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Untersuchung wider den Dienstknecht Malcher – Teil 2 Die Täterschaft

Weiter geht es hier mit den Erkenntnissen der Untersuchungsbehörden in Bezug auf die Täterschaft

Was nun II. die Täterschaft betrifft, so hat der Angeklagte jede Schuld an der Tötung, der Kobling beharrlich von sich abgelehnt.

Durch die Untersuchung sind jedoch in ziemlicher Anzahl Verdachtsmomente welche in ihrem Ineinandergreifen den Malcher schwer belasten, herausgestellt worden.

Im Wesentlichen bestehen dieselben in Folgendem:

1.       Nachdem am Morgen des 8. Juni 1855 (des Todestages der Kobling auf dem Kirschschen Gehöfte nach der schon in aller Frühe von dort erfolgten Entfernung der verehelichten Kirsch und der Gottlob Koblingschen Eheleute nur die Kinder der letzteren und die Kirschschen Kinder mit der alten Kobling und dem Malcher zurückgeblieben waren, verließen um 7 Uhr auch jene sämtlichen Kinder, mit alleiniger Ausnahme der 11 jährigen Emilie Kirsch, das Kirschsche Haus, um in einiger Entfernung von demselben auf dem Felde das Vieh zu hüten. Etwa um 10 Uhr vormittags fand sich in der Wohnung der Witwe Kobling die unverehelichte Wilhelmine Längert (27 Jahre alt) ein, hatte dort mit derselben ein kurzes Gespräch und entfernte sich alsdann wieder. Während ihrer Anwesenheit kam die Emilie Kirsch in die Stube der Kobling; außer diesen beiden Personen hat die Längert in Hause niemand gesehen. Das Zusammentreffen mit der Längert um jene Zeit hat auch die – noch nicht eidesmündige – Emilie Kirsch bestätigt und der Angeklagte selbst hat angegeben, letztere habe ihm um 10 Uhr erzählt, dass eben die Längert bei der Kobling gewesen sei. Da um die Mittagszeit die alte Kobling zuerst vermisst wurde, so ist anzunehmen, dass ihre Tötung in den Vormittagsstunden von 10 Uhr ab stattgefunden hat. Darüber, wo der Angeklagte in diesen Stunden sich aufgehalten, hat derselbe im Laufe der Voruntersuchung verschiedenartige Angaben gemacht. Nachdem er nämlich in seinem ersten gerichtlichen Verhör in Übereinstimmung mit seiner Anführung bei seiner polizeilichen Vernehmung erklärt hatte, dass er gegen 9 Uhr mit einem Gespann Ochsen sich aus dem Kirschschen Gehöfte fort zum Ackern auf das Feld begeben habe und Mittags von dort zurückgekehrt sei, behauptete er später, dass er von der Ackerarbeit zum Frühstück nach Hause gegangen und etwa in der zehnten Stunde wieder zum Ackern auf das Feld gezogen, demnächst Mittags ungefähr um 11 ½ Uhr mit den (Kirschschen und Koblingschen) Kindern zugleich nach Hause zurückgekommen sei. Diesen Angaben und seiner Behauptung, dass er in der zehnten Stunde gleichzeitig mit der Emilie Kirsch auf das Feld sich begeben, wird jedoch durch die Aussagen der Kirschschen und der Koblingschen Kinder widersprochen. Zunächst hat die Emilie Kirsch angeführt, Malcher habe ihr ungefähr um 10 Uhr zu Hause befohlen, auf das Feld zu gehen, um dort Gras zu pflücken, er selbst aber sei, als sie seine von ihm auch zugestandene Anweisung befolgt habe, im Hause noch zurückgeblieben. Diese Angabe finde auch in andere Depositionen eine wesentliche Unterstützung. Denn es hat die Wilhelmine Kobling bekundet, dass der Malcher erst nicht lange vor Mittag zu ihr und den übrigen Kindern auf das Feld gekommen sei, sich dort einen oder zwei Ochsen von dem Vieh geholt und damit in der Nähe eine kurze Zeit hindurch geackert habe. Damit stimmt auch die Aussage der Ernestine Kirsch überein, wonach der Malcher erst, als die mit dem Viehhüten beschäftigten Kinder schon lange auf dem Felde waren, sich einen Ochsen zum Pflügen geholt und nicht lange darauf gepfiffen hat, damit die Kinder, bei denen sich inzwischen auch die Emilie Kirsch eingefunden hatte (zu Mittag), nach Hause kommen sollten. Ganz ähnliche Angaben sind außerdem auch von dem 16 jährigen Burschen Ferdinand Augustin gemacht worden, indem derselbe deponiert hat, es möge wohl 11 ½ Uhr gewesen sein, als der Malcher zu den Kirschschen Kinder, mit denen er, Zeuge, an jenem Tage zusammen Vieh gehütet habe, auf das Feld gekommen sei, sich einen Ochsen geholt und mit demselben auf dem Kirschschen Lande zu ackern angefangen habe. Sind nun auch die genannten Geschwister Kirsch und die Wilhelmine Kobling, sowie die 14 jährige Pauline Kobling, welche ebenfalls beim Viehhüten den Malcher erst um Mittag auf dem Felde ackern gesehen haben will, in Betracht ihres Alters als normale Zeugen nicht anzusehen, so machen doch ihre Bekundungen in Verbindung mit der beschworenen Aussage des Ferdinand Augustin es mindestens sehr wahrscheinlich, dass der Malcher nicht, wie er behauptet, schon um 9 Uhr oder in der 10. Stunde, sonder erst um 11 ½ Uhr zum Ackern auf das Feld gekommen ist. Er hat sich dann in den unmittelbar vorhergegangenen 1 ½ Stunden, abgesehen von dem noch nicht 3 jährigen Wilhelm Kobling, von welchem später die Rede sein wird, in dem Gehöfte mit der Witwe Kobling allein befunden.

2.       Dies längere Alleinsein des Angeschuldigten mit der Witwe Kobling scheint aber auch ein von Ersterem absichtlich vorbereitetes gewesen zu sein. Denn die Emilie Kirsch hat angeführt, Malcher habe ihr, als er sie zum Graspflücken auf das Feld gesandt, befohlen, dass sie nicht eher nach Hause zurückkommen solle, als bis er sie rufen werde. Bei dieser Angabe, deren Richtigkeit von dem Angeklagten bestritten worden, ist sie auch im Audienztermin zuletzt stehen geblieben, nachdem sie hier anfangs erklärt hatte, Malcher habe ihr jenen Befehl nicht erteilt.

3.       Diese Umstände begründen einen Verdacht gegen den Malcher umso mehr, als nach den weiter erfolgten Ermittlungen in der Zeit von 10 Uhr vormittags ab bis Mittag irgend ein Mensch, dem der tödliche Angriff auf die Kobling zugetraut werden könnte, in das Kirschsche Gehöfte von außen her nicht gekommen ist. In dieser Beziehung hat der Malcher selbst bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung am 9. Juni v. J. folgendes geäußert:

„Vor 9 Uhr (am Vormittag des 8. Juni) war ein Bettelmann hier (auf dem gedachten Gehöfte), den ich fortschickte, sonst war niemand hier. Die Wirtin (die Kirsch) kehrte gegen 3 Uhr zurück und erst gegen 5 Uhr spannte ich wieder an. Von 9 Uhr ab des Vormittags bis 5 Uhr nachmittags also war ich immer in der Nähe des Hauses und auf dem Hofe, konnte daher genau sehen, was im Hause und auf dem Hofe vorging.“

Das während der bezeichneten Zeit, außer einem Bettler, niemand auf das Kirschsche Gehöft gekommen, soll er auch der verehelichten Kirsch – welche jedoch als Zeugin nicht vereidigt worden ist – erwidert haben, als diese ihm am Nachmittage des 8. Juni vorhielt, dass er ja doch zu Hause gewesen sei und wissen müsse, ob ein Anderer dorthin gekommen. In einer wenigen bestimmten Weise sprach er dagegen bei seiner ersten gerichtlichen Vernehmung sich aus, indem er hier sagt:

„Ob, während ich auf dem Feld war, ein Fremder im Hause gewesen, weiß ich nicht.“

Ganz abweichend von seinen früheren Angaben aber trat er, nachdem seine Versetzung in den Anklagestand definitiv erfolgt war, kurz vor dem Audienztermin mit folgenden Behauptungen hervor:

„Als er am Todestage der alten Kobling vormittags in der 11. Stunde auf dem Kartoffelfeld, einige Hundert Schritte vom (Kirschschen) Hause entfernt, geackert, habe er von diesem Hause her ein Galm (einen Schrei) gehört und vermutet, dass derselbe von der Witwe Kobling herrühre. Nicht lange nachher habe er einen Mann aus dem Kornfeld in der Nähe des Hauses hervorkommen sehen, welcher nach der Grenze des Feldes auf das Gehöft des Augustin zugegangen sei. Diesem Mann habe er zwar, da derselbe von ihm abgewendet gegangen, nicht in das Gesicht sehen können, er glaube aber nicht zu irren, wenn er behaupte, dass der Mann der Tagelöhner Carl Heckert, Bruder der verehelichten Kirsch gewesen sei. Es sei derselbe mit einem blauen Tuchrocke, einer grünen Schirmmütze und langen Stiefeln bekleidet gewesen und habe ein Stöckchen in der Hand getragen. In solchen Kleidungsstücken habe er während seiner Dienstzeit bei der Kirsch den Hecker wohl drei Mal bei der Letzteren gesehen. Als die Kirsch nachmittags nach Hause gekommen und er ihr jene Umstände auf ihre Frage, ob Jemand da gewesen, mitgeteilt habe, sei dieselbe ganz blass geworden und habe zu ihm gesagt, er solle nicht davon reden.“

Bei diesen Angaben verblieb der Malcher auch im Audienztermin und als ihm hier vorgehalten wurde, dass er bei seiner polizeilichen Vernehmung von dem Erscheinen eine Bettlers gesprochen habe, den er fortgeschickt haben wollte, erklärte er:

„es sei der von ihm später als der Hecker bezeichnete Mensch jener Bettler gewesen, fortgeschickt aber habe er denselben nicht; auch habe er ihn nicht um 9 Uhr, sondern erst um 11 Uhr gesehen.“

Außer der gedachten Person habe er übrigens an dem in Rede stehenden Vormittage Niemand auf dem Kirschschen Gehöfte bemerkt.

Abgesehen von den in diesen Anführungen des Angeklagten sich findenden Widersprüchen ist es indes durch die Untersuchung mit Sicherheit festgestellt worden, dass der Carl Hecker sich an jenem Vormittag auf der Kirschschen Besitzung in Lewitz-Hauland nicht befunden haben kann. Denn es ist in Übereinstimmung mit dessen eigenen Behauptungen von dem Eigentümer George Klöbe, dem Eigentümersohn Dienegott Kurz und dem Tischler Heinrich Jangnick eidlich bekundet worden, dass der Carl Hecker in der Zeit von gegen Ende April bis über Johanni 1855 hinaus gemeinschaftlich mit jenen Zeugen in einem Torfstiche zu Weiden-Vorwerk, 3 Wegstunden von Lewitz-Hauland, gearbeitet, dass er diese Arbeit an Wochentagen (der Todestag der Witwe Kobling war ein Freitag) in jener ganzen Zeit niemals verlassen hat und namentlich auch am 8. Juni 1855 von der Torfsticharbeit nicht fortgegangen ist. Hiermit fällt der durch Malchers spätere Behauptungen gegen den Hecker erregte Verdacht völlig zusammen. Da nun der Angeschuldigt außer dem von ihm als der Hecker bezeichneten Menschen einen Fremden auf der Kirschschen Besitzung am Todestage des Kobling von 10 Uhr vormittags ab bis nachmittags nicht wahrgenommen haben will, er von der Stelle, wo er an jenem Tage auf den in ihrer weitesten Entfernung nur 300 Schritte von dem Kirschschen Gehöfte entlegenen, zu demselben gehörigen Ländereien gearbeitet, nach den stattgehabten Ermittlungen die ganze Kirschsche Wirtschaft hat übersehen können, und endlich auch der Polizei-Distrikts-Kommissarius Pascal diensteidlich versichert hat, dass er am Tage nach dem Ableben der Kobling das Land um die Kirschsche Besitzung herum, Beet auf, Beet ab durchsucht, aber dort fremde Spuren nirgends – auch im Korn nicht – gefunden habe, so liegt durchaus kein Grund vor, welcher die Vermutung rechtfertigen könnte, dass ein Fremder an dem mehrerwähnten Vormittage in die Kirschsche Besitzung eingedrungen sei und dort die alte Kobling getötet haben möge.

4.       Darüber, dass vielmehr von dem Angeklagten Malcher diese Tat vollbracht worden, hat überdies auch ein mehr direktes, wenn auch freilich ziemlich unsicheres Beweismittel in der Untersuchung sich ergeben.

Wie die verehelichte Schuhmacher Kobling (Vornamens Beate) von ihrer ältesten Tochter (Wilhelmine) – die hierüber selbst nicht vernommen werden – gehört haben will, hatte Letztere den noch nicht 3 jährigen Wilhelm Kobling, welcher am 8. Juni früh morgens mit seinen Geschwistern auf das Feld gegangen war, um 9 Uhr wieder nach Hause gebracht und es war dort derselbe in ein in der Koblingschen Stube in einer ziemlich dunklen Ecke stehendes Bett niedergelegt worden. Aus diesem Bette hatte ihn die Wilhelmine Kobling – wie deren Mutter ferner angegeben – erst um Mittag wieder hausgehoben und es soll der Knabe, als Jene ihn nach der Großmutter fragte, geweint haben. Dass derselbe an jenem Tage ausnahmsweise allein zu Hause sich befunden, will auch der oben genannte Ferdinand Augustin von den übrigen Koblingschen Kindern erfahren haben. Dort scheint ihn jedoch der Angeklagte nicht bemerkt zu haben, da er im Verhöre von 11. Juli 1855 erklärt hat:

„es sei an dem gedachten Tage vormittags um 10 Uhr von den Kindern nur noch die Emilie Kirsch zuhause gewesen“

und ferner im Audienztermine von ihm bemerkt worden ist:

„er habe an jenem Tage den Wilhelm Kobling bis 6 ½ Uhr abends gar nicht gesehen.“

Gegen die Abendzeit desselben Tages war darauf dieser Knabe nach Aussage des Ferdinand Augustin zu diesem allein auf das Feld gekommen, hatte auf dessen Frage, wohin er gehe, geantwortet: „Der Mutter entgegen“ und hierauf von dem Augustin Brot verlangt, weil er nichts gegessen habe. Auf die Frage des Augustin: „wo denn die Großmutter sei?“ hatte er sodann erwidert:

„Inspektor“ – mit diesem Namen ist der Angeklagte, wie er eingeräumt hat, im Hause der Kirsch gewöhnlich bezeichnet worden – „Großmutter totschlagen“.

Auf näheres Befragen, womit der Inspektor die Großmutter totgeschlagen, war demnächst von die Kinde die Antwort erteilt worden:

„mit dem Stocke“

und als hiernach der Augustin sich weiter erkundigt, „ober der Inspektor die Großmutter aus der Stube gebracht“, hatte der Knabe durch Gebärden zu verstehen gegeben,

„der Inspektor habe versucht, die Großmutter unter einem Arme fortzutragen, nachher aber sie vor sich auf beide Arme genommen und fortgetragen; er, der Wilhelm, aber habe ganz stille im Bette gelegen.“

Ähnliche Äußerungen, wie diese, sind später von dem Kinde sowohl gegen den Augustin, als auch gegen seine Eltern, die Eheleute Kobling, von denen jedoch der Ehemann, weil er die bürgerlichen Ehrenrechte wegen Diebstahls verloren, unvereidigt geblieben ist, und gegen den Gendarmen Gebhardt und den Schulzen Furchheim, welche bei diensteidlich vernommen sind, wiederholt worden, wobei der Wilhelm Kobling nach den ziemlich übereinstimmenden Versicherungen seiner Eltern zu erkennen gegeben hat:

„es habe die Großmutter hinter einem Tische gekniet und es habe der Inspektor sie zwei Mal mit einem Stücke Holz auf den Kopf geschlagen und sie aus der Stube geschleppt.“

Auch vor dem Untersuchungsrichter hat der Knabe Wilhelm, welcher Ersterem als ein ziemlich dreistes Kind erschienen ist, am 10. Juni 1855 auf die Frage, wo seine Großmutter geblieben sei? in einer dem Richter ganz verständlichen Weise geantwortet:

„Inspektor geschlagen“,

und auf die fernere Frage, womit ? erwidert:

„mit Stock“,

Worauf es auch noch, als der Malcher in Gefangenenkleidung ihm vorgestellt worden, auf die Frage, wer das sei ? ohne zu zögern, entgegnete:

„Inspektor.“

Im Audienztermin ist dagegen der Wilhelm Kobling, welchen seine Mutter auf dem Arme in den Sitzungssaal bracht, aller Bemühungen ungeachtet, nicht zum Sprechen zu bewegen gewesen.

Hat nun auch der Ferdinand Augustin erklärt, dass er das Kind, welches er als es zu diesem Zeugen die erwähnten Äußerungen zuerst machte, seine Eltern noch nicht gesprochen hatte, trotz der unvollkommenen Sprache desselben, richtig zu verstehen wohl im Stande gewesen sei und ist ferner auch von dem Gendarm Gebhardt bemerkt worden, dass der Wilhelm Kobling, als er ihn befragt, ihm in derselben Art, wie den übrigen Zeugen, ohne dass eine Zuflüsterung stattgefunden geantwortet habe, so dürften gleichwohl in Betracht des noch nicht dreijährigen Alters jenes Knabendessen Kundgebungen als Beweismittel gegen den Angeklagten nur mit aller Vorsicht zu benutzen gewesen sein, zumal der Schulze Furchheim angegeben hat, dass, als in seiner Gegenwart der Wilhelm Kobling seine Erzählungen von der Großmutter und dem Inspektor gemacht, ihm von seiner Mutter vorgesagt worden sei, außerdem aber auch der Ferdinand Augustin, weil er wegen Diebstahls in Untersuchung sich befunden, als ein ganz zuverlässiger Zeuge nicht angesehen werden kann. Andererseits lässt sich jedoch den Mitteilungen jenes Kindes in Rücksicht auf die noch sonst vorliegenden Beweise gegen den Angeschuldigten alles Gewicht nicht absprechen.

Auffallen könnte es zwar, dass der Malcher das im Bette befindliche Kind nicht wahrgenommen haben sollte. Es hat indes auch die unverehelichte Längert, den Wilhelm Kobling nicht bemerkt und es lässt ein solches Übersehen des Kindes sich jedenfalls einigermaßen durch die Dunkelheit des Orts, wo das Bett stand, und dadurch erklären, dass dasselbe nach der Beschreibung der Längert ein hohes und mit drei Kopfkissen angefülltes war, besonders wenn man annimmt, dass der Malcher geglaubt habe, der Wilhelm Kobling befinde sich mit den übrigen Kindern draußen auf dem Felde.

Zu allen diesen Betrachtungen kommt nun aber ferner der Umstand, dass es

5.       der Untersuchung gelungen ist, das Motiv dazulegen, welches den Angeschuldigten zu dem Entschlusse, die Witwe Kobling ums Leben zu bringen, bestimmt haben kann. In dieser Hinsicht ist vorweg zu bemerken, dass der angeregte Verdacht, der Malcher habe mit der verehelichten Kirsch in einem Verhältnisse unerlaubter Vertraulichkeit gestanden, sich nicht soweit als begründet herausgestellt hat, dass dadurch die Annahme gerechtfertigt würde, der Angeklagte habe auf Antrieb der Kirsch, welche mit der alten Kobling wegen des derselben zu gewährenden Altenteils öfters Streit und Prozesse gehabt, oder, wenn auch aus freien Stücken, doch, um der Kirsch damit einen Gefallen zu erweisen, die Kobling bei Seite geschafft. Lediglich in einem eigenen Interesse des Angeklagten dürfte hiernach, wenn er die Tat vollführt hat, sein Beweggrund zu derselben zu suchen sein und dies Interesse kann nach Lage der Umstände füglich auf Befriedigung seiner Gewinnsucht sich gerichtet haben.

Unmittelbar nach dem Verschwinden der Witwe Kobling war, nach Bekundung der Gottlob Koblingschen Eheleute – wie schon oben bemerkt worden, – der in der Stube der Vermissten stehende Kasten geöffnet gefunden worden; auch fand man zu jener Zeit in der ebenfalls in jener Stube befindlichen Throne mit Sachen der Ernestine Kobling den sonst von der Letzteren und während ihrer damaligen Abwesenheit von ihrer Mutter, der alten Kobling, aufbewahrten Schlüssel im Schlosse steckend vor. Einige Zeit vor dem Ableben der Witwe Kobling hatte ihr die verehelichte Kirsch in Folge eines gegen diese von der Kobling wegen ihres Altenteils angestellten Prozesses erst 12 Rthlr. und später kurz vor den Pfingstfeiertagen 1855 27 Rthlr. gezahlt. Von diesem Gelde war ein Rest von 5 Rthlrn. und einige Groschen, in einem Zweitalerstücke, drei Eintalerstücken und kleinem Silbergelde bestehend, in der vorgedachten Throne aufbewahrt. Dort hatte auch noch am Morgen des Todestages der alten Kobling deren Schwiegertochter Beate Kobling, als sie von Jener, um Butter von Tirschtiegel mitzubringen, 4 Sgr. erhielt, den Geldbetrag von 5 Rthlr. 11 Sgr., und zwar ein Zweitalerstück in einer doppelten Pappschachtel und drei einzelne Silbertaler nebst 11 Sgr. Münze in einer hölzernen Büchse, gesehen. Dieses Geld war, als Abends die Eheleute Gottlob Kobling nach Hause zurückkehrten, verschwunden und es fehlten ferner aus der Stube der alten Kobling eine Stück Speck von mehreren Pfunden und zwei Säckchen mit getrockneten Pflaumen und Kirschen, von welchen Gegenständen nach den Aussagen der Beate Kobling und der Ernestine Kobling der Speck in einem Kästchen und die Säckchen mit Obst auf einem an der Stubenwand befindlichen Brette gelegen hatten. Von der gedachten Zahlung der 12 Rthlr. und der 27 Rthlr. hat auch der Angeschuldigte, wie er selbst zugestanden, Kenntnis gehabt, und es kann daher sehr wohl das Gelüst, sich des davon gebliebenen Geldüberrestes zu bemächtigen, ihn zu einem Angriffe auf die Witwe Kobling getrieben haben. Möglich ist es übrigens, dass auch noch ein anderer Beweggrund auf einen mörderischen Entschluss des Malcher gegen die alte Kobling bestimmend mit eingewirkt habe. Den Eheleuten Gottlob Kobling waren nämlich einige Zeit vor dem Tode der verwitweten Kobling aus ihrer Kartoffelgrube eine nicht unbedeutende Partie Kartoffeln entwendet worden und sie hegten den Verdacht, dass dieser Diebstahl von der verehelichten Kirsch und dem Malcher begangen worden sei. Unter Wahrnehmungen, welche in dieser Beziehung gegen Malcher sprachen, hatte die alte Kobling den Gottlob Koblingschen Eheleuten Mitteilung gemacht. Um von diesem Diebstahl bei der Staatsanwaltschaft Anzeige zu machen, hatten die genannten Eheleute sich am 8. Juni 1855 nach Tirschtiegel begeben, wo ihnen der Müller Rau auf Verlangen des Gottlob Kobling eine Denunziationsschrift für die Staatsanwaltschaft aufsetzte. Da nun nach Aussage der Ehefrau Kirsch der Gottlob Kobling bei Gelegenheit eines zwischen ihm und dem Malcher am Tage vor dem Tode der alten Kobling stattgehabten Streites dem Angeklagten den Kartoffeldiebstahl vorgeworfen hatte, so könnte es sein, dass der Malcher auch die Absicht gehabt, die Witwe Kobling, welche er vielleicht als Zeugin bei einer gegen ihn anhängig werdenden Untersuchung zu fürchten haben mochte, wegen dieser ihm von derselben drohenden Gefahr zu beseitigen, wohingegen es sich kaum denken lässt, dass Rachegefühl gegen die Eheleute Kobling, von denen die Ehefrau Beate ihn bei Gelegenheit des vorerwähnten Streites beschuldigt haben soll, dass er mit einer Kuh zu tun gehabt, für ihn ein Antrieb gewesen sein sollte, sich an der alten Kobling mörderischer Weise zu vergreifen.

6.       Bis zu einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit ist nachgewiesen worden, dass der Angeklagte im Besitze von Gegenständen gewesen, welche nach dem Ableben der Witwe Kobling in deren Behausung vermisst wurden.

a)      In einer hinter Ställen des Kirschschen Gehöfts, unweit von dem Stalle in welchem die Leiche der alten Kobling eingegraben lag, befindlichen Kartoffelgrube wurden am 9. Juni 1855 ein Stück Speck, ungefähr 6 Pfd. an Gewicht, und 2 Säckchen, das eine mit getrockneten Pflaumen, das andere mit getrockneten Kirschen angefüllt, vergraben aufgefunden. Diese sämtlichen Gegenstände haben die Gottlob Koblingschen Eheleute und die Ernestine Kobling als nach dem Tode der Witwe Kobling vermisstes Eigentum derselben anerkannt. Nach der Aussage der Emilie Kirsch hat der Malcher am 8. Juni ihr, nachdem sie Mittags vom Felde nach Hause gekommen war, 4 getrocknete Pflaumen, welche er aus seiner Tasche nahm, mit der Weisung gegeben, dass sie dieselben aufessen und die Kerne in die Hand nehmen und verscharren solle. Darüber, dass sie diesen Umstand erst später in der Untersuchung angegeben, entschuldigte sie sich damit, dass sie denselben vergessen, auch der Angeklagte ihr verboten habe, ihrer Mutter davon etwas zu sagen. Die Ernestine Kirsch, welche nach der Anführung der Schwester Emilie an jenem Tage ebenfalls 4 getrocknete Pflaumen erhalten haben soll, hat dies mit dem Bemerken bestätigt, dass sie und ihre Schwester damals auch Kirschen von dem Malcher empfangen hätten, dass sie von den Pflaumen an die Pauline Kobling abgegeben und dass sie, nachdem ihr der Malcher das Obst gegeben, ihre Großmutter (die alte Kobling) nicht mehr gesehen habe. Die 14 jährige Pauline Kobling (bei Augustin dienend) endlich hat angegeben, dass sie von der Ernestine Kirsch einmal Pflaumen erhalten habe, sie jedoch nicht wisse, ob damals ihre Großmutter noch gelebt habe.

Nach den übereinstimmenden Behauptungen jener drei Kinder lässt es sich wenigstens als sehr wahrscheinlich annehmen, dass der Malcher, wenngleich er es nicht hat zugestehen wollen, am 8. Juni 1855 nach dem Verschwinden der alten Kobling den beiden genannten Geschwistern Kirsch getrocknete Obst, namentlich Pflaumen, gegeben hat, und dass dieses Obst von dem der alten Kobling zugehörig gewesenen hergerührt habe, ist umso eher zu glauben, als die verehelichte Kirsch erklärt hat, dass sie gar kein abgetrocknetes Obst in ihrer Wirtschaft gehabt habe.

b)      In Betreff eines Stückes rosaseidenen Bandes, welches die Ernestine Kobling im Audienztermine mit dem Bemerken zur Stelle gebracht hat, dass die Ernestine und die Emilie Kirsch ihrer Erzählung nach dieses Band, welches vor der Tötung der Witwe Kobling in ihrem, der Ernestine Kobling, Kasten (in der Koblingschen Stube) gelegen, von dem Malcher mit der Weisung, es zu verbrennen und Nichts davon zu sagen, erhalten hätten, hat die Emilie Kirsch erklärt, dass sie gesehen, wie Malcher dies Band aus dem Kasten genommen, und dass derselbe ihr das das Band mit der Anweisung, es zu verbrennen, weil es von der kleinen Schwester Gustchen zerknittert worden, gegeben habe. Da Ähnliches auch von der Ernestine Kirsch bekundet worden, so ist es wahrscheinlich, dass der Malcher auch jenes in der Behausung der alten Kobling aufbewahrt gewesene Band im Besitz gehabt hat.

c)      Was den Geldbesitz des Malcher anlangt, so hat er im Audienztermine angegeben, er habe bei seiner letzten Verhaftung 4 Rthlr. 2 Sgr. 6 Pf. besessen, worunter sich ein Doppeltaler und zwei harte Taler befunden hätten. Diese Anführung findet darin eine Unterstützung, dass er bei Gelegenheit seines nach der Arretierung durch den Schneider Andreas Glutzka und den Boten Anton Pickel am 9. Uni 1855 bewirkten Transports nach Meseritz unterwegs, wo er in zwei Krügen die Zeche für sich und die Transporteure bezahlte, zum Behuf einer dieser Zahlungen den Gastwirt Müller zu Politzig ein Zweitalerstück übergab und in Meseritz sich durch die Transporteure zwei einzelne Silberthaler – um, wie er angegeben, im Gefängnisse etwas zum Zusetzen zu haben – in zwei Papiertaler umwechseln ließ, welche demnächst bei ihm, zwischen der Sohle und dem Oberleder eines seiner Stiefel versteckt, vorgefunden worden sind. Das erwähnte, durch den Gendarm Gebhardt von dem Gastwirt Müller am 10. Juni wieder herbeigeschaffte Zweitalerstück haben nicht bloß der Müller, sondern auch der Schneider Glutzka und der Angeklagte selbst als dasjenige, welches von Letzterem in Politzig verausgabt worden war, anerkannt, wobei Müller und Glutzka ein sicheres Kennzeichen darin fanden, dass das Zweitalerstück auf der Wappenseite etwas geschwärzt war. Vermöge dieses besonderen Merkmals ist sodann auch die verehelichte Beate Kobling im Stande gewesen, jenes Münzstück mit Bestimmtheit als dasjenige Zweitalerstück wieder zu erkennen, welches sie in einer kleinen Pappschachteln im Besitz ihrer Schwiegermutter, der Witwe Kobling, noch am Morgen des Todestages der Letzteren gesehen hatte. Nach der Meinung dieser Zeugin ist eben dies Zweitalerstück identisch gewesen mit einem Zweitalerstück, welches unter den von der verehelichten Kirsch an die alte Kobling auf deren Altenteil gezahlten 27 Rthlr. sich befunden und an welchem die Beate Kobling, als sie es sich bei der Zahlung genau angesehen, eine eben solche Schwärzung auf der einen Seite, wie sie an dem ihr zur Rekognition (Wiedererkennung im  Rechtswesen die Anerkennung eines sonstigen Beweismittels vor Gericht) vorgelegten, von dem Müller herbeigeschafften, sich befand, bemerkt haben will. Die Ehefrau Kirsch hat zwar nicht anzugeben vermocht, ob das in Beschlag genommene Zweitalerstück dasjenige gewesen, welches sie an die Witwe Kobling gezahlt hatte. Da indessen auch die Ernestine Kobling eine Ähnlichkeit zwischen dem bei dem Müller saisirten (beschlagnahmten) Zweitalerstück und demjenigen, welches ihre Mutter vor ihrem Ableben besessen, darin gefunden hat, dass diese beiden Stücke auf der Wappenseite schwärzlich waren, so lässt es sich nicht wohl bezweifeln, dass das von dem Angeklagten auf dem Transporte verausgabte Zweitalerstück dasjenige gewesen ist, was am Morgen des Todestages der alten Kobling in deren Throne sich befand.

In Hinsicht darauf, dass aus diesem Behältnis auch noch drei Silbertaler abhanden gekommen sind, tritt es auch noch in Betracht, dass der Malcher zur Zeit seines Transportes außer dem Zweitalerstück auch noch zwei Eintalerstücke besaß und dass er auch dieser Stücke, nachdem er bereits das Zweitalerstück verausgabt hatte, sich durch Umwechseln in Papiergeld, wie dies die beiden Transporteure, sowie auch der Fleischer Beil in Meseritz und der Kaufmann Günther daselbst, bei denen die Wechselung erfolgte, bestätigt haben, zu entledigen gesucht hat.

7.       Für den Angeschuldigten sehr verdächtigend muss sein Besitz jener Geldstücke um so mehr erachtet werden, als der Malcher über den Erwerb des Geldes, welches er zur Zeit seiner Arretierung besaß, wechselnde und einander widersprechende Angaben gemacht hat.

Über den Geldbesitz befragt, führe er zuerst an:

„Er sei nach seiner Entlassung aus dem Gefängnisse in Fraustadt nach Kaczliner-Hauland gegangen, um von seinem früheren Dienstherrn 4 Rthlr. rückständigen Lohn einzufordern, habe aber dasselbe nicht erhalten. Unter der Schwelle der Scheune habe er jedoch 3 Rthlr. versteckt gehabt; diese Geld habe er sich gesucht und mitgenommen.“

Auf die Frage, in welchen Münzsorten dasselbe bestanden habe, sagte er:

„es seien drei ganze Taler gewesen,“

und auf die weitere Frage ob er außer den 3 Rthlrn., welche er auf sein Verlangen zum Birnbaumer Markte (Anfangs Juni 1855) zum Ankauf von Sachen von der verehelichten Kirsch, und zwar in 5 und 2 ½ Silbergroschenstücken, erhalten, sonst noch Geld besessen habe ? antwortete er mit

„Nein“.

Als hierauf er befragt wurde, wie er denn zu dem Zweitalerstücke gekommen sei, wusste er anfänglich nichts zu erwidern, sagte aber nachher:

„dies Stück und noch einen einzelnen Taler habe er eben unter der Scheunenschwelle in Kaczliner-Hauland versteckt gehabt.“

Nach den Aussagen des Eigentümers Müller zu Kaczlin und dessen Sohnes Ferdinand Müller ist nun zwar der Malcher nach seiner Entlassung aus Fraustadt in Kaczlin gewesen, um sich von dort seine bei dem Müller früher zurückgelassenen Sachen zu holen. Beide Zeugen wissen aber nichts davon, dass der Angeschuldigte dort noch Geld versteckt gehabt habe und es hat dies auch sonst keine Wahrscheinlichkeit für sie, da nach Angabe des alten Müller, welcher dem Malcher sein volles Lohn, und zwar, wie er meint, stets in anderen Münzsorten als ganzen Zwei- und Eintalerstücken ausgezahlt gehabt haben will, der Angeklagte sich sein Lohn stets in kleinen Beträgen zu Ausgaben und noch am letzten Tage vor seinem Weglaufen von dem Müller von diesem zum Ankauf von Pantoffeln und zur Bezahlung einer Schuld 1 Rthlr. hatte geben lassen.

Bezüglich des Erwerbes der vorerwähnten Gelder behauptete der Malcher später, dass er das in Politzig von ihm ausgegebene Zweitalerstück, welches er nebst ihm von dem Müller – zuletzt um Johanni 1852 mit 1 Rthlr. – gezahltem Lohne unter der Scheunenschwelle versteckt, vor Johanni jenes Jahres bei einem, ihm dem Namen nach unbekannten jüdischen Bäcker in der Birnbaumer Straße zu Zirke, bei welchem er Semmel gekauft, unbemerkt vom Tische mit weggenommen habe. Es ist indes auch diese Behauptung ganz unerwiesen geblieben, indem nach einer von dem Magistrat in Zirke erteilten amtlichen Auskunft, von den beiden jüdischen Bäckern, welche im Jahre 1852 dort in der Birnbaumer Straße gewohnt haben, der Eine nach Amerika ausgewandert ist und er Andere sich von einem bei ihm vorgefallenen Diebstahl eines Zweitalerstücks nicht habe erinnern wollen. Überdies steht es auch mit jenen Angaben des Malcher in Widerspruch, dass er den Wert des Zweitalerstücks auch noch bei dessen Verausgabung in Politzig nicht gekannt hat. Seine damalige Unbekanntschaft damit hat nämlich der Transporteur Glutzka, wie dieser sich auch gleich hinterher gegen den anderen Transporteur geäußert, daraus gefolgert, dass der Angeschuldigte, als er dem Müller das Geldstück übergab, dessen Wert nicht bezeichnete. Auch hat der Angeklagte selbst im Laufe der Voruntersuchung wiederholt eingeräumt, von dem Werte des Zweitalerstücks in Politzig keine Kenntnis gehabt zu haben, und erst von einem der Transporteure darauf aufmerksam gemacht worden zu sein, wohingegen er im Audienztermine behauptete, dass er von dem Werte jenes Geldstücks auch schon vor dessen Verausgabung unterrichtet gewesen sei und die hiermit widerrufene frühere Erklärung nur deshalb abgegeben habe, weil er den Transporteuren nicht habe widersprechen wollen.

Seinen weiteren Anführungen nach wollte der Malcher von seinem in Fraustadt erworbenen Arbeitsüberverdienst von 4 Rthlr. 17 Sgr., nachdem er davon 3 Rthlr. 7 Sgr. 6 Pf. für einen Rock verausgabt, noch 15 Sgr. (nach richtiger Berechnung konnte der Rest nur 9 Sgr. 6 Pfg. gewesen sein) übrig behalten haben. Auch gab er an, dass er von der verehelichten Kirsch, der er seinen Geldbesitz verschwiegen, um desto eher von ihr Lohn zu bekommen, zu einer Reise nach Zirke 7 Sgr. 6 Pfg. Reisegeld und auf sein Verlangen zum letzten Birnbaumer Markte vor Johanni 1855 3 Rthlr. 4 Sgr. auf sein Dienstlohn in 5 und 2 ½ Silbergroschenstücken erhalten habe und von diesem letzteren Gelde ihm nach dem Ankaufe verschiedener Sachen noch 1 Rthlr. übrig geblieben sei, von welchem Reste er jedoch der Kirsch nichts gesagt habe. Um nun aber auch über den Besitz eines zweiten Eintalerstücks sich auszuweisen, erklärte er auf diesfalls ihm gemachte Vorhaltung, er habe dieses Geldstück sich von einem Unbekannten auf dem Birnbaumer Markte gegen kleines Geld eingetauscht. Im Audienztermin endlich hat er über seinen Geldbesitz sich in folgender Weise ausgelassen:

„Dadurch, dass er in Zirke einem Juden (dem Bäcker) einen Doppeltaler gestohlen, von dem Müller 1 Rthlr. Lohn in Münze erhalten und seine Taschenuhr für 2 Rthlr. 15 Sgr., worunter ein Eintalerstück sich befunden, verkauft habe, sei er in den Besitz von 5 Rthlr. 15 Sgr. gekommen. Von diesem Betrage habe er nur 2 Rthlr. 15 Sgr. verbraucht und den Überrest von 3 Rthlrn., mit dem Doppeltaler und einem einfachen Taler, bei Müller unter der Scheunenschwelle versteckt. Zu diesem Gelde sei noch der Überrest bei ihm von der Kirsch zum Birnbaumer Markt auf seinen Lohn gegebenen Gelder gekommen, für welchen er sich ein Eintalerstück eingewechselt habe. Der Kirsch habe er von allem diesem Gelde nichts gesagt.“

Bei den mehrfachen Widersprüchen in den vorstehend angeführten, zum Teil ganz beweislosen Erklärungen des Malcher ist anzunehmen, dass dieselben wenigstens teilweise auf einen Erdichtungen beruhen, zu welchen der Angeklagte seine Zuflucht genommen hat, um den aus dem Besitz des Zweitalerstücks und der beiden Eintalerstücke gegen ihn sich ergebenen Verdacht zu beseitigen. Dafür spricht es übrigens auch, dass nach der Bekundung der verehelichten Kirsch:

Malcher, als er von Fraustadt zu ihr kam, ihr sagte, dass er kein Geld habe und von ihr solches verlangte, unter der Angabe, dass er von seinem früheren Dienstherrn noch 4 Rthlr. rückständigen Lohn zu fordern habe und eine Klage anstellen wolle,

und

dass ferner derselbe, als er von dem einige Tage vor dem 8. Juni 1855 stattgehabten Birnbaumer Markte, zu welchem er von der Kirsch 3 Rthlr. auf seinen Lohn erhalten hatte, mit dort von ihm gekauften Stoffen und Kleidungsstücken nach Hause zurückkehrte, der Kirsch erzählt hat, er habe sein ganzes Geld bis auf einen Dreier ausgegeben und nicht einmal Schnaps, sondern nur Bier getrunken.

8.       Bei den in Betreff des gestohlenen Gutes angestellten Ermittlungen ist nun auch noch ein ferneres und zwar gegen den Angeklagten mehr direkt sprechendes Beweismoment hervorgetreten.

Von dem vorstehend unter Nr. 6. a. erörterten Umstande, dass die Emilie und die Ernestine Kirsch am Todestage der Witwe Kobling getrocknetes Obst von dem Malcher erhalten, hatten diese Kinder in der Untersuchung anfangs bei ihrer Vernehmung nichts erwähnt und erst später war diese Tatsache von den Tagearbeiter Wilhelm Kobling, einem Sohne der Getöteten, auf Grund eines ihm zu Ohren gekommenen Gerüchts bei den Akten zur Sprache gebracht worden. Bei der hierauf veranlassten weiteren Vernehmung der Emilie Kirsch und im Audienztermin gab dieselbe Folgendes an:

„Nachdem der Malcher am 8. Juni Mittags auf dem Felde ihr zugepfiffen, sei er schon vor ihr nach Hause gegangen. Als sie demnächst nach Hause gekommen, habe sie denselben dort in der Stube der alten Kobling angetroffen. Hier sei er beschäftigt gewesen, einen dort stehenden Kasten (die Throne) zu durchsuchen und dabei habe der geäußert:

„wenn er doch das Papiergeld finden könnte, welches ihre Mutter der alten Kobling geben“

„Sie habe nun dem Malcher gedroht, es der Mutter zu sagen, und es habe darauf derselbe ihr dies verboten, ihr vier getrocknete Pflaumen gegeben und die Äußerung gemacht:

„wenn sie etwas sagen würde, werde er ihr die Fresse breit schlagen.“

„Aus Furcht, von dem Malcher geschlagen zu werden, wenn er wieder loskomme, habe sie den Vorfall bei ihrer früheren Vernehmung verschwiegen.“

„Den Kasten (die Throne ?) habe der Malcher mit der Axt erbrochen.“

Diese späte Deposition der Emilie Kirsch gewinnt dadurch an Glaubwürdigkeit, dass nach Aussage der verehelichten Kirsch deren ebengenannte Tochter den Vorfall ihr in ziemlich ähnlicher Weise erzählt hatte, als ihr vor dem Termine, wo jene Angabe der Emilie Kirsch zuerst erfolgt, von ihrer Mutter ernstlich zugeredet worden war, Alles zu sagen, was sie in Beziehung auf eine Schuld des Malcher an dem Tode der Witwe Kobling wisse. Bei dieser Mutter gemachten Erzählung soll sie dem Angeklagten die Äußerung in den Mund gelegt haben:

„wenn er doch die Pelzflecke finden könne, welche ihre (der Emilie) Mutter der alten Großmutter gegeben habe“,

und ist in dieser Beziehung zu bemerken, dass nach der Versicherung der verehelichten Kirsch und ihrer Tochter Emilie die alte Kobling – was auch Malcher zugegeben – Papiergeld mit dem Ausdrucke „Pelzflecke“ zu bezeichnen gepflegt hat.

9.       Auch durch die Art des Benehmens, welches der Angeklagte nach dem Verschwinden der Witwe Kobling gezeigt hat, wird der gegen ihn entstandene Verdacht in mehrfacher Hinsicht unterstützt.

a)      Als der Gottlob Kobling noch gleich am Abend des 8. Juni dem Malcher auf dem Kirschschen Hofe zurief:

„wo er, Malcher, seine, des Kobling, Mutter gelassen habe, er habe sie gewiss umgebracht“,

hat er nach Angabe des Kobling – statt diese Beschuldigung von sich abzulehnen – still geschwiegen; auch will der Kobling bemerkt haben, dass bei dieser Gelegenheit sowohl der Angeklagte, als auch die verehelichte Kirsch, welche mit gegenwärtig war, sich im Gesichte verfärbten

b)      Weder nach dieser Bezichtigung bis zum Eintritt seiner Bewachung, noch auch vorher am Nachmittage hat der Malcher seinerseits Nachforschungen nach dem Verbleiben der alten Kobling angestellt. Zu der Emilie Kirsch hatte er, deren Bekundung nach, als sie ihn nach der Großmutter fragte, gesagt: „sie sei immer fort nach dem Eichkruge zu gegangen.“

c)       Während der Angeklagte am Vormittage des 9. Juni in der Wohnstube der verehelichten Kirsch unter Bewachung gehalten wurde, fiel es dem Eigentümer Rau auf, dass er in der Zeit, wo nach der alten Kobling auf der Kirschschen Besitzung gesucht wurde, seine Blicke aus den Fenstern jener Stube anhaltend erst nach den Kartoffelgruben, in deren einer später den Speck und das getrocknete Obst gefunden wurden, und demnächst nach dem kleinen Stalle, wo damals die Leiche der alten Kobling noch vergraben lag, hinrichtete, auch überhaupt die suchenden Personen fortwährend mit den Augen verfolgte. Rau machte hiervon dem Eigentümer Büttner Mitteilung und dies gab Veranlassung zu einer genaueren Nachforschung in jenem Stalle, wobei denn der Leichnam entdeckt ward. Dass Malcher bei der gedachten Gelegenheit öfters nach dem kleine Stalle hingesehen, hat er selbst auch eingeräumt und als Grund, weshalb er es getan, angegeben, es sei ihm, als er am Tage vorher Mittags mit den Kindern vom Felde nach Hause gekommen, aufgefallen, dass der Hofhund, den die Kinder mit auf das Feld gehabt hätten, gebellt und eine Spur nach dem kleinen Stalle gesucht habe. Jenes Benehmen des Angeschuldigten lässt vermuten, dass derselbe damals gewusst, wo der Leichnam der Kobling und ein Teil der abhanden gekommenen Sachen derselben zu finden war und dass er fürchtete, es werde auch in dem kleinen Stalle und in den Kartoffelgruben eine sorgfältigere Nachsuchung gehalten werden.

d)      Als der Malcher nach Auffindung der Leiche zu dem kleinen Stalle hingeführt wurde und der Gottlob Kobling hier zu ihm sagte:

„Siehst Du, da liegt meine Mutter, Du hast sie totgeschlagen“,

erwiderte er zwar ganz dreist:

„Ich habe sie nicht totgeschlagen und nicht dahin gebracht“,

und ebenso hat er bei der Rekognition des Leichnams der Kobling sich anfangs dreist benommen und lächelnd geantwortet. Der Untersuchungsrichter hat jedoch registriert, dass dabei und während der Sektion der Leiche sein Benehmen ein erzwungenes gewesen und unverkennbare Spuren seiner inneren Bewegung gezeigt habe, dass unter Anderem der Schlag seines Herzens durch die Kleidung sich habe wahrnehmen lassen, und dass der Malcher bei der Sektion zweimal anscheinend ohnmächtig niedergefallen, aber, nachdem ihm Wasser ins Gesicht gespritzt worden, sogleich wieder aufgestanden sei.

10.   Der Umstand, dass der Leichnam der Witwe Kobling in einem Stalle des Kirschschen Gehöfts und die vermissten, ihr zugehörigen Lebensmittel in einer Kartoffelgrube in nächster Nähe desselben gefunden worden, spricht sehr dafür, dass ein Hausgenosse der Kobling das Attentat auf dieselbe und die vorgefallene Entwendung an ihrem Eigentum verübt habe, und dieser Hausgenosse kann nicht füglich ein Anderer als der Malcher gewesen sein, da an dem Vormittage, wo die Tat geschehen, alle übrigen erwachsenen Mitbewohner des Kirschschen Gehöfts außer ihm, von dort entfernt waren, und keines der von ihnen nicht mitgenommenen, noch ganz jugendlichen Kinder der Verdacht einer Schuld an der Tötung der Kobling treffen kann.

Der Annahme, dass möglicherweise ein Fremder das Verbrechen begangen haben könnte, steht überdies außerdem, was in dieser Beziehung bereits oben bei Nr. 2 bemerkt worden, auch noch Folgendes entgegen.

Der Stall, in welchem der Leichnam der Kobling vergraben lag, war, wie schon oben erwähnt worden, zur Zeit der Leichenauffindung mit Nadelstreu eingestreut. Aus der Beschaffenheit dieser Streu haben die Eigentümer Rau und Büttner gefolgert, dass dieselbe noch nicht länger, als höchstens einen Tag und eine Nacht hindurch gelegen haben könne. Bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung hatte der Malcher angegeben, er habe am Nachmittage des 8. Juni den Stall frisch eingestreut; im Audienztermine aber wiederrief er dies, indem er nunmehr behauptete, dass das Einstreuen an jenem Nachmittage durch die verehelichte Kirsch geschehen sei. Letztere, hierüber befragt, hat solches, auch bei der Konfrontation mit dem Malcher, entschieden in Abrede gestellt. Nimmt man an, dass derjenige, welcher den Leichnam der alten Kobling im Stalle verscharrte, die Einstreuung des Stalles vorgenommen, um dadurch die auf dem Fußboden von der Eingrabung zurückgebliebenen Spuren zu verdecken, so muss derselbe sich nach Verscharrung der Leiche noch einige Zeit hindurch in dem Stalle aufgehalten haben. Aber auch schon vorher musste sein Verweilen daselbst nach vollbrachter Tötung der Kobling ein länger fortgesetztes gewesen sein. Denn es haben, während der Gendarm Gebhardt die Meinung geäußert, dass das Graben der Grube, in welcher der Leichnam gelegen, höchstens einen Zeitaufwand von 10 Minuten erfordert haben könne, der Polizei-Distrikts-Kommissarius Pascal, der Schulze Furchheim und der Eigentümer Büttner sich – übereinstimmend mit der Äußerung des Malcher selbst – dahin ausgesprochen, dass die Ausgrabung jener Grube in dem festen Erdboden des Stalles nicht in kürzerer Zeit als ½ Stunde habe vollendet werden können. Hiernach und da auch das Verbergen des Speckes und der Säckchen mit getrocknetem Obst in der Kartoffelgrube einige Zeit gekostet haben muss, könnte derjenige, welcher die Kobling umgebracht, wenn er nicht etwa, wie der Defensor des Malcher – jedoch mit ziemlicher Unwahrscheinlichkeit – vermutet, die Grube im Stalle schon vorher ausgegraben hat, den Ort der Tat nicht viel früher als eine Stunde nach Vollbringung der Tötung verlassen haben. Kaum denkbar aber ist es, dass ein Fremder, welcher das Verbrechen verübt, sich am Orte desselben, auch wenn er sich zu scheuen hatte, das entwendete Gut bei hellem Tage mit sich fortzuschleppen, noch eine so lange Zeit hindurch, nur um dasselbe zu verbergen und die Leiche der Kobling zu vergraben, aufgehalten und dadurch der Gefahr der Entdeckung und Ergreifung ohne Not sich ausgesetzt haben sollte.

Tritt nun auch noch hinzu, dass der auf der Kirschschen Besitzung gehaltene Hofhund, welcher nach Aussage der Emilie und der Ernestine Kirsch am Todestage der alten Kobling Vormittags mit den Kinder nicht – wie von Malcher behauptet worden – auf das Feld gelaufen, sonder zu Hause geblieben war, und den die Emilie, wie sie später angegeben, hat bellen hören und auf das Feld hat kommen sehen, nach Angabe der verehelichten Kirsch ein sehr wachsamer gewesen ist und eine ihm unbekannte Person nicht leicht in das Haus gelassen habe würde, so schwindet danach jede Wahrscheinlichkeit, dass ein Fremder das vorliegende Verbrechen begangen habe, und es bleibt vielmehr der Verdacht der Tat lediglich auf dem Malcher haften, der in der Frist, während welcher er am Vormittage des 8. Juni sich auf der Kirschschen Besitzung mit der alten Kobling und dem kleinen Wilhelm Kobling allein befand, vollkommen Zeit gehabt, die Tötung und Vergrabung der Kobling, sowie den Diebstahl und die Unterbringung der entwendeten Viktualien in der Kartoffelgrube vollständig ins Werk zu setzen.

11.   Zu den vorstehend angeführten, zum Teil sehr erheblichen Belastungs-Momenten kommen nun noch einige andere Umstände, die, weil die diesfalls angestellten Ermittlungen nur unbestimmte Resultat gewährt haben, nur als Indizien man einer weniger entscheidenden Bedeutung angesehen werden können.

a)      Blutspuren haben sich, wie schon erwähnt worden, in der Stube der Kobling und sonst auf der Kirschschen Besitzung und deren nächster Umgebung (mit Ausnahme der Grube, wo die Leiche verscharrt war) bei der gehaltenen Nachforschung nicht wahrnehmen lassen. Nach Bekundungen der Gottlob Koblingschen Eheleute sollte indessen die Emilie Kirsch erzählt haben, dass, als sie am 8. Juni (Mittags) vom Felde heimgekommen, viel Blut im Hause gewesen sei und der Malcher einem mit Blut befleckten Knittel zerhackt und verbannt habe. Hierüber befragt, erklärte die Emilie Kirsch in der Voruntersuchung, davon nichts gesehen und auch nichts erzählt zu haben, im Audienztermine aber gab sie an:

dass sie ein halb bebluteten Knüppel vor der Tür gesehen, von dem sie jedoch nicht wisse, wo er geblieben sei.

Ihrer Mutter sollte sie, deren Deposition zufolge, früher Ähnliches erzählt und dabei bemerkt haben, Malcher habe behauptet, dass das kleine Kind gefallen sei und den Knüppel beblutet habe. Etwas Bestimmtes aber hat sich über diesen ganzen Punkt nicht feststellen lassen.

b)      An einem in Beschlag genommenen Rocke des Malcher, welcher schon seit längerer Zeit in der Kirschschen Stube gehangen, haben sich auf dem Ärmel Flecke gefunden, welche von Blut herzurühren schienen. Malcher hat behauptet, dass diese Flecke sich schon an dem Rocke befunden, als er denselben um Ostern 1849 zu seiner Einsegnung gekommen habe. Bei der während des Audienztermines von dem Apotheker Wolf mit Assistenz des Kreisphysikus Dr. Völkel unternommenen chemischen Untersuchung jener Flecke hat zwar nach dem Ausspruche dieser Sachverständigen es sich als ziemlich wahrscheinlich ergeben, dass dieselben von Blut herrührten; es hat aber durch die chemische Prüfung nicht bestimmt werden können, wie lange die Flecke schon an dem Rocke gehaftet hatten und da hierüber auch durch die auf den Antrag des Angeklagten erfolgt Zeugenvernehmung keine Gewissheit erlangt worden war, so hat der Schwurgerichtshof in Übereinstimmung mit dem Staatsanwalt die weitere Verfolgung dieses Indiziums fallen lassen.

c)       Nach Aussage der Emilie Kirsch soll übrigens der Malcher am 8. Juni einen Rock nicht angehabt haben, sondern in Hemdsärmeln gegangen sein. Es kommt dies auch insofern in Betracht, als der Distrikts-Kommissarius Pascal bei Gelegenheit der am 9. Juni 1855 auf der Kirschschen Besitzung vorgenommenen Revision registriert hat:

„der rechte Hemdsärmel des Malcher sei blutig gewesen; – Malcher habe behauptet, dass dem Kinde gestern die Nase geblutet habe, was die Tine Kirche bekunden würde.“

Als über jene Wahrnehmung des Pascal dem Angeklagten im Audienztermine Vorhaltung gemacht wurde, stellte derselbe wiederholt die Behauptung auf:

„dass dem Kinde der Kirsch die Nase geblutet habe und dass davon der Fleck auf sein Hemde gekommen sei“

Es ist jedoch diese Angabe unerwiesen geblieben, da die Ernestine Kirsch, auf deren Zeugnis der Angeschuldigte sich berufen hat, und die Emilie Kirsch ihren Aussagen nach es nicht selbst gesehen, sondern es nur – und zwar Erstere von ihrer Schwester Emilie und Letztere von dem Malcher selbst – gehört haben wollen, dass ihre kleine Schwester Auguste gefallen sei.

Der Kreisphysikus Dr. Völkel hat zwar bei Untersuchung der Kleidungsstücke des Malcher ebenfalls einen farbigen Fleck an dem Hemde desselben wahrgenommen, indes nicht zu entscheiden vermocht, ob derselbe von Blut hergerührt oder nicht.

Betrachtet man nun alle vorstehend dargelegten Verdachtsmomente in ihrem Zusammenhange und in Verbindung damit, dass der Angeklagte, welchen der Distrikts-Kommissarius Pascal schon früher für einen abgefeimten Menschen gehalten und aus Lewitz-Hauland, jedoch ohne Erfolgt, polizeilich ausgewiesen hat, bereits zwei Mal wegen Diebstahls bestraft worden ist, so erscheint die Annahme gerechtfertigt:

dass der Angeklagte am 8. Juni 1855 die Witwe Kobling in diebischer Absicht ums Leben gebracht und Geld derselben, sowie auch andere Gegenstände ihres Eigentums aus ihrer Behausung entwendet hat.

Zur Beseitigung von Bedenken, welche gegen diese Überzeugung nach den Ergebnissen der Untersuchung möglicherweise noch erhoben werden könnten, dürften die folgenden Bemerkungen dienen, in welchen namentlich auch der hinsichtlich der Tötung der Kobling gegen andere Personen als den Malcher, im Laufe der Untersuchung angeregte Verdacht eine noch nähere Würdigung finden wird.

A.      Der Angeklagte hat, wie schon oben (conf. Nr. II. 3.) angeführt worden, den Bruder der verehelichten Kirsch, Tagelöhner Hecker, zu bezichtigen gesucht, dass er die alte Kobling aus dem Leben geschafft habe. Schon früher hatte er auch auf die Kirsch, ohne dieselbe direkt zu beschuldigen, einen Verdacht zu werfen sich bemüht, indem er angab:

„die Kirsch habe sich oft darüber beklagt, dass sie so viel schönes Geld an die alte Kobling und für Gerichtskosten ausgeben müsse und oft den Wunsch geäußert, dass Gott doch die alte Kobling zu sich nehmen möge.“

Als er später mit der Bezichtigung gegen den Hecker hervortrat, erwähnte er dabei auch der verehelichten Kirsch, indem er angab, dieselbe habe am Nachmittage des Todestages der Kobling, nachdem er ihr von dem am Vormittage stattgehabten Erscheinen ihres Bruders Mitteilung gemacht, heimliche Gespräche mit ihm, dem Malcher, gehabt, dabei zu ihm gesagt, er solle nichts darüber sprechen, dass sie den Schafsstall eingestreut habe, und ferner gegen ihn geäußert:

„Das alte Pferd (die Witwe Kobling) werde weder von dem radligen Korn, noch auch von dem Korn ohne Rade etwas bekommen; er, Malcher, solle aber nichts davon sagen, sie wolle ihm 50 Rthlr. geben.“

Durch den oben gedachten von Hecker geführten vollständigen Beweis seines Alibi ist indes nicht nur jeder Verdacht einer Schul desselben an dem Tode der Kobling gänzlich widerlegt, sondern es erscheinen danach auch die vorerwähnten Äußerungen der Kirsch, welche getan zu haben dieselbe hat, ebenfalls als Erdichtungen, deren der Malcher, um den Schuldverdacht von sich ab- und auf Andere zu wälzen, sich bedient hat.

B.      In einer zu den Untersuchungsakten gekommenen, an die Staatsanwaltschaft zu Meseritz gerichteten Eingabe, welche nach der Unterschrift von den Gottlob Koblingschen Eheleuten, den Eheleuten Wilhelm Kobling und der Ernestine Kobling herrührt, ist beantragt worden, die verehelichte Kirsch als Komplizin des Malcher mit zur Untersuchung zu ziehen, indem behauptet wurde, dass dieselbe aus Interesse wegen des Altenteils, welches sie der alten Kobling zu gewähren gehabt, die Anregung zu deren Tötung gegeben habe. Bei ihren Vernehmungen haben auch der Gottlob Kobling und dessen Ehefrau Beate Kobling Angaben über ein sehr vertrautes Verhältnis der Kirsch mit dem Malcher gemacht und namentlich hat die Beate Kobling angeführt, jene Beiden hätten alle Nächte zusammen geschlafen, wie man durch eine zwischen der Stube der Kobling und der Kirsch befindliche gewesene Öffnung habe sehen können. Über das Altenteil sollen nach den Bekundungen dieser Zeugen zwischen der Kirsch und der alten Kobling vielfach Streitigkeiten stattgefunden haben und nach der Versicherung der Beate Kobling hat die Kirsch einmal geäußert:

„Solang die kleine Stube (der alten Kobling) nicht rein sei, bringe die Wirtschaft nichts Rechtes.“

Auch will der Gottlob Kobling gehört haben, wie die Kirsch bei ihren nächtlichen Gesprächen mit dem Malcher wiederholt sagte:

„sie wolle das Ausgeding nicht mehr geben“

Von öfteren Streitigkeiten über das Altenteil zwischen ihrer Mutter und der Kirsch hat endlich auch die Ernestine Kobling in ihren Aussagen gesprochen und dabei bemerkt, die Kirsch habe öfters gesagt:

„Die kleine Stube müsse erst rein werden, sonst werde es mit ihr Nichts, das Altenteil fresse Alles auf.“

Ob und in wieweit alle diese Angaben in der Wahrheit beruhen, oder etwa einer Animosität der Zeugen ihren Ursprung verdanken, mag dahingestellt bleiben. Einen Anlass, aufgrund derselben auch gegen die Kirsch eine Anklage zu erheben, haben die Gerichtsbehörden nicht gefunden; vielmehr ist die Kirsch, nachdem sie in Folge der von dem Malcher gegen ihren Bruder vorgebrachten Bezichtigung anfangs verhaftet worden war, durch Beschluss des Kreisgerichts zu Meseritz vom 17. November 1855 ausdrücklich außer Verfolgung gesetzt worden.

Da sie erwiesenermaßen zu der Zeit, innerhalb welcher die Tötung der alten Kobling erfolgt sein muss, sich am Orte der Tat nicht anwesend befand, so kann sie auch dieselbe nicht vollführ oder an deren Ausführung persönlich Teil genommen haben. Wäre sie aber auch wirklich, was anzunehmen kein hinreichender Grund vorliegt, die Anstifterin der Tat gewesen, so würde diese ihre intellektuelle Urheberschaft die Schuld des Malcher, als des eigentlichen Täters, in keiner Weise aufheben.

Gegen den von den Geschworenen wieder ihn – noch der Anzeige des Schwurgerichts-Vorsitzenden mit 10 Stimmen gegen 2 (die nur die Überlegung der Tat nicht für erwiesen haben annehmen wollen) – abgegebenen Wahrspruch lässt sich daher in keiner Art ein Bedenken erheben. Insbesondere wird es in Rücksicht auf den mit der Tat verbunden gewesenen Diebstahl nicht wohl in Zweifel gezogen werden können, dass die Tötung der Kobling mit Vorsatz begangen worden, da der Malcher, wenn er auch vielleicht die Entwendung, ohne die Kobling gerade völlig totzuschlagen, hätte ausführen können, doch der Entdeckung und Bestrafung zu entgehen nicht hoffen durfte, falls es die Kobling nicht ganz aus dem Leben schaffte, Dafür endlich, dass er auch mit Überlegung die Kobling getötet, spricht der oben (bei Nr. II. 2.) angeführte Umstand, dass er am 8. Juni 1855 Vormittags um 10 Uhr die Emilie Kirsch von Hause fort mit dem Befehl sandte, nicht eher, als bis er sie rufe, nach Hause zurückzukehren. Auch lässt es sich nicht wohl anders denken, als dass der Angeklagte, welcher früher schon mehrfach gestohlen, bei seinem Entschluss, an Sachen der Kobling einen Diebstahl zu begehen, bevor er zur Tat Anstalt machte, sich auch alle Mittel zu deren Ausführung und hierunter auch die Tötung der Kobling überlegt habe.

In Betreff der Entscheidung der Geschworenen über die Schuldfrage hat übrigens der Schwurgerichts-Vorsitzende in seinem Berichte über die betreffenden schwurgerichtlichen Verhandlungen noch speziell bemerkt, dass, da gerade für die Anklagesache wider Malcher die intelligenteren Elemente unter den Geschworenen berufen gewesen wären, man ihrem Ausspruche habe mit Ruhe entgegensehen können, dass derselbe demnächst auch überall die vollste Zustimmung erhalten habe und dass namentlich der Schwurgerichtshof die Schuldfrage in gleicher Weise, wie die Geschworenen, entschieden haben würde.

Malcher ist, nachdem die Allerhöchste Bestätigung des Todesurteils in der hergebrachten Form erfolgt ist, am 14. August 1856 hingerichtet. Er ist bis zum letzten Augenblicke bei seinem Leugnen verblieben.