gottfried Koth Johann Gottfried Hoffmann
Samuel Abraham xxx Johann George Abraham xxx Johann Gottfried Heinrich
Johann Christoph Prüfer Johann Wilhelm Prüfer Wilhelm Giese
Johann Christoph Müller Gottfried Heinrich Christian Wilhelm
xxx Johann George Siemund Christoph Tepper xxx Christian Gebauer
xxx Johann George Steinke xxx Johann Christoph Hübner xxx Johann Gottfried Steinke
Johann Daniel Seide Johann Christoph Fechner xxx Johann Gottfried Tepper
xxx Gottlob Steinke Daniel Lüdtke xxx Gottfried Rausch
xxx Daniel Rausch xxx Gottfried Siegmund xxx Johann Christoph Müller
xxx Johann George Horlitz George Siegmund xxx Gottfried Knobel
Gottlieb Eckert xxx Johann Christoph Korn George Friedrich Steinke
xxx Gottlob Gebauer Johann Gottfried Kliche xxx Samuel Mader
xxx Gottfried Tepper xxx Johann Christoph Sender xxx Gottlieb Müller
xxx Christian Just xxx Gottlieb Fentzke xxx George Pederke
xxx Gottfried Peisker Samuel Abraham xxx Johann Gottfried Schapelius
xxx Gottlieb Müller xxx Christoph Mentzel xxx Johann Gottfried Richter
xxx Johann Wilhelm Mentzel xxx Gottfried Schultz

a                                                    u                          b

G. Winkler Oekonomie Rath.                                    Wandtke Aktuarius

Anderweit zur Vollziehung vorgelegt auf der Feldmark Alt Tomys’l  am 24ten Mai 1843

xxx Johann Christian Gutsch xxx Gottfried Kahl xxx Martin Grunwald

a.                                                                       u.      b.

Wendland Königl. Spezial Kommissarius                   Zurkowski vereideter Aktuar

Verhandelt Witomys’l am 29ten Juni 1841 Zu der Ablösungs Sache von Santop erschienen heute zur Vollziehung des Rezesses von den in der gestrigen Verhandlung sab No. II ad: A. als abwesend aufgeführten Interessenten:

ad No. 41 für den Gottfried Abraham der Dienegott Gebauer mit der Anzeige, daß ihm der Erstere das Grundstück im Februar d. J. gerichtlich abgetreten habe, die diesfällige Urkunde aber noch nicht ausgefertigt sey
ad No. 44 George Friedrich Siegmund sen
ad No. 45 für den Christian Meyer dessen Sohn Johann Wilhelm Meyer, welcher den Hypotheken Schein vom 6ten November 1840 vorzeigt, wonach ihm seine Eltern das Grundstück abgetreten haben und der Besitztitel auf seinen Namen berichtigt ist

Den Anwesenden welche bekannt  und dispositionsfähig sind, wurde der aus 17 Paragraphen bestehende Ablösungs Rezeß und die Vollziehungs Verhandlung vom gestrigen Tage vorgelesen und erläutert, namentlich wurden ihnen die in der letzteren angegebenen gesetzlichen Folgen der Rezeßvollziehung vorgehalten.

Sie erklärten, daß sie den Rezeß und die in der gestrigen Verhandlung enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen überall genehmigen  und haben zum Beweise dessen den Rezeß vollzogen.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.

Dienegott Gebauer xxx George Friedrich Siegmund Wilhelm Meier

a                       u                     b

G. Winkler                         Wandtke

Verhandelt zu Alt Tomys’l den 11ten November 1842 Zu der Ablösungs Sache von Santop steht heute zur nachträglichen Vollziehung des Rezesses Termin an, in dem erschienen sind:

I.          der Guts Eigenthümer Herr Carl Eduard Grabs v. Haugsdof

II .        seitens der bäuerlichen Eigenthümer

 A.       von den im Dorfe wohnenden

1. Dienegott Werner 2. Johann Gottlieb Giese 3. Gottfried Tepper

B. von den auf der Feldmark abgebauten Eigenthümer

4. Samuel Schirmer 5. Christian Kuss

III.   die Windmüller

1. Johann Christoph Tepper 2. Gottlob Müller 3. Johann Christoph Horlitz

IV.  Seitens der 18 bäuerlichen Eigenhäusler, welche wegen der im §7 des Rezesses enthaltenen Bestimmungen interessieren:

1. George Friedrich Abraham 2. Martin Abraham 3. Christian Schapelius
4. Wilhelm Abraham 5. Martin Grunwald 6. für die Gottlob Mentzelsche Häuslerstelle der Wilhelm Winter mit der Anzeige daß er die gen Stelle bereits vor 6 Jahren erkauft habe

V.   Seitens der gutsherrlichen Eigenhäusler:

1. Christoph Steinke 2. Christian Fietzner

Die Anwesenden sind ohne Ausnahme dispositionsfähig, und theils schon bekannt, theils erkennen sie sich untereinander für diejenigen an, für welche sie sich ausgeben. Ihnen wurde der Eingangs gedachte aus 17 Paragraphen bestehende Ablösung Rezeß mit der Vollziehungs Verhandlung vom 28ten Juni 1841 langsam und deutlich vorgelesen und erläutert, wobei sie auch auf die in die letzten aufgenommene Vorhaltung rücksichtlich der gesetzlichen Folgen der Rezeßvollziehung ausdrücklich aufmerksam gemacht wurden.

Sie genehmigen desungeachtet sowohl den Rezeß, wie die dazu gehörigen nachträglichen Bestimmungen in der gedachten Vollziehungsverhandlung, und haben zum Beweise dessen den Rezeß eigenhändig  vollzogen

[1.202]

Der Vertrag ist besiegelt - Quelle: Kreis- und Stadtbibliothek von Nowy Tomyśl

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.

Carl Eduard Grabs v. Haugsdorf Johann Christoph Tepper xxx Gottlob Müller
Werner Christoph Horlitz Gottlob Giese / Komgarant ad No. II 2
Gottfried Tepper xxx George Friedrich Abraham xxx Christian Kuss
xxx Martin Abraham xxx Christian Schapelius Samuel Schirmer
Steinke Wilhelm Abraham xxx Martin Grunwald
Wilhelm Winter xxx Christian Fietzner

a.                      u.                                  b.

Verhandelt zu Alt Tomys’l am 24ten Mai 1843 Zu der Ablösungs Sache von Santop Hauland erschienen in dem auf heute zur nachträglichen Vollziehung anberaumten Termin:

1. der Johann Christian Gutsch, als Mit Eigenthümer des Christian Kuss-schen Grundstücks II 12.
2. der Johann George Hoffmann, als natürlicher Vormund seines Sohnes Johann Daniel Hoffmann
3. der Johann Gottfried alias Gottlieb Kahl, als Miterbe der Wittwe Anna Dorothea Marquardt, und Vertreter seiner Ehefrau Anne Rosine geborene Klemke
4. Zu Stelle der Johann Friedrich und Dorothea geborene Müller Reymannschen     Erben, der Martin Grunwald welcher  sich durch Production des Hypothekenscheines vom 4ten Maerz 1843 als Eigenthümer des Grundstücks No. 80 zu Santop legitimiert, welches er vom Johann Friedrich Reymann requiriert hat, und von welchem der Besitztitel ex decreto vom 4ten Maerz 1843, für ihn und seine Ehefrau Rosine Dorothea geborene Reymann mit welcher er in Gütergemeinschaft lebt, eingetragen, weshalb die Zuziehung der übrigen Erben nicht mehr nothwendig ist.

Das Document ist zurückgegeben Komgaranten legitimieren sich durch Production der Vorladung vom 8ten Mai 1843 und durch Bekanntschaft mit der Sache, auch zeigt der Johann George Hoffmann an, daß er am 28ten Juni 1841 den Rezeß bereits für sich und auch für seinen minorenen Sohn Johann Daniel Hoffmann, der Mit Eigenthümer  seines Hofes sey, vollzogen habe.

Die Komgaranten wurde der aus siebzehn Paragraphen bestehende Ablösung

Rezeß von Santop und die Vollziehungs Verhandlung vom 28ten Juni 1841

und 11ten November 1842 vorgelesen und sie auf die in der erstgenannten

Verhandlung enthaltenen Belehrung aufmerksam gemacht. Sie genehmigen nicht desto weniger den Rezeß, so wie die Vollziehungsverhandlungen, und haben den Rezeß und diese ihnen vorgelesene Verhandlung, welche sie ebenfalls genehmigen eigenhändig unterzeichnet

xxx Johann Christian Gutsche Johan George Hoffmann
xxx Gottfried Kahl xxx Martin Grunwald

a.                                                                   u.          b.

Wendland Königl. Spezial Kommissarius                  Zurkowski vereideter Aktuar

Verhandelt Alt Tomys’l am 24ten April 1844 In der Ablösungs Sache von Santop Hauland, haben am 24ten Mai 1843 die folgenden Individuen nämlich:

1. der Johann Christian Gutsch, als Mit Eigenthümer des Chritian Kuss-schen Grundstücks
2. Johann George Hoffmann, als natürlicher Vormund seines Sohnes, Johann Daniel Hoffmann
3. Johann Gottfried alias Gottlieb Kahl, als Miterbe der Wittwe Anna Dorothea Marquardt und Vertreter seiner Ehefrau
4. Martin Grundwald als Eigenthümer des Grundstücks No. 80 früher den Johann Friedrich und Dorothea Reymannschen Erben gehörig

den Rezeß von Santop genehmigt und sich zur Vollziehung bereit erklärt, die Unterschrift selbst ist jedoch nicht unter dem Rezeß sondern unter der von ihnen ebenfalls genehmigten Vollziehungs Verhandlung vom 28ten Jun 1841 erfolgt, und ist deshalb die nochmalige Vorlegung des Rezesses angeordnet worden.

Der geschehenen Vorladung gemäß erscheinen demnach heute:

a   der Johann George Hoffmann, als gesetzlicher Vertreter seines minorenen Sohnes Johann Daniel Hoffmann
b   Johann Gottlieb Pfeiffer, welcher anzeigt, dass er das Grundstück No. 80 von dem Martin Grunwald gekauft habe, und sich nachträglich darüber legitimieren werde, da der Martin Grunwald nach Polen verzogen sey.

Komgarant ad a. ist dem unterzeichneten Commissario von Person bekannt, und revognosciert  den ad b. genannten Johann Gottlieb Pfeiffer und zeigen beide an, daß Martin Grunwald am 11ten November 1842, der Johann George Hoffmann eben, am 28ten Juni 1841 den Rezeß bereits vollzogen haben.

Den Komgaranten wurde der aus 17 Paragraphen bestehende Ablösungs Rezeß von Santop, und die Vollziehungs Verhandlung vom 28th Juli 1841 und 11ten November 1842 vorgelesen, sie auch auf die in der zuerst genannten Verhandlung enthaltene Belehrung aufmerksam gemacht, worauf sie sagen:   wir genehmigen den Rezeß  und die Vollziehungs-Verhandlungen

Hierauf ist der Rezeß und diese ihnen vorgelesene Verhandlung welche sie genehmigen, eigenhändig unterzeichnet, vorgelesen, genehmigt und unter schrieben

 Johann George Hoffmann Johann Gottlieb Pfeiffer

a.                   u.                        b.

Wendland                      Zurkowski

Verhandelt zu Zgierzynka am 25ten April 1844 Es erscheint heute von Person bekannt, und dispositionsfähig der Johann Christian Gutsch, als Mit Erbe und Mit Eigenthümer des Christian Kuss-schen Grundstücks.

Dem Komgaranten wurde die VerHandlung, welche in der Ablösungs Sache von Santop, am gestrigen Tage aufgenommen, der Rezeß und die Vollziehungs Verhandlungen vom 28ten Juni 1841 und 11ten November 1842, auch vom 24ten Mai 1843 vorgelesen, und er auf die in der ersten Verhandlung enthaltene Verwarnung aufmerk sam gemacht, worauf er sagt: ich habe bereits in der Verhandlung vom 24ten Mai 1843 den Rezeß genehmigt, thue dieses auch heute, und genehmi ge auch die Vollziehungs Verhandlungen.

Komgarant hat hierauf den Rezeß Eigenhändig unterzeichnet. Vorgelesen genehmigt und unterschrieben

xxx Johann Christian Gutsch

a.                   u.              b.

Wendland                Zurkowski

Verhandelt Witomys’l am 16ten November 1844

In der Ablösungs Sache von Santop erscheint heute von Person bekannt und dispositionsfähig der

Johann Gottfried Kahl als Mit Erbe der Wittwe Anna Dorothea Marquardt und Vertreter seiner Ehefrau

Dem Komgaranten wurden die Verhandlungen vom 24ten und 25ten April 1844 und der Rezeß von Santop, so wie die Vollziehungs Verhandlungen vom 28ten Juni 1841, 11ten November 1842, 24ten Mai 1843 vorgelesen, und er auf die in der ersten Verhandlung enthaltenen Verwarnung aufmerksam gemacht, worauf er sagt:   ich habe den Rezeß bereits in der Verhandlung vom 24ten Mai 1843 genehmigt, thue   dieses auch heute, und genehmige zugleich auch die mir vorgelesenen Vollziehungs   Verhandlung.

Komgarant hat hierauf den Rezeß eigenhändig unterzeichnet

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.

xxx Johann Gottfried Kahl

a.                                                                       u.                    b.

Wendland Sp…. freie Landes Cultura Sache                          Zurkowski

Auf Grund der Christian und Anna Dorothea Marquardtschen Vormundschafts Akten, wird zum öffentlichen Glauben attestiert daß:

I.          der am 10ten November 1836, ohne letztwillige Disposition verstorbene Eigenthümer Christian Marquardt mit seiner Frau Anna /auch Johanna genannt/       Dorothea geb. Mentzel in Gütergemeinschaft gelebt und zu seinem nächsten und alleinigen Erben, die mit ihr erzeugten Kinder:

Namens welcher deren Vormund die Erbschaft mit Vorbehalt der Rechtswohlhaft ? angetreten hat, hinterlassen und durch den am 20ten Juni 1837 geschlossenen und am 21ten Juli  ejnsd. bestätigten Erbrezeß die Wittwe der in Santop rub. No. 58 belegenen Grundstück zum auschließlichen Eigenthum erwerben.

II.         die gedachte am 2ten Dezember  1839, ab intestato verstorbene Anna resp. Johanna Dorothea Marquardt, hat in 2 Ehen, und in Gütergemeinschaft gelebt, mit dem A . Gottlieb Klemke B.  und dem Christian Marquardt  und zu ihren nächsten Erben Ihre Kinder aus der Ehe ad A. die Tochter Anna Rosina verehelichte Johann Gottlieb Kahl aus Santop, geboren am 6ten Juli1812, ad B. die Kinder ad I . a.- e. hinterlassen, welche sämtlich die Erbschaft mit Vorbehalt der Rechtswohlhaft ? angetreten und dem Nachlaß bisher im ungetheilten Besitz haben.

Urkundlich unter des unterzeichneten Gerichts Siegel und Unterschrift.

Graetz am 23ten Juli 1841 ILSt Königl Preußisches Land und Stadtgericht  Michels. Erbenlegitimations Attest  N. 10590 i. II.

Sportalfreie ? Landes Cultur S…. Seitens des unterzeichneten königl. Land und Stadt Gerichts, als obervormundschaftlicher Behörde des Christian Marquardt‘schen Minorenen, wird der Regulierungs Rezeß von Santop hier mit genehmigt, und der Vormund Samuel Abraham in Santop, zu dessen Vollziehung authorisiert.

Urkundlich unter des unterzeichneten Gerichts Siegel und der geordneten Unterschrift.

Graetz den 23ten Juli 1841 – I L S – Königl. Preußisches Land und Stadtgericht

Michels.

Obervormundschaftliche Genehmigung No. 10540 a II.

– – – – – – – – – – – – – –

Wird hierdurch mit dem Bemerken: Daß die Auseinandersetzung nach Vorschrift des §25 der Verordnung vom 30ten Juni 1834, öffentlich bekannt gemacht worden ist, daß sich aber in dem auf den 1ten Mai pa. zur Meldung der unbekannten  Interessenten angesetzt gewesenen Termin Niemand eingefunden hat, mit sie die etwa vorhandenen unbekannten Interessenten nach §26 l.o. die Auseinandersetzung selbst, im Falle der Verletzung immer gegen sich gelten lassen müssen in allen Punkten bestätigt und unter Siegel i .d. Unterschrift ausgefertigt

Posen am 9ten Dezember 1844

Königl. Preussische General Kommission hier des Großherzogthum Posen

Ausfertigung der über die Ablösung von Santop Hauland Kreis Buk bestätigten Rezesses No. 1526 / II. 44

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eingemeindungsvereinbarung Doktorowo zu Graetz – 1905

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Doktorowo bei Graetz – Quelle: http://mapy.amzp.pl/tk25.cgi?23,48,60,80 – hier: http://amzpbig.com/maps/3764_Gratz_1911.jpg

Doktorowo war eine Ansiedlung westlich von Graetz gelegen. Sie soll bereits um 1563 in Zusammenhang mit der Familie Ostrorog erwähnt worden sein. Ansonsten findet sich nur hin und wieder einmal eine Erwähnung des Dorfnamens.

Die vermutlich bedeutendsten Ereignisse dieser verschlafenen Ortschaft fanden 1848 statt. In Berichten zu den Gefechten vom 28. April 1848 zwischen den Preußischen Truppen, die ausgerückt waren um die Polnischen Aufständischen unter ihrem Anführer Marcus Mosse niederzuschlagen, wurde dieses kleine Dorf als ein Kampfplatz erwähnt. In den Beschreibungen des Hermann Kunz – Die Kriegerischen Ereignisse im Großherzogthum Posen im April und Mai 1848 – verlegt 1870 heißt es: Dicht vor Grätz liegt nach Opalenitza hin das Dorf Doktorowo, welches damals aus schlechtgebauten Hütten bestand. 500 schritt vor Doktorowo formierte sich die Infanterie zum Angriff. Auf der Straße selbst ging die 6. Kompagnie Bataillons Hirschberg vor, links daneben die 2 Geschütze, dicht dahinter die 1 ½ Kompagnien Regiments Nr. 18, die Husaren wendeten sich nach der Straße Grätz-Stenschewo. Eine Barrikade sperrte den Eingang von Doktorowo, sie war von den Polen dicht besetzt, ebenso die Gartenzäune des Dorfes. Die beiden Geschütze zerstörten jedoch schon mit dem dritten Schusse die Barrikade, dann gingen zwei Züge der Landwehr-Kompagnie zum Angriff vor. Hierbei ließen manche Sensenmänner die Preußen ganz nahe herankommen und sich lieber niederschießen, als daß sie geflohen wären. Demnächst beschossen die beiden Geschütze den Obstsaum von Doktorowo, wobei ein Gartenhaus in Brand geriet…“ An diese Ereignisse erinnert ein Gedenkstein an der Straße nach Zabszyn (früher Bentschen).

Nachdem dann 1905 die Eingemeindung zu Grätz vollzogen worden war verlieren sich die Spuren zu diesem Dorf ganz.

[1.204]

An diesem Ort kam es am 28.04.1848 zum Zusammenstoss der Aufstaendischen polnischen Truppen, die die Stadt Graetz verteidigten und dem preußischen Heer. In Folge der Kaempfe und des spaeteren Progroms sind 40 Einwohner der Stadt ums Leben gekommen – Quelle: http://pl.wikipedia.org/wiki/Doktorowo

* * *

Nachdem des Königs Majestät mittels allerhöchsten Erlasses vom 16 September 1904 zu genehmigen geruht haben, dass die im Kreise Graetz gelegene Landgemeinde Doktorowo in die Stadtgemeinde Graetz einverleibt wird, wird zwischen der Stadtgemeinde Graetz und der Landgemeinde Doktorowo folgendes vereinbart:

 §1          

Als Zeitpunkt der tatsächlichen Einverleibung der Landgemeinde Doktorowo in die Stadtgemeinde Graetz wird der 1. April 1905 festgesetzt.

Von diesem Zeitpunkt ab treten Graetz und Doktorowo zu einer einzigen unter einer einheitlichen Verwaltung stehenden Stadtgemeinde Graetz  zusammen. Von diesem Zeitpunkt ab werden ferner alle Einwohner des erweiterten Stadtbezirks, soweit in den nachstehenden Paragraphen nicht abweichendes bestimmt ist, hinsichtlich aller bürgerlichen Rechte und Pflichten sowie hinsichtlich der Teilnahme an den beiderseitigen Gemeindeanstalten einander gleichgestellt.

§2

Das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen beider Gemeinden wird beider kommunalen Vereinigung in Aktiven und Passiven zu einem einzigen Ganzen verschmolzen.

Die erweiterte Stadtgemeinde Graetz tritt in alle privatrechtlichen Befugnisse und Verpflichtungen der Landgemeinde Doktorowo als deren Rechtsnachfolgerin ein.

Etwaige besondere Bestimmungen von Stiftungen werden hierdurch nicht berührt.

§3

Mit dem Tage der Vereinigung übernehmen die Gemeindebehörden der Stadt Graetz in Doktorowo die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten sowie die den dortigen Gemeindebehörden und den zuständigen Königlichen Distrikts Kommissar daselbst zugewiesene staatlichen Obliegenheiten.

Die Gemeindebehörden von Graetz treten alle in diejenigen Recht und Pflichten ein, welche durch Gesetz, ortsstatutarische und sonstige Bestimmungen oder nach besonderen Rechtstiteln den Gemeindebehörden in Doktorowo zustehen oder obliegen

§4

Mit dem Tage der Vereinigung erhalten die in Graetz bestehenden Einrichtungen des Gemeindewesens sowie die daselbst geltenden Ortsstatuten, Ordnungen, Regularien und Gemeindebeschlüsse in Doktorowo Wirksamkeit. Mit dem gleichen Tage verlieren die entsprechenden Einrichtungen und Bestimmungen, welche bisher in Doktorowo galten Ihre Geltung

* * *

Quellen der Eingemeindungsvereinbarung aus den Akten im Staatsarchiv Posen hier: http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/76 [1.205]

Dummheit mit schlimmen Folgen – Zeitungsmeldung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Otto Scheumann (1889) Redakteur des Kreisblattes Neutomischel)
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[1.206]

Bahnhof Neutomischel - Quelle: Ansichtskarten-Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Neutomischel – Freitag, den 9. August 1889 – Neutomischeler Hopfenzeitung – No. 62

Am Montag untersuchten einige Knechte aus Alttomischel ein vom Spiritushändler Wolfsohn aus Neustadt b. P. auf dem hiesigen Bahnhofe lagerndes Spiritusfaß, indem sie mit einem brennenden Streichhölzchen hineinleuchteten, um zu sehen, ob vielleicht noch Spiritus in demselben vorhanden sei. In dem Augenblick explodierte das Faß und die dadurch zerbrochenen Bodenstücke wurden über 40 Schritt weit bis über den Bahnkörper hinweggeschleudert. Ebenso explodierten noch zwei andere Fässer und konnten nur mit Mühe von den auf dem Platze lagernden ca. 300 Fässern entfernt werden. Der Knecht, welcher das Streichhölzchen hineingehalten hat, erhielt nicht unbedeutende Brandwunden im Gesicht und an der Nase. Das Feuer wurde, ohne weiteren Schaden anzurichten, gelöscht.

* * *

Quelle des Zeitungsberichtes: Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel – Ausgabe 06. August 1889 zu finden unter: Akta miasta Nowy Tomyśl (Stadtakten) [4385] Signatur 160 [Die Reorganisation der Schützengilde] – http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.10/160 [1.207]

Circus E. Blumenfeld Wittwe – 1889 in Neutomischel – Kurzmeldung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Otto Scheumann (1889) Redakteur des Kreisblattes Neutomischel)
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[1.208]

Gruss aus dem Circus E. Blumenfeld Wwe. - Quelle: http://dirk.steindorf-sabath.eu/g-b-zirkus.html

Zeitungsmeldung : Neutomischel, den 6. August 1889

Am Freitag (2. August 1889) traf der Carawanen Circus E. Blumenfelds Wittwe aus Elbing hier ein und gab in dem von ihm erbauten Zelte an den folgenden 3 Tagen um 8 Uhr nachmittags Gala-Parade-Vorstellungen, welche an den ersten zwei Abenden gut, in der Schlussvorstellung am Sonntag aber so stark besucht waren, dass die Galerie und die Plätze 1 und 2 die Besucher nicht mehr aufzunehmen vermochten. Das Publikum hat sich auch in den „telegrammäßig“ angekündigten Leistungen keineswegs getäuscht.

* * *

Ergänzende Erklärung: Emanuel Blumenfeld (1811-1885) entstammte einer jüdischen Artisten- und Künstlerfamilie, die schon im 17. Jhrdt. als reisende Künstler in Stadtchroniken erwähnt wurde. Emanuel Blumenfeld, er wurde 1834 als Nachfolger seines Vaters für den Familienzirkus eingesetzt, gestaltete das Programm weitgehend um, und führte hochqualifizierte Reitdarbietungen ein. 1871, der Zirkus war durch die Kriegswirren zerfallen, wurde ein Neuanfang gestartet. Die einst vor dem Krieg inne gehabte Größe wurde nicht wieder erreicht. 1874 wurde ein Standquartier in Guhrau eingerichtet. Vor der Vollendung verstarb Emanuel Blumenfeld jedoch. Seine Wittwe Jeanette Stein, sie war seine zweite Frau gewesen und entstammte selbst einem Zirkusunternehmen, führte mit Ihren Söhnen die Leitung des Zirkus unter dem Namen „Circus Emanuel Blumenfeld Wittwe“ fort.

Zeitungsmeldung 1889 (3) [1.209]

Zeitungsmeldung 1889 (3)

Quellen:

  1. Einzelheiten zu Emanuel Blumenfeld unter http://www.uni-magdeburg.de/mbl/Biografien/1528.htm [1.210] wo auch weiteres über diesen Circus zu lesen ist.
  2. Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel – Ausgabe 06. August 1889 zu finden unter: Akta miasta Nowy Tomyśl (Stadtakten) [4385] Signatur 160 [Die Reorganisation der Schützengilde]
    http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.10/160 [1.207]

Ich Johan Fridrich Steltzer bin gebohren …

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[1.211]

Ich Johan Fridrich Steltzer bin gebohren ... (Quelle:SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO in Wolsztyn)

Was wissen wir eigentlich über die Jahre von  1731 bis 1773 und dem Leben in den Siedlungsdörfern, über die Menschen, die sich dort angesiedelt hatten ?

Diese Frage lässt sich ziemlich einfach beantworten mit: mehr oder weniger nichts !

Diese Antwort ist auch darauf zurückzuführen, dass bis heute niemand wirklich eindeutig Aussage darüber machen kann, woher die Siedler eingewandert waren. Vermutungen wurden und werden viele angestellt, vielleicht sind diese sogar richtig, nur wirklich belegbare Unterlagen über die Herkunft der Familien wurden nie gefunden. So bleiben auch die wirklichen Gründe, wie  z. B. die Flucht aus dem Bekenntnis zur protestantischen Religion und der daraus resultierenden Verfolgung heraus oder auch ob die Strapazen der Ansiedlung einfach um des >Traumes vom eigenen Besitz< auf sich genommen wurden, verborgen.

Einzig wurde bis jetzt gefunden, dass in diesen Jahren die Hauländer Dörfer ihre Siegel erhielten, so denn wir hier  die erforschten Daten des Karl E. Goldmann zugrunde legen; diese Funde sind beschrieben unter: Die ältesten Siegel und Wappen der Neutomischeler und umliegenden Holländergemeinden [1.212]

Ein weiterer aus dieser Zeit bis jetzt wenig beachteter Fund ist ein unscheinbarer Zettel. Um eine Scheune aus Sekowo, früher Zinskowo, die noch in der alten Bauweise der Hauländer errichtet worden war, die aber einem Neubau im Wege stand, für die Nachwelt zu erhalten, war deren sorgfältige Zerlegung in ihre Einzelteile vorgenommen worden.  Dabei wurde im Gebälk steckend eben besagter Zettel gefunden. Die Scheune wurde im Anschluß an ihren  neuen Platz im Freilichtmuseum der Volksbauweise der westlichen Woijewodschaft Wielkopolska  „SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO“  www.muzea-wolsztyn.com.pl [298] in Wolsztyn wieder errichtet. Wir erhielten seitens der Museumsleitung die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung, wofür wir uns an dieser Stelle nochmals bedanken.

Die handschriftliche Notiz auf  dem Zettelchen beginnt mit  . . .

[1.213]

SKANSEN BUDOWNICTWA LUDOWEGO in Wolsztyn (Freilichtmuseum der Volksbauweise des Westlichen Wielkopolska in Wollstein )

ICH JOHAN FRIDRICH STELTZER BIN GEBOHREN

IM JAHR ANNO 1731 IM MAY

ANNA DOROTEHA MATTARNEN IM 1740 IM AUGUST

HZL. KOPPILIRET 1757 AM 15. NOVEMBER

UNSER ERSTER SOHN – GOTTFRIED – GEB 1759 IM JENNER

DER ZWEITE SOHN – CHRISTIGAN – 1761 – IM JENNER

DER DRITTE SOHN – JOHAN GORGE – 1763 IM MAY

DIE 1. TOCHTER – ANNA ROSINA – 1766 IM JUNII

DIE 2. TOCHTER – ANNA MARIA – 1770 IM 7 FEBRUARIS

DER VIERTE SOHN  – MARTIN – IM JAHR 1773 IM MAY

Dieses Blatt Papier ist schon ein besonderer Fund. Von dem Taufbuch der „großen Schule “ zu Zinskowo, in welchem die ersten Aufzeichnungen wie z. b. die Geburten und Eheschließungen der protestantischen Siedler notiert worden sein sollen, ist nach bisherigem Wissen, nichts erhalten. Das Schulhaus selbst, bzw. dessen Holz wurde bei der Übersiedlung der evangelischen Gemeinde nach dem Tomischler Kirchplatz mit der neu erbauten Kirche, verkauft.

Johann Friedrich Steltzer war basierend auf unseren Funden evangelischen Glaubens. Alle ermittelten Aufzeichnungen zu ihm und seiner Familie wurden in den Kirchenbüchern evangelischer Gemeinden gefunden.

Das Dorf Zinskowo hatte nach den oben erwähnten Aufzeichnungen des K.E. Goldmann  mit dem 11.11.1700 sein Privileg erhalten. Der hier erwähnte Johann Friedrich Steltzer ist vermutlich ein Nachfahre der ersten Siedler dieses Ortes.

Interessant ist, dass Johann Friedrich Steltzer des Schreibens kundig war. Wenn die Eintragungen für uns heute auch etwas ungelenk wirken, so war es zu damaliger Zeit sehr ungewöhnlich, dass ein „Nachbar“ – ein Landwirt, der der Dorfgemeinschaft Zinskowo angehörte und für sie eintrat, nur als solcher ist Johann Friedrich in allen von uns gefundenen kirchlichen Eintragungen benannt, überhaupt schreiben konnte.

Wie schon geschrieben haben wir ein klein wenig in den Kirchenbüchern nachgestöbert um etwas mehr über den Johann Friedrich Steltzer und seiner hier erwähnten Familie zu erfahren:

Die Eheschließung von Johann Friedrich Steltzer und Anna Dorothea Matern vom November 1757 ist im katholischen Kirchenbuch Witomischel zu finden; hier hatten ja seinerzeit alle kirchlichen Eintragungen, auch die der protestantischen Einwohner, vorgenommen werden müssen.  Die Aufzeichnungen des Geburtsjahres 1731 – es wäre das des Johann Friedrich Steltzer gewesen –  fehlt jedoch im Kirchenbuch komplett; auch konnte im Jahr 1740 die Geburt von Anna Dorothea Matern nicht gefunden werden.

Der als erster Sohn geborene Gottfried schloss 1788 in Neutomischel mit Anna Rosina Pflaum aus Scherlanke die Ehe. Er wurde erwähnt als Nachbar in Zinskowo und als Gerichtsschulze und Kirchenvorsteher. Diese Ämter lassen darauf schließen, dass auch er, wie schon vor ihm sein Vater, über einen gewissen Bildungsstand verfügt haben muss.

Der als dritter Sohn geborene Johann George heiratete 1791 in Neutomischel die Maria Elisabeth Brunsch. Bei der Eheschliessung wurde er als 2ter Sohn des Johann Friedrich benannt, eine Vermutung wäre, dass der zweitgeborene Christian Steltzer schon im Kindesalter verstorben war. Johann George selbst, so die Aufzeichnungen, war als Bürger und Schuhmacher in Neutomischel ansässig.

Die älteste Tochter Anna Rosina ging im Okt 1783 mit Gottfried Kurz aus Paprotsch die Ehe ein. Sie wurde als einzige Tochter des  Johann Friedrich erwähnt, welches wiederum eine Erklärung dafür wäre, dass von Anna Maria, welche   1770 geboren wurde, keine weiteren Aufzeichnungen gefunden wurden; sie verstarb, so kann angenommen werden, vor 1783.

Martin Steltzer konnte keine ihm wirklich als zugehörig gefundene Eintragung zugeordnet werden.

Nicht mehr auf dieser Seite erwähnt ist ein Christoph. Er verstarb im April 1781 und müsste ca. 1776 geboren worden sein.

Anna Dorothea Steltzer, geborene Maternen verstarb im November 1814 in Zinskowo, von Johann Friedrich Steltzer selbst, fand sich jedoch kein Eintrag mit einem Sterbedatum.

Leider haben wir bis heute keine Nachfahren dieser Familie ausfindig machen können.

 

 

 

 

Das Rathaus – gebaut als Amtsgericht – und Gefängnisgebäude der Stadt Neutomischel im Jahr 1879

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.214]

Eingang zum ehem. Amtsgerichts- und Gefängnisgebäude

„Neutomischel, den 10ten Februar 1879

Der Stadtgemeinde in Neutomischel wird hiermit vorbehaltlich etwaiger Rechte Dritter die Erlaubnis ertheilt, auf Ihrem Grundstücke No. 84 daselbst unter genauester Beachtung, aller bestehenden bau-und feuerpolizeilichen Vorschriften nachstehende Baulichkeiten auszuführen: Ein Amtsgerichts- und Gefängnißgebäude neu zu erbauen.“

unterzeichnet ist diese Genehmigung: Magistrat, Polizei-Verwaltung – Bürgermeister Witte

Dieser Artikel entstand anhand der im Staatsarchiv in Posen / Archiwum Państwowe w Poznaniu – verwahrten Akten: Akta miasta Nowy Tomyśl / hier Ordner  „Der Bau des Rathauses – im Allgemeinen [1.215]

Grundstück 84 war in der Mitte des Neuen Marktes belegen. Um 1806 war es, wie den Akten zu entnehmen ist, bebaut gewesen mit dem „Kommunal-Gefängnis oder Rathhaus der Stadt Commune“. 37 ½ Fuß lang, 23 ½ Fuß breit und 10 Fuß hoch (1 Fuß/0,35m = ca. 13,10 x 8,20 x 3,50m hoch); ein Fachwerkbau, auf dem Dach ein kleiner 8 Fuß (ca. 2,80m) hoher Turm. Dieses vermutlich erste Verwaltungsgebäude wurde im Jahr 1866 abgebrochen.

Das nächste Gebäude auf diesem Grundstück, jetzt in den Unterlagen „Communalhaus der Stadt Neutomysl No. 84“ genannt, wird 1866 als massiver aus gebrannten Steinen errichteter Bau beschrieben. Sein Baujahr ist mit 1865 angegeben. Dieses bedeutet, dass dieser Bau nur neben dem alten Gebäude errichtet worden sein kann, und dass das „Kommunal-Gefängnis oder Rathhaus der Stadt Commune“  erst nach Fertigstellung des Neubaus abgebrochen worden war.Das „Communalhaus“ , jetzt 40 x 40 x 14 Fuß ohne dem Fundament in den Ausmassen (14,00×14,00×4,90m) war schon etwas größer als der Vorgängerbau. In dieser Zeit war in dem Gebäude noch die Feuerwehr der Stadt untergebracht, denn es wurden 2 Spritzenschuppen und 1 Raum für den Wasserwagen als zugehörig erwähnt. Von diesem Gebäude gibt es heute keine weiteren Aufzeichnungen mehr – bei den Recherchen wurde ausser einer einmaligen Erwähnung nichts gefunden, man könnte fast meinen dieses Gebäude sei nicht existent gewesen.

Das Jahr 1879 im Stadtwappen [1.216]

Das Jahr 1879 im Stadtwappen

[624]

Rathaus bzw. Communalgefängnis der Stadtcommune – 1864 / Bild: Stadtbibliothek Nowy Tomysl

Der dritte Verwaltungsbau, der im Jahr 1879 genehmigte Bau eines „Amtsgerichts- und Gefängnisgebäudes“ war mit noch größeren Abmessungen  geplant worden, es wurden 25,42 Meter für die Länge und 26,16 Meter inklusive der Flügel angegeben; ein 3 Meter hohes Kellergeschoss, ein 4 Meter hohes Erdgeschoß und weitere 4,50 Meter in der Höhe für den 1sten Stock ergeben eine imposante Gesamthöhe von 11,50m. Die Bauplanung sah die Errichtung in massiver Bauweise von gebrannten Mauersteinen vor, das Dach sollte mit Zink No. 12 gedeckt werden.

Anhand der Archiv Unterlagen ist zu vermuten, dass der Bau eines Gerichtsgebäudes nicht nach eigenem Ermessen der Gemeinde errichtet werden durfte. Alle Pläne, jede Veränderung oder Abweichung und nicht zuletzt die Einrichtung waren unter Überwachung und Einhaltung der Anweisungen des „Ersten Präsidenten des Königlichen Appellations-Gerichts zu Posen“ zu erstellen. Unter dem 13. Februar 1879 findet sich zum Beispiel ein Schreiben in dem das Einverständnis „zu dem gestellten Anerbieten zweckmäßiger Änderungen der Anlage“ erteilt wurde, dass das im Erdgeschoß nach dem hinteren Giebel geplante Bürozimmer bis an die Giebelwand ausgedehnt werden durfte, und dass das dort ursprünglich geplante Aktenzimmer am Ende des Korridors eingerichtet werden sollte. Dieses Aktenzimmer wiederum musste wie das Aktenzimmer im 1sten Stock mit einem Fenster versehen werden. Zusätzlich wurden, damit diese Aktenkammern eine entsprechende Größe haben würden, noch über die Anlage der Türen und sogar über die Standplätze der Öfen entsprechend Anweisung erteilt. Mit einem weiteren Schreiben vom 2. Mai 1879 wurde ein eingereichter Grundriss an den Magistrat in Neutomysl zurückgesandt, in dem „diejenigen Einzeichnungen vorgenommen worden sind, welche die erforderlichen baulichen Einrichtungen im Schöffensaale darstellen. Demnach ist ein etwa 0,25 M hohes Podium an der Fensterwand in einer Tiefe von 2,5 M herzustellen, eine den Zuschauerraum abgrenzende Barriere in der Ecke des Saales, in welcher die Eingangsthür vom Flure aus vorhanden ist, und eine Barriere für eine etwa  5 Sitzplätze enthaltende Angeklagtenbank an der gegenüber jener Thür belegenen Wand. Die Barriere für den Zuschauerraum muss eine Pforte haben, welche in der Nähe der Eingangs-Thür anzubringen ist. Die Thüre des Saales müssen Flügelthüren sein, um der Würde des Ortes zu entsprechen. Damit der Zuschauerraum geräumig genug werde, empfiehlt es sich, die Thür in der den Fenstern gegenüber liegenden Wand möglichst nahe dem Ofen anzubringen, so dass, wie in der Zeichnung vorgesehen ist, der Raum zwischen der Thür und der Zimmerecke mindestens 4 M(eter) breit ist.“

[1.217]

Im Innenhof war der Gefängnishof untergebracht

Eine Nachfrage des Magistrats der Stadt über die Einrichtung des Gefängnisses konnte zu diesem Datum noch nicht beantwortet werden. Das Büro des „Ersten Präsidenten des Königlichen Appellations-Gerichts zu Posen“ schreibt: „… habe ich nun deßhalb noch nicht beantworten können, weil mich ähnliche Anfragen anderer Communen nöthigen, den Herrn Justizminister um Weisung zu bitten, ob und in welchem Maaße auf den angeordneten Einrichtungen an den Gefängniß Thüren, Fenstern und Leibstühlen bestanden werden soll und ich darauf noch ohne Bescheid bin.“ Einen Monat später erfolgte die Mitteilung, dass von der Anordnung des Herrn Justizministers vom 26ten März 1879 abgesehen werden konnte, wenn die Durchführung derselben nachträgliche bauliche Änderungen und daraus entstehende besondere Aufwendungen erfordern würden.

Herr Kunowski erteilte jedoch nicht nur schriftliche Anweisungen als Vertreter des Büros des „Ersten Präsidenten des Königlichen Appellations-Gerichts zu Posen“; zwecks Besichtigung des „künftigen“ Amtgerichts und der in „Ausführung begriffenen Baulichkeiten“ besuchte er auch persönlich am 10 Mai 1879 die Stadt.

Ob dieser persönliche Besuch mit einem Schreiben vom 29 Mai 1879 des Büros des „Ersten Präsidenten des Königlichen Appellations-Gerichts zu Posen“ zusammenhängt, mit dem ein Sachverständiger, es war ein Kreisbaumeister Kunze aus Samter, zur sofortigen Begutachtung der Pläne und des Baus beauftragt wurde, war nicht mehr genau festzustellen. Aber es müssen  sehr große Bedenken zur Bauausführung aufgetreten zu sein, denn es heißt „… sich sogleich die Baupläne über den Bau des Amtsgerichtsgebäudes in Neutomischel von dem dortigen Magistrat vorlegen zu lassen und dieselben in allen Theilen, so weit es sich um die Contruction des Gebäudes handelt, eingehend zu prüfen und namentlich die Eisencontructionen zu berechnen. Sollten sich hierbei erhebliche Fehler finden, wodurch die Stabilität des Gebäudes gefährdet wird, so sind diese Mängel dem Magistrat sofort mitzuteilen und ist auf Abhilfe unbedingt zu dringen. Sollte dies nicht binnen einer zu setzenden Frist erfolgt sein, so ist uns Bericht zu erstatten. Es liegt uns aber sowohl im allgemeinen polizeilichen Interesse, als auch als Aufsichtsbehörde der Stadt die Pflicht ob, diese mit so erheblichen Opfern der Stadt ins Leben gerufene Bauausführung zu überwachen …“ Mehrere Schreiben des seinerzeit als Bürgermeister tätigen Herrn Witte verwahren sich allerdings gegen jegliche Baumängel. Wie schon geschrieben, war leider nichts Genaueres aus dem Schriftverkehr zu erfahren, was diese Maßnahme ausgelöst haben könnte. Gefunden werden konnte aber auch nicht, dass Baumängel festgestellt worden waren.

Im Juli 1879 war der Bau schon so weit fortgeschritten, dass mit den Innenarbeiten begonnen wurde. Aus Posen wurden dementsprechend Anweisungen erteilt:

Und doch, es kam zu einer weiteren Schwierigkeit. Für den 28 Juli 1879 wurde eine Sitzung der Bau-Deputation einberufen –Bürgermeister Witte unterzeichnete diesen Aufruf und geladen wurden die Herren A. Kuttner, A. Maennel und G. Töffling.

[1.218]

Quelle: Staatsarchiv Poznań 4385/Akta miasta Nowy Tomyśl (Stadtakten), sygnatura 81 (Der Bau des Rathauses – im Allgemeinen) http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.4/81

Aus Posen war die Anweisung erteilt worden, dass am dem Gelände des Gerichts- und Gefängnisgebäudes ein Brunnen angelegt werden musste, der den Häftlingen frei zugänglich sein sollte.

Diese Anordnung löste in der Durchführung allergrößte Bedenken aus. Das Gebäude war in U-Form angelegt worden und der Innenhof für die Häftlinge sollte dadurch geschaffen werden, dass die beiden Seitenflügel mit einem großen Tor verschlossen werden sollten. Es verblieb also nur dieser Innenhof um einen Brunnen anzulegen. Zimmermeister Kahl aus Grätz, dem die Bauausführung oblag, befürchtete, dass die Fundament von Wasser unterspült werden könnten oder sich sogar durch die Feuchtigkeit „Schwamm“ in Wänden bilden könnte, auch schloss er Risse in dem „sehr hohen“ Gebäude nicht aus. Seitens des Magistrats der Stadt Neutomischel schlug man also vor, Wasser aus einem der vier auf dem Neuen Markt befindlichen Brunnen zu nutzen.

Die Stadtherren hatten dabei aber nicht bedacht, dass die Häftlinge sich aus dem Gefängnis heraus zu diesen Brunnen begeben müssten, also sich hätten frei bewegen müssen. Dieser Umstand wurde Ihnen dann allerdings aus Posen am 3. August 1879 mitgeteilt und die Forderung nach der Anlage eines Brunnens auf dem Gefängnishof bekräftigt; die Stadt hatte diesen anzulegen.

[1.219]

1879 – 2012 – Das Gebäude steht nun seit 133 Jahren auf dem Marktplatz

Aus Posen kam datiert mit dem 5. September 1879 dann die Mitteilung, dass die Lieferung für  „Utensilien für die Geschäfts- und Gefängniß-Lokale“ über den Posener Tischlermeister Bittmann veranlasst worden war.  Dieser schreibt, dass er am 28. September den Aufbau und die Einrichtung beendet haben sollte und deshalb die für das Gericht bestimmten Repositorien (Schränke zur Aufbewahrung der Amtsbücher und Ordner) in den nächsten Tagen liefern würde. Für diesen Transport war dann die Spedition Carl Hartwig, Posen beauftragt worden, die mit dem 20 September 1879 einen komplett beladenen Eisenbahn-Waggon per Bahn auf die Reise nach Neutomischel versendete.

Nochmals entstand dann Mitte September 1879 in Posen Unruhe. Scheinbar war übersehen worden sich bestätigen zu lassen, ob in dem Gebäude ebenfalls die Lokalitäten eines Standesamtes mit untergebracht worden waren.  Der Magistrat hatte diesen Punkt allerdings sehr wohl bedacht und konnte bestätigen, dass mit dem  01. Oktober 1879 ebenfalls das Standesamt seine Tätigkeiten aufnehmen könnte.

Mit Schreiben vom 17. September  1879 kam dann auch die Mitteilung vom königlichen Kreisgerichts in Grätz, dass die Lieferung der Utensilien und Akten zum Monatsende geplant werden würde.

Per 01. Oktober 1879, wie aus Posen vorgegeben, „trat“ das Amtsgericht Neutomischel „ins Leben“

Schade ist, dass wir keinerlei Aufzeichnungen, alte Akten oder dergleichen zur Einweihung oder Übergabe des nur in einem Jahr errichteten Gerichtsgebäudes mit dem darin eingerichteten Kataster- und Standesamt, sowie dem Gefängnis gefunden haben. Nicht bekannt ist warum erst per 07. Oktober 1880 das Gebäude erstmals als „Rathhaus“ der Stadt Neutomischel bezeichnet wurde.

 

 

Die Sicherheitspolizei sucht Johann Michael Männel – Kurzmeldung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Königl. Preuß. Amt Frankfurth an der Oder (1816))
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[1.220]

Ausschnitt des Amts-Blattes Frankfurth Oder - Quelle: Google Books

Oeffentlicher Anzeiger als Beilage zu Nro. 38. des Amts-Blattes  der Königlich Preußischen Regierung zu Frankfurth an der Oder – Ausgegeben den 18ten September 1816

S i c h e r h e i t s – P o l i z e i  – Steckbrief

Es ist der hierselbst verhaftete Kesselflicker Johann Michael Männel, der sich auch sonst Michael Wendel genannt, gebürtig zu Schönheide im Kreis-Amt Schwarzenberg, welcher, wie sich jetzt ergeben, als unverbesserlicher Trunkenbold und Landstreicher mit 4 Wochen Zuchthaus-Strafe, Ende des Jahrs 1815, belegt, und hernach durch den Schub nach seinem angeblichen Wohnort Neu-Tomischel im Groß-Herzogthum Posen transportiert worden, auf dem Transport aber entsprungen, heute Mittag durch Nachläßigkeit der Wache, nachdem er die Kette zerschlagen, und sich dadurch von den Fesseln befreyt, anderweit entwichen.

Signalement

Derselbe ist 5 Fuß 5 Zoll groß, hat schwarzes krauses Haar, blaue Augen, dickes gelbliches Gesicht, breiter Nase und Kinn, spricht einen schnarrenden sächsischen Dialekt, war mit einer schwärzlichen Tuchjacke, langen dergleichen Hosen und Mütze, und in etwas steife Stiefeln bekleidet.

Es werden daher alle resp. Civil- und Militair-Behörden dienstergebenst ersucht, auf den Kesselflicker Männel acht zu geben, ihn auf den Betretungsfall arretiren, und an das hiesige Amt Behufs des weitern Transports desselben, an das Kreis-Amt Schwarzenberg abliefern zu lassen.

[1.221]

Kartenausschnitt der Ereignisse - Quelle Maennel Archiv

Friedland, am 4ten September 1816 –  Königl. Preuß. Amt hierselbst

 * * *

Im Amtsblatt vom 8ten Oktober 1816 findet sich folgende Kurzmittlung : Nachdem der aus dem Gefängnisse zu Friedland entsprungende und in Nro. 38. des öffentlichen Anzeigers mit Steckbriefen verfolgte Johann Michael Männel in Guben wiederum ergriffen, und an das Amt Friedland abgeliefert worden ist, so wird solches hierdurch öffentlich bekannt gemacht.

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Genealogie:

Johann Michael Männel, geb. ca. 1759 vermutlich noch in Schönheyde im Erzgebirge, verstorben am 29 Dez 1825 in Neu Tomysl – verheiratet mit Anna Sophia Männel geb. ca. 1761, verstorben am 03 Jan 1828 Neu Tomysl

als Sohn Johann Michael Maennel, geb. ca. 1789; verstorben 15 Mai 1836 Glinau, vermutlich Junggeselle, Kupferschmiedegeselle

… noch konnte nicht ermittelt werden, ob der „unverbesserliche Trunkenbold und Landstreicher“ der Senior oder der Junior war …

 

Das Bauernhaus in der Provinz Posen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Julius Kohte (1899))
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[1.222]

Blick über das Hauland – Aufn. GT

Julius Kohte, der durch die Provinz Posen reiste um unter anderem auch die Bestandsaufnahme der Kunstdenkmäler anzufertigen, hat mit diesem Artikel ein klein wenig Material über die Bauernhäuser gesammelt. Der Artikel streift unter anderem auch das Hauland – siehe den markierten Text.

Leider ist es uns nicht gelungen von den beschriebenen Windmühlen in Sontop noch Aufnahmen oder Zeichnungen zu finden. Wir würden uns freuen, wenn vielleicht seitens unserer Leser noch ein Foto eingereicht werden würde.

* * *

 Bei der Bereisung der Provinz Posen zum Zwecke der Inventarisation der Kunstdenkmäler hatte ich Gelegenheit, manche Beobachtungen anzustellen, welche nicht in unmittelbarem Zusammenhange mit meiner Aufgaben standen. Damals galt es, in erster Linie diejenigen Kirchenbauten aufzusuchen, die als Bauwerk oder durch ihre Ausstattung ein kunstgeschichtliches Interesse darboten. Daneben sammelte ich manche Nachrichten und Skizzen, die zur Kenntnis der ländlichen Bauweise der Provinz von Wert sein mochten. Ich nahm jedoch Anstand, diese Aufzeichnungen im Inventar der Kunstdenkmäler mitzuteilen, da ich mir bewusst sein musste, dass das gesammelte Material ein zu lückenhaftes war, um in einem statistischen Werke Platz zu finden, dass ich abseits der gewählten Reisewege gewiss noch vieles und vielleicht wichtigeres zur Ergänzung jener Studien hätte finden können. Zudem gehört der Gegenstand weniger in das Gebiet der Kunstgeschichte, als in das der Kulturgeschichte. Indessen dürfte der gesammelte Stoff vorläufig genügen, um einen Überblick über die Entwicklung des Bauernhauses in der Provinz Posen zu gewähren und der weiteren Forschung die Wege zu weisen.

[1.223]

Seidelsches Anwesen – Bild aus der Originalveröffentlichung

[1.224]

Seidelsches Anwesen – Aufnahme aus der Originalveröffentlichung

Was ich fand, gehörte überwiegend, wenn nicht ausschließlich, deutschen Niederlassungen an, die im Mittelalter und im 17. und 18. Jahrhundert angelegt worden waren. Der Stand der freien Bauern setzte sich bis zur neuesten Zeit aus den zugewanderten Deutschen zusammen, die von den Grundherren nach deutschem Recht angesiedelt wurden. Wenn auch ihre Lage unter den Übergriffen der Grundherren, besonders in den Zeiten, als das polnische Reich seiner Auflösung entgegen ging, sich verschlechterte, so waren sie doch immer noch günstiger gestellt, als die leibeigene Bevölkerung, die von den eingesessenen Polen gebildet wurde. Der Wohlstand, welcher die Vorbedingung ist zu einer behaglichen Gestaltung des eigenen Hauses, war in alter Zeit wohl nur bei der deutschen Landbevölkerung anzutreffen.

In  der Anlage der Ortschaften lassen sie zwei Arten unterscheiden. Die Besiedlungen des Mittelalters stellen eine geschlossene Dorfanlage dar; zu beiden Seiten einer breiten Straße reihen sich die Gehöfte an einander. Diese Art, die im Kolonialgebiete ostwärts der Elbe allgemein bekannt ist, findet sich in der Provinz Posen besonders in den westlichen, rein deutschen Grenzstrichen, während sich weiter östlich, wo die Dorfschaften gegenüber dem Großgrundbesitz zurücktreten, nur vereinzelt vorkommt. Von den Häusern und Gehöften der mittelalterlichen Besiedlungen ist aber nichts mehr erhalten, und in den Ortschaften des deutschen Sprachgebiete scheint die ursprüngliche Gestalt des Bauernhauses gänzlich ausgestorben zu sein. Was dem Forscher dort geboten wird, beschränkt sich auf Einzelheiten, wie Giebelkrönungen, die man aus alter Gewohnheit beibehielt. Weit reicher ist die Ausbeute, welche die Besiedlungen er letzten Jahrhundert gewähren.

Die geschlossene Dorfanlage wurde auch weiterhin beibehalten. Sie findet sich in den im 17. Jahrhundert angelegten Dörfern Ehrbardorf, Mariendorf, Follstein und Neuhöfen bei Filehne, wo die Gehöfte in unregelmäßiger Flucht in den breiten Dorfanger hineinschneiden, und die Grundstücke sich durch die Wiesen hindurch bis zu den Ufern der Netze hinabziehen. Die im ausgerodeten Walde angelegten Hauländereien des 17. und 18. Jahrhunderts geben dagegen die geschlossene Besiedlung auf und verbreiten sich mit zerstreuten Gehöften über das ganze Gebiet der Gemeinde. Landschaftlich gewähren die Hauländereien ein anmutiges Bild, namentlich diejenigen in der Gegend von Neutomischel. Dort wechselt ein Stück Wiese oder Wald mit Gärten, Äckern oder Hopfenpflanzungen; traulich heben sie die Strohdächer der Gehöfte aus ihrer Umgebung heraus; am Eingang jedes Gehöftes stehen Schatten spendend zwei Lindenbäume, während auf dem Feld hier und da ein kräftiger Eichbaum den Blick auf sich lenkt. Die Verbindung zwischen den einzelnen Gehöften stellt ein Netz von schmalen Fahr- und Fußwegen dar, in dem der Fremde sich nur schwer zurecht findet. Die zerstreute Bebauungsart der Hauländereien ist eine besondere Eigenart der bäuerlichen Ansiedlungen im Gebiete des ehemaligen polnischen Reiches; in gleicher Weise sehen wir aber auch in der Gegenwart bei der Aufteilung der Güter des Großgrundbesitzes die Zuzügler sich anbauen.

[1.225]

Holzbohlenwand – Aufn. GT

Aus welchen Teilen Deutschlands die „Hauländer“ kamen, darüber liegen sichere Nachrichten nirgends vor. Dem Grundherrn war ihre Heimat gleichgültig. Befragt man die Leute heutzutage, woher ihre Vorfahren zugewandert seien, so wissen sie gewöhnlich keine Antwort zu geben. Von wenigen Ausnahmen wie den katholischen Bambergern bei Posen abgesehen, sind sie evangelisch-lutherischer Konfession. In den Chroniken der Pfarrarchive, die zwar erst in neuerer Zeit abgefasst sind, doch gewiss mit Benutzung mündlicher oder schriftlicher Überlieferungen, wird mitunter erwähnt, dass die ersten Ansiedler aus den deutschen Nachbarländern, aus Pommern, Brandenburg oder Schlesien stammten. Eine Bestätigung gewinnen die Angaben durch einige von Erich Schmidt gefundenen Schriftstücke, in denen die Kurfürsten Johann Georg und Friedrich Wilhelm von Brandenburg sowie auch König Friedrich Wilhelm I. sich veranlasst sahen, Maßnahmen zu treffen gegen die überhand nehmende Auswanderung ihrer Untertanen nach Polen, namentlich aus der Neumark. Diese Schriftstücke lassen zugleich erkennen, dass die Auswanderung keine nur zeitweilige war, sondern Jahrhunderte hindurch dauerte. In den polnischerseits ausgestellten Schriftstücken heißen die Ansiedler „Oledry“ oder „Holländer“. Wie diese Bezeichnung entstanden ist, steht noch dahin, vielleicht bildete sie sich im Anschluss an die älteren holländischen Kolonien Deutschlands, vielleicht auch an die um die Mitte des 16. Jahrhunderts bewirkte Besetzung des Danziger Werders mit protestantischen, holländischen Flüchtlingen. Wirkliche Holländer wurden aber wohl nur selten nach Polen geführt, und die von E. Schmidt erwähnten Beispiele aus der Weichselniederung bei Schulitz mögen die einzigen ihrer Art geblieben sein. Manche Aufschlüsse über die Herkunft der Einwanderer werden sich aus der Mundart der heutigen Bevölkerung gewinnen lassen.

[1.226]

Natursteinfundament – Aufn. GT

Es ist leicht verständlich, dass die Ankömmlinge, die den Wald niederschlugen und lichteten, um auf dem gewonnenen Gelände sich anzubauen, sich des Holzes zum Bau ihrer Gehöfte bedienten. Alle Bauten in den Hauländereien sind Blockholzbauten. Die Wände sind aus Hölzern aufgeschichtet, die sich an den Ecken überkämmen. In der älteren Zeit pflegen die Hölzer in kräftigen Abmessungen hergestellt, etwa 25 cm stark zu sein; später werden sie schwächer und dann wohl an den Ecken in die Nuthen eines Ständers eingelassen. Das Fundament ist aus einigen auf dem Felde aufgelesenen Findlingssteinen hergestellt. Das Dach ist mit Stroh gedeckt, der Dachstuhl auf die einfachste Weise hergerichtet. Jedes Sparrenpaar wird nach mittelalterlicher Art von einem Kehlbalken gehalten. Den Längsverband ersetzen die an den Enden schräg auf die Sparren genagelten Windrispen, deren meist nur zwei vorhanden und an zwei diagonal gegenüber gelegenen Ecken des Hauses angebracht sind. Oft fehlen aber ach diese, sodass die Sicherung des Daches gegen Längsverschiebungen allein durch die Latten der Strohbedeckung ausgeübt wird. Um den viereckigen Hof herum liegen das Wohnhaus, die Stallungen und die Scheune. Das Wohnhaus kehrt den Giebel nach der Straße. Es liegt immer getrennt von übrigen Baulichkeiten; nur manchmal wird der Pferdestall an einer Schmalseite angebaut. Die Scheune liegt stets so, dass der Bauer vom Feld oder von der Straße her in sie einfahren kann, ohne den Hof zu kreuzen. Neben der Scheune oder einem Stattgebäude befinden sich ein oder zwei bedeckte Schuppen zur Aufbewahrung der Wagen. An das Haus schließt sich der Garten. Am Rande desselben, gegen den Hof in, bequem vom Hause zugänglich, steht der Brunnen. Die leichte Ausführungsweise der Scheune und der Ställe gestattet es, nach Bedarf, etwa um den Hofraum zu vergrößern, sie vermittelst einiger untergelegter Rollen zu Verschieben.

[1.227]

Allgemeiner Typus – Aufn. aus der Originalveröffentlichung

Einen in der Provinz Posen allgemein verbreiteten Typus des Bauernhauses stellt Abbildung 1 dar. Der Eingang des Hauses befindet sich in der Mitte der Langseite. Die Haustür ist in einen oberen und einen unteren Flügel geteilt, sodass, wenn der untere geschlossen ist, man den oberen offen lassen kann, um auszublicken. Durch den flurartigen Vorraum, in welchem die Stiege zum Dachboden liegt, gelangt man in die im Mittelpunkt des Hauses gelegene Küche. Über ihren Wänden steigt, nach oben hin sich verjüngend, der Schornstein auf, der zugleich als Rauchfang dient. Um die Küche herum liegen die Stuben und Kammern. Dieser einfache urwüchsige Typus besitzt gewiss ein hohes Alter. Er findet sich bei Deutschen wie bei Polen; ihn zeigen die älteren evangelischen und katholischen Pfarrhäuser und noch die in der Gegenwart aus Lehmpatzen errichteten Häuser der Gutsarbeiter. Letztere Häuser, die nur einen kleinen Hof hinter sich haben, pflegen im Gegensatze zu denen der Bauerngehöfte gleichlaufend zur Straße gestellt zu sein.

Abbildung 2 gibt die Skizzen von drei Gehöften aus der Hauländergemeinde Alt-Borui  bei Neutomischel, aus denen sich erkennen lässt, wie verschieden und eigenartig die Hauländer-Gehöfte angelegt sind. Das um 1760 erbaute Gehöft des Heinrich Kutzner (Abbildung 2A) ist eines der größten der Gemeinde; außer dem dem Wohnhause angebauten Pferdestall besitzt es zwei Stallungen für Rindvieh und Schweine sowie einen Wagenschuppen und ein Scheune; der Hof ist länglich mit zwei Einfahrten an den Schmalseiten. Das etwas einfachere Kothsche Gehöft (Abbildung 2B) mag als Typus eines Gehöfts mittlerer Größe dienen. Eines der kleinsten ist das des Gustav Wolke (Abbildung 2C), welches nur ein Nebengebäude besitzt, das zur Hälfte als Stall für Kleinvieh, zur Hälfte als Scheune eingerichtet ist (abgesehen von einer neuen Erweiterung). Die Wohnhäuser dieser wie aller Gehöfte in Alt-Borui zeigen die in Abbildung 1 vorgeführte Anlage. Von Gehöften, deren Entstehungszeit bekannt ist, mögen aus der Gemeinde noch genannt sein das des August Heider von 1764, das des Wilhelm Freier von 1775, sowie das um 1827 errichtete des Karl Fischer. Die Erneuerungen, welche die Gehöfte erfahren haben, beschränken sich auf ein verhältnismäßig geringen Maß; irgendwelche schmücken Formen besitzen sie nicht.

[1.228]

C. Wolke – Abb. aus der Originalv.

[1.229]

B. Koth – Abb. aus der Originalveröffentlichung

[1.230]

A. Heinrich Kutzner – Abb. aus der Originalveröffentlichung

Als Beispiel eines auf einem eingebauten Grundstück errichteten Gehöftes ist das Seidelsche in Peterawe auf Tafel I und II wiedergegeben. Das auf dem rechten Ufer der Warthe am Wege von Obersitzko nach Wronke gelegene Dorf Peterawe wird bereits 1280, wo es zum ersten Male in den Urkunden erscheint (Cod. dipl. Maj. Pol. Nr. 493), als nach deutschem Recht angelegt, genannt. Über die weiteren Schicksale des Ortes wissen wir wenig. Nach einer Nachricht des Kirchenbuches wütete die Pest im Jahre 1659 in dem Dorfe, welches gewiss zuvor unter den Wirren des ersten und danach unter denen des zweiten schwedischen Krieges zu leiden hatte. Im 18. Jahrhundert fand jedenfalls eine Neubesiedlung statt. Nach den Angaben, die mir die Bauern im Orte machten, soll „Preußen“ die Heimat ihrer Vorfahren gewesen sein. Diese Überlieferung mag auf Wahrheit beruhen; nur wird man unter Preußen nicht die Provinz Ost- oder Westpreußen, sonder das Gebiet des altpreußischen Staates im Gegensatze zu Polen zu verstehen haben. Aus welcher Zeit die Anlage des Dorfes herrührt, ob noch aus dem Mittelalter oder erst aus dem 18. Jahrhundert, vermag ich nicht zu entscheiden. Die Dorfstraße ist etwa 100 m breit; im Osten nach Obersitzko zu ist sie schmaler; nach Westen hin verbreitert sie sich und teilt sich in die Wege nach Wronke und Klempitz. Auf dem Dorfanger steht das Kirchlein.

Nach einer jetzt im Provinzial-Museum in Posen aufbewahrten Urkunde hatte der Schmied Johann Seidel im Jahre 1715 einen „verwüsteten Bauerplatz und Gehöffte in dem Dorf Peterowe mit allen darzu belegenen und angewiesenen Gründen“ gekauft; am 30. Mai 1750 bestätigte in Graf Leo Raczynski, Kastellan von Santoch, Generalleutnant, Erbherr zu Obersitzko, in seinen Besitzverhältnissen; kurze Zeit zuvor, 1748, hatte Seidel sein Gehöft oder wenigstens sein Wohnhaus neu erbaut, wie die Jahreszahl am mittleren Deckenbalken der großen Wohnstube zu erkennen gibt.

[1.231]

Haus mit Eckhalle – Abb. aus der Originalv.

Das Seidelsche Grundstück befindet sich auf der Nordseite der Straße. An der Ostgrenze liegt ein 20 m breiter Garten. Das Gehöft ist von der Straße zurück gerückt, sodass vor dem Eingange ein von zwei Linden überschatteter Vorplatz und links daneben noch ein Gärtchen verbleibt. In den Vorplatz ist das Wohnhaus (Tafel I) mit einer unter dem vorderen Giebel angelegten offenen Halle hineingeschoben. Betritt man das Gehöft (Tafel II), so hat man zur Linken längs der Straße das Stallgebäude, welches im vorderen, dem Wohnhause zugewandten Teile des Pferdestall, weiterhin den Schweine- und den Geflügelstall enthält. An der gegenüber liegenden Nachbargrenze liegt der Stall für Kühe und Schaft, an der Feldseite die Scheune und neben ihr ein bedeckter Wagenschuppen, der zugleich als Durchfahrt dient. Alle Gebäude sind noch die ursprünglichen; sie sind aus Blockholz errichtet und mit Stroh gedeckt. Zur Beleuchtung der Ställe genügen einige Ausschnitte in den Balken, soweit nicht durch die Tür oder einige undichte Stellen bereits Licht einfällt. Das Wohnhaus ist von der Straße her durch eine Tür unter der Giebelhalle, vom Hofe durch eine Tür in der westlichen Langseite zu betreten. Beide Türen führen in den Flur des Hauses, aus dem man in die unter dem First gelegene Küche gelangt, die zwar einen den neuzeitlichen Anforderungen entsprechenden Umbau erfahren hat, aber nach den Angaben der Bewohner noch in der alten Gestalt sich wiederherstellen lässt. Die Wände der Küche und des Rauchfangs waren, wie sonst üblich, aus einem verstakten und mit Lehm bekleideten Fachwerk hergestellt. Vom Flure aus sind auch die beiden Wohnstuben zugänglich, die größere nach dem Hofe hin, die kleinere nach der Straße zu gelegen. Beide hatten ehemals eine in die Küche eingebaute Kaminfeuerung, wie man solche noch hier und da in ärmeren Häusern antrifft. An der Gartenseite liegen die Kammern; aus der mittleren kann man in den Garten treten. Im Flur liegt ein kleiner Bretterverschlag und die Treppe zum Dachboden. Der Dachstuhl ist in der früher beschriebenen, einfachen Weise hergestellt (Tafel II). Die Balken sind von unten sichtbar gelassen. Das Haus ist rund 15 m lang und 9 m breit; die Wohnräume haben eine lichte Höhe von nur 2,20m.

Einen besonderen Schmuck des Hauses bildet die Halle an der Vorderfront (Tafel I). Sie wird von fünf Pfosten getragen, die in schlichter Weise mit einem Sockel und einem Kopfgliede versehen und zwischen diesen nach oben hin verjüngt sind. Der Querschnitt der Pfosten misst 26 cm im Geviert. An ihrem oberen Ende greifen sie in einen Holm; durch zwei eingeblattete Kopfbänder und ein ausgeschnittenes Bohlstück sind sie zu je zweien im flachen Bogen verbunden. Auf dem genannten Holm liegen die Köpfe der obersten Balken der beiden Seitenwände des Hauses, diese mit der Halle verbindend. Der offene Raum, der zwischen dem Holme der Halle und dem über ihm gelegenen Dachbalken verbleibt, ist durch ein gesimsartig vortretendes Brett gefüllt. Die beiden Giebelwände sind mit Brettern verkleidet. Auf dem Holme der Halle ist in gefälligen Buchstaben eine zweizeilige Inschrift eingeschnitten, von der leider nur noch der biblische Spruch (Psalm 127) lesbar ist:

Der Schluss der Inschrift ist verwittert. Giebelschmuck hat keine der Baulichkeiten des Gehöfts.

Das Seidelsche Gehöf ist das einzige in Peterawe, welches die ursprüngliche Anlage und Gestalt noch bewahrt hat. Sonst sind die meisten Gebäude des Ortes durch Ziegelbauten ersetzt. Das hübsche, 1829 errichtete Grisersche Haus neben dem Pfarrhause brannte im Oktober 1897 nieder. Es war ein Blockholzbau, dessen offene Halle sich aber auf die eine Ecke der Front beschränkte, wie in dem in Abbildung 3 gegeben Typus. Ein ähnliches Haus von sehr einfacher Ausbildung steht noch jetzt dem Seidelschen gegenüber.

[1.232]

Blick über Boruy – AK aus der Sammlung Arno Kraft

Die Häuser von Peterawe leiten zu einer Gruppe von Bauten über, die sich auf dem rechten Ufer der Netze von Czarnikau bis Filehne erstreckt. Mehrere Beispiele von Häusern mit einer Halle unter dem vorderen Giebel finden sich in Follstein aus den Jahren 1739 und 1742, als eines der jüngsten ein Haus in Neuhöfen von 1836. Häuser mit einer Eckhalle an der Vorderfront finden sich in Runau, Putzig und Groß-Kotten, sowie am westlichen Ende der Gruppe in Ehrbardorf. Grade die besseren Häuser dieser Art stammen erst aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zum Unterschiede von dem aus Peterawe mitgeteilten Gehöfte ist zu bemerken, dass in den Dörfern bei Filehne das Einfahrtstor, damit der Bauer von der Halle aus auch den Hof überwachen kann, in die Flucht der Pfosten gelegt ist. Von den sinnigen Sprüchen der Häuser teile ich hier zwei mit:

1784. (Aus Putzig)

Ann 1836 b. 25t. July (Aus Ehrbardorf)

Leider haben die Änderungen und Erneuerungen der Gegenwart empfindliche Lücken in den alten Bestand gerissen, ganz besonders in den wohlhabenden Dörfern gegenüber von Filehne, die noch vor wenigen Jahrzehnten dem Forscher eine überraschende Ausbeute dargeboten haben müssen.

Man möchte annehmen, dass die Ansiedler im Filehnischen hauptsächlich aus den benachbarten brandenburgisch-preußischen Gebieten herüber gekommen seien und von dort her das Hallenhaus übertragen hätten. In der Tat sind Bauernhäuser mit einer die vordere Giebelseite einnehmenden Halle in der Ukermark und der Neumark sowie in Mittelpommern vereinzelt vorhanden, nachdem sie vor wenigen Jahrzehnten noch in größerer Zahl dort anzutreffen waren. Andererseits besteht ein augenscheinlicher Zusammenhang zwischen den Hallenhäusern der Dörfer und denen der Städte. Wenn auch die Bedingungen, unter denen die „Lauben“ an den Märkten der ostdeutschen Städte entstanden, auf dem Lande nicht anzutreffen sind, so verraten doch sowohl die Hallen als auch die Grundrisse der eingebauten städtischen Häuser eine auffallende Verwandschaft mit den ländlichen Bauten. Die Laubenhäuser am Markte in Rakwitz haben das ursprüngliche Bild noch einigermaßen bewahrt. Von einem derselben, das inschriftlich 1669 errichtet wurde, besitzt das Provinzial-Museum in Posen ein von Herrn Dr. med Hensel angefertigtes Modell, welches alle baulichen Einzelheiten klar erkennen lässt. Einige Laubenhäuser stehen auch am Markt in Stenschewo. Eine Schmiede mit einer Halle unter dem Giebel sieht man in Krotoschin an der Straße nach Zduny. Vereinzelt finden sich derartige Vorhallenhäuser noch in manchen kleineren Städten der Provinz; sogar in der Hauptstadt kannte man sie noch bis vor wenigen Jahrzehnten.

[1.233]

Giebelkrönungen – Abb. aus der Originalveröffentlichung

Ein leicht herzustellender Schmuck der alten Bauernhäuser sowie der Stallgebäude und Scheunen sind die Giebelkrönungen. Die Strohbedeckung des Daches erhält an den Giebeln einen Abschluss durch zwei Bretter, die dem letzten Sparrenpaar aufgenagelt werden. Gern ließ man am Firste die Enden der Bretter übereinander hinaustragen und schnitt sie zu Figuren aus. Die einfachste Gestallt ergab sich, wenn man die Bretter in einer geometrischen Form, einem Kreise, einem Vieleck oder einem Lanzett, endigen ließ (Abbildung 4). Zahlreiche Beispiele dieser Art sah ich im Kreise Ostrowo auf dem Wege von Groß-Wysocko nach Olobok. In Osiek bei Jutroschin fand ich dieses Motiv in die Köpfe zweier Hennen umgewandelt, die sich zum Angriff gegen einander wenden, die Hälse lang ausgereckt (Abbildung 4c).

Sehr verbreitet, wenn auch nicht in dem Maße, wie in anderen Teilen Norddeutschlands, sind die nach außen gekehrten Pferdeköpfe. Ein Beispiel von recht unbefangener Zeichnung skizzierte ich in Zabno-Hauland bei Moschin (Abbildung 4d). Andere Beispiel nenne ich aus Bauchwitz, Neuhöfen, Groß-Kostten, Klein-Tworsewitz bei Riesen und Obora bei Gnesen. Oftmals ist das Motiv bis zur Unkenntlichkeit entstellt, so an dem aus Peterawe mitgeteilten, nicht ungefälligen, so schwer zu deutenden Beispiele (Abbildung 4e). Man hat in den Pferde- und Hahnenköpfen alte Sinnbilder erkennen wollen. Andere Köpfe sind offenbar nichts weiter als heitere Darstellungen aus dem Tierleben. Beispiele dieser Art sind die erwähnten Hennen aus Osiek, sowie die beiden hinter einander herlaufenden Gänse von einem Stallgebäude in Wulke bei Storchnest (Abbildung 4f).

Ein anderes Ziermotiv ergab sich, wenn man darauf verzichtete, die Brettenden frei in die Luft ragen zu lassen, dafür aber dem Firste ein senkrechtes Brettstück vorheftete und dasselbe ausschnitt. Ich begegnete diesem Motive in den Kreisen Fraustadt, Meseritz und Schwerin. Meist ist das dritte Brett zu einem Kreise ausgeschnitten (Abbildung 4g). Reichere Formen, einen Stern, eine Blume, oder einen Vogel, findet man weiterhin in der Neumark. Ein nach oben und unten in ornamentaler Weise gefällig endendes Brett teile ich aus dem dich an Fraustadt grenzenden Dofre Niederpritschen mit (Abbildung 4h). An einer Scheune der Posener Vorstadt in Kosten hatte man dem dritten Brett die Gestalt einer breiten stilisierten Blume gegeben (Abbildung 4i); als ich später dort nochmals vorüberkam, hatte die Scheune unterdessen einen Neubau Platz gemacht. Die beiden zuletzt gegebenen Beispiele lassen in ihrer zierlichen Durchbildung, die sich scharf von der Urwüchsigkeit der anderen abhebt, unschwer den städtischen Einfluss erkennen.

Die Verzierung der Giebel findet sich nicht nur bei Strohdächern, sondern, obgleich seltener, auch bei anderen Deckungsarten, so an den mit Schindel gedeckten Windmühlen bei Sontop östlich von Neutomischel. Im Übrigen scheinen, wie die aufgezählten Beispiele ergeben, die einzelnen Formen sich nebeneinander über die Provinz zu verbreiten, ohne dass man irgendwelche Grenzen ziehen könnte.

Ein Anderer Gegenstand, der die Lust zum Schmücken wach rief, war der Hofeingang. Jedes Gehöft hat zwei neben einander gelegene Eingänge, einen schmalen für Fußgänger und einen breiten für Wagen. Jenen überdeckte man zuweilen mit einem Riegelholze, gab den beiden Ständern eine schlichte freie Endigung und setzte zwischen dem Riegel und den Ständern zwei Kopfstücke ein, die man gemeinsam mit dem Riegel flachbogenförmig ausschnitt. Das in Abbildung 5 dargestellte Beispiel ist in Swierczyn bei Storchnest aufgenommen. Ähnliche Beispiele finden sich westwärts in dem Städtchen Schwetzkau.

[1.234]

Thorbogen – Abb. aus der Originalveröffentlichung

Die hier gegebenen Mitteilungen deuten die Aufgabe mehr an, als dass sie eine Lösung derselben brächten. Eine solche würde zunächst eine erschöpfende Feststellung des gesamten Materials erfordern, d.h. die Ermittlung des noch vorhandenen Bestandes an alten Gehöften und Häusern, sowie die zeichnerische und photographische Aufnahme der wichtigsten Bauanlagen und ihrer Einzelheiten. Zur Ergänzung dieser technischen Arbeiten würde aber auch die Durchforschung der erhaltenen Archivalien gehören, um die Geschichte der Besiedlung erkennen zu lassen. Auf solchen Grundlagen erst wird ein zuverlässiges Bild der Anlagen und des Entwicklungsganges des Bauernhauses im Posener Lande und seines Zusammenhangs mit den Häusern der altdeutschen Landesteile zu gewinnen sein. Es gilt aber, die gestellte Aufgabe bald in Angriff zu nehmen, da jede Verzögerung weitere Verluste an dem bereits so schwer geschädigten alten Bestande bringt.

* * *

Quelle:

Kleinstadtbilder aus Rakwitz und Grätz in den letzten Jahrzehnten des polnischen Reiches – 1735 bis 1782 – Teil 7 – Heimkehr und Tod

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Tr. Stäsche, Königshütte O.-S. 1899)
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[1.236]

Grodzisk heute – Quelle: www.grodzisk.wlkp.pl

Und hier nun das Ende der Zusammenfassung der Flegelschen Chroniken. Mit diesen beiden letzten Kapiteln „Friede und Heimkehr am Abend des Lebens“ und „Schluß“  hat 1899 Dr. Tr. Stäsche seine umfangreiche  Arbeit beendet.

113 Jahre sind seit seiner Ausarbeitung vergangen, annähernd 260 Jahre liegen die geschilderten Ereignisse zurück, kaum jemand hat jemals von diesen Chroniken und deren Inhalt gehört und doch lesen sich die Schilderungen spannend als seien die Geschehnisse noch gar nicht so lange zurückliegend. Oder liegt die Spannung darin, dass sich die Geschichte in leicht abgewandelter Form an anderen Schauplätzen bis heute immer wiederholt ?

* * *

[1.237]

Kirchenbuch Grätz 20 Mai 1799 – Ist auf dem Graezer Kirchhofe begraben worden der in der Stadt Graez gewesene Kaufmann Carl Ehrenfried … Flegel, welcher am 16ten März dieses Jah. abends um 10 Uhr an Stickhusten verstorben war; er hat sein Alter gebracht auf 70 Jahr

6. Friede und Heimkehr am Abend des Lebens

Erst 1775 ging die Zeit der Verbannung zu Ende. Auch der heutige Regierungsbezirk Posen war bei der zweiten Teilung Polens an Preußen gefallen und damit ein Wunsch Karl Ehrenfrieds in Erfüllung gegangen, den ihm vor 15 Jahren die Verzweiflung über die Rechtlosigkeit, der er sich preisgegeben sah, ausgepresst hatte. Am 7. Mai 1793 nahmen, wie auch Roehl berichtet, in der Jesuitenkirche zu Posen der preußische General von Möllendorff und der Freiherr von Danckelmann im Namen des Königs von Preußen die Huldigung entgegen. Flegel kehrte mit seinem Vetter Johann Samuel jedoch erst 1795 nach Grätz zurück (B16), nachdem der letztere das Familiengrundstück wieder erworben hatte. Das Haus, welches dem Amtmann Arndt zugesprochen worden war, hatte nach dessen Tode sein Bruder, der die Witwe geheiratet hatte, besessen. Als er später von Grätz verzog, kam es unter die Verwaltung des Magistrats. Die ganze Zeit hindurch bis zur Erbauung der evangelischen Kirche 1788 wurde in ihm der evangelische Gottesdienst abgehalten. Da aber weder die Brüder Arndt, noch der Magistrat etwas für die Unterhaltung des Hauses taten, geriet es bald in Verfall, bis es in den Besitz des jüngeren Flegels kam. Er kehrte mit seinem Vetter wahrscheinlich im Juli 1795 zurück. Wir lesen nämlich bei Roehl in dem von diesem angelegten Verzeichnis der kirchlichen Verschreibungen, das in demselben Bande wie die Chronik steht, unter Nummer 17: „Herr Flegel hat zur Miete zwei Kirchstellen unter dem 26. Juli 1795 angetreten und versprach 8 gute Gr. inklusive d. HE. Flegel sen., 1 Kirchstelle 6 Gr.“ Im Rechnungsbuch ist Michaelis 1795 Flegel jun. mit 6 guten Groschen, daneben Flegel sen., dieser aber ohne Beitrag aufgeführt. Im Verzeichnis vom Osterquartal 1796 stehen zwar beide Namen, aber ohne Beiträge.

Dass die Rückkehr der beiden Vettern erst 1795, nicht schon 1793, wie man erwarten möchte, erfolgt ist, ist wohl kein Zufall. Am 1. März 1795 war nämlich der General Kasimir von Radonski gestorben und darauf – Roehl gibt den 10. März an – im Grätzer Kloster beigesetzt worden. Er war aber der größte Feind der Familie Flegel gewesen; jetzt konnten Karl und Johann Samuel, nachdem er gestorben war, in die Heimat zurückkehren.

Flegel starb wahrscheinlich im Jahre 1800 (Anm. der Autoren: 16 Mai 1799 war der Todestag); denn in diesem Jahre trug Roehl unter Nummer 17 an der schon erwähnten Stelle hinter Flegel den Postmeister Dyke und den Erbpächter Petschke von Vorwerk Zdroj als Inhaber der Mietstellen ein. Mit derselben helleren Tinte nun, mit welcher der diese Notiz schrieb, hat er den Namen Flegel sen. durchgestrichen und dahinter vermerkt: gestorben. Das Rechnungsbuch nennt Flegel sen. und jun. zum letzte Male im Bericht über das Osterquartal 1796 und erwähnt den älteren von da an überhaupt nicht mehr, den jüngeren erst Michaelis 1808, wo er Flegel Kommissar heißt. Da die Sterberegister aus jener Zeit fehlen, so lässt sich aus ihnen das Todesjahr nicht nachweisen. Nach den angeführten Daten fällt es in den Zeitraum von 1796-1800. Sein Geburtsjahr lässt sich gleichfalls nicht nachweisen. Er war wahrscheinlich niemals verheiratet, wenigstens findet sich in den Chroniken nirgends eine Andeutung davon.

 

Schluss

[1.238]

Kirchenbuch Grätz – 1848 am sechsten -6- April früh um acht -8- Uhr Samuel Flegel 83 Jahre, 5 Monate, 3 Tage, Oeconomie Commissarius und Posthalter

Sein Vetter Johann Samuel hat ihn um ein halbes Jahrhundert überlebt. Er war in südpreußischer Zeit Katasterbeamter (1796-1806); im Jahre 1796 führt ihn das Kirchenbuch als Königlichen Kommissarius Oeconomiae Fraustadiensis auf. Am 31. Mai d. Js. schenkte ihm seine Gattin Dorothea Elisabeth geb. Lichtenberg ein Söhnchen, dem der Vater die Namen Friedrich August (Anm. der Autoren: geb. 31 Mai 1796 und verstorben 26 Nov. 1799 in Grätz, nicht erwähnt wurde Carl Wilhelm Eduard geb. 02 Sep. 1798 und verstorben am 25 Aug. 1799 in Grätz) beilegte, wahrscheinlich aus alter Anhänglichkeit an das sächsisch-polnische Königshaus. Unter den sieben Taufzeugen werden auch die verwitwete Frau Oberst Marianna Elisabeth von Mojaczewska, geb. von Kottwitz aus Kranz, und der Oberst Johann Stanislaw von Mojaczewski aus Borowo, ein schon früher erwähnter Freund der Familie Flegel, genannt.

Im Jahre 1811 zog Johann Samuel wegen der politischen Verhältnisse, wie er sich S. 16 ausdrückt, nach Stargard in Pommern, kehrte aber 1815 im Sommer wieder nach Grätz zurück, wo ihn das Rechnungsbuch im Michaelisbericht 1815 zum ersten Male wieder aufführt. Er erreichte das hohe Alter von 83 Jahren 5 Monaten und drei Tagen und starb an Altersschwäche am 6. April 1848 als Oekonomiekommissar und Posthalter zu Grätz. Die letzten 16 Lebensjahre verbrachte er als Witwer. Am 29. April 1832 war seine zweite Gattin Johanna Maria Elisabeth, geb. Zeidler, gestorben. er hinterließ keinen Sohn, sondern nur eine Tochter (Anm. der Autoren: es gab 2 Töchter – Friederika Dorotha Augusta Flegel geb. 1800 war eine später verehelichte Vittinghoff; Dorothea Amalie Ottilie Flegel geb. um 1804 hatte einen etwas für jene Zeit ungewöhnlichen Lebenslauf, einmal wurde sie 1825 bei der Geburt des Wilhelm Gottlieb Gustav Flegel (Vater Gottlieb Tepper) erwähnt, dann wieder 1829 bei der Geburt des Julius Christian Gotthilf Flegel (Vater Christian Gotthilf Bernhardini) und ein weiteres Mal  1833 bei Ihrer Eheschliessung mit Adolph Leberecht Lierse; aus dieser Verbindung stammte vermutlich Ottilie Augusta Emma Lierse, die als Pflegetochter der Vittinghoff’schen Eheleute genannt wurde. Unter Umständen gab es noch männliche, den Namen Flegel tragende Nachkommen ?) . Der erwähnte Friedrich August muss früh gestorben sein. (Der Besitzer des Weinberges bei Grätz, Herr Steyff, der, wie mehrere ältere Grätzer, den jüngeren Chronisten noch persönlich gekannt hat, weiß von einem Sohne Johann Samuel nichts, hat aber noch die Tochter gekannt). Mit Johann Samuels Tode starb die Familie Flegel in männlicher Linie aus. Die Flegelsche Familiengruft auf dem evangelischen Kirchhofe zu Doktorowo, auf der die evangelische Gemeinde zu Grätz seit 200 Jahren und wohl noch länger ihre Toten bestattet, birgt die Gebeine der letzten Mitglieder der Familie, welche für ihren Glauben so viel gelitten und sich um die evangelische Kirche zu Grätz so hohe Verdienste erworben hat.

Kleinstadtbilder aus Rakwitz und Grätz in den letzten Jahrzehnten des polnischen Reiches – 1735 bis 1782 – Teil 6 – Recht und Rechtsprechung in Grätz, Pastor Calmann verlässt Grätz, die Familie Flegel wird vertrieben

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Tr. Stäsche, Königshütte O.-S. 1899)
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[1.239]

Die Waage der Gerechtigkeit – Aufn. PM

Da seitens de Besitzers von Grätz die Maßnahmen zum Schutz des Pastors Calmann,der Flegelschen Familie und anderen nicht mit großer Intensität ausgeübt wurde, ging letztlich General Radonski als der „Sieger“ aus diesem seit Jahren schwelenden Kampf hervor. Mit roher Gewalt und Mord und hatte die Bevölkerung unterdrückt und verhindert, dass etwas gegen ihn unternommen wurde. Er wies Dritte zur Brandstiftung an, beugte das Recht nach seinem Belieben, verhinderte einen Mordanschlag nicht und beschritt den Weg der Enteignung. Am Ende gelang es ihm durch Unterstützung Angehöriger der Familie Flegel, die aus Habgier handelten und auch wieder durch den amtierenden evangelischen Pastor, dem späteren Erbauer der evangelischen Kirche von Grätz, seine Widersacher aus der Stadt zu entfernen.

* * *

c) Recht und Rechtsprechung in Grätz – 1778

Die Belästigungen, denen die evangelische Gemeinde und die Familie Flegel durch den General Radonski ausgesetzt blieben, machten eine dritte Reise nötig, die gegen Ende des Jahres 1777 unternommen zu sein scheint. In den Einzelheiten derselben weichen die Chroniken wieder erheblich voneinander ab.  Nach der älteren wurden ein paar Deputierte der evangelischen Gemeinde nach Warschau geschickt, denen sich Karl Flegel und die Witwe anschlossen, um ihre privaten Beschwerden vorzutrage, namentlich über ungerechte Schuldforderungen, die der General an die Flegelsche Familie für den fürstlichen Hof erhoben hatte (A8f.). Nach der jüngeren Chronik (S10) wollte aus Furcht vor dem General niemand mitreisen, und so reisten Karl Flegel und die Witwe allein. Als hauptsächlicher Grund der Reise wird hier angegeben, dass der General von allen Wahlen Konfirmationsgelder verlangte. Die Berichte stimmen aber darin überein, dass der Fürst, den die Reisenden übrigens erst in Wolczyn fanden, diese beruhigte und ihnen versprach, eine Kommission zur Untersuchung der Beschwerden nach Grätz zu schicken. Als die Abgeordneten trotzdem, so erzählt die ältere Chronik, ihre Furcht vor dem General äußerten und zur Begründung derselben auf das Schicksal des Hauländers hinwiesen, gab ihnen der Fürst ein Schreiben an Radonski mit und versicherte sie nochmals, es werde ihnen nichts widerfahren, sie sollten deshalb unbesorgt sein. In Grätz angekommen, übergaben sie das Schreiben dem General, mussten aber noch lange warten, ehe die ersehnte Kommission ankam. Endlich am Palmsonntage 1778 traf sie ein, bestehend aus dem Obersten von Molski und dem fürstlichen Sekretär Zytowiecki; aber die Hoffnungen, welche die Flegelsche Partei auf sie gesetzt hatte, erfüllten sich nicht. Denn der erstere reiste schon in der Marterwoche wieder ab, und der Sekretär blieb allein zurück, ohne die Beschwerden der Gemeinde über den General zu untersuchen. In dem Schlosse wohnte damals auch die Geliebte des Generals, die Tochter des Grätzer Oberförsters Sypnieski, deren Gesellschaft den Herrn Kommissar auch mehr gefesselt haben mag, als die Untersuchung der Flegelschen Beschwerden.

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Landratsamt und Gerichtsgebäude der Stadt Grodzisk früher Grätz – Aufn. PM

Zu der getäuschten Hoffnung Flegels kam noch ein neues Unglück. Am zweiten Ostertage 1778, Abends 8 ¾ Uhr, brach auf dem Flegelschen Grundstück in einem leeren Stalle Feuer aus, das schnell um sich griff und das ganze Hintergebäude von 82 Ellen Länge in Asche legt, wobei nur das Vieh gerettet werden konnte. Flegel und die Witwe verloren durch den Brand ein bedeutendes Kapital, da alles Kaufmannsgut auf dem Boden verbrannt war. Trotzdem wurde er noch obendrein als Brandstifter verdächtigt. Unmittelbar nach dem Ausbruch des Feuers erschien nämlich der General auf der Brandstätte, schlug Flegel mit dem Stock und nannte ihn einen Mordbrenner. Flegel rief empört aus: „Gott weiß, wer der eigentliche Mordbrenner ist!“ und deutete damit seinen geheimen Verdacht an, der sich auch später bestätigte. Radonski erwiderte kein Wort.

Nun folgte eine gerichtliche Untersuchung, die uns einen Einblick in die Rechtszustände in den letzten Jahren des polnischen Reiches gibt. Die Mitglieder der Flegelschen Familie wurden am folgenden Tage vor das Stadtgericht geladen, wo sie zunächst den Beweis erbrachten, dass keine fahrlässige, sondern eine absichtliche Brandstiftung vorliege. Auf die Frage, die an Flegel gerichtet wurde, wen er in Verdacht habe, erwiderte er vorsichtig, dass er nichts beweisen könne, und es daher am besten sei, zu schweigen. Am folgenden Tage musste Flegel mit den Seinen wieder vor Gericht erscheinen und hier wurde folgendes Urteil gefällt: „Ohngeachtet, dass Flegel bewiesen hat, dass er nicht Ursache an dem Feuer gewesen, auch angezeigt hat, dass es ein angelegtes Feuer sein müsste, so kann er doch niemanden namentlich machen; es wäre also seine Schuldigkeit gewesen, das Feuer zu verhüten. Da nun dies nicht geschehen, so soll Flegel 8 Tage im Arrest sitzen, 50 Mark an den Hof und 30 Mark an die Stadtgerichte zahlen und den der Stadt verursachten Schaden ersetzen.“

Eine Berufung oder Revision gegen dieses Urteil empörender Willkür gab es nicht; der der General war nach polnischem, d. h. ursprünglich Magdeburger Rechte, wie die jüngere Chronik (S.9) bemerkt, oberster Zivil- und Kriminalrichter seiner Bürger und Untergebenen, und den Bürgern adliger Städte, wie es z. B. Grätz war, stand kein Gericht gegen einen Edelmann offen. So konnte nur auf gütlichem Wege eine Milderung erreicht werden. Flegel wandte sich an den anwesenden fürstlichen Sekretär. Auf den Rat desselben reichte er ein Bittgesuch an den General ein, und zur Ehre desselben kann die Chronik (B10) berichten, dass das Urteil zwar nicht aufgehoben, aber doch auch nicht vollstreckt wurde.

Der Verdacht, das Feuer angelegt zu haben, lenkte sich nach wenigen Tagen auf die Magd Flegels. Konstantie, eine Tochter der Witwe Flegel, hatte gesehen, wie jene mit einem brennenden Kein aus der Stube ging, nachher zurückkam und das Kienchen in das Kaminfeuer warf. Auf die Frage, wo sie gewesen sei, erwiderte sie, dass sie den Hund in die Einfahrt geführt habe; aber die jüngste Tochter versicherte, dass das nicht wahr sei, da sie durch ihre, der Tochter Schlafstube hätte gehen müssen, dort aber nicht durchgegangen sei. So die ältere Chronik; die jüngere fügt noch hinzu, dass die Magd auch von Nachbarn, die z. T. genannt werden, dabei gesehen wurde, wie sie das Feuer anlegte (B11).

Flegel machte nun beim Stadtgerichte Anzeige und bat um die Verhaftung der Magd, besonders da sie auch etliche Kleidungsstücke gestohlen hatte. Aber Radonski, der davon gehört hatte, verbot dem Bürgermeister aufs strengste, die Magd zu verhören oder gar zu verhaften, und ihr selber befahl er, den Dienst bei Flegel zu verlassen. Auf Flegels Bitte, ihm doch sein Recht nicht zu verkürzen und die gerichtliche Untersuchung nicht zu hindern, versprach Radonski zwar, das zu tun, hielt aber nicht Wort (A10). Acht Tage später ließ er an einem Sonntage während des Gottesdienstes sogar die Lade und Sachen der Magd mit Gewalt abholen und beschenkte sie oben drein noch mit 8 Floren (polnische Gulden). Von jeder gerichtlichen Untersuchung blieb sie auf Radonskis Befehl verschont. Flegel wandte sich zwar an den fürstlichen Sekretär, dieser erklärte sich aber nicht für befugt, etwas gegen Radonski zu tun, und riet Flegel, ruhig zu sein und nicht das Feuer noch größer zu machen, als es schon sei. „Es ist ein Glück“, fügte er hinzu, „dass ich hier bin, denn sonst hätten Sie einen schweren Stand, weil Sie gesagt haben, dass der General das Feuer hat anstecken lassen.“ So weit Karl Flegel, der erzählt, was er selber erlebt hat (S.11).

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Landratsamt und Gerichtsgebäude der Stadt Grodziec dem früheren Grätz – Aufn. PM

Sein Vetter, Johann Samuel, der jüngere Chronist, spricht es geradezu aus (S.11), dass Radonski durch seinen Koch Rafael im Einverständnis mit Flegels Magd das Feuer angelegt habe, um das evangelische Bethaus zu zerstören, nachdem er die Gemeinde durch die Vertreibung aus dem Schlosse nicht hatte vernichten können. Das Betragen Radonskis gegen die höchst verdächtige Magd rechtfertigt auch wirklich diesen Verdacht.

Die ersehnte Kommission hatte gar keine Hilfe gebracht. Flegel verlor die Hoffnung; Verdruss und Ärger warfen ihn auf das Krankenlager, an das er ein halbes Jahr lang gefesselt wurde. In dieser verzweifelten Lage, als alle Hoffnung auf eine Besserung der Dinge sich als eitel erwiesen hatte, wendete sich sein Blick auf die inneren Zustände des polnischen Reiches, die er mit dem stillen Wunsche richtet, dass Gott eine Änderung im Lande schicken möge. Die Worte, die ihm der Schmerz über sein Unglück auspresst, enthalten neben frommer Ergebung in Gottes Willen eine so treffende und doch einfache Schilderung der Stimmung von sicherlich Tausenden über die verrottenden Zustände, dass sie wörtlich angeführt werden mögen: „Es ist nicht alles zu beschreiben, was vor Verdrießlichkeiten wir ausgesetzt gewesen sind. Bei keinem Gerichte funden Gehör, sondern wir mussten alles, was uns begegnete, mit Geduld ertragen und nur hoffen, ob nicht Gott eine Änderung im Lande schicken würde, wodurch wir endlich aus unserem Kummer erlöset und zu dem uns Entwendeten kommen könnten.“

Die Änderung im Lande schickte Gott 15 Jahre später, als 1793 der heutige Bezirk Posen preußisch wurde; aber bis dahin hatte der tapfere, fromme Mann noch manchen Kampf zu kämpfen, noch manches Kreuz zu tragen.

d) Pastor Calmann verlässt Grätz. Eine Herodias.

Radonski arbeitete darauf hin, Flegel und dessen Anhange Grätz unleidlich zu machen und beide von hier zu vertreiben. Am leichtesten gelang ihm dies  mit dem Pastor Calmann, auf dem sein Hass ruhte, weil er gegen diesen bei der Pastorwahl mit seinem Kandidaten, dem Pastor Kuczewski aus Rakwitz, nicht durchgedrungen und dabei auch um das Konfirmationsgeld gekommen war. Dazu kam noch, dass Calmann durch seine Frau, eine geborene Flegel, mit der Familie seines Feindes verschwägert war. Calmann wohnte auf der Rakwitzer Straße, wo jetzt das Landratsamt ist. Das Haus, welches 1863 Fischer in seinen Gedenkblättern S. 32 als der Witwe Stahn gehörig bezeichnet, war von der Gemeinde gemietet worden. Nach hinten lag das zwei Stockwerke hohe alte Schloss, dessen Grundmauern und Gewölbe am alten Kanal teilweise noch heute erhalten sind. In diesem hatte der General seine Wohnung und konnte aus ihren Fenstern in das Gärtchen des Pastors sehen, das zwischen Pfarrhaus und Schloss lag. Eines Tages nun hatte Radonski Gesellschaft, und es ging bei ihm lustig und laut her; sodass man vom Pastorgarten aus, da die Fenster des Schlosses offen standen, die Stimmen unterscheiden konnte. Es war nachmittags gegen drei Uhr, als der Pastor sich im Garten aufhielt und nach seinen Blumen sah. Er bemerkte, da die Entfernung bis zum Schlosse nur gering war – der jüngere Chronist, der diese Begebenheit erzählt, berechnet sie auf 80 bis 100 Schritt -, dass die Aufmerksamkeit der Gesellschaft, die da oben an den Fenstern stand, und in der sich auch die Geliebte des Generals, die schon erwähnte Oberförstertochter, befand, auf ihn gerichtet war, und man über ihn lachte und witzelte. Plötzlich hörte er die Dirne nach einer Flinte rufen und sah, als ihr diese gebracht wurde, wie sie dieselbe auf ihn anlegte. Er bückte sich schnell, der Schuss krachte, und ein Teil der Schrottladung ging über ihn weg in den Bretterzaun, an dem der Pastor stand. (Der Vorgang ist (B16f.) nicht klar genug dargestellt.) Dieser fühlte sich von da an in Grätz seines Lebens nicht mehr sicher und ging im Herbst 1782 als Prediger nach Stawiszyn. Am 22. Mai desselben Jahres hatte er sich zum zweiten Male verheiratet und zwar mit Konstantie Flegel, einer Schwester seiner ersten Frau. Am 15. September hielt er seine Abschiedspredigt und an demselben Tage trat sein Nachfolger Hoenicka sein Amt in Grätz an. Die Übergabe des Kircheninventars fand am 30. September statt. Das darüber von Hoenicka aufgenommen Protokoll ist oben unter den Quellen beschrieben.

Roehl stellt den Fortgang Calmanns anders dar, indem er die Vorgänge auf dem Schloss und im Garten unerwähnt lässt und behauptet, dass Calmann „aus vieler Vorbitte“ vom Konsistorium nach Stawiszyn versetzt worden sei; aber seine Unglaubwürdigkeit in den Berichten über die vor ihm liegende Zeit, namentlich soweit die Flegelsche Partei in Betracht kommt, ist schon oben beleuchtet worden.

c) Von Grätz nach Borowo

Die Familie Flegel von Haus und Hof vertrieben

Schwieriger als der nachgiebige Pastor Calmann war Karl Flegel zu beseitigen, der durch sein Grundstück an Grätz gebunden und deshalb zum Widerstande genötigt war. Aber der General fand in einem ehrlosen, verräterischen Verwandten seines Gegners ein willkommenes Werkzeug, das ihm wichtige Dienste beim Angriff leistete.

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Rathaus der Stadt Grodzisk – Aufn. PM

Radonski wusste nämlich, dass auf dem Flegelschen Grundstücke einige Schulden lasteten, und baute darauf seinen Plan. Er trat von neuem mit alten, freilich schon längst widerlegten Ansprüchen der Stadt und des fürstlichen Hofes hervor und hoffte dabei, dass auch die übrigen Gläubiger hohe Forderungen anmelden würden, dass Flegel nicht zahlen könnte, und das Grundstück verkauft werden müsste. Daher brachte er am 21. Juli 1781 das Haus „in Anschlag“, wie die ältere Chronik (Diese ist auch für die Geschichte des Prozesses allein maßgebend, da hier Karl Flegel seine eigenen Erlebnisse erzählt) sagt, d. h. er leitete die gerichtliche Versteigerung ein; aber, obwohl er die Klausel aufnahm, dass sich bis zum 3. August alle Gläubiger bei Verlust ihrer Forderungen melden müssten, meldete sich aus persönlicher Rücksicht gegen Flegel und aus Abscheu gegen das schurkische Vorgehen Radonskis niemand.

(Flegel sagt an dieser Stelle (A.11), dass sich „noch nicht genug rechtmässige, sondern mehrenteils ungerechte Forderungen meldeten“. Aus diesem und dem früheren Termine vom 3. August scheint zu folgen, dass nach damaligem deutschem Stadtrecht in Polen die auf dem Grundstücke lastende Schuld erst eine gewisse Höhe erreicht haben musste, ehe dasselbe zwangsweise verkauft werden konnte. Damit würde sich erklären, dass der General später (ält. Chron. S.12) Flegels Haus taxieren und verkaufen lässt. Eine derartige amtliche Taxierung soll auch nach preußischem Recht in unserem Jahrhundert bei öffentlichen Versteigerungen stattgefunden haben; oder sie sollte dem Kaufwilligen nur einen ungefähren Anhalt für die Schätzung des Grundstückes geben, ohne dass sie daran gebunden waren. In Polen aber hatte sie anscheinend den Zweck, außer dem Verhältnis zwischen Schuldenlast und Wert das Grundstück noch die Berechtigung oder Notwendigkeit einer öffentlichen Versteigerung festzustellen. Es wäre mir lieb, wenn rechtskundige Leser ihre Ansicht hierüber äußerten. D.B.)

Auch ein zweiter Termin im August verlief erfolglos, weil die vorgebrachten Forderungen widerlegt wurden. So behielt Flegel für dieses Mal noch sein Grundstück, bis auch der Amtmann Arndt aus Dakowy (einem zwischen Grätz und Buk gelegenen Dorf und Gute) gegen ihn als Eidgenosse Radonskis auftrat.

Arndts Frau war eine geborene Kause, die Tochter Karl Kauses, den wir schon bei den Reisen zum Fürsten Czartoryski als den Bruder der Witwe Flegel kennen lernten. Die Witwe, die mit Karl Flegel das Geschäft betrieb, schuldete ihrem Bruder und nach dessen Tode seinen Erben 280 Thaler oder 1.740 polnische Gulden. Nachdem nun die beiden Versuche des Generals, die er im August gemacht hatte, um das Flegelsche Grundstück zum Verkauf zu bringen, gescheitert waren, meldete sich Arndt mit einer Forderung von 3.715 Gulden 19 Groschen, also dem Doppelten von dem, was ihm zukam. Vergebens berief sich Flegel als Vertreter der Witwe und Mitbesitzer des Grundstückes vor dem Stadtgericht zu Grätz auf das gerichtliche Inventarium d.h. die beim Magistrat oder Gericht eingetragenen Forderungen und auf seine quittierten Rechnungen.

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Am Eingang zum Gerichtsgebäude – Aufn. PM

(In den Städten bestand bis zur Besitznahme des Landes durch Preußen 1772 bzw. 1793 noch aus dem Mittelalter das deutsche oder Magdeburger Recht. Danach lag die Verwaltung der Stadt dem Magistrat, die Rechtsprechung dem Gericht ob. Die Mitglieder beider Behörden bestanden aus Bürgern und wurden meist nur auf ein Jahr gewählt (Ztschr. d. Hist. Gesellsch. VII. Jahrg. S. 271). Den Vorsitz im Gericht führte der erste Richter, der kurzweg auch der Richter genannt wird. Ein solcher war Karl Flegel, der Vater Karl Ehrenfrieds, in Rakwitz. Jedoch nicht alle gerichtlichen Angelegenheiten wurden vom Stadtgericht erledigt; für einzelne Rechtssachen, z. B. Schuldforderungen, kleine Beleidigungen, war auch der Magistrat zuständig, dem sonst die Verwaltung der Polizei oblag. (Ztschr. a.a.O. S. 272). Die Grenze der Zuständigkeit stand keineswegs überall fest. So konnte der preußische Beamte im Jahre 1772 bei der Übernahme des Netzedistrikts von den erschienenen Magistrats- und Gerichtspersonen in Nakel nicht herausbekommen, welche Sachen vor den Magistrat, welche vor das Gericht gehörten. Im Allgemeinen wurden Verbrechen und schwere Vergehen vom Gerichte abgeurteilt; von den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gehörten, wie bei der Besitznahme von Deutsch-Krone festgestellt wurde, nur die verwickelteren, welche eine rechtliche Erörterung erforderten, vor das Gericht, die anderen vor den Magistrat. (Vgl. a.a.O. 272)

Der Magistrat prüfte nicht erst Arndts Forderungen, sondern erkannte sie an und entschied, dass dieser von dem Hause „Intermission“ nehmen sollte, sprach es also dem Arndt zu.

Auch der fürstliche Hof zu Grätz und die Stadt traten jetzt mit angeblichen Forderungen an Flegel hervor, und diese wurden, obwohl sie unbegründet waren, gleichfalls anerkannt.

Da Flegel sah, dass er in Grätz kein Recht fand, reiste er nach Warschau, um dem Fürsten selber seine Sache vorzutragen, traf ihn jedoch nicht an. Die Fürstin dagegen verwandte sich für ihn und richtete an Radonski ein Schreiben, in welchem sie ihn ersuchte, Flegels Sache mit voller Gerechtigkeit zu behandeln.

Seine Anwesenheit in Warschau benutzte Flegel, um dem Könige seine Beschwerden gegen die Freistädter oder Rakwitzer Herrschaft vorzutragen, an die er ja noch alte Forderungen von seinem Vater her hatte. Der König wies ihn an den Kronkanzler, und dieser entschied, als ihm Flegel seine Sache vorlegte, dass er sich an den derzeitigen Besitzer von Freistadt, Herrn von Zakrzewski, halten müsse. Das tat Flegel auch, aber Herr von Zakrzewski erteilte ihm die bezeichnende Antwort: „Was hat mir der König zu befehlen? Ich bin König in meiner Stadt.“

Mehr Erfolg schien Flegel in Grätz zu haben, nachdem die Fürstin für ihn eingetreten war, bis er sich zuletzt auch hier enttäuscht sah. Zwar versprach Radonski eine gerechte Untersuchung, gab auch Flegel ein Verzeichnis der angeblichen Forderungen, damit dieser dieselben prüfen und, soweit sie nicht berechtigt waren, wiederlegen konnte; aber in Wahrheit suchte er ihn nur hinzuziehen, um ihn später beim Fürsten anzuschwärzen, wie sich der Chronist ausdrückt. Die Sache wurde daher verschleppt, bis Radonski sein Ziel erreicht zu haben glaubte. Plötzlich befahl er, das Haus zu taxieren, und verlangte gerichtlichen Verkauf.

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Ehem. evangelische Kirche – Aufn. PM

(Das Verfahren des Generals ist rechtlich unklar und steht im Widerspruch mit dem Magistratsdekret, nach welchem Arndt von Flegels Haus „Intermission“ nehmen sollte. Da Radonski das Haus trotz dieses Dekrets von neuem „in Anschlag nehmen“ und später gerichtlich verkaufen lässt, so hatte Arndt vom Magistrat wohl nur das Recht, die Verwaltung des Grundstücks zu übernehmen, erhalten, bis das Urteil rechtskräftig geworden wäre oder Flegel Berufung an den Fürsten als Grundherrn eingelegt hätte.)

Aber Flegel war auf diesen Schlag doch nicht so unvorbereitet, als jener geglaubt hatte, sondern hatte die Absichten seines Feindes rechtzeitig erkannt und sich um ein sogenanntes Königliches Geleit beworben, das er gerade erhielt, als Radonski den Befehl gegeben hatte, das Haus zu taxieren und zu verkaufen. Dieser königliche Geleitsbrief war auf sechs Monate ausgestellt, hemmte auf diese Zeit das eingeleitete Verfahren und gab Flegel die Möglichkeit, seine Gläubiger vor Gericht zu fordern und ihre Forderungen hier zu widerlegen oder sich sonst mit ihnen auseinander zu setzen.

Flegel glaubte jetzt gewonnen zu haben. Er meldete sich mit dem Geleit bei dem Stadtgericht, wo es ins Stadtprotokoll eingetragen wurde, und lud Arndt vor das Gericht. Dieser weigerte sich zuerst zu erscheinen, weil er nicht unter städtischer Gerichtsbarkeit stände, und das Gericht stimmte ihm bei. Endlich nach mehreren Wochen, am 12. Juni 1782 kam er freiwillig, und jetzt wurde gerichtlich festgestellt, dass Flegel den Kauseschen Erben, zu denen Arndt gehörte, nicht mehr als 1.740 Gulden schuldete.

Die ältere Chronik berichtet den Ausgang des Prozesses nicht; denn sie bricht gerade an dieser Stelle ab. Dagegen erfahren wir aus der jüngeren (S.12), das das Flegelsche Grundstück Arndt übergeben und die Familie Flegel daraus vertrieben wurde. Die Einzelheiten, die der jüngere Berichterstatter erzählt, stimmen mehrfach nicht mit den Angaben des älteren Chronisten. Johann Samuel gibt das Jahr 1780 (Er hatte offenbar die Jahreszahl nicht mehr sicher im Gedächtnis. Die Urschrift hat 1781, die Reinschrift 1780, wobei 81 in 80 verwandelt ist, wie man noch deutlich erkennt.) als das der Vertreibung an; er sei damals mit seiner Schwester Elisabeth allein im Hause gewesen und habe dieses mit ihr noch an demselben Tage verlassen müssen, „weil alles verschlossen“ wurde; seine Mutter und Karl Flegel seien zu jener Zeit gerade in Warschau gewesen, um beim Könige Stanislaus August Schutz gegen die Vergewaltigungen zu suchen, denen sie durch Radonski ausgesetzt waren; aber auch der König habe ihnen nicht helfen können, da Grätz eine adlige, d. h. unter einem adligen Grundherrn stehende Stadt war, und jeder Edelmann – hier also der Fürst bzw. sein Bevollmächtigter – König auf seinen Gütern war.

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Ehem. Bürgerhaus des Kaufmanns A. Herzfeld – heute Sitz der Handwerkszunft – Aufn. PM

Hier liegen mehrere Irrtümer vor. Flegel und die Witwe (auch die ältere Chronik sagt (S.12): Wir waren genötigt, nach Warschau zu gehen) haben in der Hausangelegenheit 1781 allerdings eine Reise nach Warschau unternommen, aber sie wollten sich nicht an den König, sondern an den Fürsten, als den Grundherrn von Grätz, wenden, der ihnen allein in ihrem Rechtsstreite helfen konnte, weil ihm, nicht aber dem Könige, die oberste Gerichtsbarkeit dort zustand. Da der Fürst in Warschau nicht anwesend war, so wandten sie sich und zwar mit Erfolg an die Fürstin. Dem Könige trugen sie die Freistädter Sache vor und hierbei, nicht in der Grätzer Angelegenheit, wird der Anspruch und zwar aus dem Munde des Freistädter Grundherrn angeführt, dass jeder Edelmann König auf seinen Gütern sei. Außerdem ist die Angabe unrichtig, dass Flegel und die Witwe von der Warschauer Reise nicht mehr nach Grätz zurückkehrten, sondern in Borowo ihren Aufenthalt nahmen. Wir wissen vielmehr, dass Flegel auf Veranlassung der Fürstin vom General ein Verzeichnis seiner Gläubiger erhielt, dass er 1782 einen Königlichen Geleitbrief bekam und am 12. Juni dieses Jahres mit Arndt vor dem Stadtgericht zu Grätz Termin hatte. Somit muss die Vertreibung der Familie Flegel erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1782 oder noch später erfolgt sein.

Wann diese aber auch immer erfolgte, die Familie verlor ihr Haus und musste Grätz verlassen. Sie fand eine Zuflucht und freundliche Aufnahme bei dem damaligen Präsidenten der dissidentischen Union, dem Obersten von Mojaczewski zu Borowo (wahrscheinlich dem bei Kosten gelegenen), den wir schon früher als einen Freund der Familie kennen lernten. Hier starb 1787 die Witwe Flegel, die Mutter des jüngeren Chronisten, und an jene Zeit erinnert auch ein Bild, welches die Kreuzigung Christi darstellt und noch heute in der Sakristei der evangelischen Kirche zu Grätz hängt. Es trägt die Überschrift: „Geschrieben von Karl Ehrenfried Flegel in Borowo Anno 1794 Monath Junij.“ Die Unterschrift lautet: Consumatum est. Es ist vollbracht. Joh. 19,30.

Kleinstadtbilder aus Rakwitz und Grätz in den letzten Jahrzehnten des polnischen Reiches – 1735 bis 1782 – Teil 5 – Die Begründung des Grätzer Kirchspiels – die Vorarbeiten, die Pfarrerwahl und General Radonski

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Tr. Stäsche, Königshütte O.-S. 1899)
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Ausschnitt aus dem hoelzernen Fries ueber dem Eingang der ehem. evgl. Kirche zu Graetz – Arbeit von A. Bothe — Aufn. PM

Die zweite Teilung Polens, 1772, hatte stattgefunden. Der langgehegte Wunsch in Grätz eine evangelische Kirche zu errichten sollte umgesetzt werden. Neben den Befürwortern dieses Unterfangenens gab es allerdings auch Gegner. General Kasimir von Radonski, der Bevollmächtigte der Grätzer Güter soll einer von ihnen gewesen sein, dieses nachdem die Gemeinde sich gegen seine Wünsche widersetzte. Erwähnt muss aber auch werden, dass der evangelische Pfarrer aus Rackwitz Kuczewski, ihm wird ein „schlechter“ Charakter bescheinigt, nicht an den Gewaltätigkeiten, wenn auch nicht persönlich durch ihn verübt, unbeteiligt war. Als kleinstes Übel kann vermutlich Bestechung angesehen werden, eigentlich unvorstellbar, gipfelte der Hass der Gegener dann mit der Erteilung des Befehls zur Ermordung.

* * *

4. Die Begründung des Grätzer Kirchspiels

a) die Vorarbeiten: Reise zum Fürsten Czartoryski und die Lokalkommission – 1775

In neue Kämpfe und Ungelegenheiten wurden die Evangelischen zu Grätz, besonders aber die Familie Flegel verwickelt, als die Gründung einer eigenen Kirche ins Werk gesetzt wurde, wobei sich besonders der Bevollmächtigte der Grätzer Güter, General Kasimir von Radonski als heftiger Gegner und Feind vor allem der Familie Flegel erwies.

Die Verfolgung der Dissidenten, also der Lutheraner und Reformierten, nahm mit der ersten Teilung Polens 1772 ein Ende. Auch in den heutigen Regierungsbezirk Posen, der damals noch nicht preußisch wurde, sowie in den Rest des polnischen Reiches kehrte unter dem Schutze der benachbarten Großmächte Ordnung ein, sodass sich die dissidentischen Gemeinden in Ruhe entwickeln konnten. Im Jahre 1775 wurde nach Lissa die großpolnische Synode einberufen, und um diese Zeit erwachte auch in Grätz, dessen evangelische Einwohner nach Rakwitz eingepfarrt waren, der Gedanke, eine eigene evangelische Kirche zu gründen. Über die Geschichte der wirklich erfolgten Gründung werden wir aus den beiden Flegelschen Chroniken, besonders der jüngeren, unterrichtet. Als nun Anfang September 1775 die Synode in Lissa zusammentrat, reisten auch aus dem westlichen Teile des heutigen Posener Regierungsbezirkes die geistlichen sowie die weltlichen Mitglieder der Synode dorthin und nahmen zum Teil ihren Weg über Grätz, wo sie im gastfreundlichen Flegelschen Hause willige Aufnahme fanden.

(Die Verhandlungen dieser Synode sind uns genau mitgeteilt in A.F. Büsching, Neueste Geschichte der Evangelischen beider Konfessionen im Königreiche Posen u.s.w. Halle 1784. Sie wurde Montag den 4. September in Gegenwart der Ritterschaft, Geistlichkeit und Gemeindedeputierten in der evangelisch-lutherischen Kirche zu Lissa früh 8 Uhr mit dem Gesange des Liedes aus dem Lissaer Gesangbuch Nr. 331: „O Jesu, einig wahres Haupt“ und einer feierlichen Rede des Pastors Längner aus Lissa vor dem Altar eröffnet. Unter den 29 Vollmachten der Stadt- und Gemeindedeputierten, welche am 4. September abgenommen und registriert wurden, steht an siebenter Stelle Rakwitz, an 25ter Grätz nebst einem Briefe. Außer Grätz hatten auch Kosterzewo (Rosterzewo?) und Obornik neben der Vollmacht noch einen Brief mitgeschickt.        Büsching a.a.O. S.17

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Der urspruengliche Fachwerkbau der evangel. Kirche zu Graetz – Quelle www.grodzisk.wlkp.pl

Ein Hauptgegenstand dieser Synode war die Errichtung eines Provinzial-Konsistoriums beider Konfessionen für Großpolen; aber die reformierte Geistlichkeit, welche den Absichten des Adels auf der Synode, besonders des Herrn von der Goltz misstraute, erschien nicht. Daher konnten für diesmal nur die lutherischen Mitglieder des Konsistoriums gewählt werden. Die jüngere Chronik spricht daher mit Unrecht davon (S.4), dass die reformierten Geistlichen 1775 zur Synode reisten. Es ist auch ungenau, wenn sie dort sagt, dass in Lissa auf der Synode 1775 das evangelische und reformierte Konsistorium gebildet wurde; vielmehr wurden nur die lutherischen Mitglieder desselben gewählt.            Büsching a.a.O.  S.8, 14 ff u. besond. S.49)

Der jüngere Chronist nennt die Herren von Brause, die Herren von Unruh, Lossow, Kalkreuth, die Geistlichen aus Birnbaum, Orzeszkowo, Obersitzko und Münche, verzichtet aber auf vollständige Aufzählung.

Diese Gelegenheit benutzte nun Karl Flegel, um die Gründung einer evangelischen Gemeinde in Grätz bei der Synode bzw. dem dort zu gründenden Konsistorium anzuregen. Er legte, wie der jüngere Chronist sagt, durch Verabredung mit den Vorstehern des Konsistoriums den Grund zur Errichtung der Kirche.

In seinen Bestrebungen wurde er sogar von der Grundherrschaft unterstützt. Im Jahre 1775 starb die Familie der Opalinski, denen Grätz gehörte, mit ihrem letzten Spross, dem Woiwoden Woiciech (Adalbert) von Opalinski aus. Seine Witwe, eine geborene Gräfin Potocka, besaß mehrere Güter in Kleinpolen und trat die Grätzer Güter, mit denen sie sich nicht erst befassen wollte, dem Fürsten Adam Czartoryski durch Schenkungsurkunde ab. So kam Grätz 1775 an das Fürstenhaus der Czartoryski. Der Fürst hatte aber seinen Wohnsitz in Wolezyn in Lithauen und übertrug die Verwaltung der Grätzer Besitzungen einem Bevollmächtigten, dem General Radonski, der im Jahre 1775 nach Grätz kam und im dortigen Schlosse als Vertreter des Fürsten Wohnung nahm. Radonski hoffte von der Gründung einer evangelischen Kirche einen starken Zuzug von Protestanten nach Grätz, wie Karl Flegel, der ältere Chronist berichtet, und trieb daher diesen an, für das Unternehmen Stimmung zu machen. Flegel bereiste mit zwei anderen Gemeindemitgliedern die Hauländereien und suchte von ihnen die Zusage fester Beiträge zum Predigergehalt und zu den sonstigen Kosten zu gewinnen, die mit der Gründung des Kirchspiels verbunden wären. Seine Bemühungen waren im Ganzen von Erfolg begleitet; von den Hauländereien zeigte sich besonders das Zdroyer d. i. Schwarzhauland willig. Hingegen verhielten sich die Konkolewoer sehr ablehnend und versuchten sogar die übrigen Hauländereien zur Zurücknahme ihrer Zusagen zu bestimmen.

Die jüngere Chronik stellt den Hergang bei der Gründung etwas anders dar. Nach ihr ging die Anregung lediglich von Karl Flegel aus, und Radonski wird überhaupt nicht erwähnt. Wir müssen aber der älteren folgen, in welcher Karl Flegel seine eigenen Erinnerungen und Erlebnisse niedergeschrieben hat. Die ältere stimmt mit der jüngeren (B 4 und 6 vgl. A5) darin überein, dass auch sie die Bemühungen Karl Flegels für die Kirchenangelegenheit beim Konsistorium und der Synode erwähnt. Da Radonski nun später, wie wir bald sehen werden, eine sehr feindliche Haltung der evangelischen Gemeinde gegenüber einnahm, so ist es begreiflich, dass der jüngere Chronist Radonskis ursprüngliches wohlwollendes Verhalten überging. In der Erinnerung des späteren Geschlechtes lebte der General nur noch als Feind der Gemeinde und der Kirche fort.

Zur Begründung der neuen Kirchengemeinde gehörte der Konsens des Konsistoriums. Dieses musste nach den Beschlüssen der Synode von 1775 eine Lokalkommission in Grätz abhalten lassen, welche die Bedürfnisfrage, die Einpfarrung der anliegenden Ortschaften, die Aufbringung des Gehaltes zu prüfen, kurzum die grundlegenden Verhältnisse der zukünftigen Gemeinde zu regeln hatte. Sie fand im November statt.

Vorher war aber nach der jüngeren Chronik noch die Genehmigung der Grundherrschaft, der sogenannte Dominialkonsens, erforderlich, der vom Fürsten eingeholt werden musste. Dazu wurde eine Reise nach Wolczyn unternommen, der 30 Meilen hinter Warschau in Lithauen gelegenen Residenz des Fürsten Czartoryski. Die Teilnehmer an derselben waren Karl Flegel, der das ganze Unternehmen leitete, die Witwe Flegel, ihr Bruder, der Weißbäcker Samuel Kause und der Müller Schönfeld, sämtlich aus Grätz. Die Reise wurde auf eigene Kosten der Teilnehmer gemacht; das einspännige Gefährt stellten Karl Flegel und die Witwe; einige Mitglieder der Grätzer Gemeinde hatten jedoch freiwillig Beiträge gegeben. Die Reisenden fanden beim Fürsten eine sehr gnädige Aufnahme, wurden drei Tage hindurch bewirtet und erhielten bei der Abreise nicht nur den fürstlichen Konsens, sondern auch noch etwas Reisegeld. Dasselbe reichte indessen nur bis Warschau, wo sie die Güte einiger vornehmer Herren, wahrscheinlich Glaubensgenommen, welche Karl Flegel kannte, in Anspruch nehmen mussten. Diese schossen Flegel das Geld teils vor, teils schenkten sie es ihm (B5). Nach mehrwöchentlicher Abwesenheit und wohl auch mancherlei Entbehrungen und Mühseligkeiten kamen die Reisenden wieder glücklich in Grätz an (B6).

Flegel reiste mit dem fürstlichen Konsens zum Konsistorium nach Lissa und bewirkte die Abhaltung der erforderlichen Lokalkommission, die in Grätz am 13. und 14. November 1775 stattfand.

Die ältere Chronik schweigt von jener Reise nach Wolczyn völlig, obwohl ihr Verfasser Karl Flegel an dieser selbst teilgenommen und sie sogar geleitet haben soll; sie erwähnt (A5) nur, dass um eine Lokalkommission gebeten, und diese auch abgehalten wurde. Es wird in ihr aber nirgends auch nur eine Andeutung auf die Reise gemacht. Indessen kann diese nicht erfunden sein. Der ältere Chronist schweigt auch sonst von Ereignissen, die der jüngere ausführlich berichtet, und die jenen doch angingen, gänzlich, so vom Tode Samuels 1766 und manchen Einzelheiten aus der Konföderationszeit, an denen er selber beteiligt war. In den Einzelheiten der Reise freilich scheint es, als ob der Bericht der jüngeren Chronik Widersprüche enthielte. Nach ihr soll Flegel nämlich dem Fürsten die Erlaubnisurkunde des Konsistoriums übergeben und dann den fürstlichen Konsens erhalten haben. Derselbe jüngere Chronist sagt aber kurz nachher (B6), dass nach der Lokalkommission, also auch nach der Reise vom Konsistorium die Erlaubnis zur Errichtung einer Kirche und einer Predigerwahl erfolgte.

(Die Grätzer Kirchenangelegenheiten sind wahrscheinlich schon auf der Synode vom 4.-9. September 1775 zur Sprache gekommen und im Konsistorium verhandelt worden. Der ältere Chronist sagt nämlich (S. 5 ob.), dass er sich sowohl bei dem Konsistorium als in „den Synoden“ (soll wohl heißen der Synode) alle Mühe gab, eine Kirche nach Grätz zu bekommen. Bei Büsching a.a.O wird zwar in den Verhandlungen der Synode Grätz nicht erwähnt. Er sagt jedoch (S.35), dass damals für 6 Gemeinden (Zirke, Sandberg bei Bojanowo, Reisen bei Lissa, Hammer im Kirchenkreis (Superintendentur) Unruhstadt, ferner auf die Güter eines Grafen Domski nach Masuren und endlich nach Posen und Schwersenz Lokalkommissionen wegen neu zu errichtender Kirchen beschlossen wurden. Dazu kamen jedoch noch andere, die erst von den Gemeinden beantragt waren, und über die das Konsistorium entscheiden sollte. Dazu gehörte wahrscheinlich Grätz. Zu dieser Lokalkommission schein also das Konsistorium erst nach der Synode die Erlaubnis gegeben zu haben)

Hier müssen jedoch zwei Konsense des Konsistoriums auseinander gehalten werden, nämlich derjenige zur Lokalkommission, den das Konsistorium schon vor der Reise ausgestellt hatte, und der auf Grund des befriedigenden Ausfalls der Lokalkommission von ihm ausgestellte Konsens zur Errichtung der Kirche und Vornahme der Predigerwahl.

[1.248]

Ehemalige evgl. Kirche zu Graetz – geweiht 1905 – Aufn. PM

Für alle Lokalkommissionen im Unruhstädter Kirchenkreise, zu welchem Grätz gehörte, hatte die Synode zu Lissa als geistlichen Senior den Pastor Gottfried Nikisch, als weltlichen den Gutsbesitzer Sigmund von Lossow auf Tuchorze bei Wollstein ernannt. Sie nahmen auch wirklich als Kommissarien an der Lokalkommission zu Grätz am 13. und 14. November teil. Aus der Stadtgemeinde waren alle Mitglieder, aus der Landgemeinde nur Abgeordnete geladen worden, die ihre Stimmen im Namen der Gemeinden abgeben sollten. Die Verhandlungen sind nach den im Kirchenarchiv erhaltenen Akten bei Fischer S. 22 ff. abgedruckt und umfassen neun Punkte. Ihren wesentlichen Inhalt gibt auch die ältere Chronik (S.5) wieder. Als Vertreter des Fürsten waren der damalige Pächter einiger fürstlicher Güter bei Grätz Namens Neumann und der Oberst von Pirch erschienen, da Radonski selbst abwesend war. Sie geben (Punkt III) die Erklärung ab, dass der eigenhändige, schriftliche Konsens des Fürsten und dessen gerichtliche Ingrossation zur Stiftung des Gottesdienstes und Erbauung einer evangelischen Kirche in Grätz sicher erfolgen werde und zwar in Warschau. Sie erklärten auch, einen geräumigen Platz auf dem sogenannten neuen Ringe zu Grätz zum Bau einer neuen evangelischen Kirche und einer anderen ihm gerade gegenüber zur Erbauung eines Prediger- und Schulhauses nebst dazu gehörigen gelegenen Gärten auf immer und ewige Zeiten frei und zinslos zu schenken (IV). Zur „baldigen bequemen Errichtung des evangelischen Gottesdienstes (dieser war bis dahin im Flegelschen Hause abgehalten worden) ließ der Fürst sein herrschaftliches Schloss zu Grätz unentgeltlich durch seine Bevollmächtigten einräumen, auch die Zimmer zur Wohnung des Predigers daselbst hergeben (VI). Die Dörfer und Hauländereien im Umkreise von 1 ¼ Meilen um Grätz herum wurden in die neue Kirche eingepfarrt (VII).

b) Die Pfarrerwahl

Bisher war alles in Frieden verlaufen. Die neue Gemeinde bedurfte aber auch eines Pfarrers, und die Wahl desselben gab den Anlass zum heftigsten Streite mit dem General von Radonski, der von jetzt an der größte Feind der evangelischen Gemeinde und besonders der Familie Flegel ist. Um die neue Pfarrei bewarben sich nämlich drei Kandidaten, der Pastor Kuczewski zu Rakwitz, der Konrektor Calmann aus Bojanowo und der Kandidat der Theologie Reder aus Rakwitz, Hauslehrer bei dem Fürsten von Carolath in Schlesien. Radonski wünschte die Wahl Kuczewskis, der ihm nach Angabe der jüngeren Chronik (B22) für den Fall, dass er gewählt und von ihm bestätigt wurde, 50 Dukaten zugesichert hatte. Die Grätzer Gemeinde dagegen wollte Calmann haben und lehnte (B8) die Zahlung irgendeines Bestätigungsgeldes ab. Dies entsprach auch dem fürstlichen Konsens, nach welchem die Bestätigung des durch Mehrheit gewählten Pastors vom Patron „ohne alle Bezahlung und Abgaben … nach dem Willen des evangelischen Konsistorii erfolgen soll“.

(Der fürstliche Konsens, den Roehl abschriftlich seiner Kirchenchronik vorausgeschickt hat, ist zwar erst von 27. Januar 1776 zu Warschau datiert, aber den Entwurf desselben, namentlich die Bestimmung über die freie Pfarrerwahl und die unentgeltliche Bestätigung mag die Grätzer Gemeinde schon vorher gekannt haben. Vielleicht war die Sache schon bei der Lokalkommission zur Sprache gekommen; jedenfalls entsprach die unentgeltliche Bestätigung den Ansichten des Fürsten, der ja auch das Schloss unentgeltlich hergab.)

Kuczewski hätte es am liebsten gesehen, wenn die Gründung des Grätzer Kirchspiels überhaupt nicht zustande gekommen wäre, und bot, wie der jüngere Chronist im Anhange erzählt, dem General 100 Dukaten, wenn er die Gründung vereitelte. Zugleich stiftete er durch den Bäcker Riemer in Grätz, der ihm Spionendienste leistete, in der dortigen Gemeinde allerlei Unruhe und Unfrieden; die Streitigkeiten wurden so arg, dass der Kreissenior Nikisch aus Wollstein vom Konsistorium nach Grätz geschickt werden musste, um dieselben zu schlichten. Riemer wurde als der Schuldige erklärt. Der jüngere Flegel berichtet, dass er vor die versammelte Synode nach Lissa beschieden und dort als Ruhestörer verflucht wurde, und fügt mit leiser Andeutung auf das strafende Gottesgericht hinzu, dass Riemer (der Name Riemer (Johann Friedrich) wird in den Rechnungsberichten 1761 bis 1774 genannt. Vom Jahr 1775 an bis 1780 fehlen die Namensverzeichnisse gänzlich) noch in demselben Jahre starb, und dann die Zwistigkeiten aufhörten. Leider erfahren wir nicht darüber, welche Strafe den Pastor Kuczewski für seinen gemeinen Schacher und seine Simonie traf, der der eigentliche Ruhestörer war, und dem der törichte Riemer nur als Werkzeug diente.

Alle diese Wühlereien, die wir in das Jahr 1775 setzen müssen, brachten den Urhebern nicht den gewünschten Erfolg. Am 17. Dezember 1775 wurde im Grätzer Schlosse, dessen Saal für den Gottesdienst eingeräumt und hergerichtet worden war, vom Kreissenior Nikisch aus Wollstein der erste evangelische Gottesdienst mit Konfirmation gehalten. Acht Tage später begannen die Probepredigten. Am 24. Dezember heilt Kuczewski die seinige, am 25. und 26. Dezember Calmann aus Bojanowo, am Sylvester und am Neujahrstage Reder. Gewählt wurde Karl Jeremias Calmann. Auch jetzt noch suchte Radonski die Bestätigung der Wahl seitens des Konsistoriums zu verhindern, angeblich weil bei ihr die Landbevölkerung verkürzt wurde, sodass, wie es Roehl ausdrückt, ein Bürger 10 Stimmen und 10 Landwirte nur eine Stimme gehabt hätten; der wahre Grund aber war, dass er Kuczewski in die Stelle bringen wollte und jetzt um das Konfirmationsgeld kam. Er verzögerte die Bestätigung ein Vierteljahr lang, und erst am 25. April 1776 wurde Calmann in Karge vom Generalsenior Pastor Koppe in Anwesenheit des Pastors von Klastawe als Konseniors und des Pastors Kaulfus, Diakonus von Karge, ordiniert. Seine Einführung in Grätz fand am 30. Juni 1776 durch den Kreissenior Nickisch von Wollstein und den Pastor Haußmann aus Bomst statt.

(Die Synode zu Lissa hatten den Pastor Koppe aus Unruhstadt zum Generalsenior d.i. Generalsuperintendenten gewählt. Unter ihm standen zwei Konsenioren, die gleichfalls auf der Lissaer Synode gewählt waren. Der eine von Ihnen, Pastor Wirth aus Klastawe, hatte den Birnbaumer, Meseritzer und Unruhstädter Kreis, also auch Grätz unter sich, der andere die übrigen Kreise oder Superintendenturen: Lissa, Posen, Fraustadt und Bojanowo.                                                    S. Büsching a.a.O. S.15 u. 35.)

Die Zeit dieser Ereignisse ist nach den oben erwähnten Angaben des zweiten Rechnungsbuches festgesetzt, während Roehl und der jüngere Flegel z. T. ganz andere Daten angeben. Der letztere ist in der Zeitbestimmung überhaupt nicht zuverlässig, da er ja nur nach den Erinnerungen seiner Zeitgenossen schriebe, die zufolge der langen Zeit, welche seit den Ereignissen verflossen, verwischt und unsicher waren. Daraus erklärt sich auch die irrtümliche Angabe, dass der Kirchensaal im Schloss mit der Christnacht, die Calmann hielt, 1776 eingeweiht wurde. Hierbei ist Tag und Jahr falsch. Aber auch Roehls Angabe in seiner Chronik S.8, der auch Fischer in seinen Gedenkblättern, Grätz, 1863, S.27 gefolgt ist, dass die Wahl Calmanns am 24. Dezember 1775 stattgefunden habe, kann nicht richtig sein. Denn er selber gibt an, dass vorher drei Kandidaten gepredigt haben, und nennt dieselben Namen wie das Rechnungsbuch. Das letztere fügt aber noch die Daten der Probepredigten hinzu, von denen die letzte erst am 1. Januar 1776 gehalten wurde, und setzt die beiden Predigten Calmann auf den 25. und 26. Dezember 1775, nicht aber auf den 24. Dezember. Roehl weiß auch nicht, dass Calmann in Bojanowo nur Konrektor, nicht Rektor war, während der Schreiber der Notizen im Rechnungsbuche ganz genau alle näheren Umstände bei der Wahl, sogar ob die Predigt mit oder ohne Konfirmation gehalten wurde, sowie die persönlichen Verhältnisse der Kandidaten, von denen Reder Hauslehrer beim Fürsten Carolath war, angibt. Endlich sagt auch der ältere Flegel (A5), der doch selbsterlebte Ereignisse erzählt und darum glaubwürdiger als Roehl ist, dass zur Wahl geschritten wurde, nachdem vorher drei Kandidaten gepredigt hatten. Folglich kann dieselbe unmöglich am 24. Dezember stattgefunden haben, wie Roehl behauptet. Wahrscheinlich verwechselt dieser damit den 25. Dezember, an dem Calmann seine erste Predigt hielt, die auch für seine spätere Wahl entscheidend wurde. Wir dürfen es wohl auch bei dem ganzen Wahlstreite nicht als einen bloßen Zufall ansehen, dass Kuczewski nur eine, die beiden anderen Kandidaten dagegen je zwei Predigten hielten; denn die jüngere Chronik (S.8ob) nennt den Rakwitzer Pastor eine „sehr mittelmäßigen Prediger und von schlechtem Charakter“ und auch die ältere Chronik (S.5) hebt hervor, dass die Vorbereitungen zur Gründung des Grätzer Kirchspiels friedlich verliefen, „außer, dass Kuczewski viele Verdrießlichkeiten verursachte, indem selbiger schon damals vorgab, er wäre Pastor in Grätz und hätte von dem Herrn General Versicherungen.“ So kamen ernstlich wohl nur Calmann und Reder bei der Gemeinde in Betracht, die daher auch zweimal predigten, und die Predigt Kuczewskis wurde nur angenommen, um der gesetzlichen Form zu genügen; dass er nicht gewählt wurde, stand bei dem größten Teil der Gemeinde, bei dem er missliebig war, wohl von vornherein fest.

[1.249]

Mosaik Jesus Christus darstellend ueber dem Eingang – Aufn PM

Es scheint, als ob Kuczewski schon auf der ersten Synode zu Lissa im September 1775 seine Ansprüche auf Grätz geltend machte. Am 7. September nämlich wurden in der Sitzung der Synode „die besonderen Gravamina und Desideria“ des Pastors von Rakwitz dem Konsistorium zur Untersuchung überlassen und demselben eine Lokalkommission zu ernennen anheimgestellt,  bei welcher sich der Pastor zu melden hätte. So Büsching a.a.O. S.27. Wir erfahren aber aus den Synodalakten nichts darüber, welches diese Beschwerden und Wünsche des Pastors waren. Es ist aber wahrscheinlich, dass sie sich auf die Gründung der Grätzer Kirche bezogen, besonders da die Lokalkommission genannt wird. Es mag diejenige vom 13. und 14. November gewesen sein. Damit stimmt die schon erwähnte Bemerkung der älteren Chronik (S.5), wonach der Pastor Kuczewski zur Zeit dieser Lokalkommission Schwierigkeiten machte, „indem er vorgab, er wäre Pastor in Grätz und hätte von dem Herrn General Versicherungen.“

5. Radonski als Feind der Evangelischen zu Grätz

a) Die Gemeinde vom Schloss vertrieben

Radonski schrieb den Ausfall der Pfarrwahl nicht mit Unrecht der Tätigkeit und dem Einflusse Karl Flegel zu, den er von da an mit seinem Hasse und seiner Rache verfolgte. Die Bestätigung der Wahl, die er als Vertreter des Fürsten zu vollziehen hatte, verweigert er natürlich, obwohl er das nach dem fürstlichen Konsens gar nicht durfte. Er stellte jetzt Flegel die Bedingung, dass er seinen Forderungen an Stadt und Hof entsagte; als das nichts fruchtete, was er wohl auch vorausgesehen hatte, erklärte er, dass Flegel erst das Bürgerrecht erwerben müsse, wenn die Vokation des Pfarrers bestätigt werden sollte, wahrscheinlich, weil sonst Flegels Unterschrift unter der Vokation ungültig wäre; als nun Flegel sich um das Bürgerrecht bewarb, verbot Radonski dem Magistrat, es ihm zu bewilligen, wenn Flegel nicht vorher auf seine Forderungen verzichtete, und erklärte bei dieser Gelegenheit, er wolle diesen überhaupt nicht in der Stadt leiden. Flegels Namen unter der Vokation strich er aus und trat nach einigen Tagen seinerseits mit angeblichen Forderungen des Hofes und der Stadt an diesen hervor (A6ob.).

Tatsächlich verhinderte der General die Bestätigung der Pfarrerwahl ein Vierteljahr lang, sodass, wie wir gesehen haben, Calmann erst am 25. April 1776 in Karge vom Generalsenior Pastor Koppe ordiniert und am 30. Juni desselben Jahres vom Kreissenior Pastor Nikisch aus Wollstein in Grätz eingeführt wurde. Aber alle Einwendungen gegen die Wahl, die nach Roehls Angabe nicht nur von General, sonder auch von vielen Bürgern erhoben wurden, blieben ohne Erfolg. Der ältere Chronist erwähnt sogar, dass ein in Bezug auf die Pfarrerwahl vom General an eine Synode gerichtetes Verlangen unerfüllt blieb, und der General darauf das Privileg der Gemeinde verlangte (A6). Danach scheint es, als ob der General von der Synode verlangt habe, die Wahl für ungültig zu erklären. Da nun die Wahl Calmanns erst um die Wende des Jahres 1775 zu 1776 stattfand, so kann nicht die Septembersynode zu Lissa, sondern diejenige von 25. und 26. Januar 1776 gemeint sein. auf der ersten Synode waren nämlich schon am 8. September einige Mitglieder wegen dringender Geschäfte abgereist, daher wurde die Synode am 25. und 26. Januar des folgenden Jahres 1776 fortgesetzt. Auf dieser Synode mögen Radonskis Forderungen abgewiesen worden sein. Büsching, der sonst sehr eingehend über beide Synoden und alle vorgetragenen Beschwerden berichtet, erwähnt hiervon nichts. Um den Belästigungen und Schwierigkeiten, welche der General verursachte, ein Ende zu machen, wandte sich Karl Flegel, wie er selber sagt, brieflich an den Fürsten, doch ohne Erfolg. Denn Radonski reiste nach Warschau, wo er wohl mit dem Fürsten sprach, und nach seiner Rückkehr dauerte die Feindseligkeit gegen die Evangelischen fort und nahm sogar zu. Man sprach von einer Kommission und drohte, der Gemeinde das Schloss, in welchem der evangelische Gottesdienst abgehalten wurde, wegzunehmen. Vorläufig blieb es jedoch nur bei den Drohungen, der offene Angriff des Generals fand erst im Sommer 1777 statt.

Die ältere Chronik ist hier in der Zeitbestimmung unklar. Nach ihr (S.6) müsste man den Beginn der offenen Feindseligkeiten unmittelbar nach der Januarsynode 1776 setzen, während er tatsächlich erst im Juli 1777, also anderthalb Jahr später erfolgt. Dieser Widerspruch ist nicht anders zu erklären, als dass den Chronisten hier sein Gedächtnis getäuscht hat.

Radonski richtete seinen Angriff zunächst auf das fürstliche Privileg, das er vernichten wollte, um damit die ganze Gemeinde zu verderben. Dasselbe ist am 27. Januar 1776 ausgestellt, befand sich von April 1776 bis Mai 1777 in den Händen des Generalleutnants und evangelischen Generalseniors von Großpolen v.d. Goltz, der es in dieser Zeit mit nach Warschau genommen und dort mit dem Landesstempel hatte versehen lassen, damit es nachher, wie die ältere Chronik sagt, ingrossiert, d. h.  in die Akten eines Grodgerichts eingetragen werden konnte, weil es nur auf solche Weise rechtliche Gültigkeit erlangte. Dies Privilegium verlangte nun der General vom Kirchenrate unter dem Vorwande, dass er sehen wolle, ob es Flecken habe. Bekam er es in die Hände, so hing der weitere Bestand der Gemeinde lediglich von ihm ab. Der Kirchenrath wandte vor, dass es Flegel habe und nicht eher herausgeben wolle, als bis ihm gewisse Auslagen seiner Familie für die Gemeinde erstattet wären, dass aber die Gemeinde jetzt kein Geld habe. Nun gab der General, dem alles an dem Privilegium gelegen war, dem Kirchenrat 11 Dukaten und verlangte dasselbe. Aber Flegel war gerade nicht zu Hause, und so wandte der Kirchenrat ein, dass Flegel das Privileg wohl beim Konsistorium in Lissa gelassen habe und es holen wolle; er fügte aber hinzu, der Herr General werde es in zwei Tagen erhalten. Am 3. Juli 1777 ließ es Flegel in Kosten im Grod eintragen, und am 5. Juli wurde es samt den 11 Dukaten in Abwesenheit Flegels, der in dieser Zeit verreist war, dem General mit der Anzeige übergeben, dass der Kirchenrat wegen der Auslagen sich mit der Familie Flegel geeinigt habe. Jetzt half es dem General nichts mehr, wenn er das Privileg auch vernichtete; es war in Kosten gerichtlich eingetragen. Aber die Evangelischen hatten darum noch lange keine Ruhe vor ihm. Zunächst trat er mit allerlei angeblichen Forderungen der Herrschaft und der Stadt an die Familie Flegel hervor, obwohl dieselben leicht durch Quittungen und sonstige Belege widerlegt wurden (A7), dann aber holte er zu einem heimtückischen Hiebe auf die Ehre Flegels aus. Am 6. Juli 1777 nämlich, als nach dem Gottesdienst ein Teil der Gemeinde vor dem Schlosse stand und unter ihnen sich die Mitglieder des Kirchenrats befanden, kam Radonski auf diese, das Privileg in der Hand, zu und rief: „Hier habt Ihr Euer so lange herumgelaufenes Privilegium, ich habe nicht wenig Mühe gehabt, solches aus den Händen eines boshaftigen Menschen zurückzubekommen, welches vor etliche hundert Gulden unter den Juden versetzt gewesen. Euer Gottesdienst ist aus; macht, was Ihr wollt!“ Somit wurde Flegel beschuldigt, die Urkunde versetzt zu haben, der Gemeinde aber der weitere Gebrauch des Schlosses zu ihren Gottesdienst entzogen, trotzdem sie vom Fürsten die Erlaubnis erhalten hatte, und diese in der Lokalkommission erneuert worden war. Alle Bitten waren vergebens; Sonnabend, den 12 Juli 1777 mussten die Schlüssel an den General abgeliefert werden (A7).

Aber seine Absicht, die Gemeinde zu zerstören, erreichte er doch nicht. Sonntag, den 13. Juli, also eine Woche später, wurde der Gottesdienst in einer Stube des Flegelschen Hauses abgehalten, später aber der Oberstock des Hauses zum ordentlichen Gottesdienst eingeräumt. Die Familie Flegel bewies jetzt wieder ihre Opferwilligkeit. In ihrem Hause auf der Posener Straße, das 1762 erbaut und 100 Fuß lang und 36 Fuß tief war und nicht mit dem jetzigen, kleineren verwechselt werden darf, das erst Johann Samuel Flegel gebaut hat (B S.10u.21), wurde der obere Stock umgebaut und zur Kirche eingerichtet. Die gute Wohnstube an dem einen Ende diente als Sakristei, der Saal und der dahinterliegende Getreideboden nach Wegnahme der Querwände als Kirche. Bände, Altar, Kanzel u.s.w. wurden aus dem Schlosse geholt und hier aufgestellt.

[1.250]

Ausschnitt des hoelzernen Frieses ueber dem Eingang – Bilder aus dem Leben von Jesus Christus darstellend

So war die Kirche gerettet; aber ein Menschenleben fiel der Rachsucht des Generals zum Opfer. Die Pfarrfrau, Frau Pastor Calmann, eine Tochter der Witwe Flegel, nahm sich die ihrer Familie zugefügte Ehrenkränkung, dass Karl Flegel das Privileg unter die Juden versetzt haben sollte, so zu Herzen, dass sie in eine schwere Krankheit fiel und am 22. Juli starb (vgl. das jüng. Rechnungsbuch Mich. 1814).

b) Gewalttätigkeiten Radonskis

Der General scheute, um seinen Rachedurst zu stillen, auch nicht vor roher Gewalt zurück. Nach der jüngeren Chronik war Karl Flegel auf einen solchen Ausbruch ungezähmter Leidenschaftlichkeit vorbereitet. Sie erzählt, dass er am 3. Juli mit dem Kirchenrate auf mehrfach wiederholten Befehl Radonskis vor ihm erschien, aber sich zur Vorsicht mit geladenen Terzerolen versehen hatte. Diese Nachricht wiederspricht zwar der älteren Chronik, nach welcher Flegel in jener Zeit überhaupt nicht nach Grätz kann, aber sie beweist, wessen sich die Flegelsche Partei vom General versah. Dagegen berichten beide Chroniken zwei Beispiele roher Gewalttätigkeit Radonskis, zu welchen er sich durch Beschwerden veranlasst fühlte, die man über ihn beim Fürsten angebracht hatte. Im Einzelnen gehen dabei die Berichte sehr auseinander.

Zunächst handelt es sich um eine zweite Reise Flegels zum Fürsten, die vor dem 28. Juli 1877 stattfand, wie die ältere Chronik bezeugt, deren Zeit sich aber nicht genauer bestimmen lässt. Eingehender berichtet über diese Reise nur die jüngere Quelle, freilich zum Teil in Widerspruch mit der älteren. Die letztere erwähnt nur, dass die Witwe Flegel am 28. Juli 1777 verhaftet wurde, weil sie ihren Vetter, d. i. Karl Flegel, nach Warschau geschickt habe, erwähnt aber diese Reise sonst nicht, Auch die jüngere Chronik gibt diesen Grund der Verhaftung an, bemerkt aber, dass die Witwe ihren Vetter zum zweiten Male nach Warschau geschickt habe. Die wievielte Reise Flegel damals zum Fürsten machte, ergibt sich aus der älteren Chronik erst nach Vergleichung mit der jüngeren. Aus dieser erfahren wir auch, dass Flegel die Reise mit der Witwe und ihrem Bruder Samuel Kause machte, um dem Fürsten Beschwerden der Gemeinde über den General vorzutragen. Sie erhielten von diesem ein Schreiben, in welchem er den General aufforderte, sich nicht mehr in die Kirchenangelegenheiten zu mischen.

Mit dieser Reise bringt die jüngere Chronik ein Ereignis in Verbindung, das die ältere zwar auch berichtet, aber völlig von der Reise Flegels trennt. Beide erzählen nämlich von einem Hauländer Schultz, der auch zum Fürsten reiste und ihm Beschwerden über den General vortrug und der nach seiner Rückkehr auf öffentlichem Markte in Grätz auf Radonskis Befehl misshandelt wurde. Im Einzelnen weichen aber beide Chroniken voneinander ab. Nach der jüngeren war Schultz aus Schwarzhauland bei Grätz, sollte dem Fürsten die Beschwerden der Landgemeinden vortragen und machte die Reise mit Flegel gemeinschaftlich. Nach der älteren Chronik schickte früher einmal, d. i. längere Zeit vor dem 28. Juli 1777, „eine Hauländergemeinde“ ein paar Abgeordnete, darunter Schultz. Sie fanden beim Fürsten eine gnädige Aufnahme, äußerten aber ihre Furcht vor der Rache des Generals, der Fürst versicherte ihnen auf sein Ehrenwort, dass ihnen nichts Böses wiederfahren sollte. Trotzdem ließ der General den Hauländer Schultz, der, wie die ältere Chronik hervorhebt, ein evangelischer Glaubensgenosse war, nach seiner Rückkehr festnehmen, öffentlich auf dem Markte mit Ruten auf den entblößten Körper blutig peitschen und wurde nur durch die Vorstellungen des anwesenden Arztes abgehalten, diese Züchtigung an den beiden folgenden Tagen wiederholen zu lassen. Nach dem jüngeren Berichterstatter fand die Züchtigung wirklich an drei auf einander folgenden Tagen statt, und der Hauländer starb an ihren Folgen. Die ältere Chronik verdient aber als die zuverlässigere vor der jüngeren, welche aus der dichtenden mündlichen Überlieferung schöpft, den unbedingten Vorzug.

Diese Strafe drohte nach Angabe der jüngeren Quelle der General jedem an, der sich unterstände, noch einmal über ihn Beschwerde zu führen. Flegel musste auf seiner Hut sein. Er hielt sich verborgen, mied Grätz teilweise gänzlich, forderte aber die Kirchenangelegenheiten nach wie vor. Da der General ihn selber nicht in seine Gewalt bekam, so sättigte er seine Rache an der Witwe Flegel.

Eines Tages – es war der 28. Juli 1877 – wurde diese vor den Bürgermeister Bochinski gerufen, der ihr eröffnete, dass er vom General Befehl habe, sie in die Kamurke auf dem Markte (das schon erwähnte Polizeigefängnis) einsperren zu lassen, weil sie ihren Vetter nach Warschau geschickt habe. Sie wurde sofort von den bereitstehenden Polizeidienern und Nachwächtern ergriffen, über den Markt geschleppt und eingeschlossen. Es entstand ein Auflauf, unter den Anwesenden herrschte tiefe Bestürzung über eine solche Gewalttat; der Probst von Konarski nahm sich der Sache an und erreichte durch seine Vorstellungen beim General, dass die Frau nach einigen Stunden wieder entlassen wurde. Schrecken und Aufregung hatten sie aber so mitgenommen, dass sie in eine schwere, mehrwöchentliche Krankheit fiel und nie mehr vollständig wieder hergestellt wurde.

Kleinstadtbilder aus Rakwitz und Grätz in den letzten Jahrzehnten des polnischen Reiches – 1735 bis 1782 – Teil 4 – Der Schrecken der Konföderationszeit – 1768-1771

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Tr. Stäsche, Königshütte O.-S. 1899)
am in Bez kategorii,Grätz,Rakwitz | Kommentare sind deaktiviert

„1768 –Katharina II. erzwingt mit Waffengewalt die Deportation der widerspenstigen Bischöfe und anderer Oppositioneller nach Sibirien. Die vor allem aus russischen Truppen gebildete „Generalkonföderation von Radom“ („Republikanische Konföderation der Königsgegner und Reformfeinde“) umstellt mit 40.000 Mann den Reichstag und erzwingt so, daß dieser den „Ewigen Vertrag“ zwischen Rußland und Polen annimmt, der die Beibehaltung des „liberum veto“, freie Königswahl und Gleichstellung der Dissidenten garantiert.“ (1)

„1768 – Gegen die erzwungenen Reichstagsbeschlüsse schließt sich am 29. Februar in der Ortschaft Bar in Podolien zum ersten Mal ein Militärbündnis des polnischen Adels zusammen, die „Konföderation von Bar“ unter Führung des Bischofs Michal Krasinski. Mit ihrem Wahlspruch „Glaube und Freiheit“ trat die Konföderation, unterstützt von Österreich (Maria Theresia) und Frankreich, gegen den russischen Einfluss auf und wollte die katholische und die polnisch republikanische Tradition stärken. In der Folge kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den polnischen Auftsändischen und russischen Truppen, die Türkei erklärt Rußland den Krieg.“(1)

Dieser Teil ist eine kurze Schilderung der Familie Flegel in eben jener schwierigen Zeit …

* * *

 

[1.251]

Haus im heutigen Graetz aus alter Zeit – Aufn. PM

3. Die Schrecken der Konföderationszeit – 1768-1771

Über das polnische Land brachen wie über das ganze Polen mit dem Jahre 1768 schwere, politische Stürme herein, die das ohnehin fortwährend von Unruhen heimgesuchte Land immer mehr dem Untergange zuführten. Da auch die billigsten Forderungen der Protestanten vom Reichstage stets einmütig zurückgewiesen wurden, so schlossen diese 1767 die Konföderation von Radom, deren Ziel war, den Dissidenten, zu denen die Protestanten gehörten, Religionsfreiheit und Zutritt zu allen Ämtern zu verschaffen. Diese Konföderierten wurden von den fremden Mächten, besonders Russland und Preußen unterstützt. Da bildete die national-polnische Partei unter Potocki, Krasinski u. a. die Gegenkonföderation von Bar im Jahre 1768, um den fremden, besonders russischen Einfluss zu beseitigen. Weil nun die Dissidenten an den fremden Mächten immer eine Stütze fanden, wurden sie von der Gegenkonföderation verfolgt und misshandelt; neben diesen politischen Gründen wirkte natürlich auch, besonders beim gemeinen Volke, der religiöse Hass mit. Herumziehende Banden machten das Land unsicher und überfielen die Dissidenten, um von Ihnen Geld zu erpressen, schreckten aber auch vor Mord und Totschlag nicht zurück. In der Gegend von Grätz war diejenige eines gewissen Gogolewski besonders berüchtigt.

Am 2. Dezember 1768 erschien der erste Haufen der Konföderierten in Grätz, denen man Flegel und die Seinen als hartnäckige Feinde des katholischen Glaubens bezeichnete. Die Familie hielt sich für verloren, besonders da sie auch gehörte hatte, dass man ihr nach dem Leben trachte, aber sie wurde durch eine wunderbare Fügung Gottes gerettet, wie die ältere Chronik S. 4 sagt; keins ihrer Mitglieder – die Witwe Flegel hatte 3 Töchter und 2 Söhne, von denen der eine der jüngere Chronist ist – wurde verletzt; dagegen wurde die Firma an Vermögen geschädigt, anscheinend indem das Haus geplündert wurde, denn Karl Flegel gibt den Verlust dieses Tages auf 80 Dukaten an. Seitdem statteten die Konföderierten, besonders Gogolewskis Bande, der Stadt noch viele, z. T. nächtliche und recht plötzliche Besuche ab. Dabei geriet Flegel mit den Seinen, denen man besonders nachtrachtete, oft in Lebensgefahr, aber er fand mit ihnen immer Schutz und Zuflucht bei dem Probst und Dekan Herrn von Konarski, einem milden und auch gegen die Protestanten duldsamen und liebevollen Mann, der die Flegelsche Familie wiederholt, wenn einmal unvermutet am Tage oder des Nachts die Konföderierten ankamen, in seiner Wohnung verbarg. Daher wendet sich auch der jüngere Chronist, Johann Samuel Flegel, der die Not und Verfolgung seiner Familie zur Zeit der Konföderation eingehend schildert, noch im Jahre 1839, als er selber schon ein Greis war, an den längst dahingeschiedenen Probst mit den warmen Worten: „Dank Deiner Asche, Du guter, redlicher Dekan von Konarski!“.

Aber auf die Dauer hätte auch der Probst die Familie nicht schützen können. Diese hielt es daher für das beste, das Land zu verlassen und sich über Karge nach Kontop in Schlesien zu begeben. Dies geschah aber wahrscheinlich erst 1770, denn die ältere Chronik sagt, dass die Familie fast zwei Jahre außer Landes war und erst seit 1772, als Preußen der Konföderation ein Ende gemacht hatte, wieder in Grätz wohnte.

[1.252]

Graetz und Rakwitz – Ausschnitt Gilly Karte – Quelle: http://teca.bncf.firenze.sbn.it

(Die Unruhen jener Jahre haben ihre Spuren auch in den Rechnungsbüchern hinterlassen. Während nämlich sonst die Rechnung für jedes Jahr abgelegt sind, bezieht sich der Bericht von 1771, wie dort ausdrücklich bemerkt wird, auf die 3 Jahre 1769, 1770 und 1771, also auf die Konföderationsjahre. Hier ist die Familie Flegel als Flegelische verzeichnet)

Die Übersiedlung konnte auch nur allmählich geschehen, weil das Haus voll Wein und Eisenwaren und sonstigem Kaufmannsgut lag. Da es durch Dienstboten verwaltet werden musste, so kamen Angehörige der Familie, wenn sie sich sicher glaubten, ab und zu nach Grätz, um nach dem Rechten zu sehen.

Aus dieser Zeit meldet die jüngere Chronik mehrere Überfälle der Konföderierten.

Eines Sonntags erschienen sie vor dem Flegelschen Hause, gerade als dort, wie es meist geschah, wenn die Grätzer Evangelischen des Wetters wegen nicht nach Rakwitz in die Kirche fahren konnten, Lesegottesdienst gehalten wurde. Von der Flegelschen Familie war niemand hier, dagegen war der Müller Schönfeld anwesend, der, wie auch der Chirugius Schultz, den Gottesdienst fleißig besuchte. (Im Bericht über die Jahre 1769, 1770 und 1771 werden Schultz und Schönfeld genannt, ebenso in den früheren: Johann Schultz und Andreas Schönfeld) Schönfeld wurde herausgerufen, und einer der der Banditen schoss ihn, wahrscheinlich aus Ärger, weil niemand von der Flegelschen Familie angetroffen wurde, nieder. Die Kugel ging durch das linke Schulterblatt, die Wunde wurde zwar geheilt, aber der Arm blieb lahm.

Ein anderes Mal trafen die Gogolewskischen die älteste Tochter der Witwe an. Der Offizier, der den Trupp anführte, hatte den Auftrag, die ganze Familie zu erschießen. Das Mädchen wurde herausgerufen, ihr die Pistole vor die Stirn gehalten, aber der Schuss versagte zweimal, obwohl das Pulver abbrannte. Das Mädchen lief fort, und der Offizier ritt weg, ohne sie verfolgen zu lassen.

Die Witwe Flegel rettete sich einmal nur dadurch, dass sie sich unter einem Malschfasse, das sie in der Brennerei über sich gestürzt hatte, verbarg. Die Banditen suchten sie im ganzen Hause, kamen auch an das Fass heran, horchten auf den Zehen gehend, aber sie fanden sie nicht.

Aus großer Gefahr wurden Flegel und die Witwe auf einer Flucht von Grätz nach Kontop durch einen glücklichen Zufall gerettet. Sie waren wieder einmal nach Grätz gekommen, um nach der Wirtschaft zu sehen, als sie erfuhren, dass die Gogolewskische Bande ankomme und den Auftrag haben, sie umzubringen. Sie flohen eiligst nach Schlesien, aber der Weg, den sie genommen hatten, wurde von Spionen verraten, und die Verfolger setzten ihnen nach. Auf dem Sande vor Kopnitz entdeckte Karl Flegel, gerade als ein furchtbares Gewitter unter Sturm und Regen losbrach, dass ihm die Konföderierten auf den Fersen waren. Er benutzte die herrschende Finsternis und ließ in ein dichtes Tannengebüsch einbiegen, das in der Nähe stand. Die Witwe war in der Angst von Wagen gesprungen und hatte sich versteckt. Es herrschte eine undurchdringliche Finsternis, der Regen fiel in Strömen, die Geleise waren verschwemmt und die Spuren der Flüchtlinge nicht zu erkennen, sodass diese nicht entdeckt wurden; die Verfolger 10 bis 12 Mann stark, sprengten an dem Versteck vorüber in die Stadt. Flegel fuhr diesen unter dem Schutz des Unwetters nach. Sie waren in Kopnitz an dem damals an der Straße befindlichen Wirtshause und der Wassermühle abgestiegen, hatten Lichter an das Fenster gestellt, damit ihnen die Flüchtlinge nicht entgehen konnten, und von der Obrabrücke, über welche der einzige Weg nach Schlesien führte, mehrere Bohlen weggenommen. Ihre Pferde hatten sie vor dem Wirtshause angebunden. Als Flegel nun hier ankam, fuhr er so, dass die Pferde zwischen ihm und dem Wirtshaus standen, und er in der Dunkelheit nicht gesehen werden konnte, vorbei, legte die abgeworfenen Bohlen auf die Brücke und entkam unter dem Schutze der Finsternis und des Unwetters glücklich den Verfolgern, wie die Chronik sagt, durch augenscheinliche Hilfe Gottes.

So lauten die Berichte des jüngeren Chronisten über die Erlebnisse seiner Familie in der Konföderationszeit. Aber der Verfasser berichtet hier nicht Selbsterlebtes, sondern nur, was er von denen gehört hat, die jene Zeiten erlebt haben, vielleicht von seinem Oheim Karl oder seiner Mutter. Der erstere schweigt völlig über diese Dinge, die hier eingehend geschildert werden, obwohl er doch z. T. selbst dabei beteiligt war; er springt vom 2. Dezember 1768 sofort über auf das Jahr 1772, das Ende der Konföderation, und sagt, dass Gott es allein weiß, wie viel seine Familie vom Magistrat und der Herrschaft zu Grätz zu leiden hatte. Die Schilderung dieser Leiden hatte er sich allein zur Aufgabe gemacht. Wenn die Erzählungen der jüngeren Chronik aus diesen Jahren sicher auch nicht erfunden sind, so weiß man doch, wie die Tatsachen in der Erinnerung allmählich verschwimmen und wie leicht sie von dem falsch aufgefasst werden, der sie nicht selbst erlebt, sondern von einem anderen gehört hat. Wir werden aber später an einem Ereignis, das beide Chroniken erzählen, dem Schicksal eines gewissen Schultz aus Schwarzhauland, sehen, dass der Bericht der jüngeren übertreibt. Darum müssen wir jene Erzählungen mit einer gewissen Vorsicht aufnehmen, wir dürfen aber aus ihnen das eine als wahr annehmen, dass die Familie Flegel wiederholt in der größten Lebensgefahr geschwebt hat.

* * *

(*) Textquelle: www.deutsche-und-polen.de

Kleinstadtbilder aus Rakwitz und Grätz in den letzten Jahrzehnten des polnischen Reiches – 1735 bis 1782 – Teil 3 – Von Grätz nach Freistadt und von Freistadt nach Grätz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Tr. Stäsche, Königshütte O.-S. 1899)
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Dieses Kapitel beschreibt, wie die Familie Flegel Grätz nach einem Brand, der der Verfolgung der „Dissidenten“  galt, nach Rakwitz übersiedelte. Da sie aber wohl auch dort Repressalien, dieses Mal  durch die adeligen polnischen Besitzer der Stadt ausgesetzt waren, sich entschlossen aufgrund eines ihnen erteilten Privileges doch wieder nach Grätz zurückzuziehen.

Inhalt der Chroniken – Abkürzungen: A = ältere Chronik, B = jüngere Chronik

* * *

[1.253]

Aquarell von Hainer Hill – Am Marktplatz in Rakwitz

1. Von Grätz nach Freistadt (Rakwitz)

a) Karl Flegel

Um das Jahr 1735 verließ Karl Flegel, der Vater des älteren Chronisten, seine Heimatstadt Grätz, wo die Familie seit mehr als 60 Jahren ansässig gewesen war, und siedelte nach dem benachbarten, nur 12 Kilometer entfernten Rakwitz oder Polnisch-Freistadt über. Die ältere Chronik, die diese Übersiedelung erzählt und sie 1736    (das Jahr 1736 scheint nicht richtig zu sein. In dem Rechnungsbericht vom 28. Dezember 1733 nehmen Christian Prifer und Karl Flegel die zweite bzw. dritte Stelle ein, ebenso 1734; aber im letzten Jahre sind ihre Namen wieder ausgestrichen und zwar mit derselben rötlichen Tinte, mit welcher der Bericht von 1735 geschrieben ist, während derjenige von 1734 blassere Tinte hat. Somit war Flegel um Weihnachten 1734, als die Jahresrechnung abgehalten wurde, wohl nicht mehr in Grätz, sondern schon nach Freistadt verzogen. Der Name Flegel taucht dann erst 1762 wieder im Rechnungsbuch auf)    setzt, fügt hinzu, dass die Familie in Grätz nicht wenig Religionsverfolgungen erlitt, bis 1736 zur damaligen Konföderationszeit    (Nach dem Tode Friedrich Augusts II. 1733 bewarb sich Stanislaus Leszczynski mit französischer Hilfe um den Trohn, während Augusts gleichnamiger Sohn von Russland und Österreich unterstützt wurde. Dieser wurde 1736 auf dem Warschauer Friedenkongress auch wirklich allgemein als König von Polen unter dem Namen Friedrich August III. anerkannt. Welche von beiden Parteien, ob die französische oder die russisch-österreichische, mit der Konföderation gemeint ist, ergibt sich aus der Chronik nicht.)   die Stadt „nicht von ohngefähr“ eingeäschert wurde, wobei auch Flegel sein Haus und einen großen Teil seines Vermögens durch den Brand verlor. In Freistadt kaufte Flegel von dem Gelde, das er gerettet hatte, ein baufälliges Haus, baute es aus und konnte noch dem damaligen Grundherrn von Freistadt, dem Woiwoden Sapieha, 90 Thaler borgen, worüber ihm dieser einen Schuldschein ausstellte. Der Herr Woiwode scheint aber in dauernden Geldnot gewesen zu sein, dann auch der Woiwode von Paczynski hatte eine Forderung an ihn und dafür Freistadt als eine Art Pfandschilling erhalten. Flegels Hoffnung, dass er unter dem Schutze seines vornehmen Schuldners werde ruhiger leben können, sollte sich nicht erfüllen; vielmehr bestätigte sich das Wort, welches der Chronist anführt, dass in Polen alles auf zwei Augen ankomme.

Der Woiwode Sapieha verheiratete nämlich seine Tochter an den Besitzer von Fraustadt, den Starosten von Kozminski, einen Mann von üblem Rufe und hartem, habsüchtigem Sinne. Es scheint, dass der Woiwode bald nachher starb; jedenfalls kam Kozminski in den Besitz von Freistadt und drückte, obwohl die Stadt noch verpfändet und er noch nicht unbeschränkter Besitzer war, schon jetzt die Bürger durch allerlei Umlagen und Steuern, wobei er es auf die Wohlhabenden am meisten absah. Flegel schloss hieraus richtig, dass die Willkür noch schlimmer werden würde, wenn Kozminski erst in den unbeschränkten Besitz gelangt wäre. Er ergriff daher wiederum den Wanderstab und zog 1743 nach Fraustadt und von dort nach Lissa, wo er auch sein Leben beschloss.

Aber in Freistadt hatte er noch sein Haus als er fortzog. Obwohl er nun nicht einen Pfennig Schulden hinterließ, sondern noch außenstehende Forderungen hatte, so betrachtete doch der Starost das Haus als sein Eigentum und erlaubte trotz aller Bitten und Vorstellungen nicht, dass dasselbe verkauft würde. Die Starostin war anscheinend milder gesinnt und vertröstete die Familie mit Versprechungen. Es scheint, als ob ihr Gatte bedeutend älter als sie war, und sie sein Ableben für eine nicht zu ferne Zeit annahm; jedenfalls erklärte sie, sie werde, sobald sie die Güter übernommen habe, das Haus zurückgeben und auch den ihrem Vater geleisteten Vorschuss (90 Thaler) bezahlen; aber sie hielt nicht Wort. Denn als ihr Mann nachher ums Leben kam und sie selber die Rakwitzer Güter übernahm und nun an ihre Zusage erinnert wurde, da gab sie die merkwürdige Antwort: „Was mein seliger Herr gethan, das halte ich auch“ d.h.: „Ich bezahle die Schulden ebenso wenig wie mein Mann“. Das Haus allein, das sie natürlich auch behielt, hatte laut Baurechnung 484 Thaler gekostet und hätte nach des Chronisten Schätzung, wenn es zum Verkauf gekommen wäre, 500 Thaler gebracht.

 

b) Samuel Flegel, Kaufmann und Bürgermeister in Rakwitz

Unterdessen hatte sich Samuel Flegel, der Bruder des in Lissa Verstorbenen, in Freistadt niedergelassen und dort für 200 Thaller ein Haus gekauft. Als Karl Ehrenfried, der Sohn Karls, nun einmal seinen Oheim besuchte, machte ihm Samuel den Vorschlag, mit ihm gemeinschaftlich ein Geschäft zu eröffnen. Dieser ging darauf ein; sie nahmen bauliche Veränderungen vor, bauten einen steinernen Brunnen, gemauerte und gewölbte Keller, ein Branntwein-Brennhaus und Stallungen, sodass das Hausjetzt 653 statt 200 Thaler kostete.

Aber diese Unternehmungslust sollten sie bald mit allerlei Widerwärtigkeiten bezahlen. Im Jahr 1754 starb nämlich ein gewisser Haushalter    (Haushalter und Kause sind die Namen zweier evangelischer Familien in Grätz und werden in den Grätzer Rechnungsbüchern der dortigen evangelischen Gemeinde des 18. Jahrhundert oft genannt)   in Freistadt und hinterließ, da er kinderlos war, als einzige Erbin seines Hauses und eines kleinen Kapitals seine Frau. Diese war eine geborene Kause aus Grätz und die Tante der Frau Samuel Flegels, die auch eine geborene Kause war. Sogleich ließ die verwitwete Starostin Kisten und Kasten abholen, dieselben durch den Schlosser öffnen und nahm die Barschaft von 200 harten Thalern und 900 Timpfen (1=35Pfg.) als ihre Erbschaft in Anspruch. Auf Bitten der Witwe Haushalters gab sie ihr 500 Timpfe = 166 Mk. zurück. Die Thalerstücke, die nach der Chronik meist berändert und beöhrt waren, wurde bei Grätzer Juden, das Stück zu 2 Reichsthalern, eingewechselt, und die erhaltene Summe nebst 400 Timpfen der gräflichen Kasse einverleibt.

[1.254]

Graetz Stadtwappen – Quelle www.grodzisk.wlkp.pl

Noch mehr als durch diesen unerhörten Raub an Witwengut wurde Samuel Flegel der Aufenthalt in Freistadt durch seine Ernennung zum Bürgermeister verbittert. Sein Neffe, der ältere Chronist, bemerkt hierbei, es sei leicht nachzuweisen, dass die meisten polnischen Herrschaften, wenn sie sonst keine Ursache zur Bestrafung eines Bürgers fanden, ihm ein Amt übertrugen, und dass dies auch seinem Oheim widerfahren sei. Nach einem Jahre wurde letzterer zum Stadtrichter ernannt. Schon während seiner Bürgermeisterzeit war ein evangelischer Fleischer Namens Meisner beschuldigt worden, er hätte Gott und die Jungfrau Maria gelästert. Er sollte um Tode verurteilt werden, war aber durch Verwendung verschiedener Personen, darunter auch eines Grätzer Mönches, von der Starostin begnadigt worden und mit geringeren Strafen davongekommen, worauf er sich nach Schlawa in Schlesien begab. Im folgenden Jahre, als Flegel Stadtrichter war, tauchte Meisner zu seinem Unglück wieder auf. Man beschuldigte ihn, er habe gedroht, die Stadt Freistadt anzuzünden. Er wurde im anstoßenden Dorfe Rakwitz ergriffen und auf das Zeugnis einiger betrunkener Bauern hin zum Tode    (in den Städten des heutigen Posens galt bis 1772 bzw. 1793 das sächsische oder Magdeburger Recht. Die Verwaltung wurde vom  Magistrat geführt, an dessen Spitze der Bürgermeister stand; die Rechtsprechung dagegen  war Sache des Stadtgerichtes, in welchem der erste Richter den Vorsitz führte, der daher auch kurzweg der Richter genannt wurde. Die Mitglieder des Magistrats und des Gerichts wurden jährlich neu gewählt und aus den Bürgern genommen. In den Städten, welche unter einem adligen Grundherrn standen, wie es bei Grätz und Freistadt der Fall war, bedurfte die Wahl der Bestätigung des Grundherrn (Ztschr. d. Hist. Gesellsch. VII (1892) 271 ff.) Bei der bekannten Gewalttätigkeit des Adels ist es wahrscheinlich, dass sich die Starostin oder ihr Gemahl die Ernennung des Bürgermeister und des Richters einfach anmaßten. – Auch die sogenannten peinliche Gerichtsbarkeit war Sache des Stadtrichters. Einen ähnlichen Fall wie in Freistadt erfahren wir von der kleinen Stadt Cammin im Netzedistrikt aus dem Jahre 1772, als derselbe unter preußische Herrschaft kam. In dieser Stadt, die damals nur 300 Einwohner zählte, hatte wenige Tage vor der Besitznahme das Gericht, welches aus Handwerks- und Ackersleuten bestand, einen Pferdedieb durchs Schwert hinrichten lassen, weil er die Stadt Zempelburg mit Feuer bedroht hatte. Vergl. Ztschr. d. Hist. Ges. VII 272 F Jahrg. 1892)   verurteilt, ohne dass alle Vorstellungen etwas nützten. Flegel musste, wenn er nicht selber um sein Vermögen kommen und sich die größten Unannehmlichkeiten bereiten wollte, das Todesurteil sprechen und es auch vollziehen lassen. Meisner, dem man zuredete, seine Konfession zu wechseln, blieb standhaft, obwohl ihm die Starostin nicht einmal erlaubt hatte, sich durch seinen evangelischen Geistlichen zum Todesgange vorbereiten zu lassen, und starb durch das Schwert.

Durch solche Erfahrungen war Freistadt der Familie Flegel verleidet worden, und sie siedelte deshalb wieder nach Grätz über, von wo auch Samuels Frau, eine geborene Kause, stammte. Hierzu wurde sie vor allem noch durch den Erbherrn von Grätz, Graf Adam Opalinski ermuntert, der Samuel allerlei Versprechungen gab und vorteilhafte Privilegien zusicherte, um ihn nach Grätz zu ziehen. Aber sein Haus durfte Samuel nicht verkaufen. Die Starostin ließ es vielmehr mit Arrest belegen und eignete es sich unter dem Vorwande an, dass sie noch allerlei Forderungen an den Besitzer habe. So wiederholte sich in Freistadt 1761 dasselbe Schauspiel wie 1743.

2. Von Freistadt nach Grätz

a) Enttäuschungen

Bevor Samuel Flegel und sein Neffe Karl Ehrenfried nach Grätz übersiedelten    (die jüngere Chronik gibt dafür das Jahr 1760 an, dies ist aber unrichtig. Denn das Privileg ist vom 10. September 1761 ausgestellt und wurde, wie die ältere Chronik S.3 sagt, den beiden Flegel gegeben, ehe sie nach Grätz zogen. Nach A S.3 wurde 1761 das Holz gefällt, welches zum Baue nötig war. Das kann doch wohl nur geschehen sein, nachdem das Privileg ausgestellt war, also im Herbst 1761. Beide Flegel werden in den Grätzer Rechnungsbüchern im Jahre 1761 auch noch nicht genannt; dagegen sind sie im Rechnungsbericht vom 28. Dezember 1762 schon eingetragen, ihre Namen sind aber, wie auch der des Joh. Dan. Flekeiß, mit dunklerer Tinte als die vorhergehenden und nachfolgenden geschrieben, wahrscheinlich weil sie später eingetragen wurden, nachdem man für die neuzugezogenen Gemeindemitglieder in dem Verzeichnis eine Lücke gelassen hatte. Somit ist Flegel und sein Neffe wohl 1761/1762 im Winter nach Grätz gezogen, sodass sie für 1762 schon ihre Kirchbeiträge zahlten.) ,    hatte ihnen Graf Adam Opalinski, der Erbherr von Grätz ein vorteilhaftes Privilegium (das Privileg, deutsch und polnisch geschrieben, befindet sich im Kgl. Staats-Archiv zu Posen (Grätz B 2)  zum Wein-, Eisen- und Materialhandel ausgestellt, in welchem ihnen viele Versprechungen gemacht, beide aber auch verpflichtet wurden, nach den Vorschriften der Herrschaft ein Wohnhaus zu bauen. Sie erfüllten ihre Verpflichtungen trotz der ungünstigsten Umstände. Als sie nämlich im Jahre 1761 anfingen, das Holz zum zukünftigen Hause zu fällen, war teure Zeit, die natürlich auch den Bau verteuerte. Der Getreidepreis stieg so hoch, dass das Viertel Korn 42 Timpfe oder 12 Mark kostete. Aber sie ließen den Mut nicht sinken, sondern waren der Hoffnung, dass nach der Aussaat auch die Ernte folgt, wie die ältere Chronik sagt. Darin hatten sie sich jedoch getäuscht.

[1.255]

Grätz Stadtplan – veroeffentl. in Verzeichnis der Kunstdenkmaeler der Provinz Posen

Der Bau des Hauses, das auf der Posener Straße lag, wo jetzt das sogenannte Klosesche Haus steht, das jedoch jünger und kleiner ist und mit jenem nicht verwechselt werden darf, wurde 1762 vollendet. Nun begannen allerlei Belästigungen der Familie Flegel, wie der Evangelischen überhaupt. Diese sollten nämlich in der sogenannten Betwoche (wahrscheinlich Frohnleichnamswoche) dem katholischen Gottesdienste beiwohnen. Die meisten taten es auch, nicht aber Samuel Flegel und Karl, die beide ein starkes evangelisches Bewusstsein hatten und später noch wiederholt als Vorkämpfer der evangelischen Sache auftraten und litten. Die Schwäger Samuels, die Brüder Kause, weigerten sich gleichfalls, dem katholischen Gottesdienst beizuwohnen, wurden daher verhaftet und sollten zur Strafe gezogen werden. Samuel und Karl wandten sich daher an den Erbherrn und den Stadtprobst, wohl den milden Herrn von Konarski, der von 1766 ab in der jüngeren Chronik nach öfter genannt wird, und fanden auch Gehör; sie sollten sich jedoch verpflichten, dreimal des Jahres an der Prozession teilzunehmen, auch wollte man ihnen Ämter übertragen, die sie zu jener Teilnahme verpflichteten; aber sie schlugen das Angebot aus und wussten auch der sonstigen Beteiligung an der Prozession aus dem Wege zu gehen.

Von da an galten sie als ausgemachte, trotzige Verächter der katholischen Konfession, und die Gegner suchten sich an ihnen durch jegliche Art von Quälereien und Scherereien  zu rächen. Der Graf schien duldsam zu sein, aber er bereitete dem Flegelschen Hause geschäftliche Unannehmlichkeiten.

Samuel und Karl wurden nämlich vom Hofe genötigt, dem gräflichen Hofsattler Mühlberg Eisen auf Kredit zu geben, wofür der Graf selber Bürgschaft leistete, der auch, als die Schuld auf 1.825 Timpfe angewachsen war, eine Abschlagszahlung von 600 Timpfen bewilligte. Als aber der Sattler später auf preußisches Gebiet entwich und man den Grafen um Erstattung des Restes von 1.225 Timpfen ersuchte, wies er die Gläubiger unter leeren Vorwänden ab, und noch als Karl Flegel seine Chronik schrieb (um 1796), hatte die Firma nichts erhalten. Geld schien also der Graf in Grätz ebenso wenig zu haben, als er Woiwode in Freistadt.

Eine bedeutende Vergünstigung brachte den Evangelischen das Jahr 1766; aber sie sie eröffnet uns zugleich einen Blick auf die drückende Lage, in welcher sie sich bis dahin befunden hatten. In diesem Jahre starb nämlich Samuel Flegel, der Geschäftsteilhaber und Oheim Karl Ehrenfrieds, der Vater des jüngeren Chronisten, und der Sohn beginnt auch seine Erzählung mit dem Begräbnis des Vaters, weil dieses für die Evangelischen in Grätz von geschichtlicher Bedeutung wurde.

(Die ältere Chronik schweigt von Samuels Tod und Begräbnis ganz und geht sofort zum Jahre 1768 über. Das Jahr 1766 in der jüngeren Chronik als Todesjahr Samuels stimmt anscheinend nicht mit den Rechnungsbüchern. In dem Bericht von 1766 stehen noch Samuel und Karl Flegel, bei letzterem ein NB. Im Bericht von 1767 steht sonderbarer Weise Samuel Flegel, nicht aber Karl; in demjenigen von 1768 lesen wir gar nur Flegelische. Wenn Samuel 1766 starb, konnte er zwar allenfalls noch für das Rechnungsjahr 1766, nicht aber mehr für 1767 genannt werden; für dieses Jahr sollte man vielmehr Karl Flegel erwarten, der aber nicht genannt wird. Wahrscheinlich steht hier der Name des verstorbenen Ehemannes Samuel gleichsam als Bezeichnung der Firma; denn die Witwe führte nach Angabe der älteren Chronik mit ihrem Neffen Karl das Geschäft weiter. Damit stimmt auch, dass 1768 und im Gesamtbericht 1769-1771 statt Karl Flegel und Witwe Flegel einfach Flegelische d.i. Karl und die Witwe Samuels steht.)

Diesen war es nämlich nicht erlaubt, ihre Leichen unter den sonst üblichen Zeremonien, Gesang und Begleitung eines Geistlichen, durch die Stadt und die Bukowiecer (jetzt Buker) Straße zu tragen; vielmehr war nur ein stiller Leichenzug erlaubt, der auch einen ganz anderen Weg an der sogenannten Evangelischen Gerechtigkeit vorüber nahm. Mit diesem Namen bezeichnete man einen großen Stein, den der Bürgermeister Brummer zur südpreußischen Zeit (1793-1806) hat sprengen lassen. Nach der jüngeren Chronik nun lag das sogenannte Armenhospital „rechts dem Kloster und rechts vor dem jüdischen Begräbnis“ und machte die Ecke der Straße, die vor dem Neuen Ringe und der evangelischen Kirche aus der Breiten Straße links herauf nach dem evangelischen Begräbnis zu geht. Vor diesem Hospital lag jener Stein. Danach lag das Hospital entweder auf dem heutigen Stadtpark zwischen der jüdischen Leichenhalle und dem Kicinskischen Hause oder dort, wo heute das Hoffmannsche Haus steht, also an der Ecke der Kloster- und Entenstraße. Dieser Stein bezeichnete die Grenze des Stadtgebietes, denn das Kloster lag, wie die jüngere Chronik hervorhebt, auf Doktorowoer Grunde.

An jenem Stein vorüber, zwischen Kloster und jüdischem Begräbnis, nahmen die evangelischen Leichenzüge ihren Weg; erst von ihm an waren alle üblichen Zeremonien erlaubt, weil dort Doktorowo anfing.

(Fischer verlegt in einer handschriftlichen Bemerkung zu S. 18 seines Handexemplars der schon erwähnten Gedenkblätter den Stein irrtümlich auf die Buker Straße an die Stelle des jetzigen Stahnschen Hauses. Jenen Stein oder die Evangelische Gerechtigkeit erwähnt auch ein Beschluss der evangelischen Gemeinde aus dem Jahre 1817, den das ältere Rechnungsbuch anführt. Danach sollten die jüngsten sechs Bürger den Sarg von dem Stein an bis auf den Kirchhof tragen. Derselbe Beschluss steht auch im jüngeren Rechnungsbuch, aber ohne Nennung des Steines, unter dem Jahr 1713.)

Als nun 1766 Flegel starb, wurde auf die Vorstellungen der Witwe und Karl Flegels vom Stadtpfarrer Herrn von Konarski und dem Erbherrn von Grätz, Kanonikus Adam von Opalinski, erlaubt, dass die Leiche unter Gesang und Begleitung des Geistlichen, den man aus Rakwitz geholt hatte, vom Flegelschen Hause aus durch die Stadt getragen wurde. Wie die jüngere Chronik bemerkt, war dies der erste Fall eines öffentlichen evangelischen Begräbnisses seit dem 16. Jahrhundert.

Kleinstadtbilder aus Rakwitz und Grätz in den letzten Jahrzehnten des polnischen Reiches – 1735 bis 1782 – Teil 2 – Rakwitz und Polnisch-Freistadt und die Familie Flegel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Tr. Stäsche, Königshütte O.-S. 1899)
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Hier nun die 1ste Fortsetzung mit erklärenden Worten zu Rakwitz und Polnisch-Freistadt und der Differenzierung der beiden Orte, die später zu einer Stadt zusammenwuchsen.

Und weiterhin einigen Ausführungen zu der betroffenen Familie Flegel, die hier vermutlich seit 1668 ihren Wohnort hatte.

* * *

[1.256]

Rakwitz Marktplatz - Aufn. ausgestellt in Feuerwehr Museum zu Rakwitz

3. Polnisch-Freistadt oder Rakwitz

Sowohl in der älteren Chronik als auch in den alten Rechnungsbüchern der Grätzer Gemeinde wird wiederholt der Ort Polnisch-Freistadt genannt, in welchem die Familie Flegel eine Zeit lang ansässig war, und der auch sonst zu Grätz in vielfachen Beziehungen stand.

Polnisch-Freistadt, die heutige Stadt Rakwitz, wurde 1662 neben dem schon vorhandenen Dorfe Rakwitz als Zufluchtsstätte, wie der Name Freistadt sagt, für evangelische Deutsche (Das Bestimmungswort Polnisch soll natürlich nur den Unterschied von Freistadt im deutschen Niederschlesien ausdrücken) gegründet, die wahrscheinlich, wie zahlreiche anderen Scharen deutscher Einwanderer des 17. Jahrhunderts, Schlesier waren und sich vor den unerträglichen Bedrückungen durch die Kaiserlichen nach Polen geflüchtet hatten. In Freistadt war auch eine evangelische Kirche, zu welcher die kleine Grätzer Gemeinde eingepfarrt war, bis sie 1775 losgetrennt und mit den um Grätz liegenden Dörfern zu einem neuen Kirchspiel mit eigenem Pfarrer vereinigt wurde. Das ältere der beiden Rechnungsbücher erwähnt aus dem Jahre 1682 eine Beisteuer, welche die Grätzer Gemeinde nach Neu-Freystadt d. i. Freistadt-Rakwitz zum Kirchbau entrichtete. Der ältere Name Polnisch-Freistadt oder Neu Freistadt oder Freistadt überhaupt scheint sich nach 1800 verloren zu haben, ist aber dem älteren Chronisten, der wahrscheinlich in den 90iger Jahren des vorigen Jahrhunderts schrieb, noch ganz geläufig, sodass er (S.2) den Ort Rakwitz genau davon unterscheidet, indem er von einem Fleischhauer Meisner erzählt, der angeblich Polnisch-Freistadt anzünden wollte, nach Rakwitz kam und verhaftet wurde. Ebenso ist der Name Freistadt in den beiden Rechnungsbüchern aus dem 17. und 18. Jahrhundert ganz gewöhnlich. Diese erwähnen im Jahre 1714 eine Revision, die der Bischof Posinantzky oder Bosinantzky (es ist natürlich der Bischof von Posen gemeint. Die evangelischen Geistlichen standen nämlich, was wunderbar genug klingt, aber doch wahr ist, unter der Aufsicht des nächsten Bischofs oder Probstes, der ihnen von Zeit zu Zeit ihre Pflichten einschärfte und namentlich darüber wachte, dass sie sich gegen die katholische Kirche keine Übergriffe anmaßten. Vgl. Ztschr. d. histor. Gesellsch. d. Pr. Posen VII (1892) S. 248f) „in der polnischen Freystadt bei der Evangelischen Kirchen“ abhielt und bei welcher auch die Grätzer Gemeinde zu einer christlichen Beisteuer, wie es dort heißt, herangezogen wurde, weil sie sich, wie ausdrücklich hinzugefügt wird, dieses Gotteshauses bedient. Auch in den Notizen von unbekannter Hand über die erste Pfarrerwahl und den Pastor Calmann vom 24. Dezember 1775 ff. wird ausdrücklich der Pastor Kuczewski von „Polsch-Freistadt bei Rakwic“ genannt. Danach ist auch zu berichtigen, was Heinrich Wuttke in seinem Städtebuch des Landes Posen S. 422 über den Namen Freystadt sagt. Die jüngere Chronik spricht, obwohl sie von den vier letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts erzählt, stets nur von Rakwitz, nie von Freistadt; aber ihr Verfasser Johann Samuel Flegel schrieb dieselbe 1839, als der Name Freistadt durch den Dorfnamen schon verdrängt war.

[1.257]

Stammbaum der Familie Flegel - entnommen dem Original Artikel

4. Stammbaum der Familie Flegel

Die beiden Chronisten stammen aus einer alteingesessenen, deutschen Grätzer Familie, deren Name sich in den Rechnungsbüchern bis zum Jahre 1668 zurückverfolgen lässt. Da diese aber bis 1620 zurückgehen, so scheint es, als ob die Familie erst um 1668 in Grätz eingewandert ist. In diesem Jahre wird Martin Flehgell, der Urgroßvater der Chronisten, zum ersten Male genannt. Am 28. Dezember 1673 wird er als letzter der 8 an diesem Tage „gesetzten“ d.h. gewählten Ältesten aufgeführt. Sein Name erscheint zum letzten Male 1674, sodass er in diesem oder dem folgenden Jahre 1675 gestorben sein muss; denn von 1676 bis 1682 wird statt seiner unter den Beitrag zahlenden Mitgliedern der Gemeinde nur Frau Flegeln genannt.

Im Jahr 1686 ließ sich, wie das Rechnungsbuch berichtet, Karl Flegel, wahrscheinlich sein Sohn, in die Gemeinde einschreiben, und wir finden von da an seinen Namen unter den steuernden Familienvorständen bis 1719. Am 28. Dezember dieses Jahres wird er neben Johann Stoltz noch als Ältester genannt; er muss aber im folgenden Jahre 1790 gestorben sein, da im Jahresbericht vom 21. Dezember 1720 nur noch der Name der Frau Carol Flegeln sich findet.

Karl Flegel hatte zwei Söhne, von denen der eine Karl, der andere Samuel hieß. Etwa ein Jahr nach dem Tode des Vaters ließ sich Karl in die Gemeinde als beitragspflichtiges Mitglied aufnehmen und zahlte, wie das Rechnungsbuch unter dem 21. Dezember 1721 meldet, 6 Groschen Eintrittsgeld. Im Verzeichnis dieses Jahres nimmt er, da die Namen der Steuernden nach dem Alter geordnet sind, noch die drittletzte Stelle ein; am 28. Dezember 1733 ist er schon bis an die dritte Stelle des Anfangs vorgerückt.

Diese beiden Brüder Karl und Samuel, von denen der letztere sich mit einer Kause aus Grätz verheiratete, sind die Väter der beiden Chronisten. Karls Sohn war Karl Ehrenfried Flegel, der Verfasser der älteren Chronik; Samuels Sohn war Johann Samuel Flegel, der Verfasser der jüngeren Chronik. Zur besseren Übersicht und zu leichterem Verständnis dient der folgende Stammbaum; die Zahlen neben den Namen bezeichnen die Jahre, innerhalb deren die Mitglieder der Familie urkundlich nachzuweisen sind. Vorausgesetzt wird dabei, dass in den Rechnungsbüchern wirklich der Sohn auf den Vater folgt, was durch die Namen und Zeitverhältnisse allerdings sehr wahrscheinlich ist.

Kleinstadtbilder aus Rakwitz und Grätz in den letzten Jahrzehnten des polnischen Reiches – 1735 bis 1782 – Teil 1 – Bedeutung der Flegelschen Chroniken und die genutzten Quellen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Tr. Stäsche, Königshütte O.-S. 1899)
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[1.247]

Die alte evangel. Kirche zu Graetz – Quelle www.grodzisk.wlkp.pl

Liebe Leser unserer Seite – dies ist der erste Teil der 1899  von Dr. Tr. Stäsche, Königshütte O.-S. 1899 verfassten und veröffenlichten Arbeit :

„Kleinstadtbilder aus Rakwitz und Grätz in den letzten Jahrzehnten des polnischen Reiches“

– Eine Untersuchung über die Flegelschen Chroniken und ein Beitrag zur Geschichte der evangelischen Kirche zu Grätz –

Der Beitrag wurde abgedruckt in der „Zeitschrift der Historischen Gesellchaft für die Provinz Posen“ – welche herausgegeben wurde durch Rodgero Prümers – 14. Jhg. – 1899.

(Quelle:  http://ia600307.us.archive.org/12/items/zeitschrift1314histuoft/zeitschrift1314histuoft.pdf [1.235])

Die angesprochenen Flegelschen Chroniken werden im Staatsarchiv von Poznan verwahrt. Der hier wiedergebene Text ist die intensive Auseinandersetzung dieser Aufzeichnungen durch den Dr. Tr. Stäsche. Seine Arbeit befasste sich, teils unter sehr kritischen Betrachtungen, mit diesen Geschichtserinnerungen. Neben den Flegelschen Chroniken  wurden zur Vervollständigung, auch die später verfassten Chroniken der Pastoren Roehl und Fischer zur Wiederentstehung der evangelischen Kirche zu Grätz herangezogen.

Nach Lesen aller Teile dieses Beitrages betrachtet man spätere Aufzeichnungen z. B. den Artikel unter : http://oledry.pl/de/gratz-der-beginn-als-evgl-parochie [1.258]/ mit anderen Augen . . .

* * *

Einleitung

1.  Bedeutung der Flegelschen Chroniken

Im Jahr 1863 erschienen zu Grätz die „Gedenkblätter für die Evangelische Gemeinde U.A.C. zu Grätz“, welche der damalige Pastor dieser Gemeinde und spätere Superintendent G.W. Theodor Fischer herausgegeben hat. In diesen wird neben der Chronik, welche der Erbauer der Grätzer Kirche, Pastor Roehl, verfasste, vielfach die Flegelsche Chronik erwähnt, die Fischer auch reichlich benutzt hat (S. 15 ff). Sie enthält die Geschichte der evangelischen Gemeinde zu Grätz seit dem Jahre 1760 und ist im Jahre 1839 von dem Oekonomiekommissarius und Posthalter Johann Samuel Flegel verfasst, der 1848 in Grätz im Alter von 83 ½ Jahren starb, und an den sich dort das ältere Geschlecht noch wohl erinnert. Durch Fischers Gedenkblätter ist die Kunde von dieser Chronik auch in weitere Kreise der Grätzer evangelischen Gemeinde gedrungen.

Daneben ist noch eine andere Flegelsche Chronik vorhanden, die ich neben kleineren Schriftstücken im Jahre 1895 in den Kirchenakten entdeckte, welche mir Herr Pastor Haedrich zur Durchsicht übergeben hatte. Diese Chronik hat Fischer nicht gekannt, wenigstens hat er sie nicht benutzt, und es scheint, als ob von ihr bisher niemand in Grätz Kenntnis hatte. Da die Chronik Johann Samuels in zwei Exemplaren vorhanden ist, so hat man die andere bei oberflächlicher Betrachtung wahrscheinlich auch für eine Abschrift desselben Werkes gehalten. Diese zweite Chronik enthält im Gegensatz zu der ersten eine Geschichte der Familie Flegel, und ihr Verfasser ist Karl Ehrenfried Flegel, Kaufmann zu Grätz und verdienstvoller Mitbegründer der Kirche, der bedeutend ältere Vetter des jüngeren Chronisten.

Sein Leben fiel in eine sturmbewegte Zeit, wo Polen von wilden, inneren Kämpfen zerrissen wurde, das Ansehen und die Macht der Krone völlig verschwunden war, und das Reich seiner Auflösung entgegeneilt. Unter den wüsten Zuständen hatte er selbst schwer zu leiden, und besonders verhängnisvoll wurde ihm die Feindschaft des Generals von Radonski, der die Güter des Fürsten Czartoryski in Grätz und der Umgegend als Generalbevollmächtigter verwaltete. Der Hass des Generals traf zugleich auch die evangelische Gemeinde, mit der Flegel eng verbunden war. Dieser verfocht seine und der Gemeinde Sache zwar auf das tapferste gegen Radonski und verfolgte und vertrat mit deutscher Zähigkeit und Hartnäckigkeit sein gutes Recht; aber es fehlte dem Reiche an einem mächtigen Schützer des Rechtes, und darum musste Flegel im ungleichen Kampfe unterliegen. Er wurde durch Radonski um Haus und Hof gebracht, musste Grätz verlassen und fand auf dem Gute Borowo bei Kosten, dessen Besitzer auch Protestant und mit ihm eng befreundet war, Zuflucht und Schutz, bis er nach langen Jahren wieder in die Heimat zurückkehrte.

Die Geschichte seines vielbewegten und ereignisreichen, aber auch leid- und kummervollen Lebens legte er als alter Mann in seiner Chronik nieder, die uns unvollendet erhalten ist, vielleicht weil der Verfasser darüber starb. Sie ist, wie wir sehen werden, wahrscheinlich in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts verfasst. Im Gegensatz zu dem Werke seines jüngeren Vetters, das eine Geschichte der Grätzer Kirche gibt, will er die Geschichte seines eigenen Lebens und zwar der vielen Kämpfe, die er bestehen musste, schreiben; da er aber in die meisten derselben um der Kirche willen verwickelt wurde, so bietet er auch einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der letzteren. Endlich fühlte der streitbare und mit einem starken Gerechtigkeitsgefühle begabte Mann auch das Bedürfnis, der Nachwelt die Zustände der Gesetzlosigkeit und Willkür zu schildern, die seit mehr als einem Menschenalter den Wohlstand seiner Familie untergraben hatten; darum schickt er seinem eigenen Leben noch die Leidensgeschichte seines Vaters und seines Oheim voraus, deren Schauplatz das südlich von Grätz gelegene und nur 12 Kilometer entfernte Städtchen Rakwitz ist. So beginnt die Chronik etwa mit 1735 und reicht bis 1782, wo sie plötzlich abbricht.

Dieser Inhalt, namentlich die vielfachen Beziehungen, in welche der Grätzer Kaufmann zu den Machthabern seiner Zeit und seines Landes vom verschuldeten, polnischen Edelmann bis zum reichen und mächtigen Fürsten Czartoryski und zum Könige selber trat, erheben das Werk weit über die Bedeutung einer gewöhnlichen Familienchronik. Aber ihren vollen Wert gewinnt es erst durch Heranziehung der jüngeren Chronik, die ihrerseits gleichfalls erst durch die ältere völlig brauchbar wird. Karl Ehrenfried hat vor dem jüngeren Neffen den Vorzug, dass er die Ereignisse noch früherer Jahrzehnte, als dieser, berichtet und auch das Leben in Rakwitz, dem Nachbarstädtchen von Grätz, schildert, vor allen aber, dass er großenteils eigene Erlebnisse oder doch Vorgänge beschreibt, die er als gereister Mann beobachtete, während Johann Samuel nur die Berichte älterer Zeitgenossen oder höchstens Erinnerungen aus seiner Knaben- und ersten Jünglingszeit mitteilt. Seine Chronik ist darum glaubwürdiger, als die jüngere, und wir werden uns da, wo die Berichte voneinander abweichen, immer für die ältere entscheiden müssen. Dagegen bietet die jüngere wieder eine Fülle willkommener Einzelheiten, welche in der älteren fehlen, aber doch das Zeitbild, das wir schon aus dieser gewannen, ergänzen und seinen Gestalten persönliches Leben verleihen, sodass beide Chroniken durch einander zu einem Gesamtbilde vervollständigt werden. Aus der vergleichenden und abwägenden Benutzung beider gewinnen wir ein Gemälde des bürgerlichen und kirchlichen Lebens in den letzten Jahrzehnten der polnischen Republik, das über den engen Kreis ortsgeschichtlicher Bedeutung hinausreicht und eine allgemeine Beachtung in der Provinz Posen beanspruchen darf.

In diesem Geschichts- und Zeitbilde, das uns die beiden Chronisten hinterlassen haben, lernen wir stolze Woiwoden und Starosten kennen, die unumschränkt auf ihrem Grund und Boden herrschen und hier ihren steifen Nacken nicht einmal vor dem Könige beugen, die aber in steter Geldnot leben und dann unbedenklich den Kredit des deutschen Bürgers beanspruchen oder sich über seinen Wohlstand gar ein unbedingtes Verfügungsrecht zusprechen. Wir werden in die Rechtsprechung eingeführt und treten in den Gerichtssaal. Gewalt und Ränke reichen sich hier die Hand, um das Recht zu beugen, und unerhörte Richtersprüche lassen unser Blut zornig aufwallen; sie werfen den verzweifelten Bürger der hier vergebens Recht gesucht hat, auf das Krankenlager und pressen seinem gemartertem Herzen einen Wunsch aus, den wir heute als den Ausdruck hochverräterischer Gesinnung ansehen möchten. Auf dem Marktplatze zu Grätz lässt ein wüster polnischer General einen Hauländer, weil er dem Fürsten Czartoryski die Beschwerden seiner Dorfgemeinde vorgetragen hatte, blutig peitschen und eine anständige Frau in das Polizeigefängnis sperren, dessen finstere Wände sonst nur das verworfenste Gesindel umschlossen. Ein anderes Mal duldet es dieser Wüstling, dass seine Geliebte, eine zweite Herodias, das Mordgewehr auf den friedlichen, evangelischen Pfarrer richtet, weil sie und ihr Buhle ihn hassen. In der stillen, deutschen Gemeinde, deren Hirte dieser Pfarrer ist, und die die Stürme von mehr als 150 Jahren in Grätz überdauert hat, sät ein gewissenloser Nachbarpfarrer Zwietracht und Misstrauen, und heimliche, hässliche Pläne werden zwischen ihm und dem General besprochen; um rothes Gold will jener die Gemeinde kaufen, und diesem leuchten bei dem Gedanken an die blinkenden Dukaten begehrlich die Augen. Im Hintergrunde dieses Gemäldes aber steigen die Rauchwolken der brennenden Dörfer und Städte auf, die die Banden der Konföderierten angezündet haben, und auf der Posener Straße zu Grätz drückt ein Mordbube seine Waffe auf ein wehrloses Mädchen, ein anderer auf einen armen Handwerker ab, der dem evangelischen Gottesdienste im Flegelschen Hause beiwohnte, und auf dem Wege nach Kopnitz entgeht mit Mühe und Not eine flüchtige Familie den Mordgesellen.

Von diesen dunklen Schatten des Gemäldes heben sich aber auch freundlichere Lichtgestalten ab, auf denen das Auge lieber verweilt. Ein mächtiger polnischer Fürst, der Besitzer von Grätz, gewährt der deutschen, evangelischen Gemeinde bereitwillig allerlei Privilegien zur Gründung einer Kirchengemeinde und zur Pfarrerwahl; er zeigt sich den abgeordneten Bürgern, die vor ihm erscheinen, als freundlicher, gerechter Herr, der ihnen das Grätzer Schloss zu den Gottesdiensten einräumt und nicht die Schuld trägt, wenn sein Bevollmächtigter den Willen des fernen Herrn nicht achtet. Ein Grätzer Mönch verwendet sich für einen evangelischen Fleischer in Rakwitz, der die Jungfrau Maria gelästert haben und deswegen zum Tode verurteilt werden sollte; der polnische, katholische Probst zu Grätz gewährt den Evangelischen Schutz und Zuflucht vor den Konföderierten und hebt eine drückende Beschränkung auf, denen ihre Leichenzüge unterlagen. In der deutschen Gemeinde aber vereinigen sich ernste, fromme Christen auch in gefahrvoller Zeit zum Lesegottesdienst im Flegelschen Hause oder scheuen nicht den weiten Weg nach Rakwitz, um dort an Predigt und Abendmahl teilzunehmen; immer sind sie, wie ihre Vorfahren, zu hohen und den höchsten Opfern für ihren Glauben und ihren Gottesdienst bereit.

Abgesehen von dem wertvollen Beitrag zur Zeit- und Sittengeschichte, welchen die ältere Chronik liefert, verdient diese aber auch um ihres Verfasser willen der Vergessenheit entrissen zu werden. Karl Ehrenfried Flegel hatte, als er seine Chronik schrieb, ein Leben hinter sich, das ausgefüllt war mit vergeblichen Kämpfen gegen Willkür und Gewalt, in denen er unterlegen war, weil er keine unparteiischen Richter hatte finden können. Darum ruft er die Nachwelt zur Richterin an, damit sie über seine Sache entscheide. Aber zu den Vergewaltigungen und Verfolgungen, die er durch Radonski zu erleiden hatte, kamen noch mancherlei Verdrießlichkeiten, denen er  in der evangelischen Gemeinde selber ausgesetzt war. Sein Gegner wurde nämlich Pastor Roehl, der Erbauer der Grätzer Kirche, der ihn in seiner Kirchenchronik, die wir bald besprechen werden, einer ungerechten Beurteilung unterzieht, welcher sich leider auch Fischer teilweise angeschlossen hat, weil er die ältere Chronik nicht kannte und die Berichte Roehls über die Flegelsche Zeit überschätzte.

2. Beschreibung der benutzten Quellen

Da beide Chroniken, die ältere und jüngere, bisher so gut wie gar nicht unterschieden wurden, so ist es nicht überflüssig, eine eingehende Beschreibung derselben zu geben, um künftigen Verwechselungen vorzubeugen. Außer diesen beiden Schriftstücken wurden aber für die unten folgende Darstellung noch andere benutzt, von denen einige bisher wenig oder gar nicht bekannt waren, die Fischer wenigstens nicht erwähnt und die zum Teil von den Flegelschen Chroniken abweichen. Somit empfiehlt es sich, auch diese aufzuzählen und zu beschreiben, damit ihr Vorhandensein wenigstens einmal festgestellt wird. Eine Erörterung über diese Nebenquellen erst an den Stellen, wo sie von den Berichten der Chroniken abweichen, würde die zusammenhängende Darstellung sehr stören.

1. Die ältere Chronik besteht aus fünf Bogen alten Büttenpapiers (35:22 cm), von denen aber nur die ersten sechs Blätter oder 12 Seiten beschrieben sind. Jeder Bogen enthält zwei Wasserzeichen und zwar auf dem ersten Blatt einen (schlesischen?) Adler mit dem gekrönten Halbmond auf der Brust, auf dem zweiten die heilige Jungfrau mit einer Krone auf dem Haupte und dem Jesusknaben auf dem Arme. Das ganze Bild ist von eine eiförmigen Kranze umgeben. Die Chronik beginnt S. 1 mit dem Satze: „Pohlnisch Graetz war mein Geburths Orth, in welchem meine Eltern nicht wenig Religions Verfolgungen erlitten, bis 1736 zur damahligen Confoederationszeit die Stadt nicht von ohngefähr eingeäschert wurde.“ Sie bricht S. 12 bei Schilderung der Ereignisse von 1782 am Ende der Seite mitten im Satze mit den Worten ab: „Ich ließ mir also einen Extract…“ Aus mehreren Stellen ergibt sich, dass früher noch Beilagen vorhanden gewesen oder ihre Beigabe doch vom Verfasser beabsichtigt war (z. B. S. 7 „wie aus Beilage zu ersehen.“) Dieser wird zwar ausdrücklich genannt, aber aus der jüngeren Chronik ersehen wir, dass es Karl Flegel, mit vollem Namen Karl Ehrenfried Flegel aus Grätz war.

Das Jahr der Abfassung lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Der letzte Zeitpunkt, welcher in der Chronik erwähnt wird, ist der 12. Juni 1782 aber manche Umstände deuten auf eine weit spätere Zeit. Bei der Schilderung der Leiden des Jahres 1778 bemerkt der Verfasser, dass ihm damals kein anderer Trost blieb als die Hoffnung, „Gott werde im Lande eine Aenderung schicken.“ Hieraus dürfen wir schließen, dass er seine Chronik nicht vor 1793, als Posen preußisch wurde, geschrieben hat. Denn nur von einer Landesveränderung hoffte er 1778, dass er durch sie das ihm geraubte Gut, nämlich sein Besitztum in Grätz, wiedererlangen werde. Er hätte aber später in seiner Lebensbeschreibung d. i. der Chronik jene tröstende Hoffnung in schweren Tagen nicht erwähnt, wenn sie nicht erfüllt gewesen wäre, als er seine Schrift verfasste; denn doch nur am erreichten Ziele konnte er auf die überwundene Zeit der Not mit Genugtuung zurückblicken und jener Hoffnung gedenken, die ihn einst aufrecht erhalten hatte. So kann die Chronik nicht vor 1793 entstanden sein. Aber vielleicht müssen wir einen noch späteren Termin annehmen. Das Haus kam tatsächlich erst 1795 wieder in den Besitz der Familie Flegel. Da nun das volle Ziel erst mit der Wiedererwerbung dieses Grundstückes erreicht war, so wird die Schrift wohl auch nicht vor 1795 entstanden sein, als Samuel Flegel das ehemalige Eigentum der Familie wieder erwarb. Für diese Annahme spricht insbesondere noch, dass Radonski, Flegels Feind, der ihn um sein Hab und Gut gebracht hatte, im März 1795 starb und durch den Tod des Gegners und den Rückkauf des Hauses die Zeit, welche Flegel beschreiben wollte, einen natürlichen Abschluss, das Ende seiner Leiden, gewann.

2. Die jüngere Flegelsche Chronik. Sie ist in zwei Exemplaren vorhanden und trägt die Überschrift: „Geschichte der hiesigen Grätzer evangelischen Gemeinde und Entstehung der Kirche seit dem Jahre 1760“. Die Unterschrift am Ende dieser Geschichte lautet: Grätz den 20. Januar 1839. J. S. Flegel. Darauf folgen noch einige Seiten mit „Bemerkungen zur Kirchengeschichte“, d. h. zur Geschichte der Grätzer Kirche.

Beide Exemplare sind auf Folio geschrieben und lassen auf jeder Seite links einen freien Rand von 6 bis 7 cm. Das eine hat ein etwas kleines Format (34:21cm) und scheint wenigstens im zweiten Teile die Ausarbeitung zu sein, da hier viele Stellen durchgestrichen und verbessert sind, während das andere Exemplar die Reinschrift sein dürfte. Dieses kleinere Exemplar besteht aus zwei Lagen von je drei Bogen und enthält auf 23 Bogenseiten den Text der „Kirchengeschichte“ und am Rande mancherlei Nachträge. Die Schrift, die anfangs sorgfältig ist, wird immer flüchtiger und ist von S. 20 bis 23 vielfach unsauber. Als Anhang folgen noch auf einem besonderen Bogen (36,5:22cm) „Bemerkungen zur Kirchengeschichte“, die drei Bogenseiten umfassen.

Das andere Exemplar ist durchweg auf gleich große Bogen (37:22cm) von hellerem Papier geschrieben. Der Text umfasst hier 20 Bogenseiten und trägt am Ende (S.20) die gleiche Unterschrift, wie das erste Exemplar. Dazu kommen noch 3 ¼ Seiten Text mit der Überschrift: Nachträgliche Bemerkungen zur Kirchengeschichte, an die sich wieder dieselbe Unterschrift, wie im ersten schließt. Die Schrift ist überall sauber, weshalb das Exemplar als die Reinschrift gelten darf.

Der Verfasser dieser jüngeren Chronik, Johann Samuel Flegel, starb, wie das Kirchenbuch Grätz bekundet, am 6. April 1848 im Alter von 83 Jahren, 5 Monaten und 3 Tagen, war also 1764 am 3. November geboren und hat demnach auch einen Teil der Ereignisse, welche der ältere Chronist beschreibt, miterlebt. Als die evangelische Gemeinde am 6. Juli 1777 aus dem Schlosse vertrieben wurde, war er 12 ½ Jahre, als das Feuer auf dem Flegelschen Grundstück am Abend des zweiten Osterfeiertages 1778 ausbrach, noch nicht 13 ½ Jahre alt; als die ganze Familie mit Karl Flegel Grätz verlassen musste und nach Borowo zog, zählte er 18 Jahre.

Seine Chronik beginnt mit den Worten: „Nachdem auch in Pohlen die evangelischen Glaubensgenossen seit den Jahren 1730 und späterhin verfolgt wurden, war es den evangelischen Einwohnern hier in Grätz nicht erlaubt, öffentlich Gottesdienst zu halten, noch weniger ihre Toten öffentlich zu begraben“ u.s.w.

Sie schildert darauf die Beschränkungen, welche den Evangelischen bei ihren Begräbnissen auferlegt waren, und die Vergünstigung, welche ihnen zum ersten Male beim Tode von Samuels Vater gewährt wurde. Es folgt die Schilderung der Konföderationszeit (1768-72), die Gründung der evangelischen Gemeinde in Grätz und die Anfeindungen derselben durch den General Radonski, vor dem der Pastor Calmann und die Familie Flegel aus Grätz weichen mussten. Die weitere Geschichte der Gemeinde, der Bau der Kirche auf dem Neuen Markte unter dem Pastor Roehl, ihre späteren Schicksale unter den folgenden Pastoren sind nur in flüchtigen, dürftigen Umrissen behandelt und bis zur Wahl des Pastors Krause 1832 fortgeführt.

Am Schlusse (S.20) beruft sich der Chronist auf das Zeugnis mehrerer noch lebender Mitglieder der Gemeinde, welche jene Zeiten, die er schildert, erlebt haben. Tatsächlich lebt auch noch lange die Erinnerung an dieselben in der Gemeinde fort, und noch heute begegnet man ihren Spuren in den Erzählungen des älteren, evangelischen Geschlechts in Grätz; so hat den Brüdern Karl und Ernst Bähnisch ihre 1852 verstorbene Großmutter noch vielfach von der Konföderationszeit erzählt (Herr Kaufmann Karl Bähnisch in Berlin, Besitzer der bekannten Grätzer Export-Bier-Brauerei, dessen eigene, früher in Grätz ansässige Familie zu der Familie Flegel in freundschaftlicher und wahrscheinlich auch verwandtschaftlichen Beziehungen stand, hatte die Güte, mir über letztere dankenswerte Mitteilungen zu machen), die der Großvater der Brüder, Samuel Bähnisch, und namentlich dessen Vater mit der Familie Flege durchgemacht haben. Aus solcher Erinnerung älterer Zeitgenossen schöpfte Flegel. Aber die Erinnerung an die Jahre, in denen die einzelnen Ereignisse stattfanden, war bei dem Chronisten doch unsicher geworden; er fühlte das selber, denn die Jahreszahlen sind vielfach von ihm verändert, wobei man die ursprüngliche Zahl noch erkennen kann. Vor allem aber erweisen sich seine Irrtümer in der Zeitbestimmung aus dem Vergleich mit den alten Rechnungsbüchern der früheren evangelischen Gemeinde zu Grätz und den übrigen Quellen.

Im Verhältnis zur älteren Chronik fällt es auf, dass die jüngere niemals auf dieselbe Bezug nimmt und in einzelnen Punkten, namentlich in der Geschichte des Prozesses wegen des Flegelschen Grundstückes, mit ihr sogar in Widerspruch steht. Daher darf man vermuten, dass Johann Samuel das Werk seines Vetters gar nicht gekannt hat, eine Annahme, die aber auch ihre Bedenken hat, weil beide Chronisten ja nach dem Wiedererwerb des Grätzer Hauses in diesem wohnten, sodass der jüngere doch nicht ohne Kenntnis der Lebensbeschreibung, die der ältere verfasste, bleiben konnte. Wahrscheinlich ist die ältere Chronik der Familie Flegel durch einen Zufall, vielleicht durch Verborgen, abhanden gekommen, sodass sie dem jüngeren Vetter, als er die seinige schrieb, nicht zur Hand war.

3. Roehls Chronik. Auch der Erbauer der evangelischen Kirche zu Grätz, Pastor Karl Gottfried Roehl, der von 1786 bis zu seinem 1816 erfolgten Tode hier wirkte, hat eine Chronik verfasst, die mit dem 17. Dezember 1775 beginnt und bis zum 17. Januar 1816 reicht. Sie umfasst auf mehr als 50 Folioseiten die Geschichte der Kirche seit 1775, enthält aber auch sonstige, wichtigere Ereignisse in Grätz oder in der Provinz, bringt daher auch Notizen über die Kriegszeit von 1806 ff., 1813 u.a.

Dieser Chronik ist die Übersetzung des Konsenses zum Bau der Kirche, des Prediger- und Schulhauses vom 8. November 1786, sowie die Abschrift des kirchlichen Konsenses vom 27. Januar 1776 vorausgeschickt. Jener ist vom General von Radonski in Grätz, dieser vom Fürsten Adam von Czartoryski in Warschau ausgestellt und unterschrieben. Auch diese Chronik befindet sich im Kirchenarchiv zu Grätz.

So verdienstvoll und zuverlässig dieselbe sonst ist, so ist die Darstellung der Zeit von Roehls Amtsantritt doch von einer starken Abneigung gegen die Flegelsche Partei, besonders den Pastor Calmann beeinflusst, sodass sie nicht als unparteiisch gelten kann. Roehl und Flegel bildeten Gegensätze, die auch in den Chroniken ihren Ausdruck finden. Die ältere schweigt zwar von Roehl völlig, weil sie nur bis 1782 reicht, Roehl aber erst 1786 nach Grätz kam; um so mehr bringt die jüngere ihre Gegnerschaft gegen ihn zum Ausdruck, sodass wir in ihr und der Roehlschen Chronik Berichte entgegengesetzter Parteien haben.

Roehls Standpunkt begreift man aus seinem Charakter. Er verstand, Menschen und Umstände seinen Zwecken dienstbar zu machen und sah dabei über persönliche Gegensätze weg. So gewann er auch den alten Gegner der Evangelischen und Feind der Familie Flegel, den General Radonski, für den Kirchbau, und es bezeichnet seine Lebensauffassung und zugleich den Gegensatz seines Wesens zu Karl Flegel, dass er die Feindseligkeiten zwischen Radonski und der Flegelschen Partei mit dem Satze richtet: „Der Baum, der uns Schatten gibt, vor dem muss man sich beugen“. Er war eine glücklichere Natur als Flegel, wurde von ihm aber an geistiger Bedeutung überragt. Bei der Gegenpartei stand er in geringem Ansehen. Die jüngere Chronik nennt ihn (S.15) einen Mann von mittelmäßigen Kenntnissen, den seine Gemeinde Neustadt gern los sein wollte. Es scheint, als ob dies Urteil nicht ganz unbegründet war; wenigstens war seine Bildung gering, wie seine eigene Chronik beweist. Danach war er nicht einmal fähig, richtige deutsche Sätze zu bilden, und stand darin sogar hinter seinem Gegner, dem älteren Flegel zurück. Von seinen Kenntnissen im Lateinischen zeugen Schreibungen, wie vixirten Gehalt, ablausum = applausum (S.13), propria authoritate (10); von denen in der Zeitgeschichte die Bemerkungen, dass 1793 der General von Möllendorff auf Befehl Friedrichs II. in die Provinz Posen eingerückt sei. Da er nun von sich selber ein ziemlich hohe Meinung besaß, sodass er seine eigenen Verdienste und seine Predigereigenschaften (S.15) wiederholt hervorhebt, so machte ihn Radonskis Einfluss und sein eigenes gekränktes Selbstbewusstsein unfähig, der Flegelschen Partei Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen. Zuweilen vermögen wir die Unrichtigkeit seiner Angaben zu widerlegen. So behauptet er, dass bei der Übergabe der Rechnungen durch Calmann an seinen Nachfolger Hoenicka diese „nicht gut sowohl auf Seiten des Geistlichen als Kirchenältesten gewesen“ (S.11), während das Protokoll von 30. September 1782, das auch Hoenicka unterschrieben hat, ausdrücklich besagt: „In gleichen befand sich die Kirchenrechnung in gehöriger Ordnung nebst denen dazu bestimmten Belägen“.

Er behauptet weiterhin, dass die Kirchenvorsteher durch unnötige Reisen und Diäten die Kirchenkasse leer gemacht haben, während wir aus der jüngeren Chronik erfahren, dass die Kosten für die Reisen, welche zum Fürsten unternommen wurden, die Flegelsche Familie selber aufbrachte, und für eine so schwere Beschuldigung beruft er sich auf die „Aussage einiger Bürger“ (S.9). Auch die Zeitangaben über die vor seinem eigenen Amtsantritt fallenden Ereignisse sind, wie die ältere Flegelsche Chronik und das Rechnungsbuch beweisen, ungenau und unzuverlässig.

Somit ist Roehls Chronik für die Geschichte der Flegelschen Familie eine unlautere Quelle, soweit er nicht Selbsterlebtes erzählt.

Außer diesen drei Chroniken sind noch folgende handschriftliche Quellen benutzt.

4. Die beiden Rechnungsbücher. Im Archiv der Grätzer evangelischen Kirche sind zwei Rechnungsbücher erhalten, von denen das ältere 31 cm lang und 10 cm breit ist und einen Pergamenteinband hat, der mit einem lateinischen, schlecht lesbaren Text beschrieben ist. Es beginnt mit dem Jahre 1620 und reicht bis 1714. Das jüngere Rechnungsbuch ist weit dicker als das ältere, hat eine Länge von 32 ½ cm und eine Breite von 10 ½ cm, ist in Leder befunden und hat stärkere Deckel aus Holz. Es beginnt mit dem „unschuldigen Kindeltag“ 1707 d. i. dem 28. Dezember und reicht bis 1817. Die Berichte von 1707-1714 sind also in beiden Büchern überliefert.

Beide Rechnungsbücher enthalten in der Regel nichts Anderes, als die Rechnungsablegung für das verflossene Jahr, die um Weihnachten abgehalten wurde. Zuweilen stehen kurze Notizen über besondere Ereignisse, wie Pest, Kirchenvisitation u. a. dabei. Von 1775 bis 1787 ist eine große Lücke, da aus dieser Zeit keine Rechnungen vorhanden sind. Hinter dem Michaelisbericht von 1814 finden sich zwei Seiten mit Notizen über die Gemeinde und den Pfarrer Calmann vom 17. Dezember 1775 bis 15. September 1782, die wahrscheinlich von irgend einem der Pfarre nahestehenden Kirchenältesten eingetragen wurden und die einzigen Notizen im Rechenbuche aus der Calmannschen Zeit sind.

5. Protokoll der Lokalkommission vom 13. und 14. November 1775. Dasselbe ist abschriftlich in den Prozessakten der evangelischen Gemeinde zu Grätz von 1828 im Grätzer Kirchen-Archiv und in dem Königlichen Staats-Archiv zu Posen erhalten. Dagegen ist der Konsistorialkonsens von Lissa, der nach dem fürstlichen Konsens vom 27. Januar 1776, wie Roehl im Anfang seiner Chronik in Übereinstimmung mit der älteren Flegelschen Chronik (S.6) berichtet, der Gemeinde übergeben wurde, nicht mehr vorhanden und fehlte auch schon 1863, als Fischer seine Gedenkblätter (vgl. S.26) herausgab

6. Protokoll über das Kircheninventar, welches am 30. September 1782 bei der Übergabe desselben durch den Pastor Calmann an seinen Nachfolger, den Substituten Karl Franz Hoenicka, aufgenommen wurde. Es enthält nahezu drei Bogenseiten, befindet sich im Kirchenarchiv, ist von Hoenicka eigenhändig geschrieben und trägt außer seiner eigenen noch folgende 5 Unterschriften: Carl Jeremias Calmann, bisher gewesener Pastor der Evangl. Gemeinde in Grätz, Siegmund Gottlob Brummer, Johann Gottlieb Schön, Andreas Schönfeldt, Johann Christian Knoll. Fischer erwähnt es nicht.

Ein Fasanenhahn stirbt plötzlich vor Freuden

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Bornemann - 1843)
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Kaum glaubhaft wird ein solcher Sterbefall unter Fasanen erscheinen, die sonst eben nicht im zahlreichen Hühnergeschlecht, gleichviel ob ganz oder nur noch halb verwildert, zu den Klügsten gehören, noch viel weniger aber (menschlich ausgedrückt) eine Hinneigung zu sentimentaler Reizbarkeit sich abmerken lassen. Wohl möchte man es daher als etwas noch Neues unter der Sonne aussprechen können, wenn überraschende Freude den plötzlichen Tod eines alten Hahns herbeiführte.

Frage der Autoren an die Leser: hat jemand ein Bild des alten „Schlosses“ oder des im Artikel beschriebenen Schlossgartens mit dem Mühlbach ? Wenn wir Kopien von Bilder erhalten könnten würden wir uns sehr freuen ! – Bitte setzen Sie sich mit uns in Verbindung unter einer unserer E-Mail Adressen Vielen Dank

[1.259]

Fasanenpaar – (1)

In Hammer Borui, unweit Wollstein, im Herzogthum Posen, war es, woselbst ein solches Hinsterben vor Freuden sich begab.

Der dasige Amtmann B., ein ebenso praktischer Jäger und Forstmann, als Oekonom, suchte den, ohnehin schon reichen, Wildstand auch noch durch die Zuziehung von Fasanen zu veredeln und zu vermehren. Sehr geeignet zum ersten glücklichen Auf- und Fortkommen dieses zarten Geflügels erschien der geräumige Schlossgarten, in welchem die geschnizelte Gartenkunst aus dem Zeitalter Ludwigs XIV., in vielfältigen Taxusgängen, noch ungestört florierte, durchrieselt zugleich vom klarsten Mühlbach, wie die Fasanen es lieben. Die den Putern oder Hennen untergelegten Fasaneneier kamen vollständig aus. Und die Frau Amtmännin selbst nahm sich der Pflege der jungen Brut, oder fasanenmeisterlich zu reden, des jungen Aufzugs, sorgsam an. Siedelten auch nach und nach davon einige Flüchter in angrenzender Waldung zur Fortpflanzung auf eigene Hand sich an: so blieb doch immer der Hauptstamm im Schlossgarten heimisch und sammelte sich schnell auf den Lockruf zur täglichen Fütterung.

Dabei zeichnete ein stattlicher Hahn ganz besonders zutraulich sich aus. Stets als der Erste, eiligen Flugs oder Laufs, erschien er auf Ruf der Amtmännin, und säumte diese, die mitgeführte Speise zu verteilen, dann bepickte er, anfangs leise, dann stärker die Füße derselben, bis es geschehen.

Schwer erkrankt, blieb zwar nicht die tägliche Pflege, aber doch die, den Fasanen wohlbekannte Pflegerin aus. Endlich hergestellt und erkräftigt, den Schlossgarten wieder zu betreten, äußerte die Genesene: ob sie wohl meine Stimme noch kennen werden ? – Sie lockt, noch schwachen Lauts. Augenblicklich mit hellem Aufschreien, wie noch niemals geschehen, antwortet weit her der Hahn, und stürmt herbei. Er hörte die Stimme, er sah die lange vermisste, treue Pflegerin wieder, die er nun, wie vom Freudentaumel ergriffen, umhüpfte und bepickte. Dann, einen ganz eigenen Schrei ausstoßend, sprang er, wie zu einer Liebkosung, hoch auf gegen die, über dies Wiedererkennen selbst hocherfreute Frau und fiel – regungslos todt zu Boden. Ausgestopft, sich selbst ein Monument zärtlicher Anhänglichkeit, schmücket der Hahn jetzt das Hauptzimmer im Schlosse. Da man von Fasanen nur sagen kann, sie zeigen sich immerhin ebenso dummdreist, als dummscheu: so tut es wohl not, diesen naturgeschichtlich merkwürdigen Fall mit vollem Namen zu beglaubigen.

* * *

Quellen:

Kurzmeldung – Steckbrief Johann Gottfried Kirsch – 1828

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gemeinde Bahn 1828)
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[1.261]

Blick zur Gemeinde Banie dem früheren Bahn - Quelle: www.wittram-reisen.de

Im Amts-Blatt No. 18 von Stettin (zu finden unter: www.books.google.de) veröffentlicht am 03. Mai 1828 findet sich der Steckbrief den die Gemeinde Bahn per 23sten April 1828 aufgegeben hat, um des abgängigen Johann Gottfried Kirsch wieder habhaft zu werden.

* * *

Steckbrief des Johann Gottfried Kirsch

Der seit dem 31sten December v. J. sich arbeitslos umhertreibende Wind- und Wassermüllergesell Johann Gottfried Kirsch, hat der ihm unterm 3ten März c. hier ertheilten Weisung sich über Soldin, Landsberg, Schwerin nach Neutomischel, bei Vermeidung des Transports, zu begeben und sich bei der landräthlichen Behörde sofort zu melden, nach der heute eingegangenen Benachrichtigung nicht genügt, und setzt wahrscheinlich seine frühere vagabondirende Lebensart fort, welches Behufs der Vigilance hiermit bekannt gemacht wird.

Bahn, den 23sten April 1828 –  Königl. Polizei-Behörde.

Signalement

Geburtsort Neutomischel, Vaterland Großherzogthum Posen, Alter 34 Jahr, Größe 5 Fuß 2 Zoll, Haare braun, Stirn frei, Augenbrauen braun, Augen graublau, Nase und Mund proportionirt, Bart blond, Kinn rund, Gesicht oval, Gesichtsfarbe gesund, Statur mittel. Besondere Kennzeichen fehlen

Conrad Matschoss – Ein Leben für Technik und deren Geschichte

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Datenzusammenstellung durch Gudrun Tabbert)
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[1.262]

Conrad Matschoss - Quelle: http://www.vdi.de/43586.0.html

Conrad Matschoss wurde  am 09. Jun 1871 in Neutomischel, als Sohn des evangelisch-lutherischen Pastors Heinrich Hermann Matschoss und dessen Ehefrau Anna Maria Maennel, einer Tochter des dortigen Dampfmühlenbesitzers, geboren. Vielleicht war es gerade die Dampfmühle des Großvaters, sie galt als die zweitälteste der Provinz Posen, die das technische Interesse des Conrad Matschoss erweckte.

1890 schrieb er sich an der Technischen Hochschule in Hannover – Studienfach Maschinenbau – ein.

1901, er lehrte zu dieser Zeit in Köln, veröffentlichte er das Buch „Die Geschichte der Dampfmaschine“. Aufsehen erregte diese Veröffentlichung, da es zu dieser Zeit absolut ungewöhnlich war, das ein Ingenieur und kein Historiker sich dieser Thematik annahm. Er ist der Urheber der Idee, dass Technikgeschichte als ein eigenes Lehrfach begründet wurde. Conrad Matschoss erhielt nunmehr auch die Unterstützung des VDI – Verein Deutscher Ingenieure.

1908 erschien als eine der ersten Veröffentlichungen im Auftrag des VDI das Buch „Die Entwicklung der Dampfmaschine. Eine Geschichte der ortsfesten Dampfmaschine und der Lokomobile, der Schiffsmaschine und Lokomotive“. Die zwei Bände dieses Themas erhielten 38 Bildnisse auf Tafeln. Der Verleger der Bände war der Berliner Verlag von Julius Springer.

1909 nahm Conrad Matschoss seine Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule in Berlin auf. Er blieb annähernd 30 Jahre in diesem Lehramt.

1916 wurde er zum Direktor des VDI – „Verein Deutscher Ingenieure“ ernannt.

Während der Zeit des II. Weltkrieges ist das Verhalten des Conrad Matschoss umstritten. Er war Mitglied der NSDAP, er soll jedoch den Rassenwahn nicht geteilt und auch seine Bücher von den Ideologien der Partei freigehalten haben.

Er verstarb am 21. März 1942 in Berlin, seine Grabstelle findet sich auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf.

Der Conrad Matschoss Preis für Technikgeschichte, der vom VDI verliehen wird wurde erstmals wieder im Jahr 1956 und dann in den Jahren 1962 und 2006 wiederbelebt. Die Geld-Prämie dieser Auszeichnung würdigt Leistungen der historischen Analyse und Darstellung von Technik im Zusammenhang mit der Gesellschaft, der Umwelt und der Wissenschaft. Für das Jahr 2011 ist wieder eine Verleihung dieser Auszeichnung vorgesehen.

[1.263]

Matschoss - Geschichte der Dampfmaschine / Quelle: 1)

[1.264]

Matschoss - Die Entwicklung der Dampfmaschine / Quelle: 2)

[1.265]

Matschoss - Buchdeckel: Technische Kulturdenkmale / Quelle: 1)

 

Eine Auswahl seiner Publikation ist:

Quellennachweis:


Die Synagoge zu Neutomysl

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Juden | Kommentare sind deaktiviert
[1.270]

Synagoge zu Neutomysl - 1939 (4) Privatphoto J. Saegenschnitter Aufnahme aus dem Jahr 1939 – zur Veröffentlichung erhalten von Herrn Arno Kraft Berlin

Wir haben schon lange vorgehabt auch endlich neben den schon veröffentlichten Beiträgen über die evangelische, die katholische und die evangelisch-lutherische Kirche etwas über die Synagoge der Stadt Neutomischel zu schreiben.

Nur, wir haben sehr wenig in Erfahrung bringen können; dieses wenige ist es aber trotzdem wert nun hier zu erscheinen – vielleicht ergeben sich aus dieser Veröffentlichung Informationen, die Sie uns als unsere Leser zur Verfügung stellen, so dass wir das Bild der jüdischen Gemeinde in Neutomischel vervollständigen können.

* * *

Die Synagoge zu Neutomischel wurde am 17. Kislaw 5622 (20. November 1861) eingeweiht. Dr. A Cassel, Rabbiner zu Schwerin an der Warthe hielt die Rede zu diesem festlichen Ereignis (1)

Noch 1834, wenn wir den jährlich zu erstattenden Hauptverwaltungsbericht (2) des Bürgermeisters Hoffmann an die preußische Regierung korrekt interpretieren, waren keine Einwohner jüdischen Glaubens in der Stadt. Zu wann genau eine Ansiedlung dieser dann tatsächlich geschah ist nicht eindeutig – es müsste aber in den Jahren zwischen 1834 und 1842 gewesen sein.

1845 wurde erstmalig das 3 Jahre alte (erbaut ca. 1842) Badehaus des Kaufmanns Schmerel Basch in der Goldstraße No. 17 C erwähnt. Es war ein Hinterhofbau auf dem direkt unter No. 17 A an der Goldstraße liegenden Grundstück und dem darauf befindlichen Wohnhaus des Andreas Brunsch (3). Ob es tatsächlich ein „Mikwe“, also ein rituelles jüdisches Tauchbad war, ist nicht bekannt.

12 Fuß lang, 7 Fuß breit und 4 Fuß hoch (1F/0,35m = 4,20×2,45×1,40m). Ein Gebäude errichtet aus Bohlen mit Bretterfußboden und einem Schindeldach; 1 Tür und 1 Fenster in 1 Badestube mit einer Grundfläche von ca. 10 Quadratmetern. Ein unter dem Minimalwert von Rthlr. 25 durch die Feuerversicherung eingestufter Bau. (3)

Die Familie Basch baute sich ab diesem Zeitpunkt ihre Existenz in Neutomischel auf. Leider war nicht in Erfahrung zu bringen, wie alt sie waren als sie beschlossen sich in der Stadt anzusiedeln. Schmerel Basch verstarb vermutlich zu 1860.

In diesem Jahr, 1860, wurden alle nunmehr auf dem Grundstück No. 17 im Besitz der Familie Basch befindlich stehenden Gebäude, wie das Wohnhaus (erbaut ca. 1800) mit Anbau (erbaut 1853), das 1846 errichtete Färbereigebäude, welches 1853 in ein Wohngebäude umgebaut worden war, ein Stall (genauso alt wie das Wohnhaus und um 1800 errichtet) und ein Wirtschaftsgebäude (aus dem Jahr 1854) auf die Witwe Rosa Basch übertragen.

In Verbindung mit der Synagoge wird ab und an erwähnt, dass das Grundstück auf dem die Synagoge 1861 neu erbaut wurde von Itzig Basch gestiftet worden war. Er könnte ein Sohn von  Schmerel und Rosa Basch oder zumindest ein Verwandter der Familie gewesen sein.  Diese Stiftung des Grundstückes könnte im Gedenken an seinen verstorbenen Vater bzw. Angehörigen vorgenommen worden sein.

Aus der 1863 erstellten Gebäudebeschreibung für das Grundstück No. 96 – Synagoge der jüdischen Gemeinde zu Neutomysl – ist zu erfahren,

Hinsichtlich der aufzubringenden Bausumme hatte die jüdische Gemeinde von Neutomischel eine größere Spende des Joseph Jacob Flatau (http://oledry.pl/de/preusens-hopfenkonig-joseph-jacob-flatau/) erhalten. Der Betrag muss recht beachtlich gewesen sein, da diesem die eingangs erwähnte Einweihungsrede zum Gedenken gewidmet wurde.

Über die Ausstattung wird nichts weiter geschrieben, außer dass diese nicht mit versichert wurde. Allerdings soll sich noch heute erkennbar im Inneren des Gebäudes an der Ostwand, der Wand von Jerusalem, die Einbuchtung befinden, in der der Altar Schrank oder eine Holzkiste zur Aufbewahrung der Thora Schriftrollen eingelassen gewesen war.

Die jüdischen Bewohner der Stadt wurden im Zuge des Nationalsozialismus deportiert, die Gemeinde zerschlagen, das Gebäude zerstört bzw. dessen Ruinenreste umfunktioniert. Das Wissen um die Geschichte wurde verdrängt und geriet in Vergessenheit . . .

Quellen:
(1) „Die Bestimmung des Gotteshauses – Rede, bei der Einweihung der neuen Synagoge zu Neutomysl den 17. Kislaw 5622“, gehalten von Dr. A. Cassel  Rabbiner zu Schwerin a. W.
Auf Veranlassung des Synagogenbau-Comites für einen wohlhältigen Zweck in Druck gegeben – verwahrt in >The National Library of Israel Jerusalem,Israel<  http://www.huji.ac.il/huji/eng/index_e.htm [1.271]
(2)  Archiwum Państwowe w Poznaniu – Dokumentacja aktowa – Aus dem Bestand: Akta miasta Nowy Tomyśl 53/4385/0/1.1/6 [1.191]
(3) Archiwum Państwowe w Poznaniu – Dokumentacja aktowa Aus dem Bestand: Akta miasta Nowy Tomyśl 53/4385/0/1.1/2 [1.272]
(4) Synagoge zu Neutomysl – Privatphoto J. Saegenschnitter + Aufnahme aus dem Jahr 1939 – zur Veröffentlichung erhalten von Herrn Arno Kraft Berlin

Ernst Tepper Stiftung – zugunsten der Wasch- und Reinemachefrauen, dem Kinderfest und letztlich der Stadtentwicklung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[775]

Blick in die Hinterstrasse, der späteren Lange Strasse - Bild aus dem Maennel Archiv

Neutomischel, den 30. August 1915

In der Ernst Tepper’schen Testamentssache übersenden wir dem Magistrat auszugsweise Abschrift des Testaments vom 20. August 1913 nebst Abschrift des Schreibens vom 20. August 1913 gerichtet an die Commune Neutomischel. Seitens des g. Tepper ist zum Testamentsvollstrecker der Kaufmann Otto Tepper aus Neutomischel ernannt.

Gez. Jagemann

Im Archiwum Państwowe w Poznaniu -(Staatsarchiv Posen) – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl – Ernst Tipper- Stiftung [1.273]befindet sich ein Aktendeckel mit der Aufschrift ERNST TEPPER STIFTUNG, der unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Eines der ersten Dokumente beginnt mit vorgenannten Text. In und um Neutomysl waren die „Tepper“ Familien zahlreich. Angehörige dieser Familien waren in allen Ständen zu finden, gleich ob als Schäfer, Eigenthümer also Landwirte, Hausbesitzer, oder auch als Tagelöhner. In den Anfängen der Stadt Neutomysl waren sie vornehmlich die Windmüller, welches bedeutet, dass sie als einflußreiche Bewohner galten. Auch war hier wieder zu finden, dass Geld mit bzw. gegen Grundbuchabsicherung verliehen wurde. Vermögende Einwohner übernahmen somit indirekt das erst später entstehende Bankwesen. Ernst Johann Friedrich Tepper, geboren am 08. September 1838 in Neutomysl als Sohn des Bürgers und Müllermeisters Johann Christian Tepper und dessen Ehefrau Johanna Carolina Juliana Schröter, er verstarb somit im Alter von fast 77 Jahren, machte diesbezüglich keine Ausnahme.

Nachstehend also in Auszügen, was weiter seit vielen Jahren ungelesen in diesem Aktendeckel vergessen war:

* * *

Auszugsweise Abschrift – Eröffnet den 30. August 1915 Gez. Jagemann – Gerichtsassessor

Neutomischel den 20ten August 1913

Es ist mein ernster Wille hiermit mein Testament niederzuschreiben.

Ich habe eine einzige Tochter die verehelichte Margarethe Knobel als einzige Erbin (diese hat 2 Söhne) sonst habe ich weiter keine Erben; da die Margarethe Knobel eine schwächliche Person ist und in den letzten Jahren öfter leidend ist, so fühle ich mich genötigt über meinen Nachlass wie folgt zu verfügen

  1. der hiesigen Kommune „Stadt Neutomischel“ vermache ich 20.000 Mark (in Worten: zwanzigtausend Mark) in Hypotheken, über die Verwendung folgt beiliegendes Anschreiben an den Magistrat
  2. bis 4 pp

Gez. Ernst Tepper – Rentier & Stadtältester

Abschrift eröffnet am 30. August 1915 – Gez. Jagemann – Gerichtsassessor

 

Neutomischel den 20ten August 1913

An

die Commune Neutomischel

[884]

Blick in die Hinterstrasse, der späteren Lange Strasse - Postkarte aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

durch meinen Testamentsvollstrecker Kaufmann Otto Tepper hier, überweise ich der Commune Neutomischel 20.000 Mark (mit Worten zwanzigtausend Mark) in Hypotheken, um deren Annahme ich dem Magistrat durch dieses Anschreiben höflichst ersuche, die Zinsen bitte ich wie folgt zu verwenden

Ad 1) 300 Mark Zinsen sollen alljährlich an 20 Waschfrauen und Reinemacherfrauen (an denen es immer fehlt) die langjährig am Orte sind oder wohnen ohne Unterschied der Confession an ordentliche fleißige tätige und willige Frauen (nicht die verschämten) am 7ten Juni (Sterbetag meiner Frau) jeden Jahres mit je 15 Mark verteilt werden, diese sollen alljährlich durch das Kreisblatt aufgefordert werden sich zu dem Tepper’schen Legat zu melden, sollten sich zu wenig melden, oder es nicht wissen, dann bitte durch Umfragen die Zahl zu ermitteln. Sollten weniger Zinsen eingehen, oder weniger bedürftige da sein, dann bitte die Zahl zu reduzieren, in anderem Falle die übrigen Zinsen zu 3 zu stellen, sollten sich mehr Frauen melden, dann müssen die bedürftigsten und geeigneten, die aus keiner Kasse Unterstützung beziehen, herausgesucht werden, und die weniger bedürftigen im nächsten Jahre berücksichtigt werden.

Ad 2) bis 150 Mark bestimme ich alljährlich für das Kinderfest der hiesigen Stadtschulkinder zu verwenden

Ad 3) Die übrigen Zinsen 450-500 Mark je nach dem Zinsfuß sollen verwandt werden zur Anlegung von Wegen, Straßen, Promenaden, Zugängen, Verbindungen etc. an dem nördlichen und nordöstlichem Teil der Stadt, der sogenannten Fiege’schen und Röhl’schen Gärten, die schon Baustellen bilden und wo Verbindungen mit der Langen Straße herzustellen sind, das sind die Teile, die bisher von der Stadtverwaltung vernachlässigt werden und worden sind, ich bitte sehr darum, dass dieser Teil erschlossen wird.

Sollten die Zinsen mal nicht gebraucht werden, so bitte selbige zu sammeln (zinsbar anlegen) damit dann mal was ordentliches geschaffen werden kann, aber nicht mit dem Verschönerungs-Verein verschmelzen, oder mit irgendeinem anderen Verein, sondern hier verbleiben der Stadt.

Über diese Ernst Tepper’sche Stiftung bitte ich besonders Rechnung zu führen, nicht mit den anderen Legaten zu vermischen, auch bitte ich die Stadt-Verwaltung zu sorgen, dass die Gelder sicher angelegt und auch erhalten werden und zum Andenken des Stifters eine neue Straße oder Weg oder Promenade mit meinem Namen zu versehen, und nach Eröffnung des Testaments, dasselbe in Kürze bekannt zu machen.

Als Gegenleistung würde ich von der Stadt erbitten, für meine Ruhestätte 6 Gräber zu sorgen und es zu pflegen, wenn der Fall eintritt, da meine Familie klein ist und meine einzige Tochter schwächlich und leidend, so kann der Fall früher eintreten als man glaubt, meine beiden Enkelsöhne werden wahrscheinlich nicht am Orte bleiben, dann bitte ich die Stadtverwaltung, die Pflege meiner Ruhestätte zu übernehmen.

Zur Ausführung dieser 3 Punkte bestimme ich den Magistrat

gez. Ernst Tepper – Rentier & Stadtältester

Die Hypotheken waren:

Somit erwirtschafte die Tepper Stiftung total   537,77 Mark zzgl. der noch im Jahr 1916 bis zum Jahresende erwarteten einkommenden Zinsen  = 462,35 Mark welches eine Gesamteinnahme von Total  1.000,00 Mark ergab.

Nach Abzug der Legate für die Waschfrauen und das Kinderfest verblieben somit die geschätzten 500,00 Mark; es gab sogar einen Überschuss,  für die Stadtinvestitionen.

Gefunden wurde dann noch ein Dokument mit welchem der Magistrat eine Art Konto der Stiftung eröffnete. Der separaten Buchführung wurde also gemäß Testament entsprochen. Ob aber der eingetragene Verwendungszweck „… zur Verwendung wohltätiger und gemeinnütziger Zwecke…“ wirklich vorgenommen wurde und dann dem entsprach was sich der Ernst Tepper vorgestellt hatte, bleibt dahin gestellt.

Was aus den Grabstätten geworden ist ? Es war nicht in Erfahrung zu bringen – ein Friedhof der ehemaligen evangelischen oder auch evangelisch-lutherischen Bewohner der Stadt ist nicht mehr vorhanden. Auch wurden bis heute keine Bilder oder ähnliches gefunden oder als aufzuarbeitendes Material eingesandt.

Eine Ernst Tepper Straße oder ein Ernst Tepper Weg, wir haben niemanden gefunden, der sich an eine solche bzw. an einen solchen erinnert. Dieser Wunsch blieb vermutlich unerfüllt.

Ob wirklich der nördliche und nordöstliche Stadtteil mit den Stiftungsgeldern erschlossen wurde? Diese Frage zu beantworten war uns bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht möglich.

Die Holzkirche zu LOMNICA

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Alexander Schmidt-Klahr / 2011)
am in Bez kategorii,Lomnitz | Kommentare sind deaktiviert
[1.274]

Holzkirche zu Lomnitz / Lomnica

Bei meinen Besuchen in Nowy Dwor 1987 und 1994 und auch später noch einmal, habe ich  auch das ehemalige LOMNITZ, das heutige LOMNICA , mit eingeschlossen, da es in früheren Erzählungen der Familie immer wieder auftauchte – weniger wegen der mir scheinenden Besonderheit, die dieser Ort ausstrahlt, allem voran die kleine Kirche – als vielmehr  wegen der über Generationen anhaltende Beziehungen der jeweiligen Besitzer beider Güter. Dabei hat sich mir erst erschlossen welches „Kleinod“  sich dort verbirgt.

Für die, die diesen Ort nicht kennen, aber auch für die, die ihn kennen, oder eventuell kennenlernen möchten – egal, wie auch immer; wer Freude hat, etwas zu entdecken, was Generationen über all die turbulenten Zeiten gerettet haben, was jetzt 2011 restauriert wird und nun für weitere, zukünftige Generationen erst einmal gesichert zu sein scheint – der kann mit folgendem Bericht an meinen Eindrücken und Gedanken und der Beschreibung teilhaben.

Zudem wurde alles wieder in Erinnerung gerufen durch die Fotos, die mir die Autoren dieser Seite haben zukommen lassen und somit danke ich ihnen, denn sonst hätte es wohl noch eine Zeit gedauert, bis dieser Text zustande gekommen wäre – die Fotos haben vieles vergegenwärtigt.

* * *

Im Gegensatz zu WEIDENVORWERK  existiert fast alles noch in LOMNITZ  und man kann sich ein gutes Bild machen, von einer außergewöhnlichen barocken Anlage, einer Gesamtkomposition, die in ihre Art der ländlichen Umsetzung ihres Gleichen sucht.  Aber auch teilweise langsames Sterben lässt sich hier nicht verleugnen, denn das ehemalige Herrenhaus dämmert dem Verfall entgegen und in die neue Zeit hat man nur das hinüber genommen, was den Verhältnissen angemessen zu sein schien. Die kleine Kirche ist hier natürlich an erster Stelle zu nennen – ihr hat der Sozialismus wenig anhaben können, im Gegenteil, sie ist und war auch schon bei meinem ersten Besuch 1987 in sehr  gepflegtem Zustand und schon beim Näherkommen dieses kleinen <Landgutes mitten im Walde>, zeigt sie sich zur rechten Seite.

Sie ist aus Holz, dem Material, was die Umgegend zur Genüge hergibt. Fast gleich schenklich in Kreuzform, als kleiner Zentralbau konzipiert, wie so viele Kirchen des christlichen Ostens, also die Form des griechischen Kreuzes aufnehmend und, um bei der Größe ein bisschen mehr Raum zu schaffen, verbinden vorgezogene, schräggestellte Wandflächen mit jeweils einem Fenster die symbolischen Kreuzbalken und erweitern somit den Zentralraum in ein Oktogonal. Eine Kuppel schließt dieses Zentrum ab und eine sogenannte Laterne mit Wetterfahne bekrönt das Ganze.

Welch ein Ort der Zuflucht, inmitten von Wälder, errichtet zu einer Zeit wo Bären und Wölfe den Menschen hier noch zu schaffen machten und man sich schon fast in einer Einöde befand, sieben Kilometer entfernt von Bentschen im Lomnitzer Forst.

Die gleiche Zaunanlage wie beim Herrenhof gegenüber auch hier, sich vom öffentlichen Weg ein wenig abzugrenzen. Nun werde ich mir das alles mal näher anschauen, zumal es scheint, dass die Kirche offen ist. Rechts und links vom kurzen Weg , zwei Heilige auf weißgestrichenen, gemauerten Postamenten, die einen schon ein wenig einstimmen, auf das, was noch kommen soll. Der Eingang der kleinen Kirche ist auch hier, wie so oft im Osten anzutreffen, mit einer Laube versehen. Mehr Stämme als Säulen tragen den oberen Bereich, der in einem Schweifgiebel endet, ähnlich dem des Herrenhauses, wie ich später feststelle. Außen schlicht in der Erscheinung, einfach verschalt mit Brettern, dunkel gestrichen. Nur die weißen Fenster und der ebenfalls weiß hervorgehobene Volutengiebel  setzen Akzente und gliedern die Flächen.

[1.275]

Hauptaltar

Aber umso mehr ist man  überwältigt  beim Eintreten: welch <barockes Feuerwerk>, welch eine Pracht empfängt einen, welch ein Gegensatz zu vorher – eine fast schon theatralische Steigerung, wie nur der Barock und dann besser noch das Rokoko Meister der Innenraumgestaltung waren. Man kann ja darüber denken, wie man will, es mag gefallen oder nicht, weil man den  Zeitgeist nicht mehr empfangen mag – aber eines kann man diesem Zeitalter nicht absprechen: einen gestalterischen Ideenreichtum und ein handwerkliches Können und wo das Genie ein wenig hintenan bleibt, zeigt sich doch immer noch die Liebe zum Detail bei der Ausführung.

Es ist der Altar, überreich in seiner Form, fast schon die Dimensionen sprengend, der beim Eintreten alles Drumherum erst einmal in den Schatten stellt, gerade, weil die Kirche nicht so groß ist und man gar nicht die Möglichkeit hat sich ihm gebührend zu nähern – er nimmt einen förmlich ein!  Man muss sich erst mal setzen und etwas sammeln. Eine richtige Komposition bedeckt die Wand. Das Zentrum mit dem Altarbild, mehr der Architektur entlehnt, als dem freien Spiel der Formen, zeigt großflächig vielleicht den Patron der Kirche, vielleicht auch einen weltlichen Heiligen. Die Attribute lassen für den Nichteingeweihten einige Deutungen zu, aber das Bild ist teilweise verdeckt durch den Hostienschrein, der so platziert ist, dass er einen Freiraum nach hinten lässt, damit man um ihn herumgehen kann, um sich ganz der <Devotion> dieses Heiligen zu widmen, in einem kleinen abgeschlossenen Bereich, abgetrennt vom Rest der Gemeinde.

Der Hostienschrein zeig das Bild des <Ecce Homo> und ein kleineres, längsovales, den Rahmen des Altarbildes krönenden anderen Bildes, Maria und den Christusknaben – ganz im traditionellen, ikonographischen Sinne. Überreiches Schnitzwerk, ausladend zu beiden Seiten und nach oben, steigert nochmal die Wirkung.

Zwei große, geschnitzte Heiligenfiguren, rechts und links platziert, vervollständigen und schließen diese Altarkomposition ab. Der Rest löst sich in unbändigem <Rocailleschnitzwerk> förmlich auf. Zwei Engel, auf den vorgezogenen Säulen, die den Eingang des hinteren Bereiches des Altars markieren, weisen sozusagen beschwingt auf die <Glorie des Himmelreiches> und im Zentrum Oben in der Mitte, sieht man noch eine Muschel – die Jakobsmuschel, oder ist es die <Venusmuschel> ? Man weiß eben die Symbolik umzudeuten, postum dem heiligen Jacob zu zudenken und wer sie, diese Muschel, vom  Pilgerweg mit nach Hause brachte, dem sicherte sie Ansehen – so sagt man wenigstens! Nun, wie dem auch sei, interessant ist sie schon, diese symbolische Sprache durch die auch die Figuren mit ihren Attributen zu uns sprechen.

Denn rechts vom Altar hält der Heilige in seiner Hand einen großen Grillrost und präsentiert sich somit schon mal in dieser abgelegenen Wildnis, als nicht ganz Unbekannter! Denn über das Martyrium des HEILIGEN LAURENTIUS weinte schon der Himmel die <Laurentiustränen>, in Form der Sternschnuppen im August und der Laurentiussegen ist im Volksmund gegen Brand und Brandwunden. LAURENTIUS wird an den Galgen gebunden und mit der Fackel gebrannt, oder mit dem Haken gegeißelt und auf dem Grill geröstet – selbst das ESCORIAL weißt diese Grillform in seinem Grundriss auf und in Deutschland wird ihm der Sieg über die Ungarn auf dem berühmten Lechfeld zugeschrieben! Alles, was mit Feuer zu tun hat, das ist seine Domäne, bis hin der <armen Seelen>, die im Fegefeuer schmoren!

[1.276]

Seitenaltar

Das Pendant, der Heilige auf der linken Seite, auch überwiegend in Weiß und Gold gefasst, ist fast noch expressiver in seiner Botschaft, denn zu seinem Sockel windet sich förmlich eine weitere Figur. Sie zeigt, hier wird etwas <unter den Füssen gehalten>, wohl die Gewalt und das Böse bändigend. Vieleicht ist es den HEILIGE CYRIAKUS, der den Teufel im Zaume hält? Eine Kette fehlt, aber die Handhaltung ließe durchaus so etwas zu!  Wer weiß – und wer kennt sich schon aus bei all diesen Heiligen, zumal als Protestant, aber den Gedanken ist Raum gelassen und überhaupt besticht die ganze Ausführung in seiner Feinheit.  Wahrscheinlich ist der Altar nicht vor Ort entstanden, ebenso wie die beiden Seitenaltäre, denn diese Einzigartigkeit der Schnitzereien steht schon ein wenig im Gegensatz zu dem sonst etwas <rustikalen>Kirchenraum, der mit Brettern verkleidet und in lichtem blaugrau gestrichen ist. Zudem hat man im Tambour, im Unterbau der Kuppel, direkt auf diese Holzflächen gemalt, ohne sich um die Schwundmaße des Holzes zu kümmern! Fein zeichnet sich Brett für Brett ab, was aber dem Ausdruck der Beschwingtheit der Malerei keinen Abbruch tut! Im Gegenteil, hier hat einer von den vielen, mit Talenten gesegneten, der seine Fähigkeiten nie zur Perfektion ausgearbeitet hat, mit Hingabe und Liebe die Flächen gestaltet.

Die oktogonale Kuppel zeigt abwechselnd religiöse und dekorative Elemente, kleine Putten, die lachend auf Sockeln sitzen, Blumen in der einen Hand halten und, um der Feierlichkeit des Ortes gerecht zu werden, in der anderen Hand natürlich religiös-symbolische Attribute, kleine Palmenwedel und Olivenzweige. Das Ganze ist mit gemalten Voluten in einem Rahmen gefasst, der sich schwungvoll auch im Oberlicht fortsetzt. Die anderen alternierenden Flächen ohne Fenster des <Tambours> sind alle mit einem architektonisch gemalten Triumphbogen eingefasst, durch dem man durchblickt auf die jeweilig dargestellten Szenen. Flach und ohne Perspektive, auch hier wieder der HEILIGE LAURENTIUS, ostentativ sein Grillrost zeigend! Ein anderes Motiv ist <Die Verkündigung Marias>, in derb-barocker, bäuerlicher Form, breitbeinig sitzend, so als schäle sie Kartoffeln, schräg zur Seite blickend, bei der Arbeit gestört! Aber all diese künstlerischen und handwerklichen Gegensätze fügen sich so harmonisch zu einen ungewohnten Zusammenspiel und man ist wirklich fasziniert von der Ausdruckskraft, mit der hier jeder Künstler gearbeitet hat, ganz individuell und seinem Geist verpflichtet.

Und so klein der Raum auch ist, es gibt doch so viel zu gucken, das Auge wird gar nicht mehr satt – man versteht eben im Barock zu beindrucken! Mit einem Altar ist noch nicht genüge getan, nein, es gibt noch zwei weitere Altäre, rechts und links an der Wand, der Gemeinde zugewandt, so dass man alle Altäre von den Sitzbänken aus gut sehen kann. Im Stil sind sie gleich, Predelle, Altaraufsatz mit Bild und üppigstes Rokokoschnitzwerk mit Vorsprüngen, die auch wiederum je zwei Gold gefasste, weltliche Heilige tragen und in der typische Asymmetrie dieses Stiles, rechts mit einem Engelskopf und links mit einer Urne endend, Weiß und Gold gefasst auch hier der Rest.

[1.277]

Grabplatte Familie Opitz

Das jeweilige Bild ist wiederum mit einem Rahmen versehen und auch hier nun wieder die Frage: wen will man uns zeigen. Der rechte Nebenaltar mit einer Heiligen, wohl eine Märtyrerin mit einen Kreuz und einem Buch in der Hand, das Blutopfer zollend, entsteigt sie einer Menschenmenge zu ihren Füßen, begleitet von Engeln und Engelsköpfen, schwebend dem Himmlischen entgegen. Und bei dem Reichtum der Heiligen, Seligen, Nothelfern, Fürbittern und was sonst noch die Katholische Kirche aufzubieten hat, wer soll es wissen. Und auch hier wieder: wer soll es wissen, wen man darstellt, als Lutheraner obendrein!  Aber der linke Nebenaltar mit seinem Bild  spricht schon eindeutiger – Pilgergewand, Wanderstab mit Kalebasse, das lässt sich eindeutig dem Jakobus zuordnen und sein anderes Attribut, die Jakobsmuschel, die hat man ja schon am Hauptaltar entdecken können!

Trotz alle Fülle und diesem intimen Charakter den dieser Sakralbau ausstahlt – eine Standuhr gibt es auch – bleibt trotzdem  noch ein Freiraum in der Mitte, der sternenförmig mit Bretterbohlen ausgelegt ist, eingefasst durch umlaufende, marmorierte Säulen, die den Kuppelaufbau tragen. Es ist auch noch Platz für einen Beichtstuhl und natürlich für die Gläubigen, die rechts und links vom Eingang in extra abgeteilten Bereichen Platz nehmen können. Unter dem Altarteppich, halb verdeckt schaut eine Grabplatte hervor, zeigt den  Platz, wo zwei von den  Besitzern ihre letzte Ruhestätte fanden, bevor man die monumentale Grablege im Park errichtete.

Und wirklich, eine Kuriosität entdecke ich noch, die gar nicht unbemerkt bleiben kann, denn sie hat die Größe einer Kinderwiege und so sieht sie eigentlich auch ein bisschen aus! Aber es ist ein Boot mit windgeblähtem Segel, der Bootskörper aus Planken zusammengesetzt, ganz wie ein richtiges Schiff, vergoldet obendrein. Und auch dafür hat sich noch einen Platz gefunden. Nun kenne ich derlei aus vielen Kirchen die in Küstennähe liegen, wo Seeleute nach wundervoller Rettung ihrem Gelübde entsprechend dem Herren ihr Weihgeschenk machten, aber im Binnenland sehe ich es hier zum ersten Mal. Aber der Bentschener See ist ja auch schon ein kleines Meer! Zumindest hat der Fischer sich hier bei seinem <ex voto> nun wirklich nicht lumpen lassen!

[1.278]

Bootsnachbildung

Man liegt nicht falsch, wenn man diese Kirche als ein Kleinod bezeichnet. Abseits von allem, versteckt, zeigt sie doch, mit welcher Hingabe man sie ausgestaltet hat – und eigentlich frage ich mich nun, warum mir meine Großtante nie davon erzählt hat?! Wieder draußen, gehe ich noch einmal um die Kirche herum, schaue mir den freistehenden Glockenturm an, der hinter Kirche steht und den man von vorne gar nicht bemerkt. Zwei kleine Glocken mit Rokokoornamenten ziert einem Schriftzug < Sali deo gloria. Me fecit Adam Huldt Posnania> und eine Jahreszahl  –  1770

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LOMNITZ/LOMNICA  gehörte seit 1712 den Garczynskis, und ein Edoardo Garczynski, scheint doch mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit der Schöpfer dieser ganzen Anlage mit Barockgarten, Herrenhaus, den kleinen Kavaliershäusern und eben dieser Holzkirche zu sein – alles ungefähr zur selben Zeit um 1770 bis 1771 entstanden.  Ein Obelisk im Garten von 1898, ist in Erinnerung und Dank, diesem Edoardo  gewidmet.

Die Familie Opitz, die seit wohl ca. 1830 den Garczynskis folgte war dann bis 1945 dort ansässig.

In Gedenken dieser Familie und vor allem der letzten Besitzerin Marika Schoepke, geb. Opitz ist dieser Auszug auch in Erinnerung gewidmet, denn diese Familie hat sich in Wertschätzung und Liebe der Pflege und Erhaltung dieses barocken Erbes dieses Garczynskis angenommen, ohne in einer größeren Form, im folgenden Jahrhundert, in die Substanz einzugreifen.

Alexander S.-Klahr

 

 

 

Dezember – Grudzień 2011

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert und Przemek Mierzejewski)
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[1.279]

Neuer Markt - Nowy Rynek - Plac Niepoldleglosci

Familie Schwartzkopff

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.280]

Emilie Schwartzkopff geb. Eschebach 1828-1877

[1.281]

Wilhelm Schwartzkopff 1821-1888

Im Wald von Rose ist noch heute die ehemalige Begräbnisstätte der Familie Schwartzkopff zu finden. Die Inschrift am Eingang lautet “ES IST NOCH EINE RUH VORHANDEN DEM VOLKE GOTTES”. Die einzige noch erhaltene Grabstafel ist die des Wilhelm Schwartzkopff geboren am 26 Juni 1890 und verstorben am 15 März 1893.* – So begann der im Januar 2011 veröffentlichte Artikel über das Erbbegräbnis der Familie Schwartzkopff (http://oledry.pl/de/schwartzkopff-erbbegrabnis-rittergut-rose-1914 [1.282])

Durch eine Mailzuschrift wurden wir  auf die 1930 veröffentlichte Stammtafel der Familie Schwartzkopff hingewiesen und in die Lage versetzt eine kleine Familienchronik der in unserem Gebiet ansässig gewesenen Familien zusammenzustellen.

Vielen Dank für diese Unterstützung!

* * *

Nachstehend nun die gekürzten Daten mit Bildern aus der Veröffentlichung „Stammtafel in Listenform des Geschlechts Schwartzkopff“ – erschienen 1930 in Leipzig

Karl Wilhelm Schwartzkopff  *02. Dezember1821 in Magdeburg.

Sein Lebenslauf wurde wie folgt beschrieben: Er machte seinen Abschluss an der Höheren Handelsschule im Jahr 1838. Anschließend absolvierte er eine kaufmännische und war 1842 als Prokurist in der „Magd.-Hamb.-Dampfschifffahrtsgesellschaft“ tätig. Später, das Jahr wird nicht erwähnt, war er in die väterlichen Holz- und Kohlenfirma „Schwartzkopff und Seyffert“ (Umfirmierung im Jahr 1849 in „Schwartzkopff & Co.“) beschäftigt. Er hatte für mehrere Jahre die Vertretung des Unternehmens in Polen inne gehabt.

Im Jahr 1849 ehelichte er in Roßlau die Johanna Emilie Eschebach. Sie war am 16 November 1828 in Roßlau als Tochter des Ratmanns und Holzhändlers Karl Friedrich Eschebach und seiner Ehefrau Louise Gebhardt geboren worden. Aus dieser Ehe entstammend, werden 9 Kinder genannt. Von diesen verstarben zwei bereits im Kindesalter.

1851 wurde Karl Wilhelm Schwartzkopff gemeinsam mit seinem Bruder Otto Mitinhaber des Unternehmens,

[1.283]

Gut Rose

Er erwarb, so die Chronik, 1852 das Rittergut Rose.

Mit dem Jahr 1872 war er dann der Alleininhaber des Betriebes. Fünf Jahre später, im Juli des Jahres 1877 trat sein Sohn Fritz als Teilhaber in das Familienunternehmen ein. Im November des gleichen Jahres verstirbt seine Ehefrau in Magdeburg.

Mit dem Februar 1878, schied Karl Wilhelm Schwartzkopff aus der Firma aus. Er zog sich auf das ihm gehörende Rittergut Rose bei Neutomischel zurück. 1883 siedelte er dann, nun endgültig als Privatmann, nach Berlin-Lichterfelde über, wo er am 08. Januar 1888 verstarb.

Während die drei ältesten Söhne in Magdeburg, Halle und in Berlin lebten, blieben die jüngeren vier Söhne aus der Ehe des Karl Wilhelm Schwartzkopff und der Johanna Emilie geborene Eschebach weiterhin in der Provinz.

Von Ihnen ist dann zu erfahren:

Walter Wilhelm, geb. 1855, von ihm ist nur geschrieben, dass er 1915 in Rose verstarb.

[1.284]

Kurt Schwartzkopff 1857-1924

Kurt Wilhelm, geb. 1857, hatte das Realgymnasium in Magdeburg absolviert, dann den Militärdienst und im Anschluss eine Ausbildung in der Landwirtschaft absolviert. In den Jahren 1881/82 besuchte er die Landwirtschaftliche Hochschule in Berlin, ehe er war 1883 der Verwalter des Gutes Rose geworden war.

1883 schloss er mit Sophie Mathilde Valeska, genannt Wally, Palme, geb. 1862 die Ehe. Sie war die Tochter des Kgl. Musikdirektors und Professors Rudolf Palme und dessen Ehefrau E. Marie Richter.

Aus dieser Ehe stammten die Kinder: Wilhelm Rudolf Ulrich, geb. 1885 auf Rose und Rudolf Wilhelm, geb. 1890 und verstorben 1893 auf Rose* (er ist das verstorbene Kind, dessen Grabplatte noch heute auf dem ehemaligen Erbbegräbnis der Familie Schwartzkopff in Rose erhalten ist). Wilhelm Rudolf Ulrich absolvierte das Gymnasium in Posen, 1904 legte er seine Reifeprüfung ab und absolvierte das Jura-Studium in Halle an der Saale, Göttingen und Bonn.1908 legte er die erste juristische Staatsprüfung in Köln ab, war dann als Gerichtsreferendar tätig. 1908/09 leistete er seinen Militärdienst in Züllichau ab. 1910 trat er in die Staatsverwaltung über und wurde Regierungsreferendar in Posen. Nach seiner Verwaltertätigkeit 1919/21 auf Gut Rose wurde er 1922 Mitinhaber der Weingroßhandlung „J.F. Rauch“ in Berlin, nach der Umwandlung des Unternehmens in eine AG verblieb er als Direktor im Unternehmen.

Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1888 war Kurt Wilhelm zum Besitzer des Anwesens Gut Rose geworden.

1911 erhielt er den Titel eines Kgl. Ökonomierates. In den Jahren 1919/21 beschäftigte er seinen Sohn als Verwalter des Rittergutes..

Es heißt, dass 1921 wegen der polnischen Schikanen der Verkauf des Gutes Rose erfolgte. Kurt Wilhelm Schwartzkopff war ab diesem Zeitpunkt als Privatmann in Freienwalde ansässig.

[1.285]

Philipp Schwartzkopff 1858-1914

Philipp Wilhelm, geb. 1858, legte 1876 die Reifeprüfung des Besuchs des Klostergymnasiums in Magdeburg ab. Er absolvierte das Studium zum Juristen in Leipzig und Halle, 1879 legte der die juristische Staatsprüfung in Naumburg ab. In demselben Jahr war er als Gerichtsreferent tätig. 1879/80 leistete er den Militärdienst ab.1883 trat er zur allgemeinen Staatsverwaltung über, dann war er als Regierungsreferendar in Magdeburg tätig. 1885 bestand er das zweite juristische Staatsexamen. Es folgten Tätigkeiten als Regierungsassessor in Düsseldorf, 1887 als Hilfsarbeiter im Ministerium für geistliche Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten in Berlin, 1891 als Regierungsrat und 1895 wurde er Geheimer Regierungsrat und vortr. Rat in der geistl. Abt. 1898 arbeitete er die Pfarrbesoldungsgesetzte für Preußen aus, wofür ihm der  Ehren-Titel des D. theol. h.c. der Universität Marburg verliehen wurde. 1899 wurde er Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat, Direktor der geistl. Abt. und als solcher mit der Leitung der Kunstangelegenheiten betraut. 1902 war er als Direktor der Abtl. für das Volksschulwesen tätig und für die Bearbeitung des Volksschulunterhaltungsgesetzes vom 28. VII. 1906 verantwortlich. Für diese Tätigkeit wurde ihm der Stern und der Brill. zum Kronen-Ord. II verliehen. Weiterhin war er für die Neuordnung des Mädchenschulwesens und die Durchbringung des Volksschullehrer-Besoldungsgesetzes vom 26. V.1909 zuständig. 1909 wurde ihm dann der Titel Wirklicher Geheimer Rat mit dem Prädikat „Exzellenz“ zuteil. 1910 folgte dann die Tätigkeit als Unterstaatssekretär im Kultusministerium, im selben Jahr erhielt er den Ehren-Titels des Dr. jur. h.c. der Universität Berlin verliehen. 1911 schließlich war er als Oberpräsident der Provinz Posen eingesetzt. 1913 bekleidete er den Rang des Major d. R., war Ritter hoher Orden, u. a. des Kronen Ord. I mit Brill und des russ. St. Annen Ord. I.

[1.286]

Heinrich Schwartzkopff 1862-x

Heinrich Wilhelm, geb. 1862,  hatte ebenfalls das Klostergymnasium Magdeburg absolviert. 1878 machte er seinen Abschluss und erlernte die Landwirtschaft. 1884/85 absolvierte er seinen Militärdienst und bekam 1887 den Rang eines Leutnants d. R. 1886/88 besuchte er die Landwirtschaftliche Hochschule in Berlin und Halle, 1888/89 war er auf Farmen in England und Amerika tätig, 1890 unternahm er eine Orientreise.

[1.287]

Gut Zborowo

Gemeinsam erwarben die Brüder Philipp Wilhelm und  Heinrich Wilhelm, im Juli 1891 das Rittergut Zborowo mit Zborowko.

Heinrich Wilhelm schloss 1892 die Ehe mit Elisabeth Berta Richter. Sie war 1806 in Gemünd als Tochter des in Bonn tätigen Pfarrers Johannes Paul Richter und seiner Ehefrau Berta Cornelie Hardt geboren worden. Aus dieser Ehe stammen die in Zborowo geborenen Kinder Dorothea Elisabeth, geb. 1893; Reinhard Johann, geb. 1895; Joachim Friedrich, geb. 1897; Hildegard Luise Adelheid, geb. 1902.

Philipp Wilhelm Schwartzkopff verstarb 1914 bei einem Jagdbesuch  beim Grafen Ignaz Mielzynski und hinterließ keine Nachkommen. Es heißt, in der Familienchronik, dass sein Bruder Heinrich Wilhelm Schwartzkopff das Gut Zborowo mit Zborowko 1922 verkaufte und aus dem Erlös im selben Jahr das Rittergut Brune Krs. Kreuzburg in Oberschlesien erwarb.

Die Familie Schwartzkopff war nach dieser Chronik von 1852-1921 im Besitz des Gutes Rose mit Dorf Rose und von 1891-1922 im Besitz des Gutes Zborowo mit Zborowko.

* * *

Nicht unerwähnt möchten wir an dieser Stelle lassen, dass das Gut Zborowo an Zofia Dabrowska verkauft wurde. Sie baute das durch die Kriegsjahre ruinierte Anwesen, zu einem „blühenden“ Gutsbetrieb auf. Näheres mit Abbildungen hierzu ist zu finden im „Gold Book of Polisch Agriculturists“ aus dem Jahre 1929; veröffentlicht über Großpolnische Digitale Bibliothek unter http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/docmetadata?id=9588&from=&dirids=1&ver_id=&lp=5&QI=

 

[1.288]

Gold Book -4-

[1.289]

Gold Book -3-

[1.290]

Gold Book -2-

[1.291]

Gold Book -1-

 

Zwei interessante Baeume der Provinz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Kube, Paul - Lehrer zu Parkowo (1911))
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Der Artikel erschien in der Rubrik „Kleinere Mitteilungen“ in den Zeitschrift Aus dem Posener Lande – Monatsblätter für Heimatkunde – Herausgegeben von Stadtbibliothekar Professor Dr. Georg Minde-Pouet in Bromberg und verlegt von Oskar Eulitz, Lissa in Posen in der Ausgabe: 6. Jahrgang – Heft 9 – September 1911

Zwei interessante Bäume unserer Proviz führen die Bilder dieser kleinen Mitteilung vor:

[1.292]

"Graf v. Schlieffen-Eiche" bei Jablone im Kreise Bomst

[1.293]

Wacholderbaum bei Gut Friedenfeld im Kreise Bomst

Links ist die „Graf v. Schlieffen-Eiche“ in dem Walde „Bismarcksheide“ bei Jablone im Kreise Bomst abgebildet. Dem Hauptstamme, dessen Kronenäste fest in die Erde eingedrungen sind, sind fünf Nebenstämme entsprossen, die kerzengerade in die die Höhe gehen, und von denen zwei fast die Stärke des Hauptstammes haben. Der Ganze Baum ist in letzter Zeit ( der Artikel ist aus dem Jahr 1911) auf Anlass des Grafen v. Schlieffen gestützt worden.

Die andere Abbildung stellt einen alten Wacholderbaum auf Gut Friedenfeld zwischen Jablone und Gnin dar, dessen Höhe,  den Stamm entlang gemessen, 5,50 m,  dagegen senkrecht über der Erde 4,80 m,  und dessen Umfang, 0,30 m Stamm, entlang gemessen, 0,95m und 1,00 m senkrecht über der Erde 0,80m beträgt. Der eine Ast ist abgebrochen, so dass die volle Runde 1,00 m senkrecht über der Erde ungefähr 0,84 m betragen haben mag.

Schulneubau in Schwarzhauland – „Gut Ding braucht Weil“

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Die Lehrer zu Schwarzhauland (Zusammenstellung Gudrun Tabbert))
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[1.294]

Zeitungsausschnitt zur Schuleinweihung – Quelle: in der Schulchronik liegend

Wie aus der Schulchronik von Dabrowo zu erfahren war dauerte die Planung des dortigen Schulneubaus von ersten Bauzeichnungen im Jahr 1898 bis zur Errichtung des Rohbaus 1901 gerade einmal 3 Jahre.

Ganz anderes verhielt es sich da in Schwarzhauland. 1891 und 1895 finden sich in Nebensätzen kleine Hinweise auf den Zustand des Schulgrundstückes und auf einen Ofen, der es wohl nicht mehr schaffte den Schulraum zu heizen und dann ersetzt wurde. 1896 kann man dann die die leicht ironisch gehaltene Beschreibung von Reparaturarbeiten an den Schulgebäuden lesen; erstmals ist in diesem Jahr aber zu lesen, dass ein Neubau „schon immer“ angestrebt wurde. Nicht notiert ist, wer dieses anstrebte; der Schulvorstand und die Gemeinde Schwarzhauland scheinen es nicht gewesen zu sein.

1910 wird dann mit der Errichtung begonnen; 1911 die Einweihung gefeiert – 15 Planungsjahre waren vergangen. „Gut Ding braucht Weil“ ein Sprichwort, dass hier seinen Ursprung gehabt haben könnte.

Die Schulchronik aus welcher die hier entnommenen Passagen wiedergegeben werden, wurde uns mit freundlicher Genehmigung der Schule in Kąkolewo zur Verfügung gestellt. Vielen Dank !

* * *

Im Mai 1891 wurde die Lehrerstelle dem Schulamtskandidaten Ernst Matschke übertragen. Er lieferte den ersten Hinweis auf das Schulanwesen:

„Im Oktober des Jahres 1891 kaufte der Schulvorstand aus Mitteln der Schulkasse auf die Vorstellungen des Lehrers 10 Obstbäumchen, die dann vom Lehrer auf dem Schulgrundstück gepflanzt wurden. Es ist dieses eine nicht unwesentliche Verbesserung der hiesigen Stelle für spätere Zeiten, zumal die Stelle bis jetzt nicht einen einzigen ertragfähigen Obstbaum besaß.“

Lehrer Oscar Neumann ist ab 1894 der Nachfolger von Lehrer Matschke, welcher nach Niegolewo versetzt worden war. Er berichtete 1895:

„Da sich die Beheizung des Schullokals durch einen Kachelofen als unzulänglich erwies, wurde im Herbst 1895 ein eiserner Ofen in das Schulzimmer gestellt, der sich als recht brauchbar gezeigt hat. Der Preis des Ofens beträgt 81,00 M (ohne Rohr).“

Schon im Jahr 1896 schrieb er dann folgendes:

„Da das Dach des Schulhauses an mehreren Stellen nicht mehr die durchaus erforderliche Wasserdichtigkeit besessen, wurde es im Frühjahr 1896 neu gedeckt, und zwar die ganze hintere Seite und die Westhälfte der Vorderseite, die Osthälfte der Frontseite wurde schon vor einigen (2-3) Jahren gedeckt. Außerdem wurde der Schulgarten mit einem neuen Staketenzaune umzogen. Die Bretter des alten Zaunes wurden zum flicken des Turnplatz-Zaunes und Kirchhofzaunes verwendet. Ferner wurde an Stelle des alten gebrechlichen Weingerüstes (am Eingang zum Schulhause) durch ein nagelneues aus recht frischem Holze hergestelltes gesetzt. – Hausthür und Fensterladen und Fenster wurden neu angestrichen, die unteren Scheiben abgeblendet, die Frontseite des Schulhauses neu angekalkt. Auf diese Weise hat das alte strohbedachte Schulgebäude einen ganzen neuen Anstrich erhalten, und es gefällt den Ortseingesessenen jetzt besser, als ein neues, dessen Bau schon immer wieder angestrebt wurde. – Als eine ganz besondere hervorstehende Eigenschaft der Schulräume muß ihre Neigung zum Einfrieren hervorgehoben werden. Die edle Eigenschaft läßt sich auch bei eintretenden Nachfrösten des Wonnemonats an ihr wahrnehmen. Das Verbinden und Verranken ? der Pumpe hat sich in dieser Beziehung als ohnmächtig erwiesen.“

Lehrer Neumann ist es dann wohl auch, der sich mit den Zuständen nicht länger einverstanden erklärt, denn 1897 notierte er:

[1.295]

Kolonialwarenhandlung Otto Krok – die Familie Krok hatte das alte Schulgebäude käuflich erworben und darin ihr Geschäft geführt, Postkartenausschnitt – Bild aus der Schulchronik

„Das Schullokal erweist sich zu dieser Schülerzahl als viel zu klein, von einem Neubau wollen die Hausväter immer noch nichts wissen. Auch ein Termin der wegen Ankauf von Schullandes abgehalten wurde, verlief ergebnislos, da die Gemeinde keine Lust hat, Geld zum Ankauf aufzunehmen. Der erfolglose Verlauf des Termines ist wohl dem Distrikts-Kommissar Herrn Duden-Grätz zu verdanken, der den Schulrepräsentanten (Bläsing, Gürtler, Lehmann, W. Weiss) förmlich abriet.

Durch den in diesem Jahre aufgestellten und bis 1. April 1903 gültigen Etat wird von nun an dem Lehrer das Schulland, d. h. der Sand vor und hinter dem Hause, dem Lehrer nicht mehr angerechnet, vorher wurde das Land dem Lehrer mit 4,50M angerechnet. Für das Abtreten des Schullandes hinter dem Schulhause (rund herum um den Backofen: „nur eine hohe Säule zeigt noch von verschwundener Pracht“  … ) erhielt der Lehrer eine Entschädigung von 3,00 M Jährlich“

In der Amtszeit des Lehrer Neumann passierte hinsichtlich des Schulneubaus nichts mehr; er wurde 1898 versetzt. Seine Nachfolge trat der Lehrer Herr Karl Brunow an. Herr Brunow berichtet im Jahr 1899:

„Die Zahl der Schüler beträgt jetzt 79, eine Zahl, für die das Klassenzimmer völlig unzureichend ist …

….Und wurden einleitende Schritte zwecks eine Neubaues, der ja dringend nötig ist …

und im Oktober … zwecks Ankauf eine Grundstücks zum Schulbau nebst 8-10 Morgen Land und Wiese

24. Oktober wurde schräg a vis der alten Schule ein dem Eigentümer Gottlieb Kirschke gehöriges Grundstück vermessen, weil er sich schriftlich bereit erklärt hatte, dasselbe zu verkaufen. Kurze Zeit darauf wollte er die Sache rückgängig machen, weshalb ein neuer Termin mit dem Schulvorstande etc. abgehalten werden mußte, nach welchem der G. Kirschke sich dann bereit erklärte, es abzutreten. Ob der Neubau bald in Angriff genommen werden wird, darüber schweigt der S. aus reiner Höflichkeit vorläufig.“

1900 ist zu lesen:

„… über den Neubau verlautet nichts, das zum Bau neuerworbene Grundstück liegt brach und wartet der Dinge, die da kommen sollen…“

1901 findet sich keinerlei Hinweis, erst im Jahr 1902 wurde notiert:

„Auch eine neue Schulfahne aus der Bonner Fahnenfabrik war angeschafft, da die alte zu sehr durch den Zahn der Zeit gelitten hatte…“

Die Amtszeit von Lehrer Brunow endete 1906. Im Juli 1906 übernahm dann der Lehrer Schulz das Lehramt in der Schule in Schwarzhauland. Auch er scheint eine Mängelliste zu verfassen, denn unter dem 08.August 1907 werden einige gefasste Beschlüsse niedergeschrieben, die darauf schließen lassen, das die Zustände des Schulgebäudes doch einer gewissen Verbesserung bedürfen:

„Es wurde folgendes beschlossen:

  1. 1.       Der Ofen in der Vorderstube wird in den Herbstferien eingesetzt
  2. 2.       Das Material zum Heizen der Vorderstube liefert die Schulkasse
  3. 3.       Der Küchenherd wird repariert, damit das zeitweise Rauchausströmen in die Küche aufhört. Die Küche wird gestrichen
  4. 4.       Die Pumpe wird repariert
  5. 5.       Der östliche Giebel des Schulhause wird mit einer Mörtelschicht aus Kalk und Kies bestehend beworfen
[1.296]

Die „neue“ evgl. Schule zu Schwarzhauland – Postkartenausschnitt – der Schulchronik zugehörig

Das für Brennmaterial ausgeworfene Geld wird von 70 auf 80 Mark jährlich erhöht.“

Im Januar 1908 finden sich dann folgende Notizen:

„11 Januar 1908 … seitens der K. Reg. angeordnete Reinigung der Schulgrundstücke. Der Lehrer übernahm Reinigung und Heizung für jährlich 75 Mark. Kündigungsfrist seitens des Lehrers und des Schulvorstandes ein Vierteljahr.“

„20 Januar 1908 … wurde seitens des Lehrers der vorstehende Kontrakt gekündigt“

1909 – die königliche Regierung schreitet ein, die Gemeinde wurde nun verpflichtet sich des Neubaus der Schule anzunehmen:

„29. Juni 1909 … Termin anberaumt, um über den Neubau der Schule zu verhandeln

… Der Herr Landrat gab kund, dass die königl. Reg. zum Bau 17100 M bewilligt habe, das fehlende Kapital von der Schulgemeinde aufzubringen sei. Die k. Regierung wünsche, dass der Neubau noch in diesem Jahre ausgeführt werden sollte. Die Gemeindevertreter machten jedoch geltend, dass die seitens der Gemeinde zu leistenden Hand- und Spanndienst angesichts der Ernte- und Herbstarbeiten In den Sommermonaten nicht auszuführen seien, wenn die Wirtschaften nicht darunter leiden sollten, erklärten jedoch, dass sie bereit seien, mit der Anfuhr des Baumaterials schon im nächsten November zu beginnen, sodass im zeitigsten Frühjahr mit dem Bau begonnen werden könnte. Die Ziegeln sollen aus Jablone geholt werden und nicht, wie anfänglich geplant war, aus Augustowo.“

1910 im Februar war der Eigentümer Gottlieb Kirschke der Lenker des ersten Fuhrwerkes, welches die ersten Ziegel zum Neubau lieferte

„03. Februar 1910 … um über den Ankauf von Ziegel zum Neubau der Schule endgültig zu verhandeln. Zu diesem Zwecke war auch der Ziegeleibesitzer Böhm aus Jablone erschienen, eine Probe seines bis dahin oft getadelten Fabrikats vorzuzeigend. Dasselbe wurde als „gut“ anerkannt. Nach langem Handel seitens des e. Herrn Landrat v. Pommer-Esche mit Herrn Böhm wurden 135 Tausend Ziegel zu a M. 20,75 angekauft, mit deren Anfahrt am 7. Februar 1910 begonnen wurde. Der Eigentümer Herr Gottlieb Kirschke war der „Erste“, welcher mit einem Wagen voll Ziegel 200 Stück – auf dem Bauplatz erschien.“

Lehrer Schulz, welcher seit 1906 als Lehrer in Schwarzhauland tätig gewesen war, war es nicht vergönnt den Schulneubau noch einzuweihen oder darin zu unterrichten. Er ging in Dezember 1910 in den Ruhestand. Zum 1. April 1911 übernahm die Lehrerstelle Lehrer Wittke. Er war es denn auch, der am 01. Mail 1911 in die Schulchronik notierte:

Einweihung der neuerbauten Schule … die neue (Anmerkung: sie war 1902 angeschafft worden) Fahne wehte zum 1.sten Male am Flaggenstocke“

Feuer im Tomischler Hauland / Kuschlin – 1892

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Lehrer und Kantor Manthei zu Kuschlin / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.297]

Meldungen über Brände

Eine der größten Gefahren der Vergangenheit für die Dörfer waren die Feuer. Die Wohnhäuser, Ställe und Scheunen waren aus Holz gebaut, meist mit Stroh gedeckt. Im Innern fanden sich offene Feuerstellen und offene Kamine in den Wohnräumen. Des Abends wurden die Kerzenlichter oder Petroleumlampen angezündet, umgestossen waren sie ebenfalls eine große Gefahrenquelle. Bei Unwetter war es oft der Blitzschlag der zu einem Dorfbrand führte. Gemäß der Brandverhütungsvorschriften waren zwar die Backöfen gesondert und in sicherer Entfernung vom Wohnhäusern errichtet, aber die große Gefahr war damit nur zum Teil eingegrenzt. Schon immer fazinierte das Spiel mit Streichhölzern und dem Feuer auch die Kinder – leider kam es dabei auch zu Unfällen.

Aus diesen Gefahren gründete sich der Brandschutz und es bildeten sich die ersten Feuerwehren.

Neben einigen Kurzmeldungen, die sich in verschiedensten Veröffentlichungen fanden, wurde uns in der Schulchronik von Kuschlin ein besonders detaillierte Beschreibung des Feuerausbruchs und dessen Bekämpfung überliefert. Mit der freundlichen Genehmigung der Bibliothek der Gemeinde Kuślin, die diese Chronik verwahrt, haben wir die Gelegenheit bekommen, diesen Beitrag hier zu veröffentlichen – Vielen Dank !

* * *

Kuschlin am 26. Mai 1892

Der Falbkalender hatte am 26. Mai, gerade am Himmelfahrtsfest einen kritischen Tag erster Ordnung angesagt und schon glaubte man, dass Herr Falb sich dieses Mal getäuscht und für Kuschlin und Umgegend seine Voraussagung nicht in Erfüllung gehen würde. Doch nur zu kritisch sollte dieser Tag für Kuschlins  Bewohner werden.

Etwas um 1 Uhr nachmittags erscholl plötzlich der Ruf: Feuer „ und setzte die ganze Einwohnerschaft in Angst und Schrecken. Es brannte der Stall des Eigentümers Berthold Tepper, hierselbst. In wenigen Augenblicken war von den Flammen auch das Wohnhaus, welches, sowie auch der Stall mit Stroh gedeckt war, ergriffen. Das Feuer griff so schnell um sich, dass die Bewohner nur wenig von ihren Habseligkeiten retten konnten.

[1.298]

Dorfbrand – veröffentlicht „Aus der Geschichte des Feuerschutzes in Mühlhausen“ http://www.ffw-muehlhausen.de/Chronik/Pages/geschichte.html

Viel Getreide Mehl, Brot und Speck wurden ein Raub der Flammen. Auch eine Kuh fand in dem Feuer ihren Tod. Der Wind kam aus Nordost und trieb die Flammen auf das gegenüberstehende, ebenfalls mit Stroh gedeckte Gebäude des Eigentümers Friedrich Kühn, welches auch in kurzer Zeit bis auf die Einfassungsmauern niederbrannte. Ebenso brannten auch die Stallungen des Kühn nieder.  Der umsichtigen Leitung des Königl. Distriktkommissarius Herrn Hauptmann Bindewald im Verein mit dem Herrn Administrator Schmidt – Wonsowo – sowie dem tüchtigen Eingreifen der Eigentümer Karl Bruck und Wilhelm Bruck unter Beihilfe unserer Spritze ist es gelungen, das Nachbargebäude des Eigentümers Gustav Bruck, welches auch schon zu brennen anfing, zu retten.

Kupferne Wasserkufe mit 300 Liter Fassungsvermögen auf Schleifen die für Bespannung mit 2 Pferden gedacht waren. http://www.feuerwehrmuseum-nuernberg.de/Geschichte/Feuerloeschwesen-1400-bis-heute/Loeschwesen-1400-1800.html [1.299]

Kupferne Wasserkufe mit 300 Liter Fassungsvermögen auf Schleifen die für Bespannung mit 2 Pferden gedacht waren. http://www.feuerwehrmuseum-nuernberg.de/Geschichte/Feuerloeschwesen-1400-bis-heute/Loeschwesen-1400-1800.html

Inzwischen hatte das Feuer auf der Brandstätte des Tepper den massiven Stall des Ortsvorstehers Lincke erfasst, und auch diesen so schnell bis auf die Einfassungsmauern niedergelegt, dass das Vieh nur mit Mühe gerettet werden konnte und einige Schweine ihren Tod in den Flammen fanden. Auch das massive Wohnhaus des Ortsvorstehers Linke wurde von den Flammen arg mitgenommen, so dass die Bodenfenster und auch die Seitenfenster ausbrannten. Hier galt es nun wieder einen mit Stroh gedeckten Nachbarstall und ein mit Stroh gedecktes Wohngebäude des Eigentümer Karl Behr zu retten und waren es hier ganz besonders die Herren Oberinspektor Schöne – Glupon – und Schlinke – Brody – welche mit ihren Spritzen und Mannschaften kräftig eingriffen. Von den Spritzen war die vom Dominium Glupon zuerst auf der Brandstätte. Dann waren noch gekommen: die Spritze von Chraplewo, Wonsowo, Sliwno, Rudnik, Bukowice, Pakoslaw, Brody, Michorzewo und Opalenitza mit ihren Löschmannschaften.  Die erste Wasserkufe führte der Grundbesitzersohn Reinhold Bruck – Michorzewko – der Feuerstelle zu. Derselbe hat das Pferd seines Vaters beim Hinzuschaffen von Wasser in keiner Weise geschont und war unermüdlich tätig. Außerdem waren noch Schlempetonnen  und Wasserkufen von den umliegenden Dominien zur Stelle, sowie auch Löschmannschaften dieser Dominien und solche aus Alt Dombrowo, Neu Dombrowo, Jastrzembnik, Michorzewko, Michorzewko Hdl, Michorzewo, Glupon, Chraplewo und Wonsowo.

Alle waren sehr schleunig und mit guten Löschgerätschaften zur Stelle und arbeiteten so tüchtig, dass das Feuer auf den Herd, den es binnen 15 Minuten erreicht hatte, beschränkt werden konnte. Besonders zu erwähnen ist auch noch die Tätigkeit des königl. Gendarm Herrn Kiersch von hier, welcher namentlich unter den Scharen von müßigen Zuschauern mehrmals gründlich aufräumte.

Die Entstehungsart des Brandes konnte bisher nicht ermittelt werden.

* * *

[1.300]

Feuerwehrspritze aus dem Jahr 1913 – Aufn. Feuerwehrmuseum Rakonowiece – http://www.wmp-muzeum.psp.wlkp.pl/

[1.301]

Feuerspritze aus dem Jahr 1786 – Aufn. Feuerwehrmuseum Rakonowiece – http://www.wmp-muzeum.psp.wlkp.pl/

Quellenangaben:
Schulchronik Kuschlin – Veröffentlichung aus dieser mit der freundlichen Genehmigung der Bibliothek der Gemeinde Kuślin
Kupferne Wasserkufe  – http://www.feuerwehrmuseum-nuernberg.de/Geschichte/Feuerloeschwesen-1400-bis-heute/Loeschwesen-1400-1800.html [1.302]
Feuerwehrspritze 1786 und 1913 – http://www.wmp-muzeum.psp.wlkp.pl/ [1.303]
Dorfbrand – veröffentlicht „Aus der Geschichte des Feuerschutzes in Mühlhausen“ –  http://www.ffw-muehlhausen.de/Chronik/Pages/geschichte.html

 

Das neue Schulgebäude von Dabrowo, erbaut 1901

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Die Lehrer der evgl. Schule zu Dabrowo / Zusammenfassung Gudrun Tabbert)
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[1.304]

Das "neue" Schulhaus Dabrowo - Aufn. 05/2011

Mit dem Jahr 1895 beginnend ist eine Schulchronik der Schule von Dabrowo erhalten. Als einen ersten Artikel haben wir die Zeit von 1895-1900 des Herrn Lehrer Hugo Bock geschrieben. Er, der als Städter und noch junger lediger Lehrer der Einsamkeit des Haulandes nicht trotzen konnte und um seine Versetzung bat. Er war es jedoch auch der schrieb, dass im Jahr 1898 ein Termin abgehalten wurde, der eine Beratung über einen Neubau des Schulhauses zum Zweck hatte.

Dieser Artikel verfolgt diesen Schulneubau von der Planung, bis zur Entstehung und die weiteren das Gebäude betreffenden Ereignisse durch die Aufzeichnungen.

Die auszugsweisen Veröffentlichungen aus der Schulchronik wurden uns durch den letzten Direktor der Schule Herrn Jerzy Dakowski, dem heutigen Inhaber der Aufzeichnungen ermöglicht – Vielen Dank !

1898 wie schon in der Einleitung geschrieben liefen erste Planungen zu einem Schulneubau. Wie Hugo Bock allerdings dann schreibt, war nichts weiteres mehr von diesem Bau zu hören gewesen. Vielmehr findet sich, dass noch im selben Jahr die Dächer der verschiedenen Gebäude des Schulgehöftes ausgebessert wurden.

Es folgen Jahre in denen Lehrer anderer Gemeinden die Vertretungen in der Unterrichtserteilung der Schule in Dabrowo übernommen haben. Einer dieser Vertretungslehrer war Herr Wittke aus Jastrzembnik. Er ist es dann auch, der 1901 in seine Ausführungen einfließen lässt, dass am 1. Mai 1901 mit dem Bau des neuen Schulhauses begonnen wurde. Der Bau schritt rüstig vorwärts, sodass bereits im September des gleichen Jahres Schulhaus und – gehöft im Rohbau fertig gestellt waren.

Etwas ausführlicher ist dann der vom 16. September 1901 notierte Eindruck des Lehrers Oskar Böhm. Dieser trat zu diesem Zeitpunkt als Lehrer in Festanstellung sein Amt an. Er schrieb: „Dombrowo mit seinem Schulhause machte auf mich einen geradezu traurigen Eindruck. In der Lehrerwohnung waren die Maurer, die am neuen Schulhause arbeiteten, eingezogen. Die Tapeten waren in der kleinen Stube von den Mäusen fast gänzlich abgenagt. In der Schulstube waren die Bänke fast sämtlich so schlecht, dass täglich durch deren Zusammenbrechen einige Kinder zur Erde purzelten. Nicht selten wurde dabei der kleine, eiserne Ofen, der nur auf 2 Füßen ruhte, umgeworfen, sodass dass das 4 ½ m lange Ofenrohr auseinander fiel, und die Kinder nebst Lehrer infolge des umherfliegenden Rußes wie Schornsteinfeger aussahen.“

[1.305]

Die Neue Schule Dabrowo - Postkartenausschnitt vor 1906 - Privatbesitz

Am 11. September 1902 fand dann die Einweihung der neuen Schule mit einer Feier statt. Wieder schildert Lehrer Oskar Böhm in kurzen Worten diesen Tag: „An der Feier beteiligten sich der Herr Landrat, der Herr Kreisschulinspektor, der Herr Pastor, der Herr Distriktkommissar, Schulpatron Herr Rittergutsbesitzer Heinr. Beyme, der Schulvorstand mit den Schulrepräsentanten und einige Einwohner des Haulands. In der alten Schule hielt ich meine Ansprache, in welcher ich den Einweihungstag als einen Tag des Dankes und der Freude kennzeichnete. Im geschlossenen Zuge wurden die Kinder während sie das Lied „Jesu geh voran“, sangen, vor die neue Schule geführt. Nach Empfang des Schlüssels öffnete ich die Schule und führte die Kinder herein. Nun hielt der Herr Pastor die Einweihungsrede, welcher Ansprachen vom Herrn Landrat und Herrn Kreisschulinspektor folgten. Nach der Feier blieben die Herren noch kurze Zeit hier und nahmen an einem kalten Frühstück teil. Für die Bewirtung zahlte nur die Schulkasse 90 M. Herr Beyme, der als Schulpatron zum Bau nichts gegeben hatte, schenkte der Schule das Bild der Kaiserin.“

Im weiterem Verlauf des Jahres sind folgende Erwähnungen zu finden: „Vorläufig stehen noch die alten, im Jahr 1828 erbauten Bänke in dem neuen Schulzimmer. Fast täglich bricht eine „Schrottbank“ zusammen, und die Kinder müssen aus den Trümmern hervorgeholt werden. Nun hat auch die Königl. Regierung zur Beschaffung von Subsellien (Schulzimmereinrichtung) 600 M(ark)  bewilligt. Es soll aber nur eine Klasse neu ausgestattet werden; denn eine Klasse ist nach der Antwort der Königl. Regierung genügend mit Subsellien aus der alten Schule versehen.“

[1.306]

Die Schule erbaut 1901 - Aufn. 05/2011

1903 finden sich weitere Notierungen zum Schulgebäude und dessen Einrichtung: „Der „Brühlsche Schulpalast“ und der Stall für Lehrers Kuh sind für 550 M(ark) verkauft worden. Der Abbruch erfolgte Ende Januar, dieses Geld wurde zur Anschaffung einer Dachrinne, zur Verbesserung des Gartenbodens und zum Decken der Scheune verwendet. In den Garten kam der Lehm vom alten Schulhaus, er wurde mit 25 M(ark) bezahlt. Die Königl. Regierung schenkte 24 Obstbäumchen, von denen nur 14 angingen, da dieselben zu lange liegen mussten.“

Während wir zum Ende des Jahres 1902 erfahren konnten, dass die alten Schulbänke aus dem Jahr 1828 stammten, also bereits ca. 75 Jahre alt waren, könnte man jetzt aus der 1903 gemachten Anmerkung: „der Brühlsche Schulpalast“ vermuten, dass der Erbauer des alten Schulhauses um 1828 herum ein Maurer Brühl gewesen sein könnte, gefunden wurden bis jetzt allerdings keine Unterlagen oder dergleichen, die diese Vermutung bestätigen.

Im September 1903 kommt ein II. Lehrer für die zweiklassige Schule mit immerhin 97 Schülern nach Dabrowo. Dieser Umstand führt dazu, dass nun auch „…das II. Klassenzimmer mit Subsellien versehen (wird), wozu die königliche Regierung eine Beihilfe von 559 M gewährte. Nur das alte Lehrerpult blieb noch als „Andenken“ im Klassenzimmer, da die Mittel zur Anschaffung desselben nicht reichten.“

Bereits im Jahr 1904 müssen aber weitere, diesmal kostenintensive Arbeiten für das Schulgehöft vorgenommen werden.

„Da der alte Brunnen, der am Tor des Drahtzaunes  im jetzigen Garten des II. Lehrers lag, kein Wasser lieferte, so wurden auf dem Gehöfte Probebohrungen vorgenommen. Nachdem die Beihilfe von 120 M(ark) verbraucht war, und bei 24m kein Wasser gefunden wurde, stellte man die Bohrungen ein. Auf meinen wiederholten Antrag gewährte die kgl. Reg. mir weitere Beihilfe von 100 M(ark) zu Bohrungen. Aber diesmal war auch kein Erfolg. Nun ließ der Herr Ortsschulinspektor ohne Beschluss des Schulvorstandes an der Stelle, wo jetzt die Pumpe stand, weiter bohren bis zu 50 m, aber Wasser traf man nicht an. Die kgl. Reg. versagte jegliche Beihilfe, da die Arbeit ohne ihre Genehmigung ausgeführt wurde. Der Schulvorstand beschloss in einer Sitzung, der auch der Herr Landrat beiwohnte, zur Tilgung der Unkosten ein Darlehen von 850 M(ark) aufzunehmen und einen Zementbrunnen zu bauen. Derselbe ist 11,20 m tief und kostet mit Pumpe 489,44 M(ark) während die erfolglosen Bohrungen 552,80 M(ark) verschl(u)ngen (hatten).“

Weitere Arbeiten und weiteres Geld wurden dann fällig, da für „… den II. Lehrer Wirtschaftsgebäude vorhanden sind, verlangte derselbe auch Gartenland. Es wurde ihm der Garten überwiesen, der jetzt mit einem Drahtzaun umgeben ist. Den Zaun ließ die Kgl. Reg. für 250 M herstellen. Die Sandfläche, die als Garten benutzt werden soll, war früher mit Kiefern bestanden und gehörte zur 1. Stelle.“

Erst im Jahr 1908 ist zu finden, dass die Klassenzimmer und Lehrerwohnungen neu gestrichen und tapeziert wurden. Die Königliche Regierung gab zu diesen Reparaturen eine einmalige Beihilfe von 300 Mark, der Rest wurde aus der Schulkasse bezahlt.

Ebenfalls im gleichen Jahr 1908, am „…4. Juli verhandelte der Distriktskommissar Herr v. Stein mit dem Schulvorstand und den Repräsentanten über die Anlage eines Blitzableiters auf dem Schulhause, nachdem ich bereits 2 x die Königliche Reg. um eine solche Anlage gebeten habe, da der Blitz in eine Kiefer nahe am Turnplatz während des Unterrichts einschlug. Die Schulvorsteher und Repräsentanten sahen, mit Ausnahme des Gemeindevorstehers Steinborn, die Notwendigkeit eines Blitzableiters ein. … Sie genehmigten die Anlage aber nur, wenn die Königliche Reg. sämtliche Anschaffungs- und Unterhaltungskosten bestreitet.“

[1.307]

Blick hinter dem ehemaligen Friedhof über das Land - Dabrowo liegt an und auf einer großen Sanddüne - Aufn. 05/2011

Die Durchführung dieses Projektes ist dann in den Notizen des Schuljahres 1909/1910 zu finden. „Im April (1909) wurde auch das Schulhaus mit einem Blitzableiter versehen. Die Anlage kostete 200 M(ark), davon sind 100 M(ark) durch eine einmalige Beihilfe durch die kgl. Regierung gedeckt“

Der Sommer 1909 ist der nächste Termin an dem Investitionen beschlossen, da verordnet, werden. „…Infolge der Schulbesichtigung wurde eine Schulvorstandssitzung am 16. Juli abgehalten, betreffend Beseitigung der Mängel am Schulhause. Es wurde folgendes beschlossen: der Steg vom Schulhause zu dem Abort wird bekiest. In der II. Klasse wird ein neuer Ofen angeschafft, beide Klassenzimmer erhalten Waschbecken. Die Turngeräte werden repariert. Für die Schule soll auf dem Enteignungswege vom Landwirt Gottl. Kähler ein Weg angekauft werden, damit die Schule nach dem Haupteingange eine Zufuhr hat.“

Erst mit dem Jahr 1912 findet sich bezüglich des Schulgehöftes wieder eine Bemerkung: „.. Das Umland, welches zur Schule gehört und dem Lehrer zur Nutznießung überlassen ist, wurde vom Lehrer auf seine Kosten teilweise – hinter dem Kirchhofe am Schullande – aufgeforstet.“

1913 machten sich dann Mängel an der Bedachung bemerkbar. Zu lesen ist: „…Im Frühjahr wurden das Schulhaus und der Abort neu deckt, da die alten Dachsteine, die nur 11 Jahr hielten, so schadhaft waren,  dass die Gebäude darunter litten. Die Gemeinde musste zur Deckung der Kosten für die Bedachung, Reparatur der Scheune und Instandsetzung der Lehrerwohnungen und Klassenzimmer ein Darlehen von 2.100 M(ark) aufnehmen.“

Hier nun enden die Ausführungen des Lehrer Oscar Böhm. Die Mobilmachung und die Jahre des I. Weltkrieges 1914-1918 ließen keinen Spielraum um sich um ein Schulgebäude zu kümmern. Die Sorgen und Nöte dieser Zeit waren wahrlich andere.

 

 

 

 

Die Einsamkeit des Haulandes – Hugo Bock – Lehrer in Alt Dabrowo 1895-1900

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Hugo Bock 1895-1900 / Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
am in Alt Dabrowo,Hauland,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[1.308]

Zufahrt zur ehemaligen evangel. Schule in Dabrowo – Aufn. Mai 2011

Über Alt Dabrowo sind lediglich einige sachliche Informationen zu finden:  gegründet vor 1750, der genaue Zeitpunkt ist jedoch nicht bekannt; der Name Dombrowo vermutlich abgeleitet von dem polnischen Wort Eiche „dab“ welches als „domb“ ausgesprochen wird; dass die Gemeinde Alt Dombrowo zusammengenommen mit der Gemeinde Michorzewko Hauland im Jahr 1905 gerade einmal 62 Höfe mit 402 Bewohner auf einer Fläche von 622,9 Hektar hatte und letztlich auch, dass im Jahr 1885 im Ort eine eigene Schule vorhanden war.

Durchschnittlich stand auf einer Fläche von 10 Hektar, in etwa der Größe von 14 Fußballfeldern, 1 Gebäude. Jedem Bewohner, gleich ob Kinder oder Greis stand ein Areal von annähernd der Größe des Neuen Marktes in Neutomischel zur Verfügung.

Der nächste Nachbar war weit entfernt, die Bewohner eines Hofes blieben unter sich, die in der Landwirtschaft zu leistende Arbeit war schwer, sodass der Tag früh begann und ebenfalls nicht allzu spät endete. Es gab keine Elektrizität, Licht spendete oft nur eine Petroleumlampe. Es gab keine Kommunikationsmittel außer jemand machte sich auf den Weg um eine Nachricht zu überbringen oder auch einen Arzt zu holen. Als Fortbewegungs- und Transportmittel dienten Pferdefuhrwerke, Pferde selbst oder man ging zu Fuß. Es gab keine gepflasterten oder asphaltierten Straßen vorherrschend waren Sandwege. Erschwerend kam hinzu, dass nur die Bewohner die richtigen Verbindungswege zwischen den Gehöften kannten;  Straßenschilder gab es keine, eine Abzweigung war z. B. an der großen Eiche, eine Abbiegung hinter der vom Blitz getroffenen Birke und die Rechtsabbiegung war bei dem großen Findling. Jeder Fremde ohne Hilfe verirrte sich unweigerlich. Im Sommer mag dieses ja alles noch erträglich gewesen sein. Die Winter jedoch mit hohem Schnee, Eiseskälte und ihren langen dunklen Tagen müssen geradezu eine Herausforderung an das Gemüt der Menschen gewesen sein.

Einer der die Herausforderung annahm als Fremder und Städter in das dünnbesiedelte, menschenleere Hauland Dabrowo zu ziehen, und von dem wir ein klein wenig erfahren, war der Lehrer Hugo Bock. Während er die ersten 2 Jahre seiner Tätigkeit noch optimistisch zu betrachten scheint, hadert er im 3ten Jahr schon mit seiner Umgebung, eben dieser fast unendlich erscheinenden Einsamkeit. Im 4ten Jahr scheint es, dass er sich nochmals gefangen hatte. Vom 5ten Jahr seiner Tätigkeit  ist mehr oder weniger nichts mehr notiert; und in der Mitte des 6ten Jahres findet sich nur noch ein Vermerk, dass Lehrer Bock auf eigenen Wunsch an eine andere Schule in einem anderen Ort versetzt worden sei.

Erfahren haben wir von Lehrer Hugo Bock aus einer heute noch erhaltenen Chronik der Schule Dabrowo. Mit der freundlichen Genehmigung des letzten Schuldirektor Herr Jerzy Dakowski, haben wir diese lesen dürfen und wir erhielten auch die Genehmigung Auszüge aus dieser hier zu veröffentlichen. An dieser Stelle nochmals: Vielen Dank !

Von Lehrer Hugo Bock stammt nachfolgender Bericht aus der Schulchronik.

* * *

Das Jahr 1895 (1.)

Nach der Versetzung des Herrn Lehrer Müller nach Snowidowo, wurde ich, Hugo Bock, von der königlichen Regierung zu Posen am 1. Januar 1895 hier angestellt. Bis dahin immer in Städten gewesen, machte Dombrowo mit seinem Schulhause einen geradezu unbeschreiblichen Eindruck.

Am 2. Januar wurde ich vom Lokal-Schulinspektor Herrn Pastor Tank in Kuschlin in mein Amt eingeführt. Nach der Einführung erhielt ich noch 8 Tage Ferien, da ich meine Sachen und meine Schwester, die mir die Wirtschaft führen sollte, nach hier holen wollte. Kaum waren wir hier angekommen und hatten es uns etwas bequem gemacht, da klopfte es und herein traten die beiden Töchter meines Nachbarn, die älteste Tochter mit den Worten: „Ha, wir müssen doch sehen, wie unser neuer Herr Lehrer aussieht!!!“

[827]

Alte Schule Dabrowo vor 1901 – Postkartenausschnitt – Quelle: Schulchronik

Ebenso werde ich den ersten Eintritt in das Wohnzimmer nicht vergessen. In der Mitte der leeren Stube stand ein kleiner eiserner Ofen, dessen Rohr durch die ganz Stube ging, und an dem Ofen stand ein altes Mütterchen, das uns ein Tasse Kaffee kochte. – Im April des Jahres 1895 starb mein Vater. Im Juli 1895 diente ich 10 Wochen im Grenadier Regiment Graf Kleist von Nollendorf (1. Westpreußischen) No. 6. – Im Dezember nahm der Lehrer an der Volkszählung teil; es wurden 377 Seelen gezählt.

Das Jahr 1896 (2.)

Am 18. Januar wurde das 25 jährige Bestehen des neuen deutschen Kaiser Reiches festlich begangen. – In diesem Jahr diente ich wieder 6 Wochen im Infanterie Regiment Graf Kirchbach (1. Niederschlesischen) No. 46. Nach meiner Rückkehr vom Militär wurde ein Kinderfest veranstaltet, welches den Kindern, den Gemeindemitgliedern und den auswärtigen Gästen noch lange Zeit in lieber Erinnerung blieb.

Später wurde ich gebeten, doch auch eine Weihnachtsfeier abzuhalten, da den Leuten der Weg mit den Kindern nach Kuschlin zu weit sei. Es ist dies denn auch geschehen und ist die angewandte Mühe durch den überaus gastreichen Besuch beglichen worden.

Das Jahr 1897 (3.)

Im März wurde an drei Tagen der hundertste Geburtstag Kaiser Wilhelms I. gefeiert. Von einem Schüler Ausflug musste abgesehen werden, da die Eltern sich mit den Kindern die geschmückte Stadt Neutomischel ansehen wollten. – Auch in diesem Jahr diente ich 4 Wochen im 6. Regiment zu Posen. Leider verlief diese Übung nicht ungetrübt, da sich ein Kollege, der Strafe bekommen hatte, erschoss. Nach der Übung wurde auch diesmal hier ein Kinderfest veranstaltet. Im Oktober zog meine Mutter, die unsere Gärtnerei in Birnbaum verkauft hatte, zu mir. Weihnachten wurde wieder gefeiert.

Das Jahr 1898 (4.)

In diesem Jahr wurde ein Termin abgehalten, in welchem über den Neubau unseres Schulhauses beraten wurde. Es wurden auch zwei schöne Pläne vorgelegt; leider ist dann von dem Bau nichts mehr zu hören gewesen. Später wurden aber die Dächer der verschiedenen Gebäude des Schulgehöftes ausgebessert.

In diesem Jahr fing ich an fünf Knaben unentgeltlich Violine Stunden zu geben. Dieselben wirkten bei der diesjährigen Weihnachtsfeier dadurch mit, dass sie die Lieder, die gesungen wurden, begleiteten. Diese Weihnachtsferien waren eigentlich so recht dazu angetan, mich für das schwere Leben hier wenigstens etwas zu entschädigen. – Tagelang keinen Menschen zu Gesicht zu bekommen, keinen im Orte zu haben, mit dem man verkehren kann, ist für einen jungen Menschen nicht angenehm. Ich verstehe nicht wie der Lehrer Kollege Müller schreiben konnte, dass hier ein lediger Lehrer eher bestehen könne als ein verheirateter. Meiner Meinung nach kann hier nur ein verheirateter Lehrer mit Familie erträglich leben. Nahrungsmittel kann man sich hier schon auch verschaffen; aber geistig könnte man verkommen, da die Menschen fehlen, mit denen man reden möchte und man sich doch nicht immer nur mit Büchern beschäftigen kann.

Das Jahr 1899 (5.)

Vom 16. Februar bis 6. April war der Unterricht wegen Keuchhusten geschlossen. – Mit dem 1. Mai wurde die geistliche Kreis-Schulinspektion aufgehoben. Bis dahin gehörte Dombrowo zur Kreis-Schulinspektion Grätz (Herr Pastor Haedrich, Kreis-Schulinspektor). Jetzt gehört die hiesige Schule unter die Aufsicht des weltlichen Kreis-Schulinspektors Herrn Dr. Lohrer zu Neustadt bei Pinne. – Sämtliche Revisionen und Schulprüfungen sind aus dem Klassenbuch zu ersehen. V.

Herr H. Bock wurde am 1. Juni 1900 auf seinen Antrag versetzt nach Pudlischki -> Pudliszki Krs. Gostyń.

–  –  –

Selbst sein Nachfolger der Lehrer Oskar Böhm beschreibt 1901 die Situation wie folgt: Der Winter ist hier für einen alleinstehenden Lehrer geradezu schrecklich. Im Hauland selbst findet er keinen Verkehr mit gebildeten Menschen. Der Verkehr in den Nachbardörfern ist ihm in dieser Jahreszeit durch die schlechten, verschneiten Wege abgeschnitten.

Und im Jahr 1943 als Hamburger Mütter mit ihren Kindern im Dorf lebten wurde notiert, dass diese äußerten: „Lieber in Hamburg sterben, als hier noch länger in der Einsamkeit wohnen.“ – Licht, Gas, Heizung, Kino oder Theater, alles gab es auch 43 Jahre nach dem Weggang von Lehrer Hugo Bock noch nicht in Dabrowo

 * * *

Quellen:

 

 

Katholische Kapelle zum Heiligen Kreuz – Buk

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Julius Kohte - 1893)
am in Kirchen | Kommentare sind deaktiviert
[1.309]

Katholische Kapelle zum Heiligen Kreuz zu Buk gegr. 1760 - Aufn. 2010/09

Diese kurze Beschreibung der katholischen Kapelle zum Heiligen Kreuz in Buk stammt aus dem „Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen“ – dritter Band: die Landkreise des Regierungsbezirks Posen.

Bearbeitet wurde die Veröffentlichung von Julius Kohte – Regierungsbaumeister im Auftrage des Provinzial-Verbandes.

Die Veröffentlichung fand 1893 statt.

[1.310]

Buk - Katholische Kapelle zum Heiligen Kreuz - Zeichnung aus der Original Veröffentlichung

Sie ist ein Holzbau von ausgebohltem Fachwerk mit Brettverkleidung, sie wurde 1609 gegründet und 1760 erneuert (Korytkowski II, S. 38). Den Grundriss des Gebäudes bildet ein gleichschenkliges Kreuz, innerhalb dessen sich auf acht Säulen eine mit einer Laterne ausgestattete Flachkuppel erhebt.

Der Hochaltar steht im Westen.

Lichte Weite zwischen den Stirnwänden der Kreuzarme 18,20 m.

[1.311]

Grundriss der Katholischen Kapelle zum Heiligen Kreuz - Zeichnung aus der Original Veröffentlichung

[1.312]

Kontruktion des Fachwerks - Zeichnung aus der Original Veröffentlichung

Am Krankenhause fand sich eine Wappentafel von dem ursprünglichen, im Jahre 1600 vollendeten Bau mit der Inschrift:

Stanislaus Reszka de Buk, abbas Andreovicnsis *1, deo, charitati et partriae. Opera reverendissimi domini Jacobi Brzeznicki, suffraganei Posnaniensis, perfectum anno MDC.

 

[1.313]

Katholische Kapelle zum Heiligen Kreuz - Aufn. 2010/09

[1.314]

Katholische Kapelle zum Heiligen Kreuz .- Aufn. 2010/09

*1 Abt. des Cisterzienser-Klosters Andreow (Jedrczejow)

Lob und Dank für diejenigen, die die Vergangenheit näher an die Gegenwart heranbringen – 26-09-2011 Bukowiec

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski / Überarbeitung Gudrun Tabbert)
am in BukowiecDE,Cichagora,Friedhöfe,Kunik,Neurose,ziegenkrug | Kommentare sind deaktiviert

[1.315]

Zum Drittenmal war für Montag, den 26. September 2011 um 16:00h zu einer symbolischen Gedenkfeier der Einweihung von Gedächtniskreuzen eingeladen worden. Diesesmal wurde die Zeremonie auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof der Gemeinde Bukowiec / Bukowitz vorgenommen.
Die diesjährige Veranstaltung schließt sich an die erstmals im Jahr 2009 auf den Friedhöfen von Paproc / Paprotsch, Sekowo / Friedenwalde oder auch Zinskowo, Przyłęk / Scherlanke, Glinno / Glinau [Bericht von 2009 [1.316]] und der dann im Folgejahr 2010 stattgefundenen Kreuzerrichtungen auf den Arealen von Lipka Mała / Klein Lipke, Kozie Laski / Kozielaski oder auch Koseloske, Stary Tomyśl / Alttomischel, Grubsko / Grubske [Bericht von 2010 [1.317]] an.
Dank der finanziellen Unterstützung des Stadtamtes von Nowy Tomyśl ist es auch in diesem Jahr wieder gelungen weiterer ehemaliger Friedhöfe mit der Errichtung von Kreuzen zu gedenken. Bedacht wurden Nowa Róża / Neurose,  Cicha Góra / Chichagora oder auch Ziegenkrug, Chojniki / Kunik – und letztlich Bukowiec / Bukowitz.

[1.318]

Vikar Wojciech Płoszka von der augsburgisch-evangelischen Gemeinde zu Posen liest das Wort Gottes vor

[1.319]

Für Verstorbene beten Pfarrer Marek Celka von der Pfarrgemeinde „Der Heiligen Martin“ zu Bukowiec, Vikar Wojciech Płoszka von der augsburgisch-evangelischen Gemeinde zu Posen, Pfarrer Tomasz Sobolewski von der Pfarrgemeinde „Der heiligsten Herzen des Jesu“ zu Nowy Tomyśl, Pfarrer Władysław Kasprzak u. Probst Wojciech Pieczyńskivon der Pfarrgemeinde „Allerseligsten Jungfrau Maria von der Immerwährenden Hilfe“ zu Nowy Tomyśl, Probst Paweł Szułcik von der Pfarrgemeinde „Heiliger Andreas Bobola“ zu Sątop

An dem ökumenischen Gebet haben teilgenommen: der Vikar  Wojciech Płoszka von der augsburgisch-evangelischen Parochie zu Poznan/Posen, Pfarrer Tomasz Sobolewski von der Pfarrgemeinde „Der heiligsten Herzen des Jesu“ zu Nowy Tomyśl,  Pfarrer Władysław Kasprzak und Vikar Wojciech Pieczyński  von der Pfarrgemeinde „Allerseligsten Jungfrau Maria von der Immerwährenden Hilfe“ zu Nowy Tomyśl, Probst Paweł Szułcik von der Pfarrgemeinde „Heiliger Andreas Bobola“ zu Sątopy, der Bürgermeister der Stadt Nowy Tomyśl Herr Henryk Helwing,  der Vorsitzende des Stadtrats der Stadt Nowy Tomysl  Herr Tomasz Wlekły, Herr Zygmunt Duda aus Opalenica, er gab seinerzeit den Anstoß des Gedenkens der ehemaligen evangelischen Friedhöfe des Kreises von Nowy Tomyśl  und weitere Ratsherren, Dorfvorsteher und  Bewohner von Bukowiec / Bukowitz.

Die diesjährigen Einleitungsworte sprach Herr Ryszard Ratajczak, verantwortlicher Mitarbeiter der Entwicklungs- und Promotionsabteilung der Stadt Nowy Tomyśl.

Es schloss sich die Rede des Bürgermeisters der Stadt Nowy Tomyśl Herrn Henryk Helwing an. Er erinnerte an die Anfänge der Aktion zur Würdigung des Andenkens in unserer Gemeinde.

“Wir treffen uns hier nun zum dritten Mal um symbolisch ein Gedenkkreuz einzuweihen. Dieses soll nicht nur diesen Platz weihen, sondern stellvertretend auch alle anderen Friedhöfe, derer wir mit unseren Gedanken und Gebeten erinnern. Dem Gedanken folgend, dass diejenigen, die vor uns auf dieser Erde gegangen sind, die in dieser Erde geruht haben und die nun aus dem Himmel auf uns herabsehen, hoffen wir, dass sie sich darüber freuen, dass wir hier heute, wenn auch in einem etwas anderen Sinn, ihrer und ihren Nachkommen, die bis zum heutigen Tage unsere Nachbarn sind, gedenken.”

Er beendete seine Rede in dem er sich für rege Teilnahme an der Feier bei allen Gästen bedankte und betonte nochmals, dass Initiativen wie diese unsere Umwelt bereichern.

Nach den Worten des Bürgermeisters, betete der Vikar Wojciech Płoszka mit den Worten des Apostels Paulus an die Hebräer (13:07): (http://www.bibel-online.net/text/luther [1.320]_1912/hebraeer/13/)

Gedenkt an Eure Lehrer, die Euch das Wort Gottes gesagt haben;
ihr Ende schaut an und folgt ihrem Glauben nach

Sein Gebet galt der Erinnerung der Protestanten, die auf den Friedhöfen von Bukowiec / Bukowitz und auch in Nowa Roza / Neurose, Cicha Gora / Chichagora und Chojniki / Kunik zu ihrer letzten Ruhe begraben worden sind. Dann weihte er das Gedenkkreuz mit Gottes Wort und Gebet wie es Paul einst geboten hat.

Er las  die Worte der Schrift aus dem Brief des Paul an die Philipper 2:1-13 [http://www.bibel-online.net/text/luther_1912/philipper/2/#1] [1.320], und zitierte die Worte  von Jesus aus dem Evangelium. Johannes 11:17-27 [http://www.bibel-online.net/text/luther_1912/johannes/11/#11,17] [1.320]

„Ich bin die Auferstehung und das Leben.
Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe;
und wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmermehr sterben“

Er schloss seine Gebete mit den Worten:

Mache, dass dieses Kreuz dazu beigetragen wird, die besten Tugenden, die hier erwähnt wurden, nachzumachen. Hilf uns derer zu gedenken, die im Glauben an Dich aus dieser Weltlichkeit geschieden sind. Hilf uns, dass auch wir Deine treuen Zeugen in dieser Welt sind und sein werden. Gebe uns den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus.

Gemeinsam wurde dann von allen Anwesenden ein “Paternoster” gebetet.

Probst Marek Celka aus Bukowiec trug dann sein Gebet vor und stimmte ein Lied, gewidmet den Verstorbenen, an.

[1.321]

Ein Blumengesteck legten Herr Tomasz Wlekły – Vorsitzender des Stadtrats und Herr Henryk Helwing – Bürgermeister, beide aus Nowy Tomyśl nieder.

Ein Blumengesteck unter dem am Sockel des Kreuzes befindlichen Bibelspruch legten Herr Tomasz Wlekły – Vorsitzender des Stadtrats und Herr Henryk Helwing – Bürgermeister, beide aus Nowy Tomysl und eine Delegation der Bukowiecer Schule mit dem Direktor Władyslaw Ceglecki nieder.

Es folgte die Rede des Herrn Przemek Mierzejewski – Initiators der Initiative – des Gedenkens an die ehemaligen evangelischen Friedhöfe unseres Kreises:

“Wir stehen an dem ehemaligen evangelischen Friedhof des Dorfes Bukowiec. Der Stolz des Dorfes ist eine wunderschöne Holzkirche, welche im Jahr 1742 von Karol Opaliński gestiftet worden war. Bukowiec wechselte seinen Besitzer, als der ehemalige Eigentümer Wojciech Opaliński im Jahr 1775 kinderlos verstarb. Nach einer über 50 Jahre dauernden Erbauseinandersetzung mit zahlreichen Begünstigten Verwandten des Verstorbenen, gingen aus zahlreichen Einzelankäufen und einem letztlich im Jahr 1825 gefällten Richterspruch, dass alle Ankäufe korrekt abgewickelt worden seien, die meisten Immobilien in die Hände des Friedrich Franz Beyme aus Hamburg.

Bukowiec ist aber auch ein Dorf mit einer einzigartigen Geschichte welche von Patriotismus und der Legende des Großpolnischen Aufstandes 1918/19 tief durchdrungen ist.

Ich freue mich,  dass wir mit diesem Gedenkkreuz ein kleines Stück zur Geschichte dieses Dorfes zugegeben haben.

Weiter erinnerte Herr Mierzejewski mit folgenden Worten an die Hauländerkolonisation:

Im 17. Jahrhundert, nach dem polnisch-schwedischen Krieg setzte in Polen eine Zeit der Stagnation ein. Durch die erlittenen Zerstörungen der kriegerischen Auseinandersetzungen und Seuchen wie z. B. der Pest, die ganze Landstriche entvölkerte war es auch zur wirtschaftlichen Stagnation gekommen. “Der Adel” unseres Landes, unter ihnen die Familie Uhnrug und später die  Szołdrski, Garczyński, Mielęcki oder Opalenicki beschlossen, auf ihrem zu jener Zeit ungenutzem Land Kolonisten anzusiedeln; sie sollten das Land urbar machen und durch diese Maßnahme sollten die Umsätze und Einkünfte der Adelsfamilien wieder steigen.  Die Siedler waren  Angehörige des evangelischen Glaubens und kamen überwiegend aus dem deutschsprachigem Raum; sie galten als Flüchtlinge vor der Aushebung der brandenburgischen Armee oder auch als ehemalige Fronbauern aus dem nahe gelegenen Schlesien, die heutige Lubuskie Woyewodschaft. Diesen “Hauländern“ , wie man sie dann nannte, fiel  die Rolle der Gestaltung unserer Landschaft zu.

Ich sage auch heute wieder, wie ich es ja auch schon mehrfach betonte, dass gerade die Gemeinde von Nowy Tomysl / Neutomischel von diesen “Hauländern” mit der Anlage Ihrer “Hauländereien” geprägt wurde.  Innerhalb der Grenzen unserer Gemeinde war versucht worden 3 Städte für die Hauländer  zu gründen Boruja Kościelna / Kirchplatz Borui (Mielęcki), Nowy Tomyśl / Neutomischel (Szołdrski) und Jastrzębsko Stare / Friedenhorst (Garczyński). Dieser Schluss lässt sich durch die Positionierung der Kirchen und der wirtschaftlichen Entwicklung der Gegend ziehen. Jedoch ist es nur Nowy Tomyśl / Neutomischel gelungen, sich zu voller Größe einer Stadt zu erheben, dieses dank  des Privilegs, das der Stadt durch den polnischen König Stanislaus Augustus im Jahre 1786, er war die damalige Verwaltungsbehörde; verliehen wurde.

Seit ihren Anfängen hatte die Stadt Nowy Tomysl / Neutomischel einen ökumenischen Charakter: ein katholischer Pole  stiftete für „dissidentische Hauländer“  eine evangelische Kirche, und diese Stiftung gründete letztlich die Anfänge der heutigen Stadt Nowy Tomyś.

Die Nachkommen der Hauländer flohen zum Ende des II. Weltkrieges vor der Roten Armee Richtung Westen, und die, die hatten bleiben wollen wurden gezwungen, die Gegend nach dem Jahr 1945 zu verlassen. Über die Jahre, die sich diesen Ereignissen anschlossen, wurden die Friedhöfe dieser ehemaligen Bewohner vergessen. Das Leid des II. Weltkrieges löschte auch die Erinnerungen an die Menschen, die unsere Landschaft mit ihren Wegen, die unsere Dörfer und letztlich sogar unsere Stadt gestaltet haben, aus.

Heute ist aus Erzählungen und Erinnerungen unserer älteren Bewohner zu erfahren, dass Polen und Deutschen zwar miteinander lebten, es aber doch keine große Gemeinschaft gegeben habe. Heute würde man sagen, dass sie nicht ohne einander leben konnten, aber miteinander auch nicht. Nur wenige überschritten diese unsichtbaren Grenzen und machten auch in jenen Jahren keinen Unterschied von Mensch zu Mensch.

Erst wenn es uns mit unserer heutigen Sicht des vereinten Europas gelingt, die aus den unterschiedlichsten Anschauungen und auf unterschiedlichste Weise erzählten Geschichten zu Einer zusammenzufügen, werden wir die ganze Vergangenheit unserer Region darstellen können.

[1.322]

Zygmunt Duda hält seine Rede

Ich hoffe, dass die Gedenkkreuze auf den ehemaligen Friedhöfen, die wir nun schon im 3ten  Jahr aufstellen, neben der Erinnerung der hier Bestatteten uns auch den Geschichtsreichtum unserer Gemeinde erinnern werden und dass sie eine Brücke zwischen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft sein werden. Wenn jemand von Hauländern und Hauländereien spricht, so sollte dieses unweigerlich und untrennbar mit Nowy Tomyśl / Neutomischel  verbunden sein.

Herr Zygmunt Duda begann seine anschließende Rede mit den Worten:  Lob und Dank für diejenigen, die die Vergangenheit näher an der Gegenwart heranbringen.

Er erzählte von seinen Erfahrungen in Bezug auf die evangelischen Friedhöfen in der Gemeinde Opalenica. Ein Aspekt der Friedhofsareale war, dass die Kreuze mit dem Abbild des Jesus Christus vornehmlich in deren Mitte aufgestellt worden waren. Sie waren meist aus Holz gefertigt, sodass sie die vielen Jahre in unsere heutige Zeit nicht überlebt haben, da sie keine Erneuerung erfuhren. Den Rest eines solches Holzkreuzes, so erinnerte er sich,  fand er z. B. vor annähernd 2 Jahren in Sworzyce. Es lag an der Erde, war zwar noch erkennbar, aber auch schon wieder von der Natur überwachsen. In Łęczyce / Lenker Hauland, ehemals zur Gemeinde Opalenica gehörend, fand sich ein umgestürztes aus Beton gefertigtes Kreuz unter der Erde verborgen. Auf der Rückseite war das Jahr 1902 eingeritzt. Es hatte also vom Krieg gebrochen und zerstört die Zeit bis zu seiner Wiederauffindung überlebt. Heute haben wir es wieder an seinem ursprünglichen Platz aufgestellt.

[1.323]

Einwohner von u. Gäste in Bukowiec / Bukowitz

Herr Duda erinnerte auch daran, dass es in unserer Gemeinde noch weitere Friedhöfe gegeben hatte.  Z. B. den von Sątopy / Sontop, oder den von Jastrzębsko Stare / Friedenhorst  und auch den in  Boruja Kościelna / Kirchplatz Borui. Viele Bewohner der Dörfer haben keine Erinnerung mehr, dass die heutigen katholischen Friedhöfe auf den Fundamenten und den Gräbern der ehemaligen evangelischen Bewohner dieser Gemeinden eingerichtet wurden. Und kaum jemand fragt, wo stand hier wohl einmal das erste Kreuz ?

Seine Rede endete mit den Worten: Es ist gut, dass nach so vielen Jahren die Erinnerungen an die Vergangenheit zurückkommen.

Am Ende des offiziellen Teils erinnerte Probst  Marek Celka daran, dass Bukowiec in der Kąkolewska  Straße einen weiteren vergessenen Friedhof hat. Es ist ein katholischer Friedhof.  Auf ihm wurden vornehmlich die Pfarrer von Bukowiec begraben; er bat um Unterstützung in der Arbeit auch dort einen Platz der Erinnerung einzurichten.  http://www.oledrynowotomyskie.e7.pl/cmentarze/galeria.php?katalog=1409 [1.324]

Die Organisatoren luden die Gäste am Ende der Zeremonie zu einer kleiner Erfrischung ein. Bürgermeister Henry Helwing bedankte sich für die Schaffung der richtigen Atmosphäre dieses Treffens, welches über Grenzen die Menschen vereint. Er betonte, dass es die natürlichste  Sache ist, dass wir uns von Land zu Land unterscheiden, aber es sei die Wichtigste , das wir trotz aller dieser Unterschiede freundlich, tolerant und menschlich miteinander umgehen. Er dankte nochmals Allen für die Teilnahme an dieser Gedenkfeier.

Die katholische Pfarrkirche Sankt Peter und Paul in Buk

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Julius Kohte - 1893 / mit Ergänzungen)
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Julius Kohte, Regierungsbaumeister –  beschreibt 1893 im Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen; 3ter Band welches im Auftrag des Provinzial-Verbandes erstellt wurde die die katholische Pfarrkirche Sankt Peter und Paul in Buk.

Die Ausführungen sind hier mit kleinen Einfügungen (kursiv) zum besseren Verständnis wiedergegeben.

Die Bilder sind übernommen von: http://www.buk.wolfnet.pl/koscioly/index.htm der Web-Seite der PARAFIA  PW.  ŚW.  STANISŁAWA  BISKUPA  I  MĘCZENNIKA W BUKU / Parochie des heiligen Bischops Stanislaw und Märtyrers in Buk

Wejście główne

Wejście główne

 

Die katholische Pfarrkirche Sankt Peter und Paul

Patron: der Staat

Einer Kapelle in Buk wird bereits in der Schenkungs-Urkunde von 1257 gedacht (Herzog Przemislaus I. schenkte bei seinem Tode 1257 Buk dem bischöflichen Stuhle von Posen, in dessen Besitze es bis zur preußischen Herrschaft blieb); die Pfarrkirche wird zum ersten Male bei der Teilung des Posener Archidiakonats 1298 genannt (doc. Dipl. No. 357 und 770). Unter Bischoff Andreas III. (1414-26) soll ein Neubau aus Ziegeln stattgefunden haben. Nach dem Einsturze des Turmes 1806 wurde der alte Bau abgetragen und 1846 durch den vorhandenen Neubau ersetzt (Korytkowski II, S. 37).

Dieser Bau ist unter Schinkelschem Einflusse in griechisch-ionischen Formen ausgeführt. Von den drei Schiffen hat das mittlere ein hölzernes Tonnengewölbe und endet im Osten mit einer halbrunden Altarnische; die Seitenschiffe sind flach gedeckt. Die Architekturformen sind in Putz hergestellt und Sandstein nur für die Säulen und Architrave der westlichen Vorhalle verwendet.

Die von der Ober-Baudeputation geprüfte Zeichnung findet sich im Schinkel Museum zu Berlin.

Zum Inventar der Kirche zählen:

Widok wnętrza

Widok wnętrza

Ołtarz główny z obrazem Matki Bożej Literackiej

Ołtarz główny z obrazem Matki Bożej Literackiej

Von den sechs, neuerdings umgegossenen Glocken waren nach einem im Pfarrarchive aufbewahrten Schriftstück von 1836 drei Stücke mit den Durchmessern 3‘4“, 2‘8 ½ “ und 1‘7“ von Adam Huldt in Posen 1767 und 1771 gegossen.

Doppelgrabtafel aus rotem Marmor für Matthias und Stanislaus Niegolewski + 1634 und 1628.

Ida Margarethe Emilie Maennel, geborene Toeffling 1856-1930

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[1.325]

Brief der Ida Maennel an den Bürgermeister Witte zu Neutomischel bzgl. des zu vermachenden Legats - Quelle: Staatsarchiv Poznań, 4385/Akta miasta Nowy Tomyśl, Signatur 14 ("Geschenk der Frau Ida Maennel in Grünberg in Schlesien- Zinsen des Geschenkes sind alljährlich an hiesige Ortarmen zu verteilen) http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/14/

Durch die geschichtlichen Ereignisse der Vergangenheit wissen etliche Menschen nichts mehr über Ihre Vorfahren, deren Heimat und deren Herkunft. Viele Familien wurden auseinander gerissen, viele Menschen starben – und sterben heute wieder – in unsinnigen Kriegen, viele begannen ein neues Leben und begruben die Vergangenheit, viele redeten nie wieder über „das“ was gewesen war.

Heute, wo die Grenzen sich geöffnet haben, wo es die Möglichkeit gibt aufeinander zuzugehen, sich die Hand zu reichen, miteinander zu reden und Freunde zu werden, suchen immer mehr Menschen nach ihren Wurzeln.

Bei Vorfahren, die es zu einer gewissen Berühmtheit gebracht haben sind heute die Biographien vielfach über die Medien im Internet zu lesen. Es gab aber auch die, die ihr „kleines“ Leben lebten, ein Leben von dem heute nichts mehr bekannt ist. Menschen, die sich z. B. einen Doktortitel erarbeiteten und dann als Ärzte oder Lehrer tätig waren, Menschen, die vielleicht als Baumeister an der Errichtung eines Rathauses, eines Wasserwerks oder ähnlichem beteiligt waren, Menschen,die versuchten ihren bedürftigen Mitmenschen das Leben etwas zu erleichtern.

Es wird schwer sein über diese Menschen etwas zusammen zu tragen, wir hoffen, dass es aber trotzdem gelingen wird. Einige kleine Artikel haben wir schon veröffentlichen können, und wir hoffen noch weitere Informationen zu finden; vielleicht weiß der ein oder andere Leser unserer Seite auch um Jemanden, über den hier berichtet werden sollte oder kann sogar zu dem ein oder anderen noch etwas ergänzen ? Wir freuen uns über jede Mitarbeit – unsere Mailanschrift lautet:  Neutomischel.Autorenkontakt@yahoo.de

* * *

Eine dieser in Vergessenheit geratenen Helferinnen, über die hier berichtet werden soll, war Frau Ida Maennel geb. Toeffling. In alten Unterlagen ist zu finden, dass sie der Stadt Neutomischel ein Legat in Höhe von Mark 3.000,00 vermachte und verfügte, dass dessen Zinsen zur Armenunterstützung verwendet werden sollten.

Sie wurde als Ida Margarethe Emilie Toeffling am 15. März 1856 in Neutomischel geboren. Ihre Eltern waren Gustav Ferdinand Carl August (1830-1903) Bürger und Gasthofbesitzer in Neutomischel und dessen Ehefrau Emma Wilhelmine Ottilie Hoffmann (*ca. 1836-1859). Sie heiratete 1880 in Neutomischel Carl Daniel Maennel, welcher am 12 April 1846 in Neutomischel geboren worden war. Er war ein Sohn des in Neutomischel ansässigen Bürgers, Kaufmanns und Dampfmühlenbesitzers Johann Alexander Maennel (*1813) und dessen Ehefrau Johanna Wilhelmine Ottilie Sperling (*1817). Beide stammten also aus einflussreichen und zu ihrer Zeit wohlhabenden Familien.

Vermutlich siedelte das junge Paar unmittelbar nach ihrer Eheschließung nach Grünberg in Schlesien über und betrieb dort die Carl Maennel Dampfmühle und Graupenfabrik. Die in ihrer Ehe geborenen Kinder verstarben sehr früh, sodass es keine Nachfolger gab. Carl Maennel verstarb schon im Jahr 1899 im Alter von 53 Jahren und Ida, seine Witwe wurde mit nur 43 Jahren zur Alleinerbin des erarbeiteten Vermögens. 1903 wurde sie nach dem Tod Ihrer Vaters am 03. September auch dessen Erbin. Soweit wir bis jetzt feststellen konnten war sie die einzige Nachfahrin ihrer Eltern. Über ihre Stiefgeschwister aus der zweiten Ehe ihres Vaters ist bis jetzt noch nichts weiteres bekannt, ggfls. waren diese Miterben.

[1.326]

1904 Die Liste der ersten Zinsertragsausschüttung zur Unterstützung Bedürftiger der Stadt Neutomischel - Quelle: Staatsarchiv Poznań, 4385/Akta miasta Nowy Tomyśl, Signatur 14 ("Geschenk der Frau Ida Maennel in Grünberg in Schlesien- Zinsen des Geschenkes sind alljährlich an hiesige Ortarmen zu verteilen) http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/14/

In einem vom  30.12.1903 datierten Schreiben der Ida Maennel an den Herrn Bürgermeister Witte in Neutomischel heißt es: „Mit Gegenwärtigem erlaube ich mir Ihnen mitzuteilen, daß ich beabsichtige der Stadt Neutomischel von dem Erbe meines verstorbenen Vater’s „Gustav Toeffling“ ein Legat von „Mark 3000“ zu vermachen.“ … und am Ende des Briefes „… persönlich übergeben um gleichzeitig Ihnen meine Wünsche betreffs Verteilung des Zinsen kund zu tun.“

Es wird dann verfügt, dann die Zinsen von Mark 1.500,00 1 x jährlich am 03. September zum Todestag des Vaters, der in dieser Verfügung als Hotelbesitzer und Stadtverordneter benannt wurde, die der zweiten Mark 1.500,00 1 x jährlich am 15. November zum Todestag der Mutter, sie verstarb als Ida Toeffling gerade 3 Jahre alt gewesen war, ausgezahlt werden sollten. Die jeweilige Auszahlungssumme soll den Mindestbetrag von Mark 10,00 erfüllen und durch die Armenverwaltung der Stadt zur Verteilung gelangen. Das Kapital als solches durfte nicht verringert werden und war zinstragend sicher durch den Magistrat der Stadt Neutomischel zu verwalten.

Der erste zu verteilende Zinsertrag auf den 1sten Teilbetrag von Mark 1.500,00 belief sich auf Mark 123,09 zum 03. September 1904; für den 2ten Teilbetrag von wiederum Mark 1.500,00 verzögerte sich die Zinsaufteilung bis zum November 1905, an welchem dann Mark 105,00 ausgeschüttet werden sollten.

Es erhalten als Unterstützungbedürftige, so die Liste der ersten Ausschüttung:

  1. Mark 10,00 – Zithier, Ottilie – Ortsarme
  2. Mark 10,00 – Olszewski, Pauline – Ortsarme
  3. Mark 10,00 – Hoffmann, Minna – Schneiderin
  4. Mark 13,09 – Bertin, Marin – Fräulein (der Betrag wurde vermutlich aufgerundet auf Mark 15,00)
  5. Mark 10,00 – Schüttkow, Berta – Ortsarme
  6. Mark 10,00 – Janott, Juliane
  7. Mark 10,00 – Marciyewski, Marianna – Ortsarme
  8. Mark 10,00 – Szymanska, Marianna- Ortsarme
  9. Mark 10,00 – Olszewski, ? – Tischler
  10. Mark 10,00 – Puterczyz, Vincent – Arbeiter
  11. Mark 10,00 – Kuss, Ernestine Juliane – Arbeiterin
  12. Mark 10,00 – Krüger, ?

Mit Beschluss vom 26. Mai 1908 verlieh die Stadt die Mark 3.000,00 als Hypothekendarlehen mit einer Verzinsung von 4,5 % auf das Grundstück Kirchplatz Borui No. 42 welches dem Gasthofbesitzer „Gasthof zur Hopfenblüte“ Oskar Kern gehörte. Eine Rückzahlung erfolgte durch Elfriede Kern per 01. Januar 1919. Das Geld wird anschließend ab dem 01. April 1919 wiederum als Hypothek mit einer Verzinsung von 4 ½ % jährlich an den Lehrer Edmund Matzke in Kirchplatz-Borui verliehen.

[1.327]

1919 - die letzten Aufzeichnungen zur Zinsverwendung und Anlage des Kapitals - Quelle: Staatsarchiv Poznań, 4385/Akta miasta Nowy Tomyśl, Signatur 14 ("Geschenk der Frau Ida Maennel in Grünberg in Schlesien- Zinsen des Geschenkes sind alljährlich an hiesige Ortarmen zu verteilen) http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/14/

Bis 1919 ist auch die Verteilung der Zinserträge an Unterstützungbedürftige mit Listen nachzuvollziehen; hier die Abschrift der letzten Verteilung

  1. Mark 10,00 – Goldmann, Ernestine – Witwe
  2. Mark 10,00 – Koeth, Rosalie – Witwe
  3. Mark 00,00 – Roek, Emma – unverehelicht (wurde gestrichen)
  4. Mark 15,00 – Wilhelm, Paulina – ?
  5. Mark 15,00 – Franzkowiak, Maria – Witwe
  6. Mark 10,00 – Kechlow, Mathilde – Witwe  *
  7. Mark 10,00 – Baum, Maria – Witwe
  8. Mark 10,00 – Kruschel, Juliane – Witwe
  9. Mark 10,00 – Lange, Wilhelmine – Witwe
  10. Mark 10,00 – Schanzenbach, Ernestine – Witwe
  11. Mark 10,00 – Peterczyk, Michalina – Witwe
  12. Mark 10,00 – Kechlow, Mathilde – Witwe *                     (sie erscheint 2 x auf der Liste)

Ja . . . und danach verläuft sich jeder weitere Hinweis auf das Legat und dessen Bestimmung zur Armenunterstützung.

Ida Margarethe Emilie Maennel geborene Toeffling verstarb am 27. Mai 1930 in Dresden.

* * *

Das Legat
Durch das Legat erhält der Bedachte einen Anspruch auf eine bestimmte Sache oder einen Geldbetrag aus dem Vermögen des Erblassers. Er wird dadurch nicht Erbe, sondern hat lediglich Anspruch auf den / die genannten Gegenstände respektive den Geldbetrag. Dabei dürfen jedoch Pflichtteile nicht verletzt werden. Legatnehmer haften nicht für Schulden des Erblassers.

Preußens Hopfenkönig Joseph Jacob Flatau

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Rosemarie Köhler 1991/1992)
am in Hopfen,Juden,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[1.328]

J.J. Flatau. Nach einer Photographie – Aufn. aus Privatbesitz

Frau Rosemarie Köhler und Herr Ulrich Kratz-Whan veröffentlichten im Jahr 1992 im Haude & Spener Verlag das Buch „Der Jüdische Friedhof Schönhauser Allee“. Frau Köhler schrieb uns: sie sei bei den Recherchen für dieses Buch auf das Grabmal der Familie Flatau gestoßen ist und dass sie dann Näheres über die Familie gesucht und gefunden habe. Der nachfolgende Artikel entstand aus dem Recherche Material. Frau Rosemarie Köhler erlaubte uns diesen auf unserer Internetseite zu veröffentlichen, wofür wir uns hier nochmals bedanken !

Das Grab des Joseph Jacob Flatau (15.10.1812-28.02.1887) – Grabstätte 60/W4 – ein „… schlichter, vergilbter Grab­stein neben der Erbbegräbnisstätte Moritz Manheimer (Nr. 170)…“ besteht noch, da auf jüdischen Friedhöfen keine Gräber eingeebnet werden dürfen. Eingefügt wurde in dieser Veröffentlichung eine Abbildung des Porträts des Joseph Jacob Flatau. Das Foto des Erbbegräbnisses wurde im Original Artikel veröffentlicht.

 * * *

Zu den vergessenen Berliner Friedhöfen gehört der alte Jüdische Friedhof Schönhauser Allee, der 1827 angelegt und 1880 geschlossen wurde. Umgeben von Mietskasernen, umtost von brausendem Verkehr, liegt der 5 ha große jüdische Begräbnisplatz mit seinem efeuüberwucherten Gräbern, die teils durch Kriegseinwirkungen und teils durch Rowdytum in der Nachkriegszeit zerstört oder beschädigt wurden, wie eine stille Oase im Berliner Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg.

Nur selten verirren sich Besucher hierher, um die Gräber der prominenten Toten wie des Malers Max Liebermann, des Komponisten Giaccomo Meyerbeer und des Bankiers Gerson von Bleichröder zu besuchen. Vergessen sind viele, die das geistige, kulturelle und wirtschaftliche Leben Berlins im vergangenen Jahrhundert geprägt haben.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts konnten es viele Menschen zu beachtlichem Ruhm und Reichtum bringen, wenn sie auf den „Zug der Gründerjahre setzten“. Zu ihnen gehörte zweifellos „Preußens Hopfenkönig“ Flatau„.

Durch den von ihm mit großem Ehrgeiz und weitreichendem Sachverstand betriebenen Anbau des Hopfens verhalf er Preußen zu einem wichtigen Zweig des Nationalreichtums.

Joseph Jacob Flatau (1812-1887) genoss eine kaufmännische Ausbildung, die er durch volkswirtschaftliche Studien und Reisen ins Ausland vertiefte und erweiterte. In Belgien hatte er den Hopfenanbau kennengelernt, und sein wacher Verstand und sein Gespür für künftige Entwicklungen ließen in ihm den Entschluss reifen, in Preußen mit dem Hopfenanbau zu beginnen. 1838 führte er Wurzelsprossen und Fechser aus Böhmen und Bayern ein und begann mit dem Hopfenanbau in Neutomysl. Neutomischel (Neutomyschl), Kreisstadt im preußischen Regierungsbezirk Posen, wurde 1786 von deutschen Ansiedlern gegründet und zwei Jahre später zur Stadt erhoben.

Seinen Bemühungen ist es zu verdanken, dass in Neutomysl „zwanzig Tausend Menschen durch den Hopfenbau ihren Erwerb finden, dass der Ernteertrag auf 2.200.000 Thl. geschätzt wird und dass der früher ärmste Kreis der Provinz Posen (und das will viel heißen) durch diesen Hopfenbau sich eines wachsenden Wohlstandes erfreuet.“ (1)

In der Schrift „Der praktische Hopfenbau und Hopfenhandel“ aus dem Jahre 1862 (2) heißt es: „Für den Neutomysl’er Hopfen war das Erscheinen des Kaufmanns Joseph im Jahre 1837 in Neutomysl von großem Erfolge. Derselbe erkannte nicht allein die Güte der um Neutomysl produzierten Ware, sondern er war auch bemüht, uneigennützig und mit manchen Opfern eine Vermehrung der Produktion herbeizuführen und auf die immer noch mögliche Verbesserung der Ware hinzuwirken. In landwirtschaftlicher, so wie überhaupt in wissenschaftlicher Beziehung, durch Einführung ausländischer Fechser (d.s. Stecklinge), durch Belehrungen in der Cultur und durch die Einführung des Neutomysler Hopfens auf dem Weltmarkt, hat sich der Banquir J.J. Flatau, gegenwärtig in Berlin wohnhaft, um den Neutomysler Hopfen große Verdienste erworben. Der Neutomysler Hopfen hat bereits folgende Auszeichnungen erhalten:

  1. Das Diplom Sr. Kaiserl. Hoheit des Prinzen Napoleon Bonaparte bei der Gelegenheit der Welt-Ausstellung in Paris,
  2. Die goldene Medaille 1. Cl. Der National-Akademie für Ackerbau zu Paris
  3. Die Medaille 2. Cl. Des Kaiserl. Acclimatisation-Vereins in Paris
  4. Die Medaille der Versammlung deutscher Land- und Forstwirte in Coburg

und es folgen weitere 13 ehrenvolle Auszeichnungen

Erbbegräbnis Flatau mit Gedenkstein (rechts) - Foto: Joachim Donath (O-1071 Berlin) [1.329]

Erbbegräbnis Flatau mit Gedenkstein (rechts) – Foto: Joachim Donath (O-1071 Berlin)

Hopfen wurde für die deutschen Brauereien überwiegend aus dem Ausland, sogar aus Amerika, eingeführt. Der clevere Flatau schob dem einen gewinnbringenden Riegel davor. „Aus Erfahrung wohl wissend, dass der amerikanische Hopfen auf den Preis drückend wirken muss, war auch die Beschleunigung des Verkaufs des Neutomysler Hopfens geboten, bevor der amerikanische Hopfen auf dem Festland anlangt, wozu sechs Wochen nach der Ernte nötig sind. Es ist mir dieses auch gelungen, denn sechs Wochen nach der Ernte war das Produkt aus den Händen der Produzenten. Der jetzige Bestand um Neutomysl dürfte nur noch höchstens 2.000 Centner sein, welche zu billigerem Preise verkauft werden müssen, 18.000 Centner sind verkauft“ (3)

Später waren die preußischen Brauer nicht nur weitgehend von Einfuhren unabhängig, sondern Flatau konnte den qualitativ hochwertigen Hopfen aus dem Posener Land sogar nach Böhmen, Frankreich und England exportieren.

Hopfen muss nach der Ernte schnell verarbeitet werden, er ist nur begrenzt lagerfähig. Deshalb gingen Flataus Bemühungen dahin, Konservierungsmetholden zu erproben. Offenbar war er auch hier erfolgreich, denn um seine Abnehmer von der Qualität des konservierten Hopfen zu überzeugen, führte er auf seinen Vortragsreisen hermetisch verschlossene Blechbüchsen mit sich, die Hopfen enthielten, der 20 Jahre zuvor eingeschlossen worden war; „Ich stelle die Öffnung der Büchse anheim, um zu beurteilen, ob auf diese Weise die Conservierung des Hopfens durch so viele Jahre einigermaßen möglich ist.“ (4)

Unermüdlich experimentierte Flatau, um die empfindlichen Pflanzen gegen Krankheiten, Wetterstürze und unsachgemäße Behandlung zu schützen. Der Wohlstand einer ganzen Region vermehrte auch sein Vermögen. Am 3. Dezember 1860 hielt Flatau einen Vortrag bei der Landwirtschaftl. Central-Vereins-Versammlung in Potsdam (in Gegenwart Sr. Königl. Hoheit, des Kronprinzen von Preußen, als Protektor des Vereins und des Hrn. Minister Grafen v. Pückler). In dieser Versammlung wurde eine Prämie von 150 Talern für denjenigen ausgesetzt, welcher binnen drei Jahren den besten und umfangreichsten Hopfenbau im Reg. Bezirk Potsdam haben würde. (5) Vermutlich erhielt Flatau diesen Preis, denn in seinem Vortrag konnte er schon auf seine bisherigen Erfolge hinweisen: „Bald nach der Ernte wurde der Hopfen in Neutomysl mit 45 Talern pro Centner angeboten, da die Produzenten die ungünstigen Ernteresultate des Auslandes noch nicht kannten, und das Ausland von den Ernteresultaten um Neutomysl noch nicht unterrichtet war. Zwei Tage darauf stieg derselbe jedoch auf 60, dann auf 90, 100 und so binnen 14 Tagen auf 160 Taler pro Centner, und fand zu diesem Preis seinen Absatz nach Bayern, Böhmen, Frankreich und England. Nehmen wir den Durchschnittspreis nur auf 110 Taler pro Centner an, so hat die diesjährige Hopfenernte um Neutomysl einen Brutto-Ertrag von 2.200.000 Talern geliefert.“ (6)

Der Anbau von Hopfen war in Preußen nicht unbekannt. Friedrich der Große hatte in Potsdam den Hopfenanbau gefördert, in Schlesien und im Regierungsbezirk Trier wurden große Mengen Hopfen angebaut. Die kleine Stadt Buckow in der Mark Brandenburg hat in ihrem Kirchen- und Staatssiegel eine Hopfenranke. Aus den Schriften von Flatau geht aber hervor, dass bis 1830 in Preußen kein Hopfen in nennenswerten Mengen angebaut wurde. Flataus Verdienst – im doppelten Sinne für die Volkswirtschaft und für seinen eigenen Reichtum – war es, der steigenden Nachfrage, die durch den erhöhten Bierkonsum entstand, durch den Hopfenanbau nachzukommen.

Über die Persönlichkeit Flataus ist nicht Näheres bekannt, ein Porträt nicht aufzufinden. Seine letzte Ruhestätte hat Flatau in einem Erbbegräbnis in Form eines Wandgrabes gefunden, in dem, wie nach jüdischem Brauch üblich, Gedenksteine für die verstorbenen Familienangehörigen aufgestellt wurden.

Sein Grabstein ist schlicht, und nichts erinnert heute mehr an den Mann, der mit Umsicht und Tatkraft den Hopfenbau in Preußen begonnen und erfolgreich betrieben hat.

Anmerkungen:

(1)    Ueber Hopfenbau v. Jos. Jac. Flatau, Berlin, Verlag von Gustav Bosselmann, 1861, S. 6
(2)    Der praktische Hopfenbau und Hopfenhandel, zweiter Teil, dargestellt durch von Saher, Frankfurt a.O., Verlag der Hofbuchdruckerei von Trowitzoch und Sohn, 1862, S. 9
(3)    wie (1), Seite 12
(4)    wie (1), Seite 13
(5)    wie (1), Seite 9
(6)    wie (1), Seite 18/19

Das Buch „Der jüdische Friedhof Schönhauser Allee“ von Rosemarie Köhler und Ulrich Kratz-Whan erschien 1992 im Verlag Haude & Spener, Berlin, ISBN 3-7759-0340-2

Die katholische Pfarrkirche Sankt Michael in Wytomysl

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Julius Kohte - 1893 / mit Ergänzungen)
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[1.330]

Die kathol. Pfarrkirche zu Wytomysl – Fotos von Błażej Lipiecki – www.wytomysl.rox.pl/

Im Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen; 3ter Band welches im Auftrag des Provinzial-Verbandes erstellt wurde; beschreibt Julius Kohte – Regierungs Baumeister – im Jahr 1893 die katholische Pfarrkirche Sankt Michael zu Wytomischel nebst ihrem seinerzeit vorhandenen Inventar.

Die Ausführungen sind hier mit kleinen Einfügungen (kursiv) zum besseren Verständnis wiedergegeben und erweitert.

Besondere Bedeutung hatte eben diese katholische Pfarrkirche, mit einem der ersteren noch hölzernen Gebäude,  für die ersten protestantischen Siedler der Herrschaft Tomysl: sie hatten in Wytomysl ihre Eintragungen der Geburten und Eheschließungen vorzunehmen.Mit der Entzifferung der noch teilweise vorhandenen Kirchenbücher kann für die ein oder andere Kolonistenfamilie der Zeitpunkt ihrer Ansiedlung eingegrenzt werden.

Erst mit der Errichtung der ersten evangelischen Kirche in den Jahren 1779/1780 auf Glinau’schem Grund unterblieben diese Aufzeichnungen in den katholischen Kirchenbüchern. Diese erste 1779/1780 errichtete evangelische Kirche, welche heute das katholische Gotteshaus „Herz Jesu“ ist und unter Denkmalschutz steht, gilt als Wahrzeichen der Stadtgründung von Nowy Tomysl.

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Der Innenraum – Fotos von Błażej Lipiecki – www.wytomysl.rox.pl/ [1.331]

Der Innenraum – Fotos von Błażej Lipiecki – www.wytomysl.rox.pl/

Im Dorf Wytomischel, ca. 8 km nordöstlich von Neutomischel gelegen, ist die Katholische Pfarrkirche Sankt Michael zu finden.

Der Glockenturm – Fotos von Błażej Lipiecki – www.wytomysl.rox.pl/ [1.332]

Der Glockenturm – Fotos von Błażej Lipiecki – www.wytomysl.rox.pl/

Pfarrer der Kirche werden urkundlich 1250 und 1294 genannt (Cod. Dipl. No. 286 und 720).

Die Kirche ist als geputzter Ziegelbau, im Jahre 1800 errichtet (Jahreszahl und Wappen der Grundherrn Felix und Victor Szołdrscy in einem Fenster), sie ist einschiffig, mit zwei symmetrischen Kapellen erbaut. Die beabsichtigte Wölbung unterblieb.  Laut Überlieferungen soll sie der 4te Kirchbau des Dorfes sein, nachdem ihre hölzernen Vorgängerinnen jeweils Opfer von Bränden wurden.

Zum Kircheninventar gehören:

Die Kirche verfügt über drei Glocken von 77, 63 und 55 cm Durchmesser, am Halse findet sich die Umschrift: Johann Christian Bruck goss mich in Posen anno 1730

Im Glockenturm – Fotos von Błażej Lipiecki – www.wytomysl.rox.pl/xxx [1.333]

Im Glockenturm – Fotos von Błażej Lipiecki – www.wytomysl.rox.pl/xxx

Oscar August Theodor Lengert (geb. 1866)

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung Gudrun Tabbert)
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[1.334]

Erste Seite der Dissertationsarbeit

Oscar August Lengert wurde 1866 in Glinau als Sohn des Johann August Lengert (geb. 1845 in Sontop) und dessen Ehefrau Auguste Ernestine Emilie Pauline geb. Woyth (geb. 1846 zu Sielinko Forsthaus) geboren. Die Familie übersiedelte um das Jahr 1876 herum nach Fraustadt.

Oscar Lengert verfasste zur Erlangung der Doktorwürde seine Dissertation zur schottischen Romanze „Roswall und Lillian“. Er war in verschiedenen Lehrämtern tätig. Er war, so ist es seinem Personalbogen zu entnehmen, verheiratet und hatte zumindest ein Kind – leider fehlen zu seiner Familie weitere Einzelheiten sowie auch Bildmaterial.

In der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung  fand sich der Personalbogen zum weiteren Werdegang des Oscar August Lengert (sh. Abbildung 1-4); die Veröffentlichung ist zu finden und einzusehen unter: http://www.bbf.dipf.de/cgi-opac/hans.pl?x=u&t_show=x&wertreg=PER&wert=lengert%2C+oskar+[1868-]&reccheck=182949


L E B E N S L A U F.

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Personalbogen -4-

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Personalbogen -3-

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Personalbogen -2-

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Personalbogen -1-

Ich, Oscar Lengert, Sohn des Lehrers August Lengert und seiner Ehefrau Ernestine, geb. Woydt, evangelischer Konfession, wurde am 28. Februar 1868 in Glinau, Kreis Neutomischel, Prov. Posen, geboren.

Den ersten Unterricht erteilte mir mein Vater, welcher seit Michaeli 1877 in Fraustadt amtiert. Ostern 1878 trat ich daselbst in die Sexta der damaligen Realschule I. ordn. ein. Ich verließ diese Anstalt, welche inzwischen zum Realgymnasium erhoben worden war, Ostern 1887 mit dem Zeugnis der Reife und bezog darauf die Universität Breslau, um mich dem Studium der neueren Sprachen zu widmen. Ich hörte die Vorlesungen der Herren Professoren B. Erdmann, O. Erdmann, Galle, Gaspary, Kölbing, Schäfer, Vogt, des Herrn Privatdozenten Bobertag und der Herren Lektoren Lentzncr, Pillet, Pughe. Mehrere Semester nahm ich als ordentliches Mitglied an den Übungen des romanisch englischen Seminars teil.

Allen meinen Lehrern fühle ich mich für die Förderung meiner Studien zu hohem Danke verpflichtet, ganz besonders aber Herrn Professor Dr. Kölbing, welcher mich zu einer eingehenderen Beschäftigung mit der Romanze ‚Roswall and Lillian‘ anregte, mir das von ihm gesammelte Material bereitwillig zur Benutzung überließ und die Veröffentlichung dieser Abhandlung in den Englischen Studien veranlasste.

 * * *

Aus dem Personalbogen ist zu entnehmen, dass Oscar Lengert sein Reifezeugnis am 24. März 1887 am kgl. Realgymnasium Fraustadt erlangte. Sein Universitätsstudium absolvierte er an der Universität Breslau vom Sommersemester 1887 bis Ende des Wintersemesters 1891/92. Die 1. Lehramtsprüfung legte er am 08. Februar 1895 in Breslau in den Fächern Englisch für alle sowie Französisch u. Deutsch für mittlere Klassen ab. Die Wiederholungsprüfung war dann am 08. Mai 1896, wiederum in Breslau, nun für die Fächer Französisch und Englisch für alle, Deutsch für mittlere Klassen, sowie Religion und Latein für untere Klassen.

Vor Eintritt in den höheren Schuldienst erteilte er Unterricht an der Militärvorbereitungsanstalt „Borussia“ in Breslau – von Juli 1891 bis Ende September 1893 und nochmals von Anfang Oktober 1894 bis Anfang Januar 1896.

Das Seminarjahr leistete er vom 01. April 1896 bis 1897 an der mit der kgl. Ritterakademie zu Liegnitz verbundenen Seminaranstalt. Im Anschluss erfolgte das Probejahr vom 01. April bis 30. September 1897 in Vertretung eines Oberlehrers am kgl. Realgymnasium Tarnowitz und vom 01. Oktober 1897 bis zum 31. März 1898 zur Vertretung eines Oberlehrers am kgl. Gymnasium in Öls (Schlesien).

Es folgte per 01. April 1898 die Feststellung der Anstellungsfähigkeit in Preußen. Oscar Lengert war im Anschluss als Hilfslehrer in Strehlen (Schlesien), in Gleiwitz und in Sprottau tätig. Mit dem 01. Januar 1899 erfolgte die Berechnung der ersten festen Anstellung im höheren Schuldienst Preußens. Nun schliessen sich Anstellungen in der Zeit von 1900 bis 1920 in Sprottau, Tarnowitz und in Breslau an.

Den Titel Dr. phil. erwarb sich Oscar Lengert am 23. Januar 1892 in Breslau. Als Datum der Verleihung des Charakters als Professor findet sich der 07. Februar 1911 (Ministrialerl. 21 II 16196) und als Datum der Verleihung des Ranges der Räte IV. Klasse der 25. Juli 1911.

 

Die evgl. Holzkirche zu Rakwitz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Professor Dr.-Ing. Alfred Grotte, Oberlehrer in Breslau (bisher Posen) – 1920)
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[1.339]

Rakwitz – ehemalige evgl. Kirche – Aufn. 2010/09

Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um einen Auszug aus dem 1920 erschienen Artikel: „Beiträge zur Entwicklung des protestantischen Holzkirchenbaues im Posener Lande“

Nach dem Erscheinen seines Artikels über die Laubenhäuser zu Rakwitz (http://oledry.pl/de/die-laubenhaeuser-zu-rakwitz/), vervollständigen seine Ausführungen zu der Holzkirche in Rakwitz seine Baubeschreibungen des Städtchens. Der hier veröffentlichte Beitrag ist eine gekürzte Version des Originals. Alle Schwarzweiß Aufnahmen wurden der Original Veröffentlichung entnommen; die Farbphotos zeigen die ehemalige Kirche, das jetzige Feuerwehrmuseum, im September 2010.

Die hier im Vergleich ab und an erwähnte evgl. Holzkirche zu Obersitzko wurde 1911 abgerissen, das Kircheninnere wurde kurz vor dem Abbruch von dem Posener Kunstmaler Heinrich Blanck gemalt; das Bild und seine Wiederholung wurden seinerzeit von der Baugewerbeschule bzw. vom Museum in Posen erworben, über den jetzigen Aufenthalt des Gemäldes ist uns nichts bekannt.

In diesem Artikel werden Akten und Bücher mit „bemerkenswerten“ Begebenheiten der Geschichte der Kirche erwähnt, leider haben wir bis heute dazu nichts weiter, in den uns bis jetzt zugängigen Archiven, finden können.

Die Gesamtveröffentlichung ist zu finden in der digitalen Bibliothek DBC Dolnoslaska Biblioteka Cyfrowa (http://www.dbc.wroc.pl/dlibra) Zeitschrift für Bauwesen Jhrg. 70 /1920

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Abb. 2 Evangel. Kirche in Rakwitz; erbaut 1662, Turm von 1781

In einer Studie, die Baurat Kohte – Berlin der „Geschichte des protestantischen Kirchenbaues in der Provinz Posen“ widmet, spricht er mit vollem Rechte von der geringen Beachtung, die man den anspruchslosen Holzbauten bisher gewidmet, und dass man versäumt habe, „ihre Gestalt vor der Zerstörung in Wort oder Bild aufzunehmen und der Nachwelt zu überliefern“.

… in den zahlreichen Siedlungen Kirchen für die protestantischen Ansiedler neu anzulegen, stellte diese vor ein völlig neues Bauprogramm. Mit Recht sagte Kohte: „die Not wurde zum Segen“. Und darin liegt vielleicht die größte Bedeutung für die baukünstlerische Entwicklung des protestantischen Kirchenbaues; denn es galt die Frage „nach der zweckmäßigsten Gestalt des protestantischen Gotteshauses“ zu lösen. Eile tat not, die Mittel waren gering. Man wählte den Holzbau, der in dem steinarmen und holzreichen Polen der gegebene Werkstoff war.

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Abb. 1 Neue evangl. Kirche in Obersitzko

Gleichwohl schien man sich anfangs von der katholischen Überlieferung nicht trennen zu können, wie der erste Bau dieser Art in Bauchwitz erweist, der, in Blockbauweise erstellt, östlich einen rechteckigen Chorraum aufweist. Den gleichen Grundriss weist (nach Kothe) auch die benachbarte Blockholzkirche in Lagowitz auf. Anklänge an ältere Grundrissbeispiele weisen ferner auf, die kreuzförmigen Anlagen der Fachwerkkirchen in Schlichtigsheim und Bojanowo (1857 durch Brand zerstört).

Reine, von der Überlieferung unbeeinflusste, und natürliche Zweckform zeigen uns indessen eine Reihe Kirchenbauten jener Zeit. Sie haben ausgesprochene „Scheunenform“, d. h. den ungegliederten rechteckigen Grundriss. Sollte hier das Innere dem gottesdienstlichen Zweck angepasst und die nüchterne Kahlheit vermieden werden, so musste durch Einbauten, Scheingewölbe und vor allem durch Malerei für eine würdige Innendekoration gesorgt werden. Und das ist fast immer in – wenngleich meist naiver – so doch künstlerisch befriedigender Weise erreicht worden.

Nachstehend sollen drei bemerkenswerte Beispiele dieser Arte Posener Holzkirchen näher gewürdigt werden: die Fachwerkkirchen in Obersitzko, Rakwitz und das in Bohlenbauweise errichtete kleine Kirchlein in Ehrbahrdorf.

In dieser gekürzten Version des Aufsatzes wurde lediglich der Abschnitt der Kirche zu Rakwitz übernommen …

… Verwandt im Grundriss und Aufbau mit dem Kirchlein in Obersitzko ist die noch erhaltene Holzkirche in Rakwitz. Die Vorgeschichte dieser Stadt, die als von polnischer Seite bewirkte deutsche Ansiedlung anzusehen ist, mag gerade in gegenwärtiger Zeit, da diese deutsche Stadt dem neuen Polen zugesprochen wird, besondere Beachtung verdienen. Sie ist in des Verfassers Aufsatz in dieser Zeitschrift (1918 – Die Laubenhäuser von Rakwitz) eingehend behandelt und braucht hier nicht wiederholt zu werden.

Die Kirche ist (nach Kohte) 1662 errichtet, also gleichzeitig mit dem Bau des Städtchens. Sie zeigt die gleich Grundrissanlage wie Obersitzko (… der Grundriss zeigt ein Rechteck von etwa 17/11,5m; die ausgemauerten Fachwerkstiele sind 21 cm breit. Die dreischiffige Anlage zeigte ringsumlaufende Emporen in zwei Geschossen, den ins Mittelschiff vorgeschobenen Altar und die Kanzel an einer Stütze des südlichen Seitenschiffes. Das Mittelschiff ist auffallender weiser, entsprechend der Dachstrebenform, mit abgekanteter, verschalter Decke versehen …) , ist aber im Mittelschiff mit einer Scheintonne überdeckt, deren Brettfugen mit Leistenüberdeckung und profilierten, schmalen Graten versehen sind. Die Zimmerarbeit ist recht reif, aber im Gegensatz zu Obersitzko mit seinen urwüchsigen Stützen und Knaggenformen, wird hier der künstlerisch-malerische Eindruck durch die gekünstelten, glatten Formen verwischt. Es fehlt auch die reiche Farbenwirkung der Malerei; der Eindruck ist ziemlich nüchtern und eintönig. Auffallend ähnlich sind die beiden Altäre, und es nicht von der Hand zu weisen, dass hier der gleiche Meister tätig war, hier wie dort den Altar durch eine Figur des neuen bzw. alten (Moses) Testamentes flankierend.  Die Binderbalken sind sichtbar gelassen und mit zarten Profilen allseitig versehen, während die Emporenbalken glatt gehobelt in die Erscheinung treten. Die Kanzel, die in Obersitzko einen auffallenden, an gute Beispiele des katholischen Barock gemahnenden Reichtum aufweist, ist hier schlicht und wenig ansprechend, mutmaßlich dem nüchternen Handwerksmeister des Kirchenbaues selbst zuzuschreiben. –

[1.341]

Abb. 3 Blick nach dem Altar

[1.342]

Balkenkonstruktion auf den Emporen – Aufn. 2010/09

Der von unten auf verbretterte Turm ist auch hier später (1781) errichtet (die Mittel hierzu waren der Gemeinde testamentarisch durch einen wohlhabenden Bürger zugefallen); in seiner Form ist er dem zu Obersitzko ungemein ähnlich.

Über die Geschichte der Kirche wird in deren Akten und Büchern manches Bemerkenswerte berichtet. Wir erfahren, dass der Starost die Einwilligung zum Baue nur zögernd gab. Der erste Geistliche der jungen Gemeinde, Christof Eccard, verließ sein Amt „wegen höchst widriger Schicksale und wegen Mangels des notdürftigen Lebensunterhaltes“ – wie er selbst ins Kirchenbuch schreibt. 1682 erfolgte eine Ausbesserung des Gotteshauses, zu welcher die Nachbargemeinden (vor allem das eingepfarrte Grätz) beisteuerten. Die Evangelischen standen unter der Aufsicht des Propstes, der ihnen, als 1703 das Dach schadhaft wurde, nur die Erneuerung einiger Schindeln gestattete. Als er aber auf einige Zeit abwesend war, ließ der Kirchenvorstand eine Dachseite ganz, die andere zur Hälfte umdecken, wofür 10 Dukaten Strafe entrichtet werden mussten.

Nicht minder eigenartig vollzog sich 1763 die Ausbesserung der mittlerweile morsch gewordenen Außenmauern. Aus Furcht wurden diese hart hinter den vorhandenen von innen aus ausgeführt, wobei indessen polnische Mitbürger heimlich und unentgeltlich behilflich waren. Der katholische Geistlich ließ den Bau scheinbar unbemerkt ausführen, verlangte aber hernach für den Fürstbischof und das katholische Konsistorium eine Geldbuße von 200 Dukaten; außerdem sollten zwei Mitglieder des Konsistorium je 24 Dukaten erhalten, damit ihr Bericht in dieser Sache an ihre Behörde für die Evangelischen günstig erstattet werde. Auch die Frau Starostin erhielt „für ihre Hilfe und geleisteten Schutz“ gemäß ihrer Forderung 100 Dukaten.

[1.343]

Abb. 4 Kanzel

Blick über die Emporen zum Tonnengewölbe - Aufn. 2010-09 [1.344]

Blick über die Emporen zum Tonnengewölbe – Aufn. 2010-09

Ein unerwarteter Umbau der Kirche fand im Sommer 1705 statt, als in Rakwitz schwedische Soldaten im Quartier lagen. Auf Befehl des Rittmeisters wurde das Gotteshaus gründlich ausgebessert und alte Wände durch neue ersetzt, auch ein neues Pflaster um das Gebäude gelegt.

Die katholische Pfarrkirche der Himmelfahrt S. Mariä in Neustadt b. Pinne

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Julius Kohte (1893) mit Ergänzungen)
am in Bez kategorii,Kirchen,Neustadt bei Pinne | Kommentare sind deaktiviert
[1.345]

Die kathl. Pfarrkirche der Himmelfahrt heute – Aufn. SK 06/2011

Im „Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen“; 3ter Band welches im Auftrag des Provinzial-Verbandes erstellt wurde; beschreibt Julius Kohte – Regierungs Baumeister – 1893 die katholische Pfarrkirche nebst ihrem Inventar.

Die Ausführungen sind hier mit kleinen Einfügungen (kursiv) zum besseren Verständnis wiedergegeben. Die Schwarz-Weiß- Aufnahmen wurden zur Verfügung gestellt von Szymon Konieczny (www.ziemialwowecka.pl [1.346]); die Bilder sind erschienen in der Chronik  der Stadt – veröffentlicht und geschrieben von Maria Mitrenga und Franciszek Łuczak.

[1.347]

Die pompöse Umfriedung der Pfarrkirche – Aufn. 1934

 

Die Kirche ist Sankt Johannes dem Täufer und Sankt Johannes dem Evangelisten geweiht; Patron war: die Gutsherrschaft

Über den Ursprung der Kirche ist nichts bekannt. In den Jahren 1646, 1696, 1738 und 1813 hatte sie durch Feuersbrunst zu leiden (Jahreszahlen im nördlichen Seitenschiff).

Innenraum der Pfarrkirche, im Hauptaltar findet sich eine Kopie eines Bildes von Guido Reniego "Auferstehung der Jungfrau Marie) [1.348]

Innenraum der Pfarrkirche, im Hauptaltar findet sich eine Kopie eines Bildes von Guido Reniego „Auferstehung der Jungfrau Marie)

Das Gebäude ist ein spätgotischer, gegenwärtig überputzter und verstümmelter Ziegelbau, und verfügt über eine dreischiffige Hallenkirche. Das Mittelschiff hat sechs rechteckige Joche, die Umfassungsmauern  der Seitenschiffe sind im letzten östlichen Joche in diagonaler Richtung nach dem Mittelschiffe hinübergezogen. Dem Mittelschiffe schließt sich noch ein geviertförmiger, in der Barockzeit turmartig erhöhter Altarraum an; zugleich setzen sich die Seitenschiffe, wenn auch etwas niedriger, bis zur Ostmauer desselben fort. Westlich stand vor dem Mittelschiffe ein Turm, welcher 1813 einstürzte und seitdem abgetragen wurde. Neben dem nördlichen Seitenschiffe liegt ein zweites niedrigeres Schiff, welches sich ehemals mit Spitzbogen gegen jenes öffnete, aber jetzt teilweise als Sakristei und Schatzkammer ausgebaut ist.

[1.349]

Der Abbruch des alten hölzernen Glockenstuhls; gem. Anordnung der deutschen Besatzungsmacht waren die Glocken abzuliefern und die Umzäunung zu entfernen – Aufn. 1941

Auf der Südseite befindet sich eine alte Vorhalle. Ursprünglich war die Kirche überall mit Sterngewölben überdeckt; doch sind die über dem Mittelschiffe und dem Hochaltare im 17. oder 18. Jahrhundert durch schaftkantige Kreuzgewölbe ersetzt worden. Die Pfeiler der Kirche sind einfach rechteckig und an den Kanten um einen halben Stein ausgeeckt. Lichte Breite der drei Hauptschiffe ist 14,30 m, des Mittelschiffes 6 m.

An einem der Sterngewölbe der nördlichen Abseite (jetzt Schatzkammer) sind unter der Tünche Reste ornamentaler Renaissance-Malerei erhalten.

Der Hochaltar, das Chorgestühl, die Gemeindebänke und die Beichtstühle sind im Rokokostile gehalten. Zum Inventar und Kirchenvermögen gehören:

Von den Glocken gehen zwei Stück mit 48 cm Durchmesser in das 14. oder 15. Jahrhundert zurück. Die eine derselben trägt am Halse in Großbuchstaben die Umschrift: AVE MARIA GRACEA PLENA (Gegrüßet seist Du Maria)

Die die Inschrift einfassenden Schnüre sind unter Benutzung von Bindfäden geformt. Die Andere hat am Halse einen aus Münzabdrücken gebildeten Fries.

Die große, recht nachlässig modellierte Glocke von 1,40m Durchmesser goss Karl Kalliefe (er hat auch die Glocken der ehemaligen evangelischen Kirche von Neutomischel angefertigt) in Lissa 1834.

Karl Eduard Goldmann (1863 – 1937) – Heimathistoriker

geschrieben von Gudrun Tabbert
(der Biographie Arno Kraft - "... und dazwischen Neutomischel" / ergänzt um genealogische Daten)
am in Goldmann,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert

Hier ist die Kurzbiographie des Karl Eduard Goldmann wiedergegeben, die in dem Buch „… und dazwischen Neutomischel“  durch Herrn Arno Kraft verfasst und veröffentlicht wurde und zu deren Wiedergabe wir die Erlaubnis erhielten. Am Ende dieser Lebensbeschreibung haben wir einige genealogische Daten des „Carl Gustav Eduard Goldmann“ hinzugefügt, die das Bild zu seiner Person ein wenig abrunden sollen.

Von der erwähnten Sammlung des Heimathistorikers Goldmann ist heute nichts mehr aufzufinden; erhalten sind aber doch einige seiner verfassten Artikel, die sich mit der Heimatkunde unserer Gegend beschäftigten.

Wir haben auf unseren Seiten bis jetzt veröffentlicht:

[1.357]

Karl Eduard Goldmann (1863 - 1937)

K. E. Goldmann war zwar kein Wissenschaftler, hat aber doch viel durch seine Sam­melleidenschaft und zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften zu wissenschaftli­chen Erkenntnissen über seine Heimatstadt und deren Umgebung beigetragen. Die Bauern sagten über ihn: Er hebt jeden Stein auf, über den er stolpert! – Und darin steckte ein tiefer Sinn; man darf nur nicht denken, daß damit ein gewöhnlicher Stolperstein gemeint war.

Er war viel unterwegs und ging auf seinen Spaziergängen mit offenen Augen und Oh­ren durch Felder und Wälder.

Er hatte von seinem Vater ein Speditions- und Fuhrunternehmen geerbt, das dieser 1857 gegründet hatte. So stand ihm auch jederzeit Pferd und Wagen zur Verfügung, um auch Ausflüge in die weitere Umgebung zu unternehmen. Sein großes Grundstück am Neu­en Markt mit seinen vielen Nebengebäuden bot viel Platz für seine umfangreichen Samm­lungen.

Er interessierte sich nicht nur für allerlei Fundstücke und Baulichkeiten sondern auch für Pflanzen und Tiere.

Er fragte Bauern nach gefundenen Dingen beim Pflügen und besuchte Baustellen und fand auch dort oft bei Abriß- und Ausschachtungsarbeiten unzählige Zeugen aus der Vergangenheit.

[1.358]

Dom K.E. Goldmanna pl. Niepodległości 24

Die bei solchen Gelegenheiten gefundenen Gegenstände aller Art nahm er mit und ver­suchte dann zu Hause, ihren Ursprung zu ergründen. Mit der Zeit hatte er sich ein großes Wissen angeeignet, das es ihm ermöglichte, die Dinge richtig einzuordnen. Bei größeren oder auch interessanten Funden schaltete er das Kaiser-Friedrich-Museum in Posen ein.

So war es auch bei einem Fund auf einer Baustelle am Neuen Markt in der Stadt Neutomischel, der bei näherer Untersuchung durch einen Wissenschaftler aus Posen als ein steinzeitlicher Brennofen für Tongefäße gedeutet wurde. Auch bei der Bestimmung und näheren Untersuchung eines Grabes nördlich von Groß Lipke, das ein Lehrer ent­deckte, hat er mitgewirkt.

Viele Feuersteinteile und auch Tonscherben hat er in der Umgebung gefunden und dem Museum in Posen übergeben, so im Jahre 1912 allein 26 Stück.

Er sammelte aber auch alte Schriftstücke von Bauern oder Bürgern und fertigte eine Aufstellung von Siegeln der Holländer-Gemeinden an, die große Beachtung fand. Auch seine Beschreibung von Wind- und Wassermühlen ist ein Ergebnis seiner intensiven Beschäftigung mit der Vergangenheit unserer Gegend.

Er stöberte in Akten und brachte vieles ans Tageslicht, was sonst vielleicht in Verges­senheit geraten wäre. Sein Interesse war weit gefächert und reichte von Naturbeschrei­bungen über Siedlungskunde, Vereinsgeschichte bis zu Hexenprozessen. Vielen Zeitge­nossen kam er wohl etwas eigenartig und schrullig vor und manche bemängelten, daß er für seine Firma kaum Zeit hatte und es mit ihr darum abwärts ging. Uns Kindern, die wir am Markt wohnten, kam er in seinen letzten Lebensjahren oft geistig abwesend vor, wenn er uns beim Spielen auf dem Markt zuschaute und dabei in Gedanken ver­sunken schien.

[1.359]

Reklama firmy spedycyjne Goldmann & Co.

[1.360]

Anzeige aus 1936. Der Besitzer war schon E. Ahrens

Nach seinem Tode sorgte er auch noch für Gesprächsstoff, denn sein Grab auf dem evang. Friedhof nördlich vom Neuen Markt und gegenüber der Gasanstalt, der nun gänz­lich verschwunden ist, erinnerte an ein Hünengrab aus grauer Vorzeit. Den Friedhofs­besuchern störte es anfangs sehr, daß es nicht in die gewohnte Gräberordnung paßte. Auf seiner Grabstelle lag eine große rechteckige Steinplatte mit eingehauenen Daten etwas erhöht auf vier größeren Feldsteinen. – Er hatte es wohl vor seinem Tode so bestimmt, um auf sein Lebenswerk hinzuweisen.

Wenn auch diese dingliche Erinnerung zerstört ist, so lebt sein Wirken durch oftmalige Erwähnung seines Namens in bekannten wissenschaftlichen Werken und heimat­geschichtlichen Büchern weiter fort.

Neutomischel ist nach 1945 stark gewachsen und besitzt nun eine beachtliche Biblio­thek und ein kleines Museum für den Hopfen- und Weidenanbau. Vielleicht sollte man zusätzlich in seinem Wohnhaus am Markt und auch in Nebengebäuden ein kleines hi­storisches Museum für die Neutomischler Gegend einrichten. –

 

* * * * * * * * *

KARL EDUARD GOLDMANN wurde als Carl Gustav Eduard Goldmann am 25. Juli 1863 um 9 Uhr abends in der Stadt als Sohn des Eduard Goldmann, Handelsmann  und dessen Ehefrau Wilhelmine Bautz geboren.

Seine Geburt und seine ihm am 09. August 1863 erteilte Taufe sind  im evangelischen Kirchenbuch von Neutomischel unter der Nr. 165 eingetragen. Seine Paten waren 1.) Maria Brunsch, Ehefrau hier 2.) Ernestine Tepper, Ehefrau Glinau und 3.) Friedrich Kraetsch, Stellmacher hier.

[1.361]

Anzeige aus dem Jahr 1911

Wie damals üblich fasste man sich bei den Eintragungen kurz – „in der Stadt“ und die kurze Anmerkung „hier“ – bedeuten, dass es sich um Bewohner der Stadt Neutomischel gehandelt hat. Gleichfalls verwendete man bei den Eltern nur die gebräuchlichen Vornamen, heute sagen wir den Rufnamen. Wobei der kleine Unterschied war, dass früher der gebräuchliche Vorname schon mal von Eintrag zu Eintrag wechselte und Johann Friedrich mit Friedrich oder mit Eduard ein und dieselbe Person darstellte, da der Genannte mit vollem Namen  Johann Friedrich Eduard geheißen hat. Bei der Namensgebung selbst waren oft bis zu 4-5 Vornamen gängig, der vom Vater und vom Großvater bzw. der von der Mutter oder der Großmutter, dann oft die genutzten Vornamen des gerade regierenden Kaisers und dessen Gattin, und letztlich die eines Heiligen; viele der Heiligen hießen Johann, daher eigentlich die nicht wegzudenkende Verwendung dieses Vornamens, woraus dann auch die weibliche Form Johanna abgeleitet worden sein soll.  Diese Vielzahl der Vornamen bedeutete aber nicht, dass auch alle genutzt wurden, wenn ein Ereignis, wie zum Beispiel eine Eheschliessung in den Kirchenbüchern eingetragen wurde. Ebenfalls ist bei Recherchen eine gewisse Flexibilität in der Schreibweise gefordert, ob der Vorname Karl nun mit C oder mit K geschrieben wurde, war von noch keiner großen Bedeutung – gesprochen und gehört war er ja gleich. So auch in den Eintragungen der Familie Goldmann.

Der Vater von Karl Eduard Goldmann  war Johann Friedrich Eduard Goldmann ( geb. 1831) mit vollständigem Namen, während er 1863 als Handelsmann zu Neutomischel erwähnt wurde, war er 1857 in dem Eintrag seiner Eheschließung mit Johanna Wilhelmine Bautz (geb. 1835) noch Bäckermeister zu Bukowicz.

Verfolgen wir die mütterliche Linie eine Generation zurück, so sind seine Großeltern der George Friedrich Bautz, Müllermeister aus Konkolewo (1791-1854) und dessen Ehefrau Dorothea Elisabeth Korn (1798-1878), letztere stammte ebenfalls aus einer Müllerfamilie, welche in Sontop ansässig gewesen war. Diese beiden Familien – Bautz aus Konkolewo und Korn aus Sontop – lassen sich bis in die Anfänge der noch vorhandenen Aufzeichnungen der Hauländerbesiedlung  zurückverfolgen.

Die väterliche Linie weiter zurückverfolgt finden sich die Großeltern Johann Carl Gotthilf August Goldmann (ca. 1783-1833) und dessen 2te Ehefrau Johanna Wilhelmine Pietsch (1802-1865). Wobei die Pietsch Familie vermutlich jene ist, welche bereits 1778 im Kirchen Privileg [1.362] Erwähnung findet, da es dort heißt: „… in Augenschein genommenen und approbierten Platz bey Pietschen  Nachbar in der Glinauschen Gemeinde gelegen zum Kirchen-Platze…“, und somit die Familie auch erste Einwohner der dann nur knapp 10 Jahre später entstandenen Stadt Neutomischel wurden. Allerdings ist es bis jetzt nicht gelungen zu finden woher Johann Carl Gotthilf August Goldmann stammen könnte. Er, der als Bürger, Tuchmacher und Handelsmann Erwähnung findet, tritt erstmalig bei der Eintragung seiner ersten Eheschließung im Jahr 1811 mit Anna Rosina Pflaum (1789-1818) in Erscheinung; in diesem Eintrag findet sich jedoch keinerlei Hinweis auf seine Herkunft.

Woher das Interesse des Karl Eduard Goldmann an der Historie der Stadt Neutomischel wohl  letztlich tatsächlich herrührte vermag sicherlich niemand mehr zu sagen –  aus einer Familie, die Geschichte lebte, erlebte und schrieb stammte er aber allemal.

Im Heute auf den Wegen der Kinder- und Jugendjahre – Teil 2 – 19/20. Mai 2011

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Glinau,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[1.363]

pl. Niepodległości – im Hintergrund der Weidenkorb

[1.364]

Erinnerungsroute der Frau Henkel

Wie schon einleitend im 1. Teil der Reisebeschreibung geschrieben, hatten Frau Henkel, Frau Timm und Frau von Strassmann sich mit dem Zug aufgemacht um Nowy Tomysl und andere Orte ihrer Kindheit aufzusuchen.

Hier nun der Bericht der zweiten 1 1/2 Tage des Besuches

[1.365]

Das Gelände der ehemaligen Hopfenanlagen, heute eine Kleingartensiedlung – Aufn. 05/2011

Der Donnerstag, der 19.05.2011 war der Stadt Nowy Tomysl selbst vorbehalten. Frau Henkel, sie hatte uns ja schon im letzten Jahr ihre Erinnerungen an das frühere „Ochla“-Haus [1.366] in der ehemaligen Neustädter Straße, der heutigen 3 Stycznia, als kleinen Beitrag eingereicht, hatte den Wunsch geäußert noch einmal vom Stadtrand ausgehend Richtung Zentrum diese Straße entlang laufen zu wollen und uns, die wir uns für die Geschichte der Stadt interessieren, ihre Erinnerungen zu erzählen.

* * *

[1.367]

Frau Henkel ca. 1942 vor den Lehmkeuten in Neutomischel

Bevor es jedoch soweit war, standen noch einige kurze Abstecher an, die mit dem Auto angefahren werden sollten.

Der erste Anlaufpunkt war in der ehemaligen Windmühlenstraße, der heutigen Wiatrakowa. In dieser stehen rechter Hand 3 Häuser, die auch schon vor Jahrzehnten dort gestanden hatten, und die man zu jener Zeit die „3 Häuser“ genannt hatte.

[1.368]

Die 7 Kopfweiden – sie stehen schon ewig – Aufn. 05/2011

Wir gingen ein kurzes Stück zu Fuß. Links und rechts der Straße, die nach Bentschen führte, so erfuhren wir, hatten die Lehmkeuten gelegen – 2 Teiche, eigentlich schon fast Seen von ihrer Größe her; im Winter wurden sie sogar zum Schlittschuhlaufen genutzt. Gleich daneben hinter den Bäumen hatten Schmidt’s gewohnt, dadurch, dass es mehrere Schmidt Familien gegeben hatte, einfach die Lehmkeuten Schmidt’s genannt. Auf dem Gelände der Teiche, sie sind nach dem Krieg zugeschüttet worden, ist heute ein Parkplatz. Die Straße entlang, früher nur ein Sandweg, bis zur neuen Umgehungsstraße, die es natürlich noch nicht gegeben hatte, wurde früher Kirchsteg genannt; auf ihm kam man aus der Umgebung am Sonntag zur Kirche – eigentlich eine ganz einfache Namensgebung entlehnt dem Nutzungszwecke.

[1.369]

Ein letztes Bild – ca. 1935 – von Lehmanns Hof – Aufn. Privatbesitz

Sie erzählte uns vom Hof „Lehmann“ der hier einmal gestanden hatte, von dieser Landwirtschaft ist heute nichts mehr existent. Auf ihren ehemaligen Wiesen, Weiden und Hopfenfeldern steht heute die Siedlung „Północ“ (Nord) und auch das heutige Gymnasium, das Gelände hatte gut 80 Morgen (ganz grob kann man sich diese Fläche als die von 40 Fußballfeldern vorstellen) umfasst.

Und dann zeigte Frau Henkel uns die 7 alten Kopfweiden, die eigentlich 8 hätten sein müssen, eine war nur noch als Stumpf zu erkennen, sie stehen heute noch hinter dem Wohnblock mit der Nr. 19; sie sind uralt! Frau Henkel ist schon als junges Mädchen auf dem Weg, an dem sie standen und der direkt auf das Tor des  Anwesens Lehmann zuführte, vorbeigelaufen. Sie sind eine letzte Erinnerung an die Landschaft wie sie hier mal ausgesehen hat, ehe die Stadt sich in ihren Grenzen ausdehnte und die Natur dem Wohnungsbau weichen musste. Die Wiatrakowa ist heute eine Sackgasse.

* * *

[1.370]

Frau Henkel erinnert sich an ihre Besuche bei Ihrem Großvater

Um an das ehemalige Ende der Windmühlenstraße zu gelangen fuhren wir anschließend einen großen Bogen und dann über die heutige Stadtumgehungsstraße bis zu einer Linksabbiegung hinter dem Hof von Brechmacher Pflaum. Auch die Pflaum Familien, allein in Nowy Tomyśl/Neutomischel hatte es früher mehrere Familien dieses Namens gegeben, wurden mit einem Namenszusatz unterschieden, der entweder auf die Tätigkeit oder aber auch auf eine Eigenheit der Betreffenden hinwies. Früher hat man hier direkt durchfahren können berichtete Frau Henkel, es war der „alte“ Weg, den sie oft zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt hatte um ihre Großeltern zu besuchen.

[1.371]

Mueller’s Keute, heute kaum noch zu erkennen – Aufn. 1989 Privatbesitz

Wir fuhren bei „Müller’s“  vorbei, dann rechts wo früher auch der Pferdewagen entlanggefahren war, ehe sie bat bei „Schäfer‘s“ zu halten, im Hintergrund war noch der Hof des „Schmotsch Pflaum“ zu erkennen; alle dieses sind Namen der ehemaligen Bewohner und Besitzer der verschiedenen Höfe. Die heutigen Besitzer des ehemaligen großväterlichen Anwesens, von dem keine alten Gebäude mehr stehen, fanden sich zu einer kleinen Unterhaltung mit der Besucherin ein.

Die Natur hat sich, so erfuhren wir von Frau Henkel, auch hier etliche in der Vergangenheit bewirtschaftete Flächen wieder zurückgeholt; vielfach wachsen wieder Bäume auf ehemaligen Feldern. Neben einer Wiese, heute versteckt zwischen einigen Bäumen und etlichen Büschen, erinnerte sie sich, hatte  Müller’s Keute gelegen, heute war dieser kleine Teich kaum mehr zu erkennen.

* * *

Nach einem letzten Blick zum Abschied dieses Besuches ging die Fahrt weiter nach Glinno/Glinau. Am ehemaligen Hof Hoeth, er war gleichzeitig auch Gastwirtschaft gewesen, bogen wir rechts ab. In längst vergangener Zeit waren bei „Hoeth“ große Feste gefeiert worden, im Sommer im Garten und im Winter im Saal, der sich direkt an die Gaststube anschloss.

Frau Henkel hatte den Wunsch in Glinno den ehemaligen evangelischen Friedhof zu besuchen. Auf diesem war, wie schon erwähnt, bereits im Jahr 2009, als einem der ersten Friedhöfe, ein Gedenkkreuz aufgestellt worden.

[1.372]

Gedenkkreuz ehemaliger Friedhof Glinau – Aufn. 05/2011

Auf dem alten evangelischen Glinauer Friedhof selbst sind nur noch Reste der alten Grabumrandungen vorzufinden, vereinzelt kann man den einen oder anderen Grabhügel noch erahnen, es fand und findet sich jedoch kein einziger alter Grabstein. Nach einem Moment des Gedenkens ging es zurück zur Stadt.

* * *

[1.373]

Kauf von Erfrischungen – Aufn. 05/2011

Das Wetter war sommerlich warm. Ehe der Spaziergang die 3 Stycznia , der ehemaligen Neustädter Straße entlang Richtung Zentrum begonnen wurde, wurde in dem Laden „Zacisze“ (Ruheecke), der direkt an der Straße liegt, erst einmal Wasser zu Erfrischung eingekauft.

Direkt neben diesem Laden gibt es ein Restaurant. In den 30iger Jahren hatte es der Familie Kozienewski gehört erinnerten sich die Besucherinnen; ja und in noch früherer Zeit, so um 1920 bediente die „Alte Pfeiffer“ ihre Gäste dort in ihrer Gastwirtschaft.

Wir gingen in einer kleinen Parallelstraße auf der Rückseite der Häuser der 3 Stycznia/Neustädter Straße entlang. Wir erfuhren vom ehemaligen jüdischen Friedhof auf dem heute der Kindergarten errichtet ist, der gleich hinter dem Laden liegt, ein Stückchen weiter von der ehemaligen Gärtnerei Malke, von der selbst keine Spur mehr zu erkennen ist. Die dort heute noch stehende große Kastanie muss, so die Damen, auf dem Gärtnereigrundstück gestanden haben. Bei Spließen-Hecke (Spließen = Schindeln, hier geschnitzt aus Holz), Schneider Hecke war ein paar Häuser weiter, ging es durch einen schmalen Durchlass für Fußgänger wieder zurück auf die eigentliche Neustädter Straße.

[1.374]

Der noerdliche Teile der Ul. 3 Stycznia

Weiter ging es mit den Namen und Erinnerungen an Henschinske-Ofensetzer, Hecke-Schneider, Kühn, August Stiller-Lebensmittel, Wittchen, Ignatz und Michel Szmilowski-Schmiede, Saage-Stellmacher, Jost-Bäcker wo in gleichem Haus auch Gottlieb Hecke sein erstes Fotoatelier bis ca. 1932 gehabt hatte, Löchel, Schulz, und anderen – alles Familien, die seinerzeit Bewohner in dieser Straße gewesen waren. Neben Zimmermanns war das Haus der Frau Schliefke bei der auch deren Nichte Selma Bensch gewohnt hatte.

[1.375]

Im Hintergrund der alten Haeuser die Siedlung „Pólnoc“

Selma Bensch heiratete später den Carl Weiss; mit dieser Familie ist Frau Henkel dann auf die Flucht gegangen. Herr Weiss hatte vom Sägewerk Roy seinerzeit eine Zugmaschine mit 2 Anhängern zur Verfügung gestellt bekommen. Einer dieser Hänger wurde für den Aktentransport aus dem Rathaus genutzt, auf dem Zweiten fuhren Frauen und Kinder mit, und unter ihnen eben Frau Henkel.

Es folgten Schulz-Eisenbahner, Rex-Schneider und Rutkowski. Als wir in Höhe des ehemaligen Bewohners Zimmermann waren, der Sohn war ein großer stattlicher Turner in den Erinnerungen der Frauen, bekamen wir freundliche Unterstützung durch den heutigen Besitzer des Nachbargrundstückes. Er lieferte uns einige weitere Erklärungen zu den heutigen Gegebenheiten. Er erklärte auch, dass eines der Grundstücke heute zur evangelischen Parochie in Posen gehört. Es kam dann die frühere Grundschule, die Eltern von Frau Henkel hatten sie noch unter Lehrer Stegemeier besucht ehe sie 1919 geschlossen wurde; das Gebäude wurde später als  Landwirtschaftsschule genutzt. Das ehemalige Haus von Loba, das von Maas – eine Erinnerung reihte sich an die nächste.

Bei Weber wurde ein kurzer Zwischenstopp eingelegt, Frau und Herr Weber senior waren in früherer Zeit mit Frau Henkel und Frau Timm befreundet gewesen und beide wollten kurz deren Sohn Herrn Weber jun. begrüßen. Es kam das Haus von Welke und dann suchten Frau Henkel und Herr Mierzejewski den Hof des ehemaligen Ochla Hauses auf; Frau Henkel erklärte persönlich den Aufbau der damaligen Gebäude, und es wurde ein Erinnerungsfoto gemacht. Reisch und Kannewischer, die Maschinenfabrik Roman Nitsche, die Villen von Dr. Rost, Nitsche und Dr. Budee bildeten dann mit der Erklärung zu Eier-Weber, dem späteren Atelier von Hecke und der ehemaligen Fleischerei Kott den Abschluss.

[1.376]

Die ehemalige Dampfmühle von Schmidt

[1.377]

Villen gegenüber der ehem. Dampfmühle von Schmidt in der 3 Stycznia/Neustädter Str

Langsam näherten wir uns der ehemaligen Dampfmühle Schmidt, sie ist heute noch in Betrieb. Rechts an der Ecke zur Zbaszynska, der ehemaligen Bentschener Straße steht noch das Gebäude der ehemaligen Bäckerei Schulz. In früherer Zeit waren die Kuchen auf großen Blechen zuhause vorbereitet worden, und dann, weil in den Wohnungen keine Möglichkeit dazu bestanden hatte, direkt über den Hof zum Bäcker Schulz zum großen Backofen gebracht worden um dort ausgebacken zu werden. Gegenüber der Dampfmühle steht noch das Gebäude der ehemaligen Gastwirtschaft Morzynski. An Markttagen hatten die Bauern auf dem Hof des Gasthauses die Möglichkeite gehabt ihre Fuhrwerke abzustellen. Rechts daneben hatte der Fahrradhändler Listewnik seinen Betrieb unterhalten. Die heutige Bäckerei Kucz waren in früherer Zeit im Keller des Gebäudes eingerichtet gewesen und im anderen, beide sind noch rechts und links von der heutigen Treppe erkennbar, war die Schuhmacherwerkstatt Nowitzki gewesen.

Wir beschlossen gemeinsam, dass es Zeit für eine kleine Erfrischung war. Wieder kehrten wir im „Kachlicki-Caffe“ ein – der dort zubereitete Eiskaffee fand regen Zuspruch.

[181]

Die Druckerei „Kazimierz“ in der Piłsudskiego/Bahnhofstr

Nach dieser kurzen Rast ging es wieder Richtung Bahnhofstraße. Dort wollte Frau Henkel die ehemalige Druckerei Busch anschauen, heute Drukarnia „Kazimierz“, es war ein schon lange Zeit bestehender Wunsch von ihr gewesen, hatte sie doch dort mit 15 Jahren ihre Ausbildung begonnen und bis zu ihrer Flucht dort gearbeitet.  Neben dem Druckereibetrieb wurde seinerzeit auch ein Schreibwarenhandel betrieben, und es wurden Schulartikel verkauft. Die heutige Besitzerin Frau Eliza Bąblińska-Masztalerz, der heutigen dort ansässigen Druckerei hatte gegen einen kleinen Rundgang keine Einwände, sodass Frau Henkel dieser Wunsch erfüllt wurde. Die Eltern der Besitzerin, Frau Teresa Bąblińska und Ihr Mann Herr Kazimierz Bąbliński, dessen Vorname auch gleichzeitig der Name des Betriebes ist, sind selbst heute schon Rentner. Sie haben den Betrieb als sie aus dem Berufs- ins Rentnerleben wechselten, an ihre Tochter übergeben. Frau Teresa Bąblińska erzählte, dass sie und ihr Mann die Druckerei seinerzeit nach den politischen Umwälzungen (1989) aus staatlichem Eigentum in Privatbesitz übernommen hatten. Es wurde noch ein Erinnerungsfoto aufgenommen ehe man sich verabschiedete.

Nun gesellten sich die Druckereibesucher wieder zum Rest der Gruppe, die zwischenzeitlich auf dem Kirchenvorplatz gewartet hatten. Zu ihnen hatte sich Herr Szymon Konieczny eingefunden.

[1.378]

Der Kirchenvorplatz lädt zum Verweilen ein – Aufn. 05/2011

Einesteils ist er ebenfalls geschichtlich interessiert, wobei sein Schwerpunkt die Vergangenheit der Stadt Lwòwek/Neustadt bei Pinne ist; andererseits ist er allerdings auch der Enkel von Franek und der Neffe von Czesio/Czesław Konieczny, der mit seiner Familie ebenfalls im ehemaligen „Ochla“-Haus gewohnt  hatte, und die Frau Henkel noch in ihrer Erinnerung als ihre Spielgefährten behalten hatte. Frau Henkel freute sich riesig über diese Überraschung.

 

Während bis zu diesem Zeitpunkt die Sonne noch heiß geschienen hatte, zog jetzt ein Gewitter auf und erste Regentropfen trafen uns. Schnell wurde das direkt auf dem Pl. Niepodległości, dem ehemaligen Neuen Markt gelegene  Restaurant „Gala“ aufgesucht.

Bis zum Essen, die Familie Mierzejewski hatte alle Besucher zu diesem eingeladen, wurde nun bei einem kleinen Bier und einem Kännchen Tee, geschützt vor dem Gewitterschauer, unter einem großen Sonnenschirm ein erstes Resümee über den Besuch und dessen ganz individuell auf die Besucherinnen zugeschnittenen Verlauf gezogen.

Die Zeit schritt voran und es wurde Zeit nun doch der Essenseinladung zu folgen. Da es immer noch regnete bot sich Herr Mierzejewski an das Auto zu holen, damit nicht alle nass werden würden. Auf dem Weg, besorgte er im Informationspunkt noch kurz ein paar Ansichtskarten, Informationsmaterial über die Stadt und auch Nowy Tomysl‘er Baumwoll-Einkaufstaschen. Durch Frau von Strassmann wurde im Namen aller zwischenzeitlich noch ein großer Blumenstrauß für Frau Mierzejewski besorgt, als ein kleines Dankeschön für die Einladung.

Frau Małgorzata Mierzejewski, sie beherrscht schwer zu übertreffende Kochkünste, hatte Hefe-Klöße mit Rouladen in dunkler Soße zubereitet, welches große Begeisterung hervorrief, dazu gab es frischen Spargel mit zerlassener Butter, Rotkraut, Karotten, Grütze und Kartoffeln. Alle ließen sich dieses mit viel Liebe zubereitete Essen schmecken. Der Nachtisch – frisches Obst auf selbstgemachtem Mürbeteig eingebettet in ebenfalls selbstgemachtem Karamell – rief dann nochmals große Zustimmung hervor.

[1.379]

Die heutige „Herz-Jesu“ Kirche, erbaut als ehemals evgl. Gotteshaus

[1.380]

Innenansicht „Herz-Jesu“ – Kirche

Im Anschluss und zum Abschluss des Tages wurde dann noch die Kirche „Herz Jesu“ besucht. Sie steht auf dem pl. Chopin, dem ehemaligen Alten Markt,  einst war sie die evangelische Kirche der Stadt, heute ist sie ein katholisches Gotteshaus; in ihr waren die Besucherinnen getauft und konfirmiert worden. Das 1780 errichtete Gotteshaus erinnert bis heute an die Besiedlung der Gegend und sie ist das erste Gebäude der dann um sie herum entstandenen Stadt Neutomischel, dem jetzigen Nowy Tomyśl. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz.

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In Nowy Tomyśl steht der weltgroesste Weidenkorb, er wurde aufgenommen ins Guiness Buch der Rekorde

An diesem Abend wurde nur noch vereinbart sich am nächsten Morgen, es war ja der Abreisetag, auf dem pl. Niepodległości/dem alten Neuen Markt zu treffen. Zuerst sollte der bestellte frische Spargel – in der Umgebung von Nowy Tomyśl/Neutomischel ist ein großes Spargelanbaugebiet, der hier geerntete Spargel ist seine hervorragende Qualität bekannt – abgeholt werden, um dann bis zur Zugabfahrt im „Kachlicki-Caffe“ in der Mickiewicza/ Goldstrasse  den Besuch ausklingen zu lassen. Dieses jedoch erst nachdem am ehemaligen Rathaus, dem heutigen Gerichtsgebäude ein paar Erinnerungsfotos aufgenommen worden waren.

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Erinnerungsfoto

Gegen 11:00 Uhr wurde dann das Gepäck aus dem Hotel geholt und dann ging es zum Bahnhof. Mit nur knappen 5 Minuten Verspätung rollte dann der Zug um 11:45 Uhr ein und die Rückreise über Frankfurt/Oder wurde angetreten.

Vielleicht sieht man sich im nächsten Jahr ja wieder !

Tschüß ! [1.383]

Tschüß !

Im Heute auf den Wegen der Kinder- und Jugendjahre – Teil 1 – 17/18. Mai 2011

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Cichagora,Juliana,Konkolewo,Neutomischel,Personen, Familien,Rothenhof / Czerwony Dwor | Kommentare sind deaktiviert
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Ankunft am 17.05.2011 Bahnhof Nowy Tomysl

Am Dienstag, den 17.05.2011 am Mittag trafen Frau Henkel, Frau Timm und Frau von Strassmann mit dem Zug über Frankfurt/Oder in Nowy Tomysl ein. Sie hatten ihren 3-tägigen Aufenthalt in der Stadt vor einigen Wochen geplant und nun war es soweit – sie wollten nochmals auf den Wegen ihrer Kinder- und Jugendzeit spazieren gehen.

Herr Przemek Mierzejewski hatte sich erboten als „Reiseführer“ tätig zu sein und sie an die Orte ihrer Kindheit zu fahren. Zu ihrer großen Überraschung war auch Frau Gudrun Tabbert in der Stadt um ebenfalls gemeinsam mit ihnen die Tage in Nowy Tomysl zu erleben. Beide führen gemeinsam diese Internetseite über die Geschichte der Stadt Nowy Tomysl/Neutomischel und deren Umgebung, dem Tomischler Hauland.

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Blick in die Mickiewicza/Goldstrasse

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pl. Niepodległości/der alte Neue Markt – Blick Richtung Mickiwicza/Goldstrasse

Nach einer kurzen Begrüßung am Bahnhof ging es zum Hotel und nach einer kleinen Ruhepause wurde am Nachmittag der erste Rundgang im Nowy Tomysl’er/Neutomischler Stadtzentrum unternommen. Ein allererster Besuch galt dann dem katholischen Friedhof  der Parochie Nowy Tomysl, hier wurden die Gräber der schon verstorbenen Freunde aus früheren Tagen besucht und ihrer gedacht.

Bei Kaffee, Kuchen  und Eis im „Kachlicki-Caffe“ in der Hauptgeschäftsstraße, der Mickiewicza (früher Goldstraße) wurden dann die Pläne und Wünsche  für die nächsten Tage ihres Aufenthaltes besprochen.

Der frühe Abend dieses ersten Tages war dann reserviert für einen Besuch bei einer langjährigen Bekannten.

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Fleischerei Kott Nowy Tomyśl/Neutomischel – Maerz 1926 – Aufn. Privatbesitz

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Familie Kott – 1935 Kinderfest am Schuetzenhaus in Nowy Tomyśl/Neutomischel – Aufn. Privatbesitz

Am Mittwochmorgen, den 18.05.2011 startete dann die kleine Rundreise. Das erste Ziel galt den Erinnerungen der Frau von Strassmann.

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Erinnerungsroute der Frau v. Strassmann

Ihre Familie hatte früher in Neutomischel gewohnt; ihr Vater war der Besitzer der Fleischerei Kott gewesen. Sie war mit ihren Eltern, nachdem sie die Jugendzeit in der Stadt Neutomischel verbracht hatte, 1940 nach Rothenhof dem heutigen Czerwony Dwór bei Bentschen/Zbaszyń übersiedelt. Die Fahrt ging also in Richtung der Stadt Zbaszyn, in  der Ferne waren schon  die markanten beiden Türme der katholischen Kirche erkennbar, sie waren aber nicht das Ziel der Fahrt. Am Stadtrand wurden die Gleise der Eisenbahnlinie überquert und unmittelbar danach links abgebogen. Die zuerst noch an beiden Seiten der asphaltierten Straße gelegenen Häuser blieben bald hinter uns zurück; der Straßenbelag allerdings auch. Der etwas holprige Weg führte schnurgerade durch die Wiesen und  Äcker auf ein paar in  der Ferne stehende Häuser zu. Frau von Strassmann erzählte uns, dass der Weg früher schon ebenso ausgesehen habe, nur – die Löcher seien noch tiefer gewesen – dieses wiederum löste ein allgemeines Gelächter aus.

Frau von Strassmann erinnerte sich, dass die Kinder der Ansiedlung diese Strecke, ca. 2-3 km, für ihren Schulweg zu Fuß zurück gelegt hatten und nicht so bequem mit dem Auto wie wir jetzt. In der Frühe hatte es seinerzeit zwar die Gelegenheit gegeben den allmorgendlichen Milchwagen, der in die Stadt fuhr zu nutzen, aber spätestens mittags hieß es für den Nachhauseweg die Strecke zu Laufen.

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Frau v. Strassmann liess uns an Ihren Erinnerungen teilhaben – Auf. 05/2011

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Blick über die Wiesen von Czerwony Dwór/Rothenhof – Aufn. 05/2011

Wir waren nun auf einem kleinen Platz angelangt und parkten das Auto um uns an diesen Ort umzuschauen. Frau von Strassmann erklärte uns, dass die roten Backsteinbauten vor denen wir nun standen, die ehemaligen Häuser der Angestellten, die so genannten Insthäuser des Hofes waren.

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Czerwony Dwór/Rothenhof Einfahrt auf das Anwesen – 1942 – Aufn. Privatbesitz

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Czerwony Dwór/Rothenhof – 1942 – Wohngebaeude – Aufn. Privatbesitz

Hier hatten sie gelebt und z. B. das ihnen als Deputat zugestandene Schwein für ihren Eigenbedarf versorgt und gemästet und tagsüber die Arbeit auf dem Gut erledigt.

Wir gingen den Weg weiter – links steht ein noch nicht altes Haus und rechts nach einer Wiese entsteht gerade ein weiteres. Frau von Strassmann hatte gewusst, dass vom alten Wohngebäude ihrer Kindheit nichts mehr erhalten war, es war vor Jahren abgerissen worden. Vor ihren Augen entstand es jedoch noch einmal neu. Als dann an einem aufgeschütteten Erdwall noch Reste des ehemaligen Fundamentes des Wohnhauses erkennbar waren, gehörte ihren ganz persönlichen Erinnerungen ein kurzer Moment. Als es weiter ging, erfuhren wir wo die Stallungen und die Scheune gestanden und wo der Schinken gehangen hatte. Sie beschrieb uns wo der Obstgarten, einige der Bäume standen noch, gewesen war und wo die Blumenwiese; die Freude eine uralte Kastanie auch heute noch am Wege stehend vorzufinden war groß.

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Ein letzter Blick – Aufn. 05/2011

Frau von Strassmann war sehr glücklich darüber, dass nun an diesem Ort, an dem sie ihre Kindheit verbracht hatte, der ihrem Vater so sehr viel bedeutet hatte und den sie  zerstört und mit brach liegenden Feldern vor ihren Augen gehabt hatte, wieder Familien wohnen, die ihm und dem Land eine Zukunft und wieder einen Sinn geben. Sie war sehr erleichtert darüber, dass das ihr immer vor Augen gewesene Bild der Zerstörung nun durch die Bilder dieses Besuches ersetzt werden und die Zukunft auch an diesem Ort ihren Lauf nimmt.

Nach einem letzten Blick, einem Abschiedsblick über Alles, entschied Frau von Strassmann, dass die Fahrt nun weitergehen konnte.

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Historische Dampflok – Aufn. 05/2011

Wir fuhren den holprigen Weg zurück und wie bestellt, um die Reise in die Erinnerung noch einmal zu unterstreichen, schalteten die Warnlichter des Bahnüberganges auf Rot und eine alte Dampflok fuhr  auf den Gleisen in Richtung  Zbaszyn.

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Ehemaliger Friedhof Sękowo – Gedenkkreuz – Aufn. 05/2011

Es ging zurück in Richtung Nowy Tomysl. Am Gedenkkreuz auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Zinskowo/auch Friedenwalde (1901-1919) dem heutigen Sękowo erfolgte der nächste Stopp. Die drei Besucherinnen, die sich über die Herrichtung dieses Geländes als Ort der  Erinnerung sehr freuten, gedachten ihrer hier vor vielen Jahren beerdigten Familienangehörigen und überhaupt derer, die hier zu ihrer letzten Ruhe gebettet worden waren.

Der Friedhof Sekowo war im Jahr 2009 einer der ersten Friedhöfe auf dem ein Gedenkkreuz zum An- und Gedenken des hier gewesenen evangelischen Friedhofes errichtet worden war (s.a. Artikel – Stadtpark 24. September 2009 16:00 Uhr Nowy Tomysl [1.397] ). Diese seinerzeit von Herrn Przemek Mierzejewski ins Leben gerufene Initiative, die seitens der Stadtamtes von Nowy Tomysl die finanzielle Unterstützung zur Durchführung gefunden hatte und noch findet, wird auch in diesem Jahr wieder durchgeführt. Im Jahr 2009 waren neben dem Gedenkkreuz in Sękowo/Friedenwalde weitere in Paproć/Paprotsch, Przyłęk/Scherlanke und Glinno/Glinau errichtet worden; 2010 waren auf den Friedhöfen in Stary Tomyśl/Alttomischel, Lipka Mała/Klein Lipke, Kozie Laski/Kozielaskie, Grubske/Grubskie ebenfalls Gedenkkreuze errichtet worden ( s.a. Artikel – „Uns alle verbindet Vergangenheit, Gegenwart und der Glaube an einen gemeinsamen Gott [1.398]“ ; für dieses Jahr 2011 ist die Errichtung dieser Geste des Gedenkens durch die großen Kreuze mit dem Bibelspruch auf ihren Sockeln, auf den ehemaligen evangelischen Friedhöfen in Nowa Róża/Neu Rose, Bukowiec, Cicha Góra/Chichagora und Chojniki/Kunik vorgesehen.

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Das Gelände des ehemaligen evangel. Friedhofes Cicha Góra/Chichagora – Aufn. 05/2011

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… in Gedanken auf dem ehemal. Friedhof in Cicha Góra/Chichagora – Aufn. 05/2011

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Blick von dem auf einer Anhöhe liegenden ehemal. Friedhof Cicha Góra/Chichagora über die Hopfenfelder – Aufn. 05/2011

Weiter ging die Fahrt nach Cicha Góra/Chichagora. Frau Timm, deren Heimatgegend nun besucht wurde, bat am Ortseingang anzuhalten. Sie wollte einem kurzen Blick auf den, einem Hopfenfeld gegenüber, auf einer Anhöhe gelegenen ehemaligen evangelischen Friedhof werfen. Hier ist noch kein Kreuz aufgestellt, als sie jedoch hörte, dass auch dieser Friedhof noch in diesem Jahr im September dieses Zeichen des Gedenkens erhalten solle, war sie hocherfreut. Von Gräbern ist heute zwar auf dem Gelände nichts mehr zu erkennen, nur die unendliche Zahl von Maiglöckchen, die den Boden überziehen, deutet darauf hin, dass hier einmal Gräber angelegt gewesen waren. Trotzdem oder gerade vielleicht deshalb ist diese handreichende Geste des Aufstellens der Kreuze durch die heutigen Bewohner und somit die Möglichkeit für Besucher, seien es ehemalige Bewohner selbst oder deren Nachfahren, die den Spuren ihrer Ahnen folgen, einen Moment der Besinnung zu finden, von unschätzbarem Wert. Selbst Fremde finden an diesen Plätzen einen Ort der Ruhe und Besinnung.

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[1.400]

… auf dem ehemal. Hof Timm, im Hintergrund die Scheune – Aufn. Privatbesitz

Und wieder ging die Fahrt weiter, es wurde links abgebogen, vorbei an mehreren Häusern die dem Streudorf zugehörig sind. Chicha Góra ist wie so viele andere Orte der Gegend eine ehemalige Hauländersiedlung. Die Anwesen liegen sehr verteilt in der Gegend, früher waren sie von den, den Gehöften zugehörigen Wiesen und Äckern umgeben, wer sich ein geschlossenes Dorf vorstellt, liegt falsch. Eigentlich bezeichnet der Name Cicha Góra mehr eine Gegend mit einer wie in die Landschaft „getupften“ Ansammlung von Häusern. Wir fuhren vorüber an Weiden mit Pferdestuten und ihren Fohlen. An immer wieder vereinzelt darliegenden Anwesen.

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Erinnerungsroute der Frau Timm

Inmitten dieser Natur steht eine neue Anlage zur Erdgasgewinnung – Vergangenheit und Gegenwart auch hier als unmittelbare Nachbarn. Diese Anlage muss sein, sie ist ein Teil der heutigen Energiegewinnung und doch – in dieser Idylle der alten Hauländer-Landschaft wirkt sie wie ein Fremdkörper. Es steht zu hoffen, dass man diese Areale vielleicht durch Anpflanzungen von Weiden und oder anderen Bäumen „unsichtbarer“ in die Landschaft integrieren wird. Frau Timm erklärte uns, dass diese Anlage auf einer Weide, die dem ehemaligen früheren Hof ihrer Familie, zugehörig war, steht.

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Ort der Kindheit … – Aufn. 05/2011

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… ein Blick zurück – Aufn. 05/2011

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Familie Timm an dem für die Hauländerhöfe so charakteristischen Ziehbrunnen – Aufn. Privatbesitz

Frau Timm wies uns den Weg nach rechts auf ein etwas zurückliegendes Anwesen. Hier war nun der Ort ihrer Kindheit. Wir stiegen aus und sahen uns um. Frau Timm erklärte uns, dass viele der Felder und Wiesen, die seinerzeit das Anwesen umgeben hatten, heute von dem Wald zurück erobert seien, so nah wie heute wären die Bäume den Wohngebäuden nicht gewesen. Auch von ihr und ihren Geschwistern waren die Wege ab hier, also gute 5 km, nach Neutomischel immer zu Fuß zurückgelegt worden. Sie erklärte uns, dass ein Graben, der am Grundstück entlang verlaufen war und ihr in ihrer Kinderzeit als Spielplatz gedient hatte, längst nicht mehr zu erkennen ist. Die heutige Besitzerin des Hofes erklärte, dass die Ländereien schon vor vielen Jahren verkauft worden seien und nicht mehr dem Anwesen zugehörig seien – Landwirtschaft würde nicht mehr betrieben werden, dieser Hof hat heute somit nun nicht mehr die ihm eigentlich zugedachte Bestimmung. Frau Timm war ein wenig hin und hergerissen zwischen dem was ihr in Erinnerung geblieben war und dem wie es an diesem Ort nun heute aussah. Aber auch sie wünscht der Familie mit ihren Kindern alles Gute für die Zukunft in dieser Zeit der großen Wandlungen.

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Eingang des alten ehemal. Friedhofes Albertowsko/Albertoske – Aufn. 05/2011

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Grabstein Timm – Tepper – Albertowsko/Albertoske Aufn. 05/2011

Das nächste Ziel war der im Wald gelegene ehemalige Friedhof von Albertoske (heute Albertowsko). Frau Timm hatte erfahren, dass Herr Przemek Mierzejewski bei der von ihm durchgeführten Katalogisierung der Friedhöfe und der darauf noch erhaltenen Grab- und Gedenksteine (http://www.oledrynowotomyskie.e7.pl/cmentarze [1.407]) einen sehr gut erhaltenen mit dem Familiennamen Timm gefunden hatte. Nun war sie ganz aufgeregt diesen Grabstein der Eheleute Gottlieb Dienegott Timm (geboren 1850, gestorben 1922) und dessen Ehefrau Johanna Beata Tepper (geboren 1849, es ist kein Todesdatum eingemeisselt) in Natura zu sehen; waren es doch  auch Vorfahren ihrer über Jahrhunderte, nachweislich seit ca. 1740, in Chichagora und Albertoske ansässig gewesenen Familie, die hier beerdigt worden waren.

[1.408]

Es ist das Grab des Bruders des Großvaters – Albertowsko/Albertoske Aufn. 05/2011

Auf  diesem in der Einsamkeit des Waldes gelegenen Friedhof wurde ein Moment der Ruhe, der Besinnung und  des Rückdenkens, des Erinnerns eingelegt.

Das Staunen, dass noch Reste eines Friedhofes erhalten waren, dass dieser nicht eingeebnet worden war, war ebenso groß wie die Freude darüber diesen besucht zu haben.

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Ein kurzer Erinnerungsaustausch am Straßenrand – Kąkolewo/Konkolewo Aufn. 05/2011

Weiter ging es über Kąkolewo (früher Konkolewo). Hier fand ein kleiner Zwischenstopp statt – Herr Tadeusz Bukiewicz stand zufällig gerade an der Straße. Er begrüßte die drei Reisenden und es fand eine kleine kurze Unterhaltung bunt gemischt in Polnisch und in Deutsch statt. Herr Bukiewicz hat auch Erinnerungen an die Stadt Nowy Tomysl, er war vor vielen Jahren auch einmal ein Einwohner dieser gewesen.

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Nun steuerte Herr Mierzejewski den ehemaligen Friedhof in Juliana/Julianka an. Über die Kolonie Juliana ist heute kaum etwas Geschichtliches zu finden, oft erinnert man sich noch nicht einmal mehr das es diese Siedlung überhaupt gegeben hat ( „Ein Grabstein – Colonie Juliana / Julianka … und viele Fragen [1.410]„). Der Friedhof ist wieder einsam im Wald gelegen, kaum zu erahnen und doch erhalten. Die Besucherinnen waren wiederum vollkommen fasziniert davon diesen Platz zu besuchen. Zu Ihrem Erstaunen stellten Sie fest, dass vor ihnen schon ein Besucher dagewesen sein musste – auf jedem im Unterholz  versteckten Grabstein fanden sich frisch gepflückte und abgelegte Blümchen.

Wieder wurden die Inschriften auf den ab und an erhaltenen Grabsteinen, sie sind meist um die100 Jahre alt, entziffert. Es ist einfach faszinierend diese Erinnerungs- und Gedenksteine, die auch als ein Symbol der alten Hauländerbesiedlung in der Gegend um Neutomischel gelten, heute noch vorzufinden.

Es wurde von allen Besucherinnen großer Dank darüber zum Ausdruck gebracht, dass sie diese Ihnen unbekannten Plätze gezeigt bekommen haben, aber auch dafür, dass man diese Friedhöfe erhält. Mit und durch die Plätze öffnet die Vergangenheit ein kleines Fensterchen für uns um aus dem Hier und Heute zurückzuschauen. Es ist wert, ja eigentlich ein Muss, dieses auch für unsere Nachfahren zu erhalten um auch ihnen die so interessante Geschichte der Hauländerbesiedlung, der gemeinsamen Vergangenheit der Polnischen und Deutschen Bevölkerung aufzuzeigen.

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Im Unterholz nicht zu erkennen der Friedhof Julianka/Juliana – Aufn. 05/2011

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Es wird gelesen wer hier seine letzte Ruhe auf dem Friedhof Julianka/Juliana fand – Aufn. 05/2011

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Einige Steine auf dem Friedhof Julianka/Juliana sind beeindruckend – Aufn. 05/2011

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Zurück auf dem Weg ist der Friedhof Julianka/Juliana wieder im Unterholz unsichtbar – Aufn. 05/2011

 

 

 

 

 

 

 

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Die Fahrt ging weiter über Bukowiec, hier wurde nur eine kleine Schleife bis zur berühmten Holz-Kirche „St. Martin“ (erbaut 1737-1742) / Kosciol Swietego Marcina gefahren um vom Auto aus einen kleinen Blick zur Erinnerung an frühere Besuche auf diese zu werfen.

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Nun ging es erst einmal zurück nach Nowy Tomyśl. Es waren viele neue Eindrücke und vielleicht noch mehr Erinnerungen auf die drei Damen eingestürzt, die jedoch nicht verhindern konnten, dass es an der Zeit war dem „knurrenden“ Magen etwas Gutes zu tun.

[1.415]

Wasserspiele vor dem Rathaus auf dem pl. Niepodległości/ am alten Neuen Markt

Wir kehrten im Restaurant „Sandra“ dem früheren „Schwarzen Adler“ oder eigentlich richtiger „Goldenen Adler“ ein. Piroggen (Pieroggi), eines der bekanntesten und leckersten Speisen in Polen,  war eines der Gerichte, das ausgewählt wurde – ein Essen aus unserer Kindheit wie uns alle drei Besucherinnen versicherten, „unsere Mütter haben es immer selbst zubereitet und schon als Kinder haben wir es gern gegessen“.

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Nach dem Essen ging man für diesen Tag auseinander. Jedoch erfuhren wir, dass die Damen später am Abend noch einen weiteren Spaziergang in der Stadt ihrer Kindheit und Jugend unternommen hatten. Frau Strassmann, sie streifte nicht nur am Abend sondern auch schon früh am Morgen durch die Straßen, schwärmte geradezu vom Weg am Landgraben entlang. Als Kinder war an ihm natürlich immer gespielt worden und später hatte sie dort mit ihrer Freundin gesessen und sich ihre Zukunft ausgemalt, nichts ahnend was tatsächlich auf sie zukommen würde. Schade war lediglich, dass doch allerlei Unrat im Wasser lag und diese grüne Stadtoase noch nicht von Allen als eine solche erkannt ist.

Hauländer oder Holländer ?

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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Durch die Haulaender gepraegte Landschaft bei Przylek / Scherlanke - Aufn. 05/2011 GT

Immer wieder taucht die Frage auf woher eigentlich der Ausdruck Hauland stammt. Eine frühe Erwähnung dieses Zusatzes an Dorfnamen ist z. B. bereits in Unterlagen aus dem Jahr  1743 zu finden (siehe Kirchenbuch Rackwitz / Catechumeni)

Eine Vermutung z. B., dass  dieser Begriff 1772 nach der 1. Teilung Polen durch die preußische Verwaltung geprägt worden sein könnte, kann eigentlich durch die belegte frühere Verwendung  ausgeschlossen werden. Man stößt bei weiteren Recherchen, dann doch auf unterschiedlichste Erklärungen und Deutungen – aber auch darauf, dass diese Frage schon über Jahrhunderte immer wieder gestellt wurde und … unbeantwortet blieb.

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Schon im Jahr 1813 (1) heißt es: „In Preußen, und besonders im ehemaligen Polen werden alle Kolonisten Holländer genannt (auch in vielen Deutschen Gegenden G.) Man sollte aber, wie es auch bei gerichtlichen Verhandlungen geschieht, Hauländer schreiben und sprechen, denn so hießen diese Pflanzer ursprünglich. Sie bekamen Wildnisse, die sie erst roden und aushauen mussten; ihre Äcker wurden daher Hauländereien, sie selbst Hauländer genannt. An vielen Orten spricht der gemeine Mann das au wie o aus, hoen statt hauen. Daher wurde aus Hauländer, Holänder (und, da man die Abstammung zu vergessen anfing, aus diesem, Holländer. G.). Dies ist die wahren Ursache, dass wir, an so vielen Orten und in so vielen Gegenden Deutschlands Holländer finden, von welchen die Erdbeschreiber uns weiß machen, sie währen aus Holland gekommen.“ Heinze. In Preußen, besonders Südpreußen, sind diese Hauländer sehr häufig. Das Eigenthum eines einzelnen Hauländers heißt Hauländerei; diejenigen Hauländer, welche ein Gemeine bilden, obgleich der erste vom letzten oft eine Meile entfernt wohnt, heißen Hauländergemeinde, die Grundstücke derselben Hauland. B.

Hier wird also ganz entschieden Stellung gegen die Ableitung eines Ursprunges dieses Begriffes vom Holländer und aus Holland bezogen. Vielmehr erklärt man, dass Hauland vom Wort und der Tätigkeit aushauen, also die Wildnis roden, her abzuleiten ist und derjenige, der diese Tätigkeit ausübt eben ein Hauländer ist.

[1.417]

1743 wurde der Begriff Hauland bereits erwähnt - Kopie aus dem Kirchenbuch Rackwitz, Quelle: Staatsarchiv Poznań, 3843/Akta stanu cywilnego Parafii Ewangelickiej Rakoniewice (pow. wolsztyński), sygnatura 2 ("Kirchenbuch der Getauften, Getrauten, Verstorbenen" 1714-1766) http://szukajwarchiwach.pl/53/3843/0/-/2/

1820 ist eine noch detaillierte Auslegung   (2) zu finden: Hauland, Hauländer, s. Hollänger – Der Holänger, Hollänger, der Holländer und Hauländer bei denen, die besser sprechen wollen, der Erbbesitzer einer Bauernwirtschaft, von welcher er dem Grundherrn nur jährliche Zinsen entrichtet und bestimmte Hand- und Spanndienste thut. Hierdurch unterscheidet sich in Allgemeinen der Holländer oder Hauländer von dem gemeinen Bauer, der bloss Nutznießer seiner Wirtschaft ist, so lange ihn der Gutsherr darauf lassen will, und der für den Herren mit seinen Leuten und Vieh oft mehr als für sich selbst arbeiten, dagegen sich aber auch um sein Haus oder seine Hütte , sein Vieh und Geschirr wenig oder gar nicht kümmert, was ihm der Herr von neuen schaffen und herstellen muss, wenn es zu Grunde gegangen ist. – Davon die Holländerei oder Hauländerei, die Besitzung eines Holländers oder Hauländers; das Holland oder Hauland, mehre Holländereien, welche zusammen gehören, zusammengenommen, entweder, in Ansehung der Gehöfte, bei einander, oder voneinander entfernt liegend. – Ob Holländer oder Hauländer richtig sei, darüber sind die Meinungen verschieden, indem ein Teil behauptet, die ersten Anleger von Holländereien seien aus Holland Eingewanderte gewesen, der andere aber, solche Eigentümer haben den Namen vom Aushauen der Bäume auf den von ihnen, aus der Fremde Eingewanderten, gekauften oder auf andere Weise erlangten Grundstücken und dem Urbarmachen derselben empfangen. Könnte urkundlich bewiesen werden, dass die ersten Einwanderer dieser Art wirklich aus Holland kamen (Dass dies allerdings möglich ist, beweiset auch der Umstand, dass sich holländische Anbauer in verschiedenen Gegenden Deutschlands niedergelassen haben wollen, wie S.O. aus Hs anführt: Hollaender, Hollandi advenae, coloni partium Germaniae, Holerici H. G*) (das frühzeitig dergleichen aus Niedersachsen oder auch aus dem ganzen Striche an der Ostsee, wo Niederdeutsch gesprochen wurde, und größtenteils noch wird, kamen, leidet keinen Zweifel), so wäre die Schreibung Holländer, Holländerei, Holland die ursprüngliche und richtige. Da dies aber schwerlich nachgewiesen werden kann, so haben diejenigen mehr für sich, die Hauland, Hauländer u. sagen und schreiben, indem es mit dem Aushauen der Waldungen seine Richtigkeit hat, da die meisten Hauländereien in waldigen Gegenden liegen und die andern einst wohl lagen, und indem selbst die Holländer, wenn dergleichen aus Holland zuerst kamen, den Wald auf ihren Grundstücken erst aushauen mussten. Dazu komm, dass in der Schriftsprache, auf den Kanzeln, in den gerichtlichen Verhandlungen öfter Hauland, Hauländer u als Holland u gebraucht wird. Selbst die Aussprache des gemeinen Mannes ist denen, die sich für Hauländer erklären, nicht entgegen, indem man meist Hoolänger hört, und hoo’n für hauen gesagt wird. Als eine Vermutung stehe hier noch, dass Hauländer überhaupt einen Hausvater, einen Haus- und Landwirt (aus der Fremde – dem Norden – gekommen) bedeutet haben könne, nach dem Is. wo Haulldar, Hauldr, Hausvater, Schützer der Familie bedeutet, von Haull, Haull, aula, palatium – domus quaevis. So heißt es in der Edda: Their menner haulldar heita, that eru baendur their ergellder eru at aettum oc rettum fullum, Haulldar sunt patresfamilias genere et privilegiis conspicui. Im Gl. E. S. heißt es unter Havldar. „Forte Havldar proprie sinttutores, protectore, ab at hylia.“ Die mit Holländer oder Hauländer gebildeten Zusammensetzungen, als H-dorf, – gemeinde, – wirtschaft u bedürfen keiner Erklärung.

[1.418]

Landschaft bei Kozie Laski / Königsfelde Aufn. 05/2011 GT

In dieser Erklärung sind die  Siedler, der sich unter bestimmten Privilegien an einem Ort niederließen  und die daraus entstandenen Gemeinden eben die Hauländer und die Hauländergemeinden. Man schließt nicht aus, dass es eine Ableitung der schon früh wandernden Holländer sein könnte, aber man verweist ausdrücklich darauf, dass dieses nicht zu belegen ist. Es wird auch erwähnt, dass Hauland und Hauländer eine Ableitung aus der niederdeutschen Sprache sein könnte.

Zu letzterem, der Ableitung aus der niederdeutschen Sprache – also dem Plattdeutschen, bietet sich dann folgender Fund (3) aus Hamburg und Umgebung an, wo der Begriff Hauland auch heute noch zu finden ist:

Haulander Weg – Alter Deich um das Hauland, das bereits um 1490 eingedeicht wurde. Hau ist der plattdeutsche Ausdruck für Heu. Hauland ist also das Heuland. Heute ist der Name auch auf den westlich anschließenden ehemaligen Grünen Deich ausgedehnt, da es bei der Eingemeindung nach Hamburg dort bereits einen Grünen Deich gab.

Hauland – Der östliche, durch die Reichsstraße abgetrennte Teil des alten Haulander Weges heißt seit 1959 Hauland. Der Name ist 1959 auch auf den Fahrrad- und Interessentenweg übertragen, der östlich an der Reichsstraße zur Neuenfelder Straße führt.

1903 erschien dann noch folgender Artikel (4) Mit dem Beinamen „Hauland“ ist die Entstehungsart des Dorfes gekennzeichnet; denn einerlei, ob man „Hauland“ von der erstmaligen Besetzung solcher Kolonien durch eingewandert Holländer (In lateinischen Urkunden heißen die Bewohner „Holandi“, im Polnischen „Oledry“ und „Olendry“. Diese Ansicht wird gegenwärtig von den meisten vertreten), oder davon ableiten will, dass die Ansiedler erst den Wald hauen mussten (also Hauland gleich – „rod“ in deutschen Ortsnamen), soviel steht jedenfalls fest: diese Dörfer bilden eine ganz besondere Gattung unter den Ansiedelungen. Eine durchaus zutreffende Schilderung von Ansiedlungen, die im 18. Jahrhundert auf Waldboden angesetzt wurden, gibt Chlebs in seiner kleinen, anonym erchienenen Schrift „Über Ursprung und Verbreitung des Deutschthums im Grossherzogthum Posen“ (Berlin: Mittler & Sohn 1849) auf Seite 32 ff.

„Sie erhielten entweder einen bestimmten Walddistrikt nach Hufen zugemessen oder es wurde ihnen – was bei der damaligen Wertlosigkeit der Wälder nicht verwundern darf – im allgemeinen, ohne nähere Bestimmung des Distrikts gestatte, eine bestimmte Anzahl von Hufen zu roden, wo ihnen solches beliebte. Jeder einzelne erhielt seinen Besitzstand in einem, oft aber auch, je nach der Güte des Bodens, in vielen zerstreuten Stücken hutfrei, häufig mit dem Gutsherrn bewilligten Holze umzäunt, und baute sich in der Mitte seines Besitztums auf, so das die Etablissements der Hauländer oft regellos in den Wäldern zerstreut liegen. Wenigstens war dies die Regel, obgleich auch geschlossene Hauländerdörfer sich vorfinden.

„Ihre Leistungen, in Geld- und Naturalzins und nur wenigen Diensten, meist zu bestimmten wirtschaftlichen Zwecken, als Bauten, Holzfuhren etc. bestehend und erst nach vielen Freijahren eintretend, waren im ganzen mäßig; ihr Besitz in der Regel freies Eigentum, nur hin und wieder durch den herrschaftlichen Konsens zum Verkauf beschränkt. Dabei genossen sie häufig Befreiung von öffentlichen Lasten, als Kopfgeld, Einquartierung etc., und in der Regel sehr ausgedehnte Hütungs-, Streu-, Mast- und Holzgerechtsame, auch Hülfe bei Brandschäden und andern Unglücksfällen. Einkaufsgeld wurde selten gefordert.

„Da dies überdies gleich allen übrigen deutschen Ansiedlern persönlich frei blieben, so konnten sie bald zu einem gewissen Wohlstande gelangen. Zwar hat der Übelstand, dass viele dieser Hauländereien auf zu leichtem sandigem Waldboden und ohne Wiesen angesetzt sind, ihr Gedeihen häufig gehindert. Auch hatten sie in höherem Grade, als die älteren Ansiedler, von der Willkür ihrer Erbherrn zu leiden, die ihnen nicht selten die verheißenen Privilegien ganz vorenthielten, oder die erteilten später durch Erhöhung ihrer Lasten und Entziehung mancher Gerechtsame zu ihrem Nachteile veränderten. Obgleich meistens in Kommunen mit einer ähnlichen Gemeindeverfassung wie die älteren, in größeren Massen zusammengedrängten Kolonnen vereinigt, waren sie doch wegen ihrer isolierten Lage weniger als diese imstande, mit Erfolg gegen solche Willkür anzukämpfen, und mussten sich manche Beeinträchtigung gefallen lassen, für die sie sich dann wohl hin und wieder durch Einroden, Ausdehnung ihrer Waldgerechtsame und andere Eingriffe in das mangelhaft beaufsichtigte Eigentum ihrer Grundherrn zu entschädigen suchten. Daher die vielen, bis in die neueste Zeit herüber gekommenen Prozesse, in welche sie mit ihren Grundherrn verwickelt wurden, und die eben nicht geeignet waren, ihren Wohlstand zu fördern.

„Indessen haben sie sich trotz dieser ungünstigen Einwirkungen überall in ihrem Besitztum zu erhalten gewusst und bilden noch heute einen sehr zahlreichen und achtbaren, durch Betriebsamkeit und Tätigkeit ausgezeichneten Teil der deutschen Bevölkerung hiesiger Provinz, der sich selbst auf dürftigem Boden durch Bau von Handelsgewächsen, namentlich Hopfen, und durch allerlei Nebengewerbe, als Schiffahrt, Fuhrwesen, Brettschneiden etc. gut ernährt.

„Wir finden diese Hauländereien besonders in denjenigen Kreisen verbreitet, die damals noch weniger kultiviert und waldreicher waren, wie in den Kreisen Birnbaum, Meseritz, Bomst, Buk, Schrimm, Schroda, Genesen, Mogilno, wogegen sie in den damals schon kultivierteren Kreisen Fraustadt, Kröben, Wirsitz und Bromberg fast gar nicht vorkommen“

Allein in den bei der ersten Teilung Polens (1772) in Besitz genommenen Landesteilen zählte man über 400 solcher Hauländerdörfer, deren Grösse mitunter sehr beträchtlich war.

[1.419]

Bei Glinno / Glinau - Aufn. 05/2011 GT

Abschließend ist also festzustellen , dass der Begriff Hauland seit 1743 nachweislich verwendet wird, der tatsächliche Ursprung dieser Bezeichnung aber nicht zu bestimmen ist.

Quellen:

(1) 1813 Aus Wörterbuch der Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke – Ein Ergänzungsband zu Adelungs’s und Campe’s Wörterbüchern – Neue starkvermehrte und durchgängig verbesserte Ausgabe von Joachim Heinrich Campe, Doktor der Gottesgelehrtheit. – Braunschweig 1813

(http://books.google.de/books?id=niQ-AAAAcAAJ&pg=PA201&lpg=PA201&dq=hauland+bedeutung&source=bl&ots=MH4Q-l3r5V&sig=hlc9w0c8cl7jvWItI3PWwOQ69qs&hl=de&ei=gMWcTIO-OMLAswbU3JjmDg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CBwQ6AEwATgK#v=onepage&q=hauland%20bedeutung&f=false [1.420])

(2) Aus Die deutsche Sprache in dem Großherzogtum Posen und einem Theile des angrenzenden Königreiches Polen, mit Vergleichungen sowohl der Mundarten, als auch anderer Sprachen, und mit eigenen Forschungen. Von dem Verfasser des J. H. Campe veranstalteten und herausgegebenen Wörterbuches der deutschen Sprache, Dr. Chn. Sam Theodor Bernd, Beamteten bei der königl. Büchersammlung der hohen Schule zu Bonn, und Mitgliede der Berlinischen Gesellschaft für deutsche Sprache. Bonn, 1820

(http://books.google.de/books?id=mS4GAQAAIAAJ&pg=PA92&lpg=PA92&dq=hauland+bedeutung&source=bl&ots=-yNd4YvlnN&sig=U0JKKPCeuxZ_VvL41IONGiRzOQ4&hl=de&ei=gMWcTIO-OMLAswbU3JjmDg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=5&ved=0CCYQ6AEwBDgK#v=onepage&q=hauland%20bedeutung&f=false [1.421])

(3) http://www.alt-wilhelmsburg.de/strassennamen.htm [1.422]

(4) Aus Zeitschrift der Hist. Ges. für die Prov. Posen. Jahrg. XVIII. Auszug aus „Das Hauländer-Dorf Goldau bei Posen. – Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte Gross-Polens im 18. Jahrhundert. Von Dr. Clemens Brandenburger

http://www.archive.org/stream/zeitschrift03posegoog#page/n14/mode/1up/search/Hauland [1.423]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Weidenvorwerk – Nowy Dwor Erinnerungen an die Gutsherren Funck

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Alexander S.-Klahr, Portugal / 2011)
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[1.424]

Weidenvorwerk heute Nowy Dwór – noerdlich von Zbaszyn / Bentschen gelegen – Ausschnitt Messtischblatt

Ein Bericht von Herrn Alexander Schmidt-Klahr, Nachfahre der Familie Funck, über Weidenvorwerk, dem heutigen Nowy Dwor.

Alle veröffentlichten Bilder (bis auf den Teilausschnitt des Messtischblattes) im nachfolgenden Beitrag stammen aus Privat- und Familienbesitz; sie werden hier mit ausdrücklicher Genehmigung des Einsenders veröffentlicht.

In Memoriam:

F r i e d r i c h  F u n c k 24.08. 1809  bis  13.03.1861  Weidenvorwerk
H  e r m a n n  F u n c k 24.06. 1811  bis  20.01.1892  Görlitz
R o b e r t  F u n c k 23.08. 1840  bis  02.01.1919  Weidenvorwerk
R i c h a r d  F u n c k 26.02.1865   bis  13.05.1924  Weidenvorwerk
I d a  F u n c k Weidenvorwerk
W e r n e r  F u n c k 13.02.1902 bis 1945  Weidenvorwerk
Fräulein  K a d o s c h Daten unbekannt, Hausdame; gest. Weidenvorwerk vor 1919

[1.425]

Friedhof Weidenvorwerk ca. 1920

Jede Blüte will zur Frucht,
Jeder Morgen Abend werden,
Ewiges ist nicht auf Erden
als der Wandel, als die Flucht    (Hesse)

 

Der Gutsfriedhof  W E I D E N V O R W E R K  und seine Geschichte, 1987

Von BENTSCHEN führt der Weg nordwärts nach NOVY DWOR. Man ahnt kaum noch, dass sich dort einmal ein großer landwirtschaftlicher Betrieb befand, der einmal WEIDENVORWERK hieß. Um einen großen Platz angeordnet, größere und kleinere Häuser und die wenigen noch vorhandenen Wirtschaftgebäude lassen das Ehemalige erahnen.

Die Zeiten gingen darüber hinweg, aber die Toten kümmert es wenig, denn sie ruhen abseits von allem und ihre Ruhe ist nicht mehr gestört worden seitdem. Lange war ihr Platz ganz entrückt von allen Geschehnissen und die Natur bedeckte ihr Feld, ganz so, als wolle man sie fernhalten von den Ereignissen der Lebenden und aus dem lichten Blätterwald schaute, die Zeiten überdauernd, lange nur ein kleines, ziegelrotes, quadratisches Häuschen hervor, trotzend allem. Doch all das ahnt man nicht von der Allee aus, die an NOVY DWOR vorbei kilometerlang nach LOMNICA führt und nur der Eingeweihte findet den kleinen Platz mitten im Wald.

[1.426]

Blick auf die Ortschaft „Neue Welt“ – 1987

Darum, will man die Stelle aber finden,  geht man straßenseitig an den ehemaligen Hof-, Wohn- und Wirtschafsgebäuden, bzw. was davon noch übrig ist vorbei, bis dann, wo der Gutshof aufhört ein kleiner Weg zu einer Anreihe von Häuser führt, mit dem, was einen dann erwartet hochtrabenden Namen die „NEUE WELT“. Dann aber, wenn man diese Häuser passiert hat, führt einen der Weg zu dem Platz, wo ganz am Ende nun der Wald anfängt und sich ebendort eine „ANDERE WELT“ finden lässt – nämlich die der Toten.

Ja, da liegen sie alle, die mir bekannten, die Unbekannten und die, die keinen Namen mehr haben. 150 Jahre ruhen einige schon dort und bei vielen weiß man gar nicht mehr wo sie überhaupt ruhen. Ihre Steine sind zerborsten, die Inschriften verwittert, aber doch haben ordnende Hände in den letzten Jahren des nun 21. Jahrhunderts diesen Platz seinem verwunschenen Dasein entrissen und ihn wieder ein Stück weit in unsere Zeit zurück geholt.

…aber 1987 war das noch anders.

Nein,  ein öffentlicher Friedhof war es nie. Er war für die, die mit dem Gut in enger Verbindung standen, den Besitzern, Familienangehörigen, Angestellten; ein kleines Stückchen Erde, dreißig mal dreißig Meter vielleicht, mauerumfasst, mit einer ehemals eisernen Pforte, die uns gemahnte:

Haltet inne, und gedenket unser, die wir einmal waren, die wir hier gewohnt haben, den Boden bearbeitet, denen uns dieser Flecken Erde Heimat war.
Wir kommen, wir gehen, aber wir hinterlassen Spuren. Vergesst uns nicht ganz.

So denke ich bei diesen Zeilen an meine Großtante  N o r a  E l i n o r, denn sie hat euch Tote alle, zumindest für eine weitere Generation der Vergessenheit entrissen und wie so oft hat sie in ihrer Jugend diesen Ort der Stille aufgesucht und noch heute folge ich zuweilen in Gedanken ihren Schilderungen:

[1.427]

Das Mausoleum der Familie Funck

„…so gehe ich vom Schloss über den ersten Wirtschaftshof, an dem langen Pferdestall vorbei, passiere den zweiten Hof und zwischen Schweinestall und Kutscherhaus beginnt der viertelstündige Fußweg der Stille unter Kastanien, nur unterbrochen durch das Lärmen der spielenden Kinder der kleinen Ansiedlung mit dem bedeutungsvollen Namen „NEUE WELT“, um dann noch ein gutes Stück des Weges zu gehen, die schattige Allee weiter in den Wald kommend, um dann vor dem kleinen Friedhof halt zu machen. Das Tor ist verschlossen, mit dem großen Schlüssel schließe ich die schwere, eiserne Friedhofspforte auf. In der Mitte, gleichsam das Zentrum markierend, zum Symbol einer kleinen Ewigkeit und mit dem Wunsch die Zeiten zu überdauern, steht in rötlichen Klinkern das Mausoleum. Ein kleiner, quadratischer neogotischer Bau, verschlossen mit einer schweren Holztür, abweisend einem Fremden gegenüber, der sich einmal hierher verirren könnte und nicht zur Familie gehört, ihm den Weg und Blick ins Innere dieser Ruhestätte verwehrend. Der zweite eiserne Schlüssel gibt mir aber den Weg frei ins Innere, aber schwer nur lässt sich die Tür öffnen. Welch überwältigender Eindruck: durch die großen, runden Fenster zur linken und zur rechten Seite fällt das gedämpfte Licht der Buntglasfenster ein, was sich mit der modrigen Luft zu einer ganz besonderen und eben nur an solchen Orten zu findenden Stimmung vereint. Absolute Ruhe umgibt diesen Ort . . .

Nur wenige Schritte ins Innere und ich stehe vor einem schmiedeeisernen, niedrigen Gitter, neogotisch auch dieses und auch hier wieder eine kleine Tür. Sie sperrt den Zugang ab, die Steintreppe hinab zu den beiden Särgen, die in einer Vertiefung stehen, rechts und links von dieser. Durch dieses kleine, architektonische „Bravourstück“ gewinnt der Raum enorm an Höhe, denn man hat das Gefühl, man steht auf einer Galerie. Der letzte, den beiden Toten geweihte Raum, mit einer sternengemalten, blauen Gewölbedecke, den Mosaikfliesen, dem kleinen Altar, mit der steinernen, aufgeschlagenen Bibel, den Altarleuchtern und seiner dunklen, gotisierenden Ausmalung gibt einem das Gefühl, einer unveränderlichen, irdischen Ewigkeit, ein Ort des ewigen Friedens.

Hier ruhen sie nun:  F r i e d r i c h  und seine Gattin, der  e r s t e Gutsherr aus der Familie  F u n c k auf Weidenvorwerk.

So war es bis 1914, aber die Zeiten des Ersten Weltkrieges brachten gewaltige Veränderungen und auch Kampfeshandlungen mit sich, die das Gut, wie viele andere, nicht verschonte, so dass auch dieser kleine Ort in Mitleidenschaft gezogen wurde. Man brach die Särge auf, wohl in der Hoffnung Schmuck zu finden, denn der Krieg hat seine eigene Gesetze und man verschonte auch die Toten nicht. Gut konserviert waren sie, die Toten, nach nunmehr über sechzig Jahren! Aber nach dieser Erfahrung wollte man die Überreste nicht so wie vorher zur Ruhe betten. So entfernte man das Gitter, füllte die Vertiefung mit Erde auf und bedeckte die Stelle mit Fliesen. Nur diese lassen noch in ihrer Legeform und Farbdifferenz ahnen, wo sich die Stelle verbirgt. So zeigt sich nun für die Nachfolgenden, die nichts darum wissen, der Ort heute wie eine kleine Kapelle – und so war es auch gedacht . . . „

Jahre sind vergangen und die, denen dieser Ort WEIDENVORWERK einmal Heimat gewesen ist, sind verstreut in alle Winde, bzw. selbst schon verstorben – aber ihre Geschichten waren bei ihnen, gut gehütet.  Und wer kennt sie noch alle, diese Menschen vergangener Generationen und wen interessieren sie überhaupt noch, die, die man nicht einmal mehr kannte. Aber gut behütet, in den Erinnerungen führten sie ihr Eigenleben weiter und keiner hatte mehr Zugriff zu ihnen; aber wie sagt Eichendorff in einem seiner Gedichte:

Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort
und die Welt fängt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort

[1.428]

Robert Funck und Viktor Klahr auf der Freitreppe des Gutshofes

Bilder der „ALTEN WELT“ an den Wänden meiner Großmutter rufen schon als Kind meine Aufmerksamkeit hervor und später dann bei meiner Großtante die noch viel mehr hatte: Aquarelle, Zeichnungen, Fotos, Gemälde und die unverfängliche Neugier eines Kindes in aller Unvoreingenommenheit trifft zuweilen dieses „Zauberwort“, was den Reichtum des Immateriellen in einer Fülle fließen lässt, was anderen oftmals verschlossen bleib. Dank meiner Neugierde hatte ich diese Gabe, die ich auch übergebührlich genutzt habe. Aber mit all diesen Geschichten, Erinnerungen, Fotos und Bildern wird diese Neugierde nur noch größer, es ist wie ein Sog in den man gezogen wird und es heißt: mehr, mehr, mehr…. Und zum Schluss möchte man hin, hin an den Ort, von dem man so viel gehört hat, spüren, sehen was noch da ist von dem, was einem aus Erzählungen mittlerweile so vertraut ist, als sei einem der Ort selbst schon wie ein kleines Stückchen Heimat. Ein Stück Heimat, was einem die Altvorderen übergeben haben, als einen immateriellen Wert, der sich keinen Zeitereignissen mehr zu unterwerfen hat, frei in den Erinnerungen führt er sein Eigenleben, bei jedem auf seine Art, losgelöst von Zeit und Raum!

1987 sind aber die politischen Zeiten noch nicht so, dass man mir nichts, dir nichts nach Polen fährt, denn der Eiserne Vorhang trennt uns. Aber das Interesse ist größer als Barrieren und so besuche ich KAROL WOLNY, den letzten Oberförster von NOWY DWOR. Er und seine Familie wurden für mich der Ausgangspunkt, nun einmal all das zu sehen, was mir schon irgendwie so vertraut ist. – Er will mir alles zeigen, denn er ist der „imaginäre Statthalter“ für dieses „immaterielle Erbe“. Er hat über all die Jahre die Erinnerung wachgehalten an die Familie meiner Großmutter. Aber es geht nicht so schnell, wie ich es gerne möchte, denn den ersten Tag kann er noch nicht mit mir nach NOWY DWOR. Doch die Ungeduld ist nicht zügelbar. Mit dem Rad mache ich mich alleine auf, 20 km von BABIMOST nach WEIDENVORWERK. Als erstes will ich den Friedhof aufsuchen. Von ihm, sagt er, ist am meisten erhalten.

Über den Hof, den alten Weg, kann man nicht mehr, er ist eingezäunt. So fahre ich die Chaussee an den noch erhaltenen Gebäuden vorbei, Zeugen ehemaliger Gutsherrlichkeit des 19ten Jahrhunderts, vorbei um die „NEUE WELT“ zu passieren, nicht ohne an meinen Urururgroßvater HERMANN FUNCK zu denken, der dieses Agglomerat von Häusern für die Gutsuntertänigen hat errichten lassen, für die Privilegierten, wohlgemerkt und in bester Absicht seiner Zeit, pittoresk anzusehen, aber fernab von unseren Vorstellungen von heute. Auch ist selbst die schattenspendende Kastanienallee verschwunden. Aber weiter führt der Weg, bis am Ende der staubigen Straße nun der Wald anfängt – licht, hell und sonnendurchflutet; nie habe ich mit solch einem Bewusstsein so viele Akazien einen Wald durchmischen sehen. Nichts Düsteres, nichts Bedrückendes umfängt einen, nichts vermittelt dieser Wald, was man sonst meist mit einem Wald verbindet. Das gleißende Sonnenlicht dieses Frühsommertages, gedämpft und gemildert, gleichsam gefiltert für diesen ganz besonderen Tag.

[1.429]

Die Reste der Friedhofsmauer im Hintergrund das Mausoleum – 1987

Eigentlich müsste er doch schon auftauchen, dieser kleine Gutsfriedhof – und da – linker Hand diese kleine Gruftkapelle, mit den hellroten Klinkern, all die Zeiten überdauernd. Nur der obere Teil durchbricht das Grün der Akazien als sichtbares Zeichen dieses stillen Ortes. Der kleine Weg ist zu einem Pfad geworden, keine Pforte hindert mehr den direkten Zutritt. Still im Einklang mit der Umgebung hat sich der Wald  sein ursprüngliches Feld zurückerobert. Aber er hat sein Werk noch nicht vollenden können. Moosüberzogener Stein und Grün beherrschen den Ort – und Efeu, wie viel Efeu überall! Aber es sind noch nicht alle sichtbaren Spuren getilgt, auch wenn die kleine Friedhofsmauer, gerade so hoch gewesen, dass es schon Schwierigkeiten machte sie zu überklettern, aber doch noch niedrig genug, dass sie den Blick für das Dahinter freigab, seine schützende Funktion verloren hat und größtenteils eingefallen ist. So trete ich ein, wo ehemals die Pforte den Zutritt Fremder verwehrte.

Zweifelsohne, auch jetzt noch, in seinem Stadium des Niederganges hat dieses, das Zentrum beherrschende Mausoleum  Friedrichs die weitaus größte Anziehung und das, obwohl FRIEDRICH FUNCK mir von allen besser vertrauten Vorfahren am weitesten entfernt ist, eigentlich in den Erzählungen nie auftauchte und schon damals unendlich weit weg war, entrückt in die Ewigkeit und nur durch seine Grabentweihung erwähnt und dadurch nicht ganz vergessen war. Keine Holztür schützt mehr die ursprüngliche Weihe des Inneren, keine steinerne Bibel ist mehr vorhanden;  Flaschen und Zigarettenstummel und die beschmierten Wände lassen ahnen, welche Funktion der kleine Tempel nun mit zu erfüllen hat – ein Ort profaner Kurzweil, jungen Menschen zuweilen Zuflucht gebend in der eigenen Perspektivlosigkeit. Intuitiv vielleicht doch gar keine so schlechte Idee dich,  Friedrich, etwaigen unruhigen, zukünftigen Zeiten dem Blickfeld zu entziehen!

[1.430]

Friedrich Funck

 [1.431]

Hermann Funck

Auf  Friedrich folgte  HERMANN FUNCK als   zweiter  Gutsherr und nun suche ich dich, der du hier auch irgendwo begraben liegst. Aber ich finde dich nicht. Nichts, gar nichts mehr. Namenlos ist dein Platz. Aber dein Bild ist mir gegenwärtig; der Landmann, kräftig in seiner Statur, vorwärtsblickend, den Fuß auf Neuland setzend, ein richtiger „Marschall Vorwärts“ des Ackerbaus. Nicht zu fein, nicht zu grob, gerade das richtige Maß treffend;  einer, der sich nicht im Ewigen verliert, sondern der an Ort und Stelle, im Jetzt und Heute seinen Raum sah, der die Wirtschaft voran brachte, dem Boden das Beste abgewann, sein Monument dem Leben setzte! So gedenke ich deiner, der du doch nicht ganz vergessen bist.

Aber die Gräber der anderen, mir aus den Erzählungen vertrauten, die sind noch da!

ROBERT FUNCK war der  dritte Herr auf WEIDENVORWERK und er war der Großvater von meiner Großmutter. Er war ihr so präsent wie mir meine Großmutter. Darum umfängt mich auch eine gewisse Vertrautheit als ich sein Grab entdecke. Unleserlich sein Name auf dem Sockel, ihn, den man  P a p p u s c h nannte. Er hat kein Mausoleum, aber eine imposante Engelsgestalt auf diesem hohen, marmornen Sockel, alles in allem mehr als zwei Meter hoch, ragt aus dem Untergestrüpp hervor und zeigt mir die Stelle, wo er vor fast siebzig Jahren zu Ruhe gekommen ist. Aber auch dieser Engel hat die Zeiten nur mäßig überdauert. Totenkranz und sein Haupt sind ihm in den kopflosen Zeiten abhanden gekommen, ebenso seine Flügel, als wolle man uns vergegenwärtigen, dass die Schwerelosigkeit und das engelsgleiche Dasein ein erhabenes, aber auch verletzbares Gut sind! Aber noch harrt er den Zeiten und so kommen mir Arnims Zeilen aus dem Kronenwächter in den Sinn:

Gib Liebe mir und einen frohen Mund,
Dass ich dich, Herr, der Erde tue kund.
Gesundheit gib bei sorgenfreiem Gut
Ein frommes Herz und festen Mut;
Gib Kinder mir die aller Liebe wert,
Verscheuch die Feinde von dem trauten Herd;
Gib Flügel dann und einen Hügel Sand,
Den Hügel Sand im lieben Vaterland,
Die Flügel schenk dem abschiedsschweren Geist,
Dass er sich leicht der schönen Welt entreißt.

[1.432]

Robert Funck – ca. 1870

Aber hier gibt es kein Entreißen mehr. Doch Teile der Inschrift auf dem Sockel lassen sich doch noch entziffern:   …geliebt und …dankbarer Sohn. Aber kein Fremder weiß, wer da liegt und kein Gitter wie ehemals schafft die optische Distanz zwischen Einst und Heute, zwischen Diesseits und Jenseits. Ganz profan zeigt sich die Vergänglichkeit, Stück für Stück auch hier das zurückerobernd, was der Mensch einmal für eine kleine Ewigkeit gemeint geschaffen zu haben. ROBERT FUNCK, der „Grandseigneur“ , Mann seiner Zeit! Mit dem nötigen Wohlwollen, aber auch schon mit der gewissen Distanz zu den direkten Niederungen des Alltäglichen – der Inbegriff des klassischen Gutsherren des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Siebenundzwanzig Jahre lang uneingeschränkter Herr auf WEIDENVORWERK und ROKIETNICA bei POSEN. Doch so glanzvoll wie viele Jahre seines Lebens in wirtschaftlich-finanzieller Hinsicht auch gewesen sein mögen, ahnungsvoll hat auch er die zukünftigen Änderungen in seinen letzten Lebensjahren zu spüren bekommen. Was für eine Beerdigung hat er sich vorgestellt und was für eine hat er bekommen! Nichts von einem glanzvollen Abgang eines Gutsherrn, „verscharrt“ bei Nacht und Nebel, denn die Zeiten standen auf Krieg. Obwohl offiziell schon zu Ende, fanden weitere Kampfeshandlungen statt. Das Schloss war verdunkelt, die Fenster vernagelt, der Hof beschossen. So wagte man ihn nicht  bei Tage beizusetzen und der Kutscher und ein Hausdiener mussten ihn bei Dunkelheit zum Friedhof karren, im engsten Kreis der Familie und möglichst ohne Aufsehen, der Partisanen wegen. Mit ihm endete eine Epoche und der Zeitpunkt seiner Beerdigung war auch der Anbeginn einer neuen sozialen Ordnung und eben auch Hoffnung für viele, die nicht so privilegiert waren.

[1.433]

Richard Funck mit Tochter Illa

Nun folgte RICHARD FUNCK, der Sohn von ROBERT und Vater meiner Großmutter, als neuer Besitzer auf WEIDENVORWERK, bzw. NOWY DWOR, wie es jetzt wieder offiziell hieß. Zwar nur für wenige Jahre, die er dem Wiederaufbau und der Restrukturierung gewidmet hat, denn gesundheitlich zerrüttet, war ihm nicht allzu viel Zeit verblieben. Sein Grab ist nicht zu übersehen. Breit gelagert die Steinfragmente die massig die Stirnseite des Gräberfeldes abschließen. Nur die Basis ist noch vorhanden – rechts und links, unter Büschen versteckt, sind die seitlichen Begrenzungen aber noch erkennbar: zwei kniehohe Säulen mit Kugeln als Abschluss, der Rest ist nach hinten übergekippt. Rudimentär aber ist die ehemals erhaben gedachte Gestaltung noch erkennbar, wenn denn genügend Phantasie vorhanden ist, oder man zumindest weiß, dass sie dem Jugendstil angelehnt ist. Doch die Tafel mit den Namen, die die Wand krönte, sozusagen abschließend in die Komposition integriert war, ist an die Basis angelehnt, so dass man die Namen erkennt. Von diesem ehemaligen Zentrum setzen rechts und links in Volutenschwüngen die Seiten an, um dann an den beiden Säulen auszulaufen. In der ganzen Breite umfasst eine kleine,  niedrige Steineinfassung  ein größeres  Feld und  darin wiederum markieren zwei ebenfalls eingefasste Flächen die eigentlichen Gräber von R i c h a r d und seiner zweiten Frau I d a. Auch sie sind efeuüberwuchert, so dass ich einen Ableger mitnehme, um ihn auf das Grab meiner Großmutter zu pflanzen und ebenso nehme ich eine Hand voll Erde mit, ein kleiner, symbolische Akt für diesen von ihr so geliebten Ort WEIDENVORWERK.

Ein Grab aber ist den Zeiten noch nicht entrückt. Ein aufgehäufter Erdhügel mit Feldsteinen umlegt und einem kleinen Holzkreuz zeigen, dass jemand den hier Ruhenden noch nicht ganz vergessen hat. Nur das Sterbejahr und der Name sind mit Farbe aufgemalt. Es ist  WERNER FUNCK, gestorben 1945 mit dreiundvierzig, der Sohn von  Richard und  Ida. Ihm ist CAROL WOLNY in Dankbarkeit verbunden und der Grund, dass ich so wohlwollend von ihm und seiner Familie aufgenommen wurde. Er pflegt dieses letzte Grab.

[1.434]

Frl. Kadosch und Robert Funck im Herrenhaus zu Weidenvorwerk

Ein Grab, nein es ist ein achtlos liegender Stein, weckt mein Aufmerksamkeit. Teilweise erdbedeckt entziffere ich die lange Inschrift, die in Treue und Dankbarkeit einer Frau gewidmet ist und am Schluss steht, welche Kuriosität, nicht der Name der dort Begrabenen, sondern der Name von ROBERT FUNCK, meinem Ururgroßvater. Aber ich entsinne mich den Erzählungen meiner Großtante und das Bild nimmt Formen an: es ist Fräulein KADOSCH,  die Hausdame von ROBERT, die ihn sechsunddreißig Jahre treu begleitete, wie ich lese; kein Geburts-oder Sterbedatum, nichts weiter als nur der gut leserliche Text; ein fast schon sentimentaler Akt, der aber doch auch solange nach dem Tode dieser beiden Menschen einen  kleinen Einblick in die Gefühle der Dankbarkeit und auch der Fähigkeit und Bereitschaft dies zum Ausdruck zu bringen zeigt, in einer Zeit, wo mehr Haltung als Emotion gemeinhin üblich waren, mehr Form als Gefühl angesagt war.

So schaue ich mir diesen kleinen, verwunschenen Friedhof an, sitze bei den Gräbern, die all die Zeiten mehr oder weniger überdauert haben, lasse das Leben der von uns gegangenen Revue passieren und denke an die Erzählungen meiner Großtante, deren innigster Wunsch es immer war, all das von ihr so geliebte und mit dem Begriff Heimat verbundene Stückchen Erde vor ihrem Tode noch einmal wiederzusehen. Dieses Gut auf dem sie und ihre Schwestern eine glückliche Kindheit und Jugend verbrachten, frei und losgelöst von Begriffen wie Besitz, Zugehörigkeit, Nation war etwas, dass sie alle durch das Leben begleitete und diesen Ort niemals vergessen ließen.

Und so erinnere ich mich noch einer weiteren Erzählung, die mit diesem Friedhof in Verbindung steht. Es hat auf die Kinder, die sie damals waren, doch einen so nachhaltigen Eindruck gemacht, dass dieser Vorfall innerhalb der Familie nie ganz in Vergessenheit geriet. Wer es letztendlich war und wie er hieß, daran kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern und vielleicht wusste es meine Großtante nach all den Jahren auch selbst gar nicht mehr. Es war keiner aus der Familie, aber einer, der freiwillig aus dem Leben schied und dem man darum die Beisetzung auf dem öffentlichen Friedhof verweigerte, was ROBERT FUNCK  dazu veranlasste, die Erlaubnis zu geben diesen Unglücklichen auf diesem Familienfriedhof zur Ruhe zu betten, damit er nicht in ungeweihter Erde verscharrt werden musste.

Wie viele Gräber gibt es dort von Menschen, die zwar zur Familie gehörten, oder mit ihr in Verbindung standen, die aber über die Zeiten langsam in Vergessenheit geraten sind, von denen man heute nichts mehr weiß, von denen auch ich nichts weiß. Und die “ Ewigen Lichter“, eine Tradition, die wir Protestanten nicht kennen, berühren mich besonders, wenn ich mir heute, 2011, die Bilder im Internet anschaue, bis wohin es dieser kleine, ehemals so lange vergessene und verschwiegene, im Wald eingebettete Ort gebracht hat; zu sehen, dass eine neue Generation das Erbe beider Nationen, die doch auch teilweise in familiären Banden verbunden waren, wieder mit einbezieht.

 

In Gedenken

meiner Großmutter  M a r g a  K L A H R geb. F u n c k,

meiner Großtante N o r a  E l i n o r   S t a c h geb. F u n c k

und  B e r n d  F u n c k

 

Alexander S.-Klahr, Portugal 2011

Eine Wanderfahrt durch das „Posener Paradies“

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Karl Graeter, Professor zu Lissa (1911))
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Dieser Artikel, wie auch die Bilder, sind entnommen aus: „Aus dem Posener Lande“ – Monatsblätter für Heimatkunde – 6. Jahrgang – Heft 8 – August 1911 – digitalisiert durch: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

* * *

1. Von Neubrück bis Zirke

Das Posener Paradies? wird mancher Leser, den Kopf schüttelnd, fragen. Von einem Posener Paradies habe ich noch nie etwas gehör. Wo liegt denn dieses wunderbare Stück Land? – Nun, vertraue dich meine Führung an; ich will dich in ein wunderhübsches Fleckchen unserer Heimat geleiten, das dir mit seinem prächtigen Seen, seinen ehrwürdigen Eichen- und Buchendomen sicherlich gefallen wird.

Wo ist dieses Posener Paradies zu finden? – Jenes Dreieck ist es, dessen Spitzen etwa durch die Städte Birnbaum, Pinne und Wronke gebildet werden.

Um von Posen dorthin zu gelangen, benutzen wir den Frühzug, der etwas vor 6 Uhr abfährt und in Antonswald (an der Strecke Posen – Kreuz) um 7:28 Uhr eintrifft. Eine hohe Pappelallee geleitet uns von dem Stationsgebäude nach Süden durch Kiefernwald, der nur in den tieferen Seitenschluchten durch Erlen und Buchen verdrängt ist, und durch einzelne Lichtungen, in denen der Wind die ährenschweren Halme niederbeugt, in etwa 30 Minuten zur Warthe, die wir in der Nähe des Bergkruges erreichen. Auf unseren Ruf holt und der Fährmann mit seinem Kahne ab, und wir steigen am jenseitigen Ufer zu dem ehemaligen Städtchen Neubrück hinan. An der schlichten evangelischen Kirche biegen wir nach rechts ab, gelangen durch einen Hohlweg an einen seichten Bach und schreiten durch Kartoffel- und Getreidefelder der Landstraße zu, die von Neubrück nach Lubowo führt. Unser Blick schweift hinüber auf die rechte Seite der Warthe, deren bewaldete Höhen von einzelnen Siedlungen unterbrochen werden. Das Dorf Lubowo macht mit seinen massiven Häusern den Eindruck rechter Wohlhabenheit. Einen Kilometer hinter dem Dorfe schlagen wir den nach links abbiegenden Weg ein und stoßen hier auf einige neue Häuser, die auf der Generalstabskarte nicht verzeichnet stehen. Da die meisten dieser Gehöfte von Angehörigen der Familie Link oder Linke bewohnt werden, hat der Volksmund sie die „Linker“ getauft.

[1.435]

(1) See bei Pakawie

Bis dahin hatten mich nur weite Getreidefelder begleitet, jetzt nahm mich endlich ein Kiefernwald auf, der durch vereinzelte Eichen und üppig wuchernde Farrenkräuter den Eindruck der Eintönigkeit verlor, den sonst ein Föhrenwald auf den Wanderer hervorzurufen pflegt. Je weiter ich schreite, desto schöner wird der Wald, in dem die Eiche schließlich die Alleinherrschaft behauptet. Eine Brücke führt mich über einen Bach, der der Warthe mit fröhlichem Jauchzen entgegeneilt, an einer wunderschönen alten Fichte vorbei an einem Kreuzweg; ich biege hier links ab und wandere bergauf und bergab dem Dorf Pakawie zu. Der Ort wird bald auf der Höhe sichtbar; ich lasse ihn aber links liegen und wende mich dem Ufer seines Sees zu (Bild 1). Lieblich ist er eingebettet in des Waldes Dunkel; im dichten Röhricht säuselt leise der Wind; unruhig fluten seine Wogen; freundlich winken nur die Häuser des Dorfes mit ihren roten Ziegeldächern zu; des Waldes tiefes Schweigen unterbricht nur des Finken unermüdlicher Ruf: „für dreißig Pfennig!“, und freigebig fügt er auch noch hin und wieder ein Zugabe hinzu.

Aber es heißt scheiden. Ich kehre zu der Brücke zurück, die vor Pakawie über den Bach, den ich schon einmal überschritten habe, führt. Ein Wegweiter zeigt mir die Richtung nach Zirke an. Auf einem anfangs recht sandigen Wege wandere ich über Berg und Tal; links schimmert noch hin und wieder die blaue Flut des Seespiegels zu mir empor durch den schweigenden Wald, in dem sich von dem Dunkelgrün der Kiefern das hellere Gewand der Birke freundlich abhebt. Je höher ich gelange, desto schöner und kräftiger wird der Waldbestand. Kein Mensch ist zu sehen; nur des Kuckucks Ruf und des Baumpiepers eintöniger Schrei: piep, piep, piep! ist zu hören. Da tönt das Knarren von Wagenrädern an mein Ohr. Eine ganze Reihe von Holzkloben beladener Wagen fährt bald darauf in langsamen Tempo an mir vorüber; auf der schweren Last jeden Wagen sitzen je ein Männlein und ein Weiblein; ununterbrochen klingt der fromme Gruß: Niech bedzie pochwalony Jezus Chrystus! An die Stelle der Kiefern treten stämmige Eichen, üppiges Unterholz. An der Wegbiegung – etwa eine halbe Stunde, seit ich den Großen See bei Pakawie verlassen – wird ein neues Seebild zu meiner Linken sichtbar. Am Rande des Hochwaldes, um eine Verirren auf dem Rückwege unmöglich zu machen, bahne ich mir den Weg zu dem in der Tiefe ruhenden Krzymien-See. Manneshohe Wacholderstämme bilden hier das Unterholz. Ich lasse mich an dem Gestade des Sees nieder, lausche dem Geräusch der auf- und abgleitenden Wellen, dem Säuseln des Windes im starren Röhricht. Ich bin allein in tiefster Waldeseinsamkeit, nur aus dem Schilfwalde lasen wilde Enten ihr misstönendes Geschnatter vernehmen. Der Krzymien-See, rings von stattlichen, bewaldeten Höhen umsäumt, gehört mit zu den schönsten unserer Heimat. Doch ich kehre zur Straße zurück und eile durch gemischten Waldbestand bald bergauf, bald bergab meinem nächsten Ziele, dem Dreibuchenkruge, zu, den ich nach einer halbstündigen Wanderung vor mir sehe.

Vom Dreibuchenkrug führt mich der weitere Weg zuerst am Rande einen Kiefernwaldes nach Westen, ich gelange an einen Wegweiser und schlage die Richtung nach Süden, nach Katschlin, ein; links begleiten mich junge Birken, rechts Kiefern. Hin dem Walde muss ich bergauf wandern, bis endlich auf der Höhe das Dorf Katschlin sichtbar wird, wo ich im „Gasthaus zum guten Tropfen“ (Besitzer Elsholz) eine freundliche Aufnahme finde. Katschlin ist zum Teil von der Ansiedlungskommission an brandenburgische und schlesische Bauern aufgeteilt, teils wird es von polnischen Bauern bewohnt. Wie alle Gasthäuser auf den Ansiedlungsgütern ist auch das zu Katschlin ein stattliches Gebäude, geräumig genug, um auch einer größeren Anzahl von Touristen Unterkunft zu gewähren. Wer wegen der weiten Entfernung erst zu Mittag in Neubrück eintreffen kann, tut gut, in diesem Gasthause sein erstes Nachtquartier aufzuschlagen.

In dieser Lage war auch ich; ich übernachtete deshalb in Katschlin und setzt am nächsten Morgen meinen Marsch weiter fort, der mich nach dem Luttomer See, dem größten der ganzen Gruppe, bringen sollte. Quer über den Platz, an dem das „Gasthaus zum guten Tropfen“ steht, wandte ich mich nach links, wo ziemlich am Ende des Dorfes des Dorfes der Weg nach Ryzin abbiegt. Von diesem zweigt sich bald rechts der Weg nach Gr.-Luttom ab, dessen hoher Turm bald am Horizont auftaucht. Durch ziemlich ebenes Gelände marschiere ich südwestwärts, komme an einigen Gehöften, die noch zu Katschlin gehören, vorüber, überquere die Straße, die Ryzin mit Zirke verbindet, lenke meine Schritte an dem Nordufer eines kleinen, schilfbewachsenen Weihers, aus dem mir dumpfer Unkenruf entgegenschallt, vorbei und wende mich an seiner linken, der Ostseite, nach Süden. Bald darauf berühre ich ein kleines Kieferngehölz, stoße dann auf gewaltige Massen von Gesteinstrümmern, die die Gletscher der Eiszeit hier abgelagert haben, und schreite in bald aufsteigendem, bald sich senkendem Gelände auf einen Bach durch einen üppigen Erlenhain, zu dem ein auf höherem Boden stehendes dürftiges Kieferngehölz einen umso schärferen Gegensatz bildet.

Vor dem Dorfe Groß-Luttom erhebt sich auf einem Postament die Gestalt der Jungfrau Maria, deren Fuß auf einer Weltkugel ruht; dieses Zeichen frommen Sinnes wurde, wie eine Inschrift besagt, im Jahre 1802 errichtet. Von demselben Punkte erblicke ich auch einen kleinen See – einen eigenen Namen führt er nicht -, der sich am Südende Groß-Luttoms ausdehnt.

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(2) Gr.-Luttomn am Bragantsee

Die Lage des Dorfes ist recht malerisch. Zum Teil lagern sich seine Häuser längs des Brangantsees (Bild 2), auf dem sich nicht nur die Gänse und Enten der Dorfbewohner tummeln, sondern der auch den Rindern und Pferden zur Schwemme dient. An dem neuerbauten, stattlichen Schulhause vorbei, aus dem die Stimme des dozierenden Lehrers ertönt, eile ich der Kirche zu, die in dem Zeitraume von 1753-62 von der Gemahlin des sächsisch-polnischen Staatsministers v. Brühl erbaut worden ist. Es ist ein geputzter mit Gewölben ausgestatteter, recht stattlicher Ziegelbau, vor seiner Südfront erhebt sich ein Turm mit durchbrochener Haube.

Zufällig habe ich erfahren, dass der dortige Probst ein alter Bekannter von mir sei. Ich konnte deshalb nicht verfehlen, ihn aufzusuchen. Seit 25 Jahren hatten wir uns nicht gesehen; es lässt sich denken, dass das Wiedersehen nach einer so langen Zeit ein recht freudiges war und dementsprechend auch gefeiert wurde.

Am Nachmittage begab ich mich unter Führung meines Gastfreundes an das waldumkränzte Ufer des imposanten Luttomer Sees, an dem entlang ein hübscher Promenadenweg führt. Eingefasst ist er rings von üppig wucherndem Schilfe; seine hohen Ufer bedeckt der schönste Wald. Namentlich sein südwestliche Gestade, die Grabitzer Höhen, werden wegen ihrer tiefen Schluchten als landschaftlich hervorragend gepriesen. Von dem Dorfe Grabitz soll auch einst, wie die Sage erzählt, über den See eine lederne Brücke geführt haben, auf der in jedem Frühjahre eine Priesterin der Göttin Hertha ihren Wagen zum jenseitigen Ufer lenkte.

Am Ufer des Sees nahm ich Abschied von dem geistlichen Herrn und schritt auf dem Fußpfade, der am See entlang sich hinzieht, seinem nördlichen Ende entgegen, wo die Oschinitzka ihre Fluten der Warthe entgegenführt. Nur wenige Schritte, und ich war auf der Chaussee, die zwischen Zirke und Wronke den Verkehr vermittelt. In Zirke konnte ich meinen müden Gliedern die nötige Ruhe gönnen. Dann aber stattete ich noch dem Königlichen Gestüt meinen Besuch ab, wo sich Herr Gestütsinspektor W. liebenswürdig mir als Führer zur Verfügung stellte, der auch am Abend so freundlich war, mich zu einem Schoppen abzuholen und mich mit mehreren Honoratioren der Stadt bekannt zu machen.

2. Die Seengruppe zwischen Zirke und Birnbaum

Es war ein Sonntagmorgen, als ich mich aufmachte, die Seengruppe zwischen Zirke und Birnbaum zu besuchen. Sie ist unbestreitbar die schönste im Posener Paradiese.

Freundlich lächelte die Sonne auf mich hernieder, als ich auf der Chaussee, die Zirke mit Kwiltsch verbindet, dahinwanderte. Kaum hatte ich den Bahnübergang und eine in seiner Nähe gelegene Dampfschneidemühle passiert, als mich auch schon hoher Kiefernwald aufnahm. Ein Fußpfad, der mich gleich im Beginn des Waldes rechts in seine Hallen geleitete, brachte mich in etwas zwanzig Minuten zu einem stillen Waldsee, dem See von Jaroszewo. Während von den Kirchen Zirkes die Glocken feierlich zu mir herüberklangen, ließ ich mich an seinem Ufer nieder, um mich an seiner tiefblauen Färbung, dem tändelnden Spiele seiner Wellen und dem Gesange des Meisters Fink und der Frau Amsel zu erfreuen. Auch hier umrahmt eine dichte Schilfwand das Ufer. Was dem See seine besondere Schönheit verleiht, sind seine hohen Uferränder; denn während sein Spiegel sich 39 Meter über dem Normal-Nullpunkt erhebt, steigen die ihn umgebenden Höhe im Südosten auf 73, im Westen auf über 60 Meter an.

Unterwegs hatte ich drei junge Leute getroffen, die gleich mir den schönen Sonntagmorgen zu einem Spaziergange nach dem See benutzten, aber auf meine Frage, wie ich nach dem Großen Goraer See gelangen könnte, wussten sie mir keine Auskunft zu erteilen. So musste ich mich denn auf meine gutes Glück und die Generalstabskarte verlassen. Ich schritt am Waldesrand entlang nach rechts, bis ich zu einem breiteren, von einem Holzgeländer eingefassten Wege gelangte, der mich zu einer über den Abfluss des Sees errichteten Brücke führte. Am Saume des Waldes gabelt sich der Weg; ich schlug den nach links sich wendenden ein, den ich – er ist recht sandig – höhenaufwärts durch einen prächtigen Kiefernwald, dessen Unterholz Wachholderbüsche bildeten, in gerader, südwestlicher Richtung verfolgte. (Auf der Generalstabskarte ist er als Fußwege verzeichnet). Das Glück hatte sich mir hold erwiesen; ich hatte den richten Weg getroffen. Die gerade Entfernung zwischen dem Jaroszewoer und dem Großen Goraer See beträgt ungefähr 1 ½ Kilometer.

Der Große Goraer See ist landschaftlich wenig interessant, da das hügelige Gelände in seinem ganzen Umkreise nur von Getreidefeldern eingenommen wird. Zwischen zwei Seen bereitet sich das Dorf Gora aus.

Zahlreiche Kirchgänger wandelten auf der nach Zirke führenden Straße, um nach einer Woche voller Mühe und Arbeit ihren Blick von den irdischen Sorgen zu Gott, dem Geber aller Gaben, zu lenken. Das Dorf selbst betrat ich nicht, vielmehr schlug ich von einem am Nordufer des Sees stehenden Einzelgehöfte dir Richtung nach Westen ein. Bei der Wegkreuzung, auf die ich gleich im Anfang stieß, verfolgte ich den rechts abbiegenden Weg, der mich zu einem prachtvollen Waldweg geleitete. Anfangs zwar, solange der Weg sandig ist, trafen meine Augen nur auf Kiefern, Birken und Akazien, dann aber wurde, je hügeliger das Gelände wurde, die Waldvegetation umso üppiger. Wunderschöne schlanke Fichten, kraftstrotzende Eichen und hochrangende Buchen traten unter die dunklen Föhren, und gerade dies Gemisch von Nadel- und Laubwald macht diese Wegstrecke so reizvoll.

Mitten in diese Waldespracht hinein gezaubert liegt das Forthaus Berg, wo ich eine freundliche Ruhestätte fand. Ich überbrachte seinen Bewohnern Grüße von ihren Lissaer Verwandten, und bald war ein munteres Plauderstündchen verstrichen. Liebenswürdig erbot sich der Sohn des Hauses, mir den weiteren Weg zu weisen.

Auf dem sogenannten Chaliner Steg wandern wir dem Glemboczek-See zu, der in wenigen Minuten erreicht ist. Er ist das Urbild eines Waldsees. Wie herrlich muss es sein, im Kahne sich von seinen Wellen dahin tragen zu lassen! Mit Stolz erzählte mir mein jugendlicher Führer, dass er in diesem Sommer den See durchschwommen habe; zur Sicherheit aber habe ihn ein Gefährte bei diesem Wagnis mit einem Kahne begleitet. In den tieferen Seen des Posener Paradieses, wie in dem Glemboczek- und dem Schrimmer See, sollen übrigen die köstlichen Maränen vorkommen, allerdings nicht in so großer Zahl, dass ihre Versendung sich lohnt; deshalb sie auch an Ort und Stelle zu billigem Preise zu erhalten.

An der Baumschule, die südlich vom Glemboczek-See angelegt ist, steigen wir steil, wie im Gebirge, empor. Durch herrlichen Laubwald führt der Steig direkt nach Süden. Mit Dank verabschiede ich mich von meinem Begleiter. In der bisherigen Richtung verfolge ich meinen Weg weiter, bis ich an ein weites Feld stoße, an dem ich entlang gehe. Da kreuzt sich der Weg; ich halte mich links, schreite bergabwärts – auf beiden Seiten erheben sich Anhöhen – und erreiche eine schmale Lehmchaussee.

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(3) Schrimmer See

Vor mir breitet sich eine üppige Waldwiese aus; rechts leuchtet mir der Spiegel eines waldumstandenen kleinen See, des Plutno-Sees, entgegen, zu dem ich einen Abstecher mache. Dann kehre ich zurück und wende mich nach links, nach Süden. Auf einer Brücke überschreite ich den Bach, der den kleinen Plutno-See mit seinem größeren Bruder, dem Schrimmer See, verbindet und der mit goldgelben Wasserrosen schier übersät ist. Wieder steigt der Weg bergan; er ist wunderschön, denn er führt unter den Kronen alter Buchen dahin. Unter sie mischen sich Akazien, Birken und Fichten in buntem Wechsel, dazu erschallt unermüdlich des Finken munterer Ruf und das Zirpen der Grasmücke. An die Stelle des Waldes tritt offenes Feld; der Weg senkt sich, steigt aber bald in einer Hohlschlucht wieder aufwärts; auf der Höhe grüßen mich die Häuser des Dorfes Chalin, zu dem eine Kirschallee führt, deren Bäume sich unter der Last ihrer schmackhaften Früchte beugen. Ich durchquere den weitläufigen Gutshof von Chalin; vor dem ersten Dominialhause gewahre ich einen Wegweiser, der den Weg nach Kurnatowitze angibt. Ein schöner, schattiger Weg bringt mich in weniger Minuten an das Gestade des sogenannten Kleinen Sees, der eine fast runde Form hat; grünes Rohrdickicht umrandet ihn. Hübscher jedoch ist der Anblick, den wir genießen, wenn wir hinter dem Chaliner Gutshof den Privatweg einschlagen, der uns durch ein Wäldchen von Akazien, Kiefern und vereinzelten Pappeln auf die Landenge führt, die den Kleinen See von dem ansehnlichen Schrimmer See trennt (Bild 3). Hier schweift das Auge über den tiefblau gefärbten Spiegel des Sees; den Hintergrund bilden im Westen und Norden grüne Waldkulissen; links leuchten in der Mittagsglut die roten Ziegeldächer des Vorwerks Szrem, um das sich die wogenden Fluten goldiger Getreidefelder ausbreiten. Heiß brütet die Sonne, aber auf den Rohrsperling scheint sie keine Wirkung auszuüben, ungestört durch meine Nähe, lassen er und seine Gesellen unaufhörlich ihren eintönigen Schrei erschallen. Doch nun weiter zum Lawicaer See! Auf demselben Wege kehre ich zu der Kirschallee zurück, erstehen bei dem Pächter für wenige Pfennige eine reichliche Menge Kirschen, die bei Sonnenglut dem durstenden Wanderer so köstlich munden, und schlage den ersten Weg ein, der hinter dem Dorfe sich nach links wendet. Da er am Waldesrand sich hinwindet, muss ich im hellen Sonnenlicht wandeln. Schon nach einer Viertelstunde blinken aus der Tiefe die Fluten des Großen Lawicaer Sees zu mir empor. Alte Kiefern, Buchen und Akazien bilden die Umrahmung des Sees, riesige Wachholderstämme füllen den Zwischenraum zwischen den einzelnen Stämmen aus. In der Nähe des Gutes Lawica treten an die Stelle des Waldes Getreidefelder; an ihrem Rande sind Gesteinstrümmer aufgehäuft, die die Gletscher der Eiszeit aus dem fernen Norwegen hier abgelagert haben. Hier ist der Anblick des Sees wunderschön (Bild 4). Aus den Fluten hebt sich eine mit Laubwald bedeckte Insel; über sie hinweg fliegt das Auge zu den Ziegeldächern der Gebäude, die zu dem Vorwerk Popowo gehören; ihr Rot hebt sich freundlich von dem dunklen Waldesgrün ab. Eigentümlich ist die Färbung des Sees; an seinen Rändern ist er dunkelblau; heller, fast stahlgrau ist er in seiner Mitte. Eine Schar Taucher durch rudert die Flut, bald senken sie sich in die Tiefe, bald erheben sie sich bis zur Brust wieder zur Oberfläche empor.

(4) Großer Lawicaer See [1.438]

(4) Großer Lawicaer See

Aber mein Weg soll mir noch weiter die eigentümlichen Reize unserer Posener Heimat enthüllen. Ihr Wahrzeichen sind im Allgemeinen die dunklen Hallen der Föhrenwälder, in denen sich über den kerzengerade emporragenden Säulen die breit ausladenden Kronen in kräftigem Grün, vom Winde leicht bewegt, wiegen. Und wie herrlich ist ihr Anblick, wenn ihre Stämme, von den ihr Nadeldach durchdringenden Sonnenstrahlen getroffen, in rötlichem Glanze leuchten. Nicht undurchdringliches Dunkel umgibt uns, sondern eine den Augen wohltuende Dämmerung; so erfüllt uns auch bei der Durchwanderung eines Kiefernwaldes nicht das Gefühl des Bedrücktseins, sondern das Gefühl eines das Herz besänftigenden Friedens.,

Doch ich muss meinen Wanderstab weiter setzen. An dem großen Gutshofe vorbei, den nach der Straße zu die geräumigen Stattgebäude abschließen – zu ihrem Bau sind die hier massenhaft auftretenden Granitblöcke verwandt -, geht es bald in die Tiefe. Ich durchquere die Niederung, durch die der Abfluss des Lawicaer Sees seinen Weg zum Janukowo-See nimmt. Vor dem Vorwerk Popowo gesellt sich mir ein Förster bei, ein Pole, der mir erzählt, der sei  Jahre lang im Rheinland in Stellung gewesen; seine jetzige Stellung beim dem polnischen Besitzer von Lawica habe er gekündigt; nie werde er wieder bei einem Polen in Dienste treten.

Die folgende Wegstrecke ist ziemlich langweilig; sie führt durch weite Getreidefelder, bis ich die Brücke bei Popowo betrete. Hier folge ich dem Wegweiser nach links, um zu der Pruschimer Mühle zu gelangen. Endlich nimmt mich wieder Wald auf, in dem das düstere Grün der Kiefern durch das lichte Grün der Akazien gemildert wird. Das Vorkommen dieser mit dem kärglichsten Boden sich begnügenden Baumart deutet schon auf den sandigen Boden hin, über den ich jetzt wandeln muss. Der Weg geht in die Tiefe; kaum aber habe ich das Wäldchen durchmessen, so steigt er wieder steil zur Höhe hinan. Oben angelangt, entschädigt mich für die bisherige Mühe ein anmutiges Panorama. Am längsten und liebsten ruht mein Blick auf dem stillen Waldsee, der rechts aus der Tiefe in den Strahlen der Sonne freundlich lächelt.

Nur wenige Minuten vergehen, und ich steige wieder in die Tiefe hinab, wo in einem friedlichen Tale die Pruschimer Mühle vor mir liegt. Hier entschließe ich mich, im schattigen Garten ein Stündchen zu raten. Wie köstlich schmeckt das Glas Milch, das mir vorgesetzt wird, und der bescheidene Mundvorrat, den mein Rucksack mir bietet! Schon ist es vier Uhr nachmittags, und den ganzen Tag habe ich noch keine Gelegenheit gehabt, in einem Gasthause zu weilen. Wie wohltätig für die Bevölkerung auch der Mangel an Wirtshäusern sein mag, der Tourist wird sie schwer vermissen; denn angenehm ist es gerade nicht, wie ein wandernder Handwerksbursche auf die Mildtätigkeit seiner Mitmenschen angewiesen zu sein.

Nachdem ich mich ein Weilchen ausgeruht hatte, führte mich der Mühlenknappe über eine mit Kartoffeln bestellte Anhöhe bis zu einem Punkte, wo ich in der Tiefe den dunkelblauen Mühlensee erblickte. Rechts und links umhegt ihn der grüne Wald, nach Südosten liegt er offen da, denn hier haben die Wohnstätten des schmucken Dorfes Pruschim Platz gefunden. Dieses Dorf ist zwischen zwei Seen gelegen, unserem Mühlen- und dem Kuchensee. Diese seine Lage hat es veranlasst, dass Pruschim gern von Ausflüglern und Amateurphotographen aufgesucht wird, und ich muss gestehen, dass diese Vorliebe voll berechtigt ist.

Der Mühlenknappe wanderte, nachdem ich mich mit Dank in der Pruschimer Mühle verabschiedet hatte, noch ein Stück mit mir. Wie angenehm geht es sich in der beginnenden Abendkühle durch die grünen Matten, die ihre Kraft dem sie durcheilenden Fluss verdanken! Auf ihnen lagerten wohlgenährte, behaglich wiederkäuende Rinder.

Wir hielten uns links am Rande des Waldes, in dem Erlen und Birken, Fichten und Kiefern sich zu einem das Auge erfreuenden Ganzen zusammengeschlossen haben. Auch nachdem mein freundlicher Begleiter mich verlassen, geht es weiter durch das dichte Waldgewirr, wo der wilde Hopfen übermütig sich an den Bäumen emporrankt. Der Steg wird zum Promenadenwege, einzelne Spaziergänger gehen in behaglichem Schritte, sich der Schönheit der Natur erfreuend, an mir vorüber, alles Anzeichen, dass ich mich einem Vergnügungsorte nähere. Und in der Tat, es ist so; denn plötzlich taucht die teichartige Verengerung des Lubiwitz-Sees vor mir auf. Zahlreiche Ausflügler aus Birnbaum und den Nachbarorten haben den schönen Sonntagnachmittag dazu benutzt, hier ihren Kaffee einzunehmen oder am Ufer des Sees zu angeln. Der Spiegel des Sees ist ganz eigentümlich gefärbt; auf seiner östlichen Seite schimmert er stahlgrau, auf meiner, der westlichen, grünlich. Es  ist ein wunderhübsches Fleckchen, auf dem die Kolnoer Mühle ihren Platz gefunden; mitten in der vollen Pracht eines Buchenwaldes liegt sie inne, dazu kommt der Reiz, den die mit Seerosen geschmückte Oberfläche des stillen Weihers biete, dessen Fluten, von einem leisen Westwinde bewegt, in dem Schilfröhricht eine Zufluchtsstätte zu suchen scheinen. Hier konnte ich endlich nach Herzenslust den Bedürfnissen des Magens Genüge tun. O ihr Schlemmer der Großstädte, denen vor Übersättigung schließlich nichts mehr schmeckt, macht es wie ich, wandert einmal tagelang durch Wald und Heide, begnügt euch mit den einfachsten Speisen, und auch euch wird ein Schinkenbrot ein lukullisches Mal dünken!

Von der Kolnoer Mühle wandte ich mich nach einem längeren Aufenthalte nach links, schritt am Garten die steile Straße bergan und schlug den links abbiegenden Fahrweg ein, der, von Obstbäumen eingefasst, mich durch wogende Getreidefelder und ein kleine Laubwäldchen in der kurzen Zeit von einer Viertelstunde nach Kulm führte. An der Brennerei schlug ich die Richtung nach links ein, kam an der Gärtnerei und einem prächtigen Parke vorbei und nahm bei der Ziegelei meinen Weg (rechts) zum Großen Kulmer See. Die folgende Wanderung bildet den Glanzpunkt meiner Wanderung. Es ist hier, das kann ich, ohne mich einer Übertreibung schuldig zu machen, sagen, wirklich reizend. Nicht umgeben, wie wir es sonst in unserer Heimat gewöhnt sind, düstere Kiefern den Kulmer See, sondern stolze Buchen. Wenn die Föhren der Seelandschaft einen eigentümlichen herben Reiz verleihen, so wirken die in weitem Abstande von einander emporstrebenden Buchen freundlich und lassen unsere Herzen fröhlicher schlagen.

Wie die meisten Seen unserer Heimat ist auch der Kulmer See von einer Schilfwand eingefasst; in seinen nur leicht wogenden Fluten spiegeln sich die stolzen Stämme der Buchen. Der Fußpfad, von niedrigen Akaziensträuchern eingefasst, erweitert sich zu einem Promenadenwege. Links zweigt sich ein Steig ab, der an einem kleinen (unbenannten) See entlang und bald in die Tiefe führt. Eine uralte Eiche ragt einsam empor, aber ist gewissermaßen nur ein Vorposten; denn bald umfängt mich ein ganzer Eichenwald schirmend mit seinem Schatten. Auf einem Bohlensteg überschreite ich einen kleinen Bach und werfe hier noch einen Rückblick auf den lieblichen Waldsee, von dem ich nun scheiden muss. Ein aus Kiefern und Eichen gemischter Waldbestand, ein köstlicher Anblick durch den Gegensatz, den die beiden Baumarten bieten, nimmt mich auf, dem dann wieder reiner Eichenwald, eine in unserer Heimat so seltene Erscheinung, folgt. Fröhlich musizieren die Vöglein des Waldes; als ihr Konzertmeister, der den Ton angibt, fungiert natürlich Herr Fink. Wo der Weg zur Tiefe sich neigt, genieße ich den Ausblick auf zwei Seengebilde, nach rechts auf den Großen Kulmer, nach links auf den Bielskoer See. Gerade hier erhebt sich ein großer Eichenbestand, auch treffe ich hier wieder auf Scharen von Ausflüglern, die sich unter dem dichten Blätterdache gelagert haben. Eine Brücke führt mich über den Abfluss des Kulmer Sees zu dem Bielskoer See. Unmittelbar hinter ihr bemerke ich einen Fußpfad, der nach dem Dorfe Bielsko führt. Anfangs begleitet mich zu meiner Rechten Fichten-, links Laubwald, vor allem Eichen, noch einmal tritt der Pfad ganz nahe an das Nordufer des Bielskoer Sees, ein Bild des Friedens, das ganz mit der feierlichen Abendstimmung harmoniert, dann schreite ich auf sandigem Pfade Bielsko entgegen, über das, weithin sichtbar, auf ragender Höhe, die Windmühle des Dorfes sich erhebt. Es ist ein stattliches Dorf, dessen massiv gebaute Häuser zum großen Teil durch Vorgärten von der nach Birnbaum führenden Chaussee getrennt sind. Im Ganzen hatte ich 1 ¼ Sunde von der Kolnoer Mühle bis nach Bielsko gebraucht. Da ich an diesem Abend des Zuges mich im Wartesaal noch ausruhen konnte. Vorteilhafter aber ist es, in Birnbaum zu übernachten und erst den Frühzug zur Fahrt nach Kwiltsch zu benutzen.

3. Das Gebiet der Oschinitza

Die im Osten des Posener Paradies gelegenen Seen gehören mit Ausnahme des Großen Sees (bei Pakawie) und des Krzywien-Sees zum Gebiete der Oschinitza. Ihre Quelle finden wir südlich von Orzeschkowo, jenem Dorfe, wo bekanntlich eine ursprünglich polnisch-reformierte Gemeinde sich befindet. Als Kwiltscher Fluss strömt dieses Flüsschen nach Nordosten, mündet zunächst im Großen Bialscher See, verlässt diesen unter dem Namen des Luttomer Fließes, durchströmt den Großen Luttomer See und mündet bald darauf als Oschinitza östlich von Zirke in die Warthe.

Dieses Gebiet umfasst die größten Seengebilde  des Posener Paradieses.

Ich beginne meine Wanderung bei Kwiltsch. Einen ausgezeichneten Führer durch das Kwiltscher Fließ besitzen wir bereits in der Programmabhandlung des uns Posenern durch den Tod zu früh entrissenen Direktors Schild „Zwischen Warthe und Obra“ (Meseritz 1906), der als Beispiel für die wechselnden Reize dieser Landschaft eine genaue Schilderung der Strecke Kwiltsch bis Groß- und Klein-Lenschetz entwirft. Und keiner war berufener als Schild, einen Führer durch das Posener Paradies zu schreiben, da er durch seine Gemahlin hier eine zweite Heimat gefunden hatte.

Am Ende des heutigen Dorfes, der früheren Stadt Kwiltsch, gelange ich zu dem in einem hübschen Parke gelegenen Schlosse, dem Stammsitze der durch ihren Erbschaftsprozess bekannten Familie Kwilecki, und dann an dem geräumigen Gutshof vorüber, deren Gebäude aus den hier so häufig vorkommenden Granitsteinen errichtet sind. Am Ende des Dorfes erblicke ich in der Tiefe zu seiner Rechten den Kwiltscher See, der im allgemeinen ziemlich flache Ufer hat, nur im Nordosten wird er von einem höheren waldgekrönten Hügel begrenzt. Der Kwiltscher Gutsbezirk bildet einen anmutigen Abschluss des Sees im Süden, sonst ist er nur von Getreidefeldern eingerahmt.

Das Gelände wird recht hügelig. Der erste rechts von der Chaussee abbiegende, mit stattlichen Kastanien besetzte Feldweg führt in die Tiefe nach der Kwiltscher Mühle. Der weitere Weg leite über eine kleine Matte zum Wehr am Mühlenteiche, „der verschwiegen, mit Mummeln bedeckt, daliegt.“ Durch das links vom Wohngebäude des Mühlenbesitzers befindliche Tor erreiche ich einen Fußpfad, der an einem tief eingeschnittenen Tale, durch das der erlenumsäumte Bach jugendlich ungestüm dahin hüpft, entlang mich nach einer zweiten Wassermühle, der Leschnikmühle, führt. An einem Holzschuppen vorbei steige ich empor; der Weg gabelt sich. Ich schlage den rechts abbiegenden Weg ein, der, immer steiler ansteigend, mich durch Getreidefelder auf den höchsten Punkt der Gegend bringt, von dem aus ich mich eines recht lieblichen Ausblickes auf das in die Tiefe gebettete Tal erfreuen kann. Bei einer Wegkreuzung halte ich mich nach links und bin nach wenigen Schritten im „Buchenwald“. Langsam durchschreite ich diesen, leider nur kleinen, aber wirklich prachtvollen Wald, in dem die Finken unaufhörlich ihre Stimmen erschallen lassen. Am Ausgange des Waldes wird gelagert, das Frühstück eingenommen. Recht lange weile ich; denn vor mir liegt ungeschützt gegen die sengenden Strahlen der Sonne eine weite Ebene, deren Schmuck der Ähren goldener Wald bildet, während in der Tiefe, am Fließe, üppige Matten sich ausdehnen.

Aber ich muss weiter. Der Weg erweist sich als weniger langweilig, als ich gefürchtet hatte. Bald taucht ein kleines Kieferngehölz, bald ein Erlen umgürtelter kleiner Pfuhl vor meinen Augen auf, vor allem aber reiht sich jetzt Wassermühle an Wassermühle, der Neumühle folgt die Ober-, dieser die Mittel- und dieser endlich die Unter-Mühle.

Nach Schilds Vorgange verlasse ich das Tal bei der weinumrankten Mittelmühle, wo mich eine erbarmende Hand mit einem Glase kühlem Wasser erquickte. Hinter dem von Schilf und Erlen umkränzten Mühlenteiche, auf dessen Oberfläche Wasserrosen ihr goldiges Haupt schaukeln, und an seinem Wehr steige ich rechts die Höhe zum Dorfe Moschiejewo empor. Ich überschreite eine Brücke, unter der ein laut plätschernder Bach dem Tale zueilt, gehe an dem neuen schloßartigen Herrenhause vorbei, in dessen Parke auf einem kleinen Teiche Enten munter dahinschwimmen und durcheile das Dorf. An seinem Ende stehe eine Boza Meka und vor ihr ein Wegweiser. Ich schlage den Weg (links) nach Groß-Lenschetz ein. Wieder geht es bergauf und bergab; an der höchsten Stelle erquickt mich der prächtige Ausblick auf die nördlich liegende Landschaft. Aus der Ferne grüßt mich der weißleuchtende Kirchturm von Groß-Luttom; aus der Tiefe schimmern die Fluten seines Sees; in noch größerer Entfernung ragen im Norden die nördlich der Warthe sich erhebenden Anhöhen empor. Ich steige wieder talabwärts und erreiche die Chaussee, die Verbindungsstraße Wronkes mit Kwiltsch. Schild erwähnt in seiner Programmabhandlung, dass in der Nähe des das Tal durchquerenden hohen Chausseedammes im Kwiltscher Bache ein mehrere Meter hoher erratischer Block liege. Trotz alles Suchens und Nachforschens bei den umwohnenden Menschen konnte ich aber leider keine Spur von ihm entdecken. Ob er aus seiner Lage entfernt und gesprengt worden ist?

Durch die langen Nachforschungen war aber der Vormittag vergangen, und ich musste mich beeilen, wenn ich in dem Gasthofe von Groß-Lenschetz mir noch ein Mittagsmahl sichern wollte.

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(6) Bialokoscher See, am Werder

Einige Stunden ruhte ich mich hier aus, dann zog ich aus zu einem Besuch des langgestreckten Bialokoscher Sees. Vor dem Wege, der von Groß-Lenschetz den Verkehr nach Pinne vermittelt, zweigt sich bald hinter dem Gutshofe nach links eine mit Apfelbäumen bestandene, durch ihren vorzüglichen Zustand mich erfreuende Allee ab. Vier Kilometer marschiere ich auf ihr durch Getreidefelder hügelan und hügelab, überschreite einen zum See rinnenden Bach, und nun geht es in die Höhe, in den Wald, in dem sich unter die dunkleren Föhren graziöse, hellere Fichten und knorrige Eichen drängen. Rechts und links tiefe Schluchten. Stets halte ich mich links; ein Fußsteig, der mich in die Tiefe führt, kürzt den Weg ab. Zur Linken taucht hin und wieder der Bialokoscher See vor meinen Blicken auf. An einem kleinen Weiher, aus dessen schwärzlich-grünem Wasser die Frösche gutes Wetter prophezeien, biege ich nach links ab. So marschiere ich lange, lange Zeit durch den herrlichen Wald, nasche hin und wieder von den rötlich aus dem Grase schimmernden Erdbeeren, höre zu meiner Rechten das laute Krähen eines Hahnes – bald werden die Häuser des Vorwerkes Polkes sichtbar -, bis ich auf eine Rieseneiche stoße, die hart am Wege steht. In ihrer Nähe führ ein Pfad zum See und zu einer weit in das Wasser hinausragenden Halbinsel, dem sog. Werder (Bild 6). Hier erfreue ich mich an einem lieblichen Bilde. Nichts als Wasser und üppiger Laubwald. Am Schilfesrande ladet ein Kahn mich zur Ruhe ein; aus dichtem Blättergewirr tauchen gelbe Mummeln empor; tiefe Schweigsamkeit und Waldeseinsamkeit um mich herum, nur der Vögel fröhlicher Sängerchor lässt seine Weisen ertönen. Nur an einer einzigen Stelle unterbricht am jenseitigen Ufer das kräftige Rot eines Ziegeldaches – das Haus gehört zu dem Dorf Bialokosch – des Waldes Grün. Wie ruht es sich so gut im erquickenden Schatten des Waldes, wenn der Wind leise durch die Rohrwipfel säuselt und der Rohrsperling laut über den Eindringling in seinem Gebiet schimpft!

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(5) Bialokoscher See am Otterwerder

Bald jedoch greife ich wieder zum Wanderstab, lenke meine Schritte bald durch offenes Gelände, bald durch einzelne Waldparzellen, bis ich zu einer über die sog. Mianka führenden Brücke kommen, wo ein Wegweiser uns die Richtung nach Bialokosch und zugleich zu den Schanzenbergen angibt. Tüchtig heißt es hier kraxeln. Bei Schlag 3, wo der Fahrweg nach Südosten führt, ist eine Schneise, die ich benutze, um zu der Höhe der Schanzenberg zu gelangen. 23 Meter erhebt sich diese waldbedeckte Anhöhe über dem Seespiegel, doch eine Aussicht ist nur nach Norden über den See hin vorhanden. Auf einem Fußpfade steige ich zum See selbst hinab. Freundlich ist der Anblick, der sich mir bietet. Aus den Fluten des Sees taucht hier eine schilfumsäumte, mit Wald bedeckte Insel auf; nach Norden wir unser Blick gefesselt durch eine weit in den See hineinragende, mit Laubwald geschmückte Halbinsel, den sog. Otterwerder (Bild 5) Mädchen, die auf dem Wiesengelände des Sees mit dem Zusammenharken des Heues beschäftigt sind, augenblicklich aber ausruhen und sich an einer Kanne Kaffee laben, frage ich, ob ich unmittelbar an dem See einen Weg nehmen könne. Sie bejahen meine Frage, und ich vertraue ihnen. Bald aber tritt der Hang der Höhen so nahe an das hier recht sumpfige Ufer heran, dass ich gezwungen bin, mühsam, von Baum zu Baum zu greifend und an ihnen eine Stütze suchend, nach oben zu klettern und den Fahrweg wieder aufzusuchen, den ich törichterweise, Weiberworten trauend, verlassen. So nehme ich denselben Rückweg, den ich auf dem Hinwege benutzt hatte; jetzt aber geht es schneller vorwärts, da ich ja mir bereits bekannte Pfade wandle und auch der Himmel sich drohend bewölkt hat. Da ich aber als nächstes Ziel meiner Wanderung das Dorf Klein-Lenschetz ausgewählt habe, setze ich meinen Weg bis zu dem Nordende des Sees fort, dessen Länge über drei Kilometer beträgt, während er zwischen dem Werder und dem Otterwerder die ansehnliche Breite von vier bis fünf Kilometern besitzt. Hier an seinem offenen Nordrande konnte ich mir erst ein Urteil über seinen imposanten Umfang bilden. Soweit das Auge nach Süden blickt, ist nichts als Wasser zu sehen, und ringsum ragt der prächtigste Wald empor. Der Bialokoscher See gehört zu den schönsten unserer seenreichen Heimat. Hören wir, was Friedrich Schild über ihn schreibt: „Am Ende des Tales ragen einige kahle Pyramidenpappeln empor. Dort kommt der Bach heraus aus dem langen Bialokoscher See. Bald taucht er vor uns auf mit seinen vielen Buchten und hohen waldigen Ufern wie ein breiter Strom, belebt von zahlreichen Enten, von Tauchern, die die Jungen auf dem Rücken tragen, und Wasserhühnern. Hoch über den Bäumen schwebt, auf den See nach Beute spähend, schreiend die Rohrweihe. So könnte unsere Wanderung weiter gehen um das schöne hügelige Westufer des Sees mit dem Otterwerder und den Schwedenschanzen…“

Über hügelige Gelände, an einem Kiefernwalde vorüber, dann durch Getreide- und Kartoffelfelder schreite ich dem kleinen, etwa vier Kilometer nordwestlich vom Nordende des Bialokoscher Sees gelegenen Dörfchen Klein-Lenschetz entgegen. Einige Häuser, die zu Klein-Bialokosch gehören, bleiben rechts liegen. An der höchsten Stelle des Weges biete sich dem Wanderer eine herrliche Aussicht, die leider heute durch das trübe Wetter einigermaßen beeinträchtigt ist. Zu meiner Linken blinkt der Spiegel des Chrzypsko-Sees auf, links schimmert ein zweites Seebecken, der Gr.-Bialscher See, den Schild mit einem der Meeraugen in den Karpathen vergleicht; über den kurzen eckigen Turm und das breite, rote Dach der katholischen Kirche des Dorfes Gr.-Chrzypsko reicht unser Auge bis weit nach Norden zu den Warthehöhen. Bei dem Weiterschreiten liegt der ansehnliche Chrzypsko-See mit seinen drei Inseln in der Tiefe klar und übersichtlich wie eine Zeichnung unter mir. Nun steige ich zu dem malerisch am Bergeshang gelagerten Dörfchen Klein-Lenschetz mit seiner Mühle und seinen Dominalhäusern hernieder. Ein plötzlicher Regenguss nötigt mich, in der primitiven Schenke ein kurzes Obdach zu suchen.

Sobald der Regen nachgelassen hat, setze ich meinen Marsch fort. Bei dem Standbild eines Heiligen, das am Ende des Dorfes seine Aufstellung gefunden hat, geht rechts ein Fußpfad ab, der – er ist recht sandig – mich anfangs durch gemischten Waldbeststand, dann durch eine Schonung und endlich durch ödes Feld in einer halben Stunde nach Gr.-Chrzypsko geleitet, das mir schon lange sichtbar geworden ist, da seine Kirche, auf einem Hügel erbaut, hoch über die Umgebung emporragt. Da das neu erbaute Gasthaus des großen Dorfes, das außer der katholischen Kirche auch ein evangelisches Kirchlein und eine katholische und evangelische Schule enthält, noch nicht völlig eingerichtet ist, machte ich von der freundlichen Einladung des evangelischen Kantors, den ich vor einigen Tagen in Zirke kennen gelernt hatte, Gebracht, finde in seinem Hause die freundlichste Aufnahme und anregende Unterhaltung.

Am nächsten Morgen breche ich von Groß-Chrzyposko nach einem herzlichen Abschiede von der liebenswürdigen Kantorfamilie auf. Mein Weg führt mich an der altertümlichen, im spätgotischen Stile erbauten katholischen Kirche vorbei. Um nach dem Dorfe Schrodke zu gelangen, benutze ich die nach Wronke führende Chaussee. Links bleibt der Bahnhof liegen, rechts weidet mein Auge noch einmal der Anblick des so leicht zu übersehenden Sees. Nur an einer Stelle tritt der Wald unmittelbar an den See, sonst umfassen ihn nur einzelne Bäume, die allerding ziemlich geschlossen den See umgeben. Es ist ein fruchtbares Gelände, durch das ich wandre, auf den Wiesen belebt durch zahlreiche weidende Rinderherden.

(7) Großer See bei Mylin [1.441]

(7) Großer See bei Mylin

Vor Schrodke nimmt das Terrain einen welligen Charakter an. Die Chaussee nähert sich bei diesem Dorfe dem Küchensee, an dessen östlichem Ufer eine Brennerei emporragt; an diese schließt sich der Gutspark an, aus dessen grünen Bäumen das Herrenhaus hervorlugt. Auch der Küchensee hat einen dichten Schilfgürtel, aus dem das misstönende Geschrei der Taucher ertönt. Die flachen Ufer umkränzen teils einzelne Weiden, teils kleine Kieferngehölze. Die aus den Wolken brechenden Sonnenstrahlen lassen das Seebild recht freundlich und lieblich erscheinen. Zu meiner Linken ruht ein weidenumstandener Weiher, in dem die Frösche ein Freikonzert geben. An ihm beginnt der Fußpfad, der mich unmittelbar an den Großen See und an einem an dieser Stelle stehenden freundlichen Bauerngehöft vorbei, dessen ordentlich und sauber gehaltener Gemüsegarten mich erfreut, in nordwestlicher Richtung nach Mylin bringen soll. Der Pfad führt mich aufwärts; von der Höhe kann ich mich an dem prächtigen Ausblick weiden, der sich mir hier darbietet. Vor mir ruht mein Auge auf der größten der drei waldigen Inseln, die den Großen See schmücken (Bild 7). Hinter ihr baut sich ein weiter Buchenwald auf, nach Westen bietet sich ein hübscher Fernblick über den Radziscewer See auf das große Waldgebiet mit den vorgelagerten Dörfern, das sich von Neubrück bis nach Zirke erstreckt.

Etwa 2 ½ Kilometer musste ich noch zurücklegen, bis ich in dem sauberen Bauerndorf Mylin eintraf. Der Eindruck, den ich von ihm erhielt, war recht günstig. Gleich das erste Haus war mit Efeu umrankt; den Vorraum nahmen recht geschmackvolle Gartenanlagen ein. Auch die übrigen Häuser waren massiv, Gardinen hingen an den Fenstern, freundliche Vorgärten, in denen nach echt bäuerlichem Geschmack rote Nelken und gelbe Feuerlilien um die Herrschaft stritten, legten unbestreitbar Zeugnis von dem Schönheitsgefühle der Bewohner ab. In der Nähe der Schule winkte das Blau des Radziscewer Sees zu mir herüber. Auf einer Brücke überschreite ich einen stark strömenden Bach, den Abfluss des Großen zu dem Radziscewer See. Am Ende des Dorfes, wo ein hehres Christusbild den Menschen aus den Mühen des täglichen Lebens emporhebt zu dem Gedanken an ein besseres Jenseits, schlage ich den Wege nach Klodzisko ein; er senkt sich in die Tiefe, führt durch moorige Wiesen, über eine primitive Brücke, dann, steil hügelan steigend, in einen ziemlich struppigen Kiefernwald. Der zweite Weg, der sich links abzweigt (bei Schlag 7), bringt mich in eine Schonung, an deren Ende ein Steig mich nach rechts führt. Das Landschaftsbild änder sich; an die Stelle kümmerlicher Kiefern treten Eichen und Birken, und aus ihnen schimmert mir zur rechten Seite der Spiegel des Schwarzen Sees entgegen (8). Dieser kleine Waldsee ist ein Kleinod unter den Seen des Posener Landes. Stark flutet er dahin; im Sonnenlicht erglänzt seine Oberfläche silberweiß; ein dichter Schilfwald umrahmt ihn; Mummeln bedecken ihn; die Fische schnellen im Sonnenschein empor; die Vöglein jubeln in den Zweigen des hohen, ausschließlich aus Laubbäumen bestehenden Waldreviers.

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(8) Schwarzer See bei Mylin

Lange lagere ich mich an seinem Gestade, dann wir der Rucksack wieder über die Schultern gehangen und der Weg in östlicher Richtung fortgesetzt, bis ich zu einer Lichtung komme. Hier schlage ich den nach Norden führenden Weg ein, und schon nach wenigen Minuten erblicke ich einen neuen See, den Finiscewo-See, der freundlicher als der Schwarze See wirkt, da er wenigstens auf der Ostseite von Wald entblößt ist. An dieser Seite ist auch das Forsthaus gelegen, in dessen Garten ich meinen müden Gliedern Ruhe gönne und aus einer Quelle, deren Oberfläche aber recht trübe aussieht, meinen Durst lösche.

Schon brennt die Sonne recht heiß hernieder, als ich meinen Marsch fortsetze. Ich halte mich zunächst links, durchschreite ein Wäldchen, wo Eichen, Birken und Kiefern in buntem Wechsel nebeneinander stehen, während Haselnußsträucher und Farren ein dichtes Unterholz bilden, überschreite die Chaussee, und nun geht es hügelauf und hügelab durch Kiefernwald, bis ich auf eine Stelle stoße, wo drei Wege zusammentreffen. Ich wähle den rechten, und er erweist sich als der richtige; denn kurz darauf erblicke ich schon die an dem tief eingebetteten Kleinen See gelegene Försterei.

Der weitere Weg ist nicht mehr zu verfehlen; schon wird das Dorf Pakawie, über dem auf dem höchsten Punkte eine Windmühle emporragt, sichtbar. Hier gibt es zum vierten Mal während meiner Wanderung warme Wurst und Kartoffeln zum Mittagbrot. Auf die Dauer bekommt man dies Menü doch etwas über, aber Hunger ist der beste Koch, und ich sehe zu meinem eigenen Erstaunen, wie schnell die aufgetragene Portion dahinschwindet. Den Schluss der Mahlzeit bildet eine Tasse vorzüglichen Kaffees, den eine junge Anverwandte des Gastwirtes, eine Hamburgerin, die zu ihrer Erholung in Pakawie weilt, mir eigenhändig bereitet hat. Wie sollte auch eine Tasse Mokka, von einem so blitzsauberen Mädel kredenzt, nicht munden!

Nach zwei Stunden Weitermarsch nach Neubrück, wo ich meine Tour anfing. Steil geht der Weg zu dem Mühlenhügel empor, von wo ich noch einen letzten Abschiedsblick auf den lieblichen, in der Tiefe gelagerten, waldumrauschten Großen See werfe, dann schreite ich auf der Höhe dem höchstens 1 ½ Kilometer entfernten Poscharowo mit seinem neuen Schulhause und seinem prächtigen Gutsparke entgegen. Der weitere Weg ist aber außer der kurzen Strecke, die mich am Poscharowoer See entlang durch gemischten Wald bestand führte, so langweilig und sandig, dass ich jedem nur raten kann, den ihm schon vom ersten Wandertage bekannten Weg über Lubowo auch als Rückweg zu wählen.

In Neubrück erfolgt die Ankunft so zeitig, dass zur Rückfahrt nach Posen der um 5:47 Uhr von Antonswald abgehende Zug benutzt werden kann.

Wenn auch die Bezeichnung „Posener Paradies“ den Wanderer mit den höchsten Erwartungen erfüllen könnte, so wird sich doch jeder, der unsere Heimat nur einigermaßen kennt, keiner übertriebenen Illusion hingeben. Auch in dem „Posener Paradies“ gibt es Stellen, die durchaus nicht paradiesisch schön sind, wir sind eben in einem irdischen Paradies und in der Provinz Posen, aber das Gesamtergebnis einer Wanderung wird uns doch sicherlich befriedigen. Die stolze Waldespracht, die wir durchwandert haben, die freundlich lieblichen oder düster melancholischen Bilder, die seine Seen uns boten, sie werden uns doch zu dem Zugeständnisse nötigen, hier ist der schönste Teil unserer Heimat, hier ist in unserem Warthelande „das Posener Paradies“.

Jablonne – in Posen (1860)

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Karl Zimmermann - Prälat in Darmstadt / Karl Zimmermann - Pfarrer zu Jugenheim a. d. Bergstraße)
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Darstellung in der Einleitung der Veröffentlichung

(Grundsteinlegung zur Kirche am 21. Juni 1850. Einweihung der Kirche am 15. Oktober 1852)

Der Artikel ist entnommen der Veröffentlichung: „Die Bauten des Gustav Adolf Vereins in Bild und Geschichte“ – Ein Beitrag zur Geschichte der evangelischen Brüder in der Zerstreuung. Herausgegeben von Dr. Karl Zimmermann – Prälat in Darmstadt / Karl Zimmermann – Pfarrer zu Jugenheim a. d. Bergstraße

Veröffentlicht 1860

Über die großen, schreienden Notstände der Evangelischen in der Provinz Posen hat auf der Breslauer Versammlung des Gustav-Adolf-Vereins der selige Regierungsrath Dr. Klee so ergreifende Mitteilungen gemacht, und der Posensche Hauptverein hat diese Schilderungen von Zeit zu Zeit so laut und eindringlich wiederholt, dass sich in den letzteren Jahren zumal das Auge des Vereins unausgesetzt auf die Notstände gerichtet hat. Es gibt nun in Posen evangelische Gemeinden, die noch aus der polnischen Zeit herstammen, aber größer ist die Zahl derjenigen, die sich in den preußischen Zeit gebildet haben, und noch andere sind zuerst in neuerer Zeit ins Leben getreten. Unter die letzeren gehört auch die Gemeinde Jablonne.

Das Kirchspiel, zu welchem Jablonne früher gehörte, war Rackwitz, beinahe zwei Meilen von Jablonne entfernt. Diese weite Entfernung rief den Wunsch hervor, von Rackwitz getrennt zu werden und ein besonderes Kirchspiel zu bilden. Im Februar 1848 wurde dieser Wunsch erfüllt. Es gehören zu dem Kirchspiele die Orte Wioskadorf, Mielecinek (ein Vorwerk), Jablonne, Blenke und Wioska-Hauland. In den drei erstgenannten Orten ist die Bevölkerung der Konfession nach gemischt, auf Mielecinek, welches vor einigen Jahren wieder in katholische Hände gekommen ist, gegenwärtig fast ganz katholisch, in Jablonne vorwiegend evangelisch, in Blenke und Wioska-Hauland leben fast nur Evangelische. Das Kirchspiel zählt 1.567 evangelische Bewohner.

Zwar wohnt die Gutsherrschaft in Wioskadorf. Jablonne aber ist der bedeutendste Ort und liegt im Mittelpunkte des Kirchspiels, darum hat das Kirchspiel den Namen Jablonne erhalten, und die Kirche steht in diesem Orte. Es geschah dies auch auf Wunsch des damaligen Gutsherrn, des nun verstorbenen königl. Kammerherrn Baron von Gerßdorf. Nachdem in den Jahren von 1845 bis 1847 die Verhandlungen mit den Behörden stattgefunden hatten, trat im Februar 1848 der ernannte Pastor sein Amt an. Anfangs wurden die Gottesdienst in den Schulstuben der einzelnen Orte des Kirchspiels abwechselnd gehalten, mit Ausnahme von Wioskadorf, wo damals die Schule noch fehlte. Der Pfarrer war in einer engen, dumpfigen und baufälligen Bauernhütte untergebracht. Die Freude darüber, dass man nun das Wort Gottes so nahe hatte, weckte unter den Bewohnern des Kirchspiels eine große Bereitwilligkeit zu Opfern, und man durfte mit gegründeter Hoffnung in die Zukunft blicken.

Da brach der Sturm des Jahres 1848 herein und drohte die junge Pflanze in dem Kirchspiele Jablonne zu vernichten. Eins aber war erfreulich und brachte bald die erschreckten Gemüter wieder zu Besonnenheit. Der Pfarrhausbau war begonnen, ehe jener Sturm kam. Der Gutsherr hatte dazu den Bauplatz, 200 Thlr. an Geld und Baumaterialien aus seinem Forst und seiner Ziegelei bewilligt, und schon am 1. November 1848 konnte der Pfarrer einziehen. Doch die Opferbereitwilligkeit erhielt besonders in dem armen Wioskadorf einen empfindlichen Stoß. Man glaubte dort gegen die übrigen Orte beeinträchtigt zu sein. Zwar wiesen die Behörden diese Klage als unbegründet zurück. Allein es gelang einigen von dem ungläubigen Zeitgeiste angesteckten Wortführern, einen Teil der Evangelischen in Wioskadorf zum Abfall von der evangelischen Kirche zu verführen.

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Kirche Jablonne

Johann Czerski aus Schneidemühl, der schon 1847 den dem benachbarten Dorfe Tuchorze eine Gemeinde gebildet hatte, kam nach Wioskadorf und setzte dort einen gewissen Binder als christkatholischen Prediger ein. Nun galt es Hilfe (zu bekommen). Regierungsrath Dr. Klee erbat dieselbe auf der Breslauer Versammlung im September 1849 mit so beredten Worten, dass der Zentralvorstand um Weihnachten desselben Jahres ein Christgeschenk von 1.000 Thlrn. nach Jablonne sandte. Dieser Gabe, in so bedenklicher Zeit gereicht, verdankt das Kirchspiel Jablonne unstreitig seine Erhaltung und seinen weiteren Fortgang. Aber auch die Regierung nahm sich der jungen Pflanze an. Eine Kirchen- und Hauskollekte wurde bewilligt, welche 2.162 Thlr. 28 Sgr. Ertrugen, und der König sandte ein Gnadengeschenk von 300 Thlrn. Durch ein fliegendes Blatt richtete der Zentralvorstand im Jahre 1850 (vgl. Bote 1850, Nr. 3) den Blick auf Jablonne. Da flossen wieder von den Hauptvereinen Berlin und Stettin und den Zweigvereinen Gumbinnen, Küstrin und Züllichau zusammen 646 Thlr. dem Kirchspiele zu. Sämtliche Gaben wurden zum Kirchbau in Jablonne verwendet. Am 21. Juni 1850 wurde dazu der Grundstein in sehr feierlicher Weise und in Gegenwart einer großen Menge von Teilnehmern aus nah und fern gelegt (vergl. Darmstädter Bote 1850, Nr. 9). Am 15 Oktober 1852 bereits konnte durch den Superintendenten Gerlach die Kirche eingeweiht werden, worauf der noch jetzt in der Gemeinde wirkende Pfarrer Birkholz die Predigt hielt (vergl. Darmstädter Bote 1853, Nr. 1).

Schon im November 1848 hatte die Gemeinde eine Glocke angeschafft und in einem besonderen Glockenstuhle, dann später in dem Turm aufhängen lassen. So konnte die Gemeinde mit ihren Gästen schon am 21. Juni 1850 zu der Feier durch Glockenruf geladen werden. Für die Orgel lastet aber auf der Gemeinde noch eine Schuld von 700 Thlrn.

Der Christkatholizismus in Wioskadorf erstarb sehr bald, da der Prediger Binder, steckbrieflich von der österreichischen Regierung verfolgt, gezwungen wurde, das Kirchspiel zu verlassen.

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Schule Jablonne

Die drei Orte Jablonne, Blenke und Wioska-Hauland besaßen schon früher Schulen. Die Ansicht der Schule in Jablonne steht hier:

Nur in Wioskadorf fehlte noch eine Schule. Der Pastor Birkholz erkannte aber gerade wegen der christkatholischen Bewegung in diesem Orte die Notwendigkeit der Gründung einer Schule daselbst. Er nahm daher den schon früher gemachten Versuch wieder auf. Der Staat schoss jährlich 70 Thlr. zu, und so konnte am 16. Januar 1855 die Schule in Wioskadorf, zu dem auch die evangelischen Kinder des Vorwerks Mielecinek gehören, eröffnet werden. Die heilsamen Früchte dieser Anstalt traten unter der Wirksamkeit eines treuen Lehrers von Tag zu Tag mehr hervor. In Jablonne befinden sich 120, in Blenke 63, in Wioska-Hauland 98 und in Wioskadorf 44 schulpflichtige Kinder.

Möchte die evangelische Pflanzung in dem Kirchspiele Jablonne auch ferner der Pflege der Glaubensbrüder empfohlen sein. Es gilt in jener Gegend auch die Pflege deutscher Kultur und Gesittung.

Untersuchung wider den Dienstknecht Malcher – Teil 2 Die Täterschaft

geschrieben von Gudrun Tabbert
(als Herausgeber: Goltdammer, Königl. Ober-Tribunalsrath)
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Weiter geht es hier mit den Erkenntnissen der Untersuchungsbehörden in Bezug auf die Täterschaft

Was nun II. die Täterschaft betrifft, so hat der Angeklagte jede Schuld an der Tötung, der Kobling beharrlich von sich abgelehnt.

Durch die Untersuchung sind jedoch in ziemlicher Anzahl Verdachtsmomente welche in ihrem Ineinandergreifen den Malcher schwer belasten, herausgestellt worden.

Im Wesentlichen bestehen dieselben in Folgendem:

1.       Nachdem am Morgen des 8. Juni 1855 (des Todestages der Kobling auf dem Kirschschen Gehöfte nach der schon in aller Frühe von dort erfolgten Entfernung der verehelichten Kirsch und der Gottlob Koblingschen Eheleute nur die Kinder der letzteren und die Kirschschen Kinder mit der alten Kobling und dem Malcher zurückgeblieben waren, verließen um 7 Uhr auch jene sämtlichen Kinder, mit alleiniger Ausnahme der 11 jährigen Emilie Kirsch, das Kirschsche Haus, um in einiger Entfernung von demselben auf dem Felde das Vieh zu hüten. Etwa um 10 Uhr vormittags fand sich in der Wohnung der Witwe Kobling die unverehelichte Wilhelmine Längert (27 Jahre alt) ein, hatte dort mit derselben ein kurzes Gespräch und entfernte sich alsdann wieder. Während ihrer Anwesenheit kam die Emilie Kirsch in die Stube der Kobling; außer diesen beiden Personen hat die Längert in Hause niemand gesehen. Das Zusammentreffen mit der Längert um jene Zeit hat auch die – noch nicht eidesmündige – Emilie Kirsch bestätigt und der Angeklagte selbst hat angegeben, letztere habe ihm um 10 Uhr erzählt, dass eben die Längert bei der Kobling gewesen sei. Da um die Mittagszeit die alte Kobling zuerst vermisst wurde, so ist anzunehmen, dass ihre Tötung in den Vormittagsstunden von 10 Uhr ab stattgefunden hat. Darüber, wo der Angeklagte in diesen Stunden sich aufgehalten, hat derselbe im Laufe der Voruntersuchung verschiedenartige Angaben gemacht. Nachdem er nämlich in seinem ersten gerichtlichen Verhör in Übereinstimmung mit seiner Anführung bei seiner polizeilichen Vernehmung erklärt hatte, dass er gegen 9 Uhr mit einem Gespann Ochsen sich aus dem Kirschschen Gehöfte fort zum Ackern auf das Feld begeben habe und Mittags von dort zurückgekehrt sei, behauptete er später, dass er von der Ackerarbeit zum Frühstück nach Hause gegangen und etwa in der zehnten Stunde wieder zum Ackern auf das Feld gezogen, demnächst Mittags ungefähr um 11 ½ Uhr mit den (Kirschschen und Koblingschen) Kindern zugleich nach Hause zurückgekommen sei. Diesen Angaben und seiner Behauptung, dass er in der zehnten Stunde gleichzeitig mit der Emilie Kirsch auf das Feld sich begeben, wird jedoch durch die Aussagen der Kirschschen und der Koblingschen Kinder widersprochen. Zunächst hat die Emilie Kirsch angeführt, Malcher habe ihr ungefähr um 10 Uhr zu Hause befohlen, auf das Feld zu gehen, um dort Gras zu pflücken, er selbst aber sei, als sie seine von ihm auch zugestandene Anweisung befolgt habe, im Hause noch zurückgeblieben. Diese Angabe finde auch in andere Depositionen eine wesentliche Unterstützung. Denn es hat die Wilhelmine Kobling bekundet, dass der Malcher erst nicht lange vor Mittag zu ihr und den übrigen Kindern auf das Feld gekommen sei, sich dort einen oder zwei Ochsen von dem Vieh geholt und damit in der Nähe eine kurze Zeit hindurch geackert habe. Damit stimmt auch die Aussage der Ernestine Kirsch überein, wonach der Malcher erst, als die mit dem Viehhüten beschäftigten Kinder schon lange auf dem Felde waren, sich einen Ochsen zum Pflügen geholt und nicht lange darauf gepfiffen hat, damit die Kinder, bei denen sich inzwischen auch die Emilie Kirsch eingefunden hatte (zu Mittag), nach Hause kommen sollten. Ganz ähnliche Angaben sind außerdem auch von dem 16 jährigen Burschen Ferdinand Augustin gemacht worden, indem derselbe deponiert hat, es möge wohl 11 ½ Uhr gewesen sein, als der Malcher zu den Kirschschen Kinder, mit denen er, Zeuge, an jenem Tage zusammen Vieh gehütet habe, auf das Feld gekommen sei, sich einen Ochsen geholt und mit demselben auf dem Kirschschen Lande zu ackern angefangen habe. Sind nun auch die genannten Geschwister Kirsch und die Wilhelmine Kobling, sowie die 14 jährige Pauline Kobling, welche ebenfalls beim Viehhüten den Malcher erst um Mittag auf dem Felde ackern gesehen haben will, in Betracht ihres Alters als normale Zeugen nicht anzusehen, so machen doch ihre Bekundungen in Verbindung mit der beschworenen Aussage des Ferdinand Augustin es mindestens sehr wahrscheinlich, dass der Malcher nicht, wie er behauptet, schon um 9 Uhr oder in der 10. Stunde, sonder erst um 11 ½ Uhr zum Ackern auf das Feld gekommen ist. Er hat sich dann in den unmittelbar vorhergegangenen 1 ½ Stunden, abgesehen von dem noch nicht 3 jährigen Wilhelm Kobling, von welchem später die Rede sein wird, in dem Gehöfte mit der Witwe Kobling allein befunden.

2.       Dies längere Alleinsein des Angeschuldigten mit der Witwe Kobling scheint aber auch ein von Ersterem absichtlich vorbereitetes gewesen zu sein. Denn die Emilie Kirsch hat angeführt, Malcher habe ihr, als er sie zum Graspflücken auf das Feld gesandt, befohlen, dass sie nicht eher nach Hause zurückkommen solle, als bis er sie rufen werde. Bei dieser Angabe, deren Richtigkeit von dem Angeklagten bestritten worden, ist sie auch im Audienztermin zuletzt stehen geblieben, nachdem sie hier anfangs erklärt hatte, Malcher habe ihr jenen Befehl nicht erteilt.

3.       Diese Umstände begründen einen Verdacht gegen den Malcher umso mehr, als nach den weiter erfolgten Ermittlungen in der Zeit von 10 Uhr vormittags ab bis Mittag irgend ein Mensch, dem der tödliche Angriff auf die Kobling zugetraut werden könnte, in das Kirschsche Gehöfte von außen her nicht gekommen ist. In dieser Beziehung hat der Malcher selbst bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung am 9. Juni v. J. folgendes geäußert:

„Vor 9 Uhr (am Vormittag des 8. Juni) war ein Bettelmann hier (auf dem gedachten Gehöfte), den ich fortschickte, sonst war niemand hier. Die Wirtin (die Kirsch) kehrte gegen 3 Uhr zurück und erst gegen 5 Uhr spannte ich wieder an. Von 9 Uhr ab des Vormittags bis 5 Uhr nachmittags also war ich immer in der Nähe des Hauses und auf dem Hofe, konnte daher genau sehen, was im Hause und auf dem Hofe vorging.“

Das während der bezeichneten Zeit, außer einem Bettler, niemand auf das Kirschsche Gehöft gekommen, soll er auch der verehelichten Kirsch – welche jedoch als Zeugin nicht vereidigt worden ist – erwidert haben, als diese ihm am Nachmittage des 8. Juni vorhielt, dass er ja doch zu Hause gewesen sei und wissen müsse, ob ein Anderer dorthin gekommen. In einer wenigen bestimmten Weise sprach er dagegen bei seiner ersten gerichtlichen Vernehmung sich aus, indem er hier sagt:

„Ob, während ich auf dem Feld war, ein Fremder im Hause gewesen, weiß ich nicht.“

Ganz abweichend von seinen früheren Angaben aber trat er, nachdem seine Versetzung in den Anklagestand definitiv erfolgt war, kurz vor dem Audienztermin mit folgenden Behauptungen hervor:

„Als er am Todestage der alten Kobling vormittags in der 11. Stunde auf dem Kartoffelfeld, einige Hundert Schritte vom (Kirschschen) Hause entfernt, geackert, habe er von diesem Hause her ein Galm (einen Schrei) gehört und vermutet, dass derselbe von der Witwe Kobling herrühre. Nicht lange nachher habe er einen Mann aus dem Kornfeld in der Nähe des Hauses hervorkommen sehen, welcher nach der Grenze des Feldes auf das Gehöft des Augustin zugegangen sei. Diesem Mann habe er zwar, da derselbe von ihm abgewendet gegangen, nicht in das Gesicht sehen können, er glaube aber nicht zu irren, wenn er behaupte, dass der Mann der Tagelöhner Carl Heckert, Bruder der verehelichten Kirsch gewesen sei. Es sei derselbe mit einem blauen Tuchrocke, einer grünen Schirmmütze und langen Stiefeln bekleidet gewesen und habe ein Stöckchen in der Hand getragen. In solchen Kleidungsstücken habe er während seiner Dienstzeit bei der Kirsch den Hecker wohl drei Mal bei der Letzteren gesehen. Als die Kirsch nachmittags nach Hause gekommen und er ihr jene Umstände auf ihre Frage, ob Jemand da gewesen, mitgeteilt habe, sei dieselbe ganz blass geworden und habe zu ihm gesagt, er solle nicht davon reden.“

Bei diesen Angaben verblieb der Malcher auch im Audienztermin und als ihm hier vorgehalten wurde, dass er bei seiner polizeilichen Vernehmung von dem Erscheinen eine Bettlers gesprochen habe, den er fortgeschickt haben wollte, erklärte er:

„es sei der von ihm später als der Hecker bezeichnete Mensch jener Bettler gewesen, fortgeschickt aber habe er denselben nicht; auch habe er ihn nicht um 9 Uhr, sondern erst um 11 Uhr gesehen.“

Außer der gedachten Person habe er übrigens an dem in Rede stehenden Vormittage Niemand auf dem Kirschschen Gehöfte bemerkt.

Abgesehen von den in diesen Anführungen des Angeklagten sich findenden Widersprüchen ist es indes durch die Untersuchung mit Sicherheit festgestellt worden, dass der Carl Hecker sich an jenem Vormittag auf der Kirschschen Besitzung in Lewitz-Hauland nicht befunden haben kann. Denn es ist in Übereinstimmung mit dessen eigenen Behauptungen von dem Eigentümer George Klöbe, dem Eigentümersohn Dienegott Kurz und dem Tischler Heinrich Jangnick eidlich bekundet worden, dass der Carl Hecker in der Zeit von gegen Ende April bis über Johanni 1855 hinaus gemeinschaftlich mit jenen Zeugen in einem Torfstiche zu Weiden-Vorwerk, 3 Wegstunden von Lewitz-Hauland, gearbeitet, dass er diese Arbeit an Wochentagen (der Todestag der Witwe Kobling war ein Freitag) in jener ganzen Zeit niemals verlassen hat und namentlich auch am 8. Juni 1855 von der Torfsticharbeit nicht fortgegangen ist. Hiermit fällt der durch Malchers spätere Behauptungen gegen den Hecker erregte Verdacht völlig zusammen. Da nun der Angeschuldigt außer dem von ihm als der Hecker bezeichneten Menschen einen Fremden auf der Kirschschen Besitzung am Todestage des Kobling von 10 Uhr vormittags ab bis nachmittags nicht wahrgenommen haben will, er von der Stelle, wo er an jenem Tage auf den in ihrer weitesten Entfernung nur 300 Schritte von dem Kirschschen Gehöfte entlegenen, zu demselben gehörigen Ländereien gearbeitet, nach den stattgehabten Ermittlungen die ganze Kirschsche Wirtschaft hat übersehen können, und endlich auch der Polizei-Distrikts-Kommissarius Pascal diensteidlich versichert hat, dass er am Tage nach dem Ableben der Kobling das Land um die Kirschsche Besitzung herum, Beet auf, Beet ab durchsucht, aber dort fremde Spuren nirgends – auch im Korn nicht – gefunden habe, so liegt durchaus kein Grund vor, welcher die Vermutung rechtfertigen könnte, dass ein Fremder an dem mehrerwähnten Vormittage in die Kirschsche Besitzung eingedrungen sei und dort die alte Kobling getötet haben möge.

4.       Darüber, dass vielmehr von dem Angeklagten Malcher diese Tat vollbracht worden, hat überdies auch ein mehr direktes, wenn auch freilich ziemlich unsicheres Beweismittel in der Untersuchung sich ergeben.

Wie die verehelichte Schuhmacher Kobling (Vornamens Beate) von ihrer ältesten Tochter (Wilhelmine) – die hierüber selbst nicht vernommen werden – gehört haben will, hatte Letztere den noch nicht 3 jährigen Wilhelm Kobling, welcher am 8. Juni früh morgens mit seinen Geschwistern auf das Feld gegangen war, um 9 Uhr wieder nach Hause gebracht und es war dort derselbe in ein in der Koblingschen Stube in einer ziemlich dunklen Ecke stehendes Bett niedergelegt worden. Aus diesem Bette hatte ihn die Wilhelmine Kobling – wie deren Mutter ferner angegeben – erst um Mittag wieder hausgehoben und es soll der Knabe, als Jene ihn nach der Großmutter fragte, geweint haben. Dass derselbe an jenem Tage ausnahmsweise allein zu Hause sich befunden, will auch der oben genannte Ferdinand Augustin von den übrigen Koblingschen Kindern erfahren haben. Dort scheint ihn jedoch der Angeklagte nicht bemerkt zu haben, da er im Verhöre von 11. Juli 1855 erklärt hat:

„es sei an dem gedachten Tage vormittags um 10 Uhr von den Kindern nur noch die Emilie Kirsch zuhause gewesen“

und ferner im Audienztermine von ihm bemerkt worden ist:

„er habe an jenem Tage den Wilhelm Kobling bis 6 ½ Uhr abends gar nicht gesehen.“

Gegen die Abendzeit desselben Tages war darauf dieser Knabe nach Aussage des Ferdinand Augustin zu diesem allein auf das Feld gekommen, hatte auf dessen Frage, wohin er gehe, geantwortet: „Der Mutter entgegen“ und hierauf von dem Augustin Brot verlangt, weil er nichts gegessen habe. Auf die Frage des Augustin: „wo denn die Großmutter sei?“ hatte er sodann erwidert:

„Inspektor“ – mit diesem Namen ist der Angeklagte, wie er eingeräumt hat, im Hause der Kirsch gewöhnlich bezeichnet worden – „Großmutter totschlagen“.

Auf näheres Befragen, womit der Inspektor die Großmutter totgeschlagen, war demnächst von die Kinde die Antwort erteilt worden:

„mit dem Stocke“

und als hiernach der Augustin sich weiter erkundigt, „ober der Inspektor die Großmutter aus der Stube gebracht“, hatte der Knabe durch Gebärden zu verstehen gegeben,

„der Inspektor habe versucht, die Großmutter unter einem Arme fortzutragen, nachher aber sie vor sich auf beide Arme genommen und fortgetragen; er, der Wilhelm, aber habe ganz stille im Bette gelegen.“

Ähnliche Äußerungen, wie diese, sind später von dem Kinde sowohl gegen den Augustin, als auch gegen seine Eltern, die Eheleute Kobling, von denen jedoch der Ehemann, weil er die bürgerlichen Ehrenrechte wegen Diebstahls verloren, unvereidigt geblieben ist, und gegen den Gendarmen Gebhardt und den Schulzen Furchheim, welche bei diensteidlich vernommen sind, wiederholt worden, wobei der Wilhelm Kobling nach den ziemlich übereinstimmenden Versicherungen seiner Eltern zu erkennen gegeben hat:

„es habe die Großmutter hinter einem Tische gekniet und es habe der Inspektor sie zwei Mal mit einem Stücke Holz auf den Kopf geschlagen und sie aus der Stube geschleppt.“

Auch vor dem Untersuchungsrichter hat der Knabe Wilhelm, welcher Ersterem als ein ziemlich dreistes Kind erschienen ist, am 10. Juni 1855 auf die Frage, wo seine Großmutter geblieben sei? in einer dem Richter ganz verständlichen Weise geantwortet:

„Inspektor geschlagen“,

und auf die fernere Frage, womit ? erwidert:

„mit Stock“,

Worauf es auch noch, als der Malcher in Gefangenenkleidung ihm vorgestellt worden, auf die Frage, wer das sei ? ohne zu zögern, entgegnete:

„Inspektor.“

Im Audienztermin ist dagegen der Wilhelm Kobling, welchen seine Mutter auf dem Arme in den Sitzungssaal bracht, aller Bemühungen ungeachtet, nicht zum Sprechen zu bewegen gewesen.

Hat nun auch der Ferdinand Augustin erklärt, dass er das Kind, welches er als es zu diesem Zeugen die erwähnten Äußerungen zuerst machte, seine Eltern noch nicht gesprochen hatte, trotz der unvollkommenen Sprache desselben, richtig zu verstehen wohl im Stande gewesen sei und ist ferner auch von dem Gendarm Gebhardt bemerkt worden, dass der Wilhelm Kobling, als er ihn befragt, ihm in derselben Art, wie den übrigen Zeugen, ohne dass eine Zuflüsterung stattgefunden geantwortet habe, so dürften gleichwohl in Betracht des noch nicht dreijährigen Alters jenes Knabendessen Kundgebungen als Beweismittel gegen den Angeklagten nur mit aller Vorsicht zu benutzen gewesen sein, zumal der Schulze Furchheim angegeben hat, dass, als in seiner Gegenwart der Wilhelm Kobling seine Erzählungen von der Großmutter und dem Inspektor gemacht, ihm von seiner Mutter vorgesagt worden sei, außerdem aber auch der Ferdinand Augustin, weil er wegen Diebstahls in Untersuchung sich befunden, als ein ganz zuverlässiger Zeuge nicht angesehen werden kann. Andererseits lässt sich jedoch den Mitteilungen jenes Kindes in Rücksicht auf die noch sonst vorliegenden Beweise gegen den Angeschuldigten alles Gewicht nicht absprechen.

Auffallen könnte es zwar, dass der Malcher das im Bette befindliche Kind nicht wahrgenommen haben sollte. Es hat indes auch die unverehelichte Längert, den Wilhelm Kobling nicht bemerkt und es lässt ein solches Übersehen des Kindes sich jedenfalls einigermaßen durch die Dunkelheit des Orts, wo das Bett stand, und dadurch erklären, dass dasselbe nach der Beschreibung der Längert ein hohes und mit drei Kopfkissen angefülltes war, besonders wenn man annimmt, dass der Malcher geglaubt habe, der Wilhelm Kobling befinde sich mit den übrigen Kindern draußen auf dem Felde.

Zu allen diesen Betrachtungen kommt nun aber ferner der Umstand, dass es

5.       der Untersuchung gelungen ist, das Motiv dazulegen, welches den Angeschuldigten zu dem Entschlusse, die Witwe Kobling ums Leben zu bringen, bestimmt haben kann. In dieser Hinsicht ist vorweg zu bemerken, dass der angeregte Verdacht, der Malcher habe mit der verehelichten Kirsch in einem Verhältnisse unerlaubter Vertraulichkeit gestanden, sich nicht soweit als begründet herausgestellt hat, dass dadurch die Annahme gerechtfertigt würde, der Angeklagte habe auf Antrieb der Kirsch, welche mit der alten Kobling wegen des derselben zu gewährenden Altenteils öfters Streit und Prozesse gehabt, oder, wenn auch aus freien Stücken, doch, um der Kirsch damit einen Gefallen zu erweisen, die Kobling bei Seite geschafft. Lediglich in einem eigenen Interesse des Angeklagten dürfte hiernach, wenn er die Tat vollführt hat, sein Beweggrund zu derselben zu suchen sein und dies Interesse kann nach Lage der Umstände füglich auf Befriedigung seiner Gewinnsucht sich gerichtet haben.

Unmittelbar nach dem Verschwinden der Witwe Kobling war, nach Bekundung der Gottlob Koblingschen Eheleute – wie schon oben bemerkt worden, – der in der Stube der Vermissten stehende Kasten geöffnet gefunden worden; auch fand man zu jener Zeit in der ebenfalls in jener Stube befindlichen Throne mit Sachen der Ernestine Kobling den sonst von der Letzteren und während ihrer damaligen Abwesenheit von ihrer Mutter, der alten Kobling, aufbewahrten Schlüssel im Schlosse steckend vor. Einige Zeit vor dem Ableben der Witwe Kobling hatte ihr die verehelichte Kirsch in Folge eines gegen diese von der Kobling wegen ihres Altenteils angestellten Prozesses erst 12 Rthlr. und später kurz vor den Pfingstfeiertagen 1855 27 Rthlr. gezahlt. Von diesem Gelde war ein Rest von 5 Rthlrn. und einige Groschen, in einem Zweitalerstücke, drei Eintalerstücken und kleinem Silbergelde bestehend, in der vorgedachten Throne aufbewahrt. Dort hatte auch noch am Morgen des Todestages der alten Kobling deren Schwiegertochter Beate Kobling, als sie von Jener, um Butter von Tirschtiegel mitzubringen, 4 Sgr. erhielt, den Geldbetrag von 5 Rthlr. 11 Sgr., und zwar ein Zweitalerstück in einer doppelten Pappschachtel und drei einzelne Silbertaler nebst 11 Sgr. Münze in einer hölzernen Büchse, gesehen. Dieses Geld war, als Abends die Eheleute Gottlob Kobling nach Hause zurückkehrten, verschwunden und es fehlten ferner aus der Stube der alten Kobling eine Stück Speck von mehreren Pfunden und zwei Säckchen mit getrockneten Pflaumen und Kirschen, von welchen Gegenständen nach den Aussagen der Beate Kobling und der Ernestine Kobling der Speck in einem Kästchen und die Säckchen mit Obst auf einem an der Stubenwand befindlichen Brette gelegen hatten. Von der gedachten Zahlung der 12 Rthlr. und der 27 Rthlr. hat auch der Angeschuldigte, wie er selbst zugestanden, Kenntnis gehabt, und es kann daher sehr wohl das Gelüst, sich des davon gebliebenen Geldüberrestes zu bemächtigen, ihn zu einem Angriffe auf die Witwe Kobling getrieben haben. Möglich ist es übrigens, dass auch noch ein anderer Beweggrund auf einen mörderischen Entschluss des Malcher gegen die alte Kobling bestimmend mit eingewirkt habe. Den Eheleuten Gottlob Kobling waren nämlich einige Zeit vor dem Tode der verwitweten Kobling aus ihrer Kartoffelgrube eine nicht unbedeutende Partie Kartoffeln entwendet worden und sie hegten den Verdacht, dass dieser Diebstahl von der verehelichten Kirsch und dem Malcher begangen worden sei. Unter Wahrnehmungen, welche in dieser Beziehung gegen Malcher sprachen, hatte die alte Kobling den Gottlob Koblingschen Eheleuten Mitteilung gemacht. Um von diesem Diebstahl bei der Staatsanwaltschaft Anzeige zu machen, hatten die genannten Eheleute sich am 8. Juni 1855 nach Tirschtiegel begeben, wo ihnen der Müller Rau auf Verlangen des Gottlob Kobling eine Denunziationsschrift für die Staatsanwaltschaft aufsetzte. Da nun nach Aussage der Ehefrau Kirsch der Gottlob Kobling bei Gelegenheit eines zwischen ihm und dem Malcher am Tage vor dem Tode der alten Kobling stattgehabten Streites dem Angeklagten den Kartoffeldiebstahl vorgeworfen hatte, so könnte es sein, dass der Malcher auch die Absicht gehabt, die Witwe Kobling, welche er vielleicht als Zeugin bei einer gegen ihn anhängig werdenden Untersuchung zu fürchten haben mochte, wegen dieser ihm von derselben drohenden Gefahr zu beseitigen, wohingegen es sich kaum denken lässt, dass Rachegefühl gegen die Eheleute Kobling, von denen die Ehefrau Beate ihn bei Gelegenheit des vorerwähnten Streites beschuldigt haben soll, dass er mit einer Kuh zu tun gehabt, für ihn ein Antrieb gewesen sein sollte, sich an der alten Kobling mörderischer Weise zu vergreifen.

6.       Bis zu einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit ist nachgewiesen worden, dass der Angeklagte im Besitze von Gegenständen gewesen, welche nach dem Ableben der Witwe Kobling in deren Behausung vermisst wurden.

a)      In einer hinter Ställen des Kirschschen Gehöfts, unweit von dem Stalle in welchem die Leiche der alten Kobling eingegraben lag, befindlichen Kartoffelgrube wurden am 9. Juni 1855 ein Stück Speck, ungefähr 6 Pfd. an Gewicht, und 2 Säckchen, das eine mit getrockneten Pflaumen, das andere mit getrockneten Kirschen angefüllt, vergraben aufgefunden. Diese sämtlichen Gegenstände haben die Gottlob Koblingschen Eheleute und die Ernestine Kobling als nach dem Tode der Witwe Kobling vermisstes Eigentum derselben anerkannt. Nach der Aussage der Emilie Kirsch hat der Malcher am 8. Juni ihr, nachdem sie Mittags vom Felde nach Hause gekommen war, 4 getrocknete Pflaumen, welche er aus seiner Tasche nahm, mit der Weisung gegeben, dass sie dieselben aufessen und die Kerne in die Hand nehmen und verscharren solle. Darüber, dass sie diesen Umstand erst später in der Untersuchung angegeben, entschuldigte sie sich damit, dass sie denselben vergessen, auch der Angeklagte ihr verboten habe, ihrer Mutter davon etwas zu sagen. Die Ernestine Kirsch, welche nach der Anführung der Schwester Emilie an jenem Tage ebenfalls 4 getrocknete Pflaumen erhalten haben soll, hat dies mit dem Bemerken bestätigt, dass sie und ihre Schwester damals auch Kirschen von dem Malcher empfangen hätten, dass sie von den Pflaumen an die Pauline Kobling abgegeben und dass sie, nachdem ihr der Malcher das Obst gegeben, ihre Großmutter (die alte Kobling) nicht mehr gesehen habe. Die 14 jährige Pauline Kobling (bei Augustin dienend) endlich hat angegeben, dass sie von der Ernestine Kirsch einmal Pflaumen erhalten habe, sie jedoch nicht wisse, ob damals ihre Großmutter noch gelebt habe.

Nach den übereinstimmenden Behauptungen jener drei Kinder lässt es sich wenigstens als sehr wahrscheinlich annehmen, dass der Malcher, wenngleich er es nicht hat zugestehen wollen, am 8. Juni 1855 nach dem Verschwinden der alten Kobling den beiden genannten Geschwistern Kirsch getrocknete Obst, namentlich Pflaumen, gegeben hat, und dass dieses Obst von dem der alten Kobling zugehörig gewesenen hergerührt habe, ist umso eher zu glauben, als die verehelichte Kirsch erklärt hat, dass sie gar kein abgetrocknetes Obst in ihrer Wirtschaft gehabt habe.

b)      In Betreff eines Stückes rosaseidenen Bandes, welches die Ernestine Kobling im Audienztermine mit dem Bemerken zur Stelle gebracht hat, dass die Ernestine und die Emilie Kirsch ihrer Erzählung nach dieses Band, welches vor der Tötung der Witwe Kobling in ihrem, der Ernestine Kobling, Kasten (in der Koblingschen Stube) gelegen, von dem Malcher mit der Weisung, es zu verbrennen und Nichts davon zu sagen, erhalten hätten, hat die Emilie Kirsch erklärt, dass sie gesehen, wie Malcher dies Band aus dem Kasten genommen, und dass derselbe ihr das das Band mit der Anweisung, es zu verbrennen, weil es von der kleinen Schwester Gustchen zerknittert worden, gegeben habe. Da Ähnliches auch von der Ernestine Kirsch bekundet worden, so ist es wahrscheinlich, dass der Malcher auch jenes in der Behausung der alten Kobling aufbewahrt gewesene Band im Besitz gehabt hat.

c)      Was den Geldbesitz des Malcher anlangt, so hat er im Audienztermine angegeben, er habe bei seiner letzten Verhaftung 4 Rthlr. 2 Sgr. 6 Pf. besessen, worunter sich ein Doppeltaler und zwei harte Taler befunden hätten. Diese Anführung findet darin eine Unterstützung, dass er bei Gelegenheit seines nach der Arretierung durch den Schneider Andreas Glutzka und den Boten Anton Pickel am 9. Uni 1855 bewirkten Transports nach Meseritz unterwegs, wo er in zwei Krügen die Zeche für sich und die Transporteure bezahlte, zum Behuf einer dieser Zahlungen den Gastwirt Müller zu Politzig ein Zweitalerstück übergab und in Meseritz sich durch die Transporteure zwei einzelne Silberthaler – um, wie er angegeben, im Gefängnisse etwas zum Zusetzen zu haben – in zwei Papiertaler umwechseln ließ, welche demnächst bei ihm, zwischen der Sohle und dem Oberleder eines seiner Stiefel versteckt, vorgefunden worden sind. Das erwähnte, durch den Gendarm Gebhardt von dem Gastwirt Müller am 10. Juni wieder herbeigeschaffte Zweitalerstück haben nicht bloß der Müller, sondern auch der Schneider Glutzka und der Angeklagte selbst als dasjenige, welches von Letzterem in Politzig verausgabt worden war, anerkannt, wobei Müller und Glutzka ein sicheres Kennzeichen darin fanden, dass das Zweitalerstück auf der Wappenseite etwas geschwärzt war. Vermöge dieses besonderen Merkmals ist sodann auch die verehelichte Beate Kobling im Stande gewesen, jenes Münzstück mit Bestimmtheit als dasjenige Zweitalerstück wieder zu erkennen, welches sie in einer kleinen Pappschachteln im Besitz ihrer Schwiegermutter, der Witwe Kobling, noch am Morgen des Todestages der Letzteren gesehen hatte. Nach der Meinung dieser Zeugin ist eben dies Zweitalerstück identisch gewesen mit einem Zweitalerstück, welches unter den von der verehelichten Kirsch an die alte Kobling auf deren Altenteil gezahlten 27 Rthlr. sich befunden und an welchem die Beate Kobling, als sie es sich bei der Zahlung genau angesehen, eine eben solche Schwärzung auf der einen Seite, wie sie an dem ihr zur Rekognition (Wiedererkennung im  Rechtswesen die Anerkennung eines sonstigen Beweismittels vor Gericht) vorgelegten, von dem Müller herbeigeschafften, sich befand, bemerkt haben will. Die Ehefrau Kirsch hat zwar nicht anzugeben vermocht, ob das in Beschlag genommene Zweitalerstück dasjenige gewesen, welches sie an die Witwe Kobling gezahlt hatte. Da indessen auch die Ernestine Kobling eine Ähnlichkeit zwischen dem bei dem Müller saisirten (beschlagnahmten) Zweitalerstück und demjenigen, welches ihre Mutter vor ihrem Ableben besessen, darin gefunden hat, dass diese beiden Stücke auf der Wappenseite schwärzlich waren, so lässt es sich nicht wohl bezweifeln, dass das von dem Angeklagten auf dem Transporte verausgabte Zweitalerstück dasjenige gewesen ist, was am Morgen des Todestages der alten Kobling in deren Throne sich befand.

In Hinsicht darauf, dass aus diesem Behältnis auch noch drei Silbertaler abhanden gekommen sind, tritt es auch noch in Betracht, dass der Malcher zur Zeit seines Transportes außer dem Zweitalerstück auch noch zwei Eintalerstücke besaß und dass er auch dieser Stücke, nachdem er bereits das Zweitalerstück verausgabt hatte, sich durch Umwechseln in Papiergeld, wie dies die beiden Transporteure, sowie auch der Fleischer Beil in Meseritz und der Kaufmann Günther daselbst, bei denen die Wechselung erfolgte, bestätigt haben, zu entledigen gesucht hat.

7.       Für den Angeschuldigten sehr verdächtigend muss sein Besitz jener Geldstücke um so mehr erachtet werden, als der Malcher über den Erwerb des Geldes, welches er zur Zeit seiner Arretierung besaß, wechselnde und einander widersprechende Angaben gemacht hat.

Über den Geldbesitz befragt, führe er zuerst an:

„Er sei nach seiner Entlassung aus dem Gefängnisse in Fraustadt nach Kaczliner-Hauland gegangen, um von seinem früheren Dienstherrn 4 Rthlr. rückständigen Lohn einzufordern, habe aber dasselbe nicht erhalten. Unter der Schwelle der Scheune habe er jedoch 3 Rthlr. versteckt gehabt; diese Geld habe er sich gesucht und mitgenommen.“

Auf die Frage, in welchen Münzsorten dasselbe bestanden habe, sagte er:

„es seien drei ganze Taler gewesen,“

und auf die weitere Frage ob er außer den 3 Rthlrn., welche er auf sein Verlangen zum Birnbaumer Markte (Anfangs Juni 1855) zum Ankauf von Sachen von der verehelichten Kirsch, und zwar in 5 und 2 ½ Silbergroschenstücken, erhalten, sonst noch Geld besessen habe ? antwortete er mit

„Nein“.

Als hierauf er befragt wurde, wie er denn zu dem Zweitalerstücke gekommen sei, wusste er anfänglich nichts zu erwidern, sagte aber nachher:

„dies Stück und noch einen einzelnen Taler habe er eben unter der Scheunenschwelle in Kaczliner-Hauland versteckt gehabt.“

Nach den Aussagen des Eigentümers Müller zu Kaczlin und dessen Sohnes Ferdinand Müller ist nun zwar der Malcher nach seiner Entlassung aus Fraustadt in Kaczlin gewesen, um sich von dort seine bei dem Müller früher zurückgelassenen Sachen zu holen. Beide Zeugen wissen aber nichts davon, dass der Angeschuldigte dort noch Geld versteckt gehabt habe und es hat dies auch sonst keine Wahrscheinlichkeit für sie, da nach Angabe des alten Müller, welcher dem Malcher sein volles Lohn, und zwar, wie er meint, stets in anderen Münzsorten als ganzen Zwei- und Eintalerstücken ausgezahlt gehabt haben will, der Angeklagte sich sein Lohn stets in kleinen Beträgen zu Ausgaben und noch am letzten Tage vor seinem Weglaufen von dem Müller von diesem zum Ankauf von Pantoffeln und zur Bezahlung einer Schuld 1 Rthlr. hatte geben lassen.

Bezüglich des Erwerbes der vorerwähnten Gelder behauptete der Malcher später, dass er das in Politzig von ihm ausgegebene Zweitalerstück, welches er nebst ihm von dem Müller – zuletzt um Johanni 1852 mit 1 Rthlr. – gezahltem Lohne unter der Scheunenschwelle versteckt, vor Johanni jenes Jahres bei einem, ihm dem Namen nach unbekannten jüdischen Bäcker in der Birnbaumer Straße zu Zirke, bei welchem er Semmel gekauft, unbemerkt vom Tische mit weggenommen habe. Es ist indes auch diese Behauptung ganz unerwiesen geblieben, indem nach einer von dem Magistrat in Zirke erteilten amtlichen Auskunft, von den beiden jüdischen Bäckern, welche im Jahre 1852 dort in der Birnbaumer Straße gewohnt haben, der Eine nach Amerika ausgewandert ist und er Andere sich von einem bei ihm vorgefallenen Diebstahl eines Zweitalerstücks nicht habe erinnern wollen. Überdies steht es auch mit jenen Angaben des Malcher in Widerspruch, dass er den Wert des Zweitalerstücks auch noch bei dessen Verausgabung in Politzig nicht gekannt hat. Seine damalige Unbekanntschaft damit hat nämlich der Transporteur Glutzka, wie dieser sich auch gleich hinterher gegen den anderen Transporteur geäußert, daraus gefolgert, dass der Angeschuldigte, als er dem Müller das Geldstück übergab, dessen Wert nicht bezeichnete. Auch hat der Angeklagte selbst im Laufe der Voruntersuchung wiederholt eingeräumt, von dem Werte des Zweitalerstücks in Politzig keine Kenntnis gehabt zu haben, und erst von einem der Transporteure darauf aufmerksam gemacht worden zu sein, wohingegen er im Audienztermine behauptete, dass er von dem Werte jenes Geldstücks auch schon vor dessen Verausgabung unterrichtet gewesen sei und die hiermit widerrufene frühere Erklärung nur deshalb abgegeben habe, weil er den Transporteuren nicht habe widersprechen wollen.

Seinen weiteren Anführungen nach wollte der Malcher von seinem in Fraustadt erworbenen Arbeitsüberverdienst von 4 Rthlr. 17 Sgr., nachdem er davon 3 Rthlr. 7 Sgr. 6 Pf. für einen Rock verausgabt, noch 15 Sgr. (nach richtiger Berechnung konnte der Rest nur 9 Sgr. 6 Pfg. gewesen sein) übrig behalten haben. Auch gab er an, dass er von der verehelichten Kirsch, der er seinen Geldbesitz verschwiegen, um desto eher von ihr Lohn zu bekommen, zu einer Reise nach Zirke 7 Sgr. 6 Pfg. Reisegeld und auf sein Verlangen zum letzten Birnbaumer Markte vor Johanni 1855 3 Rthlr. 4 Sgr. auf sein Dienstlohn in 5 und 2 ½ Silbergroschenstücken erhalten habe und von diesem letzteren Gelde ihm nach dem Ankaufe verschiedener Sachen noch 1 Rthlr. übrig geblieben sei, von welchem Reste er jedoch der Kirsch nichts gesagt habe. Um nun aber auch über den Besitz eines zweiten Eintalerstücks sich auszuweisen, erklärte er auf diesfalls ihm gemachte Vorhaltung, er habe dieses Geldstück sich von einem Unbekannten auf dem Birnbaumer Markte gegen kleines Geld eingetauscht. Im Audienztermin endlich hat er über seinen Geldbesitz sich in folgender Weise ausgelassen:

„Dadurch, dass er in Zirke einem Juden (dem Bäcker) einen Doppeltaler gestohlen, von dem Müller 1 Rthlr. Lohn in Münze erhalten und seine Taschenuhr für 2 Rthlr. 15 Sgr., worunter ein Eintalerstück sich befunden, verkauft habe, sei er in den Besitz von 5 Rthlr. 15 Sgr. gekommen. Von diesem Betrage habe er nur 2 Rthlr. 15 Sgr. verbraucht und den Überrest von 3 Rthlrn., mit dem Doppeltaler und einem einfachen Taler, bei Müller unter der Scheunenschwelle versteckt. Zu diesem Gelde sei noch der Überrest bei ihm von der Kirsch zum Birnbaumer Markt auf seinen Lohn gegebenen Gelder gekommen, für welchen er sich ein Eintalerstück eingewechselt habe. Der Kirsch habe er von allem diesem Gelde nichts gesagt.“

Bei den mehrfachen Widersprüchen in den vorstehend angeführten, zum Teil ganz beweislosen Erklärungen des Malcher ist anzunehmen, dass dieselben wenigstens teilweise auf einen Erdichtungen beruhen, zu welchen der Angeklagte seine Zuflucht genommen hat, um den aus dem Besitz des Zweitalerstücks und der beiden Eintalerstücke gegen ihn sich ergebenen Verdacht zu beseitigen. Dafür spricht es übrigens auch, dass nach der Bekundung der verehelichten Kirsch:

Malcher, als er von Fraustadt zu ihr kam, ihr sagte, dass er kein Geld habe und von ihr solches verlangte, unter der Angabe, dass er von seinem früheren Dienstherrn noch 4 Rthlr. rückständigen Lohn zu fordern habe und eine Klage anstellen wolle,

und

dass ferner derselbe, als er von dem einige Tage vor dem 8. Juni 1855 stattgehabten Birnbaumer Markte, zu welchem er von der Kirsch 3 Rthlr. auf seinen Lohn erhalten hatte, mit dort von ihm gekauften Stoffen und Kleidungsstücken nach Hause zurückkehrte, der Kirsch erzählt hat, er habe sein ganzes Geld bis auf einen Dreier ausgegeben und nicht einmal Schnaps, sondern nur Bier getrunken.

8.       Bei den in Betreff des gestohlenen Gutes angestellten Ermittlungen ist nun auch noch ein ferneres und zwar gegen den Angeklagten mehr direkt sprechendes Beweismoment hervorgetreten.

Von dem vorstehend unter Nr. 6. a. erörterten Umstande, dass die Emilie und die Ernestine Kirsch am Todestage der Witwe Kobling getrocknetes Obst von dem Malcher erhalten, hatten diese Kinder in der Untersuchung anfangs bei ihrer Vernehmung nichts erwähnt und erst später war diese Tatsache von den Tagearbeiter Wilhelm Kobling, einem Sohne der Getöteten, auf Grund eines ihm zu Ohren gekommenen Gerüchts bei den Akten zur Sprache gebracht worden. Bei der hierauf veranlassten weiteren Vernehmung der Emilie Kirsch und im Audienztermin gab dieselbe Folgendes an:

„Nachdem der Malcher am 8. Juni Mittags auf dem Felde ihr zugepfiffen, sei er schon vor ihr nach Hause gegangen. Als sie demnächst nach Hause gekommen, habe sie denselben dort in der Stube der alten Kobling angetroffen. Hier sei er beschäftigt gewesen, einen dort stehenden Kasten (die Throne) zu durchsuchen und dabei habe der geäußert:

„wenn er doch das Papiergeld finden könnte, welches ihre Mutter der alten Kobling geben“

„Sie habe nun dem Malcher gedroht, es der Mutter zu sagen, und es habe darauf derselbe ihr dies verboten, ihr vier getrocknete Pflaumen gegeben und die Äußerung gemacht:

„wenn sie etwas sagen würde, werde er ihr die Fresse breit schlagen.“

„Aus Furcht, von dem Malcher geschlagen zu werden, wenn er wieder loskomme, habe sie den Vorfall bei ihrer früheren Vernehmung verschwiegen.“

„Den Kasten (die Throne ?) habe der Malcher mit der Axt erbrochen.“

Diese späte Deposition der Emilie Kirsch gewinnt dadurch an Glaubwürdigkeit, dass nach Aussage der verehelichten Kirsch deren ebengenannte Tochter den Vorfall ihr in ziemlich ähnlicher Weise erzählt hatte, als ihr vor dem Termine, wo jene Angabe der Emilie Kirsch zuerst erfolgt, von ihrer Mutter ernstlich zugeredet worden war, Alles zu sagen, was sie in Beziehung auf eine Schuld des Malcher an dem Tode der Witwe Kobling wisse. Bei dieser Mutter gemachten Erzählung soll sie dem Angeklagten die Äußerung in den Mund gelegt haben:

„wenn er doch die Pelzflecke finden könne, welche ihre (der Emilie) Mutter der alten Großmutter gegeben habe“,

und ist in dieser Beziehung zu bemerken, dass nach der Versicherung der verehelichten Kirsch und ihrer Tochter Emilie die alte Kobling – was auch Malcher zugegeben – Papiergeld mit dem Ausdrucke „Pelzflecke“ zu bezeichnen gepflegt hat.

9.       Auch durch die Art des Benehmens, welches der Angeklagte nach dem Verschwinden der Witwe Kobling gezeigt hat, wird der gegen ihn entstandene Verdacht in mehrfacher Hinsicht unterstützt.

a)      Als der Gottlob Kobling noch gleich am Abend des 8. Juni dem Malcher auf dem Kirschschen Hofe zurief:

„wo er, Malcher, seine, des Kobling, Mutter gelassen habe, er habe sie gewiss umgebracht“,

hat er nach Angabe des Kobling – statt diese Beschuldigung von sich abzulehnen – still geschwiegen; auch will der Kobling bemerkt haben, dass bei dieser Gelegenheit sowohl der Angeklagte, als auch die verehelichte Kirsch, welche mit gegenwärtig war, sich im Gesichte verfärbten

b)      Weder nach dieser Bezichtigung bis zum Eintritt seiner Bewachung, noch auch vorher am Nachmittage hat der Malcher seinerseits Nachforschungen nach dem Verbleiben der alten Kobling angestellt. Zu der Emilie Kirsch hatte er, deren Bekundung nach, als sie ihn nach der Großmutter fragte, gesagt: „sie sei immer fort nach dem Eichkruge zu gegangen.“

c)       Während der Angeklagte am Vormittage des 9. Juni in der Wohnstube der verehelichten Kirsch unter Bewachung gehalten wurde, fiel es dem Eigentümer Rau auf, dass er in der Zeit, wo nach der alten Kobling auf der Kirschschen Besitzung gesucht wurde, seine Blicke aus den Fenstern jener Stube anhaltend erst nach den Kartoffelgruben, in deren einer später den Speck und das getrocknete Obst gefunden wurden, und demnächst nach dem kleinen Stalle, wo damals die Leiche der alten Kobling noch vergraben lag, hinrichtete, auch überhaupt die suchenden Personen fortwährend mit den Augen verfolgte. Rau machte hiervon dem Eigentümer Büttner Mitteilung und dies gab Veranlassung zu einer genaueren Nachforschung in jenem Stalle, wobei denn der Leichnam entdeckt ward. Dass Malcher bei der gedachten Gelegenheit öfters nach dem kleine Stalle hingesehen, hat er selbst auch eingeräumt und als Grund, weshalb er es getan, angegeben, es sei ihm, als er am Tage vorher Mittags mit den Kindern vom Felde nach Hause gekommen, aufgefallen, dass der Hofhund, den die Kinder mit auf das Feld gehabt hätten, gebellt und eine Spur nach dem kleinen Stalle gesucht habe. Jenes Benehmen des Angeschuldigten lässt vermuten, dass derselbe damals gewusst, wo der Leichnam der Kobling und ein Teil der abhanden gekommenen Sachen derselben zu finden war und dass er fürchtete, es werde auch in dem kleinen Stalle und in den Kartoffelgruben eine sorgfältigere Nachsuchung gehalten werden.

d)      Als der Malcher nach Auffindung der Leiche zu dem kleinen Stalle hingeführt wurde und der Gottlob Kobling hier zu ihm sagte:

„Siehst Du, da liegt meine Mutter, Du hast sie totgeschlagen“,

erwiderte er zwar ganz dreist:

„Ich habe sie nicht totgeschlagen und nicht dahin gebracht“,

und ebenso hat er bei der Rekognition des Leichnams der Kobling sich anfangs dreist benommen und lächelnd geantwortet. Der Untersuchungsrichter hat jedoch registriert, dass dabei und während der Sektion der Leiche sein Benehmen ein erzwungenes gewesen und unverkennbare Spuren seiner inneren Bewegung gezeigt habe, dass unter Anderem der Schlag seines Herzens durch die Kleidung sich habe wahrnehmen lassen, und dass der Malcher bei der Sektion zweimal anscheinend ohnmächtig niedergefallen, aber, nachdem ihm Wasser ins Gesicht gespritzt worden, sogleich wieder aufgestanden sei.

10.   Der Umstand, dass der Leichnam der Witwe Kobling in einem Stalle des Kirschschen Gehöfts und die vermissten, ihr zugehörigen Lebensmittel in einer Kartoffelgrube in nächster Nähe desselben gefunden worden, spricht sehr dafür, dass ein Hausgenosse der Kobling das Attentat auf dieselbe und die vorgefallene Entwendung an ihrem Eigentum verübt habe, und dieser Hausgenosse kann nicht füglich ein Anderer als der Malcher gewesen sein, da an dem Vormittage, wo die Tat geschehen, alle übrigen erwachsenen Mitbewohner des Kirschschen Gehöfts außer ihm, von dort entfernt waren, und keines der von ihnen nicht mitgenommenen, noch ganz jugendlichen Kinder der Verdacht einer Schuld an der Tötung der Kobling treffen kann.

Der Annahme, dass möglicherweise ein Fremder das Verbrechen begangen haben könnte, steht überdies außerdem, was in dieser Beziehung bereits oben bei Nr. 2 bemerkt worden, auch noch Folgendes entgegen.

Der Stall, in welchem der Leichnam der Kobling vergraben lag, war, wie schon oben erwähnt worden, zur Zeit der Leichenauffindung mit Nadelstreu eingestreut. Aus der Beschaffenheit dieser Streu haben die Eigentümer Rau und Büttner gefolgert, dass dieselbe noch nicht länger, als höchstens einen Tag und eine Nacht hindurch gelegen haben könne. Bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung hatte der Malcher angegeben, er habe am Nachmittage des 8. Juni den Stall frisch eingestreut; im Audienztermine aber wiederrief er dies, indem er nunmehr behauptete, dass das Einstreuen an jenem Nachmittage durch die verehelichte Kirsch geschehen sei. Letztere, hierüber befragt, hat solches, auch bei der Konfrontation mit dem Malcher, entschieden in Abrede gestellt. Nimmt man an, dass derjenige, welcher den Leichnam der alten Kobling im Stalle verscharrte, die Einstreuung des Stalles vorgenommen, um dadurch die auf dem Fußboden von der Eingrabung zurückgebliebenen Spuren zu verdecken, so muss derselbe sich nach Verscharrung der Leiche noch einige Zeit hindurch in dem Stalle aufgehalten haben. Aber auch schon vorher musste sein Verweilen daselbst nach vollbrachter Tötung der Kobling ein länger fortgesetztes gewesen sein. Denn es haben, während der Gendarm Gebhardt die Meinung geäußert, dass das Graben der Grube, in welcher der Leichnam gelegen, höchstens einen Zeitaufwand von 10 Minuten erfordert haben könne, der Polizei-Distrikts-Kommissarius Pascal, der Schulze Furchheim und der Eigentümer Büttner sich – übereinstimmend mit der Äußerung des Malcher selbst – dahin ausgesprochen, dass die Ausgrabung jener Grube in dem festen Erdboden des Stalles nicht in kürzerer Zeit als ½ Stunde habe vollendet werden können. Hiernach und da auch das Verbergen des Speckes und der Säckchen mit getrocknetem Obst in der Kartoffelgrube einige Zeit gekostet haben muss, könnte derjenige, welcher die Kobling umgebracht, wenn er nicht etwa, wie der Defensor des Malcher – jedoch mit ziemlicher Unwahrscheinlichkeit – vermutet, die Grube im Stalle schon vorher ausgegraben hat, den Ort der Tat nicht viel früher als eine Stunde nach Vollbringung der Tötung verlassen haben. Kaum denkbar aber ist es, dass ein Fremder, welcher das Verbrechen verübt, sich am Orte desselben, auch wenn er sich zu scheuen hatte, das entwendete Gut bei hellem Tage mit sich fortzuschleppen, noch eine so lange Zeit hindurch, nur um dasselbe zu verbergen und die Leiche der Kobling zu vergraben, aufgehalten und dadurch der Gefahr der Entdeckung und Ergreifung ohne Not sich ausgesetzt haben sollte.

Tritt nun auch noch hinzu, dass der auf der Kirschschen Besitzung gehaltene Hofhund, welcher nach Aussage der Emilie und der Ernestine Kirsch am Todestage der alten Kobling Vormittags mit den Kinder nicht – wie von Malcher behauptet worden – auf das Feld gelaufen, sonder zu Hause geblieben war, und den die Emilie, wie sie später angegeben, hat bellen hören und auf das Feld hat kommen sehen, nach Angabe der verehelichten Kirsch ein sehr wachsamer gewesen ist und eine ihm unbekannte Person nicht leicht in das Haus gelassen habe würde, so schwindet danach jede Wahrscheinlichkeit, dass ein Fremder das vorliegende Verbrechen begangen habe, und es bleibt vielmehr der Verdacht der Tat lediglich auf dem Malcher haften, der in der Frist, während welcher er am Vormittage des 8. Juni sich auf der Kirschschen Besitzung mit der alten Kobling und dem kleinen Wilhelm Kobling allein befand, vollkommen Zeit gehabt, die Tötung und Vergrabung der Kobling, sowie den Diebstahl und die Unterbringung der entwendeten Viktualien in der Kartoffelgrube vollständig ins Werk zu setzen.

11.   Zu den vorstehend angeführten, zum Teil sehr erheblichen Belastungs-Momenten kommen nun noch einige andere Umstände, die, weil die diesfalls angestellten Ermittlungen nur unbestimmte Resultat gewährt haben, nur als Indizien man einer weniger entscheidenden Bedeutung angesehen werden können.

a)      Blutspuren haben sich, wie schon erwähnt worden, in der Stube der Kobling und sonst auf der Kirschschen Besitzung und deren nächster Umgebung (mit Ausnahme der Grube, wo die Leiche verscharrt war) bei der gehaltenen Nachforschung nicht wahrnehmen lassen. Nach Bekundungen der Gottlob Koblingschen Eheleute sollte indessen die Emilie Kirsch erzählt haben, dass, als sie am 8. Juni (Mittags) vom Felde heimgekommen, viel Blut im Hause gewesen sei und der Malcher einem mit Blut befleckten Knittel zerhackt und verbannt habe. Hierüber befragt, erklärte die Emilie Kirsch in der Voruntersuchung, davon nichts gesehen und auch nichts erzählt zu haben, im Audienztermine aber gab sie an:

dass sie ein halb bebluteten Knüppel vor der Tür gesehen, von dem sie jedoch nicht wisse, wo er geblieben sei.

Ihrer Mutter sollte sie, deren Deposition zufolge, früher Ähnliches erzählt und dabei bemerkt haben, Malcher habe behauptet, dass das kleine Kind gefallen sei und den Knüppel beblutet habe. Etwas Bestimmtes aber hat sich über diesen ganzen Punkt nicht feststellen lassen.

b)      An einem in Beschlag genommenen Rocke des Malcher, welcher schon seit längerer Zeit in der Kirschschen Stube gehangen, haben sich auf dem Ärmel Flecke gefunden, welche von Blut herzurühren schienen. Malcher hat behauptet, dass diese Flecke sich schon an dem Rocke befunden, als er denselben um Ostern 1849 zu seiner Einsegnung gekommen habe. Bei der während des Audienztermines von dem Apotheker Wolf mit Assistenz des Kreisphysikus Dr. Völkel unternommenen chemischen Untersuchung jener Flecke hat zwar nach dem Ausspruche dieser Sachverständigen es sich als ziemlich wahrscheinlich ergeben, dass dieselben von Blut herrührten; es hat aber durch die chemische Prüfung nicht bestimmt werden können, wie lange die Flecke schon an dem Rocke gehaftet hatten und da hierüber auch durch die auf den Antrag des Angeklagten erfolgt Zeugenvernehmung keine Gewissheit erlangt worden war, so hat der Schwurgerichtshof in Übereinstimmung mit dem Staatsanwalt die weitere Verfolgung dieses Indiziums fallen lassen.

c)       Nach Aussage der Emilie Kirsch soll übrigens der Malcher am 8. Juni einen Rock nicht angehabt haben, sondern in Hemdsärmeln gegangen sein. Es kommt dies auch insofern in Betracht, als der Distrikts-Kommissarius Pascal bei Gelegenheit der am 9. Juni 1855 auf der Kirschschen Besitzung vorgenommenen Revision registriert hat:

„der rechte Hemdsärmel des Malcher sei blutig gewesen; – Malcher habe behauptet, dass dem Kinde gestern die Nase geblutet habe, was die Tine Kirche bekunden würde.“

Als über jene Wahrnehmung des Pascal dem Angeklagten im Audienztermine Vorhaltung gemacht wurde, stellte derselbe wiederholt die Behauptung auf:

„dass dem Kinde der Kirsch die Nase geblutet habe und dass davon der Fleck auf sein Hemde gekommen sei“

Es ist jedoch diese Angabe unerwiesen geblieben, da die Ernestine Kirsch, auf deren Zeugnis der Angeschuldigte sich berufen hat, und die Emilie Kirsch ihren Aussagen nach es nicht selbst gesehen, sondern es nur – und zwar Erstere von ihrer Schwester Emilie und Letztere von dem Malcher selbst – gehört haben wollen, dass ihre kleine Schwester Auguste gefallen sei.

Der Kreisphysikus Dr. Völkel hat zwar bei Untersuchung der Kleidungsstücke des Malcher ebenfalls einen farbigen Fleck an dem Hemde desselben wahrgenommen, indes nicht zu entscheiden vermocht, ob derselbe von Blut hergerührt oder nicht.

Betrachtet man nun alle vorstehend dargelegten Verdachtsmomente in ihrem Zusammenhange und in Verbindung damit, dass der Angeklagte, welchen der Distrikts-Kommissarius Pascal schon früher für einen abgefeimten Menschen gehalten und aus Lewitz-Hauland, jedoch ohne Erfolgt, polizeilich ausgewiesen hat, bereits zwei Mal wegen Diebstahls bestraft worden ist, so erscheint die Annahme gerechtfertigt:

dass der Angeklagte am 8. Juni 1855 die Witwe Kobling in diebischer Absicht ums Leben gebracht und Geld derselben, sowie auch andere Gegenstände ihres Eigentums aus ihrer Behausung entwendet hat.

Zur Beseitigung von Bedenken, welche gegen diese Überzeugung nach den Ergebnissen der Untersuchung möglicherweise noch erhoben werden könnten, dürften die folgenden Bemerkungen dienen, in welchen namentlich auch der hinsichtlich der Tötung der Kobling gegen andere Personen als den Malcher, im Laufe der Untersuchung angeregte Verdacht eine noch nähere Würdigung finden wird.

A.      Der Angeklagte hat, wie schon oben (conf. Nr. II. 3.) angeführt worden, den Bruder der verehelichten Kirsch, Tagelöhner Hecker, zu bezichtigen gesucht, dass er die alte Kobling aus dem Leben geschafft habe. Schon früher hatte er auch auf die Kirsch, ohne dieselbe direkt zu beschuldigen, einen Verdacht zu werfen sich bemüht, indem er angab:

„die Kirsch habe sich oft darüber beklagt, dass sie so viel schönes Geld an die alte Kobling und für Gerichtskosten ausgeben müsse und oft den Wunsch geäußert, dass Gott doch die alte Kobling zu sich nehmen möge.“

Als er später mit der Bezichtigung gegen den Hecker hervortrat, erwähnte er dabei auch der verehelichten Kirsch, indem er angab, dieselbe habe am Nachmittage des Todestages der Kobling, nachdem er ihr von dem am Vormittage stattgehabten Erscheinen ihres Bruders Mitteilung gemacht, heimliche Gespräche mit ihm, dem Malcher, gehabt, dabei zu ihm gesagt, er solle nichts darüber sprechen, dass sie den Schafsstall eingestreut habe, und ferner gegen ihn geäußert:

„Das alte Pferd (die Witwe Kobling) werde weder von dem radligen Korn, noch auch von dem Korn ohne Rade etwas bekommen; er, Malcher, solle aber nichts davon sagen, sie wolle ihm 50 Rthlr. geben.“

Durch den oben gedachten von Hecker geführten vollständigen Beweis seines Alibi ist indes nicht nur jeder Verdacht einer Schul desselben an dem Tode der Kobling gänzlich widerlegt, sondern es erscheinen danach auch die vorerwähnten Äußerungen der Kirsch, welche getan zu haben dieselbe hat, ebenfalls als Erdichtungen, deren der Malcher, um den Schuldverdacht von sich ab- und auf Andere zu wälzen, sich bedient hat.

B.      In einer zu den Untersuchungsakten gekommenen, an die Staatsanwaltschaft zu Meseritz gerichteten Eingabe, welche nach der Unterschrift von den Gottlob Koblingschen Eheleuten, den Eheleuten Wilhelm Kobling und der Ernestine Kobling herrührt, ist beantragt worden, die verehelichte Kirsch als Komplizin des Malcher mit zur Untersuchung zu ziehen, indem behauptet wurde, dass dieselbe aus Interesse wegen des Altenteils, welches sie der alten Kobling zu gewähren gehabt, die Anregung zu deren Tötung gegeben habe. Bei ihren Vernehmungen haben auch der Gottlob Kobling und dessen Ehefrau Beate Kobling Angaben über ein sehr vertrautes Verhältnis der Kirsch mit dem Malcher gemacht und namentlich hat die Beate Kobling angeführt, jene Beiden hätten alle Nächte zusammen geschlafen, wie man durch eine zwischen der Stube der Kobling und der Kirsch befindliche gewesene Öffnung habe sehen können. Über das Altenteil sollen nach den Bekundungen dieser Zeugen zwischen der Kirsch und der alten Kobling vielfach Streitigkeiten stattgefunden haben und nach der Versicherung der Beate Kobling hat die Kirsch einmal geäußert:

„Solang die kleine Stube (der alten Kobling) nicht rein sei, bringe die Wirtschaft nichts Rechtes.“

Auch will der Gottlob Kobling gehört haben, wie die Kirsch bei ihren nächtlichen Gesprächen mit dem Malcher wiederholt sagte:

„sie wolle das Ausgeding nicht mehr geben“

Von öfteren Streitigkeiten über das Altenteil zwischen ihrer Mutter und der Kirsch hat endlich auch die Ernestine Kobling in ihren Aussagen gesprochen und dabei bemerkt, die Kirsch habe öfters gesagt:

„Die kleine Stube müsse erst rein werden, sonst werde es mit ihr Nichts, das Altenteil fresse Alles auf.“

Ob und in wieweit alle diese Angaben in der Wahrheit beruhen, oder etwa einer Animosität der Zeugen ihren Ursprung verdanken, mag dahingestellt bleiben. Einen Anlass, aufgrund derselben auch gegen die Kirsch eine Anklage zu erheben, haben die Gerichtsbehörden nicht gefunden; vielmehr ist die Kirsch, nachdem sie in Folge der von dem Malcher gegen ihren Bruder vorgebrachten Bezichtigung anfangs verhaftet worden war, durch Beschluss des Kreisgerichts zu Meseritz vom 17. November 1855 ausdrücklich außer Verfolgung gesetzt worden.

Da sie erwiesenermaßen zu der Zeit, innerhalb welcher die Tötung der alten Kobling erfolgt sein muss, sich am Orte der Tat nicht anwesend befand, so kann sie auch dieselbe nicht vollführ oder an deren Ausführung persönlich Teil genommen haben. Wäre sie aber auch wirklich, was anzunehmen kein hinreichender Grund vorliegt, die Anstifterin der Tat gewesen, so würde diese ihre intellektuelle Urheberschaft die Schuld des Malcher, als des eigentlichen Täters, in keiner Weise aufheben.

Gegen den von den Geschworenen wieder ihn – noch der Anzeige des Schwurgerichts-Vorsitzenden mit 10 Stimmen gegen 2 (die nur die Überlegung der Tat nicht für erwiesen haben annehmen wollen) – abgegebenen Wahrspruch lässt sich daher in keiner Art ein Bedenken erheben. Insbesondere wird es in Rücksicht auf den mit der Tat verbunden gewesenen Diebstahl nicht wohl in Zweifel gezogen werden können, dass die Tötung der Kobling mit Vorsatz begangen worden, da der Malcher, wenn er auch vielleicht die Entwendung, ohne die Kobling gerade völlig totzuschlagen, hätte ausführen können, doch der Entdeckung und Bestrafung zu entgehen nicht hoffen durfte, falls es die Kobling nicht ganz aus dem Leben schaffte, Dafür endlich, dass er auch mit Überlegung die Kobling getötet, spricht der oben (bei Nr. II. 2.) angeführte Umstand, dass er am 8. Juni 1855 Vormittags um 10 Uhr die Emilie Kirsch von Hause fort mit dem Befehl sandte, nicht eher, als bis er sie rufe, nach Hause zurückzukehren. Auch lässt es sich nicht wohl anders denken, als dass der Angeklagte, welcher früher schon mehrfach gestohlen, bei seinem Entschluss, an Sachen der Kobling einen Diebstahl zu begehen, bevor er zur Tat Anstalt machte, sich auch alle Mittel zu deren Ausführung und hierunter auch die Tötung der Kobling überlegt habe.

In Betreff der Entscheidung der Geschworenen über die Schuldfrage hat übrigens der Schwurgerichts-Vorsitzende in seinem Berichte über die betreffenden schwurgerichtlichen Verhandlungen noch speziell bemerkt, dass, da gerade für die Anklagesache wider Malcher die intelligenteren Elemente unter den Geschworenen berufen gewesen wären, man ihrem Ausspruche habe mit Ruhe entgegensehen können, dass derselbe demnächst auch überall die vollste Zustimmung erhalten habe und dass namentlich der Schwurgerichtshof die Schuldfrage in gleicher Weise, wie die Geschworenen, entschieden haben würde.

Malcher ist, nachdem die Allerhöchste Bestätigung des Todesurteils in der hergebrachten Form erfolgt ist, am 14. August 1856 hingerichtet. Er ist bis zum letzten Augenblicke bei seinem Leugnen verblieben.

 

Untersuchung wider den Dienstknecht Malcher – Teil 1 Der Tatbestand

geschrieben von Gudrun Tabbert
(als Herausgeber: Goltdammer, Königl. Ober-Tribunalsrath)
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Hier ist eine Zusammenfassung des Tatbestandes zu finden:

Der Angeklagte Knecht Johann Malcher, 23 Jahre alt, früher wegen Diebstahls betraft, wurde kurz vor Neujahr 1855 aus dem Gefängnisse zu Fraustadt, wo er wiederum wegen Diebstahls eine Gefängnisstrafe abgebüßt hatte, entlassen.

Dort hatte er den in Lewitz-Hauland ansässigen Eigentümer Wilhelm Kirsch, welcher eine wegen Diebstahls ihm auferlegte zweijährige Zuchthausstrafe verbüßte, kennen gelernt. Dieser beauftragte ihn damit, eine Bestellung an seine Ehefrau auszurichten, und die dadurch vermittelte Bekanntschaft mit der verehelichten Kirsch hatte zur Folge, dass er alsbald als Knecht in ihren Dienst trat, in welchem er bei fortdauernder Abwesenheit ihres Ehemannes bis zu seiner am 9. Juni 1855 erfolgten Wiederverhaftung verblieb.

In dieser Stellung ist er verdächtig geworden, am 8. Juni 1855 die 72 jährige Ausgedinger-Witwe Anna Marie Kobling zu Lewitz-Hauland ermordet zu haben.

Die deshalb gegen ihn eingeleitete Untersuchung hat im Wesentlichen Folgendes ergeben:

Auf dem im Lewitz-Hauland in der Gegend von Meseritz gelegenen – von Gärten und Feldern umgebenen, einige Tausend Schritte von anderen Besitzungen entfernten – Gehöfte des Eigentümers Wilhelm Kirsch lebte um jene Zeit außer dessen Familie als Auszüglerin die Mutter seiner verstorbenen ersten Ehefrau, die verwitwete Anna Maria Kobling. Von der Familie Kirsch, bestehend aus der 24 jährigen Ehefrau Wilhelmine, geborene Hecker, zwei Töchtern erster Ehe, Emilie und Ernestine mit Vornamen, resp. 11 und 9 Jahre alt, und einem Kinde zweiter Ehe von ungefähr 2 Jahren, war die eine der im Erdgeschosse des Wohnhauses befindlichen beiden Stuben bewohnt. Die zweite dicht danebengelegene Stube hatte die genannte Witwe Kobling inne und in dies Zimmer waren von derselben ihre 25 jährige Tochter Ernestine Kobling, ihr Sohn, der 48 jährige Schuhmacher Gottlob Kobling, dessen Ehefrau Beate, geborene Neumann, und deren 4 Kinder, von denen das jüngste damals noch an der Brust lag, und die drei älteren, Wilhelmine, Caroline und Wilhelm in dem Alter von resp. 7 ½, 5 ½ und noch nicht voll 3 Jahren standen, als Mitbewohner aufgenommen.

Am 8. Juni 1855 – einem Freitage – hatten sich früh um 6 Uhr die genannten Schuhmacher Koblingschen Eheleute mit ihrem jüngsten Kinde von Hause fort auf den Wege nach Tirschtiegel begeben; schon vor ihnen war eben dorthin die verehelichte Kirsch abgegangen. Im Hause waren daher, da die Ernestine Kobling bereits seit einigen Tagen bei einer auswärts wohnenden Schwester zum Besuche sich aufhielt, nur zurückgeblieben:

  1. die Witwe Kobling;
  2. die drei älteren Kinder der Gottlob Koblingschen Eheleute;
  3. die drei Kinder des Wilhelm Kirsch und
  4. der oben genannte Knecht Malcher

außer welchem Gesinde auf der Kirschschen Besitzung nicht diente.

Als am Abend desselben Tages kurz vor Sonnenuntergang die Schuhmacher Koblingschen Eheleute nach Hause zurückkehrten, wo schon vorher Nachmittags in der dritten Stunde die verehelichte Kirsch wieder eingetroffen war, kamen ihnen ihre beiden ältesten Kinder entgegen, klagten sehr über Hunger und erzählten, dass die Großmutter, Witwe Kobling, nicht zu Hause sei. Die hierauf zum Zwecke ihrer Auffindung angestellten Nachforschungen blieben an jenem Tage ohne Erfolg. Die entstandene Vermutung, dass sie umgebracht worden sein möge, erhielt aber insbesondere dadurch Unterstützung, dass der in der Stube der Kobling stehende Kasten derselben, mit verbogenem Schließhaken, geöffnet und durchwühlt, und in einem anderen dort stehenden Behältnis – einer sogenannten Throne – der Schlüssel steckend gefunden wurde, den die Witwe Kobling sonst bei sich zu tragen pflegte, dass außerdem auch Wäsche und Kleidungsstücke der Vermissten in ihrem Zimmer zerstreut umherlagen, und dass endlich von ihren dort aufbewahrten Sachen, wie bei näherer Untersuchung sich herausstellte, Geld, eine Quantität Speck und einige Säckchen mit getrockneten Pflaumen und Kirschen fehlten.

Der Gottlob Kobling bezichtigte sofort, nachdem er von dem Verschwinden seiner Mutter Kenntnis erhalten hatte, den Knecht Malcher, welchen er auf dem Hofe antraf, dass er die Mutter erschlagen habe, und veranlasste wegen dieses Verdachts über dessen Gründe er sich jedoch selbst damals keine bestimmte Rechenschaft geben konnte, dass der Malcher im Hause bewacht wurde.

Bei den am anderen Morgen unter amtlicher Mitwirkung fortgesetzten Nachsuchungen wurde demnächst in einem Stalle des Kirschschen Gehöfts der Leichnam der Witwe Kobling, blutig und an verschiedenen Stellen, insbesondere am Kopfe, mehr oder minder schwer verletzt, im Erdreiche vergraben, aufgefunden.

Die hierauf angestellten weiteren Ermittlungen führten schließlich zu der gegen den Malcher wegen Mordes erhobenen Anklage, in deren Folge derselbe sodann, obwohl er die ihm schuld gegebene Tat mit Beharrlichkeit geleugnet hat, auf Grund des von den Geschworenen gegen ihn abgegebenen Verdikts zum Tode verurteilt worden ist.

Was zunächst  – I. –  den objektiven Tatbestand anbetrifft, so kommen vor allen Dingen

1. die Umstände in Betracht, unter denen die Leiche der Witwe Kobling aufgefunden worden ist. Wie bereits erwähnt worden, erfolgte deren Entdeckung in einem zur Kirschschen Besitzung gehörigen Stalle. Dieser Stall, welcher von der Eingangstür des Kirschschen Wohnhauses 24 Schritte entfernt gelegen ist und gewöhnlich als Schweinestall, mitunter aber auch den Schafen zum Aufenthalt gedient hat, war zur Zeit der darin angestellten Nachforschung am Fußboden mit frisch eingestreuter Nadelstreu bedeckt. Als die Eigentümer Carl Rau und David Büttner den Erdboden des Stalles zuerst mit einer Mistgabel untersucht hatten und hiernächst in dem unter der harten Oberfläche lockerer sich zeigenden Erdreiche von Rau mit einem Spaten nachgegraben wurde, ließ in der Tiefe von einer halben Elle Leinwand sich wahrnehmen. Man rief hierauf andere Personen, namentlich den Polizei-Distrikts-Kommissarius Pascal und den Gendarmen Gebhardt, herbei und fand bei fortgesetzter Nachgrabung den entseelten Körper der Kobling mit einem Hemde, einem kattunenen Kleide nebst Leibchen, einer Mütze von Kattun, einem wollenen Tuche und einer leinenen Schürze bekleidet, vor. Derselbe lag auf der linken Seite mit dem Kopfe nach der Stallwand zugewendet, und auf dem Kopfe liegend fand sich ein großer Feldstein, dessen Gewicht bei der Nachwiegung auf 39 Pfd. festgestellt worden ist. Der Kopf, insbesondere auch die Haare und die Bekleidung des Leichnams in ihren oberen Teilen waren durch mit Blut getränkten Sand verunreinigt. Auch war in der etwa 4 ½ Fuß langen, 2 Fuß breiten und 2 ½ Fuß tiefen Höhlung, in welcher die Leiche lag, namentlich an der Stelle, wo der Kopf seinen Platz hatte, frisches Blut in den Erdboden ziemlich tief eingedrungen.

2.     Bei der am 10. Juni 1855 vorgenommen gerichtlichen Obduktion des Leichnams, welcher als der der Witwe Kobling von ihrem Sohne Gottlob und dessen Ehefrau, sowie von dem Angeklagten rekognosziert worden ist, ließen sich äußerlich an der linken Schulter, an den Armen, namentlich in der Gegend der Ellenbogen, und am rechten Handgelenk verschiedene Kontusionen, Hautabschilferungen und Blutunterlaufungen von zum Teil nicht unbedeutendem Umfange wahrnehmen. Auch am Kopfe zeigten sich an verschiedenen Stellen, unter anderem in der Gegen der Schläfe und an den Ohrmuscheln, Blutunterlaufungen und Hautabschilferungen, außerdem aber eine Anzahl, zum Teil bis auf den Schädel durchgedrungener Wunden von verschiedener Größe, an denen die Ränder meist stumpfgezackt, blutrünstig und hohl waren, an einer Stelle aber mehr scharf erschienen. Eine besonders schwere Kopfverletzung befand sich am Hinterkopfe in einer mehrere Zoll langen, in der Richtung vom linken zum rechten Ohre laufenden, klaffenden Verwundung, welche aus mehreren einzelnen, nach verschiedenen Richtungen hin sich erstreckenden Wunden mit dazwischen liegenden Brücken bestand und in ihren komplizierten Verzweigungen fast den ganzen Hinterkopf einnahm. Bei Eröffnung der Kopfhöhle wurde die ganze Kopfschwarte mit Blut infiltriert vorgefunden, und auf der Knochenhaut war ein Bluterguss von 1 bis 2 Linien Dicke zu bemerken. Der rechte und der linke Schläfenmuskel waren mit Blut stark unterlaufen; die Substanz des letzteren war nicht mehr zu erkennen, sondern erschien als ein dunkelfarbiges Blutgerinnsel. In beiden Hemisphären des Gehirns zeigten sich starke Blutergüsse, von welchen der in der linken Hemisphäre die Windungen des Gehirns völlig ausfüllte. Als Verletzungen von ganz vorzugsweiser Bedeutung aber traten Fissuren des Schädels hervor, die in verschiedenen Richtungen über denselben sich verbreiteten. Diese Knochenspalten, welche über eine große Fläche des Schädels sich ausdehnten und sich erst in der Grundfläche desselben verloren, waren so ineinander verzweigt, dass sie den Zusammenhang der Knochen untereinander aufhoben und förmlich eine großartige Knochenfraktur bildeten.

Auf den Grund dieses Befundes der Sektion, bei welcher sich andere wesentlich abnorme Erscheinungen nicht ergaben, erklärten die Obduzenten Kreisphysikus Dr. Völkel und Kreischirugius Ludwig in ihrem vorläufigen Gutachten, dass die – von ihnen näher bezeichneten – erheblichen Kopfverletzungen an dem Körper der Kobling so beschaffen gewesen, dass sie unbedingt und unter allen Umständen in dem Alter der Verletzten für sich allein deren Tod hätten zur Folge haben müssen.

Bei diesem Ausspruche sind demnächst die Sachverständigen auch in ihrem definitiven Gutachten stehen geblieben. In demselben ist der Zusammenhang zwischen den äußerlichen Verletzungen am Kopfe der Kobling und den an ihr wahrgenommenen Verletzungen eine heftige Gewalt voraussetzen ließen, welche auf die Verstorbene noch bei ihrem Leben eingewirkt habe. Sodann aber wird aus eben dieser Einwirkung der Eintritt einer Erschütterung gefolgert, welche die Aufhebung der Funktionen des Gehirns und damit den Tod der Kobling unbedingt habe verursachen müssen.

3.       Darüber, mit welchem Instrument der Kobling die an ihr bemerkten Kopfverletzungen beigebracht worden, ist durch die Untersuchung eine sichere Aufklärung ebenso wenig zu erlangen gewesen als über die Details des Herganges überhaupt. In dieser Beziehung haben insbesondere die Gerichtsärzte in ihrem Obduktionsberichte sich auf die Bemerkung beschränkt:

Es werde schwer sein, zu ermitteln, welcher Art die gegen den Schädel der Kobling wirkende Gewalt gewesen und wie der Vorgang der gegen die Verstorbene verübten Gewalttätigkeit zu erklären sei.

Im Audienztermin ist sodann der Dr. Völkel auf diesen Punkt zurückgekommen und hat hier, ohne das ihm von dem Kreischirugius Ludwig widersprochen wurde, bemerkt, dass seiner Meinung nach die Kopfwunden der Kobling weder mit einem Stocke, noch mit dem auf ihrer Leiche vorgefundenen Steine beigebracht worden seien, indem namentlich, wenn Letzteres geschehen wäre, der Schädel der Kobling vollständig zerschmettert worden sein würde. Das zur Hervorbringung der Kopfbeschädigungen der Verstorbenen benutzte Werkzeug soll vielmehr nach der von dem Dr. Völkel nun geäußerten Vermutung in einem Beile bestanden haben und ist in dieser Hinsicht noch anzuführen, dass bei den Nachforschungen auf dem Kirschschen Gehöfte auch mehrere Beile vorgefunden worden sind, sich jedoch ein keinem dieser Beile Blutspuren haben entdecken lassen. Da dergleichen Spuren auch weder im Kirschschen Wohnhause, noch in dem Stalle, in welchem der Leichnam gefunden wurde, mit Ausnahme der Grube, in der letzterer lage, noch endlich auf dem Wege von dem Hause nach jenem Stalle hin wahrgenommen worden sind, so gewinnt es in Berücksichtigung weiter unten zu erwähnender Umstände im Übrigen den Anschein, dass die alte Kobling in ihrer Stube nur betäubt, dann hinausgeschleppt und erst im Stalle vollends getötet worden sein möge. Der Physikus hat aber auch ferner erklärt, dass der Tod der Kobling, ohne das Blut geflossen, in Folge der Betäubung, wenn diese eine vollständige gewesen, eingetreten sein könne und dass das Stattfinden einer Blutung nach einem solchergestalt durch Betäubung bewirkten Ableben sich wohl als möglich denken lasse.

Wie indes auch immer die näheren Umstände des Ablebens der Kobling unaufgeklärt geblieben sein mögen, so kann doch nach allem vorstehend Angeführtem es jedenfalls nicht zweifelhaft sein, dass dieselbe ihr Leben durch von fremder Hand gegen sie verübte Gewalttätigkeiten eingebüßt habe.

Untersuchung wider den Dienstknecht Malcher – Einleitung

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert

Der hier wiedergegebene Untersuchungsbericht (Teil 1 und 2) über die Ermittlungen wider den Dienstknecht Malcher im Mordfall Anna Maria Kobling, ist im Original zu finden in dem Buch „Archiv für Preußisches Strafrecht“ – Herausgegeben durch Goltdammer, Königl. Ober-Tribunalsrath, Berlin 1859 – Verlag der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei (R. Decker).

Es wurde eingefügt die Übersicht der in dieser Abhandlung genannten Personen. Die Famliendaten der Familien wurden teilweise ergänzt um die Daten, die in verschiedenen Familienforschungsquellen genannt worden waren, sie sind nicht vollständig. verwendet wurden nur die Daten, der genannten Personen.

Das Buch wurde veröffentlicht unter http://books.google.de

Nachstehend eine Aufstellung der in den Ermittlungen genannten Personen:

Opfer: Anna Marie Kobling geb. Herfert 

Ausgedinger Wittwe zu Lewitz-Hauland

ca. 1783 geboren – 1855 – 72 Jahre

Ihr Ehemann war Johann Christoph Kobling

geb. ca. 1779 – verstorben 1848 zu Lewitz-Hauland

Angeklagter: Johann Malcher 

Knecht auf dem Gehöft Kirsch in Lewitz-Hauland, vorbestraft wegen Diebstahl

1855 – 23 J. – ca. 1832 geboren

Familie Kirsch: Eigentümer Wilhelm Kirsch ca. 1820 geboren, 

einsitzend im Gefängnis Fraustadt; 2 J. für Diebstahl

verheiratet in I. Ehe – 1845 -mit

Juliana Wilhelmina Kobling verw. Fuhrmann

geb. ca. 1817, gest. 1851 zu Lewitz Hauland

Tochter der ermordeten Anna Marie Kobling

Kinder aus dieser I. Ehe

Emilie Anna Paulina Kirsch – geb. 26. Okt 1845 – 1855 11 J

Ernestine Johanna Albertina Kirsch – geb. 04. Dez. 1846 – 1855 9 J –

 

verheiratet in II. Ehe – 1851-1853 – mit

Johanna Wilhelmine geb. Heckert geb. 26. Jul 1830 Neu Jastremske

Schwester des beschuldigten Carl Heckert

Kinder aus dieser II. Ehe

Johanna Augusta (Gustchen) – 1855 ca. 2 J – geb. 22 Sep. 1853

Familie Kobling: das Mordopfer Anna Marie Kobling geb Herfert, 

die bereits verstorbene Juliana Wilhelmina Kobling verh. Kirsch

Ernestine Kobling – geb. 17 Sep 1829 – 1855 –  25 J.

Gottlob Kobling – geb. 22 Sep 1808 – 1855 48 J. – , er ohne bürgerliche Ehrenrechte da wegen Diebstahl vorbestraft

 

Gottlob Kobling war auch der Vater von Johanna Paulina Emilia Kubling, geb. 15. Mai 1842 als Tochter der Johanna Dorothea Drescher, ihre Eltern schlossen 1844 die Ehe, nur verstarb ihre Mutter kurz darauf

 

Johanna Dorothea Drescher war eine geschiedene Johann Siegesmund Augustin, aus dieser ihrer 1. Ehe stammt z. B. Carolina Augustin geb. ca. 1824, welche wiederum 1844 die Ehe mit Wilhelm Kobling schloss, welcher wiederum ein Sohn des Johann Christoph Kobling und der Anna Maria geborene Herfert war

Gottlob Kobling war in II. Ehe – ca. 1847 – verheiratet mit Beate Neumann

aus dieser Ehe sind die Kinder

Wilhelmine Kobling – ca. 1847 geboren – 1855 7 ½

Caroline Kobling – ca. 1849 geboren  – 1855 5 ½

Wilhelm Kobling – geb. ca. 1852 – 1855 kurz vor 3 J

und ein weiteres Kind welches 1855 „noch an der Brust“ lag

In den Ermittlungen kommen dann noch vor: 

Ferdinand Augustin – Bursche – 1855 16 J – geb. 21 Feb. 1839, Sohn des Gottlieb Augustin und der Carolina Reich, aber auch der Neffe von Johann Siegesmund Augustin, der von Johanna Dorothea Drescher geschieden war 

Beil – Fleischer zu Meseritz

David Büttner – Eigentümer

Furchheim – Schulze

Gebhardt – Gendarm

Andreas Glutzka – Schneider – Transporteur zum Gefängnis

Günther – Kaufmann zu Meseritz

Carl Heckert, Bruder der Johanna Wilhelmine Heckert verh. Kirsch – geb. 20 Dez 1824

Heinrich Jangnick –Tischler – Alibizeuge des Carl Heckert

1. Jude – Bäcker – in der Birnbaumer Str. zu Zirke – Amerika Auswanderer

2. Jude – Bäcker – in der Birnbaumer Str. zu Zirke

George Klöbe – Eigentümer – Alibizeuge des Carl Heckert

Pauline Kobling – geb. 1842 – 1855 14 J – stand in Diensten bei  einer Familie Augustin , sie war

die oben schon erwähnte Tochter von Gottlieb Kubling und Johanna Dorothea Drescher

Dienegott Kurz – Eigentümersohn – Alibizeuge des Carl Heckert

Wilhelmine Johanna Philippine Längert, unverehel. – 1855  27 J – geb. 30 Mai 1828

sie besuchte die Witwe Kobling unmittelbar vor ihrer Ermordung

Ludwig – Kreischirugius, Obduzent

Anton Pickel – Bote – Transporteur zum Gefängnis

Müller – Gastwirt zu Politzig

Müller – Eigentümer zu Kaczlin

Carl Rau – Eigentümer

Rau – Müller zu Tirschtiegel

Pascal – Polizei-Distrikts-Kommissarius

Dr. Völkel – Kreisphysikus, Obduzent

Wolf – Apotheker

 

 

 

 

 

 

 

Berühmte Männer der Familie Mosse

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. A. Heppner, Rabbiner in Koschmin und J. Herzberg, Lehrer in Bromberg (1909))
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[1.446]

Dr. Marcus Mosse – Arzt zu Graetz das Bild ist dem Original Artikel aus dem Jahr 1909 entnommen

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch „Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüd. Gemeinden in den Posener Landen“ – geschrieben im Jahr 1909. Das Buch ist heute in der Großpolnischen Digitalen Bibliothek  (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra [175]) zu finden.

Es wurden einige kleine Einfügungen in Kursivschrift ergänzt.

Auf dem ehemaligen jüdischen Friedhofe zu Grätz ruhte auch Dr. med. Marcus Mosse, geboren  am 3. August 1808 in Märk.-Friedland und gestorben am 10. November 1865 in Grätz.

Dr. Marcus Mosse war ein berühmter und beliebter Arzt und genoss sowohl als Stadtverordneter als auch als Korporationsvorsteher das Vertrauen seiner nichtjüdischen und jüdischen Mitbürger. Marcus Mosses Grabstätte schmückte ein marmornes Reliefbild des Verblichenen. Es war damals darüber ein Streit entstanden, ob die Anbringung eines solchen Reliefbildes auf dem Friedhofe religionsgesetzlich zulässig sei. Man fand am Ende einen Ausweg, in dem man das Bild durch eine Metallplatte, welche abgeschraubt werden konnte, verdeckte. Marcus Mosses Erben, ganz besonders sein Sohn Rudolf, stifteten ein großes, städtisches, allen Anforderungen der modernen Hygiene entsprechendes Krankenhaus für 120.000 Mark. Auch erfolgten mehrere andere Schenkungen deren Zinsen den städtischen, insbesondere den jüdischen Armen zugutekamen. Von seinen Söhnen sind besonders der ord. Honorarprofessor an der Königsberger Universität, Geh. Justizrat und Oberlandesgerichtsrat Dr. Albert Mosse und der bekannte Verleger und Philanthrop Rudolf Mosse in Berlin zu nennen

* * *

[1.447]

Dr. Albert Mosse – Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Mosse

Geheimrat Dr. Isaac Albert Mosse, geboren am 1. Oktober 1846 zu Grätz, verstorben am 31. Mai 1925 in Berlin erhielt seine Vorbildung an den Gymnasien zu Lissa und Guben und studierte von 1865-68 an der Berliner Universität. 1870/71 nahm er als Kriegsfreiwilliger am Feldzuge teil, wurde 1873 Gerichtsassessor, kam 1876 als Kreisrichter nach Spandau, 1879 als Stadtrichter nach Berlin und wurde daselbst Amtsrichter, 1885 Landrichter und 1888 Landgerichtsrat. Im Frühjahr 1886 folgte er einem Rufe nach Tokyo als Berater im Kaiserlich japanischen Staatsministerium, woselbst er bei den Vorarbeiten zur heutigen Verfassung Japans mitwirkte und die Entwürfe zur gegenwärtigen japanischen Gemeinde-Kreis- u. Provinzialordnung ausarbeitete. Außerdem war er bei den Verhandlungen über die Revision der internationalen Verträge Japans beteiligt. Einem Teil der leitenden japanischen Staatsmänner hatte er bereits vorher in Berlin Vorträge über deutsches öffentliches Recht gehalten. Nach vierjähriger Tätigkeit kehrte er 1890 nach Deutschland zurück, wurde Oberlandesgerichtsrat in Königsberg, 1901 Geheimer Justizrat daselbst, 1903 Ehrendoktor der juristischen Fakultät der Albertus-Universität und war ab 1904 ord. Honorarprofessor in derselben Fakultät. Er schrieb u. a.:

Albert Mosses Lehrfach umfasste Handels- und Wechselrecht und Zivilprozess.

* * *

 

[1.448]

Rudolf Mosse – Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Mosse

Rudolf Mosse, geboren am 8. Mai 1848 zu Grätz, er verstarb im September 1920 durch einen Unfall in Berlin, lernte bei dem Buchdruckereibesitzer Merzbach in Posen und begründete 1867 in Berlin seine Annoncen-Expedition. Dieselbe nahm einen außerordentlich raschen Aufschwung und hat 14 selbstständige Zweigniederlassungen sowie Vertretungen in allen größeren Städten Deutschland, Österreichs u. der Schweiz. Der Umsatz dieses Geschäftszweiges allein erreichte in den letzten Jahren jährlich 11 ½ Millionen Mark. Die Handlungsunkosten der Annoncen-Expedition beziffern sich auf durchschnittlich 1.200.000 Mark im Jahre. – Auch als Schöpfer großer und tonangebender Blätter ist Rudolf Mosse bekannt. Hier sind zu nennen:

„Berliner Tageblatt“, „Deutsches Montagsblatt“ (1877-88), „Deutsches Reichsblatt“ (1881-94), und „Berliner Morgenzeitung“ (seit 1889).

Seit 1890 war Rudolf Mosse auch Herausgeber der„Allgemeinen Zeitung d. Judentums“.

Von seinen zahlreichen anderen Unternehmungen sind zu erwähnen:

„Bäder-Almanach“ (seit 1882), „Illustriertes Jahrbuch“ (seit 1895) und „Deutsches Reichsadressbuch“ (seit 1897).

Krankenhaus in Grätz als Stiftung des Rudolf Mosse - Bild aus der 1909 erschienenen Veröffentlichung [1.449]

Krankenhaus in Grätz als Stiftung des Rudolf Mosse – Bild aus der 1909 erschienenen Veröffentlichung

Die durch Rudolf Mosse 1872 begründete Buchdruckerei gehörte zu den größten und leistungsfähigsten ihrer Art. – 1892 wurde für die Angestellten der Annoncen-Expedition eine Unterstützungskasse mit 100.000 Mark Kapital errichtet und 1897 wurden zwei gleiche Kassen für das Redaktions- u. Buchdruckereipersonal mit je 100.000 Mark gestiftet. – Rudolf Mosse errichtete, wie bereits erwähnt, in seiner Vaterstadt Grätz, deren Ehrenbürger er geworden war, ein Krankenhaus, ferner eine Erziehungsanstalt zu Wilmersdorf b. Berlin (Grundkapital ca. 3 Mill. Mark) und spendete 75.000 Mark zu einem Kinderkrankenhause in Berlin. – Rudolf Mosse, früher ein Jahrzehnt Repräsentant der jüdischen Gemeinde in Berlin, wurde dann Vorsteher der Reform-Gemeinde.

(Brockhaus, Konversations-Lexikon u. Kohut, Berühmte israel. Männer u Frauen S. 389 ff.)

Weiteres ist zu finden unter:

Die Laubenhaeuser zu Rakwitz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Professor Dr. Ing. Alfred Grotte (1931))
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[1.452]

Abb. 34 Rakwitz, evangelisches Pfarrhaus, Ende XVII. Jahr., Markt 2 – Aufn. des Verfasser, 1914 u. 1919, gez. von Maksym u. Wypych (vergl. auch Tafel XXI)

„Das Bürgerhaus in den Posener Landen“ –  unter diesem Buchtitel veröffentlichte Professor Dr. Ing. Alfred Grotte, er wird auch als Pfleger der Kunstdenkmäler Schlesiens tituliert, seine Arbeiten. Dieser Artikel ist das Kapitel mit einer Auswahl seiner Bildern über die Laubenhäuser in Rakwitz.

Die Gesamtveröffentlichung ist zu finden in der digitalen Bibliothek DBC Dolnoslaska Biblioteka Cyfrowa (http://www.dbc.wroc.pl/dlibra)

Eingefügt sind zwei Aufnahmen aus dem Jahr 2010  – denn noch heute sind einige wenige dieser beschriebenen Laubenhäuser am Marktplatz in Rakwitz zu finden.

 

 

Rackwitz ist das typische Beispiel einer deutsch-evangelischen Stadtgründung des XVII. Jahrhunderts. Mit Urkunde vom 24. Februar 1662 gegründet, wird den Ansiedlern „ein freies, Religionsexartitium“ gesichert; gleichzeitig – und das gibt den Bürgerhäusern ihr besonderes Gepräge – die Aufnahme in die Stadt von dem Nachweis ihres handwerklichen Könnens abhängig gemacht (1652 erlässt der Starost von Bomst eine öffentliche Aufforderung an „alle und jede Handwerksleute deutscher Nation … sofern sie Lust haben, unter meinem kgl. Kommando zu bauen …“ (Schr.)). Ein großer Brand vom Jahre 1708 hat die größere Hälfte der Stadt zerstört, indessen hat sich die Westseite des viereckigen Marktplatzes bis zum Umsturz fast völlig unverändert erhalten. Der nun einsetzende Wiederaufbau wurde durch die Pest unterbrochen; nur fünf Familien blieben zurück; aber nach Erlöschen der Seuche siedeln sich nachweislich Schlesier und Sachsen an, die jenseits der polnischen Grenze ihres Glaubens willen scharfen Verfolgungen ausgesetzt gewesen waren.

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Tafel XVII Rakwitz, Laubengang – Aufn. des Verfassers

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Tafel XXI Rakwitz, Pfarrhaus mit massiver Laube – Aufn. Regierungsbaumeister Eberhard (vgl. Abb. 34)

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Rakwitz, das vermutliche alte Pfarrhaus – Aufn. 2010/09 GT

Der große Wert der Rakwitzer Häuser für die Entwicklung des deutschen Bürgerhauses liegt in der Anpassung des Bauernhauses an städtische Verhältnisse, noch mehr aber in ihren Grundrissen, die auf handwerkliche Belange zugeschnitten sind. Wir sehen hinter der Laube der durchweg etwa 8,70m breiten Häuser (Abb. 35,37,39) zumeist den Eingangsflur in der Mitte, der die Treppe zugänglich macht und sich sodann nach einem an der Giebelseite angelegten Hofausgang fortsetzt. Wie bei den Fraustädter Fachwerksbeispielen ist der Kamin (schwarze Küche) massiv gemauert. Nach der Straßenseite ist ein größerer Raum als Werkstatt angelegt, während jenseits des Ganges, straßen- und hofseitig, sich die Wohnräume anschließen. Ganz besonders beachtlich erscheint das Haus Nr. 91 (Abb. 41),das im Jahre 1754 von Bäckermeister Schönaich für 1.000 Taler erbaut wurde und bis heute unverändert als Bäckerei erhalten ist.

Tafel XVII Rakwitz, Laubenhaeuser am Markt 124-130 - Aufn. Regierungsbaumeister Eberhard (vgl. Abb. 43) [1.456]

Tafel XVII Rakwitz, Laubenhaeuser am Markt 124-130 – Aufn. Regierungsbaumeister Eberhard (vgl. Abb. 43)

Tafel XVI Rakwitz, Laubenhaeuser am Markt - Aufn. um 1900 [1.457]

Tafel XVI Rakwitz, Laubenhaeuser am Markt – Aufn. um 1900

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Rakwitz Laubenhaeuser – Aufn. 2010/09 GT

Eine Ausnahme von diesem Typ, der mit geringen Abwandlungen bei den Häusern Nr. 125-127 nachweislich ist, zeigen die Häuser Nr. 2 (Abb. 34) und 129 (Abb. 42), bei denen der Eingangsflur seitlich angelegt ist (Nr. 129 ist wohl erst Mitte des XVIII. Jahrhunderts nach einem der Brände errichtet; der Bau kostete einsschl. Stallungen 700 Thaler.).

Das Obergeschoß weist fast überall einen hofseitigen Wohnraum auf, mit Rücksicht darauf, dass man die Laubenstützen entlasten wollte; nur in Ausnahmefällen ist diese Stube straßenseitig angelegt worden.

Im Äußeren erkennen wir einen einheitlichen Bauwillen und eine vorbildliche gegenseitige Rücksichtnahme hinsichtlich des Anschlusses der Traufen. So ist ganz besonders beachtenswert, wie das Haus Nr. 126 (Abb. 43), um die verschiedenen Traufhöhen der Nachbarn auszugleichen, ein unsymmetrisches Dach aufweist; die Laube ist hier, wie aus dem Längsschnitt ersichtlich (Abb. 38), gleichsam nur vorgeblendet und unorganisch mit dem Hause verbunden. Dieser Traufenausgleich wir durch ungleiche Drempel bewirkt, die im Querschnitt ersichtlich sind. Die ungleiche Traufenhöhe wurde veranlasst durch das abweichende Gepräge des Hauses Nr. 125, in dem der Erdgeschoßfußboden z. T. höher angelegt wurde als bei den Nachbarhäusern (vgl. die auffallend hohen Säulen der Laube), um hier Licht für einen tonnengewölbten Keller zu schaffen. Die Holzstützen der Laube sind aus quadratischen Querschnitt bis 37 cm Breite entwickelt und nach oben verjüngt, z. T. säulenartig in die Kreisform übergehend (Abb. 44, 45,46); ihre Gestaltung deutet auf ausgezeichnete Zimmerkunst. Die Form des Giebels ist das Winkel- oder Mansardendach, letzteres auch durch

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Tafel XIX Rakwitz, Markt 127 – Aufn. des Verfassers (vergl. die Abb. 39 u. 46)

Tafel XX Rakwitz, Laubenhaeuser. Das rechte, eine Schmiede, wohl aus Gruenden der Feuersicherheit, massiv. - Photo A. Jacobi [1.460]

Tafel XX Rakwitz, Laubenhaeuser. Das rechte, eine Schmiede, wohl aus Gruenden der Feuersicherheit, massiv. – Photo A. Jacobi

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Tafel XIX Rakwitz, Markt 91 Haus des Baeckers Schoenaich 1754 – Aufn. Baurat Rambeau (vgl. Abb. 41)

Blenden in Barocke Linienführung übergeleitet (Abb. 44). Der Binder oberhalb der Laubenstützen ist (ebenfalls um deren Belastung zu verringern) zumeist fischgrätenartig verbrettert. Die lotrechte Verbrettung bei Nr. 127 und 91 ist vermutlich späteren Ursprungs. Die einzelnen Bretter sind 30-35 cm breit und reich profiliert. Die Knaggen sind handwerksmäßig mit dem Unterzug verblattet, bei Nr. 127 und 129 (Abb. 46 und 42) weisen sie eine Bogenlinie auf, die sich im Unterzuge fortsetzt und diesen auf Kosten seiner Tragfähigkeit beeinträchtigt.

Diese Nachbildung des Steinbaues zeigt sich auch in Volutenbildung einzelner Giebel, aber auch in der steilen Verdachung der Giebelfenster bei Nr. 125 (Abb. 43), die parallel zu der Verbretterung angeordnet ist. Im Gegensatz hierzu zeigen die Deckleisten der Verbretterung eine gefällig, dem Baustoff angepasste Form.

Zu bemerken wäre noch, dass sich die breite Laube bei Nr. 126 in ihrer Konstruktion nicht bewährt hat; in neuerer Zeit musste hier zur Entlastung des Giebels eine Mittelstütze (vgl. Tafel XVII) angebracht werden.

Das Haus Nr. 2 (Abb. 34 und Tafel XXI) stellt sich als einziges Haus am Markt mit massiver Laube und gemauertem Giebel dar. Indessen hat die Aufnahme ergeben, dass es sich um einen Neubau des XVIII. Jahrhunderts handelt, vielleichtnach dem Brande vom Jahre 1754 erstellt. Es war vermutlich das Pfarr- und Schulzenhaus, das bei etwas größerer Breite (8,80m) eine Tiefe von 19,57m aufweist, während die übrigen Häuser nur ca. 17,50m tief angelegt wurden. Beim Umbau sind nur die rückwärtige und rechte Giebelwand im Fachwerk belassen worden; der Grundriss weicht in seinem Schema kaum von dem der übrigen Markthäuser ab. Sehr beachtlich ist indessen, dass der Giebel völlig nach dem Muster der Holzhäuser erneuert wurde, was auf eine überaus gesunde Baugesinnung jener vergangenen Zeit hinweist.

Tafel XX Freiheit (Svoboda) in Böhmen. Vergleichsbeispiel für Rakwitz - Photo M. Thomas [1.462]

Tafel XX Freiheit (Svoboda) in Böhmen. Vergleichsbeispiel für Rakwitz – Photo M. Thomas

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Tafel XVIII Rakwitz, Laubenhaus in Umgebung neuzeitlicher Haeuser – Aufn. Stadtbaumeister Kunze, Meseritz

Im allgemeinen erweisen die Laubenhäuser deutliche ihre Verwandtschaft mit schlesischen Vorbildern; waren es doch größtenteils Schlesier, die hier eingewandert waren. Das Werk „Das Bauernhaus in Österreich-Ungarn“ zeigt ähnliche Holzhäuser aus der Gegend von Turnau, Eisenbrot und Freiheit. Besonders die Freiheiter Laubenhäuser, von denen eine Abbildung hier beigegeben ist, erinnern lebhaft an die Rakwitzer Beispiele (Tafel XX).

Endlich veranschaulicht ein vereinsamt innerhalb „moderner“ Umgebung noch stehengebliebenes Haus an anderer Stelle der Stadt (Tafel XVIII) den Wandel der Baugesinnung, eine Erscheinung, die auch in vielen anderen Städten diese Landesteils wahrnehmbar ist. Das alte Haus weicht in Grundriss und Aufbau kaum von den vorgeschriebenen Beispielen ab.

Zur Ergänzung der Einzelheiten ist hier noch das vierteilige Backstubenfenster des Hauses Markt 91 wiedergegeben (Abb. 49).

Die Ansichten des Marktplatzes sowie einzelner Häusergruppen, der Blick in den hölzernen Laubengang (Tafel XVII) alles dies erscheint als beredtes Beispiel für die Gewaltakte von Versailles. Kaum an zweiter Stelle in der ehemaligen preußischen Provinz tritt dies so sinnfällig zutage wie gerade in Rakwitz. Was haben deutsche Kultur und deutscher Handwerkerfleiß hier aus dem polnischen Dorfe Rakoniewice geschaffen ! – Ganz besonders reizvoll ist die Baugruppe an der protestantischen Fachwerkskirche, einem den Rankünen (=Rachsucht) des Starosten abgetrotzten Bau des XVIII. Jahrhunderts (Tafel XXI).

Erich Hecke – Mathematiker

geschrieben von Gudrun Tabbert
( Zusammenstellung GT)
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Erich Hecke - Mathematiker

Erich Hecke wurde am 20. September 1887 in Buk geboren, er verstarb am 13. Feb 1947 in Kopenhagen.

Er war der Sohn des in Neutomischel tätigen Baumeisters Heinrich Carl Leopold Hecke (geb. 20 März 1841 Glinau) und dessen Ehefrau Hermine Schubert (geb. ca. 1857), Tochter eines Rendanten; seine Großeltern waren der Johann Christian Hecke (ca. 1808-1882) Eigentümer und Zimmermann mit Wohnsitz in Glinau und seine Ehefrau Auguste Carolina Henrietta Kurzmann (geb. ca. 1819), Tochter eines Jägers aus dem Sawader Revier.

Erich Hecke war ein deutscher Mathematiker, er arbeitete vornehmlich im Bereich der algebraischen Zahlentheorie und die der Modulformen.

Er studierte Mathematik und Naturwissenschaften an der Universität in Breslau, später in Berlin und in Göttingen.

1910 promovierte, 1912 habilitierte er und 1915 erhielt er in Basel eine Professur. 1918 wechselte er wieder zurück nach Göttingen, wo er auch schon eine Zeit seines Studium ansässig gewesen war, und 1919 lehrte er erstmals in Hamburg. Von 1929 bis zu seinem Tod war er Mitherausgeber der Fachzeitschrift „Mathematische Annalen“.

Es heißt, dass er während des II. Weltkrieges wegen seiner offen zur Schau getragenen anti-nationalsozialistischen Haltung in ständiger Gefahr der Verhaftung schwebte. In der Nachkriegszeit lebte er aufgrund der schlechten Versorgungslage des völlig zerstörten Hamburgs auf Einladung von Freunden, die von seiner Krebserkrankung Kenntnis hatten, in Dänemark, dort verstarb er dann auch nach längerer Krankheit im Jahr 1947.

Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Hecke, dort findet sich auch die ungekürzte Lebensbeschreibung, die hier nur auszugsweise übernommen wurde,

http://www.deutsche-biographie.de/sfz 28500.html; für Genealogische Daten

Allgemeine landwirtschaftliche Ausstellung – Neutomischel 1912

geschrieben von Gudrun Tabbert
(K. Ed. Goldmann für die Ankündigung; L. für die Festnachlese)
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[1.465]

1912 landwirtschaftliche Ausstellung Neutomischel – Ansichtskarte aus der Sammlung Wojtek Szkudlarski

Diese Artikel zu der Veranstaltung der Allgemeinen landwirtschaftlichen Ausstellung in Neutomischel im Jahr 1912 fanden sich in der Beilage zu den Monatsblätter „Aus dem Posener Lande“ – „Dies und Das [1.466]“ ; die digitale Version findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .- die Ankündigung mit dem Aufruf zur Teilnahme wurde im August 1912 veröffentlicht, der Bericht zu dem gelungenen Fest dann im Oktober 1912.

August 1912 – Allgemeine landwirtschaftliche Ausstellung in Neutomischel die Veranstaltung eines Heimatfestes in der Hopfenstadt für Sonntag, den 18. August geplant. Die Glanznummer dieses Tages soll ein Festumzug bilden.

Wenn auch ein festgeschlossenes Programm heut noch nicht vorliegt, so lässt sich doch schon mitteilen, dass der Festzug in seinem ersten Teil die historische Entwicklung der hiesigen Gegend zur Darstellung bringen will. Dem zweiten Teil liegt der Gedanke zugrunde, die hiesige Landwirtschaft im Wechsel der Zeiten vorzuführen unter besonderer Berücksichtigung der heimatlichen Geschichte und Gebräuche. Selbstverständlich sind auch dem weltbekannten Neutomischeler Hopfenbau und -handel besondere Gruppen gewidmet.

Vorbereitungen sind schon im vollen Gange und ihr gegenwärtiger Stand lässt ein Fest erwarten, das seine Anziehungskraft auf weitere Kreise der Provinz und darüber hinaus nicht verfehlen dürfte. Wenngleich man aus allen Bevölkerungsschichten dem Feste das größte Interesse entgegenbringt, sind doch noch viele mitwirkende Kräfte erforderlich, um ein wirklich großzügiges Werk zu liefern. Erfreulich wäre es, wenn auch aus den Nachbarortschaften und Landgemeinden, in denen charakteristische Volkstrachten vorkommen, Anmeldungen einlaufen würden. Auch für die geschichtlichen Gruppen werden noch Teilnehmer gesucht. Den von auswärts Mitwirkenden kann auf vorherigen Antrage eventl. Freie Eisenbahnfahrt gewährt werden. Eine Prämiierung der besten und schönsten Gruppen ist vorgesehen. Die Mitwirkenden haben freien Eintritt in die Ausstellung. – Bei diesem ersten Versuche, dem Publikum möglichst die verschiedensten Volkstrachten der Provinz vorzuführen, muss um die freiwillige Mitwirkung weiterer Kreise gebeten werden.

Die Leitung des Festes liegt in den Händen des Herrn K. Ed. Goldmann, der jederzeit weitere Auskunft erteilt und Anmeldungen entgegennimmt.

"Von Holland's Strand - Zum Posener Land" Hollaendergruppe - Phot. Alb. Schieck, Posen / Das Bild wurde aus dem Original Artikel uebernommen [1.468]

„Von Holland’s Strand – Zum Posener Land“ Hollaendergruppe – Phot. Alb. Schieck, Posen / Das Bild wurde aus dem Original Artikel uebernommen

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Oberpraesident D. Dr. Schwartzkopff eroeffnet die Ausstellung fuer Landwirtschaft und Industrie in Neutomischel [1.469]

Oberpraesident D. Dr. Schwartzkopff eroeffnet die Ausstellung fuer Landwirtschaft und Industrie in Neutomischel – das Bild wurde aus der Originalveroeffentlichung uebernommen

Okt 1912 – Drei Ausstellungstage in Neutomischel 1912. Einen freundlichen Beweis für die kulturelle Entwicklung unserer Provinz erbrachte wiederum die vom 15. Bis 18. August d. Jahres veranstaltete Ausstellung für Landwirtschaft und Industrie, die auf Anregung des Vereins ehemaliger Schüler der landwirtschaftlichen Winterschule Neutomischel und seines Leiters, Direktor Foß, ins Leben gerufen wurde. Die Ausstellung war aus allen Teilen der Provinz beschickt und übertraf bei weitem die gehegten Erwartungen. In erster Reihe fiel der Aufschwung, den die Viehzucht in den letzten Jahren genommen hat, auf.

In der Rinderabteilung waren alle Spielarten der Zucht in prächtig gepflegten Tieren vertreten. Auch die Abteilung für Kleinvieh in der Schweine-, Schaf- und Ziegen, Kaninchen- und Geflügelzucht war gut vertreten. Die Pferdeausstellung zeigte glänzende Zuchtresultate an Luxus- und an Arbeitspferden. Bei den Feldprodukten nahm neben Getreide, Sämereien usw. der Hopfen, das Haupthandelsprodukt der Gegend, die erste Stelle ein. Den Beweis ersprießlichen Gedeihens des Gartenbaus brachten die geschmackvollen Blumendekorationen, das ausgestellte Prachtobst sowohl in frischer Frucht als auch in Konserven, Säften, Gemüsen, Topfpflanzen usw. Der Wettbewerb für Butter, Käse, Eier, Mehl Brot, Kuchen und dergl. zeitigte ebenso vorzügliche Resultate wie die ausgestellten Geräte der Hauswirtschaft. Heimatliche Altertümer und Funde fanden ebenso ihren berechtigten Platz wie Heimatkunde, Heimatliteratur und Kunst. Eine Abteilung für weibliche Handarbeiten zeugte für Hausfleiß und Haushaltung in unserer Provinz.

In der Maschinenausstellung waren alle Errungenschaften der neueren Technik ausgestellt. So fehlte nichts, um den Eindruck einer zielbewussten, wohldurchdachten Ausstellung hervorzurufen. Die zahlreichen Besucher, am letzten Ausstellungstage zirka 25.000, fanden ihre Erwartungen weit übertroffen.

Den letzten Ausstellungstag leitete ein historischer Festzug, der durch Mannigfaltigkeit und historische Treue fesselte, ein. Außer prächtig gelungenen Charaktergruppen fiel ganz besonders die den Hopfenbau und Handel von seinem ersten Entstehen bis zu seiner jetzigen Blüte darstellende Gruppe vorteilhaft auf.

Als Ehrengäste durfte die Stadt die Herren Oberpräsidenten D. Dr. Schwartzkopff, Regierungspräsidenten Krahmer, Oberpräsidialrate Thon u. a. m. begrüßen.

L.

Färse "Edelweiß" - I. Preis; Herdbuchkuh "Conkordia" 8316 - I. Preis; Herdbuchbulle "Hofer" 796 - Ehrenpreis u. I. Preis; Herdbuchkuh "Cousinchen" 8312 - I. Preis u. Bronzene Medaille der Landwirtschaftskammer - Aus der Zuchtherde des Besitzers Karl Linke, Kaisertreu (Kr. Bomst) - Die Postkarte stammt aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski [1.470]

Färse „Edelweiß“ – I. Preis; Herdbuchkuh „Conkordia“ 8316 – I. Preis; Herdbuchbulle „Hofer“ 796 – Ehrenpreis u. I. Preis; Herdbuchkuh „Cousinchen“ 8312 – I. Preis u. Bronzene Medaille der Landwirtschaftskammer – Aus der Zuchtherde des Besitzers Karl Line, Kaisertreu (Kr. Bomst) – Die Postkarte stammt aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Milostowo und Mechnatsch – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani)
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Milostowo – Kirche – Aufnahme 2008/08 PM

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen “ – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .

Am 1. Januar 1896 sind die beiden Kirchengemeinden Milostowo und Mechnatsch, welche unter einem gemeinschaftlichen Pfarramt mit dem Sitz in Milostowo vereinigt wurden, ins Leben getreten, nachdem die Gründung derselben schon seit Jahren angestrebt und schon im Juni 1891 zur geeigneten Vorbereitung des Projektes einem Pfarrvikar ein Generaldimissoriale für die Evangelischen der beteiligten

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Milostowo – ehem. evgl. Friedhof – Aufn. 2008/08 PM

Ortschaften erteilt worden war.

Laut Errichtungsurkunde vom 12./23. Dezember 1895 wird die Kirchengemeinde Milostowo aus den Evangelischen der Ortschaften Milostowo, Tarnufce, Zembówko,Linde, Algier und Tutschempe,mit 767, die Kirchengemeinde Mechnatsch aus denjenigen der Ortschaften Mechnatsch, Pruschim, Gr. und Kl. Münche und Grolewo mit 549 evangelischen Seelen gebildet.

Zuvor gehörten die Ortschaften Milostowo, Tarnufce, Zembówko, Linde und Algier der Parochie Neustadt bei Pinne, die übrigen Ortschaften der Parochie Birnbaum an. In die neu errichtete Pfarrstelle wurde Rudolf Hennig, bis dahin Pfarrverweser, berufen., Pfarr- und Kirchengebäude sind noch nicht vorhanden; die Gottesdienste werden in den evangelischen Schulen der beiden künftigen Kirchorte Milostowo und Mechnatsch abgehalten.

Großbrand – Der Palast von Wasowo / Wonsowo ist einem Feuer zum Opfer gefallen

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii,Wasowo / Wonsowo | Kommentare sind deaktiviert

 

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[1.475]MMR

2011-02-19 23:37:09, aktualizacja: 2011-02-20 19:46:03

Jak informuje Sławomir Brandt, rzecznik wielkopolskiej Straży Pożarnej, około 30 osób ewakuowano z zabytkowego pałacu w Wąsowie, w którym w sobotę wieczorem wybuchł potężny pożar. Do akcji gaszenia ognia przystąpiło prawie 30 jednostek straży pożarnej z kilku powiatów.

Dieser Artikel mit weiteren Einzelheiten findet sich unter:

http://www.gloswielkopolski.pl/aktualnosci/371106,wasowo-splonal-zabytkowy-palac-filmy,id,t.html [1.476]

Ein Großbrand in der Nacht des 19/20.02.2011 zerstörte den aus dem 19. Jahrhundert stammenden Palast in Wonsowo. 30 Personen, Gäste und Angestellte des Hotelbetriebes, wurden evakuiert, sodass es zu keinem Personenschaden kam. Der materielle Gesamtschaden an dem historischen Juwel ist noch nicht abschätzbar, wird aber in die Millionen gehen.

Die Kunstmühle zu Neutomischel – Der Originaltext aus dem Jahr 1877

geschrieben von Gudrun Tabbert
(A. R.....r.)
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Im Jahr 1912 erschien von K.E. Goldmann der Artikel „Die letzten Wind- und Wassermühlen um Neutomischel„, den wir im Jahr 2008 (siehe Archiv [1.477]) in drei Teilen veröffentlichten. Unter anderem zitiert K.E. Goldmann in seiner Arbeit dort aus „… einer alten Beschreibung aus der Probenummer der Neutomischeler Hopfenzeitung von 1877“. Diese „… alte Beschreibung …“ aus dem Mai 1877 ist nun nachstehend in voller Länge wiedergegeben.

Zum Autor ist leider nur eine Vermutung anzustellen A. ….r könnte der damalige Redakteur A. Richter der „Neutomischeler Hopfenzeitung“ gewesen sein – oder vielleicht auch ein ganz Anderer …

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Die Kunstmühle in Neutomischel vor dem Abbruch 1911 - Aufn. Paul Schulz / Veröffentl. in "Aus dem Posener Lande" 1912

Wenn man vom Bahnhofe Neutomischel nach der Stadt fährt, so sieht man auf der linken Seite nahe der Stadt ein Mühlwerk wunderlich erscheinend, wohl an 100 Fuß zum Himmel empor reichend. Dieses Mühlwerk ist die so genannte Kunstmühle. Die Mühle ist von dem jetzigen Besitzer, einem höchst intelligenten Manne, dem Mühlenmeister Herrn Gottlieb Pflaum im Jahre 1853 erbaut und im Jahre 1873 zum wirklichen Kunstwerke umgestaltet worden. Sie hat eine Front von 40‘ und eine Tiefe von 30‘.

Die Mühle besteht aus einem 8‘ hohen Kellergeschoß und hat außerdem 3 Stockwerke. Auf der linken Seite befindet sich eine ganz niedlich eingerichtete Wohnung, bestehend aus 4 geräumigen Zimmern, eine Küche und Rauchkammer – in welcher der gute Müllersmann die Schinken seiner selbst gezüchteten Vierfüßler räuchert -.

Man kann, wie der Schreiber dieser Zeilen sich selbst überzeugt hat, in den Räumen der Mühle sich recht wohl fühlen und es sollte keine Reisender versäumen, sich diese Kunst-Mühle anzusehen.

Auf der rechten Seite des Baues, ist das eigentliche Mühlwerk. – Im Kellergeschoß sind alle Vorrichtungen getroffen worden, eine Windstille durch Dampfkraft zu ersetzen. Es dürfte nur eine 12 Pferdekraft Gasmaschine (Gasmotor) aufgestellt werden, und man hinge vom Wind nicht mehr ab. Indes ist der alte Herr schon reich an Jahren und will wohl seinem tatkräftigen Sohne diese letzte Arbeit, welche das Kunstwerk ganz vollkommen machen würde, überlassen.

In dem sogen. Parterre (Erdgeschoss) befindet sich das Betriebswerk, wie auch der sog. Mehlboden, welcher bei allen sonstigen Windmühlen nie im Erdgeschoß, sondern meist im zweiten Stockwerk angelegt ist. Das Betriebswerk wird in Bewegung gesetzt durch eine stehende Welle, die von der Flügel- oder Rutenwelle ausgeht. An dieser stehenden Welle ist ein Stirnrad angebracht, welches in zwei Gänge direkt eingreift und noch zwei andere Gänge durch Riemen treibt. Es werden fern im Erdgeschoss die Mehlsichte-Maschinen, wie auch die Kühlschnecke und 4 Stampfen von dieser stehenden Welle in Bewegung gesetzt.

Das Erdgeschoss ist in gleicher Höhe mit den Wohnungs-Räumlichkeiten 10‘ hoch, so dass nur eine Gardine von der Glastür des einen Wohnzimmer bei Seite geschoben werden darf, um die Mühlräume übersehen zu können.

Die Konstruktion dieser Mühle ist eine so kunstgerechte, dass eine Winde zum Aufwinden des Getreides und zum Herabwinden des Mehles gar nicht erforderlich ist, es wird das Getreide vielmehr vermittelst einer Rampe direkt vom Wagen in die Mühle und das Mehl aus der Mühle direkt in den Wagen gefahren.

Auf einer 4 Fuß breiten bequem angelegten Treppe, gelangt man aus dem Erdgeschoss in das zweite Stockwerk. In demselben befinden sich 3 französische Mahlgänge und 1 Spitzgang, sowie ein Regulator der neuesten Konstruktion, welcher die Gänge wie es erforderlich ist, stellt. In diesem Stockwerke ist ferner ein Raum abgeschlossen, in dem eine Grützmühle angebracht; außerdem ist eine geräumige mit allen erdenklichen Handwerkzeugen versehene Werkstatt dort eingerichtet. Endlich ist in diesem zweiten Stockwerk ein Balkon angelegt, von welchem der Beschauer die prachtvollste Fernsicht genießt.

Das dritte Stockwerk dient zum Einspeichern der Getreide-Vorräte und werden auch von dort aus die Mahl-Gänge beschüttet. In demselben ist der Aufzug, der ebenfalls von der großen stehenden Welle in Bewegung gesetzt wird.

Jetzt kommen wir zum Dach der Mühle. Dasselbe ist ein Plattdach. In dem Dachbalken ist der Ständer, der die Hülle der Welle bildet, so befestigt, dass er die darauf befindliche Koppe leicht zu tragen vermag. In dieser Koppe geht eine gusseiserne Flügel-. oder Rutenwelle, welche am vorderen Ende mit einem 5 flügligen Stern (der sogenannte Rutenkranz) endet, an dem die Betriebsflügel sind. An dem hinteren Ende der Koppe sieht man eine 6 flüglige Windrose, sowie den Regulator, eine lange Stange mit einer Fahne versehen. Es wird durch diesen Regulator die Rute nach dem Winddruck reguliert und das Auf- und Abtüren der Windflügel vermieden. Dieser Regulator stellt bei der Veränderung der Richtung des Winde die Betriebsflügel in den Wind.

Dies ist die Kunstmühle Neutomischels, wert von Jedermann angesehen zu werden und man findet in ihr einen braven, biederen Müllersmann, der sich ein Vergnügen daraus macht, sein selbst erfundenes Kunstwerk den Reisenden zu erklären.

A. R…..r.

Der Blutegelhandel in Rakwitz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Privatdozent Dr. Manfred Laubert, Breslau)
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Medizinischer Blutegel – Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Medizinischer_Blutegel

Dieser Artikel wurde veröffentlicht in den Monatsblättern für Heimatkunde – „Aus dem Posener Lande“ – 6. Jahrgang, Heft 8, erschienen im August 1911

Herausgegeben von Stadtbibiothekar Professor Dr. Georg Minde-Pouet in Bromberg / Verlegt von Oskar Eulitz‘ Verlag in Lissa i. P.

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Je geringer Handel und Wandel der Provinz Posen in den ersten Jahrzehnten nach der preußischen Wiederbesitznahme entwickelt waren, um so größere Aufmerksamkeit schenkte man selbst unbedeutenden Ansätzen des wirtschaftlichen Lebens. Daraus erklärt es sich, dass in den monatlichen Immediatzeitungsberichten der Posener Regierung ziemlich häufig eines eigenartigen Erwerbszweiges im Kreise Bomst Erwähnung geschieht, des Blutegelhandels, der in Rakwitz seinen Mittelpunkt fand. Er kam 1824 in Aufnahme. Man war bei der nahrungslosen Zeit auf diese Hilfsquelle verfallen und betrieb mit den zuckergefütterten Tieren einen schwunghaften Absatz nach den westlichen Provinzen und Hamburg, von wo die Ware zum größten Teil nach England und Amerika weiter befördert wurde, namentlich als die Preise sehr erheblich stiegen, an Ort und Stelle gezüchtet. Im Oktober wird berichtet, dass mehr als dreißig verarmte, beschäftigungslose Leute auf solche Weise ihr Brot fanden, und dass in diesem einen Jahr mehr als eine Million Stück aufgekauft seien.

1825 dehnte sich das Geschäft bedeutend aus, sodass mehrere hundert Menschen im Dienst der Sache gestanden haben sollen. Das Tausend wurde beim Einkauf mit 2 R. bis 2 R 15 Sgr. bezahlt; nach einigen Jahren war der Preis auf 20 R. emporgeschnellt. Hamburger Händler hatten bereits in mehreren Orten Niederlagen errichtet, aus denen sie ihre heimischen Teiche fortan mit dem nötigen Vorrat versahen, und die Spekulation ging soweit, dass ganze Brüche zum ausschließlichen Fang der Tiere gepachtet wurden. 1827 wird nur vermerkt, es sei ein nicht unbeträchtlicher Geldverkehr herbeigeführt, 1828 wird als ungünstiges Jahr bezeichnet. Dann erfahren wir erst wieder 1837, dass man die Einfuhr auf annähernd 4 Millionen schätzte, wovon nur ein geringer Teil in den Rakwitzer Teichen verblieb. Beschäftigt waren 12 Händler mit 44 Gehilfen, 50 Fänger und Wäschern. Der Geldumsatz betrug 50 000 R., wovon ein bedeutender Prozentsatz als Reingewinn gebucht werden konnte. 1838 trat ein kleiner Rückgang ein bei 40-45 000 R. Umsatz und gegen 3 800 000 Stück Ausfuhr, die 1839 auf 1 300 000 sank, doch wurden 50 R. heraus rechnete, in den sich 3 Groß-, 10 Kleinhändler, 38 Gehilfen und 26 Fänger teilen mussten.

1841 waren 2 Groß- und 12 Kleinhändler mit 115 Gehilfen und Fängern tätig und erzielten 21 000 R. Reingewinn. Es wurden 2 100 000 Stück verschickt, 2 ½ Millionen eingeführt; 1 Million hatte am Orte überwintert. 1842 erhöhte man den Bestand durch Import auf ca. 3 550 000, wovon 3 200 000 zu 46 R. à Tausend weggingen und 16 R. Überschuss brachten, der in die Taschen von 3 Groß- und 4 Kleinhändlern floss. Das folgende Jahr verlief unter schlechten Konjunkturen. Nur 5 Händler setzten bei 2 Millionen Einfuhr etwa 1 200 000 Stück ab. Unsere letzte Nachricht, über 1846, besagt, dass von fast 3 Millionen der importierten Stück 1 800 000 die Weiterreise nach dem Elbhafen antraten und dort 48-50 R. à Tausend brachten.

Es handelt sich ganz vorwiegend um einen Zwischenhandel, dessen Ertrag der Provinz Posen zu gute kam, dessen Bedeutung später mit dem Wandel der medizinischen Praxis aber allerdings erlöschen musste.

Privatdozent Dr. Manfred Laubert, Breslau

Emilia Sczaniecki, 1804-1896

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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Emilia Sczaniecka - Quelle: pl.wikipedia.org/.../Emilia_Sczaniecka - Polen

Sylwester Sczaniecki der ab 1773 mit Anastazja Skorzewska verehelicht gewesen war, vererbte die Ländereien zu denen neben Brody, Pakoslaw, Michorzewo, Michorzewko, Sliwno, Suchocin und Nietrzanowo auch Chraplewo und Wasowo gehörten seinem einzigen Sohn Lukasz Jozef Sczaniecki.

Dieser heiratete im Jahr 1800 Weronika Zakrzewska. Aus dieser Ehe stammten die Kinder: Stanislaw, Konstantyn, Nimfa, Kordula und Emilia.

Der Vater Lukasz verstarb im Herbst des Jahres 1810. Ihre Mutter siedelte daraufhin mit den Kindern als Witwe nach Posen über. Dort bekamen die Mädchen intensiven Unterricht in Musik und Sprachen (polnisch, deutsch, französisch und italienisch), in der Malerei und auch in der Innenarchitektur unter der Leitung von J.S. Kaulfuss, später bei Herrn und Frau Trimaille und noch später unter Reide.

Im Augst 1818 verstarb jedoch auch die Mutter Weronika Zakrzewska.

Der Nachlass der Eltern wurde für die hinterlassenen Kinder durch die Großmutter Anastazja Sczaniecka geb. Skorzewski verwaltet. Sie übernahm auch die Vormundschaft für die Waisen.

Sie entschied, dass die Mädchen Nimfa, Kordula und Emilia auf Wasowo leben und auch dort ihre weitere Ausbildung bekommen sollten, während die Jungen Konstantyn und Stanislaw in Kassyusz ins Internat überwechselten und dort erzogen wurden. Nimfa akzeptierte die damalige Entscheidung; Kordula und vor allem auch Emilia setzen jedoch durch, dass sie eine weitergehende Ausbildung erhielten. Beide besuchten ab 1819 das Laforgue’s Internat in Dresden/Drezno in Sachsen. Diese Stadt galt als Universitätsstadt und wurde von vielen Angehörigen des polnischen Adels besucht. Hier wurde vermutlich der Grundstein des späteren Lebens von Emilia gelegt. Die Universität war der Ort an dem Emilia den ersten Kontakt mit der polnischen Untergrundbewegung für die Unabhängigkeit des polnischen Staates  bekam.

[1.481]

Karol Marcinkowski - Quelle: www.bazarpoznanski.pl/.../fot-str-19.jpg

Emilia wurde geboren am 20.05.1804 in Brody und verstarb am 11.05.1896 in Pakoslawiu; sie war liiert mit Karol Marcinkowski, einem polnischen Arzt und Reformer, der sich 1830/31 am polnischen Aufstand gegen die russische Herrschaft in Kongresspolen beteiligt hatte, blieb aber unverheiratet. Sie machte 1823 ihren Universitätsabschluss in Dresden. Nun übernahm sie aus dem Erbe ihres Vaters, die von ihr ererbten Güter Pakoslaw und Michorzewko und das Vorwerk Michorzewo. Sie übernahm die Leitung und Verwaltung als Frau, welches zu jener Zeit mehr als ungewöhnlich war, sie galt als Exzentrikerin in ihren Kreisen. Belächelte man sie zu Beginn noch, so zollte man ihr aber später, gerade nach 1831, dem Jahr des Polenaufstandes, den sie unterstützte,  den vollen Respekt in und zu ihrer Arbeit, man würdigte ihre Individualität und ihre Beharrlichkeit in ihrem Tun.

Emilia eignete sich intensives Wissen in der Krankenpflege und –behandlung und ein umfangreiches medizinisches Wissen an.

Emilia war aber auch die Initiatorin eines Ausschusses zur Unterstützung der polnischen Aufständischen. Sie motivierte u. a. ihre Schwester Nymphe, zu dieser Zeit verheiratete Lacko, Clementine Grabowska und Helena Turnov für diesen Ausschuss tätig zu werden. Durch den Verkauf eines Teils der ihr gehörenden Wälder und dem unermüdlichen Bitten um Spenden wurde unter ihrer Regie eine nicht unbeträchtliche Summe Geld zusammengebracht, die für die Unterstützung des Aufstandes sehr bedeutend war.

1828 erkrankte Emilia an Typhus.

Als 1830/1831 der polnische Aufstand gegen Russland begann, reiste Emilia nach Warschau.  Sie war dort Mitglied im Vaterländischen Frauenverein und arbeitete im Lazarett. Sie erledigte die Arbeit als Krankenschwester und assistierte den Chirurgen bei den notwendigen Operationen.

1831 erkrankte Emilia an Cholera. Nach Niederschlagung des Aufstandes wohnte Emilia bei Ihrer Schwester Nimfa in Chraplewo.

Für ihr Engagement gegenüber den Verwundeten gleich ob Feind oder Landsmann wurde sie 1833 durch die Monthyon und Franklin Gesellschaft mit der Goldmedaille für humanitäre Verdienste ausgezeichnet.

Aber Emilia wurde auch für die Teilnahme am polnischen November Aufstand verurteilt. Ein Teil ihrer Vermögenswerte wurde beschlagnahmt und sie wurde zu einer sechs monatigen Haft verurteilt.

Diese Verurteilung war allerding nur eine vorläufige. Emilia musste auf ein endgültiges Urteil warten.

Während dieser Zeit begann sie sich caritativ zu betätigen; sie unterstützte auch die Flüchtlingsbewegung.

Vermutlich durch ihre Beliebtheit bei ihren Landsleuten beeinflusst, wurde sie am 09 Februar 1833 durch die Behörden begnadigt.

Sie kehrte auf ihre Güter zurück. Dort stellte sie einen geordneten Gutsbetrieb wieder her; aber sie richtete auch eine Schule für Kinder aus den ländlichen Gegenden und ein Krankenhaus ein.

1838 brannte ihr Gutshof Pakoslaw durch Unachtsamkeit des Personals nieder; der Wiederaufbau wird durch ihren Bruder organisiert.

Emilia vertrat die Meinung, dass alle Menschen, gleich welcher Herkunft, gleich behandelt werden sollten. Sie arbeitete diesbezüglich in verschiedenen Verbänden und Gruppierungen von Wohltätigkeitsorganisationen.

1839 im Oktober organisierte sie die Ausreise des Erzbischofs Marcin Dunin von Berlin nach Posen. Er war bezüglich seines Widerstandes zu einem Amtsstreit über die Erziehung von Kindern in gemischten Ehen interniert worden.

Emilia erkrankte 1840; zwecks ihrer Heilung reiste sie noch 1840 nach Italien. Später ging sie nach Berlin. Hier organisierte sie wieder Treffen für die polnische Jugend; man diskutierte Themen der Literatur zur polnischen Geschichte.

Durch die Organisation familiärer Angelegenheiten im Jahr 1843 unterschätzte Emilia ihre Gesundheit, sie erkrankte wieder an den Beinen; während sie bei dem ersten Auftreten der Krankheit 6 Monate an das Bett gefesselt war, dauert es dieses Mal länger. Sie reist zur Herstellung ihrer Gesundheit nach Ostende in Belgien und absolvierte dort eine Intensivkur.

Später reiste sie in Angelegenheiten der polnischen Emigrantenkreises nach London; von dort wieder nach Paris zur Unterstützung der Organisationen der polnischen Unabhängigkeit.

Durch ihre Aktivitäten zur Wiederherstellung des polnischen Staates geriet sie allerdings auch wieder ins Visier der preußischen Behörden. Emilia wurde darauf sehr vorsichtig in ihrem Handeln, ihr war nichts nachzuweisen aber sie gab ihre Bemühungen für Polen nie auf. Bei der Verhaftung eines Anführers der polnischen Widerstandsbewegung, wird ihr Name als Angehörige dieser Bewegung genannt. Doch sie wird von den Bauern ihrer Güter und von ihren Angestellten gedeckt. Wieder konnte man ihr nichts Ungesetzliches nachweisen.

Doch es wurde schwieriger für sie, da sie unter absoluter Beobachtung der preußischen Behörden blieb; ihr wurde verboten ihren Wohnsitz zu verlassen. Selbst für eine Reise nach Genf, die sie unternehmen wollte, da dort eine Freundin im Sterben lag, wurde ihr die Reiseerlaubnis nicht erteilt.

Doch es gelang ihr weiterhin ihre Tätigkeiten für das Land Polen aufrecht zu erhalten.

Auf ihrem Anwesen nahm sie nun auch Waisen auf, denen sie eine Ausbildung verschaffte.

Am 20. März 1848 erhielt sie in Posen die Mitteilung des Ausbruchs der Polnischen Unabhängigkeitsrevolution in Berlin.

Wieder war sie an der Organisation der Ausbildung von Krankenschwestern und Pflegepersonal beteiligt.

Der Aufstand breitete sich aus. Doch er wurde niedergeschlagen. Emilia nahm auf ihrem Gut Pakoslaw behinderte Veteranen des Widerstandskampfes auf.

1870 verstarb ihre Schwester Kordula, 1873 ihr Bruder Konstantyn.

Es folgten einige ruhige Jahre.

Erst 1861 als sich in Warschau eine neue polnische patriotische Widerstandbewegung gründete, wurde auch Emilia wieder aktiv. Wieder organisierte sie die Ausbildung von Pflegepersonal, wieder aktivierte sie Gruppen von Freiwilligen Frauen, die sich um das Nähen von Krankenhauswäsche kümmerten, die illegal aber auch Waffen schmuggelten. Wieder half sie als der Aufstand ausbrach, trotz ihres Alters und ihres nicht guten Gesundheitszustandes war sie unermüdlich.

Emilia hatte zeitlebens das Theater mit seinen Theaterleuten geliebt.

Sie war religiös, ihr letzter Wunsch, sie in einem einfachen Eschenholz Sarg ohne Pracht und Reden, zwischen den Gräbern, wo das gemeine Volk begraben wurde, beizusetzen wurde ihr erfüllt.

Klagen der Gemeinde Rakwitz – 1775

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Theodor Wotschke (1915-1916))
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[1.482]

Rackwitz Marktplatz – Foto einer alten Aufnahme im Feuerwehr-Museum der Stadt – 2010

Veröffentlicht wurden diese Klagen der Gemeinde Rakwitz in der Schrift: Aus Posens kirchlicher Vergangenheit – Jahrbuch des Evangelischen Vereins für die Kirchengeschichte der Provinz Posen. – Fünfter Jahrgang 1915/16 – Lissa i. P. – In Kommission. Oskar Eulitz Verlag 1916 – Unter der Hauptüberschrift Glaubensbedrückungen im 18. Jahrhundert

Dieser Artikel enthält neben des Klagen des Pastor und dem Versuch des Widerstandes der zu hohen Abgaben der Gemeinde an die Herrschaft, zwei weitere geschichtlich sehr interessante Aspekte:

das Kirchenprivilegium der evangelischen Kirche Rakwitz, so wurde unter Eid ausgesagt, befand sich in den Händen der Katholischen Kirche zu Grätz

1775 wurde der Artikel geschrieben, 50 Jahre galt das Privileg als verloren – also seit ca. 1725, aber um 1760 wurde es gesehen – leider ist nicht überliefert, ob durch die Eingabe der Gemeinde Rakwitz das Privileg tatsächlich wieder aufgefunden und ausgehändigt wurde; es ist leider auch nicht bekannt, ob es unter Umständen sogar heute noch existiert

und 1775 ist ein Herr Kaspar Bruntzel im Amt des Aeltesten Ratsherrn; und er unterzeichnete die Eingabe der evgl. Gemeinde Rakwitz

Durch diese Dokumentenunterzeichung findet sich die Entzifferung der in Rakwitz im Feuerwehrmuseum ausgestellten Gedenkplatte bestätigt. (Siehe Artikel: Grab-/Gedenkplatten – ausgestellte Funde im Wielkopolskie Muzeum Pozarnictwa w Rakoniewicach) Er wurde anno 1716 geboren und verstarb 1779 im Alter von 63 Jahren, also 4 Jahre nach Verfassung und Einreichung dieser Klageschrift.

 

 

* * *

[1.483]

Rackwitz Gedenkplatte mit Baggerspuren der Eheleute Bruntzel u Hoffmann – Aufn. 09/2010 PM

„Wir instruieren unsere Deputierten vorzutragen in Absicht unseres seit etlichen Jahren verlorenen Kirchenprivilegii, das sich in den Händen der katholischen Geistlichkeit in Grätz befindet laut Aussage eines Bürgers und Tuchmachers in Obersitzko mit Namen Gottfried Witcke, der solches schriftlich und eidlich ausgesaget, benannte Priviligien gesehen zu haben.

Wir Bürgermeister und Ratmanne der hochgräflichen Stadt Polnisch Freystadt urkunden und bekennen hiermit, dass vor uns in gewöhnlicher Ratsversammlung erschienen H. Gottfried Hoffmann und H. Christian Heyer, beide wohlgesehene Bürger und oberste Vorsteher der evangelischen Hirche allhier, und haben uns in nomine des ganzen Kirchenrats und sämtlicher Gemeinde hiesiger Stadt zu vernehmen gegeben, dass vor etlichen 50 Jahren das Privilegium hiesiger evangelischen Kirche verloren gegangen, und unter der Zeit ist sämtlichen H. Kirchenvorstehern durch den H. Gottfried Witcke, gewesenen damaligen Bürgermeister in Obersitzko, beigebracht worden, dass hiesiges Kirchenprivilegium sich in Polnisch Grätz befinden soll. Obgemeldeter H. Gottfried Witcke saget aus, dass er vor ungefähr 12 oder 13 Jahren mit dem H. Joh. Lehmann, dasigem Herrn Notario, auf Befehl Sr. Exzellenz des Herrn von Mielzinski, Kastellans, von Posen, als Erbherren der Stadt Obersitzko und anderer Güter, wäre mit einem Briefe an die Frau von Bonkowska abgeschickt worden, um allda das verlorene Privilegium von der Obersitzkoer evangelischen Kirche einzulösen. Nach Überlesung des Briefes hätte Frau von Bonikowska einem dasigen Geistlichen Kommission gegeben, Schriften ihres seligen Herren zu revidieren, wo alsdann in einem Sacke Schriften aufs Schloß in Grätz gebracht und durchgesucht worden. So wäre ein Privilegium zum Vorscheine in gutem Bande gekommen, wo obgedachter Herr Gottfried Witcke in der Meinung gewesen, es wäre das Privilegium von der Obersitzkoer Kirche. Sobalde aber hätte dasiger dazu deputierten Geistlicher das Privilegium genommen, hereingesehen und gesagt, es ist nicht ihres, sondern der Rackwitzer Kirche Privilegium. Er, der Herr Gottfried Witcke, hat sich also offeriert, obgemeldete Aussage per iuramentum zu bezeugen, welches er auch abgelegt. Polnisch Freystadt, den 25. August 1775 Bürgermeister und Rat allhier.

Ferner wird vorgetragen die große Last unserer lieben Kirche, welche dem katholischen Propste jährlich je 160 Fl. Im Anfange, nachgehends aber bis 300 Fl. hat geben müssen, dieses aber auch nicht vor denselben sufficierend war, sondern seit 7 Jahren abermals den Kontrakt bis auf 400 hat erhöhen wollen und dabei unserer Herren Pastoren Kindtaufen und Begräbnisse ihrer Kinder vor sich behalten und nach seinem Gutdünken gefordert, ja alle Hausleute und Tagelöhner bei Strafe des Halseisens gezwungen, in der katholischen Kirche taufen und kopulieren zu lassen.

Drittens wird von uns evangelischen Magistrate und Gemeine unseren Deputierten aufgetragen, gebührend zu klagen, wie unsere liebe Kirche sei ca. 1755 des Vorrechts verlustig gegangen, dass nicht wie vor alten Zeiten auf dem Rathause keine Strafe auf die lutherische Kirche fallen soll, wodurch den Einkünften unserer lieben Kirche eine merkliche Kürzung zugefüget. Eine hochansehnliche Generalsynode bitten wir, dieses Vorrecht unserer armen Kirchen wiederzugeben, indem dieses Recht der Kirche auch so gar auf katholische Strafbare sich extendierte.

Viertens legen unsere Deputierte die Klage dar, wie die halbe Hufe Pfarracker, welche nie verzinset, sei dem Jahr 1762 dem 27. Juli aber die Gemeinde genötigt wurde, diesen Acker mit 45 Fl. zu verzinsen und von dem 1746sten Jahre bis 1762stn nachzuzahlen verpflichtet wurde. Es bittet demnach die evangelische Gemeinde in aller Untertänigkeit um die Abnehmung dieser Last. Polnisch Freystadt, den 2. September 1775 Kaspar Bruntzel, Aeltester Ratsherr. Gottfried Hoffmann. Johann Räscher.

Von dem Rakwitzer Pastor M. Kuczewski haben wir unter dem 2. September 175 eine „Spezifikation meiner merklichen persönlich ertragenen und erduldeten Verfolgungen und Unterdrückungen:

1.       Die unordentliche und wieder den allgemeinen Schluss der Gemeine vom Jahr 1753 eingeführte Einrichtung der Besetzung des Kirchenvorsteheramtes, da mir alle Vorrechte eines Pastoris loci benommen.

2.       Den auf mich wider den Schluss der Gemeine bei Ihrer Exzellenz, der Wojewodin von Brest in Kujawien, von zweien Deputierten ausgewirkten Kondemnat, da ich laut der letzten Resolution von Warschau von dem Delegierten der dissidentischen Union aus erteilten Resolution ein Kind aus dem Rakwitzer Dorfe habe taufen sollen, von Herrn Propst in Rakwitz das Kind von der freien Straße weggenommen, mir aber selbst diese Tat bei unserer gnädigen Herrschaft ist angeschrieben worden. Wovon der H. Hauptmann von Szarszinski, mein verehrungswürdiger Gönner, von diesem und andern seit zwei Jahren erlittenen Drangsalen Zeuge sein kann.

Mein untertänigstes Supplikat bestehet darin:

1)      In Absicht der ersten Punkte mir Gerechtigkeit zu geben,

2)      Die alte Kirchenordnung wiederzugeben und das Pastoratsrecht mir gnädigst zu bekräftigen und befestigen

3)      Das durch List und Unwahrzeit erhaltene Kondemnat über mich zu kassieren

4)      Gnädigst mir einen Befehl mitzugeben, dass das Kirchenvorsteheramt von 4 Personen und 2 Kirchenvätern mit dem Pastore loci als mit mir jetzigem Pastore hierselbst gemeinschaftlich an und bei der Kirche wirtschaften solle.“

Bäckerei Otto Jost – Erinnerungen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Siegfried Reinhardt (2010))
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1942 Blick vom Alten Markt in die Goldstrasse, in dem 3tem Haus rechts war die Bäckerei Jost - Postkartenabbildung [1.484]

1942 Blick vom Alten Markt in die Goldstrasse, in dem 3tem Haus rechts war die Bäckerei Jost – Postkartenabbildung

Siegfried Reinhardt, geboren in Crossen / Oder, hat noch erhaltene Bilder und Erinnerungen an seinen Großvater den Bäckermeister Otto Jost eingesandt. Er selbst war als Kind immer wieder bei seinen Großeltern in Neutomischel untergebracht, da seine Eltern als Binnenschiffer tätig waren und er zu jung war um sie auf ihren langen Reisen zu begleiten. Dieses änderte sich erst, als er eingeschult wurde; ab diesem Zeitpunkt besuchte er nur noch in den Ferien die Großeltern in Neutomischel. Die Verbundenheit der Großeltern und des Enkels war sehr tief, dieses führte auch dazu, dass, nachdem er im Jahr 1949 durch einen Unfall beide Eltern verlor, sein Großvater die Vormundschaft für ihn übernahm.

Herr Reinhardt ist aber noch auf andere Weise mit Neutomischel, wenn auch indirekt, verbunden. 1939/1940 siedelte Familie Müller aus Kupferhammer nach Neutomischel über. Von dieser Familie wurde das Geschäft der Familie Pilatschek in der Goldstrasse übernommen, als diese um ihr eigenes Geschäft zu erweitern Richtung Bahnhof umzogen. Familie Müller betrieb dann eben nur 2 Häuser von der Bäckerei Jost entfernt ihre kleine Korbmacherei und einen Spielwarenverkauf. Hannelore Müller, die Tochter dieser Familie wurde viel später, als man sich in Berlin wieder begegnete zur Frau Reinhardt, beide haben das Fest ihrer goldenen Hochzeit schon gefeiert.

* * *

Ergänzt wurden die Erinnerungen durch Herrn Bernard Kaźmierczak, Sohn des Bonbonfabrikbesitzers und damaligen Gehilfen in der Bäckerei Jost und durch die Familie Starosta, welche nach dem Krieg die Bäckerei Jost nochmals für kurze Zeit wieder in Betrieb genommen hatte ehe es zur endgültigen Schliessung kam.

Vielen Dank an dieser Stelle für gewährte Unterstützung

* * *

[1.485]

links: Geselle Florek Fleischer aus Bentschen, rechts: Geselle Jozef Ring ; in der Mittel Siegfried Reinhardt Enkel des Bäckermeisters Otto Jost – Foto Hr. Reinhardt

Der Bäckermeister Otto Jost (geb. 1882 in Glinau) hatte sein Geschäft in der Goldstraße in Neutomischel. Bis 1945 wurden die Gesellen Florek [Fleischer aus Betschen] und Jozef [Ring] beschäftigt. Er selbst konnte den Bäckereiberuf nur noch bedingt selbst ausführen, da er aufgrund einer Kriegsverletzung seine rechte Hand nicht mehr uneingeschränkt einsetzen konnte. Zum Geschäft gehörte auch ein kleiner Ausschank mit Kaffee und Kuchen. Wenn die Leute aus den umliegenden Dörfern in die Stadt kamen, dann trafen sie sich bei Bäcker Jost, einmal um den Kaffee und Kuchen zu genießen, aber auch um „Neuigkeiten“ auszutauschen.

Die Räumlichkeiten der Bäckerei in der Goldstrasse waren gemietet. Zu ihnen gehörten auch zwei Zimmer, eines wurde von Ilse Jost bewohnt, das andere wurde als Aufenthaltsraum genutzt.

Otto Jost soll in seinem Laden mehr als einmal seine Ablehnung der Nationalsozialistischen Regierung laut geäußert haben, seine Frau Anna befürchtete immer, dass es aufgrund dieser Ablehnung zu Repressalien kommen würde. Anna Jost, eine geborene Gerbing (geb. 1885) war gebürtig aus Tamsel bei Küstrin an der Warthe. Beide hatten sich kennengelernt, als Otto Jost als Bäckergeselle auf Wanderschaft durch Tamsel kam, als junges Ehepaar entschlossen sie sich dann aber in Neutomischel niederzulassen.

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von links : Ida, sie war als Haushälterin bei Familie Jost beschäftigt, Klara Jost verh. Reinhardt (Tochter), die Eheleute Anna und Otto Jost (Bäckermeister), Ilse Jost (Tochter), davor Ingrid und Siegfried Reinhardt (Kinder von Klara geb. Jost) Foto: Hr. Reinhardt

Jeden Tag verließ Bäckermeister Otto Jost gegen 13:00h das Bäckergeschäft. Der Laden wurde dann von Tochter Ilse und Ehefrau Anna für den Rest des Tages weitergeführt. Er ging dann nach hause, gönnte sich 1 Stunde Ruhe, zog sich um und nahm sich im Anschluss der kleinen Landwirtschaft an.

Die Familie Otto Jost wohnte an der damaligen Stadtgrenze zwischen Neutomischel und Glinau. Dort betrieb sie die eben schon erwähnte kleine Landwirtschaft. Zu dieser gehörten ein Wohnhaus, Stallungen und eine Scheune. Das pflügen der Äcker wurde immer von Herrn Henkel erledigt, ihm gehörte 1 Pferd. Als kleiner Junge durfte Siegfried Reinhardt ab und an auf dem Rücken des Pferdes sitzen. Ihm ist noch in Erinnerung, dass einmal in der Woche Badetag war. Da aber früher noch keine Badezimmer mit Wanne in den Häusern vorhanden waren, wurde um ein Vollbad zu nehmen, ein Ausflug am Pferdemarkt beim Rathaus vorbei bis zur Gasanstalt, wo auch das Wasserwerk war, unternommen. Dort konnte man für wenig Geld die „Badeanstalt“ nutzen. Es gibt auch noch die Erinnerung daran, dass bei der evangelischen Kirche der Turm ja nicht mehr stand, aber an seinem ehemaligen Platz ein Holzgerüst errichtet worden war in dem die Glocken hingen und am Sonntag zum Gottesdienst geläutet wurden.

Ilse Jost, eine der Töchter war sehr schwerhörig, eigentlich fast taub. Otto Jost entschied aus Rücksicht auch ihr gegenüber, dass die Familie zum Kriegsende als Flüchtlinge Neutomischel verließen. Er tat es schweren Herzen, zumal er seitens der polnischen Freunde immer wieder gebeten worden war zu bleiben. Zuerst ging die Reise bis Crossen, dieses wurde dann jedoch am 06.01.1945 auch verlassen; wieder mit dem Ziel: „…weiter nach Westen“ .

[1.487]

1990 das ehemalige Anwesen Jost, links Ilse Jost – Foto: Hr. Reinhardt

1933 - Anwesen Otto Jost, Neustädter Straße - Foto: Hr. Reinhardt [1.488]

1933 – Anwesen Otto Jost, Neustädter Straße – Foto: Hr. Reinhardt

* * *

Noch heute kann man ab und an Erzählungen über den „deutschen Bäcker aus der Goldstraße“ in Nowy Tomysl hören.

Herr Bernard Kaźmierczak, Sohn des Bonbonfabrikbesitzers, hat den „deutschen Bäcker“ Herrn Otto Jost, in guter Erinnerung behalten und in seinen Erinnerungen an die Kriegsjahre hat Herr Jost seinen festen Platz eingenommen.

Herr Bernard Kaźmierczak, seinerzeit noch ein minderjähriger Junge, arbeitete in der Bäckerei als Hilfskraft. Er hatte die Aufgabe der Brotbeförderung. Er erinnert sich auch noch daran, dass er, obwohl er durch seine Arbeit in der Bäckerei auch „Kost“ erhielt, und dadurch immer satt war, am Sonnabend zusätzlich einige Brötchen für die Familie mitgegeben bekam.

Herr Jost war in der Bäckerei der Meister, aber zusätzlich wurden zwei Gesellen beschäftigt; Florek Fleischer aus Bentschen und Jozef Ring, beide polnischer Nationalität.

Der „kleine“ Bernard musste auch jeden Tag das Brot zum Krankenhaus liefern; dazu wurde ein kleiner Handwagen mit 4 Rädern genutzt. Eine andere Auslieferung ging an den RAD (ReichsArbeitsDienst) in den Glinauer Bergen, dieses jedoch nicht täglich, da die Bestellung auch öfter direkt in der Bäckerei abgeholt wurde.

Während der Hitlerdiktatur wurde die polnische Bevölkerung zwangsenteignet; ihre Wohnungen, Häuser, Anwesen und Betriebe wurden Deutschen zugeteilt. Das Gebäude in dem sich die Bäckerei Jost befunden hatte, wurde als „polnisches Haus“ bestimmt. Nur in einem solchen, war es Einwohnern mit polnischer Nationalität noch erlaubt gewesen sich aufzuhalten. Enteignete Familien aus der Stadt wurden seinerzeit dort zwangsweise einquartiert; unter ihnen war auch die Familie Kaźmierczak.

Im Januar 1945 hatte sich Herr Otto Jost entschlossen die Stadt zu verlassen. Versuche seiner polnischen Bekannten  ihn zum Bleiben zu überreden scheiterten. Trotz der Beteuerungen ihn vor Repressalien der einrückenden Roten Armee zu schützen, da er immer ein Freund der polnischen Bevölkerungen gewesen war, blieb sein Entschluss unumstößlich und er begab sich 1 Tag vor dem Einmarsch der Truppen auf die Flucht nach Westen.

In Neutomischel wurde dann zum Kriegsende durch die polnische Bevölkerung wieder versucht ein „normales“ Leben aufzunehmen.

[1.489]

Die Bäckerei Starosta 1925 – Foto: Familienarchiv Starosta

Neben dem Bäckereibetrieb des Herrn Jost hatte es auch noch die Bäckerei Jakub Starosta in der Goldstrasse gegeben. Herr Starosta hatte sogar noch vor Kriegsbeginn gegenüber dem Betrieb Jost eine Konditorei eröffnet.

Er bemühte sich seinerzeit mit Erfolg um die Genehmigung die Bäckerei im Hof des Hauses in der Ul. Mickiewicza 17, eben die ehemalige Bäckerei Jost, wieder in Betrieb zu nehmen. Herr Starosta führte dieses Geschäft aber auch nur bis zum Ende der 50ziger Jahre, danach wurden durch die kommunistische Regierung gegen private Unternehmen Sanktionen verhängt, die auch das endgültige Ende der Bäckerei in der ul. Mickiewicza bedeuteten – aber das ist ganz andere Erzählung

1916 der Kirchturm der evgl. Kirche zu Neutomischel ist abgebrannt

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Bericht des Karl Eduard Goldmann)
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[948]

Die Kirche mit dem abgebrannten Turm - Karte aus der Sammlung von Wojtek Szkudlarski

In der Zeitschrift „Dies und Das aus dem Ostlande“ einer Beilage zu der Monatszeitschrift „Aus dem Ostlande“ – 12. Jahrgang – hier die Ausgabe März 1917 findet sich folgender Bericht:

Aus Neutomischel (Posen) wird uns von Herrn Karl Eduard Goldmann berichtet:

Der Turm der evangelischen Kirche in Neutomischel, deren Bau 1779/80 erfolgte und 1786/88 die Veranlassung zur Gründung der Stadt gab, brannte am 20 Dezember 1916 abends, nach 9 Uhr ab.

Bereits neun Jahre nach der Einweihung der Kirche war der Kirchturm schon einmal, aber infolge Blitzschlages, eingeäschert worden. Aus dem dreistöckigen massiven Turmunterbau stürzten bei dem jetzigen Brande die drei Glocken ab, von denen die beiden älteren gerade 100 Jahre ihren Dienst verrichtet hatten. Die Kirche selbst ist bis auf einige durch Löscharbeiten entstandene Schäden erhalten geblieben. Die Ursache des Brandes ist darauf zurückzuführen, dass junge Burschen unvorsichtig mit Licht umgegangen sind. Durch die letzthin ausgeführten Anbauten hat sich das Aussehen der Kirche, die zu den ansehnlicheren der Provinz gehört, nicht gerade verschönert. Hoffentlich wird der neue Turm als Wahrzeichen der Stadt bald wieder erstehen.

1912 Versuchsbohrung zum Wasserwerk

geschrieben von Gudrun Tabbert
( Zeitungsmeldung 1912)
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[1.082]

Wasserturm zu Neutomischel

In der Beilage der Monatsblätter „Aus dem Posener Lande“ – „Dies und Das aus dem Posener Lande“ – findet sich in der Ausgabe vom November 1912 eine kleine Randnotiz  zu den Arbeiten am Wasserwerk in Neutomischel:

„Die zweite Versuchsbohrung zum Wasserwerk in Neutomischel hat ein ebensolch außerordentlich günstiges Resultat

gezeitigt wie die erste. Ein drittes Bohrloch wird nun noch hergestellt und nachdem dann ein Versuchsbrunnen herge-

richtet worden ist, finden die Dauerpumpversuche statt. Hoffentlich sind auch diese Vorarbeiten von gutem Erfolge

gekrönt.“

Diese Versuchsbohrung muss erfolgreich gewesen sein, denn 1914 wird das Wasserwerk als neueste Errungenschaft der Stadt bezeichnet (vgl. Artikel N.-Neutomischel / Eine Luftreise im Jahr 1914).

Das Bild wurde freundlicher Weise mit der Genehmigung zur Veröffentlichung von Halina Patalas zur Verfügung gestellt. Vielen Dank ! – auf dem Dach des Wasserturms ist ihr Schwiegervater Stefan Patalas zu erkennen.

Ortsnamen und Distriktseinteilung im Kreise Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung aus verschiedenen Quellen)
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Ortsnamen und Distriktseinteilung im Kreise Neutomischel – die Ortsnamen wurden über viele Jahre, zuweilen heute noch in ihrer polnischen oder ihrer deutschen Version genutzt

– die Tabelle soll eine kleine Hilfestellung geben

Polnischer Name Ende 1939 oder = deutscher Name bis 1919 Ab 1943 Stadt/Distrikt
Buk Buk Buchenstadt Stadt
Grodzisk Grätz Stadt
Lwowek Neustadt / Pinne Kirschneustadt Stadt
Nowy Tomysl Neutomischel Stadt
Opalenica Opalenitza Oppenbach Stadt
Zbaszyn Bentschen Stadt
Chrosnica Kroschnitz Distr. Bentschen
Jastrzebsko Nowe Friedenau Distr. Bentschen
Lomnica Lomnitz Distr. Bentschen
Nadnia Nandel Distr. Bentschen
Nowy Dwor Weidenvorwerk Distr. Bentschen
Perzyny Seedorf (Pierschin) Pierschen Distr. Bentschen
Przyprostynia Brandorf Distr. Bentschen
Nowawies Zbaska Neudorf Brückenneudorf Distr. Bentschen
Stefanowice Stefans Hauland oderStefanowo Hauland Distr. Bentschen
Stefanowo Stefansdorf oderStefanowo Stefansflur Distr. Bentschen
Strzyzewo Strese Distr. Bentschen
Zakrezewo Bendorf oderZakrezewko Distr. Bentschen
Przychodzko Deutschhöhe Distr. Bentschen
Czeskie Nowe Deutsch Böhmisch Distr. Bentschen
Czeskie Stare Friedenhain Distr. Bentschen
Ciesle Wiesenwinkel oder Ciesle Distr. Buk
Dakowy Suche Greifenort oderDakowy Suche Distr. Buk
Dobiezyn Doberfeld Distr. Buk
Dobra Gutendorf oder Dobra Distr. Buk
Kalwy Talfelde oder Kalwi Distr. Buk
Niegolewo Lindental oderNiegolewo Distr. Buk
Niepruszewo Seehofen oderNiepruschewo Distr. Buk
Otusz Wolfenweiler oderOtusch Ottenhaus Distr. Buk
Szewce Teichdorf oder Szewce Distr. Buk
Turkowo Falenfeld oder Turkowo Distr. Buk
Wielkawies Großdorf Distr. Buk
Wysoczka Grundlos oder Wysoczka Distr. Buk
Nowy Dobiezyn Neu Doberfeld Distr. Buk
Sznyfin Rasenau Distr. Buk
Wiktorowo Bismarcksfelde oder Wiktorowo Distr. Buk
Zgoda Frieden Distr. Buk
Palowko Paulsdorf Distr. Buk
Zegowon Freudenau Distr. Buk
Albertowsko Albertsdorf oder Albertoske Distr. Grätz
Biala Wies Weisshauland Distr. Grätz
Borzyslam / Folwark Hellau / Vorwerk Distr. Grätz
Chrustowo Korngut oder Chrustowo Distr. Grätz
Czarna Wies Schwarzhauland Distr. Grätz
Gnin Gotthardswalde oder Gnin Distr. Grätz
Grablewo Bahneck oder Gromblewo Grommau Distr. Grätz
Kakolewo Roßfelde oder Konkolewo Kunklau Distr. Grätz
Kobylniki Koppeln oder Kobylnik Distr. Grätz
Kurowo Hennersdorf oder Kurowo Distr. Grätz
Ptaszkowo Gildenau oder Ptaszkowo Gildau Distr. Grätz
Rojewo Waldhorst oder Rojewo Distr. Grätz
Sworzyce Waldesruh oder Sworzyce Distr. Grätz
Slocin Vorwalden oder Slocin Distr. Grätz
Snowidowo Schneefeld oder Snowidowo Distr. Grätz
Slociniec Vorwaldenhauland oderSlocin(er) Hauland Rudolphshauland Distr. Grätz
Zdroj Grätz Abbau Distr. Grätz
Mlyniewo / Folwark Südhof / Vorwerk Distr. Grätz
Strzelce Klein Schütze Distr. Grätz
Piaski Haidershof Distr. Grätz
Slociniec Vorwalden Distr. Grätz
Blaki Weißfelde oder Blake Distr. Kupferhammer
Jablonka Stara Grüntal oderAlt Jablonke Jablonke Distr. Kupferhammer
Lewiczynek Freidorf oderLewitz Hauland Distr. Kupferhammer
Lubien Deutschheide oderLubenhauland Distr. Kupferhammer
Leczno Weidenfeld oderLentschen Distr. Kupferhammer
Miedzichowo Kupferhammer Distr. Kupferhammer
Piotry Petershag Distr. Kupferhammer
Pradowka Ziegelscheune Distr. Kupferhammer
Sepolno Wiesental oderSempolno Distr. Kupferhammer
Silna Nowa Starkendorf oderNeu Schilln Distr. Kupferhammer
Stary Folwark Altvorwerk Distr. Kupferhammer
Wegielnia Waldtal oderWengellen Distr. Kupferhammer
Zachodzko Hüttenhauland Distr. Kupferhammer
Zawada Waldheim oderSawade Distr. Kupferhammer
Toczen Waldhofen oderAmtskassner Distr. Kupferhammer
Pachy Seefeld oderPunken Distr. Kupferhammer
Bolewicko Walddorf oderNeu Bolewitz Distr. Kupferhammer
Szklarka Trzcielska Glashütte Tiegelhütte Distr. Kupferhammer
Trzciel Odbudowanie Tirschtiegel Abbau Distr. Kupferhammer
Chraplewo Annaberg oderChraplewo Distr. Kuschlin
Dabrowa Jägersheim oderAlt Dabrowo Distr. Kuschlin
Dabrowa Nowa Neu Jägersheim oderNeu Dombrowo Distr. Kuschlin
Glupon Ruhenwerda oderGlupon Distr. Kuschlin
Kuslin Kuschlin
Michorzewo Groß Michelsdorf oderMichenau Distr. Kuschlin
Michorzewko Klein Michelsdorf Distr. Kuschlin
Sliwno Freienstein oderSliwno Distr. Kuschlin
Trzcianka Neu Rochlitz Trankdorf Distr. Kuschlin
Wasowo Hardt oderWonsowo Distr. Kuschlin
Wladyslawowo Neufeld Distr. Kuschlin
Tomaszewo Tomashof oderTomaszewo Distr. Kuschlin
Wasowko  (Folwark) Hardt Vorwerk Distr. Kuschlin
Brody Pflug Pflugfelde Distr. Neustadt Pinne
Brodki Marienwalde oderBrodki Distr. Neustadt Pinne
Chudobczyce Steinhorst Distr. Neustadt Pinne
Chmielinko Steinberg Treuensteinberg Distr. Neustadt Pinne
Grudna Hirschfelde oderGrudno Distr. Neustadt Pinne
Gronsko Kreuzberg Distr. Neustadt Pinne
Konin Waldeck Distr. Neustadt Pinne
Komorowo Neustadt Vorwerk Distr. Neustadt Pinne
Linie Linde Distr. Neustadt Pinne
Lipka Wielka Groß Lipke Distr. Neustadt Pinne
Pakoslaw Ziegelhöhe Distr. Neustadt Pinne
Posadowo Hermannstal Distr. Neustadt Pinne
Zebowo Sorge oderZembowo Sembau Distr. Neustadt Pinne
Zgierzynka Seeberg Distr. Neustadt Pinne
Grudzianka Schleife Distr. Neustadt Pinne
Komorowice Komorowo (Hauland) Komorowo Hauland Distr. Neustadt Pinne
Krzywylas Krummwalde Distr. Neustadt Pinne
Mokre Ogrody Nasse-gärte zu Neustadtvorwerk Distr. Neustadt Pinne
Josefowo Josefshof zu Kirschneustadt Distr. Neustadt Pinne
Wymyslanka Bollbrücke oderWymyslanke Distr. Neustadt Pinne
Dakowy Mokre Nassenau Distr. Opalenitza
Jastrzebniki Eggendorf Distr. Opalenitza
Kopanki Sandorf oderKopanke Distr. Opalenitza
Kozlowo Erlendorf Distr. Opalenitza
Lagwy Krummdorf Distr. Opalenitza
Leczyce Lenkerhauland Distr. Opalenitza
Porazyn einschl. Dabowa Pila Eichenhorst Distr. Opalenitza
Rudniki Ruhenheim oderRudnik Distr. Opalenitza
Sielinko Schöneichen Sellingen Distr. Opalenitza
Troszczyn Wiesenhauland Distr. Opalenitza
Terespotockie Teresfelde Distr. Opalenitza
Urbanowo Laubdorf Distr. Opalenitza
Usciecice Falldorf Distr. Opalenitza
Wojnowice Kriegerau Distr. Opalenitza
Drapak Liebwalde Distr. Opalenitza
Bielawy Liebensee Distr. Schenkendorf
Druzyn Kappeln Distr. Schenkendorf
Granowo Schenkendorf Granau Distr. Schenkendorf
Januszewice Kunkeln Distr. Schenkendorf
Kotowo Hellau Distr. Schenkendorf
Niemierzyce Berndorf Distr. Schenkendorf
Separowo Einsiedel Distr. Schenkendorf
Strzepin Vogelsberg oderStrzempin Distr. Schenkendorf
Wozniki Erlenbruch oderWoznik Distr. Schenkendorf
Zemsko Neusiedel oderZemskow Distr. Schenkendorf
Bolewice Buchwerder oderBolewitz Bollwitz Distr. Neutomischel
Bukowiec Buchenhain Buckwitz Distr. Neutomischel
Chichagora Ziegenkrug oderSchichagora Distr. Neutomischel
Glinno Glinau Distr. Neutomischel
Grubsko Buschdorf Distr. Neutomischel
Jastrzebsko Stare Friedenhorst Distr. Neutomischel
Kozielaski –Stary Tomysl Königsfelde oderAlttomischel Distr. Neutomischel
Paproc Hopfengrund oderPaprotsch Distr. Neutomischel
Przylek Scherlanke Distr. Neutomischel
Roza Rose Distr. Neutomischel
Satopy Sontop Distr. Neutomischel
Witomysl Bruchdorf oderWitomischel Distr. Neutomischel
Chojniki Tannenwalde oderKunik Distr. Neutomischel
Roza Nowa Neu Rose (Neurose) Distr. Neutomischel
Lipka Mala Lindenwerder zu Bruchdorf Distr. Neutomischel
Sekowo Friedenwalde Distr. Neutomischel

Johann Gottlieb Otto – J.G.O. – Tepper – Ein Leben als Naturalist

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zusammenstellung GT)
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[1.490]

Johann Gottlieb Otto Tepper (1841 - 1923), by unknown photographer, 1898, courtesy of State Library of South Australia. SLSA: B 14104/10a. .

Johann Gottlieb Otto Tepper wurde am 19 Apr 1841 in Neutomischel geboren (sein Geburtseintrag findet sich in dem Kirchenbuch der evangelischen Kirche zu Neutomischel), er verstarb am 16 Februar 1923 in Australien.

1847, er war 6 Jahre alt, wanderten seine Eltern Johann Christoph Tepper und Johanna Wilhelmina geborene Protsch, wie es heißt aus religiösen Gründen, von Neutomischel nach Australien aus.

Mit auf die Reise gingen die Kinder Johann Gottlieb Otto (geb. 1841), Johann Paul (geb. 1843), Philip Nathanel (geb. 1846). Letztgenannter starb auf der Überfahrt. Sie schifften sich mit dem Segler „Gellert“ am 27. August 1847 von Bremerhaven aus ein und landeten am 21. Dezember 1847 in Port Adelaide an.

Die Familie ließ sich in Lyndoch im Barossa Tal nieder; und bewirtschaftete dort eine Farm. Als Jugendlicher arbeitete er auf der elterlichen Farm und später auch als Schafscherer und als Gehilfe in einem Laden.  Noch später wurde er Partner in einer Mehlmühle. Nach seiner Einbürgerung im April 1865 wechselte er letztlich im Dezember 1867 in den Lehrerberuf.

Im selben Jahr heiratete er Jane Brock (die Ehe wurde 1874 geschieden) aus dieser Ehe entstammen 3 Kinder, ebenfalls im Jahr 1867 nahm er sein erstes Lehramt in Neu Mecklenburg (Gommerstal) an.

1881 wurde er Naturwissenschaftlicher Sammler für das Adelaide Museum. Zahlreiche Artikel skizzieren seine Arbeit in der Pflanzen- und Insektenbeschreibung. Einige der Arbeiten stammen von Johann Paul Tepper, seinem Bruder, welcher ebenfalls als Naturalist tätig war. Verschiedene Insekten und Pflanzen sind nach den Brüder benannt: Terebratella Tepperi, Dodonaea Tepperi, Helichrysum Tepperi, Lasiopetalum Tepperi, Potamogeton Tepperi, Schoenus Tepperi, Stylidium Tepperianum, Tachymene Heterophylla var. Tepperi u.v.m.

[1.491]

Veröffentlichung - Die Flora von Clarendon und Umgegend / Quelle http://www.archive.org/stream/botanischeszentr1663bota/botanischeszentr1663bota_djvu.txt

Näheres zu seinem Leben findet sich in den veröffentlichten Arbeiten:

„Meine erste Schule 1867-71, Neu-Mecklenburg (Gomersal) zwischen Sheoak Log und Tanunda“ , „Mein erstes Heim, Lyndoch Valley“ , „Ruine der ersten Wassermühle in Süd-Australien (Bethany)“ – Vermutet wird, dass es die Wassermühle des Johann Daniel Schlinke war

Quellen:

http://www.adb.online.anu.edu.au/biogs/AS10458b.htm

*

Kurzmeldung: Grundsteinlegung der neuen Kirche zu Friedenhorst – 1913

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Zeitungsmeldung)
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Die 1. evgl. Kirche in Friedenhorst, erbaut 1797 und erweitert 1864 - aus "Die evangelische Kirchen der Provinz Posen" von Dr. Kremmer, 4. Aufl. 1905 [524]

Die 1. evgl. Kirche in Friedenhorst, erbaut 1797 und erweitert 1864 – aus „Die evangelische Kirchen der Provinz Posen“ von Dr. Kremmer, 4. Aufl. 1905

Friedenhorst (9-10-2009 Foto:PM) [765]

Friedenhorst (9-10-2009 Foto:PM)

Die Kirchengemeinde Friedenhorst feierte am Himmelfahrtstage das Fest der Grundsteinlegung ihrer neuen Kirche.

Die bisher benutzte Kirche ist 1797 erbaut und baufällig. Die neue Kirche wird im Stil des spätmittelalterlichen Backsteinbaues errichtet und 600 Sitzplätze und Zentralheizung enthalten. In den Grundstein wurden außer der Stiftungsurkunde ein Posener Gesangbuch, ein neues Testament, ein Programm der Grundsteinlegungsfeier, eine Jubiläumsschrift zum 100 jährigen Jubiläum* der alten Kirche, einige Ansichten der alten Kirche, Tageszeitungen und Münzen eingemauert.

Diese Zeitungsmeldung fand sich in der Beilage zu den Monatsblättern aus dem Posener Lande – „Dies und Das aus dem Posener Lande“ – Ausgabe Juni 1913

* Siehe hierzu auch den Artikel „Zum 100 jährigen Jubiläum der evgl. Kirche in Friedenhorst – 1.-4 Kapitel

Schwartzkopff – Erbbegräbnis Rittergut Rose – 1914

geschrieben von Gudrun Tabbert
(R.I.P. )
am in Personen, Familien,Rose | Kommentare sind deaktiviert
[1.492]

Oberpraesident Exzellenz D. Dr. Philipp Schwartzkopff

Im Wald von Rose ist noch heute die Begräbnisstätte der Familie Schwartzkopff zu finden. Die Inschrift am Eingang lautet „ES IST NOCH EINE RUH VORHANDEN DEM VOLKE GOTTES“. Die einzige noch erhaltene Grabtafel ist die des Wilhelm Schwartzkopff geboren am 26 Juni 1890 und verstorben am 15 März 1893.

Es findet sich im Handbuch der Provinz Posen, dass ein Herr Kurt Schwartzkopff im Jahr 1908 der Besitzer des Ritter-Gutes Rose gewesen sein soll. Dieser wird auch in unserem Artikel „N. – Neutomischel / Eine Luftreise im Jahr 1914“ namentlich erwähnt. Leider wurden keine weitergehenden Informationen gefunden.

In der Beilage des Monatsblattes „Aus dem Posener Lande“, dem Blättchen „Dies und Das“ – Ausgabe vom Juni 1914 findet sich der Nachruf des Posenschen Oberpräsidenten „D. Dr. Philipp Schwartzkopff“ – dieser Artikel, aus dem auch die hier veröffentlichten Schwarz-Weiß Aufnahmen entnommen wurden,  ist nachstehend gekürzt wiedergegeben, welcher mit dem Hinweis endet, dass der Verstorbene auf dem Rittergut Rose im Familiengrab beerdigt werden soll.  In selbigen Blättchen, in der Ausgabe Juli 1915 findet sich dann noch ein kleiner weiterer Artikel: „Dem verstorbenen Oberpräsidenten D. Dr. Philipp Schwartzkopff, dessen plötzlicher Tod kurz vor Pfingsten v. J. wohl noch in der Erinnerung unserer Leser ist, wurde an seinem Todestage, den 30 Mai, auf der Herrschaft Köbnitz im Kreise Bomst, von deren Besitzer, dem Grafen Ignatz Mielzynski ein Denkmal errichtet, das folgende Inschrift trägt: „Piae memoriae Excellentiae Philippi Schwartzkopffii – Summi Provinciae Posnaniensis Praesidis – nati 21. X. 1858 – mortui hoc loco die 30. V. 1914 – Fiat Voluntas Tua“  Bei der schlichen Feier der Enthüllung dieses zu Ehren des Verstorbenen errichteten Denkmals waren dessen beide Brüder sowie seine Nichte anwesend; der Köbnitzer Propst hielt die Weiherede.“

„Oberpräsident D. Dr. Philipp Schwartzkopff ist auf dem Gute Köbnitz des Grafen Ignatz von Mielzynski, wo er zur Rehbockpirsche weilte, einem Herzschlage erlegen.

Erbbegräbnis der Familie Schwartzkopff - Eigenaufn. [1.493]

Erbbegräbnis der Familie Schwartzkopff – Eigenaufn.

Philipp Schwartzkopff wurde am 21. Oktober 1858 in Magdeburg geboren. Nach Erledigung seiner juristischen Studien wurde er 1879 Gerichtsreferendar bei dem Oberlandesgericht in Naumburg. 1882 Regierungsreferendar in Magdeburg, 1886 Regierungsassessor. Im Jahre 1888 wurde er als Hilfsarbeiter in das Kultusministerium berufen und 3 Jahre später zum Regierungsrat ernannt. Im Januar 1895 wurde er Geheimer Regierungsrat und Vortragender Rat in der ersten Abteilung des Kultusministeriums, 1898 Geheimer Oberregierungsrat, im März 1899 Wirklicher Geheimer Oberregierungsrate und Direktor der Abteilung für Geistliche Angelegenheiten. 1909 erhielt er den Titel Wirklicher Geheimer Rat mit dem Prädikat Exzellenz und im Sommer 1910 seine Ernennung zum Unterstaatssekretär. Am 19. September 1911 wurde er als Nachfolger des Oberpräsidenten von Waldow als erster Beamter an die Spitze der Provinz Posen berufen.

Mit dem verstorbenen Oberpräsidenten ist eine der markantesten Persönlichkeiten des preußischen Beamtentums dahingegangen. Schon während seiner Tätigkeit im Kultusministerium ist Schwartzkopff von einwirkender Bedeutung für das Staatswesen geworden. Er hat das Volksschulwesen seinerzeit nahezu selbstständig geleitet. Ihm war die seltene Kunst gegeben, Parteien und Menschen überaus geschickt zu behandeln. Er trat zum ersten Mal hervor bei dem konservativliberalen Schulkompromiss im Jahr 1892. Später dann beim Volksschul-Unterhaltungsgesetz und Lehrerbesoldungsgesetz. Diesen beiden Gesetzen reiht sich die Neuordnung des Mädchenschulwesens an. Seine Verdienste um die Kirchenverwaltung wurden im Jahre 1898 von der Theologischen Fakultät der Universität Marburg durch die Ernennung zum Ehrendoktor gewürdigt.

Bei der Übernahme der Verwaltungsgeschäfte der Provinz Posen wurde er allseitig mit großen Sympathien begrüßt und hat es auch verstanden während seines Wirkens, diese noch zu befestigen. Leider ist es ihm nicht vergönnt gewesen, sein Wirken in der Provinz Posen irgend einem Abschluss entgegen zu führen.

Alle Stände und Klassen standen trauernd an der Bahre des Entschlafenen. Die offiziellen Feierlichkeiten fanden in der Kreuzkirche in Posen statt. Von dort wurde die sterbliche Hülle nach dem Rittergut Rose im Kreise Neutomischel überführt und im Schwartzkopffschen Familienerbbegräbnis zur letzten Ruhe beigesetzt. “

[1.494]

Ueberfuehrung der Leiche des Oberpraesidenten D. Dr. Schwartzkopff nach dem Bahnhof in Posen

Verfolgt man nun den Familiennamen „Schwartzkopff“ nach Magdeburg findet sich dort auch die Herkunft des Louis Victor Robert Schwartzkopff, geboren am 05. Juni 1825 in Magdeburg, verstorben am 07. Mär7 1892 in Berlin. Er war ein deutscher Unternehmer und Gründer der Berliner Maschinenbau-Actien Gesellschaft, welche die Lok „Weisshaupt“ konstruierte.

Seine Eltern waren Franz Schwartzkopff (geb. ca. 1786) Holzhändler und Gastwirt in Magdeburg verehelicht mit Judith Bailleu; der Grossvater Johann Jakob Schwartzkopff (verst. 1801) ein Maurermeister und Gastwirt in derselben Stadt.

Ob der Kurt Schwartzkopff, Gutsbesitzer zu Rose und der verstorbene Philipp Schwarztkopff ebenfalls Nachfahren dieser Familie sind, ist zum heutigem Zeitpunkt (01/2011) nicht geprüft.

Als zusätzliche Informationsquellen wurden genutzt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Victor_Robert_Schwartzkopff; http://www.deutsche-biographie.de/sfz118061.html

Deserteur gesucht – 1828

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Königl. Preuß. Kommandantur-Gericht (1828))
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Ausschnitt aus dem Amtsblatt für den Regierungsbezirk Marienwerder, Band 19  –  Es schien nicht ratsam sich unerlaubt von den Truppen zu entfernen …

Festung Graudenz. Von dem königl. Kommandantur-Gerichte hierselbst werden nachstehende Deserteure, als: I. vom 2ten Batallion 33sten Infanterie Regiments, die Musketiere

c. Johann Gellert aus Chraplewo, Bucker Kreises im Großherzogtum Posen, der am   1. Mai 1826 … aus der hiesigen Garnison desertiert ist

hierdurch aufgefordert und vorgeladen, sich in einem der auf den 27. Januar, den 27. Februar und auf den 27. März 1829 vormittags um 10 Uhr anberaumten Termine, von den der letzte peremtorisch ist, in dem Militair-Gerichts-Zimmer hierselbst persönlich einzufinden, und sich über ihre Entweichung zu verantworten, widrigenfalls nach Vorschrift des Ediktes vom 17. November 1764 wider sie in contumaciam (Abwesenheit) dahin erkannt werden wird, dass sie für Deserteure zu erachten, ihr Name an den Galgen zu schlagen, ihr sämtliches, sowohl gegenwärtiges als zukünftiges Vermögen konfisziert, und der betreffenden Regierungs-Haupt-Kasse zugesprochen werden wird.

Zugleich werden alle diejenigen, welche Gelder oder andere Gegenstände der Entwichenen in ihrem Gewahrsam haben, hierdurch aufgefordert, da wo sofort bei Verlust ihres daran habenden Rechts, Anzeige zu machten, insbesondere aber, dem Entwichenen bei Strafe der doppelten Erstattung unter keinem Vorwande da wo etwas zu verabfolgen.

Den 24. Dezember 1828 – Königl. Preuß. Kommandantur-Gericht.

Neutomischel – die Anfänge als evgl. Parochie – Beschreibung 1898

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani (1898))
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[1.495]

Nowy Tomysl - evgl. Kirche. (Wojtek Szkudlarski)

In dem Buch “Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen ” – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.496] .

Den Kern dieser Parochie bilden die Hauländereien Zinskowo, Paprotsch, Glinau, Sontop und einige andere, welche durch märkische aus Furcht vor den Rekruten-Werbungen geflohene und schlesische Ansiedler auf dem Gebiete des Starosten von Gnesen Boguslaw von Unruh gegen das Ende des 17. Jahrhundert entstanden. Nachdem sie sich lange Zeit bei ihren gemeinsamen Andachten mit Predigtvorlesern hatten begnügen und zu kirchlichen Amtshandlungen außer den Schul-, und Bethäusern in Zinskowo (erbaut 1692), Sontop, Kozielaske die Kirchen in Chlastawe und Wollstein hatten besuchen müssen, strebten, als die Dissidenten freie Religionsübung erlangten, auch diese evangelisch-lutherischen Glaubensgenossen nach dem Besitze einer eigenen Pfarre und Kirche. Am 4. März 1777 erteilte ihnen ihr damaliger Grundherr, Besitzer der Herrschaft Tomysl, Felix von Szoldrski das vom Konsistorium zu Lissa am 13. Februar 1779 bestätigte Privilegium zur Wahl eines Pfarrers und am 13. August 1778 zur Erbauung einer Kirche, zu welcher derselbe einen wohlgelegenen Bauplatz auf dem Grund der Gemeinde Glinau und das nötige Material schenkte. Das Gotteshaus wurde am 9. April 1779 begonnen, massiv, in Kreuzesform erbaut und am 21. Sonntage nach Trinitatis (15. Oktober) 1780 geweiht. Da die Gottesdienste nunmehr in Neutomischel abgehalten wurden, wurden die Schul- und Bethäuser in Zinskowo und Kozielaske abgebrochen und das Material zum Pfarrhausbau verwandt. Damals erst entstand um diese neuerbaute Kirche und die Pfarrgebäude, da sich an Sonn- und Festtagen durch das Zusammenströmen vieler Menschen ein reger Verkehr entwickelte, die Stadt Neutomischel („Geschichte der Parochie Neutomischel“ vom Pfarrer Lange in Fischers Evangelischem Hausfreunde.  I. S. 118 und Strödicke „Chronik der Stadt Neutomischel“ 1888), zu deren Gründung der Besitzer im Jahre 1786 das königliche Privilegium aus Warschau erlangte und deren erste Häuser derselbe selbst erbauen ließ, um sie an herbeiziehende Deutsche zu verkaufen. Diese erste, mit einem Turme versehene Kirche steht noch heute und gehört nach bedeutenden Umbauten in den Jahren 1844-46, dann 1880, zu den ansehnlicheren in der Provinz. Die Gemeinde beging am 18. Oktober 1880 feierlicher Weise das Fest ihres hundertjährigen Bestehens. Seit 1889 ist dem Pfarrer ein Hülfsprediger zur Seite gegeben.

Gegenwärtig gehören außer der Stadt Neutomischel und den ursprünglichen oben genannten Kolonien hierher die Ortschaften Kozielaske, Neurose, Glashütte, Bobrowke und Klein-Lipke, sowie die in den katholischen Orten Alttomischel, Wytomischel und einigen anderen wohnenden Evangelischen, zusammen 6.734 Seelen. Nachdem die Herrschaft Tomysl 1832 allen Rechten entsagt hat, ist die Gemeinde patronatsfrei. 1833 wurde eine Kirchen-Matrikel aufgestellt. An Stelle des alten Pfarrhauses wurde 1892/93 ein neues errichtet.

Die Pfarrer waren:

1. Johann Christian Bräuning, vorher Diakonus in Tirschtiegel, wurde am 2. Februar 1778 als erster hiesiger Pfarrer durch den Senior Machatius aus Schweinert in sein Amt eingeführt und starb am 15. Februar 1790 (Anmerkung:lt. Kirchenbuch verstarb er am 12. Februar und wurde am 15. Februar beigesetzt)

2. Christian Friedrich Zachert, wurde 1790 berufen und starb am 08. Mai 1815.(Anmerkung: lt. Kirchenbuch verstarb er am 06. Mai 1815 und wurde am 08. Mai im Familiengrab in Meseritz beigesetzt)

3. Gottlob Wilhelm Ferdinand Willmann, vorher Diakonus in Schwerin a.W. (s.d.), starb nach 20jähriger Amtsthätigkeit am 28. Oktober 1835 (Anmerkung: seine Beerdigung war am 01. Nov. in Neutomischel)

4. Christian Heinrich Gustav Dampmann, geb 1809 in Schildau bei Hirschberg, wurde am 11. Dezember 1836 durch den Superintendenten Sturtzel aus Bentschen in sein Amt eingeführt, starb schon am 17. August 1841 (Anmerkung: seine Beerdigung war am 21. August in Neutomischel)

5. Carl Gottlieb Lange, geb zu Triebel in der Niederlausitz, war von 1840-42 Rektor zu Waldenburg in Schlesien. Er trat 1842 sein Amt an und wurde 1865 emeritiert

6. Paul Tittel, aus Fraustadt, 1866 berufen, 1869 Pfarrer in Dyherrnfurt in Schlesien

7. Rudolph Schmidt, 1869 berufen, vorher Hülfsprediger in Rakwitz, 1883 Pfarrer in Vietz bei Landsberg a.W.

8. Johannes Böttcher, vorher Hülfspredier in Prittisch, dann Pfarrer in Pudewitz (s.d.), 1883 hierher berufen, wurde 1885 Superintendent

Als Hülfsprediger waren im Amt:

1. Max Glokke, 1. Juli 1889 berufen, ging 1890 nach Gülpe und Prietzen bei Rathenow

2. Hermann Salzwedel, 1890 berufen, 1892 Pfarrer in Großsee (s.d.)

3. Max Wichert, 1890 Provinzialvikar in Kröben, 1892 berufen, 1892 Pfarrer in Lewitz-Hauland

4. Ernst Röder, 1891 Pfarrverweser in Pudewitz, 1892 zum Hülfsprediger berufen. Er wurde 1896 zweiter Pfarrer in Obornik

5. Richard Mathias, 1896 berufen

Der Brunnen in Grätz – eine Sage

geschrieben von Gudrun Tabbert
(aufgeschrieben von Hr. Raczynski nach einer mündlichen Überlieferung: gesammelt und veröffentlicht von Otto Knoop, Oberlehrer in Rogasen (1893))
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[1.094]

Grätz gedenkt heute noch des Mönches – Aufn. 2009/09 PM

Diese Erzählung ist entnommen aus dem Buch: Sagen und Erzählungen aus der Provinz Posen – erschienen 1893 in Posen

zu finden in der Großpolnischen digitalen Bibliothek (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra)

* * *

Eines Tages begab sich der selig gesprochene Bernhard, ein Benediktiner aus dem Kloster in Lubin, nach Grätz. Daselbst bemerkte er, dass die Bürger sehr bekümmert waren, denn der Brunnen, woraus die städtische Brauerei das Wasser schöpfte, war versiegt. Die Brauerei war aber die einzige Einnahmequelle für die Stadt und ihr Hospital. Den Mönch dauerten die Unglücklichen. Er seufzte tief auf zu Gott und segnete den Brunnen. Sofort sprang die Quelle empor, und die Grätzer Brauer gingen unverweilt ans Werk. Wie groß war aber ihr Erstaunen, als sie das neue Gebräu kosteten, denn sie fanden seinen Geschmack gegen das frühere unvergleichlich besser. Das Grätzer Bier ist denn auch berühmt geworden und hat starken Absatz gefunden. Und alljährlich zogen die dankbaren Grätzer in einer Prozession nach Lubin und legten dort am Grabe ihres Wohltäters eine Tonne ihres Bieres für das Kloster nieder. Später jedoch haben sie sich von diesem Opfer befreit, weil in den Hypothekenbüchern nichts davon geschrieben stände.

Andere wieder erzählen, der auf dem alten Markte befindliche Brunnen, aus dem das Wasser zum Bierbrauen genommen wurde, sei über den Rand getreten und haben den ganzen Markt überschwemmt. Da habe ein Mönch den Segen über das Wasser gesprochen; sofort sei es wieder zurückgetreten und nun als das beste Wasser erkannt worden.

Über die Stiftung des Kirchen Systems Tomysl – 1826 von Pastor Willmann

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Pastor Willmann (Transkription Gudrun Tabbert))
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[291]

Der Alte Markt – vor der Kirche (mit Gen. von Wojciech Szkudlarski)

Das Original der Aufzeichnungen des Pastor Willmann befindet sich in Staatsarchiv in Posen [893/Staatsarchiv Posen, 5346/Evangelisch-lutherisches Kirchensystem. vol. II].

Nachstehender Text unterstreicht die Tatsache, dass Nowy Tomysl / Neutomischel auch schon zu Zeiten der Gründungsurkunde einen ökumenischen multireligiösen und multikulturellen Charakter hatte.

Der adlige katholische Pole stiftete im Zusammenwirken mit seinen Hauländern,  seinen Dissidenten, vornehmlich deutscher Abstammung die evangelische Kirche. Das, was durch die Jahre ein Ballast war, jetzt, im Vereinten Europa kann es zu einem „Atout“ werden. Es ist wert diese Tatsache zu unterstreichen.

Um die Kirche, sie ist heute das älteste Gebäude und steht unter Denkmalschutz, entstand im Laufe der Jahre und Jahrzehnte unsere heutige Stadt.

[952]

893/Staatsarchiv Posen, 5346/Evangelisch-lutherisches Kirchensystem. vol. II

Ungefähr im Jahre 1689 wurde von dem Grafen Herrn Boguslaus v Unruh, Starosten zu Gnesen, Erbherrn zu Birnbaum, Tirschtiegel und Tomysl etc. der Anfang mit Anlegung der hiesigen Hauländereien gemacht. Obgleich dieselben sich bald so sehr verstärkten, dass sie ein eigenes Kirchen System hätten bilden können, so wurde ihnen dies doch bei den Beschränkungen welche damals die Bekenner der evangelischen Religion im königreich Pohlen erhielten, nicht gestattet. Nur mit vieler Mühe gelang es dem vorgedachten Erbherrrn auf Bitte seiner evangelischen Untersassen die höhere Erlaubniß zur Anlegung einer sogenannten Schule oder eines Bethauses auszuwirken, welches noch im Jahre 1692 in der Zinskower Gemeinde, als das älteste der Parochie, nach erhaltenen herrschaftlichem Privilegio erbaut und darin die Gottesverehrung durch einen Vorleser geleitet  wurde. Da sich in der Folge die Hauländer Gemeinden bedeutend vergrößerten, so wurden in der hiesigen Herrschaft noch einige solcher Bethäuser, nehmlich in Sontop und in der Kozelosker Gemeinde angelegt. Unter solchen Verhältnissen waren die Verwaltung des Cultus sehr mangelhaft, die Taufen und Trauungen wurden entweder in der katholischen Kirche zu Wytomysl von dem dortigen Propst verrichtet, oder man musste sich an die mehrere Meilen entfernteren evangelischen Kirchen zu Wollstein und zu Chlastawe wenden; zur Confirmation der jungen Christen, welche von den Vorlesern unterrichtet worden waren und zur Feyer des heiligen Abendmahls, fand sich auf Ansuchen von Zeit  zu Zeit einer von den benachbarten evang. Geistlichen in den hiesigen Bethäusern ein.

Die Gemeinde, das Mangelhafte und Beschwerliche dieses Zustandes  schmerzhaft fühlend, tröstete sich mit der Hoffnung einer besseren Zukunft, und diese kam auch als durch die bekannte Constituion der evangelischen Glaubens Genossen freie Religionsübung gestattet wurde. Man benutzte dies glückliche Ereigniß, und unter kräftiger und einflussreicher Einwirkung des damaligen toleranten und selbstgütigen Erbherrrn des Grafen Herrn Felix v Szoldrski bewarb sich die resp. Gemeinde um den Consens zur Erbauung einer Kirche, welche sie auf Grund der Dominial Genehmigung vom 4ten Maerz 1777, von einem Hochwürdigen Consistorio zu Lissa am 13ten Februar 1779 erhielt, nachdem vorher eine vom 9ten bis zum 13ten April 1777, unter dem Vorsitz des Herrn v Kalkreuth, als evangelischen Senior vom Adelsstande und des Herrn Pfarrer Machatius zu Schweinert, Supperintendenten des Meseritzer Kirchen Kreises abgehaltenen Local Commission, woran im Kirchen Archive noch mangelhafte Auszüge vorhanden sind, das hiesige Kirchen System geordnet hatte. Durch Gottes Gnadenbeistand wurde am 9ten April 1779 der Kirchen und Thurmbau unter Leitung des geschickten Zimmermeisters Giese aus Alt-Tomysl und des Maurermeisters Friedrich aus Fraustadt begonnen und ging durch den ruhmwürdigen Eifer des Erbherrn und Kirchen Patrons Herrn Grafen Felix v Szoldrski und durch die kräftige Mitwirkung der eingepfarrten Hauländer Gemeinden so schnell vonstatten, dass schon am 15ten October 1780 als am 21sten Som: p: Trinit., dies neue Gotteshaus unter Assistenz des im Auftrag und im Namen des Herrn Kirchen Patrons anwesenden Herrn v Zychlinski und des geistlichen KreisSeniors Herrn Nickisch zu Wollstein,  feyerlich eingeweiht, und von dem ersten Pfarrer Herrn Johann Christian Braeunig, welcher bereits seit dem 2ten Februar 1778 installiert war, zum erstenmal öffentliche Gottesverehrung, vor einer sehr zahlreichen Versammlung, darin gehalten werden konnte. Mit Ausnahme des Bethauses in Sontop, bei welchem sich noch jetzt ein Vorleser befindet, wurden nun die in der hiesigen Herrschaft befindlichen evang Bethäuser in der Zinskower und Kozelosker Gemeinde, als überflüßig abgebrochen, und von den daraus entnommenen Materialien das Pfarrhaus und die Cantor Wohnung erbaut. Der damalige gütige Erbherr und erster Kirchen Patron Herr Graf Felix v Szoldrski schenkte die sämtlichen zum Kirchen und Thurmbau erforderlichen, so wie die zur Erbauung des Pfarr- und Schulhauses noch fehlenden Materialien, die eingepfarrten Hauländer Gemeinden verrichteten die sämtlichen dazu nöthigen Hand und Spann Dienste, sorgten für die innere Verzierung und bestritten nach angelegter Repartition des Kirchen Collegii auf Hufenschläge ?, die sämtlichen Baukosten.

der Kirchen- Pfarr und Schul – Matrikel

bei der evangelischen Kirche in Neu – Tomy’sl

Gräflich Victor v Szodrschischen Patronats,

zu welcher folgende Gemeinden und Ortschaften gehören als:

I.Eingepfarrte Gemeinden:

a.) Hauländer Gemeinde Paprotz

b.)- – – – – – – – Glinau

c.)- – – – – – – -Scherlanke

d.)- – – – – – – -Zinskowe

e.) DorfgemeindeSontop

f.)Hauländer Gemeinde Neu Rose

g.)- – – – – – – -Kozelosken

h.)- – – – – – – -Klein – Lipke

i.)Die evangelischen Einsassen der Dorfschaften

Alt-Tomysl, Wytomysl und Roza

k.) Die Mühle und Gemeinde Bobrowke

l.)Vorwerk Glashütte

m.) Mischker Mühle

n.)Einige Wirthe aus der Hauländer Gemeinde Alt Tomysl

II. Gast Gemeinden

1.)Stadt Neu Tomysl

2.)Hauland Schliefen bei Wansowo

3.)Die Evang. Einsassen des Dorfes Wansowo

Neu Tomyslangefertigt von

am 1ten Maerz 1826Willmann, evang. Pfarrer

der Parochie Tomysl

Ungefähr im Jahre 1689 wurde von dem Grafen Herrn

Boguslaus v Unruh, Starosten zu Gnesen, Erbherrn

zu Birnbaum, Tirschtiegel und Tomysl etc. der Anfang

mit Anlegung der hiesigen Hauländereien gemacht. Ob-

gleich dieselben sich bald so sehr verstärkten, dass sie

ein eigenes Kirchen System hätten bilden können, so

wurde ihnen dies doch bei den Beschränkungen welche

damals die Bekenner der evangelischen Religion im könig-

reich Pohlen erhielten, nicht gestattet. . Nur mit vieler

Mühe gelang es dem vorgedachten Erbherrrn auf Bitte

seiner evangelischen Untersassen die höhere Erlaub-

niß zur Anlegung einer sogenannten Schule oder ein-

nes Bethauses auszuwirken, welches noch im Jahre

1692 in der Zinskower Gemeinde, als das älteste

der Parochie, nach erhaltenen herrschaftlichem Privilegio

I.erbaut und darin die Gottesverehrung durch einen Vor-

leser geleitetwurde. Da sich in der Folge die Hau-

länder Gemeinden bedeutend vergrößerten, so wurden

in der hiesigen Herrschaft noch einige solcher Bethäu-

ser, nehmlich in Sontop und in der Kozelosker

Gemeinde angelegt. Unter solchen Verhältnissen waren

die Verwaltung des Cultus sehr mangelhaft, die

Taufen und Trauungen wurden entweder in der

katholischen Kirche zu Wytomysl von dem dortigen

Propst verrichtet, oder man musste sich an die

mehrere Meilen entfernteren evangelischen Kirchen

zu Wollstein und zu Chlastawe wenden; zur

Confirmation der jungen Christen, welche von den Vor-

lesern unterrichtet worden waren und zur Feyer des

heiligen Abendmahls, fand sich auf Ansuchen von

Zeitzu Zeit einer von den benachbarten evang.

Geistlichen in den hiesigen Bethäusern ein.

Die

Die Gemeinde, das Mangelhafte und Beschwerliche die-

ses Zustandesschmerzhaft fühlend, tröstete sich mit der

Hoffnung einer besseren Zukunft, und diese kam auch als

durch die bekannte Constituion der evangelischen Glau-

bens Genossen freie Religionsübung gestattet wurde.

Man benutzte dies glückliche Ereigniß, und unter

kräftiger und einflussreicher Einwirkung des dama-

ligen toleranten und selbstgütigen Erbherrrn des Grafen

Herrn Felix v Szoldrski bewarb sich die resp.

Gemeinde um den Consens zur Erbauung einer

Kirche, welche sie auf Grund der Dominial Ge-

nehmigung vom 4ten Maerz 1777, von einem Hoch-

würdigen Consistorio zu Lissa am 13ten Februar

2.1779 erhielt, nachdem vorher eine vom 9ten bis

zum 13ten April 1777, unter dem Vorsitz des

Herrn v Kalkreuth, als evangelischen Senior vom

Adelsstande und des Herrn Pfarrer Machatius

zu Schweinert, Supperintendenten des Meseritzer

Kirchen Kreises abgehaltenen Local Commission,

woran im Kirchen Archive noch mangelhafte Auszü-

3.ge vorhanden sind, das hiesige Kirchen System ge-

ordnet hatte. Durch Gottes Gnadenbeistand wurde

am 9ten April 1779 der Kirchen und Thurmbau unter

Leitung des geschickten Zimmermeisters Giese aus Alt-

Tomysl und des Maurermeisters Friedrich aus Frau-

stadt begonnen und ging durch den ruhmwürdigen Eifer

des Erbherrn und Kirchen Patrons Herrn Grafen Felix

v Szoldrski und durch die kräftige Mitwirkung der

eingepfarrten Hauländer Gemeinden so schnell von

statten, dass schon am 15ten October 1780 als am

21sten Som: p: Trinit., dies neue Gotteshaus unter As-

sistenz des im Auftrag und im Namen des Herrn Kirchen

Patrons anwesenden Herrn v Zychlinski und des geistlichen

Kreis-

Seniors Herrn Nickisch zu Wollstein,feyerlich einge-

weiht, und von dem ersten Pfarrer Herrn Johann

Christian Braeunig, welcher bereits seit dem 2ten

Februar 1778 installiert war, zum erstenmal

öffentliche Gottesverehrung, vor einer sehr zahl-

reichen Versammlung, darin gehalten werden konnte.

Mit Ausnahme des Bethauses in Sontop, bei welchem

sich noch jetzt ein Vorleser befindet, wurden nun

die in der hiesigen Herrschaft befindlichen evang Bethäu-

ser in der Zinskower und Kozelosker Gemeinde, als

überflüßig abgebrochen, und von den daraus entnommenen

Materialien das Pfarrhaus und die Cantor Wohnung

erbaut. Der damalige gütige Erbherr und erster

Kirchen Patron Herr Graf Felix v Szoldrski

schenkte die sämtlichen zum Kirchen und Thurmbau

erforderlichen, so wie die zur Erbauung des Pfarr-

und Schulhauses noch fehlenden Materialien, die

eingepfarrten Hauländer Gemeinden verrichteten die

sämtlichen dazu nöthigen Hand und Spann Dienste,

sorgten für die innere Verzierung und bestritten

nach angelegter Repartition des Kirchen Collegii

auf Hufenschläge ?, die sämtlichen Baukosten.

Die Kreuz Kirche bei Neustadt b. Pinne – Sagenumwoben !

geschrieben von Gudrun Tabbert
(von Otto Knoop gesammelte Sagen und Erzählungen)
am in Kirchen,Neustadt bei Pinne | Kommentare sind deaktiviert

 

[1.497]Die hier wiedergegebenen Geschichten sind entnommen aus dem Buch: Sagen und Erzählungen aus der Provinz Posen

Gesammelt von Otto Knoop, Oberlehrer zu Rogasen – Erschienen 1893 in Posen

zu finden in der Großp0lnischen Digitalen Bibliothek (www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Der Kartenausschnitt stammt aus der Karte Südpreussens erstellt durch David Gilly (1802-1803) zu finden unter http://teca.bncf.firenze.sbn.it/TecaViewer/index.jsp?RisIdr=BNCF0003496550 [1.498]

Die Kreuzkirche bei Neustadt eine Sage aus mündlicher Überlieferung

[1.499]

Die Kreuz Kirche bei Neustadt / Aufn. http://www.polskaniezwykla.pl/gallery/eventImages/original/271733.jpeg

Etwa 10 Minuten vor dem Städtchen Neustadt liegt an der Chaussee nach Pinne die katholische Kreuzkirche, die von einem Kirchhof umgeben ist. Dort soll vor vielen Jahren einmal die Mutter Gottes erschienen sein, und da, wo sie stand, soll ein Quell hervorgesprudelt sein, der Wunderkräfte besaß und deshalb als heilig galt.

* * *

Tote tanzen eine Sage aus mündlicher Überlieferung in Posen

Ehe die Chaussee von Neustadt nach Pinne gebaut war, führte bei der Kreuzkirche bei Neustadt ein ziemlich schmutziger und morastiger Weg vorüber, und Niemand ist dort in der Nacht gegangen, wenn er nicht musste. Das ist aber daher gekommen, dass man in der Mitternachtsstunde die Kirche oft erleuchtet gesehen hat, und viele, die dort zu jener Zeit vorbeigegangen sind, haben bemerkt, dass die Toten welche aus ihren Gräbern gestiegen waren, um die Kirche herumtanzten.

Geschichte der Schuetzengilde zu Neutomischel 1914 – K.E. Goldmann

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Karl Eduard Goldmann)
am in Festschrift,Goldmann | Kommentare sind deaktiviert
[1.500]

Schuetzenfest in Nowy Tomysl / Neutomischel

Dieser Artikel wurde aus der Festschrift zum 125. jährigen Jubiläum der Schützengilde Neutomischel und des 18. Bundesschießens des Schützenbundes Neumarkt-Posen entnommen.
Zur Verfügung gestellt wurde die Kopie des Beitrages zur Veröffentlichung auf dieser Seite von Herrn Dieter Maennel, Kassel aus dem von ihm gepflegten MAENNEL ARCHIV

* * *

Die Zeit der Gründung der Stadt Neutomischel scheint auch die Zeit des Entstehens der Schützengilde hiesigen Ortes zu sein; denn schon in dem Privilegium des damaligen Grundherrn der Herrschaft Tomysl vom 18. Februar 1788, mit welchem die Ortschaft Stadtrechte verliehen worden sind, wird einer Schützengilde mit folgenden Worten gedacht:

„Daß die Schützen-Brüderschaft ebenfalls laut Punktum aus einer der nächsten Städte einricht anlegen, und will ich selbige durch ein Privilegium bestätigen, und derselben behülflich sein.“

Sichere und eingehendere Nachrichten über die Gründung der Schützengilde an und für sich fehlen. Im Besitz der Gilde befand sich nur die Übersetzung eines von demselben Grundherrn unterm 9. Juli 1789 verliehenen Privilegiums, dessen Ausfertigung leider längst abhanden gekommen und nicht mehr zu ermitteln ist. Diese unbeglaubigte Übersetzung lasse ich ihres interessanten Inhalts wegen in ihrem Wortlaute folgen:

W Imie Pańskie! Amen.

Ja, Felix zu Szołdr – Szołdrski. Starościc. Lęczycki, Czempinia y Maiętności Tomislickkiej Pan Dziedziczny etc.

Thun kund, und zu wissen, wem es zu wissen nöthig, daß ich mein Erb-Städtlein, Neu Tomischel, beehre: durch das Schützen Privilegium, und verspreche Ihnen so viel wie möglich alle Protektion zu ertheilen, wozu ich mich und meine Nachkommen, laut der Unterschrift verpflichte, und verspreche, Ihnen, aus allen Herrschaftlichen Abgaben, und der Brüderschaft verspreche 2 Faß Bier.

Ertheile Ihnen folgende Puncte, daß Sie in allen Clausen, und Artiekeln gehalten werden, als Ich es haben will, welche allso lauten:

1ten Soll sich die Brüderschaften, einen Eltesten, und neben Eltesten erwehlen, welche alle Sachen nach dem Gnädigst erlaubten Privilegium von Ihro Excellenzen richten solln.

2ten Soll ein jeder der ein Schützen-Bruder werden will, sich bey den Eltesten melden, und zur Brüderschaft erlegen 6 Pgr. und den Schreiber 15 Pgr.

3ten Soll niemand bey der Brüderschaft angenommen werden, der nicht Bürgerlichen Standes ist, auch nicht welche zum Geistlichen Stande gehören, sondern es soll Ihn nur freystehn, frey Schüße zu thun, welche aber nicht zum Königreiche gelten: es soll auch nicht angenommen werden, bey der Brüderschaft, diese welche solchen aus unehrlichen Geschlecht sein, sollten daß die HE. Eltesten thun, und einen solchen annehm, so soll jeder 12 Mark Strafe erlegen, und derselbe soll aus der Brüderschaft gestoßen werden.

4ten Soll ein Schreiber bey der Brüderschaft sein, welcher ein ordentliches Buch haben muß, da mit er alle Nahmen der Brüder, wie sie sich Einkaufen, Verzeichne

5ten Soll er gutte Obacht auf jeden Schuß haben, da mit „er alles richtig aufzeichne, wie und wer, Geschossen hat, da mit keine Unterschleise geschehen mögen.

6ten Es soll jeden Bruder erlaubt sein 4 Schüße zu thun, den ersten Tag 2 den andern Tag 2 und der Gnädigste Erbherr hat alle mahl den 1 ten als dann der HE. Bürgermeister, nach diesen die Eltesten, und der König.

7ten Der Magistrath der Stadt Neuomischel, hat vor der Brüderschaft einen Schuß voraus, welches man den Raths-Schuss nenet, der aber auch zum Königreiche gelten thut.

8ten Es soll jeder Bruder jährlich 4 Quarthalle erlegen, zur Brüderschaft, daß die HE. Eltesten da vor hinnanschaffen können zum Königreich: Und auf Befehl des Gnädigsten Erbherrn soll all Jährlich Zwey mahl geschoßen werden; nehmlich das gewöhnlichen Pfingst-Schüßen, nach dem zu Johanne, eine Löbliche Bürderschaft muß aber Besorgt sein zu dem Johannes Schüßen was anzuschaffen entweder ein Schwein oder ein Schöps.

9ten Es soll auch keine andere Pflinte erlaubt sein, als eine ordinere Kugel Pflinte, kein gezogenes Gewehr, soll bey unser Brüderschaft nicht gelten, und so einer einen nahen Schuß thut, so soll die Pflinte vor der Eltesten Tisch stehen bleiben, und niemanden erlaubt sein daraus zu Schüßen, biß Ihn ein anderer abschüßen thut; sollte er aber der Neheste zum Königreiche bleiben, so muß die Pflinte von den Eltesten in beysein des Majestraths besehen werden, ob sie recht oder falsch sey.

10ten Die König-Scheibe soll in der große bestehen 10 Virtel hoch, und von den Schüßhause, soll sie 150 Schritte abstehen.

11ten Sobald als die Brüderschaft von den Eltesten beordert wird, und so ein Bruder länger außenbleiben sollte, als die Stunde bestimmt, so soll er 6 Pgr. zur Strafe erlegen, sollte er es aber aus Vorwitz thun, und den Befehl der Eltesten nicht respectiren, und es ihn überzeigt wirde, das er es mit Mutwillen thete, so soll er 6 Mark Strafe erlegen.

12ten Es sollde die Dambaur in der Stadt herumgehen, und auf den 2ten Drummelschlag, soll jeder Bruder sich bei den Eltesten einstellen, als dan wenn die Brüderschaft beysammen ist, so soll, nebst denen dazu Verordneten, ein Unter Officir, Dambaur, und Fahnen den Alten König aus seinen Hause abhohlen, und zum Schützen-Eltesten begleiten.

13ten Bey den raus Zuge ins Schüßhauß, soll der Zieler mit der König-Scheibe vorne angehen, als dan der Dambaur, hernach der Commandeer, nebst 4 Forier Schützen, und Fahnen, als dan ein Jüngster Bruder mit einen Teller, und einen Blumen Krantz darauf, als dan die völlige Muic, hinter dem, kommt der König, und der Majestrath begleitet ihn, und nach dem Majestrath, kommt die erste Compagni.

14ten Beim raus Zuge in Schüßhauß, werden alle mahl die Paraden oder Schau-Stücke, dem Könige angelegt, zur Zierde der Brüderschaft, und bey rein Zuge, den ersten Tag, trägt das Königs-Band, einer von den Jüngsten Brüdern auf einen Teller.

15ten Es wird die Königs-Scheibe, jeden Tag, von Schüß-Hause an ihren Orth zum aufsetzen durch die Forier-Schützen, Dambaur, und Fendrichs begleitet.

16ten Es soll jedes mahl bey den Ziehler, in der Grube zwey Brüder wechselsweise sitzen, da mit der Ziehler, nicht falschheit, und Unterschleise mache, sollten es die beyden Brüder bewillingen, so waß zu thun, soll jeder 6 Mark Strafe geben, und solte sich ein Bruder weigern, in die Grube zu sitzen, wan ihn der Unter Officir beordert, so soll er so lange ins Gehorsa gehen, als er sollte in der Grube sitzen.

17ten Es soll, keinen Bruder erlaubt sein, eher zu laden, als er da zu berufen wird, als dan soll er vor den Eltesten Tisch treten, und öffentlich laden, und soll nicht mehrern, erlauft sein, dals Dreien, bey Dreyen, und ehe er schüßen thut, so muß er sich bey den Schreiber melden, sollte er sich nicht melden, so ist der Schuß verfallen.

18ten Und wenn ein Bruder dasteht, daß er seinen gehörigen Schuß thun will, und es Ihn 3 mahl abbrent, so ist der Schuß verfallen, und muß ein anderer hintreten, und seinen Schuß thun.

19ten Es muß alle mahl, wen einer getroffen, der Schreiber den Pfropfen Nummeriren, und die Nummer sich in Buch wohl anzeichnen, damit nicht Streit entsteht.

20ten Und so ein Schuß geschehen thut, daß die Kuhgel nicht durch schliege, durch die König Scheibe, derselbe Schuß soll nicht gehlthen, sondern verfallen sein.

21ten Es soll allemahl, der welcher die Scheibe getroffen hat, den Blumen Krantz am Arm halten, so lange bis ein anderer trifft, und ihn als dan abnimt, aber aus der Schüß Stube, soll er mit den Krantz nicht gehen, sollte er daß thun, so soll er 1 Mark Strafe geben, und wer den 1ten Tag, daß letzte mahl die König-Scheibe trifft, der behält den Blumen-Krantz, und auf den Morbgen muß er einen Neuen machen laßen. Und wer den andern Tag Marschallek ist, der muß übers Jahr einen Neuen machen laßen, den ersten Tag.

22ten Es oll allemahl im Schüßhause bei der Thier zwei von den Brüder stehn, mit geschlossenen Gewehr, damit nicht alles rein laufe, waß nicht rein gehört, und der Unter Officir, muß alle Stunde Zwey andern, von der Brüderschaft, da zu beordern, und sollte einer von den Brüdern ihm nicht gehorchen, so soll er eine Tonne Bier zur Strafe geben.

23ten Es soll nicht erlaubt sein, wen das Brüder Bier getrunken wird, welches über die Schwelle zu tragen, sondern wen einer einen gutten Freunde ein Geschenke halten will, so soll er ihm in die Stube bringen, sollte er es aber aus Vorwitz thun, so daß er Bier raus triege, so soll er eine halbe Thonne Bier zur Strafe geben.

24ten Den andern Morgen, um 8 Uhr, sobald der erste Drommelschlag geschiehet, so soll jeder Bruder sich bey den Eltesten einstellen, da mit daß die HE. Eltesten, in bey sein des Majestrats, Morgen Sprache halten können, da mit wen Streit, und Klagen, eingelaufen, alles entschieden werden kann, und jeden sein gehöriges Recht wiederfahre.

25ten Daß Königreich soll einen jeden Bruder gleich gelten, es mag sein Wirth oder Mitsmann, nur die Königs-Scheibe, soll aus der Stadt nicht kommen bey Strafe.

26ten Denn wen die Brüder einziehen, daß Sie den König in völliger Parade begleiten, so Feuern sie Dreymahl ab, vor den Könige, als dan vor den HE. Bürgermeister desgleichen, als dan wen Sie aus einander gangen, so gehen die Dambaur rum, als dan stellen sich die HE. Brüder ein, und Verzehren das Brüder Bier, welches ohne Zank, und Streit geschehen soll, als dan bey den Trunk, gehen die Dambaur, nebst Unterofficirs und 4 Mann herum, den Zappenstreich das 1te mahl um 8 Uhr, das 2te mahl um 10 Uhr und vor den HEren ihrer Thüre; wird das Gewehr Preesentieret.

27ten Sollte sich etwan ein Bruder, an die Herrn Aelsten, Majestrath oder Officiers mit Worten vergehen, so soll er ins Gehorsam gebracht werden, und 2 Mark Strafe erlegen, wen aber ein Bruder gegen den anderen, mit Schimpf Worten ausselt, so soll erins Gehorsam gehen nach erkänntniß der Aelsten, und der Brüderschaft 6 Mark Strafe erlegen.

28ten Und sollte einer von der Brüderschaft denen Aelteste oder Officier nicht folgen indem was Ihnen anbefohlen wird, so soll er ins Gehorsam gebracht werden, und der Brüderschaft 3 Mark Strafe erlegen.

29ten Der König soll die Königsscheibe die Hälfte, und die Brüderschaft die andere Hälfte bezahlen; und an das Ordens Band soll der König, ein angedhrtes stück geld geben, welches in einen Reichsthaler bestehen soll.

Dieses Recht und Privilegie, das es in Nichts auf immer ungerührt und ungestöhrt verbleibe, ich mich und meine Nachkommen, laut der unterschrift verpflichte, welches Ich zur beßeren Beglaubiegung eigenhändig unterschrieben und mit Bedrückung meines adlichen Pettschaft Bekräftieget so geschehen in Schloße zu Tomyschelden 3ten Jul 1789.

* * *

Über die weitere Entwickelung der Gilde in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens ist bei dem Mangel jeglichen Materials nichts zu ermitteln.

[1.501]

Schuetzenfest in Nowy Tomysl / Neutomischel

Daß sie weiter bestanden hat, geht lediglich aus einigen weniger wichtigen Vereinsschriftstücken hervor, die auch deutlich erkennen lassen, welch großes und stets wachsendes Wohlwollen, das bei Gelegenheit der jährlichen Schützenfeste durch Überweisung der privilegierten Festgaben zum Ausdruck gelangte, jeder der damaligen Besitzer der Herrschaft Tomysl der hiesigen Schützengilde entgegengebracht hat.

Das älteste „Verzeichnis der sämtlichen Schützenbrüderschaft in Neu-Tomischel aus dem Jahre 1818“ u. f. möchte ich dem Leser nicht vorenthalten:

„Vors erste folgt ein sämtlicher Magistrat, hernach die HE. Aeltesten, Schreiber und Offizier:

Die Bennennung der Vereinigung scheint willkürlich gewesen zu sein. Zuerst war die Bezeichnung „Schützenbrüderschaft“ gebräuchlich, später auch „Schützencorporation“, Schützengesellschaft“ und schließlich „Schützengilde“.

Das Eintrittsgeld betrug mehrere Jahrzehnte 15 Silbergroschen, dann bis 1854 1 Taler 15 Sbgr., für Auswärtige 3 Taler. Es gehörten eben auch verschiedene Eigentümer der umliegenden Hauländerein der Gilde an. 1844 wird das erste jüdische Mitglied erwähnt.

Nachdem die Gilde sich längere Zeit einer langsamen aber wohl stetigen Entwickelung zu erfreuen gehabt hatte, sollten die unruhigen Zeiten des Jahres 1848 ihr Gelegenheit geben, die sorgsam gepflegten Bürgertugenden der Treue zu König und Vaterland durch Teilnahme an der Abwehr aufständischer Bestrebungen zu betätigen. Als nämlich die polnischen Insurgenten außer anderen Städten der Provinz Posen auch die Nachbarstadt Grätz bedrohten, sah sich der zu ihrem Schutze dorthin mit einer Truppenabteilung kommandierte königlich preußische Offizier, Major von Hohendorf, veranlasst, die waffenfähige deutsche Bevölkerung der Stadt Neutomischel und Umgegend zur Unterstützung seiner Truppen bei dem zu befürchtenden Kampfe aufzubieten. Diesem Aufgebote leistete am 6. Mai 1848 unter anderen auch das Bürgerwehr-Korps von Neutomischel, zu welchem die Schützengilde den Stamm abgab, begeistere Folge und bildete einen Teil der 5-6000 „geübten und wohlbewaffneten Büchsenschützen“, welche nach geschichtlichen Quellen die Neutomischeler und Bentschener Hauländer zur Bekämpfung des Aufstandes stellten. Hierüber weisen die Akten folgende Bescheinigung des vorgenannten Offiziers auf:

„Dem Herrn Bürgermeister sowie der Gemeinde Neu-Tomysl sage ich bescheinigend meinen Dank für die gezeigten patriotischen Gesinnungen, indem selbige sich heut hier zur Unterstützung einfanden und verspreche zu zugleich mich höheren Orte zu verwenden, daß demselben, sowie der Gemeinde zu Konkolewo, Schwartzhauland, Albertoske u. ihr tätiges Bestreben zur öffentlichen Kenntnis gebracht werde und bemerke nur noch, daß, falls sich diesseits bedeutende Unruhen zeigen würden, ich sofort den Gemeinden Benachrichtigung zugehen lassen werde, woselbst sich dann dieselben hier einfinden wollen.

Cant. Quartier Grätz, den 6. Mai 1848.

Der Major und Commandeur des 3. Bat. 18 Landw. Reg.

L.S. gez. L. von Hohendorf

* * *

Welches Vertrauen sich die Bürgerschaft durch ihr Vorgehen erworben hatte, und wie drohend andererseits die politische Lage sich gestaltet haben muss, beweist die unter dem 13. Mai desselben Jahres durch das Generalkommando des V. Armee-Korps erfolge Überweisung von 50 Infanteriegewehren, nebst 500 Patronen, die an die zuverlässigsten Leute gegen Empfangsbescheinigung ausgehändigt wurden.

Das Schützenfest fiel aus. Der patriotische Eifer wurde derartig angefacht, dass die Bürgerschutzwehr, die zum Schutze der Stadt einen militärisch organisierten Bewachungsdienst eingerichtet hatte, am 29. Mai 1848 den Beschluss fasste, sich zu uniformieren. Während sonst eine weiße Armbinde mit dem schwarzen preußischen Adler als Abzeichen getragen wurde, sollte die neue Uniform bestehen aus

1.      einem grünen Waffenrock mit einer Reihe blanker glatter Knöpfe und ganz schwarzem rundem Sammetkragen nebst Aufschlägen

2.      weißen Beinkleidern,

3.      einer Mütze von dem Tuche des Waffenrockes, für welche die Form der Züllicher Bürgerwehr als Muster dienen sollte.

Wieweit dieser Beschluss zur Ausführung gebracht wurde, ist nicht zu ersehen, jedenfalls bracht die allmählich eintretende Beruhigung des Landes es mit sich, dass die Bürger sich ganz wieder ihren friedlichen Geschäften zuwendeten und die mit so großer Begeisterung aufgenommenen königlichen Steinschloßflinten ruhig verrosten ließen, so dass sie bei der Ablieferung im Jahre 1850 von der königlichen Festungs-Kommandantur in Posen mit einer Rechnung über 5 Taler für die nötig gewordene Reinigung bedacht wurden.

Immerhin aber sah sich der damalige Landrat Burscher v. Saher zum Weißenstein veranlasst, für die Schützengilde Neutomischel, „welche sich 1848 allein im Buker Kreise durch Patriotismus und treue Anhänglichkeit an Se. Majestät den König und das Königl. Haus ausgezeichnet hatte“, das Ordensband des Hausordens von Hohenzollern als Fahnenband zu beantragen. Leider ist aus den Vereinsschriftstücken über den Erfolg des Antrage nichts mehr zu ersehen. Ob mit dem Antrag die Tatsache zusammenhängt, dass an dem Fahnenstock der alten grünseidenen Fahne eine „eisernes Kreuz“ befestigt war, muss dahingestellt bleiben.

[1.502]

Schuetzenfest in Nowy Tomysl / Neutomischel

Überhaupt trat nach und nach bei der Schützengilde eine Zeit des Niederganges ein. Mehrfache Vorgänge, namentlich bei festlichen Veranstaltungen der Schützengilde erregten das öffentliche Ärgernis in solchem Maße, dass im Jahre 1855 der Bürgermeister Fischer sich genötigt sah, die vorläufige Schließung der Gilde zu verfügen, eine Maßregel, die auch von dem kgl. Landratsamte gutgeheißen werden musste.

Erst im Jahre 1857, als sich nach langwierigen Verhandlungen die Erkenntnis von der Notwendigkeit einer Reorganisation der Gilde mehr und mehr Bahn gebrochen hatte, wurde die bisher bestehende Vereinigung unter Aufteilung des Vereinsvermögens endgültig aufgelöst und unter besonders anerkennenswerter Mitwirkung desselben Bürgermeisters sofort eine neue Körperschaft nach Ausschluss der unliebsamen Elemente begründet.

An Inventarienstücken wurden neben kleineren Gebrauchsgegenständen mit übernommen:

die älteste Fahne

eine neue Fahne aus grüner Seide

zwei Trommeln mit Bandolier

eine Schützenlade

ein Königsband mit 3 von 21 Stück vorhanden gewesenen verschiedenen Silbermünzen und

1 Säbel mit Koppel und messingner Scheide

Es ist aufs tiefste zu bedauern, dass von diesen für die Gilde im Lauf der Jahre so unschätzbar wertvoll gewordenen Gegenständen nur noch die Schützenlade und das rosaseidene Königsband ohne Münzen vorhanden sind. Später fans sich noch eine Halskette aus Silberblech.

Die von einem früheren Mitglied Eduard Kantorowicz aus Posen 1859 geschenkte kunstvolle Porzellanbowle findet noch jetzt bei festlichen Gelegenheiten der Gilde Verwendung.

Der erste Schießstand befand sich etwa in der Mitte der Hinterstraße in der Richtung der der so genannten städtischen Gärten hinter der Synagoge. Später wurden die Schützenfeste auf dem Kriese Schmidt’schen Hocken, heutigen H. Toeffling’schen Garten (am Witteplatz) und bis 1860 auf der damals Kurtz Knoll’schen Wirtschaft in Glinau (gegenüber dem Kreishause) abgehalten.

Im Jahre 1861 wurde mit dem Bau eines Schützenhauses begonnen, das der damalige Schützenbruder Hoffbauer auf seinem in Paprotsch belegenen Grundstücke, dem heutigen Festplatze, unter der Bedingung zu erbauen übernahm, dass die Schützengilde sich verpflichtete, während eines 50jährigen Zeitraumes ihre sämtlichen Festlichkeiten darin abzuhalten.

Seitdem entwickelte sich die Gilde mehr und mehr und erreichte Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre ihren Höhepunkt. Die Gilde hatte sich in der ganzen Zeit, seit ihrer Neuorganisation des besonderen Wohlwollens des späteren Kommissionsrates Jos. Jac. Flatau zu erfreuen, der ihr im Jahre 1859 die noch jetzt den jedesmaligen Schützenkönig zierende Silberkette geschenkt hat. Außerdem stiftete er alljährlich zum Pfingstschießen wertvolle Preise, die noch so manchem jetzt lebenden Schützen die Erinnerung an dieses Ehrenmitglied der Gilde wach erhalten werden. 1861 vertrat Flatau auch die Schützengilde auf dem 1. Allgemeinen deutschen Schützenfest in Gotha.

Am 14. April 1883 fand die Einweihung einer neu beschafften, noch jetzt im Gebrauch befindlichen Schützenfahne statt.

Hierbei mag gleich erwähnt werden, dass seit Bestehen der Gilde viermal die Königswürde für Mitglieder des Herrscherhauses erschossen wurde und zwar:

1.      185? von dem Hopfenhändler Heinrich Toeffling für Se. Majestät den König Friedrich Wilhelm IV.

2.      1875 von dem Mühlenbesitzer und späteren Schützenmajor Theophil Morzynski für S. Kais. und Kgl. Hoheit den Kronprinzen Friedrich Wilhelm

3.      1879 von dem Major und Bezirkskommandeur von Hippel für Se. Majestät den Kaiser Wilhelm I.

4.      1882 von dem Hopfenhändler und damaligen Nebenältesten Julius Toeffling für Se. Kais. und Kgl. Hoheit den Kronprinzen Friedrich Wilhelm

Leider sind aber auch hier wieder die über die jedesmal erfolgte Annahme der Königswürde seitens der genannten hohen Herren erfolgten Kabinettschreiben der Gilde nicht erhalten geblieben. Ebenso muss mit Bedauern festgestellt werden, dass die an die reorganisierte Gilde überkommenen drei Münzen aus der früheren Königskette versteigert und in Privathände übergegangen sind. Es ist hier wohl der Wunsch erlaubt, dass etwa noch vorhandene Gegenstände, auf die die Aufmerksamkeit hiermit gelenkt sei, der Gilde wieder zugeführt werden mögen, und dass in Zukunft etwas mehr Wert als in früheren Jahren auf die Erhaltung überkommener vereinsgeschichtlicher Wertstücke gelegt werden möchte.

Am 9. Juli 1889 konnte die Gilde auf ihr 100jähriges Bestehen zurückblicken, welch seltenes Fest am 4. August in würdiger und glanzvoller Weise unter Teilnahme von sieben benachbarten Gilden gefeiert wurde.

Als eine Stiftung für die Gilde mag noch erwähnt werden, dass 1896 der Schützenkönig und der Marschall, Restaurateur Heinrich Rausch und Bürgermeister Carl Witte, an das grüne Band für den Marschall der Gilde 10 silberne Münzen gestiftet haben, auf denen die Namen der seit dem Jahre 1886 in der Marschallswürde gewesenen Personen eingeschnitten sind.

1911 und 1912 schloss sich die hiesige Schützengilde dem damals in der Gründung begriffenen Schützenbund Neumark-Posen an, dessen Vorstand und Mitglieder wir bereits 1807 und 1904 zum IV. bzw. XII. Bundesschießen als Gäste begrüßen durften.

Auch zu dem gegenwärtig hier wieder stattfindenden XVIII. Bundesschiessen rufen wir den Bundesgenossen ein „Herzlich Willkommen“ zu. Gilt es doch gleichzeitig das 125 jährige Bestehen der Schützengilde Neutomischel zu feiern. Wünschen wir, dass dieses Fest zur Ehre der Jubelgilde und unserer Stadt einen allseitig fröhlichen Verlauf nehmen und jedem Teilnehmer noch lange in freundlicher Erinnerung verbleiben möge !

K.E.G. (Karl Eduard Goldmann)

Schoefinius – Lehrer zu Grubske – Autor der Aufzeichnungen zur Gründung des Dorfes Grubske

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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[1.503]

Schulchronik Grubske – Urfassung der Aufzeichnungen

Es gibt noch eine alte Schulchronik, die sich unter anderem mit der Entstehung der Ortsschaft Grubske, den dortigen ersten Siedlern und der Einrichtung der ersten Schule mit ihrem ersten Lehrer befasst.

Sie ist heute im Besitz der Kinder des ehemaligen Leiters und späteren Direktors der Schule Grubske Herrn Henryk Stankowski (1892-1971), die uns diese für unsere Geschichtsbeschreibung des Neutomischeler Haulandes freundlicher Weise zur Einsicht zur Verfügung stellten.

* * *

Bis zur Erwähnung, dass Hermann Schoefinius aus Schierzig (geboren um 1814) im April 1835 nach einer ersten Lehrprobe die Anstellung als Lehrer zu Grubske erhält, diese Anstellung zum 01. Juni 1835 bestätigt wird und er dieses Amt zum Zeitpunkt des Endes der geschichtlichen Abhandlung noch inne hat, ist die Aufzeichnung in ein und derselben Handschrift verfasst.

Ein Wechsel der Schrift ist erst mit einem Eintrag zum 01. November 1885 festzustellen. Bei diesem handelt es sich darum, dass Lehrer Schoefinius an diesem Tage sein 50-jähriges Amtsjubiläum feiert und mit diesem Tage in den wohlverdienten Ruhestand tritt.

Zu Lehrer Schoefinius ist dann noch im Jahr 1886 zu finden, dass man aus Rücksicht ihm gegenüber sogar die Ausführung des Schulumbaus verzögerte: „Es wurden auch schon Ziegel gekauft und angefahren, da aber der Lehrer Schoefinius schon alt und schwach war und darum nicht gern in seiner Ruhe gestört werden wollte, so wurde aus Pietät gegen denselben beschlossen die Ausführung des Baues zu unterlassen bis der neue Lehrer hier sein würde.“

[1.504]

Schulchronik – Abschrift der Urfassung

Man kann also annehmen dass diese Schulchronik die älteste noch erhaltene Aufzeichnung ist, die sich mit dieser Thematik der Gründung des Dorfes Grubske auseinandersetzt und vermutlich von eben diesem Lehrer Hermann Schoefinius verfasst wurde.

Diese Annahme findet auch darin Bestätigung, dass sich in dem Buch der Schulchronik handschriftliche Seiten finden, die diese Geschichtsaufzeichnung in leserlicherer Form darstellen, sprich abgeschrieben wurde. Dieser Text wurde dann wieder, mit einigen wenigen Änderungen bei der Abfassung der Chronik zur 100-Jahr-Feier der Kirche zu Friedenhorst/Alt Jastremske verwendet. Pastor Illgner, seinerzeit auch als Lokalschulinspektor zuständig für die Schule Grubske, hatte vermutlich auch schon im Jahr 1897 keine anderen geschichtlichen Aufzeichnungen, auf die er hat zurückgreifen können, als die des Lehrer Schoefinius, um die umfangreiche Chronik des Jubiläums zu erstellen.

Die Arbeit des Lehrers Schoefinius erfährt mit diesem Artikel eine kleine späte Anerkennung.

[1.505]

Schoefinius Familiengrab-Platte Grubske / Aufn. PM

Familiendaten der Familie Schoefinius (Stand Nov. 2010)
Eltern:
Carl Daniel Schoefinius – Chirugius in Rostersdorf/Schlesien verheiratet mit Eleonora Breither
als ältester  
Sohn
Hermann Carl Friedrich Schoefinius ca. geb. 1814 – Lehrer zu Grubske 
verstorben 1886 oder später
oo 1836 zu Bentschen mit Wilhelmina Drescher ca. geb. 1813
Kinder der  
Lehrerfamilie
Hulda geb. ca. 1838  später oo Friedrich Wilhelm Pfeiffer
Carl Friedrich Hermann + geb. u. gest. 1839 und Gustav Julius Hermann + geb. 1842 gest. 1849
Augusta Amalia Albertina geb. ca. 1844  später oo Johann Robert Drescher
Robert Edmund Otto geb. ca. 1846 später oo mit Hulda Leopoldine Hammermeister
Wilhelmina Augusta Agnes geb. 1852 später oo Reinhold Stengel

 

Vom Tabakbau in der Provinz Posen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Adolf Schulz (1811), Lehrer zu Weidenau)
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[1.506]

Oskar Eulitz – Verleger zu Lissa

Dieser Artikel und auch die Bilder wurde entnommen aus: „Aus dem Posener Lande“ – Monatsblätter für Heimatkunde – 6. Jahrgang – Heft 9 – erschienen im September 1911 – Herausgegeben von Stadtbibliothekar Professor Dr. Georg Minde-Pouet in Bromberg – Verlegt von Oskar Eulitz, Lissa in Posen und digitalisiert durch: http://www.wbc.poznan.pl/dlibra

Auch in den evangelischen Kirchenbüchern der Gegend Neutomischel finden sich ab und an Erwähnungen, dass Tabakanbau und -handel betrieben wurde, einige Beispiele sind:

Tabakplanteure: Alt Tomysl: Johann George Elias, Duschnik: Jocob Leschke, Neustadt: Johann Selchen, Gottlieb Pfeiffer, Polnisch Bömisch: David Ratz, Strelz: Paul Dede, Usenszic: Martin, Hensel, Wielichowo: Peter Krüger, Wollstein: Gottlieb Rabow

Tabakspinner: Neustadt: Johann Friedrich Pfeiffer, Neutomischel: Johann Joseph Pfeiffer, Pinne: Johann Samuel Günther

Tabakfabrikanten: Alt Tomysl: Johann Christian Leske, Grätz: Johann Martin Musch

* * *

Das schöne Herbstwetter lässt mir keine Ruhe, es treibt mich hinaus, durch Feld und Wald zu wandern. Wie ein Feuerball steht die Sonne am Himmel, ihre goldigen Strahlen zur Erde sendend. Überall auf den Feldern sieht man geschäftiges Treiben. Die letzten Gaben des Herbstes müssen eingeerntet werden. Altweibersommer zieht seine langen Fäden von Baum zu Baum, als wollte er mir den Weg versperren. Freudig schreite ich weiter, die weißen Fäden zerreißend. Wie wandert’s sich so schön! Ein schattiger Wald winkt mir mit seinen immergrünen Zweigen.

„Grüß Gott!“ tönt es mir da plötzlich entgegen.

„Ah! Grüß Gott! Hat dich das schöne Wetter auch hinaus gelockt?“

„Gewiss, man muss es doch genießen, solange es noch geht.“

„Du rauchst ja schon wieder, als wenn ein Kossät‘ bäckt.“

„Lass mir doch das kleine Vergnügen, es ist ja fast das einzige, dass ich in meiner Einsamkeit habe. Darf ich dir eine anbieten?“

„Ich muss danken, du weißt ja: immer noch Nichtraucher!“

„Von denen kannst du schon eine vertragen: echt Havanna!“

„Havanna? – Wohl Posener Deckblatt mit Havanna-Einlage!“

„Wie meinst du das? Wird denn in der Provinz Posen Tabak angebaut?“

„Aber gewiss!“

„Wo denn?“

„In den Dörfern Rogsen, Chlastawe und Kuschten im Kreise Meseritz und Gollmütz im Kreise Schwerin a.d.W.“

„Kannst du mir vielleicht etwas Genaueres vom Tabakbau erzählen?“

„Gern! – Höre:

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Blühende Tabakpflanze

Der Tabak ist von von Linné nach dem französischen Gesandten Nicot Nicotiana benannt worden. Er gehört in die Familie der Solanazeen. Die Pflanze hat eine starke Faserwurzel. Der starke, 1 ½ bis 1 ¾ Meter hohe Stengel ist kurz behaart, klebrig, kantig und sehr holzig. (Die Pflanze auf der Abb. ist annähernd 2 Meter hoch, allerdings in keinem der genannten Dörfer gewachsen, sondern in den Frühbeeten zu Polanowitz, Kreis Strelno.) Die lanzettlichen Blätter des virginischen Tabaks – Nicotiana tabacum – erreichen eine Breite von 25-30 cm und eine Länge von 50-60 cm. Der türkische oder Bauerntabak – Nicotiana rustica – mit eiförmigen Blättern wird in der Provinz Posen fast gar nicht angebaut. Die starke Mittelrippe tritt auf der unteren Blattseite bedeutend, oft bis zur Stärke eines kleinen Fingers, hervor. Die Blüten stehen in ausgebreiteten Rispen, sind langröhrig und von hellroter Färbung. Die Blumenkrone ist eine Glocke mit fünfzähnigem Saume. Auch der grüne Kelch ist fünfzähnig und bleibend. Die Frucht ist eine zweiklappige Kapsel mit sehr zahlreichen, kleinen dunkelbraunen Samen.

Ende August werden die großen Rispen abgeschnitten und in luftigen Räumen zum Trocknen aufgehängt. Die trocknen Fruchtkapseln zerreibt man im Frühjahr und gewinnt so die Samenkörner. Ende März werden diese mit etwas Erde vermengt, angefeuchtet in einen Lappen geschlagen und an einem warmen Orte zum Keimen gebracht. Die gekeimten Samenkörner werden dann nach ungefähr 14 Tagen in Beete gesät. Die aufgehenden Pflänzchen müssen sehr häufig begossen werden. Nachts schützt man sie durch dicke Strohdecken vor Frost. Die grünen Pflanzen stehen bald so dicht, dass man unter ihnen den Erdboden nicht mehr erkennen kann. Sie werden oft mit gesiebtem Straßenabraum bestreut, damit sie mehr Wurzeln anlegen können.

Ende Mai und Anfang Juni werden die jungen Pflanzen aus dem Garten in Abständen von 25-30 cm auf den in Beete geteilten Acker verpflanzt. Damit die Pflanzen in frische Erde kommen, muss „vorgestochen“ werden, d. h. der Acker wird an den Stellen, wohin die Pflanzen kommen sollen, umgegraben. Nach zwei bis drei Wochen wird der Tabak behackt und beim zweiten Behacken auch behäufelt. Bei warmer, nasser Witterung wächst der Tabak bald soweit, dass er den Acker wie mit einem grünen Tuche vollständig bedeckt.

Bald zeigen sich auch die Blütenköpfe. Pflanzen, an denen die Blüte zur Entwicklung kommt, haben Blätter von nur geringer Größe. Um größere Blätter zu erzielen, „köpft“ man den Tabak. Die Blütenköpfe werden in einer bestimmten Höhe abgebrochen, so dass die Pflanze nur acht bis zehn Blätter behält. Nur einige Stauden werden der Samengewinnung wegen zur Blüte gebracht. Bad nach dem Köpfen erscheinen in den Blattwinkeln neue Triebe, „Geiz“ genannt. Der Tabak wird nun „gegeizt“, d. h. die jungen Triebe werden herausgebrochen, damit die Pflanze ihre ganze Kraft ungeteilt den Blättern zuwenden kann.

Anfang August ist der Tabak reif. Die unteren Blätter, Sandblätter genannt, werden gelb, die übrigen Blätter werden abgebrochen und, nachdem sie etwas gewelkt sind, angereiht. Die Mittelrippe des Blattes wird mit einer ungefähr 40 cm langen Nadel durchstochen und auf eine Schnur gezogen. Eine nicht geringe Arbeit, die von jung und alt zum größten Teil am Abend im Kreise der Familie, Verwandten und Bekannten ausgeführt wird. Der angereihte Tabak wird einige Zeit in dazu gebauten Gerüsten, später in sehr luftigen Innenräumen getrocknet. Zu dicht aufgehängter Tabak schimmelt oder bekommt besonders bei feuchter Witterung den „Brand“.

Die beim Abblatten stehen bleibenden „Strünke“ treiben schnell frischen Geiz. Damit diese minderwertigen Blätter nicht unter die Ernte gemischt werden können, müssen die Strünke innerhalb einer festgelegten Zeit beseitigt sein.

Schon im September wird der Tabak an Fabrikanten oder „Spinner“ verkauft. Der aus Rogsen und Chlastawe kommt zum größten Teil nach Brätz, Schwiebus, Landsberg a.d.W. Der Zentner bringt durchschnittlich 20-26 Mark, oft auch mehr. Vor zwei Jahren (1809) wurde für einen Zentner bis zu 37 Mark gezahlt. Von einem Morgen werden durchschnittlich zehn Zentner geerntet. Der Tabakbau ist mithin sehr lohnend, wenn nur die viele Arbeit nicht wäre. In den letzten Jahren ist der Tabakbau in der Provinz Posen immer mehr zurückgegangen. Es werden nur noch rund 50 Hektar bepflanzt. Noch weniger bepflanzt ist Westfalen, mit nämlich nur 0,2 Hektar, Schleswig-Holstein betreibt keinen Tabakbau.

Anfang November wird der Tabak von den Trockenböden abgenommen, zu größeren Bunden vereinigt und amtlich verwogen. Die Steuer, die der Käufer zu zahlen hat, beträgt für den Zentner 22,50 Mark. Bei Flächen von weniger als vier Ar ist die frühere Flächensteuer beibehalten worden. Sie beläuft sich auf 4,5 Pfennig für einen Quadratmeter. Wenn kaum die letzte Pflanze in die Erde gekommen ist, wird der zu erwartende Ertrag eingeschätzt. Da die Entwicklung des Tabaks sehr von Witterungseinflüssen abhängig ist, ist es selbstverständlich, dass der Ertrag auf dem Felde oft zu hoch eingeschätzt wird. Fehlt beim Verwiegen an der geschätzten Zahl von Zentnern etwas, so muss der Besitzer den Grund hierfür angeben(!).

Der Steuerertrag belief sich im Deutschen Reiche in den letzten Jahren auf etwa elf Millionen Mark. Der von dem aus dem Auslande kommenden Tabak erhobene Zoll betrug etwa 45 Millionen Mark, so dass Steuer und Zoll zusammen eine Belastung von nicht ganz einer Mark für den Kopf ergaben. Diese Zahl dürfte nach der Steuererhöhung von 1909 auf etwa 1,60 Mark gestiegen sein. Vergleicht man damit die Belastung anderer Staaten – Italien etwa mit 3,00 Mark für den Kopf, Vereinigte Staaten mit 4,10 Mark, Österreich 4,20 Mark, Spanien 4,30 Mark, England 5,10 Mark (nur Zoll, da der Tabakbau seit 1652 verboten ist), Frankreich 6,50 Mark -, so wird wohl auch jeder Raucher zugeben müssen, dass der Tabak schon noch eine kleine Steuererhöhung vertragen konnte.

[1.508]

Links: Anreihen der Blätter auf die Nadel – Rechts: Abstreifen auf die Schnur; im Vordergrunde: abgeblattete Stengel – im Hintergrunde: Das Blatten

Lang ist die Leidensgeschichte des Tabaks. Während er bald nach seinem Bekanntwerden in Europa als Heilmittel benutzt und als eine „göttliche Pflanze“, ein Geschenk des Himmels“, eine „Zierde der Erde“ verherrlicht wurde, begannen bald Staat und Kirche einen langen Kampf gegen das „Satanskraut“. Papst Urban VIII. erließ 1624 eine Bulle gegen das Tabakschnupfen in der Kirche. Als Antwort erschien an der Bildsäule des Pasquino in lateinischer Sprache der Satz: „Gegen ein Blatt, das vom Winde fortgerissen wird, gehst du mit Macht vor, und einen dürren Halm verfolgst du?“ Da das Epigramm dem Papst gefiel, sicherte der dem Verfasser 500 Scudi Belohnung zu, aber Pasquino antwortete: „Gib sie dem Hiob!“ Der Vers steht nämlich Hiob 13, 25 (Frankfurter Zeitung). Jakob I. von England tadelte seine Untertanen in einer von ihm verfassten Schrift, dass sie „aus ihrem Innern eine Sudelküche machten und die edelsten Teile des Körpers mit fettigem Ruß beschmutzten“. In einem anderen Buche stellt er das Rauchen als das wahrhafte Bild der Hölle dar, das auch zur Hölle führt: „es macht trunken und toll im Kopf und ist der Hölle gleich in seinem Wesen; denn es ist ein stinkendes, ekelhaftes Ding.“ Ein Prediger rief seiner Gemeinde recht drastisch zu: „Damit man immer mehr saufen könne, macht man den Hals zur Feuermauer und zündet dem Teufel ein Rauchwerk an.“ Kant bezeichnet den Tabak als „das gemeinste Mittel von Sinnesempfindungen, es sei, ihn zu schnupfen oder auch durch Pfeifenröhren oder durch angezündeten Zigarro zu rauchen.“

In vielen Städten war das Rauchen auf den Straßen verboten. In Dresden wurde ein solches Verbot erst 1844 aufgehoben. Russland bestrafte das Rauchen mit Verbannung nach Sibirien. Nach dem großen Brande in Konstantinopel im Jahre 1633 wurden die Rauer in der Türkei sogar mit dem Tode bestraft.

Heute (1811) kennt man solche Verbote nicht mehr, man wird sie kaum für möglich halten. Wie viele sind es, denen die Zigarre oder das Pfeifchen in der Einsamkeit an Freundesstelle tritt, und die durch das edle Kraut bei der Arbeit angeregt werden. So behauptet es wenigsten ein unbekannter Dichter in einer Hymne auf den Tabak, die hier noch folgen soll:

Wenn mein Pfeifchen dampft und glüht,

und der Rauch von Blättern

sanft mir durch die Nase zieht,

Tausch‘ ich nicht mit Göttern.

Du trittst in der Einsamkeit

Mir an Freundesstelle;

Fehlt es mir an Zeitvertreib,

Nehm‘ ich’s Pfeifchen schnelle.

Schwindet dann der Rauch im Wind,

Fang‘ ich an zu lachen

Und denk: So vergänglich sind

Alle andern Sachen.

Edles Kraut, du stärkest mich,

Gibst mir Kraft und Leben.

Könnt‘ ich, edler Tabak, dich

Nach Verdienst erheben!

Schenk‘, o Himmel, diesem Kraut

Früh und spät den Regen

Und dem Landmann, der es baut,

Wonne, Glück und Segen.“

Dezember – Grudzień 2010

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski und Gudrun Tabbert)
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Nowy Tomyśl / Neutomischel 2010

FROHE WEIHNACHTEN

UND

EIN GUTES NEUES JAHR !

WESOŁYCH ŚWIĄT

I

SZCZĘŚLIWEGO NOWEGO ROKU

Der Bundeskönig – 1914

geschrieben von Gudrun Tabbert
(O. R. O. Sander (1914))
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Das ehemalige Schützenhaus [302]

Das ehemalige Schützenhaus

Dieser Artikel wurde aus der Festschrift zum 125. jährigen Jubiläum der Schützengilde Neutomischel und des 18. Bundesschießens des Schützenbundes Neumarkt-Posen aus dem Jahr 1914 entnommen.
Zur Verfügung gestellt wurde die Kopie des Beitrages zur Veröffentlichung auf dieser Seite von Herrn Dieter Maennel, Kassel aus dem von ihm gepflegten MAENNEL ARCHIV

* * *

Eine beinahe wahre Begebenheit, die tragisch beginnt, aber fröhlich endet

„Heute über vierzehn Tage ist also der große Tag“, so begann der biedere Bäckermeister. Stadtverordnete und diesjährige Schützenkönig Gustav Hannebom zu seiner mit der Morgentoilette beschäftigten Ehegattin Klara, „an welchem es sich offenbaren soll, wer die Würde des Bundeskönigs erringen wird. Die ganze Stadt, ja der ganze Schützenbund Neumark-Posen sieht dem Tage mit Spannung entgegen — —.“ „Schon wieder die vermaledeite Schützengeschichte“ unterbrach ihn in anscheinend recht gereizter Stimmung seine Ehehälfte, „ich möchte rasend werden, wenn ich nur das Wort “Bundesschießen“ höre: kein Tag vergeht, an dem ich nicht zwanzigmal an diesen kindischen und höchst  überflüssigen Schützenkram erinnert werde, und doch ist alles nur das Werk ungebildeter Alltagsmenschen, die auch nicht die Spur einer höheren Geistesrichtung besitzen und nur Sinn für eine längst nicht mehr zeitgemäße und deshalb unberechtigte Sache haben. Ich bitte dich des­halb zum letztenmal : verschone mich mit Schützenkram und Bundesschießen und kehre der Sache endlich den Rücken!“

„Aber teure Klara,“ versuchte der Gatte einzuwenden, „bedenke doch, welche Ehrungen mir erst jetzt wieder zuteil wurden, als ich beim Pfingstschießen den besten Schuss abgegeben hatte und zum Schützenkönig feierlich proklamiert wurde Sogar der Herr Regimentskommandeur hat mir die Hand geschüttelt und zu mir gesagt: „Das war brav von Ihnen, Hannebom, auf einen guten Schützen sieht auch das Vaterland mit Stolz, fahren Sie so fort!“ Und nun gar erst der Herr Bürger­meister, wie hat er mich in seiner Rede gefeiert, wie hat er noch ganz besonders hervorgehoben, dass gerade die Schützenbrüder sich als treue Staatsbürger gezeigt haben, als es 1848 galt, der polnischen Aufstandsbewegung entgegenzutreten. Kurz und gut, ich lasse auf die Schützen nichts kommen, denn sie sind auch eine Stütze des Staates.“

Für diese mit großem Pathos vorgetragene Erwiderung hatte die Gattin leider nur ein überlegenes, höhnisches Lächeln. „Eine schöne Stütze des Staates“ müssen deine Schützenbrüder abgeben, wenn es möglich war, dem einen das Pulver aus den Patronen ganz wegzu­nehmen und einem anderen dafür Schokoladenpulver einzufüllen. Oder wird der Staat etwa besonders gestützt, wenn beim Schießen die Büchse zerplatzt, weil, wie es Onkel Julius passierte, der Eisenwurm das Schloss zerfressen hatte? Darum wiederhole ich: lass den ganzen Trödel sein, es warten deiner andere Aufgaben, die eines Stadtverordneten und besseren Bürgers würdig sind. Suche dich und deine Familie geistig zu heben, schließe dich der gebildeten Gesellschaft an und mache dich nützlich  auf dem  Gebiete  ersprießlicher  Vereinstätigkeit.“

„Alles was recht ist, liebe Klara, wegen der Vereinstätigkeit bin ich ganz deiner Ansicht. Hat doch neulich erst der Postmeister behaup­tet, wir hätten hier zu wenig Vereine. Es fehle noch ein „Verein gegen Verarmung der Bierbrauer“ und ein „Verein zur Beschaffung von Pelzmützen für arme Negerknaben“ sagte er. Und er muss wohl recht haben, denn mit der Gründung des ersten Vereins soll es losgehen, sobald das Bundesschießen vorüber ist, Vorstudien dazu sind schon jetzt wöchentlich zweimal in Wandreys Hinterzimmer im Gange und wegen des anderen Vereins wird wohl an den Frauenverein herangetreten werden müssen, weil dieser dazu geeigneter ist. Aber was die Bildung anbelangt, so musst du doch zugeben, dass ich dafür tue, was nur mög­lich ist. Seit anderthalb fahren schon halte ich für dich die „Garten­laube“ und für unsere Else die „Modenwelt“. Unsern Fritz schicke ich dir zuliebe auf die höhere Schule, damit er Lateinisch und Griechisch lerne, denn die ollen Römers und Griechen sollen ja so viel Bildung besessen haben, dass man den Überschuss davon auf Flaschen ziehen konnte. Aber große Erfolge habe ich von all‘ meinen Bemühungen bis jetzt nicht gesehen, denn du drangsalierst mich genau so wie früher wegen meiner Zugehörigkeit zur Schützengilde, und Else hat aus der Modenwelt gerade soviel profitiert, dass sie sich wie eine Zierpuppe kleidet.

„Das verstehst du nicht“ warf die Gattin spitz ein, „Else ist mein Erziehungssubstrat, sie kleidet sich modern und so, wie es einer gebildeten jungen Dame zukommt.“

„Dann pfeife ich auf die ganze moderne Bildung. Liegt etwa Geschmack darin, wenn die Kleider einen Zuschnitt haben, als ob der Stoff dazu aus einer Resterhandlung bezogen wäre, weil oben und unten alles zu kurz ist. Und nun gar erst die Strümpfe. Farben haben sie, die es gar nicht gibt, und eigentlich bestehen sie überhaupt nur noch aus Löchern. Wohin soll dieser Unfug noch führen? Und weißt du, was mir neulich der Oberlehrer B. anvertraute? Er sagte mit dürren Worten, das Beste wäre, ich lasse unsern Fritz ruhig Bäcker lernen, denn auf der Schule würde er keine Lorbeeren erringen, und zum Gelehrten passe er, wie der Esel zum Zitherspielen. Ich glaube fast, er hat recht, das Gescheiteste wäre, ich schmeiße seine griechischen Bücher in das Backofenfeuer, dann könnte ich wenigstens das Backwasser damit warm machen. Schuster bleib bei deinem Leisten, das ist ein altes wahres Sprichwort, ich sehe nicht ein, warum unser Junge mein altes, vom Urgroßvater auf mich überkommenes Geschäft, das uns so gut nährt, nicht übernehmen soll, und warum du dagegen bist, dass unsere Else Karl Ehrhardt, den Sohn meines alten lieben Freundes, unseres Bundesvorsitzenden Ehrhardt, den sie so gern hat  heiratet!“

Gustav Hannebom hatte sich arg in die Wolle geredet, und dabei war ihm fast entgangen, dass seine traute Ehehälfte blass vor Wut auf das Familiensofa gesunken war.

„Gustav, du wagst es mir zuzumuten, dass ich meine mütterliche Zustimmung zu einer Verbindung gebe, die meinem Innersten zuwider ist, und noch dazu mit einem mir feindlich gesinnten jungen Manne, dem jedes Verständnis für den Umgang mit einer gebildeten Dame abgeht. Lieber will ich tot sein, als jemals in die Lage kommen, meinen Begriffen von Takt und guten Sitten untreu zu werden. Darum sage ich dir zum letztenmal, wenn es dir je einfallen sollte, diese schrecklichen Worte zu wiederholen, dann gehe ich in den Tod, und wenn du deiner unseligen Leidenschaft für den Schützenkram nicht entsagst und das Bundesschießen mitmachst, dann — dann siehst du mich nicht wieder!“

Fort war sie, und mit offenem Munde sah ihr Gustav sprachlos nach.

Schwere Sorgen waren über Gustav Hannebom hereingebrochen. Hier der Kampf mit seinem Pflichtgefühl gegenüber der Schützenbrüderschaft, dort das in Aussicht stehende Drama in der eigenen Familie, dazu eine erneute Mitteilung des Oberlehrers über recht unbefriedigende Leistungen des Stammhalters Fritz, Verdruss im Geschäft und Ärger darüber, dass nach seinem Empfinden die Stellungnahme der städtischen Vertretung zu dem Bundesschießen eine völlig unzureichende sei. Alles nagte an dem Herzen des sonst so gutmütigen und zufriedenen Bäcker­meisters. Zuhause hatte er das Gefühl, als ob er auf einem Vulkan sitze, der in jedem Augenblick seine vernichtende Tätigkeit beginnen müsse. Sich einem anderen mitfühlenden Herzen anzuvertrauen, das ließ sein Mannesstolz und seine Würde als Stadtverordneter und Schützenkönig nicht zu. Was blieb ihm also weiter übrig, als seinen Unmut nach dem Vorbilde anderer Leidensgefährten in einem kühlen Schoppen zu ertränken. Gedacht, getan, und bald saß unser Gustav Hannebom in, seinem gewohnten Stammlokal. Aber auch hier schien ihm die Lebens­freude vergällt zu werden, denn schon bei seinem Eintritt war ihm nicht entgangen, dass verschiedene seiner ihm sonst so zugetanen Gesinnungsgenossen ihn anfeixten und hinter seinem Rücken Glossen über ihn machten. Seine Lage wurde auch nicht besser, als ihn sein bald darauf eintretender Busenfreund, der Fleischermeister Wilhelm Schulze, mit den etwas herausfordernden Worten begrüßte: „Na Gustav, was ist dir, du siehst heute so vergeistigt aus. Hat dir dein Inventarium eine Gar­dinenpredigt gehalten, oder ist dir sonst eine Laus über die Leber gelaufen?“ Schwer nur entschloss sich unser Freund mit einigen abwehrenden Worten zu antworten, aber bald sah er sich von seinen Freunden umringt, und da er sich unvorsichtigerweise auf das altersschwache Leder­sofa hinter dem runden Stammtisch gesetzt hatte, gab es kein Entrinnen mehr. „Halt dir feste, Gustav“, „Du bleibst unser Stolz, unser Schützenkönig“, „kein Deuwel soll dir uns abwendig machen“, lass man, wir helfen dir alle“, so ging es von allen Seiten auf ihn ein, und unser braver Hannebom hatte bald wieder Ruhe und Fassung gefunden.

Was soll ich von dieser traulichen Sitzung viel erzählen. Sie verlief wie alle ähnlichen Sitzungen, in denen viel von Manneswürde, Einigkeit und Freundschaft, Treue und Eifer für die übernommenen Pflichten und dergleichen gesprochen wird, und in denen auch der feuchte Teil zu seinem Recht kommt, und sie endete zu früher Morgenstunde, als auch unser lieber Hannebom, von seinen Busenfreunden Schulze und Westermann geleitet, etwas schwanken Schrittes seinen heimatlichen Penaten zusteuerte, wo er gerade eintraf, als der Geselle das erste Frühstücksgebäck aus dem Ofen brachte. Obwohl er auch später als sonst und mit etwas Haarwurzelkatarrh erwachte, war ihm doch be­deutend leichter ums Herz, und wenn ihm auch nicht all die schönen ermunternden Ansprüche seiner Gesinnungsgenossen in der Erinnerung haften geblieben waren, so entsann er sich doch lebhaft seiner eigenen Worte: „Kinder, mag es kommen, wie es will, ich bin der Eurige und bleibe der Fahne treu!“

Der „große Tag“ war gekommen, Zapfenstreich, großes Wecken, fahnengeschmückte Straßen, anrückende auswärtige Schützenbrüder, geschäftig hin- und her rennende Mitglieder der verschiedenen „Ausschüsse“, Erwartung auf allen Gesichtern und dazu ein lachender sonnenglänzender Himmel, überall Festesstimmung.

Frau Klara hatte bis zum letzten Tage gehofft, dass sie, wie so oft, auch diesmal aus dem Familienzwist als Siegerin hervorgehen müsse. Als sie aber ihre Niederlage einzusehen begann, hatte sie sich, Else gegenüber Migräne vorschützend, in das Schlafzimmer zurückgezogen, ihr sonst so gefügiger Ehegemahl war schon seit fast acht Tagen keines Wortes, keines Blickes mehr gewürdigt worden. Gegen elf Uhr vormittags hatte sich dieser, äußerlich zwar eine würdige Ruhe zur Schau tragend, innerlich aber doch mit einer Beklemmung  behaftet, zum Begrüßungsschoppen nach dem Gildelokal begeben und dort hauptsächlich seinen alten Freund, den Bundesvorsitzenden, Buchbindermeister und Inhaber eines Galanteriewarengeschäfts Ehrhardt aus Schwiehof aufzusuchen und ihn über die peinlichen Vorgänge vertraulich zu unterrichten. Wusste Hannebom doch, dass er an diesem stetes hilfsbereiten und mit gesundem Humor aus­gerüsteten Freunde die rechte Stütze finden würde. Und er hatte sich nicht getäuscht. „Gräme dich nicht, Gustav, was gemacht werden kann, wird gemacht, ich glaube, der Tag wird noch freudig enden!“ Mit diesen traulichen Worten klopfte Ehrhardt seinem Hannebom auf die Schulter, und der Frühschoppen nahm nach allseitiger herzlicher, Be­grüßung einen fröhlichen Verlauf.

Gegen Mittag Hornruf: „das Ganze sammeln“, bald darauf: Antreten, Abholung der Fahnen und Ehrengäste vom Rathaus und Ausmarsch nach dem Festplatz. Beginn des Schießens usw.

[1.509]

Hotel „Schwarzer Adler“ – Werbung in der Festschrift

Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ew’ger Bund zu flechten, und das Unglück schreitet schnell! So ging es auch unserm braven Hannebom, oder richtiger seiner besseren Hälfte. Kaum hatte der Fest­zug das Städtchen verlassen, als bei Hanneboms der bestellte Hotel­wagen des »Schwarzen Adlers“ vorfuhr, wie immer zu spät, um hier die Frau des Hauses zum Nachmittagszuge nach Berlin abzuholen. Diese war mit den Reisevorbereitungen natürlich auch noch nicht fertig, und so konnte es nicht ausbleiben, dass der Wagen mit fast zehn Minuten Verspätung absauste. „Zu große Hast macht ungeschickt“. Dieses Dichterwort sollte sich auch heute wieder bewahrheiten, denn kaum war der Wagen hundert Meter hinter der Ortsgrenze, als er infolge Ungeschicks des Kutschers beim Überholen eines Goldmann’schen Rollwagens mit dem Hinterrade an diesen anrannte und sicher umgestürzt wäre, wenn ihn nicht eine ganz in der Nähe stehende Telegraphenstange aufgehalten hätte. (Hieraus kann man ersehen, dass Telegraphenstangen nicht immer nur ein Verkehrshindernis sind.) Trotzdem konnte es nicht ausbleiben, dass sich der Hotelwagen bedenklich auf die rechte Seite neigte, und dass seine Insassin Klara Hannebom mit Kopf und Armen durch die Wagenscheiben fuhr. Entsetztes Aufschreien, blutiges Gesicht, desgleichen Hände und der unvermeidliche Ohnmachtsanfall. Europa blieb ruhig.

[1.510]

Rollwagen der Goldmann & Co.

Doch die Hilfe war nicht fern. Ein junger fremder Schützenbruder passierte in dem Schreckensaugenblick die Unfallstelle mit seinem Fahrrade. Abspringen, die Situation überschauen, den Wagen mit Hilfe einiger des Weges daherkommender anderer Leute aufrichten und der Insassin aus der gefährlichen Lage helfen, war das Werk eines Augen­blicks. Ein glücklicher Zufall wollte es außerdem, dass der Retter als Mitglied einer Sanitätskolonne mit »der ersten Hilfeleistung bei Unfälle»“ völlig vertraut war und — was ein umsichtiger ,Sanitäter“ immer tun muss — das wichtigste Verbandzeug bei sich trug. Wasser war aus einem nahen Gehöft bald beschafft, die nötige Reinigung der Verletzten konnte also gleich an Ort und Stelle vorgenommen werden, für einen kunstgerechten Verband sorgte der Retter, und nach Verlauf einer knap­pen Viertelstunde konnte Klara mit dem Unglückswagen wieder nachhause fahren, denn der Berliner Zug war inzwischen freilich abgedampft. Fast gleichzeitig mit dem Wagen traf auch der hilfsbereite junge Schützenbruder am Hannebom’schen Hause an, aus dessen Tür etwas aufgeregt ein blasses junges Mädchen trat. Aus ihren verweinten Augen konnte man auf Herzeleid schließen. Es war Else Hannebom, die tieftraurig über das Ausbleiben ihres Karl sich zuhause eingeschlossen hatte, um nicht der Welt zeigen zu brauchen, was an ihr nagte. Die unerwartet schnelle Rückkehr des Wagens, der gerade ans ihr Haus zusteuerte, ließ nichts Gutes ahnen. Als in dem Wagen nun gar die Mutter mit ver­bundenem Kopf sichtbar wurde, gesellte sich zu dem Herzeleid auch der Schreck, und mit jähem Aufschrei stürzte sich Else auf die Wagentür. Doch wer beschreibt ihr Erstaunen, als von der anderen Seite des Wagens ihr Karl hervorsprang. Ein kurzer flüchtiger Gruß, einige Worte der Aufklärung an Else, und schon war Karl dabei, die Ver­unglückte aus dem Wagen zu heben und sie nach der Wohnung zu ge­leiten. Hier neue Überraschung, als Frau Klara erst jetzt ihren Retter erkannte, der aber, ohne ein Wort zu erwidern, ebenso schnell das Zim­mer verlassen hatte, um vernünftigerweise ärztliche Hilfe herbeizuholen. Wenige Minuten später erschien er auch mit dem stets hilfsbereiten Doktor Mönke, den er gerade in dem Augenblick ergattert hatte, als sich dieser nach dem Festplatz begeben wollte. Die sogleich vorgenommene Untersuchung ergab, dass es sich glücklicherweise nur um leichte Kontusionen im Gesicht und an den Händen und um eine Verstauchung des linken Armes handelte. Einfach waren deshalb auch des Doktors Verord­nungen. Kühlende Umschläge, eine Binde, um den Arm zu stützen, und eine Stunde Ruhe. „Dann kommen Sie aber bestimmt nach dem Schützenplatze, ich werde Ihren Mann inzwischen über den Vorfall ver­ständigen“, so schloss der Doktor seine Anordnungen. Karl Ehrhardt besorgte, was noch zu besorgen war, tröstete Mutter und Tochter, was ihm natürlich von letzterer einen ganz besonderen Dank eintrug, und folgt dann dem  Doktor.

Auf dem Schützenplatz war es inzwischen, wie nicht anders mög­lich, recht heiter zugegangen. Auch das Ringen nach der Würde des Bundeskönigs war heftig entbrannt und, o Wunder, bis zur Stunde hatte der Bäckermeister und Stadtverordnete Gustav Hannebom die beste Aussicht die Palme des Tages zu erhalten. Freilich war die Nachricht von dem Unfall seiner Ehegattin nicht spurlos an ihm vorüber gegangen, dazu besaß er eben ein viel zu gutes Herz, aber einerseits lag der Schießerfolg bereits hinter ihm, und andererseits trug die Versicherung des Doktors und Karl Ehrhardts, dass er ganz ohne Sorge sein dürfe, zu seiner völligen Beruhigung bei. Aber es sollte noch schöner kommen. Nach Verlauf von knapp anderthalb Stunden stürmte sein Freund Wil­helm Schulze auf unseren Hannebom mit den Worten: „Gustav, freu‘ Dir, Deine Gattin ist da!“ Von allen Seiten umringt und beglück­wünscht hatte Klara, begleitet von Else, neben dem Musikpavillon Platz genommen, ihrem Gustav war es nicht möglich zu ihr zu gelangen. Besonders die Damen von dem freiwilligen Krankenpflegekursus und die Vorsitzende des Frauenvereins nahmen es als ihr Recht in Anspruch, die Heldin des Tages zu feiern, und die Frau Vorsitzende hatte ihr das Versprechen abgenommen, nun ein recht tätiges Mitglied dieses nützlichen Vereins zu werden.

Die Zeit war inzwischen fortgeschritten. Hanneboms Königsschuss konnte trotz heißen Ringens nicht übertroffen werden, und die Proklamierung unseres Freundes zum Bundeskönig durch den Vorsitzenden nahm ihren programmässigen Verlauf. Namens der Stadt beglück­wünschte der Herr Bürgermeister den Würdenträger mit herzlichen Worten, an welche er gleichzeitig die neue überraschende Mitteilung knüpfte, dass die Stadtverordnetenversammlung den Bäckermeister Gustav Hannebom in Anbetracht seiner rührigen Tätigkeit als Stadtverordneter zum Ratsherrn gewählt habe.  Hurra dem Bundeskönig und Ratsherrn,Tusch, Glückwünsche. Umarmung auch von seiten der teuren Gattin usw.

Etwas abseits von dieser Gruppe stand, stumm die Hände inein­ander gefügt, ein schmuckes Pärchen, das wir bereits kennen: Else und Karl. Zwar bisher noch unberührt von dem erhofften Glückstrahl, war es beiden doch zur überzeugenden Gewissheit geworden, dass heute auch ihr Geschick eine günstige Wendung nehmen müsse. Und so kam es auch. Gustav Hanneboms Blick war kaum auf die Liebenden gefallen, als er sich zu ihnen drängte, beide zur Mutter führte und sich an diese mit den Worten wendete: „Klara, mach das Glück des heutigen Tages ganz voll und gib den Kindern deinen Segen.“ »Jawohl, liebste Freundin“, so stürmte auch der brave Bundesvorsitzende Ehrhardt auf die noch mit sich selbst ringende Frau Ratsherrin ein, „diese Tat wird dem heutigen glücklichen Tage erst die Krone geben, seien Sie dem Glücke unserer Kinder kein Hindernis. Am ersten Oktober übernimmt Karl mein bedeutend erweitertes Geschäft, ich habe die Firma gerichtlich eintragen lassen, mein Sohn ist also kein simpler Buchbinder mehr, son­dern ein richtig gehender Kaufmann, Else wird er auf Händen tragen!“

In Klaras Innern hatte das mütterliche Herz gesiegt. Festen Schrittes ging sie auf die Kinder zu und fügte beider Hände ineinander: „Er war mein Retter, ich willige ein, seid glücklich!“

Rührung auf allen Seiten. „Hoch das Brautpaar“, „Hoch unser Bundeskönig“, »Hoch unser Schützenkönig“, so klang es durcheinander, und so harmonisch endete der erste und wichtigste Tag des Bundesfestes.

1867 Nordlicht – Kurzmeldung

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Wilh. Rud. Weitenweber (1867))
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Nordlicht - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aurora2.jpg?uselang=de [1.511]

Nordlicht – Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aurora2.jpg?uselang=de

1867 Nordlicht

In der Nacht vom 1. zum 2. Januar d. J. (1867) wurde in Reichenberg ein Nordlicht beobachtet, das ungefähr 30 Minuten dauerte und Anfangs für den Widerschein einer Feuersbrunst angesehen wurde.

An demselben Abende wurde auch in Neutomysl im Posen’schen eine Lichtsäule am Himmel beobachtet. Zu Meseritz (in Posen) sah man es eine Stunde lang (von 12 bis 1 Uhr) in großer Intensität. Der ganze nördliche Himmel schien ein einziges weites Feuermeer zu sein, aus welchem ein ununterbrochener farbiger Funkenregen herabfiel. Die interessante und großartige Naturerscheinung endete dann in einem weiten feurigen Bogen, aus welchem der Funkenregen bis zum völligen Erlöschen immer noch fortdauerte.

Artikelquelle:

Lotos. Zeitschrift für Naturwissenschaften. Herausgegeben vom Naturhistorischen Vereine „Lotos“ in Prag. Redacteur: Dr. Wilh. Rud. Weitenweber. Siebenzehnter Jahrgang – 1867

Die Zustände in der Provinz Posen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Paul Fuss (ca. 1907))
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Einband der von Paul Fuß verfassten Schrift über die "Zustände in der Provinz Posen"

Verfasst wurde dieser Beitrag von Paul Fuss – Wituchowo bei Kwiltsch, königlicher Ober-Amtmann und Ritterguts-Besitzer. Der Druck wurde vorgenommen durch die Firma J. Fr. Tomaszewski in Posen, Berlinerstraße 5. (Inhaber: B. Winiewicz u. J. Teska.)

Diese Schrift ist vermutlich im Jahr 1907 verfasst und veröffentlicht worden; eine Datierung selbst ist in der uns vorliegenden Ausgabe nicht vorgenommen worden.

Aus welchem Anlass sich der Rittergutbesitzer Paul Fuß sich so eindringlich mit der Minderheitenpolitik im Preußischen Staat auseinandergesetzt hat war bis jetzt nicht in Erfahrung zu bringen.

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Die nachstehende Schrift soll  keine Ansprüche auf  eine besondere Wissenschaft  machen, sondern sie soll in einfacher und klarer Form das wiedergeben, was ich als Bewohner der Provinz Posen  erfahren  und beobachtet habe.

Ich bin 56 Jahre alt, evangelischer Deutscher, in der Provinz Posen geboren und seit 30 Jahren als Domänenpächter und Rittergutsbesitzer selbständiger Landwirt. Die Urteile derer, die nur vorübergehend, und meistens mit einem argen Vorurteil behaftet, die Provinz Posen kennen gelernt und darübergeschrieben und gesprochen haben, will ich des Näheren auf ihren Wert nicht untersuchen, nur so viel steht fest, dass diese Urteile in den meisten Fällen sehr ungünstig, daher schädlich und unzutreffend ausgefallen sind. Man muss Land und Leute von Kindesbeinen an genau kennen und eng mit ihnen verwachsen sein, wenn man ein wirklich unbefangenes Urteil über die Provinz fällen will. Ich glaube und hoffe, dass man mir im Nachstehenden die Berechtigung hierfür nicht absprechen kann, noch zumal ich zu einer der allerältesten Familien der Provinz gehöre. Ich schicke auch voraus, dass ich nicht nur mich Deutscher nenne, sondern auch Deutscher bin, ein treuer Anhänger meines Kaisers und Vaterlandes.

Auf meinen vielen Reisen habe ich gefunden, dass man sich im großen Westen Deutschlands ein meistens völlig unzutreffendes Bild über die Provinz Posen zurecht gelegt hat, verehrt durch Wort und Schrill und durch Jahrzehnte lange, gänzlich unzutreffende Beschreibungen und Erzählungen.

Der Westdeutsche glaubt die Provinz, noch in völliger Unkultur halb in Russisch-Polen gelegen und hat vielfach sich gar nicht die Mühe kartographischen Studiums genommen. Er müsste sonst längst zu einer sachlich anderen Anschauung gekommen sein. Denn die Provinz Posen rag! durchaus nicht wie Ost- und Westpreußen und Oberschlesien weit nach Russisch-Polen hinein, sondern bildet im Gegenteil einen nierenförmig nach Westen einbuchtenden Bestand­teil des Deutschen Reiches, sie liegt unter der horizontalen Mittelaxe Deutschlands und ihre Provinzialhauptstadt Posen ist nur wenige Bahn-Stunden von Berlin, der Kapitale unseres Deutschen Reiches, entfernt.

Verkehrlich liegt also unsere Provinz demnach so günstig wie möglich. Auch ihr Klima ist ein mildes, mittel norddeutsches und im Winter als nicht zu kalt zu bezeichnen. Jedenfalls ist die Vege­tationsperiode nicht nur eine frühere, sondern auch eine längere, als die in Ostpreußen, Westpreußen, Oberschlesien, Pommern, Mecklenburg und Schleswig-Holstein. Die Niederschläge sind ziemlich gleichmäßig und günstig.

Die Provinz Posen ist ausschließlich eine Ackerbau und Viehzucht treibende, mit landwirtschaftlichen Industrien, als da sind Spiritusbrennereien und große Zuckerfabriken.

Sie baut sämtliche Früchte, wie im andern Deutschland, und besitzt große Musterlandwirtschaften, die sich nicht nur würdig denen im Westen Deutschlands zur Seite stellen dürften, sondern in der Mehrzahl und in der Großartigkeit der Anlage diese überflügeln. Die Provinz besteht in der Haupt­sache aus Acker, Wiesen, Wald und Seen und nur wenigen Flüssen. Gebirge hat sie leider gar nicht.

Steine finden sich oft in Mengen als Findlinge. Es besteht somit die Provinz aus einer großen, Nutzen bringenden Flache, die nur wenig an Ödland abgibt. Dass die Provinz demnach zu den besten Kornkammern des Deutschen Reiches gehört, dürfte wohl niemand bezweifeln.

Die Bevölkerung ist keine dichte, sogar noch ungenügend dicht. Sie ist gemischt sprachlich, deutsch und polnisch mit einigen Juden durchsetzt und den religiösen Verhältnissen nach sind die Deutschen teils evangelisch, teils römisch katholisch; die Polen gehören ausschließlich der römisch-katho­lischen Kirche an, die sie eng mit ihrer Nationalität verbindet. Sehr viel große geschlossene Dorfgemeinden besitzt die Provinz nicht, ebenso besitzt sie außer den beiden Provinzialhauptstädten Posen und Bromberg nur recht wenig nennenswerte Mittelstädte, von den Kleinstädten völlig zu schweigen, Es fehlt in unseren Städten noch viel an Industrie, Kultur und Sauberkeit. Hieraus kann man aber der Bevölkerung keinen besonderen Vorwurf machen; die Schuld ist in der Hauptsache den Maßnahmen früherer Jahrzehnte zuzuschreiben, die leider wenig für den Fortschrill unserer  Provinz getan haben. Hergegeben hat unsere Provinz an Produkten seit Jahrzehnten reichlich ihren Anteil, aber leider hat man versäumt sie beizeiten mit dem Hauptträger der Kultur aus­zustatten, das da sind gute und zahlreiche öffentliche Verkehrsstraßen und sonstige gemeinnützlichen Anlagen.

Erst in den letzten Jahrzehnten ist mehr dafür geschehen, jedoch noch lange nicht genug im Vergleich zu den Westprovinzen. Namentlich fehlt es unseren Eisenbahnen noch gar sehr an dem ausreichenden Ausbau im Allgemeinen und

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Palac Wituchowo - Das Rittergut - Aufn. http://www.kwilcz.pl/gmina-kwilcz/pl/right/galeria-zdjec1/gmina-kwilcz-z-lotu-ptaka.html

an einem schnelleren Betriebe derselben. Ebenso fehlt es an einem er­wünschten Komfort in unseren Städten.

Dies beides gerade sind die Punkte, die den von Westen Kommenden unangenehm berühren, ihn zurück­schrecken und ihn schließlich ein Irrbild über unsere Provinz sich bilden lassen. Kein Wunder, wenn dann ein scharfes Urteil gefällt und alles, was nicht schön ist, den Polen und der sogenannten polnischen Wirt­schaft in die Schuhe geschoben wird. Namentlich aber sieht es auch in unseren geschlossenen und viel­fach zerstreut liegenden Dorfgemeinden noch recht unsauber aus und grade dort wird der Mangel an den nötigsten Verkehrswegen recht schmerzlich empfunden.

Wie schon gesagt, hat die Staatsregierung in den Letzten Jahrzehnten erheblich mehr an der Kultur getan, aber wenn uns die hergegebenen 450 Millionen vorgehallen werden sollten, so sei mir die Entgegnung gestattet; „Diese Millionen hätte man einer produktiv so schönen Provinz längst schenken sollen. Die Schuld der Polen Ist dies nicht!

Von diesen 450 Millionen wurden in der ersten Rate 100 Millionen von der preußischen Volks­vertretung bewilligt und zwar in der Hauptsache mit der Motivierung die Provinz besser auszubauen und durch Zuzug von deutschen Elementen dem Rück­gang des Deutschtums vorzubeugen, obwohl ein solcher Rückgang gar nicht existierte, Wohl waren seit Jahren weniger deutsche Bauern, Handwerker und Arbeiter in die Provinz zugezogen, da die Westprovinzen nicht nur diese, sondern auch eine große Menge polnischer Arbeiter benötigte; von einem Rückgänge des gewonnen deutschen Besitzes konnte jedoch keine Rede sein, derselbe hatte ständig zu­genommen. Dass allerdings die Vermehrungsfähigheit der Polen den Deutschen voraussteht, kann man nicht bestreiten und es ist dies gegenüber dem ständig  vorhandenen Arbeitermangel in ganz Deutschland geradezu als ein Segen und nicht, wie man es darzustellen beliebt, als eine Gefahr anzusehen. Es wurde aber diese Tatsache der Vermehrung der Polen als eine drohende nationale Gefahr zurecht konstruiert und mit diesem Märchen, besser gesagt schwarzem Gespenst, ging man hausieren und schaffte zwei weitere staatliche Spenden von zusammen 350 Millionen. Zusammen mit 450 Millionen glaubte man die Provinz auskaufen zu können, doch man irrte sich gewaltig.

Dazu gehören nicht hunderte von Millionen, sondern Milliarden

Eine Menge polnischer Grundbesitzer, die nicht in der besten Vermögenslage sich befanden, gaben ihre Güter her, denn es wurden ihnen Staatspreise gezahlt und sie kamen momentan in eine bessere Vermögenslage, als sie es vorher waren. Man hatte nun auf Seite der Hakatisten (so nennen sich die Feinde der Polen) gehofft, dass die Polen diese erhaltenen Kaufgelder leichtsinnig verbringen würden. Da hatte man sich aber gründlich getäuscht. Die Polen sahen jetzt deutlich, dass es sich nicht nur darum handelte, die Provinz dichter zu bevölkern, sondern dass es Hauptzweck war, lediglich durch das Zerschlagen der angekauften polnischen Güter zu deutschen Ansiedelungen dem deutschen Element Vorschub zu geben, und das polnische Element zurückzudrängen.

Es ging also ein erbitterter Kampf los, bei dem lediglich die Polen ihre nationale Hau! zu Markte tragen sollten, obwohl sie gut bezahlt wurden Und diesen Augenblick betrachteten sie mit recht als den Beginn der Vernichtung ihrer Nationalität und als die jetzt mit Macht vorschreitende Idee der völligen Germanisierung. Dagegen wollten sie sich wehren, sie wollten nicht die Verräter an ihrer eigenen Scholle, an dem von ihren Urvätern überkommenen Nationalheiligtum werden. Und nachdem ihnen auch für ihre Kinder der Religionsunterricht in der Muttersprache genommen war, da erkannten sie, worum es sich handelte. Und nun schlössen sich die Polen eng zusammen, um einer völligen Vernichtung: ihrer ihnen unverkäuflichen nationalen Ehre vorzubeugen.

Was soll, frage ich, dereinst aus solchen Menschen werden, die einen ihnen völlig unverständlichen Religionsunterricht empfanden? – – Etwas Gutes und dem Staat Segen bringendes sicher nicht! — Und dann klagt der Staat über das Zunehmen der Sozialdemokratie und über religiöse Verwilderung?

Die Polen legten das von dem preußischen Ansiedlungsinstitut für ihre Güter erhaltene Geld sorgsamst wieder in Gütern an, sie begannen ein musterhaft sparsames Leben, sie begannen vorzüglich zu wirtschaften und so häuften sie durch die preußischen Millionen und durch eigene sehr ernste Kraft ein nicht unerhebliches Barvermögen zusammen, um nun selbst polnische Ansiedelungen zu gründen, da dem polnischen Arbeiter, einem preußischen Staatsbürger, das Recht, eine preußische Ansiedlung zu erwerben versagt blieb.

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Das Wappen der Familie Fuß - heute noch erkennbar an Straße zugewandten Front des Gebäudes, das selbst hinter einer ca. 2 m hohen Mauer verborgen liegt und nicht zu besichtigen ist - Aufn. 2009/09 PM

Wenn man hierbei gerecht urteilen will, so war dies schon nicht nur eine Ungerechtigkeit, sondern ein direkter Verstoß gegen die Verfassung Der preußische Staatsbürger, polnischer Nationalität, der direkt und indirekt zu jenen Millionen durch ehrliche Steuerzahlung genau wie jeder andere preußische Untertan seinen Teil beigetragen hatte, sollte nicht das Recht genießen, auch von dem Effekt dieser Millionengabe einen Teil zu erwerben?

Die Polen schlossen sich nunmehr immer enger zusammen, sie gründeten Banken und damit ein nicht unerhebliches Nationalvermögen, Sie veräußerten keine Güter mehr, sondern kauften im Gegenteil alles, was irgend zu kaufen war, so dass das preußische Ansiedlungsinstitut fast ausschließlich auf den Erwerb und die Zerstückelung deutschen Besitzes angewiesen war. Eine gegenseitige gewaltige Konkurrenz begann und mit ihr ein gegenseitiger Boykott. Von beiden Seiten, und von der deutschen Seite nicht zu knapp, begann nun ein verwerflicher Kampf.

Ein Aufstacheln, Hetzen, Denunzieren und Intrigieren widerwärtigster Art nahm seinen Fortgang; die Polen wehrten sich nach Leibeskräften.

Da sollte ihnen mit Gewalt das Handwerk ge­legt werden und es wurde, trotz besserer Meinungen, das Gesetz im preußischen Abgeordnetenhause durchgebracht, dessen Zweck der war, dass kein Pole mehr in den östlichen deutschen Provinzen das Recht hat, sich je wieder anzusiedeln, sich je wieder ein Haus zu bauen, und einen eigenen Herd, ein eigenes Heim zu gründen.

Wo ich auch in Westdeutschland mit Männern über dieses Thema sprach, man wollte es mir nicht glauben, dass ein solches Gesetz faktisch zur Ausführung gekommen ist. Doch es ist dies der Fall und mit aller nur erdenklichen Strenge wird es gehandhabt.

Ich fordere die ganze gesittete Welt auf, hierüber ihren Rechtsspruch zu fällen.

Wer hierin nicht eine direkte vorsätzliche Ver­kürzung der bisher bestandenen Rechtsgleichheit der preußischen Staatsbürger polnischer Herkunft sieht, dem spreche ich das Verständnis für jedes Rechtsgefühl ab.

Die Verkürzung aber des Staatsbürgerrechtes ist völlig gleichbedeutend mit einem Verstoß gegen Art. 4 der Verfassung.

Der preußische Staatsbürger polnischer Herkunft ist hiermit degradiert, seine Rechte sind ihm verkürzt und er ist damit in eine minderwertige Klasse von Staatsbürgern zurückgedrängt worden.

Und dies Alles nur deshalb, weil er für elenden Mammon die Scholle seiner Vorfahren nicht leicht­fertig hingeben wollte, nur deshalb, weil man in seinem sichtlich besser gewordenen Tun und Treiben das schwarze Gespenst einer riesigen Nationalgefahr für ganz Deutschland witterte?

Es gehört wirklich ein strammes Stück Einbildung, Angst und zum mindesten eine ge­hörige Portion Feigheit dazu, wenn 56 Millionen Deutsche vor dem winzigen Häuflein von 4 Millionen zerstreuter Polen erzittern sollen! Und diese Angst und Gefahr wagt man in ganz Deutschland zu ver­künden und zwar durch deutsche Männer, Hakatisten genannt? Wie lange wollen sich die preußischen und deutschen Staatsbürger dieses lächerliche Märchen noch aufbinden lassen, wie lange will man dieses total unsittliche und unchristliche und undeutsche Gebaren noch treiben und dulden?

Die Folgen hiervon sind die, dass immer mehr Polen nach dem Westen abwandern und sich dort sesshaft machen. Wir Landwirte tragen hierbei die Kosten und werden dadurch erheblich geschädigt. An einen Zuzug deulscher Arbeiter vom Westen nach dem Osten ist schon seit Jahrzehnten nicht zu denken, da ja der Westen seit vielen Jahren selbst seinen Arbeiterbedarf aus dem Osten deckt und trotzdem über einen erheblichen Arbeitermangel fort­gesetzt klagt. Man will nun versuchen, unter den denkbar günstigsten Bedingungen westliche deutsche Tagelöhner als freie Arbeiter mit eigenem Gehöft und etwas Ackerland hier in der Provinz anzusiedeln. Ich glaube bestimmt, dass dieser Versuch im Großen total missglücken wird. Erstens ist das hinreichende Material an Arbeitern im Westen überhaupt nicht vorhanden und zweitens hat der landwirtschaftliche Arbeiter aus dem Westen nie Lust gehabt, nach dem unwirtlicheren Osten zu gehen, was man ihm auch nicht verdenken kann. Haben wir doch seit Jahren dasselbe Beispiel bei den Staatsbeamten zu verzeichnen. Nur sehr ungern gehen sie vom Westen nach Osten und mit Sehnsucht warten sie darauf, wieder nach

dem Westen zurückzukehren. – Man wird mir nun entgegenhalten, dass seit vielen Jahren sich Großgrundbesitzer aus dem Westen kommend im Osten angekauft haben. Das ist ganz richtig und dies hat seinen Grund darin, dass dieselben mit wenig Kapital guten Boden und billige, bescheidene Arbeiterverhältnisse hier vorfanden. Diese Unternehmungen und Hoffnungen aber fangen an, jetzt sehr zu schwinden, denn es herrscht bereits Arbeitermangel in der Provinz und der Boden ist erheblich teurer geworden. – Man wird mir ferner entgegenhalten, dass doch aus dem Westen, seit Beginn der Tätigkeit des Ansiedlungsinstituts, nach unserer Provinz eine große Menge Bauern eingewandert sind. Ich selbst begrüße diese Tatsache da sie unsere Provinz enger besiedeln hilft, ich glaube aber behaupten zu können, dass wenn diese Bauern ihr Auskommen in ihrer westlichen Heimat gehabt hätten, sie nie daran gedacht hätten nach der Provinz Posen zu gehen.

Sie lockte die billige Ansiedelung und die bittere Not trieb Sie meistens aus dem schönen Westen nach Osten, — Ganz anders liegt es beim Arbeiter, ihn treibt nichts, er ist überall gern gesehen.

Ich kann nur eins wiederholt bedauern, dass man das Recht des Ansiedelns aus schon besagten Gründen nur dem Deutschen zuspricht, dem einheimischen Polen es aber in seiner Heimat völlig versagt.

Auch den Galizier und russischen oder ruthenischen Arbeiter lässt man hier, der besagten Polengefahr wegen, sich nicht ansiedeln. Sie führen hier ein Nomadenleben und jedes Jahr steht der Posener Grundbesitzer vor der Alternative, wieder fremde, ausländische Arbeiter annehmen zu müssen, immer wieder andere, die freilich ein inneres Interesse an der hiesigen Scholle gar nicht haben können, da sie ja höchstens 10 Monate sich in Deutschland aufhalten dürfen Diese Leute waren anfänglich vor Jahren billig und willig, heute jedoch stellen sie nicht nur die übertriebensten Ansprüche und sind über ganz Deutschland vergriffen, nein, sie haben überhaupt keine Lust, länger an einer Stelle zu bleiben, oder ein selbständiges Arbeiten zu begreifen, Nur mit Strenge und mit einer kräftigen Aufsicht sind sie zu verwenden.

Die Folgen hiervon können nicht ausbleiben und in wenigen Jahren werden nicht nur die größeren Besitzungen, sondern auch kleinere Ansiedelungen von Arbeitern entblößt sein. Schon heute finden wir beim Gross- und Kleingrundbesitz trotz hoher Getreidepreise die Klage, dass es nicht nur an Arbeitern mangelt, sondern dass dieselben unerschwinglich teuer sind. Es ist daher auch sehr erklärlich, dass eine Menge Besitzer verkaufen, oder solange ihr Vermögen zusetzen, oder ihre Waldungen zu Geld machen, bis auch sie schließlich zum Verkauf genötigt werden.

Will man diese immer ernster werdende Gefahr aufhalten, so weiß ich kein anderes Mittel, als das, den Polen nicht nur, sondern auch östlichen ausländischen Arbeitern das Recht des Ansiedelns in den Ostprovinzen zu verleihen bzw. zurückzugeben und damit auch einen Teil der Gespenstergeschichte über die Polengefahr zu beseitigen. Tun wir dies nicht, so werden unsere Güler veröden und die Produktionsfähigkeit der Provinz wird rapide zurückgehen.

Trägt man sich jedoch mit dem wenig verzeihlichen Gedanken, das Zurückgehen und den Massenverkauf großer Güter als ein gutes Moment für die Zerteilung in Bauerngüter anzusehen, so halte ich dem entgegen, dass auch der Bauer fremde Arbeiter braucht und heute schon über Mangel klagt, Das Zerschlagen von großen Gütern würde das Abwandern der Arbeiter nur beschleunigen und auch die Bauern würden schließlich ohne Arbeiter dastehen, denn ihren Bedarf an Arbeitern haben sie bisher auf unseren Gütern besorgt, nicht etwa auf Dörfern, deren es nur wenig gibt. Es würde auch eine Provinz, die in der Hauptsache aus Bauern besteht, sehr bald kulturell erheblich zurückgehen, denn der Führer des Kulturfortschrittes, des Ausprobierens von Maschinen, Zuchtvieh und Saaten ist bisher der Großgrundbesitzer und der Domänenpächter in ganz Deutschland gewesen, der Bauer durchaus nicht. Es ist dies auch nicht von ihm zu verlangen; er besitzt dazu weder die nötigen Kenntnisse, noch das nötige Betriebskapital. Ich habe jedenfalls noch nie und nirgends die Resultate beim Bauern gesehen, wie sie der größere Besitzer aufzuweisen hat.

Aber auch finanziell durfte ein solches Aus­sterben von großen Gütern böse Früchte für die steuer­liche Staatskasse tragen, denn wir sehen zur Genüge alljährlich, dass die Steuern, die von den Bauern aufgebracht werden, geradezu minimale sind. Es mag ja dies und das im Westen etwas besser sein, erheblich aber nicht.

Dann ist noch die politische Seile zu erwägen. Glaubt die Regierung wirklich, dass auf die Dauer große einheitliche Bauerndörfer absolut konservativ und für die Regierung günstig bei den Wahlen stimmen werden? – – Ich glaube es nicht und habe zu oft das Gegenteil erfahren.

Ich möchte aus diesen Gründen doch warnen vor einer übereilten und zu großen Zerteilung großer Güter, obwohl ich, wie schon gesagt, die dichtere Besiedelung unserer Provinz für durchaus nötig halte, jedoch unter den obigen Gesichtspunkten einer humanen und christlichen Gleichberechtigung für beide Nationalitäten. Will aber der Fiskus den Gedanken der weiteren Ansiedelung noch weiter durchführen, so stehen ihm ja seine Staatsdomänen und noch genug freihändig zum Verkauf kommende Güter zur Verfügung.

Um nun aber doch die Idee der bisher antipolnischen Ansiedelung weiter fortzuführen und angesichts dessen, dass von Polen Güler überhaupt nicht und von Deutschen nur für sehr teures Geld zu kaufen sind, ist man auf den verwegenen Gedanken der Enteignung gekommen, Und es haben sich hierfür wirklich Menschen finden lassen, die die Zustimmung der preußischen Volksvertretung für möglich halten. Ich halte dies aus rein sittlichen Gründen nicht für möglich. Ich glaube nicht, dass die verantwortlichen Vertreter unseres preußischen Volkes in ihren Anschauungen über Recht und Gerechtigkeit so tief stehen dürften. Es würde dies eine Maßnahme sein, die den Grundzug der Verfassung, den Schutz des Privateigentums, rücksichtslos über den Haufen stoßen würde, Eine Maßnahme, die das entsetzlichste Un­heil im Gefolge haben würde!

Schon der Gedanke, schon das Wort „Enteignunghat etwas so gewaltsames an sich, dass man unwillkürlich an die Zeiten des dunklen Mittelalters denken könnte. Dieser Idee fehlt jeder Humanitätsgedanke, jedes Christentum. Sinnlos will man darauf los stürmen, um eine total sozialistische Idee durchzusetzen, ohne jede Rücksicht auf den Nebenmenschen. „Enteignen“ heißt: Jemandem mit Gewalt sein Gut nehmen. Und wie es hier geschehen soll: ihn vertreiben von Haus und Hof, ihn für Mammon eigenmächtig vertreiben von allem, was er von seinen Urvoreltern empfangen hat, von allem, was ihm lieb und teuer geworden und für Geld unveräußerlich ist.

Wohl kann der Staat im Falle äußerster Not­wendigkeit bei öffentlichen Anlagen kleinere Teile eines Grundbesitzes im Wege des Zwangsverfahrens erstehen. Dem muss sich jeder fügen und tut es auch.

Wenn man aber jemandem seine ganze Scholle d. h. sein ganzes Rittergut nehmen will, nur um es an Ansiedler aufzuteilen, nur um den Gedanken der Germanisierung mit Gewalt durchzusetzen und damit das Polentum an die Wand zu drücken, da würde doch jedes Gerechtigkeits-, jedes Humanitäts- und christliches Gefühl aufhören, — Eine solche Tat wurde zum Himmel schreien und sich furchtbar rächen.

Haben wir nicht in Deutschland schon genug unwillige und unzufriedene Menschen unter den weniger Gebildeten, sollen diese noch durch eine Schar gebildeter Menschen vermehrt werden? Ist es nicht genug Arbeit für die Staatsregierung, die 3 Millionen Sozialdemokraten im Schach zu halten, sollen dazu noch 4 Millionen Polen mit Gewalt getrieben werden?

Ja, die Sozialdemokraten warten schon längst darauf und mit offenen Atmen würden sie jene Unglücklichen empfangen. Und diesen würden sich in unseren Ostprovinzen eine Menge unzufriedener deutscher Handwerker und Arbeiter anschließen. Die Gefahr würde unabsehbar werden und die Staatsregierung würde es künftig nicht mit 3, sondern vielleicht mit 10 Millionen Sozialdemokraten zu tun bekommen.

Aus dem bis dahin gutmütigen, bewundernswert duldsamen Polen würde ein Sozialdemokrat bester Form werden, voll des Hasses, voll der Rache für das über ihn gebrachte Unheil, für das Vertreiben von der heimatlichen Scholle, für alle schon erfahrenen Verkürzungen seiner früheren Staatsbürgerrechte!

Soll wirklich diese lächerliche Erzählung von der Polengefahr zu solchen Resultaten führe n, sollen wir wirklich ein zweites Russland erleben? Sollen wir wirklich von uns sagen lassen; Die Sozialdemokratie ist nicht mehr gruppenweise über ganz Deutschland verteilt, sondern Deutschland hat jetzt eine ganze Provinz Sozialdemokraten, die Provinz Posen, in der bis dahin gutmütige Polen waren, die nunmehr die verbitterten Demokralen geworden sind?

Soll es wirklich dahin kommen?

Und es würde bei der Enteignung zweifellos dazu kommen. Der Mensch, wenn er zur Ver­zweiflung getrieben wird, muss zur wilden Bestie werden   und   dagegen    mit  Gewaltmaßregeln   anzukämpfen ist sehr schwer, oft  ganz  verfehlt und macht die Sache meistens noch schlimmer.

Und wie unendlich schwer ist es, wie vieler Jahrzehnte bedarf es. um derartige Missgriffe, Schäden und Gefahren wieder zu beseitigen. Wie leicht ist ein Unheil gestiftet, wie schwer ausgeglichen!

Nein – zu   einer solchen Maßnahme wird kein ehrenhafter Preuße je seine Zustimmung geben! Fort mit diesem unsittlichen, barbarischen Gedanken, er hat als bloße Annahme schon böses Blut zur Genüge gemacht. –

Will man aber wirklich tief in das Volksleben eines Teils unserer preußischen Staatsbürger ein­greifende Ausnahmegesetze schmieden und damit eine Verfassungsänderung bewirken, so muss man auch einen ernsten Nachweis der Notwendigkeit führen.

Mit bloßen Annahmen, Redensarten oder Märchenerzählungen ist das nicht abgemacht, sondern es muss der Beweis erbracht werden, dass die preußischen Staatsbürger polnischer Nation tatsächlich Um­triebe vollziehen, die dem Bestande des preußischen oder deutschen Staatswesens äußerst gefährlich sind. Es muss also den Polen in der Tat Hochverrat in wiederholten Fällen nachgewiesen werden. Nur dann sind Ausnahmegesetze zulässig. Haben wir es aber nur mit Ungehorsam und einem Sich-ungern-fügen-wollen in die bestehenden Gesetze zu tun, so genügen zur Aufrechterhaltung der Ordnung die Gesetze, welche früher bestanden haben. Ich stelle die Frage auf:

Sind seitens der Polen derartige Ausschreitungen seit 1848 vorgekommen, dass das preußische Staatswesen dadurch gefährdet wurde?

Die Antwort hierauf muss ein lautes „Nein“ sein.

Es ist außer kleinen Reibereien, wie sie allerwärts vorkommen, auch nicht das Geringste passiert, was ernstlich staatsgefährlich zu bezeichnen wäre.  Es liegt nicht ein Moment des Hochverrates vor,

Wäre dies der Fall, dann wären die Strafen nicht ausgeblieben. Den Darstellungen der Hakatisten nach müssten andere unkundige Menschen aber glauben, dass die Provinz Posen von Hochverrätern starrt. Sie müssten glauben, dass unsere Zuchthäuser und Gefängnisse von polnischen politischen Ver­brechern überfüllt sind.

Nichts von Alledem ist je in die Erscheinung getreten. Märchen, Gespenster, Geschichten und schließlich Lügen und sinnlose Übertreibungen sind es, die man seit Jahren dem deutschen Volke aufgebunden hat, um künstlich eine Polengefahr zu konstruieren. Hat man etwas getan, um endlich zur Verbesserung der Provinz Posen von der Volksvertretung Gelder zu erhalten, dann will ich das .Motiv der Notwendigkeit höherer Kultur gelten lassen, die Begründung dieser Forderung aber mit einer politischen Polengefahr zu belegen, muss ich ver­werfen. Eine ernst zu nehmende politische Gefahr existiert nicht, sie ist seit 1848 selbst im Gehirn des fanatischen Polen begraben. Der Pole weiß sehr wohl, dass er auf einen gewaltigen Widerstand stoßen würde, und ist viel zu klug, sich je wieder die Finger zu verbrennen.

Er ist mit Freuden bereit ein pflichttreuer preußischer Staatsbürger zu sein, aber er verlangt auch mit Recht, dass ihm, wie jedem ändern preußischen Staatsbürger, alle Vorteile eines gemeinsamen Volks­- und Staatslebens zu Teil werden und dass er nicht wie ein Strafkind abgefüttert wird, oder wie ein Verbrecher mit bitteren Ausnahmegesetzen bedacht wird.

Er verlangt mit Recht die Streichung des Gesetzes nach dem kein Pole sich ansiedeln darf. Er verlangt, dass die Kinder in der Mutter­sprache den Religionsunterricht genießen und er verlang!, dass er in seiner nationalen Sprache und in seinen nationalen Empfindungen nicht immerwährend mit widerwärtigen Verdächti­gungen belastet wird.

Das Herz kann man den Polen nicht aus dem Leibe reißen und die Zunge nicht aus dem Munde. Die polnische Nation hat durch Selbstverschulden genug Schimpf und Schande seil 100 Jahren ertragen, sie hat die Schwächen ihrer Könige und die eigenen bitter und schwer büßen müssen, ihr Reich ist zer­splittert worden durch den unerforschlichen Willen Gottes. der allein das Recht dazu hatte. Wir Men­schen aber haben nicht das Recht, zu diesen Bitternissen noch eines hinzuzufügen. Einem Menschen, der so schwer geprüft worden ist, versetzt der Starke nicht noch besondere Fußtritte. sondern er hat die Pflicht, sich des Bedrückten und Schwächeren in Liebe anzunehmen.

Wir haben kein Recht vor Gott und der Menschheit, den Polen die Hoffnungen auf die Wiedererstehung ihres dereinstigen Reiches für alle Ewig­keit abzusprechen.

Und eine solche Wiedererstehung gehört in der Tat in die Grenzen der Ewigkeit, momentan liegt dafür nicht der geringste Anhalt vor. Es müsste um Deutschland sehr böse stehen und in Trümmerhaufen müsste es erst darnieder liegen, wenn an die Schaffung eines Polenreiches gedacht werden könnte. Das muss sich jeder verständige Deutsche, wenn er nicht ein Erzfeigling ist, selbst zugestehen und jeder vernünftige Pole weiß dies zu Genüge.

Wenn der Pole seine Nationalehre hochhält um! die Wiederaufrich tu n g seines Reiches in die Hand Gottes stellt, wenn er seine nationale Ehre fest mit seinem religiösen Glauben verbindet und um keinen Preis der Welt all dies hergibt, so hat er nicht nur hierzu das volle Recht, sondern jeder ehrenhaft fühlende Mensch muss ihn bewundern!

Vorbildlich müsste auf uns Deutsche dies wirken und nicht widerwärtig oder gehässig, wie es von unkundigen Menschen dargestellt wird.

Haben wir kleinen Brandenburger nicht genau dereinst ebenso gedacht, als wir das preußische Königreich schmiedeten und den großen deutschen Nationalgedanken immer wieder hoch hielten? Ist nicht Blut genug deshalb geflossen und sind nicht sogar 1848 ausgezeichnete deutsche Nationalhelden ins Gefängnis geworfen worden, nur weil man in engherzigster Weise m ihnen die Gefahr für den Bestand des preußischen Staatswesens witterte?

Man wirft den Polen permanent die großen Wohltaten vor, die sie seit ihrer Zugehörigkeit zum preußischen Staat von diesem erhalten haben. Sind dies wirklich besondere Wohltaten gewesen oder waren es die Wohltaten, die jeder andere preußische Staatsbürger empfunden hat?

Nein, sie waren es nicht, sondern sie waren geringer. Es waren die Brosamen, die von des Reichen Tische fielen, und nicht das volle Maß, das man den Polen geben müsste, wo man es ihnen zugesagt hatte und sie ihren Staatsbürgerpflichten genau ebenso nachkamen, wie jeder deutsche Staatsbürger auch.

Hat man ihnen jemals in der Staatsverwaltung oder in dem Offizierskorps gleiche Anrechte eingeräumt?

Doch nur sehr selten!

Man hat sie am Zucker lecken lassen, als  sie aber zubeißen wollten,  da hat man ihnen stets  den Zucker vor der Nase weggenommen.

Hat man sie gleichberechtigt teilnehmen lassen an Bahnhauten, Wegebauten oder sonstigen gemeinnützlichen Anlagen?

Doch nur sehr selten!

Man hat ihnen Versprechungen gemacht und oft hat man sie mit allerhand Entschuldigungsgründen abgewiesen.

Sie haben am Wege stehen und zusehen müssen, wie bei vielen öffentlichen Anlagen der deutsche Nachbar bevorzugt, sie aber benachteilig! wurden. Eine ganze Menge von Fällen und Aktenstücken der Großgrundbesitzer und der Kreisverwaltungen sprechen dafür und sind ein unumstößlicher Beweis dafür.

Und da wundert man sich, wenn die Bitterkeit und das Misstrauen der Polen nie abgenommen haben? Verlangen wir denn von ihnen, dass sie Übermenschen sein und sich wie die Pudel behandeln lassen sollen? Verlangen wir von ihnen, dass sie ihr ganzes Ehr­gefühl wie einen alten Rock in den Schrank hängen sollen?

Haben die Polen nicht ehrlich ihre Steuern bezahlt und bezahlen müssen, sind sie nicht auch als Soldaten ihrer Pflicht im vollen Maß nachgekommen?

Diese Polen des Posener 5ten Armeekorps haben nicht nur wie jeder preußische Soldat in den Feldzügen Gul und Blut für ihren König und das preußische Vaterland eingesetzt, nein, sie haben sich unter Steinmetz 1866 und unter Kirchbach 1870 mit solcher Bravour geschlagen, dass sie anderen Kontrahenten als Muster hingestellt wurden,

Man scheint dies als selbstverständlich zu be­trachten, oder man wünscht wohl diese Tatsachen in den Bereich der Vergessenheit zu werfen, um nicht den Gedanken des Dankes und völliger Gleichberech­tigung aufkommen zu lassen?

Einer großen Nation ist es würdig, stets ihrer Helden und Wohltäter mit unauslöschlichem Dan zu gedenken, ganz gleich welcher Nationalität dieselben angehörten. Einer großen Nation ist es würdig, sich über kleinliche Zwistigkeiten und Meinungsverschiedenheiten hinweg zu setzen und jedem das Recht auf die Hoffnung zu belassen.

Mit Güte und Liebe bringt man verschiedene Nationalitäten unter einen Hui, nicht aber mit Härte und Strenge und Verkürzung staatsbürgerlicher Rechte.

Damit macht man die Menschen nur immer böser und unzugänglicher. Hat nicht Österreich es mit den verschiedensten Nationalitäten zu tun und sogar schwer zu tun und doch besteht es; und der so oft prophezeite Zusammenbruch der österreichischen Monarchie gehört längst für ernst denkende Menschen in das Bereich der Mythe.

Hat es nicht Amerika verstanden, alle Nationen der ganzen großen Welt unter eine regierende Hand zu bringen, indem es klugerweise noch heule den Bedürfnissen des Geistes und der nationalen Gefühle jeder einzigen Nationalität Rechnung trägt?

Hat nicht Frankreich es musterhaft verstanden, die altgermanischen Länder Elsass und Lothringen so eng mit Liebe und Güte zu umgeben, dass heute noch, nachdem diese alten germanischen Länder seit bereits 36 Jahren dem deutschen Reiche einverleibt sind, eine große Anzahl Elsässer und Lothringer mit ihrem ganzen Herren an Frankreich hängen?

Und da sollte es uns deutschen Preußen nicht gelingen, die Polen für uns zu gewinnen?

Geben wir uns nur einmal ernstlich Mühe, bringen wir ihnen endlich einmal Liebe und Vertrauen ent­gegen und zwar ausdauernd und nachhaltig, verbannen wir die Ausnahmebestimmungen und unser leider permanentes, dem Deutschen eigentümliches Misstrauen. Lassen wir die Polen einmal nachhaltig und ohne Systemwechsel voll und ganz mitessen an der großen Staatsschüssel, dann wird auch bei ihnen das Misstrauen schwinden, sie werden Liebe mit Gegenliebe verbinden und sie werden mit Freuden nicht nur preußische Staatsbürger sein, sondern es auch bleiben wollen. Wir haben dies aber bisher nie getan und nie konsequent durchgesetzt, immer wieder hat uns, Bagatellen wegen, das Misstrauen selbst unterbekommen und wir sind in einem ewigen Systemwechsel geblieben, bis wir schließlich falsche Bahnen eingeschlagen und zu unglücklichen Ausnahmegesetzten gegriffen haben.

Nun ist es schwer zurück zu gehen und ehrlich die permanent begangenen Fehler einzugestehen. – Und doch ist es richtig und würde unserer großen deutschen Nation nicht den mindesten Abbruch tun, wenn wir endlichst eingestehen wollten, dass wir die Polen nicht nur ungerecht behandeln, nein, dass wir sie nie richtig, gerecht und liebevoll behandelt haben!

Haben wir Menschen uns nicht alle schon häufig im Leben geirrt und ist es nicht ehrenhaft seine Irrungen einzugestehen. Irrte sich nicht unser größter deutscher Mann Bismarck gewaltig, als er den kühnen Ausspruch tat: „nach Canossa gehen wir nicht!“

Und falsch und unzutreffend war dieser Ausspruch. Wie sehr haben wir es bereut, ihn aus dem Munde eines solchen Mannes zu hören. Wie elend ist die ganze unhaltbare, das religiöse Gefühl vernichtende Maigesetzgebung zusammengebrochen.

Man hat sie einsichtsvollerweise beseitigt und dennoch sind sichtbare Spuren zurückgeblieben. Das sind die Folgen verfehlten Denkens und unangebrachten Hochmuts; die Folgen einer vermeintlichen Allmächtigkeit!

Und Alle haben wir unter diesen Folgen noch heute zu leiden.

Und  da prickelt es in unseren Adern und wir wollen schon wieder und immer wieder im eigenen engsten Vaterlande Unheil stiften, anstatt Ruhe und Frieden zu halten! Bestrahlt nicht heute der Friedensstern die ganze Welt und da sollte es mit gutem Willen nicht unserer großen deutschen Nation gelingen, endlich Frieden auch den Polen zu bringen?

Wollen die Polen den Frieden nicht haben ?

Ja und tausendmal ja! Mit Leidenschaft wollen sie ihn haben, aber nicht stückweise wie bisher, sondern ganz.

Trotz aller Miseren müssten wir ihre Geduld und Ruhe anerkennen. Ich maße mir das Recht an, die Polen genau zu kennen und zu verstehen, ich maße mir auch die Gewissheit an, dass sie mit Frieden unserem geliebten Kaiser huldigen würden, wenn er liebevoll ihnen die Landesvaterhand zum ewigen Frieden entgegenstrecken würde!

Hierin aber mischen sich die bösen Geister, die durchtränkt sind von Egoismus, Eitelkeit und Ehrengelüsten, durchtränkt von der Sucht, Böses zu erzählen und zu erfinden.

In die Einsicht und Weisheit unseres Kaisers aber setzten die Polen unausgesetzt ihre Hoffnungen. Sie hoffen, dass der Kaiser, wie schon so manchen Feind, auch den Feind der Polen dereinst richtig erkennen und von sich verbanne wird. Hoffen wir Insassen der Provinz dies Alle, hoffen wir, dass in unserer Heimat endlich Ruhe und Frieden wird.

Bei den Großeltern in Sontop !

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Lieselotte Becker)
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Der beschriebene Waldrand in Sontop - seinerzeit reichte er dichter an das Dorf. Foto entnommen aus dem Artikel von Piotr Szwiec http://oledry.pl/stopy-wie-o-redniowiecznym-krajobrazie-i-architekturze-olderskiej/

Frau Lieselotte Becker, geborene Schneider hat uns diese Kindheitserinnerung eingereicht. Beschrieben ist eine Fahrt von Strehse nach Sontop und der Aufenthalt bei den Großeltern.

Vielen Dank Frau Becker, dass Sie uns an Ihren Erinnerungen haben teilhaben lassen.

* * *

Bei den Großeltern in Sontop !

In den großen Ferien fuhren wir oft nach Sontop. Dort wohnen unsere Großeltern, sie waren Vaters Eltern.

Er wurde 1894 dort geborene und hatte noch 4 Geschwister. 1926 hat er nach Strese geheiratet. Meine Mutter war Frieda Schneider geborene Simsch und mein Vater Ewald Schneider. Wir hatten eine kleine Landwirtschaft und einen Weidenhandel. Wir waren 4 Kinder: Hannchen, Lieselotte, Ewald und Kurt Schneider.

Wenn die Weiden geschält waren und die Kornernte noch auf sich warten ließ, machte meine Familie bei Opa Gustav und Oma Emma Auguste in Sontop Urlaub. Mit der vollbeladenen Kutsche und 2 Pferden davor begann eine abenteuerliche Reise. Wir fuhren von Strese bei Bentschen über Lomnitz auf Sandwegen durch große Wälder, und wenig befestigte Straßen. So kamen wir oft ins Schaukeln, denn die Sandwege hatten oft tiefe Löcher. Wenn ein Wagenrad festgebrannt war, gab es eine längere Pause. Im Wald war dickes Moos, auch Beeren und Pilze konnte man finden. Mein Vater kannte alle Bäume und Gräser, auch wusste er über die verschiedenen Pilze Bescheid. So erzählte er uns vieles über die Natur, wie die Blumen hießen und welche Vögel sangen. Auch wir sangen und es gab keine lange Weile.

Endlich kamen wir wohlbehalten in Sontop an.

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Familie Schneider - von unten beginnend u von links nach rechts - 1. Reihe: Gerhard Bläsing, Erhard Schneider, 2. Reihe: Marta Matzke geb. Schneider, Oma Auguste Schneider, Opa Gustav Schneider, mein Vater Ewald Schneider, 3. Reihe: Paul Bläsing, Wanda Bläsing geb. Schneider, Ida Schneider geb. Scheffler, Hermann Schneider; der Fotograf war Otto Schneider, Emma Rau, geb. Schneider ist nicht aufgenommen, da sie schon in Berlin wohnte, Herrmann ist leider ohne Kopf fotografiert, dieses Maleur passierte öfter, da er annähernd 2 m gross war / Aufnahme von Frau Lieselotte Becker zur Verfügung gestellt

Nach einem herzlichen Empfang durften wir im Garten spielen. Nach dem Abendessen ging es ins Bett. Wir durften in dem großen Himmelbett schlafen. Es war mit einem großen Vorhang vom Wohnzimmer abgetrennt. Obwohl wir noch den Gesprächen der Erwachsenen lauschen wollten, überfiel uns doch die Müdigkeit und wir schliefen tief und fest bis zum frühen Morgen.

Großmutter wollte uns mit einer Tasse warmer Ziegenmilch verwöhnen, aber – brr -. Wir waren an Kuhmilch gewöhnt und verzogen das Gesicht. Als Großmutter das Problem mit einem Löffel Bienenhonig löste, schmeckte uns auch die Ziegenmilch. Wir stellten fest, dass die Ziegen ganz zahm und gute Spielgesellen waren.

Das Grundstück der Großeltern lag am Waldesrand. Es gab einen Blumengarten, wo die Beete mit Buchsbaumrabatten eingerahmt waren. Die Wege waren geharkt und wir konnten dort gut mit den Nachbarkindern „kriegen“ spielen. Im großen Gras-Garten standen Obstbäume und ein riesiger Brunnen mit einem Dach. Gleich daneben stand das Wohnhaus. Es hatte ein dickes großes Strohdach, das weit nach unten reichte. Es war für uns verlockend darauf herum zu klettern. Aber das war verboten !

Meisten spielten wir in dem großen Garten. Für unsere Märchenspiele war alles vorhanden: Apfelbaum, Backofen, Ziegenstall und unser „Märchenbrunnen“, und der Wald ganz nahe. Es machte uns viel Spaß – bis wir den Froschkönig spielten. Dazu öffneten wir das Dach auf dem Brunnen. An einer Kette hing ein Schöpfeimer. Wir kurbelten den Eimer hoch und wieder hinunter, aber wir schöpften nur Wasser und keine goldene Kugel und kein Froschkönig war zu sehen. Es war ein Wunder, dass niemand hineingefallen ist. Doch plötzlich löste sich die Kette und der Eimer fiel mit einem lauten „Platsch“ in den Brunnen. Noch schwamm er aber er drohte ganz unterzugehen.

Der Schreck steckte uns in den Gliedern. Wir wussten nicht ob das mit rechten Dingen zuging. Nach einer abenteuerlichen Bergung mit einer langen Stange und einem Haken daran, wurde der Eimer doch noch heraufgeholt. Für uns blieb der Brunnen verschlossen !

Unsere Großmutter tröstete uns oft mit ein paar „Klimpan“. Das waren Bonbons, die sie in ihrer Rocktasche hatte. Sie erzählte uns oft Geschichten. Auch vom Großvater, als er noch jünger war.

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Bahnhof Sontop - Postkartenausschnitt aus Sammlung Arno Kraft

Großvater war Bahnhofsvorsteher auf dem Sontoper Bahnhof, mit dunkler Uniform, roter Schirmmütze und der Trillerpfeife. Er verkaufte Fahrkarten, hielt die Züge mit der Kelle an und ließ sie ebenso mit erhobener Kelle und lautem Pfiff aus der Trillerpfeife wieder abfahren.

Sein zweiter Beruf war Müller. Auf einem Sandberg in der Nähe des Bahnhofes stand seine Windmühle. Er hatte noch einen Gehilfen, der den Mühlenbetrieb aufrecht erhielt, wenn Großvater seine Müllersachen mit der Bahnhofsuniform vertauschte. An dieser Stelle musste ich immer „kichern“, weil ich mir das so gut vorstellen konnte. Dazu kannte ich ihn nur mit seinem großen weißen Bart.

Es gab auch Unfälle. Die Bauern brachten mit dem Pferdewagen das Getreide zur Mühle. Oft kam mit lautem Pfeifen und Getöse die Eisenbahn vorbei. Die Pferde erschraken und gingen durch. Das heißt, dass die Pferde nicht mehr zu halten waren.

Als die Straße von Bentschen nach Neutomischel weiter gebaut wurde, hörte der Mühlenbetrieb auf. Der ganze Sandberg wurde abgetragen um die Straße zu bauen.

Die Mühle steht schon lange nicht mehr. Auch das Strohdachhaus und der Brunnen sind längst nicht mehr da. Nur – die Erinnerung daran lebt weiter !

Gedenksteine auf dem Friedhof Cichagora – Juliana

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Cichagora,Friedhöfe,Genealogie,Juliana | Kommentare sind deaktiviert
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Juliana-Chichagora Friedhof / Aufn. PM 12/2006

Im Artikel „Ein Grabstein – Colonie Juliana/Julianka – und viele Fragen“ findet sich schon ein kurzer Bericht basierend auf den gefundenen Grabstein der Eheleute Hildebrand-Hunold; es fanden sich jedoch noch weitere lesbare Grabsteine auf dem mitten im Wald gelegenen ehemaligen Friedhof, der von den Bewohnern von Juliana und Cichagora und vielleicht sogar denen aus Albertoske genutzt wurde. In diesem Artikel soll versucht werden, auch zu diesen kurze Familiendaten zusammen zu stellen.

Die hier angeführten Datierungen wurden entnommen aus den Kirchenbüchern der evgl. Gemeinden Grätz, Kuschlin, Boruy und Konkolewo, verfilmt auf Mikrofilm im Archiwum Panstwowe, Poznan durch „The church of Jesus Christ of Latter-Day Saints“ und anschliessend zusammengestellt von der Autorin. Vielleicht findet sich ja auch noch der ein oder andere Nachkomme, der weitere Auskunft erteilen kann ?

Zuschriften bitte über unsere Mailadresse auf der Startseite

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Auf dem ehemaligen Friedhof findet sich der heute noch beeindruckende Grabstein der Eheleute Rosenau.

Die weiland Ausgedingerin Anna Rosina Dorothea Rosenau geb. Giering zu Cichagora; sie starb in dem Alter 61 J. 1 M. u. 28 T. und

der weiland Ausgedinger Johann George Rosenau zu Cichagora; er starb in dem Alter von 71J. 8 M. u 13 T.

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Grabstein Rosenau-Giering, aufrecht stehend / Aufn. PM10/2009

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Grabstein Rückseite Rosenau-Giering / Aufn. PM10/2009

Dieser Stein weist keinerlei Jahreszahl aus – und dieses wiederum führt zu der Frage: wie alt ist der Stein eigentlich; in welcher Zeit lebten diese Eheleute derer hier gedacht wurde ?  Im Kirchenbuch der evangelischen Gemeinde von Grätz findet sich unter dem 17 September 1810, dass beide, er als 25 jähriger Bräutigam und sie als 20 jährige Braut die Ehe eingingen. Johann George war der jüngste Sohn des Christian Rosenau, Eigentümer zu Cichagora und dessen Ehefrau Anna Dorothea Timm; Rosina Dorothea wiederum die älteste Tochter des im Jahr 1809 verstorbenen Christian Giering; Eigentümer zu Cichagora und der Anna Catharina Hirte.

Leider ist zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich weiter in die Vergangenheit zu gehen, da Kirchenbücher oder auch Kopien dieser aus den sich rechnerisch ergebenen Geburtsjahren 1785 und 1790 nicht zur Einsicht zur Verfügung stehen.

Die Familie ist über viele Jahre in Cichagora zu finden. Johann George wurde bei den Geburten der gemeinsamen Kinder in den Jahren 1811 von Johann Samuel, in 1812 von Rosina Dorothea, in 1814 von Johanna Juliana, in 1816 von Johann George, in 1818 von Gottfried, in 1821 von Johann Christian Gottlieb, in 1823 von Johann Christian, in 1835 von Johanna Louise, in 1839 von Johann Wilhelm Carl und letztlich im Jahr 1835 von Johann August immer wieder als Eigentümer in Cichagora genannt.

Aus den Eintragungen der Eheschliessungen der Kinder kann man Rückschluss darauf ziehen, dass Rosina Dorothea Rosenau geb. Giering vermutlich vor 1851 und ihr Ehemann Johann George Rosenau vor 1856 verstorben sind. Somit erinnert – für uns heute noch deutlich sichtbar – dieser Stein seit ungefähr 160 Jahren der Eheleute Rosenau – Giering aus Chichagora.

* * *

Bei dem nächsten gefundenen Grabstein ist es schon etwas schwieriger. Hier wird erinnert an die Eheleute

Heinrich Schulz und Wanda geborene Müller.

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Grabstein Schulz-Müller / Aufn. PM10/2009

Schulz und auch Müller sind nun nicht unbedingt die seltensten Namen. Zu Wanda Müller verheiratete Schulz, geboren am 18.07.1880 und verstorben im Jahr 1935 wurde leider keine passende Geburts-Eintragungen gefunden. Zu Heinrich Schulz kommt ein Geburtseintrag vom 23 April 1878 aus dem Lenker Hauland bezüglich eines Johann Heinrich Otto Schulz in Frage. Seine Eltern wären dann Johann Daniel Eduard Schulz und dessen Ehefrau Johanna Louise Schlecht gewesen. Ein gemeinsamer Hinweis auf die Eheleute Schulz-Müller findet sich dann noch im Jahr 1935, hier heiratete Friedrich Wilhelm Schulz als Sohn des Heinrich Schulz, Landwirt zu Albertoske und seiner Frau Wanda geborene Müller.

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Der dritte gefundene Grabstein lautet auf den Namen der

Beata Heinrich geborene Bederke;

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Grabstein Heinrich-Bederke / Aufn. PM 10/2009

geboren im October 1810 und verstorben am 24. Mail 1880. Wiederum ein nicht einfacher Fall, da sich mehr oder weniger keine genaueren Eintragungen fanden. Es steht zu vermuten, dass sie die Tochter von Johann George Bederke (auch Peterke) und dessen Ehefrau Christina geborene Hauch war. Ihr Ehemann war Johann George Heinrich, dieses gemäß dem Aufgebotseintrag der gemeinsamen Tochter Johanna Caroline Henriette Heinrich  aus dem Jahr 1857.

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Der vierte und letzte lesbare Stein, ist der des

Erich Konrad Franke.

Er wurde im April 1907 geborene und verstarb im März 1920. Leider wurden bis zur Veröffentlichung dieses Artikels keine Hinweise auf ihn oder seine Familie gefunden.

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Grabstein Franke / Aufn. PM 10/2009

Eine Mordnacht in einem Abbau bei Sontop – 1858 – Teil 4

geschrieben von Gudrun Tabbert
(aus der Sammlung des Dr. Vollert, Großherzogl. sächs. fürstl. schwarzb. Kreisgerichtsrath)
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Was bisher geschah: Die Witwe Lüdtke aus einem Abbau bei Sontop zeigt beim Schulzen Hoffmann aus Sontop an, dass ihr Sohn Robert seinen Onkel – den Gottlieb Lüdtke – und seinen Bruder – den Eduard Lüdke – in der Nähe des Wohnhauses in einem fast ausgetrockneten Wasserloch aufgefunden habe. Beide wiesen eine durchschnittene Kehle auf – einwandfrei eine Mordtat (Ende Teil 1).

Die Untersuchungen werden aufgenommen. Die Witwe Lüdke und ihre Tochter Ernestine werden verhaftet (Ende Teil 2).

Wilhelm Girndt, Ferdinand Raschke und Ernestine Stankowska werden näher beschrieben. Die Obduktionen bestätigen, dass es sich einwandfrei um Mord handelte, wie ja schon vermutet worden war. Es erfolgt die Verhaftung der Ernestine Stankowska und des Ferdinand Raschke. Es werden die ersten Vernehmungen der beiden wiedergegeben. (Ende Teil 3).

Hier nun der Schluß mit der Urteilsprechung

* * *

Im Gefängnisse zu Grätz gestand die Witwe Lüdtke zu, dass Raschke und ihr Bruder Wilhelm Girndt am 23. Juni bei ihr verkehrt und viel Branntwein getrunken hätten; vom Morde wollte sie nach wie vor nichts wissen. Raschke dagegen ließ eines Abends um 10 Uhr den Untersuchungsrichter zu sich bitten, weil er ein Geständnis ablegen wolle. Er erzählte darauf, dass er gesehen, wie Girndt beide Mordtaten vollbracht, er (Raschke) habe dabei in keiner Weise geholfen. Wir übergehen diese Angaben, die Raschke später selbst zurückgenommen hat, um zu dem wichtigsten Momente der Untersuchung zu gelangen.

Obgleich die Regierung zu Posen eine namhafte Belohnung auf die Ergreifung des Girndt gesetzt hatte, war es den Sicherheitsbehörden noch immer nicht gelungen, ihn festzunehmen. Er war an verschiedenen Orten aufgetaucht, aber alsbald wieder verschwunden. Mehrere in der Umgegend verübte Diebstähle wurden ihm zur Last gelegt, das Gerücht machte ihn zu einem gefürchteten Räuberhauptmann, und wenn auch die Erzählungen von Raubanfällen gewöhnlich in Nichts zerfielen, so glaubten doch viele, dass Girndt an der Spitze einer zahlreichen Bande stehe und die Gegend unsicher mache. Die Wahrheit war, dass er sich durch einen Diebstahl andere Kleider verschafft hatte und ruhelos umherstreifte. Er übernachtete in den Wäldern und zeigte sich in einem Dorfe nur, um dort seinen Hunger zu stillen. Am 14. Juli kehrte er in der Wohnung eines alten Bekannten, des Tagearbeiters Lehmann im Kirchplatz Borui ein; er fürchtete von ihm keinen Verrat und wollte doch einmal unter Dach und Fach schlafen.

Aber Lehmann war inzwischen wegen Straßenraubs gefänglich eingezogen, und seine Ehefrau wartet nur, bis ihr Gast sich auf dem Hausboden schlafen gelegt hatte, dann benachrichtigte sie den im Dorfe stationierten Fußgendarmen Funk. Der Gendarm ließ den Eingang des Bodens von einigen mit Flinten bewaffneten Bauern besetzen und ging dann allein in den Bodenraum. Girndt sprang von seinem Nachtlager hinter einem Schornstein auf, ergriff ein bereit gehaltenes Messer und schien zu verzweifelter Gegenwehr entschlossen. Funk drang mit gefälltem Bajonett gegen ihn vor. Da stürzte sich Girndt mit gezücktem Messer auf die Männer, die den Eingang bewachten, im nächsten Augenblick brach er, von einer Schrotladung in den Unterleib getroffen, zusammen.

Die Wunde war tödlich, und Girndt selbst fühlte diese vom ersten Augenblick an. Er bat, man möge einen Priester rufen. Der Ortsgeistliche, Prediger Rohrmann, erschien; beide waren sich nicht fremd, denn Rohrmann hatte vor etwa 15 Jahren dem Girndt Religionsunterricht erteilt und ihn konfirmiert. Girndt gestand sogleich, er habe einen Mord begangen, fragte, ob er auf Vergebung hoffen könne, und bat um das heilige Abendmahl. Rohrmann antwortete, was ihm sein Amt gebot, machte aber die Spendung des Abendmahls davon abhängig, dass der Mörder ein gerichtliches Geständnis ablege. Girndt flehte auf das inständigste, man sollte ihm hierzu die Gelegenheit verschaffen.

Durch Eilboten wurden die Gerichtspersonen aus Grätz herbeigerufen. Es begann eine Gerichtsverhandlung, die jedem Anwesenden in ausführlicher Erinnerung geblieben ist.

Es war Nacht, Girndt lag in einer Scheune auf einem Strohlager, zitternd, stöhnend vor Schmerz. Er wusste, dass er nur noch wenige Stunden zu leben habe, sein Geist war völlig klar, und mit seltener Willenskraft konzentrierte er alle seine Gedanken auf das Geständnis, welches er vor dem irdischen Richter ablegen wollte, ehe er vor den ewigen Richter gerufen würde. Laut sprechen konnte er nicht mehr, er flüsterte dem neben ihm knienden Richter seine Angaben leise zu, und dieser diktierte sie unter Girndt’s gespannter Aufmerksamkeit dem an einem nahen Tische beim Scheine einiger Laternen schreibenden Protokollführer. An der anderen Seite stand ein anderer, schwarzbehangener Tisch, mit Kruzifix und Abendmahlsgeräten versehen, der Geistliche wartete im Ornat auf die Beendigung des Verhörs, um dann den letzten, einzigen Wunsch des reuigen, sterbenden Verbrechers zu erfüllen.

Girndt bekannte:

„Am verflossenen Sonnabend sind es drei Wochen gewesen, seit ich zufällig mit dem Tagelöhner Raschke, mit welchem ich einige Zeit zuvor im Gefängnis zu Fraustadt gesessen hatte, zusammentrag. Wir zogen einige Tage gemeinschaftlich umher und stahlen in dem Dorfe Brandorf ein Ziege. Gerade heute vor drei Wochen kamen wir des Morgens nach Sontop zu meiner Schwester Lüdtke. Raschke war damals den Lüdtkes noch ganz unbekannt, wurde aber nebst mir von meiner Schwester gut aufgenommen. Raschke hatte gar kein Geld, ich besaß noch 2 1/s Sgr., die gleich an demselben Tage vertrunken wurden.“

„Ich erinnere mich nicht, dass damals zwischen mir und meiner Schwester über den alten Lüdtke gesprochen worden wäre. Ich habe mit dem letzteren nie einen Streit gehabt und niemals mit ihm in Feindschaft gelebt. Ich wollte ihn daher auch auf dem Felde besuchen, allein meine Schwester redete mir ab, indem sie sagte, dass der Alte uns anzeigen würde, worauf Raschke äußerte: „Nun, den werde ich kriegen, wenn er uns anzeigen will.“. Ich aber doch zu dem Alten aufs Feld. Am Abend beschlossen Raschke und ich, einen Schöps (=Hammel) zu stehlen. Da wir in der Gegend nicht bekannt waren, so nahmen wir die Ernestine Stankowska als Führerin mit.“

„Wir gingen in jener Nacht zu zwei verschiedenen Wirten in der Nähe von Sontop, ich entwendete zuerst von einem offenen Gehöft zwei Sägen und dann aus dem nicht verschlossenen Stall eines anderen Gehöftes einen Schafbock. Raschke und Ernestine hielten Wache. Wir schlachteten den Schafbock nach im Walde, packten die einzelnen Stücke in den Rock der Stankowska und trugen unsere Beute zu meiner Schwester. Am folgenden Tage sagte mir Raschke, meine Schwester habe gemeint, wir sollten ihr den Alten, nämlich den Gottlieb Lüdtke, wegschaffen.“

„Ich hielt dies für Scherz, aber als ich bald darauf meine Schwester bat, mir 15 Sgr. zu borgen, erwiderte sie: „Du kannst noch mehr kriegen, wenn du den Alten wegbringst.“ Zugleich teilte sie mir mit, Gottlieb Lüdtke schlage sie sehr oft, und auch ihr Sohn Eduard vergreife sich mitunter tätlich an ihr, der Alte müsse fort, dann würde sie ihn beerben.“

„Ich erinnere mich nicht, dass mir meine Schwester damals besondere Versprechungen gemacht hätte, und kann keine Auskunft darüber geben, wie es gekommen ist, dass sie zu Raschke so schnell Vertrauen gewonnen und ihn früher als mich in ihren Plan eingeweiht hat. Vermutlich hat sie es getan, weil Raschke ja auch ein Dieb ist. Ich habe zu der Aufforderung meiner Schwester weder Ja noch Nein gesagt, ich war noch nicht entschlossen, aber sie hat uns den ganzen Tag über von früh an mit Schnaps traktiert, und dadurch habe ich mich bewegen lassen, zu tun, was sie wollte.“

„Ich hatte so viel getrunken, dass ich betrunken war, aber ich wusste, was ich tat, und erinnere mich an alles, was geschehen ist, recht gut.“

„Am Nachmittag besprachen wir alle drei, wie wir den Alten beiseiteschaffen könnten. Meine Schwester schlug vor, wir möchten ihm so lange zutrinken, bis er berauscht sei, dann wollte sie ihm Gift geben, und wenn das nicht helfe, sollten wir ihn totschlagen.“

„Etwas Näheres wurde nicht verabredet, aber einige Zeit nachher zeigte mir meine Schwester einen kleinen steinernen Topf, in welchem sich ein gelblichweißes Pulver befand; sie sagte, es sei Rattengift, sie würde es ihrem Schwager in die Suppe tun. Gegen Abend brachte sie eine große Schüssel voll Kartoffelsuppe in die Stube und teilte mir mit, dass sie das Gift hineingeschüttet habe. Die Suppe roch sehr stark nach Schwefel, ich konnte mir daher nicht denken, dass der Alte sie nehmen würde. Raschke war derselben Ansicht, und wir beschlossen nun, dass Lüdtke aus dem Hause gebracht und dann ermordet werden sollte. Schon im Laufe des Nachmittags hatten wir mit ihm und Eduard zusammen große Quantitäten Schnaps getrunken. Als es anfing, dunkel zu werden, waren Gottlieb und Eduard Lüdtke sehr stark berauscht, der letztere legte sich hin, um zu schlafen, der erstere taumelte hin und her und ging endlich zur Tür hinaus, Raschke und ich folgten ihm.“

„Es war völlig Nacht, als wir heraustraten. Wir gingen mehrere mal im Hofe auf und ab und dann auf dem Fußwege, der nach der Wiese führt, weiter. Raschke  hatte den alten Lüdtke angefasst, ich ging voraus. An der Keute angekommen, raunte mir Raschke zu: „Gib mir das Messer und wirf den Alten hinein.“ Ich zögerte, wir kehrten um und gingen wieder nach dem Hause zu. Unterwegs forderte mich Raschke nochmals auf, ihm das Messer zu reichen und den Lüdtke auf die Erde zu werfen. Ich nahm nun mein Einschlagmesser und gab es dem Raschke, jedoch ohne es aufzumachen, dann fasste ich den Alten, der so betrunken war, dass er von allem, was vorging, nichts merkte, mit der einen Hand an der Brust, mit der anderen im Rücken und warf ihn hintenüber auf die Erde. Im Fallen rief er mir zu: „Kinder, was macht ihr?“ Raschke kniete sofort neben ihm nieder und fing an, ihm mit dem Messer den Hals zu durchschneiden, wobei ich auf seinen Befehl den Kopf nach hinten festhielt.“

„Der Alte lag ganz still und gab keinen Laut mehr von sich.“

„Wir ließen ihn eine Weile liegen, bis er ausgeblutet hatte, dann hoben wir ihn auf und trugen ihn, einer am Kopf, der andere an den Füssen, nach der Wasserkeute und warfen ihn dort hinein.“

„Wir gingen nun zusammen auf dem Fußwege wieder zurück. Ungefähr in der Mitte des Weges sagte Raschke zu mir, wir müssten die Flucht ergreifen, ich sollte stehen bleiben, er wolle in das Haus, die Ernestine Stankowska abholen und mit ihr zurückkommen. Raschke hatte sich nämlich in die Ernestine verliebt und war entschlossen, sie zu heiraten.“

„Als ich eine Weile dort gewartet hatte, kam meine Schwester, sie schenkte mir einen Taler und benachrichtigte mich, dass Raschke oben herum über das Land gegangen sei. Ich lief ihm nach und erfuhr von ihm, dass Eduard Lüdtke noch nicht nüchtern geworden wäre, und dass wir ruhig ins Haus gehen könnten.“

„Auf dem Wege dahin trafen wir wieder mit meiner Schwester zusammen; sie redete uns an: „Jetzt müsst ihr auch den Eduard fortschaffen.“ Als ich entgegnete: „Nein, das kann ich nicht“, antwortete sie: „Dann seid ihr verloren. Der Junge hat alles gemerkt und wird uns anzeigen.“ Raschke weigerte sich ebenfalls und sagte: „Ihr habt erst bloß vom Alten gesprochen; jetzt wollt Ihr auch noch den Jungen weghaben; bringt ihn Euch selbst weg.“ Auf ihre Bemerkung, dass sie es nicht könne, erwiderte er: „Dann müsst Ihr uns noch mehr geben.“

„Meine Schwester versprach nun, wenn alles glücklich vorüber wäre, wollte sie uns noch mehr Geld zahlen. Raschke erklärte hierauf, sie solle den Eduard rausschicken, er werde ihn mit dem Riemen erwürgen. Wir gingen nach diesem Gespräch alle drei in das Haus, Raschke und ich in die Stube des alten Lüdtke, meine Schwester in die ihrige. Die Stankowska wurde herbeigerufen und kochte uns Abendbrot. Beim Eintreten nahm Raschke seinen Ledergurt ab, machte eine Schlinge darin und legte ihn neben sich auf den Tisch. Als wir gegessen hatten, kam meine Schwester an die Tür unserer Stube, und Raschke sagte zu ihr: „Jetzt schickt den Eduard raus!“

„Sie ging in ihre Stube zurück, und wir beide traten auf den Flur. Gleich darauf kam der Eduard aus der Stube seiner Mutter heraus; hier warf ihm Raschke den Riemen um den Hals, führte ihn vor die Tür, schleifte ihn vorwärts, sodass er auf das Gesicht fiel, trat ihn mit dem Fuße ins Genick und zog den Riemen fest an, bis der Junge sich nicht mehr rührte. Im Flur schrie Eduard: „Wilhelm, lass mich doch sein!“ und dann: „Vater, lass mich doch los!“ Sonst hat er, auch als Raschke ihn am Halse würgte, weder gesprochen noch geschrien.“

„Wo meine Schwester und die beiden Mädchen sich aufgehalten haben, als dies geschah, weiß ich nicht; ich glaube aber in der Stube. Ich habe dabeigestanden, habe aber dem Raschke nicht geholfen und den Eduard nicht angerührt. Als der Junge sich nicht mehr bewegte, hob Raschke ihn am Riemen auf und legte ihn sich über die Schultern, sodass er hinten mit den Füßen herunterging. So trug er ihn bis zur Keute; ich ging hinterher. Am Wasserloche ließ Raschke den Eduard auf den Boden fallen, dieser gab wieder Lebenszeichen von sich, und nun sagte Raschke: „Wir müssen ihm auch den Hals abschneiden.“ Er nahm das Messer, welches er mir noch nicht zurückgegeben hatte, schnitt dem Jungen die Kehle durch und warf ihn dann in das Wasserloch. Ich habe ihm dabei nicht geholfen.“

„Wir kehrten nun um. In der Stube waren meine Schwester und die beiden Mädchen anwesend, erstere hatte für jeden von uns einen Taler in zweigroschenstücken auf den Tisch gelegt. Sie gab uns das Geld und riet uns, wir sollten eine Ziege zu bekommen suchen und diese in das Loch werfen, dann würde jedermann glauben, die beiden Lüdtkes hätten die Ziege gestohlen und wären von dem Eigentümer dabei ertappt und erschlagen worden. Ernestine Stankowska bezeichnete uns in der Nähe in Paprotsch ein Gehöft, wo eine Ziege sein sollte. Wir gingen sofort dorthin, ich holte die Ziege aus dem Stall, und Raschke stand Wache. Wir trieben die Ziege ein Stück auf der großen Straße fort, nachher auf einem Seitenweg über die Weisen nach der Keute; hier schlachteten wir sie und legten sie dann dem alten Lüdtke auf den Leib. Wie wir das eigentlich gemacht haben, dessen kann ich mich nicht mehr erinnern. Als wir in das Haus zurückkamen, fing es an hell zu werden. Meine Schwester erzählte, dass sie die Jacke und den Rock der beiden Toten, welche sie bei der Ermordung nicht angehabt hatten, nach der Keute getragen und dort hingelegt habe.“

„Ernestine Stankowska und die Tochter meiner Schwester haben sich in keiner Weise bei dem Morde beteiligt und uns nicht dazu angereizt. Ob Raschke später zu mir gesagt hat: „Ich hätte mehr von dir erwartet“, entsinne ich mich nicht. Ich glaube, dass er eine solche Äußerung über mich zu der Stankowska getan hat.“

Dem Girndt wurde ein ihm abgenommenes Einschlagmesser mit breiter Klinge vorgezeigt. Er erklärte: „Dies ist dasselbe Messer, mit welchem Raschke den beiden Lüdtkes den Hals abgeschnitten hat, ich habe es ihm zu diesem Zwecke gegeben.“

„Das in der Keute gefundene Messer ist von mir zum Schlachten der Ziege benutzt und nachher hingeworfen worden. Ich hatte es aus der Wohnung meiner Schwester genommen und weiß nicht, wem es gehört.“

„Übrigens hat mir Raschke nach dem Morde erzählt, meine Schwester habe ihm 10 Thlr. versprochen und zu wenig gegeben. Er äußerte auf dem Wege in den Wald, nachdem er nun zwei Menschen ermordet, komme es ihm nicht darauf an, noch mehrere umzubringen, seine Augen und seine Sinne seien ganz verkehrt.“

Als dem Girndt die von ihm erstatteten Aussagen vorgelesen wurden, hörte er aufmerksam zu, berichtigte jede wirkliche oder vermeintliche Abweichung von seinen Angaben und unterschrieb auf seinen ausdrücklichen Wunsch das Protokoll, mit zitternder Hand, aber vollkommen leserlich. Inzwischen war Raschke aus Grätz herbeigeschafft worden, er wurde seinem Mitschuldigen gegenübergestellt und ihm das Geständnis Girndt’s vorgehalten. Was der blutige Leichnam seines Opfers nicht vermocht hatte, bewirkte der Anblick seines sterbenden Kameraden. Raschke wurde bleich, seine Knie schlotterten, sodass die Fesseln klirrten. Er mochte fühlen, dass er nach diesen Bekenntnissen verloren war. Dennoch machte er noch einen Versuch, sich zu retten. Er kniete vor Girndt nieder und redete diesen mit den in fast flehenden Tone gesprochenen Worten an: „Wilhelm, du musst ja sterben! Gestehe doch, dass du die beiden erschnitten hast und dass ich bloß zugesehen habe!“ Girndt antwortete ruhig: „Ich weiß längst, dass ich sterben muss; ich will noch das Abendmahl nehmen; ich kann nicht lügen, du weißt, dass alles so gewesen ist.“

Raschke wurde entfernt. Nachdem Girndt nochmals auf das feierlichste versichert hatte, dass er überall die Wahrheit gesagt habe, begann die Abendmahlsfeier. Nach dortiger frommer Sitte wird jedem Konfirmanden bei der Einsegnung ein Bibelspruch, gleichsam als Leitstern auf seinem künftigen Lebenswege mitgegeben. Der Prediger Rohrmann erinnerte sich noch gut an den Spruch Girndt’s, der diesem freilich längst aus dem Herzen entschwunden sein mochte: „Ihr seid teuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte!“ (1. Kr. 7,23). Hieran anknüpfend, sprach Rohrmann zu seinem ehemaligen Schüler Worte des tiefsten Ernstes, aber zugleich voll vergebender Liebe, und reichte ihm dann das Sakrament.

Nach Beendigung der heiligen Handlung drückte und küsste ihm Girndt unter Tränen die Hand, er dankte ihm aufs innigste, bat nochmals die Gerichtspersonen um Verzeihung und nahm von allen Abschied. Die Schmerzen hörten auf, Girndt unterhielt sich noch eine Zeit lang ruhig, fast heiter mit seinem Wächter, dann aber wurde er schwächer und verschied noch im Lauf des Tages.

Auf Raschke hatte die Konfrontation und die Nachricht von Girndt’s Tod einen tiefen Eindruck gemacht. Sein bisheriges sorgloses Wesen war einer unruhigen Niedergeschlagenheit gewichen, er kämpfte augenscheinlich einen heftigen Kampf mit sich selbst. Er hatte den Wunsch, sein Gewissen zu entlasten, aber die Furcht vor der Strafe hielt ihn zurück. Einmal erbot er sich, alles zu gestehen, wenn ihm ein Teil seiner Fesseln abgenommen würde und er nicht mehr einsam zu sitzen brauchte, Bedingungen, auf welche das Gericht natürlich nicht eingehen konnte.

Ernestine Stankowska bat wenige Tage nach dem Tode des Girndt, sie nochmals zu vernehmen, und erklärte: sie fühle sich gedrungen, einen Umstand anzuzeigen, den sie bisher verschwiegen, weil sie nicht danach gefragt worden sei und ihrer Tante nicht unnötig habe schaden wollen. Sie erzählte nun, dass sie am 23. Juni vormittags in der Stube der Witwe Lüdtke einen durchdringenden schwefelartigen Geruch verspürt, und dass ihr, als sie ihre Verwunderung hierüber ausgesprochen, Ernestine Lüdtke eine Schüssel mit einer gelblichen, übelriechenden Masse gezeigt habe mit dem Bemerken, dies sei Gift und solle dem alten Lüdtke in die Suppe getan werden. In der Nacht, kurze Zeit nach der Ermordung, habe die Witwe Lüdtke zu ihrer Tochter gesagt: sie sollen nur machen, dass das Gift fortkomme. Das Mädchen habe entgegnet, sie wolle es am Berge hinter dem Hause vergraben.

Als auch in diesem Punkte wurden die Angaben des sterbenden Girndt bestätigt.

Endlich ließ sich auch die Witwe Lüdtke vorführen, um ein Geständnis abzulegen. Sie erbat dazu ausdrücklich die Gegenwart eines Geistlichen, die ihr gewährt wurde. Sie erzählte die Vorfälle bis zum Diebstahl des Hammels übereinstimmend mit ihrem Bruder. Dann fuhr sie fort:

„Am 23. Juni redete mich mein Bruder, ohne dass ich vorher mit ihm über den alten Lüdtke gesprochen hatte, mit den Worten an: „Du bist eine dumme Person, du solltest dir den Alten vom Halse schaffen! Gib dem Ferdinand Raschke zwei Quart Schnaps, und er schafft ihn dir vom Halse.“ Ich ging hierauf zu Raschke und sagt zu ihm: „Ferdinand, ich werde dir etwas geben, wenn du den Alten über die Seite bringst.“ Raschke reichte mir die Hand und entgegnete: „Heute nicht, aber morgen.“

„Am Nachmittag kam mein Bruder wieder zu mir, verlangte Geld zu Branntwein und fügte hinzu: „Gib das Geld für den Schnaps her, damit Raschke einen kleinen Rausch bekommt und den Alten wegschafft.“

„Ich habe mit Raschke und meinem Bruder darüber, wie der Alte weggeschafft werden sollte, nicht gesprochen, ihnen nicht gesagt, sie sollten ihn erst betrunken machen und dann totschlagen, auch nicht geäußert, dass ich ihm Gift geben wolle. Nachmittags tranken Raschke, mein Bruder, Gottlieb und Eduard Lüdtke viel Schnaps. Die beiden Lüdtke’s waren angetrunken. Nachdem es dunkel geworden war, gingen Raschke, mein Bruder und der Alte vor die Tür, Eduard legte sich in meiner Stube schlafen. Ich war der Meinung, Raschke würde den Alten erst am folgenden Abend umbringen. Nach einer halben Stunde aber kam mein Bruder und äußerte: „Nun ist der Alte weg! Da liegt er!“ Ich erwiderte: „Was wird nun der Junge sagen, der wird alles anzeigen.“ Darauf forderte er mich auf, ich sollte den Eduard ebenfalls wegschaffen; der inzwischen hinzugekommene Raschke entgegnete: „Das kannst du nicht verlangen, dass eine Mutter ihr Kind totmacht.“ Ich begab mich nun in mein Zimmer und weiß nicht, wo der Eduard hingekommen ist, denn ich war von einer großen Angst befallen. Nur einmal hörte ich ihn auf dem Flur rufen: „Wilhelm, tue mir nichts, ich will die Ziege melken gehen.“

„Den Rat, eine Ziege zu stehlen, habe ich nicht gegeben; ebenso wenig habe ich für die Ausführung der Mordtaten an einen von beiden Geld gezahlt.“

Trotz der eindringlichsten Ermahnungen des Richters und des Geistlichen blieb die Witwe Lüdtke bei diesen Aussagen stehen.

 

* * *

Die Voruntersuchung war beendigt. Gegen Raschke wurde wegen Ermordung des Eduard und Gottlieb Lüdtke, gegen die Witwe Lüdtke wegen Verleitung des Raschke und Girndt zu diesem Verbrechen Anklage erhoben. Die Untersuchung gegen Ernestine Lüdtke musste eingestellt werden, weil ihr eine bestimmte Mitwirkung bei dem Morde nicht nachzuweisen war.

Am 25. Okt. 1858 fand die Verhandlung vor dem Schwurgericht zu Meseritz statt. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob sie sich der ihnen zur Last gelegten Verbrechen schuldig bekennen wollten? antworteten beide Angeklagte: „Nicht schuldig.“ Die Witwe Lüdtke wiederrief sogar ihr früheres teilweises Geständnis. Sie bestritt, dass sie mit den Ermordeten in Unfrieden gelebt und dass sie irgendwelche Äußerungen getan habe, um Raschke zu bewegen, dass er den Gottlieb Lüdtke aus dem Wege räumen solle, sie gab nur zu, dass Raschke und Girndt vor dem Morde bei ihr verkehrt hätten. Nach ihrer Behauptung war ihr Bruder am Abend des 23. Juni ganz unerwartet mit den Worten zu ihr getreten: „Da liegt er, weg ist er!“ worauf sie, ohne etwas von der Ermordung des Lüdtke zu ahnen, entgegnet habe: „Was wird der Junge sagen!“ Im Laufe des Verhörs erklärte sie: „Es ist schon richtig, dass ich dem Ferdinand gesagt habe, ich würde ihm etwas geben, wenn er den Alten wegschaffte;  ich habe aber nur gemeint, er solle machen, dass mein Schwager ins Gefängnis käme.“

Auf das Widersinnige und die Widersprüche in ihren Angaben aufmerksam gemacht, hatte sie dieselben Antworten bereit, die sie seit ihrer ersten Vernehmung stets auf solche Vorhaltungen gegeben: ich weiß nicht – da muss ich falsch verstanden sein – danach bin ich nicht gefragt worden – mein Gedächtnis ist so schwach u. dgl. m.

Ihr Benehmen war frech, sie lief auf ihrem Platze unruhig hin und her; ihr ganzes Auftreten machte einen höchst ungünstigen Eindruck.

Raschke benahm sich ruhig und anständig; er wiederholte zwar seine frühere Erzählung, dass die Witwe Lüdtke ihren Bruder zu den beiden Mordtaten verleitet und dass Girndt allein sie ausgeführt habe, aber man sah, dass er selbst zu seinem Lügengewebe kein rechtes Vertrauen hatte. Sein Widerstand war innerlich schon gebrochen.

Da das Geständnis Girndt’s die Hauptstütze der Anklage war, so kam es darauf an, die Umstände, unter denen er dasselbe abgelegt hatte, den Geschworenen möglichst klar vor die Augen zu führen. Der Kreisrichter Le Viseur aus Grätz und er Prediger Rohrmann gaben eine so anschauliche Darstellung der ergreifenden Vorgänge jener Nacht, dass niemand an der Wahrheit der Aussage des sterbenden Girndt zweifeln konnte. Auch der klare, überzeugende Vortrag des Gerichtsarztes, Sanitätsrat Dr. Rehfeld, über den Leichenbefund und die daraus gezogenen Schlüsse machten einen tiefen Eindruck auf alle Anwesenden.

Die Verhandlungen wurden geschlossen und den Geschworenen folgende Fragen vorgelegt:

1)      Ist der Angeklagte Ferdinand Raschke schuldig: in Gemeinschaft mit einem anderen in der Nacht zum 24. Juni 1858 den Ausgedinger Gottlieb Lüdtke zu Sontop vorsätzlich getötet zu haben, und zwar mit Überlegung ?

2)      Ist derselbe Angeklagte schuldig: in der Nacht zum 24. Juni 1858 den Knaben Eduard Lüdtke zu Sontop vorsätzlich getötet zu haben, und zwar mit Überlegung ?

3)      Ist die Angeklagte Witwe Luise Lüdtke schuldig: den Ferdinand Raschke durch das Versprechen von Belohnungen und durch Zureden angereizt oder verleite zu haben, in der Nacht zum 24 Juni 1858 den Ausgedinger Gottlieb Lüdtke und ihren Sohn Eduard Lüdtke vorsätzlich und mit Überlegung zu töten ?

Nach verhältnismäßig kurzer Beratung, um Mitternacht, verkündete der Obmann der Geschworenen deren Wahrspruch; er lautete gegen beide Angeklagte auf „Schuldig“. Der Gerichtshof verurteilte sie zum Tode.

Am nächsten Morgen ließ Raschke den Kreisrichter Le Viseur und den Staatsanwalt Sander in das Gefängnis rufen. Er reichte beiden die Hand und sagte, dass er noch gestern großen Hass gegen Le Viseur gehegt habe, weil dieser an seiner Verurteilung schuld sei, er bat ihn deshalb auf das dringendste um Verzeihung und fügte hinzu, er sei schon in Grätz überzeugt gewesen, dass da Urteil nicht anders ausfallen werde. Darauf legt er vor dem hinzu gerufenen Untersuchungsrichter des Kreisgerichts zu Meseritz ein Geständnis ab, welches in allen wesentlichen Punkten auf das genaueste mit dem des Girndt übereinstimmte. Wo ihre Angaben in unwesentlichen Einzelheiten voneinander abwichen, erklärte er die des Girndt für die glaubwürdigeren, weil dieser weniger Schnaps getrunken habe als er, also alles noch genauer gewußt haben werde. Insbesondere versicherte er:

„Ich weiß bestimmt, dass die Witwe Lüdtke, nachdem Gottlieb Lüdtke tot war, uns aufgefordert hat, nun auch ihren Sohn Eduard umzubringen, und dass wir dies nicht aus eigenem Antriebe getan haben. Eigentlich aber habe ich es allein getan“ u.s.w.

Ferner:

„Darauf besinne ich mich bestimmt, dass die Lüdtke herüberkam in die Stube des alten Lüdtke und sagte:  „Der Junge ist jetzt munter.“ Darauf gingen wir beide aus der Stube, trafen den Jungen auf dem Hausflur, Girndt fasste ihn an, und in demselben Augenblick warf ich ihm den Riemen um den Hals.“

Er schloss mit den Worten:

„Wenn ich nüchtern gewesen wäre, so glaube ich, hätte ich nicht das Herz gehabt, die Tat zu vollbringen.“

Auf seine Bitte wurde ihm noch eine Unterredung mit Ernestine Stankowska gestattet. Er bat sie um Vergebung, dass er sie in der Schwurgerichtssitzung der Unwahrheit beschuldigt, während sie ihm doch weder zum Nachteil noch zum Vorteil, sonder die Wahrheit geredet habe. Nur das Eine erklärte er wiederholt für unrichtig, dass er den Eduard aus der Stube seiner Mutter geholt haben solle. Die Stankowska erkannte an, dass sie hierin geirrt und dass sie dies in der Tat nicht gesehen habe.

Der Staatsanwalt Sander machte der Witwe Lüdtke Mitteilung von dem Geständnis des Raschke und ermahnte sie nochmals, in sich zu geben und zu bekennen. Sie entgegnete: sie habe kein Blut vergossen; in der Bibel stehe „wer kein Blut vergieße, dessen Blut solle auch nicht vergossen werden. Er solle ihren Justiz (den Verteidiger) schicken, der solle appellieren. Sie habe höchstens ein Jahr Gefängnis verdient.

Endlich besann sie sich doch eines anderen; am 4. Nov. Erbat sie sich ein Verhör, weil sie ihr Gewissen erleichtern wolle. Aus ihrer Erzählung, die im Wesentlichen nur eine Wiederholung des am Schlusse der Voruntersuchung von ihr abgelegten teilweisen Geständnisses war, heben wir nur einzelne Punkte hervor.

Nachdem sie wiederholt eingeräumt hatte, dass sie dem Raschke versprochen, sie wolle ihm etwas geben, wenn er den Alten wegschaffe, wurde sie gefragt, was sie denn mit dem Ausdrucke „wegschaffen“ gemeint habe. Sie erwiderte: „Liebe Herren, das überlasse ich Ihnen, machen Sie es, wie Sie denken. Ich habe mir dabei nichts Gewisses gedacht, aber das Wort habe ich gesagt.“ Ihren Bruder beschuldigte sie, dass er sich aus freien Stücken erboten habe, den Gottlieb Lüdtke zu vergiften, dass er das Gift bei sich geführt und während ihrer Abwesenheit die dem Alten zu reichende Suppe vergiftet habe.

Auf die Frage: ob sie denn den Ruf ihres Sohnes auf dem Hausflur nicht gehört habe, und warum sie nicht hinausgegangen wäre, um ihm zu helfen ? antwortete sie: „Ich habe es so in den Knochen gehabt; ich habe vor Zittern gar nicht gut laufen können und hatte auch kurz vorher einen Krampfanfall gehabt, als ich hörte, dass die den Alten umgebracht hätten.“

Sie fuhr fort: „Die beiden, Girndt und Raschke, blieben eine Weile weg, dann kamen sie und ich habe ihnen müssen das Geld geben.“

Zu genauerer Auslassung aufgefordert; gab sie ferner an:

„Girndt kam und sagte: „Gib das Geld her, wird dich der Teufel holen, wenn du ein paar Gulden dran wagst?“ Er meinte damit, ich sollte dafür, dass sie die beiden weggebracht hätten, etwas geben. Ich erwiderte nichts, er griff nach dem Gelde, welches ich vorn am Schürzbande angebunden hatte, und ich überließ es ihm. Sie teilten sich das Geld und gingen nicht lange nachher fort, um die Ziege zu stehlen, zu töten und auf den Alten zu werfen. Ich habe ihnen den Anschlag hierzu nicht gegeben.“

Sie schloss mit den Worten:

„Ich danke dem lieben Gott, dass Sie mich auf den rechten Weg gebracht haben.“

Man sieht, die volle Wahrheit hatte die Witwe Lüdtke auch jetzt nicht gesagt; der Richter, welcher ihre Vernehmung geleitet, bemerkte am Schlusse der Verhandlung zu den Akten: „Sie machte den Eindruck einer vollendeten Heuchlerin.“

* * *

Am 1. Nov. 1859 gelang es Raschke, aus dem Gefängnis zu entspringen. Er stahl in einem Nachbardorfe einen Pelz, trieb sich kurze Zeit umher und begab sich dann unerklärlicherweise nach dem unmittelbar bei seiner Heimat gelegenen Städtchen Wollstein, wo er sich schon früher in Haft befunden hatte. Hier wurde er am 21. Nov., auf dem Markte umher wandelnd, wieder ergriffen und nach Meseritz zurück gebracht.

Erst am 21. Jan. 1860 erhielten beide Todesurteile die königliche Bestätigung. Die Vollstreckung wurde auf den 8. März anberaumt.

Am 7. März bat die Witwe Lüdtke nochmals, man möge sie vernehmen und ihr alles abfragen, wenn sie bei den Akten ein Wort unrichtig gesagt haben sollte, damit sie bei Gott Gnade fände. Ihre Erklärungen enthalten jedoch nichts Neues, nur gesteht sie, sie habe gefürchtet, dass Eduard Lüdtke den Mord verraten würde, und deshalb nicht widersprochen, als von ihrem Bruder geltend gemacht worden sei, dass nun auch Eduard sterben müsse. Raschke wiederholte sein Geständnis unter den Zeichen der tiefsten Reue.

Am 8. März, früh 8 Uhr, fand die Hinrichtung statt. Raschke bat, vor dem Richterblock stehend, alle Anwesenden nochmals um Verzeihung für das begangene Verbrechen, dann kniete er nieder, sprach mit dem katholischen Geistlichen, der ihn begleitete, ein kurzes Gebet, küsste das Kruzifix, welches er in der Hand gehalten, und empfing den Todesstreich.

Die Witwe Lüdtke war völlig außer Fassung. Der evangelische Geistliche hatte sie nur bis an das Tor des Richtplatzes geleitet. Von dort musste sie bis an den Richtblock geführt werden. Hier fiel sie auf die Knie und wiederholte mehrere Male mechanisch einige Verse eines auf den nahen Tod bezüglichen Liedes aus dem Gesangbuche. Dann legte sie das Haupt auf den Block und hatte im nächsten Augenblicke geendet.

Familie Postler zu Kirchplatz Boruy

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Christoph Conradi)
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Pastor Theodor Gustav Julius Postler [1.524]Zusammengestellt vor allem aus der „Festschrift zum 50jährigen Amtsjubiläum des Herrn Oberpfarrer Theodor Postler am 5. September 1908 zu Schwanebeck“, Sonderbeilage zur „Huy-Zeitung“:

Pastor Theodor Gustav Julius Postler war in den Jahren 1866-1873 als Pastor in Kirchplatz Boruy tätig. Seine Frau Anna war unter dem Pseudonym Elise Linden als Schriftstellerin tätig. Ein von ihr herausgegebenes Büchlein „Unter dem Weihnachtsstern“ soll das Alltagsleben der Bauern der Gegend beschrieben haben – leider haben wir keine Ausgabe dieses Heftchens finden können… Aber ! Herr Christoph Conradi hat uns neben der Biographie des Herrn Pastor und Rektors Theodor Gustav Julius Postler freundlicherweise zur Veröffentlichung noch die Kurzgeschichte „Unter der alten Linde“ von Elisabeth Postler, Tochter des Pastorenpaares  zur Verfügung gestellt. Vielen Dank !

* * *

 Theodor Postler ist am 8. Mai 1830 im schlesischen Militsch  als „der zweite Sohn des Diakonus und Rektors Postler und dessen Ehefrau Wilhelmine geb. Elsner“ geboren. Sein Vater war Lehrer – Rektor und Diakonus an der Gnadenkirche in Militsch -, auch sein Großvater war Lehrer und er selbst ist Pfarrer und Lehrer geworden.

Studiert hat er in Breslau, von 1849 bis 1853, in dieser Zeit genügte er seiner Militärpflicht.

Schon als junger Schüler hatte er Nachhilfestunden gegeben und als Student wurde er zugleich Hauslehrer.

Im Jahre 1856 wurde er Rektor und Nachmittagsprediger in dem benachbarten lieblichen Städtchen Sulau.

Dort lernte er seine Frau kennen, Anna Mannes. Sie wohnte in der Nachbarschaft und man hatte „beim Einzug des fremden jungen Mannes“ die Tür zwischen den beiden Grundstücken zunageln lassen. „Das hinderte aber nicht, daß dieser junge Mann diese Gärten und das dahinterliegende Haus sauber zeichnete. So kam es denn, daß die Nägel wieder herausgezogen wurden.“ Am 16. November 1858 führte „der Herr Rektor Postler sich seine 18jährige Braut Anna mit den großen blauen Augen, der zierlichen Gestalt und den vier dicken, dunklen Flechten als seine Hausfrau in das kleine Rektorhaus“ ein.

Sie bekamen 7 Kinder: Martha, Elisabeth, Kurth, Hedwig, Gertrud, Margarete, Katharina. Martha war von 1876 bis 1904 Blindenmissionarin in China. Elisabeth wurde Schriftstellerin.

1859 ging es in die erste eigene Pfarre, nach Santomysl (Provinz Posen), 1866 nach Boruy. Dort gehörten zum Pfarramt 42 Orte, auf weite Strecken verteilt. „Für Eltern wie Kinder war die Boruyer Zeit ein Stück friedlichen Paradieses.“ Aber „so schön es sich in der fast in Linden und Rüstern versteckten Boruyer Pfarre leben ließ, wo auch noch kirchlicher Sinn die Leute oft von weither in Scharen in die Kirche rief “ – die erwachsene Kinderschar mußte in geeigneten Unterricht.

So nahm Theodor Postler 1873 die Stelle eines ersten Lehrers am Königlichen Seminar in Halberstadt an. Bis 1876 ist er dort gewesen. Er war in dieser Zeit „so mit amtlichen und freiwillig übernommenen Stunden überbürdet, daß er sich dort so gut wie gar nicht um den Unterricht seiner Kinder kümmern konnte. Er hat lange Zeit 48 Stunden gegeben, dazu unermeßliche Stöße von häuslichen Arbeiten der Seminaristen nachgesehen. Er pflegte mit Vorliebe an einem Stehpult zu arbeiten, wo man ihn ebenso gut am frühsten Morgen wie bis Mitternacht finden konnte. … Außerdem hat er noch sehr fleißig an pädagogischen Werken mitgearbeitet.“ Dazu wurde er „in seinen Schreibereien wiederholt durch schwere Erkrankungen in der Familie gestört.“ Oft saß er nachts am Krankenbett seiner Frau.

1876 kam er als Direktor nach Bütow in Pommern. „Gott Lob und Dank, das Vertrauen, das die Behörde in den neuen Direktor setzte, erfüllte sich auf das glänzendste. Gott Lob und Dank, es ist ihm geglückt, mittels seiner eigenen strengsten Berufstreue, nicht am wenigsten vielleicht durch seine jederzeit tapfer gezeigte Ansicht, daß er der Direktor eines Königl. preußischen Seminars war, mit Takt und Umsicht die wirklich reichlich vorhandenen Schwierigkeiten zu überwinden. Mißtrauisch  war er bei seinem Antritt begrüßt worden als der Mann mit dem eisernen Besen, der allerlei nicht zum Wohle der Anstalt eingebürgerten Gewohnheiten usw. fortfegen sollte. Vielen erschien er so recht als die Verkörperung des (auch nicht bloß in strengen welfischen Kreisen unangenehm empfundenen) Preußentums. Aber im Laufe der Zeit hatte sich das Blatt vollständig gewendet!“

3 ½ Jahre war er in Bütow und dann 3 ½ Jahre in Verden an der Aller.

1884 bekam er wieder eine Pfarrstelle. Er wurde Pfarrer in Schwanebeck bei Oschersleben: am 14. April 1884. Dort ist er geblieben. Dort ist seine Frau gestorben (1891) und in die Schwanebecker Zeit fällt der Tod seiner Tochter Martha (1904). „Fünfmal war es ihm vergönnt, den Lebensbund geliebter Kinder am Altar zu segnen, manches liebes Enkelein hat er getauft, leider auch zwei herzige Kleine wieder begraben müssen.“ Dort hat er mit 78 Jahren sein 50 – jähriges Amtsjubiläum gefeiert. Im Jahr 1912, mit 82 Jahren, ist er in Schwanebeck aus dem Amt geschieden.

Am 31. Dezember 1919 wird Theodor Postler, Ritter hoher Orden, zum Logen-Ehrenmeister der Freimaurer-Loge zum Bunde des Ordens der Ritter der Barmherzigkeit ernannt.

Am 9. Juni 1920 ist er in Halle an der Saale gestorben.

[1.525]

Das Pfarrhaus / Postkartenausschnitt

Unter der alten Linde – Autorin Elisabeth Postler

Weit streckt sie ihre im Sonnenschein grüngolden schimmernde Blattkrone aus, über den traulichen grossen Pfarrgarten, die liebe alte Linde, unter deren Schatten ein munteres Kinderhäuflein heranwuchs, so recht in herrlicher Freiheit, die die wahren Kinder Gottes den Ihren zu bereiten wissen. Ein Vorgänger des Pfarrers Postler hatte sogar sich in den, allerdings für dergleichen trefflich geeigneten, wohlgebildeten Geäst eine Art Studierstube aufführen lassen. Pastor Postlers Studierstube aber schaute mit blanken Fensteraugen aus Baumkronen über die stattliche Weinlaube hinweg, daraus zuweilen der Ruf erschall: Kommt einmal herauf. Da wurde ohne Widerrede das schönste Spiel unterbrochen und es wurde mit Andacht irgend ein schönes Buch, das der Vater den Kindern zeigen wollte, betrachtet, irgend eine Aufgabe möglichst rasch gelöst. Bei der Ausdehnung des Pfarramtes und der Zerstreuung der einzelnen Gemeindeglieder auf weite Strecken hatte der Vater nur selten Zeit für die Kinder und nutzte dazu jeden freien Augenblick aus. Nahm wohl auch das eine oder das andere mit auf seinen zahlreichen Amtsfahrten und solche wurden dann zu dem anziehendsten Anschauungs- und Gelegenheitsunterricht, den man sich denken konnte. Da hat auch Martha Postlers feines Köpfchen während der, meist nach polnischer Art, mit von bunten Decken geschmückten Strohsitzen ausgestattete Wagen, durch das freundliche Gelände glitt, manch knifflige Rechenaufgabe gelöst, manch gutes Gedicht aufgesagt, wie z.B. das wunderschöne von Chamisso, von der alten Waschfrau, das die etwa achtjährige mit einer Anmut und Innerlichkeit nach kurzem Lesen eben nicht nur auswendig sondern inwendig gelernt vorzutragen verstand. Es kam so leicht nicht vor, daß irgend jemand in der Boruyer Gemeinde ohne als Wegstärkung das heilige Abendmahl empfangen zu haben, starb. Das war neben den Begräbnissen und (?) auch der Hauptgrund der vielen Ausfahrten. Bei solchem Abendmahl pflegte dann die ganze Nachbarschaft und Verwandtschaft möglichst teilzunehmen und die kleinste ärmlichste Häuslerstube wurde zu einem Tempel Gottes. Marthas klares Auge sog auch dieses Bild für das ganze Leben ein und hat es bis sich ihr die goldenen Tore der Ewigkeit öffneten, immer verstanden in den schwierigsten Verhältnissen und Umgebungen ein Stück heiliges Land zu schaffen. Und auch das war ein Erbe des Vaters, das solche Feierstunden der Seele nur selten dem Auge sichtbar wurden und niemals das Aussehen einer abgegriffenen Münze bekamen. Die Stunde, auch die des Alltags, hatte immer ihr Recht. Vater und Tochter nahmen es beide auch mit den kleinen Alltagspflichten sehr genau.

[1.526]

Boruy – Kirche / Auschnitt aus Ansichtskarte, Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Herrn A. Kraft

Damals aber stand er in der frischesten Manneskraft auf seinem arbeitsreichen Posten, aber im Schatten der alten Linde durfte auch er mit den Seinen oft zu gar traulicher Rast ausruhen. Wir wollen diesem gemütlichen Plätzchen, wo sich im Sommer das ganze Leben des Tages abspielte im Boruyer Pfarrhaus auch einmal einen Augenblick besuchen. Als Postlers in Boruy ihren Einzug hielten, hatten die Leute gesagt: „Ach, die Frau Pastor ist gar nicht mitgekommen, nur eine schöne alte Dame und ein wunderschönes junges Mädchen.“ Dass dieses zierliche Wesen mit den blitzenden blauen Augen, den lebhaften aber nie unschönen Bewegungen, dem sprechenden Minenspiel und dem Kinderfigürchen die Mutter von drei Kindern sein konnte, glaubte man einfach nicht und es war auch wirklich schwer es zu glauben. Wenn man sie aber gesehen hätte, wie sie ihre inzwischen noch vermehrte Schar betreute und besonders das Kleinste aus seinem Wagen nahm und es nach der jungen Mütter Art herzte und küsste, der hätte es schon eher geglaubt, besonders wenn man auf die dumpfe Jungenstimme im Hintergrund hörte, die eine Art Kassandraweisheit auskramte: „Warte nur Hedel, jetzt tut die Mama so, wenn du aber wirscht dei Jahre sein wie ich, kriegscht du auch Haue.“ Ja, die zarte Hand der jungen Pfarrfrau wusste, wenn es not tat, und bei dem einzigen Sohn tat es halt manchmal not, auch zur rechten Zeit zuzuschlagen, war aber dann, wenn sie wirkliche Reue sah, auch bald wieder ausgesöhnt. Der Herr Bruder hatte sich übrigens gar nicht an den ihm sonst fremden Namen Hedwig gewöhnen können, dagegen war unter den zahlreichen ihm bekannten Kutschern der Nachbarschaft ein gewisser Ludwig, der ihm besonders nahe stand. Da hatte er zuerst immer nicht aufgehört zu fragen: „Heischt sie Hedwig oder Ludwig? Nicht wahr, sie heischt Ludwig.“ Eine andere Sorge bedrückte trotz der sonnigen Kinderheimat ihr nun folgendes (?) Fräulein Gretel. Sie kam oft, den Finger in die Augen ge… (?) heulend angerannt: „Ich fürchte mir so!“ „Ja, wovor fürchtest du dich?“ „Vor dem Deibel.“ Man muss dabei .. (Drei Zeilen sind mit der Hand nachgetragen und schwer zu lesen.)

Sehr ausgiebigen Gebrauch konnte Pfarrer Postler von dem ihm zustehenden Hand- und Spanndienst in der Boruyer Gemeinde machen, auch wenn es sich um einen Besuch bei den benachbarten Pfarrern oder Gütern handelte. Da war es besonders das freundliche Neutomysl, das liebliche Alt Jasterzcemzky, später mit dem schönen deutschen Namen Friedenshorst benannt, wo Vater, Mutter und Kinder zuweilen zu ein paar schönen Feierstunden auf dem leichten polnischen Wagen durch die freundliche Landschaft hinglitten. Unter dem aus China heimkommenden Nachlass Martha Postlers fanden sich auch unzweifelhaft einige schöne (von ihr gemalten) Landschaften aus jener Gegend, die so oft törichterweise als reizlos verschrieen wird und doch so viel des Anmutigen und Schönen bietet. Diese lauschigen Erlenhänge, die freundlichen Buchen- und Kiefernwälder, lachende Wiesen, wallende Kornfelder, in denen allerdings eine dem Landwirt nicht angenehme Blumenbuntheit vorherrschte. Namentlich mit Bäumen bestandene Wiesen boten wohl dem werdenden Künstlerauge manch anregendes Bild. Die innigste Freundschaft verband das Friedenshorster und das Boruyer Pfarrhaus, namentlich als das Friedenshorster, wo Pastor Illgner als Witwer hauste, wieder eine liebe frische Pfarrfrau bekam. Die feinsinnige Berlinerin hatte bald eine besondere Vorliebe für Martha Postler mit dem zierlichen schlanken Figürchen, dem klugen Gesicht und der lieblichen Stimme gefasst. Ich entsinne mich, dass einmal, als schon der Wagen angespannt war, um die lieben Illgners wieder von uns fort zu führen, die tatkräftige Frau Pastor noch schnell den Flügel aufschlug. „Nein, erst muss Martha mir noch etwas vorsingen.“ Und Martha trat ohne jede Ziererei an das Instrument und ich meine sie noch singen zu hören das liebliche Spittasche Liedchen:

Selber wie eine zarte feine zarte Lilie stand das sinnige Kind dabei da. Es war auch bezeichnend für sie, dass sie an wilden Spielen, obgleich sie ja nur wenige Jahre älter als ich war, die ich mit dem Bruder durch Dick und Dünn ging, nie teilnahm. Bruder Kurts Spiele waren allerdings nicht die sanftesten und ich entsinne mich, dass nach einem Besuche von Illgners, wobei sich schon vorher allerlei finstre Dramen im Hintergrund abgespielt hatten, die gute Wanda, unser langjähriges Mädchen, kopfschüttelnd mit Besen und Aufnehmer erschien und die im Verlaufe gelieferten Stubenschlachten ausgerissenen Haare der beiden treuen Freunde Paul Illgner und Kurt Postler zusammenfegte. Ein andermal hatten die stolzen Mütter beobachtet, wie Paul, der übrigens meines Wissens jünger war, seinen Busenfreund, etwas ungastlich in ein dunkles Zimmer gesperrt hatte, von Zeit zu Zeit die Tür einen Ritz öffnete und die erschütternde Frage hinein schmetterte: „Willschte nu  Bahnwärter sein?“ Auf das entrüstete „Nein“ flog die Türe wieder zu. Das war damals als die feinere Kultur auf  blanken Schienen uns näher rückte in die weltverborgene Einsamkeit dieses Stückchens Ostmarck. Da wollte aber eben jeder tüchtige Junge lieber pfaffend und rauchend heranschnaubende Eisenbahn sein als so ein zahmer mit einem Winkestock oder Fähnchen dastehende Bahnwärter. Übrigens versöhnten sich trotz dieser begreiflichen Meinungsverschiedenheiten die beiden Freunde immer wieder und namentlich gegen meine Mutter zeigte der handgreifliche Paul grosse Vorliebe. So empfing er sie einmal, als sie eben erst im Begriff war, vom Wagen zu steigen, mit der liebevollen Einladung: „Willschte mal meine neuen Höschen sehn?“ Da unsere gute Mutter viel lebhaften Schönheitssinn ebenso wie eine gute Dosis Humor besass, liess sie sich das natürlich nicht zwei mal sagen. Nicht ganz dieselbe aber eine ähnliche Hosengeschichte gab es von dem würdigen Herrn Pfarrer, eine manchmal etwas versonnene Gelehrtennatur, der einmal seinen jüdischen Kaufmann in begreifliches Erstaunen versetzte , indem er Glans und englisch Leder verwechselte und treuherzig versicherte: „Ja, im Sommer pflege ich glanzlederne Hosen zu tragen.“

Ganz eigentümlich war es, dass jeder von uns bei Illgners auf seine Kosten kam. Die beiden Pfarrer konnten sich so recht über Amt und öffentliches Leben, über Kunst und Wissenschaft, aussprechen und waren beide leidenschaftliche Schachspieler. Die Frauen verstanden sich ebenso gut, aber beide meinten auch, dass es mit dem Schachspiel oft vom ersten Augenblicke an bis zum letzten, wo man manchmal schon, in Tücher und Mäntel gehüllt, warten musste auf das endlich erlösende Matt, doch ein bisschen des Guten zu viel sei. Es kam ihnen der geniale Einfall: Wir verstecken einmal das verlockende Spiel. Gesagt, getan. Aber einmal und nie wieder. Denn statt zu spielen wie sonst, oder sich liebenswürdig mit den Damen zu unterhalten, suchte man mit vereinten Kräften, bis die beiden nun doch nicht in ihrer Schlauheit Siegenden kleinlaut das vermisste Spiel finden halfen.

Für Martha war ein gleichaltriges Lenchen und für mich ein originelles Namensschwesterchen da,  von dem ich auch einen kleinen Scherz erzählen möchte, der namentlich meiner Martha so sehr viel Spass machte. Ich höre noch jetzt das herzliche Lachen darüber. Liesel besass eine bewunderungswürdige Seelenruhe. Einmal spielte sie in der Nähe des Hofes, wo ein junges Kälbchen sich wohl zum ersten Male in der Sonne tummeln durfte. Zugleich etwas entfernter ging Pastor Illgner seine Predigt memorierend auf und ab. Zwischen seinem Gedankengang klingt ein eigentümlicher Singsang seiner Zweiten. Da er auch etwas Träumerisches hatte, achtete er erst gar nicht darauf. Auf einmal fiel ihm ein: Was murmelt Liesel eigentlich immer vor sich hin? Er horcht hin und vernimmt den schönen Monolog: „Das Kalb ist in die Düngergrube gefallen. Das Kalb ist in die Düngergrube gefallen.“ Das unglückselige Vierbeinchen, das von seiner ersten Freiheit so schlechten Gebrauch gemacht hatte, wurde übrigens dann doch noch, ohne die junge Philosophin bei ihrem ruhig fortgehenden Puppenspiel zu stören, von anderen tatkräftigen Händen gerettet.

Illgners so wohl wie wir besassen aber noch andere nützliche Haustiere, so auch die gemütlichen Hühner, die die angenehme Eigenschaft hatten, tüchtig Eier zu legen. Um Ostern herum half dann noch der beliebte Osterhase mit schön buntgefärbten Zucker- und Chokoladeneiern nach und am 2. Feiertag ging es unfehlbar nach Friedenshorst, wo schier kein Krokus, kein Grasbüschel zu sehn war, worunter nicht ein neugieriges Osterei hervorlugte. Übrigens war schon die Fahrt dahin ein Fest. Da war ein so furchtbar sandiger Weg, dass die armen Pferde unsägliche Mühe hatten, den Wagen hindurchzupflügen und mit ein bisschen Neid sah man dicht daneben eine schmale Strasse in den Tann münden, auf der aber nur die Post fahren durfte. Dann gab es einen ungeheuer bissigen Hund, der jedesmal wütender, wie es schien, aus einem Gehöft herausflog und uns alle am liebsten schien verschlingen zu wollen. Da das nicht gut ging, verfolgte er uns mit wahnsinnigem Bellen bis dahin, wo ein Bild des Friedens das mit Jubel begrüsste Haus mit dem Storchenneste uns grüsste. In dieser Gegend wohnen die Deutschen nämlich noch nach altgermanischer Sitte am liebsten auf ihrem eigenen Grund und Boden und sind um Kirche, Pfarre und Schulhaus häufig nur Flecken gebaut, ein par Läden und Schenken. Das andere findet sich in der Umgebung zerstreut, so dass man immer wieder an menschlichen Wohnstätten vorüber kommt. Seltsamerweise sind die schönen grünen Hopfengärten meist mit Holzzäunen eingefasst. Sehr malerisch machen sich die erlenbestandenen, mit Vergissmeinnicht und Wasserräusen geschmückten Bäche und Weiler und die vielen mit buntestem Blumenschmuck umsäumten Gräben. Dazwischen Buchen- und Tannenwälder, anmutig mit Bäumen bestandene Wiesen, eine davon habe ich deutlich im Nachlass von Schwester Martha von solcher Fahrt her wieder erkannt.

Nicht bloss der Sommer, auch der Winter bot seine reichen Freuden in Boruy. Da war vor allem das lichtstahlende Weihnachtsfest, das ich nirgend auf der Welt schöner als dort in dem weltverlorenen Flecken des fernen Ostens gefeiert habe. Gegenüber der Pfarre lag, gleichfalls im Lindenschatten, das trauliche Kantorhaus. Sehr kinderliebe aber kinderlose alte Leutchen hausten dort und Ströme des Segens gingen auch von dort aus auf die Gemeinde und nicht zuletzt wenigstens auf das Pfarrhaus, mit dem man in herzlichster Freundschaft verbunden war. Was es Frohes oder Trübes gab, immer hiess es in wichtigen Fällen: Wir wollen den Herrn Kantor rumholen. Und er wusste fast immer Rat, ob ich, wie es mir einmal geschah, den einzigen Ring, den ich je besessen, verschluckte, ob Kurts Nase nach einem Sturze von einem allzu waghalsig erkletterten Baum so blutete, dass es gar nicht aufhören wollte, ob Hedel sehr argen Husten oder Gretel die Masern hatte. Alle Not des Lebens wurde leichter, alle Freuden grösser, wenn es mit dem klugen Herrn Kantor besprochen wurde.

Auch mit dem andern Lehrerhause verband uns die herzlichste Freundschaft. Bei Remussens war freilich die Zahl der Kinder sehr gross und es ergab sich, dass bei den kunstvollen Chören, die der Herr Kantor besonders zu Weihnachten einübte, in jeder Stimme einer oder mehrere von Remussens dem Ganzen Halt geben konnten. Wie das aber auch immer eingerichtet werden mochte, eins war sicher: Marthas heller klare Sopran musste ein Solo singen. Wie höre ich noch heute ihre liebe Stimme, wie sehe ich noch ihre schlanke Gestalt sich über die Brüstung des Chores neigen, den wunderschön ausgemalten Quempas in der Hand. Es wäre uns als eine Herabwürdigung des Heiligsten vorgekommen, hätte man zu Weihnachten aus einem gedruckten oder schlicht geschriebenen Buche gesungen. Die ganze Weihnachtsfeier baute sich auf den alten Choral „Dies ist der Tag, den Gott gemacht“ auf. Zwischen jedem Vers war ein Stück Liturgie oder ein Lied eingefügt. Der Choral selbst wurde möglichst fein und bunt mit sogenannter illuminierter Schrift ausgemalt, das Übrige mit sauberster Schönschrift beigefügt. In meinem Besitz befindet sich noch so ein Quempasblatt aus jenen Zeiten mit einem Choralvers und dem lieblichen Liede: „Zu Bethlehem geboren“. Unendlich viel Fleiss und Mühe verwandte der kunstsinnige Herr Kantor an seinen Chor. Er war aber auch in der ganzen Provinz Posen berühmt. Bei der damals verhältnismässigen kleinen Zahl der damals bekannten Liederbücher war das meiste an Stoff wohl nur durch Abschreiben beschafft. Das war aber eine ganze Fülle des Schönen und Lieblichen. Und lieblich wurde es auch gesungen. Lange lange Jahre später hat die Blindenmutter in Tsau kwong noch als treue Schülerin des Boruyer Kantors ihre Weihnachtsfeiern, bei denen die verschiedensten Völker zugegen waren, noch nach den Erinnerungen ihrer Kinderzeit sehr geschickt zur Andacht vieler zusammengestellt. Ja, sie hat auch bei der äusseren Ausschmückung an Boruy gedacht. Mit wenigen Mitteln wurde dort viel erreicht. Eine solche Lichterfülle als in der Boruyer Kirche zum Heiligenabend sah man so leicht nicht wieder. Man kam gleich familienweise und auch das kleinste Kind musste sein eigenes Licht haben. Es war dann so voll, dass Vater sich mühsam seinen Weg zum Altar bahnen musste, da jeder Platz in Anspruch genommen war. Auf den Chören standen Transparente mit Bibelsprüchen, die zugleich Lichtpyramiden waren und jedes der weissen Lichte war mit einem bunten Seidenbande umwunden. Ich sehe noch die geliebte Gestalt meines Vaters im Amtskleide aus dem Lichtermeere sich am Altare heben, höre seine herrliche klare Stimme mit den unvergänglichen Weihnachtsworten zwischen Sang und Klang, Marthas schmetternden Sopran, der an Engelsang erinnerte. O du wunderliebliches Weihnachtsfest, wie hast du dich im stillen Boruy so wunderschön offenbart.

Grab-/Gedenkplatten – ausgestellte Funde im Wielkopolskie Muzeum Pożarnictwa w Rakoniewicach

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Bez kategorii | Kommentare sind deaktiviert
[1.527]

Rackwitz Feuerwehrmuseum ehemalige evgl. Kirche - Aufnahme 09/2010 GT

Das Großpolnische Museum für die Geschichte der Feuerwehr in Rakoniewice – dem früheren Rackwitz – Wielkopolskie Muzeum Pożarnictwa w Rakoniewicach – wurde im Jahr 1974 durch die Bemühungen der Stadtbehörden, Mitgliedern des Polnischen Verbande für Touristik und Landeskunde / PTTK / sowie der Freiwilligen und Berufsfeuerwehr eingerichtet.

Unter dem Internet Link http://www.wmp-muzeum.psp.wlkp.pl/ [1.303] ist die Vorstellung dieses Museums mit Einzelheiten zu finden.

Eine Besonderheit dieses Museums ist, dass es in der ehemaligen evangelischen Kirche der Stadt eingerichtet wurde. Diese Kirche stammt in der Planung zur Erbauung und dieser selbst aus den Jahren 1762/1763. Für geschichtliche Interessierte ist diese heutige Nutzung des Gebäudes ein „Glücksfall“. Durch das Museum befindet sich das gesamte Bauwerk in einem hervorragenden Zustand und ist nicht etwaig dem Verfall preisgegeben worden, bzw. sogar zum Abriss gekommen.

( die * im Text der Gedenkplatten markiert jeweils den Zeilenwechsel)

Als nunmehr vor 4 bis 5 Jahren auf dem Platz zwischen Kirchen und Museumsgebäude vor den dort heute aufgestellten Garagen, die alte Löschfahrzeuge beherbergen, Arbeiten zur Erneuerung des Bürgersteiges vorgenommen wurden, wurde ein alter Betonbelag abgetragen und darunter wurde ein besonderer Fund gemacht. Dieser ist neben der Feuerwehr Ausstellung zwar nur am Rande, so aber doch zu besichtigen.

Von der Museumsdirektorin – Frau Anna Formaniewicz – erhielten wir bei unserem Besuch im September 2010 die wenigen Informationen zu diesem Fund und die freundliche Erlaubnis über diesen zu berichten und diesen Artikel zu veröffentlichen. Vielen Dank für diese Unterstützung !

Frau Formaniewicz erzählte uns, dass bei Erdaushubarbeiten und dem Abtragen des schon erwähnten alten Betonbelages der Innenhofanlage der Bagger auf Widerstand gestoßen war. Es schien sich um einen großen Stein, einen Findling zu handeln. Der Baggerführer machte sich dann daran dieses Hindernis auszubuddeln. Als man den Stein dann freigelegt hatte, stellte man fest, dass es sich um eine großen Gedenkstein oder ähnliches handelte. Die Reliefseite war in der Erde, weichem Lehmboden, tief eingedrückt gewesen, sodass dieser Umstand nicht sofort erkannt worden war. Dieser weiche Boden jedoch hat auch dazu beigetragen, dass dieser Stein und wenig später ein weiterer, mehr oder weniger unbeschadet die Zeit überstanden haben. Die Aufwändigkeit der  Steinmetzarbeiten und auch die der Inschriften wurden in ihrem vollen Umfang allerdings erst erkennbar, als der Stein angehoben und oberflächlich gesäubert worden war. Wenig später fand man eine zweite Platte. Weitere Funde gab es dann allerdings trotz Suche nicht. Beide Gedenkplatten wurden gesäubert und sind heute zu besichtigen. Die Entzifferung war nicht ganz einfach und teilweise nicht möglich; beschrieben ist das Leben von Menschen, die vor Erbauung der evangelischen Kirche gelebt haben. Bei beiden Steinen handelt es sich vermutlich um Grabplatten. Faszinierend und beeindruckend ist die Ansicht dieser großen Steine (Höhe/Breite 1 x 1.85×1.04 und 1 x 1.85×1.30m)  jedoch allemal.


[1.528]

Rakoniewice Feuerwehrmuseum Innenansicht ehem. Kirchenempore - Aufn. Mai 2010 PM

[1.529]

Rakoniewice Feuerwehrmuseum Innenansicht - Aufn Mai 2010 PM

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Rackwitz Feuerwehrmuseum - Luftansicht mit dem Innenhof - Eigenaufnahme des Museums


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[1.531]

Gedenkplatte Ww. Hoffmann - Aufnahme 09/2010 PM

[1.532]

Gedenkplatte Ww. Hoffmann - Ausschnitt - Aufnahme 09/2010 PM


Sterblicher *
der du an diese Städte *
kommest erwege in deinem *
Hertzen, daß du auch dermal einst der Verwesung *
zu Theil wirst, gleich als Diejenige, welche *
unter diesem Ehren u. Denckmahl ihre Ruhestädte *
gefunden. Es ist die weyl. Viel Ehr Sitt und *
Jugendbegabte Frau Frau *
Hedewiga Hoffmann gbo Haußhalterin *
Sie wurde Anno 1693 in Pohl. Grätz auf diese Welt *
gebo. Ihr sel. Vater war der weyl. Wohl Ehren ge *
achte u ernahnte Meister Andreas Haushalter *
gewesener ansehnl Bür u Schuhmacher in Grätz *
ihre Frau Mutter ist gewesen die weyl. viel Ehr sitt *
u. tugendbegabte Frau Anna Haußhalterin geb. Schuber *
tin. Anno 1730 verheirathete sie sich mit dem wohl *
Ehre geachteten und  Benahmten Junggesellen *
Christoph Helm Bür. u. Handelsmann allhier *
in Pohl. Freystadt. In vergnügter Ehe haben sie *
untereinander gelebet 1 Jahr u durch Gottes Seegen *
1 Sohn gezeuget, welcher ihr aber nebst ihren gelieb *
ten Ehe Gatten in die frohe Ewigkeit voran giengen *
Nach einem 7 jährigen gelebten Wittwen Stande *
ehelichte sie sich zum andermahl mit dem Wohl *
Ehrengeachteten benahmten Hr. Christoph Kutzner *
ansehnl Bür u. Windmüller wie auch desselben löbl. *
Gewercks Ober Eltester allhier Sie lebte mit dem *
selben in friedlicher Ehe 3 (?5) Jahre jedoch ohne Leibes *
Erben. In dem traurigen Wittwen Stande in *
welchen Sie abermal durch das Absterben Ihres ge *
liebten Ehe Mannes war versetzet worden, hat sie *
gelebet 1 Jahr. Alsdenn trat sie zum 3tenmal in *
den Stand der heil. Ehe. mit dem wohl Ehren geachteten *
Hr. Gottfried Hoffmann allhier Bürger und *
Windmüller wie auch Vorsteher des evan *
gelischen Gotteshauses allhier u. lebte mit demselben *
In zufriedener Ehe 3 u. ein halbes Jahr jedoch aber *
ohne Leibes Erben. Da dieselbe Anno 1777 *
d. 24 Jan. aus dieser Welt ging. *
Da sie ihr Alter bracht auf 84 u. *
ein halbes Jahr *

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[1.483]

Rackwitz Gedenkplatte mit Baggerspuren der Eheleute Bruntzel u Hoffmann - Aufn. 09/2010 PM

[1.533]

Gedenkplatte der Eheleute Bruntzel und Hoffmann - Aufnahme 09/2010 PM


Allhier unter diesen Stein *
u. Ehrenmahl ruhen die Gebeine *
eines geliebten Ehepaares *
. . .  Ehrenfesten u wohl *
weisen  . . . Caspar (?) Bruntzel *
gewesenen  . . .  Bürger u. *
Windmüller, wie auch wohlbe- *
statteten Raths Assessories *
allhier. Er wurde anno 1716 *
auf diese Welt geboren *
sein Ende erfolgte *
Anno 1779 am 6ten Sept *
nachdem er sein *
Alter gebracht *
auf 63 Jahre *
Seine gewesene Ehe Frau welche *
an seiner Seiten ruhet ist gewesen *
die viel Ehr Sitt u. Tugend bega *
bte Fr. Anna Rosina Brun- *
zelin ge. Hoffmannin. Sie *
erblickte das Licht dieser Welt *
anno 1717 u ward von derselben *
durch einen frh Tod abgefor- *
dert Anno 1778 . . . ang *
nachdem sie ihr Alter geb *
racht bis auf 61 ½ Jahr. In *
vergnügter Ehe haben sie *
miteinander gelebet 30 Jahr *
u. durch Gottes Segen 1 Sohn *
u. 2 Töchter gezeuget, wovon aber *
den Seelingen die 2 Töchter durch *
einen frühen Tod in die . . . *
Ewigkeit vorangegangen. Der ein- *
zige Sohn sich aber noch solan *
ge es dem Höchsten gefellt am *
Leben befindet. *

Sontop – Früher und Heute – Teil 3 – Die Kirche, das Gemeindehaus und die Erinnerung an den ehemaligen evgl. Friedhof

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Ellen Eberwein)
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[1.534]

Kirche Sontop - 1914 - Postkartenausschnitt aus der Sammlung Arno Kraft

In diesem 3ten und letzen Teil finden sich die Erinnerungen an die evangelische Kirchengemeinde zu Sontop

Im Jahr 1904 wurde vom Oberkirchenrat in Berlin die Errichtungsurkunde zum Bau der Kirche erteilt und 1906 die pfarramtliche Verbindung zu Neutomischel aufgehoben. Mit diesem Entscheid konnte zügig mit den Kirchenbau begonnen werden.

Durch die Bewohner von Sontop und den zugehörigen Gemeinden der entstehenden Kirchengemeinde wurden viele Stunden an Handwerkerleistungen und Spanndiensten erbracht. So wurden z. B. alle Schmiedearbeiten im und am Kirchengebäude durch die ortsansässige Schmiede Abraham ausgeführt; alle Dacharbeiten erledigte maßgebend Herr Mettchen aus Neu Rose. Neben vielen anderen Sontopern half auch der Betreiber der Ölmühle Gustav Sender eifrig beim Kirchenbau mit.

[1.535]

1936 Hochzeit Lotte Heinrich und Herbert Leske

[1.536]

1937 am 01. April - Hochzeit Johanna und Hermann Schulz

Die feierliche Einweihung der Kirche fand am 17. November 1908 statt. Die erste Hochzeit im neu erbauten Gotteshaus war die der Gastwirtsleute Ida und Berthold Wittchen.

[1.537]

1938 am 10. November Doppelhochzeit von Dora Wittchen und Karl Hoffmann und Hilda Wittchen und Gerhard Schulz

[1.538]

1941 Hochzeit von Flora Wilhelm und Willi Schulz

Der erste Hilfsprediger und spätere Pfarrer zu Sontop war Konrad Goede, der zweite Pfarrer Knapp, ihm folgte Pfarrer Johannes Tauber, er verstarb zu Beginn des Krieges. Sein Nachfolger war Pfarrer Johannes Walter aus Estland, er wurde in den letzten Kriegsjahren eingezogen und gilt als in Ostpreußen vermisst.

[1.539]

Sontop 1936 - Konfirmanden mit Pastor Tauber - erkannt wurden von oben beginnend: Kurt Diehr, darunter von links: Dina Gebauer, Irene Müller, Erwin Fenske, Margarete Winter, Gertrud Joachim, wieder darunter: Liesbeth Seifert aus Bukowiec, Mädchen aus Chichagora, Ilse Penske, Pastor Tauber, Lieschen Rausch / Schlecht, Grete Rausch / Schlecht, Gerda Hoffmann

Nach dem II. Weltkrieg wurde die ehemals evangelische zur katholischen Kirche von Satopy. Im Jahr 2008 fand dann eine umfangreiche Renovierung statt. Am 30. August 2009 fand dann die gemeinsame Feier der heute in Satopy ansässigen polnischen Bewohner zusammen mit ehemaligen angereisten Bewohnern des ehemaligen Sontop statt. Diese pflegen mit dem jetzigen Probst des Dorfes Herrn Paul-Edmund Szulcik einen herzlichen Kontakt.

[1.540]

100 Jahre Pfarrgemeinde in Sontop

Artikelübersetzung links:

100 Jahre Pfarrgemeinde in Sontop – Schon am kommenden Sonntag, 30. August, wird die Pfarrgemeinde des heiligen Andrzeja Bobol das 100-jährige Bestehen feiern. Um 10:00h wird eine heilige Messe stattfinden, an der auch der Erzbischof des Posener Bischofstums teilnimmt, sowie Vertreter der Selbstverwaltung der Gemeinde Neutomischel sowie geladene Gäste aus Polen und Deutschland, ehemalige evangelische Gemeindemitglieder sowie der Pastor und Rat Tadeuscz Raczyk der Evangelisch-Augsburgischen Pfarrgemeinde in Posen. Zum Jubiläum der Gemeinde lädt der Gemeinderat sowie der Gemeindepfarrer. (Übersetzung durch Herrn Christoph Gügold (Werder))

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[1.541]

100 Jahre Pfarrgemeinde in Sontop

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Dienstag, 8. September 2009

100 Jahre Pfarrgemeinde in Sontop

Am Sonntag 30. August feierten die Bewohner von Sontop das 100-jährige Bestehen der Pfarrgemeinde des heiligen Andrzeja Boboli. Um 10:00 Uhr wurde eine Heilige Messe gefeiert, an der der Erzbischof des Posener Bischofstums, Stanislaw Gadecki, teilnahm. Anwesend waren zudem Vertreter der Selbstverwaltung der Gemeinde Neutomischel sowie geladene Gäste aus Polen und Deutschland, damalige Mitglieder der evangelischen Pfarrgemeinde, sowie der Pastor und Rat Tadeusz Raczyk von der Evangelisch-Augsburgischen Pfarrgemeinde aus Posen. Zum Anlasss der Feierlichkeiten wurde eine Festschrift des Pfarrers Pawel Edmund Szulcik präsentiert.

Die Kirche in Sontop – sowie wahrscheinlich auch die Pfarrei und das Orgelhaus – wurden in den Jahren 1906-1908 errichtet. Gelegen ist sie an einem zentralen Platz des Dorfes, ca. 2 km nördlich von der Eisenbahnstation der Linie Posen – Neutomischel. Anfänglich gehörte Sontop zur Pfarrgemeinde (evangelisch-ausburgisch) von Neutomischel, und ab 1908 bildete es eine eigene Pfarrgemeinde, auch evangelisch. Das Projekt des Kirchenhauses und der Verwaltungsgebäude wurde im April 1906 beschlossen durch das Ministerium für Öffentlichkeitsarbeit in Berlin. Die Arbeiten wurden unter der Leitung des Baurates aus Posen, Hauptner, durchgeführt.

Im Jahr 1945 wurde die Kirche in die römisch-katholische Pfarrgemeinde von Neutomischel eingegliedert, später ab 1956 in die Pfarrgemeinde Bukowcu, und in 1976 wurde sie zum selbständigen Zentrum für Seelsorge in Sontop. Seit 1980 ist sie eine  Gemeindekirche für die Bewohner von Sontop und des Dorfe     Neurose (ca. 750 Gemeindemitglieder).

Das Kirchengebäude wurde gemäß eines Beschlusses des Landeskonsevators der Woiwodschaft Posen vom 26. Februar 1996 zum Denkmal erklärt, einem Denkmal der Volkskultur, welches den Schutz des Rechtes unterliegt.

(Übersetzung durch Herrn Christoph Gügold (Werder))

[1.542]

30. Aug 2009 anlässlich des 100-jährigen

[1.543]

Bestehens der Pfarrgemeinde in Sontop

Anlässlich der im Juni 2010 durchgeführten Heimatreise von ehemaligen Bewohner der Stadt Neutomischel und umliegenden Gemeinden, wurde wiederum auch der Probst Herr Szulcik besucht und die Kirche in Sontop aufgesucht. Frau Regina Kiewel geb. Mettchen und Frau Ellen Eberwein geb. Schulz, Jahrgang 1934 und 1939, waren, neben vielen anderen, in ihr noch getauft worden. Der im Eingangsbereich stehende Taufstein, so versicherte der Probst Herr Szulcik, sei noch das Original.

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Besuch bei Probst Paul-Edmund Szulcik, Ul. Koscielna 18, 64-300 Satopy im Juni 2009 - von links nach rechts: Bogdan Reiss (Posen, Ellen Eberwei, Probst Szulcik, verdeckt im Hintergrund Konrad Eberwein

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Regina Kiewel geb. Mettchen und Ellen Eberwein geb. Schulz am Taufstein

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Auf dem Kirchplatz gegenüber der Kirche befanden sich die Gebäude der Gemeinde- und Diakonissenschwestern und das Gemeindehaus. Deren Verwaltung lag in den Händen der Familie Protsch, sie wohnten auch im Schwesternhaus.

Alle kirchlichen Feste, wie z. B. die Advents-und Erntedankfestfeiern fanden im Gemeindehaus statt. Es wurde aber auch genutzt für die Zusammenkünfte des Frauen- bzw. Jungmädchenkreises mit der Pfarrersfrau Tauber. Selbst der Gesangsverein und Posaunenchor probten in den Räumen, letzter wurde durch Herrn Gerhard Schulz geleitet, der seine Erfahrungen aus seiner Mitgliedschaft im Musikchor der polnischen Armee einbrachte. Höhepunkt des Posaunenchor Einsatzes war der jährliche Auftritt zum Jahreswechsel, immer eingeleitet durch das Lied „Nun danket alle Gott“; an ihn erinnern sich die älteren Sontoper noch gern zurück.

[1.546]

"Frau Pastor" mit der Jungmädchenschar – Aufnahme ca. 1926 - Erkannt wurden: Mitte mit weißer Bluse zwischen den dunkel gekleideten Frauen Frau Tauber, Lotte Heinrich / Leske, Frl. Steinke, Erna Giering, Lotte Winter, Elli Fenske, Herta Pohl, Agnes Hoffmann, Erna Heinrich, Grete Fenske, Herta Paul, Liesbeth Gebauer, Gerda Rausch / Schlecht, Dora Wittchen

[1.547]

Frauen und Mädchen mit Frau Pfarrer Tauber und der Diakonissenschwester Maria - Aufn. ca. 1930 oder später

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Der Posaunenchor - Aufnahme von 1934 - obere Reihe von links: 1. ?, 2. Hermann Schulz, 3. Gerhard Schulz, 4. ?, 5. Willi Schulz mittlere Reihe von links: 1. Erich Schlecht, 2. Freimut Hoffmann, 3. ?, 4. Kurt Abraham, 5. Herbert Linke untere Reihe: links Wilhelm Fenske, rechts Arnold Schulz auf dem Bild müssten noch abgebildet sein: Konrad Kuss aus Neurose, Willi Winter und Wilhelm Fenske

Es bleibt noch vom Friedhof der ehemaligen evangelischen Gemeinde von Sontop zu berichten. Er lag vom Bahnhof kommend links vor dem Ortseingang. Hier wurden die ehemaligen Dorfbewohner zur letzten Ruhe gebettet. Heute sind jedoch keine Gräber ehemaliger Deutscher Einwohner mehr zu finden.

Im Zuge des in den letzten Jahren eingesetzten Gedenkens der ehemaligen evangelischen Bewohner in der Gegend Neutomischels, wurde am 01. November 2009 auch auf dem Sontoper Friedhof ein Gedenkstein mit Tafel  in deutscher und polnischer Sprache errichtet bzw. aufgestellt.

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... zum Gedenken der ehemaligen evangelischen Bewohner des Dorfes Sontop

Sontop – Früher und Heute – Teil 2 – Die Schule und der Kindergarten

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Ellen Eberwein)
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In diesem Teil finden sich Erinnerungen an die Schule und die Schulzeit und an den Kindergarten

Die Schule

Die ältesten heute noch erhaltenen Aufzeichnungen über die Geburten in Sontop finden sich im sogenannten Taufbuch, dass vom Lehrer des Dorfes geführt worden war. Sontop hatte vermutlich von Anbeginn der Besiedlung an schon über eine Schule verfügt.

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Aufn. aus dem Jahr 1932 - Lehrer Spata mit Schülerinnen und Schülern aus Sontop und Umgebung - obere Reihe: 2. von links: Arno Mai, Reihe darunter: 3. von rechts: Rudolf Abraham, untere Reihe: 2. von rechts: Grete Rausch/Schlecht und rechts aussen Lehrer Spata - Diese Aufnahme wurde von Frau Ruth Thiebaut geb. Pietsch aus Bad Soden früher Sontop zur Verfügung gestellt.

Viele von den heute noch lebenden Sontoper Bewohnern erinnern sich gern an ihre Schulzeit und die Lehrer – Herrn Wollschläger, Hoffmann, Gruschinski, Grüning, Fräulein Hagen und Herrn Schal. Aber besonders an den langjährigen Lehrer Herrn Spata, der als junger Mann mit seiner Mutter nach Sontop gekommen war, dann eine Anstellung im Schuldienst im Dorf als Lehrer bekam und schließlich eine Sontoperin Lydia Gebauer, Tochter des Kurt Gebauer, heiratete. Nach dem II. Weltkrieg fungierte Herr Spata in Netzen, Land Brandenburg, ebenfalls als Lehrer.

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Aufn. aus dem Jahr 1938 mit den Lehrern Spata und Gruschinski in der Mitte - es konnten noch identifiziert werden: obere Reihe von links nach rechts: 1. Martin Zithier (Tischlerei), 2. ?, 3. Menzel (Bahnhof Sontop) 4. ?, 5. ?, 6. Günter Fenske, 7. ?, 8. ?, 9. ?, 10. Pflaum (gegenüber von Bäckerei Rausch), 11. ?, 12. ?, 13. Horst Lengert, 14. Ullmann Müller (Vater Schneider), 15. Seifert aus Bukowiec, 16. ?, 17. ? Zweite Reihe von oben: 1. ?, 2. Heinz Fenske, 3. Seifert aus Bukowiec, 4. Müllerchen aus Rose, 5. ?, 6. Seide aus Sontop Abbau, 7. Pflaum (Bahnhof Sontop), 8. ?, 9. ?, 10. Seide (Sontop Abbau), 11. Grunwald aus Bukowiec, 12. ?, 13. Pflaum (gegenüber Bäckerei), 14. Heinz Müller (gegenüber der Kirche neben Gebauer, Eier-Müller genannt), 15. Bernd Zithier (Tischlerei), 16. Burghard Mai (Schuhmacherei), 17. ?, 18. Ulli Hirt, Dritte Reihe von oben: 1. Heidel Mai (Schuhmacher), 2. Ulla Seifert aus Bukowiec, 3. ?, 4. ?, 5. Elfriede Sender, 6. Lehrer Spata, 7. Polnischer Lehrer Gruschinski, 8. Hirt (Schwester von Ulli HIrt, 9. ?, 10. ?, 11. ?, 12. ?, Unterste Reihe: 1. ?, 2. ?, 3. ?, 4. Irne Zachert, 5. ?, 6. Hartwig Tepper (gegenüber Bäcker, 7. Hans Zithier, 8. Lotte Gebauer, 9. ?, 10. ?, 11. ?, 12. ?

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Im Reigen tanzende Mädchen - 1932 - auf dem Schulhof in Sontop - Diese Aufnahme wurde von Frau Ruth Thiebaut (sh. Kreuz) geb. Pietsch aus Bad Soden früher Sontop zur Verfügung gestellt

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Aufn. 1942 - von links 1. Ulli Hirt, 2. Burkhard Mai, 3. Lehrer Grüning, 4. ?, 5. Hein Müller, 6. ?, 7. ?, die drei kleinen vor Lehrer Grüning waren dessen Kinder

Die Schule im schönen Klinkerbau macht auch heute noch einen gepflegten Eindruck, dieses auch Dank der gewährten Unterstützung aus EU-Mitteln.

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Aufn. 2009 - von links: Konrad Eberwein, Dominqui Hennings, Ellen Eberwein, Ilona Hennings

Erstaunlich war auch für mich, dass Sontop bereits einen Kindergarten unterhielt, an den sich meine Großcousinen Brigitte und Inge Müller noch erinnerten, waren sie doch viel älter als meine Schwester Lieselotte und ich, die wir uns ebenfalls gern erinnern. Er befand sich nördlich des Dorfes am Wald nach Rose gelegen, heute Ul. Szkolna 49 / Schulstraße. Wir hielten uns nicht nur im Haus und Hof des Geländes auf, sondern es wurden auch ständig Ausflüge in den angrenzenden Wald unternommen, in dem wir auch häufig spielten. Im Kindergarten lernten wir die ersten Volkslieder und fertigten so manche Bastelarbeit an, gerade auch für den Adventskranz.

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1995 Frau Kowalla und Lieselotte Müller

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2009 im Juni - Familie Eberwein vor dem gleichen Haus

Im 1995 statteten wir diesem vertrauten Haus und seiner Bewohnerin Frau Elisabeth Kowalla, die freundschaftlichen Kontakt zur Familie Wittchen unterhält, einen Besuch ab.

Sontop – Früher und Heute – Teil 1 – Etwas Geschichte, das Dorf und seine Bewohner

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Ellen Eberwein geborene Schulz)
am in Sontop | Kommentare sind deaktiviert

Hier findet sich eine kurze geschichtliche Einleitung und Erinnerungen mit zahlreichen Bildern an den Gasthof Rausch, die Gaststätte Berthold und Ida Wittchen, die Bäckerei Rausch, die Finanzinstitute, die Mühlen, die Familie Steinke, die Schmiede Abraham, die Höfe Müller, Hoffmann und Schulz, die Schuhmacherfamilie Mai, eine Kurzgeschichte verfasst von Günter Fenske und einiges mehr.

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Sontop - 1941 - Ortsplan

Nach dem Heimatbuch von Herrn Arno Kraft „… und dazwischen Neutomischel“ war Sontop seit dem Mittelalter ein Vorwerk von Tomysl, dessen Bewohner polnische Landarbeiter waren.

Der damalige Besitzer Ludwig Szoldrski verkaufte das Land an deutsche Bauern und ließ sie hier ansiedeln. So entstand ein geschlossenes Dorf (Quelle: Heimatbuch –HB- S. 233) Die polnischen Landarbeiter wurden auf andere Besitzungen des Gutsherrn umgesiedelt.

Seitens des Grundherrn spielten dabei finanzielle Gründe eine Rolle. Zum einen war sein Schloss in Borowko bei Czempin durch eine Feuersbrunst zerstört und für den Wiederaufbau (1729-1739) benötigte er viel Geld. Zum anderen mussten von ihm hohe Summen für einen jahrelangen Gerichtsprozess, der gegen seinen Bruder wegen Gotteslästerung geführt wurde, aufgebracht werden.

Die deutschen Siedler kamen oft aus Glaubensgründen, denn Polen und Russland verhielten sich neutral der Reformation gegenüber. Auch wollten die deutschen Männer oft dem preußischen Drill des Militärs entgehen.

Nachdem das Land neu vermessen und parzelliert wurde, erhielt Sontop im Jahre 1736 das Grundprivileg von Ludwig zu Szoldry Szoldrski – Woyewode von Inowraclaw – General von Großpolen – Erbherr von Czempin und Tomysl etc. etc. (HB S. 228-232). In diesem Privileg war in 22 Punkten die Angaben über Landgröße der Siedler, der Bauplätze für Gasthof und Friedhof, Festlegung der Zinszahlungen und Naturalienabgaben zu Martini sowie zu leistenden Diensten an bzw. für den Grundherrn festgehalten worden.

Zu den Feierlichkeiten des 200. Geburtstages der Stadt Neutomischel im Jahr 1987 war auch das Original Privileg von Sontop in der zu diesem Anlass arrangierten Ausstellung zu sehen.

Die Siedlungen nach Holländerrecht mit evangelischen Bewohnern (die ersten Siedler auf dem Gebiet des damaligen Polens waren Holländer gewesen, woraus sich später für Siedler der Begriff Hauländer bildete), hatten von Beginn an eigene Schulen. In ihnen wurden neben Lesen, Schreiben und Rechnen auch Lesegottesdienste abgehalten und durch den Lehrer die Taufen vorgenommen.

So war es auch in Sontop; ab dem Jahr 1741 sind Aufzeichnungen des Dorflehrers über die von ihm vorgenommen Taufen bis zum November 1777 geführt worden. Dieses Taufbuch enthält die Namen von 855 Täuflingen; das heute noch erhaltene Original wird im Staatsarchiv in Posen verwahrt.

Dem Wunsch der evangelischen deutschsprachigen Siedler der Hauländergemeinden um Tomysl nach einer eigenen Kirche, kam der Grundherr durch Schenkung eines Grundstücks auf damaliges zu Glinau zugehörigen Gebiets nach. 1778 wurde das Kirchenprivileg erteilt und in den Jahren 1779 bis 1780 die Kirche gebaut. Das Dorf Sontop gehörte ab diesem Zeitpunkt zur Kirchengemeinde Neutomischel.

Nach und nach entstanden dann rund um die Kirche herum zahlreiche Gebäude und schlussendlich wurde die Stadt Neutomischel gegründet.

Erst im Jahr 1906 erhielt das Dorf Sontop die Zustimmung zur Errichtung einer eigenen evangelischen Kirche.

Das Dorf Sontop war von Kiefernwäldern umschlossen und machte einen malerischen Eindruck. Die Gesamtfläche betrug 1.070,2 ha, wovon 7,18 M Grundsteuer zu entrichten waren.

(von diesen bekannten sich 564 zum deutschen und 60 zum polnischen Volkstum)

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1916 - Bahnhof Sontop - Ansichtskarte

Nach dem Bau der Märkisch-Posener Eisenbahn bekam Sontop auch einen Eisenbahnanschluss. Dieser lag mit seinem schmucken Bahnhofsgebäude etwa einen Kilometer vom Dorf entfernt.

Die in Sontop ansässigen Bauern befassten sich mit der Rinder-, Schweine- und Schafszucht. Auf ihren Feldern bauten sie Getreide, Kartoffeln, Gemüse, Weiden und Hopfen an, aber auch Raps, Leinsamen und Mohn. Neben der Landwirtschaft führten viele auch handwerkliche und gewerbliche Betriebe. Der schon erwähnte malerische Eindruck des Ortes wurde viele Jahrzehnte durch 5 Windmühlen noch unterstützt. Diese stellten jedoch nach und nach ihren Betrieb ein, nachdem die Dampfmühlen in den Städten ihnen ihre Rentabilität nahmen.

Sontop verfügte bis zum Ende des II. Weltkrieges über folgende öffentliche Gebäude, Gewerke und Dienstleister:

1 Kirche, 1 Pfarrhaus, 1 Friedhof, 1 Gemeindesaal, 1 Gemeindeschwesterstation, 2 Gaststätten (davon eine mit Saal), 1 Schneiderwerkstatt, 1 Schmiede, 1 Tischlerei, 1 Stellmacherei, 1 Poststelle, 1 Spar- und Darlehnskasse, 1 Schule, 1 Kindergarten, 1 Schützenhaus, 1 Ölmühle, 1 Spritzenhaus, 2 Windmühlen, 1 Hebamme, 2 Bäcker mit ihren Backstuben, 1 Fleischer mit seinem Laden, 2 Schuhmacher mit ihren Werkstätten

* * *

Zu diesen Einrichtungen sind noch folgende Details in Erinnerung:

[1.559]

1914 - Gasthof Karl Rausch - Postkartenausschnitt - Sammlung Arno Kraft

Gasthof Rausch mit Saal

Er stand am Krugplatz und befand sich seit Jahrzehnten in den Händen der Familie Rausch. Neben der Gastwirtschaft unterhielt die Familie auch eine Landwirtschaft mit Kühen und eine Anzahl schöner Pferde wurde gehalten.

[1.560]

Tanzstunde - 1928 - jeweils von links obere Reihe: 1. ?, 2. ?, 3. Erna Heinrich, 4. ?, 5. ?, 6. Willi Schulz, 7. ?, untere Reihe: 1. ?, 2. ?, 3. ?, 4. ?, 5. Johanna Müller,6. ?, 7. Grete Fenske

[1.561]

Tanzstunde - ca. 1929 - von links die jungen Frauen: 1. Elisabeth Wittchen, 2. ?, 3. Frau Gebauer, 4. Grete Fenske

Bei vielen Zusammenkünften und Festen wie Fassnacht, Kirmes, Sommer- und Winterfeiern, Maskenbälle, Erntedankfeiern, Sängerwettstreite und vielen Vereinstreffen, die hier stattgefunden haben, viele kamen auch aus der Umgebung zu Rausch, half bei der Bewirtung bei Bedarf auch die Verwandt- und Bekanntschaft an der Theke, in der Küche und an der Garderobe mit.

Es waren unter anderem Angehörige der Familien Mai, Winter und Fenske.

Besonders beliebt waren auch die Familienabende für jung und alt. Zu ihrem Anlass wurde von den Bauern reichlich Kuchen gebacken und dort für mildtätige Zwecke verkauft.

Im schönen Saal wurde natürlich das Tanzbein geschwungen, Tanzstunden erteilt und er wurde für Filmvorführungen genutzt. Als Kinder waren wir begeistert einen ersten Film mit bewegten Bildern und Ton vorgeführt zu bekommen.

Man kann sagen, dieses fand sich bestätigt in vielen Gesprächen mit ehemaligen Sontoper Bewohnern, dass ein reiches kulturelles Leben im Dorf zu verzeichnen war.

* * *


[1.562]

Gaststätte Wittchen

Gaststätte Berthold und Ida Wittchen

Sie war nördlich des Dorfes gelegen, an der Abzweigung der Straßen nach Rose und Dombrowo. In ihr wurden nicht nur Bier und ein Schnäpschen ausgeschenkt, in ihr wurde auch gesungen und es wurde Karten gespielt.

In einem separaten Raum, links vom Hauseingang gelegen, wurden durch die Tochter Dora Wittchen Kolonialwaren verkauft.

Darüber hinaus betrieb der Herr Berthold Wittchen als ausgebildeter Schneidermeister eine eigene Schneiderwerkstatt im Hause.

Die Bäckereien

Es gab die Bäckerei der Familie Poese, an der Straße nach Bukowiec gelegen und die Bäckerei der Familie Rausch, sie lag an der linken Dorfstraße, der späteren Schulstraße. Beide Bäckereien verkauften neben Brot und Brötchen noch Dinge des täglichen Bedarfs und Lebensmittel. Darüber hinaus lieferte Bäcker Rausch noch den Sauerteig an die Bauern, da diese zu früherer Zeit ihr Brot noch überwiegend selbst im eigenen Backofen buken.

An Kirchentagen mit Abendmahl, war es zum Brauch geworden in der großen Wohnstube des Bäckers Rausch bei Kaffee und Kuchen zusammen zu kommen. An diesen Treffen nahmen dann auch wieder Gäste aus den umliegenden Gemeinden wie z. B. Chichgora und Paprotsch teil, die zum Kirchspiel von Sontop zugehörig waren.

Das Finanzinstitute

[1.563]

Sparbuch der ...

[1.564]

... Johanna Schulz zu Satopy

In Sontop gab es dann auch eine Filiale der Spar- und Darlehnskasse aus Neutomischel.

Diese befand sich wiederum im Haus des Bäckers Rausch. Hier wurden Ein- und Auszahlungen von Sparguthaben vorgenommen; den Bewohnern von Sontop blieb somit die Fahrt zur Kreisstadt erspart.

Durch den rührigen Herrn Rausch wurden an bestimmten Tagen in einem Schuppen am Bahnhof in Sontop im Auftrag der Genossenschaftskasse auch landwirtschaftliche Geräte und Kunstdünger verkauft.

Die Mühlen

Links und rechts der Chaussee nach Bukowiec standen noch bis zum Jahr 1944 die Windmühlen des Besitzers Bruno Gebauer und der Familie Steinke, in ihnen ließen die Bauern ihr Korn mahlen.

Auch hatte Sontop von der Hintergasse links am Feldweg nach Alttomischel eine Ölmühle. Sie wurde zunächst durch die Familie Sender und später durch die Frau Martha Roth, einer Schwester des Herrn Sender, betrieben. Durch die Bauern des Ortes und der Umgebung wurden mittwochs und sonnabends die Erträge an Raps, Leinsamen und Mohn abgegeben, die dann zu Öl verarbeitet wurden.

Besonders beliebt war das Leinöl zu Pellkartoffeln und Quark, oder auch das Mohnöl für leckere Pfannkuchen und die berühmten Mohnklöße.

[1.565]

Otto Steinke - Aufnahme ca. 1942 - Sontop No. 106 (jetzt Nowa Roza)

Herr Steinke aus Neu Rose, früher Hauland Sontop No. 106, weiß noch zu berichten, dass die Ernten mit Pferd und Wagen zur Ölmühle gefahren wurden. Bei der Ölmühle hatten sie dann als Jungen, die Pferde, die vor den Göpel gespannt waren, angetrieben, es war für sie ein besonderer Spaß gewesen.

[1.566]

Karl, Horst +, Otto +, Frieda +, Steinke - von links nach rechts

Die Schmiede

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Die Schmiede Abraham - Von links nach rechts: 1. ?, 2. am Pferd Janek Schabratzki (Knecht bei Prüfer und Pietsch, 3. Schmiedegeselle Felix Koslowski, 4. Kurt Abraham, 5. Martha Abraham geborene Schade, 6. Rudolf Abraham – das Pferd gehörte der Familie Sender aus Sontop

Die Schmiede Abraham befand sich nördlich des Dorfes in der Dorfstraße No. 1. Die heute noch lebenden 4 Nachkommen der ehemaligen Schmiede Abraham, der älteste ist Herr Kurt Abraham – Jahrgang 1914 – wissen zu erzählen, dass der Stammvater der Familie Abraham bereits zum Jahr 1730 in Sontop ansässig gewesen ist.

Nach anfänglichen Schlosserarbeiten entstand später die Schmiede, in der die Pferde der Bauern des Dorfes und dessen umliegenden Ortschaften mit Hufen beschlagen wurden; auch so mancher Ochse, der für die Feldarbeit eingesetzt wurde, erhielt dort seine Eisen.

Neben der Anfertigung und Reparatur von den verschiedensten Ackergeräten und Wagengestellen wurden auch Schmiedearbeiten an Gebäuden, wie z. B. der Kirche in Sontop, durchgeführt. Darüber hinaus gab es dann noch die Herstellung von Jagdgewehren, unter anderen auch die mit denen die Schützengilde ihre Wettstreite ausführten.

Drei Söhne der Familie Abraham lernten Schmied, einer Fleischer in der Metzgerei Leske in Sontop. Der älteste Sohn Kurt diente von 1935 – 1937 beim polnischen 25. Ulanen Regiment als Beschlagschmied.

[1.568]

Aufnahme vom 19. Mai 1937 - Beschlagschmiede des 25. Ulanen Regiments in Prusana / Polen heute Weißrussland - in der Mitte Kurt Abraham

An der heutigen Ul. Polna 15, der Landstraße von Sontop, lag das Grundstück von Berthold Müller, das nach Überlieferung durch die Vorfahren bereits bei der Dorfbesiedlung im Jahre 1736 durch die Familie Müller bewirtschaftet worden war und später in deren Besitz übergegangen war. Der Sohn Paul Müller, geboren 1903, übte neben seinen vom Vater übernommenen bäuerlichen Pflichten das Amt des Organisten in der Kirche aus. Die Sontoper witzelten darüber: „Am Sonntag ist er Organist und Montag fährt er wieder Mist.“

1929 - Im Hof bei Kantor Müller - in der Mitte Berthold und Martha, rechts Paul und Frieda Müller - Organist und Chorleiter [1.569]

1929 - Im Hof bei Kantor Müller - in der Mitte Berthold und Martha, rechts Paul und Frieda Müller - Organist und Chorleiter

Paul Müller leitete auch den Gesangverein. Unseres Wissen gehörten diesem an: Frieda Bresch, Klara und Otto Mai, Anna Rausch geb. Schlecht, Gerda Rausch geb. Schlecht und Johanna Müller geborene Schulz.

[1.570]

Juni 2009 - auf dem Hof der Familie Tkacz

Der Hof der Familie Paul Müller übernahm nach dem Krieg das Dienstmädchen Gertrud – verheiratete Kotzek, die im Juni 2009 von uns besucht wurde um die Grüße von Brigitte und Inge Müller zu überbringen.

Nördlich der rechten Dorfstraße, unweit der Schmiede, lag der Bauernhof von Irma und Freimut Hoffman, deren Sohn Wilfried, heute in Tostedt Krs. Harburg wohnend, verschiedene Fotos aus Sontop zur Verfügung stellte. Unter diesen findet sich auch das des Posaunenchors, in dem sein Vater Freimut mitwirkte.

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Diese Aufnahme zeigt Irma und Freimut Hoffmann neben der Kutsche, die Oma väterlicherseits - Hulda Hoffmann ist beim Hühnerfüttern zu sehen. Der Opa Paul Hoffmann verstarb bereits zu Kriegsbeginn 1939 auf tragische Weise an seinen schweren Verletzungen

 [1.572]

Schuhmachermeister Mai

An der Hintergasse, sie war wo die Straße nach Alt Tomischel abzweigt, befand sich der Hof der Familie Klara und Otto Mai. Der Großvater Mai war Beschäftigter der Bahn auf dem Bahnhof Sontop. Sein Sohn Otto errichtete als geprüfter Meister eine Schuhmacherwerkstatt mit Gesellenausbildung.

Zum Grundstück gehörten auch zwei Strecken Land, auf denen Roggen und Kartoffeln angebaut worden waren.

In der Schuhmacherwerkstatt nahm natürlich die Reparatur von Schuhen, Stiefeln und Pantoffeln den größten Raum ein. Für die Neuanfertigung von Stiefeln und Schuhen bezog die Familie Mai die Materialien von einem jüdischen Geschäft Max aus Neutomischel. Es lag in der Goldstraße; sein Zugang war oft nur über den Hintereingang aufgrund der einsetzenden Boykottierung jüdischer Geschäfte, erreichbar. Nötige Stepparbeiten und die Anfertigung von Schäften wurden von der Firma Joachim in Neutomischel ausgeführt, die Endfertigung dann jedoch wieder in der Werkstatt Mai in Sontop vorgenommen.

Der älteste Sohn Arno Mai erlernte ebenfalls das Schuhmacherhandwerk und arbeitete im elterlichen Betrieb mit, 1939 waren in ihm noch drei Gesellen beschäftigt. Die Tochter Heidel war Angestellte im Rathaus und der Sohn Burkhard arbeitete auf der Post in Neutomischel. Die letztgenannten erinnerten sich, dass sie als Kinder nur vom Vater angefertigte Schuhe getragen zu haben.

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1931/1932 - Goldene Hochzeit der Großeltern mütterlicherseits Giese und Linke (Bahnhofstraße links in Sontop) - dieses Bild wurde von den Enkeln, den Geschwistern Burkhart und Heidel Mai, verh. Laabs zur Verfügung gestellt

Gleich in der Nähe der Schuhmacherwerkstatt Mai, war der Schuhmacher Bläsing ansässig, er ging jedoch nur kurze Zeit diesem Beruf nach.

An der ehemaligen linken Dorfstraße lag die Fleischerei Leske. Sie lieferte für die Dorfbevölkerung die schmackhaftesten Koch-, Brüh-, Grütz- und Semmelwürste. Die Fleischerei stellte auch schon Würstchen maschinell her.

Die Schlachtung von Schweinen wurde überwiegend im Sommer vorgenommen, der Winter war die Zeit für die Hausschlachtungen bei den Bauern. Jede Woche am Donnerstag wurden die gemästeten Schweine zum Markt nach Neutomischel verkauft.

Herr Horst Abraham lernte bei der Fleischerei Leske das Fleischerhandwerk und arbeitete bis zu seiner Einberufung in diesem Betrieb.

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Die Poststelle geführt durch Hr. Müller - dem Postmüller

[1.575]

Hulda Müller geb. Abraham und Reinhold Müller - zum 70zigsten Geburtstag des Großvaters - 1929

Im Haus No. 14 in der Dorfstraße, der jetzigen Kirchstraße, war die Poststelle eingerichtet. Sie wurde durch Herrn Reinhold Müller und später durch seine Tochter Johanna Schulz bis zum Januar 1945 geführt; unterbrochen wurde dieses in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, da hatte der polnische Bürger Herr Nowak die Interessen der Post wahrgenommen.

Zu Anfang des 20. Jahrhunderts bekleidete mein Großvater Reinhold Müller, noch bevor die Kirche in Sontop fertig gestellt war, das Küsteramt des Ortes. Es hatte seinerzeit auch noch keine Pfarrwohnung gegeben, und so hatte Pfarrer Konrad Goede noch im Haus meiner Großeltern gewohnt.

Hier kam es im Jahr 1905 zu einer heiteren Episode zwischen Küster, Pfarrer, einem polnischen Kutscher und einem Familienvater aus Wonsowo. Die Geschichte wurde vom Nachbarn Richard Fenske aufgeschrieben und seinerzeit im Posener Diakonissenkalender veröffentlicht. Die Niederschrift wurde von Herrn Günter Fenske, dem Sohn des Verfassers 1999 zur Verfügung gestellt.

„Erlebnis eines evangelischen Pfarrers in der Posener Heimat vor ca. 90 Jahren“  Von Richard Fenske, geb. 1892 – gest. 1974

Als erster Pfarrer in der damals neu gegründeten Kirchengemeinde Sontop amtierte Herr Pastor Goede. Da die Gemeinde in den ersten Jahren der Gründung weder Kirche noch Pfarrhaus besaß, wohnte Pastor Goede, noch unverheiratet, bei Familie Müller, den Nachbarn meiner Eltern. Das Zimmer lag in einem schönen Bohlenhaus an der Dorfstraße, vor dem Hause stand eine große Kastanie.

In einer Vorfrühlingsnacht rollte ein Pferdegespann von Norden kommend auf der Dorfstraße heran, das Zimmerlicht an dem Fenster von Pastor Goede war dem Kutscher ein Rettungsanker.

Er hielt unter der großen Kastanie; Pastor Goede noch an seinem Schreibtisch sitzend, öffnete das Fenster, da stammeln im Worte, deutsch und polnisch entgegen. In der Meinung, dass alles seine Richtigkeit hat, antwortet er dem Kutscher nur kurz tak, tak (ja, ja). Nun ging es in Eile an das Fertigmachen zu einer Wagenfahrt.

Zur Hilfe weckte Pastor Goede noch seinen Hauswirt, Papa Müller, welcher das Küsteramt der Kirchengemeinde betreute. Letzterer holte den Abendmahlswein aus dem kleinen Keller in dem Bohlenhaus. Pastor Goede hatte seinen Pelz in der darüber liegenden Kammer hängen. Beim Anziehen des Pelzes machte auch er noch einen ungewollten Besuch in den Keller, deren Folgen er erst am folgenden Tage, an gewissen Körperteilen zu spüren bekam.

Papa Müller hatte vergessen, die Falltür des Kriechkellers zu schließen.

Reisefertig nahm Papa Müller die vertraute Petroleumlampe vom Tisch und begleitete Pastor Goede bis zur Haustüre.

Die Fahrt begann in Nordrichtung aus Sontop heraus. Kaum ein Stückchen des Weges im angrenzenden Wald fragt der Kutscher kurz seinen Fahrgast „ob richtig?“. Pastor Goede in seinen Pelz gehüllt, dachte gerade nach, was er der kranken Frau alles sagen werde, antwortete dem Kutscher wieder kurz tak, tak.

Weiter trabten die Pferde, der Wagen rollte, Feld und Wald wechselten rechts und links des Weges einander ab. Ab und zu auch mal ein Gehöft an der Straße.

Nach der Abwechslungsfahrt ging es nun wieder in ein geschlossenes, großes Waldgebiet. Nach Verlassen dieses Waldes bereitete sich vor dem Gefährt rechts und links des Weges, eine große Feldflur aus. Auch fing der Morgen schon an zu grauen.

Da erblickte Pastor Goede vorne rechts des Weges einen großen Schatten und erkannte beim Näherkommen den Kirchturm der Nachbargemeinde Kuschlin Da wackelte auch der Kutscher mit Kopf und Ohren und merkte, welchen Irrweg er gefahren ist.

Er fuhr hinein in das Dorf und bog gleich links ab, die Straße in Westrichtung nach Wonsowo. Dort wartete schon vergeblich ein Hausvater, oder erst gar werdender Familienvater vor der Türe auf die Hilfe. Er vernahm in der Ferne Hufegeklapper und Wagenrollen aus ganz entgegenkommender Richtung. Der Wagen fuhr vor, Pastor Goede zog gleich den Pelz auf dem Wagen aus; der erblickte der Wartende eine Mannesperson als Fahrgast und schreit den Kutscher erregt an: „Mensch, was hast Du gebracht; du sollst doch nicht den Doktor, sondern die Hebamme bringen.“

Da antwortete der Fahrgast dem Hausvater „und ich bin der Pastor von Sontop“.

Ein Rededuell zwischen den beiden Männern beschwichtigte Pastor Goede, indem er den durcheinander geratenen Kutscher zu verstehen gab, auf dem kürzesten Wege nach Sontop zurück zu fahren. Dort frühmorgens wieder angekommen, fuhr Pastor Goede gleich mit zur damaligen Bezirkshebamme, genannt Tante Degen, welche gerade dabei war, sich die Morgensuppe zuzubereiten. Tante Degen machte sich wagenfertig und nahm nun den recht vorgewärmten Wagensitz ein. Bei Tageshelle ging es auf kürzestem Wege zurück nach Wonsowo.

Noch heute sehe ich als damals 13-jähriger, am Nachmittag des folgenden Tages, Pastor Goede mit meinem Vater am Nachbarzaun stehen, wo ersterer sein Nachterlebnis berichtete. Auch konnten wir damals im folgenden Jahr, dieses Erlebnis im Posener Diakonissenkalender lesen.

Für den heute nicht mehr ortskundigen Leser dieser Kurzgeschichte: die Entfernung von Sontop nach Kuschlin beträgt ca. 12 km – mit einer Fahrtzeit von ca. 1 Stunde, der eine Nacht dauernde Umweg muss erheblich gewesen sein.

[1.576]

Hopfenernte - von links: Reinhold Müller, 2. ?, 3. Hulda Müller, 4. ?, 5. Johanna Müller, 6. Meta Müller geb. Pflaum, 7. ?

Obwohl im Hause Postmüller keine Landwirtschaft betrieben wurde, um diese kümmerten sich die Schwiegereltern Schulz – 1ster Bauernhof rechts vom Bahnhof aus gesehen, so waren doch die Familienangehörigen, wie so viele im Ort, auch mit der Hopfenernte beschäftigt.

Nach dem I. Weltkrieg und dem wiedererstandenen Polen suchten sich die älteren Geschwister meiner Mutter Johanna Ihre Zukunft in Berlin. Bruder Erich Müller war in der Stadtverwaltung beschäftigt und verlor seinen Posten, die Schwester Else Müller legte in Posen das Lehrerinnen Examen ab, bekam aber keine Anstellung als Lehrerin und folgte ihrem Bruder in den zwanziger Jahren nach Berlin.

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Im Jahr 1994 besuchten mein Mann und ich zum ersten Mal Sontop. Frau Jadwig Werner (links) übernahm seinerzeit das Dolmetschen zwischen der heugien Bewohnerin und uns

Das erste Haus rechts vom Bahnhof aus gesehen war der Bauernhof von Ferdinand und Selma Schulz. Er von Scherlanke nach Sontop kommend, hatte auf dem dortigen Prüfer Hof eingeheiratet. Das Wohnhaus mit Anbau war zwar nicht besonders groß, jedoch bildete der ganze Besitz mit den Stallungen für Pferde, Schweine und anderes Vieh und mit den Scheunen einen großen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Ackernutzfläche war von Anbeginn an groß, und wurde immer wieder durch weiteren Zukauf vergrößert. Der besondere Stolz der Familie war die gelungene Pferdezucht von schwarzen Hannoveranern; jedoch zum Leidwesen der Enkel wurden diese auch auf dem Markt verkauft.

Alle vier Söhne, geboren in den Jahren von 1907 bis 1912 in Sontop, hatten besondere Aufgaben auf dem Hof in der Erledigung und Verantwortung zugeteilt bekommen; aber – nur einer konnte den Hof mal übernehmen.

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Links Flora Wilhelm - der elterliche Hof Wilhelm - seinerzeit linke Dorfstraße in Sontop - Aufn. ca. 1928

[1.579]

Selma u. Ferdinand Schulz

Da der älteste Sohn Gerhard bereits 1938 die jüngste Tochter des Gastwirts Wittchen namens Hilda geheiratet hatte und mit ihr in Opalenitza die Bahnhofs-Gastwirtschaft führte, sollte der zweitgeborene Sohn Willi später den Hof übernehmen. Er fühlte sich zum Landwirt berufen und mit seiner 1941 geheirateten Frau Flora einer geborenen Wilhelm, die ebenfalls von einem Bauernhof stammte und somit mit den bäuerlichen Arbeiten wohl vertraut war, waren gute Bedingungen für die Weiterführung des Hofes geschaffen. Der dritte Sohn Herrmann war auch schon seit dem Jahr 1937 mit der Johanna geborene Müller, der jüngsten Tochter des Reinhold Müller (genannt Postmüller) verheiratet. Er arbeitete zunächst im Sägewerk Roy in Glinau, einem Teil Glinaus, der später zu der Stadt Neutomischel gehörte und begann ab 1939 seine Laufbahn bei der Eisenbahn auf dem Bahnhof in Posen.  Der letzte und jüngste Sohn Arnold machte seine Ausbildung beim Fleischer Korn in Neutomischel. Er heiratete 1939 die verwitwete Frau Herta Zithier, einer geborenen Fenske. Beide verzogen nach Neustadt, Pinne und betrieben dort ein Fleischergeschäft.

Ferdinand Schulz, meinem Großvater, oblag auch das Amt, mit seinen schwarzen Rappen den Leichenwagen mit den Särgen der Verstorbenen zum Friedhof zu geleiten. Alle Männer der Familie waren im schon erwähnten Sontoper Posaunenchor aktiv; Gerhard Schulz war zudem auch dessen Leiter. Sie spielten zu allen feierlichen Anlässen und auch zum Tanz auf.

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Der Hof Ferdinand Schulz - Das Wohnhaus

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Der Hof Ferdinand Schulz - Stallungen und Scheune

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Der Hof Ferdinand Schulz - die Rückansicht

1946 übersiedelten Selma und Ferdinand Schulz nach Güsten in Sachsen-Anhalt. Ihr Sohn Hermann war dorthin als Stellwerksmeister des Bahnhofs dienstverpflichtet, somit war zumindest ein kleiner Teil der Familie wieder beieinander.

[1.583]

30.08.2009 - Besuch bei Frau Berger in Sontop - von links: Erika Schulz, Ellen Eberwein geb. Schulz, Hans-Dieter Schulz, Renata Wittchen aus Neutomischel, Frau Berger, Harry Siegesmund

Vom Bauernhof Schulz steht heute, 2010 nur noch das Wohnhaus. In ihm wohnt die heute 80zig jährige Frau Berger. Bei unserem Besuch zum 100-jährigen Kirchenjubiläum in Sontop, machten wir auch einen Besuch bei ihr und wurden herzlich empfangen.

[1.584]

1994 - von links: Frau Jadwiga Werner, Ellen Eberwein geb. Schulz, Fora Schulz geborene Wilhelm

Die ehemaligen Sontoper Familien Mai, heute in Berlin, Schulz, Fürstenwalde. und Eberwein, heute in Magdeburg unterhalten auch noch mit Frau Jadwiga Werner aus Glupon Krs. Neutomischel, sie hatte vor dem letzten Krieg als Dienstmädchen auf dem Hof von Ferdinand Schulz gearbeitet, einen guten Kontakt. Sie feierte im September 2009 ihren 90zigsten Geburtstag, wozu wir ihr persönlich herzlichst gratulierten.

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13. März 1940 - Hochwasser in Sontop

Als ein besonderes Ereignis ist das Hochwasser, ausgelöst durch die Schneeschmelze, vom 13. März 1940 verzeichnet. Der Krugplatz, an ihm befand sich die Gastwirtschaft Rausch, und von ihm zweigten die Straßen nach Neutomischel und Bukowiec ab, stand vollständig unter Wasser. Kurt Gebauer nutzte bei dieser Gelegenheit einen Schweinetrog als Fortbewegungsmittel

Die Dorfjugend in Sontop war denn wie auch woanders wo auch schon mal für den ein oder anderen Streich gut. Erich Müller (mein Onkel) geboren 1894 als ältester Sohn von Reinhold und Hulda Müller, geborene Abraham, erzählte von folgendem (etwa vor dem I. Weltkrieg): Er und noch einige Jungen aus Sontop zerlegten eines Tages einen Leiterwagen und beförderten die Einzelteile auf das Dach der Schule. Dort setzten sie den Wagen wieder zusammen. Am nächsten Tag staunten die Sontoper nicht schlecht, als der Wagen auf dem Dach entdeckt wurde und wie er wohl dorthin gekommen sei. An einem anderen Tag hissten sie auch schon mal die Fahne ohne jeden Anlass am Schulgebäude. Nicht überliefert ist hierzu aber jeweils, welches Strafmaß für die Taten verhängt worden war.

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ca. 1925 Ausflug der Jugend

[1.587]

etwa 1932-1935 Ausflug der Jugend

Als ein beliebtes Ausflugsziel von Sontopern galten die Glinauer Berge. Im Sommer 1933 unternahmen die Familien Müller und Pflaum und andere aus Sontop und Paprotsch eine Wanderung zu einem besonderen Baum, der 1932 von Unbekannten angezündet worden war. Diese Tat hatte Unverständnis bei allen Bewohnern der Gegend ausgelöst.

An dem Baum war ein Schild in polnischer und deutscher Sprache mit der Aufschrift: „Gott strafe die ruchlose Bubenhand, die mich am 26.10.1932 hat angebrannt. Voll Abscheu steht solch niedere Kreatur vor Gottes Schöpfung der Natur“

[1.588]

1933 - Ausflug zu dem "besonderen Baum"

Und zum Schluss seien hier nun noch die seit vielen Jahren stattfindenden „Heimattreffen“ des Kreises Neutomischel erwähnt zu denen auch die ehemaligen „Sontoper“ Einwohner gehören.

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Neutomischler evgl. Heimattreffen - oben links: Reinhold Behr, rechts davor Elisabeth Behr geb. Wittchen, in der Mitte: Renate Bohlen geb. Wittchen, unten in der Mitte: Günter Fenske (im grauen Anzug), rechts daneben Dora Hoffmann geb. Wittchen

Sontop früher und heute – Einleitung zu den Teilen 1-3

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Ellen Eberwein geborene Schulz)
am in Sontop | Kommentare sind deaktiviert
[1.590]

Juni 2009 Sontop - vor dem Geburtshaus Ellen Eberwein geb. Schulz (links vorn) rechts daneben die Tochter Ilona Hennigs und dahinter Konrad Eberwein

Frau Ellen Eberwein geborene Schulz hat mit den Beiträgen „Sontop früher und heute“

Teil 1 – Etwas Geschichte, das Dorf und seine Bewohner

Teil 2 – Die Schule, der Kindergarten

Teil 3 – Die Kirche, das Gemeindehaus und die Erinnerung an den ehemaligen evangelischen Friedhof

einen sehr umfangreichen Beitrag über geschichtliches, vergangenes aber nicht vergessenes und auch heutiges über das Dorf Sontop / Satopy zusammengetragen.

Ihr ausdrücklicher Dank für für die ihr gewährte Unterstützung bei diesem Artikel durch ehemalige Bewohner und durch deren Nachfahren des Dorf gilt:

Kurt Abraham, Lehnin/Brandenburg
Horst Abraham, Schwalmstadt/Hessen
Rudolf Abraham, Jesberg-Hundshausen/Hessen
Heidel Laabs geb. Mai, Berlin
Burkhart Mai, Berlin
Karl Steinke, Malchow/Meckl. Vorpommern
Hildegard Deutsch geb. Sender, Peine/Niedersachsen
Ruth Thiebaut geb. Pietsch, Bad Soden/Hessen
Grete Nieske geb. Rausch-Schlecht, Groß Kreutz/Brandenburg
Elfriede Winter geb. Rausch-Schlecht, Groß Kreutz/Brandenburg
Regina Kiewel geb. Mettchen, Langenhagen/Niedersachsen
Brigitte Müller, Tostedt/Niedersachsen
Wilfried Hoffmann, Tostedt/Niedersachsen
Heinz Zithier, Berlin
Renate Bohlen geb. Wittchen, Einbeck/Niedersachsen
Lieselotte Becker geb. Schneider, Stedum/Niedersachsen
Manfred Lengert – Ludwigsfelde/Brandenburg

und der freundlichen Genehmigung von Herr Arno Kraft, Berlin – er gab sein Einverständnis, das aus seinem Buch „… und dazwischen Neutomischel“ zitiert, Zahlenmaterial und einige Bildmaterialien verwendet werden durften.

Wir waren noch einmal zu Hause in Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Ursula von Straßmann)
am in Neu Tomysl,Neutomischel,Posener Stimmen | Kommentare sind deaktiviert


Der Artikel stammt aus den Posener Stimmen Ausgabe 10/2010;

Veröffentlicht wurde dieser Beitrag mit der freundlichen Genehmigung der Posener Stimmen – Heimatbrief der Gemeinschaft Evangelischer Posener (Hilfskomitee E.V.)

Der Einladung von Herrn Bleeker-Kohlsaat in den „Posener Stimmen“, vom 3. Und 8 Juni 2010 eine allerletzte Busfahrt nach Neutomischel durchzuführen, ließen sich 22 „Ehemalige“ nicht entgehen.

Der Beginn der Busfahrt stand nicht gerade unter dem besten Stern, aber als in Königswusterhausen und Fürstenwalde die letzten Teilnehmerinnen eingestiegen waren, ging es zügigund frohgemut unserem Ziel entgegen.

Zwar war es bereits kurz vor 19.00h, als wir am Ziel waren, aber die Dame in der Wechselstube wartete auf uns, und auch im „Goldenen Adler“ wurden wir freundlich begrüßt und ausgezeichnet und sehr lecker bewirtet. Dazu trugen das gute Bier und der Wodka zur guten Stimmung bei.

Nachdem die Aufteilung der Zimmer in den beiden Hotels schnell erledigt war, ehrte die doch ersehnte Ruhe ein.

Nach guter Nacht erwarteten uns am Morgen ein tolles Erlebnis und interessantes Programm. Treffpunkt um 9.00 Uhr vor dem Atrium-Hotel.

[1.591]

Weidenkorb

Dort wurden wir vom Bürgermeister, Herrn Henryk Helwing, und einigen seiner Mitarbeiter; der Leiterin der Entwicklungs- und Promotionsabteilung, Frau Ewelina Szofer-Pajchrowska, und Frau Milena Leszczynska, begrüßt. Außerdem gehörten zu den Begleitern Frau Iwona Soltysiak (uns bekannt vom Regionaltreffen in Berlin-Weißensee, wo sie über ihre Magisterarbeit – da Thema „Posener Stimmen“ referiert hat), Herr Przemek Mierzejewski und Herr Wojciech Szkudlarski, die uns als Dolmetscher und Erklärer zur Verfügung standen.

Erst besahen wir den sehr gepflegten und schön gestalteten Chopinplatz – früher Alter Markt – mit der ehrwürdigen Kirche, die gut renovierten Häuser mit vielen eleganten Geschäften und dem liebevollen Blumenschmuck.

Durch die „Goldstraße“, die eine einladende Fußgängerzone geworden ist, mit vielen Ruheplätzen, schönen Blumenkübeln aus Korbgeflecht und einladenden Geschäften, ging die aufschlussreiche Führung weiter. Eindrucksvoll wirkten auch die vielen Durchgänge – früher zu den Höfen -, die Wände, Türen und teilweise Fenster sind mit fantasievollen Weidenflechtereien verschönt, die Böden oft mit Mosaiken. Alles eine tolle künstlerische Bereicherung.

Sogenannte Stolpersteine – auf die uns Herr Helwing aufmerksam machte, sind die Wegweiser zum einmalig schön gestalteten „Neuen Markt“ mit dem weltberühmten großen Weidenkorb. Er steht seit 2 Jahren im Guiness-Buch der Rekorde, und das verdient.

Nicht nur der Korb ist bestaunenswert, sondern der ganze Platz, das ganze Ensemble.

Herr Helwing erzählte uns über die Herstellung des Riesenkorbes, wie viel Korbflechter daran beteiligt waren und in welch kurzer Zeit dieses Werk gefertigt wurde. Die Bepflanzung ist auch bewundernswert, wir durften sogar die „Inneneinrichtung“ besichtigen und wie die Wasserversorgung funktioniert.

Ein weiterer wichtiger Punkt seiner Ausführungen war die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Als 3 Säulen bezeichnete er die Wirtschaft: Er nannte den Spargelanbau, die Weidenwirtschaft mit allen Zweigen und den Hopfenanbau. Unübersehbar war, dass sich viel Industrie um Neutomischel angesiedelt hat und die Infrastruktur – dank Europäischer Union – boomt.

Für uns war erfreulich festzustellen, dass sich überall sichtbar ein solider Wohlstand angesiedelt hat. Erkennbar an den vielen schönen, neuen Häusern und der Zunahme der Einwohnerzahl.

Weiter ging die Führung ins Kulturzentrum, vorbei am Musikpavillion – einer Muschel aus Weidengeflecht, die in einer schönen Anlage steht. Im Kulturhaus wurden wir von der Leiterin herzlich begrüßt und mit gedeckten Tischen, Kaffee, Tee und Gebäck überrascht. Die eindruckvollste Überraschung war dann ein neuer Film über Neutomischel in deutscher Sprache. Zwei Stunden hatte sich Herr Bürgermeister Helwing mit seinen Mitarbeitern für uns Zeit genommen. Vielen, vielen Dank!

Nach diesem großen Erlebnis hieß es nun schnell rein in den Bus, denn wir wurden schon in Steinberg erwartet – von Steinbergern initiiert -, wir besuchten und besichtigten auf dem evangelischen Friedhof den Gedenkstein und ließen den Gedanken freien Lauf. Ehemalige Steinberger haben in Eigeninitiative diesen Ort so schön gestaltet. Vielen Dank dafür.

Danach gab es einen herzlichen Empfang im Schulhaus – durch die Direktorin und den Bürgermeister von Steinberg -, und bei viel Kuchen und Kaffee wurden Erinnerungen ausgetauscht. Und draußen auf der Straße war ein großes Storchennest, die Storcheltern klapperten freudig über ihren Nachwuchs.

Der Tag hatte noch mehr Überraschungen. Wieder zurück in Neutomischel, hieß es umsteigen in den Kremser. Mit 2 PS ging es, am ehemaligenevangelischen Friedhof vorbei, nach Glinau, durch eine neue schöne Wohnsiedlung. Unser Ziel war ein alter großer Bauernhof, der zur Erlebnisranch umgebaut war. Hier konnte sich jeder seinen Neigungen hingeben (auch Bierflaschen angeln). Besonders geschmackvoll die vielen Anlagen mit Blumen, Kräutern, Hecken, Bäumen, Bänken und Ruhezonen. Für das leibliche Wohl sorgte ein riesiger Grill mit leckeren Würsten, dazu Gurken, Brot, Tee (aus frischer Minze) und auch Bier. Erstaunlich, was man an einem Tag alles mitmachen kann!

Der nächste Tag stand für Ruhe und Erholung. Es ging an den Lagow-See. Der liegt ziemlich westlich in bergiger-waldreicher Gegend, mit einer mittelalterlichen Burg und alten Stadttoren. Einige bestiegen den Turm, andere genossen die Ruhe, die Schönheit der Natur.

Nach einem vorzüglichen Mittagessen fuhren wir zum Korbmacher, um immer wieder Körbe, Truhen und Hocker einzukaufen.

Weiter ging die Fahrt über Neutomischel, Kirchplatz, Neu Borui. Dort hat ein polnischer Museumsdirektor ein altes Bauernhaus aus dem Jahre 1822 erworben, um darin ein ethnologisches Museum einzurichten. Zurzeit ist das Haus so weit gesichert, dass das Dach und die Wände dicht sind und die Fenster schließen. Der alte Herd tut wieder seinen Dienst, die Deckenbalken sind abgeschmirgelt, das Trinkwasser muss von weit her mitgebracht werden, aber ansonsten kann man nur im Sommer dort verweilen. Zwei Historikerinnen und seine Frau sind dem Museumsdirektor bei dieser schweren Arbeit behilflich.

Für dieses entstehende Museum werden vom Direktor alte Gebrauchsgegenstände, Möbel und Unterlagen jener Zeit gesucht. Zu bewundern ist der Enthusiasmus, mit dem dieser Mann an dieses schwere Werk geht und sich bemüht, die Geschichte vor „Ihnen“ zu rekonstruieren

Am Sonntag fuhren wir nach Posen, über die bekannte Strecke Sontop-Opalenitza. Da in Posen ein großes Fest stattfand und alle Straßen fast unpassierbar waren, fuhren wir nach kurzer Rundfahrt weiter nach Slupa-Welka, Herrn Bleeker-Kohlsaats Heimat. In dem wunderschönen und gepflegten Park erholten wir uns und lauschten den Jugendspäßen unseres Reiseleiters.

Auf der Tages-Rückfahrt machten wir noch einmal in Posen Halt, tranken im Bremer ein kühles Bier und besuchten eine wunderschöne Kirche.

Ein weiterer Höhepunkt auf unserer Heimfahrt war die Einkehr auf der Hazienda. Der angekündigte „weiße Vogel“ im Prospekt war eine viertel oder halbe Ente (je nach Wunsch des Gastes) und wurde mit Rotkohl, Hefeklößen satt und viel Soße serviert. Das Essen war ganz delikat und die schöne Tischdekoration war das i-Tüpfelchen.

Beglückt und fröhlich traten wir die Heimfahrt an. Dabei wurde mir persönlich ein großer Wunsch erfüllt. Unser lieber Günter fuhr nicht den direkten Weg, sondern über Milostowo-Kuschlin, die Heimat meiner Mutter, Großeltern und Urgroßeltern. Über Rose, Wonsowo, Alttomischel kehrten wir nach Neutomischel zurück.

[1.592]

Dieses war für uns alle das allergrößte Erlebnis und sehr ergreifend

Heute, Montag, unserem letzten Tag, fuhren wir über Sontop nach Opalenitza und weiter nach Grätz. Auch Grätz hat sich sehr zum Vorteil verändert. Die Häuser haben helle Anstriche bekommen, die Dächer neu gedeckt, die Straßen erneuert und auch hier viel Blumenschmuck und Grünanlagen. Aber der Hauptgrund in Grätz war der Leinöleinkauf. Es soll das allerbeste Öl sein!

Nach diesen Einkäufen ging es nun nach Konkolewo, so richtig aufs Land, in die Puscheken. Dass der Bus diese Landwege heil überstanden hat, ist das Fahrwunder unseres Günters. Hier suchte zwischen Bäumen, Wiesen, Gräben und Äckern Frau Rölling nach ihrem ehemaligem Zuhause, von dem nichts stehen geblieben war. Und welch Glück, zielstrebend über eine Wiese suchend fand sie den Baum, unter dem der Brunnen noch sichtbar war (Foto auf der nächsten Seite).

In Neutomischel zurück, stürmten einige noch die Molkerei, um den besten Kochkäse zu erwerben. Wir beiden echten Neutomischler machten uns von hier auf den Weg, den Friedhof zu besuchen, um am Grab von Ida Pilatschek und dem Gedenkstein mit Grabstelle für die verstorbenen evangelischen Christen still zu werden. Auch unseren Freund Weber und Malke legten wir Blumen ans Grab. Mit einem ausgedehnten Erinnerungsmarsch besuchten wir noch die uns lieg gewesenen Orte bei Ruschkawe, Glinau und den Feldweg Girndts, Heckes.

Den Abend verbrachten wir zusammen bei einem Piroggenessen im Kopernik und anschließend im „Schwarzen Adler“, um uns mit den jungen polnischen Freunden, Frau Iwona Soltysiak und Herrn Przemek Mierzejewski, zu treffen. Die Überraschungen des Abends: Die beiden brachten für alle Teilnehmer vom Herrn Bürgermeister Helwing je eine DVD, ein Erinnerungsfoto vom Weidenkorb und 3 Ansichtskarten vom „neuen“ Neutomischel mit.

[1.593]

Taufstein mit Herr Maennel

Unsere Freude war riesengroß und vor lauter Stimmengewirr war es kaum möglich, unseren Dank zu übermitteln oder ein Gespräch zu führen.

An diesem letzten Abend war auch Dieter Maennel wieder in unserer Runde. Er hatte sich gleich am ersten Tag nach unserem Rundgang abgesetzt, um mit Herrn Mierzejewski – der ja gut Deutsch spricht und an der Historie sehr interessiert ist – Spuren der Lutheraner zu finden. In der alten Kirche, jetzt Herz-Jesu-Kirche, fand er tatsächlich mit Hilfe des Pfarrers den Taufstein der ehemaligen lutherischen Kirche. Seine Freude war riesengroß.

Der Abreisetag brachte nochmals eine Überraschung: Es hieß, rechtzeitig zum Frühstück und Kofferverladen, Herrn Bürgermeister Helwing kommt und möchte sich verabschieden.

Schnell waren die Koffer verstaut, der Spargel eingekauft und schon war der Ehrengast da. Auch Herr Przemek Mierzejewski mit seiner Gattin Margaretha war gekommen.

Der Bürgermeister dankte für unser kommen, für das entgegengebrachte Interesse und hoffte, dass wir wiederkommen. Mit guten Wünschen für die Heimreise endete er mit dem Satz: „Denn wir gehören doch zusammen.“ Diesen Satz konnten wir nach all den guten und positiven Eindrücken nur bejahen.

Mit seinem Wagen fuhr er voraus und zeigte uns nun den neuen Zubringer zur Autobahn. Dann drehte er unter Winken um. Still und nachdenklich traten wir die Heimfahrt an.

Ganz herzlich möchte ich Herrn Bleeker-Kohlsaat für die gute Vorbereitung und Durchführung und unseren Kapitän Günter Wenzel für seine sichere, ruhige und umsichtige Fahrt danken.

Ursula von Straßmann

Buk – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani)
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[1.594]

Die ehemalige evangelische Kirche zu Buk - Bildveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Hr. Arno Kraft

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen “ – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen

* * *

Zu polnischer Zeit wurden in der Stadt Buk, die Eigentum des Posener Bischof war, Evangelische nicht geduldet; sie standen sich erst unter preußischer Oberhoheit ein.

Im Jahr 1827 erhielt die vereinzelt unter Katholiken 7 Kilometer von Buk entfernt wohnende evangelische Dorfgemeinde Grzebienisko, bis dahin gastweise zu Samter (s.d.) gehörig, ein königliches Gnadengeschenk von 12.000 Mk. zum Bau einer Kirche. Zu demselben Zweck empfing ein gleiches Geschenk von 4.500 Mark die evangelische Gemeinde in Buk im Jahre 1829. Dadurch waren aber keiner dieser Gemeinde die hinreichenden Mittel zur Gründung und Erhaltung einer Pfarre gewährt und die Entstehung einer solchen für beide Gemeinden in eine ferne Zukunft hinausgeschoben. Als darauf durch Vermittlung des Oberpräsidenten Flottwell und des Konsistorialrate Fechner die Vereinigung beider Geldsummen gelungen war, Buk um Pfarrorte bestimmt worden und Grzebienisko sich zur Einpfarrung dahin verstanden hatte, wurde im Jahre 1838 das Kirchspiel Buk aus den Parochien Grätz, Neustadt und Samter abgezweigt, dessen Verwaltung vorläufig der Pfarrer in Grätz übernahm. Mit dem 1. Juli 1844 trat Buk auf Grund des Ministerialerlasses vom 31. März 1842 als selbständige Pfarrei ins Leben, der erste Pfarrer wurde gewählt und am 31. August 1845 die auf einem von der Stadtgemeinde Buk geschenkten Grundstück neuerbaute massive Kirche in Buk durch den Bischof D. Freymark feierlich geweiht. Zu einer Turmuhr der Kirche schenkte 1870 der Gustav-Adolf-Frauenverein in Detmold 750 Mark, wie auch zwei wertvolle Altarleuchter. Im Jahr 1895 wurde die Kirche erweitert und umgebaut und am 29. September desselben Jahres durch den General-Superintendenten D. Hesekiel neu geweiht.

Zu dieser Parochie gehören außer Buk 62 Ortschaften, in denen aber, mit Ausnahme des zur größeren Hälfte deutschen Grzebienisko, meistens nur einzelne Evangelische wohnen. Etwas zahlreicher sind sie in einigen anderen Ortschaften.

Die Pfarrer waren:

  1. Christian Friedrich Julius Erdmann, geboren 1806 zu Sagan, trat am 07. Juli 1844 sein Amt an und starb am 13. Dezember 1868
  2. Carl Gustav Zehn, aus Berlin, wurde 1869 Pfarrverweser und 1870 Pfarrer. Er wurde 1875 zum zweiten Pastor in der Kreuzkirche zu Posen (s.d.) berufen.
  3. Paul Emanuel Gürtler, aus Lähr in Schlesien, 1875 berufen, trat 1885 in die zweite Pastorstelle zu Fraustadt (Altstadt) (s.d.) über.
  4. Johannes Jäckel, trat 1886 sein Amt an

Die Blockholzbauten in den „Holländereien“ des Obragebietes

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Dr. Hermann Tepper, Berlin (1966))
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Dr. Hermann Tepper beschreibt bezugnehmend auf die Abhandlungen des Julius Kohte die Bauart der „Hauländerhäuser“. Gleichzeitig findet sich der Versuch aus der Bauart der Häuser Rückschluss auf die Herkunft der Siedler zu schliessen.

Veröffentlicht wurde dieser Beitrag mit der freundlichen Genehmigung der Posener Stimmen – Heimatbrief der Gemeinschaft Evangelischer Posener (Hilfskomitee E.V.), in deren Ausgabe Nr. 3 /  1966 die Publikation erfolgte.

Julius Kohte gibt uns in seiner Abhandlung über das Bauernhaus in der Provinz Posen eine eingehende Schil­derung, so dass wir Vergleiche zu den Häusern der land­schaftlichen Nachbargebiete anstellen können. Er sagt darüber a. a. O. … :

„Alle Bauten in den Hauländereien sind Blockholzbauten. Die Wände sind aus Hölzern auf­geschichtet, die sich an den Ecken überkämmen. In der älteren Zeit pflegen die Hölzer in kräftigen Abmessungen hergestellt, etwa 25cm stark zu sein; später werden sie schwächer und dann wohl an den Ecken in die Nuten ei­nes Ständers eingelassen. Das Fundament ist aus einigen auf dem Felde aufgelesenen Findlingssteinen hergestellt. Das Dach ist mit Stroh oder Schilf gedeckt, der Dach­stuhl auf die einfachste Weise hergerichtet. Jedes Spar­renpaar wird nach mittelalterlicher Art von einem Kehl­balken gehalten. Den Längsverband ersetzen die an den Enden schräg auf die Sparren genagelten Windrispen, deren meist nur zwei vorhanden und an zwei diagonal gegenüber gelegenen Ecken des Hauses angebracht sind. Oft fehlen aber auch diese, so dass die Sicherung des Daches gegen Längsverschiebungen allein durch die Lat­ten der Strohdeckung ausgeübt wird. Um den viereckigen Hof liegen das Wohnhaus, die Stallungen und die Scheu­ne. Das Wohnhaus kehrt den Giebel nach der Straße. Es liegt immer getrennt von den übrigen Baulichkeiten; nur manchmal wird der Pferdestall an einer Schmalseite an­gebaut . . . Der Eingang des Hauses befindet sich in der Mitte der Langseite. Die Haustür ist in einen oberen und unteren Flügel geteilt, so dass, wenn der untere ge­schlossen ist, man den oberen offen lassen kann, um aus­zublicken. Durch den flurartigen Vorraum, in welchem die Stiege zum Dachboden liegt, gelangt man in die im Mittelpunkt des Hauses gelegene Küche. Über ihren Wän­den, steigt, nach oben hin sich verjüngend, der Schorn­stein auf, der zugleich als Rauchfang dient. Um die Küche herum liegen die Stuben und die Kammern …“

Kohte bringt dann Holländergehöfte aus Alt-Borui bei Neutomischel, und zwar das Gehöft des Heinrich Kutzner, erbaut um 1760, das einfachere von Koth. Schließlich er­wähnt er noch die Gehöfte von August Heider aus dem Jahre 1764, das des Wilhelm Freier von 1775 und das um 1827 errichtete des Karl Fischen. In einigen Orten, wie beispielsweise in Alt-Lauske und Rakwitz, treten auch die sogenannten Laubenhäuser auf, die am Giebel einen Vorhallenbau aufweisen. Rakwitz, das 1662 von zugewan­derten Deutschen (Schlesiern aus Freystadt) gegründet wurde (in einem der errichteten Häuser war noch das Baujahr 1669 festzustellen), besitzt ganz ähnliche Lau­benhäuser am Markt wie Hirschberg, Striegau und Greiffenberg.

Kohte bringt in seiner Abhandlung auch ein 1748 er­richtetes Haus des Schmieds Seidel in Peterawe, Kr. Sam­ter, das am Giebelende einen Hallenvorbau, eine Art Lau­bengang zeigt. (Peterawe ist bereits 1280 zu deutschem Recht gegründet worden). Er erwähnt weitere ähnliche Bauten auf dem rechten Ufer der Netze von Czarnikau bis Filehne, in Feilstem, Neuhöfen und Mareindorf, Runau, Putzig, Gr. Kotten, Ehrbardorf. Da er Bauernhäuser mit einer die vordere Giebelseite einnehmenden Halle in der Uckermark, Neumark und Mittelpommern vereinzelt vorfand, glaubt er auf eine Herkunft aus der Mark Bran­denburg bei den Siedlern schließen zu können. Dieser An­sicht kann ich mich nicht anschließen. Kohte sieht rich­tig in diesen vereinzelt auftretenden Bauernhäusern mit Giebelvorhalle einen Zusammenhang mit den Laubenhäu­sern in Rakwitz, und gerade Rakwitz mit seinen Laubengängen am Markt ist das treffendste Beispiel für die Nach­gestaltung der am Hirschberger Markt errichteten spät­barocken und Rokoko-Giebelhäuser mit durchgehenden Erdgeschoßlauben. 5 Laubenhäuser gab es in Stenschewo, Kr. Posen/Westnoch, 1913; an der Ostseite des Marktes in Jutroschin, das 1642 von Schlesiern gegründet wurde, standen 1913 noch 2 Laubenhäuser, Eine Schmiede mit ei­ner Halle unter dem Giebel gab es um 1900 in Krotoschin an der Straße nach Zduny. In Jutroschin sind die Lau­benhäuser nach ländlicher Art voneinander durch einen Hofraum getrennt. Solche Laubenhäuser gab es in Schle­sien auch noch in Jauer, Bolkenhain, Landeshut, Waldenburg. Neurode, Landeck, Trebnitz, Konstadt, Rosenberg. Es war dies eine in Nieder- und Oberdeutschland weit­verbreitete Bauart.

[1.595]

Geburtshaus Daniel Tepper zu Sontop, späterer Eigentümer Sperling

Eine weitere Eigentümlichkeit der Holländerbauten zei­gen die Giebelzeichen an 21 alten Gehöften in Tepperbuden, und zwar in 3 Mustern. Vierzehnmal kommt das 4—8fach gezackte Giebelbrett vor, viermal das einfach ge­zackte und zweimal die Lanzenspitze. In 3 Fällen sind die überstehenden Enden der Steinbretter hornartig zuge­schnitten. Auffällig ist das Vorkommen des 6- und 7zak-kigen Giebelbrettes. Nach Moschkau sind derartige Gie­belverzierungen als Heilszeichen zu deuten. Außer an­deren Zeichen mussten, auch allerlei Nachbildungen von Waffen gewissermaßen stellvertretend die Abwehr alles Übels von dem Hause übernehmen (Eisen auf Türschwel­len, Kreuze vor Viehställen). Slawischen Ursprungs schei­nen die Giebelzeichen nicht zu sein. Auffällig ist das Vorkommen von 4 Typen von Giebelzeichen in einem Dorf. Vielleicht deutet das auf die Sippen, die sich ur­sprünglich im Dorfe festsetzten. Das Vorkommen gleich­artiger und ähnlicher Giebelbretter finden wir in Chwalin, Karge, Kreutz, Crummendorf b. Züllichau, Kontopp, Laubegast, Lipke und Lissen. Das 4- bis 8fach gezackte Brett, das übrigens in den genannten Orten am häufig­sten vorkommt, auf eine Waffe zurückzuführen, dürfte wohl nicht angängig sein.

[1.596]

Bauernhaus zu Tepperbuden

Als Belege für die Eigentümlichkeit dieser Bauernhäuser bringe ich die Abbildung eines alten Holländer-Bauernhauses in Alt-Tepperbuden, Kr. Bomst, und die des Geburtshauses meines Urgroßvaters Daniel Tepper aus Sontop. Mein Urgroßvater verkaufte das Hausgrundstück an den Eigentümer Sperling und ließ sich ein neues Haus bauen, bzw. kaufte er ein solches; seine Landwirtschaft behielt er.

Im Rahmen dieser Betrachtung dürfen wir nicht die Holzkirchen in den Dörfern dieses Gebiets vergessen. Ich denke hierbei vor allem an die Holzkirchen in Chlastawe, Koschmin b. Kl. Dammer, Kuschten und Bauchwitz b. Meseritz. Arthur Haupt hat darüber eine eingehende Dar­stellung mit Skizzen gebracht, auf die ich besonders hin­weise.

Eine der schönsten Holzkirchen finden wir in Chlastawe, ein Lehmfachwerk, außen mit Brettern verkleidet. Der schlank aufsteigende Turm war besonders künstlerisch gestaltet. Am Eingang zum Kirchhof stand ein kunstvol­les, hölzernes Torgebäude, dessen abgestumpftes Dach einen zweiten Anbau trägt; der Bau stammt aus der Zeit um 1640.

Die prachtvolle alte Holzkirche aus der Klosterzeit (1730) mit stilvoller Innenausstattung und Glocken aus dem 17. Jahrhundert im Dorf Koschmin b. KI. Dammer wurde im Sommer 1925 durch Feuer vernichtet,

Wo treffen wir nun ähnliche Holzblockbauten aus jener Zeit an? In den deutschen Dörfern Schlesiens war der Bohlenbau (Schrotbau) weit verbreitet. Es ist die frän­kische Anlage, die in einem sehr großen Teile Deutsch­lands vorherrscht, und sich vom Westen bis in den sla­wischen, ja sogar den magyarischen Osten verbreitete. Das Merkmal des fränkischen Hauses ist die Trennung der Wohnräume von der Scheune. Die Haustür liegt nicht in der schmalen oder Giebelseite, sondern in der Lang­seite. Der Giebel zeigt nach der Straße als Kennzeichen des freien Bauern. Bisweilen sind die Wohnräume mit dem Pferde- und Kuhstall unter demselben Dach. Das auf Bruchsteinen (Findlingssteinen) ruhende Wohnhaus hat Bohlenwände oder ist aus Fachwerk errichtet, dessen Fächer durch Stecken ausgesetzt sind, die mit stroh­gemengtem Lehm von beiden Seiten beschlagen wurden. Oft führte man die Wohnräume aus Bohlenwänden aus, während man für die angrenzenden Ställe den Fachwerkbau vorzog.

Den Hofraum mit den anschließenden Gebäuden be­zeichnet der „Holländer“-Siedler als seine „Hôverête“, im Mittelhochdeutschen „hove-reite“. Den Ausdruck finden wir auch in Schlesien, im Alemannisch-Bayerischen, aber besonders in Hessen und Oberfranken. Der geschlossene Hof, die Stellung des Wohnhauses mit der Langseite ge­gen den Hof, die Trennung von Haus und Scheune, die Verbindung von Stallung und Wohnraum unter einem Dache, der Bohlen- und Fachbau sind Kennzeichen für eine fränkische Haus- und Hofanlage, wie wir sie über Schlesien hinaus in der Oberlausitz (Vermutungen über die Herkunft der Sontoper), in Meißen, Nordböhmen, Thüringen und Hessen, im mittelrheinischen Gebiet wie­derfinden.

1787 Das Stammbuch der Meister – 2010 Die Bockwindmühle im Freilichtmuseum für Volksbaukunst in Wollstein

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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[1.597]

Bockwindmühle - Ansicht von vorn - Aufn. 09/2010 GT

Im Jahr 1787 wurde das Stammbuch der Meister für das löbliche Gewerk der seinerzeit existierenden Wind- und Wasser Müller in Neu Tomijsel eingerichtet. Das Müllerhandwerk das mit großer Sorgfalt, Umsicht, einer gewissen Ordnung und Anerkennung einherging brachte dem Besitzer oftmals auch Wohlstand. Die „hölzernen Riesen“ – geschätzte Höhe ohne Flügel 10m, mit Flügel ca. 18m – verloren im Zuge der Industrialisierung ihre Existenz.

Laut alten Überlieferungen sollen Windmühlen in Großpolen seit dem 14. Jahrhundert das Landschaftsbild geprägt haben. Mit etwa 20.000 Windmühlen galt Polen als ein Zentrum der Mühlenwirtschaft.

Durch eine funktionstüchtige, restaurierte Bockwindmühle – eins der schönsten Ausstellungsstücke – im Freilichtmuseums für Volksbaukunst in Wollstein, ist es heute noch möglich sich ein Bild zu machen. Diese Mühle aus alter Zeit, in Teilen stammt sie aus dem Jahr 1603 – welches ja nunmehr vor über 400 Jahren war , so eine alte, originale in einem Balken eingeschnitzte Jahreszahl, ist sie die älteste noch erhaltene Windmühle in Polen.

Im Jahr 1787 hatte die „Ordnung“ des Müllerhandwerks  in Neu Tomischl seinen Anfang genommen, das Stammbuch der Meister ist im Original erhalten (es befindet sich in der Stadt- und Kreisbiliothek in Nowy Tomyśl/Neutomischel), hier die Wiedergabe des Einleitungstextes im originalen Wortlaut, bei der Ernennung der Meister wurde auf die sich wiederholende Ernennungsformel verzichtet und nur noch der Name des in die Innung der Meister Aufgenommenen aufgeführt:

Im Nahmen des Dreijeinigen Gottes * Demnach es durch die alweise Vorsehung deß Allerhöchsten Gottes, * Ihro Excellentz dem Hochwohlgebohrenen Herren Herrn und Grafen * Felix von Szoldrski, Erbherr von Czempin, Tomischel et et et * nehmlich unserm allergnädigsten Erbherrn, also gefallen, sei­nen lieben und getreuen Einwohnern in Tomischler Güttern, laut könig- * licher Constitution eine evangelische Kirche bauen zu lassen, welche * Kirche auch mit Gottes Hülfe Glücklich zu Stande kommen. * Allein beij diesem Kirchen Bau ist es also geblieben, sondern Ihro * Hochgräfliche Excellentzen haben auch beij derselben Kirche eine * neue Stad anlegen und bauen lassen und solche Neu Tomischel, * genennet. Also haben Ihro Excellentz sich auch gewünscht, daß alle * und jede Handwercker welche sich daselbst befinden, so wohl in der * Stad als in den gantzen Güttern, Ihre Löbli­che Zünfte und Innungen * haben möchten. Diesem nun zu folge haben die löblichen Mühl Meister * untter allen zu erst ein Ehrbahres Gewerck aufgerichtet, und * haben nach erhaltenem Consens die Puncta und Artikel auß dem * löblichen Gewerck der königlichen Stad Bomst außgelöset, auch * durch die Eltesten und Beisitzer deß Bomster Müller Gewercks sich * recht und ordentlich einführen lassen nach aller Orten Handwercks * gebrauch. Also wird demnach unsern Nachkommen zum ewigen * andencken dieses Stam Buch der Meister eingeführet, in welches * alle und jede welche alhier Meister werden, eingeschrieben werden * sollen nach Ordnung und Gebrauch. ferner wollen wir auch unsern * Nachkommen zum andencken hintter lassen wer die ersten Stiffter dieses Gewerck gewe­sen sind, welches Gott gebe seine Segen, in aller * gutter Ordnung bleiben und bestehen möge biß an der Welt Ende.


[1.598]

Einleitungsseite des Stamm-Buch der Meister aus dem Jahr 1787

[1.599]

1851 - Ausschnitt zu den Aufzeichnungen

[1.600]

1788 - Ausschnitt zu den Aufzeichnungen


Des

Löblichen Gewercks der Müller in Neu Tomijschel

Stamm-Buch der

Meister

In welches alle und jede die in diesem löblichen

Gewercke daß Meister recht erhalten haben, ein

Geschrieben werden sollen; deren Nachkommen zum

Anddencken, und dem Gewerck und gutter Ordnung

Zu Nutz gestifftet beij einführung deß Gewercks

Im Jahr 1787

Anno 1787. den 10 Julij, ist daß Löbliche Gewerck der

Mühl Meister in Neu Tomischel, von denen Löblichen Meistern

des Bomster Ehrbahren Mittels ächt und recht nach löblichen Gebrauch

eingeführet und bestetiget worden. Die Löblichen Meister von Bomst

welche dieses Gewerck ein geführet ha­ben sind gewesen

Die Stiffter aber des löblichen Gewercks alhier in Neu Tomischel

sind gewesen

Dieses sind also die eigentlichen Stiffter deß löblichen Gewercks. weil dieselben alle auch schon in andern Gewercken Meister gewesen sind, dabeij ist auch zu mercken, daß HE: Johann Heinrich Jose, als regierender Bürger Meister ebenfals ein grosser beförderer dieses löblichen Gewercks gewesen ist.

– – – – – – – – –

l. N. D.

Anno 1787. den 11. Julij, ist  Johann George Kruschel, von denen Herren Elsten und Beijsitzern, vor offener Lade zu einem Meister auf und angenommen worden, und verspricht als ein treues Mitglied  beij dem löblichen Gewerck  Treu und Ehrlich zu halten, wozu wir Ihm Glück und Seegen wünschen.

[1.601]

Bei dem Typ der Bockwindmuehle steht der gesamte Muehlenkasten auf einem einzelnen dicken Pfahl, dem sogenannten "Hausbaum". Dieser Pfahl wiederum ruht in einem Stuetzgestell, dem "Bock". Die gesamte Muehle kann auf dem Bock mit Hilfe des Aussenbalkens in den Wind gedreht werden - Aufn. 05/2010 PM

soll lautete der volle Text der Aufnahme eines neuen Meisters, die weiteren Müller, die aufgenommen wurden waren :

Welche oben benannte Bedingungen er hier durch eigenhändige Unterschrift zu erfüllen verspricht

Die spät entstandene eigenständige katholische Gemeinde zu Neutomischel / Nowy Tomysl

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski / Gudrun Tabbert)
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[1.606]

Katholische Kirche Neutomischel - rechts das Pfarrhaus - Aufn. 2010/09 PM

In den alten Kirchenbüchern von Wytomischel ist zu ersehen, dass die ersten protestantischen Siedler im Einzugsgebiet des heutigen Nowy Tomysl ihre Eintragungen für Geburten und Eheschließungen in der katholischen Kirche in Wytomischel haben vornehmen müssen. Diese Weisung bewahrte die katholische Staatskirche vor finanziellen Ausfällen, denn die evangelischen Siedler zahlten somit obwohl der katholische Geistliche „nur“ die Eintragung in den katholischen Kirchenbüchern der betreffenden Gemeinden vornahmen und keinerlei geistliche Handlung vollzogen, ebenso wie die katholischen Einwohner die den so genannten „Zehnten“ zu zahlen hatten, Abgaben an die Pfarreien.

Der Kirche von Wytomischel unterstand somit verwaltungsmäßig eine recht große protestantische Gemeinde während die eigentliche Gemeinde der katholischen Be- und Einwohner relativ klein war.   Die katholische Gemeinde Neutomischel blieb, wohl auch zur Stützung der Gemeinde Wytomischel, bis 1896 zugehörig, ehe Anstrengungen erfolgen sich zu verselbstständigen.

Dieser Artikel basiert zum Teil auf Informationen aus dem Buch von  Zdzisław Kościanski  „20. Jubiläum des Entstehens der Parochie Heiligste Herz Jezus in Nowy Tomysl“

* * *

Es war jedoch der Pfarrer Mykier aus Wytomischel, der ab dem Jahr 1870 große Anstrengungen unternahm auch in Neu Tomischel, die Einwohnerzahl und auch Bedeutung der Stadt nahm

[1.607]

Katholische Kirche Witomysl - Aufnahme 2005/03 GT

ja ständig zu, zumindest eine katholische Kapelle errichten zu dürfen. Mit Unterstützung des Notars Wojciech Bartecki, der für die Verwirklichung der Errichtung in Berlin sogar ein Gerichtsverfahren erledigte, gelang es eine Erlaubnis zu erlangen.

Das Grundstück für den Bau der Kapelle wurde gemäß Spendenurkunde vom 06. Juni 1891 von dem Walenty i Walentyna Kupczyk unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

Die Kapelle wurde letztlich im Jahr 1895 errichtet; sie hatte keinen Turm und diente auch als Leichenhalle.

Am 03. März 1896 wurde die Kapelle wurde durch den damaligen Bischof in den alleinigen Dienst Gottes gestellt und geweiht, der Name lautete nun vollständig: „Muttergottes Unaufhörlicher Hilfe-Kirche“

Die Gründung der zur selbstständigen Parochie Nowy Tomysl erfolgte an am 01. April 1924. Als erstem Pfarrer wurden Stanislaw Kuliszak die Belange der neuen Gemeinde übertragen.

[1.608]

Kirchturm der kath. Kirche - Aufn. 2010/09 GT

Bemerkenswert ist hierzu noch, dass bei einem Besuch des Bischofs Stanisław Łukomski am 31. August 1924 der abgehaltene Ehren-Gottesdienst in deutscher Sprache abgehalten wurde.

Der Ausbau der kleinen katholischen Kapelle zu dem heutigen katholischen Kirchengebäude erfolgte im Jahr 1925 nach eine Entwurf des Michał Preisler, einem seinerzeit bekannten Architekten und Baumeisters jener Zeit. Vornehmlich wurde der vordere Teil des Gebäudes erweitert und das Dach mit Schiefer eingedeckt.

1927 am 08. Februar besuchte der Primas August Hlond die katholische Kirchengemeinde von Nowy Tomysl.

Als Nachfolger des Pfarrers Kuliszak trat per 01. Juni 1932 Pfarrer Stanisław Ćwiejkowski sein Amt an. Er galt als Begründer verschiedener Vereine der Stadt.

Im Jahr 1937 gehörten zur katholischen Parochie Nowy Tomysl 1.933 Gemeindemitglieder. Von ihnen waren 1.882 polnischer und 51 deutscher Angehörigkeit. Zu dieser Zeit existierten folgende Vereine:

Als besondere Ehre für die Gemeinde galt der Besuch des Erzbischofs Walenty Dymek vom 10./11. Juni 1937.

Der katholische Stadtrat beschloss am 27. Dezember 1938, dass dem Gedenken des Herzen Jesu ein Denkmal errichtet werden sollte.

Doch dieses konnte durch den Kriegsausbruch nicht mehr realisiert werden. Es kam für die katholische Gemeinde sogar noch viel schlimmer: die Kirche wurde geschlossen und diente bis 1941 als Speicher. Der Pfarrer wurde ins

[1.609]

Blick in das Innere der heutigen kath. "Herz Jesu Kirche", der ehemaligen evgl. Kirche zu Neutomische - Aufn. 2010/09 PM

Konzentrationslager Dachau interniert und dort 1942 ermordet.

Mit Kriegsende übernahm für die wiedererstandene Gemeinde dann Pfarrer Kazimierz Skaziński bis zum Jahr 1946 die Amtstätigkeiten wahr. Unter ihm wurde vermutlich die evangelische Kirche zum zweiten katholischen Gotteshaus der Stadt umgeweiht; die dann bis heute den Namen „Herrn Jesu Heiligstes Herz-Kirche“ trägt.

Pfarrer Skaziński folgte ab 1946 bis zum 29. Mai 1981 Pfarrer Michał Kosicki. Seine Amtsnachfolge trat dann 1981 Pfarrer Władysław Kasprzak an, er nimmt dieses Amt bis heute wahr.

Uns alle verbindet Vergangenheit, Gegenwart und der Glaube an einen gemeinsamen Gott.

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski)
am in Alt Tomysl,Friedhöfe,Grubske,Klein Lipke,Koseloske,Kozielaske | Kommentare sind deaktiviert

[1.610]Am Donnerstag, den 30 September 2010 um 16:00 fand auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Stary Tomyśl/Alttomischel, der zwischen Stary Tomyśl/Alttomischel und Róża/Rose gelegen ist, die symbolische Einweihungsfeier des errichteten Gedächtniskreuzes statt.

Diese Einweihung galt stellvertretend auch für die aufgestellten Kreuze in Lipka Mała/ Klein Lipke, Kozie Laski/Kozielaskie und Grubsko/Grubske Mit den Aufstellungen und der feierlichen Zeremonie gedenken wir der Geschichte unserer Region.

Die Fotos wurden von der Entwicklungs- und Promotionabteilung der Stadt Nowy Tomysl zur Verfügung gestellt.; die Übersetzung erledigte Przemek Mierzejewski und die Überarbeitung Gudrun Tabbert.

Bereits im letzten Jahr als wir mit dieser Erinnerungsaktion starteten, wurde die Errichtung von Gedächtniskreuzen auf den ehemaligen evangelischen Friedhöfen auf den Arealen von Paproć/Paprotsch, Sękowo/Friedenwalde, Przyłęk/Scherlanke und Glinno/Glinau verwirklicht und mit einer feierlichen Einweihung und zum Abschluss gebracht. (siehe hierzu den Bericht in der Lokalzeitung „Unser Tag nach dem Tag” No. 40/442/ 2009 vom 29. September 2009 [Bericht über die vorjährige Aktion [1.316]]


[1.611]

Ewelina Szofer-Pajchrowska Managerin der Entwicklungs- und Promotionabteilung der Stadt Nowy Tomysl eröffnete mit ihrer Rede die Einweihungsfeier

[1.612]

Pfarrer Tadeusz Raszyk von der augsburgisch-evangelischen Gemeinde zu Posen, Pfarrer Jerzy Juja von der Pfarrgemeinde „Der heiligsten Herzen des Jesu“ zu Nowy Tomyśl, Pfarrer Władysław Kasprzak von der Pfarrgemeinde „Allerseligsten Jungfrau Maria von der Immerwährenden Hilfe“ zu Nowy Tomyśl, Probst Paweł Szułcik von der Pfarrgemeinde „Heiliger Andreas Bobola“ zu Sątop

Dank der seitens des Stadtamtes Nowy Tomy´sl auch in diesem Jahr wieder zur Verfügung gestellten Mittel konnten die ehemaligen Friedhöfe in Lipka Mała/ Klein Lipke, Kozie Laski/Kozielaskie, Stary Tomyśl/Alttomischel und Grubsko/Grubske als Flächen des Gedächtnisses instand gesetzt werden. Insgesamt wurden jetzt somit 8 Kreuze des Gedenkens errichtet.

Die Fotos der Feier wurden von der Entwicklungs- und Promotionsabteilung des Stadtamts der Stadt Nowy Tomyśl aufgenommen.

An dem ökumenischen Gebet haben teilgenommen:

  • Pfarrer Tadeusz Raszyk von der augsburgisch-evangelischen Gemeinde zu Posen
  • Pfarrer Jerzy Juja von der Pfarrgemeinde „Der heiligsten Herzen des Jesu“ zu Nowy Tomyśl
  • Pfarrer Władysław Kasprzak von der Pfarrgemeinde „Allerseligsten Jungfrau Maria von der Immerwährenden Hilfe“ zu Nowy Tomyśl
  • Probst Paweł Szułcik von der Pfarrgemeinde „Heiliger Andreas Bobola“ zu Sątop
  • der Bürgermeister der Stadt Nowy Tomyśl Herr Henryk Helwing
  • als Stellvertretender Bürgermeister Herr Wojciech Ruta
  • der Vorsitzende des Stadtrats Herr Piotr Szymkowiak
  • Herr Zygmunt Duda aus Opalenica, er gab den Anstoß zum Gedenken der ehemaligen evangelischen Friedhöfe im Kreis von Nowy Tomyśl
  • und weitere Ratsherrn, Dorfvorsteher und zahlreiche Bewohner der umliegenden Ortschaften und Gemeinden

Die Worte zur Einleitung wurden von Frau Ewelina Szofer-Pajchrowska, Managerin der Entwicklungs- und Promotionabteilung der Stadt Nowy Tomysl gesprochen. Durch und über Frau Szofer-Pajchrowska wurde die Organisation von der Planung der Anfertigung, der Aufstellung und schließlich der Einweihung der Kreuze geleitet.

Sie betonte, dass mit dem heutigen Gottesdienst die Fortsetzung des im letzten Jahr begonnenen Projektes des Gedenkens der ehemaligen Bewohner unserer Region auch wieder seinen erfolgreichen Abschluss gefunden habe.

Durch die Handlung des Aufräumens, des Gedenkens und der Aufstellung der Kreuze auf den alten lange in Vergessenheit geratenen Friedhöfen der Gegend bringen wir den Menschen, die vor uns dahingegangen sind unsere Achtung entgegen – gleichzeitig stärken wir durch diese Anerkennung unsere eigene Identität für die heutige und die noch kommenden Generationen.

Sie unterstrich den Wunsch der Hoffnung, dass diese Kreuze das Verbindungssymbol der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft – die Brücke für Alle sein können, ohne Unterscheidung in den Gesinnungen, dem Glauben und den Nationalitäten.

Hatte es die Tage zuvor noch geregnet, schien während der gesamten Zeremonie die Sonne, als ob selbst das Wetter diesen Wunsch, diese Hoffnung noch unterstreichen wollte.

[1.613]

Pfarrer Tadeusz Raszyk i Pfarrer Władysław Kasprzak

Durch Pfarrer Tadeusz Raszyk folgte im Anschluss ein Gebet für die Festigung des Gedächtnis der Verstorbenen und durch ihn wurde aus der Bibel aus dem Buch Hesekiel Vers 37:1-14 [http://www.bibel-online.net/buch/26.hesekiel [1.614]/37.html [1.614]] vorgetragen, nach dem er die Worte Jesu aus dem Evangelium des heiligen Johannis 11:25-26 zitierte [http://www.bibel-online.net/buch/43.johannes/11.html#11,25 [1.615]]

„Ich bin die Auferstehung und das Leben.
Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe;
und wer da lebet und glaubet an mich,
der wird nimmermehr sterben“

Gemeinsam wurde dann ein „Paternoster“ gebetet, das durch Pfarrer Tadeusz Raszyk beendet wurde mit den Worten:

„Erinnert uns dieses Kreuzes, das mit dem Gotteswort und Gebet eingeweiht wurde,
für immer, dass wir treu bleiben diesen sollen, der sagt:
„Sei getrost bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben”

[Offenbarung 2:10 http://www.bibel-online.net/buch/66.offenbarung/2.html#2,10 [1.616] ]

Es folgte die Rede des Herrn Przemek Mierzejewski; einem engagierten Unterstützer des Gedenkens der ehemaligen evangelischen Friedhöfe und zugleich Geschichts- und Heimatforschers unserer Region. Er erinnerte an die Ursprünge der Hauländerkolonisation mit folgender Rede:

Die Kolonisation nach dem holländischen Recht begann in Königlichen Preußen in Hälfte 16. Jahrhundert. Eine erste Siedlung entstand mit Pasłęk / Preußisch Holland im Jahr 1527auf polnischem Gebiet. Mit dem Lauf der Zeit rückte die Kolonisation an der Weichsel entlang, um durch Toruń/Thorn, Bydgoszcz/Bromberg im Jahr 1624 Warszawa/Warschau zu erreichen. Anfänglich waren diese Kolonisten tatsächlich Holländer protestantischen Glaubens; aber mit dem Lauf der Zeit wurden die zunehmenden Besiedelungen alle unter dem Begriff „holländische Besiedelung “ geführt. Dabei hatte jegliche ethnische Bedeutung bzw. Unterscheidung längst ihre Gültigkeit verloren, d.h. die Ansiedler waren sowohl Polen als auch bzw. und auch Deutsche. Als erste holländische Siedlung in Großpolen nimmt man heute das im Jahr1597 gegründete Ługi Ujskie/Usch Hauland (Gemeinde Ujście, Kreis Piła/Schneidemühle) an.

In unserer Gegend gilt als erstes Hauland Sękowo/Friedenwalde welches vermutlich im Jahr 1692, durch den damaligen Besitzer Bogusław Unrug aus Międzyrzecz /Meseritz, der aus der protestantischen Familie stammte, gegründet worden war.

Der Glaube der Ansiedler spielte seinerzeit keine Rolle. Wenn man den Überlieferungen Glauben schenkt, war seitens des Adels der Profit, der ihm durch die Ansiedlung entstehen würde ausschlaggebend. Die Gebiete, die sich in seinem Besitz des Adels befanden waren lagen brach; bzw. befanden sich auf diesen großflächige „Urwaldgebiete“. Auf dem Arbeitsmarkt – so wie wir heute sagen – gab es allerdings auch „keine Hände“ für die Arbeit einer langwirtschaftlichen Nutzung. Die einzigen, freien und in Frage kommenden Menschen waren die Bauern aus dem Ausland. Sie kamen vermutlich aus der nahe gelegenen Neumark, also aus den Gebieten der heutigen Lubuskie Woiwodschaft. Die Privilegien für die Dörfern, die heute um Nowy Tomyśl/Neutomischel liegen, stammen aus den Jahren 1700, 1701 und 1704 und wurden von Ludwik Szołdrski, dem Ehemann der Bogumiła Unrug, die 1694 von ihrem Onkel Bogusław diese Gebiet kaufte. 1698 heiratete sie dann Ludwik Szołdrski und brachte diese Gebiete in die Ehe mit ein. Dann, nach und nach wurden andere Hauländereien gegründet wie z. B. 1772 Kozie Laski/Kozielakie und 1783 Lipka Mała/Klein Lipke. Aber nicht nur die Familie Szołdrski wirtschaftete auf ihren Ländereien auf diese Art und Weise – das Privileg für Grubsko/Grubske aus dem Jahr 1712 wurde z. B. von Stefan Garczyński unterschrieben.

 

Es wird geschätzt, dass in der ganzen ersten Republik Polen an die 1.700 „holländische“ Siedlungen entstanden, davon ca. 800 in Großpolen und in der heutigen Nowotomyski/Neutomischler Gemeinde 17. Zu jeder Siedlung war in den Privilegien ein Grundstück mit der Nutzung als Friedhof zugehörig und vereinbart; dabei war schriftlich gewährleistet, dass kein Zins durch die „Hauländer“ zu zahlen sei.

[1.617]

Zygmunt Duda erzählte von seinen Erfahrungen mit der Aufräumung der Friedhöfe in der Gemeinde Opalenica/ Opalenitza

Er betonte, dass die vorjährige Aktion in der Zeitung „Posener Stimmen“ – Gemeinschaft Evangelischer Posener (Hilfskomitee E.V.) Ausgabe 6/2010 in dem von Herrn Arno Kraft verfassten Artikel veröffentlicht wurde. http://oledry.pl/de/kreuze-auf-den-evangelischen-gemeindefriedhofen/ [1.618]

Abschließend sprach er die Hoffnung aus, dass im kommenden Jahr eine Zusammenkunft in einem ähnlichen Kreis stattfinden werde – dieses anlässlich der Einweihung der Aufstellung weiterer Kreuze auf weiteren ehemaligen Friedhöfen, die dann als Plätze der Ruhe und des Gedenkens hergerichtet werden konnten.

Im Anschluss erzählte Herr Zygmunt Duda von seinen Erfahrungen mit der Aufräumung von Friedhöfen in der Opalenica/ Opalenitza Gemeinde.

Wir sind heute hier festlich zusammengekommen, weil heute ein einzigartiger Tag ist!

 

Bitte bedenkt, wir stehen auf dieser Anhöhe wie vor etwa 250 Jahren hier die ersten Hauländer dieser Gegend standen. Während die katholischen Friedhöfe direkt an den Pfarrkirchen lagen, haben diese Siedler auf den ihnen umsonst von ihrem Grundherrn zur Verfügung gestellten Arealen die „Gottesäcker“ für die letzte Ruhe Ihre Lieben angelegt;

ihre Gottesdienste wiederum fanden zu jener Zeit noch in Bethäusern oder in den ersten schon errichteten Schulhäusern statt, welche wiederum ebenfalls auf ihnen umsonst zur Verfügung gestelltem Grund errichtet waren.

 

Vor 12 Jahren versuchte ich das Gelände des ehemaligen Friedhofes von Kopanki/Kopanke aufzuräumen. Wir hatten dort Grabplatten und Umrahmungen verschiedenster Ausführung in unseren Händen. Die Erinnerungstafeln waren wie neu, konserviert unter der Erde. Wir entzifferten auf der einen Seite die Vor- und Familiennamen mit den Lebensdaten, auf der anderen Seite befanden sich Anrufungen und Gebete an Gott, eingemeißelte Texte aus der Heiligen Schrift, Psalmen, Wünsche zur letzten Ruhe. Kein Stein war wie der andere, keine Gedenkplatte wie die andere.

 

Und was machten die Menschen mit diesen Erinnerungen? Sie traten das Gedächtnis mit Füssen, sie zerstörten die Grabmäler, schändeten die Gräber. Grabmäler aus Sandstein, kunstvolle Grabumrahmungen aus Eisen, wir alle haben sie in Erinnerung, sind heute genauso wie Statuen, die seinerzeit die Gräber zierten, zur „Verschönerung“ in Hausgärten zu finden.

 

Vor 10 Jahren kam zur Einweihungsfeier des Gedächtniskreuzes auf dem ehemaligen Friedhofgeländes in Kopanki/Kopanke ein Sohn um seines Vaters, der auf dem dortigen Friedhof beerdigt worden war zu gedenken. Er fand keinen einzigen Hinweis auf die ehemalige Grabstelle, alles war ausgelöscht.

 

Wenn aber irgendwann die Enkel, die Großenkel oder die Urgroßenkel kommen werden, aus Deutschland, dann werden auch sie kein Grab ihrer Vorfahren finden, finden werden sie aber die Gedächtniskreuze als Zeichen der Erinnerung auf den ehemaligen Arealen der Friedhöfe.

 

Vor einiger Zeit führten wir mit Pfarrer Tadeusz Raszyk im Radio darüber was Katholiken und Protestanten verbindet. Als Fazit kam es über die Wellen des Äthers:

 

Uns alle verbindet Vergangenheit, Gegenwart und der Glaube an einen gemeinsamen Gott.

 

[1.619]

Das Blumengesteck am Sockel des Kreuzes legten Herr Piotr Szymkowiak (Vorsitzender des Stadtrats), Herr Henryk Helwing (Bürgermeister) und Herr Wojciech Ruta (stellvertretender Bürgermeister) nieder

[1.620]

Bürgermeister Henryk Helwing hielt die Schlussrede

Nach dieser Rede wurde durch die Herrn Piotr Szymkowiak (Vorsitzender des Stadtrats), Henryk Helwing (Bürgermeister) und Wojciech Ruta (stellvertretender Bürgermeister) ein Blumengesteck am Sockel des Kreuzes niedergelegt.

Zum Abschluss der Einweihung lud der Dorfvorsteher von Stary Tomysl/Alt Tomischel Herr Adam Krym die Teilnehmer zu einer „kleinen Stärkung“ in den Versammlungssaal des Dorfes ein.

Dort wurde zur Beendigung des Einweihungsfestes die eine letzte Rede durch den amtierenden Bürgermeister der Stadt Nowy Tomysl Herrn Henryk Helwing gehalten:

Wir sind heute Zeugen des im letzten Jahr gestarteten Zyklus der Wiedererinnerung längst vergessener Plätze gewesen.Nach vielen Jahren rufen wir uns die Friedhöfe, die den ehemaligen Bewohnern dieser Gegend heilig waren in Erinnerung und wir verbinden uns in Gedanken am heutigen Tag mit denjenigen, die die Vergangenheit dieser Gegend prägten und ihr das Aussehen der Landschaft gaben, die wir heute kennen. Ich danke Herrn Przemek Mierzejwski für die von ihm ins Leben gerufene Initiative und allen denen die dieses Projekt tatkräftig unterstützten. Ich danke auch Frau Ewelina Szofer-Pajchrowskiej, die im Namen des Stadtamtes und in meinem Namen als Bürgermeister der Stadt Nowy Tomysl die Organisation dieser Unternehmung leitete.

 

Es wird noch viele weitere Bemühungen kosten um jetzt gebauten Brücken zwischen den Menschen, ihren Glaubensrichtungen und der Integration dauerhaft zu festigen, aber die ersten Schritte sind getan.Der Kreis der Menschen „des guten Willens“ wird sich immer weiter wachsen, wenn wir alle daran mitarbeiten.

 

Zum Schluss dankte er auch Herrn Adam Krym, der diese nette Ende der Feier organisiert hatte und Herrn Zygmunt Duda für sein Kommen und seine Teilnahme. Er betonte, dass seine und die Rede von Herrn Przemek Mierzejewski mit ihren geschichtlichen Zusammenfassungen zeigt, dass wir in einer Gegend leben und an ihr teilhaben, die eine so große Vergangenheit hat, dass wir an der Weltgeschichte mitschreiben können.

Eine Mordnacht in einem Abbau bei Sontop – 1858 – Teil 3

geschrieben von Gudrun Tabbert
(aus der Sammlung des Dr. Vollert, Großherzogl. sächs. fürstl. schwarzb. Kreisgerichtsrath)
am in Sontop | Kommentare sind deaktiviert

Was bisher geschah: Die Witwe Lüdtke aus einem Abbau bei Sontop zeigt beim Schulzen Hoffmann aus Sontop an, dass ihr Sohn Robert seinen Onkel – den Gottlieb Lüdtke – und seinen Bruder – den Eduard Lüdke – in der Nähe des Wohnhauses in einem fast ausgetrockneten Wasserloch aufgefunden habe. Beide wiesen eine durchschnittene Kehle auf – einwandfrei eine Mordtat (Ende Teil 1). Die Untersuchungen werden aufgenommen, es handelt sich. Die Witwe Lüdke und ihre Tochter Ernestine werden verhaftet (Ende Teil 2).

* * *

Wilhelm Girndt war 30 Jahre alt und der Sohn eines Bauern aus Neu Boruy, einer sogenannten Hauländerei (deutsche Kolonie), zwei Meilen von Sontop. Sein Vater hatte wegen Diebstahls oftmals Strafe erlitten, die Wirtschaft musste noch bei seinen Lebzeiten Schulden halber gerichtlich verkauft werden. Wilhelm Girndt und seine Geschwister waren fast ohne Erziehung aufgewachsen; insbesondere hatte ersterer die Schule und den Religionsunterricht sehr unregelmäßig besucht und schon im 17. Lebensjahre mit drei gewaltsamen Diebstählen die Bahn des Verbrechens betreten. Im Jahre 1847 aus dem Zuchthause entlassen, verübte er 1848 abermals einen Diebstahl mittels Einbruchs; nach verbüßter zweijähriger Zuchthausstrafe diente er kurze Zeit als Knecht, schloss sich dann wieder einer Diebesbande an und wurde schon 1852 zum fünften Mal wegen Diebstahls zu Zuchthausstrafe verurteilt. Dasselbe Schicksal ereilte ihn im Jahre 1855 von neuem. Im Juli 1857 entlassen, wurde er wiederholt wegen Landstreichens verurteilt und bis zum Februar 1858 in einer Korrektionsanstalt untergebracht. Kaum auf freien Fuß gesetzt, ward er wegen Verletzung der ihm durch die Stellung unter Polizeiaufsicht aufgelegten Beschränkungen durch das Kreisgericht zu Wollstein mit vierwöchentlichem Gefängnis steckbrieflich verfolgt.

Ganz ähnlich ist die Lebensgeschichte des Raschke. Er war 26 Jahre alt und zuerst 1851 wegen einfachen, dann noch in demselben Jahre wegen schwereren Diebstahls, 1854 wegen Unterschlagung und wegen zweier einfacher Diebstähle, 1857 wegen Landstreichens verurteilt worden. Wegen des letzteren Vergehens wurde er in einer Korrektionsanstalt untergebracht und erst am 18. Juni in seine Heimat Rackwitz entlassen.

In der achtzehnjährigen, wegen Diebstahls bereits fünfmal bestraften Ernestine Stankowska hatten Girndt und Raschke eine würdige Genossin gefunden.

* * *

Inzwischen erfolgte am 25. Juni die gerichtliche Öffnung der Leiche des Gottlieb Lüdtke. Nach dem ganzen Befunde erklärten die Gerichtsärzte für unzweifelhaft, dass der Tod durch Verblutung aus der Schnittwunde am Halse, welche die bedeutendsten Blutgefäße, die rechte Kopfschlagader, die äußere Antlitzschlagader und die rechte Drosselader vollständig durchschnitten hatte, erfolgt sei und dass der Verstorbene sich diese Verletzungen nicht mit eigener Hand zugefügt haben könne. Weiterhin sprachen sich die Sachverständigen dahin aus:

„Erwägt man, dass die Durchschneidung des Halses nur bei stark nach hinten zurückgebogenem und in dieser Lage fixiertem Kopfe und dadurch angespannten Weichteilen ausgeführt werden konnte, welche Annahme durch die hohe Lage der Wunde am Halse und die Beschaffenheit der überall scharfen, gleichmäßigen, nirgends gezackten Wundränder bestätigt wird, so ergibt sich, dass zur Vollendung der Tat mindestens zwei Personen erforderlich sein mussten. Denn es ist nicht denkbar, dass eine einzelne Person einen gesunden kräftigen Mann hätte überwältigen und in die Lage versetzen können, in welcher allein es möglich war, ihm die Schnittwunde beizubringen. Letzteres konnte nur unter Mitwirkung einer zweiten Person, welche den Kopf stark nach hinten hinübergebogen hielt, gelingen, während die erster, an der linken Seite des Ermordeten kniend, das Messer in die rechte Seite des Halses einsetzte und den Schnitt in einem einzigen kräftigen Zuge vollführte.

„Diese lediglich auf den anatomischen Befund gestützte Folgerung wird durch folgenden Umstand unterstützt: Die Ermordung des Obduzierten geschah auf dem Fußsteige, welcher von dem Lüdtke’schen Hause nach der Wiese führt, ungefähr 22 Schritt von dem Wasserloche, an der Stelle, wo der Schulze Hoffmann die große Blutlache gesehen hatte. Der Leichnam wurde aber nicht an dieser Stelle, sondern in dem Wasserloche gefunden, er musste also kurz nach der Tat dahin gebracht worden sein. Nun waren aber auf dem Wege von der Blutlache bis zum Wasserloche keine Blutspuren vorhanden. Hieraus folgt die Mitwirkung einer zweiten Person, wenigstens bei dem Transport der Leiche. Nur wenn der Leichnam von zwei Personen, und zwar zugleich am Kopf und an den Füssen, aufgehoben und fortgeschleppt worden ist, war es möglich, dass die Wunde auf dem Transport kein Blut absonderte. Denn nur wenn die Leiche auf diese Weise fortgeschafft wurde, konnten sich die weit auseinanderklaffenden Wundlefzen fest aneinanderlegen, die Schnittflächen der Blutgefäße sich aufeinanderschließen und auf diese Weise das Ausfließen des Blutes auf dem Transport verhindert werden. Der Einwurf, dass der Körper schon am Orte der Tat vollständig ausgeblutet haben könne, wir dadurch schlagend widerlegt, dass der Erdboden in dem Wasserloche selbst gerade unter der Halswunde des Verstorbenen noch stark mit Blut getränkt angetroffen wurde.“

Am folgenden Tage, 26. Juni, erfolgt die Sektion der Leiche des Eduard Lüdtke. Die äußere Besichtigung zeigte, außer der früher erwähnten Schnittwunde, eine sogenannte Strangulationsmarke, welche auf der linken Seite des Halses beginnend quer über den unteren Teil des Kehlkopfes nach rechts und etwas nach oben verlief, in der Mitte des Nackens sich verlor und eine ziemlich gleichmäßige Breite von einem halben Zoll hatte. Die Gerichtsärzte erachteten jedoch, dass Symptome der Erstickung nicht vorhanden wären, und dass mithin der Tod nicht durch Erdrosselung, sondern lediglich durch Verblutung erfolgt sein. Auch hier waren die Luftröhre, die linke äußere Kopfschlagader und die linke äußere Drosselvene vollständig durchschnitten. Der Verstorbene war von ziemlich schwächlicher Konstitution und aller Wahrscheinlichkeit nach durch den stattgehabten Versuch der Erdrosselung betäubt worden. Die Sachverständigen hielten es daher für möglich, dass dieser Mord von einer Person allein verübt worden sein könnte. Früher, als man es erwartete, fanden diese aus dem Leichenbefunde gezogenen Schlüsse ihre Bestätigung.

Noch während der Sektion wurden der Tagearbeiter Ferdinand Raschke und die ledige Ernestine Stankowska in einem nahen Walde aufgegriffen und von der Gendarmerie dem Gericht vorgeführt. Robert Lüdtke erkannte in Raschke den Mann, der in Gesellschaft des Wilhelm Girndt am Tage vor dem Morde bei seiner Mutter gewesen war, und Weber versicherte, dass die Abdrücke von den Stiefeln des Raschke mit den in der Nähe seines Ziegenstalles gefundenen Fußspuren genau übereinstimmten. Raschke aber leugnete, jemals in Sontop gewesen zu sein, er betrachtete den Leichnam an den er geführt wurde, mit einer gewissen Neugier und völlig ruhig und versicherte, er habe weder den Ermordeten noch die Witwe Lüdtke jemals gesehen. Dagegen gab er seine Bekanntschaft mit Wilhelm Girndt zu. Er hatte ihn nach seiner Angabe etwa sechs Tage vor dem Morde einmal in der Gegend von Bentschen (etwa drei Meilen von Sontop) getroffen, sich aber von ihm entfernt, weil er erfahren, dass Girndt steckbrieflich verfolgt werde. Zum zweiten Mal wollte er am 25. Juni dem Girndt und der ihm bis dahin unbekannten Ernestine Stankowska in einem etwa zwei Meilen von Sontop gelegenen Walde begegnet sein. Sie waren ein Stück zusammen gegangen, dann hatte sich Girndt von ihnen getrennt, und bald darauf waren sie verhaftet worden. Einige an seinem Hemd vorgefundene Blutflecke rührten nach seiner Versicherung daher, dass er vor etwa fünf Tagen eine Ziege im Dorf Brandorf bei Bentschen gestohlen und geschlachtet hatte.

Raschke wurde abgeführt. Ernestine Stankowska, eine jene seltenen Erscheinungen, die sich in dem wüstesten Leben, unter Trunk, Unzucht und Verbrechen eine schlanke, zierliche Gestalt, eine fast kindliche Anmut der Gesichtszüge bewahren, hatte sich während des Verhörs so fern als möglich von Raschke gehalten und ihn fortwährend mit unverkennbarer Angst angesehen. Nach seiner Abführung atmete sie wie von einer schweren Last befreit hoch auf und verfiel dann in ein krampfhaftes Weinen. Als sie sich endlich beruhigt hatte, erstattete sie folgende Aussage, die wir mit geringen Abkürzungen wörtlich wiedergeben, weil sie die Ereignisse der Mordnacht mit schauerlicher Treue schildert:

„Ich habe mich seit Pfingsten bei meiner Tante Luise Lüdtke zu Sontop-Abbau aufgehalten. Meine Tante und ihr Ausgedinger Gottlieb Lüdtke lebten in großer Feindschaft, sie haben sich fast täglich gezankt und öfter sogar geschlagen, vor einigen Wochen so heftig, dass meine Tante Beulen und blaue Flecke hatte. Auch meine Cousine Ernestine vertrug sich schlecht mit dem Alten, und noch schlechter mit ihrem Bruder Eduard. Ich habe wiederholt gehört, dass meine Tante, wenn sie mit Gottlieb Lüdtke einen Zank gehabt hatte, äußerte: „Wenn doch jemand da wäre, der ihn beiseite brächte!“ Am 22. Juni kam Wilhelm Girndt in Begleitung des Ferdinand Raschke, der damals mir und meinen Verwandten völlig unbekannt war, in unsere Stube. Girndt erkundigt sich nach dem Befinden des Gottlieb Lüdtke auf dem Felde wäre, stand er auf und wollte ihm Schnaps und Brot bringen. Meine Tante warnte jedoch, Girndt sollte sich nicht zeigen, der Alte würde ihn angeben. Darauf äußerte Raschke: „Ich werde ihn schon kriegen, er soll uns nur anzeigen!“ Sie gingen nun beide zu dem Gottlieb Lüdtke auf das Feld und waren den ganzen Tag mit ihm in guter Freundschaft zusammen.

„Am 23. Juni vormittags bemerkte ich, dass meine Tante, Girndt und Raschke öfters heimlich miteinander sprachen, hörte auch den Namen Gottlieb häufig nennen. Sie schwiegen, sobald ich mich näherte und duldeten auch nicht, dass die Kinder zuhörten. Einmal kam ich dazu, als meine Tante den Raschke umarmte und ihn Schwiegersohn nannte. Auch taten Raschke und Ernestine Lüdtke zärtlich miteinander.“

„Gegen Abend schliffen Girndt und Raschke im Beisein der Witwe Lüdtke und ihrer Tochter Ernestine das Taschenmesser des Girndt auf einem Ziegelstück.“

„Meine Tante hatte vor dem Dunkelwerden noch zwei Quart (1 Quart =1,1365225704987 Liter) Schnaps aus dem Dorfe geholt, weil sie was zum Besten geben wollte. Girndt und Raschke tranken dem alten Lüdtke stark zu und gaben auch dem Eduard so viel Schnaps, dass er mit Anbruch der Dunkelheit ganz betrunken war. Mir kam es vor, als beabsichtigten sie, den alten Lüdtke und den Eduard betrunken zu machen. Der alte Lüdtke schien das selbst zu merken, denn er erklärte, dass er nicht mehr trinken sondern ein bisschen herausgehen wollte.“

Raschke erbot sich, ihn zu führen, auch Wilhelm Girndt stand auf und sagte: „Ich gehe, kommt nach.“  Wilhelm ging den Fußpfad nach der Wiese zu voraus. Raschke hatte den Lüdtke unterm Arm gefasst, er ging mit ihm erst einige mal in der Nähe des Hauses auf und ab und dann ebenfalls den Fußpfad entlang, der Wiese und der Wasserkeute zu. Als alle drei eine Weile weg waren, legte sich Eduard, dem Ernestine auf sein Verlangen auch nachher noch Schnaps gegeben, obgleich er schon völlig betrunken war, auf den Nachtkasten in der Stube der Lüdtke schlafen. Die Männer blieben lange fort; mich hatte ihr Verhalten am Nachmittage ängstlich gemacht, ich beschloss deshalb, zu meiner Tante Girndt nach Neutomysl zu gehen. Ernestine redete mir jedoch zu, ich sollte bleiben, und ich ließ mich dazu bestimmen. Als die Männer wohl eine Stunde fort waren, verließ ich die Stube, um sie zu suchen. Ich ging den Fußsteig hinunter der Wasserkeute zu. Ehe ich an das Wasserloch gekommen war, trat ich mit dem Fuße in etwas Nasses und sah im Mondschein auf dem Wege eine große Blutlache. Erschrocken kehrte ich um, ohne dass ich von den drei Männern etwas gesehen. Als ich zurückkam, standen Raschke und Girndt etwas abgesondert voneinander auf dem Hofe. Die Frauen waren in der Stube. Ich setzte mich zu ihnen, aber kaum war ich eingetreten, da sprang meine Tante Lüdtke auf und verließ die Stube. Ich stellte mich ans Fenster und sah ihr im hellen Mondschein nach. Sie ging, ohne mit den Männern draußen ein Wort zu sprechen, hinter dem Hause herum nach dem Walde zu. Die Ernestine Lüdtke legte sich inzwischen ins Bett. Gleich darauf traten die beiden Männer in die Stube, Raschke rüttelte den schlafenden Eduard und fordert ihn auf, mit ihm zu kommen. Er richtete den Schläfer in die Höhe, fasste ihn unter die Arme und brachte ihn hinaus. Wilhelm war vorausgegangen. Raschke führte den Eduard nicht nach der Lüdtke’schen Stube, sondern auf den Hof. Ich schlich ihnen leise nach und sah, dass Wilhelm den Fußpfad nach der Wasserkeute einschlug. Eduard lag ausgestreckt mit dem Rücken auf dem Boden. Raschke kniete auf ihm und würgte ihn mit einem schmalen Riemen, den er dem Knaben um den Hals geschlungen hatte. Ich hörte, wie Eduard mit gepresster erstickter Stimme stöhnte: „Ach Wilhelm , lass doch sein! Vater, du kannst nicht rein, ich habe den Drücker.“ Ich rief nun hinaus: „Wilhelm!“ Raschke aber befahl mir in barschem Tone, in die Stube zu geben. Ich gehorchte, trat aber ans Fenster, von wo aus man den ganzen Hof überblickt, und sah, dass Raschke den Knaben aufgehoben hatte, vor sich auf den Armen trug und mit ihm auf dem Fußpfade nach der Wasserkeute zuging. Girndt war nicht mehr sichtbar; einen Schrei habe ich nicht gehört. Als Girndt und Raschke mit dem Eduard eine Weile fort waren, kehrte meine Tante wieder ins Zimmer zurück und setzte sich, ohne zu sprechen, auf ihr Bett. Nach längerer Zeit, es konnte wohl schon Mitternacht sein, kam auch Girndt und etwas später Raschke in der Richtung von der Wiese her nach dem Hause zu. Sie gingen zu meiner Tante Lüdtke an das Bett und flüsterten mit ihr. Dann zählte sie jedem von ihnen Geld in die Hand; wie viel es war, weiß ich nicht; nach dem Klange schienen es mir Viergroschenstücke zu sein. Ich legte mich nun auf den Kasten in der Lüdtke’schen Stube schlafen; als mich Ernestine des Morgens weckte, waren beide Männer wieder in der Stube. Ich bemerkte an den Händen des Raschke Blut. An Girndt habe ich keine Blutspuren wahrgenommen. Dagegen aber, als Raschke seinen Rock auszog, gesehen, dass auch sein Hemd Blutflecken hatte. Girndt und Raschke sagten zu der Lüdtke: „In der Keute liegt eine Ziege, die könnt Ihr Euch nehmen.“

Dann forderten beide Männer mich auf, sie zu begleiten und ich ging mit ihnen ungefähr um 5 Uhr weg. Als ich mich von ihnen trennen wollte, um nach Neutomysl zu gehen, ließen sie mich nicht fort, Raschke äußerte dabei: „Sie kann nicht gehen, du weißt ja, was passieren wird.“

Ehe wir das Lüdtke’sche Haus verließen, gingen die beiden Männer mit der Ernestine in das Zimmer des Gottlieb Lüdtke, dessen Tür, soviel ich mich erinnere, nicht zugeschlossen war. Girndt kam mit der Flinte des alten Lüdtke, dessen Tasche und Pulverhorn wieder heraus und nahm diese Sachen mit. Unterwegs waren die Männer sehr niedergeschlagen, doch haben sie mir keinerlei Eröffnungen gemacht. Nur einmal hörte ich, dass Raschke zu Girndt äußerte: „Ich hätte mehr von dir erwartet!“ worauf dieser entgegnete: „Wie kannst du das, es sind ja meine nächsten Verwandten!“

„Ich fragte sie beide im Laufe der Zeit, wo die beiden Lüdtkes geblieben seien, sie antworteten übereinstimmend: „Die schlafen unter den Erlen, lass sie da ruhig liegen!“

Rakwitz – Diöcese Wollstein – der Beginn der evgl. Kirche

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Verfasst von Albert Werner - überarbeitet von Johannes Steffani)
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[1.482]

Rackwitz Marktplatz mit evgl. Kirche – Foto einer alten Aufnahme im Feuerwehr-Museum der Stadt, http://www.wmp-muzeum.psp.wlkp.pl/ – 2010

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“ – Erscheinungsdatum 1898 – verfasst von Albert Werner, früherem Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .

(in Klammern wurden Anmerkungen eingefügt, die sich aus noch erhaltenen Aufzeichnungen verfilmt im Archiwum Panstowe, Poznan ergeben haben; kirchliche Aufzeichnungen der Stadt Rackwitz beginnen mit dem Jahr 1662 unter Prediger Christoph Eccard – Stand 2010 GT)

* * *

Die Stiftung der Pfarre in Rakwitz, früher auch Polnisch Freystadt benannt, fällt mit der Gründung dieses Städtchens zusammen, welche kraft eines Freiheitsbriefes des Königs Johann Casimir auf dem Reichstage zu Warschau vom 24. Februar 1662 zur Erbauung einer Stadt für deutsche Einwohner durch das Privileg vom 17. Mai 1762 seitens des Kastellan von Posen Christoph Grzymultowski erfolgte. Gleichzeitig wurde die noch stehende Kirche erbaut. Die ersten Einwohner waren ausschließlich evangelisch-lutherische Deutsche. Sie wurden im Jahre 1708, in welchem auch eine Feuersbrunst einen großen Teil der Stadt vernichtete, von der Pest so schwer betroffen, dass von der ganzen Gemeinde nur fünf Familien übrig geblieben sein sollen. Die Gemeinde ergänzte sich durch Ankömmlinge aus Schlesien und Sachsen. Vor Bedrückung blieb sie verschont, nur musste sie ihr Dasein mehrmals durch bedeutende Geldsummen erkaufen. So zahlte sie für die Erneuerung ihres Privilegiums am 27. Mai 1729 an den Erbherrn Georg Felician von Sapieha 1.200 Mark, für Bestätigung des Pfarrers Vechner 100 Dukaten und für die des Pfarrers Krumbholtz 125 Dukaten an die Gutsherrschaft. Für Genehmigung des Umbaues der baufällig gewordenen Kirche mussten 1763 an das Posener katholische Konsistorium 200 Dukaten, an zwei zur Besichtigung des Umbaues gesandte bischöfliche Kommissarien 24 Dukaten und an die Erbfrau 100 Dukaten gezahlt werden. Bei diesem Umbau haben, wie es ausdrücklich in den Kirchenakten heißt: „Die katholischen Mitbürger fleißig und unentgeltlich geholfen“. Die Kirche wurde 1781 mit einem Turme versehen. Unter Zuzahlung von 1470 poln. Gulden wurde 1779 das alte Pfarrhaus gegen ein der Kirche näher belegenes Haus eingetauscht. 1877 wurde für 21.000 Mark ein neues Pfarrhaus erbaut.

Das Kirchspiel umfasste ursprünglich auch die Ortschaften der später entstandenen Parochien Hammer Boruy (s.d. 1777), Neutomischel (s.d. 1778), Grätz (s.d. 1776), Rostarschewo (s.d. 1785) und Jablone (s.d. 1848). Das Synodalschreiben d.d. Lissa, den 1. Dezember 1778 setzte den späteren Bestand fest. Jetzt besteht es aus der Stadt und dem Dorf Rakwitz, der Stadt Wielichowo und 26 Ortschaften, u.a. Rattay, Gloden, Podgradowitz, Guzdzyn, Guzdyn, Prochy mit zusammen 3.569 Seelen. In Wielichowo und Rattay finden Aussengottesdienste statt.

Die Pfarrer waren (Thomas „Altes u. Neues“ S. 81) :

  1. Christoph Eccard, aus Ramslau in Schlesien gebürtig, verwaltete das Pfarramt am 12. Feb 1662 – 10. Mai 1665 und gab es auf, weil ihm die Gemeinde seinen Lebensunterhalt zu gewähren nicht im Stande war. [1.621](es findet sich: Kirchenbuch vom Jahr 1662 bis 1714 – angefangen von Christoph Eccard – ersten hiesigen Predigers, der aber wegen hochst widrigem Schicksals und wegen Mangel des nothdürftigen Lebensunterhaltes sein Amt verlaßen mußte. – ob diese Eintragung von Christoph Eccard selbst vorgenommen und später (1714 wäre Pfarrer Kirstein im Amt gewesen) nur ergänzt wurde, ist nicht vermerkt und erscheint nach den Handschriften eher unwahrscheinlich. Unbestätigt aber wahrscheinlicher ist ihm der zum Teil unleserliche ca. aus dem Jahr 1665 stammende Eintrag: Taufbuch – darinnen aufgezeichnet … die Kinder Christlicher Leute in der Kirchen … Freystadt in … Polen getaufet worden! Von dem Jahr Christi MDCLXII den 12. Feb. biß zum MDCLXV den 10 Maij meines geführten Predigeramtes haben die & Taufe ? empfangen. Was das widrige Schicksal gewesen sein mag, war nicht zu ermitteln)
  2. Gideon Bretag, vorher Kantor hierselbst, 1665-69 (1765 ist Frau Elisabeth Bretagin – Pfarrfrau als Taufpatin am 08 Juli genannt)
  3. Tobias Büttner, aus Hirschberg, trat sein Amt 1669 an und ging 1672 nach Wollstein (s.d.)
  4. Gottfried Unger, 1672 berufen, ging 1684 nach Wollstein (s.d.)
  5. Samuel Reich, aus Freistadt in Schlesien, war Rektor in Schlichtingsheim, 1684 hierher berufen, starb 1696
  6. Daniel John, aus Rawitsch gebürtig, wurde Rektor daselbst, 1696 als Pfarrer hierher berufen, wurde 1703 durch Unvorsichtigkeit eines Schützenbürgers Namens Schwarz erschossen
  7. Christian Peuker, aus Fraustadt, 1703 hierher berufen, starb am 15. November 1709, 28 Jahre als, an der Pest.
  8. Christian Gottlob Kirstein, aus Dietrichsbach in der Oberlausitz, trat 1710 sein Amt an, starb 1735.
  9. Samuel Steigemann, kam 1735 aus Weißensee (s.d.) hierher und ging 1742 nach Waschke (s.d.)
  10. Johann Georg Vechner, aus Lüben in Schlesien gebürtig, Kantor in Brätz, 1742 hier berufen, starb 1752.
  11. Johann Christian Krumbholtz, geb. 1720 in Weida in Voigtlande, Sohn des dortigen Archidiakonus Johann Friedrich Krumbholz, studierte zuerst Rechtswissenschaft, dann Theologie, 1743 von dem Erbherrn auf Bauchwitz, Alexander von Unruh, als Hofmeister berufen, erlernte hier die polnische Sprache, wurde 1748 Diakonus und Rektor in Karge (s.d.), erhielt 1752 den Ruf ins hiesige Pastorat. Seine am 16. Mai 1762 gehaltene Jubelpredigt zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Gemeinde erschien in Züllichau im Druck; sie enthält schätzbare Notizen zur Geschichte von Rakwitz. Er ging 1765 nach Bojanowo (s.d), wo er 1789 starb.
  12. Martin Kuciewski oder Kutschewski, aus Preußen gebürtig, 1764 Diakonus in Karge (s.d), 1766 hierher berufen, folgte 1778 einem Rufe nach Korzec, wo er 1786 starb
  13. Johann Georg Reder, 1746 nach Rakwitz geboren wurde, nachdem er 1775 zweiter Prediger in Schmiegel (s.d.) und 1777 Pfarrer in Bnin (s.d.) geworden war, 1778 hierher berufen, trat alsbald eine fast zweijährige Reise durch Deutschland und Holland an, um im Auftrage der Unität eine Kollekte einzusammeln. Inzwischen vertraten ihn die General-Substituten Ismer und Kochlovius. Er legt 1792 sein Amt freiwillig nieder und starb am 30. August 1827 bei seinem Sohne zu Senkowo bei Bythin, 81 Jahre alt.
  14. Boguslaw  Christian Nickisch, geb. 1761 zu Wollstein, Sohn des dortigen Seniors Gottfried Nikisch, wurde 1787 Pfarrer zu Weißensee (s.d), doch schon im folgenden Jahre an seines Vaters Stelle nach Wollstein (s.d.) berufen. Er gab das Pfarramt 1789 auf und wurde 1790 Referendarius und Sekretär bei der Königlichen Kriegs- und Domänenkammer in Glogau. Nach der Amtsentsagung des Pfarrers Reder bewarb er sich um die hiesige Pfarrstelle, trat mit Bewilligung des Fraustädter Konsistoriums in den geistlichen Stand zurück und wurde 1792 hierher berufen. Er starb am 22. Juli 1806.
  15. Andreas Ehregott Kliche, geb. 1772 zu Birnbaum, wurde 1793 Kantor, 1801 Rektor und Hilfsprediger in Birnbaum und 1807 Pfarrer hierselbst, erhielt 1843 zum fünfzigjähren Jubiläum den Rothen Adler-Order. Er starb am 9. November 1847.
  16. Karl Friedrich Überfeld, geb. 1816 zu Lissa, 1848 Pfarrer, starb am 15. April 1857.
  17. Carl Constantin Ewald Bürger, aus Hirtendorf in Schlesien, trat 1858 ins hiesige Pfarramt und starb am 1. April 1887, 66 Jahre alt.
  18. Friedrich Witte, 1887 Hilfsprediger in Wollstein, wurde 1888 Pfarrer

Das Haus Ochla – meine Erinnerungen – Gertrud Henkel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gertrud Henkel)
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„Haus Ochla“ – 1926 - Vorderansicht Neustädter Straße No. 222, Neutomischel

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Die Vorderansicht des Hauses heute - Aufn. 2010/08 PM

Frau Gertrud Henkel gehörte im Juni 2010 zu der Vorkriegsbesuchergruppe des Städtchen Nowy Tomysl dem früheren Neutomischel. Durch ihren Besuch erfahren wir in diesem Artikel mehr über die Familie Ochla und deren ehemaligem Anwesen. Frau Henkel hielt Ihre Erinnerungen in diesem Beitrag für die Leser fest. Vielen Dank !

Obwohl immer mehr der alten Grabsteine auf dem städtischen Parochialfriedhof verschwinden, und somit nicht nur immer mehr der Vergangenheit der Stadt, sondern auch die heute kaum noch praktizierte Kunst der Steinmetze früherer Tage, wurde das im Artikel erwähnte Grab und dessen Gedenkstein noch gefunden.

Die Schwarz-Weiss-Fotos wurden zur Verfügung gestellt aus dem Privatbesitz der Frau Gertrud Henkel, Berlin; mit Ausnahme des Bildes der Anna Konieczna, dieses wurde mit freundlicher Genehmigung ihrer noch heute in Nowy Tomysl ansässigen Enkel in den Artikel eingefügt

Die Original Aufnahmen wurden angefertigt von Herrn Gottlieb Hecke – Fotostudio Neutomischel. Die Farbfotos wurden im Jahr 2010 aufgenommen; so ist das „Gestern“ dem „Heute“ gegenübergestellt.


* * *

Gustav Ochla war am 23 Februar 1865 in Paproc geboren worden. Sein Haus in Neutomischel in der Neustädter Straße No. 222 erbaute er 1907. Aus der Ehe des Herrn Ochla mit seiner ersten Frau Emilie geb. Lewandowska entstammten 3 Söhne. Alle drei gingen um 1919 nach Berlin.

Meine Eltern bezogen nach ihrer Heirat im Mai 1924 eine Wohnung im Haus des Herrn Ochla. Bis ins Jahr 1941 waren wir dort ansässig.

Nach dem Tod von Emilie schloss der Herr Ochla eine weitere Ehe mit Anna Weimann aus Königsfelde am 26. Oktober 1926. Am 12. Februar 1928 kam dann die Tochter Johanna auf die Welt. Mit ihr bin ich bis heute befreundet.

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Die Sicht von der Windmuehlenstrasse auf das Ochla Haus, Aniela Konieczna die Ehefrau des Briefträgers Jan Konieczny im Garten, im Hintergrund Reisches Windmuehle,Foto aus dem Archiv der Familie Konieczny

Aus dem Jahr 1926 stammt das Foto „Haus Ochla“. Es zeigt die gesamte Vorderansicht. Zu erkennen ist links das Hoftor und die Eingangspforte; im Hintergrund die Windmühle Reisch, welche auf dem Nachbargrundstück stand. Ebenerdig waren die drei Fenster links vom Hauseingang der Wohnung von Frau Hedwig Quast zugehörig. In der Tür stehen auf diesem Foto Frau Henkel mit ihrem Töchterchen auf dem Arm. Die drei Fenster rechts von der Haustür gehörten zur Wohnung der Familie Ochla. Im offenen Fenster ist das Ehepaar Ochla noch zu erkennen. Im oberen Stockwerk links, zu der Wohnung gehörten die ersten drei Fenster, wohnte dann die Familie Konieczny mit ihren 2 Kindern, Herr Konieczny war Briefträger zu jener Zeit. Rechts wiederum, diesmal die vier zu erkennenden Fenster, war dann noch die Wohnung der Familie Panek. Frau Panek mit 3 Kindern schaut aus dem Küchenfenster. Herr Panek war Wachtmeister in Neutomischel. Vor dem Haus links und rechts vom Hauseingang selbst waren Blumengärten angelegt, die von den Familien Quast und Ochla liebevoll gepflegt worden waren.

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1937 - Hochzeit der Anna Quast; im Hintergrund die holzgeschnitzte Veranda des Hauses Ochla

Von der Rückfront dieses Hauses ist leider keine Aufnahme erhalten. Aber ich erinnere mich daran, dass links unten wiederum die durchgehende Wohnung der Familie Ochla lag, dann kam die holzgeschnitzte große Veranda mit dem rückwärtigen Hauseingang, ihr folgte die Wohnung der Familie Kolaszynski mit 3 Fenstern. Oben links waren dann unsere Wohnung Henkel und rechts die der Frau Dudzinski. Einen Teil der Veranda kann man noch auf dem „Hochzeitsfoto der Anna Quast“ aus dem Jahr 1937 erkennen. Auf dem Bild sind in der letzten Reihe als zweite und als dritte Person von links das Ehepaar Ochla zu erkennen. In der zweiten Reihe wieder von links findet sich das Ehepaar Henkel mit ihrer Tochter. Das kleine sitzende Mädchen links vor dem Brautpaar ist die Johanna Ochla, rechts daneben findet sich die Tochter der Braut.

Rechts von der Veranda gab es seinerzeit wiederum einen kleinen Vorgarten; in ihm wuchsen 2 Walnussbäume. Vor diesen Bäumen stand eine lange Bank. Hier tauschten die Hausbewohner, gleich ob deutsch oder polnisch, in den Abendstunden die neuesten Nachrichten aus und es wurden gute und interessante Gespräche geführt. Es waren gemütliche Beisammensein bevor der Tag endete. Ich erinnere mich an so manche Maiabende an denen wir einfach nur den Froschkonzerten aus den nahegelegenen „Lehmkeuten“ gelauscht haben. Diese „Lehmkeuten“ waren Überbleibsel aus vergangenen Zeiten des Lehmabbaus und zu jener Zeit eigentlich schon mehr nur Teiche rechts und links gelegen an der Bentschener Strasse; später wurden sie einfach zugeschüttet.

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Lageplan des Hauses und Hofes

Auf dem insgesamt 6.300 Quadratmeter großen Grundstück lag hinter dem Haus der große Hof. Links am Haus vorbei war der Zugang. Linker Hand lag dann gleich die Tischlerwerkstatt des Herrn Ochla. Dahinter schloss sich der Pferdestall an; dieser war an meinen Vater vermietet gewesen.  Den rückwärtigen Abschluss des Hofes bildete die große Scheune mit der Tenne und dem Heuboden. Rechts von ihr lagen die damals üblichen Außentoiletten.Fünf waren es; jeweils 2 Mietparteien teilten sich eine von ihnen. Ein Durchgang mit Pforte zum Garten, zwischen den Toiletten und der dann rechts auf dem Grundstück gelegenen Gebäude unterbrach die Geschlossenheit des Hofes. Wie schon kurz erwähnt, schloss sich rechts an den Gartenzugang, gleichzeitig auch das Grundstück begrenzend ein weiterer Gebäudetrakt zum Haus hin führend, das Karree vervollständigend, an. In ihm kamen zuerst die Ställe der Mieter, dann eine kleine ebenerdige Wohnung, die von der gehbehinderten Frau Jakubowski bewohnt worden war und letztlich zum Haus hin gelegen die Waschküche mit der Räucherkammer.

Hinter der großen Scheune selbst, zu erreichen durch den schmalen Durchgang mit Pforte zwischen den Toilettenhäuschen und den Ställen, lag der Obst- und Gemüsegarten. Er zog sich hin bis zu „Reisches Windmühle“. Äpfel, Pflaumen, Birnen, Stachel- und Johannisbeeren, Kohl, Salat, Bohnen, Mohrrüben und hauptsächlich Kartoffeln um nur einiges zu nennen, alles wurde noch selbst angebaut.

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1941 – im Garten; im Hintergrund die Mühle Reisch; als dritte von links: Johanna Ochla, ganz rechts Elfriede Quast

Im 26 April 1938 ist Gustav Ochla dann im Alter von 73 Jahren verstorben. Ich erinnere mich an ihn als einen sehr regen und tüchtigen Mann, der sein Auskommen als Maurer, Tischler und Hausschlachter neben vielen anderen Tätigkeiten hatte. Es gab nichts was er nicht konnte – er konnte einfach ALLES !

Ja ! Es war ein schönes Wohnen im Haus Ochla. Als Kinder spielten wir „Wische“, „Verstecken“ oder auch „Ball“. „Wische“ war Kriegen bzw. Fangen spielen; „Eins, zwei, drei – ich komme“ – verstecken wird noch heute gespielt und für das Ballspielen musste oft die hohe Giebelwand des Hauses herhalten.

Wir wohnten ja an der Neustädter Straße, diese war auch seinerzeit schon vielbefahren. Im Sommer kamen hier die Pferdefuhrwerke durch und im Winter die großen Schlitten. Ein Spiel von uns war hinten auf die Schlitten-Kufen aufzuspringen und dann in Richtung Stadtmitte mitzufahren um von dort wieder auf die Kufen eines Schlittens aufzuspringen, der stadtauswärts fuhr.

Mich überkommt ab und an ein kleines Bedauern, wenn ich daran denke, dass die polnischen Kinder meist deutsch mit uns sprachen. In der Schule wurden wir deutsch unterrichtet mit aber jedem Tag einer Stunde Unterricht in polnischer Sprache; und ich kann es heute noch gut lesen und habe auch noch vieles der Grammatik in Erinnerung, nur mit dem Sprechen waren und blieben wir ungeübt.

Zuerst unsere Eltern und auch dann wir lebten freundlich und friedlich miteinander – sodass es bis heute eine schöne Erinnerung an diese Zeit ist.

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Die Grabstelle Ochla - Aufn. 2010/08 PM

1989 fand ich bei meinem ersten Besuch auf dem katholischen Friedhof in Neutomischel noch das Grab mit dem erhaltenen Grabstein der Emilie Ochla. Bei späteren Besuchen habe ich ihn nicht mehr gefunden. Inzwischen weiss ich aber, dass die Grabstelle noch heute besteht. Es einer der wenigen noch erhaltenen Gedenksteine mit deutscher Inschrift: „Hier ruht in Gott meine liebe Frau unsere gute Mutter Emilie Ochla, geb. Lewandowska – 20. März 1867 – 24. März 1926“ (aus den Daten des Standesamtes von Nowy Tomysl war zu erfahren, dass ihre Eltern Traugott Lewandowski und Apollonia Kruschel aus Neu Bolewitz waren).

Frau Anna Ochla und ihre Tochter Johanna kamen 1945 in das Arbeitslager Gronowo bei Lissa. Im Jahr 1949 gelangten beide dann nach Deutschland.

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1932 an der Neustädter Straße gegenüber dem Haus des Stellmachermeisters Adolf Saage (dessen Haus ist abgerissen), Hr. Henkel - mein Vater - pflügt den Acker des Bäckermeisters Otto Jost (sein Haus steht noch) daneben war die Schmiede von Michel und Ignatz Smilowski. Ignatz war ein Freund meines Vaters; ich habe mich mit ihm in den 90ziger Jahren immer noch getroffen. Ganz links lag noch die Fabrik von Roman Nitsche und dahinter die Schule.

Grätz – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani)
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Grätz - die frühere evgl. Kirche; Aufn. 2009/10 PM

In dem Buch “Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen ” – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.
Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .

Die Stadt Grätz (Grodzisk) war im sechzehnten Jahrhundert eine der Hauptbesitzungen der angesehenen Familie Ostrorog, welche neben der Familie Górka der hereinbrechenden Reformation in Großpolen von Anbeginn den mächtigsten Schutz gewährte. Daher kam es, dass schon früh in Grätz, wahrscheinlich großenteils aus Deutschen, eine evangelische Gemeinde Augsburgischen Bekenntnisses sich bildete, welcher der Starost von Meseritz Stanislaw Ostrorog die katholische Stadtkirche übergab. Der erste Prediger dieser Gemeinde scheint ein gewisser Georgius gewesen zu sein, den Stanislaw Ostrorog im Jahre 1555 von Grätz aus zu einer Beratung der Evangelischen nach Goluchow sandte. Im folgte Jakob Lobzenczius, der am 28. Januar 1567 der Posener Synode, auf welcher über die Vereinigung der Lutheraner und böhmischen Brüder verhandelt wurde, beiwohnte. Nach diesem wirkte hier einer der ausgezeichnetsten lutherischen Theologen Polens Erasmus Gliczner. Geboren 1530 in Znin, besuchte er, nachdem er zu Goldberg in Schlesien seine erste Bildung erhalten hatte, mehrere deutsche Hochschulen, wurde Pfarrer in Czeracz bei Kalisch und auf der Synode zu Gostyn im Jahre 1565 zum Superintendenten der großpolnischen Kirchen Augsburgischen Bekenntnisses erwählt. Er trug zur Vereinigung der nach drei Bekenntnissen geschiedenen Evangelischen Polens auf den Synoden zu Sandomir, Posen und Thorn auf das kräftigste bei. Im Jahre 1569 kam er nach Grätz (die Anwesenheit Giczner’s veranlasste wahrscheinlich den Buchdrucker Melchior Neringk von Posen, wo er von den Jesuiten viel zu leiden hatte, nach Grätz zu ziehen. Dieser druckte hier mehrere jetzt sehr seltene polnische Werke, u. a. eine polnische Übersetzung der Eutrop von Gliczner (1581) und 1579 die theologische Streitschrift: „Spongia“ von Jac. Niemojewski. Später zog Neringk nach Thorn. Gliczner veröffentlichte auch eine polnische Übersetzung des Augburgischen Glaubensbekenntnisses: „Confessio Wiary“, Danzig 1594, ein „Chronicon regum Poloniae“, Thorn 1597 und eine Verteidigung der Dreieinigkeit: „De Sacrosanctissima Trinitate orthodoxae et verissimae observationes“ Francfurti ad, Odr. 1565) Die Gemeinde erlangte unter ihm, trotz der Vorliebe der Familie Ostrorog für die böhmischen Brüder, eine so große Bedeutung, dass die Synode zu Posen 1582 eine lutherische Hauptschule in Grätz zu gründen beschloss, welche schon zu einer Blüte gelangt war, al der Grundherr von Grätz Johann Ostrorog, ein Sohn des erwähnten Gönners der Gemeinde Stanislaw Ostrorog, zur katholischen Kirche überging und die Gemeinde nun auf einmal der Kirche, der Schule und aller ihrer Stiftungen verlustig ging. Gliczner hatte darauf so viele Verfolgungen zu erleiden, dass er 1593 Grätz und sein Vaterland Großpolen verließ und sich nach Straßburg in Preußen wandte, woselbst er Prediger bei der Gräfin Sophia Dzialynska, einer Schwester des berühmten Hermans Johann Zamoyski, wurde und unter Beibehaltung der Superintendentur von Großpolen bis an seinem am 26. Januar 1603 erfolgten Tod weilte.

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Grätz - Blick zur Kirche Aufn. 22-07-2008 PM

Nach dem Abgange Gliczners ist die Grätzer Gemeinde wahrscheinlich verhindert worden, einen neuen Seelsorger zu berufen; sie scheint sich an die evangelische Gemeinde zu Gnin, einem unweit Grätz gelegenen, aber nicht zur Ostroroger Herrschschaft gehörigen Dorfe, angeschlossen zu haben, wo damals der Pfarrer Laurentius Karsnicius im Amte war, der 1595 die Thorner Synodalbeschlüsse mit unterschrieb. Als Karsnicius im Jahre 1596 nach Posen (s.d. Kreuzkirche) sich begab, woselbst er an der Stelle des abgesetzten Andreas Luperianus polnischer Prediger wurde, ist sicherlich auch die evangelische Pfarre in Gnin eingegangen; denn schon 1620 hielten sich nach beglaubigten Nachrichten die Evangelischen in Grätz nach Rakwitz (s.d.).

Von allen Ihrem Kirchengute war der Gemeinde nur der Kirchhof geblieben; aber auch die Benutzung desselben, ja sogar die Erlaubnis, die Kirche in Rakwitz zu besuchen, musste sie wiederholentlich durch Opfer erkaufen. So berichtet das hiesige Kirchenbuch: „Anno 1702 den 12. Juli haben wir Anstoß gehabt wegen des Kirchfahrens, dass wir keine hohen Festtage mehr haben sollen in unserer Kirche (nach Rakwitz) fahren, als haben wir unserem gnädigen

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Grätz - Blick zum Kirchturm; Aufn. 2009/10 PM

Herrn verehret fünfzehn harte Reichsthaler und haben es wieder erhalten.“ Eine andere Notiz besagt: „Anno 1715 den 9. Februar hat die evangelische deutsche Gemeinde wiederum von den katholischen Geistlichen Anstoß gehabt, dass alle Sonntage aus jedem Hause einer in die (katholische) Kirche gehen soll. Da hat die Gemeinde löbliche Bürger zu dem gnädigen Herrn gesandt und ist dabei aufgegangen 21 Gulden.“ Im Jahr 1721 erhielt die Gemeinde von dem Grundherrn Carl von Bnin Opalinski, Starost zu Schrimm, die Erlaubnis, den Kirchhof zu erweitern und die Gestorbenen, doch nur auf dem Wege außerhalb der Stadt, mit Gesang zu ihren Ruhestätten zu geleiten, wofür sie dem Erbherrn einen silbernen Becher für 96 Tymfe und zehn harte Thaler, dem Herrn „Pleban“ sechs harte Thaler, dem Schreiber desselben zehn Tymfe verehrte.

Trotz der Pest, die besonders in den Jahren 1708 und 1709 viele Einwohner von Grätz dahinraffte, und trotz der Bedrückungen erhielt sich ein glaubensmutiger Stamm der Gemeinde, bis die Dissidenten das Recht freier Religionsübung errangen und infolge dessen die hiesige Pfarre auf Grund der Errichtungsurkunde vom 13./14. November 1775 wieder hergestellt wurde.

Laut eine am 27. Januar 1776 in Warschau ausgestellten Privilegiums erlaubte Fürst Adam Czartoryski, General von Podolien, in Vertretung der zeitigen Grundbesitzerin, der verwitweten Wojewodin Theresia von Potocka, geb. von Opalinska, die Gründung einer Pfarre und versprach zugleich zu einer Kirche und den Pfarrgebäuden das nötige Bauholz zu schenken; sein Wohlwollen gegen die Gemeinde ging sogar so weit, dass er ihr bis zur Vollendung der Kirche das Schloß in Grätz zur Benutzung einräumte, in dem am 17. Dezember 1775 unter Leitung des Kreisseniors Gottfried Nickisch aus Wollstein der erste Gottesdienst stattfand.

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Grätz - ehem. evgl. Kirche; Aufn. 2009/10 PM

Die Wahl des ersten Pfarrer Callmann entzweite aber die Gemeinde mit dem Bevollmächtigten ihres fern wohnenden Grundherrn Czartoryski, dem General Casimir von Radonski. Der Willkür desselben ausgesetzt, musste sie das Schloß bald wieder räumen und war genötigt, ihren Gottesdienst lange Zeit auf dem Boden eines Privathauses zu halten. Erst unter dem Pfarrer Roehl scheint ein besseres Verhältnis mit dem General von Radonski eingetreten zu sein, denn letzter genehmigte 1786 das vom Fürsten Czartoryski erteilte Privilegium, und nun brachte es Roehl durch seine rastlose Tätigkeit, seinen festen Willen und seine Geschicklichkeit im Umgange mit der oft widerstrebenden Gemeinde dahin, dass am 5. November 1787 der Grundstein zu einer Kirche gelegt und diese am ersten Adventsonntage 1788 geweiht werden konnte. Ebenso veranlasste er den Ankauf einer Pfarrwohnung und eines Schulhauses. – Zum Ausbau der Kirche und zur Erbauung eines Turmes hat im Jahre 1830 König Friedrich Wilhelm III. der Gemeinde 6.000 Mark geschenkt.

Die Feststellung des Kirchspiels erfolgt erst im Jahre 1817. Gegenwärtig umfasst dasselbe, nachdem im Jahr 1851 Konkolewo (s.d.) und 1865 Kuschlin (s.d.) und 1893 mehrere Ortschaften zu Opalenitze abgezweigt worden, die Stadt Grätz und etwa 50 ländliche Ortschaften. In größerer Anzahl wohnen Evangelische außer in Grätz in Doktorowo, Rojewo, Schwarzhauland, Weißhauland, Snowidowo, Terespotocke und Sworzyce. Die Gesamtzahl der Evangelischen beträgt 2.666, von denen viele zerstreut unter Katholiken wohnen.

Das Pfarramt haben seit dessen Erneuerung verwaltet:

  1. Jeremias Callmann, vorher Rektor in Bojanowo, 1775 berufen, gab nach sechsjähriger Wirksamkeit wegen der Mißhelligkeiten in der Gemeinde sein Amt auf und wurde Prediger in Stawiczyn.
  2. Fanz Hönika, kam 1782 hierher und ging 1784 nach Bentschen (s.d.)
  3. Samuel Benjamin Kreuschner; 1784 berufen, wurde 1786 Pfarrer in Brätz (s.d.)
  4. Carl Gottfried Roehl, aus Birnbaum gebürtig, war anfangs, wie auch seine Vorgänger, nur Generalsubstitut. Er trat 1786 sein hiesiges Amt an und starb am 23. Februar 1816, 62 Jahre alt. Als Gründer der Kirche und als kräftiger Leiter und einsichtsvoller Berater der Gemeinde in den Drangsalen der Kriegszeit steht er noch heute bei derselben in gutem Andenken.
  5. Johann Theodor Gottfried Sukkert, vorher Pfarrer in Obersitzko (s.d.). Bei seiner Introduktion am 3. August 1817 war auch der katholische Ortsgeistliche zugegen. Er starb in frühem Alter am 27. Dezember 1829.Während der Erledigung der Pfarrstelle verrichtete die Amtsgeschäfte in uneigennütziger Weise der von der Britischen Gesellschaft zur Bekehrung Israels ausgesandte Missionar Hendes, bis
  6. Cäsar Wilhelm Alexander Krause, vorher Rektor in Filehne, wurde am 13. Juni 1832 in sein Amt eingeführt. Er erwarb sich durch eifrige Seelsorge und den Bau eines Hospitals unleugbare Verdienste um die Gemeinde und war bereits zum Superintendentur-Verweser ernannt, als er 1840 einem Rufe nach Breslau als Archidiakonus und Senior an der Pfarrkirche zu St. Bernhardin folgte. Er starb 1863 als Pastor in Hamburg. Von seinen zahlreichen Schriften seien nur folgende während seine Aufenthaltes in Grätz von ihm herausgegebene erwähnt:„Predigt am Jubelfeste der evangelischen Kirche in Grätz.“ Lissa 1839. (Beigfügt sind „Nachrichten von der evangelischen Gemeinde zu Grätz und der Errichtung des dortigen Kirchspiels.“), „Sendschreiben an den Herrn Probst Franke. Entgegnung auf dessen Sendschreiben an den Herrn Pastor Jäkel in Dobrzyca.“ Glogau 1837. (Franke antwortete durch eine ausführliche „Kritische Beleuchtung.“ Leipzig 1839.)
  7. Georg Wilhelm Theodor Fischer, Sohn des Superintendenten Fischer in Posen (f.d. Kreuzkirche), geboren am 21. September 1811 zu Günthersdorf in Schlesien, wurde 1835 Diakonus in Karge (s.d.) und am 25. März 1841 durch seinen Vater in sein hiesiges Amt eingeführt. Er wurde 1871 zum Superintendenten ernannt und erwarb sich allgemeine Verehrung der Gemeinde. Im Jahre 1885 emeritiert, zog er nach Posen und starb daselbst am 14. September 1889. Mehrere seiner Predigten und Aufsätze stehen in der von ihm herausgegeben Zeitschrift: „Der evangelische Hausfreund“, Grätz 1847 und 1848. Seine genaue und umfassende Kenntnis der polnischen Kirchengeschichte bewährte er in dem Werke: „Versuch einer Geschichte der Reformation in Polen.“ 2 Teile, Grätz 1855, auch übersetzte er die Geschichte der böhmischen Brüderkirchen in Großpolen von Lukaszewicz, Grätz 1877, und schrieb die vorn genannten „Gedenkblätter für die Grätzer Gemeinde.“ Noch veröffentlichte er eine: „Predigt zum Gedächtnisse König Friedrich Wilhelm III.“, Züllichau 1840 und eine Schrift: „Offener Brief an meine lieben Amtsbrüder in der Provinz Prosen“, Grätz 1851.
  8. Friedrich Haedrich, geboren in Zangenberg bei Zeitz in Sachsen, ward Rektor in Kempen, dann Pfarrer in Gramsdorf (s.d.), 1886 zum hiesigen Pfarrer berufen. Seine „Festschrift“ ist vorn erwähnt.

Eine Mordnacht in einem Abbau bei Sontop – 1858 – Teil 2

geschrieben von Gudrun Tabbert
(aus der Sammlung des Dr. Vollert, Großherzogl. sächs. fürstl. schwarzb. Kreisgerichtsrath)
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Was bisher geschah: Die Witwe Lüdtke aus einem Abbau bei Sontop zeigt beim Schulzen Hoffmann aus Sontop an, dass ihr Sohn Robert seinen Onkel – den Gottlieb Lüdtke – und seinen Bruder – den Eduard Lüdtke – in der Nähe des Wohnhauses in einem fast ausgetrockneten Wasserloch aufgefunden habe. Beide wiesen eine durchschnittene Kehle auf.

* * *

Das Zimmer des Gottlieb Lüdtke war mittels Abziehen des Türdrückers verschlossen und der Drücker nicht vorhanden. Der Schulze stieg durch das Fenster in die Stube, bemerkte aber nichts Auffallendes; nur eine Flinte, welche Gottlieb Lüdtke besessen hatte, wurde vermisst. Die Betten des Gottlieb und Eduard Lüdtke waren unberührt.

Dass hier ein furchtbares Verbrechen verübt war, konnte von vornherein keinen Zweifel unterliegen. Die Witwe Lüdtke deutete die Möglichkeit an, dass Gottlieb Lüdtke, der nach ihrer Angabe dem Trunke sehr ergeben und zu Gewalttätigkeiten geneigt war, erst den Eduard ermordet, dann sich selbst entleibt haben könnte. Aber des bedurfte keines ärztlichen Gutachtens, um die inzwischen durch Eilboten aus Grätz an Ort und Stelle berufenen Beamten des Gerichts und der Staatsanwaltschaft von der Unmöglichkeit eines solchen Hergangs zu überzeugen. Denn eine Halswunde wie die des Gottlieb Lüdtke konnte sich niemand selbst beigebracht haben, noch weniger hätte ein so verwunderter Mensch eine Ziege schlachten und diese in der angegebenen Art an seinem Körper befestigen können; endlich war das vorgefundene stumpfe und schwache Messer durchaus ungeeignet, solche Verletzungen hervorzubringen.

Es tauchte ein anderer Verdacht auf. Gottlieb Lüdtke hatte zwar eine Ziege besessen, sie befand sich aber wohlbehalten im Stalle. Die geschlachtete Ziege war also höchst wahrscheinlich gestohlen. Wie, wenn Gottlieb und Eduard Lüdtke diesen Diebstahl verübt, wenn die Bestohlenen sie verfolgt und einen Akt der Rache an ihnen vollzogen hätten ? Auch diese Vermutung bestätigte sich nicht. Noch im Laufe des Vormittags meldete sich der Tagearbeiter Weber aus dem eine Viertelmeise entfernten Dorfe Paprotsch, ein völlig unbescholtener, im besten Rufe stehender Mann, und erzählte: Früh um 4 Uhr sei ihm eine Ziege aus dem unverschlossenen Stalle entwendet worden, er habe die Spuren des Tieres und die eine Mannes ein Stück Weges und zwar in der Richtung nach dem Abbau, verfolgt, dann aber auf einer sandigen Fahrstraße verloren und erst einige Stunden später von den Vorfällen in dem Abbau erfahren; er erkannte die tote Ziege mit Bestimmtheit als die ihm gestohlene an. Weber beschrieb die Fußspuren sehr genau; der Dieb hatte mit Nägeln beschlagene Stiefel getragen, deren Absätze auffallend schief getreten waren; auf der einen Sohle war der Abdruck eines Flickens deutlich sichtbar gewesen.

Sofort angestellte Ermittlungen ergaben, dass Weber, ein kleiner schwächlicher Mann, diese Spuren auch anderen Personen in Paprotsch gezeigt und sich dann ganz allein und unbewaffnet zur Verfolgung aufgemacht hatte, sowie dass er nach sehr kurzer Zeit wieder heimgekehrt war. Er konnte also nicht der Mörder sein. Ebenso unwahrscheinlich war es, dass die Ermordeten die Ziege gestohlen hatten; an ihren Füßen sah man deutlich, dass sie in der letzten Zeit vor ihrem Tode barfuß gegangen waren, und keiner der in ihrer Wohnung befindlichen Stiefel entsprach jener Beschreibung der Fußspuren. Ein von dem Dorfwächter Menzel inzwischen gemachter Fund gab den bisher aufgetauchten Mutmaßungen eine ganz andere Richtung. Er fand auf einem Zaune hinter dem Wohnhause einen augenscheinlich zum Trocknen aufgehängten, frischgewaschenen, wollenen Weiberrock, in welchem Blutspuren ungeachtet der Wäsche nicht zu verkennen waren. Ernestine Lüdtke erklärte den Rock mit völliger Unbefangenheit für ihr Eigentum; das Blut sollte von ihrer tags zuvor eingetretenen Menstruation herrühren. Sie wurde angewiesen, den Rock anzuziehen. Was die Gerichtspersonen nach dem ersten Augenschein vermutet hatten, traf ein: der Rock war für die volle üppige Gestalt des hochgewachsenen, kräftigen Mädchens viel zu kurz und zu eng. Sie gab nun an, sie habe den Rock zu Pfingsten von ihrer Cousine, der unverehelichten Ernestine Stankowska, zum Geschenk erhalten und ihn auf dem bloßen Leibe getrogen, Auch dies war nicht recht glaubhaft.

Ernestine Lüdtke und ihre Mutter hatten wiederholt versichert, dass in den letzten Tagen niemand Fremdes, weder Mann noch Weib, bei ihnen verkehrt habe. Der Rock schien mithin von jemand zurückgelassen zu schein, dessen Anwesenheit sie zu verheimlichen Ursache hatten.

Der auf diese Weise entstandene, anfänglich sehr unbestimmte Verdacht, dass Mutter und Tochter mindestens Mitwisserinnen des begangenen Verbrechens sein möchten, wurde durch die Mitteilungen des Schulzen Hoffmann und anderer Dorfbewohner erheblich verstärkt.

Die Witwe Lüdtke war oftmals wegen Holzdiebstahls, ihre Tochter Ernestine zweimal wegen anderer Diebstähle bestraft worden. Die jüngeren Geschwister trieben sich in benachbarten Dörfern bettelnd umher. Der ermordete Gottlieb Lüdtke war als Wildschütz (=Wilderer) berüchtigt gewesen. Er hatte früher den Abbau besessen, ihn sodann an seinen Bruder, den Ehemann der Witwe Lüdtke, verkauft, sich aber beim Verkaufe das Wohnungsrecht in der einen Hälfte sowie die Nutzung der hälftigen, zur Besitzung gehörigen Ländereien auf Lebenszeit vorbehalten und ausbedungen, dass das Grundstück, solange er lebte, nicht verkauft werden dürfte. Von den rückständigen Kaufgeldern für das Grundstück, dessen Taxwert nur 393 Thlr. betrug, sedierte er dem Eduard Lüdtke 200 Thlr. als Geschenk und stellte diese Summe hypothekarisch sicher. Mit Eduard Lüdtke hatte es eine eigene Bewandtnis. Er war zwar bei Lebzeiten des Ehemannes der Luise Lüdtke geboren, aber, wie im Dorfe allgemein bekannt war und von den Beteiligten offen zugegeben wurde, die Frucht eines lange fortgesetzten ehebrecherischen Verkehrs zwischen Gottlieb Lüdtke und der Ehefrau seines Bruders. Nach dem Tode des letzteren trat an die Stelle der früheren verbrecherischen Zuneigung erbitterter Hass. Die Witwe Lüdtke und ihr Schwager Gottlieb hatten fast täglich miteinander Streitigkeiten, die oft in Tätlichkeiten ausarteten; Eduard Lüdtke nahm hierbei stets Partei gegen seine Mutter und lebte seinerseits in beständigem Hader mit seiner Schwester Ernestine. Überdies sagte man der Witwe Lüdtke nach, dass sie Dieben und Landstreichern bereitwillig Obdach gestatte, und Gottlieb Lüdtke hatte deshalb mehrfach, jedoch vergeblich, bei dem Dorfgericht Klage geführt. Noch etwa vier Wochen vor seinem Tode erzählte er dem das schon erwähnte Waldwärterhaus bewohnenden Privatförster Menzel: die Leute bei ihm im Hause nehmen ihm alles fort; auch verkehrten wieder fremde Menschen dort, und wenn die Nacht wieder etwas passierte, werde er ihn zur Hilfe holen, denn zum Schulzen in Sontop sei es zu weit. Er selbst sei zwar nicht schwach, aber man könne doch nicht wissen, was vorfalle.

Die Witwe Lüdtke war demnach die einzige, die erweislich von dem Tode beider Ermordeten erheblichen Nutzen zog, sie hatte mit ihnen in Feindschaft gelebt, sie stand im schlechtesten Rufe; endlich pflegten Personen bei ihr zu verkehren, vor denen Gottlieb Lüdtke sich gefürchtet.

Bald ergaben sich noch gewichtigere Verdachtsgründe gegen sie und gleichzeitig ganz bestimmte Spuren der wirklichen Täter.

Der dreizehnjährige Sohn der Witwe Lüdtke, Robert, hatte anfangs übereinstimmend mit seiner Mutter und Schwester versichert, dass tags zuvor kein Fremder bei ihnen gewesen sei. Er ging seitdem umher wie ein Träumender, weinte viel und schien mit einem Entschlusse zu kämpfen. Man ließ ihn anscheinend unbeachtet, indes war dafür gesorgt, dass er mit Mutter und Schwester nicht verkehren konnte. Gegen Abend wurde er nochmals befragt, ob er nichts auszusagen wisse, was auf die Spur der Mörder führen könne. Nach kurzem Besinnen erklärte er: „Ich will jetzt die reine Wahrheit sagen“, und gab nun die ersten Aufschlüsse über die Vorfälle der letzten Tage.

Er bestätigte zunächst, dass seine Mutter mit den Ermordeten in Unfrieden gelebt und noch am verflossenen Nachmittage sich mit ihnen gezankt und beinahe geprügelt habe. Am 22. Juni fand er, mittags aus der Schule kommend, den Bruder seiner Mutter, den Tagelöhner Wilhelm Girndt aus Neu Boruy, die Ernestine Stankowska, eine Schwestertochter seiner Mutter, und einen ihm bis dahin unbekannten Mann, den die anderen Ferdinand nannten, in der mütterlichen Wohnung anwesend. Die Fremden verkehrten freundschaftlich mit Gottlieb Lüdtke. Am Abend des 22. Juni gingen Girndt, Ferdinand und die Stankowska zusammen fort, kehrten aber in der Nacht zurück und brachten einen geschlachteten Schöps (=Hammel) mit. Am 23. Juni tranken sie mit dem alten Lüdtke und dem Eduard zusammen sehr viel Branntwein, gegen Abend wurden sie so munter, dass sie anfingen zu singen. Sie verabredeten einen Diebstahl, indes erklärte Gottlieb Lüdtke, er wisse noch nicht, ob er teilnehmen werde. Am Abend verließen die drei Fremden das Haus. Gottlieb und Eduard Lüdtke waren in ihrem Zimmer, und Robert legte sich schlafen. Als er bei Sonnenaufgang erwachte, sah er dass seine Mutter in ihrem Bette lag, ohne zu schlafen. Er stand auf und bemerkte, dass die Tür des von Gottlieb und Eduard Lüdtke bewohnten Zimmers von außen verschlossen war. Seine Mutter sagte ihm, beide seien in der Nacht fortgegangen.

Kurze Zeit darauf fand er die beiden Leichen in dem schon beschriebenen Zustande. Er eilte zur Mutter und überbrachte dieser die Schreckensnachricht. Diese entgegnete:

„Sei stille und sage nichts, dass der Ferdinand und der Wilhelm hier gewesen sind, sie haben es getan, aber der Verdacht würde auf mich kommen.“

Die Mitwisserschaft der Witwe Lüdtke war hiernach nicht mehr zu bezweifeln, es währte nicht lange, so stellte sich heraus, dass die Mörder ihre Werkzeuge gewesen waren und einen von ihr längst gehegten Plan ausgeführt hatten.

Die Ehefrau des Brettschneiders Girndt, eines Bruders der Witwe Lüdtke, welche in einem benachbarten Dorfe wohnte, bekundete nämlich Folgendes:

Die Witwe Lüdtke hatte ihr häufig gesagt, dass der Gottlieb Lüdtke ihr Todfeind sei. Etwa um Ostern 1858 äußerte sie: mit dem Alten könne sie es nicht mehr aushalten, den müsse sie sich vom Halse schaffen. Sie würde einmal eine Ziege stehlen, den Gottlieb herauslocken, ihn totschlagen und die Ziege zu ihm legen, damit die Leute glaubten, dass er die Ziege gestohlen habe und dabei ermordet worden sei.

Als Zeugin von dem Auffinden der Leichen und der toten Ziege hörte, fiel ihr jene Äußerung, die sie für Scherz gehalten, wieder ein, und sie begab sich deshalb zu ihrer Schwägerin. Diese teilte ihr mit, ihr Bruder Wilhelm und noch einer aus Rackwitz (ein benachbartes kleines Städtchen) seien dagewesen, und auf die Frage der Girndt: warum die Männer denn so etwas gemacht? antwortete sie: „Ja wenn sie nur nicht betrunken gewesen wären, da hätten sie es auch nicht getan.“

Nunmehr wurden die Witwe Lüdtke und ihre Tochter Ernestine wegen Verdachts der Teilnahme an zwei Mordtaten (Unter Teilnahme an einem Verbrechen begreift das preußische Strafgesetzt auch die Anstiftung zu einem solchen und straft diese das Verbrechen selbst) in gerichtliche Haft genommen. Am nächsten Morgen folgte ihre verantwortliche Vernehmung.

Die Witwe Lüdtke blieb dabei, dass am Tage vor dem Morde kein Fremder bei ihr verkehrt habe. Nur das gab sie nach anfänglichem Leugnen zu, dass Ernestine Stankowska zwei Tage zuvor dagewesen sei und ihrer Tochter den mehrerwähnten wollenen Rock geschenkt habe. Sie bestritt, mit den Ermordeten in Feindschaft gelebt zu haben, und gab an, sie habe gesehen, wie Gottlieb Lüdtke am Abend des 23. Juni seine Flinte geladen, und in der Nacht gehört, wie er mit ihrem Sohne Eduard das Haus verlassen habe. Ihren Bruder Wilhelm Girndt wollte sie seit langer Zeit nicht gesehen haben, und einen Mann Namens Ferdinand gar nicht kennen. Die Angaben ihres Sohnes Robert und ihrer Schwägerin erklärte sie für erlogen.

Ernestine Lüdtke sagte genau dasselbe aus, nur stellte sie auch den Besuch der Stankowska in Abrede und behauptete, diese sei seit Pfingsten (23. Mai) nicht in Sontop gewesen.

Beide wurden in das Gerichtsgefängnis zu Grätz abgeliefert und alle Polizeibehörden in Bewegung gesetzt, um auf den Wilhelm Girndt, den Ferdinand, in welchem man nach der Beschreibung den Tagearbeiter Ferdinand Raschke aus Rackwitz zu erkennen glaubte, und die Ernestine Stankowska zu fahnden. Denn dass man sich zu den beiden Männern, wie der Ausdruck der alten Kriminalisten lautet, der Tat wohl versehen konnte, hatten die inzwischen über dieselben angestellten Nachforschungen ergeben.

Glinau II – Lehrer Hoede (1905-1908)

geschrieben von Gudrun Tabbert
(ungenannt - nach einer Erzählung des Lehrers Berthold Hoede)
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[1.634]In diesem Artikel werden die Eindrücke des Lehrers Berthold Hoede geschildert. Er übernahm im Jahre 1905 die Verwaltung der einklassigen Schule „Glinau II“. Aus einer Gegend mit in sich geschlossenen Dörfern stammend hinterliessen die Hauländereien der Gegend bei ihm einen besonderen Eindruck.

Der Bericht gibt eine Erzählung des Lehrers selbst wieder, leider ist jedoch nicht vermerkt, wer der eigentliche Autor dieses Artikels gewesen ist.

Veröffentlicht wurde dieser Beitrag mit der freundlichen Genehmigung der Posener Stimmen – Heimatbrief der Gemeinschaft Evangelischer Posener (Hilfskomitee E.V.), in deren Ausgabe Nr.  8/1966 die Publikation erfolgte.

* * *

Im Jahre 1905 wurde dem jungen Lehrer Berthold Hoede die Verwaltung der einklassigen Schule Glinau II bei Neutomischel übertragen.

Er erzählt darüber:

Von Neutomischel war der nächste Fußweg zur Schule Glinau II, die weit im Hauland lag, der sogenannte Pa­storsteg.

Schule Glinau II (Foto PM 28-06-2010) [460]

Schule Glinau II (Foto PM 28-06-2010)

Es handelte sich um den Kirchweg zur evange­lischen Kirche in Neutomischel. Vom Pastorsteg standen die Wohngehöfte meist weit abseits. Feldwege führten zu den einzelnen Gehöften. Die Häuser mit Stallungen und Scheune lagen zerstreut. Jeder Besitzer hatte sein Land um das Haus. Die Häuser waren meist aus dicken, rohen Balken zusammengefügt, mit einem Strohdach, klei­nen Fenstern. Auch Fachwerkhäuser sah man dazwischen und einige große Steinhäuser. Im Sommer waren die Wohnhäuser kaum zu sehen, weil sie von Hopfenfeldern umsäumt wurden.

Der Hopfen wurde an hohen Stangen und auf Drähten gezogen. Dazwischen lagen Getreide-, Kartoffel-, Rübenfelder und Wiesen. Durch das weite Hauland zogen sich Gräben, die an einem Hauptgraben angeschlossen waren. An den Gräben wechselten sich Weiden, Erlen und Gebüsch ab. Gepflasterte Straßen führten nach Neutomischel, Bentschen, Opalenitza, Grätz und Neustadt/Pinne.

Das Schulhaus, aus Ziegelsteinen erbaut, lag neben einem Feldweg, dahinter der Hof mit Stall und Scheune und Garten, ringsum das Schulland. Da ich aus meiner Heimat nur geschlossene Dörfer kannte, kam mir ein Hauland mit Katen bebaut ganz eigenartig und wohnlich einsam vor. Kein Bäcker, Fleischer, kein Kaufladen, keine Gaststätte in der näheren Umgebung. Dreiviertel Stunde Fußweg brauchte man, um aus Neutomischel alles für den Haushalt zu holen. Dazu über­nahm ich, vom Lehrerseminar Koschmin kommend, gleich eine einklassige Schule mit 92 Schulkindern.

Ein schwerer Anfang!

Im Sommer führte ich mit Genehmigung des Kreisschulinspektors den Halbtagsunterricht ein. So konnte ich mich den Grundschulklassen mehr widmen. Ich habe gern hier unterrichtet. Die Eltern unterstützten den Lehrer in jeder Weise. Es bildete sich bald ein Vertrau­ensverhältnis zwischen Eltern, Schülern und Lehrern. Die evangelischen Schulen hatten neben dem Kreisschulin­spektor noch einen Ortsschulinspektor; für Glinau war es Superintendent Böttcher aus Neutomischel. Nach alter Sitte hielt er vor Ostern eine Schulprüfung ab, zu der der Schulvorstand geladen wurde.

Eintönig und einsam brauchte ich nicht zu leben. Die Bewohner meiner Schulgemeinde wussten für Abwechslung und Unterhaltung zu sorgen. Ich wurde viel eingeladen und lernte auf diese Weise die häuslichen Verhältnisse kennen.

Die beschriebene Route ca. 2200 m [1.635]

Die beschriebene Route ca. 2200 m

Zu Hochzeiten wurde ich regelmäßig eingeladen. Nach altem Brauch hatte der Lehrer den Hochzeitsspruch zu sagen, und zwar die 2. Strophe aus dem Kirchenliede von Philip Spitta: O selig Haus, wo man dich aufgenom­men . . . Nach der Ansprache bedankten sich Braut und Bräutigam bei ihren Eltern für die bisherige Fürsorge. Die Vermählten wurden von dem Lehrer in ihr neues Heim geleitet. Der Hochzeitszug zur kirchlichen Trauung nach Neutomischel war stets eindrucksvoll. Vor der Braut­kutsche die Wagen mit den Brautjungferpaaren, hinter ihr die Wagen mit den Verwandten und sonstigen Hoch­zeitsgästen. Den Schluss bildeten die Wagen der beider­seitigen Eltern. Die gestriegelten Pferde mit blankge­putztem Geschirr, die Wagen mit Blumen und Bändern geschmückt.

Im Sommerhalbjahr trafen sich die Lehrer aus Neuto­mischel und Umgebung monatlich im Gasthaus „Rausch“ in Neutomischel zum Kegeln. Die Frauen der Lehrer be­suchten sich abwechselnd in ihren Häusern und wurden abends von ihren Männern abgeholt. Es wurde viel bei solchen Zusammenkünften musiziert. Der Lehrerverein Neutomischel und Umgebung tagte monatlich einmal in Neutomischel im Gasthaus Otto Maennel, später bei Kern.

Seit der Errichtung der Schule Glinau II haben dort unterrichtet die Lehrer: Matthey, Max Gruhn, Rudolf Kintzel, Berthold Hoede, Paul Ertel, Kurt Krenz und Pflaum bis 1920. Dann wurde Lehrer Siegfried Beischer eingesetzt, der bis 1945 blieb. Während Glinau I geschlos­sen und Glinau III und IV nach Neutomischel eingeschult worden sind, blieb Glinau II auch nach 1945 unter einer polnischen Lehrerin als selbständige Schule bestehen.

Obwohl Berthold Hoede im Jahre 1908 die Schule Gli­nau verließ, verfügt er noch heute (Stand 1966) über die Schülerlisten der Jahrgänge 1905—1908.

Lewitz-Hauland – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani)
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[1.636]

Lewitz-Hauland – Kirche – Postkartenausschnitt aus Sammlung Arno Kraft

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen “ – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .

Zu diesem Artikel erhielten wir die Zuschrift von Hr. Jon von Briesen USA, einem Nachfahren der Familie Breza (auch Bryza oder Briesen) , dass die Namensbezeichnung
korrekt mit Barbara Breza geb. Schöneich sei, sie war eine Tochter des Franz v. Schöneich.

Das Dorf Lewitz (poln. Lewice) war früher ein Städtchen und gehörte der Familie Lewicki. Im 16. Jahrhundert übergaben die Besitzer, die damalige hölzerne katholische Kirche den Lutheranern, die sie bis in den Anfang des 17. Jahrhunderts behielten. Um 1621 ließ die ursprünglich deutsche dann polonisierte Besitzerin Barbara Schöneich geb. Breza die den Katholiken zurückgegebene Kirche abbrechen und an ihrer Stelle eine neue katholische Kirche erbauen.

Den Evangelischen, welche sich bis ins 18. Jahrhundert in Lewitz und Umgegend angesiedelt hatten, errichtete im Jahre 1777 der Besitzer von Lewitz, von Haza, da die katholische Geistlichkeit eine evangelische Kirche in der Nähe der katholischen nicht dulden wollte, außerhalb des Dorfes, inmitten der Hauländereien ein unscheinbares aus Holz bestehendes und mit Stroh bedecktes Kirchlein; es wurde als Filial mit Neustadt bei Pinne (s.d.) verbunden, woher die Pfarrer und die Rektoren der Stadtschule mehrere Male im Jahre zum Gottesdienst kam. Im Jahre 1821 brannte diese Kirche nieder, und es musste der Gottesdienst in der Schule gehalten werden, bis sich die Gemeinde im Jahre 1824 eine neue Kirche in Fachwerk ohne Turm erbaute, welche aber erst am 13. September 1854 mit Glocken und seinem Glockenstuhle versehen wurde. Auf Grund des Ministerialerlasses vom 8. Mai 1854 wurde Lewitz-Hauland am 1. Juli 1854 von Neustadt abgezweigt und in eine selbständige Parochie umgewandelt. Es gehören zu dieser: Lewitz-Hauland, Milostowko, Blake, Luben, Sawade, Lewitz Gut und Gemeinde, Heidchen, Dombrowko. Annamühle, Punken, Lowin, Krzyszkowko, Sempolno, Wilhelmshof mit zusammen 1.111 Seelen. Patron über die Kirche, aber nicht über die Pfarre, ist der jedesmalige Besitzer des Dominiums Lewitz, welches der Familie v. Haza-Radlitz gehört. Das Pfarrhaus wurde 1857 erbaut, 1868 ein Stallgebäude und 1871 eine Pfarrscheune hinzugefügt. Das Kantor- und Schulhaus wurde 1863 neu erbaut und 1893 erweitert. Im Jahre 1894 wurde für etwa 10.000 Mark die Kirche erneuert, erweitert und mit einem Turm versehen. Die feierliche Einweihung der renovierten Kirche fand am 5. Dezbr. 1894 durch den Genralsuperintendenten D. Hesekiel statt. Wegen des Mangels eines Pfarrhause bezw. Der Pfarr-Wirtschaftsgebäude wurde dem ersten Pfarrer Lucas auch die Verwaltung des Lehrer-, Kantor- und Organistenamtes in Lewitz-Hauland von 1853-1871 übertragen; derselbe hielt zu seiner Unterstützung einen Schulamts-Aspiranten dem er neben freier Station als Besoldung die Opfer der Trauungen, Taufen und Abendmahl (etwa 18 Thlr. jährlich) überließ. Seit 1887 finde in Blake Außengottesdienste statt; an das neue Schulhaus daselbst ist ein Apsis angebaut worden.

Die Pfarrer waren:

  1. Ferdinand Siegfried Lucas, geb. 1809, wurde 1853 berufen, nach seiner Emeritierung im Jahre 1881 starb er am 7. Oktober 1885. Ihm zur Seite stand als Hilfsprediger 1869-70 der nachherige Pfarrer in Murowana-Goslin Sucker.
  2. Georg Spude, ward 1884 Pfarrverweser und 1885 Pfarrer; er wurde 1892 nach Kwiecischewo (s.d.) berufen.
  3. Max Wichert, 1890 Provinzialvikar in Kröben, 1892 Hilfsprediger in Neutomischel, 1892 Pfarrer hierselbst

Konkolewo-Hauland – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani)
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[896]

Konkolewo - Kirche, Aufnahme 2009/09 PM

In dem Buch “Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen ”- Erscheinungs- datum 1898 – verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .

Lange Zeit hindurch strebten die zu Grätz (s.d.) gehörigen Gemeinden Konkolewo-Hauland, Albertoske und Julianna danach, ein eigenes Kirchspiel zu gründen; die ersten Verhandlungen datieren aus dem Jahre 1828. Nachdem das Projekt mangels der erforderlichen Mittel immer wieder verschoben war, wurde durch die Errichtungsurkunde vom 19 Mai 1851 das aus den genannten Ortschaften bestehende Kirchspiel gebildet und trat am 2 Jul 1851 in das Leben. Dasselbe umfasst 1.522 Seelen. In Ermangelung einer Kirche wurde der Gottesdienst in einem Bethause zu Konkolewo gehalten. Dies brannte nebst der Schule und einem großen Teil des Dorfes in der Nach vom 17. – 18. September 1858 nieder, worauf der Gottesdienst in einem neuerbauten, am 3. November 1859 feierlich geweihten Schulhause abgehalten wurde. Nachdem von der Regierung der Gemeinde eine Kirchen- und Hauskollekte unter den evangelischen Bewohnern der Provinz Posen und Schlesien zum Aufbau einer Kirche bewilligt worden war, welche 4.162 Thl. 6 Sg. 6 Pfg. erbrachte, wurde in den Jahren 1861 und 1862 für etwa 8.000 Thl. eine neue massive Kirche errichtet. Dieselbe wurde am 11. Dezember 1862 durch den General-Superintendenten D. Cranz feierlich eingeweiht. Die für 1.150 Thl. Erbaute Orgel wurde erst im Herbst 1863 fertiggestellt und musste 1886 einer größeren Reparatur unterzogen werden. Behufs Beschaffung einer Pfarrwohnung wurde 1852 für 580 Thaler ein Hausgrundstück angekauft; unter Aufwendung von 1.450 Thl. Wurde das Haus erweitert und ein Stallgebäude errichtet. 1884 wurde das Pfarrhaus einer Reparatur unterzogen.

Die Pfarrstelle haben verwaltet:

  1. Theodor Ludwig, aus Obernbreit in Bayern, trat 16. November 1851 ins Pfarramt, wurde am 1. Juli 1856 Pfarrer in Schmiegel
  2. Karl Klein aus Breslau, am 1. November 1856 Pfarrverweser, 27 Dezember 1857 Pfarrer, starb am 22. Februar 1862 in Konkolewo
  3. Karl Louis Bauer aus Görlitz, 1863 Pfarrer, wurde 1870 nach Rothwasser in Schlesien berufen
  4. Ferdinand Köhn aus Schönlanke, vorher Hilfsprediger in Wollstein (s.d.) wurde 1879 Pfarrverweser und 1871 Pfarrer, 1881 Pfarrer in Schermeisel in Brandenburg
  5. Ernst Gustav Drescher, 1883 Pfarrverweser, sodann Pfarrer, 1 Apr 1884 Pfarrer in Reichenbach in Schlesien
  6. Rudolf Trautmann, wurde 1884 Pfarrverweser und in demselben Jahre als Pfarrer nach Margonin (s.d.) berufen
  7. Hermann Anders aus Guhlau in Schlesien, wurde 21 Dezember 1884 Pfarrverweser, 1886 Pfarrer

Wasowo / Wonsowo

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[1.637]

Postkarte des Hotels – Ausg. 2009

Wenn man heute Wonsowo anfährt führen alle Wegweiser zum „Palac Wasowo“, einem Hotelbetrieb.

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„Palastfassade“ – Aufn. 2009/09 PM

[1.639]

„Drachen“ als Regenrinnenausläufe – Aufn. 2009/09 PM

Beim Anblick des Gebäudes kommt einem unweigerlich in den Sinn, dass es sich um eine

Miniaturausgabe eines Märchenschlosses handelt, wie es verträumter nicht in Phantasien zu erschaffen war. Selbst die Drachen sind zu finden, nur Elfen, Feen und Zwerge tauchen nicht auf, genauso wenig wie ein Ritter in seiner glänzenden Rüstung auf einem edlen Ross.

Wasowo war im Mittelalter Eigentum der Lubiner Benediktiner. Ab dem 16. Jahrhundert war es in den Händen von Jakub Niegolweski. Im 18 Jahrhundert ging das ehemalige Rittergut Wasowo dann in den Besitz der polnischen Familie Sczaniecky.

[1.640]

Kapelle – Aufn. 2009/09 PM

Die Familie Sczaniecky errichtete den klassizistischen Palast (1780-1786) und veranlasste den Bau der „Kapelle der Himmelfahrt des Herrn“ (1790).

Das Anwesen gelangte durch Versteigerung, entweder in den Besitz eines Herrn J. F. Frank oder in den von Herrn Ludwik Lewinka (beide Namen sind bei Recherchen genannt worden). 1868 wurde es durch Kauf, Besitz von  Herrn Richard Hardt, einem Bankier aus Berlin.

In den Jahren 1870-1872 wurde durch den königlichen Baumeister Herrn Gustav Erdmann das im gothischen Stil gehaltene Schloss errichtet. Eine Erweiterung des „Palastes“ erfolgte dann durch den Sohn Friedrich Wilhelm Hardt.


[1.641]

Palast Rückansicht – Aufn. 2009/09 PM

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Familiengrabstätte – Aufn. 2009/09 PM

[1.643]

Schloss Wonsowo

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Familiengrab Hardt – Aufn. 2009/09 PM

Das Anwesen umfasste zu dieser Zeit 5.600 Morgen Grund und Boden – 1/3 Wald und 2/3 Wiesen und Äcker. Die Familie Hardt unterhielt ebenfalls eine eigene Brennerei, Gärtnerei und eine Ziegelei und alles in allem galt der Gesamtbesitz als „Vorzeigebetrieb“, also als einer der Besten und Ertragreichsten seiner Zeit.

Auf dem Gelände ist nach einem kleinen Spaziergang noch heute das Familiengrab der Hardts zu finden.

Orzeszkowo – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani)
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[1.645]

Orzeszkowo Kapelle – Aufn. 2009/09 GT

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen “ – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .

S. Lukaszewicz O braci czeskich

 

Im Jahre 1644 wurde, wahrscheinlich auf Betrieb des Bischofs von Posen Andr. Szoldrski, das Gesetz vom Jahr 1588, welches die Restitution der ehemaligen katholischen Kirchen anbefahl, in dem Dorfe Kwilcz (im Birnbaumer Kreise) in Ausführung gebracht, und die dortige seit 1577 im Besitze der böhmischen Brüder befindliche Kirche musste dem vom Bischof ernannten Probste Joh. Dombrowski übergeben werden. (Dieses Dorf ist das Stammgut der gegenwärtig gräflichen Familie v. Kwilecki, der auch Orzeszkowo gehört. Joh. Kwilecki übergab nach seinem Übertritte zu den böhmischen Brüdern diesen im Jahre 1577 die katholische Ortskirche nebst allen Einkünften. Sie verblieb den böhmischen Brüdern 67 Jahre hindurch. Während dieser Zeit fungierten hier als Geistliche:

  1. 1. Jh. Baldowski, starb hierselbst 1602 nach 30-jähriger Amtsführung.
  2. 2. Joh. Musonius, war auch polnischer Prediger an der Johanniskirche in Lissa (s.d.)
  3. 3. Paul Orlicz, Sohn des Konseniors Sam. Orlicz, geboren 1599 in Wyszyna, einem Dorfe im Posenschen, studiert in Frankfurt, ward Pfarrer in Kwilcz, 1629 polnischer Prediger in Thorn, wo er 1649 starb. Er wurde 1629 Konsenior der böhmischen Brüdergemeinden von Groß-Polen. In Thorn hielt er 1636 bei dem Begräbnisse der schwedischen Königin Anna, einer Schwester des Königs Sigismund III., die polnische Grabrede, welche auch im Druck erschienen ist.
  4. 4. Der Senior Joh., Wybinski, (s. Lissa Johanniskirche) 5. Paul Perscius (Perski), geboren zu Scharfenort, war 15 Jahre hindurch Pfarrer in Kwilcz und starb am 9. Februar 1644. Er gab die Gedichte: „Justa Funebria“ 1625, beim Tode des Ostrorog und „Monumentum Exequiale“ 1625, beim Tode des Georg Zawadzki’s heraus. Nach seinem Tode nahmen die Katholiken die Kwilczer Kirche wieder in Besitz, obgleich der Gutsherr Kwilecki dem hussitischen Bekenntnisse angehörte. Lukaszewicz O Braci Czeskich S. 299
[1.646]

1819 – Wetterfahne – Orzeszkowo – Aufn 2009/09 GT

[1.647]

Orzeszkowo Calvinisten Friedhof – Aufn. 2009/09 PM

Um den Verlust dieser Kirche zu ersetzen, traten 30 in der Umgegend wohnende polnische Adlige hussitischer Konfession mit dem Gutsherrn des unweit Kwilcz gelegenen Dorfes Orzeszkowo zusammen und errichteten in Orzeszkowo aus eigenen Mitteln eine neue hölzerne Kirche, welche am 17. Juni 1646 durch die großpolnischen Senioren M. Gertich und Joh. Bythner, den böhmischen Senior Paul Fabricius und den berufenen ersten Pfarrer Plorth, welcher den Bau geleitet hatte, die Weihe erhielt. Zugleich ließen die erwähnten Patrone bis 1648 ein Pfarrhaus erbauen und statteten überhaupt zwar mühsam und kärglich, aber doch den wesentlichen Bedürfnissen entsprechend von 1644-48 ein neues Kirchensystem in Orzeszkowo aus, sorgten auch nachher für Erhaltung desselben. Als am 21. Juni 1721 der Blitz in die Kirche einschlug und dieselbe bis auf den Grund abbrannte, untersagte das katholisch-bischöfliche Konsistorium in Posen den Wiederaufbau, und der Gottesdienst konnte fernerhin nur in einer Stube des beschränkten und bereits baufälligen Pfarrhauses gehalten werden. Das Konsistorium verlangte zwar zugleich von dem damaligen Besitzer von Orzeszkowo Andreas Bronikowski, dass er diese gottesdienstlichen Versammlungen im Pfarrhause unterlassen sollte; doch kam dieser Befehl nicht zur Ausführung, was vornehmlich in der milden Gesinnung der Bischöfe von Posen Peter und Bartholomäus Tarlo seinen Grund hatte. Im Jahre 1732 verklagte Alex. Cajetan v. Rozbicki, dessen Vorfahren sich um die Orzeszkower Kirche sehr verdient gemacht hatten, nach seinem Übertritte zum Katholizismus die Orzeszkower Gemeinde bei dem Reichstribunal in Petrikau und drang auf das Verbot des dortigen Gottesdienstes. Die Sache kam wieder an das Posener Konsistorium, das dem Gutsherrn Bronikowski abermals bei Strafe die Unterlassung des Gottesdienstes und die Entfernung des Pfarrers Majewski anbefahl. Bronikowski appellierte an das erzbischöfliche Konsistorium zu Gnesen; dieses unterließ entscheidende Schritte, und so konnte die Gemeinde nicht nur das 100-jährige Bestehen des Kirchensystems am 27 September 1744 feierlich begehen, sondern es fand auch der Gottesdienst in dem Pfarrhause zu Orzeszkowo ununterbrochen und zwar bis zur südpreußischen Zeit stets in polnischer Sprache statt. Im Jahre 1784 wurde das noch jetzt stehende gemauerte Pfarrhaus und 1788 die jetzige Kirche, in Fachwerk mit Ziegeln ausgeflochten und mit einem Türmchen versehen, erbaut. Zu letzterem Bau waren sehr reichliche Gaben eingegangen; besonders zeichnete sich dabei die Familie Mielecki aus. Der Gutsherr Adam v. Kurnatowski, Michael v. Ziemiecki auf Altgörzig und der Pfarrer Behr leiteten den Bau. An der allmählich baufällig gewordenen Kirche wurde 1861 eine Reparatur vorgenommen, die sich fast zu einem Neubau gestaltete. Zu der Kirche in Orzeszkowo halten sich die Mitglieder der Ortschaften Orzeszkowo, Dombrowo, Kubowo, Kwilcz, Rosbitek, Urbanowko, Josephowo, Mechnatsch Chausseehaus, Moschiejewo, Wituchowo, Kopanino, Gnuschin Dominium mit im ganzen 334 Seelen.

Eine Schule ist Orzeszkowo.

Die Pfarrer dieses unter Privatpatronat der Erbherrschaft von Orzeszkowo stehenden Kirchspiels waren:

  1. Martin Plorth, aus Scharfenort gebürtig, leitete unter großen Mühseligkeiten den Bau der ersten Kirche. Später entstandene Misshelligkeiten zwischen ihm und der Gemeinde veranlassten 1647 seine Versetzung nach Scharfenort (s. Samter), später fungierte er in Schocken (s.d)
  2. Georg Gleinig, aus Lissa, von 1647-1661, vorher Pfarrer in Adelnau (s.d.)
  3. Martin Plorth, nochmals von 1661-1664
  4. Sam. Chodowiecki, aus Chocz an der Prosna in der Wojewodschaft Kalisch, wurde 1664 hierher berufen, 1675 zum Konsenior erwählt und starb am 21. November 1691. Seiner Familie gehörte der berühmte Kupferstecher Dan. Chodowiecki an.
  5. Franz Sam. Majewski, von 1692 an, starb hier am 8. März 1713
  6. Joh. Sam. Musonis, 1713-1719
  7. Franz Sam. Prüfer, trat 1719 das hiesige Amt an. Er mußte dasselbe im Jahre 1723 aufgeben, angeblich weil er das durch einen Blitzstrahl in der Kirche entstandene Feuer als vom Himmel gefallen zu löschen verhindert hatte und deshalb in Misshelligkeiten mit dem Gutsherrn geraten war. Er begab sich nach Königswalde.

    [1.648]

    Kirchensiegel Orzeszkowo

  8. Georg Ernst Majewski, von 1723-1735, ward polnischer Prediger, Subrektor des Gymnasiums und Notarius der Unität in Lissa (s.d.), wo er am 31 Juli 1757 starb.
  9. Johann Alex. Cassius, 1735-1737, wurde polnischer Prediger in Lissa (s.d.); starb dort als Senior der Unität.
  10. Paul Ludwig Cassius, ein Sohn des Seniors David Cassius in Schocken (s.d.), geb. 1715, stieg zum Senior der Unität und starb in Orzeszkowo am 20. Aug. 1774,.
  11. Georg Wilh. Behr, aus Breslau gebürtig, wurde Vicarius bei der Lissaer deutschen Johannisgemeinde und kam 1776 nach Orzeszkowo. Bei Errichtung des großpolnischen evangelischen Konsistoriums wurde er Beisitzer desselben. Er starb hierselbst im Jahre 1808.
  12. Joh. Wilh. Cassius, geboren 1787 in Posen, ein Enkel des Seniors Joh. Alex. Cassius, wurde 1810 Pfarrer in Orzeszkowo, war von 1813-1824 zugleich Professor der griechischen und lateinischen Sprache am Gymnasium zu Posen und starb daselbst am 8. Nov. 1848. – Er war ein gelehrter Mann, der sich auch mit der Geschichte der Brüdergemeinde vielfach beschäftigt hat. Aufsätze von ihm sind in den Programmen des Posener Mariengymnasiums enthalten.
  13. Joh. Carl Jul. Hartnik, geboren am 20. Januar 1815 zu Fraustadt, studierte in Breslau und wurde 1849 hierher berufen. Er starb am 10. September 1887
  14. Arthur Pflegel, wurde 1888 Pfarrverweser und 1889 Pfarrer.

Kuschlin – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani)
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[1.649]

Kuschlin Kirche - Postkartenausschnitt - aus der Sammlung Arno Kraft

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen “ – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .

Das Dorf Kuschlin wurde auf Grund des Ministerialerlasses vom 8. Jul und der Errichtungs-Urkunde vom 15. August am 1. Oktober 1865 Pfarrort einer Kirchengemeinde, welche aus Teilen der umliegenden Kirchspiele Neustadt bei Pinne, Grätz, Buk und Neutomischel gebildet wurde. Der Gottesdienst fand im Schulhause zu Kuschlin statt. Durch ein Gnadengeschenk des Kaiser Wilhelm I. von 5.000 Mark, durch Beihilfe des Gustav-Adolf-Vereins, des Rittergutsbesitzers v. Hardt auf Wonsowo, der 10.000 Mark, dann 15.300 Mark schenkte, des Rittergutsbesitzers Asch auf Glupia, der 2.000 Mark beitrug, erlangte die Gemeinde die Mittel zur Erbauung einer schönen, massiven, einen Kostenaufwand von 60.000 Mark erfordernden, mit einem Turm versehenen Kirche, zu welcher am 22. Jun 1881 der Grundstein gelegt wurde und

welche am 18. September 1883 durch den Generalsuperintendenten D. Geß die Weihe empfing. Das Pfarrhaus wurde bereits 1869 erbaut. Die Gemeinde hat in den späteren Jahren noch mancherlei Wohltat von dem Herrn v. Hardt auf Wonsowo erfahren, welcher auch im Jahre 1877 in Wonsowo eine Kapelle mit 120 Sitzplätzen einrichtete und der Gemeinde Kuschlin übereignete. Die Pfarre besitzt ein neues, massives, geräumige Wohnhaus. Zur Parochie gehören Kuschlin und 19 Ortschaften bzw. Gutsbezirke mit 1.696 Seelen, nachdem 1893 mehrere Ortschaften nach Opalenitza ausgepfarrt sind.

Die Pfarrer waren:

  1. Otto Hildt, vorher Hilfsprediger in Koschmin, trat 1. November 1865, sein Amt an und wurde 1868 Pfarrer an der Neustädtischen Kirche zu Fraustadt (s.d.)
  2. Karl Heinrich Gotthold Bahr, vorher Hilfsprediger in Chlastawe (s.d.), wurde 1868 Pfarrverweser und 1869 Pfarrer. Er trat 1873 in das Pfarramt zu Peterawe (s.d.) über.
  3. Oswald Ast, vorher Hilfsprediger in Prittisch, trat 1873 als Pfarrverweser ins Amt und wurde 1874 Pfarrer. Er folgt 1882 dem Rufe nach Kosten (s.d.)
  4. Wilhelm August Traugott Jamrowski, vorher Hilfsprediger in Grätz, ward 1884 Pfarrverweser und dann Pfarrer und 1886 nach Gross-Tromnau und Neudörfchen in Preußen berufen.   Nach fast einjähriger Vakanz wurde
  5. Emil Albert Ludwig Tank, vorher Pfarrer in Fiddichow in Pommern, 1887 ins Pfarramt berufen

Jablone – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani)
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[1.650]

Jablone Kirche - Postkartenausschnitt

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen “ – Erscheinungsdatum 1898 – verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .

Das Kirchspiel Jablone haben im Jahre 1845 die bis dahin zur Kirche in Rakwitz (s.d.) gehörigen Dorfgemeinden Jablone, Blenke, Wioska Dorf und Wioska Hauland gegründet. Da sie sich erboten, jährlich zur Erhaltung der Pfarre 900 Mark und zum Bau der kirchlichen Gebäude 7.170 Mark aufzubringen, so wurde durch Erlass des Kultusministers vom 29. September 1847unter Zusage einer jährlichen Unterstützung von 630 Mark (Matrikel vom 21. Oktober 1847) die Errichtung der neuen Pfarre genehmigt und der erste Pfarrer Birkholz am 27. Februar 1848 eingeführt. Die Errichtung der Parochie erfolgt vom 1. Januar 1848 ab. Der Pfarrer  wurde zunächst in einer engen dumpfigen Bauernhütte untergebracht; der Gottesdienst fand abwechselnd in den Schulstuben der Ortschaften statt.

Aber die Gemeinde hatte ihre Kräfte überschätzt und geriet, nachdem sie zu dem vor allem nötigen und 1848 vollendeten Pfarrhausbau fast die ganze von ihr zu den kirchlichen Bauten aufgebrachte Summe verausgabt hatte, wegen des Kirchbaues und der Erhaltung der Pfarre in große Verlegenheit. Da schilderte der Regierungsrat Dr. Klee aus Posen auf der Breslauer General-Versammlung des Gustav-Adolf-Vereins 1849 ihre Lage in so beredten Worten, dass der Zentralvorstand desselben um Weihnachten 1849 ein Christgeschenk von 3.000 Mark nach Jablone sandte, worauf im Jahre 1851 von dem Berliner Lokal-Vereine des Gustav-Adolf-Stiftung eine Unterstützung von 1.200 Mark und aus Stettin, Gumbinnen, Küstrin und Züllichau 692 Mark folgten. Auch gewährte König Friedrich Wilhelm IV. ein Gnadengeschenk von 900 Mark, und eine bewilligte Haus- und Kirchenkollekte brachte 6.488 Mark ein. So ward die Gemeinde in den Stand gesetzt, eine mit einem schönen  Turm versehen massive Kirche zu erbauen, welche am 15. Oktober 1852 durch den Superintendenten Gerlach aus Wollstein die Weihe empfing.

Die Parochie enthält die genannten Dörfer und das Vorwerk Mielecinek und zählt 1.805 Seelen. (vergl. Darmstädter Bote der Gustav-Adolf-Stiftung 1850. Nr. 3 und Nr. 9 – Zimmermann: „Die Bauten der Gustav-Adolf-Vereins.“ Darmstadt. Band I, S. 154.)

Die Pfarrer waren:

  1. Johann Wilhelm Birkholz, vorher Rektor in Schönlanke, trat 1848 sein Amt an und starb am 15. Oktober 1885, 74 Jahre alt.
  2. Hugo Flatau, wurde 1886 Pfarrverweser und 1887 Pfarrer

Der sentimentale Besuch in Nowy Tomyśl/Neutomischel – Der Artikel in „Unser Tag fur Tag“ 15-06-2010

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Unser Tag fur Tag)
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In der Neutomischler Lokalzeitung  „Nasz Dzień po dniu [1.651] “ erschien am 15-06-2010 der Artikel, der den Besuch  einiger Vorkriegsbewohnern von Neutomischel beschreibt.


Zwischen dem 3. und 8. Juni 2010 war Nowy Tomyśl/Neutomischel Ziel eines Ausfluges von Vorkriegsbewohnern des Nowotomyski/Neutomischler Kreises. Die Gäste leben heute in verschiedenen Städten in Deutschland. Die ungewöhnlichen Gäste wollten Plätze ihrer Kindheit und aus ihren Erinnerungen besuchen. Gleichzeitig wollten sie sich ansehen, welche Veränderungen im Laufe den letzen zig Jahren stattgefunden haben.

[1.652]

Erinnerungsfoto vor dem Neutomischler Guinness Korb

[1.653]

Herr Dieter Maennel überreicht dem Bürgermeister eine Bearbeitung über die 62-jährige Geschichte der Drahtfabrik seiner Vorfahren

Am Morgen des 3. Juni 2010 um 9:00 Uhr machten sich 22 Personen über Hannover auf den Weg nach Nowy Tomyśl/Neutomischel; sie trafen am selben Tage gegen 19:00 ein.
Am Freitag morgen begrüsste die Besucher der Bürgermeister Herr Henryk Helwing gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinen – der Leiterin der Entwicklungs- und Promotionsabteilung Frau Ewelina Szofer-Pajchrowska und Frau Milena Leszczynska.

An diesem Tag hatte sich der Gruppe auch Herr Otto Jachode, der im Sommer in Grunda wohnt, angeschlossen; er wurde vor dem Krieg in Węgielnia [Waldtal] geboren. Als Organisator und Reiseleiter der Gruppe galt Herr Charles Bleeker-Kohlsaat, er spricht vorzüglich polnisch. Als freiwillige Dolmetscher kamen Einwohner der jungen Generation aus Nowy Tomyśl/Neutomischel zur Unterstützung – Frau Iwona Sołtysiak, Herr Wojciech Szkudlarski und Herr Przemysław Mierzejewski.

Der Bürgermeister selbst übernahm die Stadtführung durch das heutige Nowy Tomysl und leitete die Gruppe auf dem Weidenweg; dabei erzählte er den  Gästen die Vorzüge der Stadt. Das 2-stündige Begrüßungstreffen endete mit der Vorführung des deutschsprachigen Promotionfilms der Stadt bei Kaffee, Tee und Kuchen im Saal des Kulturhauses von Neutomischel (Nowotomyski Dom Kultury).

Im weiteren Ausflugprogramm der Besucher waren ein Treffen in Chmielinko [Steinberg], der Besuch auf dem Ferienhof des Herrn Tadeusz Osyra in Nowa Boruja [Neu Borui] – Herr Osyra führt das ethnographische Wandermuseum namens „ Museum am Weg“, ein Ausflug nach Poznań [Posen], der Besuch in Schokoladenfabrik „Hildebrand“ in Opalenica [Opalenitza] und dann noch ein Besuch der Stadt Grodzisk [Grätz]. Am Abend streiften die Gäste dann noch durch Nowy Tomyśl [Neutomischel] und suchten nach Plätzen, die ihnen aus Kinderjahren noch in Erinnerung waren.

Am Montagabend fand das Abschiedstreffen im Restaurant „Sandra“ statt (die Gäste kannten die Lokalität noch unter dem Namen „Zum schwarzen Adler“ oder auch „Zum goldenen Adler). Jeder Gast erhielt einen Abzug des Erinnerungsfotos, welches vor dem größten Weidenkorb der Welt, er findet sich im Guiness Buch der Rekorde, aufgenommen worden war mit einer handschriftlichen Widmung des Bürgermeisters und eine Kopie CD des Promotionsfilm der Stadt als Andenken Ihres Besuches übergeben.

[1.593]

Ein ungewöhnlicher Moment. Der Ur-Ur-Enkel Dieter Maennel im Jahre 2010 neben dem seinem Ur-Ur-Großvater im Jahre 1824 gewidmeten Taufbecken

Erwähnenswert ist, dass unter den Gästen Herr Dieter Maennel war. Sein Vater war der Besitzer der ehemaligen Drahtfabrik am Niepodległości Platz 2 [Neuen Markt 2] gewesen. Der Name Maennel war in Nowy Tomyśl [Neutomischel] seit Anfang des 19. Jahrhunderts bekannt. Zum Gedenken an Carl Maennel wurde das Weihbecken, welches heute in der Kirche Herz Jesu am Chopina Platz [am Alten Markt] zu finden ist gestiftet, dieser Carl Maennel war der Ur- Ur- Großvater Nowy Tomyśl [Neutomischel] des Besuchers Herrn Dieter Maennel.

Über die Geschichte des Nowotomyskie [Neutomischler] Taufbeckens haben wir in unserer Zeitung, Ausgabe Nummer 29 vom 15 Juli 2008, geschrieben [siehe auch [1.654]]. Herr Dieter Maennel übergab in die Hände des Bürgermeister eine Ausarbeitung  der 62-jährigen Geschichte der Drahtfabrik seiner Vorfahren. Diese geschichtliche Darstellung ist nunmehr in der Stadt- und Kreisbibliothek zu finden.

Eine Mordnacht in einem Abbau bei Sontop – 1858 – Teil 1

geschrieben von Gudrun Tabbert
(aus der Sammlung des Dr. Vollert, Großherzogl. sächs. fürstl. schwarzb. Kreisgerichtsrath.)
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[1.655]

Der neue Pivatal - mit: EINE MORDNACHT IN EINEM ABBAU BEI SONTOP

Der neue Pitaval – Eine Sammlung der interessantesten Criminalgeschichten aller Länder aus älterer und neuerer Zeit, enthält in der Veröffentlichung aus dem Jahre 1865 den Artikel – EINE MORDNACHT IN EINEM ABBAU BEI SONTOP IM GROSSHERZOGTUM POSEN. Im Vorwort heisst es wie folgt: … macht uns mit Menschen aus den untersten Klassen der Gesellschaft bekannt, deren Gewerbe Diebstahl und Mord sind, nur fehlt hier jeder versöhnende Zug. In dem dunkeln Gemälde ist die dunkelste Gestalt die Witwe Lüdtke: die Megäre dingt einen Mann, den sie zum ersten mal sieht, ohne weiteres zum Mord, sie liefert den früheren Geliebten und ihren eigenen Sohn ans Messer und tröstet sich noch mit einer Verdrehung der Bibel, denn, sagt sie, es steht geschrieben: „Wer kein Blut vergießt, dess Blut soll auch nicht vergossen werden.“ Die Situation des einsamen Hauses im Walde passt zu der grausigen Bluttat. Das Ganze ist ein Abgrund von entsetzlicher Rohheit, das Geständnis des auf den Tod verwundeten, nach dem heiligen Abendmahl verlangenden Girndt das einzige lichte Moment.

* * *

Fast alle Dörfer in Westpreußen und dem Großherzogtum Posen sind im weiten Umkreise von sogenannten Abbauten umgeben, die ganz vereinzelt, fern von der Landstraße, im freien Felde oder in dem an die Feldmarken anstoßenden Walde liegen, meist aus einem nur das notdürftigste Obdach gewährenden Wohnhause mit Stall und Scheune und wenigen Morgen Landes bestehen und einen sehr bedenklichen Ruf bei den Polizeibehörden genießen. Von armen Leuten bewohnt und der wirksamsten Kontrolle (der durch die Nachbarn und Gemeindegenossen) entzogen, bieten sie allen denen, welche aus irgendeinem Grunde wünschen müssen, mit der Obrigkeit nicht in Berührung zu kommen, ein willkommenes Obdach. Die benachbarten Wälder laden zum Wilddiebstahl ein, und nächtliche Raubzüge in die Umgegend werden von dort aus  um so lieber unternommen, als das gestohlene Gut in nächster Nähe leicht zu verbergen ist und die Dorfschulzen und Gerichtsmänner ihrer polizeilichen Tätigkeit nicht gern, und am wenigsten bei Nacht, eine zu bedeutende räumliche Ausdehnung zu geben pflegen.

Einen solchen Abbau, der zu dem bei Neutomysl im westlichen Theile der preußischen Provinz Posen belegenen Dorfe Sontop gehört, besaß im Jahre 1858 die Witwe Luise Lüdtke, eine rüstige Frau im Alter von 44 Jahren. Das kleine, aus Lehmfachwerk erbaute und etwa 14 Schritt im Geviert messende Wohnhaus bestand aus zwei, durch die Hausflur getrennten Zimmern. Die Eigentümerin mit ihrer zwanzigjährigen Tochter Ernestine, ihrem dreizehnjährigen Sohne Robert und zwei kleineren Kindern im Alter von neun und fünf Jahren, wohnte in der einen Stube, der Bruder ihres verstorbenen Ehemannes, der Ausgedinger Gottlieb Lüdtke, ein großer kräftiger Man von 55 Jahren, und der älteste Sohn der Witwe Lüdtke, Namens Eduard, welcher damals im 17. Lebensjahr stand, hatten die andere Stube inne.

Am Morgen des 24. Juni 1858 kam die Witwe Lüdtke in höchster Aufregung, bleich und zitternd, zu dem Schulzen Hoffmann nach Sontop. Ihr Sohn Robert hatte, wie sie unter strömenden Tränen erzählte, seinem Oheim (=Onkel), den Gottlieb Lüdtke, und seinen Bruder Eduard in der Nähe des Wohnhauses ermordet gefunden. Hoffmann folgte ihr sofort nach dem fast eine Viertelmeile vom Dorfe entfernten Abbau.

Die ganze nur etwa drei Morgen große Lüdtke’sche Besitzung ist von allen Seiten von dichten Kieferwaldungen umgeben. Ein selten benutzter Fahrweg zieht sich in einiger Entfernung am Wohnhause vorüber. Die nächste menschliche Wohnung, ein Waldwärterhaus, liegt etwa 1.000 Schritt entfernt, tief im Walde.

Vom Wohnhause führt ein schmaler Fußpfad zwischen Kornfeldern nach einer sumpfigen, mit Erlen bestandenen Wiese. Auf derselben, 250 Schritt vom Wohnhause, befindest sich ein von hohem Erlengebüsch umgebenes kreisförmiges Wasserloch, in dortiger Mundart Keute genannt. Es hat einen Durchmesser von 10, eine Tiefe von etwa 7 Fuß und war in dem heißen Sommer von 1858 bis auf den morastigen Boden ausgetrocknet.

Hoffmann begab sich, von Robert Lüdtke geführt, nach diesem Wasserloche. Schon auf dem Wege dahin nahm er eine fast einen Fuß breite Blutlache wahr. Sonst etwas Verdächtige, insbesondere die Spuren eines Kampfes, bemerkte er nicht. Am Rande der Keute war eine zweite kleinere Blutlache sichtbar, in der Keute selbst erblickte der Schulze zunächst den schon kalten und starren Leichnam des ihm wohlbekannten Gottlieb Lüdtke. Der Verstorbene lag auf dem Rücken; der Kopf war zurückgebogen, hart unter dem Kinn zeigte sich eine weite, klaffende, fast um den ganzen Hals gehende Wunde. Da Gesicht und die aus Hemd, Hosen und Weste bestehenden Kleider waren mit frisch geronnenem Blut beschmutzt. Zwischen den auseinandergespreizten Beinen des Toten fand Hoffmann eine tote Ziege, deren Bauch aufgeschlitzt war, sodass die Eingeweide heraustraten. Der Kopf der Ziege lag auf der Brust des Lüdtke, das eine Horn war bis an die Wurzel unter den die beiden Hosenträger auf der Brust verbindenden Quergurt gesteckt.

[1.656]

Toteneintrag aus dem Jahr 1858 im Kirchenbuch von Neutomischel mit dem Vermerk: die Täter wurden bald ermittelt ....

In der Mitte der Grube entdeckte man ferner die Leiche des Eduard Lüdtke, das Gesicht tief in den Morast gedrückt. Am Vorderteile des Halses klaffte eine tiefe, in der Mitte 2 Zoll weit auseinanderstehende Wunde. Die Lage der Leiche machte auf Hoffmann den Eindruck, als sei sie von oben herab in die Grube geworfen worden. Zu Häupten beider Leichen lagen, lose hingeworfen, ein Rock des Gottlieb und eine Jacke des Eduard Lüdtke. An beiden Kleidungsstücken war kein Blut sichtbar. Endlich wurde in der Grube ein ziemlich stumpfes Taschenmesser gefunden, welches die Witwe Lüdtke als dem Gottlieb Lüdtke gehörig bezeichnete; an der Klinge klebten etliche Ziegenhaare und Blut.

Fortsetzung folgt …

Orgelbau-Anstalt Dienegott Janott, Neutomischel, Prov. Posen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Eine Zusammenfassung der Arbeit des Gerhard Franke)
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Bucheinband: "Die Orgelbau-Anstalt-Janott"

Für diesen Artikel gilt ein besonderer Dank der Familie Franke zu Berlin. Gerhard Franke, ein Groß-Neffe des Dienegott Janott hat in mühseliger, aufwendiger und bewundernswerter Arbeit die Tätigkeit seines Vorfahren recherchiert. Er erstellte und veröffentlichte im Dezember 2005 das Buch „Die Orgelbau-Anstalt Janott“. Von ihm erhielten wir auch die freundliche Genehmigung eine kleine Zusammenfassung zu der seinerzeit in Neutomischel ansässigen Orgelbauwerkstatt zu veröffentlichen.

Dienegott Friedrich Janott wurde am 22. Juni 1869 in Chichagóra geboren. Er war der jüngste Sohn seiner Eltern Johann Gottlieb Janott und Anna Dorothea geb. Redlich, die eine Landwirtschaft zu Chichagora unterhielten. Diese Landwirtschaft lässt sich ins Jahr 1793 zurückverfolgen.

1894 heiratete er im Alter von 25 Jahren, er war zu diesem Zeitpunkt Mühlenbauer, Ottilie Günther aus Bukowiec. Es heisst, dass er ab 1895 das Orgelbauhandwerk bei der Firma Wilhelm Sauer in Frankfurt/Oder erlernte.

1898 wurde der erste Sohn Konrad, 1899 die Tochter Margaretha, 1900 der zweite Sohn Hans, 1901 der dritte Sohn und im Jahr 1905 die zweite Tochter Else geboren.

[1.657]

Im Vordergrund die Werkstatt (1902-1920), dahinter das Wohnhaus (von PM) 4-6-2010

[1.658]

Im Vordergrund die Werkstatt (1902-1920), dahinter das Wohnhaus (G.Franke) 1983

Um 1900 wurde die Orgelbau-Anstalt Dienegott Janott in Neutomischel gegründet. Der Betrieb wurde auf dem Grundstück des Wohnhauses in der Grätzer Str. 220 angesiedelt. – In dem Kirchenblatt für die Evangelisch-lutherischen Gemeinden vom 03. November 1901 heisst es im Beitrag zum „Kirchweihjubiläum in Alt-Tuchorze“: Das war ein fröhliches Kommen und Grüßen in Alt-Tuchorze am Mittwoch, den 23 Oktober, zur Feier des fünfzigjährigen Jubiläums des renovierten Kirchleins und zur Weihe einer neuen kleinen Orgel. Diese, das Erstlingswerk eines Gliedes der Gemeinde Neutomischel, des Orgelbauers Dienegott Janott in Bukowiec, hatte die Gemeinde für den überaus mäßigen Preis von 600 Mark – das Werk hat 6 klingende Stimmen – erworben, da das kleine Pfeifeninstrument, das ihr 45 Jahre hindurch gedient hatte, den Dienst nunmehr vollständig versagte. (Trotz des billigen Preises ist das Werk nach dem sachverständigen Urteile des Kantors der hiesigen landeskirchlichen Gemeinde seinem Zwecke vollkommen entsprechend.)

Zuerst wurden die Orgeln in einem behelfsmäßigem Werkraum gefertigt, ehe 1908 auf dem gleichen Grundstück, rechts neben dem Wohnhaus eine zehn Meter hohe Werkhalle errichtet wurde. Im Unternehmen waren Karl Pohle, Karl Fliegert und Richard Deckert angestellt. Später arbeiteten auch die drei Söhne im Familienbetrieb. Die Belegschaft bestand zumeist aus 7 Personen und wurde als Familienbetrieb geführt. Ottilie, die Ehefrau des Dienegott Janott, verköstigte alle, Angestellte und Familienangehörige, dreimal täglich mit den Mahlzeiten. Kennzeichnend für die überschaubare Größe des Unternehmens war auch die Geschäftsführung: sehr kurz gehaltene handschriftliche Eintragungen zum Aufstellungsort, zu Lieferdaten, zu Preisabsprachen und den Dispositionen der Fertigung der Musikinstrumente. Es kam auch schon mal zu einem verpassten Liefertermin, das zugekaufte Bauteile, die zur Fertigstellung notwendig waren, nicht eingetroffen waren. Alle Energie wurde auf die Kunst der Fertigung und die Perfektion der Orgeln verwendet, die kaufmännische Seite war vermutlich nur eine Notwendigkeit.

[1.659]

Dienegott Friedrich Janott (Foto:Else Wenzel geb. Janott)

Der Sohn Konrad Janott sollte ebenfalls in der Fa. Sauer den Orgelbau erlernen. Er erhielt jedoch eine Ablehnung auf seine Bewerbung. Die Fa. Sauer wollte sich keine weitere Konkurrenz schaffen.

Dienegott Janott war auch der Organist der evangelischen-lutherischen Gemeinde zu Neutomischel.

Nach dem Ende des I. Weltkrieges, Neutomischel war polnisch geworden, musste der Orgelbau eingestellt werden. Zum Bau notwendige Materialien, wie z. B. weiches Leder für die Ventilbälge,vor dem Krieg problemlos in Berlin angekauft, konnte nur noch, wenn überhaupt, über das „Ausland“  zu dem die Großstadt nunmehr gehörte, beschafft werden.

[1.660]

Orgel zu Kuschten (Foto:G.Franke)

Zum Jahr 1920 leitete Dienegott Janott den Weggang aus Neutomischel für seine Familie und die Orgelbauwerkstatt ein. Bis zu diesem Zeitpunkt waren 51 Orgeln in Neutomischel gefertigt worden. Als Auftraggeber galten Kirchengemeinden evangelischer und katholischer Konfession, aber auch freikirchliche Gemeinden. Es waren auch Hausorgeln für private Haushalte gefertigt worden.

Noch im Jahr 1920 verstarb der Sohn Hans in Neutomischel.

Zu 1921 wurde dann der Ankauf eines Grundstückes und der Aufbau einer neuen Orgelbau-Werkstatt in Fürstenwalde / Spree realisiert. 1926 musste die Familie den Tod des Sohnes Konrad verkraften.

Dienegott Janott verstarb am 25. August 1928 zu Fürstenwalde / Spree im Alter von 59 Jahren.

Das Taufbecken der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde zu Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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[1.661]

Innenansicht der evgl. luth. Kirche; vorne rechts das Taufbecken - Foto D. Maennel

Das Taufbecken der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde zu Neutomischel findet sich heute am Ost-Eingang in der Herz-Jesu Kirche und dient als Weihwasserbecken.

Es wurden hier die Beiträge des Pastor Otto Schilter über Das evangelisch-lutherische Kirchspiel Nowy Tomysl (Neutomischel) [1.662] und der des Pastors Werner aus Schwarzwald 100 jährige Gemeindejubiläum in Neutomischel (evgl. luth. Kirche) [1.663] schon veröffentlicht, daher findet sich hier lediglich eine kurze Zusammenfassung zur Einleitung, gesucht werden noch Einzelheiten.

* * *

[1.664]

Taufbecken - das sechseckige Oberteil ist drehbar und hat einen Kreisdurchmesser von 0,60 m, der ebenfalls sechseckige Fuss hat einen Kreisdurchmesser von 0,39 m, Die Höhe beträgt 0,96 m (Foto:PM 13-06-2010)

Es war daraus zu erfahren, dass einzelne fromme evangelische Männer zu Beginn ihren kirchlichen Gedanken weiter verfolgen wollten und sich nicht der Kaiserlichen Anordnung der Einreihung in eine Unierte evangelische Kirche anschließen wollten. Genannt wurden die Namen wie z. B. Reisch, Schupelius, Menzel und Maennel; auch wurden die Schwierigkeiten des Predigers Fritzsche, der nur heimlich seine Predigten hat halten dürfen, ja der sogar steckbrieflich gesucht wurde, erwähnt. Ab 1838 sammelten sich die Gläubigen zu einer, wenn auch verbotenen,  kleinen Gemeinde in Neutomischel.

Erst mit Jahr 1845 wird es den so genannten „Alt-Lutheranern“ seitens des Staates gestattet ihre Religion frei auszuüben. Mit dieser Erlaubnis war auch das bis dahin geltende Verbot Kirchengebäude zu errichten hinfällig. In Neutomischel wurden die Gottesdienste bis 1858 noch im Haus des Königlichen Kreis-Chirugen Stellmacher abgehalten bis dieses durch einen Brand vollständig vernichtet wurde. Durch eine Grundstücksspende des Eigentümers Tepper und Spenden von den Gemeindemitgliedern, dieser hatten sich mehr und mehr Anhänger angeschlossen,  wurde dann noch 1858 die erste Evangelisch-Lutherische Kirche in Neutomischel errichtet, die dann im November des gleichen Jahres eingeweiht wurde.

Schon für das Jahr 1871 werden in der Kirchenstatistik 19 Knaben und 28 Mädchen = 47 Taufen genannt.

1883 fand die Feier zum 25-jährigen Bestehen statt, 1933 das 75-jährige Kirchweihjubiläum.

1945 verlässt die deutsche Bevölkerung Neutomischel, das Bestehen der „Alt-Lutherischen Gemeinde zu Neutomischel“ findet ihr Ende.

Inzwischen haben wir das Jahr 2010 und etwas über die Geschichte der heute polnischen Stadt Neutomischel zu finden ist eine Sisyphusarbeit. Umso mehr freut es dann über einen neuen Fund berichten zu können.

Als die eingangs erwähnten Artikel für die Veröffentlichung aufbereitet wurden, wurden auch einige Fotos und Abbildungen alter Postkarten eingefügt, um zu zeigen worüber da berichtet wird, denn das Gebäude der evgl.-luth. Kirche ist nicht mehr existent.

Und wieder war es die Beobachtung von dem in Nowy Tomysl lebenden Geschichtsforschers Przemyslaw Mierzejewski, die ein neues Stück Vergangenheit aus ihrem „Dornröschen-Schlaf“ erweckt hat.

Es wurde ja schon darüber geschrieben [1.654], dass am Nord-Eingang der Herz-Jesu Kirche das ehemalige Taufbecken der Evangelischen Kirchengemeinde steht. Jetzt ist zu ergänzen, dass am Ost-Eingang das ehemalige Taufbecken der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde zu finden ist, auch dieses dient heute als Weihwasserbecken.

Leider haben wir noch keine Geschichte zu dem Taufbecken, z. B. wie es zu dem Standortwechsel kam, aber vielleicht kann ein Leser dieses Artikels uns diese ja noch übermitteln?

Wir freuen uns über jede Zuschrift!

[1.665]

Das Taufbecken der Evgl.-Luth. Kirche - links heute (Foto: PM) - rechts früher (Fotoausschnitt s. o.)

Arno Kraft – Kreuze auf den evangelischen Gemeindefriedhöfen (Posener Stimmen)

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Arno Kraft (Posener Stimmen))
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Dieser Artikel erschien in den „Posener Stimmen“ ; verfasst wurde er von Herrn Arno Kraft, er war vor dem Krieg Neutomischeler Einwohner.
Veröffentlicht wurde dieser Beitrag mit der freundlichen Genehmigung der Posener Stimmen – Heimatbrief der Gemeinschaft Evangelischer Posener (Hilfskomitee E.V.), in deren Ausgabe Nr. 6 / 2010 die Publikation erfolgt.

[1.666]

Herr Mierzejewski (links) und Bürgermeister Helwing (24-09-2009 Foto: Stadtamt)

[1.667]

Kreuz auf dem Friedhof Scherlanke (25-08-2009 Foto. PM)

In der Großgemeinde Neutomischel wurde im vergangenen Jahr begonnen, große Kreuze aus Eisen auf den ehemaligen Friedhöfen der einzelnen Hauländergemeinden aufzustellen.
Im Jahre 2009 wurden vier Kreuze in der Umgebung von Neutomischel aufgestellt (Friedenwalde, Scherlanke, Glinau und zuletzt Paprotsch im September).
Bezahlt wird diese Aktion aus Mitteln der Großgemeinde. In diesem Jahr und in den kommenden Jahren soll das nach den zur Verfügung stehenden finanziellen Möglichkeiten fortgeführt werden
Die Anregung dazu kam von Herrn Mierzejewski, der vor rund zehn Jahren aus Schlesien nach Neutomischel übergesiedelt ist. Unterstützt wurde er vom Bürgermeister Helwing.

Auf der Tafel um Fundament des Kreuzes steht jeweils in Polnisch “Selig sind die, welche im Herrn gestorben sind“ und Evangelischer Friedhof von …
Die deutschen evangelischen Siedler, die ihre Heimat aus religiösen Gründen verlassen mussten und in Polen eine Zuflucht fanden, haben in rund 250 Jahren die Gegend um Neutomischel grundlegend verändert und die jetzigen polnischen Bewohner können nun auf diese landschaftliche Verbesserung aufbauen. Das wird jetzt gewürdigt und man sieht dies nun anders als vor 50 Jahren! –
Das Aufstellen von großen Kreuzen, allerdings aus Holz, hat vor rund 20 Jahren Zygmund Duda aus Opalentza in seiner Gemeinde schon durchgeführt. Es gab hier nur vier evangelische Friedhöfe –
In der Großgemeinde Neutomischel sind es aber siebzehn und in der von Kupferhammer schon fünfundzwanzig, und hier ist ein großer Teil der Gemeindeflächen des sandigen Bodens wegen wieder aufgeforstet worden.
Im ganzen jetzigen Kreis Neutomischel waren es achtzig evangelische Friedhöfe.
Eine polnische Zeitung gab ihrem Bericht von der Einweihung des Kreuzes in Paprotsch die Überschrift . “Sie wollen erinnern„.

Golon – Generalkirchenvisitation in Friedenhorst – 1929

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Golon)
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Der Artikel stammt aus den Posener Stimmen Ausgabe 9/1990; es wird hier beschrieben wir die Kirche zu Friedenhorst im Jahr 1929 beurteilt bzw. eingeschätzt wird – einmal im geistlichen Leben und dann ergänzend noch der Pfarrer, der zum Zeitpunkt der Kirchenvisitation amtierte.

Veröffentlicht wurde dieser Beitrag mit der freundlichen Genehmigung der Posener Stimmen – Heimatbrief der Gemeinschaft Evangelischer Posener (Hilfskomitee E.V.)

Ergänzt wurde das Bild der zweiten evangelischen Kirche zu Friedenhorst aus dem Jahr 2009

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Kirche zu Jastrzebsko Stare / Friedenhorst, seinerzeit die 2. evgl. Kirche (9-10-2009 Foto:PM)

Vor zwei Monaten konnten wir die Geschichte der Kirchengemeinde Friedenhorst in unserem Heimatblatt lesen.

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Die 1. evgl. Kirche in Friedenhorst, erbaut 1797 und erweitert 1864 – aus „Die evangelische Kirchen der Provinz Posen“ von Dr. Kremmer, 4. Aufl. 1905

Ein ganz besonderer Tag in der Geschichte der Kirchengemeinde Friedenhorst war der 7. Juni 1929. An diesem Tage fand die Generalkirchenvisitation in Friedenhorst statt im Verlauf dieser Visitation in den vereinigten Kirchenkreisen Wollstein-Neutomischel unter der Leitung von Generalsuperintendent D. Paul Blau.

Im Buch „Die evangelischen Generalkirchenvisitationen in den von Ost- und Westpreußen sowie Posen 1920 abgetrennten Kirchenskreisen – bearbeitet und herausgegeben von Walther Hubatsch – 1971“ – beurteilt der Generalsuper-intendent zuerst das geistliche Leben in der Kirchengemeinde Friedenhorst mit folgenden Feststellungen:

Die Gemeinde Friedenhorst ist von der Umwälzung und der Abwanderung nur wenig berührt worden. Da einzelne Gemeindeteile, die früher nach Tirschtiegel gehörten, aber auf polnischer Seite geblieben sind, ihr zugeschlagen worden sind, ist die Seelenzahl ungefähr auf dem Stande der Vorkriegszeit geblieben (1150 Seelen). Auch durch Verkauf sind nur wenige Höfe in polnische Hand übergegangen, so daß die Gemeinde einen fast durchweg deutschen Eindruck macht. Da sie aber einen räumlich großen Umfang hat, die Höfe meist einzeln liegen und eine Anzahl kleinere Ortschaften dazu gehört, ist der Zusammenhalt der Gemeinde nicht ganz leicht. Vor allem ist es kaum möglich eine geeignete Jugendpflege durchzuführen. Die jungen Leute, die vormittags am Gottesdienst teilnehmen, können nachmittags nicht noch einmal zum Verein zusammenkommen; umgekehrt aber auch die Vereinsglieder, die sich nachmittags sammeln wollen, am Vormittagsgottesdienst sich nicht beteiligen. Erwünscht würde es sein, wenn aus den Kreisen der Jugend selbst Führer und Führerinnen ausgebildet werden könnten, die an verschiedenen Stellen der Parochie die Jugend sammeln. Es dürfte daher sich empfehlen, die Frage der Beschaffung eines Gemeindesaales näher zu treten. Die Möglichkeit dafür wäre gegeben, jedoch fehlt es an Mitteln. Ebenso ist erwünscht, die Beschaffung einer guten Volks-bibliothek, da ein Lesebedürfnis in der Gemeinde besteht.

Wie immer bei Generalkirchenvisitationen wird auch der Pastor vom Generalsuperintendenten beurteilt. Diese Beurteilung des Pastors von Friedenhorst ist sehr positiv. Im Hubatsch heißt es:

Pfarrer Schenk (Martin). Geb. 1900, ordiniert 1926. Pfarrer Schenk gehört zu den jüngsten Geistlichen unseres Kirchengebietes, ist gleichfalls wie mehrere andere im Kirchenkreis aus dem Predigerseminar hervorgegangen und hat mit diesen gemeinsam die gute wissenschaftliche Grundlage und die bewußte Einstellung auf die moderne Problematik des kirchlichen Lebens. Theologisch ein überzeugter Anhänger der dialektischen Theologie Karl Barths bemüht er sich mit einem für seine Jugend erfreulichen Ernst und großer Gewiessenhaftigkeit seiner Gemeinde zu dienen. Unterstützt von seiner trefflichen Frau, der Tochter des Herrn Geheimrat Haenisch, arbeitet er mit großem Eifer an der Jugend, steht er mit seinem Gemeindekirchenrat in treuer Arbeitsgemeinschaft und ist er bestrebt, den an gewissen Punkten der Peripherie seiner Gemeinde einbrechenden Vandsburger freikirchlichen Bestrebungen den Damm eines gut kirchlichen Bewußtstein entgegenzustellen. Leider ist seine Gesundheit nicht sehr fest, vor allem ermüdet seine Stimme leicht, so daß ihm geraten werden musste, eine systematische Schulung des Sprechens und eine gründliche Kur für seine Atmungsorgane durchzumachen. Es steht zu hoffen, daß Pastor Schenk sich zu einem tüchtigen Geistlichen unserer Kirche entwickeln wird.

Im Januar 1945 hörte auch die Kirchengemeinde Friedenhorst auf zu bestehen. Wir bekennen aber mit dem Gebetslied von Karl Heinrich v. Bogatzki:

Einweihung der evgl. Kirche zu Klastawe 1911 – WER WEISS MEHR ?

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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Festordnung für die Einweihung der ev. Kirche zu Klastawe

Am Montag, den 30 Januar 1911

Vormittag 10 Uhr

(Druck von H. Mielke’s WWE., Bentschen)

* * *

GESUCHT WERDEN HIER NÄHERE ANGABEN ZU DIESER „WIEDER“-EINWEIHUNG – war eine Renovierung erfolgt ? war die Kirche vom Einsturz bedroht ? hatte es einen Brand gegeben ?

* * *

¾ 10 Uhr: Versammlung in der Schule

10 Uhr: Festzug nach der Kirche

Gesang der Gemeinde: Tut mir auf die schöne Pforte – Führet mich in Zion ein !

Ansprache und Weiheakt: Generalsuperintendent Blau

Gesang der Gemeinde: O heiliger Geist, kehr bei uns ein

Einsatz des Orgelspiels – Glockengeläut

Liturgie: Superintendent Reisel

Chorgesang

Gesang der Gemeinde: Ein feste Burg ist unser Gott

Predigt: Pfarrer Mudrack

Gemeindegesang: Nun danket alle Gott

Schlußliturgie

Gemeindegesang: Lob, Ehr und Preis sei Gott

Orgelspiel und Geläut der Glocken.

Nadnia / Nandel – Sammlung Marian Kwasny

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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[1.669]Nadnia/Nandel. Der Geburtsort meines Großelternteils Siegesmund. Heute gibt es dort keine Erinnerung an diese Familien mehr – es ist ja auch lange her. Der Ort ist heute einfach ein polnisches Dorf. Als Tourist ohne Begleitung würde ich wohl einfach rechts und links geschaut und den Ort dann ohne einen Halt einzulegen durchfahren haben; ich hatte jedoch einen „Reiseleiter“ – Przemek Mierzejewski – hatte sich die Zeit genommen mir bei meinem Besuch, doch das „Ein oder Andere“ zu zeigen, was mir sonst verborgen geblieben wäre.

Und so bekam ich erzählt, dass in Nandel ein Herr Marian Kwasny lebt; und ich erfuhr, dass er ein ungewöhnliches Hobby betreibt!

Er ist Sammler von Deckeln alter Fahrradklingeln und -glocken sowie auch alten Türschlössern. Seine Sammlungen sind in einem alten Gebäude untergebracht, dass in der Vergangenheit die Schmiede darstellte. Durch das offene Eingangstor konnte man einen Teil der „Schätze“ sehen: alte metallene Fensterrahmen und zahlreiche alte Türscharniere.

Es war zu erfahren, dass ein Großteil seiner Sammlung der alten Türschlössern sich in Zbaszyn /Bentschen in einer Ausstellung befinden würde.

Herr Marian Kwasny öffnete dann jedoch eine schwere alte Ledertasche und präsentierte einen besonderen Teil seiner Sammlung:

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Klingeldeckelsammlung – Aufn. 2009/09 PM

Große Fahrradglocken, silberne und goldfarbene Klingeldeckel, Aufschriften aus der näheren Umgebung wie zum Beispiel des Reinhold Giering – Glinau oder auch Otto Heinrich – Bentschen lagen da in schönster Eintracht mit dekorativen Mustern ohne Text oder auch

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Reinhold Giering, Glinau – Aufn. 2009/09 PM

Darstellungen der Jagd; Namen wie Mielke, Kalläne, Müller und Knispel  neben denen der bekannten Marken NSU und Tempo; eine amerikanische Flagge neben einer russischen Ausgabe. Eine mir unbekannte Information war, dass in früherer Zeit diese Klingeldeckel für Werbeaufdrucke genutzt wurden.

Ich gebe zu, dass ich nicht alle Einzelheiten behalten habe die mir von Przemek da aus der Erzählung des Sammlers übersetzt wurden. Beeindruckt war ich aber schon – es war das erste Mal, dass ich eine solche Sammlung zu sehen bekam.

Chlastawe – der Beginn als evgl. Parochie

geschrieben von Gudrun Tabbert
(verfasst von Albert Werner und überarbeitet von Johannes Steffani)
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Chlastawe – Kirche, Aufnahme 2005 GT

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen “ – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] .

Das an der neumärkischen Grenze gelegene Kirchspiel Chlastawe (Klastawe) gehört zu den älteren der Provinz. Sein Dasein lässt sich bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts verfolgen; Urkunden über seine Entstehung fehlen jedoch. Die älteste Nachricht über dasselbe besteht in einer Bemerkung eines alten Ortskirchenbuches, welche berichtet, dass „leichtfertige böse Buben in der Nacht vor dem Fronleichnamstage des Jahres 1635 das Kirchlein zu Chlastawe angezündet und zu Grunde gerichtet haben.“ Die gegenwärtig noch stehende Kirche ist im Jahr 1637 von dem Gutsherrn Radislaw Miesitzek, von Wishikow, einem eifrigen Beschützer evangelischer Freiheit in drangsalvoller Zeit, aus Fachwerk erbaut worden; seine kräftigen Züge sind noch heut auf einem Bildnisse in der Kirche zu schauen (S. Thomas „Altes und Neues“ S. 109.) Anstelle des alten baufälligen unzureichenden Pfarrhauses ist der Bau eines neuen geräumigen massiven Gebäudes im Jahr 1896 ausgeführt worden.,

Das Kirchspiel umfasste ursprünglich einen Umkreis von zwei bis drei Meilen, zahlreiche Gastgemeinden hielten sich hierher, bis aus der Gegend von Bentschen, Tomysl und Grätz. In dem kaum 400 Menschen fassenden Kirchlein musste das Abendmahl in der Weise gefeiert werden, dass diejenigen, welche das Sakrament bereits empfangen hatten, die Kirche verließen, um Andern Platz zu machen. Bei dem Gottesdienste wurden Türen und Fenster geöffnet, damit auch die dichtgedrängt um die Kirche Stehenden teilnehmen konnten.

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Kirchensiegel Chlastawe

Mit dem Jahre 1775 verlor Chlastawe diese Bedeutung. Die toleranten Reichsgesetze riefen zahlreiche neue Pfarreien umher ins Leben, und die Parochie behielt nur die der evangelischen Familie Bronikowski gehörige Herrschaft, die Dörfer Chlastawe und Kuschten und die wenigen evangelischen Einwohner von Großdammer und Nandel. Durch Vereinigungstraktat vom 15. Februar 1786 wurde jedoch das früher zu Brätz (s.d.) gehörige Rogsen mit Bohlen-Hauland als vereinigte Muttergemeinde hierher aufgenommen. Aus diesen Ortschaften besteht gegenwärtig die Parochie. Die Kirchengemeinde Chlastawe zählt 849, die Kirchengemeinde Rogsen 791 Seelen. In Rogsen steht eine anstelle der am 8. Juni 1826 abgebrannten Kirche neuerbaute und am 22. Oktober 1843 durch den Generalsuperintendent Bischof D. Freymark geweihte Kirche, zu der ein Allerhöchstes Gnadengeschenk von 1.900 Thalern gewährt worden war. Die Kirchengemeinde Chlastawe steht unter Privatpatronat des Besitzers der Herrschaft Chlastawe und Kuschten.

Die Pfarrer waren:

  1. Johann Mauritius, geboren 1606 zu Topper bei Crossen, 1632 hierher berufen. Verfolgungen vertrieben ihn nach Schlesien, er wurde 1646 Pastor in Neutempel in der Mark, wo er 1695 starb.
  2. 2. Johann Gerasius
  3. Michael Schönknecht, aus Crossen, er war zugleich Diakonus in Schwiebus und starb 1649 (er nannte sich bei Unterschrift des Fraustädter Synodalbeschlusses vom Jahre 1645: „ecclesiae Christi, quae exvicinis oppidis et pagis Clastaviae colligitur, pastor.“ S. Scheidemantel „Acta conventuum“ (Vratisl. 1777) S. 69
  4. Andreas Reinhard, 1649 berufen. Als er während der Schwedenkriege sich geflüchtet hatte, blieb die Stelle mehrere Jahre unbesetzt. Er wurde Diakonus in Meseritz (s.d.)
  5. Christoph Albinus (Weiss), aus Freistadt in Schlesien, übernahm, nachdem er aus Bomst (s.d.) geflüchtet, 1660 das hiesige Pfarramt. Er starb 1686.
  6. Georg Hollstein, aus Züllichau, 1686 berufen, wurde 1698 Pastor in seiner Vaterstadt.
  7. Adam Deutschmann, 1698 aus Schwerin a.W. (s.d.) hierher berufen, zog 1705 nach Schlichtingsheim (s.d.).
  8. M. Christoph Buchwald, 1678 in Skampermühl bei Schwiebus geboren, erhielt 1795 durch den Patron Miesitzek den Ruf hierher und starb als Kreissenior 1747.

Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Teil 6

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Eine Zusammenstellung von Reylaender, Pastor 1879)
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Blick auf die Kirche – Aufn. Sep 2009 PM

Als erster Pastor dieser Parochie galt Johann Georg Kaulfuß (1777-1803), ihm folgte Johann David König (1803-1826), der nächste Pastor dem in der Festschrift gedacht wurde war dann Johann Valentin Röder (1828-1850), der nächste gewählte Pastor war dann: Constantin Ferd. Heinrich Held (1851.1858); nach seiner Emeritation wurde verübergehend Pastor Petersen aus Schleswig-Holstein eingesetzt, ehe dann als nächster gewählter Pastor Rudolph Bethge (1859-1866) das Amt inne hatte. Letzter in dieser Chronik erwähnter und vermutlich auch Verfasser dieser war dann Oskar Reyländer ab 1866 an.

Sein Nachfolger war: Oskar Reyländer von 1866 an.

Geboren am 10. August 1840 zu Hermsdorf im Reg.-Bez. Königsberg, woselbst sein Vater Pfarrer war, besuchte er das Gymnasium und die Universität zu Königsberg. Nachdem er einige Jahre Hauslehrer gewesen war, wurde er Mitglied des Prediger-Seminars zu Wittenberg. Von dort wurde er im Jahre 1865 als Pfarrgehilfe nach Neutomischel gesandt und nach dem Abgange des dortigen Pastors ordiniert und als Pfarrverweser eingesetzt. Am 15. October 1866 wurde er nach Neustadt als Pfarrverweser gesandt und am 30. März 1867 zum Pastor gewählt. Im dem­selben Jahre verheiratete er sich mit Marie Laddey, Tochter des gewesenen Rittergutsbesitzers Laddey in Elbing.

Die erste Aufgabe, welche ihm zufiel, war der Bau eines neuen Pfarrhauses. Angeregt war die Sache, wie schon erwähnt, bereits von seinem Vorgänger. Die Königliche Regierung hatte dar­aus Veranlassung genommen, den Kirchenvorstand zur Beschaffung eines technischen Gutachtens über den baulichen Zustand des Pfarr­hauses aufzufordern. Da der Vorstand aber die Angelegenheit verzögerte, beauftragte die Regierung ihren Baumeister mit der Untersuchung. Dieser stellte die Notwendigkeit eines Neubaus fest, und eine Ostern 1867 convocirte Gemeindeversammlung gab ihre Zustimmung mit der Maßgabe, dass 5 Jahre hindurch durch Um­lagen auf die Gemeinde der Baufonds angesammelt werden solle. Da es später jedoch gelang, ein Darlehn aus der Provinzial-Hilfskasse zu erlangen, so begann der Bau bereits Ostern 1869. Zeichnung und Anschlag lieferte der Maurermeister Hoffmann von hier, den Bau übernahm der Zimmermeister Schiller von hier. Das alte Haus wurde für 200 Thlr. an den Gerbermeister Becker verkauft, welcher aus dem Material sich eine Werkstätte baute. Während der Bauzeit bezog der Pastor mit seiner Familie eine Interimswohnung, bestehend aus den beiden oberen Giebelstuben des vom Distriktskommissarius Glaubitz bewohnten Hauses auf dem Schwan, in welcher er den bitterkalten Winter des Jahres 1869/70 aushielt. Im Juli 1870 war der Bau beendigt. Die Kosten desselben beliefen sich auf ca. 5800 Thlr. — Leider war es nicht möglich, hiermit die Bautätigkeit zu beschließen. Neben dem schönen, stattlichen Pfarrhause nahmen sich die alten, dem Einsturz nahen Ställe wunderlich genug aus, und es war von vornherein in Aussicht genommen, dieselben durch neue zu ersetzen, wenn erst die Schuld an die Provinzialhilfskasse abgetragen sein würde. Es kam aber anders. Auch die Orgel befand sich in sehr schlechtem Zustande, und der Pastor Reyländer hatte schon längere Zeit frei­willige Gaben zum Neubau derselben gesammelt. -— Da  versagte am 1. Pfingstfeiertage (Am 1. Pfingstfeiertage 1786 war sie eingeweiht worden; sie war 86 Jahre alt.) 1872 die Orgel mitten im Hauptliede den Dienst gänzlich. So konnte kein Widerspruch erfolgen, als der Gemeinde der Vorschlag gemacht wurde, die letzte Rate des Darlehns an die Provinzialhilfskasse ein Jahr später abzutragen und mit dem Neubau der Orgel sofort vorzugehen; daran sollte sich der Neubau der Ställe anschließen. Die Orgel wurde vom Orgel­bauer Müller aus Meseritz mit 18 klingenden Stimmen für 1476 Thlr. erbaut und am 16. August 1873 eingeweiht. Aus dem Ma­terial der alten, für 25 Thlr. angenommenen Orgel erbaute Herr Müller für den Kantor Mertner ein kleines Werk, welches derselbe auf dem Konfirmandensaale aufgestellt hat, wo es zugleich beim Konfirmandenunterricht benutzt werden kann. — In demselben Frühjahre war auch der Pfarrstall gebaut worden, nachdem die an dieser Stelle stehende Wagenremise dem Kantor als Scheune über­wiesen und auf dessen Hof translozirt war. Das Material hatte die Baukommission angekauft, die Maurer- und Zimmerarbeiten der Zimmermeister Berger ausgeführt. Die Gesamtkosten be­trugen 1054 Thlr. Die Kosten des auf dem Stall befindlichen Taubenschlages trug der Pastor Reyländer. Im Jahre 1874 wurde die Pfarrscheune, mit welcher der Holzstall verbunden ist, vom Maurermeister Hoffmann für 585 Thlr. gebaut. Da das Pfarrgrundstück eine sehr geringe Breite besaß, so dass das neue Pfarrhaus dicht an die Grenze anstieß, so wäre für die Scheune kein Platz gewesen, wenn nicht der Pastor Reyländer das angrenzende Ackerstück von etwa 1 Morgen Größe angekauft und es später, — allerdings mit Schaden, — an die Kirche verkauft hätte. So war der nötige Raum für die Scheune sowohl als auch für die Einfahrt auf den Hof gewonnen, welche letztere ehemals unpassender Weise über den Kirchenplatz geführt hatte. Die Pfarre machte seit­dem einen so stattlichen Eindruck, dass die Gemeinde allen Grund hat, auf ihr Werk stolz zu sein, und es gereicht ihr zur großen Ehre, die bedeutenden Opfer ohne Zwang und ohne Hader darge­bracht zu haben. — Dasselbe Jahr bereicherte die Kirche mit einer dritten Glocke. Nach beendigtem französischen Kriege richtete der Gemeinde-Kirchenrath ein Immediatgesuch an Se. Majestät den Kaiser, in welchem um erbeutete Kanonen gebeten wurde. Se. Majestät geruhte, diese Bitte huldreichst zu gewähren und 15 Centner Kanonen der Neustädter Kirche zu schenken. Aus diesen goss der Glockengießer Schön in Posen eine Glocke, welche mit den beiden älteren einen Akkord (f-a-d) bildet. Am 15. April 1874 fand die Weihe und das Aufziehen statt. Die Glocke trägt die Inschrift: „Aus eroberten französischen Geschützen der Jahre 1870 und 1871 gegossen im Jahre 1873. — Geschenk des Kaisers.“ — 338 Thlr. mussten übrigens noch an den Glockengießer zugezahlt werden. — Endlich sei noch der letzten Renovation der Kirche gedacht. Die Gemeinde wollte den Ehrentag ihrer Kirche, an welchem sie das hundertjährige Bestehen feiert, nicht vorübergehen lassen, ohne ihr ein neues schmuckes Kleid angelegt zu haben. — Denn von der letzten Renovation des Jahres 1850 war nichts mehr zu spüren, und Inneres wie Äußeres sahen schon sehr wüst aus. So wurde denn bereits im Vorjahre die Kirche von außen abgeputzt, und in diesem Jahre das Innere in Angriff genommen. Die überaus schöne Decke in Kassettenform ist von den Gebrüdern Tischlermeister Rudolph und Amandus Seydel gefertigt worden. Den geschmack­vollen Anstrich der Decke, so wie der Wände, des Altars und der Bänke hat der Malermeister Wieland aus Posen gefertigt. Die Gesamtkosten werden etwa 1100 Thaler betragen.

Hierbei sei erwähnt, dass die Jungfrauen Neustadts, um auch etwas zum Jubiläum der Kirche beizutragen, Sammlungen veran­staltet haben, durch welche 53 Thaler zusammengekommen sind. Hierfür soll ein Teppich für die Kirche angekauft werden.

Schließlich noch einige Notizen aus der Zeit der Amtsverwaltung des Pastors Reyländer. Im Jahre 1868 wurde das Vorwerk Milostówko abgetrennt und nach Lewitz-Hauland eingepfarrt. In demselben Jahre feierte der Kirchenvater Scheffler seine goldene Hochzeit, Bei der kirchlichen Einsegnung konnte ihm eine von der Königin-Witwe huldreichst geschenkte Prachtbibel überreicht werden. 1870 werde der Kirchenplatz mit Strauchgruppen bepflanzt, welche 1878 erweitert sind. Die alten, hässlichen Pappeln waren damals beseitigt und durch Linden und Ahorn ersetzt worden. Im Jahre 1871 wird bei der Separation der evangelischen Stadtgemeinde ein Stück Land zum Kirchhof überwiesen. Derselbe wird am 28. Oktober eingeweiht und zugleich der alte Kirchhof an den Mühlen geschlossen. Den neuen Kirchhof bepflanzte der Pastor Reyländer mit Linden, Akazien, Ahorn, Kastanien und Fichten. Da der Pfarre jeglicher Landbesitz fehlte, war der Pastor Reyländer darauf bedacht, eine Ackerparzelle für dieselbe zu erwerben. Die Pfarrlandstiftung in Posen hatte auf seine Bitte eine Dotation zugesagt, und nach längerem Suchen und Handeln wurden 20 Morgen in, Jahre 1872 für den Preis von 1400 Thalern ange­kauft. Den Statuten gemäß muss der Pastor 35 Thaler jährlich amortisieren, so dass vorläufig der Nutzen kein großer ist. In der Folge jedoch, wenn die Amortisation nach Verlauf von 43 Jahren ein Ende hat, dürfte das Land eine nicht unwillkommene Zugabe zum Einkommen bilden.

Im Jahre 1874 wird auf Antrag des Pastors von der Gemeindevertretung der Neujahrsumgang des Pastors und Kantors, ebenso die Festtags- und Abendmahlsopfer für Beide abgelöst. Bei derselben Gelegenheit wird auch der Klingelbeutel abgeschafft. Das bare Gehalt war dadurch für den Pastor auf 324 Thaler erhöht. Sein Einkommen blieb aber so niedrig, als es gewesen, so dass im Jahre 1876 auf Veranlassung der Regierung 15 Thaler zugelegt werden mussten, damit das Gesamteinkommen aus der Stelle den Minimalsatz von 800 Thalern erreiche!

Im Jahre 1877 stirbt der Kirchendiener Ernst Pohl, ein treuer, bescheidener, aber leider dem Trunke ergebener Mann. Vorläufig hat seine Witwe das Amt weitergeführt.

Im Jahre 1878 wird für die städtische evangelische Gemeinde ein Leichenwagen angeschafft. Derselbe ist vom Wagenbauer Hönicke in Schwerin a/W. für 250 Thaler erbaut.

In diesem Jahre erreichte auch der seit 5 Jahren wegen eines Kirchenkapitals von 200 Thalern geführte Prozess der Kirche ein Ende. Es stammt dieses Kapital von der Witwe des Gutsbesitzers Nobiling in Chraplewo, welche es zur Zeit des Pastors Bethge der Kirche geschenkt hatte, mit der Verpflichtung, dafür das auf dem Chraplewoer Kirchhofe befindliche Grabmal des Nobiling für alle Zeiten in Stand zu halten. Als nun der Kirchenrath dasselbe zum Orgelbau verwenden wollte und es zu diesem Zwecke dem Bäckermeister Jahnke, auf dessen Grundstück es hypothekarisch ein­getragen war, aufkündigte, kam das Hypothekendokument durch eine

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Vergangener Glanz … – Aufn. Sep 2009 GT

Reihe von Umständen in die Hände des Schuldners Jahnke, welcher es an den jüdischen Kaufmann Joachim verpfändete, so dass bei der hinterher erfolgenden Subhastation des Jahnke’schcn Grundstückes die Post von 200 Thalern an die Kirche nicht ausgezahlt werden konnte. Im Kriminalverfahren wurde zwar Jahnke verurteilt, aber Joachim freigesprochen. In dem darauf angestrengten Civilprozesse gegen Joachim siegte die Kirche und erhielt ihr Geld. — Vor besonderen Unglücksfällen hat Gottes Barmherzigkeit die Kirche und Gemeinde bisher bewahrt. Die neuere kirchliche Gesetz­gebung, welche an so vielen Orten dem Unglauben Tür und Tor geöffnet hat, ist bisher ohne Einfluss auf unsere Gemeinde geblieben. Tauf- und Trauverweigerungen sind noch nicht vorgekommen; alle Mitglieder des Gemeindekirchenrats und der Gemeindevertretung haben noch immer fest im Glauben an unseren Herrn Jesum und treu auf dem Bekenntnisse unserer evangelisch-lutherischen Kirche gestanden.

So soll es denn auch fernerhin bleiben! Der Herr segne uns das Jubelfest! Er sei und bleibe auch in Zukunft der Schutz­herr der Neustädter Kirche, der gute Hirte der Neustädter Gemeinde und gebe Gnade, dass sie einst vor Ihm bestehen möge auch in dem, wovon keine menschliche Chronik berichten kann: im lebendigen Herzensglauben,  in den Früchten des Heiligen Geistes!

Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Teil 5

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Eine Zusammenstellung von Reylaender, Pastor 1879)
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Blick auf die Ruine – Aufn. Sep 2009 GT

Als erster Pastor dieser Parochie galt Johann Georg Kaulfuß (1777-1803), ihm folgte Johann David König (1803-1826), der nächste Pastor dem in der Festschrift gedacht wurde war dann Johann Valentin Röder (1828-1850), der nächste gewählte Pastor war dann: Constantin Ferd. Heinrich Held  (1851-1858) nach seiner Emeritation wurde verübergehend Pastor Petersen aus Schleswig-Holstein eingesetzt, ehe dann als nächster gewählter Pastor Rudolph Bethge (1859-1866) das Amt inne hatte

Zum Pastor wurde alsdann gewählt: Konstantin Ferd. Heinrich Held, 1851—1858.

Von seiner Jugend ist nichts bekannt. Vorher war er Rektor und Hilfsprediger in Chodziesen. Verheiratet war er (in kinder­loser Ehe) mit Hedwig Böttcher, Tochter des Pastors Böttcher in Herzogswalde.

Werfen wir wieder zuerst einen Blick auf die Bautätigkeit.

Der Renovation der Kirche, welche im Jahre 1851 beendigt wurde, ist schon Erwähnung getan. Bereits 1856 wurde eine abermalige ziemlich kostspielige Reparatur des Kirchendachs und des Turmes notwendig, welche vom Maurermeister Neumann aus Buk für 530 Thaler ausgeführt wurde. Ebenso wie sein Vorgänger em­pfand der Pastor Held den Mangel an Glocken, da die eine vor­handene kleine Glocke doch einen zu kläglichen Eindruck machte. Er versuchte es mit der Sammlung von freiwilligen Beiträgen und brachte so viel zusammen, dass eine Glocke von 6 Centnern bestellt werden konnte. Sie wurde vom Glockengießer Brese in Posen gegossen und am 4. Januar 1855 aufgezogen. Sie trägt den Namen Fides und die Inschrift: „Diese Glocke ist aus frei­willigen Beiträgen der evangelisch-lutherischen Gemeinde im Jahre des Heils 1854 angeschafft worden. Soli deo gloria,(Gott allein die Ehre) Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohl­gefallen.   Luc. 2, 14.“ — Die Kosten beliefen sich auf 378 Thlr.

Wie viele Umstände die Abzweigung von Pinne gemacht, haben wir oben erwähnt. Desto leichter und rascher ging es seit­dem mit den Verkleinerungen der Parochie. Kein Jahrzehnt ver­rfloß ohne größeren oder kleineren Aderlass. So wurde 1853 die Filialgemeinde Lewitz-Hauland abgetrennt und ein Jahr später das Gut Brodki zu dem neu eingerichteten Kirchspiel Duschnik geschlagen. Entschädigungen wurden nicht gewährt.

Es ist früher erwähnt worden, wie der Pastor Röder an Stelle des Züllichauer das Berliner Gesangbuch eingeführt hatte. Die Bemühungen des Pastors Held waren darauf gerichtet, letzteres wieder abzuschaffen und den Geistlichen Liederschatz einzuführen. Zunächst freilich war er damit bei dem evangelischen Oberkirchen-Rath nicht durchgedrungen. Letzterer meinte, das Berliner Gesang­buch sei gar nicht so schlecht und sodann hätten sich auch nur wenige Gemeindeglieder für Abschaffung desselben erklärt und so könne es zu argen Zerwürfnissen in der Gemeinde kommen. Da jedoch neben dem Berliner Gesangbuch auch der Anhang zu dem­selben, außerdem der Liederschatz und das Züllichauer Gesangbuch im Gebrauch waren, so wurde die Verwirrung mit der Zeit so groß, dass eine zu diesem Zweck berufene Gemeindeversammlung mit großer Majorität für Abschaffung des Berliner und für Wiedereinführung des ehemals schon gebrauchten Züllichauer Gesang­buchs sich aussprach. Unter hoher Genehmigung erfolgte diese im Jahre 1857.

Sonst ist noch zu erwähnen, daß im Jahre 1852 der Kantor Brust emeritiert wurde und an seine Stelle der Kantor Simon trat. Im Jahre 1853 fand eine General-Kirchenvisitation unter Leitung des Bischofs Freymark aus Posen statt, welche sich auch auf die Revision einiger Schulen erstreckte. — Im Jahre 1854 werden die Einnahmen aus dem hiesigen Kirchhofe, welche bis dahin zur Kirchenkasse geflossen waren, aus derselben ausgeschieden und eine eigene Kirchhofskasse gebildet, welche ebenso wie der Kirchhof unter Auf­sicht eines aus dem Pastor und den städtischen Kirchenvorstehern zusammengesetzten Kirchhofsvorstandes steht.

Auch der Ausgang des Pastors Held war ein betrübender. Er wurde 1858 unfreiwillig emeritiert, erhielt dann einige Zeit darauf eine Pfarrstelle in Brasilien, wo er ein paar Jahre später gestorben ist. Er hatte sonst einen tadellosen Lebenswandel geführt, war ein gläubiger Prediger, ein eifriger Seelsorger gewesen. Wenn ihm nachgesagt wird, dass er „sehr orthodox“ (rechtgläubig) gewesen sei, so ist das kein Tadel, sondern ein Lob. Allerdings musste das zu jener Zeit mehr auffallen und hat ihm manchen Feind gemacht.

Die Verwaltung der erledigten Stelle erhielt als Pfarrverweser der Pastor Petersen, ein durch die Dänen vertriebener Schleswig-Holsteiner, von 1858 bis Mai 1859. Während seiner Amtierung verlässt der Kantor Simon seine Stelle, um nach Rogasen zu gehen. Es wird der Kantor Ernst Mertner gewählt und im Mai 1858 eingeführt. — Das Kirchendienerhaus wird neu gebaut (479 Thlr). Wegen seines fremdländischen Dialekts fällt Petersen bei der Wahl durch und es wird gewählt:

Rudolph Bethge 1859-66.

Derselbe war geboren am 4. Juni 1828 zu Berlin, woselbst sein Vater Schneidermeister war. Nachdem er das Gymnasium zu Prenzlau in der Uckermark besucht hatte, studierte er auf der Uni­versität zu Berlin, war dann Hauslehrer und später Rektor in Fiddichow. Von dort kam er nach Neustadt und wurde am Sonn­tage Miser. Dom. eingeführt. In demselben Jahre verheiratete er sich mit Elise Kellermann, Tochter des Pfarrers Kellermann aus Hohen-Krönig bei Schwedt.

Gebaut wurden im Jahre 1860 durch Zimmermeister Hoffmann aus Pinne zwei Ställe für Kantor und Kirchendiener. Die Kosten betrugen 405 Thlr.

Im Jahre 1865 wurde Kuschlin nebst zwei anderen Ortschaften abgezweigt. Zur Deckung des dadurch entstehenden Ausfalls an Stolgebühren für die Kirchenbeamten wurden direkte Kirchenbeiträge zunächst 3 1/2 Sgr. pro 1 Thaler Klassensteuer eingeführt, und die alten Quartalbeiträge dafür beseitigt.

Das bare Gehalt des Pastors, welches bis dahin 135 Thlr. betragen hatte, wurde demgemäß auf 200 Thlr., das des Kantors von 40 auf 60 Rthl. erhöht. Eine Verbesserung ihres Einkommens hatten sie damit aber nicht erlangt.

Schon längst hatte es der Pastor Bethge als Übelstand em­pfunden, dass das übrigens nachgerade auch baufällig gewordene Pfarrhaus so sehr beschränkt war, da es nur 3 Zimmer, oben aber im altersschwach vornüber gebeugten Erker ein unheizbares Stübchen enthielt. Dazu kam, dass die Konfirmanden, welche seit dem Amtsantritt des Pastors Bethge nicht mehr wie früher vom 1. Oktober bis zur Adventszeit alle Montage, und in der Passionszeit täglich, sondern auf allseitigen Wunsch der Gemeinde den ganzen Winter hindurch unterrichtet wurden, diesen Unterricht in der kalten Kirche erhalten mussten. So wurde denn vom Pastor Bethge eine Vergrößerung seines Hauses durch  Anbau eines Konfirmandensaales projektiert. Die Gemeinde ging aber auf diesen Wunsch nicht ein. Das war wohl mit bestimmend für den Entschluss des Pastor Bethge, die Neustädter Stelle mit einer andern zu vertauschen. Er ging nach Zebbin auf der Insel Wollin, wo­selbst er noch gegenwärtig amtiert.

Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Teil 4

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Eine Zusammenstellung von Reylaender, Pastor 1879)
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Blick auf das eingestürtzte Kirchenschiff – Aufn. Sep 2009 GT

Als erster Pastor dieser Parochie galt Johann Georg Kaulfuß (1777-1803), ihm folgte Johann David König (1803-1826), der nächste Pastor dem in der Festschrift gedacht wurde war dann: Johann Valentin Röder (1828-1850)

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Zum Pastor wurde gewählt: Johann Valentin Röder 1828-1850.

Derselbe war geboren am 25. December 1795 zu Allendorf im Herzogthum Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Sein Vater Johann Daniel war Landwirt und Weber; seine Mutter hieß Anna Dorothea, geb. Kürschner. Nachdem er die Stadtschule und das Progymnasium in Satzungen und dann das Gymnasium in Meiningen besucht hatte, inzwischen auch schon einmal zur Napo­leonischen Armee eingezogen war, bezog er die Universitäten zu Jena und Halle. Vorher hatte er das Rektorexamen bestanden. 1821 wurde er als Rektor und zweiter Prediger in Schmiegel angestellt. Dort verheiratete er sich mit Henriette Möller, der Tochter des zu Peisern verstorbenen Criminalraths Möller. — Von da kam er nach Neustadt.

Eins der ersten Projekte des Pastors Röder war die Anschaf­fung einer zweiten Glocke. Doch hatte er damit kein Glück; die Gemeinde ging auf seine Vorschläge nicht ein, da man meinte, bis in die Hauländereien reiche auch der Schall zweier Glocken nicht, und um das Zeichen zum Beginn des Gottesdienstes zu geben, sei auch die kleine Glocke hinreichend.

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Blick auf den Glockenturm – Aufn. Sep 2009 GT

Die Bautätigkeit begann mit dem Jahre 1841. Das Kirchendach wurde umgedeckt, die Außenwände der Kirche sowie auch der Turm abgeputzt. Dabei ward der Turmknopf wiederum abgenommen und neu gestrichen. Zugleich wurde der Turm mit einem vom Mechanikus Schulz von hier gefertigten Blitzableiter versehen. Auch Pfarr-, Kantor- und Kirchendienerhaus wurden repariert. Die Kosten betrugen 800 Thlr. Der Pastor Röder klagt bei dieser Gelegenheit sehr über das Branntweintrinken der Arbeiter. Nun ja, Dachdecker und Maurer stehen in dieser Be­ziehung von jeher in schlechtem Rufe! — Hieran schlossen sich die Verhandlungen über weitere, sehr umfangreiche Bauausführungen, bestehend in Aufführung der Mauer des Kirchenplatzes, Reparatur des Brunnens und der Zäune des Pastors und vor Allem einer vollständigen Renovierung des Innern der Kirche, einschließlich der Orgel. Bereits 1842 waren die Anschläge gefertigt, dann erhoben sich aber Streitigkeiten, welche die Inangriffnahme der Arbeiten verzögerten, so dass endlich 1845 durch Dekret der Regierung der Bau angeordnet werden musste. Es handelte sich einmal um die Verwendung eines Kirchenkapitals zu den Kosten des Baues, welche die Gemeinde forderte, und worin ihr zum Teil Recht gegeben wurde, und sodann auch um die Verlegung der Kanzel. Diese sollte von ihrem bisherigen Platze an einer Säule hinweg genommen und über den Altar gesetzt werden. Schlimm genug, dass Pastor, Bau­meister und vorgesetzte Behörde damals so wenig von kirchlichen Dingen verstanden, sonst hätten sie wissen müssen, dass es aller kirch­lichen Ordnung und Schicklichkeit widerspricht, die Kanzel über den Altar zu stellen. Die Gemeinde hatte Anfangs der Verlegung sich widersetzt, dann aber leider zugestimmt. Die Renovation der Kirche bestand in der Pflasterung des Raumes der Kirchenbänke, im Abputz der Wände, Verschalung des unteren Teiles des Daches und gründlicher (?) Reparatur der Decke, der Fenster und der Bänke, endlich in der Anfertigung neuer Chorbrüstungen und Dielung der Emporen. Die Orgelreparatur wurde vom Orgelbauer Zachert aus Bentschen ausgeführt. Sämtliche Arbeiten waren vom Tischlermeister Ernst Seydel von hier in Entreprise genommen und wurden in den Jahren 1849—51 ausgeführt. Die Gesamtkosten betrugen ca. 1700 Thlr.

(Kirchplatzmauer 350 Thlr., Orgel 135 Thlr., Anstrich und Vergoldung von Altar und Kanzel 80 Thlr., der Rest 1130 Thlr.) — Schließlich ließ sich der Unternehmer noch auf einen unnützen Prozess gegen die Kirche ein, den er verlor.

Auch die Filialkirche zu Lewitz-Hauland wurde in den Jahren 1840 und 41 einer gründlichen Reparatur unterworfen. Zu den Kosten von 312 Mk. schoss der Patron 50 Mk. zu. Daran schloss sich eine Orgelreparatur durch den Orgelbauer Fabian in Schierzig- Hauland für 200 Mk., vollendet 1845. Als die Orgel abgenommen wurde, versagte sie den Dienst und musste erst gründlich nachgebessert werden.

Von Interesse ist ein in den Jahren 1835—39 geführter Prozeß der Kirche wegen eines Landstückes gegenüber der Pfarrei in der Größe von 6 [q] Ruthen. Ob dasselbe, überhaupt die ganze Fläche auf der andern Seite des Weges, ursprünglich in dem der Kirche geschenkten Lande inbegriffen gewesen, ist in der Tat zweifelhaft, lässt sich wenigstens nicht beweisen, da die Schenkungsurkunden keine genaue Angaben enthalten. So viel steht aber fest, dass dieser ganze Landstreifen von Anfang an von den Evangelischen in Besitz genommen war; es war das Todtengräberhaus darauf gebaut und der Rest als Anfuhrplatz der Kirchgäste benutzt worden, ohne dass die Grundherrschaft jemals Ansprüche auf denselben er­hoben hätte. Nun hatte der Pastor König ein Stück davon eben jene 6 [] Ruthen —umgraben lassen und in Benutzung ge­nommen. Als er starb, verweigerte die Wittwe die Herausgabe dieser Grabebeete, nachdem sie zuvor zu Herrn von Ląski gegangen war und ihn gebeten hatte, ihr dieses Land zu schenken. Dieser, welcher, jedenfalls vorher von der Existenz dieser Beete und seinem möglichen Anrechte an dieselben nichts geahnt hatte, gewährte ihre Bitte und überließ sie ihr auf Lebenszeit. Die Kirche klagte nun­mehr, nachdem das Sachverhältnis bekannt geworden, gegen Herrn von Laski auf Herausgabe, verlor aber den Prozess in allen In­stanzen, weil sie ihr Anrecht eben nicht nachweisen konnte.

Am eingreifendsten in die äußeren kirchlichen Verhältnisse war die im Jahre 1837 erfolgende Abzweigung von Pinne. Viele Jahre hindurch hatte der Besitzer von Pinne, Herr von Rappard, der weithin die größte Achtung genoss, der zum Kronprinzen, nach­maligen König Friedrich Wilhelm IV. in näherem Verhältnis stand, der, selber ein gläubiger Christ, sein Haus zum Sammelplatz aller gläubig angeregten Leute gemacht hatte,( Auch seine ausgezeichnete Gattin, eine geborene von Massenbach, blieb nach dem Tode ihres Gemahls der gern gesuchte Mittelpunkt der kirch­lichen Kreise in weiter Umgegend) die Abtretung Pinnes betrieben. Ihn bewog dazu einmal die weite Entfernung der bei Pinne gelegenen Ortschaften von der Kirche und sodann auch die ganze Glaubensrichtung und Predigtweise des Neustädter Pastors, welchem wiederum, wie man sich denken kann, die von Herrn von Rappard geleiteten Erbauungsstunden im Schloßsaal zu Pinne ein Dorn im Auge waren. Es dauerte lange, ehe Letzterer zum Ziele gelangte. Zunächst handelte es sich um die Entschädigungsgelder, für welche keine Fonds vorhanden sein sollten. Im Grunde aber war man in den leitenden Kreisen gegen die von Herrn von Rappard vertretene Glaubensrichtung misstrauisch und nannte Pietismus, was man jetzt einfach gläubiges Christenthum nennt. Endlich setzte er es doch durch, und etwa 20 Ortschaften wurden von Neustadt abgetrennt. Übrigens war schon lange zuvor die Verbindung mit Neustadt eine sehr lose gewesen, da schon seit dem Jahre 1829 verschiedene Kandidaten (Bergius, Fritsche, Klee) dort gepredigt, auch den Konfirmanden-Unterricht erteilt hatten. Die Neustädter Kirche durfte diese Auspfarrung eigentlich nicht beklagen, war doch Umfang und Seelenzahl der Parochie (damals ca. 6000) viel zu groß für die Kräfte eines Geistlichen geworden. Auch der pekuniäre Verlust ließ sich ertragen, da der Kirchkasse eine Entschädigung von jährlich 137 Thlrn. 18 Sgr. 3 Pf. für alle Zeiten gewährt worden.

Noch ist zu erwähnen ein vom Pastor Röder bewirkter Gesangbuchswechsel im Jahre 1835. Es war damals die Zeit, in welcher man die alten Kirchenlieder „zeitgemäß“ umzuwandeln suchte. Nicht bloß einige veraltete oder unschöne Ausdrücke, wie sie ja wohl in manchen alten Liedern vorkommen, wurden beseitigt, sondern möglichst auch alle diejenigen Stellen und Verse verändert, in welchen der Glaube an den Herrn Jesum deutlich ausgesprochen ist. Aus demselben Grunde ließ man viele, oft die schönsten Glaubenslieder in den Gesangbüchern ganz fort. Nun war das Letztere auch in der einen Ausgabe des Züllichauer Gesangbuches geschehen. Aber das war dem Pastor Röder noch nicht genug. Er setzte es durch, dass an Stelle desselben das „Neue Berliner Gesangbuch“, ein nach den oben angedeuteten Grundsätzen zusammengestelltes Buch, eingeführt wurde.

Was sonst das kirchliche Leben betrifft, so ist nicht viel Rühm­liches aus dieser Zeit zu vermelden. Die Advents- und Passionspredigten waren eingeschlafen, an Stelle der Katechismusunterweisungen waren Sonntagsschulen getreten, der sonntägliche Kirchen­besuch war ein sehr geringer, von dem Glaubensleben, welches einst der Pastor Kaulfuß so kräftig geweckt hatte, wenig mehr vorhanden.

Schließlich seien noch zwei Einbrüche in die Kirche kurz erwähnt. Im Jahre 1835 wurden 33 Thlr. aus dem Gotteskasten und die beiden neuen Chormäntel geraubt; im Jahre 1837 9—10 Thlr. aus dem Gotteskasten gestohlen. Die Täter wurden beide Male nicht entdeckt. Von da an wurde man vorsichtiger und leerte den Gotteskasten mehrmals im Jahre aus. Der Pastor Röder wurde am Anfange des Jahres 1850 seines Amtes entsetzt, zog nach Rogasen und ist dort auch gestorben. Es gibt nichts Traurigeres für eine Gemeinde, als solch ein Fall. Wie werden doch die Gemüter bis ins Innerste aufgeregt, wie viele Leiden­schaften angefacht!

Nach dem Abgang des Pastors Röder verwaltete ein Pfarrverweser Namens Freyschmidt ein Jahr lang, vom Juli 1850 bis zum August 1851, die vakante Stelle. Von ihm ist Besonderes nicht zu erwähnen. Er bewarb sich nicht um die Pfarre, sondern ging als Militärgeistlicher, wenn wir nicht irren, nach Breslau. Während seiner Amtsverwaltung wurde das Dorf Daleczynko ausgepfarrt und nach Pinne verwiesen, ebenso die Krugwirtschaft von Tuczempe, welche merkwürdigerweise hierher gehörte, nach Birnbaum eingepfarrt.

Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Teil 3

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Eine Zusammenstellung von Reylaender, Pastor 1879)
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Der Eingang – Aufnahme Sep. 2009 PM

Die Nachfolge des ersten Pastor Johann Georg Kaulfuß (1777-1803) der Neustädter Gemeinde trat dann: Johann David König (1803-1826) an

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Sein Nachfolger war JOHANN DAVID KÖNIG 1803-26.

Derselbe war im Mai 1764 zu Schwiebus geboren, wo sein Vater Tuchmacher war. Den ersten Unterricht erhielt er in der Stadtschule. Nachdem er vom dortigen Pastor für das Gym­nasium vorbereitet war, wurde er in die Waisenhausschule in Halle aufgenommen und studierte später auf der dortigen Uni­versität. Als er einige Jahre hindurch Hauslehrer bei dem Herrn von Unruh auf Rozpitek gewesen war, wurde er als Rektor in Neustadt angestellt. Dieses Amt verwaltete er 14 Jahre. In den beiden letzten Jahren war er Adjunkt des Pastors Kaulfuß und als solcher ordiniert. Verheiratet war er mit Beate Wil­helmine geb. Röhl, einer Lehnschulzentochter aus Neusorge bei Driesen.

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Blick zu Kirchturmspitze – Aufn. Sep. 2009 GT

Von kirchlichen Bauten ist in dieser Periode wenig zu erwähnen. Sämtliche Gebäude waren noch neu und verhältnismäßig solide ausgeführt, sodass nur gelegentliche Reparaturen nötig waren. Am bedeutendsten war noch eine Reparatur am Turmdach, wobei auch der Putz der Kirche von außen und innen erneuert wurde, im Jahre 1806. Wiederum machte der Turm eine, durch den Kupferschmied Taube ausgeführte Reparatur – notwendig, als 1819 ein Blitzstrahl ihn traf und den Knopf abriss. Gottes Güte und Barmherzigkeit verhütete weiteres Un­glück. Einige zufälliger Weise auf dem Kirchendache beschäftigten Arbeiter kamen mit dem Schreck und einer leichten Betäubung davon. Knopf und Stern wurden neu angefertigt, die alte Fahne umgearbeitet. Endlich wurde 1825 das Pfarr- und Kantorhaus neu unterschwellt und ersteres mit Ziegeln verkleidet, sodass es das Ansehen eines massiven Gebäudes erhielt. — Hier sei auch der Anschaffung eines neuen silbernen Kelches nebst Patene für 87 Thaler gedacht (1817).

Ein schwerer Schlag traf die Lewitzer Gemeinde im Jahre 1821. Ihre Kirche brannte ab; auf welche Weise das Feuer entstanden, ist aus den Akten nicht zu ersehen. In Folge dessen musste der Gottesdienst bis zum Jahre 1824 in der Schule ab­gehalten werden. Als man die Kirche wieder aufbauen wollte, kam es zum Streit zwischen der Gemeinde und dem Patron Herrn Gustav von Haza. Letzterer wollte sie auf seinem Gute erbauen und in diesem Falle, wie bereits bei der ersten Erbauung ge­schehen, die Baukosten zum größten Theile allein tragen. Darauf ging die Gemeinde jedoch nicht ein und erhielt nunmehr bloß das Bauholz. Die neue Kirche wurde wiederum sehr einfach in Fachwerk, ohne Turm erbaut, doch fehlte diesmal das Strohdach. Als Beihilfe zu den Baukosten erhielt die Gemeinde den Ertrag einer für sie eingesammelten Provinzial-Kollekte, in Höhe von 58 Thalern.

Was nun die kirchlichen Ordnungen und Einrichtungen be­trifft, so haben wir gesehen, dass dieselben, wenn auch unter Genehmigung des lutherischen Konsistoriums, doch in völliger Frei­heit von der Gemeinde festgesetzt worden waren. Das war anders geworden, seit bei der zweiten Teilung Polens 1793 dieser Teil des Landes an Preußen gefallen (damals Südpreußen genannt). An Stelle des „Provinzial-Konsistoriums der Kirchen unveränderter Augsburgischer Konfession in Großpolen“ war jetzt das „Königliche Südpreußische Konsistorium in Posen“ getreten, welches nunmehr in allen Gemeinden, wenn auch im Anschluss an die alten, vorgefundenen Einrichtungen, die Bestimmungen des Preußischen Allgemeinen Landerechtes einführte und fortan genaue Kontrolle übte. So wurde denn auch das Kirchenwesen in Neustadt durch die Verhandlung vom 8. August 1806 reguliert und organisiert. Es werde der Umfang der Parochie festgestellt. Dabei ergab sich, dass Milostowo (Dass Milostowo die jüngste evangelische Gemeinde ist, ergibt sich schon daraus, dass das erste evangelische Begräbnis auf dem dortigen Kirche Hofe am 23, August 1791 abgehalten ist.), Gr.- und Kl.-Psarski nur Gastgemeinden seien, Sie wurden dann später 1824 und 25 definitiv eingepfarrt. Ferner wurde ein Kirchenkollegium eingesetzt, bestehend aus dem Pastor als Vorsitzendem und 10 von der Gemeinde zu wählenden Mit­gliedern. Drei von diesen und zwar 1 aus der Stadt und 2 vom Lande führten den besonderen Titel „Kirchenvorsteher“. Sie hatten das Kassenwesen zu besorgen, und sollten jährlich zweimal Rechnung legen, wozu die Gemeinde Repräsentanten schicken durfte. Festgesetzt wurde endlich, dass der Pastor von der Gemeinde aus drei vom Kirchenkollegium vorzuschlagenden Kandidaten gewählt werden solle. Auch den Kantor wählt das Kirchenkollegium; doch muss er vor der Gemeinde im Vorlesen und Singen Probe machen, damit sie sich von seiner Tüchtigkeit überzeugen könne. Den Kirchenwächter nimmt das Kirchenkollegium für sich an. Vieles ist seitdem, namentlich auch durch die neuste kirchliche Gesetzgebung, modifiziert worden, doch die Bestimmungen über die Wahl sind heute noch in Kraft.

Zunächst freilich wurden die Preußischen Einrichtungen und Ordnungen wieder über den Haufen geworfen, als 1807 die Heere Napoleons erschienen, die Polen ihn als ihren Befreier begrüßten und das Versprechen der Wiederherstellung Polens von ihm erhielten. Zuvörderst besetzte er das Land und führte französisches Recht darin ein. Dazu gehörte auch die Civilehe, diese Erfindung der Franzosen aus ihrer Revolutionszeit her. In den Städten werde der Bürgermeister Civilstandsbeamter, für die Landgemeinden wurde es der Pastor. So war es den Leuten wenigstens bequem gemacht. Als aber 1815 das Land wieder an Preußen zurückfiel, verschwand auch die Civilehe, die alten Kirchenbücher kamen wieder zu Ehren, und Niemandem fiel es ein, darüber zu trauern, denn damals waren die Leute noch nicht aufgeklärt genug, in der Civilehe einen Fortschritt zu sehen. Bezeichnend ist, dass sowohl am 8. Mai 1807 die Losreißung von Preußen, als auch 1815 die Wiedervereinigung mit Preußen durch Dankgottesdienste und „an­dere Festivitäten“ gefeiert wurde. Die scheinen damals Gott für Alles gedankt zu haben!

Was die Schulverhältnisse betrifft, so scheint nach dem Abgange Königs als Rektor die Rektorschule eingegangen zu sein und der ursprünglich nur als Kantor angestellte Brust auch den Lehrerposten übernommen zu haben. Ihm zur Seite stand sein Sohn Heinrich Brust, welcher 1825 als Kantor und Lehrer berufen wurde. Später finden wir evangelische und katholische Kinder zu einer Schule vereinigt, in der Weise, dass die größeren Kinder zum Kantor Brust als dem ersten Lehrer und die Kleinen zum katholischen Korbowicz als zweitem Lehrer in die Schule gingen. In welchem Jahre diese eigentümliche Verschmelzung ein­getreten ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Jedenfalls ist sie be­zeichnend für jene Zeit, in welcher ebenso wie der Patriotismus auch der religiöse Glaube darniederlag.

Erwähnenswert aus der Zeit des Pastors König ist nur noch ein Einbruch in die Kirche im Jahre 1805. Ein aus der Frohnveste zu Fraustadt entlassener Hoffmann stieg durch das Fenster der Sakristei ein und erbrach den Gotteskasten nebst der Kirchen­lade, in welcher die kirchlichen Urkunden und Papiere aufbewahrt wurden. Tags darauf wurde er ergriffen und das meiste des ge­raubten Gutes ihm wieder abgenommen; die Beläge zu den Kirchenkassenrechnungen aber waren abhanden gekommen.

Der Pastor König war, soweit sich jetzt über ihn urteilen lässt, ein gläubiger Prediger, von weichem Gemüte, leutselig im Umgänge mit den Gemeindegliedern, aber weder in der Predigt noch sonst so kräftig wie sein Vorgänger. Neun Jahre lang war auch er Senior, oder wie es jetzt heißt, Superintendent des Birnbaumer Kirchenkreises. Er starb am 28. November 1826 nach kurzem Krankenlager an einer Unterleibsentzündung, nachdem er sein Alter gebracht hatte auf 62 Jahre 6 Monate. Begraben wurde er am 1. December ebenfalls hinter der Kirche nicht weit entfernt von dem Grabe seines Vorgängers. Er hinterließ eine Witwe und 7 Kinder. Auch sein Andenken soll im Segen bleiben!

Die Vakanz dauerte über ein Jahr, weil der Witwe die Einkünfte des Sterbequartals und des Gnadenjahrs zukamen, wo­gegen das Kirchenkollegium vergebens remonstrierte. Während dieser Zeit mussten die benachbarten Geistlichen die Vertretung übernehmen.

Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Teil 2

geschrieben von Gudrun Tabbert
(eine Zusammenstellung des Pastor Reylaender 1879)
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Ein romantischer Blick auf die Kirchenruine – Aufn. September 2009 GT

Der erste Pastor der Neustädter Gemeinde war also: Johann Georg Kaulfuß von 1777 – 1803

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Derselbe war geboren am 25. Dezember 1718 zu Meseritz, wo sein Vater Oberältester der Schuhmacherzunft war. Seine Mutter war Anna Rosina geb. Fendler. Nachdem er den ersten Unterricht in der Meseritzer Schule erhalten, besuchter er das Gymnasium zu Breslau und studierte alsdann auf den Universitäten Leipzig und Wittenberg. In seine Vaterstadt zurückgekehrt, erhielt der einen Ruf als Lehrer und Kantor nach Brätz, wo er 11 Jahre blieb. Hier verheiratete er sich mit der Tochter des dortigen Pastors Johann Christian Bartsch. Als Pastor nach Politzig berufen, verwaltete er 22 Jahre lang die dortige Stelle. Als er den Ruf nach Neustadt annahm, war er mithin schon 59 Jahre alt.

Welche Aufgaben warteten hier des nicht mehr jungen Mannes! Sämtliche Kirchengebäude waren zu errichten und das Geld dazu zu beschaffen. Die einzelnen Evangelischen in der Stadt und in meilenweitem Umkreise mussten zur Gemeinde zusammengefügt und kirchliche Ordnungen eingeführt werden. Endlich galt es, mit großer Vorsicht und Weisheit der katholischen Bevölkerung entgegenzutreten. Alle diese Aufgaben hat der Pastor Kaulfuß auf das Beste gelöst.

Über den Ort, an welchem die Kirche erbaut werden sollte, war ein ärgerlicher Streit zwischen dem Hauptmann von Unruh und dem zweiten evangelischen Grundherrn der Gemeinde, Alexander von Haza-Radlitz auf Lewitz, entstanden. Letzerer – und der größte Teil der Gemeinde stand hierin auf seiner Seite, – wünschte, dass die Kirche in Zembowo, einem zur Neustädter Herrschaft gehörigen Gute, erbaut werde, während Herr von Unruh, unterstützt von dem ihm befreundeten Grafen Bninski für die Stadt Neustadt als Kirchort sprach. Endlich gab Herr von Haza nach, unter der Bedingung jedoch, dass er auf seinen Gütern ebenfalls eine Kirche bauen dürfe, die als Filiale von Neustadt aus bedient werden müsse. – Graf Bninski bot den Evangelischen nunmehr das Schloss, in welchem sie bisher schon ihre Gottesdienste gehalten hatten, zum Verkauf an damit sie es zur Kirche ausbauten; nur die Keller wollte er sich vorbehalten. Es war auch bereits der Kontrakt auf 700 Dukaten (2100 Thaler, nicht gerade billig!) abgeschlossen; da versagte das lutherische Konsistorium die Erlaubnis, weil das Schloss nicht volle 200 Schritt von der katholischen Hospitalkirche entfernt liege. Die Gemeinde verlor dadurch 100 Dukaten, welche sie entweder schon angezahlt hatte oder jetzt als Abstand geben musste. Nunmehr schenkte Graf Bninski der Gemeinde ein Stück Land vor der Stadt, auf welchem zuvörderst der Bau der Kirche in Angriff genommen wurde. Der Grundstein wurde am 22. April 1778 gelegt und in demselben ein Verzeichnis der Namen der Bürger und anderer zur Gemeinde Gehörigen, sowie auch des Maurers, Poliers und Zimmermeisters niedergelegt. Die Zimmerarbeiten wurden ausgeführt von einem Zimmermeister Thomas (aus Zirke?), die Maurerarbeiten von einem Maurermeister Höhne (aus Posen?). Die Ziegel lieferte („nachdem endlich die Erlaubnis der gnädigen Frau Gräfin erteilt war“) Graf Bninski zu 4 Gulden das Hundert, das Bauholz, insofern nicht einzelne Hauländer etwas schenkten, wurde vom Konsistorialrath von Unruh auf Rozpitek gekauft (Vom Anfange des Baues wird noch folgende Geschichte erzählt, für deren Wahrheit aber keine Bürgschaft übernommen wird. Ein katholischer Müllergeselle Johann Dyniewicz spielte den Lutherischen den Streich, auf dem Baumplatz einen Hund tot zu schlagen und mit dem Blute desselben das Bauholz zu besudeln. In Folge dessen legten die Zimmerleute die Arbeit nieder, weil sie durch das Hundeblut ihre Standesehre für befleckt ansahen. Der Baukommission blieb nichts übrig, als, der Pastor Kaulfuß und der Hauptmann von Unruh an der Spitze, sich mit einem Schurz zu umgürten, die Axt zur Hand zu nehmen und ein paar Schläge auf das besudelte Bauholz zu tuhn, um so die Unehre auf sich zu nehmen. Nachdem dann noch ein Mahl mit etlichen Tonnen Bier den Zimmerleuten gegeben war, nahmen diese die Arbeit wieder auf. Auch soll ein katholischer Arbeiter im Halseisen der katholischen Kirche Buße getan haben, weil er bei dem Bau der lutherischen Kirche Handlangerdienste geleistet hatte.) Mit der Aufbringung der Geldmittel hatte der Pastor seine liebe Not. Mit Erlaubnis des Konsistorium wurden Kollekten im Lande gehalten, ja bis aus Riga, Leipzig, Hessen-Kassel flossen einzelne milde Beiträge.

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Kirchenruine Neustadt / Lwowek – Aufnahme September 2009 PM

Am 22 November 1778 lässt der Pastor ein Schreiben an die Gemeindeglieder ergehen, worin er sagt, dass das Gebäude nun unter Dach gebracht werden könnte, wenn nur Geld da wäre. Viele hätten reichlich gegeben, aber Viele auch ihre anfänglichen Versprechungen nicht gehalten. Bisher habe man zumeist von dem Gelde gebaut, welches auswärtige Glaubensgenossen gegeben, und fährt dann fort: „Dass dieser Bau so kostbar geworden und gemauert worden, daran sind wir als Kirchenvorsteher nicht schuld, sondern eine Ursache, die allen Gemeinden bekannt ist, weil wir nämlich kein Holz bekommen konnten. Wenn nun unsere Gemeinen nachfragen wollten wo neue Kirchen gebaut worden, so werden sie hören, dass auf einen Wirth nicht 1 Dukaten (Ein Dukaten gleich 18 poln. Gulden oder nach heutigem Gelde 9 Mk. ), sondern wohl 3-4 Dukaten gelegt worden und sie doch nur eine hölzerne Kirche haben, die in wenig Jahren wieder neue Kosten verursacht, da eine gemauerte Kirche auf Kindeskinder ohne Reparaturen stehen bleibt.“ – Auch die Lehrer vermahnt er, Beiträge geben zu wollen. An die Schäfer erlässt er eine Aufforderung, in welcher er zuerst erwähnt, dass Abel, Jacob, David und andere heilige Männer mehr, Schäfer und Hirten gewesen und sie möchten denselben im Glauben nachfolgen und zur Ehre Gottes die Kirche bauen helfen. – Am 23. Februar 1779 wurde der Grundstein zum Altar gelegt und in demselben folgendes Dokument deponiert: „Im Namen des dreieinigen Gottes, zum Preise und Vermehrung Seiner Göttlichen Ehre und Herrlichkeit, ist heute, den 23 Februar 1779 der Grundstein zum Altar des Evangelischen Lutherischen Gotteshauses in Lwowek oder Pohlnisch Neustadt gelegt worden. Der Herr erhalte sein göttliche Wort und die heiligen Sacramenta, welche von dieser heiligen Stätte verkündiget und ausgeteilte werden, rein und unverfälscht bis an das Ende der Welt! Gott lasse den Seegen ruhen auf allen, welche denselben im Glauben an Christum von des Priesters Hand und Lippen empfangen. Gott sende immer treue Lehrer und Beförderer seiner Göttlichen Ehre! – Zu dieser glücklichen Zeit war in diesem Reiche König der durchlauchtigste und großmächtigste Stanislaus Augustus Poniatowski. Gott schenke demselben eine lange, beglückte und friedliche Regierung! Die damahlige Stadt Herrschaft war S. Exzellenz der hochgeborne Herr Graf Lucas von Bieninski, Staroste von Sokolnik, Ritter des St. Stanislai Ordens, Herr der Städte und Herrschaften Lwowek, Piesdrie (soll heißen Biezdrowo), Psarske, Zirke. Der Patron unserer Evangelischen Kirche war der hochwohlgebohrne Herr Alexander Samuel von Unruh, Königl. Polnischer und Churfürstl. Sächsischer Hauptmann und Erbherr von Luboschin. Compatron war der hochwohlgebohrene Herr Hauptmann Alexander v. Hase, Erbherr auf Lewitz und Krischkuwke. Der Evangel. Lutherische Pastor als erster Prediger dieser Evangl. Gemeinde war Johann George Kaulfuß, vorheriger Prediger zu Politzig. Der erste Kirchenvorsteher Carl Friedrich Taege, der Nebenvorsteher Johann Dietrich Windel (aus Hessen-Kassel gebürtig, reformierter Confession), der Rektor der Stadtschule Carl Gottfried Röhl, Minist. Cand., die Kirchenväter: Johann Christoph Linke, Gottfried Förster, Christian Fritsche, Michael Friedrich Sallbach. – Christlicher Leser: Wenn du einst diesen Grundstein entdecken solltest, so rufe bei Eröffnung dieses fröhlich aus: Gloria in Excelsis Deo (Ehre sei Gott in der Höhe!) !“

Ehe aber der Altar vollendet war, wurde am 15. August 1779 die Kirche eingeweiht. Die bei dieser Gelegenheit vom Pastor Kaulfuß über Jes. 56,7: „Mein Haus ist ein Bethaus allen Völkern“ gehaltene Predigt ist noch gedruckt vorhanden. Die Baukosten hatten bis dahin etwa 16.000 Gulden betragen, es fehlte aber noch der Turm und fast der gesamte innere Ausbau. – Bereits war auch mit dem Bau des Pfarr- und Schulhauses vorgegangen worden. Noch immer wohnte der Pastor in einer in der Nähe des Schlosses ihm gemieteten Wohnung, ebenso der Rektor. Ein Kantor war noch nicht angestellt, sondern einer der Landlehrer, Namen Forte, leitete den Gesang und spielte das Positiv bei den Schloßgottesdiensten und hernach in der Kirche. Das Material zu Pfarr- und Kantorhaus erwarb die Gemeinde durch Ankauf eines noch neuen Getreidespeichers aus Chmielinko vom Starosten von Chraplewo für 50 Dukaten. Beide wurden vom Zimmermeister Theodor aus Pinne in Fachwerk errichtet und mit Schindel eingedeckt, vollendet jedenfalls 1780. In demselben Jahre wurde auch der Altar fertig gestellt. Die zur Einweihung desselben gehaltene Predigt über Psalm 26,6: „Ich halte mich, Herr, zu deinem Altar“ liegt ebenfalls gedruckt vor. Die gesamten Baukosten beliefen sich am Schluss dieses Jahres auf 26 393 Gulden. Mit ihrer Verrechnung hatte späterhin der Kirchenvorsteher, Kupferschmied Täge, der mittlerweile Bürgermeister von Neustadt geworden war, viel Ärger. – Die nächsten Jahre vergingen mit dem weiteren Ausbau der Kirche. 1782 wurden von einem Tischler Menze von hier die oberen Chöre gefertigt, in Bezug auf welche der Pastor Kaulfuß die Bemerkung gemacht hat: „Die Arbeit daran ist wohl freilich nicht recht meisterlich, allein es war kein besserer zu haben – schlecht Geld, schlechte Ware!“ Am 12. Jun 1786 wurde die vom Orgelbauer Marzenke aus Frankfurt erbaute Orgel, welche im Ganzen 430 Thaler gekostet, übergeben und am 1. Pfingstfeiertage eingeweiht. Sie ist ganz und gar durch freiwillige Beiträge bezahlt; die Namen aller Geber sind zum Andenken in den Akten verzeichnet. Die Neustädter scheinen schon damals sehr misstrauisch und zu übler Nachrede geneigt gewesen zu sein. Der Pastor Kaulfuß macht unter der Orgelbaurechnung die Bemerkung: „Der Unternehmer dieses Orgelbaues verdient und verlangt auch von seinen redlichen Kirchkindern weiter keinen Dank vor alle dabei angewendete Mühe, als dass man ihn vor einen ehrlichen Mann hält“. Ja, das wenigstens hatte er verdient, hatte er doch von Anfang an fortwährend, wenn Mangel war, aus seiner Tasche gezahlt, selbst größere Summen vorgestreckt, auf deren Erstattung er dann viele Jahre warten musste. Der oben erwähnte Bürgermeister Täge, der ebenfalls große Vorschüsse gemacht, hatte sich sogar durch einen Eid von dem Verdachte unredlicher Kassenverwaltung reinigen müssen. – Im folgenden Jahr 1787 wurde die Kanzel von einem hiesigen Bildhauer Jawlikowski für 33 Thaler aufgestellt. Dieses Geld hatten allein die Schäfer aufgebracht, sowie auch später die erste Altarbekleidung und der Taufengel durch sie beschafft sein soll. Wegen ihrer Verdienste um die Kirche war ihnen auch ein besonderes Chor eingeräumt worden. – 1797 endlich wurde „zur Freude Aller glücklich ohne Schaden“ der Turm vollendet und am 10. Juli der Knopf aufgesetzt, nachdem eine Predigt über Psalm 61,4 gehaltenwar. Noch größer war die Freude, als selbigen Jahres von dem Turm auch eine Glocke erscholl. Sie war ein Geschenk des Kaufmanns Joh. Gottlob Treppmacher in Driesen, der durch den Bürgermeister Schmackpfeffer auf die Not der Gemeinde aufmerksam gemacht worden war. Gegossen war sie von Schlenkermann in Posen. – Damit hatte die Bautätigkeit vorläufig ihr Ende erreicht. Schließlich sei noch der Filialkirche Lewitz gedacht. Da die katholische Geistlichkeit nicht neben der katholischen Kirche eine lutherische dulden wollte, wurde sie nicht auf dem Gute, sondern inmitten der Hauländereien noch im Jahre 1777 von Herrn von Haza errichtet. Die Gemeinde hatte nur Hand- und Spanndienste geleistet. Sie war sehr einfach gebaut, mit Stroh gedeckt.

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1797 das Jahr der Kirchturmfertigstellung – noch heute ist die Wetterfahne auf der Kirchenruine erkennbar – Aufn. September 2009 PM

Was nun die Organisation der Gemeinde betrifft, so war Herr von Unruh Patron der Neustädter, wie Herr von Haza der Lewitzer Kirche. (Späterhin entsagte Ersterer jedoch mit Zustimmung der Gemeinde dem Patronate.) – Der Kirchenvorstand bestand aus dem Patron, dem Pastor und den Kirchenvorstehern und Kirchenvätern, welche letztere auf Vorschlag des Patrons und Pastors von der ganzen Gemeinde gewählt wurden. Welcher Unterschied zwischen den Kirchvätern und Vorstehern war, ist nicht recht klar. Die Ersteren hatten die Quartalgelder einzuziehen und die Gehälter auszuzahlen, sonst jedoch verwaltete der Pastor die Kasse. Zur Rechnungslegung deputierten die Landgemeinden Älteste. – Des Pastors Gehilfe beim Predigen und bei Begräbnissen war der Rektor. In der dem Rektor Samuel Kaulfuß erteilten Vokation heisst es: „Nachdem bei unseren durch göttliche Gnade errichteten beiden Evang. Kirchen zu Neustadt und Lewitz bisher 3 Rectores der Schule (Der erste hieß Bießke, der dritte Röhl, wie der zweite geheißen und wann er gelebt, ist nicht zu ersehen; auf Kaulfuß folgte dann König als Rektor) und zugleich Mitgehilfen des heil. Predigtamtes gestanden, welche aber als Pastores nach anderen Kirchen berufen worden, wodurch zuletzt dies Amt zwei ganze Jahre zum Nachteil der gesamten Kirchengemeinen und des Pastoris ledig gestanden, als sind wir unterschriebene Kirchenpatron, Kirchenvorsteher und Kirchenälteste von der Stadt und vom Lande nach unterschiedenen fruchtlosen Zusammenkünften endlich mit Einstimmung unseres Herrn Pastoris und Kreis-Seniors einig geworden, diese Stelle wiederum mit einem tüchtigen Subjector zu besetzen, um sowohl die Schule der Stadt, zu welcher die übrigen sämtlichen Gemeinen dieser Evangelischen Parochie gleiches Recht und Freiheit zu haben, wenn sie ihre Kinder ordentlich unterrichten lassen wollen, als auch die Kanzel beider Kirchen in Neustadt und Lewitz gehörig zu bestellen.“ – Dann heißt es weiterhin: „Was das zum Teil mit aufgetragene Predigtamt betrifft, so sind dieses erstlich die sogenannten 8 Rektorpredigten, welche de Rektor als Rektor allezeit zugekommen, nämlich 6 Predigten in Neustadt, wenn Pastor in Lewitz Amt hält, und außer den 6 noch 2 in der Lewitzer Evangelischen Kirche an gesetzten Sonntagen; die übrigen Predigten des Herrn Rektors sind bei kränklichen Umständen oder Reisen des Herrn Pastors als Sublevationes anzusehen.“ Als Gehalt wird ihm ausgesetzt: 1. Jährlich 300 Gulden, wie den vorigen 3 Rectoribus, „und weil vor den Kantor und Organisten die vorigen Accidentien bestimmt sind“, so versprechen sie ihm 2. ein Opfer an den zweiten Feiertagen, 3. Schulgeld, von den Großen 1 guten Groschen, von den Kleinen 6 Pf.; „wenn der Herr Rektor denen Armen etwas am Schulgeld schenket, das stehet bei Ihnen, sowie es denen Reichen frei stehet, mehr zu geben“, 4. wenn er bei Begräbnissen begehrt wird, ein freiwilliges Geschenk, 5. In dem ordentlichen Schulhause die Hälfte desselben zur freien Wohnung und den gehörigen Hofraum einzäunen zu lassen und mit einem Stall von 10 Ellen zu versehen, und 6. zu einigen Krautbeeten 3 Gulden, weil am Hause nicht zu solchen Gelegenehit ist, wird ihm versprochen. Der schöne Schluss der Vokation lautet: „Übrigens wünschen wir dem Herrn Rektor zu diesem heil. Amte, dass der Geist des Propheten Eliä wie Elisä zweifältig (auf Ihnen) ruhe und Sie der Kirche und Schule mit doppeltem Segen bis in das graue Alter und bei beständiger Gesundheit und Zufriedenheit vorstehen mögen, und als ein treuer Hirte viele Schafe und Lämmer Jesu Christo dem großen Hirten zuführen mögen!“

Wann der erste Kantor Georg Adam Brust angestellt worden ist, ist ungewiss; wahrscheinlich 1786, nachdem die Orgel erbaut war. Bei ihrer Abnahme war er wenigstens zugegen, ebenso wie der katholische Organist. – Der erste Kirchenwächter und Totengräber hieß Hammel oder Hampel.

Der Gottesdienst wurde nach der Chursächsischen Agende von 1771 gehalten. Als Gesangbuch war das Züllichauer im Gebrauch. Der Konfirmanden-Unterricht wurde die letzten beiden Wochen vor Palmsonntag in täglich 4 Stunden erteilt. Weil aber so viele Kinder zu ungenügend vorbereitet waren, musste der Rektor jeden Morgen  von 8-9 Uhr den Konfirmanden noch besonders die Gebote und das Vaterunser einprägen. Von Ostern bis Advent wurde die sonntägliche Katechismuslehre gehalten, wobei 2 Knaben den Lutherischen Katechismus ablasen. Hieran knüpfte der Pastor die Besprechung, repetierte wohl auch vorher die Vormittagspredigt, welche die Geübteren sogar teilweise nachschreiben mussten, und zauste diejenigen tüchtig, die nichts behalten hatten.

Was das Verhältnis zur katholischen Kirche betrifft, so werden in der ersten Zeit viele Klagen laut. Im Trauregister heißt es im Jahre 1781: „Es solltet auch der N.N. in Pinne mit seiner evangelischen Braut, die auch hier dreimal aufgeboten worden, hier kopulieret werden, allein sie haben sich vom Pinner Probst kopulieren lassen und hiesige Kirche verzieret. Auch hat der Psarsker Probst, nicht nur in diesem Jahre, sonder auch im vorigen, Evangelische kopulieret und getauft, woran freilich wohl die Lauigkeit dieser schlechten evangelischen Christen am meisten schuld ist. Sie wollten des Segens nicht, so wird er auch ferne von ihnen bleiben Psalm 109,17.“ – Im Totenregister findet sich vom Jahre 1783 folgende Notiz: „Sie kam auf der Propstei als Probsteischäferin eines lutherischen Mannes in die Wochen, wurde 3 Tage nach ihrer Niederkunft krank und begehrte von mir das Abendmahl. Indem ich im Begriff war, hinzukommen, hatte sich hiesiger Probst mit Gewalt hineingedrängt, 2 bewaffnete Leute vor’s Tor gestellt, ihre evangelische Schwester herausgeschmissen und wollte sie zur papistischen Religion zwingen. Sie weigerte sich aber und blieb im evangelischen Glauben beständig. Da der Probst keinen evangelischen Prediger zu ihr lassen wollte, sondern fluchte und mit allerlei schändlichen Reden drohte und lästerte wider unseren Glauben (er war ein Jesuite), so führte sie ihr Vater den 4. Tag nach ihrer Niederkunft in seine Behausung, wo sie unter herzlichem Gebet und gläubiger Andacht das h. Abendmahl von mir empfing und 2 Tage darauf selig verschied. Das Kind starb schon Tags vorher. Furcht und Grauen vor solcher gewaltsamen Bekehrung und die Veränderung des Wochenbetts bald 3 Tage nach der Geburt zumal bei stürmischen Regenwetter von einem Ende der Stadt zum andern, mochte wohl beider Tod beschleunigt haben.“ – In demselben Jahre heißt es von einem Begräbnis in Pinne: „Es war das erste Begräbnis, bei welchem ein evangel. Prediger zugegen war und wurde noch dazu aus dem katholischen Spittel ausgetragen, vor dem Hospital gesungen und mit Singen über den Markt auf den Kirchhof getragen. Es wurden zwar vom dasiegen Probste allerlei Schwierigkeiten gemacht, z. B. das Singen verboten, Bahre und Leichentuch abgeschlagen, allein letztere Stücke ließ von Zamorze holen und das Singen ließ ich mir nicht verbieten und so ward das Begräbnis ruhig gehalten.“ – Noch viele andere Fälle hat Pastor Kaulfuß vermerkt in welchen verschiedene katholische Geistliche wieder die Reichstags-Konstitutionen von 1768 und 1775 gehandelt. So schwer wurde es ihnen, sich in die veränderten Zeitverhältnisse zu fügen. Dem lutherischen Konsistorium wurden solche Übertretungen wohl angezeigt, es versprach dann auch, für gerichtliche Untersuchung zu sorgen, aber wo war unter den damaligen überaus traurigen Zuständen im polnischen Lande Recht zu finden! Im Übrigen empfahl das Konsistorium, sich mit größter Vorsichtigkeit zu verhalten.

Es erübrigt nur noch, etwas über die Persönlichkeit des Past. Kaulfuß zu sagen. Er war ein Mann von sehr kräftigem Körperbau, von frischer Gesichtsfarbe mit dichten Augenbrauen. Sein hohes Alter merkte man ihm wenig an. Seine Sprache war kräftig, seine Haltung voll Würde. Seine Predigten waren sehr erbaulich. Es wird erzählt, dass wenn er Sonntags mit richtig sitzender Perücke aus der Sakristei kam, seine Predigt ruhig und lieblich gewesen sei. War aber die Perücke verschoben, dann konnte die Gemeinde schon wissen, was ihrer wartete. Dann hielt er mit donnernder Stimme eine Strafpredigt und schlug dabei zuweilen so kräftig auf die Kanzelbrüstung, dass der Staub aufwirbelte und der Puder aus der Perücke stäubte. Ja, der alte Kaulfuß verstand es! Als energischer Mann hielt er gute Zucht und Ordnung in Kirche und Schule, und ließ namentlich Übertreter des 6. Gebotes an den Kirchtüren Buße tun, soll auch mit streitenden Eheleuten oft kurzen Prozess gemacht haben. Und dabei war er herzensgut, sodass die Kinder, wenn er in die Stadt kam, ihn umringten und sich die Nüsse holten, die er in den Rocktaschen mit sich zu führen pflegte, wusste auch den Leuten gut zuzureden und sie zu überreden und war geliebt und respektiert von Jedermann. Dabei war er ein praktischer, umsichtiger Mann. Zu allen Bauten scheint er die speziellen Angaben gemacht zu haben – große Anschläge waren damals noch nicht Mode – sowie er auch Alles leitete und beaufsichtigte. Das Geldaufbringen verstand er meisterlich; gar herzbeweglich wusste er zu bitten und immer wieder zu bitten, zur Ehre Gottes ein Scherflein zu Vollendung des Gotteshauses beizutragen. Wie uneigennützig er endlich war, haben wir schon vorher erwähnt; seine Herde hat er nicht geschoren. Kurz, er war ein Mann, wie ihn die Neustädter Kirchgemeinde gebraucht hat, um erst zu einer christlichen Gemeinde zu werden. Viele Jahre hindurch war er auch Kreissenior (Superintendent). Bis zuletzt verwaltete er sein Amt mit großer Treue, unter Beistand seines Amtsgehilfen, des Rektors Königs. – Nachdem er acht Tage zuvor noch seinem langjährigen treuen Freunde, dem Hauptmann von Unruh zu Luboschin (Seine Leiche wurde nach Schweinert, dem Stammhause seiner Familie, gebracht.) die Leichenpredigt gehalten, starb er selber am 5 Mai 1803, sanft und ruhig, an Altersschwäche, im Alter von 84 Jahren 4 Monaten 8 Tagen. Mit seiner ihm bereits vorangegangen Ehegattin hatte er 10 Kinder gezeugt, von welchen 5 bereits in die Ewigkeit vorangegangen waren. Er hinterließ 5 Kinder, 22 Enkel, 3 Urenkel. Die Station hat bei seinem Begräbnis gehalten sein Enkel, der Pastor Zachert aus Neutomischel, die Leichenpredigt sein Schwiegersohn, der Pastor Gieser aus Wronke, die Parentation sein Amtsgehilfe, der Rektor König. Begraben ist er hinter der Sakristei.

In großen Segen hat er gewirkt, gesegnet bleibe sein Andenken der Neustädter Gemeinde für alle Zeiten! „Gedenket an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben, welcher Ende schauet an und folget ihrem Glauben nach!“ Ebr. 13,7.

Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Teil 1

geschrieben von Gudrun Tabbert
(eine Zusammenstellung von Pastor Reylaender 1879)
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Deckblatt der Jubiläumsschrift

Die digitale Version dieser Schrift ist unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] zu finden

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„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Au und führet mich zum frischen Wasser; er erquicket meine Seele, er führet mich zum frischen Wasser; er erquicket meine Seele, er führet mich auf rechter Straße, um seine Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Thal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab tröstet mich.“ Psalm 23. Das war Davids Zuversicht; in derselben ist er nicht getäuscht worden. Ob als Hirtenknabe unter den Schrecknissen der Einöde, ob misstrauisch angesehen und verfolgt vom Könige Saul, ob selber die Krone tragend und kämpfend gegen Feinde, gegen falsche Freunde, gegen missratene Kinder, ob ein Mann nach dem Herzen Gottes, ob irrend und strauchelnd, – immer blieb doch der Herr sein Hirte, unter dessen Schulz er kein Unglück fürchten durfte.

Auch die Neustädter Gemeinde hat schwere Zeiten durchmachen müssen. So mancher Kampf war ihr beschieden, harte Lasten waren zu tragen, schwere Opfer zu bringen. Heilig und unsträflich, ohne Flecken oder Runzel, wie es der Apostel Epheser 6 von einer Christengemeinde fordert, ist die Neustädter Gemeinde auch nicht gewesen. Aber dennoch ist der Herr allezeit ihr Schulz und Schirm gewesen, hat geholfen und getragen und Gnade gegeben, dass sie nun voll Dankes auf 100 Jahre göttlicher Barmherzigkeit zurückblicken kann. Darum lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Und damit wir es nicht vergessen, wollen wir einen Blick rückwärts werfen auf die Anfänge unserer Gemeinde und ihr Werden und Wachsen verfolgen bis auf den heutigen Tag.

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Evgl. Kirche zu Neustadt Pinne (Ruine) – Aufn. Sep. 2009 GT

Die ersten Lutherischen inmitten der polnischen und zugleich katholischen Bevölkerung in dieser Gegend waren Anbauer aus den sächsischen Landen, aus der Lausitz und aus Schlesien, welche von der Mitte des 17. Jahrhunderts an nach Polen kamen, von der polnischen Grundherrschaft wegen ihrer Betriebsamkeit gern aufgenommen wurden, von ihr Land erhielten und Kolonien bildeten, welche bis auf den heutigen Tag „Hauländereien“ genannt werden. Die ältesten sollen die von Wymyslanke, Komorowo, Schleife, Blake, Sempolno, Lipke, Tarnufce und Zamorze gewesen, etwas später Chmielinko, Kuschlin, Chelmno, Rutki, Daleschinko und Lewitz entstanden sein, und als jüngsten gelten Neubolewitz, Milostowo und Psarski. – Ausserdem traten schon frühzeitig bei den polnischen Gutsherren deutsche Schäfer in Dienst, und in den Städten Neustadt (Die Stadt Neustadt hat ihr ältestes Privileg vom Jahre 1419, in welchem der Graf Senzivoj von Ostrorog, Posenscher Palatin und General von Polen, aus seinen beiden Dörfern Woyshin und Wieszewzin eine Stadt unter dem Namen Lwow (Löwe), später Lwowek (Löwchen) genannt, bildet. Der König Wladislaus verleiht ihr 1514 Magdeburgisches Recht. König Stephan vermehrt 1583 ihre Privilegien. In der Mitte des 17. Jahrhunderts war der Woywode Opalinski auf Bnin Erbherr von Lwowek, von welchem es auf die Familie Pawlowski überging. Der Bischof Joseph Pawlowski vererbte Lwowek, damals schon polnisch Neustadt genannt, auf seine Nichte Hedwig, verwitwete von Lacka, in 2. Ehe vermählt mit dem Grafen Bninski. Von ihr ging es 1796 auf ihren Sohn Melchior von Lacki über, dessen Nachkommen noch heute die Neustadt Posadowoer Güter besitzen.) und Pinne ließen sich viele deutsche Handwerker nieder. – In der Mitte des vorigen Jahrhunderts gab es auch unter den Gutsbesitzern schon einige Evangelische, nämlich zu Lewitz die Familie von Haza-Radlitz und zu Luboschin die Familie von Unruh.

Die Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse war für diese Evangelischen mit den größten Schwierigkeiten verbunden. Es war nicht immer so gewesen. Die Reformation hatte ehemals auch in Polen Eingang gefunden. Ein großer Teil des polnischen Adels war evangelisch gewesen, blühende Gemeinden lutherischer und reformierter Konfession in Eintracht neben einander lebend, hatten bestanden. Volle Religionsfreiheit hatten sie genossen. Dann waren aber unter der Regierung des Königs Sigesmund die Jesuiten allmächtig geworden, hatten am Anfang des 17 Jahrhunderts von Evangelischen ihre Kirchen geraubt, gegen Recht und Gesetz viele Gräuel an ihnen geübt, und den größten Teil des polnischen Adels und Volkes wieder zum Katholizismus hinübergezogen. Diejenigen Kirchen nun, welche war jenem Ansturm verschont geblieben waren, oder die wenigen, welche seitdem unter dem Schutz eines mächtigen Adligen neugegründet waren, – diese waren es, zu welchen die zerstreuten deutschen Kolonisten pilgern mussten, um einmal das Abendmahl zu empfangen. So zogen sie denn auch aus der Umgegend von Neustadt, meist in Karawanen und bewaffnet, um sich vor den Angriffen der Katholischen zu verteidigen, nach Birnbaum und Bauchwitz, ja nach Züllichau und Driesen. Mit Taufen und Trauungen waren sie an die katholische Geistlichkeit gebunden. Was die Begräbnisse betrifft, so hatten die Lutherischen meist ihre eigenen Kirchhöfe, auch der Stadt Neustadt war von einem der Grundherren (vielleicht von Opalinski) ein Stück Land an den Mühlen dazu gegeben worden, aber unter der überhaupt und überall geltenden Bedingung, dass die Leichen nur nach Sonnenuntergang still beerdigt und zuvor bei dem katholischen Geistlichen ausgelöst werden mussten. Dass die Lutherischen dabei arg geschröpft zu werden pflegten, ersieht man daraus, dass von dem Färber Georg Kärger, einem der ältesten lutherischen Bürger der Stadt, als ihm seine Ehefrau Catharina geb. Schreiber starb, 40 Thaler gefordert wurden, welche Summe dann auf sein inständiges Bitten auf 10 Thaler ermäßigt wurde. In den Hauländereien suchte man sich dem oft zu entziehen und begrub die Leichen heimlich. Wurde das aber entdeckt, dann konnte es vorkommen, wie es einem Hannebohm in Wymyslanke in alter Zeit passiert sein soll, dass die Leiche gewaltsam wieder ausgegraben und auf dem katholischen Kirchhofe begraben wurde. Im Übrigen waren die Kolonisten auf die sonntägliche Predigtvorlesung durch die Lehrer angewiesen, welche letzteren daher auch ganz allgemein Vorleser genannt wurden. Wann die Schulen in den einzelnen Hauländereien gegründet sind, lässt sich leider nicht mehr feststellen. Auch die Rektorschule in Neustadt scheint schon vor der Gründung des Kirchspiels bestanden zu haben.

Die Lage der Evangelischen besserte sich bedeutend, als im Jahre 1768 unter dem Drucke der russischen Regierung der polnische Reichstag das Toleranzedikt erließ, nach welchem den Dissidenten (Andersgläubigen) freie Religionsübung zugesagt wurde. Noch einmal bestätigt wurde dasselbe durch den Reichstagsbeschluss von 1775. – Auf diese beiden Gesetzte sich stützend, errichteten die Evangelischen allerwärts im Lande nunmehr Kirchen. Auch die in Neustadt und Umgegend unter Anführung des Hauptmannes Samuel Alexander von Unruh auf Luboschin wandten sich an den Grundherrn von Neustadt, den Grafen Lucas von Bninski in Posadowo, mit der Bitte um Überlassung eines Grundstücks zur Erbauung einer lutherischen Kirche. Unter dem heftigsten Widerspruch der katholischen Geistlichkeit und seiner eigenen Gemahlin (der eigentlichen Besitzerin der Güter) überließ Graf Bninski vorläufig die inneren Räume seine Stadtschlosses den Lutherischen und gestattete, dass die benachbarten lutherischen Geistlichen, Förster und Rosenkranz aus Birnbaum, Kaulfuß aus Politzig, Zachert aus Meseritz, sowie die Pastoren aus Wronke und Obersitzko abwechselnd in demselben Gottesdienst abhalten durften. Diese Schloßpredigten, die so zahlreich besucht wurden, dass oft der ganze Schloßhof mit Zuhörern erfüllt war, zu welchen Glaubensgenossen von Neutomischel und Zirke, ja bis aus der Gegend von Wollstein und Posen hinzugeströmt sein sollen, währten um 1775-1779.

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Evgl. Kirche Neustadt Pinne (Ruine) – Aufn. Sep. 2009 PM

Unterdessen war Herr von Unruh, welcher als der eigentlichen Gründer der Neustädter Kirchengemeinde anzusehen ist, unablässig tätig, das angefangene Werk zu vollenden und die Erbauung einer Kirche, sowie die Berufung eines Geistlichen durchzusetzen. Das damals in Lissa befindliche Konsistorium „der Kirchen unveränderter Augsburger Konfession in Groß-Polen“ erteilte 1776 den Konsens. Nun schritt man zur Wahl eines Pastors. Sie fiel auf den Pastor Kaulfuß, welcher unter allen Gastpredigern am besten gefallen, der auch die meisten Amtshandlungen bisher schon verrichtet und das vom Kreissenior Rosenkranz aus Birnbaum am 22 Oktober 1775 begonnene Kirchenbuch (Das Totenregister beginnt mit folgender Eintragung: „Das erste öffentlichen Begräbnis der Evangelischen in der Stadt ist gewesen Herrn Geog Adam Sehsing Kaufmanns allhier Söhnlein, welches mit einer Standrede im Hause und 2 Liedern vor der Thür am Ring unter vielem Zulauf von Leuten allerlei Religionen, Katholiken, Lutheranern, Reformierten und einer großen Menge Juden beerdigt und die Prozession über den Ringe, mit öffentlichem, lautem Gesange, nach dem Kirchhof zu genommen wurde. Auf dem Schwan aber wurde folgender Martin Klinke das erste Mal öffentlich begraben. Damals war ich J. G. Kaulfuß noch in Politzig als Pastor, verrichtete aber die actus ministeriales als Pastor vocatus zugleich hier in Neustadt und war also das erste Begräbnis in der Stadt, wobei ein evangelischer Prediger zugegen gewesen“ (1776)) weiter geführt hatte. Diesem wurde am Gründonnerstag 1777 die Vokation erteilt.

Goldmann K.E. – „Die ältesten Siegel und Wappen der Neutomischeler und umliegenden Holländergemeinden“ Deutsche Blätter in Polen 1925 (Jg. III)

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Karl Eduard Goldmann)
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Seit dem Mittelalter gehören die Wappen zu den besonderen Vorrechten des Adels. Außer dem hohen und niedrigen Adel  hatten aber auch die Städte und Dörfer, ebenso die „Schulzen und Gerichte“ in Polen zur Bekräftigung und größerer Glaubhaftmachung ihrer Schriftstücke das Recht, Wappen und Siegel mit dem entsprechenden Zeichen ihrer Würde zu führen. Man hat im allgemeinen in unserem prosaischen Zeitalter das Interesse für Siegel und Wappenkunde verloren.

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Dieser Artikel wurde in „Deutsche Blätter in Polen“ 1926 (Jg. III) veröffentlicht  und  mit einer Sammlung von Siegeln präsentiert, die von dem Lokalhistoriker Karl Eduard Goldmann, (er wohnte am Alten Markt – heute  Niepodległości Platz 24 [1.686]) zusammengetragen worden war.

Die grosse Schwäche dieses Artikels ist der Mangel an Bildern; auch das Original war nicht mit solchen versehen. Die hier dargestellten und eingefügten Abbildungen sind aus  dem Artikel „Wappen“ von Gumowski.

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Dennoch will ich Orts- und Gemeindesiegel aus einem Landstrich bringen, dessen erste Zuzügler einstmals ihre deutsche Heimat verliessen und in Polen eine neue Wirkungsstätte fanden. Die in der zweiten Hälfte des 17.  Jahrhunderts einsetzende kirchliche Reorganisation in Deutschland  trieb Tausende von Protestanten, meist märkische und schlesische Bauern, aber auch aus anderen Teilen des Landes über die Grenze, wo sie in Polen bereitwilligste Aufnahme fanden. Eine völlige Wildnis mit sandigen Höhen, morastigen Niederungen, von uralten Eichen, Buchen, Erlen dicht bestanden, war ihre neue Heimat. So prägte sie sich auch in den ersten Siegelbildern aus. Wenn man im 16. und 17. Jahrhundert einen Bauern als  Holländer, später auch Holänder, Houländer, Holenger, Hauländer bezeichnete, so dachte man nicht an seine Nationalität, sondern an seine landwirtschaftliche Tätigkeit und seine Rechtsstellung. (Der Name Holländer rührt daher, daß unter den ersten .Kolonisten dieser Art Einwanderer aus den Niederlanden die Mehrzahl bildeten, dann die mitgebrachten Eigentümlichkeiten der Arbeitsweise, des Rechtswesens, die in allen zu demselben Zweck angelegten Gemeinden und Dörfern eingeführt wurden und die Bezeichnung alsdann sich auch auf die  gekommenenen Zuzügler ausdehnte. —- Erich Schmidt, Das Deutschtum im Lande Posen. )

Der Holländer hatte als bäuerlicher Ansiedler die Aufgabe übernommen, für eigene Rechnung und Nutzen wüstes urwaldähnliches Land nutzbar zu machen. Er genoß dafür besondere Vorrechte, die ihn von dem gewöhnlichen, von seinem Grundherrn abhängigen polnischen Bauern unterschied: Recht und Gerechtigkeit, Arbeit in Wald und Feld.  Dieses prägt sich auch in den ältesten Siegeln vornehmlich aus. Ob auch den Landgemeinden vom Grundherrn solche verliehen oder vorgeschrieben worden waren, ist mir nicht bekannt; aber fast könnte man es annehmen, da die Zeichnungen der Siegel um die Wende des 17.—18. Jahrhunderts eine gewisse Gleichmäßigkeit zeigen und sich erst später größere Abwechselung bemerkbar macht. Einzelne Wappenbilder mögen vielleicht auch aus der alten deutschen Heimat übernommen sein. Die mehrfache Aufnahme des Waldbaumes, meist dürfte aber die Hof- oder Gerichts- und Dorflinde gemeint sein, ist, wie schon erwähnt, dahin zu deuten, daß große Waldstrecken erst ausgerodet werden mußten, ehe diese oder jene Ortschaft angelegt werden konnte. (s. Paprotsch, Friedenwalde, Zembowo, Grubske, Lewitz Hauland, Krummwalde, Schleife, Komorowo) Hin und wieder mögen auch die Siegelzeichen dem Wappen des Grundherrn entlehnt sein (s. Königsfelde, Blake, Lipke 1750, Neutomischel 1788),  denn die Patrimonialgerichtsbarkeit dürfte s. Z. in Polen noch bestanden haben.

Die ältesten Siegel geben in ihrer bildlichen Sprache nicht nur wichtige Anhaltspunkte über die Ortsgeschichte in bezug auf die Entstehung der Gemeinden und deren mutmaßliche Gründungs- und Entwickelungsjahre, sondern auch Hinweise verschiedener anderer Art, als frühere Gewerbe und sonstige Betätigungen. — Verhältnismäßig wenig vertreten ist das Tierbild. In den von mir bis jetzt gesammelten nahezu 40 Gemeindewappen aus der Umgegend von Neutomischel kommt es nur sechsmal vor, und zwar: der Löwe zweimal, der Hirsch einmal, Raub- bzw. Sumpf- oder Schwimmvögel dreimal.

Die Siegel lassen sich in zwei zeitlich getrennte Gruppen sondern, und zwar bildet

A. die Zeitspanne der polnischen Herrschaft vor 1793,

B. die darauf folgende preußische Regierungsperiode.

Als führende Ortsnamen wende ich zur besseren Orientierung die jüngsten deutschen Bezeichnungen an. Die Angabe der Tinkturen war mit wenigen Ausnahmen unmöglich.

Zur besseren Übersicht habe ich die Aufstellung A in zeitlicher Reihenfolge, dagegen B nach dem Alphabet geordnet. Für die Beschreibung bzw. Blasionierung der Siegel und Wappen gelten gewöhnlich folgende Grundsätze:

Rechts und links ist nicht dem Gesichtspunkt des Beschauers, sondern dem des Schildträgers entnommen. Die rechte Seite des Wappens ist also die vordere, zur linken Hand vom Beschauer. Die Beschreibung erfolgt von der oberen vorderen Seite des Wappens.

A.

Z i n s k o w o, Sinskawe, Cinslowo Hauland, Sękowo, Zenkowo, Zynskowo, Cinskawer Hld., Alte Gemeinde, Zinskau, Czinskower Hauland, Alt-Gorzycker Houland, poln. Sękowskie olendry, zuletzt Friedenwalde: 1692 zeigt das ältesteSiegel, dessen Schrift leider unleserlich war, einen großen Laubbaum.

Paprotsch

G r u b s k e, 1712 Grubcki: ein großer Laubbaum, unter dessen Blätterkrone nur noch die Anfangsbuchstaben GR… zu erkennen sind.

P a p r o t s c h, Paprocz, Paprockie olędry: Sein ältestes Siegel führt einen Laubbaum mit der Umschrift: „SIGIL. D. THOMISCHLER HO(?)GEM. I. PAPER…….. (?) 1725“ – (Die Jahreszahl ist undeutlich und kann möglicherweise auch 1728 oder 1729 lauten)

Eine gewisse Abwechselung vollzieht sich in den folgenden Siegelbildern, die, obwohl sie mit Ausnahme von Glinau, Sontop, Lipke den Baum auch führen, durch irgendeine figürliche Zutat nach und nach aber Veränderungen ausgesetzt sind, bis der Baum zuletzt auch in den Siegeln ganz verschwindet:

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Scherlanke 1728 S*G*M*D*S* CH * GP *CW *AS (bes. Krystian Waśkowicz)

S c h e r l a n k e, Przylęg, Przylenk, Szyrlangner, Szirlanken, Szalanka, Szerlanke, Schirlanken, Przyłek, Przylęgner, Scherlanker Gemeinde: 1723 eine Frauengestalt, in der Rechten eine Waage, in der linken Hand ein Pflanzbäumchen.

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L e w i t z  H a u l a n d, Lewidz Holland, Lewickie olędry: ein Baum, davor ein von links nach rechts springender Hirsch. Umschrift: „DAS . G. RS. LEWIDZ HOLLAND 1735″ Auch die Gemeinden Zembowo (mit zwei flachliegenden Zweigen umschmiegt) und Blaker Hld. bzw. Sucha dembina, Krummwalde und Komorowo Hauland führten, von Laubzweigen umschmiegt, gleichfalls den Laubbaum im Siegel; Zembowo (anscheinend mit Blaker Hld.) hat anscheinend eine Pappel, Krummwalde außerdem noch die lateinischen Buchstaben K.W (Krummenwalde) 1773 sowie Komorowo „MB“ (Welche Bedeutung diese beiden lateinischen Buchgstaben „M.B.“ haben, die rechts und links der Baumkrone stehen, ist nicht klar. Allem Anscheine nach beziehen sich dieselben auf den Namen der derzeitigen Grundherrn Bninski der Herrschaft Lwowek (Neustadt i. P.) bzw. Opalenica, oder eines Verwalters, Gemeindevorstehers u. dergl.(?))

Von jetzt ab erfolgt hin und wieder eine gewisse Abwechselung in den Siegelbildern, und nur noch zweimal kommt der Baum vor, und zwar in Schleife und Komorowo-Hauland. (S. Aufstellung B).

 

Glinau

G l i n a u , Glinno, 1728 Glinoi: eine geharnischte Frauengestalt, in der rechten Hand ein Schwert, in der andern eine Waage. Die Umschrift des Siegels lautet: ,IN DER GLIENOSGMEIN:1728.“

S c h l e i f e, früher Grudzionka, auch Grudzynki, führt 1793 in einem ringartigen Schilde mit fünfzackiger Krone, welcher von einem offenen Blätterkranz umgeben ist, eine Tanne, möglicherweise ist es ein Laubbaum. — Vielleicht stammen die ersten Einwohner, die sich auf dem Besitz der Wierzbna-Pawlowski ansiedelten aus Schleife in Schlesien? — Zeitweise wurde auch vom benachbarten Gronsko das Siegel geführt.

Ausnahmen in den Siegelbildern, die größere Abwechselung zeigen, machen folgende Gemeinden:

 

Sontop

S o n t o p, 1740 (?) Sątop, Sonotopia, ein Ort slawischen Ursprungs, wurde 1736 zu Holländerei gemacht. Sein ältestes Siegel enthält ein sehr undeutliches Bild: einstrahlende Sonne (?) umgeben von einem offenen Blätterkranz mit der Jahreszahl 1740. Die anderen der Siegelzeichnung beigegebenen kleinen Zutaten sind nicht mehr zu erkennen.

B l a k e, D ü r r e  H o l l ä n d e r 1750, poln. Suche dembina, auch Suche olędry genannt. Ein mir vorliegendes undeutliches Siegelbild enthält einen schmucklosen Wachtturm, der von einen: Laubkranz umgeben ist. In Wirklichkeit handelt es sich aber um den Helmschmuck des Wappens Wierzbna, das eine gekrönte korinthische Säule, die in der oberen Hälfte von unten nach oben von einem Pfeile schrägrechts durchbohrt wird, zeigte. (Sonst führen die Wierzbna noch „in einem durch einen goldenen schmalen Balken geteilten blauen Felde in dem oberen wie unteren Teil derselben je drei nebeneinanderstehende golden Lilien“) Um die Mitte des 18. Jahrhunderts war Michael v. Wierzbna, Erbherr von Neustadt b. P., Konin, Pawlowko, Zembowo und Zembowko, also auch gleichzeitig Besitzer von dem angrenzenden Blake und den „Dürren Holländern“ bzw. Chudopcice oder alsdann Dürrnhund, später Steinhorst benannt. Auch diese Ländereien sind zum größten Teil von deutschen Einwohnern besiedelt worden.

W a l d t a l, 1750 Wengielno, 1791 Wengelner Hauland, Wengielno. Aber einem mit Blumen gefüllten Gefäß drei Sterne; rechts bzw. links des ersteren die Buchstaben W.H. (Wengielno-Hld.) als Ortsbezeichnung.

L i p k e, Kreis Neutomischel, 1763 Lipker Holland, später Groß und Klein Lipke.(f. auch Kozielaske) führt 1766 einen von rechts nach links schreitenden Löwen, welcher in der rechten Pranke ein Schwert, in der linken eine Waage trägt.

Vielleicht bezieht sich das Siegelbild auf das Stadtwappen vom nächstgelegenen Neustadt b. P., poln. Lwowek, welches so viel wie „kleiner Löwe“ heißt und einen von rechts nach links schreitenden Löwen im Wappen führt. Vermutlich beziehen sich beide Siegel auf die gräfliche Familie v. Unruh-Birnbaum, welche jahrhundertelang das westliche Gebiet der späteren Provinz Posen besaß. — Die Beigaben von Schwert und Waage sind möglicherweise willkürliche Zutaten. — Es kann sich aber auch um das Wappen der Lipski handeln, die einen gekrönten Löwen, mit beiden Pranken ein Schwert haltend, führen.

K ö n i g s f e l d e, früher Kozielaski, Kozieloske: führt einen von rechts nach links schreitenden Löwen; Umschrift G.E.R.I.T.S S.I.G.E.L 1774 (Auch das Siegel der angrenzenden Holländergemeinde Lipke trägt in ihrem ältesten Siegel einen nach rechts schreitenden Löwen, allerdings aber mit Schwert und Waage).

Die älteste Namensbezeichnung dürfte aus den Beziehungen zu den Ostrorog bzw. Koscielecki entstanden sein, welche auch den Löwen im Wappen führen und im 16. Jahrhundert die Herrschaft Lwowek besaßen. — Immerhin kämen auch die Unruh in Betracht, welche bis zum 18. Jahrhundert die Herrschaft Birnbaum, Tirschtiegel, Witomysl, Karge usw. im Besitz hatten und auch im goldenen Felde einen roten Löwen, allerdings aber mit Krone im Wappen führen.(Zu den beiden letzterwähntenWappen von Lipke und Königsfelde möchte ich erwähnen, dass das Wappen von Alt-Polen (sonst führte Polen bekanntlich den silbernen (weißen) Adler im roten Felde) nach Grünbergs Wappenbuch von 1483 einen „Löwen gold in Schwarz, Zunge und Wappen rot“ zeigt. (Warnecke, Tafel 1, 9.))

K o n k o l e w o-H a u l an d, 1776 Konkolewe Dorf, auch Deutsch Konkolewo, Konkolewo (Kakol = Kornrade); auf einem Berge fünf im Halbkreise fächerartig verteilte Blütenstengel, anscheinend Kornraden, mit der Umschrift: „DAS DORF KONKOLEWO 1776″ — ein Siegel in der Größe etwa eines Talers. —

T o m i s c h l e r  H o l l a n d: ein vor Gründung der Stadt (hier scheint es sich um den noch nicht begrenzten Begriff des späteren Kirchplatzes im Tomischler Holland zu handeln) Neutomischel benutztes und sehr ungeschickt dargestelltes Siegel: ein mit Schwert bewaffneter Arm, der gleichzeitig eine Waage trägt. Umschrift: GERI…SIGEL 1784 8Der mir vorliegende Siegelabdruck ist sehr schadhaft und deshalb undeutlich).

Außer den Dörfern und Landgemeinden in Polen hatten selbstverständlich die Städte längst schon das Recht, Wappen und Siegel zu führen. So auch:

N e u t o m i s c h e l, Nowy Tomysl, Neu-Tomysl, Neutomysl, die jüngste Stadt der Provinz. Sie führt das Wappen Łodzia: in rotem Felde einen goldenen Kahn, bzw. eine Barke ohne Mast und Segel, deren Seitenwände, vier Bretter hoch, in der Mitte parallel sind, dann rechts und links in zwei Spitzen zusammenlaufen. Helmschmuck: einen Pfauenwedel, vor welchem der goldene Kahn erscheint.

( Das Wappen Łodzia finden wir in der Umgegend von Neutomischel ziemlich häufig, z. B. an der Wetterfahne der katholischen Kirche in Bukowiec mit der Jahreszahl 1635, ferner am alten Schloßgebäude in Wonsowo, am Burgtor vom Bentschener Schloß u. a. m.

Aus neuester preußisch-deutscher Zeit möchte ich ferner der Denkmünzen mit dem Stadtwappen

[1.688]

Zur Erinnerung an die Allgemeine Deutsche Hopfenaussttelung in Neutomischel 1893

a. „Zur Erinnerung an die Feier des 100jährigen Bestehens der Stadt Neutomischel am 18. Februar 1888″ und

b. „Zur Erinnerung an die Allgemeine Deutsche Hopfenausstellung in Neutomischel 1893,

welche heraldisch korrekt ausgeführt sind, erwähnen, denn in ähnlicher Ausführung sind auch die aus deutscher Zeit stammenden Siegel der Stadt vor Ausbruch der jüngsten polnischen Revolution in deutscher Schrift gehalten gewesen.

In der Gründungsurkunde des Felix Szołdrski-Tomysl vom 18. Februar 1733, Starost zu Lęczyc, von Tschempin und den Gütern Tomysl, Erbherr usw. heißt es: „Mein mir angeborenes adeliges Wappen erlaube, zu gebrauchen, das ist ein Kahn mit der Überschrift Neu-Tomysl.“ Ob der Grundherr mit dem Wortlaut seiner Erklärung die Übersetzung des Wortes Nowy-Tomysl = einen neuen Gedanken gleichzeitig ausdrücken wollte, muß dahingestellt bleiben.

Das erste, bis in alle Einzelheiten kunstvoll geschnittene Siegel der neugegründeten Stadt zeigt das Wappen Łodzia in großer Aufmachung, und zwar in einem länglich runden Schilde, umgeben von Fahnen, Standarten, Waffen, Kesselpauken und dergl. mit der in lateinischen Buchstaben, aber schon in deutscher Schreibweise bewirkten Ortsbezeichnung „NEUTOMISCHEL 1788.“ Höchstwahrscheinlich hat ein Siegel des Grundherrn oder eines in militärischen Verhältnissen gestandenen Vorfahren als Vorlage gedient, denn in diesem Aufbau zeigt es sich in farbigem Relief in entsprechend größeren Dimensionen auch an der Kanzelbrüstung in der 1779/80 erbauten Ev. Kirche in Neutomischel, ebenso über dem Portal des erst 1879 erbauten Rathauses.

Ein anderes Siegel aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts, zeigt den gekrönten fliegenden preußischen Adler mit kleinem Brustschild, Schwert und Zepter. Auf ersterem befindet sich der Adler des Großherzogtums Posen mit der Umschrift: „KOENIGL. PREUSS. MIDIATSTADT ZU NEUTOMISCHEL“

B. Nach der Besitzergreifung des Posener Landes durch Preußen in dem Jahre 1793 wurden um die Jahrhundertwende, vielleicht auch etwas früher oder später, andere Gemeindesiegel eingeführt, welche durch ihre abwechselungsreiche bildliche Ausstattung, besonders auch in lokalgeschichtlicher Beziehung meist von großem Interesse sind.

Nach welchen Quellen s. Z. diese Siegelbilder gefertigt wurden, vermochte ich nicht festzustellen. Vielleicht befinden sich darüber Unterlagen in den Regierungsakten bzw. im Staatsarchiv.

Die räumliche Einteilung der Bildfläche war meist ohne Abwechselung. Man stelle sich einen länglich runden Kreis vor, dessen innere Randflächen das Schriftband bildet. Der in der Mitte des Siegels übrigbleibende obere Halbkreis enthält in einem auf den Kopf gestelltem Schilde das eigentliche Ortszeichen bzw. Stempelbild, welches hier, man kann sagen, das Wappen der betr. Gemeinde darstellen sollte.

Auffallend und wenig erklärlich ist die unter B in dem Schriftband der Siegel angewandte Schreibweise „Houland“. — Möglicherweise richtete man sich nach der noch heute in der hiesigen ländlichen Bevölkerung gebräuchlichen, etwas breit und hohlklingenden Aussprache.

Entgegen den großen kreisrunden Siegeln der Serie A haben die kleineren Siegel B die länglich runde Form.

A l t b o r u i, Altboruy, Boruia stara, auch Kirchboruy, später Kirchplatz-Boruy. Die Beleihungsurkunde stammt von 1705.

Das einzige mir zugängig gewesene Gemeindesiegel der Ortschaft, welches ungefähr aus der Zeit um 1800 herrühren dürfte, zeigt über einem Berge ein Ordenskreuz mit der Umschrift: „BORUISCHE GEM.: S. BOMSTER KREIS.“

F r i e d e n h o r s t, vorher Alt-Jastrzembski, poln. Jastrzemski stara, dann Alt-Jastrczemsker Gemeinde; im Volksmunde Bentschener Schule genannt, womit aber mehr sein Kirchplatz gemeint war. Das Siegel zeigt drei Kornähren zwischen einer Sense und einer Harke, letztere hier Rechen genannt. Leider war es mir bis jetzt noch nicht möglich, einen klaren Siegelabdruck von Alt-Jastrzemski für die erste Serie — A — ausfindig zu machen. Den Namen soll die Holländergemeinde in dem „zu Kroschnitz-Lomnitz gehörigen Busch“ nach einem früheren Verwalter bzw. Bevollmächtigten. „Jastrzębski“ der Herrschaft Zbąszyn, Bentschen, erhalten haben, so daß man fast mit Bestimmtheit annehmen kann, daß das älteste Ortssiegel das Wappen „Jastrzębiec“ zeigte, und zwar: „in blauem Felde ein silbernes Hufeisen, nach oben geöffnet, innerhalb desselben ein goldenes Kavalierkreuz; Helmschmuck: ein Habicht mit halberhobenen Flügeln, mit dem rechten erhobenen Fuße ein gleiches Hufeisen mit dem Kreuz haltend.

F r i e d e n w a l d e, s. a. A 1.

Das zweite Siegel der Gemeinde enthält „auf einem Berge den Rumpf eines menschlichen Körpers, über dem ein Schwert wie zum Schlage ausholt.“ Umschrift des Siegels: GORSITZER H: GEM: S: BOMSTER KREIS“. Allem Anschein nach bezieht sich das Siegelbild auf eine alte Überlieferung, wonach an der westlichen Gemeindegrenze sich einstmals eine Richtstaette, Galgen mit Stabsäulen, befand.(Illgner) Auch ein Hexenprozeß aus dem Jahre 1771 bestätigt diese Angaben („Zum 100jähringen Jubiläum der Ev. Kirche in Friedenshorst“ 1897 S. 10, und Deutsche Wissenschaftl. Zeischr. für Polen 1924, Heft 4 „Zwei Hexenprozesse aus dem westpos. Holländereien“.) Ferner bedeutet die Übersetzung des Wortes Górzysko einen abscheulichen häßlichen Berg, der allerdings wegen seines schlechten Weges, Landstraße Neutomischel-Bentschen – der hier auch vorüberführt möglicherweise noch in Frage käme.

G l i n a u, Glinno, Glinoy‘sche Gemeinde: Auf einem Berge von rechts nach links ein mit einem krummen Säbel bewaffneter Arm.

G r u b s k e, Kreis Meseritz, Grubski olędry, Grubske Hauland. Das zweite Siegelbild der Gemeinde, dessen Abdruck leider sehr undeutlich überkommen ist, enthält anscheinend eine große dreiblättrige Wasserpflanze, vermutlich handelt es sich um die sogenannte Seelilie, auf deren beiden Seitenblättern zwei Sumpfvögel, anscheinend Störche, Rohrdommeln oder dergl. sich gegenüberstehen. Schriftband: GRUBSKER HOULAND MESERITZ KREIS

K o m o r o w o  Ha u l a n d, Gemeinde, Kreis Neutomischel: Zwei nach oben gekreuzte Fahnen, deren Enden gerafft über den Schaft hangen.

K l e i n – L i p k e, 1797—1821, früher Lipia, Lipka — Hauland: Ein Hufeisen, über dessen nach oben stehende Enden je ein Nagel (?) erscheint. Möglicherweise können es aber auch zwei Vögel sein.

L i p k e r  H a u l a n d, Lipie Hld., Groß-Lipke: Fünf von links nach rechts hintereinander schwimmende Enten oder Gänse. Lipke soll wegen seiner Gänse- und Entenzucht auch in der weiteren Umgegend bekannt sein.

K ö n i g s f e l d e, Kozielaski, Kozielaski: Zwei aneinandergelehnte rechts- bzw. linksarmige Tartschen mit je drei schmalen, senkrechten Längsstreifen.

K o n k o l e w o – H a u l a n d: Auf einem Berge fünf, zu zwei und drei übereinandergestellte Laubbäume.

K r u m m w a l d e, poln. Krzywylas: Sein zweites Siegel dürfte um die Wende des vorigen Jahrhunderts entstanden sein: ein Baum zwischen zwei Pfählen oder Baumstümpfen. Entweder handelt es sich um Grenzpfähle oder um eine in früherer Zeit eingeführte, dem Waldbestand höchst schädliche Manipulation der Eingewanderten, die darin bestand, daß man die größten und schönsten Bäume in bequemer Höhe rundum einkerbte oder anschlug, damit sie absterben und auf dem Stamm verfaulen sollten.(Die Bauern hatten zu Zeiten, wo die Arbeiten der Landwirtschaft ruhten noch tüchtige Baumklötze aus der Erde zu roden, die Ihre Väter, von denen noch nötigere Besiedlungsarbeiten zu verrichen waren, nach absägen des Stammes, in der Erde gelassen hatten. Berthold Roy (Kind, Jüngling, Mann, Berlin 1895.) Noch Jahrzehnte später fand man unzählige abgestorbene und verfaulte Bäume, ohne daß die Gegend gerodet worden wäre. Vielleicht waren auch hier vormdem schon Zuzügler wieder abgewandert oder vertrieben worden.

K u n i k, Kreis Meseritz: In ältester Zeit soll die Gemeinde Choinik geheißen haben, dann Kunicki olędry, Kuniker Houland bzw. Hauland, Kunike. Das Siegel enthält Blatt und Blüte der Seelilie, welche aus dem Wasser hervorragt, mit der Aufschrift im Schriftbande: KUNIK HOULAND GEMIEINE SIEG. KREIS MEZERITZ. Leider ist mir noch kein Siegelabdruck aus der ältesten Zeit der Gemeinde zu Gesicht gekommen.

K u s c h l i n, früher auch Kuslin, Kusln. Der mir vorliegende Siegelabdruck ist leider sehr undeutlich. Vermutlich stellt die Siegelzeichnung „zwischen zwei Bergen einen Schild oder einen Stein dar, auf welchem ein Vogel sitzt.“ Auch die Umschrift des Siegels ist nicht zu entziffern. Ein klares Siegelbild war mir bis jetzt leider noch nicht zugängig.

P a p r o t s c h, Paprocz, Paprocki olędry: Das zweite Siegel der Gemeinde zeigt auf einem Dreiberge zwei nebeneinander stehende Tongefäße, darüber eine Barte oder ein dem Beil ähnliches Gerät, welches zur Anfertigung von Mulden, Schaufeln, Futtertrögen und dergleichen Holzgeräte diente. Aufschrift: PAPROTZER GEM. BOMSTER KREIS (s. a. Schleife Nr. 38). Die Entstehung des Bildes ist dahin zu erklären, daß die wirtschaftliche Verwertung der großen Holzbestände in den Tomischler Holländereien zuerst eine äußerst gering entwickelte war. Meist wurde von den Ansiedlern außer dem im wirtschaftlichen Gebrauch notwendigen Bau- und Brennholz auch Pottasche aus den Hölzern hergestellt und nach auswärts verführt. Der gewonnene Kienteer wurde in sogenannten Teerbuden fabriziert und in den im Siegelbild dargestellten Gefäßen aufbewahrt, möglicherweise auch darin zum Versand gebracht. (?) Alt überkommene Beinamen der Eingesessenen, wie Pottasche Rausch, (s. auch Friedenhorst) erinnern noch an diesen ehemaligen Erwerbszweig. – Meyer, Geschichte des Landes Posen, S. 326, berichtet, daß aus dem Posenschen sogar Pottasche bis nach Danzig ausgeführt wurde.

Auch Illgner erzählt in seiner „Geschichte der evangelischen Kirche in Friedenhorst [1.689]„: „Den Holländern blieb außer einigen Produtten der Viehzucht nur das Holz, um Geld daraus zu lösen. Anfangs freilich wurde es wenig geachtet. Man schichtete es in Haufen zusammen und verbrannte es, um freies Land zu gewinnen. Bald aber suchte man es zu verwerten. Man verkaufte es in Neutomischel oder Bentschen. Da aber der Erlös die Mühe kaum lohnte, so suchte man das Holz besser zu nutzen. Man brannte Kohlen und schwelte Teer.(Die Reste baulicher Anlagen von Teeröfen, in welchem höchstwahrscheinlich auch Pottasche hergestellt wurde, entdeckte ich in den sogenannten Buchen der Alttomischler Forst, sowie auch in Friedenhorst auf dem Gelände der Eigentümer Fischer, Kurtz und Müller. – Vergl. „Deutsche anthropologische Gesellschaft., XI. Hauptverf.1909″, Nachtrag Nr.2033-2048). Spuren von Teeröfen sind heute noch vorhanden: nordwestlich von der Kirche in Friedenhorst, am Wege nach Glashütte und südlich an der Grenze zwischen Friedenhorst und Kunik.

Die beste Verwertung war die Verwendung des Holzes zu allerlei Holzarbeiten. Die Ansiedler fertigten Mulden, Schippen, Tröge, Schwingen, Brechen und dergl.“

S c h e r l a n k e. Vier kreuzweise gestellte dreiblättrige Kleestauden.

S c h i c h a g o r a, Cisiogurskie olędry, Chichagora, auch Chichogura, Cichagora Hauland, seit 1757. Auf einem Berge (?) drei dreiblättrige Kleestengel, wovon der mittlere etwas höher gestellt ist.

Umschrift: SCHICHOGURSCHER G. BOMSTER KREIS

S c h l e i f e, Grudzionka, Grudzynki. Vier kreuzweise übereinanderstehende Barten bzw. Beil- oder Axteisen, ohne Helmgriff bzw. Stiel. (Dieses Beileisen oder Barte führte auch Paprotsch im Siegel. Bei den alten Deutschen diente schon dieses dreischneidige Gerät zum Hauen und Zimmern, sowie als Waffe zum Werfen)

S o n t o p. Ein naturalistisch dargestellter von links nach rechts sich rückwärts bewegender Krebs.

Zu gleicher Zeit waren auch kreisrunde Siegel in verschiedenen Größen für einzelne Gemeinden eingeführt, so z. B. für Neuboruy, Scharke, Konkolewo usw., die kein Wappenbild führen, sondern nur die lateinische Aufschrift, z. B.

NEUBORUYSCHER HOULANDGEMEIN BOMSTER KREIS

SCHARKER HOULANDER GEMEIN BOMSTER KREIS

SIEGEL KONKOLEW GEMEINE BOMSTER KREIS

Die beiden erstgenannten Siegel haben etwa die Größe eines früheren preußischen l—2 Pf.-Stückes, das dritte (c) eines früheren deutschen silbernen 2 M.-Stückes 1913. 22)

Schließlich will ich noch der sogenannten „Schulzensiegel“ Erwähnung tun, welche etwa im zweiten Viertel des vorigen Jahrhunderts, also zu preußischer Zeit in der Größe wie c eingeführt wurden. Sie zeigen einen naturalistisch dargestellten preußischen Adler mit Krone, Zepter usw. Die Auffschrift: SCHULZENAMT… (folgt der Name der Ortschaft bzw. Gemeinde).

Es bedarf keiner besonderen Vorliebe für die Wappen- und Siegelkunde, um zu ersehen, daß auch in den aufgezählten Wappen der Neutomischler Holländereien ein gutes Stück Heimatgeschichte liegt.

Kopie des Tomysl’er Kirchen Privilegie 1778

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Abschrift vermutlich durch Pastor Willmann)
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[1.690]

evgl. Kirche - ca. 1925

Copia des Tomysl’er Kirchen Privilegie

[1.691]

Kopie einer handschriftl. Ausgabe des Kirchenprivilegiums (893/Archiwum Państwowe w Poznaniu, 5346/Evangelisch-lutherisches Kirchensystem. vol. II

Nachdem Ich Felix Szoldrski Erbherr der Herrschaft Czempin wie auch der Herrschaft Tomysl meinen evangelischen Untersaßen der Herrschaft Tomysl bereits im Jahr 1777 auf Ihr flehentliches Bitten die Erlaubnis ertheilt eine evangelische Kirche auf meinem Grund und Boden zu erbauen zu welcher wie auch zur Wohnung der Pastoris und dessen Unterhalt, den Grund befreiet von allen Abgaben auf immer für mich und meine Nachkommen frei gegeben verspreche als bestimme und confirmire Ich nun auf meiner dissidentischen Hauländer, abermahls an Mich ergangenes unterthänigstes Ansuchen und bitten, den von der vom Consistorio zu Lissa dießhalb verordneten Civil Commission in Augenschein genommenen und approbi(e)rten Platz bey Pietschen Nachbar in der Glinauschen Gemeinde gelegen zum Kirchen-Platze erkläre hiermit diesen Kirchenplatz so lang und breit, als derselbe zur Erbauung einer Kirche nöthig ist, nebst dazu Pfarr- und Schul- Gebäude und nöthigen Kirchhoff. Wie auch dazu benöthigten Gärten, Aecker, und Wiesen zur Erhaltung des Pastoris auf immer von allen Abgaben frey, und verspreche ihnen ihre kirchlichen Rechte, und Freyheiten, denen königlichen und Republic Rechten gemäß zu beschützen. Zu desto fester Versicherung ist dieses Kirchen Privilegium von mir ertheilet, mit meinem angebohrenern Petschaft besiegelt und eigenhändig von mir unterschrieben worden,

o geschehen in Czempin am 13ten August 1778

Felix Szoldrski /LS/

Statistik zum Hopfenanbau – 1862

geschrieben von Gudrun Tabbert
(bzw. unterzeichnet mit Hamm's Agr. Z.)
am in Hopfen | Kommentare sind deaktiviert
[1.692]

Friedrich Georg Wiecks's - Deutsche Illustrirte Gewerbezeitung - No. 6 / 1862

Der Hopfenbau – Neutomysl wird mehr oder weniger wieder nur in einem Schlußsatz erwähnt. Wieder jedoch wird der Aufschwung und somit indirekt die nicht mehr zu verleugnende Bedeutung des Hopfenanbaus erwähnt .

* * *

Deutschlands erstreckt sich über das Gebiet der oberen Donau, des oberen Main, der oberen und mittleren Elbe, der unterer Weser und fast den ganzen Lauf der Oder. Im Donaugebiet sind es die Gegenden am Iller, bei Memmingen, an der Isar, von München bis Landshut, am Inn, bei Wasserburg, an der Donau, selbst von Ingolstadt bis Regensburg. Im Maingebiet ist die Gegend der Rezat mit ihren Seitenflüßchen, besonders der Aisch und Pegnitz, im Rezatthale selbert von Windsbach über Spalt, Erlagen bis unterhalb Forchheim. Im Elbgebiet ist besonders das Egerthal, die Gegend von Saaz bebaut, dann in den nördlichen Abdachungen des Erzgebirges, an der Elbe und Mulde, bei Schandau, Wurzen, Zwickau. Im Wesergebiet ist die Gegend von Braunschweig, die Ocker mit ihren Nebenflüssen, die einzige. An der Oder aber wächst er von Schlesien bis nach Pommern, wie auch an der unteren Warthe und Netze. In Schlesien wird er in der Gegend von Liegnitz, bei Wahlstadt, Jauer, Goldberg gebaut, doch jetzt weniger als früher; in Pommern ist er auch unbedeutend; dagegen an der Warthe und Netze, besonders in der Gegend von Neutomysl, nimmt der Anbau einen außerordentlichen Aufschwung. Für den Handel liefern am meisten Bayern, Böhmen, Braunschweig, Posen; ersteres jährlich 80000, letzters 15 – 20000 Centner. Bayern liefert den kräftigsten Hopfen, Böhmen dagegen feineren, vom Neutomysler soll das Bier nach 3 Wochen schon brauchbar und versendungsfähig sein.

Bauet Hopfen ! 1861

geschrieben von Gudrun Tabbert
("Aus der Natur")
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[1.693]

Aus der Natur - Die neuesten Entdeckungen auf dem Gebiete der Naturwissenschaften - 1861 / No. 31

Bauet Hopfen ! so die Überschrift des Artikel in der Zeitschrift „Aus der Natur“ – Die neuesten Entdeckungen auf dem Gebiete der Naturwissenschaften –  Die Zeitschrift hatte wöchentlich eine Nummer in der Veröffentlichung und war durch alle Buchhandlungen und über Postämter zu beziehen

Dieser Artikel hebt sich von anderen dadurch ab, das als Ursprung des Hopfenanbaus Böhmen in Frage gestellt wird und niederländische Brauereien in bezug auf die Erstverwendung erwähnt werden. Für Neutomysl als „unbedeutendes“ Städtchen, wird der erste Hopfenanbau rückdatiert auf die Zeit der Hussitenkriege, das wären die Jahre 1419-1434, 1439 gewesen. Dieser frühe Zeitpunkt wird damit erklärt, das flüchtige Böhmen in der Gegend gesiedelt haben sollen, welche dann den ersten Anbau von Hopfen betrieben. 1835 ist das Jahr mit dem die Kultivierung und der Aufschwung des Hopfenhandels eingeleitet wurde.

* * *

Der große Durst der alten Germanen, den sie mit einem berauschenden Gerstensaft löschten, war schon den Römern bekannt. Wenn auch Plinius anführt, dass der Hopfen überall in unserem Verlande die Weiden und Gesträuche überzogen habe, so ist doch wahrscheinlicher, dass der Gerstensaft unserer Vorfahren mehr ein gegornes, weinsäuerliches als ein dem heutigen Biere ähnliches Getränk war. Nichts desto weniger aber ist das wirkliche Bier, das immer mehr als Lieblingsgetränk aller Völker zu werden scheint, eine deutsche Erfindung und das wichtigste Material zu seiner Bereitung ist unstreitig der Hopfen, weil nur er allein dem Biere Halt und Dauer verleiht und eben deshalb hat auch er unter allen Pflanze, welche währen der Völkerwanderung in Europa eingeführt worden sein sollen, die größte Bedeutung erlangt.

Man führt zwar an, dass Böhmen, noch heute in dieser Hinsicht mit den ersten Rang einnehmend, das eigentliche Vaterland des Hopfenbaues sei, aber dem können wir nicht zustimmen, denn schon in einem Schenkungsbriefe Pipins, des Vaters Karl des Großen, aus dem Jahre 768 ist von Hopfengärten (humularia) die Rede und unter Karls Nachkommen wird des Hopfenbaues schon mehrfach in Urkunden gedacht. Sicher haben wir die Klöster als die Ausgangspunkte der Hopfenkultur anzusehen, denn bekannt ist ja, dass die Mönche große Liebhaber eines herzhaften Trunkes waren. Ja man sagt sogar, dass die kunstgemäße Bereitung des Bieres vermittelst des Hopfens von den Klöstern ausgegangen sei, während nach Anderen der Hopfen zuerst in den niederländischen Brauereien angewendet worden zu sein scheint, worauf auch die Volkssage von Gambrinus hindeutet.

Namentlich scheint vom 11. Jahrh. an der Zusatz des Hopfens zum Biere allgemein verbreitet gewesen zu sein. Um das Jahr 1070 steht der Hopfenbau schon im Magdeburgischen und Bayern in hoher Blühte und im 12. Und 13. Jahrh. war das Bier, da es im Rufe stand, dass es sich wegen des Hopfenzusatzes lange halte, schon ein bedeutender Ausfuhrartikel Deutschland. Mehr noch breitete sich der Hopfenbau im 14. 15. und 16. Jahr. aus und wenn auch jetzt schon die Hopfenkultur in Bayern und Böhmen berühmt war, so stand diesen doch ganz Norddeutschland ebenbürtig zur Seite. In welchem Umfange zu dieser Zeit der Hopfenbau in Bayern stand, lehrt uns eine Forstverordnung aus dem Jahre 1568. Diese gebot, dass beim Schneiden der Hopfenstangen darauf zu sehen sei, dass die Wälder dadurch nicht zu sehr verwüstet würden. Und zu dieser Zeit gab es doch noch allüberall in Deutschland Wälder in Überfluss.

Der Ruhm, welchen die deutschen Biere im Mittelalter genossen und die große Mannigfaltigkeit derselben, ist hinreichend bekannt. Wie so vieles Andere geriet auch die Bierbrauerei und damit der Hopfenbau durch den 30 jährigen Krieg, die Quelle des ganzen Unglückes unseres Vaterlandes, in Verfall und mit diesem Untergange Deutschlands ging Englands Stern auf. Im letzteren Lande wurde der Hopfenbau noch unter Heinrich IV. und Heinrich VI. wiederholt verboten; selbst noch Heinrich VIII. untersagte 1530, weil er persönlich einen Wiederwillen gegen das Hopfenbier hegte, bei schwerer Strafe, Hopfen in das Ale zu tun. Diesen werthvollen Zusatz beliebte der König „Bierverfälschung“ zu nennen. Erst unter Eduard VI. wurden 1552 Hopfenfelder in gesetzlichen Verordnungen erwähnt und noch 1603 musste Deutschland mit seinem Überfluss aushelfen, da England selbst den eigenen Verbrauch nicht erzeugte.

Jahrhundert hindurch konnte sich die deutsche Bierbrauerei in Folge der verkehrten volkswirtschaftlichen Ansichten, die man hegte, von ihrem Verfall nicht wieder erheben. Bayern allein war das Land, welches den Ruhm des deutschen Bieres alle Zeit aufrecht erhielt und im allein haben wir den erfreulichen Umschwung zu danken, der seit den letzten 20 Jahren eingetreten ist und der noch immer unaufhaltsam vorwärts schreitet, so dass man in Wahrheit sagen kann, „das Bier macht zur Stunde seinen Siegeszug um die ganze Welt.“

Dass in dieser Unglücksperiode der Hopfenbau nicht ganz und gar in Verfall geraten ist, haben wir zumeist England zu verdanken. Wenn auch hier der Hopfenbau so bewundernswürdige Fortschritte gemacht hat, dass man mehr Hopfen baut als in ganz Deutschland, so treten hier des feuchten Klimas wegen doch häufiger Missernten ein als bei uns und aus diesem Grunde ist England zu allen Zeiten der Beste Kunde für unseren Hopfen.

Mit dem Aufschwunge der Bierbrauerei hat die Hopfenkultur nicht gleichen Schritt gehalten. Es existieren noch viele Gegenden, wo der durch den dreißigjährigen Krieg vernichtete Hopfenbau zur Stunde noch nicht wieder eingeführt worden ist, wenn schon derselbe mehr als je in den Ländern außerhalb Böhmens und Bayerns an Terrain gewonnen hat. Man hat sich in der jüngsten Zeit gescheut, zum Anbau des Hopfens aufzumuntern, weil mit demselben hohe Kosten verknüpft sind un der Ertrag doch nur ein sehr unbestimmter ist. Darüber geben uns die Ernsten der Jahre 1858 und 1860 Aufschluss. 1858 erntete man in Bayern 73.600 Ctr. Und zwar in Spalt (Stadt) 1.000 Ctr., (Land) 8.500 Ctr., Heideck und Kimling 2.000 Ctr., Aisch und Zenngrund 19.500 Ctr., Hersbruck (Stadt) 2.200 Ctr., (Land) 8.000 Ctr., Lauf und Umgegend 5.000 Ctr., Altdorf (Stadt) 2.200 Ctr., (Land) 2.600 Ctr., Heroldsberg und Umgegend 1.800 Ctr., Bamberg und Forchheim 4.000 Ctr., Wasserburg 2.500 Ctr., Sulzbach 300 Ctr., Helledau 13.000 Ctr., in Böhmen 41.000 Ctr. Und zwar in Saatz (Stad) 1.000 Ctr.,(Land) 10.000 Ctr., Rothe und Grünland (Auscha und Dauba) 30.000 Ctr., in Baden (Schwetzingen) 14.000 Ctr., in Württemberg (Rothenburg, Aischhausen und Schwäb. Gmünd) 6.000 Ctr., Braunschweig und Altmark 11.000 Ctr., Preuß Polen 15.000 Ctr., Gesamtertrag in Deutschland: 160.6000 Ctr. Ferner erntete man im Elsass und Lothringen 16.000 Ctr., in Belgien 20.000 Ctr., in England 500.000 Ctr., also im Ganzen 696.600 Ctr., wovon auf England 71,78 %  und auf Deutschland dagegen nur 23,05 % kommen.

Im vergangenen Jahre war die Hopfenernte wegen des Misswachses an verschiedenen Orten weniger günstig. Es kommen auf Baiern 70.000 Ctr., Böhmen 20.000 Ctr., Baden 15.000 Ctr., die Altmark 10.000 Ctr., Preuß. Posen 20.000 Ctr., Württemberg 10.000 Ctr., also auf ganz Deutschland 145.000 Ctr.; ferner auf Elsass 12.000 Ctr. Und auf Belgien 30.000 Ctr. Den größten Ausfall erlitt England; hier erntete man nur 60.000 Ctr. Gegen 400.000 Ctr. Im Jahre 1859. Die Gesamthopfenernte des Jahres 1860 belief sich also auf 247.000 Ctr. Und davon kommen auf Deutschland 58,54 %, auf England dagegen nur 24,29 %. Den jährlichen Hopfenverbrauch in Europa schätzt man dagegen auf 600.000 Ctr., so dass man 1860 nicht einmal die Hälfte des Bedarfes erzeugt hatte. Deshalb gingen auch die Preise so bedeutend in die Höhe bis auf 160 Thr. pro Ctr. und mehr.

Um die Ausfälle der einzelnen Ernten gehörig würdigen zu können, wollen wir auch die Ergebnisse einer vollen Hopfenernte anführen. Diese betragen für Bayern 153.000 Ctr., Böhmen90.000 Ctr., Baden 20.000 Ctr., Braunschweig 30.000 Ctr., Preuß Polen 20.000 Ctr., die Altmark 20.000 Ctr., Württemberg 12.000 Ctr., also für ganz Deutschland 345.000 Ctr.; für Elsass 32.000 Ctr., Belgien 40.000 Ctr. und für England 750.000 Ctr., in Summa also 1.167,000 Ctr. und davon kommen auf England 64,27 % und auf Deutschland 29.56 %.

Hieraus lässt sich denn auch ersehen, eine wie bedeutende Steigerung der Hopfenbau bei uns noch erfahren könnte, denn ganz abgesehen davon, dass sich der Bierconsumtion und mithin auch der Hopfenverbrauch von Jahr zu Jahr steigert, würde man sicher in England die Kultur dieser Pflanze, da sie hier mehr als anderswo dem Missraten ausgesetzt ist, an vielen Orten aufgegeben, sobald der Bedarf von Deutschland aus regelmäßig gedeckt werden könnte.

Die theuern Preise des Hopfens in den letzten Jahren haben bereits eine nicht unbedeutende Ausbreitung des Hopfenbaues bei uns zur Folge gehabt. So hat z. B. in Württemberg der Hopfen von Tübingen und Rothenburg sehr schnell den Ruf erster Qualität selbst bei bayerischen Käufern erlangt und beide Städte haben für die letzte Ernte von einer verhältnismäßig nicht sehr großen und sonst wenig nutzbaren Fläche einen Erlös von gegen 1 Mill. Gulden (574.400 Thlr.) davon getragen.

Mehr aber noch zeigt Neutomysl, ein unbedeutendes Städtchen mit etwa 1.200 Einwohnern im Kreise Buk der preuß. Provinz Posen, welche große Bedeutung der Hopfenbau für eine Gegend hat und zugleich lernen wir hier, was der Einzelne zu leisten im Stande ist, wenn er die Sache nur an dem richtigen Ende anzufassen weiß. Der Betrieb des Hopfenbaues in dieser Gegend datiert zurück bis in die Zeit der Hussitenkriege, indem er durch flüchtige Böhmen, die sich hier niederließen, eingeführt wurde, aber zu keiner Zeit hat das Produkt dieser Gegend irgend nur eine Bedeutung erlangt. Erst seit 1835 trat eine Wendung zum bessern ein und der Aufschwung war der Art, dass der hier erbaute Hopfen jetzt so zu sagen weltberühmt ist und selbst mit dem Erzeugnis der ältesten Kulturgegenden glücklich konkurriert; ja er zeichnet sich sogar durch Lupulin-Reichthum, Aroma und vorzüglichen Doldenbau vor den Produkten des Auslandes der Auslandes der Art aus, dass er namentlich im vorigen Jahre reißenden Absatz nach Böhme, Bayern, Frankreich und England gefunden hat. Das Städtchen Neutomysl, vor 20 Jahren wohl kaum außerhalb der Provinz bekannt, wurde im vorigen Jahre von den Hopfenhändlern aus allen Gegenden Deutschlands so zu sagen fast belagert, und in Folge dieses außerordentlichen Zudranges stieg auch hier der Preis des Hopfens von 45 bis auf 160 Thlr. pro Ctr.

Dieser außerordentliche Aufschwung ist vorzugsweise das Werk eines Mannes, des Kaufmann Flatau in Berlin. In dieser Gegend angesessen lernte er zuerst 1837 den dortigen Hopfenbau kennen und sofort wendete er demselben seine ganz besondere Aufmerksamkeit zu. Er sorgte für Einführung besserer Sorten und einer zweckmäßigeren Bodenbearbeitung so wie einer rationellen Kultur. Aber neben dem Rath ließ er es auch an der Tat nicht fehlen, indem er zu einer Unterstützung an Geld stets bereit war.

Diese verdienstlichen Bemühungen haben denn auch den glänzendsten Erfolg gehabt. Während 1839 in dieser Gegend nur 500 Ctr. Hopfen erbaut wurden, erntete man 1859 auf 4.500 Morgen 20.000 Ctr. und 1860, wo sich das mit Hopfen bestellte Areal um 500 Morgen vergrößert hatte, wiederum die gleiche Menge. Der Erlös im letzteren Jahre belief sich auf nicht weniger, den 2,2 Mill. Thlr. Diese glückliche Konjunktur hat zu Wege gebracht, dass sich die Hopfenplantagen in diesem Frühjahr abermals um 1.000 Morgen vergrößert haben.

Zu bemerken ist, dass der Hopfenbau in dieser Gegend noch niemals so ungünstige Resultate oder gar gänzliche Missernten ergeben hat, wie in anderen Gegenden. Den Grund sucht man wohl mit Unrecht in dem Umstande, dass man hier als Zwischenfrucht Kartoffeln zieht. Die Ausdünstung des Kartoffelkrautes hat schwerlich die Macht, den Hopfen vor Unfall zu bewahren. Richtiger wäre es wohl, die Ursache des trefflichen Gedeihens in den günstigen Verhältnissen des Bodens und Klimas zu suchen.

Aufgemuntert durch diesen außerordentlichen Erfolg wendet man jetzt in Preußen dem Hopfenbau größere Aufmerksamkeit zu. Die Regierung hat namentlich veranlasst, dass auf den höheren landwirtschaftlichen Lehranstalten Musterpflanzungen angelegt worden sind. Hierin zeichnet sich besonders die Lehranstalt zu Proskau in Schlesien aus, wie denn diese Provinz überhaupt auf dem besten Wege ist, bedeutende Fortschritte in der Hopfenkultur zu machen. Schon seit 20 Jahren hat sich hier F. v. Raumer durch theoretische und praktische Belehrungen um die Einführung des Hopfenbaues große Verdienste erworben. Von der richtigen Voraussetzung ausgehend, als das lebendige Beispiel am meisten zur Nachahmung reize, ließ er bereits 1840 auf seinen Gute Kaltwasser bei Liegnitz 11 Morgen mit Hopfen bepflanzen, die gleichfalls ein sehr günstiges Resultat zur Folge hatten, indem durchschnittlich in den 10 Jahren von 1840 bis 1850 pro Morgen 4 2/3 Ctr. geerntet wurden. In dem günstigen Jahre 1841 stieg der Ertrag auf 7 ½ Ctr. pro Morgen, woraus ein Bruttoertrag von 225 Thlr. auf den Morgen berechnet wurde.

Nach v. Raumer ist weder der Boden noch das Klima in Schlesien dem Hopfenbau hinderlich und dies gilt auch für ganz Deutschland. Allerdings heißt es, dass die allerbeste Lage für den Hopfenbau eine Weinlage sei, d. h. aber nicht, dass der Hopfen nur in Gemeinschaft mit dem Weine Gedeiht, sondern dass die Lage nur eine sanfte, südliche Abdachung besitze. Belgien und England sind beides keine Weinländer und doch gedeiht hier der Hopfen vortrefflich. Deutschland selbst liefert ja aus alter Zeit die triftigsten Beweise; der wilde Hopfen, der überall in unserem Vaterlande vorkommt, ist als ein Überbleibsel der großen Verbreitung des Hopfenbaues in früherer Zeit anzusehen. Ja noch weiter hinauf, in Dänemark und selbst in Schweden wurde in früheren Jahrhunderten der Hopfenbau mit Erfolg betrieben. Man kann daher mit Sicherheit annehmen, dass der Hopfen in geschützten Lagen bis über den 52° n. Br. Hinaus gedeiht. Allerdings werden die Lagen, je wärmer sie sind, einen umso kräftigeren, aromatischen und zugleich milden Hopfen liefern.

Ebenso wenig macht der Hopfen an den Boden große Ansprüche. Im Allgemeinen gedeiht er auf den meisten Bodenarten, wenn schon der mit vielen Kalk- und Mergeltheilen geschwängerte, trockene und fruchtbare, tiefgründige Thon- und Lehmboden der vorzüglichste ist. Nach diesem folgt der lehmige Sandboden. Hauptbedingung aber ist ein wasserdurchlassender Untergrund.

Die natürlichen Bedingungen also sind es nicht, welche einen allgemeinen Anbau des Hopfens in Deutschland verbieten. Weit hinderlicher ist der Verbreitung dieser Kultur die Unbekanntschaft mit derselben und das allgemeine Vorurteil gewesen. Zumeist ist das letzte vielfach von den Hopfenhändlern und Brauern genährt worden. Diese wünschen keineswegs eine weitere Ausbreitung der Hopfenkultur, weil sie sich dadurch in ihren Interessen bedroht fühlen. Die ersteren erblicken darin eine Verminderung ihres Geschäftes und namentlich befürchten sie, dass sie für ihre verfälschten Produkte keinen Absatz finden würden. Das Letztere ist auch für den Brauer ein Grund, ein Widersacher der Verbreitung der Hopfenkultur zu sein. Diesen unlauteren Elementen ist es meistens zuzuschreiben, dass man sich bis jetzt an vielen Orten hat einschüchtern lassen.

Mehr als die natürlichen Verhältnisse ist die Kultur selbst für die Güte des Hopfens maßgebend. Wären die ersteren überwiegend, so müsste, wie diese beim Weine der Fall ist, der französische und italienische Hopfen weit besser sein wie der deutsche. Davon aber ist keine Rede. Unsere eigenen bevorzugten Gegenden liefern gleichfalls den Beweis für diese Behauptung. Der Ruhm ihrer Produkte ist nicht zu allen Zeiten derselbe gewesen. Nach dem dreißigjährigen Krieg war der böhmische Hopfen besonders in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine gesuchte Handelsware, die in allen Weltgegenden Abnehmer fand. Die damalige Zeit wird noch jetzt als die goldene des böhmischen Hopfenhandels gepriesen; auch jetzt schaut man sehnsüchtig danach aus, aber sie ist dahin und selbst bis auf den heutigen Tag hat der böhmische Hopfen den Ruf der damaligen Zeit nicht wieder erlangt. Man hat sein Glück mit eigener Hand zerstört. Während man sonst auf das eifrigste bemüht war, nur die besten Sorten anzubauen und die Handelsware nicht zu verfälschen, riss später die Unehrlichkeit ein und der gute Ruf ging verloren. Immer mehr kam der geringere grüne Hopfen in Aufnahme, um als Verfälschung des vorzüglichen rothen zu dienen. Je mehr diese unheilvolle Praktik an Umfang gewann, um so mehr ging es mit der Hopfenkultur zurück.

Wie hier der alte Ruhm wenigstens zeit- und teilweise verloren ging, haben sich andere Gegenden solchen im Laufe der Zeit erworben. Ein Beispiel dieser Art bieten unter anderen Spalt, Hersbruck und Wolfach in Bayern bereits aus älterer Zeit neben Neutomysl aus der jüngsten Zeit. Ebenso wenig wie den Hopfen aus der letzteren Gegend kannte man früher den aus ersterer im Auslande kaum den Namen nach; der Saatzer Hopfen allein war der beste und gegen diesen kam kein anderer auf. Seitdem man aber diesen weit und breit bewährten Hopfen nach Spalt und Umgegend verpflanzte, hat sich der Hopfenbau in dieser Gegend so ausgebreitet; dass die Getreidekultur, wenn nicht ganz verdrängt, doch auf das allernotwendigste Bedürfnis beschränkt worden ist und schon seit geraumer Zeit gehört das Erträgnis von Spalt und Umgegend zu den berühmtesten Hopfensorten. Im Stadtbezirk Spalt allein erntet man in Mitteljahren 3.000 Ctr., die zu dem durchschnittlichen Preise von 80 bis 90 Gulden gerechnet, jährlich 137.140 bis 154.285 Thlr. eintragen und diese Vortheile hat man keineswegs dem Boden und Klima, sondern einzig und allein dem eigenen Fleiß und er Umsicht zu verdanken.

Hierin sind zugleich auch die Fingerzeige gegeben, die man auf das Genaueste bei der Einrichtung neuer Hopfenanlagen zu verfolgen hat. Das erste und vornehmste Gebot lautet: pflanzet nur eine und vorzügliche Hopfensorten an. Verschiedene Sorten unter einander liefern nie ein untadelhaftes Produkt. Baut man zugleich verschiedene Sorten, so sind diese in verschiedene Abteilungen sorgfältig zu trennen und ebenso das Produkt für den Verkauf, denn jede Mischung, mag sie natürlich oder künstlich ein, kann für viele Jahre hinaus zum Ruin der Produzenten werden. Das alte Sprichwort: „ehrlich währt am längsten“, hat auch hier schon vielmals seine Gültigkeit bewiesen. Zu dem Bezug vorzüglicher Hopfenfechser bieten der Saatzer landwirtschaftliche Filialverein und das landwirtschaftliche Bezirks-Komitee in Spalt bereitwillig die Hand. Außerdem sind noch die Herren Brouder und Scheffl in Saatz zu empfehlen. Ein Strich Hopfenfechser, 1.000 Stück enthaltend, kostet ungefähr 3 Gulden, also 2 Thlr.

Allerdings erfordert der Hopfenbau viele, wenn auch leichte Arbeit und außerdem eine Aufwendung von bedeutenden Kapitalien für Dünger, Stangen und Trockenräume. Dafür aber liefert der Hopfenbau auch auf der kleinsten Bodenfläche durchschnittlichen einen höheren Ertrag als die meisten anderen Kulturpflanzen selbst mit Einschluss des Gemüses. Alljährlich ist freilich eine reiche Ernste ebenso wenig zu erwarten wie ein Preis von 160 Thrl. Pro Ctr., aber andererseits ist auch bei sorgfältiger und zweckmäßiger Kultur ein gänzlicher Misswachs unmöglich. Was in weniger guten Jahren an Gewicht fehlt, bringt der Preis wieder ein.

Im Ganzen ist also der Ertrag ein hoher. Bayern rechnet man ganz sicher alljährlich für das Tagewerk bei einem Preise bis zu 25 Gulden pro Ctr. auf 256 bis 300 Gulden, das sind für den preuß. Morgen 110 bis 128 Thlr. In Hersbruck rechnet man in 12 jährigem Durchschnitt pro Tagewerk jährlich 243 Gulden und in Böhmen pro Jahr auf 375 Gulden Reinertrag, das sind für den preuß. Morgen 104 bis 110 Thlr. In Neutomysl stellt sich der Bruttoertrag auf die fast fabelhafte Summe von 440 Thlr. pro Morgen wobei ein Durchschnittspreis von 110 Thlr. zu Grunde liegt. Der Ertrag von 4 Ctr. ist freilich nur ein mittelmäßiger, dafür aber der Preis ein so hoher, dass er nicht zur Norm dienen kann. Aber selbst bei diesem mittelmäßigen Ertrage und einem Preise von 25 Thlr. pro Ctr. kann man immer noch bei Ausschluss aller Zwischen- und Nebennutzung auf einen Reingewinn von 52 Thlr. rechnen und solchen liefert zur Stunde keine andere Kulturpflanze.

In Böhmen heißt es allgemein, dass man den Hopfen umsonst habe, denn die Arbeit und die Steuern bezahlt das Futter an Kraut und Rüben (die Zwischenfrucht) und die Hopfenblätter und Ranken, die ein gutes Grün- und Dürrfutter für Kühe und Schafe abgeben.

In Schlesien erntet man pro Morgen 18 bis 27 Scheffel Rüben und in Böhmen 220 Ctr. Außerdem bietet der Hopfenbau noch den Vorteil, dass selbst bei beschränkter Düngung dennoch der Boden wesentlich verbessert wird. Die Wurzeln dringen nämlich tief in den Untergrund ein, lockern den Boden auf und machen ihn zur Verwitterung geeignet, wodurch die darin enthaltenen Nährstoffe für die Pflanzen löslich gemacht werden.

Man ist daher im vollen Rechte, wenn man den Hopfenbau einen wahren Schatz für die Gegend nennt. In allen Bezirken, wo er auf die richtige Weise betrieben wird, herrscht eine allgemeine Wohlhabenheit, selbst Reichtum. In Hersbruck z. B. sind Bürger mit 40 und 50.000 Gulden keine seltene Erscheinung.

In Anbetracht aller dieser Umstände wünschen wir, dass unsere Worte Beachtung finden mögen.

Wir wiederholen daher noch einmal:

Bauet Hopfen !

Warenhandel und Geldwesen – Hopfen – 1861

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Friedrich Georg Wiecks’s Deutsche Illustrirte Gewerbezeitung)
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Deutsche Illustrirte Gewerbezeitung

Friedrich Georg Wiecks’s Deutsche Illustrirte Gewerbezeitung

Organ für die Gesammt-Interessen der Industrie und des Gewerbestandes

–  Sechsundzwanzigster Jahrgang 1861 –

Herausgegeben von Dr. Heinrich Hirzel – Privatdecent der Chemie a. d. Universität Leipzig, d. Z. Director der Leipziger Polytechn. Gesellschaft.

Die Aufmachung dieser Zeitschrift ist schon ein Kunstwerk für sich, siehe Abbildung links

Hier geht es jdeoch um das Kapitel: Warenhandel und Geldwesen

Die kleine verschlafene Provinzstadt Neutomysl erregte zumindest mit einem Landwirtschaftserzeugnis Aufsehen in Europa; dem HOPFEN

Die Hopfen-Ernte in der Umgegend von Neutomysl im Kreise Buk, Provinz Posen.

Die Ernte des Jahres 1860 hat, trotz vielfacher Witterungs-Schwankungen den günstigen Ertrag einer dreiviertel Ernte gewährt. Es sind circa 20.000 Centner eingebracht, und zwar eines Products, welches sich durch Lupulin-Reichthum, Aroma und Doldenbau vor den Producten des Auslandes auszeichnet. Auch bezüglich der Quantität ist die Ernte des Auslandes, mit Ausnahme Amerikas, welches eine dreiviertel Ernte hatte, als eine viel ungünstigere zu bezeichnen. England, welches sonst bei einer vollen Ernte im Stande ist, den ganzen Hopfenbedarf des Continents zu decken, hat im genannten Jahre nur eine viertel Ernte, ebenso Frankreich und Belgien; Böhmen hatte eine drittel, Bayern eine kleine halbe Ernte. – Überhaupt hat die Gegend um

[1.695]

Hopfenfeld - Aufn. August 2009 PM

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Hopfenfeld - Aufn. August 2009 PM

Neutomysl niemals so ungünstige Ernteresultate gehabt, als das Ausland, so dass totale Missernten niemals stattgefunden haben; man ist hiernach zu der Annahme berechtigt, dass die klimatischen und Boden-Verhältnisse dieser Gegend, wie überhaupt Preußens, für den Hopfenbau günstig sind, und dass die Cultur desselben durch Einführung der richtigen Fechser, durch eine richtige Bearbeitung und anpassende Unterstützung bereits in Neutomysl sich zu einer Höhe emporgeschwungen hat, welche diesem Product selbst die Concurrenz mit den besten Producenten des Auslandes möglich macht. Aber auch der Umfang des Hopfenbaues in Preußen könnte dem des Auslandes gleich kommen, wenn ihm die richtige Unterstützung zu Theil werden möchte. Für die Güte des Products spricht der Umstand, dass dasselbe seinen Absatz nach allen Ländern des Continents und auch nach England findet, und dass demselben allein in den letzten 5 Jahren 17 öffentliche und noch viele andere ehrenvolle Anerkennungen des In- und Auslandes zu Theil wurden. Die beste Anerkennung für den Neutomysler Hopfen sind jedoch die für denselben erzielten Preise. Bald nach der Ernte werde der Hopfen in Neutomysl mit 45 Thalern der Centner ausgeboten, da die Producenten die ungünstigen Ernte Resultate noch nicht kannten, und das Ausland von den Ernte-Resultaten um Neutomysl noch nicht unterrichtet war. Zwei Tage darauf stieg derselbe jedoch auf 60, dann 90, 100 und so  binnen 14 Tagen auf 160 Thaler, und fand zu diesem Preise seinen Absatz nach Bayern, Böhmen, Frankreich und England. Nehmen wir den Durchschnittspreis nur auf 110 Thaler per Centner an, so hat die 1860er Hopfen-Ernte zu Neutomysl einen Brutto-Ertrag von 2.200.000 Thalern geliefert.

Klumbies, Meta – Gruß an das Neutomischeler Hopfenland – 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Meta Klumbies)
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Ein Gedicht aus der Zeitschrift: „Aus dem Posener Lande“ – 1908 / 2tes August-Heft

Gruß an das Neutomischler Hopfenland

Schon breitet der Abend in schweigender Ruhe

Die Schatten über das Erdental,

Und golden färbt Felder, Wälder und Wiesen

Der scheidende, letzte Sonnstrahl

Ich schaue vom buschigen Hügel hernieder

Und grüße dich, schönes Hopfenland !

Dich Städtchen ! Du liegst so versteckt im Grünen

Wie Blüten im lichten Schleiergewand.

Und trunken schweifen die Blicke weiter

Und schauen verklärt im Abendglanz

Die Weisen, von ragenden Bäumen umsponnen,

Die Gärten in ihrem Blumenkranz.

Und schauen euch, fröhliche Hopfenfelder,

In schöner, lichtgrüner Blütenpracht:

Ihr Ranken strebt sehnend zur Sonnenhöhe,

Hinauf zur schirmenden Himmelsmacht.

So steh‘ ich hier oben und habe begeistert

Ins Land heut meine Worte gesandt:

Gott segne dich ferner, du deutsches Städtchen !

Gott fördere dich. stolzes Hopfenland !

Übersetzung des Grund-Privilegii von Sontop 1736

geschrieben von Gudrun Tabbert
(bzw. Abschrift durch Gudrun Tabbert)
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Einband der Abschrift des Grund-Privilegium Sontop vom 13ten Dez 1736

In Ihnen sind die Bedingungen der Ansiedlung zwischen dem Grundherrn und den Kolonisten geregelt. Sontop war seinerzeit ein schon bestehendes Vorwerk von Tomysl. Der damalige Besitzer Ludwig Szoldrski siedelte im Jahre 1736 die damaligen polnischen Bewohner des Dorfes – Landarbeiter auf seinen Gütern, die noch als Leibeigene des Adels galten, um. Dann teilte er die Ländereien mit den bestehenden Gebäuden in Grundstücke und verkaufte sie an die Siedler.

Im Privilegium sind die Bedingungen der Ansiedlung geregelt worden.

Eine erste Veröffentlichung der Übersetzung erschien in dem Buch  „… und dazwischen Neutomischel“ Deutsche im ehemaligen Kreise Neutomischel (Nowy Tomysl) Herausgeber: Arno Kraft  / 1998 Eigenverlag Arno Kraft, Wiesbadener Str. 71, 14197 Berlin / Lentz Druck Berlin. Das Originall befindet sich in der Kreisbibliothek zu Nowy Tomyśl.

Im Namen der heiligen Dreieinigkeit

Amen !

Ich         Ludwig zu Szoldry Szoldrski

Woyewode von Inowraclaw. General von Groß-Polen, Erbherr von Czempin und Tomysl etc. etc.

thue kund meinen Erben, Nachfolgern und Besitzern, dass ich das in meinen Erbgütern belegene Dorf Sontop mit den zu demselben gehörigen Grundstücken, Aeckern, Wiesen und Gärten ehrsamen und würdigen Leuten in Erb- und Selbst- Eigenschaft auf immerwährende Zeiten zu verkaufen gedacht und wahrhaften Willen habe, weshalb ich zu diesem Ende dem Herrn Andreas Ignatz Mittelstädt gestattet und die volle Macht ertheilt habe, gedachte Grundstücke und Ländereien zu markieren, in Hufen zu vermessen, auf diesen ehrsame Leute aufzunehmen und mit ihnen das Dorf zu besetzten, welcher (p Mittelstädt:) auch darin, da ich ihm Behufs Verbreitung dieses Rechts zur besseren Ordnung die Gerechtigkeit nicht versagte, gern einwilligte.

Und also sollen

1tens

Jede Hufe in sich schließen 30 Morgen, der Morgen dagegen 300 Ruthen; die Ruthe wieder 8 ½ Ellen; und für jede Hufe werden sie verbunden sein, 25 Rth an Grund- oder Kaufgeld niederzulegen, den Thaler zu 5 Tynf gerechnet, daher zusammen 125 Tynfe; dagegen ans Zins werden sie für jede Hufe jährlich am St. Martini Tage 60 Tynf zu zahlen haben und zwar alljährlich in guter Silbermünze. Die Zahlung dieses Zinsgeldes fängt am gedachten Martini-Tage des künftigen Jahres 1737 an.

2tens

Für 28 Hufe Bauplätze im Dorfe ausgemessen werden, so dass jeder Platz in der Breite 10 und in der Länge 15 Ruthen einschließt; dieselben werden indeß zu den Aeckern nicht gezählt; für diese nämlich für jeden 10 Ruthen breiten, 15 Ruthen langen Platz sollen aber alljährlich zwei Kapaunen und eine Gans gezinst werden.

3tens

[1.698]

Doppelseite der handschriftl. Übersetzung

Wenn aber die Grundstücke mit den als Acker besäet gewesenen, mehr als 28 Hufen betragen, so wird noch zu jeder Hufe 2 Morgen und 4 ½ Ruthe zugelegt, damit nach vollständiger und richtiger Messung die Gesamtzahl dieser Grundstücke 30 Hufen betrage.

– Damit nicht die armen Leute wegen des Gesträuches und mancher Kiefern, womit in so kurzer Zeit die alten Felder bewachsen sind, mancherlei Schaden tragen, so bestimme ich: dass sie zur Vergeltung in so armseliger Zeit, und aus der Ursache, das 3 Hufen Wiesen und Hütungen und 2 Hufen andere Grundstücke, daher zusammen 5 Hufen, verstraucht sind, solche aushauen können, auch dreijährige Zinsfreiheit haben. Deshalb werden sie nur verpflichtet sein, vom kommenden Jahre 1737 ab, nicht mehr als nur 1440 Tynfen von 24 Hufen bis nach Ablauf von drei Jahren vollständig zu entrichten; nach Ablauf dieser drei Jahre wird es ihnen gebühren, den vollständigen Grundzins von 29. Hufen oder wie oben gedacht, für jede Hufe 60 Tynfen, macht zusammen für 29 Hufen 1740 Tynfen an gehörigen Grundzins niederzulegen. – Die 30 ste Hufe gebe und überlasse ich indeß auf ewige Zeiten frei dem Aufseher und Messer Herrn Ignatz Mittelstaedt für seine Mühwaltung und bewirkte Anordnungen unter der Bedingung: auf dieser freien Hufe jeder Zeit einen Bierschank bestehen zu lassen und mit der Aufgabe: die Labung in Bier schillings- und halbgarniezweise zu verschenken; nur Gulden ist er verbunden, für die ganze Tonne zu zahlen; ein Mehreres wird er weder an die Beauftragten noch dazu Verpflichteten nicht zahlen, weil hier beim Bier der Ueblichkeit wegen, sonst eine besondere halbe Hufe gehören müsste; und da auch die ganze freie Hufe ohne Auferlegung eine Grundgeldes ihm überlassen ist, welche er sich nach seinem Erachten schaffen kann, so wird es ihm frei stehen, dieselbe zu verkaufen, zu vertauschen, zu verschenken, ganz nach seinem Gefallen; welches Recht auch jedem seiner Nachfolger, welchen Vor- und Zunamen er auch sein mag, für ewige Zeiten dienen wird.

4tens

Das Zinsgeld haben sie jetzt für 27 Hufen niederzulegen, mithin für jede ganz Hufe 125 Tynf oder für 27 Hufen überhaupt 3375 Tynf, weil die 28zigste Hufe zur Aufnahme und Abgrenzung frei bleibt; für das zu dieser freien Hufe gehörige Gebäude sollen jedoch 100 Tynf gezahlt werden.

5tens

Da sich außer diesen 30 Hufen in manchen Winkeln gute Aecker vorfinden, die verwüstet sind, so erteile ich denjenigen Einwohnern, welche sie haben möchten, die Erlaubniß, solche ausmessen zu lassen und befreie sie bis zur Beendigung vom Grundzins vom gegenwärtigen Jahr 1736 bis 1740 was fünf Jahre beträgt. Im Jahre 1741 werden sie mit den übrigen zugleich, verpflichtet sind, zu St. Martini 2 Tynf pro Morgen zu zahlen und zwar an das Dominium. Zu Betreffe der übrigen Abgaben, als das Kopfgeld und andere Contribute, es sei unter welchem Namen es wolle, bleiben sie von diesen gänzlich frei. Sollte sich aber keiner der Hauländer von diesen Aeckern etwas zumessen lassen wollen, so soll dieses Recht auch den Fremden dienen und gebühren und zwar nicht nur dem Einen aber auch Mehreren. Einem solchen wird der Bauplatz bei dem nächsten Einwohner, des Dorfes zugetheilt (: im Verhältniß zur Fläche eines Ganz-Hüfners, so breit und lang:) wofür er einen Kapauen oder eine Gans, so wie an die Dorfgemeinde pro Person über 15 Jahr, zu 15 polnische Groschen zu geben verpflichtet sein wird

6tens

Die zur Kultur nicht geeigneten Anhöhen, welche Niemanden Nutzen bringen können, sollen untersucht und so viele als sich in den Hufen vorfinden, ausgeschieden, abgezweigt und deren Stelle vom herrschaftlichen Walde am Ende der Hufen so viel zugetheilt, als die vorgefundenen Anhöhen betragen haben.

7tens

Es soll ihnen auch frei stehen, mit dem auf ihren Hufen befindlichen Holze, unter welcherlei Namen es sei, zu schalten und disponieren, solches zu verbrennen und zu verkaufen und was sie sonst damit thun wollen; jedoch soll das Bauholz, welches sie zu ihren eigenen Häusern und anderen Gebäuden gebrauchen, nicht unnütz verdorben werden, da einen solchen Verschwender Holz zu seinem Baue unentgeltlich aus herrschaftlichem Walde nicht gewährt werden wird

8tens

Sollte jedoch dem Einen oder dem Anderen das Holz zum Aufbau nicht zureichen, oder wenn ein Anderer auf seiner Hufe gar keine Holz haben sollte, so soll ihm gestattet sein, dasselbe nach vorangegangener Requisition des Herrenhofes aus dem herrschaftlichen Walde zu entnehmen; in gleicher Art Anfangs

9tens

Die Spaltlatten für Zäune auch Holz; die alten Häuser und Gebäude, den Dominial-Kram und das Gasthaus, von welchen oben gesagt wurde, so wie Wirthschafts-Geräthe vom Vorwerke, sollen sie aus Gnaden geschenkt haben

10tens

Das Heu oder vielmehr das Gras auf den Wiesen wir ihnen in diesem Jahr gänzlich überlassen, damit sie umso besser ihr Inventarium erhalten können

11tens

Es wird ihnen auch gestattet, auf jeder Hufe 25 Stück Schaafe zu halten, auch steht ihnen frei, ihr Hornvieh im herrschaftlichen Walde zu weiden, soweit als ihr Territorim reicht, weshalb auch zwischen ihnen und den benachbarten Besitzungen eine Grenze gebildet werden soll, damit der Eine dem Anderen nicht belästige

12tens

Bienen zu halten ist jedem auf seiner Erde und Grenze gestattet

13tens

Desgleichen wird ihnen ein Stück Erde zu einem Kirchhofe, 15 Ruthen breit und 15 Ruthen lang, sowie eine Viertel-Hufe als Schulacker frei gegeben

14tens

Da ihnen zu ihren Nahrungen verschiedene einträgliche Bedingungen und Punkte gestellt wurden, so sind sie aus Dankbarkeit verbunden, von jeder in der Nähe der Herrschaft d. i. Tomysl oder Rose belegenen Hufe, 12 Fuhren Dünger auszufahren, 30 Beete Acker durch ein Gewende zu ackern, auch von jeder Hufe zwei Tage in der Ernte zu schneiden

15tens

Auf verschiedene Art und Weise soll ihnen der Betrieb des Handels, mit Ausnahme des Handels mit Salz und Heringen, welchen sich der Herrenhof vorbehält, frei belassen werden; ingleichen allerlei Arbeiten und Handwerke, damit sie die Profession und das Gewerbe auszuführen im Stande wären

16tens

Die Zufuhr fremder Biere und Brandweine, sowie anderer Getränke ist ihnen nicht erlaubt, bei Strafe des Dominii.

17tens

Ohne Wissen und Genehmigung der Herrschaft wird niemanden gestattet, im herrschaftlichen Walde Holz zu fällen. Es wird ihnen indeß das trockne und liegende Holz, welches sich zu weiter nichts als nur zu Brennholz eignet, zugebilligt und gewährt für welches jede Hufe alljährlich zwei Cwiertnie (:24 Viertel oder ¼ Malter ja nach der Größe des Maßes:) Hafer an den Herrenhof zu geben verbunden ist

18tens

Vom geehrten Herrn Pfarrer soll ein eigener Contrakt errichtet werden, der zu halten ist, damit für die Zukunft keine Zänkereien entstehen; der auch von jedem Nachfolger genehmigt werden muss, zu diesem Ende wird es meine Absicht sein, für diesen Vertrag und für dessen Ingrossirung im geistlichen Offizium zu Possen kräftigst zu sorgen

19tens

Es soll ihnen auch frei stehen, ihre Hufen, Häuser und Alles was sie besitzen ,nach ihrem Willen und Gefallen, zu verkaufen, zu vertauschen und zu verschenken, indess darf dem Herrn im Zinse keinerlei Ausfall entstehen, weil sonst einer für Alle und Alle für einen verantwortlich bleiben müssten. Und so wie es überall Sitte, so ist auch Jeder, der kauft oder etwas behandelt und vertauscht, verbunden der ganzen Gemeinde eine Tonne Nachbar-Bier zu geben, welches Behufs Vergrößerung der Einkünfte aus der herrschaftlichen Mälzerei oder Brauerei genommen werden muss

20tens

Gestattet wird ihnen, einen Schulzen und Gerichtsmänner zu haben, welche allhärlich zu wählen der Gemeinde zusteht. Diese Elektoren (:Ehrenmänner:) sollen von St. Martini im Jahre 1737 anfangend, bestehen und dabei verpflichtet sein vollständige Rechnungen zu legen und den Zins abzuführen. – Dieses Amt hat nur das testamentarische Recht, z. B. Streitigkeiten und kleine Ereignisse zu schlichten; in den Angelegenheiten indess, wo eine Theil sich mit der Entscheidung oder dem Urteil nicht zufrieden stellt, richtet über die Gerichtsmänner und die Sache der Herrenhof. – Die Kriminalfälle gehören indeß vor den Herrenhof

21tens

Sie müssen auch einen Kasten besitzen, worin die Strafgelder bewahrt werden; den Schlüssel zum Kasten werden die Gerichtsmänner haben, der Kasten dagegen bleibt beim Schulzen in Verwahrung. – Der Schulze mit den Gerichtsmännern ist aber verbunden, die Rechnungen und ohne Ausnahme alle empfangenen Gelder und Strafen alljährlich abzuführen. – Sollte von ihnen ein Hauländer Hochzeit oder Taufen ausrichten, und es wäre zu dieser Zeit kein herrschaftliches Bier vorhanden, so wird ihm, jedoch unter der Bedingung, wenn davon der Herrenhof Nachricht erhält, gestattet, dasselbe anderswo zu entnehmen. Und da es Gebrauch ist, das überall hin Wege führen, so gestatte auch ich diese ihnen

22tens

Und endlich, wenn ein großer Krieg oder Unruhen ausbrechen sollten, (: wofür uns Gott behüte :) wodurch sie wegen großer Lasten ihre Güter und Häuser verlassen müssten, oder statt solche zu verlassen, diese tragen würden, so wird ihnen der Zins auf ein Jahr erlassen. Und würde dieses von mir entheilte und konfirmierte Recht (: Gesetz :) d. i. dieser Original-Privilegium durch Feuer oder auf andere Art verloren gehen, so verspreche ich ein anderes in gleicher Form von Wort zu Wort abschreiben zu lassen; auch so wie solches von mir, so auch soll es von meinen Erben oder Nachfolgern ohne jedwede Kosten, Bemühungen und Gaben erfolgen. Ich bestätige daher diese Hauländer und verspreche ihnen in allen und jeden Fällen und Vorkommnissen, wodurch sie Schaden erleiden könnten, sei es von angrenzenden Nachbarn oder meinen Unterthanen oder sonst in jeder Hinsicht, sofern mir ihre gerechte Klage zugehrt, – meine Protection; ingleichen werde ich auch alle Punkte und Bedingungen, welche hier beschreiben sind, nicht allein ihnen, aber auch ihren Nachkommen, Enkeln und ihren Erben auf ewige Zeiten, kräftig und wahrhaft festhalten

[1.699]

Schlußseite der handschriftl Übersetzung mit der noch nicht entzifferten Unterschrift

Mit diesem Privilegium erkläre ich, dass ich dieselben zu keiner oder für die Folge möglicherweise bestehenden Unterthänigkeit ziehen werde. Eben so darf Nichts, was ich hier bestimmt, geändert werden, was ich auch meinen Erben oder Nachfolgern zur Pflicht mache.

Dies bestätige ich zum besseren Glauben und zur Sicherheit durch eigenhändige Unterschrift und Beidrückung des Wappensiegels.

Für ein Schaaf werden sie nur zur vier Groschen in Schillingen zahlen

Geschehen im Schlosse zu Czempin den 13 ten December 1736

Das Gesetz (: die Urkunde:) wird mit Ausnahme der Punkte vollzogen;

1tens dass sie nur von sieben und zwanzig Hufen nach drei Jahren zu zahlen verpflichtet sind

2tens dass sie das Bier mit dem Gelde zahlen müssen, wie in anderen Schänken; von anders wo es nicht entnehmen, und wenn auch eigenes nicht wäre

3tens Herr Ignatz darf kein Honorar nehmen

(gez) Ludwig Szoldrski W. I. G. W. W. Besitzer der Herrschaft Tomysl m p. p.

Zum Kirchhofe werden sie eine Viertelhufe haben aus dem sich selbst ausgezeichneten Dorfe, und außer dreier 30 Hufen (:L S:)

(gez) Marianna Szoldrska W. I. G. W. W.

Dieses Recht approbire ich für ewige Zeiten in allen Punkten mit der Macht eine Erbherrn.

Datiert in Tomysl den 18ten October 1755

(gez) Felix Szoldrski Erbherr der Tomysler Güter mppa

—–

°°°°

Für die Übersetzung

Neutomysl den 26. Oktober 1851

. . . (Höhmidt ? / Unterschrift)

Kreis Translateur

Vorstehende Unterschrift wird hiermit legalisiert.

Neutomysl den 1. November 1851

Königlicher Landrath Buker Kreises

Sontop – die Kirche in der Betrachtung der Stadt- und Landkirchen 1908

geschrieben von Gudrun Tabbert
(bzw. Schriftleiter: Otto Sarrazin und Friedrich Schultze)
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Vollständiger Auszug aus dem nichtamtlichem Teil – Stadt- und Landkirchen

Die Ausführungen zur Evangelischen Kirche in Heidersbach wurden in vollem Umfange beibehalten, das die Baubeschreibung der Kirche zu Sontop in deren unmittelbaren Zusammenhang steht.

Der Artikel stammt aus dem  Zentralblatt der Bauverwaltung  vom 25. Januar 1908 und wurde veröffentlicht von den Schriftleitern Otto Sarrazin und Friedrich Schultze

Eingefügt wurden Bilder der heutigen Ansicht, um zu zeigen, wie sich der seinerzeit ausgewählte Kirchenbau in das Dorf Sontop einpasst.

* * *

[1.700]

Abb. 42 – Evangelische Kirche in Heidersbach

Wo im Thüringer Walde von der die Schmücke mit dem Großen Beerberg verbindenden Rennstiegstrecke der Gebirgskamm gegen Süden abfällt, führen zwei Wege nach Suhl, der eine durch den Goldlantergrund, der andere durch den Heidersbacher Kessel. Hier liegt an dem Gebirghange das große, 1150 Einwohner zählende Bleichdorf, das der Bergabdachung den Namen gegeben hat. H e i d e r s b a c h war bisher nach dem benachbarten Goldlauter eingepfarrt und erhält jetzt die in Abb. 42 bis 47 dargestellte neue Kirche. Sie liegt frei und weithin sichtbar auf einer bergrückenförmigen Erhebung, die früher als Friedhof gedient hat. Die Lage, die landschaftlichen Verhältnisse überhaupt wie insbesondere die von der Gebirgsgegend dargebotenen Baustoffe, Holz, Bruchstein und Schiefer, legten die Architekturmittel nahe, mit denen der Außenerscheinung des Gebäudes das Gepräge gegeben ist: das farbige, auf Grundmauern von Bruchstein errichtete Fachwerk, das hohe, schützende Schieferdach und den aus diesen sich nicht zu stark herauslösenden, mit ihm unter eine Schieferhaut gezogenen gedrungenen Holzturm. Wenn gefunden wird, dass sich in diesem Gepräge gewissermaßen die fröhliche, aber den elementaren Gewalten des Gebirges gegenüber schutzbedürftige und darum nicht allzu selbstbewusste Eigenart des Thüringer Bergbewohners spiegelt, so wollen wir dem nicht widersprechen. Dem schaffenden Architekten kommen ja derartige Beziehungen, wenn er am Werke ist, nicht so klar zum Bewusstsein. Aber sie bilden sich schließlich doch dann heraus, wenn aus dem Born der heimischen Überlieferung geschöpft wird; denn diese hat sich, soweit sie wirklich heimisch, also gesund ist, aus dem Verwachsensein des Bewohners mit seiner Scholle und aus den Eigenschaften, die ihm daraus entstanden sind, ergeben. Ansprechend gemustert, mit frisch rot gestrichenen Hölzern und weiß geputzten Gefachen ist das Fachwerk der Umfassungswände dem Schmuckbedürfnis des schlichten Gebirgsbewohners angepasst. Der graue Ton des stark vorherrschenden eingeschieferten Flächen gibt, künstlerischen Gegensatz und kirchlich ernsten Charakter. Das schützende Dach ist bei der in unregelmäßiger Vieleckform gebildeten Vorhalle noch tiefer heruntergezogen als beim Schiffe und streckt sich, nach drei Seiten geöffnet, vor, um bei den Unbilden rauher Winterwitterung sowohl wie bei stechender Sommersonne recht bald willkommenen Unterschlupf zu bieten.

[1.701]

Heidersbach – Abb. 43 Grundriss, Abb. 42 bis 47 Evangelische Kirche in Heidersbach

Von der inneren Vorhalle aus führen zwei Treppen zu den geräumigen, bis an den Altarraum durchgezogenen Emporen, mit denen die Schiffsgrundfläche ziemlich stark überbaut werden musste, um in knappstem Raume einer möglichst großen Zahl von Kirchgängern Unterkunft zu gewähren. Auf diese Weise ist es gelungen, den Einheitssatz für den Sitzplatz auf rund 83 Mark herunterzubringen. Die Baukosten belaufen sich auf 29 500 Mark, die Zahl der Sitzplätze auf 359. Das Orgelwerk ist in den Vorhallenbau hineingezogen, wodurch dessen Dachhöhe weitere Berechtigung gewinnt. Um am Turm zu sparen, ist dieser über dem Altarraume errichtet. Unter einem Schleppdache schmiegt sich ihm auf der einen Seite die Sakristei an, während auf der anderen Seite die unter dem durchgezogenen Schiffsdache belegene Treppe zum Turme und Dachboden angeordnet ist.

Die Vorstellung von der räumlichen Gestaltung des Kircheninneren geben die Schnitte und die kleine Abbildung, die den in den Chorraum eingebauten Kanzelaltar darstellt. Die Emporenpfosten sind hochgezogen, womit der dreifach Vorteil erzielt wird, dass der Kirchenraum, ohne an Übersichtlichkeit zu verlieren, gewissermaßen dreischiffig wird, dass sich die Decke dementsprechend gliedert und dass sich ungezwungen ein zweckmäßiger Dachverband ergibt. – Um den Kirchenraum tunlichst warm zu halten, sind die Fachwände innen verschalt und geputzt, die verleisteten Schaldecken mit Dachpappe und Lehmschlag bedeckt. Heizung ist nur für die Sakristei vorgesehen. Die Bauausführung liegt in den Händen des Baurats Collmann v. Schatteburg in Schleusingen.

 

[493]

Evangelische Kirche in Sontop – Grundrisse, Seitenansicht, Vorderansicht

Einen starken Gegensatz zur Heidersbacher Kirche bildet, obwohl sie die gleiche Grundrissform besitzt, die Kirche des posenschen Dorfes Sontop, die sich ebenfalls zur Zeit in Ausführung befindet (Abb. 48 bis 51). Auch hier Saalform mit abgesetztem Chore und Sakristei zur Seite, starke Überbauung der Schiffsgrundfläche mit durchgezogener Empore, dreischiffige Raumgliederung mittels hochgenommener Emporenpfosten und dreigeteilter Decke, zwei neben der Vorhalle belegene Treppen in besonderen Treppenhäusern. Aber gleichwohl im Aufbau grundverschiedenes Wesen. Auch hier hat das Bestreben obgewaltet, die Erscheinung des Baues den örtlichen Verhältnissen anzupassen. Diese Verhältnisse sind aber eben ganz andere: flaches Land mit bescheidenen Reizen, stark gemischte Bevölkerung, wenig Reste alter Kultur; ein Vorort – das Dorf liegt im Kreise Neutomischel – und eine Gegend, in der erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts des Protestantismus festen Fuß fasste. Das sind die Ausgangspunkte für die Aufbaugestaltung gewesen. Die Lage der Kirche im Orte kam hinzu. Ein etwa 80 m breiter Dorfanger, lang gestreckt, an beiden Seiten mit bäuerlichen Grundstücken besetzt und von einem Wassergraben durchflossen, hatte die Kirche nebst dem Pfarranwesen aufzunehmen. Eine malerische Gruppierung beider schien hier nicht am Platze. Die Kirche ist, symmetrisch und massig behandelt, in die Mitte des Angers gesetzt. Die Pfarre liegt, von der Kirche durch den Pfarrgarten getrennt, seitlich hinter ihr.

[1.702]

Sontop – Abb. 51 Querschnitt mit Blick gegen die Orgelbühne

Die Formensprache des Baues ist die des 18. Jahrhunderts; die architektonischen Mittel sind Putzbau, durch Zurücksetzungen, mittels deren beim Schiffe die Ober- und Unterfenster zusammengezogen sind, gegliedert und in zwei Tönen gestrichen; ferner Biberschwanzdächer, ein dicker, vom Grund massiv aufgeführter Turm in der Westfront, mit niedriger, ziegelgedeckter Haube und Laterne gekrönt. – In der Kirche finden 575 Besucher Platz, davon etwa 200 auf den Emporen. Der Einheitssatz für den Sitzplatz beträgt 115 Mark bei einer anschlagsmässigen  Baukostensumme von 62 000 Mark; das Kubikmeter umbauten Raumes kostet beim Kirchenhause 17, beim Turme 20 Mark. Die Ausführung des Baues untersteht der Leitung des Kreisbaubeamten Baurat Hauptner in Posen.


[1.703]

Sontop Kirche – Aufn. Okt 2009 PM

[1.704]

Sontop Kirche – Aufn. Okt 2009 PM

[1.705]

Sontop Kirche – Aufn. Okt 2009 PM

[1.706]

Sontop Kirche – Aufn. Okt 2009 PM

Werner, P. – 100 jährige Gemeindejubiläum in Neutomischel (evgl. luth. Kirche)

geschrieben von Gudrun Tabbert
(P. Werner / Schwarzwald)
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[1.707] Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde zu Neutomischel, wurde dieser Artikel veröffentlicht im Kirchen-Blatt der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Preussen. Hier in der Ausgabe vom 14. Juli 1935 / Seite 444/445;

Der Beitrag wurde zur Verfügung gestellt von Herrn D. Maennel, Kassel – Maennel Archiv. Ebenfalls stellte Herr Maennel die hier verwendeten Fotos zur Verfügung.


[1.708]

Evg.-Luth. Kirche zu Neutomischel

[1.709]

Kirchensiegel der evgl.-luth. Gemeinde zu Neu Tomysl

* * *

Unsere lutherischen Gemeinden stehen jetzt im Zeichen der hundertjährigen Gemeindejubiläen. Hatten sie doch vor ungefähr hundert Jahren unter großen Mühen, Bedrängnissen und Verfolgungen dem luth. Bekenntnis die Treue gehalten. Nachdem vor kurzem die Gemeinden Freystadt in Schles. und Berlin dieses schöne Jubiläum feiern durften, folgte ihnen am 2. S n. Trin., den 30. Juni, die jetzt in Polen liegende

[1.710]

Evgl.-Luth. Kirche und Pfarrhause, um 1895

Gemeinde Neutomischel. Gottes Gnade schenkte reichen Segen, der hoffentlich an den Seelen nicht verloren bleiben wird. Wir hatten die große Freude, Herrn Oberkirchenrat D. Nagel aus Breslau als Festprediger bei uns zu sehen. Er traf schon Freitag, den 28. Juni, auf der Durchreise nach Neutomischel in Polnisch-Lissa ein und konnte am Nachmittag der kleinen lutherischen Gemeinde in ihrem schmucken Kirchlein einen Gottesdienst halten und anschließend über die kirchliche Lage berichten. Der Text seiner Predigt war Ebr. 10, 35: „Werfet euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat!“ Wir werden seine treuen Worte nicht vergessen. Sie kamen von Herzen und gingen zu Herzen. Sie erbauten und stärkten die kleine Gemeinde und ihren jetzigen Hirten in ihrer oft sorgenvollen und schwierigen Lage. – Am Sonnabend – Peter-Paul – fuhren dann Oberkirchenrat Nagel und der die Lissaer Gemeinde mitbedienende Pastor Werner-Schwarzwald nach Neutomischel, schon auf dem Bahnhof herzlich begrüßt vom dortigen Ortspastor Schilter. Noch an demselben Tage fand am Nachmittag – als Vorfeier zum Jubiläum gedacht – ein Gottesdienst in der festlich geschmückten Kirche statt, die schon an diesem Tage von einer andächtigen Gemeinde voll besetzt war. Es predigte Pastor Brauner-Thor, der zukünftige Superintendent und Leiter der ev.-luth. Kirche in Westpolen, über Ps. 138, B.2-3. Seine Predigt bereitete die Herzen in heiliger –Weise auf den kommenden Festtag vor und wurde mit großer Aufmerksamkeit und Andacht aufgenommen. Es folgte ein Singe- und Sprechchor, vom Ortspastor mit großem Fleiß eingeübt, der von der

[1.661]

Evgl.-Luth. Kirche - Blick auf den Altar

[1.711]

Evgl.-Luth. Kirche - Blick auf den Eingang und die Orgel

Orgelbrüstung der still lauschenden Gemeinde vorgeführt wurde. Er behandelte das alte Lutherlied: „Nun freut euch, liebe Christengemein“, umrahmt von exakt vorgetragenen Gesängen und Sprechchören. Letztere setzen sich hauptsächlich zusammen aus bekannten Lutherworten und zeigten den Gang des armen Sünders aus der Verzweiflung der Hölle und des Todes zur seligen Glaubensgewißheit in Christo. Die Gemeinde antwortete nach jedem Abschnitt mit einem Vers des Lutherliedes. – Am Festtage selbst konnte die Kirche die Fülle der Festteilnehmer kaum fassen. Es mussten Stühle in den Kirchgang gestellt werden. Den Altardienst versahen Pastor Dr. Hoffmann-Posen. In seiner Festpredigt über die ersten Verse des Sonntagsevangeliums, Luk. 14, V. 16-17, stellte D. Nagel das Wort in den Mittelpunkt: „Kommt, denn es ist alles bereit!“ Für diese frohe Botschaft wollen wir danken, und dieser freundlichen Aufforderung wollen wir folgen – so mahnte er die Festgemeinde im Blick auf ihr 100 jähriges Bestehen. Nachdem nach

das „Te deum Laudamus“, angestimmt von Pastor Dr. Hoffmann und wechselweise gesungen von Pastor und Gemeinde, verklungen war, ordnete sich vor der Kirche der Festzug durch die Straßen der Stadt nach dem nahegelegenen stillen Gottesacker zum Grabe des früheren Seelsorgers der Gemeinde, Pastor Johannes Seidel, der, vor fünfzehn Jahren heimgegangen, dort an der Seite seines ihm, im Weltkriege vorangegangenen Sohnes ruht. Voran gingen die Kirchenvorsteher mit einem sehr schönen Kranz aus Eichenlaub und weißen Rosen, der am Grabe niedergelegt wurde. Dann folgten die Pastoren im Ornat und eine große Menge Gemeindeglieder. Am Grabe hielt Pastor Werner-Schwarzwald die Gedächtnisansprache, anschließend an die Abschiedsworte Pauli an die Ältesten der Gemeinde Ephesus, Apostelgesch. 20, V. 24-27 und V. 32. Wir sangen unter Posaunenbegleitung: „Jerusalem, du hochgebaute Stadt“ und: „Wenn ich einmal soll scheiden.“ Viel Tränen sah man glänzen in den Augen derer, die ihren alten Hirten noch gekannt hatten. Es war uns eine wehmütige Freude, eine Tochter des heimgegangenen Freundes unter uns zu sehen. – Am Nachmittag war dann zuerst gemeinsame Mittagstafel in einem Saale, in welchem gleich anschließend auch die Nachfeier bei erdrückender Fülle stattfand. Was uns dort geboten wurden an Posaunenvorträgen, Gesängen, Deklamationen, Ansprachen der anwesenden Pastoren, das zu schildern würde zu weit führen. Hervorzuheben ist ab die Ansprache unsers verehrten Oberkirchenrates, die über die gegenwärtige kirchliche Lage deutliche Aufklärung gab und mit gespannter Aufmerksamkeit angehört wurde. Zu unser aller Freude hat uns auch der Nachbarpastor aus Deutschland, Pastor Schachschneider-Meseritz, mitfeiern helfen und uns auch mit Ansprache am Nachmittag erfreut. Auch weilte die älteste Tochter des in Neutomischel unvergessenen Pastors Greve-Bochum, der leider am Kommen verhindert war, unter uns und ebenso die Tochter Pastor Pauligs-Bromberg. – Gedankt sei zum Schluss noch allen lieben lutherischen Häusern in Neutomischel, die uns so gastfrei aufgenommen und verpflegt haben. So liegt das Fest hinter uns. Der Alltag hat uns wieder umsponnen. Aber vergessen wollen wir’s nicht, was wir gehört und erlebt haben. Der Weg führt in’s weit zweite Jahrhundert lutherischer Kirche und lutherischen Bekenntnisses. Der Herr mache uns treu, „dass wir Sein Wort und Sakrament rein behalten bis an unser End‘!“

[1.712]

Pastoren der evgl.-luth. Gemeinde Nowy Tomysl

P. Werner – Schwarzwald

Lohnverhältnisse 1903

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Ernst Weiss)
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Gemälde Gerhard Drewanz - Die Ernte wird geborgen [1.713]

Gemälde Gerhard Drewanz – Die Ernte wird geborgen / Quelle: Der Warthegau Landschaft und Siedlung

Durch Ernst Weiss wurde 1903 zur Erlangung der Doktorwürde in der Philosophie die Dissertation über „Die Herrschaft Brody“ – Ein nutzvieh-schwacher Landwirtschaftsbetrieb in Posen verfasst. Die Herrschaft lag im Kreis Neutomischel. Das Hauptbetriebszentrum war Brody mit den Vorwerken Sigmundshof und Rimpau, als weitere Vorwerke wurden Brodki und Marsfelde hinzugerechnet. Ob die Herrschaft Brody nach unserem heutigem Verständnis ein „gut“ bezahlender Betrieb war, ist im Moment offen, da noch keine Vergleichswerte gefunden wurden. Beachtenswert ist, das die Bezahlung für Frauen und Mädchen fast 50 % weniger betrug als für Männer und Jungen; deutlich wird, dass ein Arbeiter seinem Arbeitgeber jedoch rechtlos ausgeliefert war.

Die Kopien der Gemälde wurden entnommen aus dem Bildband „Der Warthegau“ Landschaft und Siedlung

Lohnverhältnisse.

An Löhnen wird der im allgemeinen hier landesübliche Satz gezahlt. Es wäre vielleicht von Interesse, diesen zu erfahren, und ich lasse daher die Löhne und Gehälter der einzelnen Personalgruppen der Höhe des Lohnes entsprechend hier folgen.

Die übrigen Vögte und Arbeiter,  soweit sie in den zum Dominium gehörigen Häusern wohnen, haben folgende Lohnsätze: (Siehe Tabelle)

Grundprinzipien der Löhnung – Lohn in Reichsmark, Deputat in Zentnern, Land in Morgen.

Beschäftigung als: Alter
der
Hofgänger
Jahres
-lohn
Tage-
lohn
R
o
g
g
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W
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K
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e
n
G
a
r
t
e
n
l
a
n
d
Bemerkungen
Vogt
mit Hofgänger
Über 16 J
Unter 16 J
150
150

18
16
1
1
6
6
4
4
80
80
56
56
3
3
Vogt
ohne Hofgänger
140 14 3 4 3 60 40 1
Pferdeknecht
mit Hofgänger
Über 16J
Unter 16J
120
120

18
16

4
4
4
4
70
70
48
48
3
3
Pferdeknecht
ohne Hofgänger
110 12 3 3 50 40 1
Ochsenknecht
mit Hofgänger
Über 16 J
Unter 16 J
114
114

18
16

4
4
4
4
70
70
48
48
3
3
Ochsenknecht
ohne Hofgänger
104 12 3 3 50 40 1/3
Hausmann
mit Hofgänger
Über 16 J
Unter 16 J
0,60
0,60
16
14



70
70
48
48
3
3
) in der
) Brennerei
) Zulage pro
) Tag
Hausmann
ohne Hofgänger
0,50 12 50 40 1 )10 Pfg.
Witwe
vom Vogt
6 1 2 2 30 24 3/8
Witwe
vom Arbeiter
6 25 20 3/8
Witwe
mit gr. Familie
6 30 24 3/8
Witwe
mit Hofgänger
Über 16 J
Unter 16 J

0,50
0,40
12
9



50
40
40
32
11/16
1
2 Hofgänger 0,60 Eben so Hausleute

Der Lohn der freien Dorfarbeiter beträgt, soweit diese Männer sind:

Dazu kommen bei bestimmten Arbeiten kleine Zulagen, ausserdem 60 Ztr. Kartoffeln, 1/2 Morgen Gartenland und die nötigen Fuhrwerke für Holz. Die Akkordsätze sind dieselben, wie bei den nun folgenden ausländischen Sommerarbeitern.

Für die ausländischen russischen und galizischen Sommerarbeiter gilt nachfolgender Arbeitsvertrag, wie ich ihn im Original beifüge.

Arbeits-Vertrag für ausländische russische und galizische Sommerarbeiter

Zwischen der Verwaltung der Herrschaft Brody als Arbeitgeber und dem Aufseher (Name und Wohnort) als Arbeitnehmer, Vertreter der von ihm gedungenen Arbeiter, ist heute folgender Vertrag abgeschlossen worden.

§ 1.

Der Aufseher (Name) verpflichtet sich, gesunde, kräftige und ordentlich Arbeiter und zwar: (Zahl) Männer und (Zahl) erwachsene weibliche Arbeiter anzuwerben und mit denselben auf der Herrschaft Brody im Jahre 1901 vom April bis Mitte November sämtliche landwirtschaftlichen Arbeiten, die ihm übertragen werden, pünktlich nach Vorschrift und ordnungsmässig zu machen.

§ 2.

Der Aufseher ist für die von ihm geworbenen Leute verantwortlich, auch hinsichtlich der Quittungskarten, hat Zucht und Ordnung unter den­selben aufrecht zu erhalten und für treue Erfüllung ihrer Pflichten zu sorgen

§ 3.

Der Aufseher erhält:

  1. Werbegeld für jeden gedungenen Arbeiter, welcher bis zur völligen Erfüllung des Vertrages in Arbeit bleibt, 2 Mark. Dasselbe wird am Ende dieses Vertrages gezahlt.
  2. Freie Fahrt in 4. Wagenklasse her und zurück für sich und seine Frau.
  3. Freie Wohnung mit 2 Bettstellen, 2 Strohsäcken, Kopfkissen und 2 wollenen Decken.
  4. Freie Feuerung, freien Arzt und freie Medizin.
  5. Wöchentlich 50 Pfd. Kartoffeln.
  6. Monatlich 75 Mark bar. Die Frau, welche den Leuten das Essen zu kochen und für die Reinigung und Lüftung der Stuben zu sorgen hat, erhält wöchentlich 9 Mark; ausserdem täglich 2 l Milch.

§ 4.

Der Aufseher hat dafür zu sorgen, dass die von ihm gestellten Arbeiter sich durch Unterschrift dieses Vertrages den für sie gültigen Be­dingungen unterwerfen.

 

§ 5.

Zur Erfüllung des Vertrages hat der Aufseher eine Kaution von 150 Mark zu bestellen, welche durch die 2 ersten Monatslöhne geleistet werden. Der Arbeitgeber ist ohne gerichtliehe Entscheidung befugt, sich jeden aus der Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schaden aus der Kaution bezahlt zu machen.

§ 6.

Die gedungenen Leute haben sich ruhig und anständig zu betragen und ihre Arbeiten nach Vorschrift auszuführen. Jeder unterwirft sich für den Fall, dass er den ihn obliegenden Pflichten nicht nachkommt, einer vom Aufseher oder dem Arbeitgeber resp. dessen Vertreter bis zur Höhe von 3 Mark festzusetzenden Konventionalstrafe, welche er an dem auf die Festsetzung folgenden Lohntage einzuzahlen hat. Die Strafen fliessen zur Dominialkasse. Ausserdem ist der Arbeitgeber oder dessen Vertreter be­fugt, jeden Arbeiter, der trotz Konventialstrafe die Pflichtwidrigkeiten nicht unterlässt oder der seiner Überzeugung nach zur Arbeit untauglich ist, aus der Arbeit zu entlassen.

§ 7.

Die Arbeitswerkzeuge stellt die Herrschaft bis auf . . . Sensen.

§ 8.

Die Arbeitszeit dauert von 5 ½ Uhr morgens bis 7 ½ Uhr abends, wobei ½ Stunde zum Frühstück und Vesper und 1 Stunde zum Mittag­essen gewährt wird. Ob Arbeiten im Tagelohn oder Akkord ausgeführt werden sollen, bestimmt der Arbeitgeber oder dessen Vertreter.

§ 9.

Jeder Arbeiter erhält:

  1. Fahrgeld der Eisenbahnwagenklasse No. 4 zur Herreise. Ebenso die Arbeiter, welche bis zur vollen Erfüllung des Vertrages bleiben, dasselbe Fahrgeld zur Rückreise.
  2. Für die Dauer des Vertrages freie, aus einem Strohsack, einem Kopf­kissen und einer wollenen Decke bestehende Lagerstätte.
  3. Für dieselbe Zeit freie Feuerung, freien Arzt und freie Medizin und pro Woche 25 Pfund Kartoffeln. An Tagelohn erhalten die Männer 1,75 Mark, die erwachsenen weiblichen Arbeiter und Burschen 1,10 Mark.

§ 10.

Während 5 Wochen in der Getreideernte erhalten, wenn im Tagelohn gearbeitet wird, die Männer 2 Mark, die erwachsenen weiblichen Arbeiter und Burschen 1,50 Mark. Die Arbeitszeit dauert alsdann bis zur Dunkelheit.

§ 11.

Die Akkordsätze pro Magdeburger Morgen sind folgende:

Soweit noch keine Festsetzung stattgefunden hat, wird besondere Vereinbarung darüber mit dem Aufseher vorbehalten und hat jeder Arbeiter sich dieser Vereinbarung zu unterwerfen.

§ 12.

Jeder Arbeiter hat für die Erfüllung des Vertrages eine Kaution von 15 Mark zu bestellen. Kann dieselbe nicht gleich bei Beginn des Vertrages eingezahlt werden, so erfolgt eine Einzahlung in Raten von 1 1/2 Mark an jedem Lohntage. Diese Kaution wird dem Arbeiter nach Beendigung des Vertrages ausgezahlt, aber von dem Arbeitgeber als Schadenersatz ohne weitere gerichtliche Fortsetzung für denjenigen Arbeiter zurückbehalten, welcher vor Erfüllung des Vertrages die Arbeit verlässt oder aus derselben entlassen wird.

§ 13.

Die Arbeiter treten durch ihre Unterschrift diesem Vertrage bei und unterwerfen sich seinen Bestimmungen.

Brody (Posen), den 13. November 1900.

* * *

Die Löhnung der Mädchen aus den umliegenden Dörfern geschieht nach demselben Vertrage.

Frhr. v. d. Goltz hat den Arbeitslohn eines freien Arbeiters für den Begierungsbezirk Posen im Jahre 1877 im Sommer mit. 1,16 Mark, im Winter mit 0,76 Mark angegeben.

Einer freien Arbeiterin: im Sommer mit 0,58 Mark, im Winter mit 0,42 Mark.

Die heute in vorliegendem Betriebe gezahlte Löhnung beträgt:

 

Für Männer:

Im Sommer………………………………………………………………………………..1,79 Mark,

dazu 60 Ztr. Kartoffeln = 60 Mark auf 300 Arbeitstage verteilt …………0,20 Mark

dazu ½ Morgen zurechtgemachtes Gar­tenland = 18 Mark …………….0,06 Mark

……………………………………………………………………….Sa.: ……2,05 Mark.

Im Winter……………………………………………………………………………………1,25 Mark

……………………………………………………………………………..+… 0,26 Mark

……………………………………………………………………….Sa.: ……1,51 Mark.

Für Mädchen:

Im Sommer…………………………………………………………………………………..1,18 Mark

Es ist demnach hier der Lohn gestiegen, wenn man die Sommerlöhne in Betracht zieht, bei Männern um nahezu 100 %, bei Mädchen um etwas über 100%.

Es ist der Einfachheit halber grade dieses Beispiel zum Vergleich herausgegriffen worden. In demselben Verhältnis sind auch die Löhne der ändern Arbeitergruppen gestiegen.

Ausserdem erhalten sämtliche hier beschäftigten Personen freien Arzt und Medizin. Die dafür verausgabte Summe betrug im Durchschnitt der letzten 5 Jahre 1860 Mark pro Jahr, d. h. pro leistungsfähigen Arbeiter inklusive Aufsichtspersonal 6,20 Mark pro Jahr. Die Ausländer sind hierbei nur halb gerechnet. Das Mobiliar und Inventar der Arbeiter ist von der Verwaltung aus versichert in einer Höhe von 650—1000 Mark pro Familie.

Von den Beiträgen für die Invaliditäts- und Altersversicherung bezahlt die Herrschaft die Hälfte, die andere Hälfte der Versicherte. Die ganze Summe beträgt pro Jahr 1750 Mark.

An die Landesversicherungsanstalt zu Posen sind im Jahre gegen 200 Mark für fremdländische Arbeiter anstatt der Invaliditäts- und Altersversicherungsbeiträge zu entrichten.

Für Ortskrankenkasse und Berufsgenossenschaft sind ca. 1010 Mark jährlich zu zahlen.

Die Arbeiterfamilien werden für 1 Jahr gemietet, am 1. April oder 1. Januar. Der Kündigungstermin ist ¼ Jahr vor Ablauf des Dienstjahres.

Das Taufbecken aus der Kirche am Chopinplatz

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski.)
am in Neu Tomysl,Neutomischel,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
Denkmal der Liebe und Dankbarkeit ... [1.715]

Denkmal der Liebe und Dankbarkeit …

Wurde je jemand aufmerksam auf das Taufbecken – das heutige Weihwasserbecken, das in der Kirchenvorhalle am Nordeingang der Herz-Jesu-Kirche am Chopinplatz steht?

„Die Inschriften auf dem Becken in deutscher Sprache haben mein Interesse geweckt. In meiner Geburtsstadt, in der ich auch aufwuchs – in Lauban in Niederschlesien – waren solche Inschriften keine Seltenheit. Noch heute kann man in den heute wieder polnischen Städten auf den Wänden einiger älterer Häuser ausgebleichte deutsche Inschriften finden. In alten Mietshäusern z. B. ist auf den Wasserhähnen die Aufschrift „kalt“ und „warm“ und auf alten Briefkästen noch das Wort „Briefe“ zu finden. Und noch ist auf Kanalisationsdeckeln die Inschrift „Stadt Lauban“ zu lesen. Aber hier bei uns in Neutomischel – mehr als 85 Jahre nachdem unsere Stadt wieder polnisch wurde, sind solche Inschriften eher selten. Es gibt (heute aber auch schon übermalt) noch eine, kaum sichtbare Aufschrift auf der Westwand des Hauses Nr. 11 am Alten Markt (Niepodleglosci) Platz.“ [siehe dort [1.716]]

Die Übersetzung des Artikel aus dem polnischen wurde von Herrn Maennel zur Verfügung gestellt.


Denkmal der Liebe und Dankbarkeit
dem am 12ten Juli 1824
in einem Alter von 62 Jahren,
3 Monaten und 2 Tagen
verstorbenen wohlseligen und
Hochedlen Herrn
Carl Maennel
hiesigen Bürger und Kaufmann
von
Seiner Ehegattin Anna Rosina
geborene Kannewischer
und dessen 7 Kindern geweiht

Und auf der Rückseite ein Zitat aus dem Matthäus Evangelium Kap 28 Vers 1

Gehet hin und lehret alle Völker
und taufet sie im Namen des Vaters
und des Sohnes und des Heiligen Geistes

Darstellung einer Taufzeremonie [1.717]

Darstellung einer Taufzeremonie

Dieses „Denkmal“ hat von heute an zurückgerechnet ungefähr 180 Jahre überdauert. Es ist nicht bekannt wann genau es gestiftet wurde. Anna Rosina Maennel geborene Kannewischer verstarb 1845 und sehr wahrscheinlich erfolgte die Anfertigung und Aufstellung noch zu ihren Lebzeiten. Es konnte vermutlich diese lange Zeit überdauern, da es mehr als 100 kg wiegt, für einen einzelnen Mann ist es zu schwer um es zu bewegen. Der Kern ist ein Stein, dieser ist rundum mit Blech beschlagen;

die Abmessungen sind:

  • Höhe 82 cm,
  • Breite unten 60 cm,
  • Breite oben 50 cm.

Ursprünglich war es das Taufbecken – ganze Generationen Protestanten erhielten in eben diesem Becken ihre Taufe.

Ein Fragment des Taufbeckens ist, vermutlich auf seinem ursprünglichen Standplatz, in der seinerzeit evangelischen Kirche zu Neutomischel noch auf einem alten Foto (unten rechts) aus dem Jahr 1930 erkennbar.

Ein Taufbecken aus dem Jahre 1867 ist auch noch in der Vorhalle der Kirche in Friedenhorst (Jastrzebsko Stare) zu finden, auch dort dient es heute als Weihwasserbecken.

Aber wer war Carl Maennel?

Der Name Maennel kommt in der Geschichte der Stadt Neutomischel bis zum Jahre 1945 vor. Carl Maennel (ca. 1762 geboren – 1824 verstorben) dem hier das Gedenken galt, war der Begründer einer einst berühmten und großen Familie.

P1140318.JPG [1.718]

P1140318.JPG

Carl Maennel stammte aus Schönheide in Sachsen im Erzgebirge. Urban Maennel, ein Vorfahre von Carl Maennel, gilt als erster Siedler dieses Ortes, bereits im Jahre 1537 ist eine erste Erwähnung in alten Aufzeichnungen gefunden worden. Noch heute leben in Schönheide Maennel Nachfahren dieses Urban Maennel.

Zusammen mit seinem Bruder Johann Michael ist Carl Maennel ungefähr 1797 nach Neutomischel gekommen. In den Anfängen, so die Familiengeschichte, betrieb er hier einen Handel mit Löffeln; zuerst waren es Holz- später Blechlöffeln; etwas später kamen auch Nägeln und Handwerkzeug hinzu.

Am 22 September 1801 verheiratete er sich als Witwer, seine erste Ehefrau und 3 von 4 Kindern aus dieser Ehe waren verstorben, zum zweiten Mal in Neutomischel mit der Bäckerstochter Anna Rosina Kannewischer.

[1.719]

Bild der Kirche von innen, Sicht von der Orgel Foto-Enderich (1930) – rechts unten – Taufbecken

Er hatte vermutlich nicht immer leichtes Leben. Zweimal verlor die Familie bei den großen Stadtbränden der Stadt in den Jahren 1803 und 1816 sein Haus und konnte sich und seine Familie nur knapp vor dem Tod bewahren.

Aus der 2ten Ehe stammten acht Kinder – zwei Söhne und sechs Töchter. Eine der Töchter verstarb schon im Kindesalter. Sein ältester Sohn Johann Heinrich wurde ein Schön- und Schwarzfärber in Bentschen [Zbaszyn], wo er auch als Bürger ansässig wurde. Der jüngere Sohn Johann Alexander (geboren 1813 verstorben 1863) wählte den Beruf des Windmüllers; er war Eigentümer einer Windmühle an der Straße zu Alt Tomysl. 1848 errichtete er die 2te Dampfmühle des Großherzogtums Posen (Großpolen) – eben in Neutomischel. Er betätigte sich außerdem als Kauf- und Handelsmann in der Stadt.

Um 1835 war Alexander Mitbegründer der Alt-Lutherischen Gemeinde. Zu Beginn, die Anhänger dieser Glaubensgemeinde , da diese noch verboten war wurden noch verfolgt, fanden die Zusammenkünfte im Haus des Alexander Maennel statt. Nachdem später die Anerkennung dieser Glaubensgemeinde erfolgte wurde in Neutomischel eine Alt-Lutherische Kirche errichtet. Bis Mitte der 70iger Jahre stand diese noch in der Langestraße (ulica Dluga).

Alexander verheiratete sich mit Johanna Wilhelmine Ottilie Sperling. Aus dieser Ehe stammen 11 Kinder, 5 sind Söhne, der älteste Sohn verstarb durch einen Unfall sehr früh.

Der Sohn Nathanael unterhielt einen Laden an der Ecke Alten Markt und Goldstasse [heute Chopin Platz – und Mickiewicz Strasse]. Er war so vermögend, dass er 1883 das Postgebäude [1.720] in der Bahnhofstrasse [Pilsudski Strasse] errichten ließ, es wird heute noch genutzt. Einer seiner Söhne – Otto Wilhelm hatte später eine Gärtnerei, sie war dort wo heute die Grünanlage an der Musiala Strasse ist.

Der Sohn Carl Daniel, errichtete eine Dampfmühle in Grünberg / Schlesien. Er verheiratete sich mit der Tochter des Stadtratsvorsitzenden aus Neutomischel, der Ida Margarethe Emilie Toeffling. Sie gründete später aus dem Erbe ihres Vaters eine Stiftung für die ärmsten Einwohner Neutomischels.

Die Dampfmühle (c) [371]

Die Dampfmühle (c)

Der Sohn Friedrich Adolph Maennel übernahm die Dampfmühle. Er erlebte, dass die Mühle in den Jahren 1886 und 1889 niederbrannte.

Der letzte Sohn Johann Alexander gründete 1883 das Drahtgeflechtwerk; eine Fabrik für Drahtzäune, Sprungfedermatratzen. Ihm gehörte auch ein Laden, dieser befand sich an der Stelle des heutigen Durchgangs neben dem Kino.

Die drei Brüder Nathanael, Adolph und Alexander Maennel haben am 11. September 1895 an der Enthüllungsfeier des Ehrendenkmals der Gefallenen der Kämpfe von 1866 und 1870/71 teilgenommen. Die Zeremonie fand auf dem Alten Markt [Chopin Platz] statt.

Die Dampfmühle stand noch bis 1996 noch auf der Rückseite des Neuen Platzes (Niepodleglosci Platz [1.721]). Auf alten Postkarten ist sie die Wohngebäude überragend zu erkennen und ihr noch höherer Schornstein gehörte zur Stadtansicht.

1945 verließ die Familie Maennel nach 148 Jahren, sowie auch andere deutsche Familien, Neutomischel.

Bis heute lebt Herr Dieter Maennel in Kassel, er wurde noch in Neutomischel geboren und ist der Ur-Ur-Enkel des Carl Maennel, des Urahnen der großen Neutomischler Familie. Er war so freundlich und öffnete für mich sein Familienarchiv, sodass dieser Beitrag verfasst werden konnte.

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Heutige Ansicht des Standortes der ehemaligen Dampfmuhle von Maennel  fot.pm 12-5-2008

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Das gemeinsame Haus von Adolf u Alexander Maennel – heute Niepodległości Platz 1 i 2

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In der Tür steht Richard Maennel (der Laden selbst führt noch den Namen des Gründers Alexander Maennel; Richard ist der Sohn); im Fenster Eva Maennel. Im Schaufenster Zigarren und Drahtgeflecht) das Ladenschild lautet: Neutomischler Drahtgeflechtwerk und Matratzen-Fabrik – Neuer Markt 52″

N. – Neutomischel / Eine Luftreise im Jahr 1914

geschrieben von Gudrun Tabbert
(N. )
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Das Luftschiff über Neutomischel

In der „Festschrift zum 125. jährigen Jubiläum der Schützengilde Neutomischel und 18.Bundesschießen des Schützenbundes Neumarkt-Posen“ erschien nachstehender Artikel unter der einfachen Überschrift „Neutomischel“ um eine Unterscheidung zu anderen Veröffentlichungen zu erhalten erfolgte hier er eine Ergänzung, daher hier „Neutomischel / Eine Luftreise im Jahr 1914″ ; er ist durchsetzt von einer leichten Ironie und die Frage ob er wirklich ganz ernst zu nehmen ist, wird auch hier unbeantwortet gelassen; möge der Leser selbst entscheiden . . .

Eine Kopie der Festschrift wurde zur Verfügung gestellt von Herrn Dieter Maennel, Kassel aus dem von ihm geführten Maennel-Archiv.
Anmerkungen der Autoren dieser Seite wurden in Kursivschrift in eckige Klammern eingeschoben.

Soweit nicht anders vermerkt, stammen die hier abgebildeten Postkarten aus der Sammlung des Hr. Wojtek Szkudlarski und wurden mit dessen freundlicher Genehmigung hier verwendet.

* * *

Ergänzung (04-07-2010 PM): Ich war neugierig ob die ganze Gruppe wirklich imstande gewesen war diese Strecke wie beschrieben zurücklegen zu können. Es erwies sich, dass die Gesamtentfernung zwischen dem Landeplatz des Zeppelins und dem Schützenhaus als Ziel in etwa 8,5 km beträgt. Basierend auf einem gemütlichen Spaziergangs-Tempo der Fußgänger von 4 km/h, kann man diese Route tatsächlich in 2 Stunden bewältigen; rechnet man dann zusätzlich noch Zeit für eine Rast, so sind 4 Stunden insgesamt eine durchaus realistische Zeit. Im Text ist beschrieben, dass der Zeppelin Z5 ist um 9:00 Uhr gelandet sei, nimmt man jetzt die 4 Stunden des Spaziergangs hinzu, könnten die Besucher gegen 13:00h zum Gabelfrühstück im Schützenhaus eingetroffen gewesen sein.

Neutomischel

Wir hatten gerade mit Wohlbehagen in den Gondeln unseren Mokka geschlürft, als der Ruf des Kapitäns ertönte: Neutomischel in Sicht! — Weil wir nämlich hier militärfromm sind, aber nicht so wie in Zabern [1.726], hatte uns die Militärverwaltung das Luftschiff Z 5 zur Verfügung gestellt zwecks Abholung derjenigen Gäste, die mit den Freuden des Jubel- und Bundesschießens auch die einer Luftfahrt verbinden wollten.

Ein entzückender Anblick bot sich uns, denn die Wolken hatten sich geteilt. Prächtiges Grün in allen Schattierungen umrahmte die wie in einem großen Park behaglich ruhende Stadt, aus der sich der Kirchturm und der Wasserturm besonders gefällig abhoben, während das frische Rot zahlreicher Ziegeldächer gegen das Grün ein wunderbares Farbenspiel abgab. Die Hopfenanlagen boten manchem Beschauer, der sie noch nicht auf der Vogelschau gesehen hatte, einen eigentümlichen Reiz. Bei der üblichen Schleifenfahrt entboten wir der Feststadt unseren Gruß. Da bevölkerten krabbelnde kleine dunklere und hellere Punkte und Knäuel die regelmäßig angelegten Straßen und Plätze, auf denen sich die Baumreihen wie grüne Fäden ausnahmen. Beim Umkreisen des Kirchturms war selbst die etwas verblichene Sonnenuhr zu erkennen, ihr Zeiger stand zwischen 8 und 9 Uhr.

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Karte mit den beschriebenen Stationen - erstellt von PM

Wir machten nun alles möglich, indem wir Noah auf dem Berge Ararat auf einer Höhe nordwestlich der Stadt mit Hilfe von durch Funkspruch herbeigerufenen Mannschaften des verstärkten Bezirkskommandos glücklich den Gondeln entschlüpften. Außer den Mitgliedern des Empfangsausschusses begrüßte uns der vorzüglich geschulte Verein für gemischten Chorgesang mit dem Liede: „Wenn ich ein Vöglein wär [1.728]’!“

Nach diesem Genuss gingen wir von dem Gipfel, auf dem am 18. Oktober 1913 [Datum der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals zu Leipzig] das Weihefeuer hellauf loderte, und der zu Winterszeit dem Rodelsport dient, zu Tal und gerieten zunächst in die Hartsteinfabrik {1} des Herrn Hasenfelder, der uns händeringend vor Freuden empfing. Interessenten, die Baukunst bekommen oder den Betrieb besichtigen wollen, mögen sich aber am Werktage einfinden. Von dort gelangte unsere Gesellschaft auf die Chaussee, die Tirschtiegel und Neustadt b. P. mit uns verbindet. Hier winkten wir unserm sich schnell in der Richtung nach Posen entfernenden Z 5 zu.

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...die Landwirtschaftliche Schule, auch kurz „Bauernakademie“ genannt

[1.729]

5. Zur rechten Hand macht eine stattliche Reihe von Privatvillen einen vornehmen Eindruck

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7. An dieser Stelle fesselt unser Auge aber schon das vor uns liegende gewaltige Gebäude der Schmidt’schen Dampfmühle. (von http://www.zeno.org)

Beim Anblick der schleppfüssigen bunten Rinder, die auf der Sonntagsweide sich auf ihre Art an dem Wiesengrün ergötzten, konnte man wirklich nicht ahnen, dass wir uns einer Stadt näherten, deren Weltruf unser Führer den fremden Besuchern ad oculos zu demonstrieren versprach. Wir befanden uns   bald in einer Vorstadt, die den schönen Namen Rutschkowe {2} führt: man  versäume aber nicht, nach Gewohnheit der hier wohnenden Bevölkerung das „o“ des Wohlklangs wegen möglichst offen auszusprechen. Die Schule, an der wir weiter vorbeikamen, ist aber an diesem „Lokalismus“ (au, dieses Wort!) wirklich nicht schuld. Hinter der großen Maschinenfabrik {3} von Richter die Landwirtschaftliche Schule {4}, auch kurz „Bauernakademie“ genannt. Die Bedeutung dieser Institute dürfte allgemein bekannt sein, und deshalb will uns der Führer auch nicht mit großen Reden über die Tüchtigkeit ihrer Lehrkräfte belästigen. Vielmehr nur sehen, sehen! Und staunen! Zur rechten Hand macht eine stattliche Reihe von Privatvillen {5} einen vornehmen Eindruck, links das Katasteramt {6} harrt noch eines so schönen Baues in zeitgemäßem Stile. An dieser Stelle fesselt unser Auge aber schon das vor uns liegende gewaltige Gebäude der Schmidt’schen Dampfmühle {7}. Nach Nordwesten führt der Weg über Friedenwalde pp. nach Bentschen. Auf diesem kann man zwischen zwei Teichen {8} sich das liebliche  „sub aqua“ ihrer Bewohner nach Herzenslust kostenfrei anhören. Im Winter zwei Eisbahnen! Auf dem bald erreichten Neuen Markt winken flatternde Fahnen erhebenden Festgruß, und überall passt sich frisches Grün

unseren Schützenröcken an. Rechts in der Ecke: Das hilfsbereite Bezirkskommando {9}, blüht im Verborgenen! In der Nähe: Die Apotheke {10}, kämpft im Schatten! Der Führer aber steuerte uns das vor uns liegende massige Rathaus{11}, in dem nach seiner Erklärung sich Magistrat mit seinem „Drum und Dran“, das Amtsgericht und die Kaserne der Soldaten des Bezirkskommandos befindet. Die Züllichauer Herren machten aus Ulanenstolz ob der Bezeichnung „Kaserne“ zweifelhafte Mienen. Wir folgten in den Sitzungssaal der Stadtverordneten, in dem die Begeisterung unseres Führers hell ausloderte beim Anblick der zahllosen

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11. Der Führer aber steuerte uns das vor uns liegende massige Rathaus.

Auszeichnungen für Hopfenkultur. Unter diesen befinden sich außer deutschen solche aus Dublin, Paris und Wien. Als er behauptete, dass man sich auch auf den Weltmärkten Englands über die Güte des Neutomischler Hopfens einig sei, da ließ es den Bomster Herren nicht länger Ruhe, auch auf die Bedeutung ihrer Weinberge hinzuweisen. Und die Unruhstädter bekamen‘s mit der Unruhe zu tun, denn auch sie wollten darin etwas gelten. Es kam zu einer bedenklichen Debatte, in die auch die Bentschener  und  Wollsteiner  einfielen. Sie  behaupteten sich als See- und Handelsstädte, dazu betonte Bentschen noch seinen Knotenpunkt und Pferdemarkt. Die Tirschtiegeler renommierten mit ihrem Umsatz aus der Weidenkultur und stammelten etwas von ihren „Millionenbauer“. Die Züllichauer aber drohten, dass sie, wenn der Streit nicht bald ein Ende finde, und  es gar zum offenen Kampfe käme, sie ihre Ulanen eine Attacke auf das Rathaus reiten lassen würden. Die Meseritzer erklärten, sie seien zum Bundesschießen und nicht auf einen Städtetag   nach Neutomischel gekommen und würden sich wohl hüten, ihre Kräfte hier zu vergeuden, es läge ihnen vielmehr daran, den Bundeskönig in ihre Mauern zu führen. Schwiebus endlich legte den Streit bei, weil sein Vertreter durch eine gewaltige Dauerrede alle Zuhörer erschöpfte. Man befeuchtete durch das   schleunigst herbeigeholte weltberühmte Grätzer Bier die trocken gewordene Kehle. Die Grätzer selbst waren zum Glück nicht da, und die Neustädter bei Pinne standen in einer Ecke wie begossene Pudel, weil ihnen das Sprechen schwer fiel.

[1.732]

12. Der beruhigte Führer wollte uns die neueste Errungenschaft unserer Stadt, das Wasserwerk vorführen

[1.733]

13. ... folgten ihm in die Friedenstraße und standen zunächst vor der 1903 erbauten Gasanstalt.

Wieder an der frischen Luft angelangt, zog es einige Schützen nach dem in die Augen fallenden Gildehaus {22} [Garnter Gasthaus] zum Versöhnungsschoppen bei „Unruhstadt-Bomster Jahrgang 1911“. Der beruhigte Führer wollte uns die neueste Errungenschaft unserer Stadt, das Wasserwerk {12} vorführen. Wir bogen recht  ab, umschritten das Rathaus {11}, folgten ihm in die Friedenstraße und standen zunächst vor der 1903 erbauten Gasanstalt {13}. Ihre Besichtigung kürzten wir ab, weil die Einrichtung allgemein bekannt schien und die zweifelhaften Düfte den Aufenthalt wenig angenehm machten. Das ganz in der Nähe befindliche Wasserwerk {12}, mit allen neuzeitlichen Einrichtungen ausgestattet, nahmen wir eingehend in Augenschein und überzeugten uns von der Vortrefflichkeit der Anlage, auch der Baustil des Wasserturms{12} fand ungeteilten Beifall. Ein Herr aus Bentschen fragte nach der Lage des Schlachthauses, da schwieg der Führer, als hörte er  es nicht. Auf dem Rückwege nach dem Neuen Markt passierten wir das geräumige Anwesen des Herrn Karl Ed. Goldmann, auf dessen Lokalmuseum {14} Liebhaber  empfehlend hingewiesen seien.

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15. ... wo die Orgeltöne des Kirchleins der evangelisch-lutherischen Kirche wohltuend an unser Ohr drangen

Herr Goldmann bat die Schützenbrüder, auf der  Rumpelkammer nach Schützenkleinodien zu forschen, die etwa dort ihre Vorfahren  haben in Sicherheit bringen wollen. Jetzt lenkten wir vom Neuen Markt in die Lange Straße ein, wo die Orgeltöne des Kirchleins der  evangelisch-lutherischen Kirche {15} [abgerissen in 70-ger Jahren, heute Gebäude mit Geschäften] wohltuend an unser Ohr drangen. Links sehen wir das weinberankte Wohnhaus des Pfarrers {16} [heute das Gebäude der Staatsanwaltschaft] dieser Kirche, einige Schritte weiter ist zu beiden Seiten der Straße die Ausrüstung für ein Bataillon Infanterie {17} nebst Wagenpark untergebracht. Ausfallend wurde hier das Niesen. Ursache: Mottenpulver! Diesem Gebäude schließt  sich links die Judenschule {18} und Synagoge {19} an, alsdann folgt die große Oelmühle der Firma Paech u. Wolff {20}. Unser Führer aber wendet sich hier, und wir folgen ihm geduldig wieder nach dem Neuen Markte. Als wir uns in der Richtung nach der Maennel’schen Dampfmühle{21} befanden, schlossen sich unsere nunmehr   versöhnten Schützenbrüder vom Gildelokal{22} an. Nach den eindrucksvollen  Erfahrungen, die die Besucher dort gesammelt hatten, kann man den Wirt nur als ein „Muster der Höflichkeit“ besonders Gästen  gegenüber bezeichnen!  — Zu der dem Laubengang in Sanssouci gleichenden Goldstraße {22}, die äußerst  verkehrsreich, aber etwas eng ist, hatten wir Mühe durchzukommen, denn hier hatten sich verschiedene Neutomischeler postiert, um alte liebe Bekannte  händeschüttelnd oder auch mit Umärmelung zu begrüßen. Aus jedem Fenster  schon vom Neuen  Markte an  wie auch weiterhin sah man das freundliche Winken der Damen Neutomischels, bei deren Anblick manches Schützenauge hell aufleuchtete. Konnte man doch die Wahrnehmung machen, dass auf den schönen Gesichtern sich nicht nur zartes Seelenleben widerspiegelte, sondern dass auch Klugheit und Bildung aus ihnen stark ausgeprägt war.  Dieser Umstand schien den fremden Herren besonders aufzufallen. Die Toiletten fanden sie  einfach „blendend“. Der Alte Markt nun gar, der in eine große Laube verwandelt schien, deren Dach klarblauer Himmel war, machte auf alle Teilnehmer an dem Spaziergang einen erhebenden  Eindruck.

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18. ... diesem Gebäude schließt sich links die Judenschule und Synagoge an (von Arno Kraft)

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21. Als wir uns in der Richtung nach der Maennel’schen Dampfmühle befanden ....

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21. ...wir folgen ihm geduldig wieder nach dem Neuen Markte...

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22. Zu der dem Laubengang in Sanssouci gleichenden Goldstraße ....

Man  konnte aber  gleichzeitig die Wahrnehmung machen, dass sich bei einigen Schützen die Augenweide auch erstrebte auf die Umschau nach „Lokalen“, die hier reichlich vorhanden sind. Der Führer machte darauf aufmerksam, dass man sich aber auch die Lage seiner Wohnung einprägen möge, damit man diese nach dem Besuch der Lokale finde. Erwies dann auf das Kriegerdenkmal {23} hin und die neben ihm liegende, im Kreuzbaustil gehaltene evangelische Kirche {24}, die ringsum von prächtigen alten Linden flankiert wird. In dem eigentümlichen Torbau des Reichspostamts {25} empfing uns Herr Postmeister Bergmann, auch ein treuer Schützenfreund, der von alten bekannten Züllichauern stürmisch begrüßt wurde. Seiner harrte die Lösung vieler schwieriger Fragen, und seine Belehrung schätzte man hoch. Der Führer stellte mit Missbehagen fest, dass ein Teil seiner Gefolgschaft sich das Menschengedränge zu Nütze gemacht hatte, um in die zahlreichen Lokale und in die Konditorei zu verschwinden.

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23. Erwies dann auf das Kriegerdenkmal hin ...

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24. ... im Kreuzbaustil gehaltene evangelische Kirche, die ringsum von prächtigen alten Linden flankiert wird ..

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25. In dem eigentümlichen Torbau des Reichspostamts empfing uns Herr Postmeister Bergmann

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26. ... Trotzdem lenkte er aber jetzt eiligeren Schritts in die nach dem Witte-Platz ...

Trotzdem lenkte er aber jetzt eiligeren Schritts in die nach dem Witte-Platz {26} führende Straße. Witte! [viele Jahre Burgermeister der Stadt] Helle Freude löste dieser Name unter den Schützenbrüdern aus, die ihn noch kannten. Diesen Mann, der es sich bis in sein hohes Alter nicht nehmen ließ, die Bestrebungen der Schützensache zu fördern. An jedem Schützenfeste, jedem Bundesschießen nahm er mit Freuden tätigen Anteil. In derlei Gespräche vertieft, wären wir beinahe über die Turngeräte und das Tennisballnetz gestolpert, so dass wir nicht gewahrten, dass unsere Schar wieder vollzählig geworden war. Am Witte-Stein gedachten wir vergangener fröhlicher Stunden, die wir mit unserem Schützenfreunde verleben durften. Mögen uns nach seinem Vorbilde immer Freunde erhalten bleiben! Auf dem angrenzenden Kaiser Wilhelm-Platz {27} gibt uns Herr Karl Ed. Goldmann eine Beschreibung des nach seinem leider etwas abgeänderten Entwurf erbauten Denkmals zur Erinnerung an die Befreiungskämpfe {27} und das 25jährige Regierungsjubiläum unseres Kaisers. Die Vorarbeiten für die endliche Ausschmückung und die Aufstellung des noch dazugehörigen Sinnbildes sollen im Gange sein.

Durch den schattigen Stadtpark wandern wir bald rechts, bald links herum nach den Ostdeutschen Gasglühlichtwerken {28}, wo uns ihr Direktor, Herr Paech, mit seinem Stabe schon längst erwartet hatte, um sein Licht leuchten zu lassen. Die unter seiner Führung besichtigten Einrichtungen, die für die meisten Besucher etwas Neues waren, erweckten allgemeines Interesse. Auch in dieser industriellen Anlage liegt ein Stück Neutomischeler Weltruf, werden doch die hier hergestellten Glühkörper über den ganzen Erdkreis verbreitet. Wie dem auch sei: Glühwürmchen machen sich nur des Abends bemerkbar! Wir verlassen mit Dankesworten an Herrn Paech befriedigt die Fabrik und würdigen wieder von der Bahnhofstraße aus mit Kennerblick den Bau des Pfarrhauses {29}und der daneben zwischen schattigen Bäumen liegenden katholischen Kirche {30}. Alsdann tritt auf der rechten Seite das aus vielen großen Fenstern bestehende Gebäude der höheren Schule {31} (Luisenschule) in die Erscheinung.  Über den Baustil ist hier nichts zu sagen,  weil nämlich keiner vorhanden ist. Dagegen sollen die Lehrkräfte, wie der Herr Führer betont, großen Wert auf guten Stil im deutschen, mehr noch im französischen (!) Aufsatz legen. Hinter dem nahen Gehöft „bei Ecktepper{32} aber lassen sich unser Führer und einige alte Herren erschöpft auf einer Bank nieder. Die Abkürzung „V. V. Nr. 6“ gab zu den verschiedensten Deutungen Anlass. Vermutlich soll es heißen „Verschönerungsverein Nr. 6“, einige behaupteten aber, es könne nur „Viel Vergnügen Nr. 6“ gemeint sein. Der Zweck der Bänke soll jedenfalls auch der sein, Gelegenheit zum Zubinden aufgelöster Schnürsenkel zu bieten. Dann kann man aber nicht verstehen, weshalb sie so tief verankert sind. Oder soll das ein Mittel gegen die gefürchteten  „Bankräuber“  sein? — Der Führer wies uns u. a. auf  die Fabrikanlage  der Kartoffel-Trocknungs-Genossenschaft {33} hin. Er bemerkte erläuternd, dass dort zumeist große Kartoffeln abgeliefert werden, bittet aber eindringlich, nicht etwa von der Größe der Kartoffeln auf die Intelligenz ihrer Anbauer Schlüsse zu ziehen. Dort in der Nähe steht auch ein Gebäude der Kleinbahnverwaltung {34}, das als ein Gegenstück zum schiefen Turm von Pisa gelten kann. Weiter links erheben sich über den Baumkronen die Schornsteine des Bahnhofsgebäudes {35}, dessen Besichtigung wir uns aber ersparten, weil der Führer uns damit tröstete, dass alles, was auf dem Bahnhofe sehenswert sei, sich auch  sicherlich in figura auf dem Festplatz zeigen würde. Nachdem  wir uns durch abwechselndes Sitzen auf der bewussten Bank wieder erholt hatten und umkehren  wollten, ertönte  vom Bahnhof her Hörnerklang  und  Trompetenschall. Aus der Marschweise: „Mit dem Pfeil, dem Bogen [1.742]“  entnahmen wir, dass sich Bundesbrüder, die aus Kirchplatz  und  Paprotsch per pedes und die aus den anderen Bundesstädten mit dem Dampfross  eingefunden hatten. Das war ein freudiges Begrüßen hier und dort, glaubte  man doch, wir  hätten mit unserm  Z 5 Schiffbruch gelitten.  Wir schlossen uns dem Zuge an.

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28. ... bald links herum nach den Ostdeutschen Gasglühlichtwerken.. (von Arno Kraft)

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29. ... aus mit Kennerblick den Bau des Pfarrhauses ....

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30. ... der daneben zwischen schattigen Bäumen liegenden katholischen Kirche...

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31. .... auf der rechten Seite das aus vielen großen Fenstern bestehende Gebäude der höheren Schule (Luisenschule)...

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35. Weiter links erheben sich über den Baumkronen die Schornsteine des Bahnhofsgebäudes ...

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37. Wir blieben vor dem evangelischen Pfarrhause an der Stelle stehen..

Auf dem Marktplatz bogen wir rechts ab an der Elementarschule {36} und dem Wohnhaus des evangelischen Kantors {36} vorbei. Wir blieben vor dem evangelischen  Pfarrhause {37} an der Stelle stehen, wo man ehemals im Schatten  der mächtigen Lindenbäume an der sogenannten „Pastorpumpe{38} [wahrscheinlich in der Ecke, neben Sportplatz] am Feierabend  Liebesgeflüster vernehmen konnte. Der Führer nannte diese Gegend die „musikalische Ecke“. Im schönen Monat Mai nämlich lässt die Nachtigall hier ihre herrliche Stimme ertönen im Wettstreit mit dem lieblichen Gesang und der Instrumentalmusik, die aus den umliegenden Häusern manchmal bis spät in die Nacht hinein dringt. Die Bomster Herren natürlich behaupteten gleich wieder, dass das alles nichts  bedeute gegenüber den Leistungen ihrer weit und breit bekannten Stadtkapelle. Jetzt nahm uns die Posener Straße auf.

Kurz vor ihrer Gabelung stehen wir vor dem Hause des allverehrten Schützenkönigs der Jubelgilde, Fleischermeister {39} Paul Schmidt [Posener Str 130a]. Trotz seiner majestätischen Würde ist das Fleisch  bei ihm nicht teurer und die Wurst nicht kleiner geworden. Vor diesem Hause stehend, wurden wir auf einen  rechten Seitenweg aufmerksam, der zu der Paech’schen Weidenschälerei {40}[heute grosses Neutomischler Geschäftshaus] führt, als deren Wahrzeichen der Windmotor weithin sichtbar ist. Buttermilchgasse hieß dieser Weg mit Recht, jetzt nennt man ihn leider Gartenstraße, weil nämlich keine Gärten daran liegen. Die Straße links führt uns vorbei an der bei Herrn Lehrer Bölsch eingerichteten Wetterdienststelle {41} einer der vier in der Provinz Posen befindlichen. Hier weiß man, wie der Wind weht! Weiter folgt die Dampfschneidemühle {42} des Herrn Bruno Roy [2005 abgerissen], der kein Opfer für die Schützensache scheut. Die Straße schneidet dann das Rittergut Alttomischel des Herrn von Poncet {43}, Rose {44} des Herrn Kurt Schwartzkopff. Hier ruhen die sterblichen Überreste  unseres verehrten und in Neutomischel

[1.749]

45. ..das Landratsamt mit seinen angegliederten Organen

besonders  beliebten  Oberpräsidenten, Excellenz  H. Dr. [Philipp] Schwarzkopff [siehe hier [1.750] verstarb 30-05-1914, also kurz vor der beschriebenen Feier]. Endlich folgt Wonsowo, das Majorat des Zeremonienmeisters Ihrer Majestät, Herrn von Hardt. Wir wendeten uns in die Grätzer Straße, die bis zum Schützenhause {49} treffender Schützenstraße hieße und zogen zunächst das Gebäude für das Landratsamt{45} mit seinen angegliederten Organen in den Kreis unserer Betrachtung, dem dann ein Blick nach der freundlichen Häuserreihe der Kleinsiedlungsgenossenschaft {46} folgte. Der Bau des neuen Krankenhauses {47} fand ungeteilten Beifall [eröffnet 1913, die Entwürfe stammten vom Architekturbüro Carl Mohr i Weidner Charlottenburg Bismarckstr 79. Die Bauzeit dauerte unter ihrer Kontrolle von 1912 bis 1913, eine erste Belegungsgrösse war für bis zu 36 Betten ausgelegt, mit einer  Erweiterungsmöglichkeit auf  56 Betten, die Baukosten beliefen sich 160 RM.  Dem Link folgend kann man Vergleiche zu anderen Krankenhäusern anstellen,  es scheint ein „typischer“ Standard-Entwurf jener Zeit gewesen zu sein http://www.glass-portal.privat.t-online.de/suelzhayn/architekt/mohr_und_weidner1.2.htm [1.751]]. Rechts ruhte das Auge auf saftigem Grün hohe buschige Erlen und Weiden durchquerten die ausgedehnten Wiesen, und wohlbestellte Felder ließen hier wieder den Fleiß des Landmanns erkennen. Ein Weinberg zeugte von vergangener Pracht.

[1.752]

47. Der Bau des neuen Krankenhauses fand ungeteilten Beifall....

Immer mehr beflügelten Hunger- und Durstgefühl den Gang unseres Führers, wir alle folgten ihm in demselben Tempo, denn wir wurden von gleichen Gefühlen geplagt. Trotz dieser Eile nahmen wir aber noch von der Anlage der Orgelbauanstalt {48}, der für eine kleine Stadt so seltenen Einrichtung, mit Befriedigung Kenntnis. Ausfallend war hier die Aufstellung zahlreicher Kinder nach Art der Orgelpfeifen. Die Zinnen und Flaggen unseres förmlich in Grün eingewickelten Schützenhauses {49} lockten uns; der gefällige schlossartige Baustil war trotz der Ausschmückung zu erkennen. Herr Niedermeyer, der Wirt, legt Wert darauf, das ruinenhafte Aussehen des Baues zu erhalten, deswegen wird jede Restaurierung im Innern und Äußern ängstlich vermieden.

[302]

49. Die Zinnen und Flaggen unseres förmlich in Grün eingewickelten Schützenhauses lockten uns

Bei schäumendem Aßmannshäuser [1.753] von dem von Weinkennern behauptet wurde, dass seine Heimat die Unruhstadt-Bomster Weinberge seien, und er nur in Aßmannshausen [1.754] zur Taufe gehalten werde, sowie bei dem köstlichen Gabelfrühstück wurden die auswärtigen Herren sich darüber einig, dass Neutomischel durchaus nicht etwa den Eindruck einer Kleinstadt mache und sich zur Feststadt eigne wie keine andere. — Da rief die Schützenarbeit!

— Hier a Bischel, da a Bischel,

und dazwischen Neutomischel!

— n.

00ff00

Erklärung der Bezeichnung „Nachbar“

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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[1.755]

Blick ins Dorf Sontop - Okt 2009 - Foto PM - Ein Dorf von "Nachbarn"

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Erklärung der Bezeichnung „Nachbar“

http://oledry.pl/de/die-ersten-burgermeister-der-stadt/ [1.756]

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Immer wieder taucht in den alten Kirchenbüchern die Standes- bzw. Berufsbezeichnung „Nachbar“ auf. Oft wird die Frage gestellt, was eigentlich unter diesem Begriff zu verstehen ist.

Den Gruß „Hallo Nachbar“ zu demjenigen, der das neben dem eigenen gelegene Grundstück bzw. die neben der eigenen Wohnung liegende bewohnt ist wohl der Mehrheit bekannt. Und vielleicht ist dieses freundliche „Hallo Nachbar“ sogar ein Rest der eigentlichen Standesbezeichnung „Nachbar“? Nur hat in der Vergangenheit der Begriff „Nachbar“ eine andere und weitreichendere Bedeutung gehabt!

Mit der Anwerbung von Kolonisten wurden die Rechte und Pflichten dieser in den sogenannten Privilegien (siehe dort) geregelt. Eine Besonderheit war, das die damalige Herrschaft also die eigentlichen Besitzer der Gegend in denen die Siedler sich gedachten niederzulassen, diesen Vertrag, denn ein solcher ist ein Privilegium, nicht mit einzelnen Personen abgeschlossen hat, sondern mit der Dorfgemeinschaft. Ein jeder dieser Dorfgemeinschaft galt jedoch als zukünftiger Eigentümer des Anwesens, welches er von der „Herrschaft“ gegen Zahlung von Steuern und auch gegen Abgabe von Naturalien und Leistung von Diensten erwerben wollte – es ist also ein deutliche Unterscheidung zu dem Einwohner oder Einlieger in einem Dorf gegeben.

Die „Nachbarn“, also die Mitglieder dieser Dorfgemeinschaft, verpflichteten sich gemeinsam zur Begleichung der an den Grundherrn zu leisteten Gelder, Naturalien und Diensten. Sie wählten aus Ihrer Mitte den Dorfschulzen (- mehr oder weniger der uns bekannte Bürgermeister), der dann zum Sprecher der Gemeinschaft wurde – der Grundherr blieb jedoch die oberste Instanz. Man achtete gegenseitig aufeinander, dass die Anwesen ordentlich bewirtschaftet wurden, sodass von einem Jeden den auf seinem Grund lastenden Anteil, der an den Grundherrn abgeführt werden musste auch geleistet werden konnte. Sollte einmal durch Krankheit oder auch Tod ein Mitstreiter dieser Gemeinschaft ausfallen, so waren die Anderen in der Verpflichtung den Anteil desjenigen der ausfiel auszugleichen; einem Grundherrn entstand kein Minderertrag mit dieser Regelung.

Die Devise dieser Ansiedlungen war:        EINER FÜR ALLE – ALLE FÜR EINEN

Und die Angehörigen dieser Gemeinschaft, dieser Menschen, die füreinander da waren, da sein mussten, da sie den Ansiedlungsvertrag gemeinsam eingegangen waren, sie nannten und beanspruchten für sich in dieser ihrer geschlossenen Gemeinschaft den Titel „Nachbar“.

Ganz kurze Erklärung der Bezeichnung „Bürger“

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gudrun Tabbert)
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- Stadtwappen -

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Ganz kurze Erklärung der Bezeichnung „Bürger“

http://oledry.pl/de/die-ersten-burgermeister-der-stadt/ [1.756]

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Im Mittelalter erhielten einige Dörfer oder Gemeinden das kaiserliche oder landesherrliche Vorrecht zur Stadt erhoben zu werden. In der Region wird ab und an das „Magdeburger Recht“ erwähnt, dieses hatte sich bis nach Böhmen, Schlesien, in die Slowakei und nach Polen verbreitet. In Polen galt das „Magdeburger Recht“ als allgemein verbindlich.

Die Kolonisten waren angeworben und angesiedelt worden unter der Voraussetzung, dass sie in den von ihnen gegründeten und besiedelten Orten ihr eigenes Recht behalten konnten (siehe hierzu auch das Privilegium von Nowy Tomysl“). Der angesiedelte Bewohner der Stadt wurde dann der „Bürger“; er setzte sich ab von den meist rechtlosen und armen Einwohnern. Um „Bürger“ einer Stadt zu werden, die Eintragung in der Stadtrolle zu erhalten, war notwendig

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Wichtig ist aber auch, dass nur ein „Bürger“ das Wahlrecht der Stadtregierung, also des „Bürgermeisters“ oder wie dieser ab und an genannt wurde, des „Senators“ ausüben konnte.

Schilter, Otto – Das evangelisch-lutherische Kirchspiel Nowy Tomysl (Neutomischel)

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Otto Schilter)
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Volksfreund - Kalender / Einband

Otto Schilter (*2-7-1903 Bałuty, + 26-12-1988 Burgdorf) war der vorletzte Pastor der altlutherischen Kirche in der Lange Str (Długa Str) in Neutomischel. Im Februar 1930 bestand Otto Schilter das erste Examen der Theologen in Leipzig (er war vorher Volksschullehrer gewesen), und wurde im Anschluss zum Hilfsprediger der ev.-luth. Parochie Nowy Tomyśl berufen und am 11. Mai 1930 von Superindendent Büttner in  Neutomischel ordiniert. Am 8. Oktober 1931 wird  ihm das Zeugnis zum zweiten theologischen Examen erteilt (ausgestellt von der Prüfungskommision des Oberkirchenkollegiums der Ev.-luth. Kirche in Preußen, Breslau). Von Januar 1932 bis 1936 ist er als Pastor der Parochie Neutomischel mit der Betreuung folgender Gemeinden betreut: Neutomischel, Brody mit Gottesdienst bei Müllermeister Albert Schulz, Bentschen/Zbąszyń  (Kreis Meseritz) mit Gottesdienst bei Böttgermeister Eichholz am Markt,  Neuborui  / Nowa Boruja mit eigener Kirche, Tuchorze/Stara Tuchorza (Kreis Bomst) mit eigener Kirche, Birnbaum/Miedzychod (Kreis Birnbaum) mit eigener Kirche, Milostowo (Kr. Birnbaum) mit Gottesdienst im Gemeindehaus der Kirche  bei R. Matzke, Zirke/Sierakow (Kr. Birnbaum) mit Gottesdienst bei der Witwe  Hauffe und Georgsburg/Zamorze (Kreis Samter) mit Gottesdienst im Haus v. Joh.  Klemke, sowie Tannheim (Kr. Bomst).  In diese Zeit fällt auch das am 17. September 1933 gefeierte 75.  Kirchweihjubiläum, bei dem die geistliche Prominenz mit Superintendent Büttner (Rogasen), Gotthold Werner (Schwarzwald), Dr. Karl Hoffmann (Posen),  Theodor Brauner (Thorn) und Paulig (Bromberg) anreisten. Ein weiterer Höhepunkt war das Fest zum 100jährigen Bestehen der Gemeinde Neutomischel am 30. Juni 1935.  Frank Schilter, der Enkel des Otto Schilter berichtete auch, dass die älteren Geschwister seines Vaters Reinhard: Dorothea Elisabeth 1933 , Ruthild Anna Maria 1936  und Christoph Karl Adolf 1937 im Pfarrhaus in Neutomischel geboren wurden. Zum 12-12-1937 wechselte Pastor Otto Schilter nach Bromberg.

Diese Einzelheiten und das Foto des Otto Schilter wurden seinem Enkel Herrn Frank Schilter   http://familienarchiv-schilter.weebly.com [1.757] zur Verfügung gestellt.

Anmerkungen der Autoren dieser Seite wurden in Kursivschrift in eckige Klammern eingeschoben.


[1.758]

Otto Schilter (fot. Frank Schilter)

* * *

a. Entstehung und Entwicklung des Evangelisch-lutherischen Kirchspiels Neutomischel vor Einführung der Union.

Es ist lebendige Tatsache, daß die Reformation in Polen ursprünglich auf viel Verständnis gestoßen ist. Es bildeten sich im 16. Jahrhundert zerstreut im ganzen Lande reformierte und noch mehr lutherische Gemeinden. Nach einer kurzen Blütezeit kam indes bald die Unterdrückung der evangelischen Bewegung durch die Gegenreformation. Aber ganz konnte, rein äußerlich betrachtet, trotz aller Unterdrückung, evangelisches Leben in Polen nicht ersterben, da von seiten der polnischen Grundherren der deutsche Mensch in seinem aufbauenden Wert erkannt und zur Einwanderung veranlasst worden ist. So entstanden im Posenschen Gebiet insbesondere in der Zeit von 1700 bis 1800 allerorts stetig neue evangelische Gemeinden, teils reformierten (Hussiten),

in der Hauptsache aber doch rein lutherischen Gepräges. Im Jahre 1692 gab es bereits in Zinskowo, wenige Kilometer westlich von Neutomischel, auf dem Grund und Boden des Starosten von Gnesen, von Unruh, eine evangelische Gemeinde, die ein eigenes Schul- und Bethaus besaß. Bald darauf entstehen in unmittelbarer Nähe des heutigen Stadtgebiets Neutomischel eine ganze Reihe sogenannter „Hauländergemeinden“, wie Paprotsch, Glinau, Dorf Sontop, die Hauländergemeinde Scherlanke, Kozielaske und Neurose. Die Einwohner dieser Gemeinden waren anfangs teils junge deutsche Männer aus dem Brandenburgischen, die aus Furcht vor den Rekrutenaushebungen von dort flohen und von dem polnischen Grundherrn hier wohlwollend aufgenommen wurden; vor allem aber waren es deutsche Einwanderer aus Schlesien. Ihnen wurde vom polnischen Grundherrn, dem die Einwanderer willkommen waren, in der Gegend des heutigen Neutomischel ein Stück Land von etwa einer Quadratmeile als Wohnsitz angewiesen. Es gehörte schon Mut dazu, in diese damalige Wildnis von Urwald und Sumpf sich niederzulassen. Das Land urbar und bewohnbar zu machen, war der Einwanderer Aufgabe. Kaum hatten diese deutschen Ansiedler des Urwaldes um Neutomischel unter schwersten Lebensbedingungen ihre niedrigen Bohlenhäuser aufgerichtet und sich einigermaßen seßhaft gemacht, da fingen sie auch an, für Schulen und Bethäuser Sorge zu tragen. Schulen „zur Information der Kinder und den Gottesdienst zu halten“ wurden aufgerichtet in Zinskowo (erbaut 1692), Sontop und Kozielaske. Man bemühte sich, in die Schulen geistliche Lehrer, „Rektoren“, anzustellen, die die Fähigkeit haben sollten, Gottesdienste abzuhalten. Am Sonntag wurde zunächst in den Schulen etwa eine Predigt vorgelesen, wie man annimmt, aus Brastberger und später aus der hier viel verbreiteten „Kleinertschen Hirtenstimme“, Choräle gesungen und die Kinder vornehmlich im Katechismus Dr. Martin Luthers unterrichtet. In Zinskowo hatte man die seltene Gelegenheit, Taufen und Trauungen vollziehen zu lassen. In der Regel mußte man jedoch zu kirchlichen Amtshandlungen und zu einem Predigtgottesdienst, vom Pastor gehalten, bis in die Kirche von Chlastawe (etwa eine halbe Meile hinter Bentschen) oder Wollstein (ca. 30 Klm. westlich (eigentl. südlich) von Neutomischel entfernt) sich begeben. Dieser weite Weg war in den unwirtlichen Gegenden jener Zeit sehr beschwerlich. Als die Dissidenten (d.h. die Nichtkatholiken) freie Religionsübung erlangten, strebten diese evangelisch-lutherischen

[1.661]

Evgl.-Luth. Kirche - Blick auf den Altar

Glaubensgenossen nach dem Besitze einer eigenen Pfarre und Kirche. Ihrem Streben kam ein besonderer Umstand entgegen. Im Jahre 1755 [nach dem Tod seiner Grossmutter, die als Mitgift diese Umgebung ung. 1698 eingetragen wurde] übernahm der Starostensohn von Łęczyc, Erbherr der Herrschaft Tomysl und Erbherr auf Czempin, Felix auf Szoldry-Szoldrski die Herrschaft Tomyśl. Dieser polnische Grundherr bekundete ein reges Interesse an den Hauländergemeinden, und suchte auch ihre kirchlichen Belange zu befriedigen. Er gestattete ihnen, sich zunächst einen eigenen Prediger zu wählen, der am 2.Febr. 1778 als erster hiesiger Pfarrer durch den Senior Machatius aus Schweinert in sein Amt eingeführt wurde. Es war dies der Diakonus Johann Christian Bräuning aus Tirschtiegel, welcher den Gottesdienst noch in der Schule zu Zinskowo abhielt. Dem Wunsche der Gemeinden entsprach dies noch immer nicht. Sie wandten sich abermals an den Erbherrn von Szoldrski mit der Bitte, sich ein gemeinschaftliches Gotteshaus bauen zu dürfen. Nach Einholung der behördlichen Genehmigung gab der Erbherr die Erlaubnis und verlieh den Gemeinden am 13. August 1778 das Kirchenprivilegium; noch mehr, er schenkte auf Glinauer Boden eine halbe Hufe Land zum Bauplatz der Kirche und zur Besoldung der Kirchenbeamten und verpflichtete sich, das Baumaterial zu liefern. Der Bau der Kirche wurde am 9. April 1779 in Angriff genommen. Am 15. Oktober 1780. am 21. Sonntage nach Trinitatis, wurde die massive, in Kreuzform erbaute, stattliche Kirche geweiht. Die Gottesdienste fanden von nun ab in Neutomischel statt. Um auch ein Pfarrhaus aufrichten zu können, wurden die Schul- und Bethäuser in Zinskowo und Kozielaske abgebrochen und das Material für den Bau des Pfarrhauses verwandt. Um diese neuerbaute Kirche und die Pfarrgebäude entwickelte sich an Sonn- und Festtagen durch das Zusammenströmen der Menschen aus allen benachbarten Hauländereien ein reger Verkehr. Dies nahm der Erbherr von Tomyśl zur Veranlassung, auf dem Kirchplatze eine Stadt zu gründen. Am 8. April 1786 wird ihm durch den Bestätigungsbrief des Königs Stanislaus August von Polen, eine Stadt zu gründen, genehmigt und freigegeben, „eine Stadt mit Gräben, Dämmen, Gewässern, Verteidigungswerten nach seinem Belieben zu umgeben und zu versehen, Bürger, Kaufleute und jeder Art Handwerker einzuführen, heranzuziehen, unterzubringen, Waren jeder Art dorthin zu verfahren und zu verkaufen, welches also errichtete Städtchen für immerwährende Zeiten Neu-Tomyśl heißen soll.“ [siehe ganzes Privileg [1.759]] In der gleichen königlichen Urkunde wird der Stadt das „teutonische Recht, welches das Magdeburgische heißt, nebst allen andern Freiheiten und Vorzügen, deren die Kronstädte sich bedienen, allergnädigst verliehen.“ Die Stadt wird dem Erbherrn selbst unterstellt, und er scheute keine Mühe, um Bürger, Kaufleute und Handwerker anzusiedeln, und die Stadt zu fördern. Er bot unter günstigen Bedingungen Baustellen an, ja er ließ selbst die ersten Häuser erbauen, um sie an herbeiziehende Deutsche zu verkaufen (z. B. das Schäfersche Grundstück am Alten Markte). Am 18. Februar 1788 verlieh der Erbherr von Tomyśl der Stadt Neu Tomyśl ein Privilegium, durch das er es sich angelegen sein läßt, den meisthin deutschen Einwanderern soviel wie möglich Schutz zu gewähren und sie zu vollberechtigten Bürgern seiner Stadt zu machen. In diesem Privileg heißt es u.a.: „Die freie Übung der Evangelischen Religion erlaube ihnen, wie in andern deutschen Städten, ohne Hindernis des Katholischen Gottesdienstes„, sodann! „ . . . desgleichen erteile ich dem Städtchen einen Gottesacker, denen deutschen Leuten, zum Begräbnis . . .” Die Stadt entwickelte sich unter diesen Umständen nicht ungünstig und förderte zugleich den Wohlstand unter den Hauländern.

[1.760]

Weihe der Gedenktafel fur die Gefallenen im 1. Weltkrieg

[1.761]

Altar

Die Hauländer konnten bei dem spärlichen Ertrag ihres inzwischen urbar gemachten Landes knapp leben. Jetzt boten sich ihnen neue Erwerbsmöglichkeiten: Bauholz nach Neu Tomyśl zu verkaufen und ihre aus Holz verfertigten Produkte abzusetzen (Schaufeln, Mulden usw.). Noch ein anderer günstiger Umstand trug zur Förderung des Wohlstandes bei. In der weiteren Umgebung von Neutomischel (in den Orten Deutsch-Böhmisch; Polnisch-Böhmisch) ließen sich um ihres Glaubens willen verfolgte Hussiten nieder, die aus ihrem Lande die Saazer Hopfenrebe mitbrachten und hier anbauten. Der Hopfen gedieh auf dem feuchten Boden der Neutomischler Gegend außergewöhnlich gut und verhalf der hiesigen Gegend bald zu einem beträchtlichen Wohlstand.

Für die Kirche und ihren evangelisch-lutherischen Glauben hatten Stadt und Land viel Sinn. Als zweiter Pastor diente der Gemeinde Christian Friedrich Zachert, der im Jahre 1790 berufen wurde und am 8. Mai 1815 starb. Der dritte Seelsorger der Gemeinde Neu Tomyśl war Gottlob Wilhelm Ferdinand Willmann, vorher Diakonus in Schwerin a. W. Er starb nach 20-jähriger Amtstätigkeit am 28. Oktober 1835. Während dessen Amtstätigkeit kam ein Bruch in die sonst so friedlich sich entwickelnde evangelisch-lutherische Gemeinde. Der Bruch wurde von außen in die Gemeinde hineingetragen, veranlaßt durch die vom preußischen Königshaus damals konsequent betriebene Union.

b. Die Neugestaltung des Evangelisch-lutherischen Kirchspiels Neutomischel.

Das preußische Regentenhaus war seit 1539 lutherisch. Im Jahre 1613 trat jedoch der Kurfürst Johann Sigismund zur reformierten Kirche über. Das Volk in seinem Lande blieb der lutherischen Kirche treu. Von da an ist eine Kluft ausgebrochen zwischen den Hohenzollern und dem größten Teil ihres Volkes: der Fürst reformiert, das Volk lutherisch. Es ist nicht verwunderlich, dass seitdem bei den preußischen Regenten der Wunsch wach blieb, eine Vereinigung, auf lateinisch Union, zwischen der lutherischen und der reformierten Kirche herbeizuführen. Man wartete auf einen günstigen Augenblick der Verwirklichung. Nachdem der Pietismus den Wert der lauteren Evangeliumsverkündigung an die zweite Stelle gerückt und nachdem man in der Zeit der andauernden Herrschaft des Nationalismus das Bekenntnis zu würdigen verlernt hatte, schien der Augenblick gekommen zu sein. Vom Jahre 1817 wurde die Arbeit an der Union planmäßig in die Wege geleitet. 1822 gab der König selbst eine unierte Agende heraus, die für Reformierte und Lutherische Geltung haben sollte. Nachdem durch diese Agende der Weg geebnet war, wurde die Union, die Vereinigung der Reformierten und Lutheraner zu einer Evangelischen Kirche, am 23. Juni 1830, am Jubiläumstag der Augsburgischen Konfession, proklamiert. Es gab sowohl gegen die Einführung der Agende als auch gegen die Union stillen und lauten Widerspruch, der stärker wurde, je mehr das religiöse und kirchliche Leben erwachte, je mehr man sich bewusst wurde, was Kirche ist, und was es um das einheitliche Bekenntnis der Kirche ist. Das landesherrliche Kirchenregiment wollte indes keinen Widerspruch kennen; es betrachtete die Union als vollendete Tatsache und die unierte Agende wurde als Gesetz angesehen. Gegen die Widerstrebenden wurde mit Polizeigemalt vorgegangen.

[1.762]

Eingang zur Kirche: Posaunenchor, P Dr. Karl Hoffman (Posen), Pastor Martin Nagel (Neutomischel), Pastor Otto Schilter (Bromberg) und die Kirchenvorsteher, Blick in der Richtung des Neuen Marktes

In Breslau war es der D. der Theologie Professor Johann Gottfried Scheibel, der aus Liebe zur lutherischen Kirche und aus Treue zum lutherischen Bekenntnis die Union nicht annehmen konnte. Er stand in diesem seinen Glauben nicht allein. Der in Juristenkreisen damals hochangesehene Universitätsprofessor Dr. Huschke, sowie der aus Norwegen stammende Naturforscher Steffens, der gleichfalls an der Universität lehrte, schlossen sich ihm an. Man erkannte, dass die vom König, eingeführte Union gegen Schrift und Bekenntnis sei, ja, man sah, dass sie zuletzt ein Attentat auf die Selbständigkeit der lutherischen Kirche bedeutete, wie sie bisher in Preußen seit den Tagen der Reformation bestanden hatte. Um diese Führer sammelten sich treulich immer größere Gemeinden. Sie wurden auf das härteste verfolgt. Professor Scheibel wurde seiner Ämter als Pastor und Professor enthoben. Gegen die Gesinnungsgenossen Scheibels, besonders unter den Pastoren mit ihren Gemeinden, ging man mit polizeilicher Überwachung und harten Gerichtsstrafen vor. Indes, man blieb trotz aller Unterdrückung treu, und Breslau wurde der Mittelpunkt einer religiösen Bewegung, die über ganz Preußen sich ausdehnte und die gegen alle Vermischung des Glaubens die bekenntnisreine lutherische Kirche forderte.

[1.763]

Evgl. Lutherische Kirche Nowy Tomysl (Sammlung von Wojtek Szkudlarski)

Diese Bewegung ist auch an Neutomischel nicht spurlos vorübergegangen. Pastor Willmann hat, wie handschriftliche Mitteilungen jener Zeit dartun, den Kirchenvorstehern von der Vereinigung der beiden Konfessionen zu einer Evangelischen Kirche gesagt. Der Unterschied war diesen und der Gemeinde, die bis dahin bekenntnismäßig einheitlich war, unbekannt. Da bei Nichtannahme der unierten Agende, an der man nichts auszusetzen wusste, und der Union selbst, die Ungnade der Regierung zu befürchten war, nahm man die Union an.

Es waren indes doch einzelne fromme Männer, die in der neuen Kirche keine innere Befriedigung fanden, und kirchlich bleiben wollten, was sie bis dahin gewesen waren. Namhaft werden in den Kirchenakten genannt: der Müllermeister Johann Georg Reisch aus Alttomischel, der Schuhmacher Johann Christian Schupelius aus Sontop, der Brettschneider Menzel aus Boruy. Zu ihnen gehörte auch der Mühlenbesitzer Alexander Maennel in Neutomischel nebst vielen anderen. Die Zahl derer, die in kirchlicher Hinsicht aus Glaubensüberzeugung bekenntnismäßig rein lutherisch bleiben wollten, wuchs nicht nur in Neutomischel, sondern auch in den angrenzenden Kirchspielen Hammer, Boruy, Wollstein, Tirschtiegel, als einzelne Pastoren die Union ablehnten. In Pinne war es der Predigtamtskandidat Daniel Gottfried Fritzsche, der dort „das Wort Gottes mit großer Kraft“ predigte. Trotz aller günstigen Bedingungen, die ihm in diesem neuen Kirchspiel, das von dem edlen und frommen Erbherrn von Pinne C. von Rappard gegründet wurde, winkten, trat er aus der Union aus und ging zur Evangelisch-lutherischen Kirche in Preußen über, die sich inzwischen in Breslau konstituiert hatte (1835). Nun fing Fritzsche an, alle treu gebliebenen Lutheraner im weiten Umkreis von Neutomischel, ja in der ganzen Provinz Posen und darüber hinaus, zu sammeln und sie kirchlich zu betreuen. Er tat das unter unsäglichen Mühsalen. In dem Gutsbesitzer Zahn aus Turowo, der der Union gleichfalls fernblieb, fand er einen treuen Unterstützer seiner Sache und suchte bei ihm des Öfteren Unterschlupf. Denn Fritzsche wurde wegen der Ablehnung der Union von der Behörde wie ein Verbrecher behandelt. Ein Steckbrief, der hinter ihm erlassen wurde, ist heute noch erhalten. Er lautete „Größe 5 n. 5 n. Haare: dunkelblond, nicht kraus. Stirn: frei. Augenbrauen: blond. Augen: blaugrau. Nase: länglich. Mund: gewöhnlich, Statur: mager, schlank.“ Es ist natürlich, dass auch die von ihm gesammelten Lutheraner in ihrem lauteren Bestreben um eine reine Kirche nicht verstanden, teils absichtlich missverstanden wurden, dass sie verspottet, unterdrückt und von der Behörde unter verschiedensten Vorwänden verfolgt wurden. Indes, es ist hier nicht der Ort, um darauf im Einzelnen einzugehen. Es soll hier nur die Bildung eines neuen lutherischen Kirchspiels Neutomischel außerhalb der Union sachlich dargestellt werden.

Um das Jahr 1838 siedelte nach Neutomischel der Apotheker Friedrich August Otto Kliche über. Er war ein Freund der bekenntnisreinen lutherischen Kirche und brachte zusammen mit dem Mühlenbesitzer Alexander Maennel einen Zusammenhang unter die lutherischen Glieder, die in der unierten Kirche in Neutomischel ihre religiösen Belange nicht erfüllt sahen. Nachdem Pastor Fritzsche 1841 mit Lutheranern, die des langen Druckes um ihres Glaubens und Gottesdienstes willen, aus ihrer Heimat nach Australien auswanderte, betreute die lutherischen Glieder in und im weiten Kreis um Neutomischel bis zum Jahre 1843 der Pastor Ludwig Wagner. Die Gottesdienste wurden zuerst in den Wohnräumen des Mühlenbesitzers Johann Alexander Maennel, weil von den Behörden verboten, hinter verschlossenen Türen abgehalten. Bald reichten die Räume nicht zu. Man wollte doch auch lutherische Kirche sein und nicht irgendein Konventikel.

[1.712]

Pastoren der luth. Gemeinde Nowy Tomysl - Karte: D. Maenne

So musste man auch einen entsprechenden Kirchraum schaffen. Die Glieder sammelten untereinander 500 Reichstaler und schufen dann auch durch Umbau, im Hause des Königlichen Kreischirurgen Carl Heinrich Stellmacher in Neutomischel ein entsprechendes Kirchlokal. Pastor Wagner führte die nötigen Kirchenbücher ein. Man fängt an, kirchliche Gemeinden herauszugestalten. Pastor Philipp Jakob Oster, aus Strasburg im Elsaß stammend, führte als Nachfolger von Pastor Wagner das angefangene Werk von Posen aus bis zum Jahre 1846 segensreich fort. Während seiner Amtstätigkeit erließ die preußische Regierung die sogenannte „General-Konzession für die von der Gemeinschaft der evangelischen Landeskirche sich getrennt haltenden Lutheraner. Vom 23. Juli 1845“ — die den Lutheranern freie Religionsübung gewährte. Es war ihnen gestattet „zu besonderen Kirchengemeinden zusammen zu treten und einen Verein dieser Gemeinden unter einem gemeinsamen, dem Kirchenregimente der evangelischen Landeskirche nicht untergebenen Vorstande zu bilden.“ Letzterer war nun das „Ober-Kirchen-Kollegium“ in Breslau. Es war ihnen auch gestattet, Kirchengebäude aufzurichten, was bis dahin strengstens untersagt war. Von diesem Rechte machten auch die sich sammelnden Gemeinden um Neutomischel dankbaren Herzens Gebrauch. Bereits am 25. März 1846 wird in Tirschtiegel durch Pastor Oster in Gegenwart der dortigen Gemeinde der Grundstein einer Kirche gelegt, die am 22. Oktober [1846] gleichen Jahres eingeweiht wurde. Unter dem Nachfolger von Pastor Oster, Pastor Carl Wolff, der in Prittisch ansässig gewesen sein soll, wurde im Jahre 1847 die Kirche der Gemeinde Neuborui eingeweiht. Es folgte als dritter Kirchbau der in der Gemeinde Alt-Tuchorze. Die Kirche wurde hier am 17. Dezember 1851 eingeweiht. Über das Jahr 1852 berichtet die handschriftliche Chronik: „Bis hierher war die Zahl der Lutheraner unter Gottes Segen so gewachsen, dass mit dem Tode des Pastor Wolff an eine Abzweigung der Lutheraner in und um Neutomischel gedacht werden konnte. Das geschah 1852. Die Gemeinden Neutomischel, Neuborui, Alt-Tuchorze, Tirschtiegel mit Dürrlettel und Grätz bildeten mit Genehmigung des Ober-Kirchen-Collegii eine Parochie, in welcher der Hilfsprediger Carl Kornmann zum Pastor berufen wurde.“ Er stammte aus Schlesien und galt als ein Mann von ausgezeichneter Gelehrsamkeit und dichterischer Begabung und war zudem von außerordentlicher Treue in der Amtsführung. Wähnend seiner Amtstätigkeit brannte das Haus des Königlichen Kreischirurgen Carl Heinrich Stellmacher im Jahre 1858 ab und damit auch das Kirchlokal der Evangelisch-lutherischen Gemeinde zu Neutomischel. Mit großer Liebe verfolgte Pastor Kornmann den Bau einer massiven Kirche in seiner glaubensfrohen, leben-digen Gemeinde. Der Eigentümer Gottlieb Tepper schenkte die Baustelle und die Gemeindeglieder steuerten und halfen nach Kräften, so dass am 14. November desselben Jahres 1858 die Kirche schuldenfrei eingeweiht werden konnte. Seiner umsichtigen Führung ist es zu verdanken, dass die Gemeinden auch nach außen hin immer mehr an Ansehen gewannen. Sie erlangten zum größten Teil Korporationsrechte. Die Kirchen wurden den Gemeinden gerichtlich verschrieben. Pastor Kornmann wurde 1869 im Frühjahr als Pastor nach Militsch berufen und vom Ober-Kirchen-Kollegium in Breslau zum Superintendenten der Diözese Militsch ernannt. Er hatte in Neutomischel nach innen und außen Aufbauarbeit geleistet. Sein Nachfolger wird der Hilfsprediger Herrmann Matschoß. Er wurde in Schwarnitz in Schlesien am 20. Mai 1844 geboren. War ursprünglich auf der Missionsanstalt in Neuendettelsau, studierte dann an der Universität in Breslau weiter, ist 1868 Hilfsprediger in Elberfeld, 1869 in Baden und wird von dort in das Pfarramt nach Neutomischel berufen.

Er wurde eine Segensgestalt für die Gemeinde. Ein Glaubensmensch innerster Art, weckte er überall neues Glaubensleben und hingebende Liebe zur Kirche. Dies wirkte sich auch nach außen vorteilhaft für die Gemeinden aus. Am 12. September 1871 erwirbt die Gemeinde unter Anregung ihres Pastors ein Wohnhaus nebst Garten, der Kirche gegenüber gelegen, zum Pfarrhause für den Kaufpreis von 2350 Reichstalern. Neutomischel wurde jetzt durch Kirche und Pfarrhaus im besonderen Maße der Mittelpunkt der sich neu gestaltenden Evangelisch-lutherischen Parochie. Die Seelenzahl hat wesentlich zugenommen. Die kirchliche Statistik der Parochie vom Jahre 1875 weist auf die Geburt von 19 Knaben und 28 Mädchen, gestorben sind 13 männliche und 14 weibliche Personen; konfirmiert wurden 13 Knaben und 10 Mädchen; getraut 3 Paares; aufgenommen 2 Personen; exkommuniziert 1 Gemeindeglied;  das   heilige  Abendmahl  empfingen 1338 Personen, davon haben 174 die Privatbeichte benützt. Die Seelenzahl betrug 872. Diese Zahl wuchs zwar nicht wesentlich, aber doch von Jahr zu Jahr. Während der Amtsführung des Pastors Matschoß feierten 4 Gemeinden ihr 25-jähriges Kirchenjubiläum: Tirschtiegel 1871, Neuborui 1872, Alt-Tuchorze 1876 und Neutomischel 1883. Die Kirchengebäude der genannten Gemeinden wurden für die Festfeier zum Teil mit erheblichem Kostenaufwand innen erneuert. Selbst die kleine Gemeinde Grätz schuf sich im Jahre 1883 für 1600 Mark eine Kapelle, in der die Gottesdienste, die vordem in einem Wohnhause abgehalten wurden, nunmehr stattfanden. Im Jahre 1885 schied der verdiente Seelsorger Herrmann Matschoß von Neutomischel, als Pastor nach Bunzlau berufen. Sein Nachfolger wird der Hilfsprediger Gottfried Albert Mai Johannes Seidel (geb. am 25. 1. 1860); dessen Einführung fand in Neutomischel am 6. Dezember 1885 statt. Als guter Prediger und aufrichtiger Seelsorger erwarb er sich viel Liebe und Achtung in der ganzen Parochie. In unermüdlicher Treue diente er der Gemeinde 33 Jahre hindurch, in einer Zeit, in der die Parochie innerlich gefestigt dastand und an äußerem Wohlstand, der auch in beträchtlichen Schenkungen der Kirche gegenüber, zutage trat, stetig zunahm. Im Jahre 1918 war Pastor Seidel krankheitshalber gezwungen, in den Ruhestand zu treten. Er starb im Posener Diakonissenhaus am 28, Februar 1922 und wurde auf dem Friedhof zu Neutomischel am 4, März 1922 begraben.

In harter dumpfer Kriegszeit übernahm Pastor Ludwig Greve (geb, 24. 12 [18]77) aus Alt-Rudnitz kommend, das Neutomischler Evangelisch-lutherische Pfarramt. Viel Schweres hat die Zeit seiner Amtsführung mit sich gebracht: Zusammenbruch, Umsturz, Internierung, Inflation, Option, Abwanderung u. s. f. eine trostlose Zeit. —

[1.764]

Evgl. Lutherische Kirche Nowy Tomysl (Sammlung von Wojtek Szkudlarski)

Das Evangelisch-lutherische Kirchspiel Neutomischel hat von seinen annähernd 1000 Seelen die Hälfte behalten. In dieser trostlosen Zeit bedurfte es viel Trostes von oben. Pastor Greve, eine tiefreligiöse Gestalt, war der Mensch, der ihn reichlich hat spenden dürfen. Durch diese drückendsten Jahre hat er in unerschütterlichem Gottvertrauen die evangelisch-lutherischen Gemeinden der Parochie Neutomischel segensreich hindurchgeführt. Tiefe Seelsorge an Einzelnen und an den Gemeinden, gesegnete Predigttätigkeit, Sammlung und Vertiefung nicht zuletzt auch durch Freizeiten, die in manchem Jahr für Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen abgehalten wurden, das alles musste, weil es aus tiefem Glauben heraus getan war, seine Segensspuren hinterlassen. Beliebt und geachtet, weit über die Grenzen des eigenen Kirchspiels hinaus, verließ Pastor Greve als deutscher Reichsangehöriger, im Februar 1929 Neutomischel, um in Bochum-Hammer eine 3000 Seelen große Gemeinde zu übernehmen, die aus der Union zur Evangelisch-lutherischen Kirche in Preußen übergetreten ist. Bis zum Jahre 1920 gehörte das Evangelisch-lutherische Kirchspiel Neutomischel zur Evangelisch-lutherischen Kirche in Preußen. Man gehörte dieser Kirche an in Treue und Dank.

Sie hütete in Preußen in reinster Ausprägung unter unsäglichen Opfern — denn der preußische Staat hatte ihr, als sie aus Gehorsam gegen Gottes Wort der unierten Kirche sich nicht anschließen konnte, auch nicht eine Kirche, nicht ein Pfarrhaus, nicht einen Gottesacker gelassen, sie musste alles, von sich aus neu schaffen — das Erbe der deutschen Reformation. Luther hatte im Evangelium und im lutherischen Bekenntnis den höchsten Schatz und zugleich den besten Schutz der Kirche gesehen. Das ließ man im Dienst an Kirche und Volk nicht aus dem Auge. Dass von allen Altären und allen Kanzeln der Ruf Gottes aus dem Evangelium in voller Klarheit und Reinheit weitergegeben wird, das betrachtete und betrachtet die kleine evangelisch-lutherische Kirche als ihre heiligste und vornehmste Aufgabe. Denn „die Kirche darf nicht in unbiblischer Duldsamkeit ein Sprechsaal für die verschiedensten Menschenmeinungen sein oder ein Hort für die Gleichberechtigung der Richtungen, sondern sie muss nach Gottes Willen und um des Menschen willen die wahrhaftige Verkünderin der unverkürzten und unveränderten Botschaft Gottes an die Welt sein.“ (Gottfried Nagel.)

Nach dem Umsturz wurden die Provinzen Posen und das heutige Pommerellen vom Deutschen Reiche abgetrennt und kamen zu Polen. In dieser Umgestaltung der äußeren Verhältnisse waren die im polnischen Staate verbliebenen Gemeinden der Evangelisch-lutherischen Kirche in Preußen gezwungen worden, das Band mit der Mutterkirche zu lösen. Im Jahre 1920 schlossen sie sich zur „Evangelisch-lutherischen Kirche in Westpolen“ zusammen. An der Spitze derselben steht zunächst ein „Hauptvorstand“ mit dem Sitz in Thorn. Die Superintendentur der Diözese Posen und Pommerellen hat zurzeit Herr Superintendent Büttner in Rogasen inne. Diesen Behörden untersteht also auch das Kirchspiel Neutomischel mit seinen etwas über 500 Seelen. Die Parochie Neutomischel besteht aus den Gemeinden Nowy-Tomyśl (Neutomischel), Boruja-Nowa (Neuborui), Tuchorza Stara (Tannheim) und Miedzychód (Birnbaum). Alle 4 Gemeinden haben eigene Kirchen. Außerdem rechnen zum Kirchspiel noch die Predigtorte: Brody, Milostowo, Zamorze und Sieraków (Zirke). In den Gemeinden herrscht durch Gottes Gnade ein lebendiges Glaubensleben. Auch die kirchlichen Vereine: Frauenverein, Jünglings- und Jungfrauenverein, 2 Posaunenchöre, 2 Kirchenchöre wirken zum inneren Segen der Gemeinden. — Nachdem Pastor Ludwig Greve aus Neutomischel im Februar 1929 verzog, war das Kirchspiel über ein Jahr vakant und nur von Posen aus administriert. Mit hingebender Treue hat man gerade in der Vakanzzeit durch Lesegottesdienste das Evangelium hier verkündigt und sich im Glauben gemeinsam erbaut und gestärkt. Im April 1930 übernahm der Hilfsprediger Otto Schilter die evangelisch-lutherische Parochie Neutomischel. Im Januar 1932 wurde er zum Pastor derselben gewählt. —

[1.765]

70iger Jahre Dluga Str (Lange Str) fot Arno Kraft (Negativ D. Maennel)

Im Jahre 1933 beging die Gemeinde Neutomischel das 75jährige Kirchweihjubiläum. Gott der Herr schenke dieser Gemeinde Seinen Segen weiterhin dergestalt, dass sich in ihr allezeit die Menschen finden, die aus Gottesgehorsam, im Dienst an Kirche und Volk, stets wie Paulus und Luther bekennen:

„Ich schäme mich des Evangeliums von Christo nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben.“ (Rm. 1, 16.)

Otto Schilter, Pastor.

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ehemaliger Standort der Evgl.-Luth. Kirche (rechts) und des Pastorenhauses (links) 28-1-2008 fot.pm

[1.767]

Heutige Ansicht des Standortes der ehemaligen Evgl.-Lutherische Kirche 28-1-2008 fot.pm

Päschke, Gerhard Superintendent – Evangelische Kirche in Neutomischel vor 200 Jahren eingeweiht

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Superintendent Gerhard Päschke)
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Eine kurze Rückschau anlässlich des sich zum 200sten Male jährenden Tages der Einweihung der evangelischen Kirche zu Neutomischel

Der letzte evangelische Gottesdienst in Neutomischel wurde am Sonntag, dem 21 Januar 1945 gehalten

Anmerkungen der Autoren dieser Seite wurden in Klammer eingeschoben.

Veröffentlicht wurde dieser Beitrag mit der freundlichen Genehmigung der Posener Stimmen – Heimatbrief der Gemeinschaft Evangelischer Posener (Hilfskomitee E.V.) , in deren Ausgabe Nr. 10 / 1980 eine erste Publikation stattfand.



Im Jahrbuch Weichsel-Warthe 1980 finden wir den interessanten Beitrag von Helmut Stärke mit der Überschrift: „200jährige Kirche in Neutomischel [1.768]„. Dort ist auch eine Innenansicht der Kirche aus dem Jahre 1935 von dem Fotografen Enderich zu sehen. Die in Kreuzform errichtete und mit doppelten hölzernen Emporen ausgestattete Kirche konnte mehr als 1000 Besucher aufnehmen. Sie wurde auf dem Grundbesitz der Herrschaft Tomischel (Tomysl) mit Erlaubnis und Hilfe des polnisch-katholischen Besitzers Feliks Scołdrski [Szołdrski] für die im Umkreis wohnenden deutsch-evangelischen Siedler erbaut. Als sie am 15. Oktober 1780 eingeweiht wurde, gab es die Ortschaft Neutomischel noch gar nicht. In der Kirchenchronik von Werner-Steffani wird berichtet, daß um die neuerbaute Kirche herum sich an Sonn- und Feiertagen durch das Zusammenströmen vieler Menschen ein lebhafter Verkehr entwickelte und so die Ortschaft Neutomischel entstand, die schon 1786 das Stadtrecht erhielt.

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Inneres der Kirche, Sicht von der Orgel Foto-Enderich (1930)

Der erste Pastor war Johann Christian Bräuning, er amtierte von 1778 bis 1790. Den vorletzten Pastor, Superintendent Reisel, der 30 Jahre lang der Gemeinde gedient hat, haben die älteren Gemeindeglieder noch in dankbarer Erinnerung. Trotz seines hohen Alters wurde auch er 1939 verschleppt und starb bald danach an den Folgen des Internierungsmarsches. Nun bin ich als der letzte Pastor der evangelischen Kirchengemeinde Neutomischel gebeten worden, ein Erinnerungswort für die „Posener Stimmen“ zu schreiben. Meine Amtszeit von November 1939 bis Januar 1945 lag von Anfang bis zu Ende unter dem Schatten des 2. Weltkrieges und der nationalsozialistischen Herrschaft, Damals waren wir zunächst froh, daß wir von der polnischen Herrschaft befreit und in das Deutsche Reich heimgekehrt waren. Aber bald kam für unsere seit 20 Jahren „evangelisch-unierte Kirche in Polen“ die große Enttäuschung. Als wir nämlich nun auch die Heimkehr in unsere preußische Landeskirche dankbar begehen wollten und zu dieser Feier auch die Behörden einluden, bekamen wir den Bescheid, daß im Warthegau, wie unsere Heimat nun einige Jahre hieß, ein ganz neues Modell von Kirche eingeführt werden sollte. Bald wurde uns eine Verfassung für diese uns zugedachte zukünftige Kirche vorgelegt. Aber aus Gewissensgründen konnten wir diese Verfassung nicht annehmen. Sie hätte es uns unmöglich gemacht, unserem kirchlichen Auftrag nachzukommen.

Bis zum Kriegsende beharrten wir auf dieser Weigerung, die für unser kirchliches Leben natürlich viele Erschwerungen mit sich brachte. Nach dem Urteil des Staates existierten wir in diesem verfassungslosen Zustand eigentlich gar nicht mehr als Kirche. Darum fielen für uns im Warthegau die im Altreich noch gültigen kirchlichen Vorrechte fort. So wurde uns z. B. verboten, Kirchenbeiträge zu erheben, was wir unter der polnischen Herrschaft noch hatten ungehindert tun dürfen. Im Gottesdienst durften Kollekten nicht mehr eingesammelt werden. Im Abhalten von Kindergottesdienst und im Erteilen christlicher Unterweisung wurden wir durch eigens zu diesem Zweck erlassene Bestimmungen stark behindert. Zu den bisherigen Gemeindegliedern, die auch weiterhin mit der Kirche verbunden blieben, kamen viele evangelische Deutsche aus dem nahen und fernen Orten, die auch meist treu zur Kirche hielten. So sammelte sich trotz aller Erschwerungen immer wieder eine Gemeinde im Gotteshaus um Wort und Sakrament und war willig, die zur Durchführung der kirchlichen Aufgaben notwendigen Mittel auch unaufgefordert aufzubringen. Im Jahre 1940 [nach andere Quelle – November 1941] wurde der Turm unserer Kirche für baufällig erklärt. Eine namhafte Beihilfe des Berliner Oberkirchenrats zur Wiederherstellung durften wir nicht annehmen. So wurde der Turm, der auf dem Foto von 1935 noch zu sehen ist, abgerissen. Im Pfarrgarten errichteten wir ein schlichtes Holzgerüst, an dem wir eine der Glocken aufhingen.

Den letzten Gottesdienst in Neutomischel hielt ich am Sonntag, dem 21. Januar 1945. Am Abend vorher hatte sich schon der leidvolle Flüchtlingstreck in Bewegung gesetzt, bei 20° Kälte und auf vereisten Straßen. Eine kleine Schar noch Zurückgebliebener ließ sich stärken durch das Wort Römer 8, 35: ,,Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Fährlichkeit oder Schwert?“ Beim Abschied gab ich den Teilnehmern noch den Rat, sich doch zur Flucht zu entschließen, so schwer es ihnen auch fiele.

Inzwischen haben schon zahlreiche ehemalige Gemeindeglieder die verlorene Heimat besucht und uns auch über den jetzigen Zustand unserer nun 200 Jahre alten Kirche mit Wort und Bild berichtet. Unsere Kirche wird jetzt von der polnisch-katholischen Gemeinde gottesdienstlich benutzt und trägt den Namen ,.Herz-Jesu-Kirche“ (Serza Pana Jezusa). Sie befindet sich baulich in gutem Zustande, wurde 1962 im Inneren und 1974 im Äußeren renoviert. Die Gedenktafeln für die in den vorletzten Kriegen gefallenen Gemeindeglieder wurden bald entfernt. Das bisherige Altarbild wurde durch ein Marienbild eines polnischen Kunstmalers ersetzt, wie Frithjof Krüger mir mitteilte. Auch ihm war das Betreten der Kirche nicht möglich, weil sie — entgegen dem sonst in katholischen Kirchen üblichen Brauch — an Werktagen meist verschlossen ist. Aber zu den Gottesdiensten finden sich, wie Helmut Stärke erwähnt, so viele Besucher ein, daß sie in der doch so geräumigen Kirche nicht alle Platz finden. Arno Kraft übersandte mir eine Fotokopie aus dem Katalog der Kunstdenkmäler (Zabytków sztuki) in Polen von 1969. Da wird bis in alle Einzelheiten sehr ausführlich über die „seit 1945 römisch-katholische Kirche“ berichtet.

Der Verlust unserer Heimatkirche mag wohl schmerzlich für uns sein. Wir wollen ihr aber nicht bloß nachtrauern, sondern uns dankbar darauf besinnen, daß uns auch in unserer jetzigen Kirchengemeinde der Besuch des Gotteshauses möglich ist und wir auch in den so veränderten Verhältnissen in das Psalmwort 26,8 einstimmen können: “Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“

Mit herzlichem Gruß an alle, die sich meiner noch erinnern,
Euer ehemaliger Superintendent [Gerhard] Päschke

Zum 100 jährigen Jubiläum der evgl. Kirche in Friedenhorst – 4. Kapitel: Das Kirchspiel Friedenhorst

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Oscar Illgner)
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Jastrzebsko

„Zum 100 Jährigen Jubiläum der evangelischen Kirche in Friedenhorst“

Pastor Illgner geht in dieser Veröffentlichung auf die Geschichte des Kirchspiels Friedenhorst mit seinen Ortschaften ein. Einge Wörter wurden zum besseren Verständnis nach der heutigen Rechtschreibung in den Text eingebracht, in Klammern findet sich dann die „alte“ Schreibweise. Der Text wurde in die 4 Kapitel, in dem er ursprünglich verfasst wurde, geteilt. Die hier abgebildeten Postkarten wurden mit freundlicher Genehmigung von Herrn Arno Kraft, Berlin zur Verfügung gestellt und veröffentlicht.

Die digitale Version dieser Schrift ist unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.771] zu finden.

* * *

Die Grundlage unseres Kirchspiels ist dasselbe Privilegium von 1712, auf welchem die Buschgemeinden ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit gegründet haben. Die halbe Hufe Land, welche die Herrschaft „zur Information der Kinder und den Gottesdienst zu halten“ geschenkt hatte, wurde von Anfang an zur Einrichtung des Gottesdienstes benutzt. Es wurde ein Haus darauf gebaut, in welchem Gottesdienst gehalten und die Kinder soweit unterrichtet wurden, dass sie an dem evangelischen Gottesdienste Teil nehmen konnten. Dieses Haus wurde die „Bentschner Schule“ und die geistlichen Lehrer „Rektoren“ genannt. Sie haben zuerst sonntäglich pp. eine Predigt, wahrscheinlich aus Brostberger und später aus der hier viel verbreiteten Kleinertschen Hirtenstimme vorgelesen, den Choralgesang aus dem Züllichauer Gesangbuch geleitet und die Kinder vornehmlich im Katechismus unterrichtet; für die Herrschaft aber die Zinsbücher geführt. Die ersten Rektoren Struwe und Born waren wahrscheinlich unterrichtete Handwerker aus den Nachbarstädten und konnten keine freien Kanzelvorträge halten.

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Friedenhorst 1797, erweitert 1864

Aber die Gemeinden suchten unablässig nach einen, studierten Manne, welcher ihnen Predigten halten könnte. Ob sie diesen Zweck vorübergehend erreicht haben, ist ungewiss. Sicher ist nur, dass sie im Jahre 1796 an ihr Ziel gelangten. In diesem Jahre wurde nämlich der Kandidat der Theologie Daniel Gottfried Eck, Rektor in Birnbaum, berufen. Aus seiner Bestallungsurkunde erhellt die wesentliche Bestimmung der Bentschner Schule; es heißt darin:

„Wir 4 Gemeinden haben den pp. Eck zu unserem Lehrer gewählt in dem gewissen Vertrauen, dass er uns und unsre Kinder nach der Vorschrift des göttlichen Wortes zur Seligkeit unterweisen werde“. Für ein Kind so zum heiligen Abendmahl unterrichtet wird, bekommt der Lehrer 4 gute Groschen und ein Fuder Holz. Ferner für ein Kind, das buchstabieren und lesen tut, die Woche drei polnische Groschen (2 alte Pfennige), und welches schreiben lernte, 6 polnische Groschen und von jedem Wirt, der Kinder in die Schule schickt, ein Fuder Holz.“

Diese ganze Einrichtung genügte aber den Hauländern nicht. Ihre unordinierten Rektoren konnten nur Predigten, Kirchgänge und Begräbnisse halten. Die Hauländer erstrebten aber von Anfang an einen vollständigen evangelischen Gottesdienst. Sie mussten Abendmahl, Taufen und Trauungen in der Ferne suchen. Die nächste evangelische Kirche war in Chlastawe, 1/2 Meile hinter Bentschen. Dahin mussten sie jährlich drei Mal,(nach der noch jetzt bestehenden Sitte), pilgern, um das heilige Abendmahl zu genießen. Dazu mussten sie gewöhnlich schon Sonnabends aufbrechen, um am Sonntage nüchtern und zu rechter Zeit gegenwärtig zu sein. Ebenso schwierig war es für sie, ihre Kinder auf dem langen sandigen Wege zur Tauft nach Chlastawe zu schaffen. Es wurden daher viele Kinder in der katholischen Kirche zu Bentschen getauft. Die Trauungen fanden auch meist in Chlastawe statt. Nur zuweilen sollen sie Gelegenheit gehabt haben, Taufen und Trauungen in Alt-Zinskowo vor Neutomischel verrichten zu lassen. Einer unverbürgten Nachricht zufolge soll nämlich auf dem dortigen Kirchhofe eine ganz kleine evangelische Kirche gestanden haben, wohin von Zeit zu Zeit Geistliche aus Städten der Provinz hingekommen seien.

Daher suchten die Hauländer, alle Hauländergemeinden der Herrschaft Bentschen zu einem Kirchspiele Alt-Jastrzemski zu vereinigen. Am 13. April 1779 baten Alt- und Neu-Jastrzemski, Grubski, Kunik, Deutsch-Zisken, Przychodskie, Lentschen und Amtskaßner Se. Excellenz, den Herrn Kastellan von Bentschen, Grafen Eduard Garczynski, den Sohn des Stifters, um die Erlaubnis, „einen aparten Pastor und Kirche in der Alt-Jastrzemsker Gemeinde zu haben.“ Sie berufen sich in dieser Petition darauf, dass sie sämtlich Anfangs (von Anfang an) nicht allein mündlich, sondern auch durch Suppliken gebeten haben, so auch es auch von Anfang durch Se. Excellenz gnädigen Consens schon erlaubt worden sei. In Folge dieser Petition sollen die Hauländer das Recht erlangt haben, in Alt-Jastrzemski eine allen Hauländergemeinden der Herrschaft gemeinsame Kirche zu bauen. Aber durch eine gute Bewirtung seitens der Bentschner Bürger und durch noch bessere Gründe seien die Vorsteher der Gemeinden bewogen worden, die Kirche in Bentschen zu erbauen und sich mit einer Filiale in Alt-Jastrzemski zu begnügen.

In der Tat liegt Bentschen mehr im Mittelpunkte der herrschaftlichen Hauländergemeinden als Friedenhorst. Urkundlich steht fest, dass die 4 Gemeinden in einer Verhandlung zu Bentschen am 1. Juli 1783 sich bereit erklärten, für eine in Bentschen, zu erbauende Kirche 300 Thaler beizutragen. Es wurde festgesetzt, dass der Bentschner Pfarrer an jedem vierten Sonntage im Filial Abendmahl und Gottesdienst halten und die etwaigen Taufen vollziehen sollte. Die Trauungen wurden meist in der Bentschener Kirche, die jährliche Konfirmation aber im Filial gehalten. Den Konfirmanden-Unterricht gab der Rektor und später auch der Grubsker Lehrer für seine Schulkinder. Diese Einrichtung brachte den 4 Gemeinden manche Erleichterung, aber auch viele Unkosten. In Bentschen wurde im Jahre 1783 die Kirche gebaut. Die vier Gemeinden haben die versprochenen 300 Thaler dazu beigetragen wie die Quittung des Bentschner Kirchen-Vorstandes vom 26. April 1787 beweist. Bald darauf aber, nachdem die Kirche in Bentschen fertig war, wurde zur Erhöhung der Würde des Filialgottesdienstes ein besonderes Kirchengebäude in Alt-Jastrzemski errichtet. Das Holz dazu wurde dem alten Schulhause entnommen und mit dem schlechten Reste ein apartes kleines Schulhaus erbaut. Als Erbauer der Kirche nennt man allgemein den Eigentümer Eisermann aus Amtskaßner, aber die Zeit der Erbauung ist ungewiss. Die Schulchronik nennt das Jahr 1785, aber es werden viele Zweifel darüber geäußert. So viel steht fest, dass Altar und Kanzel erst 1797 durch den Tischler Kochanke hier erbaut worden sind. In Bentschen hat die Filialgemeinde auch zum Baue des Predigerhauses beigetragen, in erster Rate 419 polnische Gulden, in zweiter 130 Thaler laut Generalquittung vom 14. Oktober 1789. Außer diesen Baubeiträgen hatte jede Gemeinde jährlich 2 Fuder Holz zu liefern. Am 1. Dezember l783 bezeugt der Bentschner Kirchenvorstand, dass jede Landgemeinde dem Prediger Hoenika bei seiner Vokation versprochen habe, ihm jährlich 2 Fuder Holz anzufahren. Alle Vierteljahre wurden Quartalgelder eingezogen. Dazu kamen die Accidenzien und Opfer. Am drückendsten waren den Wirten die zu stellenden Fuhren. Bei Begräbnissen durch den Pastor mussten 2 Fuhren, die eine zum Abholen, die andere zum Heimbringen des Geistlichen geleistet werden. Trotz dieser Opfer konnten aber die Gemeinden eine volle Befriedigung ihres religiösen Bedürfnisses durch die Filialeinrichtung nicht erlangen. Sie verloren sogar nach und nach die freie Predigt an 3 Sonntagen.

Als der Rektor Eck im Jahre 1808 als Pastor nach Bomst gegangen war, hat sich wohl kein Studierter mehr für den eingeschränkten Rektorposten gemeldet. Der Rektor Schubert wenigstens wurde nach mehrjähriger Wirksamkeit nicht Pastor, sondern Rektor in Brätz. Der seminaristisch gebildete Gerlach hat gar nicht die Kanzel bestiegen und wurde daher bald entlassen. Kadoch wurde später Bataillonsschreiber in Unruhstadt. Er hielt aber doch freie Vorträge. Der Rektor Wolf aus Sontop ebenfalls, bis ihn der Schlag rührte. Zu gleicher Zeit verbot das Königliche Konsistorium den Schulhaltern die Verrichtung geistlicher Amtshandlungen und dieses Verbot wurde durch Ministerial-Verfügung vom 21. Dezember 1826 eingeschärft. Obwohl die hohe Behörde nur die Erbauung und das konfessionelle Leben der Gemeinden im Auge hatte, so empfanden die Hauländer doch dieses Verbot als eine Einschränkung ihres kirchlichen Lebens. Sie fühlten es auch als einen Mangel, dass ihre Kinder bei der Konfirmation dem Geistlichen fremd waren, weil er ihnen den Unterficht nicht erteilt hatte. Aus diesen Gründen konnten sich die Hauländer nie mit der Filialeinrichtung befreunden. Sie erstrebten nach wie vor die Gründung eines selbstständigen Kirchspiels in Alt-Jastrzemski.

Sie schwiegen aber solange als der Senior d.i. Superintendent Sturtzel lebte, welcher vom Jahre 1803 an Pastor in Bentschen war und in hohem Ansehen stand. Erst nach seinem Tode wurde am 28. Juni 1839 in einer Versammlung aller zur Bentschener Kirche gehörigen Gemeinden durch Deputierte über die Bildung eines selbstständigen Kirchspiels in Alt-Jastrzemski verhandelt. Die vier Buschgemeinden nebst Amtkaßner petitionierten wiederholt darum, zuletzt bei Sr. Majestät dem Könige. Aber sie erhielten am 1. August und am 21 November 1839 abschlägige Antworten, weil sie die von Bentschen verlangte Entschädigung nicht zahlen konnten. Als aber der Ober-Regierungsrat Dr. Klee Chef der zweiten Abteilung der Königlichen Regierung in Posen wurde und sich bereit zeigte, neue Pfarrsysteme in der Provinz Posen zu gründen, so bestürmten unsere Hauländer die Königliche Regierung aufs Neue mit Bitten. Dieselben Männer, welche den Abfindungsprozess geleitet hatten, betrieben ebenso eifrig die Trennung von Bentschen. Sie wurden von dem Orts- und Kirchenvorsteher Gottfried Loechelt treu unterstützt. Schließlich wurde die größte Schwierigkeit dadurch beseitigt, dass die Königliche Regierung die Entschädigung des Pastors Lewecke und des Kantors Tienwiebel in Bentschen übernahm und dafür das Recht erhielt, bei jeder Pfarrwahl drei Probeprediger vorzuschlagen, aus welchen die Gemeinde zu wählen hat.

Die grundlegende Verhandlung für die Gründung eines selbstständigen Kirchspiels fand am 29. September 1853 statt. Eine Königliche Kabinetsordre bestimmt, dass aus den Gemeinden Alt- und Neu-Jastrzemski, Grubske, Kunik, Amtskaßner, Polnisch-Böhmisch und Lomnitzer Glashütte das Kirchspiel Alt-Jastrzemski gebildet werde. Die Stiftungs-Urkunde datiert vom 12. April 1854, die Bestätigung des Königlichen Ministeriums vom 15. Mai desselben Jahres. So hat sich durch Gottes Hilfe (war Hülfe) aus der sogenannten Bentschener Schule das Kirchspiel entwickelt, welches seit 1872 Friedenhorst heißt.

Wie ist es aber der Tochter der Kirche, der Schule ergangen, seitdem sie uns dem Mutterhause in das kleinere Häuschen verwiesen wurde? Ihre Ausstattung war gering, aber sie hat eine glänzende Partie gemacht. Ihr Gemahl wurde der vielvermögende Staat. Dieser hat ihr bald Raum geschafft. Im Jahre 1832 wurde der Schulzwang eingeführt. Um nun die vielen zuströmenden Kinder unterzubringen, wurde zunächst in Grubske ein neues Schulsystem gegründet. Der Grundherr, Landschaftsrat Opitz auf Lomnitz, schenkte einen großen Morgen Land vom kleinen Buchenbusch. Als im Jahre 1834 ein Schulhaus darauf gebaut wurde, so gab er auch das Holz dazu. Aber in Alt-Jastrzemski musste ebenfalls ein neues großes Schulhaus errichtet werden, um Platz zu gewinnen. Dieses Haus mussten die Hauländer ohne die Hilfe der Gutsherrschaft bauen, weil sie, um ihr Wahlrecht zu Gunsten des Andreas Hoffmann gegen den Erwählten der Herrschaft, Ferdinand Schnell, zu behaupten, derselben die Patronatspflicht erlassen hatten. Es steht heute noch, nachdem es 1867 massiv unterfangen wurde. Für die neue Schuleinrichtung mussten die Hauländer außerdem sehr große Opfer bringen.

Bisher hatten sie ihre Kinder zur Haus- und Feldarbeit, insbesondere zum Hüten gebrauchen können, denn nur im Winter wurde Schule gehalten. Viele Kinder gingen zwei Winter zur Schule, die meisten aber nur 6 Wochen vor der Konfirmation oder dem ersten Genuss des heiligen Abendmahls. Den Grund legten die Eltern und einige Winkelschulen. Aber die Kinder lernten doch jetzt mehr, besonders im Schreiben und Rechnen. Unter den 40 Alt-Jastrzemkern, welche die Petition von 1779 unterzeichneten, haben nur 5 ihren Namen unterschrieben, die andern haben unterkreuzt. Unter den Hauländern, welche der Schule ferner wohnten, hat fast keiner unterschrieben. Je mehr nun, die Hauländer ihre Kinder in die Welt schicken mussten, um ihr Brot zu verdienen, desto mehr lernten sie die größeren Schulkenntnisse schätzen. Die Kirchgemeinde hat daher ihrer Tochter, der Schule, eine reichliche Mitgift gegeben. Nur den vierten Teil der halben Hufe hat sie für sich behalten und ins Grundbuch eintragen lassen. Das Übrige wurde Kantor- und Schul-Land und als im Jahre 1888 eine neue Schule vom Staate erbaut wurde, so trat sie über drei Morgen von dem letzteren Lande an dieselbe ohne Entschädigung ab. Jetzt hat Friedenhorst eine zweitklassige Schule und zwei Schulhäuser.

Auch die Kircheneinrichtung hat sich weiter entwickelt. Der erste Pfarrer war der Pastor Emil Grützmacher. Er war Rektor in Filehne und Kandidat des Predigtamts, als er hierher berufen wurde und ist jetzt Pastor und Superintendent a. D. in Schneidemühl. Während seiner Amtsführung vom 1. September 1854 bis zum 1. April 1857 wurde ein Glockenstuhl errichtet und durch freiwillige Gaben eine Glocke angeschafft im Jahre 1855. Die Gemeinde hat ihren ersten Pfarrer mit Freuden aufgenommen und sehr ungern verloren, denn sie hat sich an seinen Predigten sehr erbaut. Nach seinem Weggange schickte das Königliche Konsistorium als Pfarrverweser den Pastor Hans  Petersen, welcher wegen seiner echt deutschen Gesinnung von den Dänen aus Schleswig-Holstein vertrieben worden war. Zu seiner Zeit 1857 erbaute die Gemeinde ein Pfarrhaus. Petersen wurde aber nicht zum Pfarrer gewählt; wahrscheinlich weil die Gemeinde seine Aussprache nicht recht verstand. Er hat als Lohn seiner Treue in seinem Vaterlande eine gute Stelle erhalten.

Die Wahl der hiesigen Gemeinde fiel auf den Pastor II und sogenannten Rektor in Schlichlingsheim Oscar Illgner. Er ist geboren in Reichenbach in Schlesien, trat das hiesige Pfarramt am 1. Mai 1858 an und verwaltet es durch Gottes Gnade noch heute. Während seiner Amtsführung ist im Jahre 1864 die Kirche durch einen Anbau mit Türmchen erweitert und das schadhafte Positiv durch eine neue Orgel ersetzt worden, Der Anbau stellte der Eigentümer Gottfried Reschke in Friedenau, die Orgel der Orgelbauer Dinse her. Im Jahre 1876 wurde auch das Pfarrhaus durch einen Anbau nach Westen zu erweitert. Im Jahre 1893 errichtete die Gemeinde einen neuen Glockenstuhl und im Jahre 1896 schenkte der Ausgedinger Wilhelm Siegmund die noch fehlende zweite Glocke. So wurde die Kircheneinrichtung vollendet durch den Sohn des Mannes, welcher mit Grunwald und Loechelt am Eifrigsten für die Errichtung des Kirchspiels gewirkt hatte, des Eigentümers Christian Siegmund hier. Gott segne ferner das Kirchspiel Friedenhorst.

Ende

Zum 100 jährigen Jubiläum der evgl. Kirche in Friedenhorst – 3. Kapitel: Rechtsverhältnis

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Oscar Illgner)
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Friedenhorst – Ortsansich

„Zum 100 Jährigen Jubiläum der evangelischen Kirche in Friedenhorst“

Pastor Illgner geht in dieser Veröffentlichung auf die Geschichte des Kirchspiels Friedenhorst mit seinen Ortschaften ein. Einge Wörter wurden zum besseren Verständnis nach der heutigen Rechtschreibung in den Text eingebracht, in Klammern findet sich dann die „alte“ Schreibweise. Der Text wurde in die 4 Kapitel, in dem er ursprünglich verfasst wurde, geteilt. Die hier abgebildeten Postkarten wurden mit freundlicher Genehmigung von Herrn Arno Kraft, Berlin zur Verfügung gestellt und veröffentlicht.

Die digitale Version dieser Schrift ist unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.771] zu finden.

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Die Rechte und Pflichten der Ansiedler gegen einander sind von der Herrschaft in sehr humaner Weise durch die sogenannten Willküren geordnet worden. Es sind dies deutsch geschriebene Gesetzsammlungen. Die vorzüglichste ist die Choyniker Willkür, welche die Gutsherrschaft im Jahre 1763 der Gemeinde Kunik aus deren Wunsch gegeben hat. In diesen Willküren werden zuerst die Pflichten der Gemeindeglieder gegen den Schulzen und dann die gegen die Nachbarn abgehandelt. In letzterer Beziehung wird z. B. Folgendes bestimmt:

„Jeder Eigentümer soll eine rechtschaffne Grenze d. h. einen 1/2 Rute breiten und 2 Ellen tiefen Graben ober einen 2 Ellen hohen Zaun haben. Dann darf er fremdes Vieh, das zu schaden geht, pfänden. Stößiges Vieh soll nicht gehalten werden.“

Als der erwähnte Michael Schiller sah, wie eine Frauensperson, die über sein Land lief, sich nur mit Mühe vor seinem bösen Stammochsen über den Zaun retten konnte, so schalt er zuerst das Weib aus, weil es einen verbotenen Weg gegangen war, dann aber holte er sein Gewehr und schoss den stößigen Ochsen tot. Die Seinigen waren sehr ungehalten über diese rasche Tat, aber er hatte nach dem Geiste des Gesetzes gehandelt.

Die Willküren hinderten nicht nur die Nachbarn, einander Schaden zu tun, sondern sie nötigten sie auch, einander in der Gefahr zu helfen. 5 Mark nach damaligem Gelde zahlt derjenige Strafe, welcher bei einer Feuersbrunst nicht löschen hilft, 2 Mark, wer einem Diebe nicht nachsetzt, ebenso viel, wer ein Gesinde abwendig macht; Abgebrannten müssen alle Wirte aufbauen helfen; Witwen, Waisen und über 70 Jahre alte erhalten Vormünder. Auch Zucht und Sitte schützen diese Gesetze: Liederliche Männer oder Weibspersonen sollen bei 2 Mark Strafe nirgends aufgenommen werden. Richter über diese und ähnliche Vergehen an Eigentum und Gesundheit waren Schulze und Gerichtsmänner. Sie durften keine schweren Strafen auflegen. Es waren meist Geldstrafen. Nur gegen Widerspenstige oder solche, die nicht zahlen konnten, wurden Schläge oder Gefängnis angewendet. Das Gefängnis bestand darin, dass der Inkulpat eine Zeit lang an der Tür des Schulzenamts in Hals- und Fußeisen stehen musste. Die Freiheit der Bewegung war dadurch sehr beschränkt. Man erinnert sich aber eines Gefangenen, welcher aus den Fußeisen herausschlüpfte. Er hatte sehr weite Stiefeln an. Diese schüttelte er nach und nach ab und seine Füße wurden frei. Ehe er aber das Weite suchte, erfüllte er noch die Pflicht der Höflichkeit. Er trat an das Fenster der Stube, wo Schulz und Gericht versammelt waren und dankte für den guten Stiefelknecht. Staunen hemmte die Verfolgung. — Die Willküren waren jeden Falls im Interesse der Gemeinden gegeben, aber ganz hatte sich die Herrschaft auch nicht vergessen.

Eine Bestimmung lautet: „Wenn Güter oder Land verkauft werden, soll der Käufer der Gemeinde eine Tonne Bier geben“. Dieses Bier musste aber aus der herrschaftlichen Brauerei entnommen werden, denn die Holländer durften nur eine Art Conventbier brauen, welches zu festlichen Gelagen ungeeignet war. Der noch übliche Leihkauf ist ein schmählicher Rest der alten Sklavenkette. Vermöge der Willküren konnten also die Ansiedler gegen einander Recht bekommen, aber wo fanden sie Recht gegen die Herrschaft?

Die polnischen Herrschaften suchten sehr ungern bei den Gerichten ihr Recht, sondern verschafften es sich lieber selbst durch Gewalt. Ebenso erlaubten sie ihren Untertanen nicht, ihr Recht auf dem Wege der Klage zu suchen. Auch die Bentschner Herrschaft ertrotzte das Erbrecht auf Kunik und Grubske mit Gewalt. Als etwa zwischen 1730 und 1740 ein Erbstreit mit einer benachbarten Herrschaft ausgebrochen war, so wurden die Einwohner der Buschgemeinden mobil gemacht. Über den Verlauf des Krieges wurde mir von einem alten Ausgedinger berichtet, die Holländer wären mit Gewehren, Heu- und Mistgabeln, Sensen und Knütteln gegen Poraszin gezogen, die Gegenpartei aber habe sich nicht gestellt. Ein Holländer aber, dessen Vorfahr am Kriege teilgenommen, erzählte mir Folgendes: „Die Holländer marschierten unter dem herrschaftlichen Anführer heimlich nach Opalenica, erstürmten nächtlicher Weile das halbfertige Schloss und trieben die Bewohner heraus. Der Grundherr hatte während der Flucht jedem seiner beiden kleinen Söhne heimlich eine Pistole zugesteckt. Er selbst, im Schlafrock und unbewaffnet, bat um Frieden und Pardon. Als aber der Bentschner Anführer ihm keinen Pardon gewährte, sondern feindlich auf ihn eindrang, so zogen seine Söhnchen ihre Pistolen hervor und schossen den Anführer der eine in den Kopf, der andre in die Brust. Die Holländer kehrten darauf nach Hause zurück. Das Ende aber war, dass Kunik und Grubske bei der Bentschner Herrschaft verblieben. Da die Gerichte so wenig geachtet wurden, so konnten sie auch Leben und Eigenthum nicht genug schützen. Die Gesetze waren streng; jeder Mörder und jeder, der über 10 Thaler an Wert stahl, sollte hingerichtet werden. Die Grotgerichte hatten allein auf Leben und Tod zu urteilen. Aber die Strafvollziehung war sehr mangelhaft. Wer über die Grenze seiner Herrschaft gelangt war, war oft geborgen, insbesondere wenn die neue Herrschaft der alten nicht günstig war.

Unter diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, dass auch die Bentschner Herrschaft die Rechte ihrer Untertanen wenig achtete. Die Religionsfreiheit war schon durch die Willküren eingeschränkt worden. Eine Vorschrift lautet: „Über Religion darf weder in Privat- noch in Gasthäusern gestritten werden bei 20 Thaler Strafe und im Wiederholungsfalle Vertreibung aus der Gemeinde“.

Ein Mann, welcher in Chlastawe zum heiligen Abendmahl gegangen war und über Bentschen zurückkehrte, machte dort eine abfällige Bemerkung über den katholischen Gottesdienst. Er wurde dafür mit dem Glockenstrange so unbarmherzig gehauen, dass ihm sein Leben lang die Augen weit aus dem Kopfe vorstanden. Leib und Leben der Holländer waren überhaupt nicht sicher, denn die Haideläufer und die Diener der Herrschaft schlugen mit Knütteln und Kantschu schonungslos zu und übten ein tyrannisches Regiment.

Die Eigentumsrechte der Holländer wurden willkürlich eingeschränkt. Mancher Punkt, der im Privilegium zweideutig gefasst war, wurde ganz zum Vorteile der Herrschaft ausgelegt und Einschränkungen hinzugefügt. Bauholz von seinem Lande durfte der Holländer nur mit Erlaubnis der Herrschaft verkaufen. Von Martini bis Klaibetag durfte der herrschaftliche Schäfer auf den Saaten der Holländer weiden. Wenn keine Erben vorhanden waren, fiel die Wirtschaft an den Gutsherrn zurück, welcher auch einen schlechten Wirt von Haus und Hof treiben durfte. Was endlich die Erwerbsverhältnisse betrifft, so wurden diese den Ansiedlern immer mehr erschwert und belastet. Es ging ihnen wie dem Volke Israel in Ägypten, welchem Pharao immer mehr Lasten auflegte, je mehr es an Zahl zunahm. Beide Söhne des Privilegiengebers edikten neue Privilegien. Eduard im Jahre 1757 für Alt- und Neu-Jastrzemski und Stephan 1765 für Kunik und Grubske. Hier wird der Zins von 10 auf 12 Thaler erhöht. 2 Scheffel groß Maß Zinshafer zugefügt, Wächtergeld für das Bentschner Schloß, Abgaben für die katholische Kirche. Kopfgeld u. dgl. gefordert. Die Hofe- oder Bitttage wurden verdreifacht. Im Privilegium hatten die Holländer nur versprochen, drei Tage in der Ernte Korn zu schneiden, aber nun mussten sie mit ihren Gespannen Hofedienste leisten. Mahl-, Brau- und Brennzwang wurden verschärft und ein Monopol nach dem andern eingeführt z. B. Heringe und Salz mussten die Holländer durch Vermittlung der Schulzen von der Herrschaft kaufen. Kurz die Herrschaft dachte: Je mehr das Land durch die Arbeit der Holländer im Werte gestiegen ist, desto mehr muss es der Herrschaft einbringen. Auf diese Weise wären die Ansiedler nie zum Wohlstände gelang, wie sehr sie sich auch mühten und einschränkten, wenn sich nicht Gott ihrer erbarmt hätte. Er gedachte seines von der Welt vergessenen evangelischen Häufleins in Polen, welches seinen Glauben treu bewahrt hatte. Er schickte ihnen, ohne dass sie es ahnten oder etwas dazu taten, einen Erlöser, der sie aus dem Diensthause befreite, König Friedrich Wilhelm II. von Preußen vereinigte im Jahre 1793 den Rest des Großherzogtums Posen, wozu unsere Gegend gehörte, nebst anderen polnischen Gebieten unter dem Namen „Südpreußen“ mit dem Königsreiche Preußen.

Kaum hatten die Holländer wahrgenommen, dass das preußische Scepter sich ihnen zuneigte, so suchten sie ihr altes Privilegium hervor, welches sie einst, als man es aus der Schulzenlade nehmen wollte, unter einer Kuhkrippe versteckt hatten. Die Gemeinden Alt- und Neu-Jastrzemski klagten bei dem preußischen Gericht in Unruhstadt aus Wiederherstellung des ersten Privilegiums nach ihrer eignen Auslegung. Sie gewannen in erster Instanz am 23. April 1793. Die erste Tat, durch welche sie ihre Unabhängigkeit dokumentierten, war eine Auflehnung gegen die aufgedrungenen Monopole. Wie die vereinigten Staaten von Nordamerika ihren Freiheitskampf damit begannen, dass sie gegen das Teemonopol Englands protestierten und zu Boston eine Ladung Tee ins Meer warfen, so protestierten die Holländer gegen das Herings- und Salzmonopol der Herrschaft. Sie verweigerten die Annahme einer Heringstonne und einer Ladung Salz und erklärten, dass ihnen die Preise der Heringe (9 statt 3 Pfennige das Stück) und des Salzes zu gesalzen seien und beschwerten sich vor Gericht darüber. Der Prozess wegen des Privilegiums ging indessen fort und wurde am 13. August 1800 in zweiter und am 3. August 1801 in letzter Instanz gewonnen.

Aber die Kuniker und Grubsker gingen nicht mit ein in das durch das Privilegium verheißene Land. Sie hatten an demselben gezweifelt wie Mose an dem Felsen in der Wüste. Sie klagten erst am 24. August 1803 und gewannen zwar in erster Instanz 1804 und in zweiter 1806; aber von da an zog sich die Sache in die Länge. Die Waage der Gerechtigkeit war wieder in polnische Hände gekommen und der Sitz des Gerichts von Posen nach Warschau verlegt wurden. Schließlich, obwohl das Land wieder preußisch geworden war, wurden die Kläger doch am 16. März 1818 in dritter Instanz abgewiesen. Obgleich keine Gründe in dem Erkenntnis angegeben sind, so lässt sich doch vermuten, dass die Behauptung des Grafen Stephan Garczynski junior, sein Bruder Eduard sei, als er 1757 das väterliche Privilegium bestätigte, nicht Besitzer von Kunik und Grubske gewesen, den unglücklichen Ausschlag gegeben hat. Möchten die vier Buschgemeinden nie wieder aus einander gehen, sondern so treu zu einander stehen, wie die vier Waldstädte in der Schweiz!

Die Nachwirkung der verschiedenen Schlußerkenntnisse haben viele gegenwärtige Besitzer gespürt. Während die Grubsker und Kuniker bei der Ablösung der Servituten von der Herrschaft Lomnitz, der Rechtsnachfolgerin des Grafen Garczvnski, keine Entschädigung auf Grund des Privilegii erhielten, so gewannen die Alt- und Neu-Jastrzemsker auf Grund ihres Schlußerkenntnisses einen Prozess mit der Herrschaft. Die Wirte wurden für ihr Bau- und Zaunholzrecht durch Bauholz oder Ziegeln und durch Waldparzellen abgefunden. Am längsten prozessierten die Wirte Friedrich Grunwald und Christian Siegmund. Sie erlebten kaum noch das Ende des Streites. Siegmund, welcher 1868 starb, genoss die Ruhe nach dem Streite auch nur einige Jahre. Massive Häuser sind die Denkmäler ihrer Beharrlichkeit.

Fortsetzung Kapitel 4. [1.773]

Zum 100 jährigen Jubiläum der evgl. Kirche in Friedenhorst – 2. Kapitel: Die Ansiedler

geschrieben von Gudrun Tabbert
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Ortsansicht: Kirche – Schule – Pfarrhaus

„Zum 100 Jährigen Jubiläum der evangelischen Kirche in Friedenhorst“

Pastor Illgner geht in dieser Veröffentlichung auf die Geschichte des Kirchspiels Friedenhorst mit seinen Ortschaften ein. Einge Wörter wurden zum besseren Verständnis nach der heutigen Rechtschreibung in den Text eingebracht, in Klammern findet sich dann die „alte“ Schreibweise. Der Text wurde in die 4 Kapitel, in dem er ursprünglich verfasst wurde, geteilt. Die hier abgebildeten Postkarten wurden mit freundlicher Genehmigung von Herrn Arno Kraft, Berlin zur Verfügung gestellt und veröffentlicht.

Die digitale Version dieser Schrift ist unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.771] zu finden.

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Woher sind aber die Ansiedler gekommen. Ihr Name verrät es nicht. Sie wurden von den Polen Holländer genannt, weil die ersten evangelischen Ansiedler Holländer waren, welche an der Warthe Holz zum Schiffbau geholt hatten und sich an passenden Stellen niederließen. Die Ansiedler selbst nennen sich Hauländer, weil sie den Wald ausgehauen haben. In unserem Busch sind die Ansiedler aus dem Schwiebus—Züllichauer Kreise gekommen. Davon kann sich ein Jeder selbst überzeugen, indem er die hiesige Mundart mit der um Schwiebus vergleicht. Die Verkleinerungssilbe „ang“ kann man hier wie dort hören: „Minchen“, heißt „Minang“, „Tinchen“ heißt „Tinang“, “vielfach“ heißt „fach“ usw. Ferner war die einzige Pforte zum Busch das Bentschner Schloss; wer dort anklopfte, kam von Westen her oder aus der Nähe von Bentschen, wie Gebauer aus Dürrlettel. Erst spät sind einige Nachzügler aus dem Osten gekommen, wie die Welke’s aus dem Netzbruche.

Was hat aber die Ansiedler bewogen in den unwirtlichen Busch zu ziehen? In die umliegenden Büsche waren viele junge Leute geflohen, um den Aushebungen zum Militair, einige wohl auch um Strafen zu entgehen, die meisten aber um ihren Unterhalt zu suchen. In den Lomnitzer Busch sind wohl die Einwohner fast nur aus letzterem Grunde gekommen. Jedoch sind auch einige durch Religionsverfolgungen in den Busch getrieben worden.

[1.774]

Ortseingang

Merkwürdig ist die Führung Gottes, durch welche Johann Georg Ulrich hierher geleitet worden ist, um die evangelischen Brüder durch die Erzählung seiner Schicksale im Glauben zu stärken. Sein Vater war ein wohlhabender Bäckermeister evangelischen Glaubens in Böhmen, unweit der Grenze, welchen man durch Überredung und Gewalt vom evangelischen Glauben abbringen wollte. Der katholische Geistliche zeigte ihm einen Brief mit goldenen Buchstaben und behauptete, dass dieser Brief vom Himmel gefallen sei und durch seinen Inhalt beweise, dass Gott die Anbetung der Maria verlange. Ulrich ließ sich nicht irre machen. Er fragte den Geistlichen: Ist es wahr, dass die erste Welt durch Wasser untergangen ist? Als der Geistliche dies bejaht hatte, fragte Ulrich weiter: Ist es auch wahr,dass die zweite Welt durch Feuer untergehen wird. Nachdem auch dies zugestanden war, sagte Ulrich: Dann kann mir die Schrift mit den goldenen Buchstaben nichts nützen. Im Feuer wurde sie nicht bestehen und ich hätte dem Weltenrichter doch nichts zu meiner Empfehlung vorzuweisen. Da die Überredung keinen Erfolg gehabt hatte, versuchte man es mit der Gewalt. Zunächst wurde dem Ulrich die Kundschaft entzogen, dann wurde ihm von Zeit zu Zeit eine Geldbuße auferlegt. Endlich wurde eine Wache in sein Haus gelegt, um ihn an der Flucht zu hindern. Seine Frau wurde mutlos und suchte ihn zu bewegen, den Glauben zu verleugnen, damit er seinen Kindern ihr Erbgut erhielte. Aber Ulrich wollte lieber Alles verlassen, ehe er dem Evangelium untreu würde. Er beschloss über die Grenze zu fliehen. Als die Nacht, die er zu seiner Flucht bestimmt hatte, angebrochen war, ging er aus seiner Behausung hinaus, fiel auf seine Knie und bat Gott inbrünstig um seinen Beistand. Insbesondere befahl er sein Weib und seine Kinder dem Schutze des Herrn. So gestärkt wartete er die letzte Revision der Wächter ab, welche gewöhnlich um Mitternacht stattfand. Als dieselben einige Zeit fort waren, sprach er seinem zaghaften Weibe aus Gottes Wort Mut zu, nahm in die eine Hand die Bibel und an die andere ein Kind und verließ Haus und Hof, um des Herrn willen. Aber die Wächter hielten zu ihrer Unterstützung große und starke Hunde, welche in der Regel den Fliehenden nachgeschickt wurden und dieselben entweder aufhielten oder zerrissen. Als unsere Flüchtlinge beinahe die Grenze erreicht hatten, hörten sie Paar Gewende hinter sich die Hunde der Wächter. Doch Gott der Herr lenkte durch zwei Hasen, welche über den Weg liefen, die wütenden Bestien von Ulrich, seinem Weibe und seinen Kindern ab. Die Hunde jagten den Hasen nach, und so gelang es den Flüchtenden, indem sie ihre Eile verdoppelten, unversehrt über die Grenze zu kommen. Sie ließen sich in Grenzdorf bei Wigandsthal in Schlesien wohnlich nieder und Ulrich konnte auch seine Profession wieder betreiben. Er hatte in einem Wagengeleise auf der Flucht einen Thaler gefunden. Und diesen Thaler hat ihm Gott so gesegnet, dass er wieder zu ziemlichem Wohlstande gelangte. Ein Sohn dieses Ulrich, Namens Johann Georg, hatte die Holzarbeiten z. B. das Brechenmachen u. dgl. gelernt. Um sich nun selbstständig zu unterhalten, kaufte er einige Meilen von Grenzdorf ein Stück Wald, welches viel Nutzholz, z. B. Buchen und Eichen enthielt, um dasselbe zu verarbeiten. Er mietete sich bei einem Bauern ein, welchem er für die Abfuhr des Holzes den Abraum und alles Unbrauchbare gab. — Da brach in jener Gegend die schwarze Pest aus, eine ansteckende Krankheit, welche mit unglaublicher Schnelligkeit Hunderte von Menschen hinraffte. Eines Tages war Ulrich im Walde, um Holz auszusuchen. Der Bauer hatte eine Fuhre nach Hause gefahren und wollte bald wiederkommen, um mehr Holz zu holen. Aber Ulrich wartete vergebens. Er ging endlich nach Hause, um nach der Ursache des Ausbleibens zu forschen. Als er in den Hof trat, sah er den beladenen Wagen und die angespannten Pferde davor stehen; aber keinen Fuhrmann. Diesen fand er zu seinem Entsetzen tot auf der Türschwelle. Auch die Familienglieder des Bauern sah er in der Stube tot liegen. An diesem Orte, wo der Tod so gewaltig regierte, konnte Ulrich nicht länger bleiben. Aber wohin sollte er sich wenden? Die Rückkehr in die Heimat war ihm versperrt. Wer aus der Pestgegend kam, wurde wie ein wildes Tier gejagt und man wusste, dass er sich dort aufhalte. Er verbarg sich daher mehrere Tage und Nächte im Walde und schlief in einem Haufen Laub. Es gelang ihm nur noch, eine heimliche Unterredung mit den Seinigen zu halten, wo er mit schwerem Herzen Abschied nahm, um anderswo sein Brot zu suchen. Dies geschah wahrscheinlich um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Ulrich suchte geeignetes Nutzholz und wurde immer weiter nach Osten gewiesen, bis er endlich im Lomnitzer Busche das gesuchte in Hülle und Fülle fand. Er ließ sich daher in Friedenau oder Grubske in der Nähe der Grubsker Schule nieder. Da aber die Gegend zu sumpfig war, so siedelte er sich südöstlich von der Kirche in Friedenhorst an, wo noch jetzt die Sand-Ulriche wohnen und von wo unser treuer Kirchmeister Gottlieb Ulrich sein Ausgedinge bezieht. Das Andenken des Gerechten bleibt im Segen.

Aber nicht lauter ehrliche Leute haben in unserem Busche redlichen Erwerb gesucht. Zwischen den Jahren 1757 und 1765 haben sich Leute in den Busch eingeschlichen, ohne die Herrschaft zu fragen. Sie haben in der Gegend, die noch heute die Teerbude heißt, drei Hüten gebaut und vom herrschaftlichen Holze Teer bereitet und ihre Bedürfnisse aus Neutomischel bezogen. Selbst der nächste Nachbar, der Hügel-Schiller ahnte nichts von diesen Eindringlingen, denn obwohl er nur ein paar Hundert Schritte entfernt wohnte, so hinderte doch undurchdringliches Gebüsch jede Wahrnehmung. Als man endlich einen Hund bellen hörte, so wünschte man doch keinen Verkehr mit den neuen Nachbarn. Der Gutsherr selbst musste die Eindringlinge entdecken. Als er in der Nähe der besprochenen Ulrichschen Wirtschaft jagte, spürte er einen Brandgeruch, wie von schwelenden Holze. Er schickte seinen Jäger aus, um nach der Ursache zu forschen. Dieser fand die ungebetenen Gäste. Sie wurden Räuber gescholten und bestraft, aber im Jahre 1765 unter den Bedingungen den Privilegiums vom Jahre 1757 in herrschaftlichen Schutz aufgenommen.

Aber noch viel schlimmere Räuber haben unter den ehrlichen Ansiedlern ihren Wohnsitz aufgeschlagen. Diese wurden aber nicht Räuber sondern Schenker genannt. Sie erwiesen sich gegen die Nachbarn sehr freundlich, bewirteten sie reichlich in ihrer Wohnung hinter dem Kirchhofe nordwestlich von der Kirche und teilten häufig Geschenke aus. Sie waren aber in der Tat ruchlose Räuber, welche in der Ferne große Kirchendiebstähle und andre Räubereien ausgeübt hatten. Sie glaubten sich hier im Busche geborgen und sollen ihre Schätze hinter und in den Grubsker Bergen vergraben haben. Aber die Hand Gottes fand sie doch; sie wurden entdeckt und an einem Galgen ausgehängt, welcher um ihretwillen an der Grenze des Neutomischeler Kreises errichtet wurde. Der Eigentümer Friedrich Grunwald hier, welcher 1866 in einem Alter von 66 Jahren starb, hat die Säulen desselben nebst der Staupsäule für unzüchtige Frauenzimmer, wenn auch schon halb umliegend, gesehen. Bis auf unsre Tage hat sich das Andenken an diese Schenker in einem Sprichworte in den Buschgemeinden erhalten. Wenn Jemand sagt: „Du könntest mir das schenken“, so antwortet der Angesprochene: „Die Schenker sind gehängt“.

Fortsetzung Kapitel 3. [1.775]

Zum 100 jährigen Jubiläum der evgl. Kirche in Friedenhorst – 1. Kapitel: Der Busch

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Oscar Illgner)
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„Zum 100 Jährigen Jubiläum der evangelischen Kirche in Friedenhorst“

Pastor Illgner geht in dieser Veröffentlichung auf die Geschichte des Kirchspiels Friedenhorst mit seinen Ortschaften ein. Einge Wörter wurden zum besseren Verständnis nach der heutigen Rechtschreibung in den Text eingebracht, in Klammern findet sich dann die „alte“ Schreibweise. Der Text wurde in die 4 Kapitel, in dem er ursprünglich verfasst wurde, geteilt. Die hier abgebildeten Postkarten wurden mit freundlicher Genehmigung von Herrn Arno Kraft, Berlin zur Verfügung gestellt und veröffentlicht.

Die digitale Version dieser Schrift ist unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.771] zu finden.

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Geschichte des Kirchspiels Friedenhorst

 

Das Kirchspiel Friedenhorst besteht aus folgenden 7 Ortschaften:

  1. Hauland Friedenhorst, ursprünglich: Holland Alt-Jastrzemski,
  2. Hauland Friedenau. ursprünglich Neu-Jastrzemski. (Die alten Namen sollen von einen Verwalter der Gutsherrschaft, Namens Jastrzemski herrühren, die neuen haben sich die Gemeinden im Jahre 1872 selbst gewählt.),
  3. Hauland Grubske, urspr. Grubski, Ort des Dicken, eines Bären, welcher hier hauste.
  4. Hauland Kunik, urspr. Choynik d. i. Fichtenstand,
  5. Hauland Polnisch-Böhmisch, urspr. Zisken, nach den böhmisch redenden Hussiten benannt,
  6. Hauland Amtskassner, nach dem ersten Ansiedler Hans Kanerowski,
  7. Lomnitzer Glashütte, eine Glasfabrik, welche der Herrschaft Lomnitz gehört.

Quellen:

  1. Die 3 Privilegien der vier erstgenannten Busch-Gemeinden, insbesondere das von 1712,
  2. Prozessakten,
  3. Willkührn, namentlich die Choyniker vom Jahre 1767,
  4. Alte Kirchenakten,
  5. Mündliche Überlieferungen, gesammelt seit 1832 von den Lehrern A. Hoffmann, H. Schöfinius und von Pfarrer O. Illgner.

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Der Busch

 

Die Grundlage des Kirchspiels ist das Privilegium vom Jahre 1712, welches Graf Stephan v. Garzynski, der Krone Polen, Kronfähnrich von Fraustadt, Possessor der Stadt und des Gutes Bentschen, Groß-Dammer, Lomnice, Pierzin usw. gegeben hat. Er übergiebt etlichen Holländern, welche sich bei ihm angemeldet haben, den zu Chrosnice-Lomnice gehörigen Busch zur Niederlassung auf den von ihnen gewählten Stellen. Diese Ansiedler im Lomnitzer Busche sollten dem Grafen als Grenzhüter dienen. Wenigstens geben die Söhne des Privilegiengebers als Grund an: Die Nachbarn hätten ihrem Vater in Haiden und Wäldern zu viel Schaden zugefügt. Der Hauptgrund ist wohl der erhoffte Geldgewinn gewesen. Die Verpflichtungen, welche die Holländer nach dem Genusse von 7 Freijahren übernahmen, waren vornehmlich ein jährlicher Zins von 10 Thalern für jede culmische Hufe Land und von 2 Thalern für freie Hütung im herrschaftlichen Walde.

Als Rechte wurden ihnen zugestanden: Freies Fischen im See und Flüssen, aber nicht in Teichen, freie Hütung gegen eine Entschädigung von 2 Thalern, freie Mastung mit herrschaftlichen Eicheln nach Übereinkommen, freies Halten von Bienen. Endlich wurde allen Ansiedlern eine halbe culmische Hufe mit folgender Bestimmung geschenkt: „Soll ihnen auf 10 Hufen noch eine halbe Hufe freigegeben werden, um einen Schulmeister zur Information ihrer Kinder und ihren Gottesdienst zu halten, darauf zu setzen, sollen sie aber mehr Hufen annehmen, so soll sich doch der Schulmeister mit der halben Hufe kontentieren.“

Wenn man dazu nimmt, dass die Holländer von allen anderen Abgaben und Lasten befreit sein sollten, so erscheinen diese Bedingungen verlockend. Aber es gehörte Muth dazu, sich im Lomnitzer Busche niederzulassen. Denn dieser war eine völlige Wildnis. Die sandigen Höhen waren mit uralten Kiefern und die morastigen Niederungen mit Erlen und Buchen dicht bestanden. Auf freieren Plätzen breiteten mächtige Eichen ihre knorrigen Äste aus. Ein See und mehrere Teiche und sumpfige Gräben füllten die tiefsten Stellen aus. Die Bewohner des Busches waren wilde Tiere. Der dicke Grobian, der Bär, beherrschte den ganzen Busch. Seine letzte Residenz war der Bärwinkel, südwestlich von der Grubsker Schule. Dem Berichterstatter wurde erzählt, dass er oft die Kettenhunde der Holländer zerrissen habe. Wenn sie ihre Hunde im Hofe jämmerlich schreien hörten, so flüsterten sie einander respektvoll zu: Er d. i. der Bär ist da. Seine vornehmsten Raubgesellen waren Wölfe, welche, wie alte Ausgedinger erzählt haben, noch ihren Vätern Schafe geraubt haben. In den Erlensümpfen wälzten sich wilde Schweine, welche nebst Elentieren und Hirschen in Gärten und Feldern großen Schaden anrichteten. Überall wimmelte es von Blindschleichen, Eidechsen, Ottern, Fischottern und allerlei giftigem Gewürm. Großen Schrecken, insbesondere unter dem Vieh, verbreitete der Gelbbauch, welcher mit seinem gräulichen Zischen und durch ein dem Peitschenknall ähnliches Geräusch, das er mit seinem Schwanze hervorbrachte, das weidende Vieh in wilde Flucht schlug. Das letzte Ungethüm erschoss Michael Schiller, zwischen 1783 und 1816. ein Vorfahr des Hügel-Schiller in Friedenhorst, südöstlich von der Kirche. Bei der Ausrottung dieser wilden Tiere haben die Holländer der jagdberechtigten Herrschaft wesentliche Dienste geleistet.

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Dorfansicht

Aber schwerer noch als sich vor wilden Tieren zu schützen, ward es den Ansiedlern, sich ihren Lebensunterhalt zu schaffen. Sie brauchten zunächst ein Obdach gegen die Unbilden der Witterung und bauten sich Hütten, die sie wahrscheinlich mit Schilf und Rohr deckten. Als neue Ansiedler hinzukamen, errichteten sie aus Baumstämmen, die sie nur mit dem Beile ohne Säge bearbeiteten, Blockhäuser mit vereinten Kräften. Aber woher sollten sie Nahrungsmittel bekommen? Der See und die Flößer lieferten ihnen einige Fische. Die Bienen, welche sie hielten, gaben ihnen etwas Honig. Fleisch, Milch und Butter verschafften sie sich, indem sie Ziegen, Rindvieh, Schafe und Schweine hielten. Aber Brot (war Brod) war ein vielbegehrter Luxusartikel. Dem Verfasser ist in der Nähe des Eichkruges in Kunik ein großer Morgen Land gezeigt worden, welcher für ein Brot und eine Elle Tabak verkauft worden sein soll. Reines Roggenbrot, ohne Zutat von Eicheln u. dergl., wurde erst in sehr später Zeit gebacken. Die Kleidung verfertigten sich die Ansiedler meist selbst aus Flachs. Wohl in jedem Hause stand ein Webstuhl, auf welchem insbesondere Hemden und leinene neue Röcke gewebt wurden. Auch die Männer trugen solche. Nur im Winter bedeckten sie sich mit einer Art Sackpoletot von grobem grauem Tuch, den sie sich kaufen mussten. Aber sie brauchten doch noch mehr Geld, namentlich um den Zins zu geben und den Gottesdienst zu unterhalten. Wie sollten sie sich Geld verschaffen? Alles, was unter der Erde gefunden wurde, z. B. Eisen- und Kalksteine, gehörten der Herrschaft. In Grubske stand ein Kalkofen, in welchem sämtlicher Kalk gebrannt wurde, welcher zum Baue der katholischen Kirche in Bentschen erforderlich war. Den Holländern blieb außer einigen Produkten der Viehzucht nur das Holz, um Geld daraus zu lösen. Anfangs freilich wurde es wenig geachtet. Man schichtete es in Haufen zusammen und verbrannte es, um freies Land zu gewinnen. Bald aber suchte man es zu verwerten. Man verkaufte es in Neutomischel oder Bentschen. Da aber der Erlös die Mühe kaum lohnte, so suchte man das Holz besser zu nutzen. Man brannte Kohlen und schwelte Teer. Spuren von Teeröfen sind heute noch vorhanden: 1. nordwestlich von der Kirche am Wege nach der Glashütte, 2. südlich an der Grenze zwischen Friedenhorst und Kunik. Die beste Verwertung war die Verwendung des Holzes zu allerlei Holzarbeiten. Die Ansiedler fertigten Mulden, Schippen, Tröge, Schwingen, Brechen u. dgl. Ein alter Ausgedinger erzählte, dass sein Vater ein Andenken an die ersten Holzarbeiter gefunden habe. Als er einen Stock ausroden ließ, der vier vierzig Ellen lange hohle Kiefernstämme trug, so lag darunter eine Muldenaxt und eine Stange Eisen. Das Holz, diese erste Erwerbsquelle der Holländer, nahm natürlich mit der Zeit ab. Durch ihren Fleiß aber verschafften sie sich eine beständigere. Sie schufen die Brüche und Sümpfe zu fruchtbaren Feldern und Wiesen um. Sie karrten den Sand der Höhen in die Tiefen und rayolten das Land, überfuhren auch die Wiesen und verbesserten die Gräben. Aber all ihr Fleiß, hätte nicht hingereicht, um die wachsenden Bedürfnisse zu befriedigen, wenn ihnen nicht Gott durch eine wunderbare Fügung ein wertvolles Produkt zugeführt hätte, für welches gerade der hiesige durchlässige Boden besonders geeignet war. Gott fügte es nämlich, dass Hussiten in die Gegend kamen und die Saazer Hopfenrebe aus ihrem Vaterland mitbrachten.

Graf Adam z Bąszyn, Adam von Bentschen, war durch hussitische Schriften für den Glauben dieser Vorläufer der Reformation gewonnen worden. Er nahm verfolgte Hussiten in seinem Schlosse zu Bentschen auf und schützte sie gegen die Angriffe der Katholiken. Endlich aber wurde das Schloss erstürmt und die Hussiten ausgetrieben. Sie flüchteten in die Büsche, Die böhmisch Redenden ließen sich in unserem heutigen Polnisch-Böhmisch, die deutsch Redenden in Deutsch-Böhmisch nieder und pflanzten Hopfen. Der Hopfenbau hat sich von hier aus nicht bloß in unseren, sondern auch in die benachbarten Büsche verbreitet und hat der Gegend um Neutomischel großen Segen gebracht. Die Verfolgung durch die Katholiken ist also durch Gottes Fügung den Evangelischen zum Besten gediehen. Die Menschen gedachten es böse zu manchen, aber Gott gedachte es gut zu machen, dass er täte wie es jetzt am Tage ist, zu erhalten viel Volks. — Aus dem Gange der Kultur aus unserem Busche können wir aber noch eine andere Glaubensstärkung schöpfen. Die Zweifler klagen: Die besten Stücke des Erdbodens sind bereits von Menschen eingenommen, für unsere Nachkommen bleibt nur der schlechte Rest übrig. Wie soll die zunehmende Menschheit künftig ihr Brot finden? Unnütze Sorge. In unserem Busche sind die sandigen Höhen mit ihrem schwachen Boden zuerst angebaut worden. So wartet in aller Welt der starke Boden auf die Zunahme der Bevölkerung. Er wird zuletzt untertan. Hier wenigstens weisen alle Erinnerungen darauf hin, dass die Schubert’scher Wirtschaft, der Kirche zunächst am Wege nach Bentschen,auf einer sandigen Höhe gelegen, die erste Niederlassung gewesen ist, wo auch der erste Schulze der vier Buschgemeinden, Namens Weber gewohnt haben soll.

Fortsetzung im Kapitel 2. [1.776]

Aron Heppner, Isaak Herzberg – Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Aron Heppner, Isaak Herzberg)
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Dieser Text stammt aus dem Buch  „Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen [1.777]„, veröffentlicht im Jahr 1904, dieses ist zu finden und zu lesen in der Grosspolen Digital Bibliotkek [1.777] . Bei dem hier veröffentlichten Artikel wurde nur der Teil ausgewählt und leicht abgewandelt, der sich direkt mit der Stadt Neutomischel befasst (No. 69. / Seite 658ff). Am Ende wurden die Zahlen der jüdischen Bevölkerung aus Neutomischel und aus den Nachbarstädten gesammelt.

Neutomischel (poln. Nowy Tomyśl), am 6. April 1786 zur Stadt erhoben, hatte im Jahre 1800 noch keine jüdischen Einwohner (Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen I S.390) und sollte in den 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts, da es sich gar nicht entwickelte, wieder in eine Dorfschaft umgewandelt werden. „Da trat ein Ereignis ein, welches die Lage der Stadt vollkommen zum Besseren änderte, und dies durch einen Juden, den Kommerzienrat Joseph Jakob Flatau (*) aus Berlin, der sich für den Hopfenbau der dortigen Gegend zu interessieren begann.

(*) Geb. am 1. Mai 1808 in Posen, „genoß eine vorzugsweise kaufmännische Bildung, die er durch volkswirtschaftliche Studien und Reisen in das Ausland vertiefte und erweiterte. 1837 setzte er den Plan, den Hopfenbau, den er in Belgien hatte schätzen gelernt, in seiner Heimatprovinz zu betreiben, und seiner rastlosen Tätigkeit ist es mit zuzuschreiben, dass dieser eine solche Verbreitung und Bedeutung gefunden hat“. Mannigfache Auszeichnungen wurden ihm hierfür zuteil, und er starb geehrt und geschätzt am 28. Februar 1887 – Über sein Leben und Wirken vergl. :.

Fl.[atau] führte zunächst gute Wurzelsprossen aus Böhmen und Bayern ein und sorgte für den nötigen Absatz durch Beschickung verschiedener Ausstellungen.“ Und der Erfolg blieb nicht aus; denn während früher der jährliche Ertrag selten 500 Zentner überstieg und etwa 1500 Taler brachte, betrug um 1885 die Produktion schon 40000 Zentner, die einen Wert von sechs Millionen Mark repräsentierten (Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen II S.140). Im Laufe der Zeit ließen sich hier verschiedene Juden nieder, und wir finden daselbst im Jahre 1861 etwa 20 jüdische Familien, die in einem gemieteten, beschränkten und sehr bescheidenen Privatlokale ihren Gottesdienst abhielten..

Es wurde daher ein eigenes Gotteshaus erbaut (Einweihung November 1861) und zur teilweisen Beschaffung der hierzu erforderlichen Mittel von dem „Verein der jungen Leute“ eine Verlosung veranstaltet und die Lose auch an auswärtige Glaubensgenossen gesandt (nach einem von der Verlosungs=Kommision – Jak.[ob] Basch , S. Cohn und M. Friedländer – versandten Schriftstück; im Besitze des Rabbiners Dr. Heppner – Koschmin) – …. in Neutomischel sind.

In diesem Jahre wurden 100% der Staatssteuer von jüd. Gemeinden erhoben, der Etat betrug 2000 Mark, und es bestanden daselbst eine Kasse gegen Wanderbettelei, eine Chebra Kadischa und ein isr. Frauenverein (Statistische Jahrbuch des deutsch= israelitischen Gemeindebundes)

An den Feldzügen 1866 nahmen Raphael Levy und  Isidor Cohn und 1870:3 Juden aus Neutomischel teil; von diesen wurde einer Gefreiter.

Auch in der Stadtvertretung sind Juden („Die Juden als Soldaten und Handbuch der Provinz Posen”) – Archivalien, ja nicht einmal Auskünfte und Antworten waren vom Vorstande der jüd. Gemeinde Neutomischel zu bekommen !.

Eine kurze Statistik der jüdischen Bevölkerung in Neutomischel und weiteren Städten der Umgebung:.

Provinz Posen
Neutomischel Neustadt   Bentschen   Gratz Opalenitza
zusammen Juden zusammen Juden zusammen Juden zusammen Judeni zusammen Juden zusammen Juden
1840 1017194 40224 773 50 2460 815 1868 307 3586 1620 1337 27
1871 1106959 32891 1218 165 2456 540 2468 222 3714 793 1497 14
1895 1173211 25379 1844 151 2600 280 3358 147 4042 366 2608 4
1903     1808 151 2639 220 3782 140 3784 319
1905       117 225 125 319
Wollstein Pinne   Buk   Wielichowo Rakwitz
zusammen Juden zusammen Juden zusammen Juden zusammen Juden zusammen Juden
1840 2627 858 1990 697 2167 241 1067 16 1677 209
1871 2803 468 2328 672 2670 266 1424 38 2019 176
1895 3236 330 2604 376 3385 250 1782 28 2210 95
1903 3438 350 2572 369 3550 300 1782 24
1905 330 376 231

Die ersten Bürgermeister der Stadt

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[1.778]

Bucheinband der Stadtchronik

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In oben genannter Chronik findet sich folgende Ausführung:

„Zum Schlusse mögen noch die Namen derjenigen Männer hier Platz finden, unter deren Leitung die Stadt von ihren Anfängen an bis auf ihren heutigen zu besten Hoffnungen berechtigenden Standpunkt gelangt ist. Da es trotz der eifrigsten Nachforschungen nicht möglich war, Actenstücke aufzufinden, aus denen die Amtsdauer der ersten Bürgermeister (Consulen) ganz genau hätte ermittelt werden können, so sei bemerkt, dass die Richtigkeit der Jahreszahlen etwa bis zum Jahre 1811 hiermit nicht als unbedingt, sondern nur als annähernd richtig betrachtet werden kann. Die Namen der Bürger-meister sind folgende:

  1. Johann Martin Längner (-1790)?
  2. Johann Heinrich Jose (-1792)?
  3. Georg Friedrich Hartmann (1811-1832)
  4. Roestel i. V. (1832-1833)
  5. Kant (1833-1837)
  6. v. Unruh (1837-1843),
  7. Katerla (1843-18. August 1851)
  8. Fischer (18. August 1851-28 Sep 1866)
  9. Thiemann (28. September 1866-24. Juli 1875)
  10. Roll i. V. (1 Juli 1874-30 April 1877)
  11. Witte, Carl (vom 30 April 1877)

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Die Aussage „eifrigste Nachforschungen“ verlangt geradezu danach der Sache einmal nachzugehen. Wenn man schon seinerzeit keine „Actenstücke“ hat auffinden können, so ist dieses heute – weitere 122 Jahre später sicherlich auch kaum noch möglich. Als Quelle um diese Amtszeiten zumindest annähernd zu korrigieren und in die richtige Folge zu bringen, verbleiben daher im Moment nur die Kirchenbücher. Recherchiert wurde daher ersteinmal in den Aufzeichnungen der evangelischen Kirchen; eine Prüfung der katholischen Kirchenbucheintragungen muss noch erfolgen, da einige Zeiträume unklar oder sogar ungeklärt blieben. Nichts desto trotz soll hier aber schon einmal aufgezeigt werden was gefunden werden konnte.

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Johann Heinrich Jose –  seine Amtszeit kann eigentlich nur für das Jahr 1787 als Bürgermeister nachvollzogen werden – er war vermutlich der 1. Bürgermeister von Neutomischel

Von woher oder auch zu wann Johann Heinrich Jose nach Neutomischel kam ging aus keiner der gefundenen Eintragungen hervor. Er galt als Bürger und Chirugius auf dem Kirchenplatz zu Neutomischel. Verheiratet war er mit Anna Rosina Richter. Aus den Taufeintragungen des evangelischen Kirchenbuches der Gemeinde Neutomischel ist zu entnehmen, dass 4 Kinder in der Stadt geboren wurden, aber auch, dass alle im Kindesalter bereits verstarben.

Als Kinder sind zu nennen: Johann Friedrich geboren ca. 1779 und verstorben am 10 März 1785, Florentine geboren ca. 1780 und verstorben am 26 November 1782, Johann Carl geboren am 29 Juni 1783 und verstorben am 30 März 1787 und als letzte aufgefundene Eintragung Johann Heinrich geboren am 25 April 1785 und verstorben am 24 Januar 1787 an den Blattern.

Nur in den beiden Sterbeeintragungen des Jahres 1787 ist Johann Heinrich Jose als Bürgermeister zu Neutomischel tituliert. Er selbst verstarb am 18 Juli 1799 im Alter von 66 Jahren an der Geschwulst in Neutomischel; rechnerisch müsste er etwa zu 1733 geboren worden sein. Seine hinterlassene Witwe Anna Rosina Richter welche ca. 1754 geboren worden sein müsste, schliesst per 18 November 1800 in Neutomischel eine weitere Ehe mit dem Bürger und Müller Johann Martin Fechner zu Neutomischel.

* * *

Johann Martin Langner –  die Verfolgung seiner Amtszeit ergab, dass er als Bürgermeisters für das Jahr 1789 tätig gewesen sein müsste, er war somit in diesem Amt später eingesetzt als Johann Heinrich Jose.

Eine Vermutung ist, das Johann Martin Langner im Jahr 1761 in Rakwitz geboren wurde und somit von dort übersiedelte. Er war verheiratet mit Anna Susanna Weiss. Dieser Familie wurden folgende Kinder zugeordnet:

Johann Gottfried geboren am 27 März 1787 in Neutomischel und verstorben am 21 Juli 1871 zu Amtskassner Gemeinde – er wird erwähnt als Eigentümer, Böttcher, Lehrer und letztlich als Ausgedinger zu Amtskassner, er war verheiratet mit Eva Rosina Stürtzebecher; Charlotta geboren ca. 1788, sie verstarb am 26 Mai 1843 in Chmielinke, sie galt als dortige Einwohnerin und war vermutlich unverheiratet; August Wilhelm geboren am 12 Mai 1789; Johanna Renata geboren am 13 Juli 1789; Carl Dienegott geboren am 28 Januar 1795; alle drei wurden in Neutomischel lt den Eintragungen geboren; Carolina Friederike geboren ca. 1805, leider wurde auch ihr Geburts- und Taufeintrag nicht gefunden, sie heiratete als jüngste Tochter am 14 Mai 1828 in Neustadt Pinne den Johann August Friedrich Wache, geboren ca. 1795, einen Müllermeister zu Grätz und später zu Chmielinke.

Johann Martin Langner verstarb am 31 Oktober 1831 zu Chmielinke Hauland. Sein Alter wurde mit 76 Jahren angegeben. Sein Tod wurde als altershalber eingetragen. Er verstarb als Schullehrer und als Sohn eines Böttchers. Dieser letztere Vermerk lässt den Rückschluss zu Gottfried Langner, Bürger und Böttchermeister zu Rakwitz als Vater zu. Seine hinterlassene Witwe Anna Susanna Weiss, rückgerechnet aus dem Toteneintrag ca. 1763 geboren, verstarb am 13 Oktober 1848 zu Chmielinke.

Das Betätigungsfeld des Johann Martin Langner war abwechslungsreich, in den Eintragungen heisst es wie folgt: 1787 Büttner, 1789 Bürgermeister, 1792 Bürger und Eigentümer, 1795 Bürger und Böttcher – alles in Neutomischel; 1828 ist erstmals zu finden, dass er als Schullehrer zu Chmielinke tätig gewesen war.

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George Friedrich Hartmann war der nächste Bürgermeisters laut Chronik  –  seine Amtszeit bzw. Amtszeiten als Bürgermeister finden sich aus den Kirchbucheintragungen für die Jahre 1794 und wieder von 1806-1812 bestätigt

Aber ersteinmal zu den Daten, die zu ihm und seiner Familie gefunden wurden. Er war verheiratet mit Maria Schlinke. Die Familie ist über Paprotsch/Paproc nach Neutomischel gelangt. Den Daten folgend müsste die Übersiedlung etwa um 1786 erfolgt sein; in diesem Jahr wurde erstmals Neutomischel als Geburtsort bei einem ihrer Kinder vermerkt.

Die Daten der Kinder spielen hier wie sich herausstellte eine besondere Rolle, in ihnen wurden die Ämter und auch die ausgeübten Tätigkeiten erwähnt. Rosina Dorothea wurde am 20 August 1779 in Paprotsch (1) geboren. Sie ehelichte Philipp Jacob Tobien, einen Apotheker in Posen am 10 November 1795 (2) in Neutomischel. In der Eheeintragung ist vermerkt, dass sie die einzigste Tochter gewesen war. Dieses stimmt aber nur insoweit, dass ihre jüngere Schwester erst nach 1795 geboren worden war. Rosina Dorothea verstarb im Alter von 26 Jahren und 2 Tagen, so der Eintrag, in Neutomischel bei ihrem Vater. Christoph wurde am 29 Januar 1782 (3) in Paprotsch geboren, ihm folgte als jüngere Schwester Maria Christina, sie wurde am 14 Mai 1784 (4) in Paprotsch geboren und verstarb am 23 Mai 1787 (5) in Neutomischel. George Friedrich wurde geboren am 10 November 1786 (5) zu Neutomischel, Carl Siegesmund am 21 November 1789 (6) und er verstarb am 22 Oktober 1791 (7) zu Neutomischel, Carl Friedrich Wilhelm wurde am 15 Jul 1794 (8) in Neutomischel geboren, Johanna Marianna oder auch Amalia Juliana wurde dann am 20 Januar 1797 (9) geboren. Ihre Eheschliessung mit dem Bürger und Fleischhauermeister, Handelsmann und auch Gastwirt Johann Carl Teffling fand am 13 Februar 1816 (10) in Neutomischel statt, sie verstarb am 18 Mai 1838 in Neutomischel.

George Friedrich Hartmann wurde rückgerechnet aus seinem Toteneintrag ca. 1743 geboren, er verstarb am 15 Januar 1821 in der Stadt Neu Tomysl. Sein Alter wurde mit 78 Jahren, 3 Monaten und 6 Tagen angegeben. Er verstarb als Bürger und gewesener Bürgermeister. Als Todesursache ist Schlagfluss angegeben. Seine Ehefrau Maria Hartmann geborene Schlinke, Ehefrau des Senators zu Neutomischel war ca. 1754 geboren worden und verstarb am 01 Oktober 1809 in Neutomischel am „Krebse“ im Alter von 55 Jahren.

George Friedrich Hartmann wird erwähnt als : 1779 (1)Nachbar in Paprotsch, 1782 (3) Nachbar und Gerichts-Schulze in der Paprotscher Gemeinde, 1784 (4)Kirchenvorsteher und Nachbar in der Paprotscher Gemeinde, 1787 (5) Gastwirth jetzt in Neutomysl, 1789 (6) Bürger und Müller, 1791 (7) Bürger und Müllermeister und Raths-Assistent, 1794 (8) Müller und Bürgermeister, 1795 und 1796 (2) Neben-Bürgermeister; 1797 (9) ebenso; 1798 und 1799 wird der Titel Neben-Bürgermeister verwendet, er übernahm in dieser Zeit zahlreiche Patenschaften; ist er Kämmerer zu Neutomischel. Mit dem Eintrag vom 17 September 1806 wandelt sich dieses dann – jetzt ist er Senator, dieses bleibt auch gleich mit den Einträgen in den Jahren 1807 und 1809; 1811 und 1812 wechselt es dann wieder zu dem Titel Bürgermeister zu Neu Tomysl. Mit der Eintragung im Jahr 1816 (10)enden die Eintragungen mit der Titulierung Ex-Bürgermeister.

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Eigentlich waren in der Chronik zum 100jährigen Bestehen der Stadt Neutomischel nur die Eintragungen „etwa bis zum Jahre 1811“ in Frage gestellt worden, die Daten sind aber über dieses Datum von gefundenen Eintragungen stark abweichend. George Friedrich Hartmann z. B. kann nicht bis 1832 Bürgermeister der Stadt gewesen sein – er verstarb bereits im Jahr 1821, also 11 Jahre bevor die im zugedachte Amtszeit endete.

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[1.782]

1796 - Eintragung des Ernst Hertzog als Bürgermeister (Archiwum Państwowe Poznań 3818/'Akta stanu cywilnego Parafii Ewangelickiej Nowy Tomyśl' sign. 2)

Ernst Hertzog – über ihn konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. Eine einzige Eintragung am 17 September 1796 benennt ihn als Bürgermeister allhier ( = Neutomischel) bei der Übernahme der Patenschaft bei der Taufe des Johann Wilhelm Dienegott Roy.

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Johann Gottfried Hartmann war vermutlich für die Zeit von 1812 – 1832 der Bürgermeister der Stadt Neutomischel

Es steht zu vermuten, dass er schlicht und einfach unerwähnt blieb, da er zwar als Herr Hartmann über lange Jahre Bürgermeister zu Neutomischel war, nur niemand berücksichtigte, dass sein Vorname Johann Gottfried war und er somit mit seinem Vorgänger George Friedrich nicht identisch war. Die Aufzeichnungen der Familie Johann Gottfried Hartmann und seiner Ehefrau Maria Catharina Anna Bensch/Benisch beginnen mit dem Jahr 1802 zu Neutomischel.

Zu ihren Kindern wurde folgendes gefunden: Johanna Carolina wurde geboren am 16 Dezember 1802 in Neutomischel (1). Sie wird wohl als „gefallene“ Tochter gegolten haben und seinerzeit grosse Aufregung in die Familie gebracht haben. Am 10 August 1822 findet sich der Geburtseintrag des Johann Gustav Hartmann, Sohn der unverehelichten Bürgerstochter Johanna Carolina. Erst per 07 Mai 1840 hat sie die Ehe mit dem Witwer Gotthilf August Behnisch, Bürger und Tuchfabrikant zu Meseritz geschlossen. Gleichzeitig scheint der Sohn Johann Gustav adoptiert zu werden, leider ist aber der Kirchenbuch hierzu sehr schlecht lesbar. Bei dieser Eheschliessung ist Johanna Carolina als hinterlassene älteste Tochter des weiland Johann Gottfried Hartmann, Bürgermeisters zu Neutomischel benannt. Ludewig wurde geboren am 23 Apr 1801 (1); Carl Adolph wurde am 17 Februar 1806 in Neutomischel (1) geboren. Aus der Eintragung seiner Eheschliessung vom 24 November 1843 ist zu entnehmen, dass er als Tischler zu Sontop ansässig gewesen war, er heiratete die Johanna Dorothea Marquardt. In dieser Eintragung wurde er als zweiter Sohn des weiland Johann Gottfried Hartmann, gewesenen Bürgermeister zu Neutomysl benannt. Johann Friedrich Wilhelm geboren am 27 April 1808 (1) in Neutomischel wurde am   10 November 1850 in Neutomischel aufgeboten mit Carolina Wilhelmina Heller, die Eheeintragung findet sich dann unter dem 05 Dezember 1850 in Grätz, Johann Friedrich Wilhelem galt als dritter Sohn des weiland Gottfried Hartmann, Bürgermeisters zu Neu Tomysl. Er selbst war Eigentümer in Neu Tomysl und als Seifensieder tätig. Christian Heinrich, geboren am 18 Mai 1810 (1) in Neutomischel, war vierte Sohn des verstorbenen Bürgermeisters. Er heiratete am 30 Juli 1840 JohannaWilhelmina Kaulfuss. Auch er war in Neutomischel ansässig; er galt als Bürger und Fleischergeselle. Amalia Henrietta Anna wurde am 28 Sep 1812 (2) in Neutomischel geboren. Als zweite Tochter des weil. Bürgermeisters schliesst sie am 17 Januar 1844 die Ehe mit dem Witwer Johann Carl Lehmann, Schneidermeister zu Glinau; dieser verstirbt schon 1848. Eine zweite Eheschliessung findet sich dann unter dem 29 Apr 1850 mit Friedrich Ernst Heller, Schneidermeister zu Glinau und zu Neutomischel. Maria Wilhelmine wurde am 15 Jun 1815 (2) geboren; sie verstirbt vermutlich unverehelicht am 24 Okt 1839 in Neutomischel. Eduard Robert wurde dam 16 Feb 1818 (2) geboren, im Aufgebot vom 25 Juni 1843 findet sich, dass er der jüngste Sohn gewesen sei, die Ehe selbst findet sich per 13 Jul 1843 in Boruy. Eduard Robert war als Schuhmachergeselle in Neutomischel ansässig. Die Geburt der Johanna Juliana am 25 April 1820 in Neutomischel ist die letzte gefundene Eintragung

Johann Gottfried Hartmann wurde ca. 1778 geboren; er verstarb am 13 Sep 1832 in Neutomischel. Als Stand des Verstorbenen ist im Toteneintrag Bürgermeister angegeben. Sein Alter, schwer entzifferbar, könnte als 54 Jahre, 10 Monate und 5 Tage gedeutet werden, als Todesursache galt Schlagfluss. Weder wurden Daten zu seinen Eltern noch zu seiner Eheschliessung gefunden. Maria Catharina Anna Bensch, deren Name auch Behnisch, Bansch, Behnsch geschrieben wurde verstarb am 16 September 1854 in Glinau als Witwe des Gottfried Hartmann, Bürgermeisters zu Neu Tomysl. Ihr Alter wurde mit 73 Jahren und 7 Monaten angegeben, sie müsste also ca. 1778 geboren worden sein.

Für Johann Gottfried Hartmann finden sich folgende Standesbezeichnungen, im Jahr 1800 Nebenbürgermeister, 1802 (1) galt er als Bürger und Müller, die Amtszeit als Bürgermeister kann für die Jahre 1812 (2) , 1813 ; 1815, 1818, 1819, 1820, 1821, 1822, 1826, 1827  und 1832 belegt werden; auch er hat bei vielen Taufen die Patenschaften übernommen.

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Die Bürgermeister waren lt. den gefunden Eintragungen somit:

Stärke Helmut – 200 Jahre Neutomischel 1983

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Helmut Stärke)
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200 Jahre Neutomischel“ – der Artikel wurde im Original von Helmut Stärke für das Jahrbuch der Landsmannschaft Weichsel-Warthe Ausgabe 1983 verfasst und publiziert.
Eine Veröffentlichung auf dieser Seite erfolgt mit freundlicher Genehmigung der LWW – Landesmannschaft Weichsel-Warthe


In diesem Jahr kann die jüngste Stadt im Posener Land ihr 200jähriges Bestehen feiern. Aus einem Marktflecken, der sich um die für die evangelischen Siedler der umliegenden Holländergemeinden errichteten Kirche gebildet hatte, ist in der Zwischenzeit eine pulsierende Kleinstadt mit über 10 000 Einwohnern geworden.

Um das 1779/80 errichtete evangelische Gotteshaus hatten sich Händler, Gastwirte mit Ausspannungen und auch Handwerker niedergelassen, so daß der Grundherr von Tomyśl Felix Szoldrski auf den Gedanken kam, hier eine Stadt anzulegen. Seine Eingabe an den König in Warschau beantwortete Stanislaus August am 8. April 1786 zustimmend. Er gestattete, eine Stadt nach Magdeburger Recht zu errichten unter „Aufhebung der polnischen und litauischen Gesetze, welche dieses teutonische Recht antasten und verwirren könnten“. Der Grundherr verlieh der neuen Stadt, die den Namen Neu TomysI bekam, sein eigenes Wappen, einen Kahn, und ließ weitere Häuser errichten und bestimmte auch den Stadtplan. Neben dem Alten Markt auf dem die Kirche stand, wurde hinter einer Verbindungsstraße, die man wegen der florierenden Geschäfte bald Goldstraße nannte, ein Neuer Markt angelegt, auf dem das Rathaus stehen sollte. Von diesen Märkten führten Ausfallstraßen zu den Nachbarstädten und -dörfern. Die neuen Bürger waren ausnahmslos Deutsche und stammten aus der näheren und weiteren Umgebung.

Neutomischel um 1960, im Hintergrund Häuser aus Gründezeit [1.783]

Neutomischel um 1960, im Hintergrund Häuser aus Gründezeit

Durch Privilegium vom 18. Februar 1788 erließ der Graf Szoldrski für seine Mediatstadt eine ausführliche Stadtordnung. Der 100. Geburtstag wurde aus diesem Grunde auch 1888 gefeiert, da das Stadtleben der „deutschen Leute“, wie es darin heißt, erst hier bis in die Einzelheiten geregelt wurde.

Mit der 2. Teilung Polens 1793 begann auch für diese junge Stadt und ihre Bürger das Leben unter preußischer Obrigkeit. Am Ausgang des 18. Jahrhunderts hatte die Stadt 60 Häuser, 6 Windmühlen und 430 Einwohner. Es waren In erster Linie Handwerker und Händler, die ihre Geschäfte mit den Bauern der umliegenden Hauländergemeinden tätigten. Es gab aber auch Ackerbürger mit Viehhaltung, denn bis zur Pflasterung des Neuen Marktes befand sich auf diesem noch ein Teich für deren Enten und Gänse. Die Häuser waren alle aus Holz errichtet unter Verwendung von Lehm aus den im Westen der Stadt gelegenen Lehmkeuten. Auf den Märkten herrschte zu den Wochenmärkten reges Treiben. Besonders der Neue Markt war dann angefüllt von Bauernwagen, die landwirtschaftliche Erzeugnisse und allerlei Vieh zum Verkauf in die Stadt brachten.

Einen großen Aufschwung nahm die Stadt durch den Hopfenbau in der Umgebung und den Hopfenhandel. Zu erwähnen ist hier der 1837 aus Posen zugezogene Kaufmann Joseph Jacob Flatow, der für bessere Anbaumethoden und Hopfensorten sorgte. Er brachte dadurch den Hopfenhandel auch mit dem Ausland in Schwung. Für seine Verdienste erhielt er 1858 die Ehrenbürgerwürde. Durch den Hopfen wurde die Stadt im In- und Ausland bekannt, denn von weither kamen Händler in das Städtchen zum Einkauf des begehrten Neutomischler Hopfens. Nachdem die Märkisch-Posener Eisenbahn ab 1870 für bessere Verkehrsverbindung gesorgt hatte, blühte der Handel weiter auf, und das Städtchen war nun der größte Hopfenhandelsplatz in Preußen.

Ein politisches Ereignis trug zum Aufschwung der jungen Stadt bei. Der polnische Aufstand 1848, der die Besetzung der Kreisstadt Buk durch polnische Insurgenten brachte, welche auch Grätz, die größte Stadt des Kreises, bedrohten. Die Neutomischler Bürgerwehr, unterstützt durch die Schützengilden benachbarter Hauländergemeinden, zog nach Grätz und bewahrte so diese Stadt vor ähnlichen Ereignissen wie in Buk. Als Folge davon wurde die Kreiskasse und das Landratsamt von Buk in das sicherere Neutomischel verlegt. Kreisstadt wurde Neutomischel aber erst 1887 nach Teilung des Buker Kreises in zwei: Grätz und Neutomischel. Schon viel früher war die fast nur von Deutschen bewohnte Stadt Sitz des Bezirkskommandos geworden. 1880 waren von 1300 Einwohnern nur 150 katholisch und davon bekannten sich auch einige zum Deutschtum. 1900 hatte Neutomischel 1805 Einwohner, davon 311 Katholiken.

In der kleinen Stadt gab es um die Jahrhundertwende viele Vereine: 2 Turn-, 3 Gesangsvereine und den großen Landwehrverein sowie die Schützengilde und auch einen Verschönerungsverein, daneben bestanden viele berufliche, konfessionelle und bildnerische Vereinigungen. Hauptsächlich in den Wintermonaten fanden fast in jeder Woche Veranstaltungen in den kleinen und größeren Saalbauten der Stadt statt. Kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges fand hier Ende Juli 1914 das 18. Bundesschießen des Schützenbundes Neumark-Posen statt. Gleichzeitig feierte die Schützengilde Neutomischel ihr 125jähriges Jubiläum. Dies war wohl der Höhepunkt im Vereinsleben des Städtchens. Die Mobilmachung brachte bald danach viele andere Besucher hierher. Die Reservisten wurden vom hiesigen Bezirkskommando eingekleidet und ihren Truppenteilen zugeteilt. So mancher ältere Mann erinnerte sich bei der Nennung des Namens Neutomischel noch nach dem letzten Krieg an diese Tage. Industrieansiedlungen wie die Gasglühkörperfabrik, 2 Dampfmühlen, 1 Ölmühle, 1 Drahtgeflechtfabrik, 2 Maschinenbauanstalten, 2 Brauereien und andere gewerbliche Betriebe hatten inzwischen für mehr wirtschaftliches Wachstum gesorgt, so stieg die Einwohnerzahl auf 2 1/2Tausend. Die alten einstöckigen Holzhäuser waren mit derzeit, meist nach Bränden, durch neue, massive und mehrstöckige Häuser ersetzt worden. Die Stadt machte einen sauberen und wohlhabenden Eindruck, und Besucher schätzten darum die Einwohnerzahl meist höher, als sie wirklich war.

Am 3. Januar 1919 gelang es polnischen Aufständischen, die Stadt aus Richtung Neustadt im Handstreich ohne Kampf zu besetzen. Über die Umstände, die dazu führten und die Rolle einiger deutscher Offiziere in der Stadt ist später viel diskutiert worden. Die deutschen Beamten und später auch viele Geschäftsleute verließen die Stadt, und Polen zogen zu. Neutomischel lag jetzt im Zentrum des nach Westen bis Bentschen vergrößerten Kreises. Die Menschen mußten sich mit den neuen Gegebenheiten abfinden. Es entwickelte sich ein friedliches und teilweise wohlwollendes Nebeneinander zwischen deutschen und polnischen Einwohnern. Die nähere Umgebung blieb deutsch besiedelt, und deutsche Genossenschaften mit Sitz in der Stadt übernahmen wichtige wirtschaftliche Funktionen. Die Deutschen der Gegend erfüllten ihre Bürgerpflichten dem polnischen Staat gegenüber, hielten aber an ihrem Volkstum fest. Trotz vieler Reibungspunkte kann man aber sagen, daß sie respektvoll von der polnischen Verwaltung behandelt wurden. Sie beteiligten sich auch an der Zeichnung der Verteidigungsanleihe, und so kam im Kreise eine beachtliche Summe zusammen. Der Landrat konnte dafür im Sommer 1938 der Armee viele Waffen unter Anwesenheit von General Sosnkowski übergeben.

Ab Frühjahr 1939 verschärften sich die Spannungen immer mehr. Viele wehrpflichtige junge Deutsche verließen ihre Heimat über die ca. 20 km entfernte Grenze. Nach der polnischen Mobilmachung Ende August begann am 1. September der Krieg. Schon am frühen Morgen zogen polnische Flüchtlinge durch unsere Stadt. Die meisten hiesigen Beamtenfamilien hatten sich schon vor Tagen nach Osten abgesetzt. Polnisches Militär rückte in die Stadt ein. Nach vorbereiteten Listen verhafteten polnische Polizisten viele prominente deutsche Bürger im Laufe des Vormittags. Sie wurden auf Pferdewagen nach Osten transportiert. Die meisten deutschen Einwohner flohen aus der Stadt und brachten sich bei Verwandten und Bekannten in der Umgebung in Sicherheit. Am 4. September rückte das polnische Militär ab, und am 7. September nachmittags marschierten deutsche Truppen in die Stadt ein, herzlich begrüßt von den an den Vortagen zurückgekehrten Deutschen. Noch am selben Tag wurde diese Freude getrübt durch die Auffindung der Leiche eines Bauern aus Kirchplatz am Neuen Markt und die Entdeckung von 2 Gräbern im Stadtpark. In den nächsten Tagen gelangten Nachrichten von der Ermordung vieler Bürger beim Verschleppungsmarsch aus verschiedenen Orten in unsere Stadt.

In den nächsten Monaten etablierte sich die deutsche Verwaltung. Viele Polen, vor allem Beamtenfamilien, mußten ihre Wohnungen räumen und wurden ins Generalgouvernement transportiert, obwohl sich für ein Verbleiben mancher mehrere deutsche Bürger einsetzten. Die Kreisverwaltung wurde im nächsten Jahr nach Grätz verlegt, was bei der alteingesessenen Bevölkerung Verdrossenheit hervorrief. Dazu kam auch noch das Verbot des Hopfenbaus und Umstellung auf Gemüseanbau.

Als Ende 1944 die Front immer näher rückte, wurden bei vielen Gesprächen unter guten Freunden Fluchtmöglichkeiten erwogen. Das 1. Aufgebot des Volkssturms wurde am 18. Januar aufgerufen und verließ am Abend desselben Tages mit der Bahn Neutomischel. Seine Bewaffnung war aber sehr schlecht. Es herrschte überall ein großes Durcheinander. Am 20. kam der Räumungsbefehl. Noch in der Nacht verließen die meisten Deutschen ihre Heimat mit Wagen und auch zu Fuß. Es war kein geordneter Treck, jeder versuchte mit Bekannten voranzukommen.

Am 21. rückte das Generalkommando aus Posen in die Stadt und wurde notdürftig im Rathaus untergebracht. Die Stadtverwaltung zog zwei Tage darauf ab. Am 27. Januar rückten die Russen ein. Am Tag zuvor hatte ein SS-Mann beim Abziehen seiner Einheit eine Handgranate In ein Zimmer der Stadtschule am Alten Markt geworfen; vielen dort gefangen gehaltenen Polen brachte diese unsinnige Tat den Tod. Die Erschießung einiger Deutscher muß man wohl in diesem Zusammenhang sehen. Aber auch Polen litten unter dem undiszipliniertem Verhalten der Sieger.

In der Folgezeit fanden in der Stadt und Umgebung polnische Umsiedler aus dem Osten Polens eine neue Heimat. Die verbliebenen Deutschen wurden zur Zwangsarbeit abtransportiert. Da der Wohnraum nicht ausreichte, wurden vor allem im Westen der Stadt neue Häuserblocks gebaut aber auch Einfamilienhäuser wurden im Norden und Süden der Stadt errichtet. Die Stadt war wieder Kreisstadt und hatte 1960 schon 4466 Einwohner. Zum Wachstum trug in erster Linie der Ausbau des Werkes für chirurgische Instrumente „Chifa“ bei, das die Arbeit des im Krieg aus Berlin verlagerten Windler-Werkes fortführte. Eine Konservenfabrik wurde neu gegründet, ein neues Möbelwerk nahm die Arbeit auf. Korbwaren und Drahtgeflechte werden im erweiterten Umfang hergestellt und in einem Bekleidungswerk werden auch Anzüge für westdeutsche Auftraggeber hergestellt. 1970 betrug die Einwohnerzahl 6725. Ein großer Erholungs- und Tierpark wurde durch freiwillige Aufbaustunden von Betriebsangehörigen zwischen Schützenhaus und „Paprotscher Bergen“ angelegt. Die Goldstraße ist Fußgängerzone geworden, eine neue Grund- und eine Oberschule sowie zwei schöne Vorschulen sind gebaut worden. Neben dem neuen Bibliotheksgebäude wurde in den letzten Jahren ein gefälliges Kulturhaus errichtet. Die Stadtverwaltung ist sehr um ein sauberes Stadtbild bemüht. Es gibt Kanalisation mit einem Klärwerk im Süden der Stadt in der Nähe des Landgrabens. Die Einwohnerzahl ist auf über 12 000 gestiegen und besonders nach Betriebsschluß herrscht auf den beiden Märkten und Straßen ein reges Leben.

In vielen offiziellen Veranstaltungen zum Stadtjubiläum wird auf die großen Aufbauleistungen nach dem 2. Weltkrieg hingewiesen werden können. An die deutschen Bewohner bei Gründung des Ortes wird wohl kaum gedacht werden. Die alten Häuser aus dieser Zeit sind verschwunden. Nur ein Haus am Neuen Markt, an der Ecke der Straße zum Gaswerk, ist restauriert worden und soll im alten, etwas verbessertem Zustand erhalten bleiben. Die evangelische Kirche ist aber unter Denkmalsschutz gestellt worden und wurde mit staatlichen Mitteln renoviert. Sie war der Anlaß zur Gründung des Ortes und erinnert somit an die Urbarmachung des Wald- und Sumpfgebietes durch deutsche Bauern auch heute noch.

Ein Grabstein – Colonie Juliana / Julianka … und viele Fragen

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Friedhöfe,Genealogie,Juliana,Konkolewo,Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert
[1.784]

fot. Piotr Szwiec

Für diesen Beitrag wurden als Quellen genutzt:

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Auf dem Friedhof von Juliana/Julianka findet sich noch der Grabstein von:

[1.785]

Grabstein Hildebrand und Hunold

Johann Gottfried Hildebrand

*28 Feb 1847 +21 Sep 1931

und seiner Ehefrau

Juliane geb. Hunold

*10 Jan 1856  +07 Jul 1923

Wenn man die Kirchenbücher der Parochie Grätz/Grodzisk einsieht, dann findet man, das Johanna Ernestine Juliane Hunold aus Boruy/Boruja zu stammte. Johann Gottfried Hildebrand jedoch wurde in Juliana/Julianka geboren. Beide haben 1873 zu Boruy geheiratet.

Juliana/Julianka – was ist über diese Siedlung eigentlich bekannt, wann wurde sie gegründet, wer waren ihre ersten Bewohner?

Als erste Quelle wurde das Buch „ … und dazwischen Neutomischel“ von Arno Kraft zu Rate gezogen. In diesem findet sich auf Seite 63 die Erwähnungm dass Chichagora/Chicha Gora bis an die Kolonie Juliana heranreichte. Die Grösse der Siedlung war im Jahr 1820 eher bescheiden: 2 Feuerstellen denen 7 Bewohner zugehörig waren. Weiter findet sich dann auf Seite 210, dass bei der Volkszählung des Jahres 1871 Juliana der Gemeinde Albertoske/Albertowsko zugehörig geworden war.

Aber die Siedlung war auch gewachsen: 1905 waren dem Ort 4 Wohnhäuser zuzuschreiben. Von 1820 bis 1905 erhöhte sich die Zahl der Wohngebäude lediglich von 2 auf 4 – nicht jeder scheint die Abgeschiedenheit dieses Ortes bevorzugt zu haben, oder waren die Anwesen vielleicht so groß in ihrer Fläche gewesen, sodass niemand anderes hatte dort siedeln können ?

Diese Informationen waren ein erster Schritt gewesen, nur – ist mehr zu erfahren?

[1.786]

noch erkennbare Gräberreihen

Der Versuch über das Internet weitere Daten zu finden verlief absolut negativ. Gleich welche Suchbegriffe angesprochen werden – das Ergebnis hat nichts mit dieser Siedlung zu tun.

Es bleibt zu Zeit also nur die Rückverfolgung der Familie Hildebrand.

Johann Gottfried Hildebrand und Juliane Hunold hatten 1873 in Grätz/Grodzisk geheiratet.

Johann Gottfried (*1847), so ist 1873 dem Eheeintrag des Kirchenbuches zu entnehmen, war der 2te Sohn von Johann Gottfried Hildebrand, Eigentümer zu Juliana/Julianka gewesen. In seinem Geburtseintrag aus dem Jahr 1847 findet sich auch die MutterMaria Elisabeth geborene Labsch; die Familie Labsch stammte in jener Zeit aus Konkolewo/Kakolewo. Johann Gottfried (*1816) und Maria Elisabeth Labsch wiederum hatten 1840 in Grätz/Grodzisk die Ehe geschlossen. Taufeintragungen ihrer Kinder sind bis 1862 zu finden und in allen ist als Wohnort und somit auch Geburtsort Juliana/Julianka genannt.

Dieser 2te Johann Gottfried Hildebrand (*1816) ebenfalls schon in Juliana/Julianka als der Sohn eines Johann Gottfried Hildebrand (*ca. 1787) geboren worden. Dieser war verheiratet gewesen mit Eva Rosina geborene Lengert. Diese beiden scheinen denn auch der Ausgangspunkt der Familien Hildebrand aus Juliana gewesen zu sein. Johann Gottfried war rechnerisch circa 1787 als Sohn von Christian Hildebrand, Eigentümer zu Konkolewo/Kakolewo und dessen Ehefrau Anna Rosina Klopsch geboren worden. Eva Rosina Lengert wiederum müsste cirka 1785 als Tochter des Christian Lengert und dessen Frau Maria Elisabeth Bautz zur Welt gekommen sein; diese Familie war in Rojewo ansässig gewesen. Dieser nunmehr 3te Johann Gottfried Hildebrand und Eva Rosina Lengert haben 1814 in Grätz/Grodzisk geheiratet.

Der bis heute gefundene älteste Kirchenbucheintrag der evangelischen Kirche zu Grätz/Grodzisk mit der Angabe Colonie Juliana als Wohnort stammt aus dem Jahr 1815 und bezieht sich auf die Geburt des ersten Kindes dieses Paares Hildebrand/Lengert. Unter dem 16. September 1815 / No. 97, heißt es:

„Wurde von dem Eigenthümer Johann Gottfried Hildebrand auf der Colonie Juliane und seinem Eheweibe Eva Rosina geborene Lengertin d. 11ten vormittags um 11 Uhr mit einer Tochter entbunden und in unserer hiesigen evangelisch lutherischen Kirche zur heiligen Taufe gebracht und den Namen beigelegt ANNA ROSINA Taufzeugen: 1. Anna Dorothea Dührin 2. Maria Elisab. Bautzin 3. George Friedrich Hemmerling 4. Christoph Draber.“

[1.787]

1815 Kirchenbuchseite mit dem Eintrag No. 97 (Archiwum Archidiecezjalne  Poznań  ‚Parafia Ewangelicka Grodzisk‘ sign. PME 0007/05)

Kalendarium :

Der geschickte Zimmermeister Giese

geschrieben von Gudrun Tabbert am in Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert

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In der Überlieferung der Errichtung der ersten evangelischen Kirche (heute die katholische Kirche Herz Jesu zu Nowy Tomysl) in Neutomischel findet sich die Anmerkung: Durch Gottes Gnadenbeistand wurde  am 9ten April 1779 der Kirchen und Thurmbau unter Leitung des geschickten Zimmermeisters Giese aus Alt-Tomysl und des Maurermeisters Friedrich aus Fraustadt begonnen ….


[945]

Bild der Kirche aus der Chronik

Immer wieder werden die im Innern der Kirche eingebauten hölzernen Emporen erwähnt und das sich darüber erhebende Tonnengewölbe. Wurde diese Emporen und das hölzerne Tonnengewölbe oder   sogar alles durch diesen erwähnten geschickten Zimmermeister Giese errichtet ?

Über die Menschen im einstigen Neutomischel ist, wenn man  ehrlich mit den verschiedensten Überlieferungen umgeht, nichts Konkretes bekannt. Ob die überwiegend deutschsprachigen dem evangelischen Glauben angehörigen Siedler oder Hauländer, wie sie genannt wurden, aus der Umgebung kamen, aus Schlesien, aus Böhmen oder von noch weiter her, konnte in nur ganz vereinzelten Fällen nachvollzogen und wirklich belegt nachgewiesen werden. Viele Ahnenforscher würden viel dafür geben die Herkunft ihrer Vorfahren ermitteln zu können. Heute kann man sich nur noch schwer vorstellen welche Mühen und Entbehrungen diese Siedler wirklich auf sich genommen haben um ihren Traum nach einem eigenen Hof oder auch nach Freiheit zu verwirklichen. Auch schwer zu erfassen ist, diese unendliche Geduld bis zur Verwirklichung eines Traumes, zum Beispiel eine eigene evangelische Kirche haben zu wollen, zum Teil über Jahrzehnte, ohne jedoch das eigentliche Ziel jemals aus den Augen zu verlieren.

Leider verhält es sich mit Überlieferungen und noch vorhandenen Dokumenten auch nicht anders. Vieles ist spurlos verschwunden, vielleicht schon in den Weltkriegen vernichtet worden, vieles längst in Vergessenheit geraten und vieles durch die Geschehnisse der Zeit unwiderruflich verloren.

Aber man kann Spekulationen und Vermutungen anstellen Vielleicht lässt sich unter verschiedenen Betrachtungen und deren Veröffentlichungen und sich etwaig daraus ergebenen Diskussionen ja doch noch das Ein oder Andere als Tatsache belegen.

Begonnen wurde mit der Vermutung, dass jener geschickte Zimmermeister Giese ebenfalls dem evangelischen Glauben angehörig war. Es ist schwer vorstellbar, dass ein andersgläubiger die Holz- und Zimmermannsarbeiten an einer evangelischen Kirche ausgeführt haben soll. Aus schon oben angeführter Erwähnung wissen wir, dass dieser Herr Giese in Alt Tomysl wohnhaft war.  Wie alt war jemand im Jahr 1779 der sich hat Zimmermeister nennen dürfen?

Früher mussten Kinder schon sehr früh selbstständig sein und einen Beitrag zum Unterhalt der elterlichen Familie beitragen; Kinderarbeit war an der Tagesordnung. Kinder verließen das Elternhaus oft schon ab dem 14ten Lebensjahr oder sogar früher; Mädchen wurden nicht selten in diesem Alter bereits verheiratet. Zum Berufsbild, wie wir es heute nennen, des Zimmermanns gehörten auch Jahre der Wanderschaft. Zudem war es auch Sitte, dass ein Mann bevor er sich eine Frau zur Heirat auswählte, schon einen Beruf erlernt haben musste, der die Familie dann ernährte. Und dieser geschickte Zimmermeister Giese musste sich zudem auch schon einen Namen gemacht haben, ansonsten hätte er sicherlich nicht die Titulierung der Geschicklichkeit erhalten und wäre nicht zu einem derart bedeutsamen Bauvorhaben herangezogen worden.

[1.788]

Turmbau - undatiert

Herr Giese war in Alt-Tomysl ansässig heißt es weiter. Alt-Tomysl gehörte zu jener Zeit noch dem polnischen Adelsherrn Szoldrski, der seinen „Dissidenten“ wie er die Hauländer, die auf seinen Ländereien angesiedelt waren nannte, die Baumaterialien und das Land zum Kirchenbau schenkte.

In dem Artikel „Die letzten Wind- und Wassermühlen um Neutomischel“ von dem Historiker Karl Eduard Goldmann ist zu lesen, dass in Alt-Tomysl 2 Windmühlen zu finden gewesen waren und dass durch den späteren Besitzer dieses herrschaftlichen Besitzes, dem Eduard Grabs von Haugsdorf (1839/43) 2 Wassermühlen stillgelegt worden sein sollen. Diese Stillegung soll eine annähernd 350 Jahre alte Kultur beendet haben. Das Wissen um diese Mühlenanlagen aus den Jahren 1489-1839 soll aus den noch vorhandenen Privilegien gestammt haben. Über den Verbleib dieser erwähnten Dokumente ist heute leider auch nichts mehr bekannt.

[1.769]

Inneres der Kirche, Sicht von der Orgel Foto-Enderich (1930)

Mühlen bedurften zu jeder Zeit aufmerksamer Pflege und Wartung. In jener Zeit waren die Bauten nahezu vollständig aus Holz. Alt Tomysl war für einen Zimmermeister vermutlich ein unerschöpfliches Arbeitsgebiet. Aus diesem Umstand heraus wäre die Anwesenheit eines solchen in der seinerzeit noch bestehenden Wildnis erklärbar.

Eine weitere Spekulation wäre dann noch, dass der gereiste Zimmermann, der sich durch besondere Geschicklichkeit auszeichnete, der dann auch noch im Mühlenbau und deren Instandhaltung tätig war, sich eine Müllertochter zur Frau nahm. Durch die vorerwähnten Attribute wäre eine solche Verbindung wohl und den damaligen Aspekten einer standesgemäßen Eheschliessung denkbar gewesen. Müller galten in jener Zeit als Angehörige der gehobeneren Gesellschaft, sie galten oftmals auch finanziell besser gestellt als ihre Mitmenschen.

Und mit diesen Erklärung kommt nunmehr die Familie des Christian Giese (geb. ca. 1736, gest. 1797 zu Alt Tomysl) und seiner Ehepartnerin der Dorothea Elisabeth geborene Rausch (geb. ca. 1744, gest. 1830 zu Alt-Tomysl) in Betracht. Diese Familie ist im Übrigen auch die einzige Giese Familie in Alt-Tomysl.

Forscht man den Familien Rausch nach, so findet man oftmals die Zugehörigkeit in den Stand der Müller. Es ist durchaus denkbar, dass Dorothea Elisabeth eben die Müllertochter war, die die Ehe mit dem Zimmermeister Giese einging. Als Mitgift wäre denkbar, dass sie eine Mühle mit in die Ehe einbrachte. Denn daraus könnte sich erklären, dass der Christian Giese in allen aufgefundenen Eintragungen als Windmüller zu Alt Tomysl bzw. zu Tomysl erwähnt wird. Denkbar wäre aber auch, dass seine Ersparnisse zum Ankauf einer Windmühle ausreichten, um dann eben seiner Familie die Existenzgrundlage zu bieten. Es ist zu finden, dass die Töchter wiederum innerhalb des Standes Müller heirateten. Die Söhne finden in späteren Aufzeichnungen als Wasser- und Windmüller Erwähnung.

Christian Giese ist rückgerechnet aus seiner Altersangabe vom Toteneintrag aus ca. 1736 geboren. Zum Zeitpunkt des Kirchenbaus in Neutomischel wäre er somit rechnerisch 43 Jahre alt gewesen. Der Beruf Zimmermeister ist also durchaus denkbar.

Christian Giese könnte somit der geschickte Zimmermeister Giese aus Alt Tomysl sein.

Goldmann K.E. – Kurze Chronik der Feststadt 1914

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Karl Eduard Goldmann)
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[781]

Nowy Tomysl – Alter Markt

Karl Eduard Goldmann hat diesen Artikel für die Festschrift zum 125. jährige Jubiläum der Schützengilde Neutomischel und 18. Bundesschießens des Schützenbundes Neumarkt-Posen verfasst. Leider liegt dieser nur als Kopie vor; sodass die seinerzeit eingefügten Bilder nicht mehr für eine Veröffentlichung genügen; es wurde daher eine Bildauswahl aus verschieden alten Postkarten vorgenommen um die Stadt in jener Zeit zumindest ein klein wenig darzustellen.
Gestiftet wurde die Kopie des Artikel um sie hier veröffentlichen zu können von Herrn Dieter Maennel, Kassel aus dem von ihm gepflegten MAENNEL ARCHIV; die Kopien der Postkarten bzw. die Ausschnitte von den Kopien der Postkarten stammen von Herrn Arno Kraft, Berlin – Vielen Dank für die Unterstützung und die Genehmigung zur Nutzung !

* * *

Neutomischel, früher Neu Tomischel, Neu Tomysl, Neutomysl, ist die jüngste Stadt in der Provinz Posen und mitten in Hauländereien angelegt. Der ganze über den heutigen Kreis gleichen Namens weit hinausreichende Landstrich gehörte im 15. und 16. Jahrhundert der Familie v. Bnin Opalinski. Die Neutomischler Gegend war lange Zeit meist Oed- und Sumpfland, bis im 17. Jahrhundert durch den reformierten „Boguslaw von Unruh, Erbherr von Birnbaum, Tirschtiegel, Tomysl und Zinskowo” deutsche evangelische Kolonisten aus Schlesien und Brandenburg zur Urbarmachung dieses unwegsamen, niedrigen und waldigen Geländes herangezogen wurden. Der zuerst von ihnen gebildeten HauIändergemeinde Zinskowo (jetzt Friedenwalde) folgten im Anfang des 18. Jahrhunderts Paprotsch, Glinau, Scherlanke, Sontop, Kozielaske (jetzt Königsfelde), Neurose usw.

Die gottesdienstlichen Versammlungen für die Hauländer wurden in der Zeit von 1692 bis 1788 im Schulgebäude zu Zinskowo (alte Gemeinde) von den sogenannten Prolektoren abgehalten. Dass immer mehr sich geltend machende Bedürfnis nach einer eigenen Kirche veranlasste die Gemeinden, sich mit einer dahingehenden Bitte an den Grundherrn zu wenden. Der Starost Felix v. Szoldr, Szoldrski, dessen Vorfahren seit 1700 die Herrschaften „Groß Tomysl, Witomysl“ gehörten, gestattete ihnen, sich einen eigenen Prediger zu wählen. Wiewohl Katholik, gab er ihnen auf Glinauer Territorium eine halbe Hufe Land zum Bauplatz der Kirche und schenkte ihnen auch das Baumaterial.

[1.789]

1779 wurde der Grundstein gelegt und die Kirche, die anfänglich ohne Turm war, 1781 eingeweiht. Es war natürlich, dass bald danach sich um die Kirche herum Leute niederließen, die teils Krämergeschäfte, teils Gasthöfe mit Ausspannung errichteten,

1786 erwirkte der Grundherr beim damaligen Landesherrn König, Stanislaus August von Polen, Stadtrecht, sowie die Abhaltung von Wochen- und Jahrmärkten für den Kirchplatz. Durch Privilegium vom 18. Februar 1788 erließ v. Szoldrski eine ausführliche Stadtordnung, in welcher er der Innungen gedenkt, auch die Rats Wahlen, die Angaben usw. „denen deutschen Leuten“ festsetzt, Er erlaubt der Stadt sein „angeborenes adeliges Wappen“ zu gebrauchen, das ist ein Kahn, oben mit der Überschrift „Neu Tomysl“. Weiter verleiht er der Stadt das „teutonische Recht, welches das Magdeburgische heißt“ und zwar unter Aufhebung der polnischen und lithauischen Gesetze.

Ferner bot er Baustellen aus und bestimmte dabei die heute noch in die Augen fallende regelmäßige Anlage der Straßen und Marktplätze, an der später leider zum Nachteil der Entwickelung einzelner Stadtteile Änderungen bewirkt wurden.

Der Ort sollte für die zahlreichen Hauländereien der Umgegend als Mittelpunkt dienen, wo sie Absatz für ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse finden und gleichzeitig ihren Bedarf an Handwerker- und Kaufmannswaren decken konnten. – 1789 brannte der kaum erbaute Kirchturm infolge Blitzschlages nieder, wurde aber bald wieder hergestellt.

Am Ausgange desselben Jahrhunderts bestand Neutomischel aus der Kirche, 60 Wohnhäusern, von denen nur ein einziges Ziegelbedachung hatte, und 6 Windmühlen. Bald auch wurde ein Rathaus mit einem Türmchen darauf auf dem „neuen Ringe“ erbaut. In diesem Gebäude befand sich auch die Stadt- und Hopfenwaage.

430 Menschen bewohnten die Stadt. Eine Apotheke war am Ort. Gewerbetreibend waren 5 Kaufleute, 10 Schuster, 6 Müller, 5 Fleischer, 5 Bäcker, 5 Tuchmacher, 5 Schneider, 4 Töpfer, 3 Hufschmiede, 2 Tischler, 1 Goldschmied, Hutmacher, Gerber, Gürtler, Sattler, Färber, Maurer, Seiler, Böttcher, Barbier, Organist, Gastwirt und sogar 1 Scharfrichter. Die Kämmereieinannahme betrug 279 Taler. Es mutet nach den heutigen Verhältnissen eigenartig an, wenn man liest, dass die Wollenweberei zunahm, später auch Gerberei in Zug kam.

Stadt und Land hielt das Deutschtum stets hoch, und deshalb wurde die neue preußische Herrschaft freudig begrüßt. „Die patriotischen Beitrage der ev. luth. Gemeinde zu Neutomisl in Südpreußen für Verwundete und Kranke bey der Armee, hatten „zu ganz besonderem Wohlgefallen gereicht“ und 1794 den König Friedrich Wilhelm II veranlasst, „für diesen rühmlichen Patriotisme in denen gnädigst landesväterlichen Ausdrücken danken“ zu lassen.

[1.790]

Nowy Tomysl – Goldstrasse

Die napoleonischen Feldzüge halten für das Städtchen keine besonders schweren Folgen, obwohl es an Durchmärschen vielerlei Militär nicht mangelte. Die preußische Oberhoheit ging wieder verloren und erst nach den Befreiungskriegen bei Auflösung des Herzogtums Warschau fiel das Posener Land und damit die Stadt Neutomischel an die Krone Preußens zurück.

In den Jahren seiner weiteren Entwickelung wurde der Ort 1802 und 1817 (? 1822) von größeren Bränden heimgesucht, Langsam aber stetig nahm die Einwohnerschaft zu:,1816 wurden nur 441 (597?),  1837: 748,  1843: 796 und 1858 schon 1144 Einwohner gezählt. Die Erbauung einer ev. Iuth. Kirche, wie die einer Synagoge, fällt in die hierauf folgende Zeit. Der Zuzug der ersten jüdischen Einwohner erfolge im zweiten Viertel des Jahrhunderts.

[1.791]

Nowy Tomysl – kath. Kirche mit Pfarrhaus

Als in dem unruhigen Jahr 1848 polnische Insurgenten die Nachbarstadt Grätz bedrohten, zog am 6. Mai die hiesige Bürgerwehr mit den zur Unterstützung herbeigeeilten Schützengilden von Konkolewo-Hld., Schwarzhauland und Albertoske dorthin, um die preußische Besatzung zu unterstützen. Es wurden in Neutomischel Wachen und Patrouillen eingerichtet, um die öffentliche Sicherheit aufrecht zu erhalten. Infolge dieser politischen Unruhen, in welchen die

[1.792]

Nowy Tomysl – Posener Strasse

Neutomischler ihr Deutschtum zu wahren wussten und treu zu ihrem König hielten, wurde das Landratsamt wie auch die Kreiskasse von Buk nach Neutomischel verlegt, was für die Entwickelung der Stadt gewiss von großem Vorteil sein musste. Ihre Bedeutung und ihr Emporkommen verdankt sie aber vor allem dem in früheren Zeiten durch böhmische Zuzügler nach unserer Gegend

[1.793]

Nowy Tomysl – evgl. Kirche

eingeführten Hopfenbau, welcher ihr sogar Weltruf eingebracht hat. Handel und Wandel blühten deshalb immer mehr und mehr im Städtchen auf. Wie groß der Geschäftsverkehr schon in früheren Jahren hier gewesen ist, geht daraus hervor, dass z. B. 1860 1 1/2 Millionen Taler und 1882  8500 Depeschen auf hiesigem Postamte, welches seit 1840 besteht, eingingen. Den Bruttoertrag aus dem Hopfenbau der ganzen Gegend schätzte man damals auf 2 — 3 Millionen Taler. Die ersten Hopfendarren und Pressen im Orte wurden in den 60er Jahren erbaut, einige für Rechnung der ersten Hopfenhandelsfirmen des In- und Auslandes. Neutomischel ist auch heute noch der bedeutendste Hopfenproduktions- und Handelsplatz Preußens. Zwecks Hebung der Kultur und weiteren Verbreitung des Neutomischler Hopfens fanden Hopfenausstellungen in den Jahren 1877, 1881 und 1893 hier statt. Sehr zu statten kam namentlich diesem Geschäftszweige der Bau der 1869 dem Verkehr übergebenen Märkisch Posener Eisenbahn, wodurch Neutomischel Bahnstation erhielt. In neuerer Zeit kam in der Umgegend auch Weidenbau stark in Aufnahme.

Das Jahr 1879 brachte der Stadt wieder verschiedene größere Brände. Eine Anzahl ansehnlicher Häuser ist infolgedessen entstanden.

Umfangreiche Bauten, wie das im Jahre 1879 anstelle eines noch noch nicht zwei Jahrzehnte alten, unzweckmäßigen städtischen Gebäudes aufgeführte Rathaus, in welchem auch das hier in demselben Jahre neu eingerichtete Amtsgericht untergebracht ist, die 1886/87 erfolgte Um- und Neupflasterung der beiden Marktplätze und Straßen, sowie andere Einrichtungen zeigen, in welch anerkennenswerter Weise die Stadtverwaltung tätig war. Durch Teilung des Buker Kreises in zwei Kreise, Neutomischel und Grätz, ist seit 1887 der hiesige Ort zur Kreisstadt erhoben und somit der Sitz sämtlicher Kreisbehörden geworden. Am 18. Februar 1888, dem Tage der Stiftungsurkunde, konnte die Stadt auf ihr 100jähriges Bestehen zurückblicken. In würdiger und feierlicher Weise wurde dieser Festtag begangen.

Nowy Tomysl - Villen Neustädter Strasse [1.794]

Nowy Tomysl – Villen Neustädter Strasse

1896 erfolgte der Bau einer katholischen Kirche. Die weiteren Bauten eines Kreishauses, des städtischen Gas- und Wasserwerks, der Landwirtschaftlichen Schule und des Kreiskrankenhauses gehören den letzten Jahren an. In jüngster Zeit setzte auch die Bautätigkeit der hiesigen Deutschen Land-Genossenschaft „Eigenes Heim“ ein.

Zu besonderer Zierde gereicht der Stadt das 1896 enthüllte, geschmackvoll in schwedischem Granit ausgeführte Kriegerdenkmal in Form eines Obelisken, welches auf seinem Sockel die Namen derer trägt, die aus dem Kreise Neutomischel den Tod für das Vaterland in den letzten drei Kriegen gefunden haben, ferner ein im vorigen Jahre in den städtischen Anlagen zur Erinnerung an die Jahrhundertfeier der Befreiungskriege und das 25jährige Regierungsjubiläum unseres Kaisers errichteter Denkstein.

Seit 1898 ist Neutomischel auch Station der Opalenitzaer Kleinbahn.

Die Entwickelung der Einwohnerzahl der Stadt gestaltete sich wie folgt:

1880: 1299 Einwohner, davon waren 875 ev., 97 luth. 150 Kath.. 177 jüd.

1890: 1801 „               „         „    1163       159 „     297 „       179 „

1900: 1805 „               „         „    1227      138 „      311 „       125 „

1910: 2015 „               „              1371      164 „       379 „       98 „

1913: 2373 „

In den letzten Jahrzehnten nahm die Industrie in der Stadt und deren nächster Umgebung merkbaren Aufschwung, Wir zählen z. Z. 1 Gasglühkörperfabrik, welche sich den größten des Reiches anreiht. 2 große Dampfmühlen, die zu den bedeutendsten der Provinz gehören, 3 Dampfschneidemühlen, 1 Kartoffeltrocknungsanlage, 1 Drahtgeflechtwerk, 1 Weidenschälerei, 1 Ölmühle, 2 Maschinenbauanstalten, 2 Brauereien, 1 Orgelbauanstalt und sonstige gewerbliche Anlagen. —- Die Umgegend zeigt blühende Landwirtschaft. Deshalb konnten auch zwei größere landwirtschaftliche Ausstellungen 1908 und 1912 hier stattfinden. Wie groß, das Interesse für die letzterwähnte Ausstellung war, geht daraus hervor, dass die höchste Tagesbesuchsziffer etwa 30 000 Personen betrug.

An Behörden befinden sich in der Stadt: Landratsamt, Bezirkskommando, Hauptmeldeamt, Amtsgericht, Superintendentur des Karger Kirchenkreises, Kreisschulinspektion, Katasteramt, Magistrat, Standesamt, Polizeiverwaltung, Distriktsamt, Postamt 2. Kl., Zollamt, ferner 1 Kreisarzt und 1 Kreistierarzt. An Geld- und Kreditinstituten sind zu nennen: Kreiskasse, Kreiskommunalkasse, Kreissparkasse und Genossenschaftsbank, welchen sich die nächstliegenden ländlichen Spar- und Darlehnskassen anschließen würden. Für geistige Bildung sorgen die 6klassige Elementarschule, eine höhere Knaben- und Mädchenschule (Luisenschule) und die Landwirtschaftliche Schule. Weiter sind 2 Rechtsanwälte und Notare sowie außer dem Kreisarzt zwei weitere Ärzte im Ort. Zeitgemäß eingerichtete Hotels und Gastwirtschaften sorgen für das leibliche Wohl ankommender Fremden.

[1.795]

Nowy Tomysl – Rathaus am Neuen Markt

Ein reges Vereinsleben pulsiert in der Stadt: 1 großer Landwehrverein,1 Schützengilde, 2 Turnvereine, 3 Gesangvereine, 1 Bürger- und ein Verschönerungsverein, sowie verschiedene Berufs-, konfessionelle, bildende, sportliche Vereinigungen pp. entfalten ihre Tätigkeit.

Nach dieser gedrängten und schmucklosen Aufzählung der hauptsächlichsten Momente aus der Geschichte Neutomischels kommt man zu der Erkenntnis, dass das Leben sich hier ganz erträglich gestaltet, und dass es an fröhlicher Geselligkeit im Städtchen nicht fehlt.

Ja, eine Stadt, in der der Hauptbestandteil

Des köstlich deutschen Bieres wird geboren,

An der ist doch, nach Ansicht jedes Deutschen,

Der Hopfen nicht und auch nicht Malz verloren.

Foto – Enderich

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski)
am in Personen, Familien | Kommentare sind deaktiviert

Dieser Text wurde über den Fotograf Georg Enderich in der Vierteljahresschrift „Przeglad Nowotomyski“  3/11/2009 (Neutomischler Rundschau) veröffentlicht. Die deutsche Version wurde von Gudrun Tabbert überarbeitet. (Ergaenzung 11-03-2010)


Vor dem Krieg gab es in Nowy Tomyśl nur zwei Fotografen, die ein eigenes Atelier hatten: „Foto-Enderich“ und „Gottlieb Hecke“ fotograf ul. Stycznia 25. Zwar hatte Herr Ignacy Szczepaniak, der auf Mickiewicza Straße 6 sein Drogerie-Geschäft besass, viele Fotos und sogar Filme aufgenommen, aber alles, was er gemacht hat, ist während des Krieges verlorengegangen. Heutzutage, viele Jahre nach dem Krieg, habe ich in vielen alten Familien in Nowy Tomyśl/Neutomischel wenigstens ein altes Foto gesehen, das einen Stempel mit „Foto-Enderich“ oder „Gottlieb Hecke“ hat. Die meisten alten Ansichtskarten, die Nowy Tomysl zeigen, waren von „Foto-Enderich“. Ich begann herumzufragen, ob sich jemand an „Foto-Enderich“ erinnern kann. Fast alle alten Bewohner erzählten mir, dass sie sich daran erinnern, dass es solch ein Fotogeschäft gegeben hatte, dass der Besitzer ein ehrenvoller Mann gewesen war, aber an nichts mehr. Ich habe auch in der damaligen Lokalzeitung „Kreisblatt für den Kreis Neutomischel“ eine Anzeige gelesen.

„Adolf Enderich aus Fraustadt bittet um Beachtung: Er ist vom 14. bis 16. September 1901 im Garten des Herrn Gärtner für photographische Aufnahmen anwesend.“

Weitere Terminankündigungen kann man auch in späteren Anzeigen treffen (Nr. 45 am 4 Juni 1907). Adolf Enderich hatte sein Geschäft in Fraustadt in der Feldstr. 4. Ich habe auch eine alte Ansichtskarte gefunden, die von Adolf Enderich unterschrieben wurde. Ich dachte darüber nach, ob die Firma „Foto-Enderich“ verwandt mit Adolf Enderich sein könnte?

[1.796]

Georg Enderich in der Uniform polnischen Grenzschutzes fot. B. Szuwalski

Dann suchte ich im Internet nach und fand „Foto-Enderich“ in Bad Herzberg. Es konnte kein Zufall sein. Das musste seine Familie sein. Nach einigen Wochen habe ich eine Antwort von Frau Edelgard geb. Enderich, einer Urenkelin von Adolf Enderich bekommen. Ihr Großvater hieß Fritz Enderich und ihr Vater Eberhard Enderich, der 1988 als der 11. Sohn von Fritz Enderich starb. Sie schrieb aber nichts über „Foto-Enderich“ aus Neutomischel.

Und endlich als ich mit Herrn Bogusław Szuwalski gesprochen hatte, sein Vater führte die Fleischerei in der Mickiewicza Straße 4, erfuhr ich, dass er sein Nachbar gewesen war. Er zeigte mir, wo das Atelier gewesen war; es war im Erdgeschoss eingerichtet gewesen und die Wohnung in der ersten Etage. Aber was noch überraschender war… er nahm ein Foto von Herrn Enderich heraus. Ich kam den Enderich immer näher. Auf dem Foto stand ein dünner Mann in der polnischen Uniform neben einem Teich. Herr Szuwalski erzählte mir,

[1.797]

Weihnachten 1932 – in der Uniform Georg Enderich 8 kamp. P.S.P. Cieszyn – von links – Eltern von G. Enderich und Geschwister – f.o.t. Gisela Tänzer

wie er in den Besitz dieses Fotos gekommen war. Als er 1945 nach der Vertreibung zum Generalgouvernement heimgekommen ist, fand er im „Foto-Enderich“ – Atelier viele Fotos, die dort hinterlassen worden waren. Unter anderem gab es auch ein Album mit Aufschrift auf der Vorderseite „1932, 4 P.S.P Cieszyn, K.O.P. Baon Dederkaty“, was übersetzt heißt – Korpus Obrony Pogranicza – Grenzschutz, P.S.P. – Pułk Strzelców Podhalańskich – Bergjäger Regiment]. Man kann vermuten, dass Herr Enderich in der polnischen Armee diente; das ist nicht seltsam, auch wenn es heute so klingt, aber in jener Zeit war Herr Enderich polnischer Bürger. Um diese Vermutung bestätigt zu bekommen, schrieb ich einen Brief an Arno Kraft, der in Berlin lebt.

Ich zeigte ihm das Foto des Mannes in der polnischen Uniform. Aber weder Herr Kraft noch zwei Frauen konnten Herr Enderich auf diesem Foto identifizieren, sie tendierten eher dazu, dass es nicht Herr Enderich sein könnte. Ich bekam jedoch den entscheidenen Hinweis: Familie Enderich wohnte nach dem Krieg bei Hannover im Dorf Berenbostel, das nun zu Garbsen gehört. Und dort hatte es wiederum ein Geschäft „Foto-Enderich“ gegeben, nur der Vorname des Besitzers war unbekannt.

Der Wendepunkt in meiner Suche kam nach einem Gespräch mit Herrn Jerzy Tyc. Ich weiß nicht, warum ich ihn danach nicht früher fragte. Er erinnerte sich an Georg Enderich. Er hatte dort als 14-jähriger Junge als Gehilfe von März bis Oktober 1940 ausgeholfen, bis er und seine Familie von NS-Regime gezwungen wurden, zum Generalgouvernement umzuziehen; und mehr, er hatte zwei Fotos von Georg Enderich und viele Erzählungen und Erinnerungen an ihn.

[1.798]

Erna Enderich z d. Linke fot. J.Tyc

[1.799]

Georg Enderich und seine Ehefrau gleich nach der Trauung fot. J.Tyc

Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen musste Herr Tyc, zusammen mit anderen 14 Jährigen, Straßenarbeiten ausführen. Das überstieg seine Kräfte und dann besorgte Herr Georg Enderich,
der dieses bemerkt hatte, dem jungen Jerzy eine Arbeit bei ihm im Fotoladen. Seine Aufgabe wurde das Tragen des großen Fotoapparats auf dem Rücken. Bevor Herr Enderich ein Foto aufnahm, umkreiste er lange sein Zielobjekt, um die beste Stelle zum Fotografieren auszu wählen; und solange trug der Jerzy Tyc den schweren Apparat. Er fuhr oft auch mit Herrn Enderich für Fotoaufnahmen durch die Gegend auf seinem Motorrad. „Er war für mich wie eine Familie. Ich kann kein schlechtes Wort vom ihm sagen“. Diese Aussage habe ich, wie auch schon zuvor von anderen Gespächspartnern, nun noch einmal von Herr Tyc gehört. Auf dem Foto, das Herr Tyc mir gab, steht Herr Enderich neben seiner Frau. Dieses Foto wurde einen Tag nach der Hochzeit aufgenommen und wurde von Herrn Tyc geknipst. Zugegebener Weise muss man sagen, dass Herr Tyc nur den Auslöser gedrückt hatte, die ganze Einstellung war vorher von Herr Enderich vorbereitet worden.

Herr Tyc konnte sich nicht erinnern, wann genau dieses Foto aufgenommen wurde, aber anhand der Blumen kann man vermuten, dass es wohl im August 1940 gewesen ist. Herr Tyc erinnert sich noch gut an dieses Ereignis. Vor der Hochzeit fuhr er mit dem Handwagen auf Mickiewicza Straße nach Paprotsch, weil die Hochzeit dort im Haus der Braut stattfand; es war in der Nähe vom katholischen Friedhof gegenüber dem heutigen Kreuz. Unterwegs traf er einen Mann, der die NSDAP-Uniform trug, der aus dem Bahnhof kam und einen schweren Koffer bei sich hatte. Dieser befahl ihm alle Dinge aus dem Handwagen zu werfen und seine Gepäck ins Hotel zu fahren. Eine weitere Erinnerung betrifft den Tag nach der Hochzeit. Er fuhr mit dem Fahrrad; den Fotoapparat und die schon auf den Glasplatten aufgenommen Fotos auf der Lenkstange balancierend. Er hatte aber nicht den direkten und einfachsten Weg zum Atelier gewählt, sonder um Begegnungen mit Dienstleuten zu vermeiden, fuhr er am Stadtgraben entlang. Und im gewissen Moment der Unachtsamkeit fuhr er über eine Unebenheit und fiel mit allen seinen Fotos ins Wasser. Er hatte große Angst ausgestanden, dass alle Fotos verloren oder auch unbrauchbar geworden waren, aber es erwies sich, dass sie unbeschädigt das unfreiwillige Bad überstanden hatten.

Auf dem zweiten Foto, das ich vom Herrn Tyc bekam, ist die Ehefrau von Georg Enderich, Erna geb. Linke zu sehen. Herr Tyc hat auch dieses Foto aufgenommen.

Nach dem Krieg sah Herr Tyc den Herrn Enderich nur noch einmal. Er war in sowjetische Gefangenschaft geraten und kam aus dieser 1949 nach Nowy Tomyśl zurück. Die Familie Antkowiak, ehemalige Angestellte im Foto Atelier nahmen ihn seinerzeit freundlich auf. Er wohnte mehrere Wochen in Nowy Tomysl, weil er auf Mitteilung wartete wohin es seine Familie verschlagen hatte; nachdem er dieses in Erfahrung gebracht hatte reiste er seiner Familie nach Deutschland hinterher.

Zusammen mit Herrn Tyc arbeitete noch ein Junge im Foto-Atelier, Wł.[Władysław oder Włodzimierz] Antkowiak, der das Fotogeschäft nach dem Krieg übernahm. Nach Herrn Antkowiak führte das Fotogeschäft Herr Kubicki.

[1.800]

Familie Enderich – Eltern Fritz und Klara, 11 Söhne u Töchter fot. G. Tänzer

Herr Tyc wusste aber nichts über den weiteren Weg von Herrn Enderich nach dem Krieg.

Ich entschied ich mich diese Geschichte zu schließen. Nur einen letzten Hinweis wollte ich vorher noch prüfen: ich hatte im Internet-Telefonbuch noch eine Familie Enderich in Garbsen gefunden. Ich hielt meine deutschen Sprachkenntnisse nur nicht für so gut ein Telefongespräch zu führen.

Kurzentschlossen bat meine Bekannte Gudrun Tabbert in Deutschland, doch bitte mal für mich mit Gisela Enderich zu sprechen. Das war ins Schwarze getroffen. Sie war die Tochter des Georg Enderich. Sie und ihre Mutter Erna Enderich geb. Linke, wohnten nach wie vor in Garbsen. Die Witwe von Herrn Enderich war zu diesem Zeitpunkt 91 alt (geb. 06. Feb 1918) und sehr krank. [sie verstarb noch im gleichen Jahr am 25. Oktober 2009]

Meine Bekannte berichtete nach dem Telefongespräch:

George Enderich machte seinen Meister im Beruf des Photographen in Danzig. Er leistete seinen Pflichtwehrdienst bei der polnischen Armee ab. Dort hat er auch das Waldhornspielen gelernt, was er später beibehielt. Er beherrschte die polnische Sprache perfekt. Es arbeiteten sehr viele polnische Angestellte in seinen Geschäften. Der Name einer weiblichen Angestellten ist Frau Enderich in Erinnerung geblieben mit Frau Maczynkowska [wahrscheinlich Marcinkowska – pm]. George Enderich kam 1949 aus der Kriegsgefangenschaft zu seiner Familie zurück. Er gründete wieder einen Photoladen in Hannover in der Stöckener Strasse 121. Dieser existierte bis 1978.

[1.801]

G. Enderich und Mitarbeiter – von links Helen Granops geb. Markowiak, Jozef Milczynski, hinter G. Enderich, Henryka Duchalska geb. Szczeszynska, ganz rechts unidentifiziert

George Enderich war am 04 Sep 1906 in Fraustadt geboren worden, aber als – George Kutzner -. Seine Mutter Clara Kutzner war zum Zeitpunkt seiner Geburt wohl in Diensten bei einem polnischen Arbeitgeber und dieser soll sie geschwängert haben. Fritz Enderich. der dann Clara Kutzner heiratete soll ihn später adoptiert haben. Durch diese Adoption galt er als ältester Sohn. Insgesamt entstammen aus der Verbindung Fritz Enderich und Clara Kutzner 11 Söhne (incl. George) und auch 2 Töchter. Einer dieser Söhne und somit ein Bruder war Eberhard Enderich. Zu seiner Familie gehört die Edelgard Enderich vom Photogeschäft „Foto-Enderich“ in Bad Harzburg. Von Fritz Enderich hat man nach seiner Verschleppung vom 3 September 1939 – Marsch auf Kutno – leider, trotz vieler Bemühungen, nie wieder gehört. (Viele bedeutende Deutsche wurde von der polnischen Armee interniert und oft zu Fuß in Richtung dem Osten geführt. In der Nähe von Kutno verschwanden die polnischen Soldaten, aber viele von den Internierten sind nie heimgekehrt.)

Fritz Enderich war ein Sohn von Adolf Enderich, der vor dem Ersten Weltkrieg Neutomischel besuchte. Georg gehört also zu den großen Familien von Fotografen. Es gab andere Enderich-Geschäfte:in Wollstein und in Birnbaum. Heute wirkt noch „Foto-Enderich“ in Bad Harzburg, das von Frau Edelgard, die Urenkelin von Adolf Enderich geführt wird.

Gisela Enderich selbst erlernte ebenfalls den Beruf der Photographin, aber wurde später Grundschullehrerin.

Vor dem Krieg befand sich „Foto-Enderich“ an der Poznańska Straße 4 (damals 77 vor 1932). Nach dem Kriegsausbruch zog das Studio in die Mickiewicza Straße 4, neben Bogusław Szuwalski, dessen Vater die Fleischerei hatte und gegenüber von Jerzy Tyc.

In August 1940 heiratete er Erna Linke. Sie hatten 3 Kinder

  • Gisela – geb. 30 Apr 1941 in Nowy Tomysl
  • Siegfried – geb. 1943 und 1945 auf der Flucht in Malchow bei Waritz an der Müritz verstorben
  • Rosemarie, die 1945 geboren wurde.

Georg Enderich hinterlies sowohl viele Familienfotos, die noch in vielen Häusern vorhanden sind, als auch viele Ansichtskarten. Dank ihm können wir heute unsere Stadt im Geschichtsspiegel und -wandel bewundern.

Georg Enderich starb am 27. August 1967

Mit dieser Erzählung wollte ich eine Lücke füllen, die zwischen gestern und heute entstanden war. Das Gedächtnis an die Vergangenheit entkommt unwiederbringlich mit den Leuten.

Langsam in dem Bewusstsein der Stadt verwischen sich die Vorkriegsjahre der Stadt, in der 3 Nationalitäten und 4 Religionen nebeneinander und zusammen lebten. Nach Karl Eduard Goldmann, dem Lokalhistoriker, der 1937 verstarb, fand sich kein anderer. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

(In dem Text verwendete ich Nummerierung der Häuser)

[1.802]

Kirche am Alten Markt/Chopin Platz vor IX/1941 fot. G.Enderich

[1.803]

Wiatrakowa Str/3 Stycznia Str Windmühlestrasse/Neustädterstr fot.G.Enderich

[1.804]

vielleicht Glinauer Berge fot.G.Enderich

[1.769]

1930 Innere der damals evangelischen Kirche am Alten Markt/Chopin Platz fot.G.Enderich

Alter Markt/Chopin Platz fot.G.Enderich

[1.805]

Alter Markt/Chopin Platz fot.G.Enderich

Bericht des Landrats Rißmann 1919

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Landrat Rißmann)
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Bericht des Landrats Rißmann, der in dem Bericht „Wie Neutomischel polnisch wurde. Aus den Schicksalstagen der Provinz Posen 1918/19“ von P. Paetzold im Jahr 1928 veröffentlicht wurde. Er hat die Lage kurz vor und nach der Übernahme durch die polnischen Aufständigen am 2/3, Januar 1919 beschrieben.


Anlage 1. Bericht des Landrats Rißmann

Rackau bei Buckow, Kr. Züllichau, Januar 1919

In der Nacht vom 2. zum 3. Januar d. Js. morgens gegen 3 Uhr rückten von Osten her (zunächst hauptsächlich von Opalenitza, Kr. Grätz, kommend) zahlreiche bewaffnete Polen (sicherem Vernehmen nach 300) mit Gewehren, Handgranaten und Maschinengewehren ausgerüstet in Neutomischel ein und besetzten sofort die Stadt nebst dem Landratsamt, welches sie umstellten, sowie das Bezirkskommando, Rathaus, Distriktsamt, Post und sonstige öffentliche Gebäude. Fast sämtliche Polen waren entlassene deutsche Soldaten in deutschen Uniformen, aber mit weißroter Armbinde, einige mich mit ebensolchem Mützenband und weißem Adler als Kokarde versehen. Ihr Führer war ein gewisser Klemczak aus Opalenitza, der bis dahin der Führer des Opalenitzaer polnischen Arbeiter- und Soldatenrats gewesen ist.

Klemczak erklärte sich alsbald zum Stadtkommandanten von Neutomischel und brachte bereits einen dahin lautenden fertigen Stempel mit!!

Binnen kurzem erhielt Klemczak Verstärkung aus dem nördlichen Teile des Kreises Neutomischel. Dieses waren Leute, die das Kreisausschussmitglied Majoratsbesitzer von Łącki aus Posadowo gesammelt, mit der deutschen Militärverwaltung entwendeten Waffen bewaffnet und auf eigenen Fuhrwerken in schnellster Gangart herangebracht hatte. Diese polnischen Leute stammten aus Neustadt im Kreise Neutomischel und umliegenden Dörfern, wie ich durch Befragen der Leute feststellte.

Einige der zuerst angekommenen Leute, die sich vornehmlich in nächster Umgebung des Klemczak aufhielten, waren bereits einige Tage vorher unbewaffnet in den Straßen von Neutomischel gewesen.

Klemczak ließ zunächst den Bezirkskommandeur Major Schotte verhaften, setzte ihn indessen bald wieder in Freiheit. Dann erließ er einen „Befehl“ betr. Abgabe aller Waffen und ernannte den Justizrat Bartecki aus Neutomischel zu seinem Beirat. Im Laufe des Nachmittags erschien er dann mit seinen Bewaffneten bei mir und teilte mir mit, dass ich auf Beschluss eines „Ausschusses“, bestehend aus ihm selbst, dem Herrn von Łącki -Posadowo und einem gewissen Rittmeister Zenkteler aus Buk, aufgefordert würde, Neutomischel binnen 24 Stunden zu verlassen, widrigenfalls ich mir alles weitere selbst zuzuschreiben hätte. Ich erklärte dem Klemczak, dass dieser „Ausschuss“ keinerlei Recht zu einer solchen Maßnahme besäße, dass ich ihn als eine mir vorgesetzte Behörde nicht anerkennen könne. Auf meine Frage, aus welchem Grunde ein solcher Beschluss erfolgt sei, erklärte mir Klemczak, dass dieses geschehen sei, weil ich, wie sie erfahren hätten, den „Heimatschutz“ von ihrem Heranrücken benachrichtigt und um Hilfe gebeten hätte. Ich erklärte darauf, dass ich in Befolgung einer Bekanntmachung der Preußischen Regierung vom 10. Dezember v. Js., den Absonderungsbestrebungen der Polen entgegenzutreten, also nur im Auftrage meiner vorgesetzten Dienststellen gehandelt habe. Außerdem wies ich darauf hin, dass er doch den geringsten Anforderungen an Recht und Billigkeit nur entspräche, dass ich vor einer solchen Beschlussfassung selbst erst mal gehört würde. Klemczak sagte mir darauf, er könne nichts mehr dazu tun, ich könne mich ja beschweren. Jedenfalls bliebe es bei der Frist von 24 Stunden. Sofort eine Beschwerde anzubringen bzw. mit den drei Herren, zu sprechen, war mir indessen nicht mehr möglich, da die beiden anderen Herren, wie ich hörte, Neutomischel bereits wieder im Kraftwagen, verlassen haben sollten. Bei dieser Sachlage fügte ich mich der Gewalt und verließ, da jeder Eisenbahnzugverkehr in westlicher Richtung aufgehört hatte, mit eigenem Fuhrwerk am Nachmittag des 4. Januar Neutomischel und gelangte nach zwei Tagen, auf Umwegen durch den Kreis Meseritz nach hier, wo ich, nur eine Tagereise von meinem Kreise entfernt, zunächst die weitere Entwicklung abzuwarten beschloss und um nach einer zu erhoffenden baldigen Befreiung des Kreises schnellstens dorthin zurückkehren zu können.

Die Verwaltung des Landratsamtes sollte ein aus Posen herangerufener „polnischer Landrat“ übernehmen, und inzwischen der Kreissekretär führen.

Meine Absicht, alsbald mündlich in Berlin an Regierungsstelle Vortrag über die Sachlage zu halten, wurde durch die inzwischen in Berlin eingetretenen bekannten Ereignisse und die fast gänzliche Sperrung des Eisenbahnverkehrs nach dorthin verhindert.

Zur Vorgeschichte der Vorgänge im Kreise Neutomischel gestatte ich mir noch nachfolgendes vorzutragen:

Zu Beginn der Umwälzung hatte sich für den Kreis Neutomischel in der Stadt Neutomischel unter dem Vorsitze des Bezirkadjutanten und Leutnants Werner ein Soldatenrat gebildet, der alsbald zu einem Arbeiter und Soldatenrat erweitert wurde. Zeitlich später entstand in dem nördlichen mehr polnischen Teile des Kreises,in dem Städtchen Neustadt bei Pinne, ebenfalls ein A. und S. Rat. Dieser war gebildet auf Veranlassung und unter dem Vorsitze des Herrn von Łącki auf Posadowo bei Neustadt. Er bestand mit Ausnahme von ein oder zwei Personen lediglich aus Polen und verfolgte von vornherein polnische Absonderungsbestrebungen. Dieser A. und S. Rat erklärte, wie nur aus eiwandfreier und durchaus glaubwürdiger Quelle mitgeteilt wurde, sofort alle Beamten (angeblich einschließlich des Landrates) im größten Teile des Kreises für abgesetzt, gab bekannt, dass keine Steuern gezahlt zu werden brauchen, wies die öffentlichen Kassen an, ihre Tätigkeit einzustellen, und verhinderte alle weiteren Lebensmittellieferungen. Gestützt und unter Bezugnahme auf die inzwischen in allen diesen Angelegenheiten von der Regierung in Berlin ergangenen Anweisungen, gab ich durch öffentliche Bekanntmachungen im Kreisblatte sofort bekannt, dass alle diese Beschlüsse den ausdrücklichen Willen der Regierung widerliefen und daher ungültig und unwirksam seien, dass alle Beamten und Kassen noch wie vor weiter zu arbeiten hätten, dass vor allen Dingen alle Lebensmittellieferungen in der bisherigen Weise auszuführen seien, und gab allen Beamten entsprechende Anweisungen.

Nebenher hatte ich von vornherein alle mir unterstellten Beamten mündlich bzw. telefonisch angewiesen, unter allen Umständen alles zu unterlassen, was als Ausnahmebehandlung von den Polen aufgefasst werden könnte, vielmehr Polen und Deutsche in jeder Beziehung durchaus gleich zu behandeln. Die Durchführung dieser Anweisung habe ich persönlich streng überwacht. Es ist mir dann auch, wie ich hinzufügen möchte, in dieser Beziehung nie eine berechtigte Klage von polnischer Seite vorgetragen worden, dagegen mir gegenüber von polnischer Seite des Öfteren anerkannt worden, dass wahrend der Zeit meiner Kreisleitung die Polen sich über keine Ausnahmebehandlung zu beklagen gehabt hätten.

An dieser Stelle möchte ich einschalten, dass der südliche Teil des Kreises Neutomischel mit der Stadt Neutomischel ganz überwiegend deutsch ist, insbesondere ist Neutomischel mit den umliegenden Dörfern Paprotsch, Glinau, Scherlanke, Friedenwalde, Schichagora, Konkolewo, Neurose und Groß-Lipke fast rein deutsch. Der nördliche Teil des Kreises mit Neustadt ist dagegen zum größeren Teile überwiegend polnisch, wenn auch einige rein deutsche Dörfer, wie z. B. Steinbeig, dortselbst liegen.

Infolge des selbständigen und die Ruhe und Ordnung aufs schwerste störenden Vorgehens des A. und S. Rates in Neustadt entstand alsbald eine tiefe Verstimmung zwischen den beiden A. und S. Räten in Neutomischel und Neustadt. Neustadt erging sich in Drohungen gegen Neutomischel und stellte Gewalttaten mit Waffengewalt in Aussicht, gegen welche sich Neutomischel durch Beschaffung von Gewehren und Maschinengewehren zu schützen suchte. Nun wurde die Vermittlung des A. und S. Rates Posen angerufen. Unter Leitung von Delegierten dieses A. und S. Rates und unter meiner Zuziehung wurden dann in Neutomischel Einigungsverhandlungen geführt, in denen Posen anerkannte, dass es für den Kreis nur einen A. und S. Rat geben dürfe, als welcher derjenige in Neutomischel, weil zuerst und in der Kreisstadt gebildet nur in Betracht kommen könne. Es kam sodann eine Einigung dahin zustande, dass die beiden A. und S. Räte in Kreis= und militärischen Angelegenheiten zusammenarbeiten sollten.

Infolge dieser Abmachung und der von der Kreisleitung getroffenen oben erwähnten Maßnahmen herrschte in der Folgezeit (ungefähr vom 20. November v. Js. ab) Ruhe und Ordnung im Kreise, alle Behörden und Kassen arbeiteten ungestört weiter, und auch die Lebensmittelablieferung seitens der polnischen Landwirte erfolgte im Großen und Ganzen ordnungsmäßig. Auch machten sich irgendwelche Gegensätze zwischen Deutschen und Polen in den nächsten Wochen kaum bemerkbar.

Dauernde Beunruhigungen herrschten nur an der Kreisgrenze nach Grätz zu, wo polnische gewalttätige Bestrebungen, wie mir berichtet wurde, leider wohl unter dem Deckmantel der polnischen A, und S. Räte in Opalenitza und Grätz sich immer drohender bemerkbar machten. Es wurde bekannt, dass in Opalenitza die Polen einen oder mehreren Deutschen Kontributionen von mehreren Tausend Mark auferlegt, Pferde ohne Bezahlung requiriert, Deutsche grundlos gefangen gesetzt und mit Erschießen bedroht hätten usw. Auch sollten sie in den Kreis Neutomischel übergegriffen haben.

Da machte plötzlich Ende Dezember v. Js. der Distriktskommissarius von Neustadt die telefonische und schriftliche Meldung, dass die Wahlvorsteher der Stimmbezirke Neustadt-Schloss, Posadowo und Zgierzynka (alles von Łąckischer Besitz) sich weigerten, Wählerlisten zur Nationalversammlung aufzustellen (wohl auf Veranlassung des Herrn von Łącki in Posadowo) und mit der Begründung, das sei nicht mehr nötig, denn am 19. Januar sei bereits alles entschieden. Gleichzeitig hatte Herr von Łącki dem Wahlkommissar in Posen mitgeteilt, er könne keine Wählerlisten aufstellen, da nach dem Wahlgesetz nur „Deutsche usw.“ wahlberechtigt seien. Obwohl ich Herrn von Łącki telefonisch über die Bedeutung dieser und das Unzutreffende seiner angeblichen Annahme, dass Polen nicht wahlberechtigt seien, aufklärte, weigerte er sich doch, die Wählerliste aufzustellen, und zwar jetzt mit der Begründung, er hätte von der „Rada ludowa“ in Posen dahingehende Anweisung,

Inzwischen wurde bekannt, dass die Polen allerorts in der Provinz Stellungsbefehle an gediente Soldaten polnischer Nationalität ausschrieben (Meldung des Distriktkommissars in Kuschlin).

Zu derselben Zeit — wenn ich nicht irre am 29. Dezember v. Js. — erfuhr ich, dass ein Angestellter des im Kreise Neutomischel gelegenen Bahnhofs Eichenhorst (meines Erinnern- der Bahnhofsvorsteher) bei dein A. und S. Rat in Neutomischel erschienen sei und mitgeteilt habe, dass der Bahnhof Eichenhorst plötzlich von 100 Schwerbewaffneten, anscheinend aus Opalenitza kommenden Polen besetzt worden sei, dass die deutsche Bahnhofswache dortselbst, die der A. und S. Rat Neutomischel eingesetzt hatte (es wechselten immer zwei Polen aus dem polnischen Dorfe Bukowiec mir zwei Deutschen aus dem deutschen Dombrowo ab), von diesen entfernt bzw. festgenommen, Lebensmittelzüge, nach dem Westen bestimmt, aufgehalten und Durchsuchungen vorgenommen worden seien. Der A. und S. Rat in Neutomischel, vertreten durch seinen bei ihm angestellten Leutnant Anderson, habe daraufhin zwei (!!) Leute mit Maschinengewehren nach Eichenhorst gesandt, die jedoch alsbald von den Polen nach Wegnahme eines Maschinengewehres vertrieben wurden seien. Es sei auch geschossen worden. Wer geschossen habe, darüber herrschten die widersprechendsten Gerüchte. Jedenfalls seien die beiden aus Dombrowo stammenden deutschen Mannschaften von den Polen abgeführt worden und sollten am nächsten Tage standrechtlich erschossen werden (mündlicher Bericht des Leutnants Anderson, mir erstattet am 29. Dezember v. J.). Da die ganze Angelegenheit zunächst als örtlicher Putsch der Polen aus Opalenitza aufgefasst wurde, beschloss ich, sowohl meinen vorgesetzten Dienststellen in Posen wie auch dem dortigen A. und S. Rat Meldung zu erstatten und Aufklärung und Hilfe zu erbitten. Leider war jede Verbindung mit Posen unmöglich, da in diesen Tagen infolge der bekannten Vorgänge in Posen jeglicher Telefon- und Telegrafenverkehr mit der Stadt Posen unterbunden war. So war ich denn in Neutomischel vollständig im Unklaren, was dieses Vorgehen der Polen zu bedeuten habe, wer es veranlasse habe usw. Nunmehr versuchte ich mehrere Tage hintereinander, Herrn von Łącki in Posadowo telefonisch zu erreichen, um die Angelegenheit aufzuklären und nach Möglichkeit beizulegen. Es hieß indessen immer, Herr von Łącki sei verreist. Als ich ihn endlich erreichte, sagte er mir, er könne nichts weiter tun, die Deutschen hätten zuerst geschossen und damit die Polen provoziert. Auf meine Entgegnung, ich hätte entgegenstehende Nachrichten, abgesehen davon sei ich doch die Herausforderung zunächst von den Polen dadurch ausgegangen, dass sie ohne jede Veranlassung in den durchaus ruhigen Kreis Neutomischel eingedrungen seien, ging Herr von Łącki nicht ein.

Mittlerweile bemächtigte sich der deutschen Bevölkerung infolge dieses polnischen Vorgehens eine sehr starke Beunruhigung. Man befürchtete weitere Gewalttaten von politischer Seite, und allgemein tauchte die Frage auf, ob man jetzt noch seines Lebens und Eigentums im Kreise Neutomischel sicher sei, und welcher Schutz gegen solche Übergriffe vorhanden sei. Auch verlautete, dass die Deutschen aus dem großen deutschen Dorfe Dombrowo entschlossen seien, nötigenfalls mit Waffengewalt ihre beiden Wachmänner aus Polenhand zu befreien, eventuell auch einen Vergeltungsschlag gegen Opalenitza zu führen usw., wenn den beiden Gefangenen etwas geschähe.

Da nunmehr die bisherige Ruhe und Ordnung im Kreise durch Eingriffe von außen her aufs allerschwerste bedroht und gestört war, auch in dem das Gemeinwohl gefährdenden Vorgehen der Polen deutlich Absonderungsbestrebungen zu erkennen waren, so war für mich der Fall gegeben, in Befolgung der Anweisung und Bekanntmachung der preußischen Regierung vom 10. Dezember v. Js. (mitgeteilt durch Erlass des Herrn Ministers des Innern vom 17.12.1918 – I b 1252) diesen Bestrebungen mit allen zu Gebote stehenden Mitteln entgegenzutreten. Ich ersuchte zunächst den A. und S. Rat in Neutomischel um eine Unterredung, stellte den beiden von ihm entsandten Abgeordneten (Hannemann und Manske) die Sachlage und die drohende Gefahr nur und bat sie, von sich aus einzugreifen und die nötigen Schritte zum Schutze der Kreiseingesessenen und der Ruhe und Ordnung zu treffen. Die Herren erklärten, dazu außer Stande zu sein, waren sich der drohenden Gefahr wohl bewusst und stimmten schließlich darin überein, dass wohl nur die Bildung einer freiwilligen Schutzwache (Bürgerwehr) die Polen vor weiteren Gewalttaten und Übergriffen werde abhalten können.

Am nächsten Tage machte ich gelegentlich von Telefongesprächen mit dem Grenzschutz und Herrn Hauptmann von Liliencron in Meseritz unter Hinweis auf die bisherige Ruhe im Kreise und Mitteilung des Vorgefallenen auf die drohende Gefahr aufmerksam. Herr Hauptmann von Liliencron entsandte darauf den Leutnant Kulcke nach Neutomischel mit dem Auftrage, aus den zahlreichen altgedienten deutschen Soldaten der umliegenden Dörfer Freiwillige für den Grenzschutz anzuwerben. — Inzwischen war auch die öffentliche Aufforderung seitens des Kommandierenden Generals des V. Armeekorps zur Meldung von Freiwilligen für den Grenzschutz ergangen. Dieser Aufruf ging mir mit dem Ersuchen um Veröffentlichung zu. — Der Leutnant Kulcke hatte bereits an 40 Mann für den Grenzschutz angeworben, als ich am 2. Januar abends nach 6 Uhr gebeten wurde, zu einer Sitzung des A. und S. Rats zu erscheinen. Dort traf ich neben dem A. und S. Rat den Leutnant Kulcke, sowie auch den Leutnant Anderson und den früheren Vorsitzenden, seit einiger dem A. und S. Rat nicht mehr angehörenden Leutnant Werner. Letzterer nahm alsbald das Wort und erklärte unter Zustimmung des A. und S. Rates die Einrichtung des Grenzschutzes, insbesondere die Aushebung und Anwerbung von Freiwilligen im Kreise Neutomischel für einen schweren Missgriff. Trotz der inzwischen in der Provinz eingetretenen Ereignisse meinte er, ein solcher Schutz sei gänzlich unnötig. „Solche Maßnahmen seien eine Herausforderung der Polen. Die Polen wollten ja niemand etwas tun.“

Der Leutnant Anderson teilte im wesentlichen diese Auffassung. Werner gab mich bekannt, dass er mit Herrn von Łącki gesprochen und ihn von der Bildung des Grenzschutzes und der Anwerbung benachrichtigt habe. Kurz darauf wurde er herausgerufen, um von einem Boten (es soll ein Geistlicher gewesen sein) einen Brief des Herrn von Łącki entgegenzunehmen. Bei den weiteren Verhandlungen trat nunmehr der gesamte A. und S. Rat von Neutomischel aufs schärfste gegen die Anwerbung von Freiwilligen und die Tätigkeit des Leutnants Kulcke im Kreise Neutomischel auf und erklärte, diese mit allen Mitteln hindern zu wollen! (!!). Einzelne Mitglieder äußerten sich sogar dahin, dass ihnen lieber noch das Einrücken bewaffneter Polen sei.

Da bei dieser Sachlage damit zu rechnen war, dass der Anwerbung von Leuten im Kreise Neutomischel und der Ausdehnung des Grenzschutzes auf den Kreis Neutomischel von dem nahen Bentschen aus die größten Hindernisse in den Weg gelegt werden würden, hielt ich eine weitere Tätigkeit des Leutnants Kulcke im Kreise für aussichtslos und teilte dieses in Gegenwart der Versammlung dem Hauptmann von Liliencron in Meseritz telefonisch mit. — Völlige Unklarheit herrschte darüber, was mit den beiden Gefangenen geschehen sei. Nach einer Mitteilung sollten sie nach Posen abtransportiert, nach einer anderen wieder in Opalenitza, nach einer dritten freigelassen sein. Im weiteren benachrichtigte ich noch telefonisch (zwischen 8 und 9 Uhr abends) zusammen mit dem Leutnant Anderson Herrn von Łącki von dem Aufhören der Tätigkeit des Leutnants Kulcke und ersuchte ihn im Interesse der Beruhigung der deutschen Bevölkerung mit allem seinem Einfluss dahin zu wirken, dass mit Rücksicht auf die bisherige Ruhe und Ordnung und das durchaus korrekte Verhältnis zwischen Deutschen und Polen im Kreise jedes weitere Vorgehen von polnischer Seite aus unterbliebe. Herr von Łącki beklagte, dass die Abgesandten des A. und S. Rates von Neutomischel in Eichenhorst zuerst geschossen hätten, und versprach schließlich, sein Möglichstes im Sinne meines Wunsches zu tun.

In der Nacht gegen 3 Uhr rückten indessen, wie bereits berichtet, die Polen von Opalenitza her und in den Morgenstunden die von Herrn von Łącki bewaffneten Polen aus dem nördlichen Kreisteile in Neutomischel ein. Von diesen letzteren habe ich einige (6—8) gesprochen, die zugaben, von Herrn von Łącki gesammelt zu sein, jedoch die Angabe ihre Namens ablehnten.

Am 4. Januar erfuhr ich dann noch, dass der Leutnant Anderson, derselbe, welcher das Maschinengewehr mit zwei Mann nach Eichenhorst sandte, welches alsbald in die Hände der Polen fiel, von dem Stadtkommandanten zum Distriktskommissar für den ebenfalls abgesetzten Distriktskommissar Munck ernannt worden sei (!!).

Ergänzend bemerke ich noch, dass durch den Bezirkskommandeur Major Schotte in Neutomischel inzwischen gegen die Leutnants Werner und Anderson an zuständiger Stelle eine Anklage wegen Hochverrats eingereicht ist.

Stadtpark 24 September 2009 16:00 Uhr Nowy Tomysl

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski)
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[1.806]
An diesem Tage fand die symbolische Einweihung der auf den ehemaligen protestantischen Friedhöfen aufgestellten Gedenkkreuze statt. Als Ort dieser Handlung war das Gelände des heute nicht mehr existierenden Friedhofes des Dorfes Paproc/Paprotsch stellvertretend für Alle ausgewählt worden. Dieser Artikel wurde auf dem Grund der Pressemitteilung (die in der Lokalzeitung „Dzień po dniu“ am 29-9-2009 erschien) geschrieben.

Die Übersetzung – Przemek Mierzejewski in Zusammenarbeit mit Damian Konieczny. Die Überarbeitung für die deutsche Veröffentlichung erfolgte durch Gudrun Tabbert. Die Fotos wurde vom Stadtamt gemacht.


Die heilige Handlung der Einsegnung wurde durch den Pastor der Evangelisch-Augsburgischen Gemeinde Herrn Tadeusz Raszyk und durch die Pfarrer der beiden katholischen Kirchengemeinden Herrn Jerzy Juja und Herrn Wladyslaw Kasprzak [1.807] von Nowy Tomysl/Neutomischel vollzogen. Zugegen waren bei diesem geschichtlich denkwürdigen Ereignis ebenfalls der Bürgermeister von Nowy Tomysl Herr Henryk Helwing und der Stadtratsvorsitzende Herr Piotr Szymkowiak.

[1.808]Die Ereignisse des I. und II. Weltkrieges hatten während und nach diesem grausame Auswirkungen auf die protestantischen Friedhöfe. Die Nachfahren, wenn es denn noch welche gab, waren seinerzeit nicht mehr vor Ort um gegebenenfalls anderweitigen Einfluss auf die nachfolgenden Geschehnisse zu nehmen. Der nach dem Krieg vorherrschende Gedanke alles „Deutsche” aus der Geschichte Polens auszuradieren hatte dazu geführt, dass die Areale zahlreicher Friedhöfe eingeebnet wurden. Die verbliebenen Grabsteine wurden als Baumaterial für Spielplätze, Bauten im Zoo oder auch zur Gestaltung von Kunstwerken weiter verwendet. Eine Veröffentlichung hierzu erschien im vorigen Jahr in der Lokalzeitung „Nasz Dzień po dniu“ (Unser Tag für Tag). Hinzu kam aber auch die Zeit; sie brachte Verfall und Vergessen.

Eine Initiative eben diesen Verfall und dieses Vergessen aufzuhalten wurde durch den Geschichtsforscher und -liebhaber Herrn Przemek Mierzejewski ins Leben gerufen. Sein Ziel ist, das Wissen um diese alten ehemaligen Friedhöfe und die damit verbundene Geschichte wieder zu beleben. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Ehrung dieser Friedhöfe mit der Aufstellung der Gedächtniskreuze.

Ein Nebeneffekt dieses Gedankens ist der Jugend die vergessene, verdrängte geschichtsträchtige Vergangenheit unserer Gegend lebendig mit Hilfe unserer älteren Generation näher zu bringen. Ein Wegbereiter mit ähnlichen Ideen in unserem Kreis war auch schon Herr Zygmunt Duda aus Opalenica.

Die heute wieder in der Gemeinde Nowy Tomysl/Neutomischel und ihren Nachbargemeinden herrschende Offenheit gegenüber den verschiedenen Religionen und die Akzeptanz der verschiedenen Nationalitäten muss offen gezeigt werden. Diese Idee führte letztlich dazu, dass durch unser Stadtamt alle Kosten für die Her- und Aufstellung der Gedenkkreuze aus Stahl übernahm, die Oberförsterei Grodzisk Wielkopolski/Grätz das Holz für die Umzäunung der Friedhofsanlagen zur Verfügung stellte und die Angehörigen der Freiwilligen Brandwache teilweise die Büsche der stark überwucherten Friedhofsareale rodeten.

Mit dieser Unterstützung konnte das Andenken der Friedhöfe in der unmittelbaren Umgebung von Nowy Tomysl/Neutomischel in Paproc/Paprotsch, auf ihm fand die Gedenkfeier statt, in Przylek/Scherlanke gelegen in Richtung der Autobahn, zwischen den Tankstellen vor der heiligen Figur, in Glinno/Glinau gelegen am Weg in den Wald hinter dem Friedhof der sowjetischen Soldaten, in Sekowo/Friedenwalde gelegen am Ende des Dorfes in Richtung Zbaszyn/Bentschen wieder hergestellt werden. Sekowo/Friedenwalde ist auch das älteste festgestellte Dorf, vermutlich zu 1692 gegründet.

[1.809]

ksiądz proboszcz Tadeusz Raszyk z Parafii Ewangelicko-Augsburskiej, ks. kanonik Jerzy Juja, ks. kanonik Władysław Kasprzak

In seiner Rede anlässlich der Einweihung unterstrich Herr Przemek Mierzejewski auch seine große Hoffnung, dass das Schicksal der polnischen Friedhöfe in der Ukraine, in Weißrussland und in Litauen

[1.810]

ksiądz proboszcz Tadeusz Raszyk z Parafii Ewangelicko-Augsburskiej, ks. kanonik Jerzy Juja

eine ähnlich gute Wendung nehmen möge. Einige Mut und Zuversicht gebende Zeichen seien, dass auch hier und da schon einige gepflegte Anlagen zu finden sind, die durch vor Ort ansässig gebliebene Polen gepflegt und unterhalten werden. Dass in Gegenden der Ukraine, wo dieses jedoch nicht mehr der Fall ist, dortige Jugendbewegungen sich selbst den Erhalt dieser alten Anlagen zur Aufgabe gemacht haben.

Herr Mierzejewski erinnerte auch daran, dass die Geschichte unserer Nowy Tomysler Gegend untrennbar mit den überwiegend deutschstämmigen und dem evangelischen Glauben angehörigen Kolonisten verbunden ist. Durch diese wurde vor mehr als 250 Jahren begonnen unsere Landschaft, wie wir sie heute kennen, zu gestalten. Für diese Siedler – seine „dissidentischen Hauländer“ – wie er sie nannte, stiftete der Katholik und dem polnischen Adel angehörige Feliks Szoldrski die Kirche auf dem Alten Markt. Und mit dieser Kirche gründete sich unsere Stadt. Sie gilt als erstes und heute ältestes Gebäude der Stadt Nowy Tomysl/Neutomischel.

Was hat diese Kolonisten aber eigentlich gerade in unsere Gegend geführt?

Das Gebiet unserer heutigen Gemeinde waren undurchdringliche Wälder, der Norden bestand nur aus Sümpfen – keine gerade gastfreundliche Gegend. Im Besitz der Region war der polnische Adel. Selbstständige polnische Bauern gab es nicht, der Adel betrachtete sie und ihre Familien als Sklaven. Landbesitz oder gar eigene Bauernhöfe standen dem Volk nach Meinung des Adels nicht zu. Hinzu kam auch, dass die Bevölkerung durch Pestepidemien stark abgenommen hatte; es mangelte an Arbeitskräften in der Landwirtschaft.

Betrachtet man den damaligen polnischen Adel als Unternehmer, der die Erwirtschaftung von Erträgen und Gewinnen als Ziel hatte, so wird verständlich, dass ihnen der Gedanke aus ihren „unnützen“ Besitzungen Kapital zu schlagen kam. Die Idee der Ansiedlung von Bauern, die das Land urbar machen würden und dann auch zu Steuerzahlungen herangezogen werden konnten, wurde geboren. Zuerst nur vereinzelt, später dann von allen Angehörigen des Adels, wurden bestimmte Gebiete ihrer Territorien in Parzellen aufgeteilt und es wurden Siedler für diese angeworben.

Um die Ansiedlung möglichst kurzfristig umzusetzen, bot man verschiedene Vergünstigungen, zum Beispiel galt in den ersten Siedlungsjahren mancherorts die Grundstücke unentgeltlich und steuerfrei zur Verfügung zu stellen. Eine weitere Vergütung wiederum war, dass Siedler das benötigte Bauholz ihrer ersten Hütten geschenkt bekamen oder das ihr Vieh frei weiden durfte. Die wichtigsten Punkte waren aber wohl, dass die Siedler als freie Bauern gelten sollten, ihnen Glaubensfreiheit gewährt werden sollte und die von ihnen erworbenen Grundstücke, zwar noch mit der Genehmigung des adligen Grundherrn, so aber doch vererbt und verkauft werden durften. Im Gegenzug hatten die Bauern zwar auch so genannte Hofarbeiten, wie zum Beispiel Hilfe bei der Ernte und auch Naturalienabgaben an den Gutsherrn zu leisten. Alles in allem waren die Bedingungen aber wohl um ein vielfaches verlockender als die Umstände unter denen diese Menschen bis zu diesem Zeitpunkt lebten.

Das Ganze war ein Langzeitprojekt. Der Adel hatte mit dieser Methode zu Beginn Einnahmen durch die Naturalien, die ihm seitens der Bauern zustanden, die unentgeltliche Arbeit, die sie zu leisten hatten und einiger besonderer Handelsgeschäfte, die der Adel ausschließlich für sich beanspruchte, zum Beispiel durch den Verkauf des Bieres So ganz nebenbei wurde mit den Jahren das bis dahin nutzlose Land zu wertvollem, ertragreichem Agrarland. Und nun profitierten die Adeligen zusätzlich, von den Tilgungszahlungen der von den Siedlern unterzeichneten Hypothekenverträge und den Steuereinnahmen aus den stetig wachsenden Erträgen des einstigen „unnützen“ Landes.

Während zu Beginn nur einige vereinzelte Adelshöfe diese Methode wählten, so führte der Erfolg dieser aber dazu, dass sich mehr und mehr Adelige in ganz Polen anschlossen. Siedler wurden regelrecht umworben. Entweder geschah dieses durch spezielle Anwerber, die durch die Lande reisten und den Menschen die weiten, fremden Lande verlockend darstellten und sie so zum Abbruch gen Osten überredeten oder aber auch durch Flugblätter, die überall ausgeteilt wurden und die Vorzüge in den schillerndsten Farben darstellten. Zu dieser Zeit waren etliche Bauernsöhne, die Familien waren ja viel grösser als heute, durch ihre eigene Initiative bestrebt dieses angebotene freie Land zu erwerben; einen eigenen Hof zu besitzen und zu bewirtschaften galt für viele als Lebensbasis. Man vermutet, dass der Großteil der Siedler unserer Gegend wohl aus dem nahegelegenen Schlesien und der Mark übersiedelten also deutsch stämmig und vornehmlich evangelisch waren.

[1.811]

[1.812]

Meist wurden die Privilegien, also die Verträge zwischen dem polnischen Adel und den Kolonisten eines ganzen Dorfes geschlossen. Somit standen alle Bewohner eines Dorfes für jeden einzelnen Mitbewohner in der Kollektiv-schuld gegenüber dem Guts- herrn, der auf diese Art und Weise Verluste vermied. Die Devise war: Einer für Alle, Alle für Einen!

Über die Jahrhunderte entstand ein Miteinander der Nationalitäten und Glaubensrichtungen.

Die Nachkommen dieser Siedler lebten in unserer Gemeinde und den umliegenden Gebieten bis 1945. Eine Schätzung besagt, dass ca. 90 % der deutschen und deutschstämmigen Bevölkerung gegen Ende des II. Weltkrieges mit dem Vorrücken der Roten Armee in Richtung Westen flohen. Die Bewohner, die geblieben waren, wurden dann bis 1949 zur Ausreise aus Polen gezwungen.

Wir sind heute die Bewohner der von ihnen gegründeten Städte, Hauländereien und Dörfer. In unseren Städten und Dörfern finden sich die ehemals protestantischen Kirchen. In unserer Landschaft finden sich ihre Friedhöfe.

In unserer Gemeinde Nowy Tomysl/Neutomischel haben wir 17 Friedhöfe gezählt, in Miedzichowo/Kupferhammer sind es 25 und in der Gemeinde Opalenica/Opalenitza 4 .

Im ganzen Landkreis gibt es über 80 ehemalige Friedhofsanlagen, und in der sogenannten Nowotomyska/Neutomischeler Niederung, einschließend im Süden die Kreise Grodzisk/Grätz und Wolsztyn/Wolstein, im Norden den Kreis Międzychód/Birnbaum und im Westen den Kreis Miedzyrzecz/Meseritz finden sich über 220 alte Areale.

Mit dem heutigen Tage haben wir eine kurze Rückschau auf dem Weg gehalten der gemeinsam von Menschen verschiedener Nationalitäten und Konfessionen in unserer Region über hunderte von Jahren gegangen wurde.

Und mit diesem Wissen um diese gemeinsame Vergangenheit sollten wir nun den Weg in die Zukunft weitergehen

Stärke Helmut – 200jährige Kirche in Neutomischel 1980

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Helmut Stärke)
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200jährige Kirche in Neutomischel“ – der Artikel wurde im Original von Helmut Stärke für das Jahrbuch der Landsmannschaft Weichsel-Warthe Ausgabe 1980 verfasst und publiziert.

Eine Veröffentlichung auf dieser Seite erfolgt mit freundlicher Genehmigung der LWW – Landesmannschaft Weichsel-Warthe

* * *

In diesem Jahr wird die evangelische Kirche in Neutomischel 200 Jahre alt. Der Grundstein wurde am 7. Mai 1779 gelegt, und die Einweihung fand am 15. Oktober 1780 statt.

Der Grundherr der Herrschaft Tomysl, Graf Feliks Szoldrski, hatte zuvor im Jahre 1778 den Holländer-Gemeinden seines Gebietes die Errichtung eines Kirchspiels gestattet. Der erste Pfarrer der „Tomischler Parochie“, wie sie zunächst von den deutschen Siedlern genannt wurde, war Johann Christian Bräunig. Er war vorher Pfarrer in Tirschtiegel und nahm am 2. Mai 1778 seine Tätigkeit in der „Neuen Gemeinde“ auf. Vorher hatten Prolektoren Gottesdienste in der Schule von Zinskowo abgehalten. Man sprach hier von der „Alten Gemeinde“. Der katholische Grundherr hatte den Standort der Kirche   und für den Kirchenbau der neuen Gemeinde eine halbe Hufe Land auf dem Gebiet der Holl.-Gemeinde Glinki geschenkt sowie auch das Baumaterial zur Verfügung gestellt. Der Grundriß des Kirchenbaues war ein griechisches Kreuz. Die Kirche wurde aus Feld- und Backsteinen erbaut und außen verputzt. Die ungleichmäßigen Treppenstufen des Giebels endeten oben in einem Dreiecksgiebel. Im Innern wurden hölzerne Doppelemporen eingebaut, über diesen hölzerne Tonnengewölbe. Am Ostende wurde ein hoher Rokokoaltar eingebaut, halblinks davon eine freistehende Kanzel ebenfalls im Rokokostil. Auf dem Kanzeldeckel steht Moses mit den Gesetzestafeln; den Kanzelbecher ziert das Wappen der Familie Szoldrski, ein Kahn.

[1.813]

Die ehemalige evangelische  Kirche

Zunächst hatte die Kirche noch keinen Turm. Der erste Turm wurde 1790 im Westen angebaut. Er brannte aber schon bald nach der Jahrhundertwende, durch Blitzschlag entzündet, nieder. Darauf wurde ein neuer, massiver Turm erbaut. Die Kirche bekam nun auch zwei größere Glocken, die 1816 bei Karl Kalliefe in Lissa gegossen wurden. Die Vorfahren der Gemeindeglieder waren am Ende des 17. Jahrhunderts ins Land gekommen und hatten die Sumpf- und Waldgegend nach und nach besiedelt. Zu dieser Zeit gehörte die Herrschaft Tomysl Bogusław von Unruh. Er gestattete evangelischen Deutschen aus Brandenburg und später wohl auch Schlesien die Ansiedlung nach Holländer-Recht zunächst an der Westgrenze seiner Herrschaft. Die ersten Siedler sollen 1692 gekommen sein.

Die „Holländer“ unterstanden verwaltungsmäßig der katholischen Pfarrei in Wytomysl. Auch die Eintragungen von Geburten, Eheschließungen und Sterbefällen erfolgten im Kirchenbuch von Wytomysl zunächst noch * unter der Bezeichnung „Olendry“. Betreut wurden die Siedler von der evangelischen Kirche in Chlastawe. Die Siedlungen weiteten sich immer weiter nach Westen aus. Am 11. 11.1700 bekam Sekowo (später Zinskowo genannt, dann Friedenwalde) das Privileg vom Grundherrn. Ein Jahr später erhielten Glinki und Paproc (später Glinau und Paprotsch), 1704 bekam auch die Siedlung Przyłęk (auch Zielonka, Sielanki, Scherlanke) das Privileg. 1705 kam die Herrschaft Tomysl durch Heirat als Mitgift an die Familie Szoldrski, Nachkommen der ersten Siedler besiedeln später weitere Landstriche der Herrschaft Tomysl. Die Höfe liegen verstreut auf dem jeweiligen Ackerland. Eine Ausnahme bildet Sątopy (Sontop), das als geschlossenes Dorf durch Parzellierung des Vorwerks 1736 entsteht. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstehen die Streusiedlungen Tomysl, Kozielaski (1767) und Neurose (1765) und als letzte Groß- und Klein-Lipke (1783).

[1.814]

Vergleich des Turmes vor 1914 und nach 1922

Um die neuerbaute Kirche entsteht ein quadratischer Markt, und diese Ansiedlung wird 1786 zur Stadt erhoben, die 1793 bei der Übernahme durch Preußen rund 300 Einwohner zählt. Die Kirche wird 1844-46 und 1880 gründlich renoviert. Für die Opfer der Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 ließ die Gemeinde Gedenktafeln mit den Namen der Gefallenen an den Innenwänden anbringen. Am 20. Dezember 1916 brannte der Turm durch fahrlässiges Hantieren mit Kerzen aus. Die Turmspitze wurde in etwas gedrungener Form wieder aufgebaut. Im April 1924 wurden zwei große, geschnitzte, hölzerne Gedenktafeln mit 220 Namen der Gefallenen des 1. Weltkrieges feierlich enthüllt. 1939 verlor die Gemeinde ihren Hirten Superintendent Reisel, der 30 Jahre hier gewirkt hatte und an den Folgen der Mißhandlungen bei der Verschleppung starb. Ihm folgten der letzte ev. Pfarrer Superintendent Päschke. 1940 mußte der Turm der Kirche abgebrochen werden, da er Risse als Folge der Erschütterungen durch vorbeifahrende Militärfahrzeuge bekam und einzustürzen drohte.
Im Januar 1945 mußte die alteingesessene deutsche Bevölkerung ihre Heimat vor den heranrückenden Truppen der Roten Armee verlassen. Die polnische Stadtverwaltung hatte die Absicht, die evangelische Kirche abzureißen, was aber durch katholische Polen verhindert werden konnte. Die Kirche wurde in eine katholische Pfarrkirche umgewandelt und erhielt den Namen Herz-Jesu-Kirche. Bauliche Veränderungen wurden nicht vorgenommen. 1962 wurde das Innere erneuert und 1974 das Äußere. Die Kirche steht heute unter Denkmalschutz, und es bestehen Pläne, den Glockenturm wieder aufzubauen.

An den Sonntagen reicht der Raum der Kirche, der über ca. 2000 Plätze verfügt, für die vielen Gläubigen nicht aus, so daß sie noch vor den geöffneten Türen stehen müssen. So erfüllt der Kirchenbau, der den Ursprung der jungen Stadt Neutomischel bildete, heute noch ihre geistige Bestimmung, wenn auch in abgewandelter Art. Und es ist zu hoffen, daß der Bau noch weitere Jahrhunderte überdauert.

Hielscher, Karl – Chlastawe und die Holländereien zwischen Neutomischel und Wollstein 1966

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Karl Hielscher)
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Strassenansicht der Kirche zu Chlastawe

Chlastawe und die Holländereien zwischen Neutomischel und Wollstein“ – der Artikel wurde im Original von Karl Hielscher für das Jahrbuch der Landsmannschaft Weichsel-Warthe Ausgabe 1966 verfasst und publiziert.

Eine Veröffentlichung auf dieser Seite erfolgt mit freundlicher Genehmigung der LWW – Landesmannschaft Weichsel-Warthe.

Um dem Leser zu der in diesem Artikel beschriebenen Kirche zu Chlastawe ein Bild zu geben, wurden in der Einleitung und am Ende der Veröffentlichung Fotos aus dem Jahr 2005 hinzugefügt.

* * *

Gute sechs Kilometer westlich von Bentschen — der Stadt inmitten der Obra-Seen und an der Bahnstrecke Frankfurt an der Oder / Posen — liegt das Dörflein Chlastawe. Es besaß eine schöne evangelische Kirche, die freilich klein war und nur wenige hundert Kirchgänger fassen konnte. Es war ein mit Schindeln gedeckter Holzbau. Doch war es kein Blockbau, sondern ein Ständerbau, der sich auf eine Holzsäule inmitten der Kirche stützte. So war dieses Kirchlein eine Besonderheit unter den alten aus Holz errichteten Gotteshäusern und zeigte Anklänge an die Stabkirchen Schwedens. In den Jahren nach 1900 war der Bau gründlich instandgesetzt und erweitert worden, wobei er einen Kirchturm erhielt, der dem Kernbau geschickt angepaßt war. So wohlgelungen dieser Anbau war, veränderte er das Bild des ursprünglich ganz klein und unscheinbar gewesenen Gebäudes doch erheblich.

Zu altpolnischer Zeit galt diese Kirche nur als lutherisches Bethaus und durfte deshalb keinen Turm haben. Die Gemeinde half sich damit, daß sie zu dem Kirchengrundstück, das den Friedhof einschloß, eine hölzerne Tordurchfahrt baute, auf der sie eine Glocke aufhing.

Die Kirche besaß noch eine weitere Eigentümlichkeit: Sie war mit einer Reihe von Gemälden geschmückt, die biblische Begebenheiten darstellten. Sie strahlten einen religiösen Fanatismus aus, der uns Heutigen fremd ist und einen merkwürdig berührte. Gut dazu paßten die Köpfe des Erbauers des Gotteshauses und seiner Söhne, deren Porträts am Aufgang zur Empore des Kirchenpatrons hingen. Ihre Züge drückten eine wilde Kraft und Entschlossenheit aus. Radislaus Miesitscheck von Wischkaw war der Name jenes böhmischen Edelmannes, der im Dreißigjährigen Krieg aus seiner Heimat vertrieben, in die Gegend gekommen war. 1623 hatte er die Erbtochter Margarete von Brause geheiratet. Er kämpfte weiter für die protestantische Sache, wurde einige Male verwundet und stieg im Heere des Schwedenkönigs Gustav Adolf zum Obersten empor. 1637 ließ er die Kirche errichten an Stelle einer früheren, die einem Brandstifter zum Opfer gefallen war. Der Baumeister war wahrscheinlich ein schwedischer Zimmermann gewesen, der unter dem Obersten gedient hatte.

Ja, das Kirchlein hatte bereits einen Vorgänger gehabt. Und gelegentlich hat man vermutet, daß Chlastawe überhaupt die älteste lutherische Gemeinde in Polen gewesen wäre. Liegt doch Bentschen nahe, das bereits im — ausgehenden Mittelalter ein Hort hussitischer „Ketzer“ war. Zur Zeit Wladislaus Jagiellos, des ersten Königs aus litauischem Geschlechte, war Abraham Zbanski der Erb- und Grundherr von Bentschen. Er hatte sich jener fanatischen böhmisch-tschechischen Glaubensrichtung angeschlossen, die auch unter den Bürgern von Bentschen und in der Umgebung Anhänger fand. Schließlich schritt der Bischof von Posen mit Waffengewalt gegen die der alten Kirche abtrünnig Gewordenen ein und zwang sie, ihrem „Unglauben“ abzuschwören. Fünf hussitische Priester soll er auf dem Scheiterhaufen haben verbrennen lassen, weil sie sich nicht beugten.

Radislaus Miesitschek von Wischkaw war ein Nachkomme böhmischer Hussiten. Mit ihm, wie auch schon zu Zeiten Abraham Zbanskis und vielleicht noch in der Zwischenzeit sind tschechische Hussiten, bzw. böhmische Brüder in das Land gekommen. Allmählich sind sie unter den evangelischen Deutschen aufgegangen. Acht bis neun Kilometer im Osten von Bentschen liegen zwei Dörfer, die polnisch Czeskie Stare und Czeskie Nowe heißen, deutsch ursprünglich Deutsch-Zisken und Polnisch-Zisken, dann Deutsch-Böhmisch und Polnisch-Böhmisch genannt. Unter den Evangelischen der Gegend konnte man immer wieder Menschen treffen, die den Gestalten auf den Bildern der Kirche von Chlastawe ähnelten. Es waren etwas dunkele, mittelgroße, meist hagere Personen, die sich häufig durch eine stärkere Regsamkeit auszeichneten.

In den damaligen polnischen Westgebieten, in einem Streifen von Fraustadt bis Schwerin an der Warthe, hatte sich seit dem Mittelalter deutsches Bürger- und Bauerntum gehalten. Während der Reformation faßte das Luthertum Fuß. Eine Anzahl evangelischer Gemeinden vermochte alle Stürme zu überstehen, wobei sie wiederholt durch Zuzügler aus Deutschland verstärkt wurden.

Zu ihnen gehörten die sogenannten Holländer oder Hauländer. Es handelte sich um deutsche Bauern, die die adligen Grundherren auf ihre Ländereien holten. Besonders taten das die Starosten. Um von den großen Dienstländereien Einnahmen zu erhalten, setzten sie in den wenig genutzten Wäldern die Bauern an, damit sie ihnen Zins zahlten. Da es aber lange und schwere Arbeit erforderte, um den Wald zu roden und das Land urbar zu machen, mußten die Adligen den Bauern entgegen kommen und ihnen gewisse Vorrechte bewilligen. Dazu gehörten mehrere Freijahre, der Wegfall der Frondienste, das Recht, ihr Glaubensbekenntnis ausüben zu dürfen und ihre einfachen Gemeindeangelegenheiten selbst zu regeln. Da dieses Rode- und Niederlassungsrecht im 16. Jhdt. von holländischen Mennoniten über Danzig nach Polen gebracht worden war, hieß es Holländerrecht, die Niederlassungen Holländereien und die Siedler selbst Holländer. Und diese Namen blieben, als das Verfahren erst von Pommern und dann von Schlesiern übernommen wurde, die über die Grenzen kamen und in den polnischen Flußniederungen und Kiefernwäldern rodeten und siedelten und immer tiefer in das Land drangen. Als sich später die preußischen Beamten den Ausdruck Holländer nicht erklären konnten, änderten sie ihn in Hauländer ab – da die Bauern den Wald umgehauen hätten.

Kopfschüttelnd wird manch ein Leser fragen: „Und die polnischen Bauern? Warum zog der Adel sie nicht heran?“ — Darauf ist zu antworten, daß damals das polnische Land im höchsten Grade verödet und menschenleer war. Während des 17. Jhdts. war es in kurzen Abständen durch die schweren und blutigen Kriege mit den Schweden verwüstet worden, in deren Gefolge noch Seuchen die Pest und Hungersnöte unzählige Menschen dahingerafft hatten. Obendrein war ein Teil der Bauern in die Ostgebiete geflohen, weil es ihnen dort besser erging. Die Kirchenbücher und Visitationsberichte geben ein Bild davon, wie die Dörfer wüst und verlassen dalagen. Zu alledem hatte es sich der polnische Bauer im Laufe der Leibeigenschaft abgewöhnt, sich anzustrengen: Der Nutzen all seiner Mühe kam ihm doch nicht zugute. So erwies er sich als wenig geeignet für die schwere Rodearbeit.

Aus der Gegend Züllichau/Schwiebus kamen unsere Bauern über die Linie Unruhstadt/Bentschen/Tirschtiegel, von wo eine Reihe Niederlassungsverträge aus den Jahren kurz vor und nach 1700 bekannt sind. Schrittweise drangen sie vor und legten das Land frei für eine Ansiedlung nach der anderen.

Eine Wanderung durch das Gebiet oder schon ein Blick auf die Karte zeigt, daß unsere „schlesischen Holländer“ in ein tief liegendes, von Bächen und Gräben durchzogenes Gelände kamen. An den Rändern erstreckten sich arme Sandböden, die nur Kiefernwälder zu tragen vermochten, und eine Reihe von Seen in hügeliger Umgebung. Sumpfige Niederungen zu erschließen war besonders schwierig, weshalb sie auch von den Siedlern des Mittelalters liegen gelassen worden waren. So dehnte sich um die Quellgebiete der Doiza, des Scharker Grabens und der Schwarzwasser eine öde Sumpf- und Waldwildnis aus, die in ihrem Kern 15 mal 20 Kilometer maß. Erlen, Birken und vor allem wilde Weiden, die „Werftsträucher“, wucherten auf den nassen Gründen. Einst hatten sie den Elchen guten Unterschlupf geboten, doch waren diese längst ausgerottet worden, wie auch der Biber. Aber außer Wölfen gab es noch Bären; Fischottern haben sich bis in unsere Zeit gehalten, und der scheue Schwarzstorch konnte ungestört nisten. (Das sumpfige Gelände fand bei Rakwitz vor knapp 150 Jahren eine eigentümliche Verwendung, nämlich zur Zucht von Blutegeln, die bis Breslau, Leipzig, Berlin und Hamburg gehandelt wurden.)

Sobald ein Geschlecht herangewachsen war, suchten sich die jungen Leute ein eigenes Unterkommen, zogen weiter und gründeten eine neue Holländerei. Dazu gehörten große Ausdauer und wilde Arbeitskraft. Zunächst hausten sie in notdürftigen Erdhütten, den „Buden“, und begannen, ihr Land urbar zu machen. Sie hatten den Wald zu roden, wobei sie freilich allzu große Bäume stehen ließen. Vielfach wurden Bäume durch „Ringeln“ zum Absterben gebracht, d. h. durch tiefe Kerben rund um den Stamm. Das Reisig und alles Gestrüpp wurde verbrannt, die guten Stämme für die Gebäude und das Derbholz als Feuerung verwendet Um die feuchten Stellen zu entwässern, mußten Gräben gezogen werden und zwar mitunter auf bedeutende Strecken. Zu tiefe Stellen wurden mit Erde aufgefahren, wozu häufig hunderte, ja bis zu tausend und mehr Fuhren gehörten. Das nahm Jahre und Jahre in Anspruch. Auf dem urbar gemachten Lande wurden die üblichen Nahrungsmittel der Siedler: Hafer, Hirse und Roggen angebaut. Brachte der Sommer sengende Hitze und wenig Regen, so verdorrte die Ernte auf dem rohen Grund, während das Korn in nassen Jahren schlecht schüttete. In Regenzeiten mußte oft das Wasser aus den Erdhütten geschöpft werden. Im Winter waren die Menschen wochenlang eingeschneit und hatten Mühe, die Ritzen ihrer kümmerlichen Behausungen gegen den schneidenden Ostwind abzudichten. Am schlimmsten war die gräßliche Enge für die Frauen, die Kinder und die Kranken; mußte doch gekocht und gebacken, geflickt und geschneidert, ja gesponnen und gewebt werden. Bald nach der „Bude“ wurde ein Backofen errichtet. Und wie oft mag eine der Notbehausungen zusammengebrochen sein und ihre Bewohner unter sich begraben haben.

Es ist an anderer Stelle schon darauf hingewiesen worden, daß das Umbrechen der Prärie in Nordamerika durch die Europäer ein Kinderspiel war gegen das, was unsere Vorfahren in Polen leisteten:

Der Erste arbeitete sich tot,
der Zweite litt noch Not,
der Dritte erst hatte Brot.

Nur allzu sehr traf dieses Wort zu.Sobald genügend Land gerodet war, wurde eine Scheune aufgestellt; darin wurden ein Notstall für das Pferd und die Kuh und eine Notwohnung für die Menschen eingerichtet. Bis die Freijahre herum waren, meist sieben an der Zahl, mußte das ganze Gehöft stehen. Die so entstandenen Bauernwirtschaften waren nicht groß. Ein bis zwei Pferde genügten, da der Umfang nur dreißig preußische Morgen bis das Doppelte betrug, nur ausnahmsweise wurden gegen hundert Morgen erreicht. Die Niederlassungen bildeten keine geschlossenen Ortschaften, sondern jeder Siedler saß mitten auf seinem Lande, so daß die Höfe zerstreut auf den Feldern und in den Wiesen standen, wohl entlang einer Straße oder an einem Bach. Da die Landwirtschaften klein waren, wurden sie unter den Kindern nicht aufgeteilt, sondern nur eines übernahm den elterlichen Hof, möglichst das jüngste. Dann konnte den Älteren besser unter die Arme gegriffen werden, wenn sie sich selbständig machten.

So entstanden in unserem Gebiet über hundert Holländereien mit dem Mittelpunkt um den Kirchplatz Borui, der ursprünglich Hammer-Borui geheißen hatte. Erst 1786/88 wurde das Städtchen Neutomischel angelegt, das Borui den Rang ablief. Ein Teil der Enkel zog weiter, in die Gegend an der oberen Warthe hinter Schrimm und in das Warthebruch bei Kolo, nach Mittelpolen in die Gegend von Lodz, wo die Siedlung Bruzycko-Ksie.stwo 1791 eine Abschrift der Willkür von Hammer-Borui besaß, und noch weiter. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zogen die Nachkommen gar bis nach Wolhynien. In ganz Polen gründeten vom 16. bis 19. Jhdt. die Mennoniten, die Pommern und die Schlesier an 3000 deutsche Siedlungen.

Für die Haltung der Bauern war ihr lutherisches Glaubensbekenntnis entscheidend. Noch stärker als ihre Sprache verband es sie untereinander und schied sie von ihrer polnischen und katholischen Umgebung. Erinnern wir uns der religiösen Inbrunst, die aus den Bildern der Kirche in Chlastawe sprach und die die holländischen Mennoniten über das Meer bis nach Polen getrieben hatte. Ein starker Nachhall blieb unter unseren schlesischen Siedlern lebendig.

Jede größere Niederlassung hatte ihr Schul- und Kantorhaus mit etwas Acker, sowie einen Friedhof. Nun, die Schulmeister oder Kantoren waren sehr einfache Leute. Die Bauern nahmen dazu, wen sie halt bekommen konnten, irgend einen Handwerker, einen Flickschuster oder Flickschneider oder dergleichen — von der Schule selber konnte der Mann ja nicht leben, sondern mußte noch einen Beruf ausüben. Unbedingt mußte er schreiben können, damit er den notwendigen Schriftverkehr übernehmen konnte, wie Kauf- und Überlassungsverträge, auch gelegentlich Briefe für die Bauern. Der Schulunterricht war verständlicherweise unregelmäßig und wurde vor allem im Winter gehalten. Die Eltern mußten für jedes Kind bezahlen. Die Hauptsache waren der Katechismus, Kirchenlieder, Bibelverse, etwas Lesen und Rechnen und mitunter Schreiben. Außerdem hatte der Kantor die Toten zu beerdigen und die Kinder zu taufen; sonntags hielt er Lesegottesdienst.Diese Holländerschulen mögen uns recht dürftig vorkommen, und später haben die preußischen Beamten weidlich über sie gespottet, wie Stenger in Unruhstadt. Doch fanden sie wenig genug in Polen vor, nämlich auf dem Lande überhaupt kaum andere Schulen und nur in größeren Städten einige, die von katholischen Ordensbrüdern unterhalten wurden. Tatsächlich war also das zähe Festhalten der „Holländer“ an ihren Kantorschulen etwas Außerordentliches und muß hoch eingeschätzt werden.

Der Pfarrer kam einmal, selten zweimal im Jahre hinaus, hielt einen Gottesdienst, reichte das Abendmahl, wozu er die Alten und Kranken aufsuchte, und traute die jungen Paare. Und woher kam er? — Aus Chlastawe! Seine Gemeinde reichte bis über Borui, Glinau und Tirschtiegel hinaus. An den großen christlichen Festtagen aber machten sich die Holländer auf zu ihrer Kirche. Bedenken wir dabei die Wege und Verkehrsmittel! Es gab nur lose Feldwege, und die Entfernungen gingen in die Meilen und mußten mit zwar leichten, doch ungefederten Wagen, bzw. im Winter auf offenem Schlitten bewältigt werden. Oft genug werden die Kirchleute einen ganzen Tag unterwegs gewesen sein und manches Mal bei Sturm und Regen, bei Frost und Schnee. Selbstverständlich war es, daß an den hohen Feiertagen das Abendmahl genommen wurde. Da der Andrang groß war, fand die Beichte am Abend vorher statt. Deshalb mußten die Gläubigen in Chlastawe und der nächsten Umgebung übernachten. Beim Gottesdienst faßte das Kirchlein nicht im entferntesten die Besucher. So wurden Türen und Fenster geöffnet, damit die draußen Stehenden der Predigt folgen konnten. Wurde schließlich das Abendmahl gereicht, so verließen die mit dem Sakramente Versehenen das Gotteshaus, um die draußen Harrenden an den Tisch des Herrn zu lassen.

In dem ganzen weiten Gebiet konnten sich erst eigene Gemeinden bilden und Kirchen erbaut werden, als der polnische Reichstag, der Sejm, in den Jahren 1768/74 unter dem Drucke Rußlands und Preußens den Nichtkatholiken, den „Dissidenten“, ein freies Ausüben ihres Bekenntnisses zusicherte und entsprechende Gesetze erließ. Die Anzahl von sechs neuen Gemeinden im Bereich von Chlastawe gibt uns ein eindrucksvolles Bild davon, wie sich die evangelischen „Holländer“ ausgebreitet hatten. Es entstanden an Kirchspielen:

Außerdem war eine Reihe alter Gemeinden verstärkt worden, wie Unruhstadt, Wollstein, Rakwitz, Grätz.

Von vornherein war es für die Bauern wichtig, daß sie gut zusammenhielten. Im Notfalle mußte sich jeder auf seinen Nachbarn verlassen können.Manches darüber schrieben die D o r f w i l l k ü r e n , d. h. Satzungen vor. Der Grundherr hatte sie bestätigt, und so regelten die Bauern ihre Angelegenheiten selber. Der Schulze hatte zum Adalberts- und Martinstag den Zins einzusammeln und dem Herrn zu überliefern. Er wurde gewählt, ebenso wie die beiden Schöffen oder Gerichtsmänner, mit denen er Vormundschaftssachen ordnete, Händel schlichtete und Vergehen ahndete. Wurde eine Landwirtschaft veräußert, so hatten die Nachbarn das Vorkaufsrecht.War die Rodezeit überstanden und hatten sich die Bauern einigermaßen eingerichtet, so vermochten sie für ihre Familienfeste mehr aufzuwenden. Ebenso wie die Nöte gemeinsam bestanden, wurden die Freudentage gemeinsam genossen. Heiratete ein Paar, so wurden von ringsherum Milch, Butter und Eier in das Hochzeitshaus geschickt. Das geschah ganz selbstverständlich, auch wenn niemand zur Hochzeit geladen war. Dafür wurden ansehnliche Mengen Kuchen gebacken und zwar überwiegend Streuselkuchen, von dem dann wieder die ganze Nachbarschaft je nach der Größe des Hauses bedacht wurde. Indessen blieben die Feste im Vergleich zu alten Bauerngebieten bescheiden; es gab keine gewaltigen Hochzeiten mit Unmengen von Gästen und von der Dauer einiger Tage. Auf der Fahrt zur Kirche war es üblich, das Brautpaar mit einem blumengeschmückten Seil aufzuhalten, wovon es sich mit einer Gabe freizukaufen hatte. Unschicklich war es, im Hochzeitshaus die Fenster zu verhängen. Abends fanden sich von weit und breit Zaungäste ein, die der Feier zusehen und sie mitgenießen wollten. Sie wurden mit Kuchen, Getränken und Tabak bedacht, ja öfter zu eigenen Tanzstückchen in die Feststube gebeten. Später bürgerte sich der Brauch ein, daß die nächsten Angehörigen und Freunde des jungen Paares am folgenden Sonntag zu einer Nachfeier ins Haus kamen; das war die „Wiederbraut“.

Ähnlich sprangen die Nachbarn bei Taufen und Begräbnissen ein. Bei den letzten war es Ehrensache, die Träger zu stellen, die auch die Gruft herrichteten.

Bei der ausschlaggebenden Rolle des kirchlichen Lebens fanden in der Advents- und Passionszeit weder Hochzeiten noch Tanzlustbarkeiten statt. Dafür tobte sich das junge Volk in der Fastnacht aus. In der Kirche saßen die Geschlechter getrennt rechts und links des Mittelganges und die Junggesellen noch besonders auf dem Chor. So war es in Chlastawe gewesen, und so übernahmen es die anderen Kirchen. Gelegentlich schlossen sich die jungen Burschen zu einer mehr oder weniger festen Vereinigung zusammen und veranstalteten Zusammenkünfte und Vergnügen. In der gespannten Stimmung des Spätsommers 1939 fand sich die Jugend mancherorts noch einmal zu einem fröhlichen Abend zusammen. In der Morgendämmerung setzten sich die Jungens auf ihre Fahrräder und fuhren — oft recht ansehnliche Strecken — geradewegs über die deutsche Grenze. Dabei geschah es, daß nach dem Überschreiten die Ersten schon das Deutschlandlied anstimmten, während die Letzten noch lange nicht hinüber waren.

Ein Handwerk betrieb der eine oder andere der kleinen Bauern, der Eigentümer — denn die Kleinbauern wurden Eigentümer genannt, mitunter auch Kallipner, während die größeren Besitzer hießen, und „Wirte“ nannten sich alle, während die Bezeichnung Bauer wenig üblich war. Neben dem Schmied war der wichtigste Handwerker der Zimmermann. Am Anfang war fast jeder mehr oder weniger Zimmermann gewesen, wie sich überhaupt jeder zu helfen wissen
und viele handwerkliche Tätigkeiten ausüben mußte. Und im Notfall fanden sich bis zuletzt stets genügend sachverständige Helfer. Doch gab es einen Stamm gelernter Zimmerleute, deren Können beachtlich war und für die noch eine Anzahl alter Häuser mit schönen und gut aufeinander abgestimmten Giebeln, Türen und Fenstern zeugte. Neben den ursprünglichen Holzbauten in der Form des Block- oder Schrotbaues setzten sich vor allem bei den Scheunen die Ständerbauten mit verbreiterten Wänden durch. Vor dem reinen Ziegelbau trat das Fachwerk auf, das sich freilich in den Holländereien nicht allzu häufig fand, obwohl so einige Kirchen erbaut wurden. Die Dächer wurden meist mit Rohr eingedeckt, bessere Gebäude wohl mit Schindeln. (In Neutomischel gab es noch einen Schindelmacher). Den Zimmerleuten nahe standen die Brettschneider, die auf den Höfen die Stämme zersägten. Das geschah auf der „Schneidkeute“ mit der großen Brettsäge, die von einem Mann auf dem Stamm und einem zweiten darunter geführt wurde.

Eine Eigenheit des Gebietes war der Hopfenbau. Wahrscheinlich hatten ihn die Hussiten aus Böhmen gebracht. Der Hopfen ist eine Dauerkultur und verlangt fruchtbares und tiefgründiges Land. Der moorige und anmoorige Boden der tief gelegenen Ländereien sagte ihm zu. Doch mußte er gründlich durchgearbeitet werden. Häufig geschah es durch das „Spatpflügen“: In der Pflugfurche verteilten sich einige Personen und gruben darin noch einen Spatenstich aus, den sie auf dem bereits gepflügten Lande verteilten. So wurde Furche neben Furche durchgearbeitet und das Feld bis zu einer Tiefe von 40 cm gewissermaßen rigolt.

Doch erst im 19. Jhdt. erlangte der Hopfenbau seine volle Bedeutung. Da er viel Arbeit erforderte, strömten zur Hopfenpflücke tausende fremder Arbeitskräfte in die Gegend. Die Männer hatten die Ranken von den Stangen und Gerüsten herunterzuholen und auf den Hof zu schaffen, wo die Frauen und Kinder die Dolden abpflückten. Sie wurden auf Horden geschüttet und auf Böden und in Schuppen getrocknet und dann in über vier Meter lange Hopfensäcke gefüllt, die entsprechend hoch aufgehängt, werden mußten. Ein erfahrener Mann kletterte in den hängenden Sack und trat den Hopfen fest, der vorsichtig übersprüht werden mußte, damit die Dolden nicht zerkrümelten. Gut gefüllt und zugenäht wog solch ein Riesensack etwa einen Zentner. Zuletzt freilich übernahmen Heißluftdarren und mechanische Pressen die Arbeit. Mit dem Hopfenbau verbanden sich gewisse Bräuche. Wie in anderen Gegenden nach der Ernte oder der Weinlese gab es zum Abschluß der Hopfenpflücke ein kleines Fest, einen Hopfenball.

Als freilich in den Jahren 1885/90 die Preise für den Hopfen stark fielen, ging sein Anbau zurück. Indessen hinterließ er ein gründlich durchgearbeitetes Land, das gute Erträge brachte und häufig für Obst und Gemüse benutzt wurde. Daneben hatte der Hopfen Geld ins Land gebracht — wie ähnlich die Korbweiden um Tirschtiegel — und den Bauern zu einem bescheidenen Wohlstand verholten. Hatten früher die heimeligen Schrotbauten überwogen, so entstanden nun immer mehr Ziegelgebäude, die mitunter recht stattlich und geräumig waren.

Die ganze Gegend mit ihren Gärten, Hopfenanlagen, saftigen Wiesen und üppigen Feldern, mit ihren Gräben, Feldwegen und Stegen zwischen den oft versteckt liegenden Höfen bildete eine einzige Gartenlandschaft und war das schönste und geschlossenste Gebiet von Holländereien in Polen.

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Ansicht nach Eintritt durch den hölzernen Torbogen

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Rückansicht des Holzbaus

Goldmann K.E. Zwei Hexenprozesse aus den westposenschen Holländereien 1924

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Karl Eduard Goldmann)
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Der Artikel  „Zwei Hexenprozesse aus den westposenschen Holländereien“  von Carl Eduard Goldmann wurde in „Deutsche wissenschaftliche Zeitschrift für Polen“ 4/1924 S.76 – 79  im Jahr 1924 veröffentlicht.

Wie Goldmann schrieb sind die Original Vorlagen, nach denen er den Text verfasste nicht mehr erhalten gewesen, der Text wurde hier aus der Original Überlieferung übernommen. Wenn er uns heute etwas merkwürdig erscheint liegt es aber wohl nicht nur daran, dass sein sprachlicher Ursprung nicht ganz geklärt worden ist, sondern wohl auch daran, das uns Hexenprozesse heute nur noch „befremdlich“ erscheinen.

* * *

Unzählig sind die Opfer, welche der Hexenaberglaube im 15. Bis 18. Jahrhundert in ganz Europa und darüber hinaus gefordert hatte. Er bildet ein entsetzliches Kapitel in der Kulturentwickelung der christlichen Völker. Tausende, vielleicht auch Millionen von Unglücklichen, fanden den grauenhaften Tod auf der Folterbank oder dem Scheiterhaufen, andere, welche die Freiheit erhielten, siechten an den ausgestandenen Martern und Qualen dahin.

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Staubsäulen und Schule an der Kreisgrenze (bis 1920) zwischen Kreisen Neutomischel und Meseritz

Auch Polen hatte wie jedes andere christliche Land seine Hexenprozesse. Verschiedene sind aus alten Gerichtsbüchern und Akten bereits zur Veröffentlichung gelangt. Die Anklagen richteten sich gegen Polen und Deutsche, Frauen und Männer. Die in Folgendem mitgeteilten schriftlichen Verhandlungen, deren Abschriften ich einem früheren Lehrer in Gloden, Kreis Wollstein, verdanke, und deren Originale vor Jahren in der dortigen Schulzenlade vorgefunden wurden, vollzogen sich im westlichen Teil des Posener Landes. Leider sind die Abschriften nicht in der früheren Schreibweise des Originaltextes erfolgt, so daß sich nicht mehr feststellen läßt, ob die Originale in deutscher oder polnischer Sprache abgefaßt waren. — Die erwähnten Hexenberge im Tomischler und Bentschener Holland, womit höchstwahrscheinlich die sogenannten Berge in Glinau und Friedenhorst gemeint sind, führen auch heute noch hin und wieder im Volksmunde die erwähnte Bezeichnung. Sie standen einstmals in nicht besonders gutem Ruf und man sprach von ihnen mit einer gewissen Scheu.

Die Trauung der Angeklagten Nidzolek erfolgte nach dem Wortlaut der Verhandlung im Tomischler Holland. Dort in Zinskowo, auch „Alte Gemeinde“ genannt, befand sich schon seit 1692 ein lutherisches Bethaus in der Nähe der ehemaligen Kreisgrenze. Allem Anschein nach lagen konfessionelle Ursachen für die Verurteilung vor, da angenommen werden kann, daß die N. sich der neuen Lehre, den Ketzern, vielleicht angeschlossen und das soeben erwähnte Bethaus möglicherweise besucht hatte. Es galt damals höchstwahrscheinlich schon als ein wichtiger Grund für die Anklage.

Bezeichnungen, die ferner auf den Hexenaberglauben früherer Einwohner hinweisen, finden sich auch in der weiteren Umgegend. So z. B. nennt man in Wonsowo, Kreis Neutomischel, heute noch im Volksmunde eine Hexenwiese. Die Anhöhen bei Sontop, sowie die in Hammer, Kreis Wollstein, ebenso eine frühere Bodenerhöhung in Glinau an der Landstraße nach Bentschen, östlich der Grenze von Friedenwalde (früher Zinskowo), werden Hexenberge genannt.

Der Galgen und die Staubsäulen in Alt-Jastrzemski, welche Illgner in seinerJubiläumsschrift der evangelischen Kirche in Friedenhorst 1897 [1.771] [Siehe hier [1.771]] erwähnt, und die an der alten Kreisgrenze zwischen Alt-Jastrzemski (im Volksmunde auch Bentschener Schule, dann mit der umliegenden Holländergemeinde Friedenhorst benannt) und der Alten Gemeinde (Zinskowo, bzw. Friedenwalde) errichtet waren, werden möglicherweise ihre traurige Bestimmung z. Z. der Hexenprozesse ausgeübt haben.

Karl Eduard Goldmann

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Verhandelt in Gloden-Hauland und in Gegenwart des gräflichen und edlen Herrn und unseres Wohltäters Casimir Josef Niegolewski auf Niegolewo, des polnischen Capitains, des Erben und Besitzers von Wollstein und der Güter von Gloden, Rothenburg usw. im Jahre 1721. Nachdem die hochweise Behörde zur Untersuchung der Hedwig Nidziolek sich hingesetzt und vorher wohl geprüft hat den Martin Jans.

Auf die Anfrage hat sie ohne Folter freiwillig eingestanden Hochgeehrte Herren, ich sehe schon, daß ich den Tod verdient habe, da ich ja eine Hexe bin, wozu soll ich um Gnade bitten, nur bitte ich, martert mich nicht zu sehr. Es ist wahr, daß ich den lieben Gott verleugnet habe, der in drei Personen ist, daß ich die allerseligste Jungfrau nicht kenne und nicht angerufen habe, daß ich Gott nicht anerkenne und nur den Teufel anrufe. Bis zum Tode habe ich alle Heiligen verleugnet und meine Schutzheilige Hedwig. Ich habe mich dem Teufel verschrieben mit dem Blut aus dem Herzfinger der rechten Hand, nachdem ich eine Öffnung mit der Nähnadel gemacht habe, weswegen es mir sehr gut gehen sollte und wie er mir versprochen hat und er sollte mich nicht verlassen bis zum Tode, aber schändlich, denn sobald sie mich jetzt gerichtlich verfolgen, hat er mich gleich im Stich gelassen, sagend, leide hier nur allein, denn hieraus wirst Du nicht mehr lebendig herauskommen, ich werde mir eine andere jüngere suchen. Der Teufel hatte den Namen Hans. Sie hat erklärt, er hat scheckige Sachen gehabt. Trauung hat sie genommen im Tomysl’er Holland. Der Teufel der Schmiedin trägt grüne Kleidung, Martin heißt er, er hat einen grünen Gurt, trägt einen Säbel, das hat auch die Smolarka freimütig ausgesagt ohne Folter.

Um 5 Uhr nachmittags, am Donnerstage 26. Juni, wurde in Gloden Holland Hedwig Nidziolkowa zum ersten Male auf die Folter gespannt, auf der sie auch bekräftigt hat, daß sie dem Martin Jans in der Nacht unter seine Schwellen Leichenwasser von ihrer toten Schwester gegossen hat, das ich dem Vieh eingeben sollte und so ist es geschehen wie er es beschworen hat, das ihm Pferde, Ochsen und Schafe eingegangen sind, nachdem sie die Stellen passiert haben. Den Teufel, mit dem sie tagtäglich verkehrte, hat sie immer auf ihrem Boden versteckt gehabt und auch ihr Mann. Die acht Jahre hindurch, wie sie die Hexerei ausgelernt hat in Tomysler Holland, besuchte sie auf einem schwarzen Ochsen den Hexenberg, hat den Ort verlassen und ist dann nach Bentschen-Holland gegangen und von dort ist sie wieder mit ihrem Mann nach Gloden Holland gekommen. Auch das hat sie erklärt, daß zu ihrer Hochzeit ein Offizier aus Paprotsch gekommen ist, die Schmiedin auf einem Bock angekommen ist. Dabei bleibe was ich erklärt habe und will sterben. Zum, zweiten Male auf die Folter gespannt Hedwig Nidziolkowa, an demselben Tage, 27. Juni, d. i. morgens am Freitag um 6 Uhr, was sie in den Qualen wieder bekräftigt und ausgesagt hat. Die Schmiedin in Bentschen Holland ist auch eine solche wie ich, das nehme ich auf mein Gewissen vor Gott und auch die andern sind Hexen, die ich genannt habe. Gefragt, ob die, welche in Bentschen Holland verbrannt wurden, sie zur Nachfolgerin bestimmt haben, antwortete sie, daß sie mit ihnen nicht auf demselben Hexenberge verkehrte, daher habe ich sie nicht gekannt.

Bei Sontop war der Hexenberg, wo auch die Schmiedin Elisabeth aus Gola (Goile) war, der Mutter Dorothea hat der Hexenberg bei Sontop am besten gefallen. Auf der Hochzeit der Schmiedin hat sie ihren Ochsen erdrückt aus Lust. Die Musik war aus Paprotsch. Jurga spielte, seine Teufelin war Dorothea und die Teufel haben in Gloden getanzt. Mielczarka giebt zu, daß ihr Teufel weder alt noch jung, graue Kleider hat er, mit dem Schwerte geht er wie die Deutschen. Ewa Tylawa hat einen Teufel in grünen Kleidern, er geht wie die Polen, er hat einen grünen Gurt und setzt sich auch hinter den Tisch auf dem Hexenberg. Die Tochter der Schmiedin aus Tomysl Holland mit Namen Elisabeth hat zum Bräutigam den Michael, sie sind zwei Jahre nach der Hochzeit, dabei bleibt sie was sie ausgesagt hat auf der Folter und auch freiwillig und will damit sterben-und auf Gottes Gericht gehen. Von den Fesseln befreit, wurde sie gefragt, ob sie das nicht aus Bosheit oder Rache tue, entgegnete sie, die andern sollen auch des Todes sterben wie ich, da sie auch dagewesen sind.

* * *

Verhandelt in Bentschen Holland. Mit Erlaubnis des hochgeehrten Herrn Stephan Garczyńiski, des Fahnenträgers für Fraustadt, ließen seine Schulzen zwei Untersuchungsrichter kommen, die vereidigt sind, nicht bestochen, nicht überredet.

Die Schulzen sind ehrlich und vor dem Eide wohl geprüft. Angeklagt ist Elisabeth Popenowa, welche zur freiwilligen Inquisition genommen, zum ersten Mal bekannte, daß sie Gott verleugnet und alle Heiligen. Um die allerseligste Jungfrau gefragt, erklärte sie dieselbe nicht zu kennen, sie hat sich dem Teufel verschrieben auf seine Hände, da kein Papier da war, mit ihrem Blut aus dem Herzfinger, nachdem eine Öffnung mit einer Nadel gemacht war und erklärte, ich bin erst 1½ Jahr Hexe, beigebracht hat es mir die Faßbinderin vom hiesigen Holland, welche entflohen ist und die ich auch citiere und sie anklage, die zweite die Bäckerfrau in diesem Holland, die dritte Hedwig Nidziolek, welche von allem geflohen ist nach Gloden Holland. Ich klage auch an die Schnupftabakverkäuferin Hepner und die Anna Raszewa, die Königin. Der Teufel derselben ging in feiner Kleidung. Alle diese haben den Hexenberg bei Bukowiec gehabt. Die letzte hat dort auch Hochzeit gehabt und der Teufel hat mit ihr es so gemacht, wie der Mann mit seiner Frau. Sie erklärt ferner (Elisabeth Popenowa), daß ihr Satan Michael hieß und daß er seinen Platz hinter dem Kamin gehabt hat, daß ihr Mann es nicht wußte. Auf den Hexenberg ist sie auf einem Besen geritten. Der Michael hat ihr versprochen, für sie zu leiden, aber er konnte es nicht aushalten, denn er wurde durch Rauch vertrieben und durch heißes Wasser, und er sprach zu ihr, nun leide allein für dich, denn ich gehe schon weg, ich kann hier den Gestank nicht aushalten.

Zum zweiten Male auf die Folter gespannt, gestand sie ein und bekräftigte sie das alles wie früher und klagt alle an, und gibt noch zu, daß ihr Teufel sich in einen Wolf verwandelte und auf den Hexenberg Fleisch brachte. Allein hat sie erklärt, daß statt jeden Morgen „Gelobt sei Jesus Christus“ sie immer sagte, „der Name Gottes soll verloren gehen.“ Ich rufe alle anderen an und die drei, die auf dem hiesigen Bentschen-Holland verbrannt wurden. Mein Teufel Michael gab etwas meinem Manne ein, daß er solange schlief, bis ich vom Hexenberge zurück war. Die Bäckersfrau von diesem Holland ritt auf einem Bock und saß hinter dem Tisch, ich war arm, er hat mir versprochen, daß es mir gut gehen sollte. Ich habe das Vieh dem Bender und Martin versprochen, so viele aber zähle ich aber Namen nicht auf, denn der Schaden kommt schon nicht mehr wieder. Es verkehren viele dort, aber die andern kenne ich nicht. Dies ist alles wahr, was auch die andern beiden Hexen zugegeben haben bei der vereidigten Polizei in Wollstein.

gez. Adalbert Piatkowski, Woyt in Wollstein

Klumbies, Meta – Ein Winterspaziergang von Neutomischel in die Glinauer Berge -1910

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Meta Klumbies)
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[1.819]

vermutliche Strecke

Dieser Text stammt aus dem Buch „Aus dem Posener Land 1910“ (Seite 564 – 567) und wurde mit den am Ende eingefügten Fotos versehen. Auf diesen alten Bildern ist zu sehen, dass diese Berge damals kaum bewaldet oder mit Büschen bewachsen waren. Die Autorin erzählt über die Glinauer Berge aus der Sicht der ehemaligen Bewohnerin und, wie man vermuten kann, stammen die Erinnerungen aus ihrer frühen Zeit in Neutomischel. Meta Klumbies Beschreibung erinnert bei der beschriebenen Größe der Glinauer Berge eher einem tatsächlichen Gebirge als den  „sanften“ Erhebungen, die sie eigentlich sind. Die Familie Klumbies wohnte in der heutigen Piłsudskiego Str (damals Bahnhof Str). Noch heute ist dieser Name bei uns in Nowy Tomysl bekannt durch den hier geborenen Heinrich Klumbies [1.820] (1905 – 1994).

Die Fotos stammen aus der Originalveröffentlichung. Dieser Text findet sich auch im Buch von Arno Kraft „… und dazwischen Neutomischel”.

Eingeschoben wurde in die Beschreibung der ursprünglich winterlichen Wanderung, die von Przemek und Piotr Mierzejewski per Fahrrad im Sommer nachgefahrene Strecke dieses Ausflugs.

* * *

Auf obiger Karte ist die  vermutliche Strecke des Spaziergangs nach der Erzählung von Meta Klumbies nachvollzogen worden. Mehr Fotos zu dem Fahrradausflug, soweit als möglich auf den gleichen Wegen jedoch in sommerlicher Szenerie und ein fotografischer Bericht dieser Tour ist zu finden auf der Seite „Fahrradausflüge“ [1.821].

Für diesen Ausflug benötigten PM und sein Sohn gute 3 Stunden. Davon betrug die reine Fahrtzeit 1 Stunde 18 Min, die gefahrene Distanz waren 8,6 km. Manches an dem Ausflug erinnerte eher an eine Bergsteigerwanderung. Die sich heute darbietende Landschaft kann man am ehesten vergleichen mit einer von Dünen durchzogenen  Küstenregion. Die theoretisch eigentlich schönen seinerzeit beschriebenen Aussichten sind heute durch hoch gewachsene Bäume  verstellt, der Blick über die Landschaft nicht mehr möglich. Trotz des heute vorhandenen Waldes ist den beiden Radfahrern gelungen auf ihrem Ausflug einige  hübsche Szenerien auf den von ihnen gemachten Fotos festzuhalten. Als besonders schön gilt der Weg nach Westen (von der Asphaltstraße aus gesehen), wo sich die Strecke auf dem Dünenkamm, also dem höchsten Punkt in der Landschaft, fortsetzt und der Blick in die Ferne von keinem Hindernis behindert wird.                   Beschreibung:  Przemek Mierzejewski

* * *

Über Nacht war tiefer Schnee gefallen, hatte alles in ein weißes Gewand gehüllt, und doch grüßte die Sonne am Tage durch die Fensterscheiben, lockte uns gewaltsam hinaus zu einem Spaziergang in die schöne Winterwelt. Als Ziel nahmen wir die Glinauer Berge, deren Anfang etwa 20 Minuten von der Stadt entfernt liegt.

[1.822]

..doch wählten wir den am Landgraben entlang  führenden Weg

[1.823]

… um ihn herum bis zu dem sogenannten „Finkenbusch“

Die Neustädter Chaussee durchschneidet eigentlich diesen Höhenzug, doch wählten wir den am Landgraben entlang  führenden Weg über die Felder. Es war am Sonntag Nachmittag. Den Fußsteg fanden wir bereits ausgetreten, wir konnten daher ohne Beschwer unsre Wanderung fortsetzen. Und wie freuten wir uns über die schönen  Winterbilder, die abwechselnd unsre Blicke fesselten! Bald waren es die hohen Erlen, die den Landgraben einsäumen — sie hatten auf der einen Seite einen langen weißen Schleier angelegt —, bald die mit Schnee bedeckten Sträucher, bald die Gehöfte in ihrem Winterschmuck.

So erreichten wir unser Ziel, stiegen durch den tiefen Schnee auf die erste Höhe, und unser Auge schaute in eine liebliche kleine Bergwelt hinein. — Märchenhaft schön hoben sich von dem blauen Himmel die weißen Schneehöhen ab, zwischen ihnen lagen geheimnisvoll die grünen, mit Kiefern bestandenen Schluchten, und hier und da lugten einzelne kleine Häuser aus ihrem Versteck hervor und grüßten wie Bauden zu uns herüber. — Und auf der andern Seite breitete sich zu unsern Füßen ein prächtiges weißes  Tal aus, in dessen Hintergrunde unser Städtchen feiernd lag.

Wir setzten unsre Wanderung auf dem Höhenkamm fort: die Aussicht blieb fast dieselbe und doch wieder anders — wieder schön! — Da erscholl von dem gleichmäßig ins Tal geneigten Abhang der einen Höhe jauchzendes Leben von einer fröhlichen Rodlerschar uns entgegen. Hier wurde ein wenig Halt gemacht, und wir nahmen teil an diesen köstlichen, reinen Winterfreuden. Dann ging es weiter — immer noch auf dem Kamm  der Höhen. So stießen wir auf den  eigenartigen Bergeskessel, der in seiner Mitte eine Reihe kleiner Wirtschaften birgt. Wir ließen ihn links liegen und schritten um ihn herum bis zu dem sogenannten „Finkenbusch“ [gehorte der Familie Kraft].

[1.824]

„Hier kamen wir zuerst in einen Kiefernwald.“

Dieser schöne, mit Erlen bewachsene Busch breitet sich am Ende dieser Höhenkette aus. Ein Hauch des Friedens wehte von ihm zu uns herüber, — oder kam er von dem am Abhange des Berges gelegenen Friedhof her? Schlicht und schön liegt dieser kleine Gottesacker  da, recht geschaffen zu der Stätte des Friedens, auf der die Freude

[1.825]

„an der Hartsteinfabrik über die Chausse“

stumm liegt und das Leid. —

In fast schwermütiger Stimmung stiegen mir hinab in das Tal, schritten am „Knochenkrug“ vorüber — eine Besitzung, die früher einmal ein Krug war und aus dieser Zeit den vielsagenden Namen sich bewahrt hat —, an der Hartsteinfabrik über die Chaussee in den andern Teil dieser Höhenkette, der zu Scherlanke gehört.

Hier kamen wir zuerst in einen Kiefernwald. Herrlich sah der anspruchslose Baum heut aus: er hatte ein silbergraues Gewand angelegt und bot einen gar vornehmen Anblick.

Es ging wieder bergauf. Links schauten wir auf das Glinauer Hauland, rechts verdeckte eine grüne Kiefernwand uns jeden Fernblick. — Doch als wir den Gipfel der Höhe erreichten, schauten wir durch eine Lichtung über eine grüne Schlucht hinein in das schöne Scherlanker Tal, weit über weiße Fluren, auf die Gehöfte des Haulands, die friedlich wie schlummernd in ihrem Winterkleide dalagen. Den Rahmen dieser prächtigen Winterlandschaft bildeten dunkle Föhrenwälder, und hinter dem zu Alttomischel gehörigen Nadelwalde ragten die herrlichen hohen Eichen der Königlichen Forst herüber.

[1.826]

„weit über weiße Fluren, auf die Gehöfte des Haulands“

Trinkenden Auges schauten wir in all den Überfluß schneeiger Winterpracht und atmeten lautlos die feierliche Stille der Sonntagseinsamkeit ein. Da ging die Sonne hinter jenem Hügel unter, glühendrot, und warf, wie eine leuchtende Fackel, einen rötlichen Schein auf die weißen Höhen, auf die grünen Schluchten und die weiten Täler. Und droben am Himmel zogen schimmernde Wolken gleitend dahin.

Glänzendes Gold war auch ihr Rand. — Es war, als wollte die scheidende Sonne der im Winterschlaf erstarrten Erde im tröstenden  Abschiedskuß die Hoffnung einhauchen auf ein baldiges, fröhliches Wiederbeleben. Und vor meinen Augen entstand aus den winterlichen Gefilden das mir so traute Frühlingsbild: ich sah die zarten Dünen, sah aus den dunklen Tannengrotten das lichte Grün der Birke leuchten, sah die lang gedehnten, mit Bäumen eingesäumten Wiesenflächen, sah die Gehöfte im schimmernden Blütenkranz.

Zu jeder Jahreszeit ist der Blick von diesen Höhen schön, und allen, die über dem Alltagsleben das Verlangen sich bewahrt haben, die schlichte Schönheit unsers Posener Landes kennen zu lernen und zu genießen, rufe ich von diesem lieblichen Flecken Erde einen Heimatsgruß zu!


[1.827]

Blick auf die Glinauer Berge  fot. Spychalski – Neutomischel

[1.828]

In den  Glinauer Berge  fot. Spychalski – Neutomischel

[1.829]

Blick von der Glinauer Bergen auf Neutomischel  fot. Spychalski – Neutomischel

[1.830]

Blick  auf Neutomischel  fot. Spychalski – Neutomischel

[1.831]

Das Scherlanker Tal  fot. Spychalski – Neutomischel


Haase Friedrich – Neutomischel um die Jahrhundertwende 1983

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Friedrich Haase)
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Neutomischel um die Jahrhundertwende“ – der Artikel wurde im Original von Friedrich Haase  für das Jahrbuch der Landsmannschaft Weichsel-Warthe Ausgabe 1983 verfasst und publiziert.
Eine Veröffentlichung auf dieser Seite erfolgt mit freundlicher Genehmigung der LWW – Landesmannschaft Weichsel-Warthe.

* * *

Wer unter uns erinnert sich wohl noch, wenn wir heute einmal unseren Blick nach dem einstigen Neutomischel richten, des einst gängigen Zweizeilers über jene fruchtbare Gegend, in der bekanntlich der An­bau und Handel mit Hopfen zu Hause war: „Links ein Büschel, rechts ein Büschel – mitten drinnen Neutomischel“!?

[1.832]

Neutomischel aus der Vogelschau

Der geregelte und rationelle Hopfenanbau rund um Neutomischel da­tierte — seitdem Josef Jacob Flatau sich sehr dafür eingesetzt hatte und dafür den Beinamen „Flatau von Hopfenfeld“ erhielt — seit dem Jahre 1838. Ausgehend von alten Urkunden und Zeitungsmeldungen rund um die Jahrhundertwende wollen wir heute einmal einen Blick auf jenes Städtchen und seine Umgebung werfen, die stets einen star­ken Anteil deutscher Bevölkerung nachwiesen, bis sich mit dem Zwei­ten Weltkrieg und der Zeit nach 1945 auch hier die Verhältnisse grund­legend wandelten. Wir bringen unseren kleinen Situations-Querschnitt unkommentiert, ein jeder kann sich auf die teils amüsanten, teils tragi­komischen Meldungen und Hinweise selbst seinen Vers machen. Viele aus dem Kreis Neutomischel stammende Leser werden hier ihre Groß­eltern bzw. Urgroßeltern aufgeführt finden.

Wir beginnen mit der Aufführung solcher Namen, deren Träger damals Hopfen  in großem Umfang anbauten:

August Brunsch, Robert Fechner, Traugott Fenske, Ludwig und Alexan­der Kannewischer, August Manthey, Heinrich, Dienegott und Alexander Maennel, Oswald, Hugo und Adolph Thomas, Carl Xenodochius, Gott­lieb, Christian, Wilhelm und Heinrich Tepper, Heinrich Zeidler.

Als Hopfenhändler sind in den ausgewerteten Unterlagen folgen­de Neutomischler Bürger verzeichnet:

David Bonn, Wolf Danziger, Carl Fechner, J. und H. Friedländer, Josef Guttkind, Meyer Josephsohn, Wilhelm Peikert, Friedrich Pflaum, Her­mann Richter.

Nebenbei bemerkt, notierte der Neutomischler Hopfen im Oktober 1895 je Zentner I. Klasse 85-88 Taler, II. Klasse 70-75 Taler.

Standesamtliche Nachrichten

Am 6. 9. 1901 gestorben der Bezirksfeldwebel a. D. Robert Seiler, 56 Jahre alt. Gestorben: Ausgedinger Valentin Kierztan, 87 Jahre alt, zu Witomischel.

Geboren ein Sohn dem Eigentümer Wilhelm Gebauer zu Paprotsch, dem Eigentümer Ferdinand Seide zu Glinau. Robert Seiler geboren in Gosciejewo, wo sein Vater Lehrer war. (Die Familie leitete ihren Ur­sprung von der Schweizer Grenze her, Nachkommen leben u. a. in Bad Nenndorf und Wolfenbüttel; ein Bruder von Robert S. besaß den Ernst­hof in Posen.)

Am 29. Oktober 1895 verehelicht: Handelsmann Emil Albin Otto Leciejewicz mit Emilie Wanda Seiler, beide aus Neutomischel. Geboren: Eine Tochter: dem Eigentümer Ferd. Siegesmund in Altomischel, dem Eigen­tümer August Schulz in Scherlanke. (Die Familie Leciejewicz leitete ihren Ursprung von dem Dorf Leciejewo in Ostpolen her, noch weiter in alten Zeiten zurück berichtete die Familienüberlieferung, sie wären einmal aus Serbien eingewandert. Nachkommen in Warschau, Breslau und Bremen.)

[1.833]

Kreisblatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischel Hopfenzeitung

A) Anzeigen

[1.834]

Spedition Goldmann

Adolf Enderich aus Fraustadt bittet um Beachtung: Er ist vom 14. bis 16. September 1901 im Garten des Herrn Gärtner für photographische Aufnahmen anwesend.

Die Eisenhandlung Lippmann verkauft emaillierte Wannen, Dezimal­waagen, eiserne Gewichte, Roststäbe und Ofentüren. Der Bahnspediteur Goldmann versteigert 4 Faß russ. Sardinen und Brat­heringe.

Drogerie Otto Thomas: Plüß-Stauffer-Kitt, mit Gold- und Silbermedail­len prämiiert.

Alexander Maennel liefert Cement, die Tonne zu 6,00 Mark und ver­kauft Insektenvertilgungsmittel „Hodurek’s Mortein“. Bietet auch Kaf­fee an, das Pfund 60 Pfennige, gebrannt 80 Pf. Salomon Levy verkauft „hochfeinen Dominial-Saatroggen“. Otto Scheumann betreibt eine Druckerei, druckt das Kreis-Blatt und liefert Stempel, Kuverts und Servietten, auch Kontrollbücher für den Schweinetransport.

Ernst Tepper Nachf. liefert Rattentod, das Paket zu 50 Pf. Im Niedbalschen Saale veranstalten die Norddeutschen Sänger am 11. 9. 1901 eine Soiree. Es bleibt zu erwähnen, daß auch Frauen mit ihren Töchtern das Concert anstandslos besuchen können, da die Norddeut­schen Sänger stets in ihren Vorträgen den guten Sitten Rechnung tragen!

Am 15. 9. nachmittags großes Konzert im Garten des Schützenhauses, dazu lädt ein W. Schmidt.

Am selben Tage nachmittags 2 Uhr Provinzial-Lehrerversammlung, die Kapelle des 50. Infanterie-Regiments in Rawitsch, Dirigent Kapellmei­ster Lesnau, ist verpflichtet.

Am 2. Oktober findet eine Hopfenprämiierung im Niedbalschen Saale statt.

Während die Familie des Eigentümers Wilhelm Tepper in Zinskowo beim Hopfenpflücken war, schlich ein Dieb in die Wohnung und ent­wendete aus der Kommode zwei Taschenuhren.

B. Sonstiges

[1.835]

Neutomischel: Evangelische Kirche um die Jahrhundertwende

Anläßlich des 500jährigen Jubiläums von Opalenitza waren der Erzbi­schof v. Stablewski, der Weihbischof Dr. Likowski und Tausende aus den Städten und Dörfern der Umgegend erschienen. Abends stellten sich sämtliche deutschen und polnischen Vereine auf dem Marktplatz auf, woselbst der Ober-Steuerkontrolleur Racah, zugleich Vorsitzender des Landwehr-Vereins, eine Ansprache an die Versammelten hielt, die in einem Kaiserhoch endete. Eine zweite Ansprache in polnischer Spra­che hielt der hiesige Vikar. Hierauf erfolgte ein Fackelzug durch die festlich geschmückten Straßen, während die Bürger aufs prächtigste illuminiert hatten.

Eine vielköpfige Familie hieß Janotte, die Vorfahren waren nach dem Edikt von Nantes aus Frankreich zugewandert. Sie wurden nach Bei­namen unterschieden, so z. B. „Bruns-Janotte“, weil auf dem weitläu­figen Anwesen ansässig, das ehemals der Familie Bruns gehört hatte, war ein Ausspann ge­wesen. Die „Bruns-Janotten“ war be­kannt, sie holte Osterwasser unter stren­gem Schweigen und nach bestimmten Ze­remonien, und die Leute holten das an­geblich heilkräftige Wasser von ihr. Sie konnte auch die Rose besprechen; ein sol­cher Spruch ist über­liefert.

Goldmann K.E. Die letzten Wind- und Wassermühlen um Neutomischel – Teil 3

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Karl Eduard Goldmann)
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Der 3. Teil des berühmten Artikels von Karl Eduard Goldmann, der in der Bücherreihe „Aus dem Posener Lande“ /10.1912 veröffentlicht wurde.  Goldmann beschreibt die Wassermühlen, die sich in Umgegend befanden.


Auch die nahe gelegenen Wassermühlen von Mischke und Bobrowke, wohin bisher von den anwohnenden Hauländern das Mahlgut geschafft wurde, hatten inzwischen längst ihren Betrieb eingestellt. Der damalige Besitzer der Herrschaft Altomischel, Eduard Grabs von Haugsdorf (1839/43), [hier wahrscheinlich ein Fehler :  vermutliches Datum des Verkaufs 1845] hatte die von großem Kiefernwald umschlossenen beiden Mühlen angekauft, die Seen abgelassen und zu Acker und Wiesenland umgewandelt. Diese Kulturarbeiten wurden unter den folgenden Besitzern noch fortgeführt. Die beiden Mühlen, welche schon vor 350 Jahren bestanden haben sollen [Die erste Erwähnung über Mischker Mühle stammt aus 1569 , und die über Bobrowke aus 1545], dürften zu den ältesten deutschen Kulturstätten der hiesigen Gegend gehören. Ihre Privilegien (Bis etwa zur Mitte des 17. Jahrhunderts war der ganze Güterkomplex der größeren Umgegend in der Hand der v. Bnin-Opalinski, dazu gehörten „Tomysl, Witomysl, Santop, Rosa“, Bobrowker und Mischker Mühle bis 1751 (1755?) den v. Unruh, Alt-und Witomischel, Rose alsdann bis 1834 dem Grafen Szoldrski.) geben ein ungefähres Bild von den damaligen Verhältnissen des Landes, indem es in ihnen heißt: „Solltet ihr von Zigeunern oder anderem Gesindel von der Mühle vertrieben werden, so habt ihr das ganze Jahr keine Abgaben zu zahlen.“

In Mischke, südlich des zur Herrschaft Altomischel (v. Poncet) gehörigen Vorwerks, erinnerte noch vor wenigen Jahren eine altersschwache strohgedeckte Bohlenscheune an das einstmalige Mühlengehöft. Eine anmutige Gruppe von Kastanienbäumen sowie die alten Mühlgräben mit den vermorschten Pfählen der früheren Stau- und Wehranlagen lassen noch heute zwischen kiefernbewachsenen Höhe und saftiggrünen Wiesen, die vor etwa 60 Jahren den See bildeten, die einstige Mühlenanlage erkennen. Kaum anders in Bobrowke, wo das Mühlengehöft am Abhang westlich der Brücke des Fließes (Scharne oder Schwarzwasser) an der alten Landstraße Bentschen – Neustadt b. P. malerisch gelagert war. Hier soll, beiläufig erwähnt, Napoleon I. auf einer seiner Reisen nach dem Osten kurze Rast gemacht haben. [Falls diese Begebenheit wirklich passierte, dann kommt nur der 26 XI 1806  in Betracht, als Zwischenaufenthalt seiner Reise von Meseritz nach Posen]. Die verwitterten Grabmäler des in nächster Nähe auf der Anhöhe gelegenen winzigkleinen Friedhofes, er fasst nur wenige Meter im Geviert, vermögen kaum noch Aufschluß über die früheren Besitzer der Mühle (der letzte war Händschke) zu geben. Jetzt gehört das Vorwerk Bobrowke zum Rittergut Rose. Die zu ersterem gehörigen waldumschlossenen Wiesen und buschigen Gründe sind seit Jahren ein beliebter Jagdausflug des jetzigen Oberpräsidenten, Exzellenz Schwartzkopff, dem die hiesige Gegend durch etwa 50jährigen Familienbesitz zur zweiten Heimat geworden ist.

Die benachbarten Wassermühlen von Sempolno und Mitrenge dürften schon seit Jahrhunderten bestehen. Jedenfalls werden sie mit den vorher genannten 1649 erwähnt. [Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1545,  aber aus dieser Erwähnung wiederum ist zu entnehmen, dass diese Muhle schon in im Jahr 1442 existierte -> Teki Dworzaczka [1.836] – Mitrenge ist auf der Karte aus dem Jahr 1442 zu sehen] Sie waren der Herrschaft Neustadt b. P. noch 1855 zu Abgaben verpflichtet. Die Besitzer von Sempolno haben öfter im Laufe der Jahre gewechselt. Aber gute deutsche Namen, wie Hildebrandt, Händschke, Herzog, Giese, Fitzner finden wir hier. Die Mühle in Mitrenge, nebenbei von altersher mit Sägewerk versehen, hat in neuerer Zeit auch Dampfbetrieb. Das im vorigen Jahre abgebrannte alte Mühlgebäude führte auf einem Balken die Jahreszahl 1773. Seit Menschengedenken befindet sich der freundlich gelegene Besitz in der Familie Müller. Manch idyllische gelegene Platz bietet der zwischen kiefernbewachsenen Höhe, Erlengruppen und Weidenplanzungen in den Wiesen sich hinschlängelnde kleine Mühlenfluß.

Es würde zu weit führen, auf die übrigen nach Tirschtiegel zu liegenden und noch bestehenden Mühlen des Schwarzwassern, wie Papiermühle, die als solche schon seit langem nicht mehr besteht, Kupferhammer, Hammeritzke und Klein- oder Neumühle näher einzugehen. [Kleinmühle – wurde bis jetzt auf keiner Karte gefunden]. Die alten Wasserräder sind meist verschwunden, und moderner Turbinenbetrieb ist eingerichtet. Zur Mühle in Kupferhammer möchte ich noch anführen, dass dort auch vor Jahren eine Walkmühle, deren Gebäude heute noch vorhanden ist, ferner, wie schon der Name kennzeichnet, ein Kupfer- und wahrscheinlich auch ein Eisenhammer bestanden haben. Der Kupferhammer war 1859 noch in Betrieb. Die nächstgelegenen alten Mühlstraßen sind von früher her mit diesen Schlackenresten chaussiert. Viele tausend Zentner Metallschlacken sind in den letzten Jahrzehnten aus den alten Schlackenablagerungen gewonnen und nach den Schmelzwerken Schlesiens zur nochmaligen Ausnützung zum Versand gebracht. Ein Schlackenlager in Hammeritzke war weniger ergiebig. Die seit einigen Jahrzehnten an diesen alten Industriestätten vorüberführende Chaussee hat auf die Entwickelung der Mühlen keinen besonderen Einfluß mehr auszuüben vermocht.

In manchen Fällen hatten die Wassermühlen auch Schankgerechtigkeit. Durch den andauernden Verkehr der Mahlgäste lohnte ein solcher Betrieb, andererseits hatten sie durch vorüberführende Landstraßen öfter Gelegenheit, auch den Durchreisenden Unterkunft zu gewähren. Sonst hielten sich die auf das Mahlgut Wartenden in den so genannten Mühlstuben auf, wo sie sich die Zeit durch allerlei Kurzweil vertrieben; andere wieder leisteten in der Mühle oder dem Gesellen beim Scharwerken hilfreiche Hand oder verkürzten sich die Zeit durch Fischen oder Krebsen, ohne dass der Besitzer etwas dagegen gehabt hätte, da die Mühlgräben damals noch sehr fischreich waren. Bei Wirtschaftsübergaben oder Verschreibungen der Hauländer wurden so genannte „frei Mühlfuhren“ von den „ins Ausgedinge“ Gehenden als Altenteil stets vorgesehen bzw. ausbedungen.

Auch in der weiteren Umgegend verschwanden vor etwa 50 bis 60 Jahren an dem oberen Schwarzwasser (hier Neustädter Wasser genannt) die Wassermühle von Wengielno (jetzt Waldtal) sowie vor wenigen Jahrzehnten die an der oberen Doyza gelegenen Mühlen in Hammer und Boruike. Die Lage der abgebrochenen Hofreten (Hofret = hofreite, hofreit, hofrait. „Die Bauern nennen ihren mit einem Zaun eingefassten Platz beim Hause die Hofreui“ (Grimm, Deutsches Wörterbuch) lässt sich mehr oder weniger noch erkennen. Die Mahlkundschaft letzterer Mühlen bestand zumeist aus den Eigentümern der näher gelegenen Hauländereien. Durch alte Landkarten wird man hin und wieder auf die einstige Existenz dieser Wassermühlen hingewiesen, von der mancher kaum noch in der näheren Heimat heute etwas weiß.

Mit dem Verschwinden der Mühlen musste selbstverständlich auch das Innungswesen der Müller leiden. Die Müllerinnung Neutomischel, deren Willkür Felix Szoldrski, Erbherr auf Neutomischel, 1786 bestätigt, ist wohl die älteste unter den hiesigen Gewerken. Sie galt einstmals als die größte und vornehmste in der Stadt, ihr gehörten auch die Berufgenossen aus der Umgegend an. Auf den Festlichkeiten, „Müllerquartalen“ , ging es hoch her. Es kamen aber, wie schon erwähnt , andere  Zeiten. Das Interesse für die Innung schwand, und die Mitgliederzahl verringert sich von Jahr zu Jahr. Bedauerlich ist es, dass ein alter Willkommbecher aus der ältesten Zeit der Innung verloren gegangen ist (siehe Zeitschrift d. Hist. Ges. f. d. Prov. Posen, Jg IV, S. 215). Wo blieben die alte Innungsfahne, wo die mit dem Stadtwappen ausgelegte Innungslade ? Heute sind die wenigen Müller von Neutomischel und Umgegend der hiesigen Bäckerinnung angeschlossen.

Charakteristisch ist es, dass mit dem Rückgange der Müllerei auch die vor Jahrzehnten sonst typisch gewesene Figur des „fechtenden“ Müllergesellen in Stadt und Land verschwunden ist. „Das Wandern ist des Müllers Lust“ gilt nicht mehr; höchst selten bestätigt noch ein „auf der Walze“ grau gewordener Müllergeselle jenes Dichterwort, und kaum vernimmt man hier noch den alten Zunftgruß:

„Klapperschütz ?! – Hoischütz ! „

Denjenigen, die vor uns dahingegangen sind – Die vergessenen Friedhöfe im Kreis Nowy Tomysl/Neutomischel

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Przemek Mierzejewski)
am in Altvorwerk,Friedhöfe,Glinau,Neu Tomysl,Neutomischel,Paprotsch,Scherlanke,Sekowo,Wasowo / Wonsowo,Weidenvorwerk / Nowy Dwor | Kommentare sind deaktiviert

Dieser Artikel wurde in der Vierteljahreszeitschrift ‚PRZEGLĄD NOWOTOMYSKI‘ 2/6/2008. (Neutomischel’s Rundschau – die Ausgabe 2/6/2008 – am 10.08.2008) veröffentlicht. Die Überschrift wurde ausgewählt von Herrn Dr Boguslaw Wojcieszak,  dem Redakteur der Vierteljahreszeitschrift „Przegląd Nowotomyski“. Durch seine Initiative wurde dieser Beitrag dann unter dem von ihm gewählten Titel veröffentlicht.

Die Übersetzung des im Original Polnisch erschienenen Artikels ins Deutsche wurde vorgenommen von Przemek Mierzejewski in Zusammenarbeit mit Damian Konieczny. Die Überarbeitung für die deutsche Veröffentlichung erfolgte durch Gudrun Tabbert.

Quellennachweis: * Die Familiendaten zu Schliefke, Janotte, Weber und Steinbrenner wurden entnommen aus den Kirchenbüchern der ehemaligen evgl. Kirche zu Neutomischel verfilmt auf Mikrofilm von Manuskripten im Archiwurm Panstwowe, Poznan durch THE CHURCH OF JESUS CHRIST of Latter-Day Saint

* * *

[1.837]

Friedhöfe um Neutomischel (Messtischblatt Jahr 1893 nr 3662)

Ich begann zu suchen, wo sich dieser jüdische Friedhof in Nowy Tomysl/Neutomischel wohl befunden haben mag?

Auf einer alten Karte aus dem Jahr 1961 wurde ich erstmals fündig. Die verschieden farbig gehaltenen eingezeichneten Grundstücke wiesen seinen Lageplatz hinter dem heutigen Kindergarten „Zacisze“ („Ruheecke“) aus. 1961 war dieses außerhalb der Grenzen der Stadt Nowy Tomyśl. Heute befinden sich dort der Kinderspielplatz und dessen Zufahrtsweg.

[1.838]

Gedenkstein Friedhof Kroschnitz

Eine weiterer Hinweis zur Lage fand sich nach preußischen Karten vom Ende des 19. Jahrhunderts (Messtischblatt Nr. 3662 1: 25000). Hier findet sich, dass dieser Friedhof mit einer Mauer umgeben war.

Ursprünglich hat sich das Areal auf dem sich der Friedhof befand zum Dorf Glinau gehört. Es wurde dann in 6 kleinere Parzellen aufgeteilt. Als 1964 durch Neuordnung verschobener Stadtgrenzen diese neu ausgewiesen wurden, verlief die Grenze zwischen Glinau und Nowy Tomysl mitten durch das alte Friedhofsgelände. Die Lage verwischte noch weiter, da durch weitere Grundstücksankäufe im Jahr 2003 noch weitere Grenzverschiebungen stattfanden. Heute gehören alle Grundstücke der ehemaligen Friedhofsanlage der Stadt.

Erinnerungen und Erzählungen besagen, dass die letzten Spuren und die Einplanierung des Geländes mit dem Ausbau des Kindergartens vorgenommen wurden.

Heute erinnert nichts mehr daran, dass auf diesem Gelände sich jemals ein jüdischer Friedhof befunden hat.

Ein weiterer Stadtfriedhof in Nowy Tomysl/Neutomischel war der, der evangelischen Gemeinde. Das Gelände auf dem er sich befand wurde im Jahr 1778 mit der Stadtgründung durch Feliks Szoldrski und dem Bau der evangelischen Kirche ausgewiesen. Seinerzeit war er hinter dem bei den heutigen am Neuen Markt stehenden Gebäuden an der Komunalna Straße (frühere Friedhofstrasse) gelegen.

Nach den heute noch einsehbaren Karten beim Grundstücksvermessungsamt, die seit 1863 immer wieder aktualisiert wurden, ist die genaue Lage gegenüber dem ehemaligen Gebäude des Gaswerkes, dem heutigen Marktplatz und des Ladens, und der im Aufsatz von K. E. Goldmann erwähnten Windmühle noch genauer nachvollziehbar.

Heute ist nur noch ein Teil des ehemaligen Friedhofsgeländes anhand des alten Baumbestandes, einiger dort wachsender typischer auf Friedhöfen verwendeter Bodendeckerpflanzen und des am 01 Juni 2003 aufgestellten Gedenksteines erkennbar. Die anderen Teile des Geländes sind bebaut mit einem Restaurant, Garagen und einem Parkplatz.

Es finden sich weitere Reste alter vergessener Friedhöfe in der Umgebung von Nowy Tomysl.

Gedenkstein zur Begründung des Stadtparks (Paprotsch) [1.839]

Gedenkstein zur Begründung des Stadtparks (Paprotsch)

Einige Beispiel sind:

[1.844]

Totengräberhäuschen

* * *

Schon mit dem 18. Jahrhundert kreuzten sich die Wege der damaligen polnischen Bewohner des Gebietes des heutigen Kreises Nowy Tomysl/Neutomischel vornehmlich mit Deutschen und den seinerzeit noch separat zu betrachtenden Angehörigen des Judenvolkes. Mit der gemeinsamen Besiedlung dieser und einigen wenigen anderen und doch so verschiedener Volksgruppen ist die teils recht komplizierte Geschichte unserer Gegend zu begründen, zu erklären und auch nachzuvollziehen. Als wenige Zeugen dieser Vergangenheit gelten die abgelegenen, tief in dichten Wäldern noch vereinzelt zu findenden versteckten Friedhöfe, die noch erhaltenen ehemaligen evangelischen Kirchen oder zumindest deren Ruinen und ganz wenige ehemalige Gebäude der alten Synagogen.

Als Königlich-Preußen (Prusy Królewskie) galt ab 1466 der westliche Teil Preußen, der Polen zugehörig war und der ab dem 17. Jahrhundert auch als Polnisch Preußen bezeichnet wurde. Die Kolonialisierung begann in etwa Mitte des 16. Jahrhunderts. Eine erste Siedlung entstand in der Gegend Pasłęk/Preußisch Holland im Jahr 1527. Im Laufe der Jahre weitete sich die holländische Kolonisation entlang Wisła/Weichsel durch Toruń/Thorn, Bydgoszcz/Bromberg aus, um im Jahr 1624 Warszawa/Warschau zu erreichen. Als die erste und wohl auch älteste Gemeinde nach Holländer Recht in Großpolen wird das am 16 April 1597 gegründete Ługi Ujskie/Usch Hauland angesehen.

Anfangs kamen die Kolonisten wohl tatsächlich aus Holland, und erst später ließen sich auch deutsch – und polnisch stämmige Siedler nieder. Diese ersten Siedlungen wurden als „Holland“ bezeichnet, was sich in der Gegend von Nowy Tomysl/Neutomischel dann auch in die Bezeichnung „Hauland“ im Sprachgebrauch wandelte. Die Ansiedlung fand nach sogenanntem Holländer Recht statt. Eine wichtige Ausgangsbasis dieses Rechts besagte, dass die Kolonisten persönlich freie Menschen waren, dieses im Unterschied zu den Fronbauern, die als Eigentum, als Leibeigene des Adels, welcher zu jener Zeit die Landbesitzer stellte, galten. Im Ansiedlungsvertrag schloss der Grundbesitzer mit allen Bewohnern des ganzen Dorfes einen schriftlichen Erb- oder langfristigen Pachtvertrag ab. Die ganze Dorfgemeinschaft wurde als Solidargemeinschaft gewertet und jeder galt für jeden als Bürge, solidarisch wurde einmal pro Jahr Zins gezahlt. Die Verträge wiesen auch die Höhe der Tributabgaben an den Grundherrn sowie die ihm zu leistenden Arbeitsdienste aus.

In diesen Verträgen – auch Privilegien genannt – verpflichtet sich der Grundherr wiederum aber auch unter anderem dazu zinsfrei ein Grundstück für die Einrichtung eines Gottesackers – eines Friedhofes zur Verfügung zu stellen. Manchmal findet sich auch, dass er kostenlos das benötigte Holz zum Bau einer Schule zur Verfügung stellte.

Als Neuheit galt die Autonomie der Gemeinde. Der Gemeindevorsteher (der Schulze oder auch im neueren Sprachgebrauch der Bürgermeister) und seine Schöffen wurden jährlich durch die Dorfgemeinschaft gewählt, dieses vermittelte den Ansiedlern ein Gefühl der Solidarität und des Mitspracherechts.

Die Bezeichnung „Holländerei” verlor mit späterer Zeit jegliche ethnische Bedeutung. Die Ansiedler waren sowohl Polen als auch Deutsche oder gehörten auch anderen Nationalitäten an.

In früher Zeit muss man sich unsere Region als Urwald vorstellen. Tiefe dunkle Wälder, in denen nur Bären, Wölfe und andere Wildtiere hausten. Moore, Seen und unbegehbare Regionen und vor allem unbewohnt.

Die Besitzerin dieser Gebiete war Marianna Bogumiła Unrug, Ehefrau des Ludwig Szołdrski’s, die sie von ihrem Oheim (Onkel) Bogusław Unrug 1694 gekauft hatte (sog. Teki Dworzaczka/ Dworzaczek‘s Bände http://teki.bkpan.poznan.pl [1.845] ).

Boguslaw Unrug erlaubte höchstwahrscheinlich die Erste in unserer nächsten Umgebung gelegene Ansiedlung. Eintragungen hierzu finden sich im Kirchenbuch der katholischen Parochie Wytomysl unter den dort verzeichneten Taufen. Mit dem 3. Mai 1693 ist als Herkunftsort das Dorf „Olendry“ erwähnt. In dieser Eintragung wurde Elżbieta, Tochter des Franciszek und der Gertruda Derlo getauft (entnommen aus dem Buch der Parochie Wytomysl, welches sich in Kreisbibliothek in Nowy Tomyśl befindet). Als das Dorf „Olendry” (deutsch = Hauland) gilt das spätere und heutige Sękowo/Friedenau. Das offizielle Privileg für diese Siedlung wurde am 11. November 1700 gewährt.

Zur etwa gleichen Zeit wurden für weitere Dörfer aus dem so genannten Tomyskich Olędrów/Tomysler Hauland Privilegien erteilt:

Zu dieser Zeit stand das Land unter der Herrschaft des Königs von Polen und des Großherzogs von Litauen – August II. mit dem Beinamen der Starke, welcher auch gleichzeitig Kurfürst von Sachsen war.

Mit der Ansiedlung der Kolonisten im 18. Jahrhundert begann sich die Landschaft nach und nach zu verändern. Um sich Häuser zu bauen und sich ihre Äcker urbar zu machen wurde der Wald gerodet und weite Landstriche trockengelegt. Als größere Siedlungen in den damaligen Kreisen von Poznań/Posen und Kościan/Kosten galten nach einer Haushaltszählung im Jahr 1790 die Dörfer:

Wiederum zählten zu den größten Hauländereien:

Die Kolonisten in den Nowy Tomysl’s Gegenden, waren überwiegend Protestanten; und vornehmlich deutschsprachig. Man vermutet, dass die meistens von ihnen aus Schlesien und der Neumark, welche sich von dem Gebiet des heutigen Lubuskie Bezirks (Woiwodschaft) bis nach Berlin erstreckte, gebürtig waren; Gebieten, die unmittelbar an das damalige Polen grenzten. Anzumerken ist hier, dass historisch Städte wie Zielona Góra/Grünberg oder Głogów/Glogau zu Schlesien gehörten. (Władysław Rusiński „Osady tzw. olędrów w dawnym województwie Poznańskim“ 1939 Poznań – 1947 Kraków, Polska Akademia Nauk – Hauländereien in dem ehemalige Posen‘s Woiwodschaft).

Als Folge des polnisch-schwedischen Vernichtungskrieg in der Zeit von 1655-1660, dem Durchzugs der Kriegsheere und der Plünderungen waren die Dörfer regelrecht entvölkert. Verstärkt wurde der wirtschaftliche Absturz von vielen Siedlungen und Städte dann noch durch das Wüten der Pest. Es mangelte an freien Arbeitskräften. Das Land ging unaufhaltbar dem Untergang entgegen.

Um diesen Niedergang entgegen zu treten und wieder günstigere Wirtschaftsbedingungen herzustellen erlaubte der polnische Adel, der eben auch im Besitz des polnischen Grundbesitzes war (derer von Unrug, Szołdrski, Garczyński und die Mielecki Familie) unter bestimmten genau festgelegten Bedingungen die Kolonisation zunächst einzelner Gebiete. Durch die Siedler kam es wieder zu Steuereinnahmen. Um die Besiedlung und damit die Einnahmen kurzfristig realisieren zu können wurde weder nach Herkunft, nach Nationalität noch nach Glauben der Siedler gefragt – zu diesem Zeitpunkt hatten diese Punkte einfach keine Bedeutung.

Im Raum Nowy Tomysl/Neutomischel war die Einwohnerzahl der Siedler des protestantischen Glaubens sehr groß. Diese Bewohner baten den damalige Besitzer des Gebietes – Felix Szołdrski – er selbst polnisch katholischer Adeliger, eine evangelische Gemeinde gründen zu dürfen. Felix Szoldrski erteilte dazu im Jahre 1777 mit Genehmigung des Konsistoriums in Leszno/Lissa die Erlaubnis.

Ähnliches hatte – Ludwig Mielęcki – Besitzer der Gutes Hammer, ein Jahr früher mit der Gründung der evangelischen Gemeinde den Siedlern der Gegend von Kirchplatz Borui/Boruja Kościelna gestattet, nachdem auch er die Erlaubnis dazu erhalten hatte.

Diese Genehmigungen wurden möglich mit dem per 24. Februar 1768 unterzeichneten so genannten „Warschauer Vertrages“, welcher unter dem Druck Russlands und Preußens zustande gekommen war. In diesem wurden den Dissidenten (Andersgläubigen) Bürgerrechte eingeräumt und ihre Glaubensfreiheit garantiert. Bis diesem Zeitpunkt gehörten die damaligen in unserer Gegend ansässigen Protestanten der Gemeinde in Chlastawie/Klastawe an. Diese gilt auch heute noch als älteste evangelische Gemeinde in Großpolen.

Die deutlichsten noch existierenden Spuren des Aufenthalts der „Hauländer“ und ihrer Nachkommen sind die evangelischen Kirchen und die Überreste ihrer Friedhöfe in unserer Gegend. Von letzteren wird angenommen, dass diese mit der Auflösung der Siedlungsprivilegien und der Errichtung der evangelischen Kirchen eingerichtet wurden, und dass fast jedes Hauland einen hatte. Meistens waren sie außerhalb des eigentlichen Dorfes und auf einem kleinen Hügel angelegt.

Bis 1945 wohnten im Kreis Nowy Tomysl/Neutomischel nur ungefähr 50% polnische Bürger die anderen 50 % waren deutscher Herkunft mit meist evangelischer Konfession (nach Angaben des Landrats aus dem Jahr 1935). In den umliegenden Ortschaften stellt es sich wie folgt dar:

Allerdings befanden sich 90% der Grundstücke in deutschem Besitz (AP Poznań Starostwo Powiatowe w Nowym Tomyśl sygn. 1811, Księga narodowościowa gminy Nowy Tomyśl – Nationalitätbuch der Nowy Tomyśl – Gemeinde).

In den Jahren nach 1945-1949/1951 wurden evangelische Friedhöfe zerstört, manche sogar geplant vernichtet. Viele gerieten in der Vergessenheit. Manchmal wurden sie wohl auch „gedankenlos“ aufgelöst und die Areale anderen Bestimmungen zugeführt.

In den 70iger Jahren des 20. Jahrhunderts hat der Landrat in Nowy Tomyśl/Neutomischel sich der Probematik der verfallenen Friedhöfe angenommen und eine Lösung zu diesen angestrebt. Eine Zählung ergab, dass es im Kreis Nowy Tomyśl/Neutomischel in den Kreisgrenzen von 1971 (mit Grodzisk Wlkp./Grätz und Granowo) 67 stillgelegte Friedhöfe gab , davon

Im Protokoll aus der Beratung des Landrats ist dokumentiert, dass 38 Friedhöfe im Jahr 1964 geordnet wurden. Nach Berichten der Miliz, der damaligen Polizei, aus dem Jahre 1973 gab es auf dem Gebiet der Wojewodschaft Poznań/Posen noch insgesamt 834 evangelischen Friedhöfe (Evangelische Reste in Wojewodschaft Poznań/Posen, Seite 70 Biuletin IPN 3/2004, Arkadiusz Małyszka).

Es wurde versucht herauszufinden, was die Feststellung „ … geordnet“ wohl bedeutet haben mag. Waren die Friedhöfe instand gesetzt worden, wurde sie vielleicht sogar wieder genutzt oder waren die Areale einfach in sich geschlossen und stillgelegt worden? Eine Erklärung hierzu konnte nicht gefunden werden, da von dieser Kommission niemand mehr ermittelt werden konnte.

Im Kreis Nowy Tomyśl/Neutomischel in den jetzigen Grenzen gibt es vorwiegend evangelische Friedhöfe – insgesamt 97. Diese Anzahl umfasst Friedhofsplätze ohne Grabsteine, Privatfriedhöfe (z. B. Wąsowo/Wonsowo [1.846], Zębowo/Zembowo [1.847]) und Friedhöfe, die einmal ganz oder auch nur teilwiese evangelisch waren und jetzt als katholische genutzt werden (z. B. Jastrzębniki/Jastrzembnik [1.848], Opalenica/Opalenitza [1.849], Jastrzębsko Stare/Friedenhorst [1.850]).

Eine kleine Statistik stellt sich wie folgt dar, in Klammern ist die Zahl der Grabsteine mit Aufschriften, die es gelang völlig oder zumindest teilwiese zu entziffern, gefolgt von dem sich ergebenen Faktor der vorhandenen Aufschriften durch die Zahl der Friedhöfe in der betreffenden Gemeinde:

Zahlreiche evangelische Friedhöfe zeichnen sich heute in der Natur nur noch durch die spezifische, auf Friedhöfen seit Jahrzehnten verwendete Kulturpflanzenwelt aus. Immer schon für Grabanlagen typische Pflanzen finden sich dann entgegen jedem natürlichen Vorkommen tief im Wald: Akazien, Thujen, Flieder oder Maiglöckchen und große, mit Efeu und der Zwergmispel überwucherte Flächen. Man kann auch zartere Kulturpflanzen wie z. B. Schöllkraut und Schneeglöckchen treffen. Noch heute verweisen oft verwachsene, wildwuchernde Thuja Büsche auf den Verlauf der Friedhofswege zwischen den ehemaligen Gräberreihen. Oftmals sind gerade durch den Wuchs des Efeus sogar noch die eigentlichen Grenzen der ehemaligen Friedhofsanlage erkennbar.

Es gibt jedoch auch Ausnahmen. Man kann auch für ihr Alter gut erhaltene Friedhöfe mit intakten, unbeschädigten Grabsteinen antreffen.

Als einer der am besten erhaltenen Friedhöfe, mit Friedhofskapelle gilt der in Przychodzko/ Deutschhöhe [1.856] (Gemeinde Zbaszyn/Bentschen). Ich persönlich halte den Friedhof in Stary Folwark/Altvorwerk [1.857] Gemeinde

[1.858]

Friedhof Stary Folwark/Altvorwerk

Miedzichowo/Kupferhammer) für den Reizvollsten und zumindest gleich gut erhaltenen Friedhof. Er liegt fast ein wenig verwunschen tief im Wald; weit entfernt von jeglicher Bebauung; er ist provisorisch von der Oberförsterei Bolewice/Bolewitz umzäunt; und auf ihm befinden sich gut erhaltene kunstvoll gearbeitete Grab- und Gedenksteine. Er könnte selbst heute noch ohne jegliche Veränderung als ein Thema für eine Fotoausstellung mit schönsten Aufnahmen genutzt werden. Genauso reizvoll, obwohl ein klein wenig zerstörter, ist der Friedhof von Nowy Dwór/Weidenvorwerk [1.859] (Nowy Świat/ Neue Welt) (Gemeinde Zbąszyń/Bentschen). Er wird von einer zum Teil eingefallenen Mauer umgeben und besitzt eine restaurierte Friedhofskapelle. Auf ihm finden sich Spuren, dass einige Grabsteine gepflegt werden. Vielleicht ist hier der ein oder andere noch nicht vergessen.

Wiederum gibt es auch Friedhöfe, die von allen vergessen und zerstört sind. Dicht und undurchdringbar mit Flieder oder Schneebeeren zugewachsen, in den Sommermonaten für das Auge unerkennbar versteckt. Erst mit dem Fall des Laubs im Spätherbst werden dann unter dem Gebüsch kleine Erdhügel erkennbar, zeichnen sich Plätze ehemaliger Gräber ab; manchmal ist es nur noch eine alte Grabumrahmung aus Beton und von den Grabtafeln ist nichts mehr vorhanden, manchmal nur der für Gräber eben typische Bodendeckerbewuchs.

An anderen Stellen kann man zu Allerheiligen einzelne Grablichter zum Gedenken finden. Wiederum finden sich an einigen Orten auch gepflegte namenlose Gräber und hier und da renovierte Grabsteine (z. B. in Wąsowo/Wonsowo [1.860], Nowy Dwór/Weidenvorwerk [1.859]).

Das Wissen über viele Friedhöfe verliert sich im Laufe der Zeit mehr und mehr; es verschwindet aus dem Gedächtnis. Heute erinnern sich nur wenige ältere Personen wo sich der jüdische Friedhof in Nowy Tomyśl/Neutomischel oder der evangelische Friedhof zu Paproć/Paprotsch befunden hat. Bei der jüngeren Generation ist oftmals überhaupt keine Kenntnis dieser Anlagen mehr vorhanden.

Mit der Überraschung reagieren einige Gesprächspartner, wenn ich erzähle, dass sich der Friedhof zu Przyłęk/Scherlanke [1.841] genau zwischen zwei Tankstellen befindet, an denen die Zuhörer sich zumindest einmal in der Woche aufhalten. Das zauberhafte Häuschen auf der anderen Seite der Straße kennen auch viele vom vorbeifahren, dass es jedoch das Gerätehaus des Totengräbers mit dem Unterstand es Leichenwagens war ruft nur Erstaunen hervor.

Es fehlen die Nachkommen, die für die Ruhestätten ihrer Vorfahren sorgen oder der Zerstörung der Friedhöfe entgegenwirken und Einspruch geltend machen. Manchmal erinnern sich ältere Bewohner noch an ihre ehemaligen deutschen Schulkollegen, erzählen aus den gemeinsamen Jugendzeiten. Viele haben auch noch nicht vergessen, welches Schicksal die Friedhöfe in Borui Kościelnej/Kirchplatz Borui [1.861], in Nowy Tomyśl/Neutomischel [1.862] oder auch Paproć/Paprotsch [1.840] erlitten haben.

[1.863]

Friedhof zu Sekowo/Friedenwalde

Alle diese Friedhöfe sollten uns heute noch bewusst machen, dass in unserer kleinen Heimat drei große Nationalitäten – Polen, Deutsche und Juden – gemeinsam gewohnt und gelebt haben. Sie sind heute neben den Kirchen die letzten Zeugen unserer schwierigen Vergangenheit. Ohne Pflege und Erhaltungsmaßnahmen werden die Friedhöfe weiter in Vergessenheit geraten. Ihr Schicksal wird dem ähneln, dass polnische Friedhöfe in den ehemaligen polnischen Ostgebieten und dass griechisch- und russisch-orthodoxe Friedhöfe in dem heutigen östlichen Polen erleiden – sie werden nicht mehr existieren.

Von und auf manchen Friedhöfen jedoch kann ich Spuren der absichtlichen Vernichtung sehen. Das betrifft leider im Wesentlichen die Anlagen in der Gemeinde Nowy Tomyśl/Neutomischel. Hier wurde der Friedhof Mitte der 70iger Jahre einplaniert. Grotesker Weise wurden die zerbrochenen Grabsteine zweckentfremdet als Bausteine weiter verwendet. Mein erster Eindruck wird zur Tatsache dadurch, dass ich nur 18 Grabtafeln auf 28 Friedhöfen der Gemeinde Nowy Tomyśl gezählt habe. Zum Vergleich in der Gemeinde Miedzichowo/Kupferhammer finden sich 106 Grabtafeln auf 25 Friedhöfen.

* * *

Grabstein Schliefke [1.864]

Grabstein Schliefke

3 gut erhaltene Grabtafeln in der nächsten Umgebung finden sich auf dem ehemaligen Friedhof von Sękowo/Friedenwalde [1.843] :

Reinhold Schliefke (*13-01-1865 + 30-11-1905) und sein Sohn Richard Schliefke (+20-11-1893 *17-01-1894)* -Johann Carl Reinhold Schliefke, so lauten laut Taufeintrag seine gesamten Vornamen, er stammte aus Przyłęk/Scherlanke und war der Sohn von Johann Carl August Schliefke (*01-10-1824 zu Nowy Tomyśl/Neutomischel) und Johanna Wilhelmina geb. Muster (*17-04-1827 in Albertowske/Albertoske).Seine Eltern hatten am 3-02-1854 in NowyTomyśl / Neutomischel in der evangelische Kirche bei dem heutigen Chopin Platz/bei dem Alten Markt die Ehe geschlossen.

Grabstein Arndt [1.865]

Grabstein Arndt

Joseph Arndt (*01-07-1794 +20-11-1849)*

Johanna Beate Janotte verheiratete Steinbrenner verwitwete Weber (*19-08-1816 in Zinskowo, +14-12-1887)* undJohann Christian Steinbrenner (*21-10-1823 +16-02-1890) Johanna Beate Janotte hatte am 14-10-1841 in Neu Tomysl / Neutomischel Johann Gottlieb Weber aus Scherlanke ( * ca.1812, +27-07-1851 in Zinskowo )geheiratet. Mit ihren zweiten Ehemann hatte sie 23-02-1855 in Neu Tomysl/Neutomischel die Ehe geschlossen.Sie war die 2. Tochter von Johann Martin Janotte, Nachbar in Scherlanke und späteren Einwohners zu Zinskowo (*25-12-1785 Scherlanke) und dessen Ehefrau Anna Rosina Schinske (* 21-02-1791 Zinskowo, *23-03-1843 Zinskowo). Die Ehe der Eltern wurde am 26-06-1811 auch schon in Neu Tomysl/Neutomischel geschlossen.

Johann Christian Steinbrenner (*21-10-1823 + 16-02-1890)* war der Sohn von Johann George Steinbrenner,Einwohner zu Zinskowo und auch zu Alt Jastremske (* ca. 1776 +26-02-1849 Zinskowo) und dessen Ehefrau Christina Stein (* ca. 1782 + 31-01-1834 Alt Jastremske)

Aber wieder zurück zu den Zerstörungen. Ein ähnliches Schicksal wie der ehemalige Friedhof von Nowy Tomysl/Neutomischel erfuhren die Friedhöfe zu Miedzichowo/Kupferhammer [1.866], Łęczno/Lentschen [1.867] (Gemeinde Miedzichowo/Kupferhammer) oder heutige wieder tätige Friedhöfe in Boruja Kościelna/Kirschplatz Borui [1.868] und Opalenica/Opalenitza [1.849].

Hin und wieder findet sich, dass die Areale der alten Friedhöfe überbaut sind. Einige Beispiele dafür sind die Kulturhäuser in Lwówek/Neustadt [1.869], Boruja Kościelna/Kirchplatz Borui [1.861] oder wie z. B. heute auch in Nowy Tomysl [1.862], hier erfolgte die Bebauung mit einem Gebäude, dass zuerst ein Restaurant beherbergte, dann zu einem Supermarkt umgestaltet wurde um dann jetzt die Adresse einer Discothek bzw. eines Nacht-Clubs zu sein. Es gibt aber auch in zwei Fällen eine heutige Bebauung mit Privathäusern (Lwówek/Neustadt [1.870], Bolewicko/Neu Bolewitz [1.871]). Ich habe viele Male Empörung seitens alter Menschen bezüglich dieser Verfahrensweise gehört. Letztendlich wurde dieses aber auch aus der Perspektive der erlittenen Kriegsleiden der polnischen Bevölkerung durch Deutschland ausgelöst. In der Nachkriegszeit hat niemand an Respektlosigkeit gegenüber Verstorbenen gedacht, es galt einfach alle Spuren des Feindes aus dem Dasein zu auszuradieren. Nur – eine gemeinsame Geschichte – kann und sollte man nicht löschen. Niemand sollte ohne Vergangenheit sein.

Gedächtniskreuz auf dem Friedhof Sekowo/Friedenwalde [1.872]

Gedächtniskreuz auf dem Friedhof Sekowo/Friedenwalde

Ein erster Schritt, diese gemeinsame Vergangenheit wieder neu zu entdecken, ist der die letzten Überreste der alten Friedhöfe zu erhalten und der den Begrabenen ihre Letzte Ruhe wieder zu geben.

[1.873]

Grabstein Janotte Ww Weber/Steinbrenner

Ein Beispiel in unserem Kreis ist hier zweifellos Herr Zygmunt Duda. Er war der Wegbereiter und Bahnbrecher – der Nestor der Lokalhistoriker im Kreis Nowy Tomyśl/Neutomischel. Er sorgte für die Friedhöfe der Gemeinde Opalenica/Opalenitza (incl. Kopanki/Kopanke [1.874], Łęczyca/ Lenker Hauland [1.875]). Gleichfalls muss man auch die Friedhöfe in Mała Lipka/Klein Lipke [1.876] zugehörig zur Gemeinde Nowy Tomyśl/Neutomischel und Chrośnica/Krosnitz [1.877] zur Gemeinde Zbąszyń/Bentschen gehörig erwähnen, gerade auf letzterem entstand aus und mit privater Initiative der Bewohner eine Erinnerungsstätte. Dazu gehörig ist auch die Stiftung und Aufstellung des Gedenksteine mit der alles ausdrückenden Aufschrift – „Denjenigen, die vor uns dahingegangen sind“.

Im Juli 2003 wurde auch auf dem Friedhof Nowy Tomyśl/Neutomischel einen Gedenkstein aufgestellt.

Ein Beispiel ist auch die Anstrengung der Oberförsterei Bolewice/Bolewitz. Mit der Hilfe der Schuljugend hat man dort vor einigen Jahren Ordnung auf den Flächen der auf ihrem Territorium liegenden alten Friedhöfe und die Einzäunung dieser realisiert; namentlich zu erwähnen sind hier die Friedhöfen der Gemeinde Miedzichowo/Kupferhammer.

Erwähnen muss man dieser Stelle auch die Herren Jan Grześ und Paweł Michalski aus dem Kulturhaus „Unter dem Turm“, in Wielichowo. Sie haben sich für die Friedhöfe der Gemeinde Wielichowo engagiert. Zusätzlich haben sie ihre Wirkung mit der fotografischen Ausstellung der ehemaligen evangelischen Friedhöfe aus dem Kreis Grodzisk Wlkp/Grätz unter dem Titel „Bewahren vor der Vergessenheit“ dargestellt. Diese Ausstellung wurde zum Teil mit Geldern des Marschallamt der Posen‘scher Woiwodschaft unterstützt.

In der Gemeinde Nekla/Nake [1.878]l wurde durch die Initiative von Herrn Jerzy Osipiuk ein Renovierungsverein der Hauländischen Friedhöfe in Leben gerufen. Inzwischen wurden 6 alte Friedhöfe instand gesetzt und auf jedem einen Holzkreuz mit der Gedenkstafel aufgestellt.

Die fotografische Dokumentation der alten, evangelischen Friedhöfe von Kujawy hat mit großer Mühe Jutta Dennerlein mit den polnischen Mitarbeitern realisiert. Ihr Werk kann man im Internet unter dem Link http://www.upstreamvistula.org/ [1.879]bewundern.

Auch in unserer Gemeinde ist der Zeitpunkt der Besinnung gekommen. Es gelingt mir persönlich mit den ersten getanen Schritten, den unangenehmen Eindruck, den ich immer bei einem Besuch auf einem alten Friedhof hatte, zu verwischen.

Als Beginn wurde die fotografische Dokumentation der noch erhaltenen Friedhöfe erstellt. Sie kann eingesehen werden über das Internet mit der Adresse http://www.oledrynowotomyskie.e7.pl/cmentarze [1.880].

Ein weiterer Schritt wurde im Anschluss durch den amtierenden Bürgermeister von Nowy Tomyśl/Neutomischel Herrn Henryk Helwing beschlossen. Unter und mit ihm wurde die erste Finanzierung von Gedenkkreuzen an den Plätzen von ehemaligen Friedhöfen realisiert. Aufgestellt ist heute je ein Kreuz in Przyłęk/Scherlanke, Glinno/Glinau, Sękowo/Friedenwalde und Paproć/Paprotsch. Am 24. September 2009 wurde ihre Aufstellung mit einem feierlichem Gottesdienst begangen.

In den nächsten Jahren soll die Aufstellung von weiteren Gedenkkreuzen auf den ehemaligen Friedhöfen von Grubsko/Grubske [1.881], Klein Lipke [1.876], Kozie Laski/Kozie Laski [1.882], Stary Tomyśl/Alttomischel [1.883], Nowa Róża/Neurose [1.884] folgen. Die Folgefinanzierung durch unsere Gemeinde ist zugesagt.

Ich hoffe, dass in den nächsten Jahren alle ehemaligen Friedhöfe mit dieser „kleinen“ Geste gegenüber „Denjenigen, die vor uns gegangen sind“ die Hand des Gedenkens der gemeinsamen Vergangenheit gereicht werden wird.

Ein letzte Gedanke von mir ist immer, wenn ich diese alten Friedhöfe besuche, dass sich vielleicht auch jemand gefunden hat oder noch finden wird, der den alten polnischen Friedhöfen im Osten eine ähnliche Ehrerbietung entgegenbringt oder noch entgegenbringen wird.


Goldmann K.E. Die letzten Wind- und Wassermühlen um Neutomischel – Teil 2

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Karl Eduard Goldmann)
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[1.885]

Foto Enderich lata 30-te

Der 2. Teil des berühmten Artikels von Karl Eduard Goldmann, der in den Büchern „Aus dem Posener Lande“ /10.1912 veroffentlicht wurde. Goldmann beschreibt die Mühlen, die sich in der Umgebung von Nowy Tomysl befanden. Einige von ihnen kann man noch heute lokalisieren, wo andere standen, wird wohl ein Rätsel bleiben.


Verliehen nicht auch schon die alten Bockwindmühlen unserm Städtchen vor Jahren ein reizvoll belebendes Bild? Jetzt erinnert nur noch eine übrig gebliebene Windmühle an der westlichen Seite der Neustädter (früher Tirschtiegeler) Straße zwischen Stadt und der so genannten Rutschkowe an die Blütezeit der Windmüllerei. Auf ihrem Sattelbalken befindet sich die Inschrift: „M C G Anno 1791“. Diese würdige Alte, die bereits hat „rücken“ müssen, stand früher an der Stelle der heutigen Buddeeschen Villa und gehörte Tiesler, welcher sie an Gottlieb Reisch verkaufte, und von diesem wurde sie auf Rollen nach ihrem heutigen Standplatz geschafft. Ein ähnliches Schicksal hatte ihre Vorgängerin, die Samuel Arltsche Mühle. Diese stand vor Jahren an der Westseite des Landgrabens, wo ihr durch Baumschlag und nahe liegende Gebäude einer Brauerei der Wind entzogen war. Sie wurde deshalb in ihrem vollständigen Aufbau auf Rollen nach diesem ihren neuen etwa 300 m entfernten Standplatz geschafft, gewiss eine sehr gewagte und beschwerliche Arbeit. Als die behördliche Erlaubnis zur Überführung über die neu erbaute Chaussee, welche nicht zu umgehen war, versagt wurde, stand das schwankende Transportstück trotzdem eines Morgens auf der anderen Seite der Straße; man hatte sie über Nacht unbemerkt über die Chaussee gebracht.

[1.886]

Reisches Windmühle erwähnt von Hr. Arno Kraft, in 50-iger Jahren abgerissen – Aufn: A. Kraft /PM

Durch Brände verschwanden 1873 an der Wilhelm Bielkeschen Wirtschaft von dem inzwischen längst abgetragenen Hübnerschen Weinberg die Eckhardtsche und 1877 von dem heutigen Bäckermeister Schulzschen Eckgrundstück die Traugott Fenskesche Mühle. Im Interesse der Lokalgeschichte will ich die Besitzer und, soweit mir möglich, auch die Vorbesitzer in Klammern anführen. Zum Abbruch kam auf dem jetzigen Hasenfelderschen Grundstück die so genannte „Reichen“ Karl Arlt erbaute Mühle des Hermann Pflaum (Berthold Goldmann). Sie war größer und moderner eingerichtet als ihre älteren Genossen und mit einem schön geformten Dachgiebel versehen. In Bukowiec gelangte sie wieder zum Aufbau. Ebenso wurde erst im vorigen Jahre die auf der anderen Seite der Straße gelegene Mühle des Th. Morzynski (Gottlieb Wolke, Christian Roßak) abgebrochen; sie trug die Jahreszahl 1787. Rechts und links der Bentschener Landstraße standen an den Lehmkeuten die Mühlen von Gustav (Christian) Tepper und Wilhelm Schmidt (Rausch, Kriese). Jedenfalls hatten die Windböcke, wie man sie auch bezeichnete, hier im Westen der Stadt auf dem etwas ansteigenden und freieren Gelände den besten Wind.

[1.887]

Reisches Windmühle – Photo: Arno Kraft

Wenig günstig lagen im Norden der Stadt, und zwar südlich der heutigen Friedhofskapelle die Mühle von Christoph Rausch (Christoph Tepper) und in den so genannten Röhlschen Gärten die des Otto Hecke, sowie der etwa 1857 vom Mühlen- und Bäckermeister Heinrich Tepper erbaute und 1878 abgebrannte prächtige Holländer des Rob. Gläsemer. Diese Mühle hatte in sechs Etagen drei Mahlgänge. Es war nach der noch vorhandenen Bauzeichnung Dampfhilfe für ebenfalls drei Mahlgänge in Aussicht genommen. Gerade dieses Bauwerk war ein besonderer Schmuck des nordwestlichen Stadtbildes.

Aufbau einer Bockwindmühle:1 Bockgerüst, 2 Treppe und Feise, 3 Sterz, 4 Kammrad, 5 Flügelkreuz, 6 Hausbaum, 7 Mehlbalken, 8 Steinboden, 9 Mehlboden, 10 Sattel- Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bockwindm%C3%BChle [1.888]

Aufbau einer Bockwindmühle:1 Bockgerüst, 2 Treppe und Feise, 3 Sterz, 4 Kammrad, 5 Flügelkreuz, 6 Hausbaum, 7 Mehlbalken, 8 Steinboden, 9 Mehlboden, 10 Sattel- Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bockwindm%C3%BChle

Im Osten, rechts der Straße nach Altomischel, lagen die Mühlen von Neumann und Riediger (A. Männel). Im Süden der Stadt, links und rechts der Bahnhofstraße befanden sich die vor etwa 40 Jahren schon abgebrochenen Mühlen von Kaulfuß, jetzt Faustsches Grundstück, und E. Tepper, letztere ungefähr hinter der erst in neuerer Zeit erbauten katholischen Kirche.

Ein Teil der aufgeführten Mühlen stammt aus der ersten Zeit des Entstehens der 1786/88 gegründeten Stadt. Einzelne sind vielleicht schon vorher erbaut worden, wahrscheinlich zu oder gar vor der Zeit, als der „Kirchplatz im Tomischler Holland“, heute Alter Markt, entstand. Eine Windmühle befand sich doch sogar zu Anfang des vorigen Jahrhunderts noch auf der nordwestlichen Seite des Neuen Marktes (Das Wohnhaus des Grundstücks No. 35, erbaut 1770, hat höchstwahrscheinlich hierzu gehört, weil schon alte Mühlenhölzer zu seinem Bau Verwendung gefunden haben (Chronik der Stadt Neutomischel [1.889], 1888, S. 3).). Sie trug die Jahreszahl 1745 und wurde an die Lehmkeuten (Tepper) verlegt, von wo sie vor einigen Jahren wieder nach Linde zum Verkauf kam.

[1.890]

Budowa kozła (Jan Święch Tajemniczy świat wiatraków)

Einzelne der aufgeführten Mühlen standen vermutlich auf dem angrenzenden Glinauer Gebiet, nur die im Norden und Süden der Stadt   gelegenen auf städtischem

Grunde. Deshalb hatte Neutomischel am Ausgange des 18. Jahrhunderts nach Wuttkes „Städtebuch des Landes Posen“ (1864) auch nur 6 Mühlen. [patrz tłumaczenie [1.891] oraz Wielkopolska Bibliteka Cyfrowa [1.892] ]

Die ersten Mühlenbesitzer stammten zumeist aus der näheren Umgegend, so aus den bedeutend älteren Nachbarstädten Rakwitz und Neustadt b. P., auch aus Brätz, Lagow und Züllichau. Es sind aber auch Müller aus der Schweriner und Landsberger Gegend, aus dem Netzebruch, sowie aus der Mark und sogar aus Mecklenburg damals hier eingewandert und seßhaft geworden.

Weitere Mühlen befanden sich aber auch noch in den umliegenden Hauländereien. So hatte noch vor einigen Jahrzehnten

die selbstverständlich weniger von den Bürgern als von der Landbevölkerung je nach Lage oder Beziehungen beschäftigt wurden. Hatten doch z. B. die Konkolewoer Mühlen in früheren Jahren ausgedehnt Mahlkundschaft in dem abliegenden Paprotsch.

[1.893]

Vermutlicher Standort der Windmühlen – Ausarb. PM

[1.894]

Mühlenruine

Verschiedene Mühlenbesitzer, die sich auch nebenbei dem Getreidehandel widmeten, brachten es zu gewissem Wohlstand. Es ist erklärlich, wenn sich dieses mitunter auch an der inneren und äußeren Ausstattung ihrer Mühlen, wie schon hervorgehoben, zu erkennen gab und einer dem anderen mit seinem Mühlwerk zu übertreffen suchte. Ganz ernst darf es nicht genommen werden, wenn erzählt wird, daß ein Müller nach einer günstigen Geschäftsperiode die Äußerung getan haben soll, er würde sein Haus mit Talerstücken decken und den Weg nach seiner Mühle mit Dukaten pflastern lassen, falls er auch fernhin so vom Glücke begünstigt werde. Das Schicksal hatte es aber anders mit ihm gewollt.

Die Zeit des Niederganges der Windmüllerei ließ nicht lange auf sich warten. Durch die Konkurrenz der Dampfmühlen, deren Neutomischel jetzt zwei große, und zwar eine der ältesten der Provinz (Seite 1848/9), besitzt (Die Männelsche Dampfmühle besteht seit 1848/49 und dürfte fast zu gleicher Zeit mit der Katochwillschen in Posen, welche als die älteste der Provinz gilt, erbaut worden sein), und des sich hierdurch entwickelnden Großmühlenbetriebes unter Einwirkung der 1869 einsetzenden Bahnverbindungen verschwanden im Lauf der letzten Jahrzehnte fast sämtliche Windmühlen. Sie kamen entweder zum Abbruch und fanden in der weiteren Umgegend, wo es an Mühlen noch mangelte, wieder Aufstellung, oder sie gingen, nicht immer zum Leidwesen der Besitzer, in Flammen auf. Nur auf den Dörfern im Umkreise sind noch einige Windmühlen stehen geblieben, z. B. in

[1.895]

Mühlenruine

In der nächstgelegenen Hauländereien sind kaum noch welche vorhanden. Einst zwischen den Büschen und Hopfenanlagen hervorlugend, brachten sie fröhliche Bewegung in das Landschaftsbild. Die Mühlberge, welche bei der niedrigen Bodenbeschaffenheit hiesiger Gegend meist vor der Erbauung der Mühlen erst hergestellt werden mussten, sind längst schon wieder abgetragen.

[1.896]

Windmühle an der Strasse nach Kirchplatz Borui – Quelle: Der Warthegau Landschaft und Siedlung

Knoll, Gerhard – Glinauer Berge 1996

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Gerhard Knoll)
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Der hier angeführte Text stammt aus dem Buch „… und dazwischen Neutomischel” ;  Autor Arno Kraft. Der Artikel beschreibt die Glinauer Berge; im Norden die Stadt liegend, diese halbmondförmig umschliessend mit ihren auf den Sanddünen wachsenden Kiefernwäldern; die Endmoränenlandschaft als letztes Überbleibsel aus der Eiszeit.

Faszinierend ist, dass seit Jahrzehnten die Erlebnisse in diesen Bergen immer wieder in kleinen Geschichten beschrieben worden sind; und es heute noch werden. Über Generationen sind die Erzählungen der seinerzeit hier lebenden Deutschen zu finden, unsere Eltern setzten diese Tradition fort, wir selbst erleben sie und unsere Kinder und  unsere Enkel werden hoffentlich auch ihre schönen Erlebnisse in diesen Bergen in ihren Erinnerungen aufbewahren. Lange Spaziergänge durch die Büsche und Wälder, das Pilzesammeln, die Momente der Ruhe …  und dann die prächtigen Winter. Die Glinauer Berge haben in allen von uns ihren Eindruck hinterlassen und wir alle haben unsere Erinnerungen an sie.

Das Lesen der Texte bringt uns heute ein Schmunzeln ins Gesicht – unsere Kinderzeit: alles war viel riesiger und prächtiger erschienen; alles war unendlich grösser gewesen: die Kirche, der Wasserturm, das Friedhofsgelände; die Glinauer Berge wuchsen zu einem riesigen Gebirge mit unendlichen Höhen in den Himmel; die Sommer waren unendlich viel wärmer und die Winter um nochmal so viel frostiger; die Ferien erschienen uns unendlich – die Zeit lief langsamer.

In der Einführung zur polnischen Übersetzung gibt es noch die Überlegung, wie die Worte „Heimat“ und „Vaterland“ zu übersetzen sind und wie der Unterschied zwischen diesen beiden Worte beschrieben werden kann.  Im polnischen gibt es nur das Wort „Ojczyzna“ welches gleichbedeutend sowohl für „Vaterland“ als auch für „Heimat“ ist. Um den Begriff  „Heimat“ korrekt zu übersetzen, wäre es im Polnischen die Aussage „klein Vaterland“.

Die polnische Einführung wurde von Marek Koźlicki verfasst, er ist auch derjenige der die Übersetzung ins Polnische vorgenommen hat.

Die hier abgebildeten Postkarten werden mit freundlicher Genehmigung von Herrn Arno Kraft, Berlin zur Verfügung gestellt und veröffentlicht.


[1.897]

Blick vom östlichem Teil der Glinauer Berge, in Richtung Wasserturm Neutomischel

Wenn man mit dem Fahrrad die Kreisstadt Neutomischel über die Neustädter Straße verließ, war man nach rund 1 km an den sogenannten „Glinauer Bergen“. Besucher der Gegend lächelten natürlich über das Wort Berge, denn in ihren Augen waren es nur Sandhügel, die mit Kiefern bewachsen waren. Für uns Kinder waren es aber Berge, denn auch unsere Eltern bezeichneten sie ebenfalls so, und größere Berge hatten wir damals noch nicht gesehen.

Unsere Berge ragten ja nur ungefähr 20 bis 25 Meter aus der umgebenden Landschaft heraus und die Chaussee, die an der sogenannten Kreuzstraße auf die Schwiebus – Posener Chaussee traf, durchschnitt den Höhenrücken an zwei Stellen kurz hintereinander. Er war ein Überbleibsel der Eiszeit, eine Endmoräne. Die Berge gehörten zum größten Teil noch zum Gut Alttomischel. Aber auch einige Waldstücken waren im Besitz angrenzender Bauernhöfe.

So gehörte auch ein Stück im äußersten Ostbogen zu unserem Hof. In den Wintermonaten wurden hin und wieder von uns und auch den anderen Waldbesitzern einige Kiefern gerodet. Besonders, wenn Bauvorhaben geplant waren, griffen die Bauern auf die Holzvorräte ihres Besitzes zurück. Manchmal fehlte es bloß an Brennholz zum Kochen, Backen oder Heizen.

Die durch Roden frei gewordenen Flächen mussten im Frühjahr durch Neuanpflanzungen wieder geschlossen werden, denn ein Gewitterregen konnte im Sommer in kurzer Zeit die aufliegende dünne Nadelschicht wegspülen. Dann bereitete ein Neuanpflanzen große Schwierigkeiten und die Nachkommen der Bauern sollten ja auch noch etwas vom Waldbesitz haben.

Außer den Waldstücken der Bauern Felix Kucz, Berthold und Bruno Knoll, Hermann Schulz, Richard Kraft und Berthold Pflaum gab es am Rande und oben in einem Kessel noch einige Stücken, die Handwerker- und Arbeiterfamilien gehörten und auf denen kleine Wohnhäuser und Ställe standen. Die Bewohner verdienten sich ihren Unterhalt in der Stadt oder bei Bauern, oft als Tagelöhner bei der Ernte. In den anliegenden Gärtchen versuchten die Bewohner auch noch etwas anzubauen, doch bei aller Mühe wuchs kaum etwas.

Am Südrand, ein Stück links von der Chaussee, lag Krepels verwunschener Busch, denn hier wuchsen als Besonderheit hohe Farnbüsche und wir fühlten uns wie in eine fremde Welt versetzt; und rechts der Straße, zwischen Wiesen und Wald auf feuchtem Grund, war Neumanns Busch. Hier wuchsen verschiedene Arten von Laubbäumen. Weiter nördlich, unterhalb des Glinauer Friedhofs lag am steil abfallendem Hang ein dritter, nämlich Krafts Busch. Der Gemeindefriedhof lag oben auf dem Bergrücken und die Bauern hatten besonders im Sommer, wenn es trocken war, wenig Zeit, sich um die Gräber ihrer Angehörigen zu kümmern. Sie wollten aber auch nicht, dass die Pflanzen auf den Gräbern in dieser Zeit verdorrten und beauftragten darum ältere Frauen, die in der Nähe wohnten, mit dem Gießen. Die angesprochenen Frauen waren froh, sich etwas Geld durch Grabpflege verdienen zu können. Wasser holten sie aus selbstgegrabenen Wasserlöchern aus Krafts Busch. Der Wasserstand war hier auch im Sommer nur um 50 cm. Aber der steile Weg zu den Gräbern bei Hitze machte das Gießgeld doch zu einer recht sauer verdienten Einnahme.

Wald der Alttomischler Forste Foto-Enderich [1.898]

Wald des Alttomischler's Forst - Foto-Enderich

Auch der Scherlanker Friedhof lag nicht sehr weit entfernt weiter nördlich. Er lag aber nicht so hoch wie der Glinauer und fast direkt an der Chaussee, die hier zum

Chousee nach Neustadt, Blick zu den Bergen von Glinauer Seite Foto-Enderich [1.899]

Chaussee nach Neustadt, Blick zu den Glinauer Bergen - Foto-Enderich

zweiten Mal den südlichen Bogen des sandigen Höhenzugs durchschnitt. In den feuchten Büschen (von den Bewohnern „Püsche“ genannt) wuchsen hauptsächlich Erlen, aber auch Birken und Weiden nebst allerlei Unterholz. Viele Vögel hatten hier ihren Unterschlupf. Spaziergänger aus der Stadt freuten sich über das frische Grün und den Gesang der Vögel. Sie versuchten, die kleinen Sänger zwischen dem Laub zu Gesicht zu bekommen oder auch nur ihre Stimmen nach Vogelarten zu unterscheiden. Wegen der Häufung einer besonderen Vogelart wurde Krafts Busch von ihnen „Finkenbusch“‚ genannt. Auch wir Kinder durchstreiften manchmal Busch und Wald und erfreuten uns an allerlei Kleingetier und Pflanzen. An feuchten Stellen wuchs im Unterholz eine Binsenart, von uns Semsen genannt, aus deren langen grünen Stengeln wir Kinder damals gerne Zöpfe geflochten haben, oft mit eingeflochtenen Blumen aller Art. Ab Juli begann die Pilzzeit im Wald- und Buschgebiet. Schon sehr früh im Morgengrauen waren die Pilzsammler unterwegs und suchten ihre Beute. Viele Arten waren, je nach Ortslage und Jahreszeit, an Bäumen, im Unterholz und zwischen Moos zu finden. Die bekanntesten Pilzarten waren bei uns: Pfifferlinge (von uns Hähnchen genannt), Steinpilze, Birkenpilze, Maronen, Rehpilze und Grünlinge. Auch wir beteiligten uns hin und wieder am Sammeln und manch schöne Pilzmahlzeit konnte Mutter für die ganze Familie mit Speck und Sahne aus unseren Sammelergebnissen bereiten. Das war eine willkommene Abwechslung im oft eintönigen Speiseplan.

Der Wald war aber auch Versteck unliebsamer Räuber; Greifvögel, Krähen und Elstern (bei uns Schagaster genannt) holten vom Hof manch ein Gänse-, Enten- oder Hühnerküken; oft holte sich auch ein Fuchs, meist in der Nacht, seine Mahlzeit. In den Wintermonaten, wenn Frau Holle ihre Schleusen geöffnet hatte und eine dicke Schicht von Schneeflocken die Erde bedeckte, waren die Berge ein Anziehungspunkt für den Wintersport. Für uns Kinder war die Freude groß, wenn wir unsere Rodelschlitten vom Boden holen konnten. Die Kufen wurden vom Rost befreit und los ging es in die verschneite Winterlandschaft. Bei einer Schneehöhe von 10 cm fuhren die ersten Schlitten zu Tal. Besonders das Waldgebiet Knoll wurde von der Jugend zum Rodeln bevorzugt. Hier gab es das richtige Gefälle, wo man durch Schneisen rasant zu Tal fahren konnte. An den Wochenenden herrschte ein buntes und lautes Treiben in den Bergen. Die Eltern kamen mit ihren Kindern aus der Stadt und freuten sich mit ihnen über das gesunde Wintervergnügen. Bei idealen Schnee- und Wetterverhältnissen rutschten die Schlitten bis an Knolls Gartenzaun. Manche Bauern, deren Felder an die Hügel grenzten, sahen es aber nicht gern, wenn die Rodelschlitten bis auf ihre Felder fuhren und sie zogen deshalb Gräben, um ihre Wintersaat zu schützen! Die Rodler hatten dafür kaum Verständnis und sahen es als eine große Gemeinheit an, mit der man ihnen den Spaß verderben wollte. Auch manche Eltern aus der Stadt schimpften über diese „kinderfeindlichen“ Bauern. –

Bei aller Freude gab es aber auch bei den Kleinen öfters traurige Gesichter; wenn sie an einer Erhöhung umkippten oder auf einem Buckel ihren Schlitten zerbrachen, flossen reichlich Tränen. Auch mir ging es einmal so. Polnische Jugendliche aus der Stadt, die ohne Schlitten zum Rodelvergnügen gekommen waren, wollten nicht mehr nur zuschauen und nahmen mir darum plötzlich meinen Schlitten weg. Sie wollten wohl auch mal die Rodelfreuden genießen. Drei große Jungen setzten sich drauf und fuhren mit großer Geschwindigkeit gegen einen Baum und mein schöner Schlitten zerbrach beim Aufprall. Sie ließen die Trümmer liegen und rannten davon. Ich las unter Tränen die Teile auf und trug sie unter Schluchzen zu unserem Hof. Würden mich meine Eltern auch noch nach diesem Unglück ausschimpfen? Ich mußte schweren Herzens mein Unglück zu Hause beichten, aber Eltern und große Geschwister trösteten mich und versprachen, sofort meinen Schlitten beim Stellmacher Saage auf der Rutschkawe reparieren zu lassen. So hatte dieser Handwerker auch im Winter viel zu tun, denn oft gab es zerbrochene Schlitten.

Das Rodeln ging bis zum Dunkelwerden und manchmal brachten größere Jugendliche sogar Stallaternen mit und hingen sie an Bäume. Sie konnten nicht genug kriegen von dem schönen Winterspaß. Durch Übermut kam es aber auch zu schwereren Unfällen, bei denen nicht nur Holz zerbrach sondern manchmal sogar Knochen. Skifahrer sah man damals nur selten. Sie hielten sich auch fernab von den Rodelbahnen und suchten sich ruhigere Plätze zur Abfahrt aus. Es gab damals nur sehr wenige in der Stadt, die solche lange gebogenen Holzbretter besaßen.

Weg zwischen Scherlanke und Glinau - Foto- Enderich [1.900]

Weg zwischen Scherlanke und Glinau - Foto-Enderich

Eines der schönsten Kindheitserlebnisse war wohl damals eine Fahrt mit einem Pferdeschlitten. Hierbei waren wir Bauernkinder im Vorteil, denn die Städter hatten keine Pferdeschlitten. Wenn sie durch die verschneite Gegend fahren wollten, mußten sie sich ein Schlittengespann bei einem bekannten Bauern borgen. Auch nicht jeder Bauer hatte solch ein schnelles Gefährt auf dünnen Kufen. Die meisten hatten nur schwereSchlittenuntergestelle zum Transportieren von Lasten.

Ja, eine Schlittenfahrt mit einem flinken Pferdeschlitten war schon ein ganz besonderes Vergnügen. Wer es erleben konnte, wird es wohl nicht so leicht vergessen haben. Im schnellen Lauf ging die Fahrt durch Wälder und Felder. Die verschneite Landschaft flog gespenstisch am Auge vorbei. Das Glockengeläut tönte im Takt der Pferdeschritte ans Ohr. Die Reihe der silbrigen Glöckchen in den unterschiedlichen Größen blinkte im Sonnenschein oder auch bei vollem Licht des Mondes. Sie waren am Geschirr der Pferde befestigt und wippten auf und nieder. So war eine Familienschlittenfahrt durch die Weite der Hauländerei oder durch das große Waldgebiet nördlich davon ein unvergessliches Erlebnis.

Uns bleibt eine Schlittenfahrt aber aus einem anderen Grunde für immer im Gedächtnis. Wir hatten im Winter eine Fahrt mit dem Pferdeschlitten nach Paprotsch zu einer Geburtstagsfeier unternommen. Die Heimfahrt erfolgte in einer finsteren Nacht und die beiden mitgeführten Laternen spendeten nur wenig Licht. Der Schlitten war mit vier Erwachsenen und vier Kindern vollgeladen. Es war kalt und Schneetreiben beeinträchtigte die Sicht und hatte alle Spuren von Pferden und Schlitten zugeweht. Mein Vater konnte kaum etwas erkennen und vertraute wohl mehr auf das Gespür der Pferde als auf seine Augen. Auf einmal gerieten wir plötzlich in eine gefährliche Schieflage. Meine Mutter schrie laut: „Bruno, wo fährst du uns denn hin!“ Aber schon kippte der Schlitten um und wir alle lagen im tiefen Schnee. Für den Kutscher nicht erkennbar und von den Pferden wohl zu spät bemerkt, wurde ein kleiner zugewehter Graben am Wegesrand uns zum Verhängnis. Aber im weichen Schnee gab es keine Verletzten und die Kufen hielten stand. Der Schlitten wurde langsam herausgezogen und alle konnten nach dem Schreck wieder aufsteigen. Die Reise ging nun noch vorsichtiger und mit erhöhter Aufmerksamkeit aller weiter. Bald erreichten wir die Chaussee und die Pferde konnten nun wieder zur Eile angetrieben werden. Den kurzen Weg von der Chaussee zum Hof kannten Pferde und Kutscher genau. Zu Hause waren alle ausgestandenen Ängste bald vergessen, aber das Erlebte blieb haften.

Als wir schon etwas größer waren, hatten wir mit Nachbarskindern auf dem höchsten Punkt unserer Berge in die Baumkrone eines großen Baumes eine Art Jagdanstand gebaut.

Durchfahrt Glinauer Berge, Blick nach Scherlanke Foto-Enderich [1.901]

Durchfahrt Glinauer Berge mit Blick nach Scherlanke - Foto-Enderich

Von diesem erhöhten Aussichtspunkt konnten wir die große Hauländerei Glinau nach Osten bis über die Erlen, die an beiden Rändern des Landgrabens in dichtem Abstand wuchsen, überblicken. Er schlängelte sich durch die Landschaft in Richtung Stadt. Über Wiesen, Felder, bäuerliche Gehöfte und Baumreihen konnten wir die Dörfer Alttomischel und auch Sontop erkennen. Nach Süden streifte unser Blick über die Häuserdächer von Neutomischel nach Paprotsch. Wir sahen den Wasserturm der Stadt und die Kirchtürme der alten evangelischen Kirche und der neueren katholischen. Teilweise versperrten die Wipfel der Kiefern auf dem kleinem Rücken der Paprotscher Berge den weiteren Blick und den Kirchturm der entfernten Kirche in Kirchplatz Boruy konnte man nur erahnen. Hin und wieder stieg eine Rauchfahne der Eisenbahn zum Himmel auf. In Richtung Südwesten ging der Blick über Friedenwalde zum roten Kirchturm von Friedenhorst. Nach Westen sah man den schmalen bewaldeten Ausläufer des südlichen Höhenzugs der hinter der Schule von Scherlanke endete und rechts davon die Gehöfte dieser Gemeinde. Im Norden streifte das Auge über ein Meer von Baumwipfeln. Es war der Alttomischler Forst und dahinter der Staatsforst von Buchwerder. Dieses grüne Meer reichte bis an den Horizont.

Hier wuchsen in großen Flächen Preisel- und Heidelbeeren. Anfang Juni kamen schon Leute aus der Stadt und vom Lande, um Beeren zu pflücken. Viele Kinder halfen dabei. In allerlei Gefäßen wurde die Ernte nach Hause getragen. Manche pflückten nicht nur für sich, sondern auch zum Verkaufen. Von den Forstverwaltungen mußten sich die Pflücker kostenpflichtige Erlaubnisscheine besorgen. Forstangestellte kontrollierten, ob diese auch erworben waren und achteten darauf, daß kein großer Schaden angerichtet wurde. In manchen Jahren war die Ernte nur sehr bescheiden und nicht selten machten Holzböcke (Zecken) das Kriechen im Wald zur Plage.

Von unserem Hochsitz schauten wir oft in die Runde und dachten an das, was sich in der Umgebung tat. Für uns Kinder schien damals am Horizont die Welt zu Ende.

Sedanfeier und Enthüllung des Kreiskriegerdenkmals. 2. September 1895 – Kreiszeitung 3-IX-1895 No. 65

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Neutomischel Kreisblatt)
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[1.902]

Kriegsgefallenen-Denkmal 1-IX-1895

Der Artikel stammt aus der Lokalzeitung „Neutomischel Kreisblatt“ Nr 69 , 3-IX-1895. Es wurde berichtet über die Einweihungsfeier zur Enthüllung des Kreiskriegerdenkmals im Gedenken an die Gefallenen in den Kriegen 1866 zwischen Preussen und Österreich [siehe mehr [1.903]], und Preussen und Frankreich 1870/71 [siehe mehr [1.904]] [Quelle Archiv Posen Akta miasta Nowy Tomyśl sign. 19 „Die Errichtung eines Kreiskriegerdenkmal… – in dem Archivordner, in dem diese seltene Zeitungsausgabe aufbewahrt wird, finden sich auch Dokumente über die Errichtung eines ähnlichen Denkmals in Neustadt b.Pinne]. Die Enthüllung fand am 25. Jahrestag der Schlacht von Sedan [1.905] (1-Sep-1870), in welcher die Preußen Frankreich besiegten und Kaiser Napoleon III gefangen genommen wurde. Der folgende Text ist der dritte Beitrag in dieser Zeitung – gewidmet dem Denkmal. Die beiden anderen handeln von den Maximen, die auf die Kränze gelegt wurden und die den Bau des Sockels betreffen. Es ging unter anderem auch darum welche Andenken in den Grundstein des Denkmals eingelegt werden sollten; die Entscheidung ging zu zwei Ausgaben des Neutomischelers Kreisblattes Nr. 63 und 64 sowie einer manuell kalligraphierten Chronik von Neutomischel des berühmten Heimatforschers Karl Eduard Goldmann (32 Jahre). Leider weist diese Zeitung in einem kleinen Teil Beschädigungen auf und drei Namen von Gefallenen, derer gedacht wurde sind nicht mehr zu entziffern.

Der Obelisk bestand aus schwedischem Granit und wurde von der Firma Ressel RÖHL, Berlin (Elisabethufer) geliefert, seine Herstellungskosten sollen über 5.000 Mark betragen haben. Bis 1920 stand er auf dem Alten Markt (Chopin Platz) [1.906]

Im Jahre 1913 plante man noch einen weiteren Bau eines Denkmals zur Erinnerung an die Befreiungskämpfe das 25-jährige Regierungsjubiläums des Kaisers auf dem Kaiser Wilhelm Platz , der heutigen Musiala Straße, knapp neben Landgraben (Szarka).  Wie aber z. B. in der „Festschrift zum 125. jährigen Jubiläum der Schützengilde Neutomischel und 18.Bundesschießen des Schützenbundes Neumarkt-Posen“ geschrieben wurde, wurde des schon nicht mehr so monumental wie geplant ausgeführt und auch vermutlich nicht in allem „Glanz“ vollgezogen.

[1.907]

Porównanie wymiarów pomników

Vergleich der Dimensionen der Denkmäler

Der Text spiegelt die Stimmung unter den Deutschen dieser Zeit – gehoben, nationalistisch und unbesiegbar -. Eine Stimmung die ganz Europa damals beherrschte und die man letztendlich heute dafür mit verantwortlich macht, das es zum I. Weltkrieg hat kommen können.

Diese beiden vorangegangen gewonnenen Kriege, der preußisch-österreichische und der preußisch-französische, waren besonders wichtig in dieser Zeit für die Preußen und die deutschen Nationen (zu jener Zeit noch bestehend aus unabhängigen Staaten, welche aber in einer Zollunion verbunden waren); da Sie zur Vereinigung von Deutschland im Jahre 1871 unter Kaiser Wilhelm I. führten. Tatsächlich ist jedoch als Urheber der Vereinigung Graf Otto von Bismarck zu sehen.

Die weitere Geschichte des Denkmals wurde in der Zeitung „VierteljahreSchrift 3-4/2005“ von Edmund Żurek beschrieben. Nach seinen Untersuchungen wurde der preußische Gedenkstein in das polnische Denkmal zur Erinnerung an die „Grosspolnischen Aufständischen“ am 22-07-1963 umgewidmet und enthüllt. Und tatsächlich: die Ähnlichkeit ist sehr groß. Schätzt man die Grösse des abgebildeten Mädchens auf der Postkartenabbildung (oben links) auf 1,40 Meter und setzt die Abmessung ins Verhältnis der Obelisken des damaligen und des heutigen Denkmals, so kommen diese den Dimensionen des Denkmals des Grosspolnischen Aufstandes auf dem Neuen Platz (Niepodległości -Unabhängigkeit Platz) [1.908] sehr nahe. (auch [1.909])

Die Bilder stammen aus der Kreisbibliothek und von Wojtek Szkudlarski.

[1.910]

Zeichner Liste

Mitbürger !

Am 25. Jubeltage der Schlacht von Sedan, am 2. September 1895 , soll in Neutomischel den Helden, die aus dem hiesigen Kreise in den glorreichen Kriegen von 1864, 1866, 1870/71 den Tod fürs Vaterland gestorben sind, ein Denkmal errichtet werden.
Der Landwehr-Verein Neutomischel hat bisher zu dem Denkmalfonds ca. 1000 M gesammelt.
Zur Herstellung eines würdigen Denksteines bedarf es erheblich größerer Mittel.
Zur Aufbringung der fehlenden Summe hat Se. Exzellenz der Herr Oberpräsident der Provinz Posen durch Erlaß vom 6. Januar 1894 dem Landwehr-Verein die Genehmigung zur Abhaltung einer Hauskollekte für den Bezirk unseres Kreise ertheilt.
Die legitimirten Sammler des Vereins werden sich demgemäß erlauben, unseren Mitbürgern die Sammellisten zur gütigen Zeichnung von Beiträgen für den Denkmalsfonds demnächst vorzulegen.
An Euch Mitbürger ergeht hierdurch die herzliche Bitte, helft uns durch Zeichnung von Beiträgen mitbauen an dem Denkmal, welches unsern fürs Vaterland gefallenen Brüdern hierselbst errichtet werden soll.
Helft durch Eure Beiträge die Dankesschuld abtragen, die wir Alle jenen Helden, die auch für uns gelitten und geblutet haben, schulden.
Helft uns ein würdiges Denkmal aufrichten den Gefallenen zum Gedächtniß, den Mitlebenden zur Mahnung, den künftigen Geschlechtern zur Erinnerung an Deutschlands herrliche
Waffenthaten und ruhmreichste Erhebung.
Außer den legitimierten Sammlern erklären sich die unterzeichneten Mitglieder des Denkmalkomitees und des Vorstandes des Landwehrvereins gern zur Empfangnahme von Beiträgen bereit.
Quittung über die gezahlten Beiträge erfolgt durch das Neutomischeler Kreisblatt.

N e u t o m i s c h e l, den 7. Februar 1894

Dr. Otto Brinkmann, von Daniels, Emmerich,
Königl. Kreisphysikus, Königl. Landrathsamtsverwalter, Königl. Kreissektretär

Heinrich Fechner, Hugo Jeenicke, Köhler, Manzke,
Altsitzer zu Scherlanke, Schornsteinfegermeister, Amtsrichter, Königl. Gerichtsvollzieher

Mentzel, Gustav Morzynski, Wilhelm Peikert
Bäckermeister zu Glinau, Brauereibesitzer, Kaufmann

Roll, Ernst Tepper, Witte, Heinrich Wolke,
Königl. Distriktskommissarius, Kaufmann, Bürgermeister, Kaufmann

von Zawadzyky
Major z. D. und Bezirkskommandeur.

________________________

In Folge des vorstehenden Aufrufs sind die Unterzeichneten zu einem Ort-Komitee zusammen
getreten, um das Unternehmen durch Beschaffung der Mittel zu unterstützen.
Hochwohlgeboren
In der Voraussetzung, dass bei Ew. Wohlgeboren das der Stadt Neutomischel in
früherer Zeit zugewendete Wohlwollen auch jetzt noch besteht, erlauben wir uns die ganz ergebene
Bitte, uns bei Aufbringung der Mittel zur Abtragung des den Gefallenen schuldenden Dankes durch
gütige Zusendung eines Beitrages behülflich sein zu wollen.
Die Geldsendungen nimmt der mit unterzeichnete Bürgermeister W i t t e entgegen.

Das Orts-Komitee.

Witte, Ernst Tepper, B. Maennel,
Bürgermeister, Magistratsschöffe, Stadtverordneter

Paul Goldmann, Benno Walter, H. Wittkowsky,
Kaufmann, Kaufmann, Kaufmann


Artikel Aus Kreiszeitung Kreiszeitung 2-IX-1895 No. 65

Ein herrlicher Tag liegt hinter uns. Wohl selten hat die Stadt ein solch schönes Fest, das so recht von patriotischem Geiste durchdrungen war, feiern gesehen, alles hatte sich vereinigt, weder Mühe und Kosten wurden gescheut, um den denkwürdigen Tag von Sedan und mit ihm das Andenken der gefallenen Helden aus den ruhmvollen Kriegen würdig zu gehen. Auch der Himmel hatte sein schönstes Festgewand angezogen. Herrlich brach der Sonntag an und ließ die Stadt im Festesschmuck erscheinen, wie er schöner nicht gedacht werden kann. Choralmusik vor dem Denkmal und Trommelschlag in den Straßen um 5 Uhr morgens leiteten die Feier ein und verkündeten die hohe Bedeutung des Tages. In wirklich herrlicher Weise waren die Häuser geziert, zahlreiche Triumphbogen, mit Bildnissen und Denksprüchen geschmückt, ließen an Großartigkeit und Schönheit nichts zu wünschen übrig. In den Kirchen und in der Synagoge fanden stark besuchte Festgottesdienste statt. Den von dem hiesigen Landwehrverein ergangenen Einladungen wurde sehr zahlreich Folge geleistet. Mittags hielten die geladenen Vereine ihren Einzug und begaben sich in die ihnen zugewiesenen Quartiere. Um 2 Uhr trat der hiesige Landwehrverein im Gärtner’schen Vereinslokale zusammen und holte die geladenen auswärtigen Kriegervereine ab, worauf die Begrüßung der Gäste und Vereine durch den Vorsitzenden des Landwehrvereins, Herrn Landrath von Daniels  stattfand. Alsdann begaben sich die Vereine zur Aufstellung des Festzuges auf der Neuen Markt vor das Rathhaus. Hier traten die Veteranen vor, um von weißgekleideten Ehrenjungfrauen mit Sträußchen von Eichenlaub geschmückt zu werden, wobei Fräulein Gärtner folgenden Prolog sprach:

Ueberall Jauchzen beim Klange der Glocken,
Fahnengeflatter und Eichengrün,
Ueberall Herzen, die heute frohlocken,
Ueberall Augen, die leuchten und glühn !

Deutschlands Größe gilt es zu ehren,
Schwer errungen in blutiger Schlacht,
Die uns der König mit seinen Heeren
Einst nach glänzendem Siege gebracht !

Ihr auch habt damals im Kampfe gestanden,
Ihr auch schwangt das vernichtende Schwert,
Ruhmgekrönt seid aus dem feindlichen Landen
Als Helden Ihr heimgekehrt.

Manches Jahr in Frieden und Segen
Hat Euch seitdem in der Heimath gelacht,
Pulver und Blei und Rüstung und Degen
Habt Ihr schon lange bei Seite gebracht.

Heute aber, wo Hoch und Nieder
Deutschlands Siege aufs neue ehrt.
Heute aber, da naht Ihr Euch wieder,
Stolz umgürtet mit Eurem Schwert.

Und wie einst die jubelnden Sieger
Frauen und Kinder mit Kränze bedacht,
Sei Euch heute, Ihr tapferen Krieger
Wieder ein Opfer des Dankes gebracht.

Nicht von Gold und Silber geschlagen
Bietet sich’s dar in verlockendem Glanz:
Heldenzier – seit undenklichen Tagen –
Schien uns Deutschen der Eichenkranz !

Eichenkränze drum lasst Euch reichen
Und den Wunsch als frommes Geleit:
Deutschlands Treue und Deutschlands Eichen
Mögen blühen in Ewigkeit.

[1.911]

Goldstrasse - restauracja Gärtnera - dziś Mickiewicza

Auf dem Denkmalsplatze hatten sich unterdessen die Schüler sämtlicher Schulen, sowie eine Anzahl geladener Damen und das Komité einfunden. Unter Vorantritt der Kapelle des 46. Inf.-Reg. aus Posen setzte sich der Zug vom Neuen Markt in Bewegung. Die 16 Ehrenjungfrauen befanden sich vorn im Festzuge, dann folgten die Vereine aus Friedenhorst, Konkolewo, Neustadt b. P., die Schützengilde Neutomischel, ein Musikchor, der Gesangverein Neutomischel, 6 Innungen mit ihren Fahnen, der hiesige Landwehrverein und zum Schluß die Unteroffiziere und Mannschaften des hiesigen Bezirks-Kommandos. Ein farbenprächtiges Bild boten die  verschiedenen Fahnen und Standarten. Auf dem Denkmalsp… langt wurden die Fahnen vor das Denkmal verbracht und ein Gesangchor trug das Lied an das Vaterland „Dir möchte’ ich diese Lieder weihn“ vor, worauf der Kommandeur des hiesigen Landwehrbezirks, Herr Major von Zawadzky etwa folgende Festrede hielt:

„Heute vor 25 Jahren zerschmetterten die Kanonen von Sedan einen Kaiserthron. Der Kampf, den uns Frankreich freventlich aufgezwungen hatte, wurde durch die Vernichtung der kaiserlichen Armee zwar noch nicht beendet, aber er glich von nun an nur noch den bald stärkeren bald schwächeren Zuckungen eines tödlich getroffenen Gegners, und der Tag von Sedan fand seinen glorreichen Abschluß im Tage von Versailles, als Kaiser Wilhelm der Große die mit unsterblichen Lorbeer geschmückte deutsche Kaiserkrone auf sein ehrwürdiges Haupt setzte. Großes hat Gott der Herr damals unserem Volke gegeben, mehr als unsre kühnsten Träume zu hoffen wagten, und so ziemt es dem deutschen Volke jetzt dankerfüllten Herzens die Erinnerungen einer großen Zeit festlich und froh zu begehen. Aber das, was wir errungen haben, war nicht ohne schwere Kämpfe, nicht ohne  schmerzliche Opfer zu gewinnen. Viel edles Blut musste fließen, ehe der Feind am Boden lag, ehe Deutschland unter der Führung unseres Hohenzollernhauses geeint war. Wie aus allen deutschen Gauen, so wurden auch aus unserem Kreise solche Opfer gefordert und ihrer erinnern wir uns heute mit besonderer Dankbarkeit. Seit einem Vierteljahrhundert schlummern sie fern von der Heimath, vielleicht bezeichnet Nichts mehr die Stätte, wo sie ihr Leben für König und Vaterland hingaben. Ihre Namen sind nicht wie die der großen Heerführer mit goldenen Lettern im Buch der Geschichte verzeichnet, aber sie stehen noch heute im Herzen ihrer Angehörigen und Freunde, sie seien auch von dieser Stelle aus genannt.

1866

M. Slocinski-Bukowiec, J.S. Scheffler-Chmilinko,
K. Kirsch-Glinau, A. Kurz-Glinau,
D. Heinrich , G. Höth-Neudomborowo,
K. Janelt-Rose, J.F. Reschke-Neustadt b.P.Schl.,
K. Kuß-Paprotsch, A. Just-Sontop,
W. Steinke-Sontop, A. Bürger-Witomischel,
M. Nawrocki-Wonsowo, J.H. Wolke-Wymyslanke,
F. Przybylak-Wonsowo, S. Nowak-Zembowo,
J. Przybylak-Wonsowo

1870 u 71.

W. Abraham-Albertoske, F. Gärtchen-Albertoske
W. Zinke-Albertoske, H. Seide-Alttomischel,
A. Redlich-Blake, T. Gräfe-Blake,
A. v Oppen-Brody, A. Arndt-Bukowiec,
J. Bannasz-Bukowiec, W. Janotte-Cichagora,
F. Behr-Chichagora- …,
…., G. Hirte-Glinau (?),
…., M. Schanzenbach-Glinau,
A. Henisz-Gronsko, J. G. Handke-Gr. Lipke,
M. Lukas-Grudno, V. Szarata-Grundno,
K. A. Roy-Kl. Lipke, A. Quast-Komorowo Hdl.,
M. Mai-Konkolewo, A. Müller-Kozielaske,
W. Heinrich-Krummwalde, J. Schuld-Krummwalde,
J.T.B. Behr-Kuschlin, J.A. Schlecht-Neudombr.,
G. Wilke-Neustadt b. P.,W. Zeidler-Neutomischel,
J. Bannasch-Scherlanke, W. Bielke-Scherlanke,
H. Fiege-Scherlanke, A. Abraham-Sontop,
G. Heinrich-Sontop W. Hoffmann-Sontop
J. Bannasz II –Sworzyce, J.W. Lengert-Sworzyce,
G. Sauer-Wengielno, A. Kierstan-Witomischel,
A. Rausch-Witomischel, V. Wojtkowiak-Wonsowo,
J. Derfert-Zembowo, H. Schilke-Zembowo,
M. Spiaczke-Zembowo, F. Janecki-Zgierzynka,

[1.912]

Goldstrasse - restauracja Gärtnera - dziś Mickiewicza

Diesen 63 gefallenen Kriegern des Kreise Neutomischel ist der Denkstein gewidmet, welchen wir heute enthüllen. Es ist kein prunkendes Kriegerdenkmal, es ist ein einfacher Denkstein, der nicht von ruhmreichen Thaten kündet, der aber doch mit lauter Stimme zu uns redet. Er erzählt uns von der V e r g a n g e n h e i t, von einfachen schlichten Soldaten, welche in treuer Pflichterfüllung und selbstloser Hingabe an den Dienst ihres Königs ihre Schuldigkeit thaten, getreu ihrem Eide bis zum letzten Athemzuge kämpften und im Brauten auf Gott ihr Leben aushauchten. Er spricht zu uns, die wir ihn jetzt täglich sehen werden, eine ernste Sprache. Fest wie der Grund, auf welchen dieser Stein steht, sollen wir auf dem Boden unerschütterlicher Königstreue und Vaterlandsliebe stehen, wie Granit sollen wir zusammenhalten, wenn es gilt, unsere heiligsten Güter: Religion,  Königsthum und Familie zu vertheidigen, brüderlich vereint wie jene Todten sollen wir allen Parteihader, alle Selbstsucht vergessen – Hand in Hand jeder Stand für’s Vaterland ! Wenn Menschen schweigen, werden die Steine reden und so soll dieser Denkstein auch in Z u k u n f t, wenn wir längst dahingegangen sein werden, noch die späteren Geschlechter mahnen Be- wahrt das Erbe Eurer Väter, welches sie mit ihrem Herzblut erkämpf haben ! Gebe Gott, dass er dann auf ein frommes, treues, einiges Volk herabschaut. So stehe dann dieser Stein als Denkmal des  G l a u b e n s  an G o t t , der  die  gefallenden  Krieger  zu sich  gerufen  hat,  als  Denkmal  der  L i e b e  zu  unserm  K ö n i g ,  dem  wir  von  neuem  Treue   geloben,  als  Denkmal der H o f f n u n g für’s V a t e r l a n d, welches stets von wahrhaften Männern wie Jenen geschützt sein möge. Vereinigen wir uns zu seiner Weihe in dem Rufe, der vor 25 Jahren manches brechende Soldatenauge noch einmal …….fleuchten machte Se Majestät ……

…..

nachdem die Musik die Nationalhymne intonierte, fiel unter Glockengeläute die Denkmalshülle, worauf die Menge den feierlichen Choral „Nun danket alle Gott“ anstimmte. Hierauf übergab Herr Landrath v. Daniels mit einer Ansprache das Denkmal an die Stadt resp. ihren Vertreter, Herrn Bürgermeister Witte, welcher sich der Uebernahme durch Worte des Dankes und pietätvollen Gelöbnisses entledigte. Der Landwehrverein, die Stadt Neutomischel und der Kriegerverein Friedenhorst legten prächtige Kränze mit Widmungen auf den Sockel des Denkmals nieder. Letzteres besteht aus einem schönen röthlich brau(n)en Obelisk aus schwedischem Granit, das auf der Nordseite die

Inschrift trägt:

Seinen in den ruhmreichen Kriegen von 1866
und 1870/71 gebliebenen Kameraden. Der
Landwehrverein Neutomischel.

[1.913]

Alter Markt mit Kriegsgefallenendenkmal

Auf den anderen 3 Seiten sind die Namen der 1866 und 1870/71 gefallenen Helden in Goldschrift eingraviert. Das Denkmal bildet einen besonderen Schmuck der Stadt. Nach Besichtigung des Denkmals formi(e)rten sich die Vereine zum Parademarsch, der in gut geordneter Reihenfolge stattfand, worauf sich der Zug nach dem Festplatze zum Schießhaus in Bewegung setzte. Dort angelangt, entwickelt sich alsbald ein kleines Volksfest, wobei sich Jung und Alt höchst amüsierte. Ein unzähliges Publikum hatte sich im Schützengarten eingefunden. Herr Pastor Illgner-Friedenhorst hielt dort noch eine Ansprache und toastete auf den Landwehrverein Neutomischel, worauf Kamerad, Herr Gerichtsvollzieher Manzke-Neutomischel dankte und ein Hoch auf den Redner resp. den Friedenhorster Verein ausbrachte. Punkt 8 Uhr erfolgte der Rückmarsch durch die imposant illumini(e)rte Stadt. Nachdem der Zug noch einmal um die Kirche und das Rathhaus ging, marschi(e)rten die Vereine in das Vereinslokal, woselbst Ball stattfand, der die Theilnehmer bis zur frühen Morgenstunde fröhlich beisammen hielt. Damit war das großartige Fest beendigt;wir wollen nicht unterlassen, Allen, die in irgendeiner Weise zum Gelingen desselben beigetragen haben, an dieser Stelle den gebührenden Dank auszusprechen. Möge die Liebe zu König und Vaterland nie erkalten und in  dieser Zeit der  Wirren und Parteikämpfe siegreich daraus hervorgehen.


[1.914]

Program uroczystości

P r o g r a m m

zu der am 1. September 1895 stattfindenden

Enthüllung des Kreiskriegerdenkmals

zu Neutomischel

_____________________

Nachm. 2 Uhr:

Antreten des Landwehr-Vereins im Vereinslokale bei Gärtner.
Abholen der geladenen auswärtigen Krieger-Vereine von dem Gastwirth Pflaum
bezw. Morzynski. Während dieser Zeit:
Versammlung der geladenen Gäste und der hiesigen Vereine im Vereinslokale.

„ 2 ¼ Uhr:

Begrüßung der Gäste und Vereine.

„ 2 ½ Uhr:

Antreten und Marsch zum Denkmalsfestplatz in folgender Reihenfolge:
Musik – Fahnensektion mit dem Vorstande und den Gästen des Landwehr-Vereins,
Krieger-Vereine: Chmielinko, Friedenhorst, Konkolewo, Kuschlin, Neustadt b. P.,
Tirschtiegel, Schützengilde Neutomischel, die Innungen, Landwehr-Verein Neuto-
mischel. Aufstellung auf dem Denkmalsfestplatz. (Knaben mit Tafeln bezeichnen
die Stelle, wo die betreffenden Vereine pp. Aufstellung zu nehmen haben.)
Gesang der Hymne unter Musikbegleitung: „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre.“
Festrede – Hoch auf Sr. Majestät den Kaiser und König, es fällt unter Glocken-
geläut die Denkmalshülle –
Gesang der National-Hymne:
„Heil Dir im Siegerkranz“ mit Musikbegleitung.
Uebergabe des Denkmals an die Vertreter der Stadt Neutomischel. –
Besichtigung des Denkmals durch die geladenen Gäste – inzwischen
Formation der Vereine zum Parademarsch –
Parademarsch der Vereine und
Abmarsch nach dem Festplatze – Schützenhaus –
Kameradschaftliches Zusammensein.
Concert.

„ 8 Uhr:

Rückmarsch nach dem Vereinslokale.

B A L L .

Goldmann K.E. Die letzten Wind- und Wassermühlen um Neutomischel – Teil 1

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Karl Eduard Goldmann)
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[1.915]

Die Kunstmühle zu Neutomischel

 

[1.916]

Anhand dieser Ansichtskarte kann man feststellen, wo eigentlich diese Kunstmühle stand

Hier finden Sie als Leser den berühmten Artikel von Karl Eduard Goldmann, der in den Büchern „Aus dem Posener Lande“ /10.1912 veröffentlicht wurde. Goldmann beschreibt die Kunstmühle, die heute nur noch auf alten Ansichtskarten. betrachtet werden kann. Die Mühle befand sich in der Piłsudskiego Str 40 (Bahnhof Str) [1.917]. Die Bezeichnung „Kunstmühle“ wurde ihr verliehen,weil sie ein einzigartiges Bauwerk unter den anderen Mühlen war. Durch den Erfindungsreichtum ihres Besitzers mahlten in ihr anstelle von Mühlensteinen Walzen aus Stahl das Korn.

Die Fotos stammen aus der Kreis- und Gemeinde-Bibliothek von Nowy Tomyśl.

* * *

[1.918]

ul. Piłsudskiego 40

[1.919]

ul. Piłsudskiego 40

[1.920]

ul. Piłsudskiego 40

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Vor einiger Zeit ist die in Stadt und Land und darüber hinaus bekannte Kunstmühle zum Abbruch gekommen; zum großen Leidwesen so manches Bewohners des Städtchen; denn ohne diese Kunstmühle kann man sich das Gesamtbild des freundlichen Ortes gar nicht mehr recht denken. Handelte es sich doch um eine Bauwerk eigener Art, welches als zweites Wahrzeichen neben dem ältesten und größten Bau der Stadt, dem 1790 errichteten Turm der evangelischen Kirche (Der erste Turm brannte 1789 ab), gelten dürfte. Zwar war es kein monumentales oder altes Gebäude mit geschichtlicher Vergangenheit, aber immerhin eine Denkmal deutschen Bürger- und Gewerbefleißes. Der auf schlankem Halse sitzende Mühlenkopf schaute seinem flink kreisenden Flügeln weit hinaus in die Gegend, schon von ferne die anmutige buschige Landschaft belebend.

Als die seltsame Mühle etwa in der Mitte des vorigen Jahrhunderts erbaut wurde – ein altes Bild (Abb. 1 nach Seite 448) zeigt ihre frühere Gestalt mit sechs Flügeln – , blickten die alten Bockwindmühlen, welche damals die Stadt umgaben, gar neidisch auf den neumodischen Konkurrenten. War doch dieser Neuling nicht nur in der äußeren Gestaltung schon ein eigenartiges Bauwerk, auch im Innern hatte der Erbauer es mit den neuesten Errungenschaften der Mühlentechnik jener Zeit ausgestattet, so dass sich die Bezeichnung „Kunstmühle“ im Volke ganz von selbst eingebürgert hatte.

In einer alten Beschreibung in der Probenummer der Neutomischeler Hopfenzeitung von 1877 heißt es:

„Wenn man vom Bahnhof Neutomischel nach der Stadt fährt, so sieht man auf der linken Seite nahe der Stadt ein Mühlwerk wunderlich erscheinend, wohl an 100 Fuß zum Himmel emporreichend. Dieses Mühlwerk ist die so genannte Kunstmühle. Die Mühle ist von dem jetzigen Besitzer, einem höchst intelligenten Manne, dem Mühlenmeister Herrn Gottlieb Pflaum im Jahre 1853 erbaut und im Jahre 1873 zum wirklichen Kunstwerk umgestaltet worden. Sie hat eine Front von 401 und eine Tiefe von 301. Die Mühle besteht aus einem 81 hohen Kellergeschoß und hat außerdem 3 Stockwerke. .. Im Kellergeschoß sind alle Vorrichtungen getroffen worden, eine Windstille durch Dampfkraft zu ersetzen. Es dürfte nur eine 12 Pferdekraft-Gasmaschinen (Gasmotor) aufgestellt werden, und man hinge vom Wind nicht mehr ab. In dem sogen. Parterre befindet sich das Betriebswerk, wie auch der sog. Mehlboden, welcher bei allen sonstigen Windmühlen nie im Erdgeschoß, sondern meist im zweiten Stockwerk angelegt ist. Das Betriebswerk wird in Bewegung gesetzt durch eine stehende Welle, die von der Flügel- oder Rutenwelle ausgeht. An dieser stehenden Welle ist ein Stirnrad angebracht, welches in zwei Gänge direkt eingreift und noch zwei andere Gänge durch Riemen treibt. .. In dem Dachbalken ist der Ständer, der die Hülle der Welle bildet, so befestigt, dass er die darauf befindliche Koppe leicht zu tragen vermag. In dieser Koppe geht eine gusseiserne Flügel-. oder Rutenwelle, welche am vorderen Ende mit einem 5flügligen Stern (dem sogen. Rutenkranz) endet, an dem die Betriebsflügel sind (Ergänzend möchte ich bemerken, dass mit der „Koppe“ der Erbauer das drehbare Dach einer holländischen Windmühle, die sogen. KEG) Haube, ersetzte.. An dem hinteren Ende der Koppe sieht man eine 6flüglige Windrose, sowie den Regulator, eine lange Stange mit einer Fahne versehen. Es wird durch diesen Regulator die Rute nach dem Winddruck reguliert und das Auf- und Abtüren der Windflügel vermieden. Dieser Regulator stellt bei der Veränderung der Richtung des Winde die Betriebsflügel in den Wind.“

Später verbesserte der Erbauer diese Einrichtung noch durch das über dem Dache des Hauptgebäudes wagerecht angebrachte Flügelpaar (siehe die neueren Abbildungen: Abb. 2 nach Seite 448 und Abb. Seite 457).

Durch das alle Nachbargebäude überragende obere Mühlwerk konnte die Mühle bis zuletzt ihren Standplatz behaupten, wohingegen den durch die Erweiterung der Stadt eingeengten Bockwindmühlen der Wind entzogen wurde und diese deshalb das Feld schon früher räumen mussten.

Einige Male hatte der Blitz in das obere Gebäude eingeschlagen, ohne besonders großen Schaden anzurichten. Eine in der Mühle angebrachte Inschrift lautete: „Erbaut im Jahre 1853. Bauherr u Baumeister G. Pflaum. Vom Blitz beschädigt am 19. Juni 1871 und 17. Aug 1873. Gott, durch Deine Güte diese Mühl’ behüte.“.

Das Bauwerk konnte in seiner Art sogar als Kuriosum gelten, und Personen, die viel in der Welt herumgekommen sind, haben verschiedentlich erklärt, eine derartige Mühle noch nicht gesehen zu haben. Fremde, welche sie zum ersten Male und in der Dämmerung, wenn das Getriebe ruhte, mit dem hochragenden, aber verhältnismäßig kleinen Rumpfe und den dünnen schlanken Flügeln von ferne zu sehen bekamen, vermeinten oft, eine riesenhafte Spinne zu erblicken.

[1.921]

Kunstmühle Pflaum

[1.922]

Kunstmühle Pflaum

[1.923]

Kunstmühle Pflaum

Der Erbauer, der schon als Hütejunge im kindlichen Zeitvertreib alle möglichen Mühlen gebastelt haben soll, ließ nicht nach, fortwährende Verbesserungen, vornehmlich an dem äußeren Werk, anzubringen. Aus Müllerkreisen, von mühlentechnischen Ausstellungen usw. sind ihm mancherlei Belobigungen zuteil geworden, und Fachzeitschriften hatten s. Z. wiederholt seine Neuerungen beschrieben. Pflaum hatte mittellos angefangen. Die Mühle war sein Stolz, er setzte dafür seine ganze Lebenskraft ein. Auch bis heute, nach seinem vor etwa 15 Jahren erfolgten Tode, hat sich der ihm nach dem Berliner Großindustriellen scherzweise zugelegte Beiname Borsig in der Stadt erhalten. Die Mühle wurde bis zuletzt von einem Enkel des Erbauers verwaltet und war kurz vor dem Abbruch noch in Betrieb. Es ist sehr bedauerlich, dass es nicht möglich war, das interessante Bauwerk zu erhalten. Die anmutige Landschaft ist leider wieder um ein eigenartiges Bild ärmer.

Wuttke, Heinrich – Städtebuch des Landes Posen – 1864

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Heinrich Wuttke)
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Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus dem Städtbuch des Landes Posen von Heinrich Wuttke – Codes Diplomaticus. Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. – gedruckt in Leipzig – auf Kosten des Verfassers – in Commission bei Hermann Fries – im Jahr 1864 – hier auf Seite 385 die Daten für Neutomischel

Es wurden die Zahlen der Einwohner der umliegenden Städte zu einem Vergleich hinzugefügt. Leider gab der Autor keine Quellen an, aus denen er seine Statistik anfertigte. Eine Vermutung geht dahin, dass Daten aus Volkszählungen und anderen statistschen Erhebungen genutzt wurden

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Buch-Quelle: Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa Städtebuch des Landes Posen [1.924] von Heinrich Wuttke 1864

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Neutomischel, p. Nowy Tomysl, die jüngste Stadt dieses Landes, erst zwischen 1780 und 1790 von seinem Grundherrn, einem Grafen Szoldrski [er war eigentlich kein Graf], mitten in Hauländern angelegt. Deutsche Lutheraner zogen an und der Graf wirkte für sie Stadtrecht und 8 Jahrmärkte aus. Wiewohl Katholik, unterstützte er die Gemeinde bei dem Bau einer Kirche, die einen Thurm bekam und der Mittelpunkt der Stadt ward. Aecker besassen die Bürger nicht; sie sahen sich also ganz auf Handwerke angewiesen. Juden wohnten hier nicht. Am Ausgange des vorigen Jahrhunderts [XVIII] bestand Neutomischel aus 60 Wohnhäusern, von denen ein einziges Ziegelbedachung hatte, 6 Mühlen und der Kirche. [zum Vergleich Bentschen 154 Häuser, kath. und evang. Kirche, Neustadt – 257 Häuser und  3 kath.  und 1 evang. Kirche] 430 Menschen bewohnten es. Eine Apotheke war am Ort. Gewerbtreibend waren 5 Kaufleute, 10 Schuster, 6 Müller, 5 Fleischer, 5 Bäcker, 5 Tuchmacher, 5 Schneider, 4 Töpfer, 3 Hufschmiede, 2 Tischler, 1 Goldschmied, Hutmacher, Kürschner, Gerber, Gürtler, Sattler, Färber, Maurer, Seiler, Böttcher, Barbier, Organist, Gastwirth. Einen Bierbrauer und Branntweinbrenner gab es nicht. Die Kämmereieinnahme betrug 279 Thaler. Die Stadt hielt einen Nachtwächter. Wollenweberei nahm zu, später kam auch Gerberei in Zug. Ringsum wird von deutschen Bauern Hopfenbau getrieben, den ein Jude in dieser Gegend einführte. Die Häuserzahl betrug 1837: 70, [Bentschen- 195]

Zum Vergleich :

Bentschen:

Neustadt:

Kraft Arno – Ein Kirchplatz für deutsche Siedler 2002

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Arno Kraft)
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Ein Kirchplatz für deutsche Siedler“ – der Artikel wurde im Original von Arno Kraft für das Jahrbuch der Landsmannschaft Weichsel-Warthe Ausgabe 2002 verfasst und publiziert.
Eine Veröffentlichung auf dieser Seite erfolgt mit freundlicher Genehmigung der LWW – Landesmannschaft Weichsel-Warthe und Arno Kraft.

* * *

Rund fünf Kilometer südlich von Neutomischel liegt der Ort Kirchplatz-Borui. Er entstand als ein rechteckiger Platz um die in den Jahren 1776/77 erbaute evangelische Kirche. Diese wurde auf Wunsch der evangelischen Bewohner der Hauländergemeinden, welche zu Anfang des 18. Jahrhunderts im Heidegebiet südöstlich von Bentschen entstanden waren, als Fachwerkbau errichtet und in der Gemeinde Alt-Borui am Schnittpunkt zweier Wege erbaut. Der eine Weg führte in Nord-Süd-Richtung von TomysI nach Hammer und bildete die Verbindung von Pinne über Neustadt nach Wollstein, und der zweite in Ost-West-Richtung führte von Opalenitza über Bukowiec nach Scharke und weiter über Kroschnitz nach Bentschen. Beide Wege waren aber keine Hauptverbindungswege.

[1.925]

Gesamtansicht von Kirchplatz Borui, 1910 – Blick nach Norden von Hunolds-Mühle

Die Streu-Siedlungen, für deren Bewohner das neue Gotteshaus gebaut wurde, waren wohl schon am Ende des 17 Jahrhunderts begonnen worden und führten erst später zur Bildung einzelner Gemeinden. Für all diese Gemeinden fehlen Daten über die Erteilung von Privilegien, die es von den meisten Gemeinden der Umgebung, die nach Holländerrecht entstanden, gibt. Das mag möglicherweise daran liegen, daß die Eigentumsverhältnisse zu Siedlungsbeginn öfter wechselten. Ursprünglich war dieses ganze Gebiet im Besitz des Kastellans von Bentschen. Es reichte im Mittelalter im Osten bis an den „Stillen Berg“ (in dessen Nähe später der Ziegenkrug stand) heran. Im Osten grenzte der Besitz der Zbaskis an den der Familie Opalinski und im Norden an den der Ostrorogs.

Die Grenze der Besitzungen dieser Großgrundbesitzer war meistens durch Grenzhügel markiert. Von Zeit zu Zeit wurden die Grenzmarkierungen erneuert und durch Bevollmächtigte der Besitzer auch in Dokumenten neu festgelegt. Da die Grenzregionen fast menschenleer waren, konnten die Heidereiter und Grenzwächter zu Fuß ihr Gebiet nur sehr schlecht kontrollieren, und es gab immer wieder Überschreitungen, bei denen Wild in fremdem Gebiet erlegt wurde, Heu gemäht und auch abtransportiert wurde und vor allem Holz geschlagen wurde. Viel Holz wurde zu damaliger Zeit für das Verhütten: von Raseneisenstein benötigt, das im Süden im sogenannten Bentschener Hammer und im Norden im sog. Tirschtiegler Hammer verarbeitet wurde.

Der Bentschener Hammer lag an der Dojca in Höhe des Weißen Sees, der später Hammersee genannt wurde. Das Hammerwerk wurde schon vor 1500 in Dokumenten erwähnt. Der Tirschtiegler Hammer lag viel weiter nördlich am Schwarzwasser und wurde später Kupferhammer genannt, da in ihm in neuerer Zeit Kupfer verarbeitet wurde. Die Hammerwerke wurden im Mittelalter alle von Deutschen betrieben und das deutsche Wort „Hammer“ wurde als Bezeichnung damals für diese auch in der polnischen Sprache verwendet. Erst in neuerer Zeit verwendeten die Polen das Wort „kuznica“, das von „kuznia“ = Schmiede abgeleitet war.

Das Gebiet, in welchem die deutschen protestantischen Siedler ihre Bauernhöfe nördlich des Bentschener Hammers errichteten, lag in einer feuchten Heide. Dieses urtümliche Gebiet, rund 7 bis 17 km östlich der Festung Bentschen, welche am Nordostufer des gleichnamigen großen Sees lag, war in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in seinem westlichen Teil schon einmal Zuflucht für Glaubensflüchtlinge geworden.Damals hatte Adam Zbaski die Hussiten unterstützt und nach dem Sieg der Truppen des Bischofs von Posen über ihn verbargen sich viele Hussiten in der Gegend nördlich des Dorfes Borui, welches 4 km westlich vom Hammersee liegt. Man sprach hier von den Zisker Siedlungen (nach Ziska, dem Heeresführer der Hussiten); später wurden diese Gemeinden Deutsch- und Polnisch-Böhmisch genannt.

Die deutschen Siedler, die viel später in diese große Heide kamen, waren ja auch Glaubensflüchtlinge, die aus dem katholischen Schlesien kamen, wo ihnen die Ausübung ihres Glaubens schwergemacht wurde und die darum nach Polen auswanderten, wo ihnen Duldung ihres Glaubens versprochen wurde.

Viele Rinnsale durchzogen die Landschaft, und Erlen, Weiden und Birken wuchsen auf feuchteren Stellen, und auf mehr trockneren konnte man auch vereinzelt Eichen finden. Auf den wenigen sandigen Stellen waren Kiefern und auch Fichten heimisch. In diesem menschenleeren Heidegebiet gab es viel Großwild, und sogar Bären waren hier recht lange zu Hause, wie die Ortsbezeichnung Grubske (von gruby = Dicker) für eine spätere Gemeinde bis jetzt bezeugt. Aber es gab in dieser Heidelandschaft auch größere Wiesen, denn es wird in alten Dokumenten berichtet, daß einmal 50 Wagenladungen Heu aus diesem Gebiet gestohlen wurden.

So waren die Großgrundbesitzer froh, daß es deutsche Bauern auf sich nahmen, hier zu siedeln und neben ihrer schweren Rode- und Entwässerungsarbeit auch gleichzeitig eine Art Wachdienst übernahmen.

Nachdem die erste und zweite Generation die Ansiedlungsstrapazen überwunden hatten, konnte die dritte an den Bau eines Gotteshauses denken. Eine Schule hatten die Siedler schon früher. Hier wurde auch ein „Schulbuch“ geführt, in das auch Geburten eingetragen wurden. Mir liegt eine Kopie von Geburtsbescheinigungen vor, in der die erste Geburt in einer Familie aus dem Jahre 1746 datiert. Zum Bau eines Gotteshauses war allerdings neben der Zustimmung des Grundherrn auch die Gesetzeslage des polnischen Staates Voraussetzung. Von den Nachbarn wurde Polen immer wieder zur Änderung seiner Politik gegenüber den „Dissidenten“ gedrängt. Bisher hatte ja die katholische Kirche in Religions- und auch Verwaltungsfragen das Sagen. Besonders im Osten des Staates beschwerten sich die vielen Orthodoxen über ihre Behandlung. Rußland hatte als Folge des Siebenjährigen Krieges durch Militärpräsenz stark an Einfluß gewonnen, und Zarin Katharina II, erhöhte den Druck und so behandelte der polnische Reichstag ab 1766 die Dissidentenfrage und als Ergebnis wurde in einem polnischrussischen Vertrag u.a. auch die Tolerierung der Dissidenten garantiert. Dieser Vertrag wurde am 5. März 1768 angenommen.Schon vorher, am 24. Februar, wurde das „Toleranztraktat“ von Rußland, Preußen, England. Schweden und Dänemark garantiert. Die Hoheitsrechte der katholischen Kirche waren nun aufgehoben, und adlige Dissidenten durften nun wieder staatliche Ämter bekleiden. In Lissa tagte daraufhin die Synode für das Posener Gebiet und gründete das Konsistorium, das sich ab 1. Januar 1776 mit der Neugründung von Protestantengemeinden befaßte. Die Gemeinden von Borui und Umgebung hatten schon beim Besitzer der Hammerschen Güter, dem ev.-reformierten Ludwig Mielecki, dazu einen Antrag gestellt und erhielten am 3. November 1775 die Erektionsurkunde für die neue Gemeinde Hammer-Borui, welche am 15. Januar 1776 vom Konsistorium Lissa genehmigt wurde. Nun konnte mit dem Kirchenbau begonnen werden. Der Grundherr schenkte der neuen Gemeinde Grund und Boden an der Kreuzung von den bereits zu Anfang erwähnten zwei Wegen. Außerdem erhielt die Kirchengemeinde von ihm Bauholz und 100 Dukaten für den Kirchenbau. Am 1. Juni 1777 konnte das Gotteshaus der Kirchengemeinde Hammer-Borui, wie sie zunächst hieß, durch den Pfarrer Nickisch aus Wollstein eingeweiht werden. Es war aus Fachwerk mit Schindeldach und mit Emporen im Inneren erbaut worden. Fachlich unterstützt wurde die neue Gemeinde bei ihrem Bau durch die Gemeinde Rakwitz (rd. 16 km südöstl. des neuen Kirchplatzes), die auch schon vorher die neue Gemeinde betreute. So hatte der Bau auch große Ähnlichkeit mit der neueren Kirche Rakwitz, die anstelle der ersten von 1662 auch als Fachwerkbau kurz vorher im Jahre 1763 neu erbaut wurde. Beide Kirchen hatten damals aber noch keinen Turm. In Rakwitz erfolgte der Turmanbau 1781 und in Borui erst mehr als 100 Jahre später. Der Kirchturm wurde 1900 hier in massiver Steinbauweise an das Fachwerkkirchenschiff angebaut, wie aus einer Markierung an einem Fundamentstein noch heute ersichtlich ist. Der Bau erfolgte mit Hilfe einer Spende des kinderlosen Brauereibesitzers Georg Haase aus Breslau, die erst 1898 genehmigt wurde und 9500 M betrug. Erster Pfarrer in der neuen Gemeinde war der 1750 in Neudamm geborene Johann Christoph Knispel, welcher in Frankfurt/Oder studiert und am 2. April 1776 seine Ordination erhalten hatte. Er konnte diese Gemeinde bis zu seinem Tode im Jahre 1824 betreuen.

[1.926]

evg. Kirche zu Kirchplatz Borui

1793 war die Gegend preußisch geworden, und nach den Siegen der preußischen Truppen am Rhein gegen die Franzosen sammelten auf seine Anregung hin zum Dank die Gemeinden des Bomster Kirchenkreises Spenden für verwundete Soldaten. Es kamen rund 79 Taler zusammen. Wenn nun auch unter protestantischer Oberhoheit, so gab es trotzdem für die deutschen evangelischen Bauern der Gegend noch keine gesicherten Verhältnisse. Der im Frühjahr 1794 unter militärischer Führung von Kosciuszko ausgebrochene polnische Aufstand hatte auch bis in das Posener Gebiet hinein seine Auswirkungen. Die unter Führung von Niemojewski und Sokolnicki gebildete Kommission für Großpolen hatte ihren Sitz in Kosten, das ja nur rund 35 km von den deutschen Hauländereien entfernt ist. Bewaffnete polnische Trupps zogen durch das Land und überfielen Postwagen und Kassen und verhafteten in den kleinen Orten preußische Beamte. Wegen der schwachen Militärpräsenz mußten sich die deutschen Bauern und Kleinstädter selber wehren, und Pastor Knispel stellte in seiner Gemeinde einen bewaffneten Selbstschutz auf und gab so ein Beispiel für andere Gemeinden. Er verfaßte auch einen Gegenaufruf als Antwort auf die in Umlauf befindliche polnische Schrift, die den Hauländern Befreiung von Abgaben an den Adel versprach, um sie so gegen Preußen aufzuhetzen. Seine deutsche Schrift verbreitete sich rasch und zeigte durch ihre klare und aufmunternde Sprache bald ihre Wirkung. Er selbst konnte kurz danach feststellen: „Der Erfolg entsprach meinen Wünschen.“ So konnte auch ein Vorstoß von Aufständischen nach Bentschen verhindert werden. Als wieder Ruhe hergestellt war, sammelte er erneut Spenden für die Opfer. Es kamen rund 36 Taler zusammen, eine recht stattliche Summe, wenn man bedenkt, daß bei den deutschen Siedlern Bargeld sehr knapp war.

Von 1790 bis 1817 war Pfarrer Knispel auch Superintendent des Bomster Kirchenkreises. Zur Kirchengemeinde Hammer-Borui gehörten die Hauländereien: Alt- und Neu-Borui, Alt- und Neu-Scharke, die Herrschaft Hammer mit Alexandrowo, Januszewo, Horst u. Sandvorwerk, das Dorf Borui sowie Cichagora (später Ziegenkrug genannt) sowie Bukowiec und Juliana. Die Kirche stand mitten auf dem langgestreckten Kirchenplatz, der erst 1900 erbaute massive Turm im Westen des rechteckigen Kirchenschiffs nur wenige Meter von der Nord-Süd-Wegedurchfahrt entfernt. In ihm befanden sich zwei Glocken. Diese Glocken hingen bis zum Turmbau in einem hohen Glockenstuhl aus starken Holzbalken. Beide waren bei Karl Kallife in Lissa gegossen. Die ältere und zunächst auch einzige trug die Jahreszahl 1714, befand sich wohl früher in einer anderen Kirche. Die neuere und später dazugekommene, aus der gleichen Gießerei in Lissa, trug die Zahl 1824 und war erst später in einem vergrößerten und stabileren Glockenstuhl eingebaut worden. Beide läuteten bis zum Ersten Weltkrieg und wurden, wie auch anderswo, vor Kriegsende für die Metallspende ausgebaut, und erst 1936 konnten neue Glocken aus Danzig feierlich eingeholt und neu eingebaut werden. Das Pfarrhaus und die Schule befanden sich am Nordrand des Kirchenplatzes und weiter drumherum, und an den vier Ausfallwegen errichteten Handwerker und andere Familien ihre Wohnhäuser mit Nebengebäuden. Es gab bald zwei Gasthäuser und zwei Windmühlen. Anstelle der von Hunolds entstand um 1900 sogar eine Dampfmühle, von dessen Dach die Gesamtaufnahme vom Ort in Nordrichtung gemacht wurde. So entwickelte sich mit der Zeit ein richtiger Kirchort. Und schon in der „Historisch, statistisch, topographischen Beschreibung von Südpreußen“ (Leipzig 1798) heißt es u.a.: „H.-B. hat eine lutherische Pfarrkirche mit einem Prediger; 23 Rauchfänge und 45 Familien mit 217 Menschen. Die ganze Gemeinde besteht aus deutschen Kolonisten, und wo die Kirche, das Prediger- und Schulhaus stehen, hat sich ein kleiner Flecken formiert.“

Die Herrschaft Hammer wurde später ein Dominium, und als Hauptmann Busse dessen Pächter war, wurde 1866 Theodor Postler vierter Pastor in H.-B.; nun war die Ortsbezeichnung Kirchplatz-Borui nicht nur im Sprachgebrauch, sondern auch amtlich üblich. Er blieb bis 1873 in diesem abgelegenen Ort und wurde danach Seminarlehrer in Halberstadt und später Seminardirektor in Bütow. Seine Ehefrau Elise betätigte sich als Schriftstellerin und gab unter dem Namen E. Linden später u.a. ein kleines Büchlein heraus mit dem Titel „Unter dem Weihnachtsstern“, das vom alltäglichen Leben der Kleinbauern dieser Gegend berichtete. Viele waren im Lauf der Zeit, vor allem durch den Anbau von Hopfen, der in dieser feuchten Gegend prächtig gedieh und wohl von den „Zisken“ eingeführt wurde, verhältnismäßig wohlhabend geworden. Leider liegt mir nur eine recht umfangreiche Buchbesprechung von Paul Beer (Aus dem Posener Land – 3. Jahrgang 1908) vor Sie schreibt von polnischen Wanderarbeitern, die zur Hopfenernte in die Gegend kamen und sie mit fremden Lauten und Trachten belebten; von dem alten Kantor und dem Schulbetrieb und schildert vor allem die verschneite Winterlandschaft und die weihnachtlichen Bräuche und besondere Kirchensitten. Das hier übliche Quempassingen wird besonders beschrieben, aber auch die nicht weiterlebenden heidnischen Sitten und der Aberglauben. Sie schrieb auch: Unsere arme Kirche hatte keinen Turm, nur vom hohen Glockenstuhl klang das Jauchzen und Jubeln der Weihnachtsglocken. Meilenweit waren sie (die Gläubigen) herbeigeeilt durch unwirtliche Wälder und schlecht gebahnte Wege.

Es war nicht immer leicht, die Pfarrerstelle in diesem Ort neu zu besetzen, manche Amtsinhaber versuchten alles, um bald wieder wegzukommen, und so gab es öfters in dieser recht großen Gemeinde, die bis auf rd. 3500 Seelen angewachsen war, Vakanzzeiten. Dabei gab es oft auch Streit um die Bezahlung für Vertretungen, der bei Pastor lligner aus Friedenhorst sogar zu einem Prozeß führte. So kam es auch, dass das 100jährige Gemeindejubiläum gar nicht gefeiert wurde.

Das alte Pfarrhaus war wegen seines schlechten Zustandes oft auch Hinderungsgrund für eine Neubesetzung, und um 1900 kam man nicht mehr um einen Neubau herum. Der alte Fachwerkbau wurde als nicht mehr reparaturfähig erklärt, und der Neubau sollte über 20 000 Mark kosten. Die Gemeinde sollte ein Drittel der Kosten tragen und über das fiskalische Patronat (Dominium Hammer) sollten die restlichen zwei Drittel abgedeckt werden. Im Ort gab es schon viele schöne Häuser, und die staatliche Schule hatte schon einen Neubau erhalten.

1909 mußte das Kirchendach erneuert werden; die Holzschindeln waren morsch. Zum Glück waren die Holzbalken der Dachkonstruktion noch nicht angegriffen und so stark, daß sie eine Ziegeleindeckung mit leichten schlesischen Dachsteinen tragen konnten. Schon ein Jahr davor mußte die alte Kantorschule neu eingedeckt werden. Wieder mußte die Gemeinde Schulden machen, obwohl der Fiskus als Patron die Hälfte der Kosten trug. Diese hohen Ausgaben trafen die Gemeinde in einer Zeit, da die Hopfenpreise wieder einmal stark gesunken waren, und der Hopfen war ja die Haupteinnahmequelle der meisten Bauern.

1919 wurde die Gegend polnisch, und 1920 wurde Otto Giersch mit der Führung der Gemeinde beauftragt, nachdem der bisherige Pastor August Goldmann nach Schlesien verzogen war. Er hatte bald viel Ärger mit der polnischen Verwaltung, da seine Kinder In Deutschland zur Schule gingen und Schwierigkeiten bei Ferienbesuchen in Polen hatten. Die Einreise wurde ihnen oft verwehrt, und es wurde behauptet, ihr Vater sei ein deutscher Spion und die Kinder überbringen Nachrichten. Pfarrer Giersch war deswegen sogar 2 1/2 Wochen in polnischer Haft. Der Starost in Wollstein hatte wörtlich gesagt: Ich will keine Spione reinlassen! So mußte Pfarrer Giersch nach zwei Amtsjahren seine Stelle aufgeben und nach Schlesien zu seinen Kindern ziehen. Die Gemeinde hatte jetzt noch 2850 Seelen. Zwei Jahre blieb seine Stelle unbesetzt, bis 1924 Johannes Leszczynski nach Borui kam. Am 1. Juni 1927 feierte die Gemeinde mit großem Aufgebot ihr 150jähriges Bestehen. Generalsuperintendent Blau kam aus Posen zur Feier und sogar der polnische Starost aus Wollstein. Vielleicht hatte man auf polnischer Seite eingesehen, daß man Pfarrer Giersch zu Unrecht beschuldigt hatte oder man wollte nur den neuen Pastor mit dem polnischen Namen hofieren.

Wenn man die Liste der in der Gemeinde tätig gewesenen Pastoren durchgeht, so waren eigentlich nur die ersten drei länger als zehn Jahre hier Seelsorger So findet man auch im „Bericht über die General-Kirchenvisitation in den Kirchenkreisen Wollstein-Neutomischel vom 30. Mai bis 22. Juni 1929″ die Bemerkung: Die immer noch 2200 Seelen zählende Gemeinde, die nur etwa 560 Seelen durch Abwanderung verloren hat, gehört zu den größten und kirchlich am festesten gefügten Gemeinden der Diözese. – Und wenig später – Leider ist die Pfarrstelle unbesetzt, da ihr bisheriger Inhaber sich nach Kosten gemeldet hatte.

Wenig später kam 1930 Alexander Bierschenk nach Kirchplatz und war bis zu seinem Tode 1940 Pastor dieser Gemeinde. Er ordnete die vorgefundenen Akten und verfaßte auch eine Gemeindechronik. Sein Sohn Theodor war ja viele Jahre lang führender Schriftleiter unseres Jahrbuchs und darum den Lesern wohlbekannt. Er hat viele Urlaubswochen mit seinen Eltern in dieser Gegend verbracht. Ein großes Ereignis zur Amtszeit von Pastor Bierschenk war die feierliche Einholung der neuen Glocken (eine wog 505 und die andere 519 kg) vom Bahnhof Neutomischel. Viele Gemeidemitglieder und auch mehrere, die nun in Deutschland wohnten, hatten sich durch Spenden an den Kosten beteiligt. Der letzte evangelische Pastor der Gemeinde Kirchplatz-Borui, Walther Threde, war nur kurze Zeit wirklich im Dienst für die Gemeinde, da er bald nach Übernahme seines Amtes zum Wehrdienst eingezogen wurde. Auch er ist den Lesern des Jahrbuchs durch seine Beiträge bekannt geworden. Seine Vertretung übernahm meist Pastor Schenk aus Friedenhorst.

Im Januar 1945 kam die Rote Armee in das Gemeindegebiet. Viele Bewohner waren kurz vorher nach Westen geflüchtet, aber auch viele waren geblieben und fühlten sich in diesem abgelegenen Gebiet sicher. Aber es gab bald auch hier viele unschuldige Opfer.

Polen übernahmen die Höfe und Wohnhäuser, und sehr viele polnische „Umsiedler“ aus den Ostgebieten Vorkriegspolens wurden hier auf ehemals deutschen Höfen angesiedelt und mit der Zeit heimisch. Sie benutzten das evangelische Gotteshaus für ihre katholischen Gottesdienste zuerst eigentlich illegal, denn erst 1948 wurde sie als „sw. Wojciech“-Kirche geweiht und als katholische Parochial-Kirche übernommen.

1955 bis 1957 wurde sie außen mit Ziegelsteinen ummauert und auch im Innern wurden hölzerne durch gemauerte Pfeiler ersetzt. Böse Zungen behaupten, die Umbauung hatte nur das Ziel, das Fachwerk (in Polen auch „pruski mur“ genannt) zu verdecken. Aber man wollte dadurch das außen witterungsanfällige Holz damit schützen; und der später angebaute Turm ist ja auch massiv gebaut, und so entstand dadurch ein einheitliches Bild der Kirche!

Kraft Arno – Die letzte Windmühle von Neutomischel 2001

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Arno Kraft)
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Die letzte Windmühle von Neutomischel“ – der Artikel wurde im Original von Arno Kraft für das Jahrbuch der Landsmannschaft Weichsel-Warthe Ausgabe 2001 verfasst und publiziert.
Eine Veröffentlichung auf dieser Seite erfolgt mit freundlicher Genehmigung der LWW – Landesmannschaft Weichsel-Warthe und Arno Kraft.

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Noch heute gibt es in Nowy Tomysl eine ulica Wiatrakowa = Windmühlenstraße. Die letzte Windmühle dieser 1786 entstandenen Stadt, die nördlich dieser Straße stand, wurde aber nach dem letzten Kriege abgerissen. So erinnert nur noch der Straßenname daran, daß auch diese jüngste Stadt Großpolens Windmühlen besaß. Schon ein Jahr nach Gründung der Stadt wurde die Müllerinnung gegründet, und es wurde ein „Stammbuch der Meister“ geführt. Sozusagen als Paten des „Gewercks der Müller in Neu Tomyschel“ fungierten die Ältesten und Beisitzer der „Königlichen Stadt Bomst“. Es heißt in den Zeilen 44 bis 46 des Neutomischler „Stamm-Buchs der Meister“: Anno 1787. den 10. Julij, ist das Löbliche Gewerck der Mühl Meister in Neu Tomischel, von denen Löblichen Meistern des Bomster Ehrbaren acht und recht nach löblichen Gebrauch ein geführet und bestetiget worden.“ – Es ist hier zu bemerken, daß das Buch nicht nur in deutscher Sprache, sondern auch in deutscher Schrift – gotische Buchstaben – geführt wurde. Die Rechtschreibung unterlag keinen Regeln, und so kommt es vor, daß gleiche Wörter oft schon in der nächsten Zeile anders geschrieben wurden als in der vorangegangenen. Eigennamen wurden allerdings oft in lateinischen Buchstaben oder hin und wieder unterschiedlich geschrieben.

„Ober Eltester“ der Bomster Meister war Johann Samuel Preubisch. der damals auch Erbbesitzer der „Babrowker Wasser Mühle“ an dem Schwarzwasser – ca. 7,5 km nordwestlich der Stadt – war Auch die anderen führenden Meister des Bomster Gewerks, das den Neutomischlern bei der Gründung behilflich war, werden genannt. – „Die Stiffter aber des löblichen Gewercks allhier in Neu Tomischel sind gewesen Mstr Johann Gottfried Reiche, Erbbesitzer der Mischker Wind und Wasser Mühle, welcher als Erster Ober Elster verordnet worden, Mstr Christian Markwart, Erbbesitzer zweyer Wind Mühlen in Sontop, welcher als Neben Elster verordnet worden, Mstr George Draber, Erbbesitzer zwey Wind Mühlen in Sontop, Beysitzer, Mstr Gottfried Kliem, Erbbesitzer der Ersten Wind Mühle hiesiger Stadt Neutomischel und Beisittzer, Mstr. Christian Giese, Erbbesitzer einer Wind Mühle in Alt Tomischel und verordneter Sprach Meister, Mstr Johan Samuel Preubisch, Erbbesitzer der Babrowka Wasser Mühle und damaliger Ober Elster in Bomst.“ Es wird auch hinzugefügt: „da bey ist auch zu Mercken, daß He Johann Heinrich Jose, als regierender Bürger Meister ebenfalls ein Grosser beförderer dieses löblichen Gewercks gewesen ist.“

Schon einen Tag nach der Gründung der Innung in Neutomischel wurde der erste Müller zum Meister ernannt. Es heißt in der Bucheintragung: „Anno 1787 den 11. Julij, ist Johann George Kruschel, von denen Herren Elsten und Beysitzern, vor offener Lade zu einem Meister auf und angenommen worden, und verspricht als ein treues Mitglied bey dem löblichen Gewerck Treu und Ehrlich zu halten, wozu wir ihm Glück und Seegen wünschen.“ So wurden bis zum Jahre 1861 immer wieder Gesellen zu Meistern ernannt und im Stammbuch der Meister eingetragen.

Leider fehlt bei den meisten Eintragungen die Nennung von Orten, so daß man nicht sagen kann, wo der neue Meister seine Mühle hatte; aber das stand wohl eben bei der Ernennung zum Meister noch nicht fest und ist deshalb erklärlich.
Die Neutomischler Müllerinnung löste sich wohl im Jahre 1861 auf, denn die letzte Eintragung erfolgte am 1. Juli 1861 mit der Aufnahme von Gottlieb Rausch in die Innung. Als Obermeister unterschrieb G. Rausch (wohl ein Verwandter des Aufgenommenen) und als Schreiber Heinrich Tepper. Die Müller traten danach der Bäckerinnung bei. Viele in der Stadt bedauerten diesen Schritt nur deshalb, weil nun die rauschenden Feste der Müller aufhörten; man nannte sie damals „Müller-Quartale“, denn auf ihnen ging es oft hoch her.

Die Windmühlen konnten jetzt der Konkurrenz durch die Dampfmühlen nicht mehr standhalten und verschwanden nach und nach von der Bildfläche. In Neutomischel nahm als erste Dampfmühle südlich vom Neuen Markt die von Maennel im Jahre 1849 ihren Betrieb auf. Alexander Maennel besaß vorher schon eine Windmühle in der Stadt. – Vor vier Jahren ist diese Mühle, die wohl die zweite Dampfmühle im Posener Land war, nun auch abgerissen worden. – Jetzt aber zurück zu den Windmühlen in Neutomischel und Umgebung: Wenn ich mich auf einen Aufsatz des Neutomischler Heimatforschers Karl Eduard Goldmann stütze (abgedruckt in „Aus dem Posener Land“, 7. Jg. 1912), so hatte nach seinen Angaben diese kleine Stadt zur Hochzeit der Windmühlen insgesamt 15 Windmühlen. Aber in benachbarten Holländer-Gemeinden gab es auch viele Mühlen: Glinau hatte 3, Paprotsch 6, Scherlanke 2, Zinskowo 2, Königsfelde 2, Alttomischel 2, Sontop 6 und Alt-u. Neu-Borui 8. Das sind also im Umkreis von rd. 7 bis 8 km nochmals 31 Windmühlen!

Die letzte Windmühle von Neutomischel war schon damals, als Goldmanns Aufsatz erschien, die letzte ihrer Art in der Stadt. Die zwei großen Dampfmühlen von Maennel und Schmidt konnten nun alles Getreide mahlen, das in der Umgebung geerntet wurde. Und auch in den meisten Nachbarstädten waren Dampfmühlen vorhanden. So war nach dem Ersten Weltkrieg die Mühle von Robert Reisch, die dieser von seinem Vater Gottlieb übernommen hatte, eigentlich schon ein Kuriosum, und wir Kinder sahen diese Mühle nur selten in Betrieb. Meistens nur im Herbst, wenn stärkerer Westwind blies und viele Bauern nicht gleich ihr Korn gemahlen bekamen, wichen sie auf die Windmühle aus. Manche fuhren aber auch immer zu Reisch, da sie dort etwas geringere Kosten fürs Mahlen zahlten, denn der Wind weht ja kostenlos. So lebte die Familie Reisch nun in erster Linie vom Handel mit Getreide und Mehl.

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 Reisches Windmühle

In der Friedhofsgasse, gleich hinter dem Neuen Markt, befand sich das neue Lager der Firma Reisch, und für uns Kinder in der Nachbarschaft war es ein großes Erlebnis, wenn man festgestellt hatte, daß trotz aller Vorsichtsmaßnahmen Ratten eingedrungen waren und daraufhin eine große Jagd veranstaltet wurde. Bei dieser zeichnete sich der schwarzgefleckte Terrier der Familie besonders durch Schnelligkeit und Jagdglück aus.

Die Windmühle am Westrand der Stadt stand auf einem kleinen Hügel, der wohl aufgeschüttet war und ca. einen Meter über Straßenhöhe lag. Wenn die Mühle nicht in Bewegung war, spielten wir mit Reisches Jungen Jagen und rannten um den Hügel und die Mühle herum; manchmal spielten wir auch Verstecken und das kreuzförmige, aus Ziegelsteinen gemauerte weitere ein Meter hohe Fundament, auf dem erst der Holzbock der alten Bockwindmühle stand, bot ein gutes Versteck, das man leicht verlassen konnte, wenn der Sucher in der Nähe war Wenn die Mühle in Betrieb war, hielten wir uns in respektvollem Abstand auf und der Müller brauchte uns gar nicht erst vor Gefahren warnen. Der Wind pfiff durch die Flügelöffnungen, und das Flügelholz knarrte und stöhnte unter der Wucht des Windes und rief in uns schon genug Ängste hervor, und wir blieben instinktmäßig von alleine in sicherer Entfernung zu diesem lauten Koloß. – So hatte die alte Mühle schon von sich aus für uns etwas Bedrohliches.

Auf ihrem Sattelbalken stand die Inschrift – MCG Anno 1791 -. wie bei Goldmann nachzulesen. Ich erinnere mich, daß Buchstaben und Zahlen in einen sehr dicken Balken eingeritzt waren, aber wir machten uns damals als Kinder keine Gedanken darum. Es war wohl das Jahr der Erbauung und der Name des ersten Besitzers. Nach der Jahreszahl wurde sie fünf Jahre nach der Stadtgründung erbaut und nach dem Meisterbuch hieß der Müller wohl Meister Christian Giese, der vorher eine Mühle in Alttomischel besaß und ihr erster Besitzer gewesen ist, Goldmann gibt als Vorbesitzer den Namen Tiesler an, der sie an Gottlieb Reisch verkauft hatte. Heinrich Tiesler war am 22. April 1851 in die Neutomischler Müllerinnung aufgenommen worden. Der erste Müller mit Familiennamen Reisch war am Johannis-Quartal 1821 aufgenommen worden. Er trug die Vornamen Johann George und stammte nicht aus der näheren Umgebung.

Unsere letzte Windmühle stand vorher weiter südlich und wurde von Gottlieb Reisch wohl nach Abnahme der Flügel auf Rollen auf den neuen Standort versetzt. Das erhöhte Steinfundament wurde wohl erst später untergesetzt, als man nicht genügend Wind bekam, weil nicht weit weg an der Windmühlenstraße einige kleine Häuser gebaut wurden. Auf dem alten Standort an der Neustädter Straße wurden bald schöne Häuser vom Baumeister Hasenfelder gebaut; es waren richtige Villen.

Nach dem Tode von Robert Reisch übernahm sein Sohn Gustav In den dreißiger Jahren die Mühle. Nach 1945 verschlug es ihn nach Hameln zu Verwandten in die Stadt des Rattenfängers und der Mühlen. Hier arbeitete er als Müller in einer sehr großen Mühle bis zum Eintritt ins Rentenalter.

In Nowy TomysI hatte man wohl nach dem Kriege keinen neuen Windmüller, der die Mühle weiter betreiben konnte. Sie stand mehrere Jahre still und man beschloß, sie abzureißen, denn sie wurde auch nicht mehr gebraucht. Einen Teil des Holzes und auch die Steine des Fundamentes konnte man gut für Wohnbauten verwenden, denn in der Stadt wurden neue Wohnungen gebraucht nach dem Zuzug von Polen aus den jetzt russischen Teilgebieten. Baumaterial war knapp zu dieser Zeit; vorhandenes neues Material ging auch aus dieser Gegend nach Warschau zum Aufbau der zerstörten Hauptstadt Polens.

Auch die beiden Windmühlen in Alttomischel, die nicht in einem guten Zustand waren, ereilte das gleiche Schicksal.

Nur noch eine stark zerzauste Mühlenruine steht an der Chaussee nach Kirchplatz-Borui. Man möchte sie wohl gern als Erinnerung an alte Zeiten behalten und als Industriedenkmal wieder instand setzen oder wiederaufbauen. Aber es fehlt das Geld dafür. – So bleiben uns nur alte Bilder und uns Alten romantische Erinnerungen.

Kurzgefasste Chronik der Stadt Neutomischel 1888

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Theodore Stroedicke)
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Kurzgefasste Chronik der Stadt Neutomischel – Ein Gedenkblatt zur Jubiläumsfeier des Hundertjährigen Bestehens der Stadt“ zusammengestellt von Th.[eodore] Stroedicke Vorsteher der gehobenen Knabenschule. Neutomischel 1888. So lautet der volle Titel eines kleinen Büchleins welches wie schon der Titel sagt, zum 100-jährigen Bestehens der Stadt erschienen ist.

Die Chronik ist vollständig aus deutscher Sicht geschrieben;  polnische und Bewohner anderer Staatsangehörigkeiten der Stadt werden nicht erwähnt. 1885 hatte Neutomischel 1503 Bewohner – diese teilten sich in: 1097 Evangelische – hier kann man annehmen, dass sie ausnahmslos Deutsche waren, 223 Katholiken – schätzungsweise waren von diesen 200 Polen, und 183 Juden. Der Author nimmt als Gründungsjahr der Stadt das Privileg von Felix Szołdrski,  anstatt die 2 Jahre früher von dem polnischen König Stanislaw August Poniastowski erteilte Genehmigung zur Stadtgründung.

Die Abbildungen stammen aus dieser Chronik. Die digitale Version dieser Schrift ist unter Großpolnische Digitale Bibliothek [1.467] zu finden.

Nachfolgend der dem Buch entnommene Text:

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Stadtansicht [1.929]

Stadtansicht

Die Stadt Neutomischel, im Kreise Neutomischel des Posener Regierungsbezirkes der Provinz Posen gelegen, zählt ungefähr 1500 Einwohner. Der Ursprung der Stadt ist zurückzufuhren auf den Besitzer der Herrschaft Tomysl, den Starostensohn von Leczyc, Erbherrn der Herrschaft Tomysl und Erbherrn auf Czempin, Felix auf Szoldry-Szoldrski, der im Jahre 1755 die Herrschaft Tomysl übernommen hatte. Schon ein halbes Jahrhundert früher, etwa um das Jahr 1692, war die Hauländergemeinde Zinskowo auf dem Grund und Boden des Starosten von Gnesen, von Unruh, entstanden, und bald danach auch um das Stadtgebiet der heutigen Stadt Neutomischel herum die Hauländergemeinden Paprotsch, Glinau, Dorf Sontop, die Hauländergemeinde Scherlanke, Kozielaske und Neurose. Das Bewohnercontingent bildeten junge deutsche evangelische Einwanderer, welche durch die Rekrutenwerbungen im Brandenburgischen zur Auswanderung veranlasst worden waren. Der polnische Grundherr, dem die Einwanderer willkommen waren, wies ihnen in der Gegend des heutigen Neutomischel ein ungefähr eine Quadratmeile grosses Stück Land, welches damals aus Urwald und Sumpf bestand, zur Urbarmachung an. Da sie zu diesem Behufe die Wälder ausroden oder „aushauen“ mussten, so werden ihre Nachkommen noch heute ,,Hauländer“ und ihre Gemeinden „Hauländergemeinden“ genannt. Zu diesen Einwanderern kamen wahrscheinlich auch Leute aus Böhmen hinzu, mit dem Polen in früherer Zeit ja mehrfach in Berührung kam: dafür spricht einmal die Aehnlichkeit in der Hopfenculturmethode, sodann aber deuten besonders die Namen einzelner Ortschaften darauf hin, wie „Polnisch-deutsch-böhmisch“, ,,Zisker-Hauland“ u. a. m.

Die ehemalige evangelische Kirche [1.930]

Die ehemalige evangelische Kirche

Bald machte sich bei den Einwanderern das Bedürfniss geltend, gottesdienstliche Zusammenkünfte zu halten. Da die Schulen zu Zinskowo, Paprotsch, Glinau und Scherlanke mit ihren „Lectores“ auch nicht mehr ausreichten, so wurde schliesslich der Wunsch rege, ein eigenes Kirchspiel zu errichten; denn der Gottesdienst für die Gemeinden musste jetzt in Wollstein, Rackwitz und Klastawa abgehalten werden. Auch für dieses Bedürfniss sorgte der polnische Grundherr in der humansten Weise, indem er den Hauländergemeinden gestattete, sich einen eigenen Prediger zu wählen, der am 2. Februar 1778 eingeführt wurde. Es war dies der Rektor Johann Christian Bräuning aus Tirschtiegel, welcher den Gottesdienst noch in der Schule zu Zinskowo abhielt. Da dies den Gemeinden jedoch für die Dauer nicht genügen konnte, so wandten sie sich abermals an den Erbherrn von Szoldrski, mit der Bitte, sich ein gemeinschaftliches Gotteshaus bauen zu dürfen. Nach Einholung der behördlichen Genehmigung gab der Erbherr diese Erlaubniss und verlieh den Gemeinden am 13. August 1778 das Kirchenprivilegium; ferner schenkte er ihnen auf Glinauer Territorium eine halbe Hufe Land zum Bauplatz der Kirche und als Dotation für die Kirchenbeamten, und verpflichtete sich, das Baumaterial herzugeben. Am 13. Februar 1779 gab das evangelische Consistorium von Gross-Polen die Genehmigung zum evangelischen Kirchenbau. Am 7. Mai desselben Jahres [1779] wurde bereits der Grundstein der Kirche gelegt und dieselbe noch im selben Jahre [Anm. es war tatsächlich im Folgejahr 1780] am einundzwanzigsten Sonntage nach Trinitatis eingeweiht. Da anfangs noch kein Thurm vorhanden war, so suchte der Erbherr in Warschau die Erlaubniss nach, einen Thurm zu bauen und auf dem Kirchplatze eine Stadt zu gründen. Durch den Bestätigungsbrief des Königs Stanislaus August von Polen vom 8. April 1786 wurde das Gesuch, eine Stadt zu gründen, genehmigt und freigegeben, „eine Stadt mit Gräben, Dämmen, Gewässern, Verteidigungswerken nach seinem Belieben zu umgeben und zu versehen, Bürger, Kaufleute und jeder Art Handwerker einzuführen, heranzuziehen, unterzubringen, Waaren jeder Art dorthin zu verfahren und zu verkaufen, welches also errichtete Städtchen für immerwährende Zeiten NeuTomysl heissen soll.“

In demselben Bestätigungsbriefe wird zugleich der Stadt das „teutonische Recht, welches das Magdeburgische heisst, nebst allen anderen Freiheiten und Vorzügen, deren die Kronstädte sich bedienen, allergnädigst verliehen, mit Aufhebung der polnischen und lithauischen Gesetze, welche dies teutonische, Magdeburger genannte, Recht antasten und verwirren könnten.“ Die Stadt soll lediglich dem Erbherrn angehören und von ihm abhängen. Zum Vortheil des Städtchens wird gestattet, Wochenmärkte an jedem Montag in der Woche, und jährlich 6 Jahrmärkte abzuhalten. – Damit endlich Bürger, Kaufleute und Handwerker gern nach der neuen Stadt übersiedeln, werden alle diejenigen, die sich daselbst niederlassen, von der Jurisdiction der Tribunal, Land und Grodgerichte in den zwischen ihnen selbst vorkommenden Processen über Grundstücke oder Vermögensrechte befreit und lediglich dem städtischen Gerichte und durch Appellation der Gerichtsbarkeit des Grundherrn übergeben.

Dies sind ungefähr die Hauptpunkte des Königlichen Bestätigungsbriefes.

Das ehemalige Rathaus [1.931]

Das ehemalige Rathaus

Der Erbherr liess nun selbst die ersten Gebäude aufführen und verkaufte sie an ankommende Fremdlinge: als solche sind besonders zu nennen das jetzige Unger’sche und das Schäfer’sche Grundstück, beide am alten Markte, von denen jedoch das erste von seiner ursprünglichen Gestalt nichts mehr aufzuweisen hat, da an seine Stelle vor nicht allzu langer Zeit ein imposanter Neubau getreten ist. – Eines der ältesten Häuser ist ferner das am neuen Ringe gelegene Haus des Herrn Eduard Goldmann, wo in einem Zimmer an einem Deckbalken ein Name nebst Jahreszahl 177? eingeschnitten und vor Kurzem erst unter der Tünche entdeckt worden ist.

Ferner bot er Baustellen aus und bestimmte dabei die regelmässige Anlage der Strassen und liess es sich angelegen sein, durch ein der Stadt geschenktes Privilegium den Einwanderern soviel wie möglich Schutz zu gewähren und sie zu vollberechtigten Bürgern seiner Stadt zu machen. Dasselbe datirt vom 18. Februar des Jahres 1788. Im Hinblick darauf kann denn auch nur dieser Tag des Jahres 1888, aber nicht, wie Einige wollen, mit Bezug auf die am 8. April des Jahres 1786 vom König von Polen dem Erbherrn von Szoldrski ertheilte Erlaubniss, eine Stadt zu gründen, der 8. April des Jahres 1886, als der Gedenktag des hundertjährigen Bestehens der Stadt gelten.

Genanntes Privilegium befindet sich in der Uebersetzung des George Wilhelm Behr, Orzeszkowo, vom 26. Januar des Jahres 1801 im Besitze der Stadt und mag seiner Wichtigkeit halber auch an dieser Stelle wörtlich Platz finden. Es lautet folgendermassen:
„Im Namen des Herrn, Amen!“


[1.932]

 

Der Text des Privilegs von Felix Szoldrski vom 18. Februar 1788 [1.933]

 

 


Felix Szoldrski Dziedzic Miasta Nowego Tomisla,“
„Felix Szoldrski, Erbherr der Stadt Neu Tomysl.“

Auf diese Weise entstand die heutige, wenn auch noch kleine Stadt Neutomischel, deren freundliche Lage und regelmässiges Aussehen jedem Besucher angenehm ins Auge fällt.

Was nun den Hopfenbau Neutomischels betrifft, durch den die Stadt sich bereits einen auch im Auslande geachteten Namen erworben hat, so steht fest, dass derselbe zuerst in dem südwestlich von Neutomischel gelegenen Cisker Haulande von den dort zur Hussitenzeit sesshaft gewordenen Böhmen betrieben worden ist: allmählich hat er sich erst auf die Neutomischeler Umgegend verbreitet, und zwar in dem Masse, wie die Urwälder durch die Hauländer mehr und mehr in Ackerland verwandelt wurden. So kam es, dass nach und nach der Hopfenbau und Hopfenhandel um Neutomischel sich zu entwickeln begann. Von besonderem Einfluss war hierbei das Jahr 1815, wo manche Leute aus der Neutomischeler Gegend anlässlich des Krieges andere Länder kennen gelernt und erfahren hatten, wie anderswo Hopfen gesucht und theuer bezahlt wurde; hierzu kam noch, dass auch auswärtige Händler sich für diesen „neuen Posenschen Hopfen“ interessirten. In der Handelswelt jedoch hatte der Neutomischler Hopfen bis zum Jahre 1837 noch keinen guten Ruf, weil der auswärtige Händler nur sein Interesse im Auge hatte: er kaufte ohne grosse Concurrenz den Neutomischeler Hopfen billig, liess ihn gut reinigen und verkaufte ihn mit Zusatz von baierschen oder böhmischen Hopfen als solchen.

Das ehemalige "Städtische Krankenhaus Neutomischel" [1.044]

Das ehemalige „Städtische Krankenhaus Neutomischel“

Der Mann nun, der diese betrügerischen Manipulationen aufdeckte und den Neutomischler Hopfen auf den Weltmarkt brachte, sowie die vorzügliche Beschaffenheit desselben nachwies, war der im Jahre 1837 aus Posen nach Neutomischel gekommene Kaufmann Joseph Jacob Flatau, Er schonte weder Mühe noch Geldopfer, um die falschen Vorurtheile der Hauländer im Althergebrachten des Hopfenbaues zu beseitigen: durch Einführung von Hopfenfechsern aus dem Auslande hat er eine bessere und erträglichere Cultivirung der Pflanze ermöglicht, sodass, während bis 1837 jährlich ungefähr nur 500 Centner Hopfen gebaut wurden, zu Anfang der sechziger Jahre etwa 15000 – 20000 Centner bereits producirt wurden, eine Zahl, die gegenwärtig in Folge der noch intensiveren Cultur um ein Bedeutendes überstiegen wird. Durch Flatau’s Bemühung figurirte nun auf allen Industrieausstellungen, sowie auch auf der Pariser Weltausstellung der Neutomischler Hopfen, und erntete die ehrenvollsten Anerkennungen allerlei Art. In Anbetracht dieser Verdienste machte die Stadt Flatau laut Diplom vom 1. Mai 1858 zu ihrem Ehrenbürger; in gleicher Weise wurde sein Wirken auch staatlicherseits anerkannt durch seine Ernennung zum Commissionsrath am 22. Juni 1867. Er starb in Berlin am 28. Februar 1887, nachdem er die ihm auf verschiedenen Ausstellungen für Neutomischeler Hopfen verliehenen Anerkennungsmedaillen und Ehrenpreise, sowie einen grossen Theil von Schriften und Büchern, die sich auf den Hopfenbau beziehen, der Stadt testamentarisch vermacht hatte.

In ehrenvoller Weise mag hier ferner die Wirksamkeit des Herrn Professors Dr. Peters aus Posen, welcher, um unseren Hopfen namentlich den Brauereien gegenüber zur Geltung zu bringen, in Neutomische! wiederholt Hopfen-Ausstellungen veranstaltet hat, und des hiesigen Herrn Landrath Klapp, welcher zur Hebung der Hopfenkultur und des Hopfenhandels einen Hopfenbau-Verein gegründet und eine Hopfenhalle erbaut hat, Erwähnung finden.

Von besonderer Bedeutung für Neutomischel war das Jahr 1848: in diesem Jahre wurde nämlich der Sitz des Landrathsamtes nebst der Kreiskasse von Buk nach Neutomischel verlegt, die Folge davon, dass Bürger der Stadt Buk in diesem unruhvollen Jahre es gewagt hatten, preussisches in Buk damals einquartirtes Militär in der Nacht plötzlich zu überfallen und feindlich auf dasselbe einzudringen.

Bei dieser Gelegenheit mag auch der Schützengilde der Stadt Neutomischel gedacht werden, welche jedenfalls zu den ältesten Corporationen der Stadt zählt: wenigstens befindet sich im Besitz der Gilde die Uebersetzung eines ihr unterm 9. Juli 1789 vom Grafen von Szoldrski verliehenen Privilegiums, dessen Original jedoch leider nicht mehr zu ermitteln ist. Im Jahre 1848 war es nun die Schützengilde, welche im Verein mit den übrigen Mitbürgern angesichts der immer bedrohlicher werdenden Unruhen militärisch organisirt dem Staate ihre Dienste entgegenbrachte und so ihre Treue und Ergebenheit König und Vaterland gegenüber rühmlichst an den Tag legte. Durch Einrichtung von Wachen und Patrouillen suchte sie die öffentliche Sicherheit aufrecht zu erhalten, ja, sie rückte sogar aus, um der durch die Unruhen stark bedrängten Stadt Grätz zu Hilfe zu kommen.

Das Gebäude der Post [1.934]

Das Gebäude der Post

Was die Entwickelung der postalischen Verhältnisse in Neutomischel betrifft, so bietet sich da manches Interessante dar: drum mögen die wichtigsten Daten hierüber an dieser Stelle ebenfalls Erwähnung finden: Vor dem Jahre 1840 hatte die Stadt überhaupt keine besondere Postverwaltung, vielmehr wurde der Brief und Gepäckverkehr von Tirschtiegel, Grätz, Bentschen und Neustadt aus durch besondere Boten vermittelt, bis die Stadt am 1. April 1840 eine eigene Postverwaltung und zwar unter der Leitung des Apothekenbesitzers Herrn Weiss, erhielt. Von jetzt ab ging viermal wöchentlich eine Botenpost nach Grätz, die seit dem I. Januar 1841 durch eine viermal wöchentlich ebenda cursirende Fahrpost ersetzt wurde. Nachdem bereits im Mai 1870 die neue Märkisch-Posener Eisenbahn, die auch Neutomischel als Station bekam, dem Verkehr übergeben worden war, wurde am 1. Januar 1881 das Postamt, das bisher ein solches III. Klasse gewesen war, anlässlich des sich von Jahr zu Jahr steigernden Verkehrs, in ein Postamt II. Klasse umgewandelt. Dasselbe verblieb in den bisher innegehabten, dem Brauereibesitzer Herrn H. Pflaum gehörigen Räumen nur noch bis zum 1. Oct. 1884, und siedelte nunmehr in das dem Kaufmann Herrn N[athanael] Maennel gehörige, lediglich für Postzwecke gebaute, architektonisch schöne bekannte Haus an der Bahnhofstrasse über.

Dass beispielsweise der Depeschenverkehr auf hiesigem Postamte in den letzten Jahren nicht unbedeutend gewesen ist, kann man daraus ersehen, dass z. B. in dem Jahre 1882 allein über 8500 Depeschen aufgegeben und angekommen sind.

Erwähnenswerth dürfte auch sein, dass im Jahre 1877 seitens der Stadt eine neue Thurmuhr angeschafft wurde, deren Preis 815 Mark betrug.

Eine noch grössere Ausgabe verursachte der Stadt das folgende Jahr 1878: für den Preis von 1935 Mark wurde der städtische Friedhof um ein Bedeutendes vergrössert und mit einer neuen Umfriedigung versehen.

Epoche machend war jedoch das Jahr 1879: die Stadt liess in diesem Jahre für den Kostenpreis von 58 540 Mark auf dem neuen Markte ein Rathhaus aufführen, das einmal durch seine freie Lage, sowie besonders durch seine gefällige Form jedem Beschauer imponirt, und dem man mit Recht die Bezeichnung eines Monumentalbaues zukommen lassen kann. In demselben befinden sich die bisher miethweise beschafften Localitäten des Magistrats, sowie die des in demselben Jahre in Neutomischel eingerichteten zwei Richtern unterstellten Königlichen Amtsgerichts, während bis dahin in unserem Städtchen, und zwar vom damaligen Kreisgericht zu Grätz aus, nur Gerichtstage abgehalten worden waren.

In einem Theile des Erdgeschosses sind ausserdem auch die Mannschaften des Königlichen Bezirkskommandos, welches am 1. Januar 1868 hierorts neu eingerichtet worden war, untergebracht.

Zur Verschönerung der Stadt und zur Herstellung einer bequemeren Communikation hat besonders auch die Zeit vom Jahre 1880 bis 1882 beigetragen, in der verschiedene Pflasterarbeiten für ungefähr 1000 Mark fertiggestellt wurden. Dazu kam ferner noch, dass am 13. Juni 1881 sich ein Verschönerungsverein bildete, der es sich zunächst angelegen sein lässt, bequeme, aus Granitplatten bestehende Bürgersteige herzustellen, sodann aber auch für Anpflanzung von guten Bäumen und Sträuchern Sorge tragen wird. Durch seine Wirksamkeit ist bereits der grösste Theil der Häuser mit Trottoirplatten versehen; der betreffende Hausbesitzer hat, wofern er Mitglied des Vereins ist, nur die Hälfte des Kostenpreises zu tragen, während die andere Hälfte die Vereinskasse bestreitet.

Aber auch in anderer Beziehung war das Jahr 1879 ein denkwürdiges: dies Jahr war so überaus reich an Bränden, von denen die meisten, wie sich später herausgestellt hat, angelegt waren. Fast keine Woche verging, wo die Bewohner nicht durch Feuerlärm in ihrer nächtlichen Ruhe gestört wurden. Die Lage wurde schliesslich so kritisch, dass man, um entweder dem Brandstifter auf die Spur zu kommen, oder doch wenigstens bei einem etwaigen Brande schnell Hilfe leisten zu können, Nachtwachen bildete und Patrouillen abschickte, wozu sich Leute sowohl aus den Bürgern, wie aus dem Beamtenstande gern bereit erklärten, und wobei trotz der ernsten Lage manche ergötzliche Scene vorgekommen sein soll.

Jedenfalls sind infolge dieser Brände viele neue und in grossartigerem Massstabe aufgeführte Häuser in der Stadt entstanden.

Am 1. October 1881 entstand in Neutomischel eine höhere Töchterschule, an der ausser der Vorsteherin noch 2 geprüfte Lehrerinnen den Unterricht ertheilen, während bis dahin durch eine geprüfte Lehrerin (Fräul. Landmann) nur ein kleinerer Privatzirkel für Unterricht in den Lehrfächern höherer Töchterschulen eingerichtet worden war. Die Schule hat das Ziel, ihre Zöglinge bis zur 1. Klasse der höheren Töchterschulen vorzubereiten, was dieselbe auch, so lange sie besteht, im vollsten Masse und zur höchsten Befriedigung der Interessenten erreicht hat.

Ferner wurde einem längst fühlbaren Bedürfnisse abgeholfen, als am 1. Juli 1882 auch eine höhere Knabenschule entstand, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, in drei aufeinander folgenden Klassen, die Schüler bis zur Tertia einer höheren Lehranstalt vorzubereiten: auch diese Anstalt kann bereits auf namhafte Erfolge zurückblicken; hier unterrichtet ausser dem akademisch gebildeten Leiter der Anstalt noch ein Elementarlehrer.

Beide Schulen werden unterhalten durch die den betreffenden Vereinen angehörenden Mitglieder, wobei jedoch die Stadt in anerkennenswerther Weise bei etwa vorkommendem Deficit eintritt.

Im Jahre 1883 wurde für den Preis von 11 100 Mark das bequem und zweckdienlich eingerichtete Kranken- und Gefangenhaus erbaut, nachdem das städtische Grundstück, welches bis dahin diesen Zwecken gedient hatte, in Privatbesitz übergegangen war. Das neue Haus dient zur Hälfte als Krankenhaus und enthält im Parterreraume 4 und oben 2 schön und genau nach sanitären Gesichtspunkten eingerichtete Krankenzimmer, sowie die Wohnung des Wärters; die andere Hälfte enthält 3 auf einen Corridor ausmündende Gefängnisszellen, von denen eine zu gleicher Zeit auch als Militärarrestlocal dient.

Auch ist im vorigen Jahre bereits ein Fonds angesammelt worden, der es ermöglichen soll, in Neutomischel eine Diakonissinnenstation für 2 Diakonissinnen einzurichten: die Verhandlungen sind bereits im Gange, sodass wahrscheinlich noch in diesem Jahre diese Angelegenheit sich realisirt haben wird.

Bis zum Jahre 1882 hatte die Stadt noch die Verpflichtung, der Herrschaft Alttomische! die Hälfte des Jahrmarktstandgeldes zu zahlen: dieselbe wurde in diesem Jahre abgelöst durch eine einmalige Zahlung von 4500 Mark an Herrn von Poncet, den jetzigen Besitzer. Gegenwärtig hat die Stadt die Einziehung dieses Standgeldes für jährlich 1295 Mark verpachtet.

Zur Verschönerung der Stadt hat ferner nicht unwesentlich beigetragen, dass während der Jahre 1886 und 1887 der neue Marktplatz neu gepflastert und der alte Marktplatz vollständig umgepflastert wurde: hierzu war eine Summe von 25 000 Mark nöthig, deren Zinsen annähernd gedeckt werden durch das im vorigen Jahre eingerichtete Wochenmarktstandgeld: die jährliche Pachtsumme dafür beträgt augenblicklich 700 Mark. Wenn schon der Stadt in den letzten Jahren recht erhebliche Geldausgaben erwuchsen, so ist die Finanzlage der selben trotzdem keine ungünstige: zur näheren Erläuterung möge folgende Uebersicht dienen:

Die gesammten Communal Schulden betragen 80 000 Mark, die, beiläufig gesagt, in nunmehr 28 Jahren durch Amortisation gedeckt sein werden. Die Stadt hat dafür jährlich 4920 Mark an Zinsen aufzubringen, hat aber eine Einnahme von 4400 Mark, wozu das Gericht allein 2000 Mark für Miethe beisteuert, so dass die Kämmereikasse jährlich noch ungefähr 500 Mark aufzubringen hat.

Zu den Vermögensobjecten der Stadt gehört noch die „Kutznerstiftung“, ein Capital von 24 000 Mark, dessen Zinsen zur Deckung der Armenlasten zu verwenden sind.

Nach Massgabe der Bestimmungen der neuen Gewerbeordnung sind im vorigen Jahre auch die 7 Innungen der Stadt mit neuen Statuten versehen worden, es sind dies folgende:

  1. die Fleischer,
  2. die Schneider, Kürschner und Mützenmacher,
  3. die Bäcker und Conditoren,
  4. die Tischler, Böttcher, Stellmacher, Drechsler und Glaser,
  5. die Schuhmacher und Pantoffelmacher,
  6. die Schmiede, Schlosser, Büchsenmacher, Nagel- und Kupferschmiede, Klempner, Töpfer, Maler, Sattler, Uhrmacher und Buchbinder.
  7. die Müller

Als eine Schöpfung der letzten Jahre ist ferner zu erwähnen die freiwillige Feuerwehr, ein Verein, der von Liebe zur Sache und von höchstem Pflichtgefühl beseelt, ausserdem ausgerüstet mit allen auf dem Gebiete des Feuerlöschwesens nothwendigen Geräthschaften unter der tüchtigen Leitung seines bewährten Brandwarts schon bei so manchem Brande thätig war und durch sein Eingreifen sich namhafte Verdienste erworben hat.

In diesem Jahre 1888 wird die Einwohnerzahl der Stadt sich auch um ungefähr 3 – 400 Seelen erhöhen, da die Incommunalisirung eines Theiles der „Hintergasse“ und der sogenannten „Buttermilchgasse“, der bis dahin zu Glinau gehört hat, jedenfalls binnen Kurzem zur Ausführung kommen wird.

Zum Schlusse mögen noch die Namen derjenigen Männer hier Platz finden, unter deren Leitung die Stadt von ihren Anfängen an bis auf ihren heutigen zu den besten Hoffnungen berechtigenden Standpunkt gelangt ist.

Da es trotz der eifrigsten Nachforschungen nicht möglich war, Actenstücke aufzufinden, aus denen die Amtsdauer der ersten Bürgermeister (Consulen) ganz genau hätte ermittelt werden können, so sei bemerkt, dass die Richtigkeit der Jahreszahlen etwa bis zum Jahre 1811 hiermit nicht als unbedingt, sondern nur als annähernd richtig betrachtet werden kann.

Die Namen der Bürgermeister sind folgende :

  1. Johann Martin Längner (-1790)?,
  2. Johann Heinrich Jose (-1792)?,
  3. Georg Friedrich Hartmann (1811 – 1832),
  4. Roestel i. V. (1832 – 1833),
  5. Kant (1833 – 1837),
  6. v. Unruh (1837 – 1843),
  7. Katerla (1843 – 18. August 1851),
  8. Fischer (18. August 1851 – 28. September 1866),
  9. Thiemann (28. September 1866 – 24. Juli 1875),
  10. Roll i. V. (1. Juli 1874 – 30. April 1877),
  11. Witte, Carl, (vom 30. April 1877).

Endlich mag hier noch kurz angedeutet werden, dass, nachdem in Folge des Gesetzes vom 6. Juni 1887 der bisherige Kreis Buk, zu welchem die Stadt Neutomischel bisher gehörte, in die zwei Kreise Neutomischel und Grätz getheilt worden, die Stadt Neutomischel vom 1. Oktober 1887 ab Kreisstadt geworden ist.

Das Privileg von Felix Szoldrski 18. Februar 1788

geschrieben von Gudrun Tabbert
(Felix Szołdrski)
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Der Text des Privilegs der Stadt Neu Tomischel datiert vom 18 Februar 1788. In dem Büchlein „Kurzgefasste Chronik der Stadt Neutomischel – ein Gedenkblatt zur Jubliläumsfeier des Hundertjährigen Bestehens der Stadt zusammengestellt von Th. (Theodore) Stroedicke – Vorsteher der gehobenen Knabenschule, findet sich bezüglich des Privilegs der Stadt Nowy Tomischel folgender Hinweis: „Genanntes Privilegium befindet sich in der Uebersetzung des George Wilhelm Behr, Orzeczkowo, vom 26. Januar 1801 im Besitze der Stadt und mag seiner Wichtigkeit halber auch an dieser Stelle wörtlich Platz finden.“ Es wurde nicht näher darauf eingegangen, aus welcher Sprache es denn übersetzt wurde bzw. in welcher Sprache das Original abgefasst worden.

Die digitale Version dieser Veröffentlichung der Chronik der Stadt Neutomischel findet sich in der Großpolnische Digitale Bibliothek. [1.467]

Hier nun der Text:

Im Namen des Herrn, Amen!

Ich Felix V. Szoldr. Szoldrski, Starost zu Leczyc, von Tschempin und den Gütern Tomischel, Erbherr etc., thue kund und zu wissen, wem es zu wissen von nöthen sein wird. Dass, da meine Erbliche Güther in der Wojewodschaft Posen begnadigt worden mit einem Privilegium Sr. Königlichen Majestät von Pohlen im Jahre 1786 den 8. des Monats April und ihnen der Namen gegeben, und beigelegt Neu Tomischel und die Einwohner desselben zugelassen zu allen Praerogativen, Rechten und Freyheiten Bürgerlichen Standes! ich Kraft meiner Erblichen Praerogative, dieses neue Städtchen zu erhalten und in allen benöthigten Angelegenheiten so viel wie möglich alle Protection zu geben verspreche ich von meiner Seite, wozu auch meine Nachkommen durch gegenwärtige Unterschrift verpflichte, dass sie dieses Städtchen bey diesem Rechte der Freyheit und Praerogativen auf immer erhalten sollen.

Die freie Uebung der Evangelischen Religion erlaube ihnen, wie in andern deutschen Städten, ohne Hinderniss des Katholischen Gottesdienstes. Mein angebohrnes Adeliches Wappen, erlaube zu gebrauchen, dass ist ein Schiff, oben mit der Ueberschrift Neu-Tomischel, welches Siegel bei dem Burgermeister allezeit verbleiben muss, um damit alle Passporte, Atteste, Extracte und Resignationes besiegelt werden. Die Einführungen der Zechen in dieser Stadt will ich nicht nur nicht verwehren, sondern vielmehr dazu behülflieh sein. Und so wie ich schon die Privilegia zu den Müller-, Schuhmacher- und Schneider Zünfte gegeben habe, welche in denen Gewerks-Laden, aufs fleissigste durch die Oberältesten (Zunft-Meister) verwahret werden, und die Punkte dazu aus denen nahesten Städten ausgenommen, und schon in diesem Städtchen eingeführt sind, so empfehle zugleich, dass auch andere Künstler und Professionisten dazu aufgemuntert werden und wie Brüder dazu annehmen und Zünften aufrichten möchten, als nehmlich, Schmiede, Schlosser, Tischler, Rademacher, Zimmer-Meister, Fleischhauer, Tuchmacher, Züchner, Seiler, Bäcker, und andere Künstler und Professionisten, welche sich hier in diesem Städtchen und in meinen dabei anstossenden Güthern befin- den. [seil – empfehle ich]Dass die Schützen-Brüderschaft ebenfalls laut Punctem aus einer der nächsten Städte einricht anlegen, und will ich selbige durch ein Privilegium bestätigen, und derselben behülflich sein.

Auf jeden Tag des neuen Jahres verspreche ich einen von denen 4, von der Bürgerschaft erwählten Candidaten einen als Burgermeister zu confirmiren, welcher sich 6 Rathsherren erwählen soll, und mit ihnen alle Sachen, Rechte und Angelegenheiten auf die beste Weise abmachen. Dasselbige soll auch vom Richter verstanden werden. Und diese der Burgermeister und der Richter nebst 12 Scabinis (Beysitzern) sollen in Zukunft den Magistrat der Stadt Neu Tomischel ausmachen, und sich einen Stadtschreiber erwählen, welcher damit er ein ordentliches eingebundenes Protocoll zu Transactiones halte, so soll der Burgermeister die Aufsicht darauf haben. Die Extracte aus dem Protoclle, dass sie unter dem Stadt-Siegel ausgegeben werden, und die Zahlung davor geleistet werde. Das andere Protocoll zu Decreten in Sachen (Processen) welche durch den Burgermeister oder Richter abgemacht worden sind. Um das Sächsische Magdeburgische Rechtsbuch soll sich der jetzige Burgermeister je eher je besser bemühen, es ankaufen und aufs Rathhaus legen, und nach diesem wird derselbe alle Rechtssachen abmachen, und in allen sich nach dem Willen und Ausdrücken des gnädigst von Seiner Königlichen Majestät in Pohlen erlaubten Privilegii verhalten. Und dieweil ein Rathhaus höchst nöthig ist, so wird die Aufbauung desselben aufs schleunigste empfohlen. Die dazu nöthige Ziegel und Holz, verspreche ich dazu zu schenken (Alle diejenigen welche sich neu aufbauen werden, werden auf drey Jahre, von allen Abgaben (ausgenommen Kamin-Geld) befreiet sein. Ferner, Aecker und Gärthe habe ich vertheilet, von welchen Aeckern, von jeden Morgen, wie viel einer halten wird, soll er schuldig sein, 2 Gulden und 12 Groschen polnisch, von einen jeden Garten aber, welcher in der Länge 13 Ruthen und in der Breite 3 Ruthen hält, sollen sie alljährlich schuldig sein auf jedes Fest des heil. Martin zu zahlen 15 Groschen polnisch. Plätze aber zu Erbauung der Häuser, in dem neuen Städtchen, verspreche ihnen auszutheilen, nach der besonderer Verabredung mit ihnen, mit welchen erwähnten Grundstücken nebst den Gebäuden einen jeden freistehen soll, nach seinem Willen zu schalten und zu walten, selbige zu geben zu verschenken zu verkaufen und zu vertauschen, und selbst mit Vorwissen der Herrschaft weg zu ziehen, wohin es jeden beliebt. –

Desgleichen ertheile ich dem Städtchen einen Gottes-Acker, denen deutschen Leuten zum Begräbniss. Und damit sich die Leute ehrlich sässhaftig machen.mögen, so soll es nicht erlaubt sein, jemanden in die Stadt, wie auch in die Zünfte anzunehmen, auch nicht solche, welche ihr Handwerk nicht rechtschaffenerweise erlernt haben, ihre Geburtsbriefenm ihre Herkunft und ehrlichen Aufführung, und weil es in denen deutschen Städten gebräuchlich ist, dass die Fleischhauer und Bäcker, Bänke haben, so erlaube bei den ersten Anfange, denen Fleisch- hauern, fünfe, denen Bäckern aber zu Vieren welche Fleischhauer nach Ausgang dreyen Jahren zu einen halben Stein Unschlit, ein jeder an den Herrn abzugeben schuldig sein werden. Die Bäcker werden frey haben, nach Erkaufung einer Bank, Brod zu backen. Fleisch zu verkaufen wird Niemanden frey stehen, ausser den Jahrmärkten und Wochenmärkte, sondern nur denen Fleischhauern. Eingeführtes Brod wie auch Schuhmacher Arbeit, soll ebenfalls nicht geduldet werden. Auf denen von Seiner königlichen Majestät erlaubten Jahrmärkten und Wochenmärkten, soll das Markt Recht laut Gebrauche benachbarter Städte eingenommen werden. wovon die eine Hälfte für den Herrn sein, die andere Hälfte zum Gebrauche der Stadt angewendet werden soll, wie auch die Königliche Waage soll auch eingeführt werden, von welcher der Nuzzen dem Rathhause zufallen soll.

Und dieweil Häuser, Plätze, Aecker, Gärthe, Wiesen ihnen zu verkaufen erlaubt ist, so soll von jeder Resignation von jeden Reichsthaler, Ein guter Groschen an das Rathhaus erlegt werden. Wind Mühlen, wer im Stande ist auf zu bauen, soll ihnen frey stehen, mit solcher Schuldigkeit so wie andern Müllern.

Dieses Gerechtsame und Privilegium Sr. Königlichen Majestät erlaube ich in der Canzelley zu Posen zu oblatiren. Das Original aber doch zu sich zu nehmen, und sorgfältig auf dem Rathhause zu verwahren, welches Recht und Privilegium, dass es in nichts auf immer gestöhrt werden wird, dazu verpflichte ich mich und meine Nachkommen. Weiches ich zur mehrern bessern Glaubwürdigkeit mit Bedrückung meines Adelichen Pettschafts eigenhändig unterschreibe. So geschehen in Tomischel den l8. Februar im Jahr Ein Tausend Sieben Hundert und Acht und Achtzig.

Felix Szoldrski Dziedzic Miasta Nowego Tomisla.
Felix Szoldrski, Erbherr der Stadt Neu Tomysl.