Warenhandel und Geldwesen – Hopfen – 1861

Deutsche Illustrirte Gewerbezeitung

Friedrich Georg Wiecks’s Deutsche Illustrirte Gewerbezeitung

Organ für die Gesammt-Interessen der Industrie und des Gewerbestandes

–  Sechsundzwanzigster Jahrgang 1861 –

Herausgegeben von Dr. Heinrich Hirzel – Privatdecent der Chemie a. d. Universität Leipzig, d. Z. Director der Leipziger Polytechn. Gesellschaft.

Die Aufmachung dieser Zeitschrift ist schon ein Kunstwerk für sich, siehe Abbildung links

Hier geht es jdeoch um das Kapitel: Warenhandel und Geldwesen

Die kleine verschlafene Provinzstadt Neutomysl erregte zumindest mit einem Landwirtschaftserzeugnis Aufsehen in Europa; dem HOPFEN

Die Hopfen-Ernte in der Umgegend von Neutomysl im Kreise Buk, Provinz Posen.

Die Ernte des Jahres 1860 hat, trotz vielfacher Witterungs-Schwankungen den günstigen Ertrag einer dreiviertel Ernte gewährt. Es sind circa 20.000 Centner eingebracht, und zwar eines Products, welches sich durch Lupulin-Reichthum, Aroma und Doldenbau vor den Producten des Auslandes auszeichnet. Auch bezüglich der Quantität ist die Ernte des Auslandes, mit Ausnahme Amerikas, welches eine dreiviertel Ernte hatte, als eine viel ungünstigere zu bezeichnen. England, welches sonst bei einer vollen Ernte im Stande ist, den ganzen Hopfenbedarf des Continents zu decken, hat im genannten Jahre nur eine viertel Ernte, ebenso Frankreich und Belgien; Böhmen hatte eine drittel, Bayern eine kleine halbe Ernte. – Überhaupt hat die Gegend um

Hopfenfeld - Aufn. August 2009 PM

Hopfenfeld - Aufn. August 2009 PM

Neutomysl niemals so ungünstige Ernteresultate gehabt, als das Ausland, so dass totale Missernten niemals stattgefunden haben; man ist hiernach zu der Annahme berechtigt, dass die klimatischen und Boden-Verhältnisse dieser Gegend, wie überhaupt Preußens, für den Hopfenbau günstig sind, und dass die Cultur desselben durch Einführung der richtigen Fechser, durch eine richtige Bearbeitung und anpassende Unterstützung bereits in Neutomysl sich zu einer Höhe emporgeschwungen hat, welche diesem Product selbst die Concurrenz mit den besten Producenten des Auslandes möglich macht. Aber auch der Umfang des Hopfenbaues in Preußen könnte dem des Auslandes gleich kommen, wenn ihm die richtige Unterstützung zu Theil werden möchte. Für die Güte des Products spricht der Umstand, dass dasselbe seinen Absatz nach allen Ländern des Continents und auch nach England findet, und dass demselben allein in den letzten 5 Jahren 17 öffentliche und noch viele andere ehrenvolle Anerkennungen des In- und Auslandes zu Theil wurden. Die beste Anerkennung für den Neutomysler Hopfen sind jedoch die für denselben erzielten Preise. Bald nach der Ernte werde der Hopfen in Neutomysl mit 45 Thalern der Centner ausgeboten, da die Producenten die ungünstigen Ernte Resultate noch nicht kannten, und das Ausland von den Ernte-Resultaten um Neutomysl noch nicht unterrichtet war. Zwei Tage darauf stieg derselbe jedoch auf 60, dann 90, 100 und so  binnen 14 Tagen auf 160 Thaler, und fand zu diesem Preise seinen Absatz nach Bayern, Böhmen, Frankreich und England. Nehmen wir den Durchschnittspreis nur auf 110 Thaler per Centner an, so hat die 1860er Hopfen-Ernte zu Neutomysl einen Brutto-Ertrag von 2.200.000 Thalern geliefert.