Apotheker Speichert, Bomst – Wiederaufnahmeverfahren gegen die Verurteilung wegen Mordes / 1886-1887 – Teil -3 / Schluss-

Crone, Blick auf die Strafanstalt – AK Ausschnitt

Bericht Berliner Börsen-Zeitung, Abend Ausgabe – Mittwoch 29.06.1887

Die Strafsache gegen den Apotheker Speichert aus Bomst, welcher im Jahre 1876 von dem Schwurgericht zu Meseritz des Mordes an seiner Ehefrau schuldig befunden wurde, ist neuerdings aus Anlass eines von dem Verurtheilten gestellten Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahren vielfach besprochen worden.

Die Angelegenheit ist nunmehr dadurch endgiltig erledigt, dass der Strafsenat des Ober-Landesgerichts zu Posen das Gesuch als unbegründet verworfen hat.

Die „Nord-Allgem. Ztg.“ bemerkt zu der vorstehenden Mittheilung: „Dieses Ergebniss lässt erkennen, wie voreilig es ist, wenn Tagesblätter in Criminalfällen ohne Weiteres Irrthümer der Justizpflege behaupten und dadurch nur zu leicht das Vertrauen zu der letzteren in ununterrichteten Kreis erschüttern. Die Redactionen sollten sich gegenwärtig halten, dass die ersten Nachrichten über Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahren in rechtskräftig entschiedenen Strafsachen in der Regel von Seiten ausgehen, die ein Interesse daran haben, den Glauben zu verbreiten, dass die Strafe einen Unschuldigen getroffen habe.“

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Bericht Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen Ausgabe – Samstag 03.12.1887

Die Zurückweisung des Wiederaufnahme-Antrages … bringt den Fall des Apothekers Speichert-Bomst in Erinnerung. In diesem hat der Strafsenat des Oberlandesgerichts zu Posen den Wiederaufnahme-Antrag des Speichert zurückgewiesen, obgleich durch die Professoren Geheimräthe Hoffmann und Rammelsberg zur Evidenz nachgewiesen ist, daß das Gutachten des verstorbenen Professors Dr. Sonnenschein, wonach Frau Speichert mit Arsenik vergiftet worden sein, absolut unzutreffend war. Auf eine in den Akten befindliche Andeutung hin, daß die Krankheitserscheinungen auf eine Strychnin-Vergiftung hindeuten könnten, und auf die von den Sachverständigen ausgesprochene Vermuthung, daß laut dem festgestellten Befund eine Strychninvergiftung wahrscheinlich sein, nahm das Oberlandesgericht zu Posen an, daß eine solche Vergiftung wohl vorliege, und daß es für die Beurtheilung des Falles ganz gleichgiltig sei, mit welchem Gift die Tödtung der genannten Person erfolgt sei. …

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Bericht Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen Ausgabe – Dienstag 06.12.1887

Der frühere Apotheker Speichert aus Bomst, dessen erneutes Wiederaufnahme-Gesuch bekanntlich von dem Oberlandesgericht zu Posen abgelehnt worden ist, war, wie wir damals berichteten, nach Anordnung der Wiederausgrabung der Leiche der verstorbenen Frau Speichert aus der Strafanstalt zu Cronthal wegen Krankheit beurlaubt worden.

Vielfache Anfragen, ob nach der Ablehnung des Wiederaufnahme-Antrages der Verurtheilte wieder eingezogen worden ist, veranlassen uns zu der Mittheilung, daß dessen Wiedereinziehung bisher nicht stattgefunden hat und daß vielmehr, große Aussicht auf eine Begnadigung des Speichert vorhanden sein soll. Die Einreichung des Gnadengesuchs soll den Angehörigen desselben von maßgebender Seite empfohlen worden sein. Uebrigens beschäftigt diese Angelegenheit noch verschiedene wissenschaftliche Autoritäten auf den Gebieten der Medizin und Chemie

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Bericht Berliner Börsen-Zeitung, Morgen Ausgabe – Dienstag 17.01.1888

Der wegen Gattenmordes verurtheilte Apotheker Speichert aus Bomst, welcher nach mehrmonatiger Beurlaubung im Juni vorigen Jahres in das Zuchthaus zu Cronthal wieder eingeliefert worden war, ist daselbst am 13. des Monats gestorben.

Der Gesundheitszustand des Gefangenen war dermaßen zerrüttet, daß er gleich nach seiner Einlieferung in das Lazareth der Anstalt gebracht wurde, in dem er bis zu seinem nun erfolgten Tode verblieben ist.

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Ergänzungen:

Lt. Deutschem Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischem Staats-Anzeiger von 1873 lag die Strafanstalt Cronthal bei Polnisch Crone. Sie verfügte über Platz für 556 männliche Zuchthausgefangene katholischer Religion. Die Häftlinge waren in gemeinschaftlicher Haft untergebracht, es hatten 60 Isolierzellen existiert.

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Die erste Ehefrau, ihr Name wurde in keinem der Beiträge erwähnt, war Anna geborene Schemmel gewesen. Sie war am 6. Mai 1875 zu Bomst verstorben. Ihr Alter wurde im Kirchenbucheintrag mit 26 Jahren, 2 Monaten und 28 Tagen notiert. Als Todesursache findet sich: Starrkrampf.

Über ihre Herkunft, oder auch über ihre Eltern konnte bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nichts in Erfahrung gebracht werden.

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Im Jahre 1875 wurde der Apotheker Speichert des Mordes beschuldigt, am 13. November 1876 wurde er vor dem Schwurgericht zu Meseritz des Mordes für schuldig befunden.

Nicht erwähnt wurde, dass er sich bereits im Februar 1876 ein 2tes Mal verehelicht hatte. (Seine Wittwe heiratete im Mai 1891 erneut).

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Deutsche Zeitungsportal (deutsche-digitale-bibliothek.de)