Dr. Hermann Tepper beschreibt bezugnehmend auf die Abhandlungen des Julius Kohte die Bauart der „Hauländerhäuser“. Gleichzeitig findet sich der Versuch aus der Bauart der Häuser Rückschluss auf die Herkunft der Siedler zu schliessen.
Veröffentlicht wurde dieser Beitrag mit der freundlichen Genehmigung der Posener Stimmen – Heimatbrief der Gemeinschaft Evangelischer Posener (Hilfskomitee E.V.), in deren Ausgabe Nr. 3 / 1966 die Publikation erfolgte.
Julius Kohte gibt uns in seiner Abhandlung über das Bauernhaus in der Provinz Posen eine eingehende Schilderung, so dass wir Vergleiche zu den Häusern der landschaftlichen Nachbargebiete anstellen können. Er sagt darüber a. a. O. … :
„Alle Bauten in den Hauländereien sind Blockholzbauten. Die Wände sind aus Hölzern aufgeschichtet, die sich an den Ecken überkämmen. In der älteren Zeit pflegen die Hölzer in kräftigen Abmessungen hergestellt, etwa 25cm stark zu sein; später werden sie schwächer und dann wohl an den Ecken in die Nuten eines Ständers eingelassen. Das Fundament ist aus einigen auf dem Felde aufgelesenen Findlingssteinen hergestellt. Das Dach ist mit Stroh oder Schilf gedeckt, der Dachstuhl auf die einfachste Weise hergerichtet. Jedes Sparrenpaar wird nach mittelalterlicher Art von einem Kehlbalken gehalten. Den Längsverband ersetzen die an den Enden schräg auf die Sparren genagelten Windrispen, deren meist nur zwei vorhanden und an zwei diagonal gegenüber gelegenen Ecken des Hauses angebracht sind. Oft fehlen aber auch diese, so dass die Sicherung des Daches gegen Längsverschiebungen allein durch die Latten der Strohdeckung ausgeübt wird. Um den viereckigen Hof liegen das Wohnhaus, die Stallungen und die Scheune. Das Wohnhaus kehrt den Giebel nach der Straße. Es liegt immer getrennt von den übrigen Baulichkeiten; nur manchmal wird der Pferdestall an einer Schmalseite angebaut . . . Der Eingang des Hauses befindet sich in der Mitte der Langseite. Die Haustür ist in einen oberen und unteren Flügel geteilt, so dass, wenn der untere geschlossen ist, man den oberen offen lassen kann, um auszublicken. Durch den flurartigen Vorraum, in welchem die Stiege zum Dachboden liegt, gelangt man in die im Mittelpunkt des Hauses gelegene Küche. Über ihren Wänden, steigt, nach oben hin sich verjüngend, der Schornstein auf, der zugleich als Rauchfang dient. Um die Küche herum liegen die Stuben und die Kammern …“
Kohte bringt dann Holländergehöfte aus Alt-Borui bei Neutomischel, und zwar das Gehöft des Heinrich Kutzner, erbaut um 1760, das einfachere von Koth. Schließlich erwähnt er noch die Gehöfte von August Heider aus dem Jahre 1764, das des Wilhelm Freier von 1775 und das um 1827 errichtete des Karl Fischen. In einigen Orten, wie beispielsweise in Alt-Lauske und Rakwitz, treten auch die sogenannten Laubenhäuser auf, die am Giebel einen Vorhallenbau aufweisen. Rakwitz, das 1662 von zugewanderten Deutschen (Schlesiern aus Freystadt) gegründet wurde (in einem der errichteten Häuser war noch das Baujahr 1669 festzustellen), besitzt ganz ähnliche Laubenhäuser am Markt wie Hirschberg, Striegau und Greiffenberg.
Kohte bringt in seiner Abhandlung auch ein 1748 errichtetes Haus des Schmieds Seidel in Peterawe, Kr. Samter, das am Giebelende einen Hallenvorbau, eine Art Laubengang zeigt. (Peterawe ist bereits 1280 zu deutschem Recht gegründet worden). Er erwähnt weitere ähnliche Bauten auf dem rechten Ufer der Netze von Czarnikau bis Filehne, in Feilstem, Neuhöfen und Mareindorf, Runau, Putzig, Gr. Kotten, Ehrbardorf. Da er Bauernhäuser mit einer die vordere Giebelseite einnehmenden Halle in der Uckermark, Neumark und Mittelpommern vereinzelt vorfand, glaubt er auf eine Herkunft aus der Mark Brandenburg bei den Siedlern schließen zu können. Dieser Ansicht kann ich mich nicht anschließen. Kohte sieht richtig in diesen vereinzelt auftretenden Bauernhäusern mit Giebelvorhalle einen Zusammenhang mit den Laubenhäusern in Rakwitz, und gerade Rakwitz mit seinen Laubengängen am Markt ist das treffendste Beispiel für die Nachgestaltung der am Hirschberger Markt errichteten spätbarocken und Rokoko-Giebelhäuser mit durchgehenden Erdgeschoßlauben. 5 Laubenhäuser gab es in Stenschewo, Kr. Posen/Westnoch, 1913; an der Ostseite des Marktes in Jutroschin, das 1642 von Schlesiern gegründet wurde, standen 1913 noch 2 Laubenhäuser, Eine Schmiede mit einer Halle unter dem Giebel gab es um 1900 in Krotoschin an der Straße nach Zduny. In Jutroschin sind die Laubenhäuser nach ländlicher Art voneinander durch einen Hofraum getrennt. Solche Laubenhäuser gab es in Schlesien auch noch in Jauer, Bolkenhain, Landeshut, Waldenburg. Neurode, Landeck, Trebnitz, Konstadt, Rosenberg. Es war dies eine in Nieder- und Oberdeutschland weitverbreitete Bauart.
Eine weitere Eigentümlichkeit der Holländerbauten zeigen die Giebelzeichen an 21 alten Gehöften in Tepperbuden, und zwar in 3 Mustern. Vierzehnmal kommt das 4—8fach gezackte Giebelbrett vor, viermal das einfach gezackte und zweimal die Lanzenspitze. In 3 Fällen sind die überstehenden Enden der Steinbretter hornartig zugeschnitten. Auffällig ist das Vorkommen des 6- und 7zak-kigen Giebelbrettes. Nach Moschkau sind derartige Giebelverzierungen als Heilszeichen zu deuten. Außer anderen Zeichen mussten, auch allerlei Nachbildungen von Waffen gewissermaßen stellvertretend die Abwehr alles Übels von dem Hause übernehmen (Eisen auf Türschwellen, Kreuze vor Viehställen). Slawischen Ursprungs scheinen die Giebelzeichen nicht zu sein. Auffällig ist das Vorkommen von 4 Typen von Giebelzeichen in einem Dorf. Vielleicht deutet das auf die Sippen, die sich ursprünglich im Dorfe festsetzten. Das Vorkommen gleichartiger und ähnlicher Giebelbretter finden wir in Chwalin, Karge, Kreutz, Crummendorf b. Züllichau, Kontopp, Laubegast, Lipke und Lissen. Das 4- bis 8fach gezackte Brett, das übrigens in den genannten Orten am häufigsten vorkommt, auf eine Waffe zurückzuführen, dürfte wohl nicht angängig sein.
Als Belege für die Eigentümlichkeit dieser Bauernhäuser bringe ich die Abbildung eines alten Holländer-Bauernhauses in Alt-Tepperbuden, Kr. Bomst, und die des Geburtshauses meines Urgroßvaters Daniel Tepper aus Sontop. Mein Urgroßvater verkaufte das Hausgrundstück an den Eigentümer Sperling und ließ sich ein neues Haus bauen, bzw. kaufte er ein solches; seine Landwirtschaft behielt er.
Im Rahmen dieser Betrachtung dürfen wir nicht die Holzkirchen in den Dörfern dieses Gebiets vergessen. Ich denke hierbei vor allem an die Holzkirchen in Chlastawe, Koschmin b. Kl. Dammer, Kuschten und Bauchwitz b. Meseritz. Arthur Haupt hat darüber eine eingehende Darstellung mit Skizzen gebracht, auf die ich besonders hinweise.
Eine der schönsten Holzkirchen finden wir in Chlastawe, ein Lehmfachwerk, außen mit Brettern verkleidet. Der schlank aufsteigende Turm war besonders künstlerisch gestaltet. Am Eingang zum Kirchhof stand ein kunstvolles, hölzernes Torgebäude, dessen abgestumpftes Dach einen zweiten Anbau trägt; der Bau stammt aus der Zeit um 1640.
Die prachtvolle alte Holzkirche aus der Klosterzeit (1730) mit stilvoller Innenausstattung und Glocken aus dem 17. Jahrhundert im Dorf Koschmin b. KI. Dammer wurde im Sommer 1925 durch Feuer vernichtet,
Wo treffen wir nun ähnliche Holzblockbauten aus jener Zeit an? In den deutschen Dörfern Schlesiens war der Bohlenbau (Schrotbau) weit verbreitet. Es ist die fränkische Anlage, die in einem sehr großen Teile Deutschlands vorherrscht, und sich vom Westen bis in den slawischen, ja sogar den magyarischen Osten verbreitete. Das Merkmal des fränkischen Hauses ist die Trennung der Wohnräume von der Scheune. Die Haustür liegt nicht in der schmalen oder Giebelseite, sondern in der Langseite. Der Giebel zeigt nach der Straße als Kennzeichen des freien Bauern. Bisweilen sind die Wohnräume mit dem Pferde- und Kuhstall unter demselben Dach. Das auf Bruchsteinen (Findlingssteinen) ruhende Wohnhaus hat Bohlenwände oder ist aus Fachwerk errichtet, dessen Fächer durch Stecken ausgesetzt sind, die mit strohgemengtem Lehm von beiden Seiten beschlagen wurden. Oft führte man die Wohnräume aus Bohlenwänden aus, während man für die angrenzenden Ställe den Fachwerkbau vorzog.
Den Hofraum mit den anschließenden Gebäuden bezeichnet der „Holländer“-Siedler als seine „Hôverête“, im Mittelhochdeutschen „hove-reite“. Den Ausdruck finden wir auch in Schlesien, im Alemannisch-Bayerischen, aber besonders in Hessen und Oberfranken. Der geschlossene Hof, die Stellung des Wohnhauses mit der Langseite gegen den Hof, die Trennung von Haus und Scheune, die Verbindung von Stallung und Wohnraum unter einem Dache, der Bohlen- und Fachbau sind Kennzeichen für eine fränkische Haus- und Hofanlage, wie wir sie über Schlesien hinaus in der Oberlausitz (Vermutungen über die Herkunft der Sontoper), in Meißen, Nordböhmen, Thüringen und Hessen, im mittelrheinischen Gebiet wiederfinden.