Grabsteinfund auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Przylek/Scherlanke

Gedächtniskreuz auf dem ehemaligen Friedhof – Eigenaufn.

Grabsteine in früherer Zeit trugen im Gebiet des Tomischler Haulandes oft auf ihrer Rückseite einen Erinnerungs- oder Bibelspruch. Auf der Vorderseite, dem Grab zugewandt, befanden sich, wenn die Inschriften nicht direkt eingemeißelt waren, die Daten der Beerdigten auf einer dicken Glasplatte, die fest mit dem Stein verbunden gewesen waren.

Viele Steine, umgestoßen oder auch durch ihr Alter einfach umgestürzt, wurden mit den Erinnerungs- oder Bibelsprüchen auf den noch vorhandenen Arealen der ehemaligen Friedhöfe nach oben zeigend aufgefunden. Um festzustellen, wem hier einmal ein letztes Gedenken gegolten hat, mußten sie umgedreht werden. Dieses Umdrehen klingt einfach; nur – es ist nicht zu vergessen, dass die Steine ein erhebliches Gewicht haben, oft tief in die Erde eingesunken sind und die Vegetation sie nach den vielen Jahren fest am Boden hält.  Wenn dann nach mühevollem Ausgraben und Heben des Steines keine Inschrift mehr vorgefunden wird, war die Mühe vergeblich und es bleibt unbekannt, wer an dieser Stelle seine letzte Ruhestätte gefunden hatte.

Ein ungewöhnlicher Fund auf dem ehemaligen evangelischen Friedhofsgelände in Przyłęk/Scherlanke wurde im Mai 2011 katalogisiert.

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Bis zum Mai 2011 hieß es, das auf dem Areal des einstigen evangelischen Friedhofes, der direkt an der Straße von Nowy Tomysl in Richtung der Autobahn zwischen den Tankstellen BP und Statoil gelegen ist, kein Grabmal mehr erhalten sei.

Auf dem Gelände von Przylek/Scherlanke wurden jedoch entgegen dieser Aussage beim Durchstreifen des Unterholzes zwei  große, tief in die Erde eingesunkene Grabsteine entdeckt. Sie waren vollständig unter altem Laub und Geäst verborgen und reichlich mit Moos überwuchert. Kein Besucher hatte sie bis dahin gefunden und auch bei Rodungsarbeiten auf dem Gelände waren sie nicht aufgefallen.

Beim Auffinden lagen die beiden Steine mit den Gedenksprüchen nach oben. Es war zu Beginn der Freilegung nicht klar, ob noch Inschriften oder etwaige Grabplatten erhalten sein würden. Diesesmal wurde die Arbeit mit Erfolg belohnt.

Grabstein mit erhaltener Glasplatte mit Inschriften für die hier beerdigten Eheleute Fritsch-Fiege – Eigenaufn.

Die Inschrift des ersten Steines, dessen dicke aus schwarzem Glas bestehende Grabplatte nahezu unbeschädigt war, lautet:

                      • Hier ruhen in Gott
                      • unsere lieben
                      • Eltern, Schwieger- u. Großeltern
                      • der Ausgedinger
                      • Heinrich Fritsch
                      • gb. 25. Jan. 1844, gst. 6. Juli 1910,
                      • u. dessen Ehefrau
                      • Marie gb. Fiege
                      • gb. 14. Aug. 1843, gst. 02 März 1911

Von der Grabstätte als solches war nichts mehr erkennbar, nur dieser über 100 Jahre alte Stein, weist daraufhin, das die Eheleute Fritsch – Fiege hier einmal von ihren Angehörigen ein letztes Gedenken erhalten hatten.

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Grabstein der Eheleute Knoll-Weber – Eigenaufn.

Der Sockel des zweiten Grabsteines mit der lesbaren Inschrift „ges … 1924“ stand deutlich sichtbar auf dem Gelände; nur der abgebrochene Grabstein als solches galt als nicht mehr existent. Dieser Grabstein war nun der zweite Fund. Bei ihm fand sich folgende direkt in den Stein gemeißelt Inschrift:

    •                       Hier ruhen in Gott
    • der Eigentümer . . . . . . . . . . dessen Ehefrau
    • Wilhelm . . . . . . . . . . . . . . . Juliane
    • .  ……………….Knoll
    • . . . . ………………………………     geb. Weber
    • geb.  d.  19 April  1845 …….geb.  d. 6 Jan.   1848
    • gest. d.  18. Dez. 1924 …… gest. d. 4. März 1901

Somit ist dieser Stein sogar nochmals 10 Jahre älter als der Erstere.

Sockel des Grabsteines der Familie Knoll-Weber – Eigenaufn.

Nach jetzigem Stand der Katalogisierung der noch erhaltenen Grabsteine der ehemaligen evangelischen Friedhöfe, sind diese beiden Funde, die Einzigen, die im Gebiet der direkt an die die Stadt Nowy Tomysl/Neutomischel angrenzenden Nachbargemeinden gemacht wurden.

Was weiter mit ihnen geschehen wird – ein Gedanke ist, sie als Zeichen der Erinnerung wieder aufzurichten – ist noch nicht entschieden. Es hat sich bis heute auch noch niemand gefunden, der etwas über die beiden Familien hätte erzählen können; oder vielleicht etwas über noch lebende Nachkommen weiß.