Emilia Sczaniecki, 1804-1896

Emilia Sczaniecka - Quelle: pl.wikipedia.org/.../Emilia_Sczaniecka - Polen

Sylwester Sczaniecki der ab 1773 mit Anastazja Skorzewska verehelicht gewesen war, vererbte die Ländereien zu denen neben Brody, Pakoslaw, Michorzewo, Michorzewko, Sliwno, Suchocin und Nietrzanowo auch Chraplewo und Wasowo gehörten seinem einzigen Sohn Lukasz Jozef Sczaniecki.

Dieser heiratete im Jahr 1800 Weronika Zakrzewska. Aus dieser Ehe stammten die Kinder: Stanislaw, Konstantyn, Nimfa, Kordula und Emilia.

Der Vater Lukasz verstarb im Herbst des Jahres 1810. Ihre Mutter siedelte daraufhin mit den Kindern als Witwe nach Posen über. Dort bekamen die Mädchen intensiven Unterricht in Musik und Sprachen (polnisch, deutsch, französisch und italienisch), in der Malerei und auch in der Innenarchitektur unter der Leitung von J.S. Kaulfuss, später bei Herrn und Frau Trimaille und noch später unter Reide.

Im Augst 1818 verstarb jedoch auch die Mutter Weronika Zakrzewska.

Der Nachlass der Eltern wurde für die hinterlassenen Kinder durch die Großmutter Anastazja Sczaniecka geb. Skorzewski verwaltet. Sie übernahm auch die Vormundschaft für die Waisen.

Sie entschied, dass die Mädchen Nimfa, Kordula und Emilia auf Wasowo leben und auch dort ihre weitere Ausbildung bekommen sollten, während die Jungen Konstantyn und Stanislaw in Kassyusz ins Internat überwechselten und dort erzogen wurden. Nimfa akzeptierte die damalige Entscheidung; Kordula und vor allem auch Emilia setzen jedoch durch, dass sie eine weitergehende Ausbildung erhielten. Beide besuchten ab 1819 das Laforgue’s Internat in Dresden/Drezno in Sachsen. Diese Stadt galt als Universitätsstadt und wurde von vielen Angehörigen des polnischen Adels besucht. Hier wurde vermutlich der Grundstein des späteren Lebens von Emilia gelegt. Die Universität war der Ort an dem Emilia den ersten Kontakt mit der polnischen Untergrundbewegung für die Unabhängigkeit des polnischen Staates  bekam.

Karol Marcinkowski - Quelle: www.bazarpoznanski.pl/.../fot-str-19.jpg

Emilia wurde geboren am 20.05.1804 in Brody und verstarb am 11.05.1896 in Pakoslawiu; sie war liiert mit Karol Marcinkowski, einem polnischen Arzt und Reformer, der sich 1830/31 am polnischen Aufstand gegen die russische Herrschaft in Kongresspolen beteiligt hatte, blieb aber unverheiratet. Sie machte 1823 ihren Universitätsabschluss in Dresden. Nun übernahm sie aus dem Erbe ihres Vaters, die von ihr ererbten Güter Pakoslaw und Michorzewko und das Vorwerk Michorzewo. Sie übernahm die Leitung und Verwaltung als Frau, welches zu jener Zeit mehr als ungewöhnlich war, sie galt als Exzentrikerin in ihren Kreisen. Belächelte man sie zu Beginn noch, so zollte man ihr aber später, gerade nach 1831, dem Jahr des Polenaufstandes, den sie unterstützte,  den vollen Respekt in und zu ihrer Arbeit, man würdigte ihre Individualität und ihre Beharrlichkeit in ihrem Tun.

Emilia eignete sich intensives Wissen in der Krankenpflege und –behandlung und ein umfangreiches medizinisches Wissen an.

Emilia war aber auch die Initiatorin eines Ausschusses zur Unterstützung der polnischen Aufständischen. Sie motivierte u. a. ihre Schwester Nymphe, zu dieser Zeit verheiratete Lacko, Clementine Grabowska und Helena Turnov für diesen Ausschuss tätig zu werden. Durch den Verkauf eines Teils der ihr gehörenden Wälder und dem unermüdlichen Bitten um Spenden wurde unter ihrer Regie eine nicht unbeträchtliche Summe Geld zusammengebracht, die für die Unterstützung des Aufstandes sehr bedeutend war.

1828 erkrankte Emilia an Typhus.

Als 1830/1831 der polnische Aufstand gegen Russland begann, reiste Emilia nach Warschau.  Sie war dort Mitglied im Vaterländischen Frauenverein und arbeitete im Lazarett. Sie erledigte die Arbeit als Krankenschwester und assistierte den Chirurgen bei den notwendigen Operationen.

1831 erkrankte Emilia an Cholera. Nach Niederschlagung des Aufstandes wohnte Emilia bei Ihrer Schwester Nimfa in Chraplewo.

Für ihr Engagement gegenüber den Verwundeten gleich ob Feind oder Landsmann wurde sie 1833 durch die Monthyon und Franklin Gesellschaft mit der Goldmedaille für humanitäre Verdienste ausgezeichnet.

Aber Emilia wurde auch für die Teilnahme am polnischen November Aufstand verurteilt. Ein Teil ihrer Vermögenswerte wurde beschlagnahmt und sie wurde zu einer sechs monatigen Haft verurteilt.

Diese Verurteilung war allerding nur eine vorläufige. Emilia musste auf ein endgültiges Urteil warten.

Während dieser Zeit begann sie sich caritativ zu betätigen; sie unterstützte auch die Flüchtlingsbewegung.

Vermutlich durch ihre Beliebtheit bei ihren Landsleuten beeinflusst, wurde sie am 09 Februar 1833 durch die Behörden begnadigt.

Sie kehrte auf ihre Güter zurück. Dort stellte sie einen geordneten Gutsbetrieb wieder her; aber sie richtete auch eine Schule für Kinder aus den ländlichen Gegenden und ein Krankenhaus ein.

1838 brannte ihr Gutshof Pakoslaw durch Unachtsamkeit des Personals nieder; der Wiederaufbau wird durch ihren Bruder organisiert.

Emilia vertrat die Meinung, dass alle Menschen, gleich welcher Herkunft, gleich behandelt werden sollten. Sie arbeitete diesbezüglich in verschiedenen Verbänden und Gruppierungen von Wohltätigkeitsorganisationen.

1839 im Oktober organisierte sie die Ausreise des Erzbischofs Marcin Dunin von Berlin nach Posen. Er war bezüglich seines Widerstandes zu einem Amtsstreit über die Erziehung von Kindern in gemischten Ehen interniert worden.

Emilia erkrankte 1840; zwecks ihrer Heilung reiste sie noch 1840 nach Italien. Später ging sie nach Berlin. Hier organisierte sie wieder Treffen für die polnische Jugend; man diskutierte Themen der Literatur zur polnischen Geschichte.

Durch die Organisation familiärer Angelegenheiten im Jahr 1843 unterschätzte Emilia ihre Gesundheit, sie erkrankte wieder an den Beinen; während sie bei dem ersten Auftreten der Krankheit 6 Monate an das Bett gefesselt war, dauert es dieses Mal länger. Sie reist zur Herstellung ihrer Gesundheit nach Ostende in Belgien und absolvierte dort eine Intensivkur.

Später reiste sie in Angelegenheiten der polnischen Emigrantenkreises nach London; von dort wieder nach Paris zur Unterstützung der Organisationen der polnischen Unabhängigkeit.

Durch ihre Aktivitäten zur Wiederherstellung des polnischen Staates geriet sie allerdings auch wieder ins Visier der preußischen Behörden. Emilia wurde darauf sehr vorsichtig in ihrem Handeln, ihr war nichts nachzuweisen aber sie gab ihre Bemühungen für Polen nie auf. Bei der Verhaftung eines Anführers der polnischen Widerstandsbewegung, wird ihr Name als Angehörige dieser Bewegung genannt. Doch sie wird von den Bauern ihrer Güter und von ihren Angestellten gedeckt. Wieder konnte man ihr nichts Ungesetzliches nachweisen.

Doch es wurde schwieriger für sie, da sie unter absoluter Beobachtung der preußischen Behörden blieb; ihr wurde verboten ihren Wohnsitz zu verlassen. Selbst für eine Reise nach Genf, die sie unternehmen wollte, da dort eine Freundin im Sterben lag, wurde ihr die Reiseerlaubnis nicht erteilt.

Doch es gelang ihr weiterhin ihre Tätigkeiten für das Land Polen aufrecht zu erhalten.

Auf ihrem Anwesen nahm sie nun auch Waisen auf, denen sie eine Ausbildung verschaffte.

Am 20. März 1848 erhielt sie in Posen die Mitteilung des Ausbruchs der Polnischen Unabhängigkeitsrevolution in Berlin.

Wieder war sie an der Organisation der Ausbildung von Krankenschwestern und Pflegepersonal beteiligt.

Der Aufstand breitete sich aus. Doch er wurde niedergeschlagen. Emilia nahm auf ihrem Gut Pakoslaw behinderte Veteranen des Widerstandskampfes auf.

1870 verstarb ihre Schwester Kordula, 1873 ihr Bruder Konstantyn.

Es folgten einige ruhige Jahre.

Erst 1861 als sich in Warschau eine neue polnische patriotische Widerstandbewegung gründete, wurde auch Emilia wieder aktiv. Wieder organisierte sie die Ausbildung von Pflegepersonal, wieder aktivierte sie Gruppen von Freiwilligen Frauen, die sich um das Nähen von Krankenhauswäsche kümmerten, die illegal aber auch Waffen schmuggelten. Wieder half sie als der Aufstand ausbrach, trotz ihres Alters und ihres nicht guten Gesundheitszustandes war sie unermüdlich.

Emilia hatte zeitlebens das Theater mit seinen Theaterleuten geliebt.

Sie war religiös, ihr letzter Wunsch, sie in einem einfachen Eschenholz Sarg ohne Pracht und Reden, zwischen den Gräbern, wo das gemeine Volk begraben wurde, beizusetzen wurde ihr erfüllt.