Am 22. März 1904 berichtete der „Sächsische Erzähler: Bischofswerdaer Tageblatt“, dass auf einem Spaziergange, den der Rektor der höheren Knabenschule in Neutomischel mit seinen Schülern nach dem nahegelegenen Zinskowo unternahm, ein 11jähriger und ein 10jähriger Schüler in eine Torfgrube gerieten und vor den Augen des Lehrers und ihrer Mitschüler versanken.“
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Das Neutomischeler Kreisblatt vom 18. März 1904 veröffentlichte dazu nachstehenden Artikel:
„Am vergangenen Dienstag (15. März 1904) Nachmittag unternahm der Leiter der hiesigen gehobenen Knabenschule mit seinen Schülern einen Ausflug nach Zinskowo, wo sich die Knaben im Walde dem Kriegsspiel hingaben. Gegen Ende des Spiels – es war etwa ¾ 5 Uhr – sonderte sich der Schüler Otto Wandrey plötzlich von seinen Spielgefährten ab und lief trotz des Verbots, welches den Kindern des Öfteren eingeschärft worden war, auf das jetzt nicht mehr tragfähige Eis eines nahen Torfgrabens.
Die Eisscholle gab nach, und obwohl ihn seine Mitschüler sofort auf die drohende Gefahr aufmerksam machten, vermochte er nicht mehr das Land zu erreichen und versank vor den Augen derer, die eben noch mit ihm gespielt hatten.
Einer seiner Kameraden, der Sohn des Herrn Distriktskommissars Tesmer aus Hammer, versuchte in beherzter Weise den ertrinkenden Freund zu retten, wurde aber bei der mutigen und edlen Tat selbst ein Opfer des verhängnisvollen Schicksals.
Auf das Geschrei der übrigen Kinder eilten Erwachsene herbei, denen es vereint mit dem Herrn Rektor bald gelang, die beiden Verunglückten aus dem Wasser herauszuholen. Die eifrigen Wiederbelebungsversuche, welche sachgemäß längere Zeit forciert wurden, blieben leider ohne Erfolg.
Wahrscheinlich hat ein Herzschlag, der auch von dem herzugerufenen Arzt konstatiert sein soll, schon beim Einbrechen in die eiskalte Flut der beim Spiel erhitzten Knaben ihrem jungen Leben ein jähes Ziel gesetzt.
Die hiesige Einwohnerschaft bringt den schwergeprüften Eltern der beiden verunglückten Kinder die wärmste Anteilnahme entgegen, möge Gott ihr Tröster sein !
Aber auch dem tieferschütterten Herrn Rektor Reh gehört unsere Sympathie, denn wir sind fest überzeugt, daß ihm keine Schuld beizumessen ist.“
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Weiterhin erschien am 22. März 1904 der Beitrag:
„Herr Rektor Reh teilt uns zur Klarstellung bzw. Ergänzung unseres Berichtes über den betrübenden Unglücksfall in Zinskowo Folgendes mit:
„Der Verfasser Ihres Artikels hat den Tatsachen gemäß berichtet, doch muß ich betonen, daß ich bei der verhältnismäßig schnellen Bergung der verunglückten Knaben aus dem Torfgraben nicht unmittelbar mithelfen konnte aus Gründen körperlicher Unbeholfenheit, die mir auch stets Mitspielen und Mitlaufen verbot; bei den Wiederbelebungsversuchen habe ich mich nach Kräften beteiligt.
Der Hauptverdienst der Bergung gebührt ohne Frage Herrn Manzke, welcher selbstlos und opfermutig das Menschenmöglichste leistete, er war es auch, welcher bei den Belebungsversuchen die sachgemäße Leitung übernahm und selbst eifrigst Hand ans Werk legte.
Die Herren Tischlermeister Thomas, Max Ludwig, Apotheker Dr. Vitó, Rentmeister Lange, ein Arbeiter des Herrn Kutzner, die Familie Kutzner und späterhin, einige mir Unbekannte aus Zinskowo haben gleichfalls rührig mitgeholfen. Ihnen allen schuldet man tiefgefühlten Dank.
Gott der Allmächtige, der Herr über Leben und Tod, hat es nicht gewollt, daß wir die beiden lieben Schüler ins Leben zurückriefen. Unsere stundenlange Bemühung war umsonst, das sahen wir erst tiefbetrübt ein, als der herbeigerufene Arzt, Herr Dr. Loechner, bei seinem Eintreffen den Tod feststellte und damit der vergeblichen, menschlichen Hülfe ein Ziel gesetzt wurde.““
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Anmerkung:
Es wurden viele Beteiligte erwähnt, auffällig ist, dass bei „dem Arbeiter des Herrn Kutzner“ versäumt wurde, den Namen zu nennen. Jedoch noch auffälliger ist, das der 9jährige Gustav Adolf Robert Gerhard Tesmer keine namentliche Erwähnung fand, bzw. lediglich in die Position des Sohnes des Distriktskommissars reduziert wurde.
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Gemäß der Mitteilung der Polizeiverwaltung zu Neutomischel wurde am 17. März 1904 unter den Einträgen 47 und 48 in den Standesamtsunterlagen der Stadt wie folgt notiert:
„… der Schüler Gustav Adolf Robert Gerhard Tesmer, 9 Jahre alt, evangelischer Religion, wohnhaft in Neutomischel, geboren zu Smolary Kreis Wongrowitz, Sohn des königlichen Districtscommissarius Robert Tesmer und seiner Ehefrau Martha geborene Schwarz, wohnhaft in Borui Dorf Kreis Bomst
… der Schüler Otto Hermann Hans Wandrey, 10 Jahre alt, evangelischer Religion, wohnhaft in Neutomischel, geboren zu Neutomischel, Sohn des verstorbenen Gasthofbesitzers Emil Hermann Wandrey und seiner Ehefrau Constanze geborene Rossner wohnhaft in Neutomischel
zu Zinskowo in einem ehemaligen Torfstich des Eigentümers Heinrich Kutzner am fünfzehnten März des Jahres tausendneunhundert vier, nachmittags gegen 5 Uhr ertrunken seien.“