Erklärung der Bezeichnung „Nachbar“

Blick ins Dorf Sontop - Okt 2009 - Foto PM - Ein Dorf von "Nachbarn"

. . .

Erklärung der Bezeichnung „Nachbar“

http://oledry.pl/de/die-ersten-burgermeister-der-stadt/

* * *

Immer wieder taucht in den alten Kirchenbüchern die Standes- bzw. Berufsbezeichnung „Nachbar“ auf. Oft wird die Frage gestellt, was eigentlich unter diesem Begriff zu verstehen ist.

Den Gruß „Hallo Nachbar“ zu demjenigen, der das neben dem eigenen gelegene Grundstück bzw. die neben der eigenen Wohnung liegende bewohnt ist wohl der Mehrheit bekannt. Und vielleicht ist dieses freundliche „Hallo Nachbar“ sogar ein Rest der eigentlichen Standesbezeichnung „Nachbar“? Nur hat in der Vergangenheit der Begriff „Nachbar“ eine andere und weitreichendere Bedeutung gehabt!

Mit der Anwerbung von Kolonisten wurden die Rechte und Pflichten dieser in den sogenannten Privilegien (siehe dort) geregelt. Eine Besonderheit war, das die damalige Herrschaft also die eigentlichen Besitzer der Gegend in denen die Siedler sich gedachten niederzulassen, diesen Vertrag, denn ein solcher ist ein Privilegium, nicht mit einzelnen Personen abgeschlossen hat, sondern mit der Dorfgemeinschaft. Ein jeder dieser Dorfgemeinschaft galt jedoch als zukünftiger Eigentümer des Anwesens, welches er von der „Herrschaft“ gegen Zahlung von Steuern und auch gegen Abgabe von Naturalien und Leistung von Diensten erwerben wollte – es ist also ein deutliche Unterscheidung zu dem Einwohner oder Einlieger in einem Dorf gegeben.

Die „Nachbarn“, also die Mitglieder dieser Dorfgemeinschaft, verpflichteten sich gemeinsam zur Begleichung der an den Grundherrn zu leisteten Gelder, Naturalien und Diensten. Sie wählten aus Ihrer Mitte den Dorfschulzen (- mehr oder weniger der uns bekannte Bürgermeister), der dann zum Sprecher der Gemeinschaft wurde – der Grundherr blieb jedoch die oberste Instanz. Man achtete gegenseitig aufeinander, dass die Anwesen ordentlich bewirtschaftet wurden, sodass von einem Jeden den auf seinem Grund lastenden Anteil, der an den Grundherrn abgeführt werden musste auch geleistet werden konnte. Sollte einmal durch Krankheit oder auch Tod ein Mitstreiter dieser Gemeinschaft ausfallen, so waren die Anderen in der Verpflichtung den Anteil desjenigen der ausfiel auszugleichen; einem Grundherrn entstand kein Minderertrag mit dieser Regelung.

Die Devise dieser Ansiedlungen war:        EINER FÜR ALLE – ALLE FÜR EINEN

Und die Angehörigen dieser Gemeinschaft, dieser Menschen, die füreinander da waren, da sein mussten, da sie den Ansiedlungsvertrag gemeinsam eingegangen waren, sie nannten und beanspruchten für sich in dieser ihrer geschlossenen Gemeinschaft den Titel „Nachbar“.