Eine Mordnacht in einem Abbau bei Sontop – 1858 – Teil 4

Was bisher geschah: Die Witwe Lüdtke aus einem Abbau bei Sontop zeigt beim Schulzen Hoffmann aus Sontop an, dass ihr Sohn Robert seinen Onkel – den Gottlieb Lüdtke – und seinen Bruder – den Eduard Lüdke – in der Nähe des Wohnhauses in einem fast ausgetrockneten Wasserloch aufgefunden habe. Beide wiesen eine durchschnittene Kehle auf – einwandfrei eine Mordtat (Ende Teil 1).

Die Untersuchungen werden aufgenommen. Die Witwe Lüdke und ihre Tochter Ernestine werden verhaftet (Ende Teil 2).

Wilhelm Girndt, Ferdinand Raschke und Ernestine Stankowska werden näher beschrieben. Die Obduktionen bestätigen, dass es sich einwandfrei um Mord handelte, wie ja schon vermutet worden war. Es erfolgt die Verhaftung der Ernestine Stankowska und des Ferdinand Raschke. Es werden die ersten Vernehmungen der beiden wiedergegeben. (Ende Teil 3).

Hier nun der Schluß mit der Urteilsprechung

* * *

Im Gefängnisse zu Grätz gestand die Witwe Lüdtke zu, dass Raschke und ihr Bruder Wilhelm Girndt am 23. Juni bei ihr verkehrt und viel Branntwein getrunken hätten; vom Morde wollte sie nach wie vor nichts wissen. Raschke dagegen ließ eines Abends um 10 Uhr den Untersuchungsrichter zu sich bitten, weil er ein Geständnis ablegen wolle. Er erzählte darauf, dass er gesehen, wie Girndt beide Mordtaten vollbracht, er (Raschke) habe dabei in keiner Weise geholfen. Wir übergehen diese Angaben, die Raschke später selbst zurückgenommen hat, um zu dem wichtigsten Momente der Untersuchung zu gelangen.

Obgleich die Regierung zu Posen eine namhafte Belohnung auf die Ergreifung des Girndt gesetzt hatte, war es den Sicherheitsbehörden noch immer nicht gelungen, ihn festzunehmen. Er war an verschiedenen Orten aufgetaucht, aber alsbald wieder verschwunden. Mehrere in der Umgegend verübte Diebstähle wurden ihm zur Last gelegt, das Gerücht machte ihn zu einem gefürchteten Räuberhauptmann, und wenn auch die Erzählungen von Raubanfällen gewöhnlich in Nichts zerfielen, so glaubten doch viele, dass Girndt an der Spitze einer zahlreichen Bande stehe und die Gegend unsicher mache. Die Wahrheit war, dass er sich durch einen Diebstahl andere Kleider verschafft hatte und ruhelos umherstreifte. Er übernachtete in den Wäldern und zeigte sich in einem Dorfe nur, um dort seinen Hunger zu stillen. Am 14. Juli kehrte er in der Wohnung eines alten Bekannten, des Tagearbeiters Lehmann im Kirchplatz Borui ein; er fürchtete von ihm keinen Verrat und wollte doch einmal unter Dach und Fach schlafen.

Aber Lehmann war inzwischen wegen Straßenraubs gefänglich eingezogen, und seine Ehefrau wartet nur, bis ihr Gast sich auf dem Hausboden schlafen gelegt hatte, dann benachrichtigte sie den im Dorfe stationierten Fußgendarmen Funk. Der Gendarm ließ den Eingang des Bodens von einigen mit Flinten bewaffneten Bauern besetzen und ging dann allein in den Bodenraum. Girndt sprang von seinem Nachtlager hinter einem Schornstein auf, ergriff ein bereit gehaltenes Messer und schien zu verzweifelter Gegenwehr entschlossen. Funk drang mit gefälltem Bajonett gegen ihn vor. Da stürzte sich Girndt mit gezücktem Messer auf die Männer, die den Eingang bewachten, im nächsten Augenblick brach er, von einer Schrotladung in den Unterleib getroffen, zusammen.

Die Wunde war tödlich, und Girndt selbst fühlte diese vom ersten Augenblick an. Er bat, man möge einen Priester rufen. Der Ortsgeistliche, Prediger Rohrmann, erschien; beide waren sich nicht fremd, denn Rohrmann hatte vor etwa 15 Jahren dem Girndt Religionsunterricht erteilt und ihn konfirmiert. Girndt gestand sogleich, er habe einen Mord begangen, fragte, ob er auf Vergebung hoffen könne, und bat um das heilige Abendmahl. Rohrmann antwortete, was ihm sein Amt gebot, machte aber die Spendung des Abendmahls davon abhängig, dass der Mörder ein gerichtliches Geständnis ablege. Girndt flehte auf das inständigste, man sollte ihm hierzu die Gelegenheit verschaffen.

Durch Eilboten wurden die Gerichtspersonen aus Grätz herbeigerufen. Es begann eine Gerichtsverhandlung, die jedem Anwesenden in ausführlicher Erinnerung geblieben ist.

Es war Nacht, Girndt lag in einer Scheune auf einem Strohlager, zitternd, stöhnend vor Schmerz. Er wusste, dass er nur noch wenige Stunden zu leben habe, sein Geist war völlig klar, und mit seltener Willenskraft konzentrierte er alle seine Gedanken auf das Geständnis, welches er vor dem irdischen Richter ablegen wollte, ehe er vor den ewigen Richter gerufen würde. Laut sprechen konnte er nicht mehr, er flüsterte dem neben ihm knienden Richter seine Angaben leise zu, und dieser diktierte sie unter Girndt’s gespannter Aufmerksamkeit dem an einem nahen Tische beim Scheine einiger Laternen schreibenden Protokollführer. An der anderen Seite stand ein anderer, schwarzbehangener Tisch, mit Kruzifix und Abendmahlsgeräten versehen, der Geistliche wartete im Ornat auf die Beendigung des Verhörs, um dann den letzten, einzigen Wunsch des reuigen, sterbenden Verbrechers zu erfüllen.

Girndt bekannte:

„Am verflossenen Sonnabend sind es drei Wochen gewesen, seit ich zufällig mit dem Tagelöhner Raschke, mit welchem ich einige Zeit zuvor im Gefängnis zu Fraustadt gesessen hatte, zusammentrag. Wir zogen einige Tage gemeinschaftlich umher und stahlen in dem Dorfe Brandorf ein Ziege. Gerade heute vor drei Wochen kamen wir des Morgens nach Sontop zu meiner Schwester Lüdtke. Raschke war damals den Lüdtkes noch ganz unbekannt, wurde aber nebst mir von meiner Schwester gut aufgenommen. Raschke hatte gar kein Geld, ich besaß noch 2 1/s Sgr., die gleich an demselben Tage vertrunken wurden.“

„Ich erinnere mich nicht, dass damals zwischen mir und meiner Schwester über den alten Lüdtke gesprochen worden wäre. Ich habe mit dem letzteren nie einen Streit gehabt und niemals mit ihm in Feindschaft gelebt. Ich wollte ihn daher auch auf dem Felde besuchen, allein meine Schwester redete mir ab, indem sie sagte, dass der Alte uns anzeigen würde, worauf Raschke äußerte: „Nun, den werde ich kriegen, wenn er uns anzeigen will.“. Ich aber doch zu dem Alten aufs Feld. Am Abend beschlossen Raschke und ich, einen Schöps (=Hammel) zu stehlen. Da wir in der Gegend nicht bekannt waren, so nahmen wir die Ernestine Stankowska als Führerin mit.“

„Wir gingen in jener Nacht zu zwei verschiedenen Wirten in der Nähe von Sontop, ich entwendete zuerst von einem offenen Gehöft zwei Sägen und dann aus dem nicht verschlossenen Stall eines anderen Gehöftes einen Schafbock. Raschke und Ernestine hielten Wache. Wir schlachteten den Schafbock nach im Walde, packten die einzelnen Stücke in den Rock der Stankowska und trugen unsere Beute zu meiner Schwester. Am folgenden Tage sagte mir Raschke, meine Schwester habe gemeint, wir sollten ihr den Alten, nämlich den Gottlieb Lüdtke, wegschaffen.“

„Ich hielt dies für Scherz, aber als ich bald darauf meine Schwester bat, mir 15 Sgr. zu borgen, erwiderte sie: „Du kannst noch mehr kriegen, wenn du den Alten wegbringst.“ Zugleich teilte sie mir mit, Gottlieb Lüdtke schlage sie sehr oft, und auch ihr Sohn Eduard vergreife sich mitunter tätlich an ihr, der Alte müsse fort, dann würde sie ihn beerben.“

„Ich erinnere mich nicht, dass mir meine Schwester damals besondere Versprechungen gemacht hätte, und kann keine Auskunft darüber geben, wie es gekommen ist, dass sie zu Raschke so schnell Vertrauen gewonnen und ihn früher als mich in ihren Plan eingeweiht hat. Vermutlich hat sie es getan, weil Raschke ja auch ein Dieb ist. Ich habe zu der Aufforderung meiner Schwester weder Ja noch Nein gesagt, ich war noch nicht entschlossen, aber sie hat uns den ganzen Tag über von früh an mit Schnaps traktiert, und dadurch habe ich mich bewegen lassen, zu tun, was sie wollte.“

„Ich hatte so viel getrunken, dass ich betrunken war, aber ich wusste, was ich tat, und erinnere mich an alles, was geschehen ist, recht gut.“

„Am Nachmittag besprachen wir alle drei, wie wir den Alten beiseiteschaffen könnten. Meine Schwester schlug vor, wir möchten ihm so lange zutrinken, bis er berauscht sei, dann wollte sie ihm Gift geben, und wenn das nicht helfe, sollten wir ihn totschlagen.“

„Etwas Näheres wurde nicht verabredet, aber einige Zeit nachher zeigte mir meine Schwester einen kleinen steinernen Topf, in welchem sich ein gelblichweißes Pulver befand; sie sagte, es sei Rattengift, sie würde es ihrem Schwager in die Suppe tun. Gegen Abend brachte sie eine große Schüssel voll Kartoffelsuppe in die Stube und teilte mir mit, dass sie das Gift hineingeschüttet habe. Die Suppe roch sehr stark nach Schwefel, ich konnte mir daher nicht denken, dass der Alte sie nehmen würde. Raschke war derselben Ansicht, und wir beschlossen nun, dass Lüdtke aus dem Hause gebracht und dann ermordet werden sollte. Schon im Laufe des Nachmittags hatten wir mit ihm und Eduard zusammen große Quantitäten Schnaps getrunken. Als es anfing, dunkel zu werden, waren Gottlieb und Eduard Lüdtke sehr stark berauscht, der letztere legte sich hin, um zu schlafen, der erstere taumelte hin und her und ging endlich zur Tür hinaus, Raschke und ich folgten ihm.“

„Es war völlig Nacht, als wir heraustraten. Wir gingen mehrere mal im Hofe auf und ab und dann auf dem Fußwege, der nach der Wiese führt, weiter. Raschke  hatte den alten Lüdtke angefasst, ich ging voraus. An der Keute angekommen, raunte mir Raschke zu: „Gib mir das Messer und wirf den Alten hinein.“ Ich zögerte, wir kehrten um und gingen wieder nach dem Hause zu. Unterwegs forderte mich Raschke nochmals auf, ihm das Messer zu reichen und den Lüdtke auf die Erde zu werfen. Ich nahm nun mein Einschlagmesser und gab es dem Raschke, jedoch ohne es aufzumachen, dann fasste ich den Alten, der so betrunken war, dass er von allem, was vorging, nichts merkte, mit der einen Hand an der Brust, mit der anderen im Rücken und warf ihn hintenüber auf die Erde. Im Fallen rief er mir zu: „Kinder, was macht ihr?“ Raschke kniete sofort neben ihm nieder und fing an, ihm mit dem Messer den Hals zu durchschneiden, wobei ich auf seinen Befehl den Kopf nach hinten festhielt.“

„Der Alte lag ganz still und gab keinen Laut mehr von sich.“

„Wir ließen ihn eine Weile liegen, bis er ausgeblutet hatte, dann hoben wir ihn auf und trugen ihn, einer am Kopf, der andere an den Füssen, nach der Wasserkeute und warfen ihn dort hinein.“

„Wir gingen nun zusammen auf dem Fußwege wieder zurück. Ungefähr in der Mitte des Weges sagte Raschke zu mir, wir müssten die Flucht ergreifen, ich sollte stehen bleiben, er wolle in das Haus, die Ernestine Stankowska abholen und mit ihr zurückkommen. Raschke hatte sich nämlich in die Ernestine verliebt und war entschlossen, sie zu heiraten.“

„Als ich eine Weile dort gewartet hatte, kam meine Schwester, sie schenkte mir einen Taler und benachrichtigte mich, dass Raschke oben herum über das Land gegangen sei. Ich lief ihm nach und erfuhr von ihm, dass Eduard Lüdtke noch nicht nüchtern geworden wäre, und dass wir ruhig ins Haus gehen könnten.“

„Auf dem Wege dahin trafen wir wieder mit meiner Schwester zusammen; sie redete uns an: „Jetzt müsst ihr auch den Eduard fortschaffen.“ Als ich entgegnete: „Nein, das kann ich nicht“, antwortete sie: „Dann seid ihr verloren. Der Junge hat alles gemerkt und wird uns anzeigen.“ Raschke weigerte sich ebenfalls und sagte: „Ihr habt erst bloß vom Alten gesprochen; jetzt wollt Ihr auch noch den Jungen weghaben; bringt ihn Euch selbst weg.“ Auf ihre Bemerkung, dass sie es nicht könne, erwiderte er: „Dann müsst Ihr uns noch mehr geben.“

„Meine Schwester versprach nun, wenn alles glücklich vorüber wäre, wollte sie uns noch mehr Geld zahlen. Raschke erklärte hierauf, sie solle den Eduard rausschicken, er werde ihn mit dem Riemen erwürgen. Wir gingen nach diesem Gespräch alle drei in das Haus, Raschke und ich in die Stube des alten Lüdtke, meine Schwester in die ihrige. Die Stankowska wurde herbeigerufen und kochte uns Abendbrot. Beim Eintreten nahm Raschke seinen Ledergurt ab, machte eine Schlinge darin und legte ihn neben sich auf den Tisch. Als wir gegessen hatten, kam meine Schwester an die Tür unserer Stube, und Raschke sagte zu ihr: „Jetzt schickt den Eduard raus!“

„Sie ging in ihre Stube zurück, und wir beide traten auf den Flur. Gleich darauf kam der Eduard aus der Stube seiner Mutter heraus; hier warf ihm Raschke den Riemen um den Hals, führte ihn vor die Tür, schleifte ihn vorwärts, sodass er auf das Gesicht fiel, trat ihn mit dem Fuße ins Genick und zog den Riemen fest an, bis der Junge sich nicht mehr rührte. Im Flur schrie Eduard: „Wilhelm, lass mich doch sein!“ und dann: „Vater, lass mich doch los!“ Sonst hat er, auch als Raschke ihn am Halse würgte, weder gesprochen noch geschrien.“

„Wo meine Schwester und die beiden Mädchen sich aufgehalten haben, als dies geschah, weiß ich nicht; ich glaube aber in der Stube. Ich habe dabeigestanden, habe aber dem Raschke nicht geholfen und den Eduard nicht angerührt. Als der Junge sich nicht mehr bewegte, hob Raschke ihn am Riemen auf und legte ihn sich über die Schultern, sodass er hinten mit den Füßen herunterging. So trug er ihn bis zur Keute; ich ging hinterher. Am Wasserloche ließ Raschke den Eduard auf den Boden fallen, dieser gab wieder Lebenszeichen von sich, und nun sagte Raschke: „Wir müssen ihm auch den Hals abschneiden.“ Er nahm das Messer, welches er mir noch nicht zurückgegeben hatte, schnitt dem Jungen die Kehle durch und warf ihn dann in das Wasserloch. Ich habe ihm dabei nicht geholfen.“

„Wir kehrten nun um. In der Stube waren meine Schwester und die beiden Mädchen anwesend, erstere hatte für jeden von uns einen Taler in zweigroschenstücken auf den Tisch gelegt. Sie gab uns das Geld und riet uns, wir sollten eine Ziege zu bekommen suchen und diese in das Loch werfen, dann würde jedermann glauben, die beiden Lüdtkes hätten die Ziege gestohlen und wären von dem Eigentümer dabei ertappt und erschlagen worden. Ernestine Stankowska bezeichnete uns in der Nähe in Paprotsch ein Gehöft, wo eine Ziege sein sollte. Wir gingen sofort dorthin, ich holte die Ziege aus dem Stall, und Raschke stand Wache. Wir trieben die Ziege ein Stück auf der großen Straße fort, nachher auf einem Seitenweg über die Weisen nach der Keute; hier schlachteten wir sie und legten sie dann dem alten Lüdtke auf den Leib. Wie wir das eigentlich gemacht haben, dessen kann ich mich nicht mehr erinnern. Als wir in das Haus zurückkamen, fing es an hell zu werden. Meine Schwester erzählte, dass sie die Jacke und den Rock der beiden Toten, welche sie bei der Ermordung nicht angehabt hatten, nach der Keute getragen und dort hingelegt habe.“

„Ernestine Stankowska und die Tochter meiner Schwester haben sich in keiner Weise bei dem Morde beteiligt und uns nicht dazu angereizt. Ob Raschke später zu mir gesagt hat: „Ich hätte mehr von dir erwartet“, entsinne ich mich nicht. Ich glaube, dass er eine solche Äußerung über mich zu der Stankowska getan hat.“

Dem Girndt wurde ein ihm abgenommenes Einschlagmesser mit breiter Klinge vorgezeigt. Er erklärte: „Dies ist dasselbe Messer, mit welchem Raschke den beiden Lüdtkes den Hals abgeschnitten hat, ich habe es ihm zu diesem Zwecke gegeben.“

„Das in der Keute gefundene Messer ist von mir zum Schlachten der Ziege benutzt und nachher hingeworfen worden. Ich hatte es aus der Wohnung meiner Schwester genommen und weiß nicht, wem es gehört.“

„Übrigens hat mir Raschke nach dem Morde erzählt, meine Schwester habe ihm 10 Thlr. versprochen und zu wenig gegeben. Er äußerte auf dem Wege in den Wald, nachdem er nun zwei Menschen ermordet, komme es ihm nicht darauf an, noch mehrere umzubringen, seine Augen und seine Sinne seien ganz verkehrt.“

Als dem Girndt die von ihm erstatteten Aussagen vorgelesen wurden, hörte er aufmerksam zu, berichtigte jede wirkliche oder vermeintliche Abweichung von seinen Angaben und unterschrieb auf seinen ausdrücklichen Wunsch das Protokoll, mit zitternder Hand, aber vollkommen leserlich. Inzwischen war Raschke aus Grätz herbeigeschafft worden, er wurde seinem Mitschuldigen gegenübergestellt und ihm das Geständnis Girndt’s vorgehalten. Was der blutige Leichnam seines Opfers nicht vermocht hatte, bewirkte der Anblick seines sterbenden Kameraden. Raschke wurde bleich, seine Knie schlotterten, sodass die Fesseln klirrten. Er mochte fühlen, dass er nach diesen Bekenntnissen verloren war. Dennoch machte er noch einen Versuch, sich zu retten. Er kniete vor Girndt nieder und redete diesen mit den in fast flehenden Tone gesprochenen Worten an: „Wilhelm, du musst ja sterben! Gestehe doch, dass du die beiden erschnitten hast und dass ich bloß zugesehen habe!“ Girndt antwortete ruhig: „Ich weiß längst, dass ich sterben muss; ich will noch das Abendmahl nehmen; ich kann nicht lügen, du weißt, dass alles so gewesen ist.“

Raschke wurde entfernt. Nachdem Girndt nochmals auf das feierlichste versichert hatte, dass er überall die Wahrheit gesagt habe, begann die Abendmahlsfeier. Nach dortiger frommer Sitte wird jedem Konfirmanden bei der Einsegnung ein Bibelspruch, gleichsam als Leitstern auf seinem künftigen Lebenswege mitgegeben. Der Prediger Rohrmann erinnerte sich noch gut an den Spruch Girndt’s, der diesem freilich längst aus dem Herzen entschwunden sein mochte: „Ihr seid teuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte!“ (1. Kr. 7,23). Hieran anknüpfend, sprach Rohrmann zu seinem ehemaligen Schüler Worte des tiefsten Ernstes, aber zugleich voll vergebender Liebe, und reichte ihm dann das Sakrament.

Nach Beendigung der heiligen Handlung drückte und küsste ihm Girndt unter Tränen die Hand, er dankte ihm aufs innigste, bat nochmals die Gerichtspersonen um Verzeihung und nahm von allen Abschied. Die Schmerzen hörten auf, Girndt unterhielt sich noch eine Zeit lang ruhig, fast heiter mit seinem Wächter, dann aber wurde er schwächer und verschied noch im Lauf des Tages.

Auf Raschke hatte die Konfrontation und die Nachricht von Girndt’s Tod einen tiefen Eindruck gemacht. Sein bisheriges sorgloses Wesen war einer unruhigen Niedergeschlagenheit gewichen, er kämpfte augenscheinlich einen heftigen Kampf mit sich selbst. Er hatte den Wunsch, sein Gewissen zu entlasten, aber die Furcht vor der Strafe hielt ihn zurück. Einmal erbot er sich, alles zu gestehen, wenn ihm ein Teil seiner Fesseln abgenommen würde und er nicht mehr einsam zu sitzen brauchte, Bedingungen, auf welche das Gericht natürlich nicht eingehen konnte.

Ernestine Stankowska bat wenige Tage nach dem Tode des Girndt, sie nochmals zu vernehmen, und erklärte: sie fühle sich gedrungen, einen Umstand anzuzeigen, den sie bisher verschwiegen, weil sie nicht danach gefragt worden sei und ihrer Tante nicht unnötig habe schaden wollen. Sie erzählte nun, dass sie am 23. Juni vormittags in der Stube der Witwe Lüdtke einen durchdringenden schwefelartigen Geruch verspürt, und dass ihr, als sie ihre Verwunderung hierüber ausgesprochen, Ernestine Lüdtke eine Schüssel mit einer gelblichen, übelriechenden Masse gezeigt habe mit dem Bemerken, dies sei Gift und solle dem alten Lüdtke in die Suppe getan werden. In der Nacht, kurze Zeit nach der Ermordung, habe die Witwe Lüdtke zu ihrer Tochter gesagt: sie sollen nur machen, dass das Gift fortkomme. Das Mädchen habe entgegnet, sie wolle es am Berge hinter dem Hause vergraben.

Als auch in diesem Punkte wurden die Angaben des sterbenden Girndt bestätigt.

Endlich ließ sich auch die Witwe Lüdtke vorführen, um ein Geständnis abzulegen. Sie erbat dazu ausdrücklich die Gegenwart eines Geistlichen, die ihr gewährt wurde. Sie erzählte die Vorfälle bis zum Diebstahl des Hammels übereinstimmend mit ihrem Bruder. Dann fuhr sie fort:

„Am 23. Juni redete mich mein Bruder, ohne dass ich vorher mit ihm über den alten Lüdtke gesprochen hatte, mit den Worten an: „Du bist eine dumme Person, du solltest dir den Alten vom Halse schaffen! Gib dem Ferdinand Raschke zwei Quart Schnaps, und er schafft ihn dir vom Halse.“ Ich ging hierauf zu Raschke und sagt zu ihm: „Ferdinand, ich werde dir etwas geben, wenn du den Alten über die Seite bringst.“ Raschke reichte mir die Hand und entgegnete: „Heute nicht, aber morgen.“

„Am Nachmittag kam mein Bruder wieder zu mir, verlangte Geld zu Branntwein und fügte hinzu: „Gib das Geld für den Schnaps her, damit Raschke einen kleinen Rausch bekommt und den Alten wegschafft.“

„Ich habe mit Raschke und meinem Bruder darüber, wie der Alte weggeschafft werden sollte, nicht gesprochen, ihnen nicht gesagt, sie sollten ihn erst betrunken machen und dann totschlagen, auch nicht geäußert, dass ich ihm Gift geben wolle. Nachmittags tranken Raschke, mein Bruder, Gottlieb und Eduard Lüdtke viel Schnaps. Die beiden Lüdtke’s waren angetrunken. Nachdem es dunkel geworden war, gingen Raschke, mein Bruder und der Alte vor die Tür, Eduard legte sich in meiner Stube schlafen. Ich war der Meinung, Raschke würde den Alten erst am folgenden Abend umbringen. Nach einer halben Stunde aber kam mein Bruder und äußerte: „Nun ist der Alte weg! Da liegt er!“ Ich erwiderte: „Was wird nun der Junge sagen, der wird alles anzeigen.“ Darauf forderte er mich auf, ich sollte den Eduard ebenfalls wegschaffen; der inzwischen hinzugekommene Raschke entgegnete: „Das kannst du nicht verlangen, dass eine Mutter ihr Kind totmacht.“ Ich begab mich nun in mein Zimmer und weiß nicht, wo der Eduard hingekommen ist, denn ich war von einer großen Angst befallen. Nur einmal hörte ich ihn auf dem Flur rufen: „Wilhelm, tue mir nichts, ich will die Ziege melken gehen.“

„Den Rat, eine Ziege zu stehlen, habe ich nicht gegeben; ebenso wenig habe ich für die Ausführung der Mordtaten an einen von beiden Geld gezahlt.“

Trotz der eindringlichsten Ermahnungen des Richters und des Geistlichen blieb die Witwe Lüdtke bei diesen Aussagen stehen.

 

* * *

Die Voruntersuchung war beendigt. Gegen Raschke wurde wegen Ermordung des Eduard und Gottlieb Lüdtke, gegen die Witwe Lüdtke wegen Verleitung des Raschke und Girndt zu diesem Verbrechen Anklage erhoben. Die Untersuchung gegen Ernestine Lüdtke musste eingestellt werden, weil ihr eine bestimmte Mitwirkung bei dem Morde nicht nachzuweisen war.

Am 25. Okt. 1858 fand die Verhandlung vor dem Schwurgericht zu Meseritz statt. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob sie sich der ihnen zur Last gelegten Verbrechen schuldig bekennen wollten? antworteten beide Angeklagte: „Nicht schuldig.“ Die Witwe Lüdtke wiederrief sogar ihr früheres teilweises Geständnis. Sie bestritt, dass sie mit den Ermordeten in Unfrieden gelebt und dass sie irgendwelche Äußerungen getan habe, um Raschke zu bewegen, dass er den Gottlieb Lüdtke aus dem Wege räumen solle, sie gab nur zu, dass Raschke und Girndt vor dem Morde bei ihr verkehrt hätten. Nach ihrer Behauptung war ihr Bruder am Abend des 23. Juni ganz unerwartet mit den Worten zu ihr getreten: „Da liegt er, weg ist er!“ worauf sie, ohne etwas von der Ermordung des Lüdtke zu ahnen, entgegnet habe: „Was wird der Junge sagen!“ Im Laufe des Verhörs erklärte sie: „Es ist schon richtig, dass ich dem Ferdinand gesagt habe, ich würde ihm etwas geben, wenn er den Alten wegschaffte;  ich habe aber nur gemeint, er solle machen, dass mein Schwager ins Gefängnis käme.“

Auf das Widersinnige und die Widersprüche in ihren Angaben aufmerksam gemacht, hatte sie dieselben Antworten bereit, die sie seit ihrer ersten Vernehmung stets auf solche Vorhaltungen gegeben: ich weiß nicht – da muss ich falsch verstanden sein – danach bin ich nicht gefragt worden – mein Gedächtnis ist so schwach u. dgl. m.

Ihr Benehmen war frech, sie lief auf ihrem Platze unruhig hin und her; ihr ganzes Auftreten machte einen höchst ungünstigen Eindruck.

Raschke benahm sich ruhig und anständig; er wiederholte zwar seine frühere Erzählung, dass die Witwe Lüdtke ihren Bruder zu den beiden Mordtaten verleitet und dass Girndt allein sie ausgeführt habe, aber man sah, dass er selbst zu seinem Lügengewebe kein rechtes Vertrauen hatte. Sein Widerstand war innerlich schon gebrochen.

Da das Geständnis Girndt’s die Hauptstütze der Anklage war, so kam es darauf an, die Umstände, unter denen er dasselbe abgelegt hatte, den Geschworenen möglichst klar vor die Augen zu führen. Der Kreisrichter Le Viseur aus Grätz und er Prediger Rohrmann gaben eine so anschauliche Darstellung der ergreifenden Vorgänge jener Nacht, dass niemand an der Wahrheit der Aussage des sterbenden Girndt zweifeln konnte. Auch der klare, überzeugende Vortrag des Gerichtsarztes, Sanitätsrat Dr. Rehfeld, über den Leichenbefund und die daraus gezogenen Schlüsse machten einen tiefen Eindruck auf alle Anwesenden.

Die Verhandlungen wurden geschlossen und den Geschworenen folgende Fragen vorgelegt:

1)      Ist der Angeklagte Ferdinand Raschke schuldig: in Gemeinschaft mit einem anderen in der Nacht zum 24. Juni 1858 den Ausgedinger Gottlieb Lüdtke zu Sontop vorsätzlich getötet zu haben, und zwar mit Überlegung ?

2)      Ist derselbe Angeklagte schuldig: in der Nacht zum 24. Juni 1858 den Knaben Eduard Lüdtke zu Sontop vorsätzlich getötet zu haben, und zwar mit Überlegung ?

3)      Ist die Angeklagte Witwe Luise Lüdtke schuldig: den Ferdinand Raschke durch das Versprechen von Belohnungen und durch Zureden angereizt oder verleite zu haben, in der Nacht zum 24 Juni 1858 den Ausgedinger Gottlieb Lüdtke und ihren Sohn Eduard Lüdtke vorsätzlich und mit Überlegung zu töten ?

Nach verhältnismäßig kurzer Beratung, um Mitternacht, verkündete der Obmann der Geschworenen deren Wahrspruch; er lautete gegen beide Angeklagte auf „Schuldig“. Der Gerichtshof verurteilte sie zum Tode.

Am nächsten Morgen ließ Raschke den Kreisrichter Le Viseur und den Staatsanwalt Sander in das Gefängnis rufen. Er reichte beiden die Hand und sagte, dass er noch gestern großen Hass gegen Le Viseur gehegt habe, weil dieser an seiner Verurteilung schuld sei, er bat ihn deshalb auf das dringendste um Verzeihung und fügte hinzu, er sei schon in Grätz überzeugt gewesen, dass da Urteil nicht anders ausfallen werde. Darauf legt er vor dem hinzu gerufenen Untersuchungsrichter des Kreisgerichts zu Meseritz ein Geständnis ab, welches in allen wesentlichen Punkten auf das genaueste mit dem des Girndt übereinstimmte. Wo ihre Angaben in unwesentlichen Einzelheiten voneinander abwichen, erklärte er die des Girndt für die glaubwürdigeren, weil dieser weniger Schnaps getrunken habe als er, also alles noch genauer gewußt haben werde. Insbesondere versicherte er:

„Ich weiß bestimmt, dass die Witwe Lüdtke, nachdem Gottlieb Lüdtke tot war, uns aufgefordert hat, nun auch ihren Sohn Eduard umzubringen, und dass wir dies nicht aus eigenem Antriebe getan haben. Eigentlich aber habe ich es allein getan“ u.s.w.

Ferner:

„Darauf besinne ich mich bestimmt, dass die Lüdtke herüberkam in die Stube des alten Lüdtke und sagte:  „Der Junge ist jetzt munter.“ Darauf gingen wir beide aus der Stube, trafen den Jungen auf dem Hausflur, Girndt fasste ihn an, und in demselben Augenblick warf ich ihm den Riemen um den Hals.“

Er schloss mit den Worten:

„Wenn ich nüchtern gewesen wäre, so glaube ich, hätte ich nicht das Herz gehabt, die Tat zu vollbringen.“

Auf seine Bitte wurde ihm noch eine Unterredung mit Ernestine Stankowska gestattet. Er bat sie um Vergebung, dass er sie in der Schwurgerichtssitzung der Unwahrheit beschuldigt, während sie ihm doch weder zum Nachteil noch zum Vorteil, sonder die Wahrheit geredet habe. Nur das Eine erklärte er wiederholt für unrichtig, dass er den Eduard aus der Stube seiner Mutter geholt haben solle. Die Stankowska erkannte an, dass sie hierin geirrt und dass sie dies in der Tat nicht gesehen habe.

Der Staatsanwalt Sander machte der Witwe Lüdtke Mitteilung von dem Geständnis des Raschke und ermahnte sie nochmals, in sich zu geben und zu bekennen. Sie entgegnete: sie habe kein Blut vergossen; in der Bibel stehe „wer kein Blut vergieße, dessen Blut solle auch nicht vergossen werden. Er solle ihren Justiz (den Verteidiger) schicken, der solle appellieren. Sie habe höchstens ein Jahr Gefängnis verdient.

Endlich besann sie sich doch eines anderen; am 4. Nov. Erbat sie sich ein Verhör, weil sie ihr Gewissen erleichtern wolle. Aus ihrer Erzählung, die im Wesentlichen nur eine Wiederholung des am Schlusse der Voruntersuchung von ihr abgelegten teilweisen Geständnisses war, heben wir nur einzelne Punkte hervor.

Nachdem sie wiederholt eingeräumt hatte, dass sie dem Raschke versprochen, sie wolle ihm etwas geben, wenn er den Alten wegschaffe, wurde sie gefragt, was sie denn mit dem Ausdrucke „wegschaffen“ gemeint habe. Sie erwiderte: „Liebe Herren, das überlasse ich Ihnen, machen Sie es, wie Sie denken. Ich habe mir dabei nichts Gewisses gedacht, aber das Wort habe ich gesagt.“ Ihren Bruder beschuldigte sie, dass er sich aus freien Stücken erboten habe, den Gottlieb Lüdtke zu vergiften, dass er das Gift bei sich geführt und während ihrer Abwesenheit die dem Alten zu reichende Suppe vergiftet habe.

Auf die Frage: ob sie denn den Ruf ihres Sohnes auf dem Hausflur nicht gehört habe, und warum sie nicht hinausgegangen wäre, um ihm zu helfen ? antwortete sie: „Ich habe es so in den Knochen gehabt; ich habe vor Zittern gar nicht gut laufen können und hatte auch kurz vorher einen Krampfanfall gehabt, als ich hörte, dass die den Alten umgebracht hätten.“

Sie fuhr fort: „Die beiden, Girndt und Raschke, blieben eine Weile weg, dann kamen sie und ich habe ihnen müssen das Geld geben.“

Zu genauerer Auslassung aufgefordert; gab sie ferner an:

„Girndt kam und sagte: „Gib das Geld her, wird dich der Teufel holen, wenn du ein paar Gulden dran wagst?“ Er meinte damit, ich sollte dafür, dass sie die beiden weggebracht hätten, etwas geben. Ich erwiderte nichts, er griff nach dem Gelde, welches ich vorn am Schürzbande angebunden hatte, und ich überließ es ihm. Sie teilten sich das Geld und gingen nicht lange nachher fort, um die Ziege zu stehlen, zu töten und auf den Alten zu werfen. Ich habe ihnen den Anschlag hierzu nicht gegeben.“

Sie schloss mit den Worten:

„Ich danke dem lieben Gott, dass Sie mich auf den rechten Weg gebracht haben.“

Man sieht, die volle Wahrheit hatte die Witwe Lüdtke auch jetzt nicht gesagt; der Richter, welcher ihre Vernehmung geleitet, bemerkte am Schlusse der Verhandlung zu den Akten: „Sie machte den Eindruck einer vollendeten Heuchlerin.“

* * *

Am 1. Nov. 1859 gelang es Raschke, aus dem Gefängnis zu entspringen. Er stahl in einem Nachbardorfe einen Pelz, trieb sich kurze Zeit umher und begab sich dann unerklärlicherweise nach dem unmittelbar bei seiner Heimat gelegenen Städtchen Wollstein, wo er sich schon früher in Haft befunden hatte. Hier wurde er am 21. Nov., auf dem Markte umher wandelnd, wieder ergriffen und nach Meseritz zurück gebracht.

Erst am 21. Jan. 1860 erhielten beide Todesurteile die königliche Bestätigung. Die Vollstreckung wurde auf den 8. März anberaumt.

Am 7. März bat die Witwe Lüdtke nochmals, man möge sie vernehmen und ihr alles abfragen, wenn sie bei den Akten ein Wort unrichtig gesagt haben sollte, damit sie bei Gott Gnade fände. Ihre Erklärungen enthalten jedoch nichts Neues, nur gesteht sie, sie habe gefürchtet, dass Eduard Lüdtke den Mord verraten würde, und deshalb nicht widersprochen, als von ihrem Bruder geltend gemacht worden sei, dass nun auch Eduard sterben müsse. Raschke wiederholte sein Geständnis unter den Zeichen der tiefsten Reue.

Am 8. März, früh 8 Uhr, fand die Hinrichtung statt. Raschke bat, vor dem Richterblock stehend, alle Anwesenden nochmals um Verzeihung für das begangene Verbrechen, dann kniete er nieder, sprach mit dem katholischen Geistlichen, der ihn begleitete, ein kurzes Gebet, küsste das Kruzifix, welches er in der Hand gehalten, und empfing den Todesstreich.

Die Witwe Lüdtke war völlig außer Fassung. Der evangelische Geistliche hatte sie nur bis an das Tor des Richtplatzes geleitet. Von dort musste sie bis an den Richtblock geführt werden. Hier fiel sie auf die Knie und wiederholte mehrere Male mechanisch einige Verse eines auf den nahen Tod bezüglichen Liedes aus dem Gesangbuche. Dann legte sie das Haupt auf den Block und hatte im nächsten Augenblicke geendet.