Ein Turn- und Spielplatz für Neutomischel / Einweihung 1898

Handzeichnung, gefertigt bzgl. des Grundstückankaufes - Quelle: Staatsarchiv Posen - Stadtakten 4385-0016

Handzeichnung, gefertigt bzgl. des Grundstückankaufes – Quelle: Staatsarchiv Posen – Stadtakten 4385-0016

Bürgermeister Witte war der Begründer der Idee und letztlich der Initiator des Projektes einen „Turn- und Spielplatz“ in Neutomischel einzurichten.

Zur Umsetzung initiierte er Sammlungen von freiwilligen Beiträgen der Einwohner. Die Spendensumme ermöglichte den Ankauf eines Areals auf dem dieser „Turn- und Spielplatz“ eingerichtet wurde.

Unter dem 25. Oktober 1897 wurde seitens des Herrn Witte, Bürgermeister der Stadt Neutomischel und der Familie Alexander Maennel der Kaufvertrag für einen Teil des Grundstücks Glinau No. 309 abgeschlossen, sodass die Idee in die Realität begonnen werden konnte umzusetzen.

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Vertrag

Zwischen dem Bürgermeister Carl Witte, als Vertreter der Stadt Neutomischel und dem Kaufmann Alexander und Klara geborene Günther-Maennel’schen Eheleuten ist heut nachstehender Kaufvertrag geschlossen worden:

§1 Die Alexander und Klara geborene Günther-Maennel’schen Eheleute verkaufen der Stadt Neutomischel von ihrem Grundstücke Glinau No. 309 eine auf der beigefügten Handzeichnung und dem Auszuge des hiesigen Katasteramtes vom 21. October d. Js. näher bezeichneten Parzelle mit einem Flächeninhalte von 30 Ar 21 Quadrat mtr. zum Zwecke der Anlegung eines Turn- und Spielplatzes für den Preis von 710 Mark, in Worten „Siebenhundertundzehn Mark“ zum freien Eigenthum.

Die Uebergabe ist bereits erfolgt. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgt bei der Auflassung

Kopie des Original Belegenheitsplans - die Angabe der Himmelrichtung "Norden oben" ist hier nicht beachtet worden - Quelle: Staatsarchiv Posen - Stadtakten 4385-0016

Kopie des Original Belegenheitsplans – die Angabe der Himmelrichtung „Norden oben“ ist hier nicht beachtet worden – Quelle: Staatsarchiv Posen – Stadtakten 4385-0016

§2 Die Verkäufer räumen zum Zwecke der Benutzung die unentgeltliche Mitbenutzung des nach der verkauften Parzelle führenden und dieselbe begrenzenden neu angelegten Weges ein. Sie bewilligen und beantragen die Eintragung die Verpflichtung im Grundbuche des Restgrundstücks.

§3 Die Kosten übernimmt die Käuferin.
Der Werth der Wegebenutzung wird auf jährlich „3 Mark drei Mark“ angegeben.

Neutomischel, den 25. October 1897

gez. Alexander Maennel
gez. Clara Maennel geb. Günther
gez. Witte Bürgermeister“

Schon im November 1897 wurde seitens der Stadtgemeinde Neutomischel vertreten durch den Bürgermeister Witte der Antrag der „Bau-Erlaubniß“ zur Errichtung einer Turnhalle bei der Orts-Polizei-Behörde gestellt. Witte, er war nicht nur der Bürgermeister der Stadt gewesen, sondern er stand auch der Orts-Polizei-Behörde vor, erteilte diese unter dem 29. Januar 1898 ohne Vorbehalte.

Der von dem Maurer- und Zimmermeister Hasenfelder erstellte Baukostenvoranschlag belief sich auf 459,80 Mark/Pf. für die die auszuführenden Erd- und Maurerarbeiten zuzüglich 2.145,00 Mark/Pf für die notwendigen Zimmerarbeiten. Die Bausumme hatte somit 2.604,80 Mark/Pf. betragen. Letztlich ausgezahlt wurden durch die Entscheide der Stadtverordnetenversammlungen vom Januar 1898 und 1899 von diesem veranschlagten Betrag lediglich 2.370,00 Mark/Pf.

Der Belegenheitsplan, hier überarbeitet unter Beachtung der Himmelsrichtung "Norden oben" und ergänzt mit erklärenden Hinweisen zur Lage - Quelle des Originals Staatsarchiv Posen - Stadtakten 4385-0016 / hier verändert

Der Belegenheitsplan, hier überarbeitet unter Beachtung der Himmelsrichtung „Norden oben“ und ergänzt mit erklärenden Hinweisen zur Lage – Quelle des Originals Staatsarchiv Posen – Stadtakten 4385-0016 / hier verändert

Der Holzbau der errichteten Turnhalle, mit den Abmessungen von 20,30m in der Länge und 5,30 bzw. 6,30m in der Tiefe bei einer Höhe von 4,00/4,80m, hatte im Inneren einen großen Turnsaal gehabt. Für Freiübungen war dieser mit einer Bretterdielung versehen worden. In diesem Saal wurden auch die Außengeräte während der Wintermonate verwahrt. Im zweiten Raum waren die zwei Abteile einmal für den „Jauchewagen“ und einmal für das „Pissoir“ der Jungen und Mädchen untergebracht gewesen. Das Dach der Halle war mit Pappe abgedeckt und mit Teer gegen Durchregnen abgedichtet gewesen.

Im Frühjahr des Jahres 1898 hatte Witte die verschiedenen Förstereien und Herrschaften in der Umgegend der Stadt angeschrieben und um unentgeltliche Überlassung von Bäumen mit einer Höhe von möglichst 2 m gebeten. Der Platz sollte vermutlich von Anbeginn an eine parkähnliche Gestaltung erhalten. Unter anderem stellten die Verwaltung der Herrschaft Wonsowo und die Königliche Oberförsterei Buchwerder Bäume, wenn auch mit geringerer Höhe, da man Bedenken hinsichtlich des Anwachsen bei zu großen Bäumen hatte, zur Abholung zur Verfügung.

Am 15. Juni 1898 begingen die Schulen die Feier des 10 jährigen Regierungsantritts Sr. Majestät des Kaiser und Königs Wilhelm II. auf dem neuen Turn- und Spielplatz.

Anlässlich dieser Feier erfolgte die Eröffnung und Übergabe des Areals. Zur Teilnahme waren die Herren Stadtverordneten, Schulvorstandmitglieder und Repräsentanten eingeladen.

Über dieses Ereignis berichtete das Kreisblatt am 17.06.1898: „Die Einweihung des neuen Turn- und Spielplatzes nahm am Mittwoch Nachmittag unter großer Theilnahme der Einwohnerschaft einen schönen Verlauf. Um 3 Uhr setzte sich der Zug mit Musikbegleitung der Röschke’schen Kapelle von der Stadtschule aus in Bewegung, wonach die gehobene Knabenschule und dann die Töchterschule abgeholt wurden und der Zug sich gemeinsam durch die Straßen der Stadt zum festlich geschmückten Platz am Landgraben begab. Hier hielt Herr Kreisschulinspektor Fengler eine auf den Gedenktag des Regierungsjubiläums Sr. Majestät des Kaiser bezügliche Ansprache und endete mit einem Hoch auf den Kaiser. Sodann übergab Herr Bürgermeister Witte den Platz seiner Bestimmung und ermahnte die Jugend zur Pflege der Anlagen, worauf auch Herr Hauptlehrer Schwäbe dem uneigennützigen Schöpfer des Platzes, dem Herrn Bürgermeister Witte, den Dank aussprach und ihn hochleben ließ. Die Kinder verlebten bei Spiel und Tanz einen recht vergnügten Nachmittag.“

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Quelle:

  • Staatsarchiv Posen – Stadtakten 4385-0016 – Akten des Magistrats betr. die Erwerbung des Grundstücks Glinau No. 310 als Turn- und Spielplatz – die Veröffentlichung der Zeichungen erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchives
  • Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel Jahrgang 1898