Bentschen / Zbąszyń unter preußischer Herrschaft – 1793

Otto Jonas verfasste in seinem Buch die unterschiedlichsten Aspekte der Geschichte Bentschen’s, in diesem hier wiedergegebenen Ausschnitt geht es um die Regulierung der Ablösung der alten Gerechtsamen nach langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen:

„Durch die zweite Teilung Polens kamen Stadt und Herrschaft Bentschen im Jahre 1793 unter preußische Herrschaft.

Die Stadt hatte damals 1.050 Einwohner, darunter 146 Juden. Noch immer war die Tuchmacherei die Hauptbeschäftigung der Bürgerschaft geblieben. Man rechnet, dass in Bentschen jährlich für mehr 2.600 Taler Tuche gewebt wurden. Der Grundherr, Eduard Garczynski, legte eine Zeugmanufaktur an, in welcher 30 Webestühle beschäftigt wurden.

Die Arbeiter und Weber siedelten sich in der heutigen Webergasse und am Kirchplatz an, mit der evangelischen Kirche die Gemeinde Neuhäuser bildend.

Das Fabrikgebäude (jetzt Wohnhaus des Lokomobilenbesitzers Reinhold Franke) mit dem dazu gehörigen Garten, dem gegenüber gelegenen Gebäude – die Officin (ist nicht mehr vorhanden) genannt -, der bis zum Probsteigrundstück reichenden und der jenseits des Dammes gelegenen Wiese wurde von Garczynski im Jahre 1826 an den Kapitän von Sawicki für 1.900 Taler verkauft.

Die Herrschaft Bentschen ging im Jahr 1797 in den Besitz des polnischen Rittmeisters Stefan von Garczynski für 1.060.000 polnische Gulden oder 176.666 Reichstaler über. Zur Herrschaft Bentschen gehörten:

  • Stadt und Schloß Bentschen,
  • Dammer,
  • Schrompe,
  • Bohlener Hauland,
  • Pierschin,
  • Neudorf,
  • Brandorf,
  • Nandel,
  • Stefanowo mit Stefanowo-Hauland
  • Jastrzemski,
  • Rajewo,
  • die Gemeinde Neuhäuser,
  • Weidenvorwerk,Kawczynski,
  • Strese,
  • Konti,
  • Lomnitz,
  • Kroschnitz,
  • Bilawy,
  • Kopce,
  • Grubsker Hauland,
  • Kuniker Hauland,
  • Amtskassner Hauland,
  • Lentschen Hauland
  • Zisker Hauland,
  • Przychodzker Hauland,
  • Jastrzemsker Hauland und
  • Vorwerk Ewandowo.

Nach dem unterm 27. und 28. September 1820 abgeschlossenen Erbrezess nach Stephan von Garczynski wurde die Herrschaft Bentschen aufgeteilt und es erhielt

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Kammerherr Thaddäus von Garczynski: Stadt und Schloss Bentschen, Gr. Dammer, Schrompe, Bohlener Hauland, Pierschin, Neudorf, Nandel, Stefanowo und Stefanowo Hauland, Jastrzemski, einen Teil von Brandorf, den zu Rajewo gehörigen Wald nebst Erlenbusch und die Gemeinde Neuhäuser;

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Victor von Bronikowski und Alexandra, geborene von Garczynski: Grubsker- und Kuniker Hauland, Vorwerk Ewandowo, Lomnitz, Kopce, Bilawy, Amtskassner-, Lentschen-, Zisker- , Przychodsker-, Jastrzemsker-Hauland, Weidenvorwerk, Kawczynski, Konti, Rajewo, Strese, den größten

Panorama Ansicht Bentschen – im Hintergrund die alte ehemalige evgl. Kirche / Postkartenausschnitt

Teil von Brandorf und Kroschnitz

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Victor von Bronikowski verkaufte im Jahre 1828 an den Bauinspektor Opitz: Lomnitz, Kroschnitz, Bilawy, Kopce, Amtskassner-, Lentschen-, Zisker-, Przychodsker-, Jastrzemsker-, Grubsker- und Kuniker-Hauland und den Kawczynsker Wald

und an den Baron von Gersdorff im Jahr 1827: Weidenvorwerk, Kawczynski, Konty, Rajewo, Strese und den Anteil von Brandorf.

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Der Kammerherr von Garczynski verkauft im Jahre 1826 an den Baron von Schwartzenau: Gr. Dammer, Schrompe und Bohlener Hauland

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Durch die fortschreitende Abholzung des Waldes und Urbarmachung brachliegender Äcker verloren die Bentschener Bürger mehr und mehr das durch das Privilegium des Grundherrn Zbaski ihnen im Jahr 1568 gewährte Holz und Weiderecht.

So kam es 1805 schon zum Prozeß. Als nun gar eine beträchtliche Anzahl von Gütern von der Herrschaft Bentschen abverkauft wurden, und die nunmehrigen Besitzer von den alten Privilegien nichts wissen wollten, entbrannte der Streit aufs Neue.

Auf Grund des erwähnten Privilegiums, wonach

„sie – die Bürger – werden auch Freiheit haben, die Wälder und die Heiden frei zu gebrauchen, sowohl zum Bau als zum Brennen“ und „sie werden auch frei Hütung haben für ihr Vieh auf ewige Zeiten auf den Feldern, Heiden und Wäldern

entschied das Landgericht Meseritz in dem von der Bentschener Bürgerschaft gegen den Grafen von Garczynski angestrengten Prozeß durch Urteil vom 24. Mai 1824 „dass das Dominium Bentschen nicht schuldig sei, der klagenden Bürgerschaft ihren Bau- und Brennholzbedarf unentgeltlich zu verabfolgen, vielmehr sie – die gedachte Bürgerschaft – nur berechtigt sei, durch einen Bürger soviel Raff- und Leseholz aus der Bentschener Heide zu holen, als er mit einer Trage oder mit einem Schubkarren fortzubringen imstande ist, und wenn das Holzholen mit einem Wagen geschehen sollte, die Bürger für einen Wagen mit Pferdegespann 4 Scheffel, für einen Wagen mit Ochsengespann 2 Scheffel Hafer an das Dominium zu entrichten gehalten und dass die Bürgerschaft auch ferner, wie bisher, in der Bentschener Forst mit ihrem Vieh zu hüten befugt, jedoch verpflichtet sei, sich einen gemeinschaftlichen Hirten zu halten, und mit dem Antrage auf freie Weide auf den Dominialgrundstücken abzuweisen.“

Das Urteil des Königlichen Ober-Appellationsgerichts zu Posen vom 5. Jul 1838, bestätigt durch Entscheidung des Königlichen Geheimen Ober-Tribunals zu Berlin vom 17. Januar 1840, stellt nicht nur fest, dass die Abgabe von Hafern für das Holzholen mit Gespannen nur eine jährlichen sein kann, sondern spricht auch der Bürgerschaft die Holz- und Weidegerechtigkeit auf sämtlichen zur ehemals ungeteilten Herrschaft Bentschen gehörigen Gütern zu.

Die von der Bürgerschaft gezahlten Prozeßkosten betrugen 396 Taler.

Als man sodann feststellte, welche Entschädigung für die von 1805-1840 entzogenen Holz- und Weidenutzungen zu fordern wäre, kam man zu folgenden Ergebnissen:

Das Weidegeld für eine Kuh betrug

  • 1805-1817 jährlich 2 Taler, von 1817-1830 2 ½ Taler, von 1840 ab 2 Taler
  • Ein Scheffel Hafer kostete 1805 1 Taler 13 Silbergroschen, ging zurück auf 15 Silbergroschen im Jahr 1810 und hielt sich in dieser ungefähren Höhe bi 1839.

Man zählte in der Stadt:

  • 1805 – 57 Grundbesitzer, 123 Hausbesitzer, 28 Bürger ohne Besitz,
  • 1840 – 66 Grundbesitzer, 129 Hausbesitzer, 60 Bürger ohne Besitz
  • 1805 – 32 Pferde, 8 Ochsen, 45 Kühe, 15 Stück Jungvieh,   86 Schafe und   75 Schweine
  • 1840 – 55 Pferde, 6 Ochsen, 152 Kühe, 56 Stück Jungvieh, 350 Schafe und 280 Schweine

Während also in den 1805 bis 1840 die Zahl der Grund- und Hausbesitzer ziemlich gleich blieb, vermehrte sich der Viehstand bedeutend.

Die Bentschener Viehweide befand sich an dem heutigen Ernestinowo und Konti, sowie zu beiden Seiten der Grätzer Landstraße.

Dem vielen Streit wurde erst ein Ende gemacht, als man sich entschloß, die alten Gerechtsamen abzulösen.

Die Stadt Bentschen erhielt als Entschädigung für die Aufgabe der Holz- und Weidegerechtigkeit und die ihr früher entgangenen Nutzungen mit Wirkung vom Jahr 1843

  • vom Dominium Lomnitz: eine am Lomnitz-Kroschnitzer Wege belegene Waldparzelle von 40 Morgen
  • vom Dominium Bentschen: eine zu beiden Seiten der Grätzer Landstraße bei Stefanowo belegene Waldparzelle von 50 Morgen und 900 Taler bar
  • vom Dominium Groß Dammer: eine rechts an der Bentschen-Tirschtiegeler Chaussee an der Grenze von Strese belegenen Waldparzelle von 38 Morgen und die an der Chaussee nach Meseritz belegene sogenannte Lämmerwiese von 8 Morgen.

Durch Rezeß vom 25. Februar 1848 wurde das der Gutsherrschaft Weidenvorwerk auf den Grundstücken der Gemeinde Rajewo zugestandene Weiderecht aufgehoben und die Gemeinheitsteilung und „spezielle Separation“ der Grundstücke auf der Feldmark Rajewo vorgenommen.

Das Dominium  Weidenvorwerk trat sämtliche auf der linken Seite der Obra und der Feldmark Rajewo belegene Grundstücke in der Größe von 259 Morgen mit dem Schafhütungsrecht, welches der Gutsherrschaft Weidenvorwerk auf den bäuerlichen  Grundstücken in der Feldmark Rajewo zustand, an die Bürgerschaft Bentschen ab.

Danach findet auf der Feldmark Rajewo eine gänzliche Aufhebung der gemeinschaftlichen Hütung statt, zugleich erfolgt eine besondere Aufteilung der Grundstücke. Von den zur Teilungsmasse gegebenen Grundstücken werden 8 Morgen 126 Quadrat-Ruten vorbehalten als Bauplatz für eine neue Schule und 5 Morgen 66 Quadrat-Ruten Schulzenland; von den nun zur Verteilung kommenden Grundstücken erhält die Stadt Bentschen 328 Morgen. Das Schulland (in der Bahnhofstraße belegen) soll verpachtet und der Pachterlös einem Schulblaufonds zugeführt werden.

Das Dominium Weidenvorwerk tritt im Jahr 1858 die bei der Abfindung vorbehaltene Rohrnutzung auf den der Stadt überlassenen Wiesen der Stadt Bentschen ab und erhält dafür 200 Taler bar und die vom Dominium Lomnitz der Stadt als Abfindung überwiesene Parzelle am Lomnitz-Kroschnitzer Wege – von Holz vollständig abgeräumt – zum Eigentum.

Beseitigte schon die Städteordnung von 1808, welche die Mediatstädte aufhob, den gutsherrlichen Einfluß in allen städtischen Angelegenheiten, so zögerte die Bürgerschaft auch nicht mehr mit der vollständigen Auseinandersetzung gegenüber der Gutsherrschaft.

Die Befreiung der Stadt von den Verpflichtungen gegen die Grundherrschaft erfolgte bereits in den 30er Jahren des vorigen Jahrhundert.

Die Grundherrschaft beanspruchte den Grundzins von jedem Haus und Grundstück in Summa etwa 266 Taler jährlich, ferner bei allen Grundstückveräußerungen 10 Prozent des Kaufpreises, von jedem Brauer drei viertel Malz von jedem Gebräu, von den 14 Branntweinschenken der Stadt jährlich eine Abgabe von je 1 Taler 20 Silbergroschen, von den 6 Branntweinschenken der Vorstadt jährlich je 12 Taler, von jedem Fleischer jährlich je 3 Taler, von jedem Bäcker 1 Taler und einen Striezel;  das Schuhmachergewerk zahlte 12 Taler, die Kaufmannschaft 40 Taler und die Juden ein Schutzgeld von 126 Talern. Nach langwierigen Verhandlungen einigte man sich dahin, diese schweren Lasten durch eine Kapitalisierung der Renten abzulösen.

Das zum Gut gehörige Recht zur Erhebung eines Damm-, Brücken- und Pflasterzolles und eines Marktstandgeldes in der Stadt Bentschen, übereignete der Grundherr Garczynski im Jahre 1827 an den Kaufmann Isaac Marcussohn in Brätz für eine Summe von 400 Talern und einen jährlichen Kanon von 80 Talern. Im Jahre 1879 kaufte die Stadt dieses auf die Kaufleute Bornstein und Lewin übergegangene Recht für 4.700 Mark.

Von der Verpflichtung, das Straßenpflaster ausbessern und neu herstellen zu lassen, befreite sich im Jahre 1879 der damalige Besitzer der Herrschaft Bentschen, Graf zu Lippe, durch Zahlung einer Abfindungssumme von 13.500 Mark.“

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Quelle: Der Text wurde übernommen aus „Stadt und Schloß Bentschen“ von Otto Jonas, Bentschen – Druck von Carl Albrecht 1909