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Schöffengerichtssitzungen Mai – Juli 1903

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes - Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte - Bild: EA [1]

Relief über dem Eingang des ehemaligen Amtsgerichtes – Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit; die Waage für die sorgfältige Abwägung der Sachlage, die Augenbinde für die Unparteilichkeit fehlt, das Richtschwert für die Durchsetzung mit der nötigen Härte – Bild: EA

Nachstehend sind die Verhandlungspunkte und Urteile der Schöffengerichtssitzungen vom Mai bis Juli 1903 wiedergegeben.

Entnommen wurde die Berichterstattung dem Neutomischler Kreisblatt des Jahres 1903.

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Schöffengericht vom 13. Mai 1903Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Die unverehelichte Arbeiterin A. Michaelayczak aus Bukowiec, war angeklagt, den Vogt Weymann eben daher grob beleidigt zu haben. Die Angeklagte wurde freigesprochen.
  2. Der Schmiedegeselle Paul Redlich aus Belencin, früher in Zinskowo, war beschuldigt, dem Knecht Otto Walde aus Zinskowo im Februar 1903 einen Anzug aus dem Stalle weggenommen zu haben. Der Angeklagte wurde freigesprochen.
  3. Der Arbeiter Nitschke aus Glinau war angeklagt, sich trotz mehrmaliger Aufforderung des Kgl. Distriktsamts zu Neutomischel keine Wohnstätte verschafft zu haben. Auch in diesem Falle wurde auf Freisprechnung erkannt.
  4. Gegen den Handelsmann Pedusa war ein Strafbefehl in Höhe von 20 Mk. erlassen, weil er in Sontop Thee (also eine Arznei) verkauft hatte, zu welchem Handel er keine polizeiliche Erlaubniß besaß. Nach verhandelter Sache wurde er zu Mk. 3 Geldstrafe evtl. 1 Tag Haft verurteilt.

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Schöffengerichtssitzung vom 27. Mai 1903. Vorsitzender: Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski; Amtsanwalt: Herr Bürgermeister WitteVerhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Gegen den Arbeiter Bernhard aus Glinau. Derselbe hat am 22. Februar 1903 den Schützenhauswirt Schmidt aus Paprotsch körperlich gemißhandelt. Er erhielt eine Gefängnisstrafe von 1 Monat.
  2. Das Dienstmädchen Anna Winter aus Kunik, welches seine Stelle oftmals wechselte, ist des Diebstahls angeklagt, aber zum Termin nicht erschienen. Die Sache wurde vertagt.
  3. Der Gastwirt Otto Fenske aus Glashütte war angeklagt, in seinem Lokale am 22. Febr. d. J. Glücksspiel geduldet zu haben. Deshalb wurde er zu einer Geldstrafe von 3 Mk. verurteilt.
  4. Der Ausgedinger Stephan Kaczmarek aus Bolewitz war angeklagt, den Ortsschulzen am 24. März d. Jr. öffentlich beleidigt zu haben. Das Urteil lautete auf 15 M. Geldstrafe. Ferner wurde dem Beleidigten die Befugnis zur Veröffentlichung des Urteilstenor im Neutomischler Kreisbl. zugesprochen.
  5. Der Eigentümer Friedrich Sperling aus Wengielno hatte am 26. Febr. d. J. dem Eigentümerssohn Hartwig eine Körperverletzung zugefügt. Es wurde auf eine Geldstrafe von 10 Mk. erkannt.
  6. Der Ausgedinger Michael Pienta aus Bukowiec war angeklagt, die Ausgedingerin Katharina Drczemala ebenda öffentlich beleidigt und mit Begehung eines Verbrechens bedroht zu haben. Die Sache wurde behufs Vernehmung weiterer Zeugen vertagt.
  7. Die Privatklage Kaleske gegen Seifert wurde durch Vergleich erledigt.

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Schöffengerichtssitzung vom 10. Juni 1903. Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat v. Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte. Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Der 16 jähr. angeklagte Spychalski von hier (Neutomischel) hatte das Dienstmädchen Schulz zum Diebstahl verleitet und die entwendeten Sachen an sich gebracht. Mit Rücksicht auf die Jugend des Angeklagten wurde auf einen Verweis erkannt. Der Straftantrag gegen das ungetreue Dienstmädchen war von dem Kläger zurückgenommen worden.
  2. Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit fand die Verhandlung gegen die angeklagten Schafer und Bartkowiak statt. Beide Angeklagte wurden freigesprochen.
  3. Das Dienstmädchen Franziska Flack, jetzt in Halle in Stellung und zum Termin nicht anwesend, wurde wegen Diebstahls zu einer Woche Gefängnis verurteilt.
  4. Die angeklagte Ratan aus Wonsowo und der mitangeklagte Stellmachermeister Donner ebendaher hatten sich wegen körperlicher Mißhandlung zu verantworten. Das Urteil lautete gegen Erstere auf 5 Mark Geldstrafe, gegen Letzteren auf 30 Mark Geldstrafe, da derselbe wegen desselben Vergehens schon vorbetraft war.
  5. und 6. wurden zusammen verhandelt, da sie ein und dieselbe Angelegenheit betrafen. Es waren nämlich Strafanträge gegen das 18jährige Dienstmädchen Bertha Schulz wegen Verlassens des Dienstes und Widerspenstigkeit gestellt. In Anbetracht der Jugend der Angeklagten erachtete der Gerichtshof eine Geldstrafe von 6 Mark als ausreichende Strafe.

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Schöffengerichtssitzung vom 24. Juni 1903. Vorsitzender Herr Amtsgerichtsrat von Grabski, Amtsanwalt Herr Bürgermeister Witte. Als Schöffen fungierten die Herrn Gebauer aus Scherlanke und Saegner aus Sempolno. – Verhandelt wurden folgende Fälle:

  1. Die Dienstmagd Anna Winter, früher in Kunik, jetzt in Breslau, war des Diebstahls in drei Fällen angeklagt. Sie wurde mit einer Woche Gefängnis und 2 Tagen Haft bestraft.
  2. Der Ausgedinger Pienta war nicht erschienen, weshalb seine Vorführung zur nächsten Verhandlung beschlossen wurde.
  3. Der Ausgedinger Michael Pienta aus Bukowiec wurde wegen Bedrohung mit Todschlags und wegen Beleidigung der Ausgedingerin Drczemala mit 3 Tagen Gefängnis und mit 10 Mk. Geldstrafe eventuell 2 Tagen Haft bestraft.
  4. Der Eigentümer Karl Kluge aus Altborui wurde, weil er die Grenze seines Flurnachbars Muster durch Abpflügen verringert hatte, zu 5 Mk. Strafe verurteilt.
  5. Der Dienstknecht Reinhold Stach hatte seinen Dienst bei dem Eigentümer Wilhelm Kurz in Paprotsch ohne Grund verlassen und war dieserhalb in eine Polizeistrafe von 6 Mk. genommen worden. Er hatte gerichtliche Entscheidung beantrag, zog aber heute seinen Einspruch zurück.
  6. In der Privatklagesache der Wwe. Nowak gegen die Mader’schen Eheleute aus Glinau wegen Beleidung und Mißhandlung der Kinder wurde die Klägerin kostenpflichtig abgewiesen

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Die am 8. Juli 1903 hierselbst stattgefundene Schöffengerichtssitzung wurde unter dem Vorsitze des Herrn Amtsgerichtsrat von Grabski abgehalten. Als Amtsanwalt fungierte Herr Bürgermeister Witte, Schöffen waren die Herren: Eigentümer Heinrich aus Sontop und Eigentümer Steinke aus Bukowiec. – Es wurden folgende Sachen verhandelt:

  1. Der Häuslersohn Franz Prczybila aus Wonsowo wurde wegen Diebstahls mit einem Verweise bestraft.
  2. Der Ortsarme und Konzipient Wilhelm Kutzner aus Konkolewo wurde wegen Betruges mit 2 Monaten Gefängnis bestraft.
  3. Die Gebrüder: 1. der Zimmermann Gustav Kahl aus Scherlanke, 2. der Schuhmacherlehrling Carl Kahl aus Neutomischel wurden, weil sie den Fleischergesellen Otto Zink am 3. Mai körperlich mißhandelt hatten, ersterer mit 10 Mk. letzterer mit 5 Mk. bestraft.
  4. In der Privatklagesache des Eigentümers Seide II und Eigentümers Lange wurde der Angeklagte wegen Beleidigung mit 5 Mk. bestraft.
    (Zwei Sachen wurden vertagt.)

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Schöffengerichtssitzung vom 22. Juli 1903. Vorsitzender Herr Amtsrichter Dr. Brasak, Amtsanwalt Herr Distriktskommissar Roll, Schöffen waren die Herren Eigentümer Reschke aus Scherlanke und Eigentümer Sperling aus Neuborui. – Es wurden folgende Sachen verhandelt:

  1. Der Knecht Briese aus Cichagora wurde wegen körperlicher Mißhandlung, begangen am 3. Mai d. J. , an dem Knecht Stenschke, mit 10 Mark bestraft.
  2. Die zweite Verhandlung gegen den Eigentümer Siegesmund mußte vertagt werden.
  3. Die Witwe Pawlik aus Bolewitz wurde wegen Forstdiebstahls im 3. Rückfalle zu 2 Mark Geldstrafe und 1 Tag Haft, sowie zu dem Wertersatz des gestohlenen Holzes im Betrage von 20 Pfg. verurteilt.
  4. Die Arbeiterin Antonia Kasprowicz aus Bolewitz wurde, da sie am 3. März trockenes Kiefernholz aus dem Königl. Forste entwendet hatte, mit 2 Mk., 1 Tag Haft und 20 Pfg. Wertersatz bestraft.
  5. Die vorgenannte Angeklagte Antonia Kasprowicz hatte sich wegen eines zweiten Forstdiebstahls zu verantworten und erhielt hierfür die gleiche Strafe.
  6. Das Dienstmädchen Bertha Wald von hier (Neutomischel) wurde wegen Unterschlagung eines Portemonnaies mit Inhalt unter Zubilligung mildernder Umstände zu der niedrigsten Strafe von 5 Mk. verurteilt.
  7. Der Bäckermeister Wiatr aus Wonsowo war angeklagt, sein noch schulpflichtige Dienstmädchen nicht zur Schule geschickt zu haben. Nach verhandelter Sache wurde er freigesprochen.
  8. In der Privatklagesache des Arbeiter Piewiebzsal gegen den Monteur Raue wegen körperlicher Mißhandlung wurde das Verfahren auf Kosten des Angeklagten eingestellt und ein Vergleich der Parteien erzielt.
  9. Die Privatklagesache des Schmiedemeisters Reinhold Rex aus Zinskowo gegen den Eigentümer Redlich aus Sontop wegen Beleidigung durch eine Postkarte wurde dadurch erledigt, daß der Kläger seine Klage zurücknahm, während der Angeklagte die entstandenen Kosten zu tragen hat.
  10. Die Privatklagesache der Dienstmagd Engler aus Glinau gegen den Einwohner Raschke ebendaselbst wegen körperlicher Mißhandlung wurde unter Ausschluß der Oeffentlichkeit verhandelt, da sich aber die Vernehmung weiterer Zeugen notwendig machte, mußte die Verhandlung auf den nächsten Termin vertagt werden.
  11. Ebenso wurde die Privatklagesache der Eigentümerfrauen Knop und Kossol wegen gegenseiter Beleidigung vertagt. Es sollen in dieser Sache noch weitere Zeugen vorgeladen werden.

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Quelle: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel 1903 / Ausgaben Mai – Juli