Bürgerhäuser der Stadt Grätz

Alter Markt vergl. Grundriss Abb. 55 Taf. XXVI Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Max Kunze

Alter Markt 13 Abb. 55 Graetz – Aufn. Baurat Rambeau – vergl. auch Taf. XXVI

Im Anschluss an die Beschreibung der Laubenhäuser von Rakwitz – Die Laubenhäuser zu Rakwitz – folgt hier nun die Beschreibung der Bürgerhäuser zu Grätz. Der Stil der Bauten beider Städte wird immer wieder verglichen, da der Einfluß der Rakwitzer Bauweise in Grätz unübersehbar war. Häuser der älteren Bauweise der Stadt, so der Autor ,waren vermutlich bei einem verherrenden Brand im 17. Jahrhundert vernichtet worden, sodass der Wiederaufbau in Anlehnung der Bauten der Nachbarstadt erfolgte.

Quelle: Das Bürgerhaus in den Posener Landen von Professor Dr. Ing. Alfred Grotte – Digitalisiert bei der DBC – http://www.dbc.wroc.pl/dlibra – alle Bilder dieses Artikels sind der Original Veröffentlichung entnommen.

Im Jahre 1303 urkundlich zuerst erwähnt und mit Deutschem Stadtrecht versehen, besteht Grätz aus einer Alt- und Neustadt, jede mit dem typischen Grundriss der ostdeutschen Kolonialstädte erstellt. Beide Stadtteile verbindet eine gradlinig angelegte Hauptstraße. Schon zur Gründungszeit war (nach K. III, S. 65) die Zahl der deutschen Einwohner sehr beträchtlich. Beachtlich ist, dass hier aber zur gleichen Zeit, als Polen seine Grenzen gastlich den vertriebenen Protestanten öffnete, diesen alle Rechte genommen wurden und ihnen die Ausübung des Gottesdienstes von 1620-1775 verboten war.

Ein schwerer Brand im XVII. Jahrhundert scheint alle Spuren älterer Bauweise vernichtet zu haben; noch 1793 waren von 346 Bürgerhäusern nur deren vier mit Ziegeln bedacht.

Von typischen Laubenhäusern, die vordem vermutlich allenthalben am Markt vorhanden waren, ist nur das Haus Nr. 13 erhalten geblieben (Abb. 55 u Taf. XXVI). An dem Steildach dieses Hauses sowie dem der seither umgebauten Nachbarhäuser mag man den Einfluss des benachbarten Rakwitz erkennen, der sich auch in der Erstellung der luftigen Laube äußert. Aber ebenso im Grundriss, der für die Belange eines Handwerkers zugeschnitten, von Rakwitzer Mustern dadurch abweicht, dass die Küche den freien Durchgang nach dem Hofe unterbricht. Man dürfte indessen nicht fehlgehen, in dem heutigen Kontor und dahinterliegenden schmalen Zimmer diesen einstigen Durchgang zu erblicken.

Fleischerstraße 124 vergl. Grundriss Abb. 56 Tafel XXVII Graetz - Stadtbaumeister Kunze

Fleischerstraße 124 vergl. Grundriss Abb. 56 Tafel XXVII Graetz – Stadtbaumeister Kunze

Breitestraße 192 links und Fleischerstraße 124 Abb. 56 Graetz - Aufn. Baurat Rambeau -vergl. auch Taf. XXVII-

Breitestraße 192 links und Fleischerstraße 124 Abb. 56 Graetz – Aufn. Baurat Rambeau -vergl. auch Taf. XXVII-

Breitestraße 192 vergl. Grundriss Abb. 56 Tafel XXVII Graetz - Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Breitestraße 192 vergl. Grundriss Abb. 56 Tafel XXVII Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Rakwitzer Einfluss ist auch deutlich beim Hause Fleischerstraße 124 (Abb. 56 u Taf. XXVII) festzustellen, das von vorneherein mit Schank- und Fleischladen eingerichtet wurde, wodurch sich das Rakwitzer Grundriss-Schema  etwas verändert hat; der Durchgang nach dem Hofe ist jedoch erhalten geblieben. Auffallend erscheint die Giebelbildung, streng in Rakwitzer Manier, jedoch mit verputztem Fachwerkgiebel. Auch die lotrechte Leiste im Spitzdach zeigt deutlich noch das Rakwitzer Vorbild.

Kraemerstraße 276-278 Tafel XXVIII Graetz - Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Kraemerstraße 276-278 Tafel XXVIII Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Aus der Fülle der hier bis zum Kriegsausbruch noch vorhanden gewesenen, alten Bürgerhäuser seien nachstehend noch einige Beispiele besprochen, deren Grundrisse durchweg mehr Ähnlichkeit mit den Rakwitzer Häusern erkennen lassen als mit jenen in Fraustadt. Dies gilt besonders von Breitestraße 199 (Abb. 57 u Taf. XXVIII), wo in der rechten Haushälfte der durchgehende Flur charakteristisch ist, während in der linken Hälfte, einem Eckhause, der Durchgangsflur nach dem Hofe entbehrlich erschien. Dasselbe gilt von Krämerstraße 276-278 (Abb.58 u. Taf. XXVIII), wo die Grundrisse besonders lebhaft an Rakwitz erinnern und selbst bei dem nur 4,96m breiten Hause dieses Vorbild nachahmen. Abweichend von Rakwitz ist das vollausgebaute Obergeschoss. Lauben waren in dieser schmalen Straße nicht anzunehmen.

Auch bei den übrigen, hier wiedergegebenen Häusern bildet die „schwarze Küche“, den typischen Mittelpunkt des Hauses, so in dem ausgesprochenen Wohnhause Posener Straße 88 (Abb. 59 u. Taf. XXIX), bei dem die Treppenanlage nicht vorhanden ist und die schräge Verbretterung des Giebels, trotz erheblich flacherer Dachneigung, ebenso wie bei Breitestraße 192 (Abb. 56) an Rakwitz erinnert. Letzteres Gebäude hat als Eckhaus zwei Wohnungen mit getrennten Küchen aufzuweisen und den Eingang von der Nebenstraße. Endlich sei noch auf Posener Straße 121 (Abb. 60 u Taf. XXIX) verwiesen, eine alte Gastwirtschaft mit Fleischerei, bei der, im Gegensatz zu den übrigen Beispielen, die Bebauungstiefe gering ist, so dass die Küche direktes Licht erhalten konnte.

 

Posener Straße 88 Tafel XXIX Graetz - Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Posener Straße 88 Tafel XXIX Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Posener Straße 122 Tafel XXIX Graetz - Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Posener Straße 122 Tafel XXIX Graetz – Aufn. Stadtbaumeister Kunze

Breitestraße 199 Doppelhaus Tafel XXVIII Graetz -

Breitestraße 199 Doppelhaus Tafel XXVIII Graetz –