Die Nobiling’s zu Kolno bei Birnbaum und Chraplewo / ca 1842-1863

Kolno (später Kulm) – Ausschnitt Messtischblätter 3361+3471

Viel ist über das am 02. Juni 1878 in Berlin von Dr.Karl Eduard Nobiling verübte Attentat auf Kaiser Wilhelm I. geschrieben worden.

Eingeschoben sei hier, dass Karl Eduard Nobiling, obwohl er vielfach als Mörder bezeichnet wurde, nicht zu diesem wurde; Kaiser Wilhelm I. überlebte das Attentat.

Und die Familie Nobiling? – sie erhielt zwar die kaiserliche Erlaubnis ihren Familiennamen Nobiling in Edeling zu ändern, doch das Stigma verwandt mit dem Attentäter gewesen zu sein blieb.

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Der Vater des Attentäters war Hans Eduard August Nobiling. Dieser war ca. 1807 als Sohn des Oberförsters Ferdinand Wilhelm Nobiling und seiner Ehefrau Louise Neubauer geboren worden. Es kann angenommen werden, dass er in Lödderitz, wo seine Eltern ansässig gewesen waren, geboren worden ist.

Sein Bruder war der 1801 zu Lödderitz geborene Eduard Adolph Nobiling, er wurde bekannt durch seine Tätigkeit in den Jahren 1836-1877 zum Ausbau und der Regulierung des Rheinverlaufes und dessen Nebenflüssen und der späteren Bekleidung des Postens als Rheinstrombaudirektor der Rheinstrom-Bauverwaltung.

Hans Eduard August Nobiling selbst wurde späterhin beschrieben als ein aufbrausender, mit spleenhaften Neigungen behafteter Mensch 1). Das Leipziger Tageblatt 3) schrieb: „Der Vater des Attentäters Nobiling war, wie der „Bromb. Ztg.“ von einem früher in Birnbaum wohnhaften Gewährsmann mitgetheilt wird, ein äußerst excentrischer Mensch. Er hatte in Kolno bei Birnbaum die dortige Domäne in Pacht und war seines auffällig groben, abstoßenden Wesens wegen wenig beliebt. Wer unberufen seine Feldmark betrat, den pflegte er wohl mit Todtschießen zu bedrohen.“

Das Hallesche Tageblatt 4) brachte hingegen die Einschätzung des ehemaligen Lehrers der Nobiling Söhne Karl und Otto, Herrn Schleicher aus Glienicke bei Köpenick;

„ … erlaube ich mir gleichzeitig die vielfach falschen Gerüchte, welche über die Familienverhältnisse des Nobiling verbreitet werden, zu berichtigen.

Der Vater des Attentäters war königlicher Domänenpächter in Kolno bei Birnbaum; er war ein thätiger und durch und durch tüchtiger Landwirth, was durch seine Musterwirthschaft, seine Ackerbauschule (siehe am Ende), so wie durch seine verschiedenen Schriften anerkannt und bestätigt worden; leider neigte er dabei sehr ins Excentrische, und die wiederholt vorgekommenen Eigenthümlichkeiten trugen ihm den Beinamen der verrückte – auch der wilde – Nobiling ein; einigen Herren stellte er sich in meiner Gegenwart als das „Unthier von Kolno“ vor.

Gegen seine Bediensteten war er streng, aber gerecht, verlangte die größtmögliche Thätigkeit und Anstrengung und zahlte die höchsten Löhne und Gehälter der ganzen Gegend. Bei ihm war ein häufiger Personenwechsel, so habe ich in 1 Jahr 7 Monaten meines Dortseins allein fünf Ober-Inspektoren kennen gelernt. Es mögen hauptsächlich diese Eigenschaften zu obigen Bezeichnungen veranlaßt haben.

Er war dreimal verheirathet und hatte damals acht Kinder aus diesen Ehen. ….“

Nicht bekannt ist der Name seiner 1sten Ehefrau. Aus der Verbindung mit ihr stammte seine älteste Tochter Auguste Helene Louise. Rückgerechnet aus ihrem Eheeintrag des Jahres 1856 mit dem Gymnasiallehrer Arthur Robert Heffter müsste sie ca. 1835 geboren worden sein. Als weitere Tochter kommt allerdings noch eine Anna Nobiling, geb. am 07. Apr 1837 zu Leitzkow in Frage. Sie wird in Archivunterlagen als Fräulein bezeichnet und lebte bei Auguste Charlotte Maria Morgenstern, geborene Nobiling. Beide letztgenannten nahmen mittelst Allerhöchstem Erlasse vom 08. Juli 1878 bei ihrem Aufenthalt in Posen den Geburtsnamen Edeling an.

Seine 2te Ehe schloss er Im Jahr 1839 in Detershagen mit Johanna Charlotte Caroline geborene Kosmak. Doch bereits im Sommer 1844 verstarb sie in Kolno. Sie wurde nur 34 Jahre alt. Als Todesursache wurde im Kirchenbuch von Birnbaum im Toteneintrag „Auszehrung“ notiert.

In dieser Ehe wurden die Töchter Auguste Charlotte Maria (geb. 1841) und Emma Maria Helene (ca. 1842) geboren. Erstere ehelichte Ernst Gustav Morgenstern und das Paar lebte zu Starzyny im Landkreis Posen; letztere verstarb knapp 4jährig im Jahr 1846 in Kolno bei Birnbaum.

Der heute verfallene Herrensitz zu Kolno / Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pozosta%C5%82o%C5%9Bci_parku_i_zabudowa

Etwa in der Zeit nach der 2ten Eheschließung und der Geburt der Töchter, also um das Jahr 1842, müsste die Übersiedlung nach Kolno bei Birnbaum erfolgt sein.

Der Wittwer Hans Eduard August Nobiling, königlicher Domänenpächter zu Kolno bei Birnbaum, schloss im August 1846 eine dritte Ehe. Seine Ehefrau wurde Amalie Auguste Friederike Johanna geborene Viebig. Sie war 1829 in Prittisch als einzige Tochter des Oberamtmann Heinrich Friedrich Viebig und der Anna Dorothea Amalie geborene Bartsch geboren worden.

Aus dem Bericht des Lehrer Herrn Schleicher 4) ist zu erfahren: „ … Karl und Otto, waren die ältesten Kinder von der dritten Frau, einer geborenen Viebig, Tochter eines Domänenpächters in Rokitten bei Schwerin a. d. W., einer sehr schönen, ruhigen, die Häuslichkeit liebenden Frau. Sie empfing sehr wenig Besuche und machte fast gar keine; die beinahe einzigen Ausfahrten waren die zur Kirche nach Birnbaum, wo Kögel – der Vater des Hof- und Dompredigers – Oberprediger war.“

In dieser Ehe wurden in Kollno geboren im Jahr

  • 1848 Carl Eduard, eben jener bereits erwähnte Attentäter, er soll „mittelgross, schlank aber ziemlich kräftig gebaut von der Erscheinung her gewesen sein, mit etwas röthlichem Haar, einer hohen Stirn und intelligentem Gesicht. Karl Nobiling wird von seinen Verwandten als ein ruhiger, fleissiger, strebsamer, sparsamer leidenschaftsloser Mensch geschildert. Nach Aussage seiner Verwandten ergibt sich absolut keinen Anhalt für die Erklärung der grausen That. Er befindet sich in geordneten Verhältnissen, da er ein Vermögen von 9.000 M besitzt und selbst in letzter Zeit eine auskömmliche Existenz gehabt hat. Er hat weder an Krankheiten, welche sein Gehirn hätten angreifen können, noch an epileptischen Zuständen gelitten. Da er zu seinen Stiefschwestern zwar im freundschaftlichen aber nicht gerade geschwisterlichen Verhältnisse stand, so hat er sich über seine politischen Ansichten zu ihnen nie geäussert. Seinen einzigen Besuch hatte er zu Weihnachten bei ihnen gemacht“ 1).
  • 1849 Otto Heinrich Eduard,
  • 1850 Eduard Gustav Adolph,
  • 1851 Wilhelm Ferdinand Eduard,
  • 1855 Catharina Elisabeth, über sie war wirklich nichts in Erfahrung zu bringen, da in Beiträgen von Stiefschwestern berichtet wird, wäre eine Möglichkeit, dass sie bereits im frühen Kindesalter verstorben ist und
  • 1856 Rudolph Ernst.

Zu den Söhnen fanden wir nachstehende Äußerungen und Einschätzungen:

Das Leipziger Tageblatt 2) äußert sich zu den Kindern wie folgt: „ … zwei seiner Schwestern sind an Gutsbesitzer verheirathet, zwei seiner Brüder sind noch jetzt Officiere in der preußischen Armee. Einer derselben war Lehrer am Cadettenhause und der Centralturnanstalt und wurde zum Generalstab commandirt. Ein dritter Bruder war Officier im 59. Regiment, mußte aber aus finanziellen Gründen seinen Abschied nehmen, lernte dann in Berlin den Prinzen Hassan von Aegypten kennen und begleitete den Letzteren nach dessen Heimat, wo er auch die Bekanntschaft des Khediven machte.“

Die „N. Pr. Z.“ ergänzt diese Mittheilung dahin, daß die beiden ersterwähnten Brüder des Dr. Karl Nobiling dem 4. Posenschen Infanterie-Regimente Nr. 59, bez. dem 3. Hannoverschen Infanterie-Regimente Nr. 79 angehören; ersterer Bruder ist bereits Premier-Lieutenant und mit dem Eisernen Kreuze ausgezeichnet.“

Am 07.06.1878 schrieb das Leipziger Tageblatt 3) weiterhin:

„Aus unserem Leserkreise geht uns unter dem 6. Juni folgendes Schreiben zu: „……Ich hatte Gelegenheit, vorgestern in Glogau, woselbst Nobiling’s Regiment jetzt steht, den Bruder des Mörders, den Lieutnant Nobiling zu sehen. Rührend war die Scene, als er sich von seinen Kameraden, von denen sich ca. 20 mit ihm zum Bahnhof begeben hatten, verabschiedete. Alle umstehenden Personen waren tief gerührt, als dieser Officier, der ehrenvoll in der Armee diente, von seinen Kameraden Abschied nahm. Wie ich auf Befragen in Glogau hörte, war vorgestern ein Ehrengericht (vom Officiercorps des 59. Regiments) zusammengetreten und hatte beschlossen, daß Nobiling vorläufig seinen Abschied nehmen, um später vielleicht, etwa nach Verlauf eines halben Jahres einen anderen Namen anzunehmen und wieder in die Armee einzutreten. … In Glogau selbst äußert man sich sehr günstig über den Lieutenant Nobiling; er soll das gerade Gegentheil seines Bruders, des Mordbuben, sein und früher öfter die Besorgniß geäußert haben, daß sein Bruder Carl ihm und seiner Familie einst Schande bereiten werde.“

Das „Hallesche Tageblatt“ vom Sonnabend, 15.06.1889 (Anm. es waren 11 Jahre seit dem Attentat vergangen) meldete: „In der Irrenanstalt zu Bonn starb am 5. des Monats im Alter von 34 Jahren der Landwirth Eduard Edeling, ein Bruder des Attentäters Nobiling. Edeling hielt sich vor seiner Ueberführung in die Anstalt, zu Köln auf. Nahe Verwandte des Attentäters, darunter Offiziere in der deutschen Armee, erhielten s. Z. die Erlaubniß, ihren Namen Nobiling in Edeling umzuändern. In der Sterbeurkunde des jetzt verstorbenen Edeling heißt der Vater Nobiling.“

Das Berliner Tageblatt .7) vom 25.03.1886 (Anm. es waren 8 Jahre seit dem Attentat vergangen) veröffentlichte nachstehenden Beitrag: „Der ehemalige Premier-Lieutenant Edeling, des Attentäters Nobiling Bruder, stand heute, wie bereits gemeldet, vor der Strafkammer, angeklagt der Veruntreuung von 60.000 Mark zum Nachtheile der Firma Uhlhorn in Grevenbroich, deren Agent Ebeling seit dem Jahre 1882 war. Der Angeklagte lebt auf einem großen Fuße, hielt Wagen und Pferde, war aber sonst nicht ganz mittellos, so daß seine Angaben, er habe das Geld nur geliehen, und daß er zur Zurückgabe wohl fähig sich gefühlt hätte, einigen Glauben gewinnt. Der Vertheidiger, Rechtsanwalt Schnitzler, kritisiert scharf das Verfahren des Vertreters der geschädigten Firma, die zunächst alles Mobiliar und sonstige Vermögen Edelings und seiner Frau mit Beschlag belegt und dann schließlich noch wegen des Defizits die gerichtliche Verfolgung einleitete. Auch hat die Vertheidigung um mildernde Umstände mit Rücksicht auf die glänzenden militärischen Zeugnisse des Angeklagten, sein Streben, Alles möglichst zu decken, und mit Rücksicht auf die Aufopferung seiner Frau, die ihr ganzes Eigenthum ebenfalls hingegeben habe und jetzt mit ihrem Kinde an den Bettelstab gebracht sei. Der Staatsanwalt beantragte 2 ½ Jahre Gefängniß, der Gerichtshof ging indeß viel niedriger und verurtheilte den Angeklagten zu einem Jahr Gefängniß und drei Jahren Ehrverlust. Edeling war während der Verhandlung ziemlich gefaßt, wandte aber stets dem Publikum sein Gesicht ab, so daß seine Züge Niemand außer den vor ihm stehenden Richtern etc. sehen konnte. Vom Präsidenten hiernach befragt, erkannte der Angeklagte das Urtheil an und wird derselbe Revision nicht einlegen.

Herrensitz zu Chraplewo – ob es tatsächlich das Anwesen der Nobiling’s war ist nicht bekannt / AK Ausschnitt

Ob wirklich die Pacht für Kolno auslief wie geschrieben worden ist, oder ob Hans Eduard August Nobiling, welcher ein leidenschaftlicher Landwirt gewesen sein soll, immer schon den Traum eines eigenen Rittergutes gehabt hat, wissen wir nicht.

Im Buch der „Hand-Matrikel der in sämmtlichen Kreisen des Preussischen Staats auf Kreis- und Landtagen vertretenen Rittergüter“, veröffentlicht 1857, wurde Hr. Hans Eduard Nobiling, Oberamtmann und Domainen-Pächter zu Kolno Kreis Birnbaum als Besitzer von Chraplewo mit Zubehör aufgeführt; im Dezember 1856, war der jüngste Sohn noch in Kolno geboren worden.

Im Dezember des Jahres 1859 wurde sein erstes Enkelkind, Therese Helene Elisabeth, in Bromberg geboren; einer ihrer Taufpaten war der Oberamtmann Nobiling in Graplewo (Anm.: Chraplewo).

Wann Chraplewo tatsächlich übernommen worden war, bleibt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages unklar. Selbst aus der Berichterstattung ergeben sich Datumsmäßige Abweichungen, einmal heißt es,   „…daß „in den vierziger Jahren die Pacht in Kollno aufgeben wurde 1)“; andererseits findet sich im Bericht des Lehrer Herrn Schleicher 4) „… dass Chraplewo bereits 1854 angekauft worden war.“

Wie auch immer, es kam das Jahr 1863.

In diesem Jahr findet sich im Kirchenbuch von Neustadt bei Pinne im Eintrag No. 61:

Hans Eduard Nobiling, Rittergutsbesitzer und königlicher Oberamtmann, 50 Jahre, 9 Monate verstarb am 30. Mai des Jahres, er fand den Tod durch Entladung des Gewehrs. Seine Beerdigung hat am 2. Juni 1863 in Chraplewo stattgefunden.

Hierzu findet sich in der Berichterstattung des Jahres 1878: „… Dort (Chraplewo) soll er, wahrscheinlich in Folge ehelicher Zerwürfnisse, unter eigenthümlichen Verhältnissen ums Leben gekommen sein“ 1).

„ … und als er dort eines Tages zur Jagd gefahren war, brachte ihn sein Kutscher als Leiche nach Hause zurück. Es hieß, das Gewehr habe sich unterwegs entladen und Nobiling getödtet, das Urtheil der öffentlichen Meinung ging jedoch dahin, daß er sich selbst getödtet habe, da der Schuß in den Mund gegangen war … “ 3), so berichtete wiederum das Leipziger Tageblatt.

In dem Bericht des Lehrer Herrn Schleicher 4) heißt es: „ …. 1854 kaufte Nobiling das Rittergut Chrablewo bei Neustadt bei Pinne von einem Polen für 95.000 Thaler mit einer Anzahlung von 60.000 Thlrn. Das Gut umfaßte circa 5.000 Morgen Areal, verschlang aber, da vorher polnische Wirthschaft getrieben, zu den mannichfachsten Verbesserungen, namentlich Bauten, große Summen und gaben die Vorwürfe seiner Frau und der durch letztere zu Hülfe gerufenen Verwandten Veranlassung, daß Nobiling sich auf einer Fahrt in das Feld mit seiner kurzen zweiläufigen Bürschbüchse, ohne welche er sehr selten ausfuhr, erschoß.“

Während seine Töchter aus den ersten beiden Ehen schon älter waren, und, wenn alle Recherchen korrekt zusammengestellt wurden, nicht mehr im Elternhaus lebten, so waren die in 3ter Ehe geborenen Kinder erst zwischen 7 und 15 Jahre alt. Sie müssten, wenn es Unstimmigkeiten zwischen den Eltern gegeben hat und auch den Tod des Vaters direkt miterlebt haben. Zumal ihre Mutter, die Wittwe des Hans Eduard August Nobiling schon kurze Zeit nach dessen Tod, es waren erst ca. 3-4 Monate nach gefundenen Verkaufsofferten vergangen, den Verkauf des Anwesens in Chraplewo in die Wege leitete.

Widersprüche zu Pressemeldungen verbleiben aber auch in diesem Punkt, denn als am 16. September 1863 die Anzeige

Verkaufsanzeige vom 16. September 1863 in zahlreichen Zeitungen

„Durch den Tod meines Mannes finde ich mich veranlaßt, mein Rittergut Chraplewo mit vollständiger Aernte, todtem und lebendem Inventarium zu verkaufen. Dasselbe liegt im Kreis Buk, Großherzogthum Posen, hat 3.280 Morg. Areal des besten Bodens, darunter 2.095 Morgen Acker, 411 Morgen Wiesen, 131 Morg. Schonungen, 518 Morg. Laubwald, 54 Morg. Gärten und Hofstellen, 71 Morg. Gräben, Wege und Brücher, Brennerei, Oel- und Mahlmühle, Stammschäferei. Anzahlung 40- bis 60.000 Thlr. – Frankiert Anfragen nimmt entgegen das Dominium Chraplewo Neustadt bei Pinne.“

erschienen waren, vermeldete die Posener Zeitung vom 14. September 1863 bereits den vollzogenen Verkauf

Die Meldung des bereits getätigten Verkaufes vom 14. September 1863

„Neustadt bei Pinne, 12 September. (Gutskauf.) Gestern (11.09.1863) ging das eine Meile von hier belegene, der Frau Oberamtmann Nobiling gehörige Rittergut Chraplewo käuflich für den Preis von 160.000 Thlr. an den Rittergutsbesitzer Herrn von Treskow auf Owinsk über. Das Gut hat 3.290 Morgen Areal, worunter 2.095 M Ackerland, 411 Morgen Wiesen, 649 M Wald und Schonung. Die Gebäude sind in sehr gutem Zustande, ebenso auch das Inventarium. Auf Chraplewo befindet sich eine neuerbaute Dampfbrennerei, verbunden mit einer Mehl- und Oelmühle.6).“

Die Wittwe Nobiling ließ sich mit ihren Söhnen anfangs in Züllichau nieder, ehe sie nach Berlin übersiedelte.

Im Bericht über die Evangelische Kirchen-Gemeinde .5) Neustadt bei Pinne aus dem Jahr 1879 ist noch folgenden Hinweis zu finden: „ … In diesem Jahre erreichte auch der seit 5 Jahren (Anm. seit ca. 1875) wegen eines Kirchenkapitals von 200 Thalern geführte Prozess der Kirche ein Ende. Es stammt dieses Kapital von der Witwe des Gutsbesitzers Nobiling in Chraplewo, welche es zur Zeit des Pastors Bethge der Kirche geschenkt hatte, mit der Verpflichtung, dafür das auf dem Chraplewoer Kirchhofe befindliche Grabmal des Nobiling für alle Zeiten in Stand zu halten.

Im Jahr 1866 heiratete Amalie Auguste Friederike Johanna geborene Viebig, verwittwete Nobiling den Major a. D. Herrn Rudolph von Gauvain, geboren 1814 und gebürtig aus Zabakuck. „Auf kurze Zeit soll das Gut Klappstein bei Schneidemühl“ von dem Paar übernommen worden sein 1). 1869 wurde der gemeinsame Sohn Friedrich Franz Rudolph von Gauvain in Klappstein im Regierungsbezirk Marienwerder geboren.

Die Mitglieder der Familie Nobiling erhielten nach dem Attentat des Jahres 1878 mittelst Allerhöchsten Erlasse vom 08. Juli 1878 die Erlaubnis, ihren Familiennamen von Nobiling in Edeling umzuändern.

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Bekanntmachung – Betrifft die Ackerbauschule in Kolno, bei Kähme, Kreis Birnbaum

In Kolno, Kreis Birnbaum, ist zu Johanni 1850 eine Ackerbauschule auf Staats-Kosten eröffnet worden.

Indem ich hiermit die für die Anstalt geltende Haus- und Disciplinar-Ordnung, so wie den Unterrichtsplan zur Kenntniß des betheiligten Publikums bringe, fordere ich zur Benutzung der Anstalt mit dem Bemerken auf, daß diejenigen, welche für ihre Söhne, Mündel oder sonstige Angehörige die Aufnahme wünschen, sich unter Einreichung amtlicher Atteste über die Aufnahmefähigkeit ihres Sohnes oder Mündels (cons. §1 des Unterrichtsplans) an den Dirigenten der Anstalt, Domänenpächter Nobiling in Kolno bei Kähme zu verwenden haben.

Posen, den 4. Februar 1851 – Der Oberpräsident für das Großherzogthum Posen – In Vertretung v. Kries

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Haus- und Disciplinar-Ordnung der Ackerbauschule in Kolno .8)

§1 Die Zöglinge wohnen in einem besonderen Hause, woselbst sie auch schlafen und an einem gemeinschaftlichen Tische gespeist werden, in der unmittelbaren Nähe des in demselben Hause mitwohnenden Vorstehers der Anstalt. Die Zöglinge erhalten dieselbe Beköstigung wie das hiesige Gesinde, nur wird für sie der Tisch in ihrem Zimmer besonders gedeckt.

§2 Die Zöglinge stehen in demselben Diciplinarverhältnis, wie solches bei dem Gesinde hier gesetzlich festgestellt ist, mit der Maßgabe, daß die Zöglinge in dieser Beziehung nur unmittelbar unter dem Vorsteher der Anstalt sehen, welcher in dergleichen besonderen Fällen von dem Unterzeichneten specielle Anweisung nach genommener Rücksprache erhalten wird. Die übrigen Wirthschafts-Officianten haben in Disciplinar-Beziehung den Zöglingen keine Vorschriften zu machen.

§3 Zur bequemeren Uebersicht und festeren Begründung eines richtigen Urtheils über die moralische Führung und übrige Qualifikation wird über jeden Zögling eine genaue Conduitenliste tabellarisch geführt, mit der Einrichtung, daß in einer Colonne der etwa über einen Zögling ausgesprochene Tadel von dem betreffenden eigenhändig und somit anerkennend unterschrieben wird.

§4 Wiederholter Ungehorsam, fortgesetzte Nachlässigkeit und grobe Fahrlässigkeit, anhaltende Faulheit, entschiedene Unfähigkeit, so wie Verübung von groben Unsittlichkeiten ziehen die Exmittierung aus der Anstalt nach sich, ingleichen wenn ein Zögling von einer ansteckenden Krankheit befallen sein sollte. Die Exmittierung erfolgt in diesen Fällen von dem Unterzeichneten unter gleichzeitiger Anzeige an der Herrn Oberpräsidenten.

§5 Böswillige, oder aus grober Fahrlässigkeit hervorgehende Beschädigung der Inventarienstücke hat der betreffende Zögling zu ersetzen.

§6 Mit Kleidungsstücken und Leibwäsche müssen die Zöglinge sowohl beim Eintritt in die Anstalt, als während ihres Aufenthaltes in derselben zur Erhaltung der Ordnung und Reinlichkeit versehen sein.

§7 Zur unerläßlichen Pflicht wird den Zöglingen Reinlichkeit gemacht, sowohl an ihrem eigenen Körper, als in ihrer Wäsche und Bekleidung; auch müssen sie zu diesem Ende jede Woche die Leibwäsche wechseln und rein gewaschen anziehen.

§8 Die Zöglinge dürfen ohne besondere Erlaubniß das Gehöft nicht verlassen.

§9 Der Kirchenbesuch wir ihnen zur Pflicht gemacht, und zwar in der Art, daß jeden Sonntag die Hälfte dahin geht; jeder Zögling also (alle) 14 Tage zur Kirche kommt.

§10 Selbstredend gelten für die Zöglinge der Anstalt dieselben aus dem Betriebe der ganzen Wirthschaft hervorgehenden Regeln über die Zeit des Aufstehens, der Arbeit, des Essens und der Erholung, so wie des Schlafengehens, ebenso wie bei dem Gesinde der hiesigen Wirthschaft und weist der Vorsteher der Anstalt jedem Zöglinge täglich Beschäftigungen an.

§11 Dem Vorsteher, so wie dem Dirigenten der Anstalt und deren Anordnungen haben die Zöglinge überall Folge zu leiten. Ueberhaupt wird Fleiß, Ordnungsliebe, Reinlichkeit, Mäßigkeit, Bescheidenheit und Folgsamkeit, ingleichen ein streng sittlicher Lebenswandel den Zöglingen zur Pflicht gemacht, wie denn überhaupt von dem festen Verharren in diesen Tugenden das Gedeihen der Anstalt abhängt.

Kolno, den 30. Jan 1847 H. E. Nobiling

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Unterweisungsplan für die Zöglinge der Ackerbauschule in Kolno.

§1 Zur Aufnahme in die Anstalt gelangen nur solche junge Burschen, die ein Alter von circa 17 Jahren erreicht haben, die gesund und kräftig sind, welche ein deutsches Buch in gewöhnlicher Schreibart lesen und verstehen können und im Schreiben und Rechnen diejenigen Fertigkeiten erlangt haben, die nach dem Stande des Elementar-Unterrichts in unsern Dorfschulen von fleißigen und fähigen Knaben bis zur Confirmation zu erwerben sind, und welche ferner aus der Zeit von der Confirmation bis zu ihrer Aufnahme in die Anstalt gute Zeugnisse über Fleiß und Betragen aufzuweisen haben.

§2 Der Lehrplan wird nach den bekannten Grundsätzen auf einen dreijährigen Cursus gegründet, dergestalt, daß in jedem Jahre vier Zöglinge in die Anstalt aufgenommen werden und eben so viele ausscheiden.

§3 Im ersten Jahre verrichten die Zöglinge die gewöhnlichen Handarbeiten mit den Tagelöhnern, um alle dabei vorkommenden Handgriffe kennen zu lernen und einzuüben. Besondere Rücksicht wird in dieser Beziehung darauf genommen, daß die Zöglinge während dieses Zeitraumes alle Arbeiten, sowohl auf den Aeckern, als Wiesen, als Gärten, als auf dem Wirthschaftshofe, ferner in der inneren Haushaltung selbst mit durchmachen und vollständig einüben.

§4 Im zweiten Jahre arbeiten sie mit den Ochsen, lernen das Pflügen, Eggen und Fahren im Sommer mit denselben und füttern sie im Winter; ebenso werden sie während dieses Zeitraumes in der Schäferei bei Wartung der Schaafe, bei der Pflege von Füllen und Zuchtstuten, als auch bei der Futterung und Abwartung der Kühe, der Kälber und des Jungviehs, selbst der Schweine beschäftigt und eingeübt.

§5 Im dritten Jahr rücken sie als Pferdeknecht ein und verbleiben in dieser Station circa ein halbes Jahr und arbeiten nachher einige Monate beim Stellmacher, um die gewöhnlichen Ackerwerkzeuge, als: den Pflug, die Egge, den Hacken selbst anfertigen zu können, legen auch beim Beschlagen dieser Instrumente in der Schmiede selbst mit Hand an.

§6 Bei vorkommenden mehrseitigen Arbeiten auf dem Felde oder dem Wirthschaftshofe werden diejenigen Zöglinge, welche die bemerkten Stationen durchgemacht haben, als Aufseher angestellt, damit sie die Leitung solcher von vielen Leuten zu verrichtenden Arbeiten einüben.

§7 Ferner wird den Zöglingen im Laufe des dritten Jahres Unterweisung im Gartenbau und der Obstbaumzucht gegeben werden und müssen sie auch hierbei mit Hand anlegen und die Handgriffe einüben.

§8 Die Zöglinge müssen vom frühen Morgen bis späten Abend in angestrengter ausdauernder Thätigkeit erhalten werden, damit sie die gute Gewohnheit des persönlichen Fleißes annehmen. Auch müssen sie vor allen hohlen Theorien bewahrt werden.

§9 Die Gründe, warum gerade so und nicht anders bei den Arbeiten verfahren wird, erhalten die Zöglinge zur Erlangung eines richtigen und gesunden Urtheils bei der Anweisung zu den einzelnen Ausführungen selbst.

§10 An den Sonntagen wird im Erbauungsbuch gelesen, und von dem Lehrer weitere Erläuterung darüber gegeben und überhaupt auf die moralische Ausbildung möglichst hingewirkt.

§11 Die Zöglinge werden in den langen Winterabenden im Schönschreiben, im Briefschreiben und Rechnen geübt. An denjenigen Wintertagen, wo keine dringenden Wirthschafts-Geschäfte vorfallen, oder abwechselnd in den Winterabendenden wird ein landwirthschaftliches Lehrbuch oder ein anderes deutsches Buch in gewöhnlicher Schreibart, und auf die weitere Ausbildung der Zöglinge hinzielend, gelesen, der Inhalt von dem Lehrer erklärt und von den Zöglingen wiedergegeben, entweder mündlich oder schriftlich. Hieran werden sich kurze fachliche Vorträge von dem Vorsteher oder dem Dirigenten der Anstalt über Fruchtfolge, Wiesenkultur, Futterbau, Viehhaltung und Viehzüchtung anknüpfen, mit besonderer Berücksichtigung des Bildungsstandes der Zöglinge.

Auch werden den Zöglingen demonstrative Instructionen an lebenden Thieren über deren Formation und Alter und am betreffenden Orte über Verschiedenheit der Fruchtfolgen etc. gegeben werden.

§12 Ferner erhalten die Zöglinge in veterinärischer Beziehung Unterweisung im Hufbeschlage und Behandlung des Hufes der Pferde, so wie über den normalen und krankhaften Gang des Pulses bei unsern größeren Hausthieren; lernen Aderlassen, Haarseile ziehen und Arzneien eingeben, ingleichen wird ihnen das Einimpfen der Pokken bei den Schaafen gelehrt werden.

Kolno, den 30. Januar 1847 – H. E. Nobiling

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Eine Meldung aus dem Jahr 1860 bzgl. Der Landeskultur-Gesetzgebung .9) besagt, dass „… In der Provinz selbst ist die einzige auf Staatskosten eingerichtete Ackerbau-Schule in Kolno, Kreises Birnbaum, seit kurzem ganz eingegangen und es bestehen nur noch zwei Privat-Anstalten ähnlicher Art.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
1) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); 2) Personenstandsunterlagen Ancestry.com; 3) Zeitungen deutsche-digitale-bibliothek.de – hier: .1) Berliner Börsen-Zeitung – Abend-Ausgabe – Dienstag, 4. Juni 1878; .2) Leipziger Tageblatt und Anzeiger: Amtsblatt des Königlichen Amts- und Landgerichtes Leipzig und des Rathes und Polizeiamtes der Stadt Leipzig – Donnerstag, 06.06.1878; .3) Leipziger Tageblatt und Anzeiger: Amtsblatt des Königlichen Amts- und Landgerichtes Leipzig und des Rathes und Polizeiamtes der Stadt Leipzig – Freitag, 07.06.1878; .4) Hallesches Tageblatt – Sonntag, 16.06.1878; .7) Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Abend-Ausgabe – Donnerstag 25.03.1886; 4) Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa – hier: .6) Posener Zeitung. 1863, No. 214 – 14. September; .8) Amtsblatt der Königlichen Preußischen Regierung zu Bromberg: 1851; .9) Die Landeskultur-Gesetzgebung, deren Ausführung und Erfolge im Großherzogthum Posen, J. Klebs 1860; Hauland.de – .5) Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Tomischler Hauland | Evangelische Kirchen-Gemeinde Neustadt bei Pinne 1879 – Teil 6