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Theophil Thorzewski – Bürgermeister der Stadt Opalenitza in den Jahren 1883 – 1910

Dem Bürgermeister Theophil Thorzewski geb. 22. Aug 1852, gest. 15. Mai 1910 - Gedenkstein auf dem Friedhof von Opalenica - Eigenaufn. 2013 PM [1]

Dem Bürgermeister Theophil Thorzewski geb. 22. Aug 1852, gest. 15. Mai 1910 – Gedenkstein auf dem Friedhof von Opalenica – Eigenaufn. 2013 PM

Theophil Thorzewski wurde am 31.03.1883 erstmals in das Amt des Bürgermeisters der Stadt Opalenitza für eine Amtszeit von zwölf Jahren gewählt.  Er verstarb im Jahr 1910 nachdem er für eine dritte Amtsperiode gewählt worden war.

Bei Amtsantritt war er ein junger Mann von ca. 30 Jahren. Gemäß der Inschrift auf seinem Gedenkstein wurde er am 22. August 1852 geboren. Weder fanden sich hinsichtlich dieses Datums in alten noch erhaltenen Unterlagen, noch bezüglich seines Geburtsortes nähere Einzelheiten.

Der Name seines Vaters, Martin Thorzewski, war den Akten zu entnehmen. Theophil Thorzewski als sein Sohn unterstützte ihn jährlich mit 300 Mark, und er war es auch der für seinen Vater im Jahr 1902 einen Antrag auf  Kriegsveteranen-Rente stellte. Der Senior war zu jener Zeit 77 Jahre alt und wurde als Schuhmacher zu Gudzin benannt. Die beantragte Rente sollte eine Ehrengabe im Sinne eines ergangenen Ministerialerlasses , für 5 Jahre Militär Dienstzeit, 1846 in Holstein, 1848 im Posenschen und 1850 in Kurhessen sein.

Die Unterschrift Theophil Thorzewskis findet sich vor seiner Wahl zum Bürgermeister vereinzelt auf Unterlagen des Landrat- und Standesamtes von Neutomischel. Hier war er als Bürogehilfe und vereidigter Translateur beschäftigt gewesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte er vermutlich auch im Jahr 1882 die Aufgabe übertragen bekommen, eine Prüfung der Akten des Bürgermeisteramtes in Opalenitza vorzunehmen. Aus nicht bekannten Gründen hatte der seinerzeit dort im Amt befindliche Bürgermeister Niestrawski jegliche Korrespondenz und Erledigung von Amtsgeschäften eingestellt. Seitens der Königlichen Regierung in Posen war daraufhin das zuständige Landratsamt, dieses war zu jener Zeit Neutomischel gewesen, angewiesen, unverzüglich die Ordnung wieder herzustellen.

Altes Rathaus von Opalenitza, abgetragen im Jahr 1884 - Postkartenausschnitt: “Opalenica na dawnej pocztówce” S. 53 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek [2]

Altes Rathaus von Opalenitza, abgetragen im Jahr 1884 – Postkartenausschnitt: “Opalenica na dawnej pocztówce” S. 53 Öffentliche Stadt- und Kreisbibliothek

Unter der  Dringlichkeit, das Bürgermeisteramt in Opalenitza, Herr Niestrawski konnte nicht länger im Amt verbleiben, sofort wieder zu besetzen, und vermutlich auch, weil Theophil Thorzewski durch die Prüfung der Buchprüfung schon einen gewissen Einblick in das Chaos der Amtsunterlagen gewonnen hatte und man ihn letztlich auch für befähigt hielt das Bürgermeisteramt ausfüllen, wurde dieser  dann im Jahr 1883 als Bürgermeister der Stadt Opalenitza gewählt.

Der Beginn seiner Tätigkeit wurde ihm nicht leicht gemacht. Seitens des Landrats in Neutomischel wurde auf ihn erheblicher Druck ausgeübt die Amtsgeschäfte einwandfrei auszuführen. Der Landrat selbst hatte gegenüber der Königlichen Regierung in Posen Bericht zu erstatten, dass die Situation in Opalenitza geregelt sei.

Hatte Theophil Thorzewski die Amtsgeschäfte bekannterweise  in einem unhaltbarem Chaos übernommen, so musste er nun dieses beseitigen, gleichzeitig aber die laufenden Angelegenheiten ohne Verzug erledigen. Hinzu kam, dass er die Kämmereikasse ordnen und die Rechnungsabschlüsse der Vorjahre tätigen, aber wiederum auch die Mehrarbeiten des außergewöhnlich hohen Zuzugs von Neubürgern in die Stadt zu bewältigen hatte.

Im Jahr 1884, seinem ersten Amtsjahr, war die Zuckerfabrik AG Opalenitza fertiggestellt worden und die Arbeiter und Arbeitssuchenden strömten nur so in das nun immer mehr wachsende Städtchen. Ein weiteres Ereignisse während dieser ersten Amtsperiode war im Jahr 1889 die Einrichtung einer evangelischen Schule in der Stadt.

Theophil Thorzewski bewältigte aber die Arbeiten der Amtsgeschäfte und die an ihn gestellten Anforderungen und er schaffte es die Ordnung der Verwaltung der Stadt wieder herzustellen.

Ende 1894 erfolgte, obwohl seine Amtszeit noch nicht abgelaufen war, seine Wiederwahl für weitere 12 Jahre. Der zu dieser Zeit zuständige Landrat Daum aus Grätz, er musste für die Wahl die Zustimmung der königl. Regierung aus Posen einholen, schrieb am 05. Januar 1895:  „Gegen die Wiederbestätigung des p. Thorzewski habe ich keine Bedenken. Derselbe erfreut sich der allgemeinen Zuneigung seiner Mitbürger hat sich dienstlich und außerdienstlich tadelfrei geführt und ist auch bemüht den Anforderungen, die an ihn gestellt werden, zu genügen. Für die immer noch kleine nach Titel VIII der Stadtordnung verwaltete Stadtgemeinde genügt auch seine Vorbildung und Geschäftsbildung.“ Aus Posen wurde die Wahl bestätigt und die Bestallungsurkunde für die zweite Amtsperiode von 12 Jahren übersandt.

Das im Jahr 1897 in der Amtszeit von Th. Thorzewski neu erbaute Rathaus - Eigenaufn. 2013 PM [3]

Das im Jahr 1897 in der Amtszeit von Th. Thorzewski neu erbaute Rathaus – Eigenaufn. 2013 PM

In diese zweite Amtsperiode fielen: 1896 die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr; im selben Jahr ein Ereignis von weitreichenden Folgen in der Geschichte zwischen Polen und Deutschland, welches durch den damaligen Distriktkommisar von Carnap und dessen Fehlverhalten ausgelöst worden war, und welches dann als der „Fall Carnap“ in die Geschichte einging; 1897 der Bau des neuen Rathauses der Stadt; 1900 die Installierung der evangelischen Kirchengemeinde, ebenso wie der Bau der im neugotischen Stil gehaltenen evangelischen St. Josephs Kirche.

War Opalenica vor dem Jahr 1884 fast ausschließlich von einer dem katholischen Glauben angehörigen Bevölkerung bewohnt gewesen, so zeichnete sich zum Jahr 1900 ein Wandel in den Statistiken ab, die zu dieser Zeit eine  deutschstämmig, protestantische Einwohnerzahl von 20% angaben. Letztlich ist noch die im Jahr 1902 erfolgte Ablehnung der Eintragung der Schützengilde zu Opalenitza zu erwähnen.

Es scheint aber, dass Theophil Thorzewski in den ganzen Jahren mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Es finden sich immer wieder Notizen seiner Abwesenheit in der er an Gesundheitskuren teilnahm. Zudem erklärte er schon im Jahr 1902 als er den Antrag auf eine Veteranenrente für seinen Vater stellte, dass er selbst diesen nicht höher unterstützen könnte, „da er andauernd krank ist und hohe Ausgaben für Arzt und Apotheke“ hatte.

Sein Gesundheitszustand scheint ihn jedoch nicht gravierend in der Ausübung seines Amtes eingeschränkt zu haben; denn Theophil Thorzewski führte in seiner 2ten Amtsperiode die Geschäfte der Stadt wiederum so gut, dass er 1907 ein weiteres Mal, also für eine dritte Amtszeit, als Bürgermeister auf 12 Jahre gewählt wurde.

Anlässlich des im Jahr 1908 anstehenden 25 jährigen Amtsjubiläums von Theophil Thorzewski schrieb der Magistratsbeigeordnete und stellvertretende Bürgermeister, Sanitätsrat A.M. Krüger an den Landrat zu Grätz und fragte um eine „geeignete Auszeichnung“ anlässlich dieses Ereignisses nach. Der Landrat versuchte einen Kammerorden der IV Klasse für Theophil Thorzewski zu erwirken, dieses ist aber vermutlich gescheitert, denn es findet sich nicht, dass ein solcher übergeben wurde.

Der 30. April 1908, der Tag des 25zigsten Dienstjubiläums von Theophil Thorzewski, wurde zu Ehren des Jubilars mit einer Festversammlung im Rathaus und der Überreichung von Ehrengeschenken, Landrat Boltze aus Grätz ließ ihm ein Barometer zuteilwerden und der Kreisausschuss ein Kaiserbild, mit einem anschließenden Festessen im Kutzner’schen Saale begangen. Theophil Thorzewski war zu jener Zeit ca. 56 Jahre alt.

Etwa im Februar 1909 begab sich Thorzewski zu einer Augenbehandlung nach Posen, im März 1909 wurden ihm, adressiert an die Anschrift der Posener Augenklinik des Augenarztes Dr. Pulvermacher ein vier wöchiger Nachurlaub zwecks Behandlung und Rehabilitation gewährt.

Was dann folgt ist sehr erschütternd.

Nur 1 Jahr später, mit dem 07. Februar 1910 reichte Theophil Thorzewski ganz unvermutet seinen Pensionsantrag aus Gesundheitsgründen ein. Er erklärte zwar noch, dass er die Amtsgeschäfte bis zu seinem offiziellen Amtsende per 30.04.1910 wahrnehmen werde, aber dieses scheint ihm dann nicht mehr vergönnt gewesen zu sein.

Aufgrund einer Erkrankung wurde er vom 07. April bis zum 04. Mai 1910 in der Diakonissen-Anstalt in Posen durch Professor Hess behandelt, aber nur 4 Wochen später, zum 05. Mai 1910 folgte die Überstellung in die Provinzial-Irren-Anstalt zu Owinsk, wo er am 15. Mai 1910 mit nur ca. 58 Jahren verstarb.

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Erst durch seinen Tod haben wir aus den Nachlass-Unterlagen etwas über seine Familienangehörigen in Erfahrung gebracht. Der Theophil Thorzewski im Amt folgende Bürgermeister Gerlach war als dessen Nachlassverwalter eingesetzt worden und in Ausübung dieser Tätigkeit waren die Erben ermittelt worden.

Theophil Thorzewski war vermutlich nie verheiratet gewesen, denn eine eigene Familie in Opalenitza gab es nicht.

Sein eingangs schon erwähnter Vater war bereits verstorben, seine leibliche Mutter, die schon zu keinem früherem Zeitpunkt erwähnt wurde, fand auch jetzt keine Erwähnung. Man ermittelte aber den Stiefbruder des Verstorbenen, Stanislaus Thorzewski, der als Friseur noch in Budzin, dem früheren Wohnort seines Vaters, ansässig gewesen war. Da dieser aber 1910 die Volljährigkeit noch nicht erreicht hatte, schaltete sich die hinterlassene, zweite Ehefrau seines Vaters, die Stiefmutter des Verstorbenen, Frau Marianna Thorzewska geborene Rakowska,  in die Abwicklung der Erbangelegenheiten ein.

Vollmacht der in Amerika ansässigen Verwandten an Marianna Thorzewska geb. Rakowska zwecks Erbabwicklung aus dem Jahr 1910 - Quelle: Muzeum Ziemi Grodziskiej, ul. Kolejowa 12, 62-065 Grodzisk Wielkopolski, Ekspozycja: Pałac przy ulicy 27 Stycznia, tel: +48 (61) 444 52 34 – http://www.muzeum.webstudio4u.com/info.htm [4]

Vollmacht der in Amerika ansässigen Verwandten an Marianna Thorzewska geb. Rakowska zwecks Erbabwicklung aus dem Jahr 1910 – Quelle: Muzeum Ziemi Grodziskiej, ul. Kolejowa 12, 62-065 Grodzisk Wielkopolski, Ekspozycja: Pałac przy ulicy 27 Stycznia, tel: +48 (61) 444 52 34 – http://www.muzeum.webstudio4u.com/info.htm

Sie erhielt im Laufe der Abwicklung auch die Vollmacht der leiblichen Geschwister des Verstorbenen, die allesamt in Amerika lebten, und nicht selbst zugegen sein konnten, deren Interessen wahrzunehmen.

Diese Geschwister waren:  Johann Thorzewski, er hatte vermutlich zuerst in Chicago gelebt, wo sich auch der Bruder Felix Thorzewski, er war 1910 schon verstorben und hatte seine Wittwe Julia und die Kinder Eduard und Cäcilia hinterlassen, aufgehalten hatte. Dieser Teil der Familie ist dann scheinbar später nach New York übersiedelt, wo sich die Schwestern Marianna Thorzewski, eine verh Zurowski und Paulina Thorzewski vermutlich in 1ster Ehe eine verheiratete Braun oder Brown und in 2ter Ehe eine verheiratete Minke aufgehalten hatten. Eine Tochter der Marianna Thorzewski soll Hortense Peters, auch sie in New York lebend, gewesen sein.

Im Nachlass des verstorbenen ehemaligen Bürgermeisters der Stadt Opalenitza fanden sich zudem noch zwei Sparbücher deren Begünstigte die „Fräuleins“ Hortense und Maria Raymond in Budzin gewesen waren; ob diese in Verwandtschaft zur Familie standen oder lediglich zwei Mündel derer sich der Verstorbene angenommen hatte, war nicht in Erfahrung zu bringen.

Als eine überraschende Information, war den Nachlassunterlagen zu entnehmen, dass Theophil Thorzewski auch Besitzer der „Cementfabrik Terespotocke“ gewesen war.

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Der Beitrag ist zusammengestellt anhand von Unterlagen des Archiwum Państwowe w Poznaniu (Staatsarchives in Poznan):