Ermordung der Augusta Bormas / 1902

Neustadt b.P. - die ehemalige Pinner Str. / AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

Neustadt b.P. – die ehemalige Pinner Str. / AK Sammlung Wojtek Szkudlarski

Auf Mitteilung der Polizeiverwaltung zu Neustadt bei Pinne wurde am 08. Februar 1902 unter der No. 29 eingetragen, dass die Kaufmannswittwe Augusta Bormas geborene Krain in ihrer Wohnung tot aufgefunden worden war.

Das Alter der Augusta Bormas war zum Zeitpunkt Ihres Todes mit 69 Jahren angegeben worden. Sie war aus Posen gebürtig und dem mosaischen Glauben angehörig gewesen. Gemäß dem Eintrag war sie die Tochter unbekannter Eltern.

Augusta Bormas geborene Krain hatte als die Wittwe des Kaufmanns Gustav Bormas, eines in Neustadt bei Pinne ansässig gewesenen Kaufmanns, in der Stadt gelebt.

Ihr gewaltsamer Tod war nach den angestellten Ermittlungen am 04. Februar 1902 gegen 09:00 Uhr am Abend eingetreten.

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Über diesem Mordfall wurde wie folgt berichtet:

1902-02-07 Neutomischeler KreisblattNeustadt b. P., 5. Februar – Gräßlicher Raubmord

Heute früh verbreitete sich das Gerücht, die 70 Jahre alte Kaufmannswittwe Augusta Bormas sei ermordet.

Frau Bormas galt als reiche Frau, welche hier am Ort ein Geschäft führte und alleinstehend war.Sie wurde als Leiche in der Küche mit gespaltenem Kopf vorgefunden.

Der That verdächtig erschien der 20 jähre Arbeiter Stanislaus Zbytowski, ein Mensch von rohestem Gemüth. Der hiesige Bürgermeister ließ ihn sofort verhaften, und man fand bei seiner Visitirung 9,05 Mark und verschiedene Gegenstände, von denen man annehmen konnte, daß sie aus dem Bormas’schen Laden stammen. Mit ihm zugleich wurden die Gebrüder Ludwig und Johann Komorowicz, achtzehn bezw. sechszehn Jahre alt, verhaftet. Sie leugneten anfangs ganz hartnäckig, gaben aber nachher die That zu. Danach sind alle drei am 4. d. M. Abends gegen 8 Uhr in das Gehöft der Frau Bormas eingedrungen und haben die Frau von dort aus beobachtet; nachher ist Zbytowski durch das Fenster in die Küche eingestiegen, wo er die Frau mit einem faustgroßen Stein erschlagen hat. Dann sind auch die Gebrüder Komorowicz durch das Küchenfenster eingestiegen, und nun raubten die drei Gestellen in aller Gemüthsruhe verschiedene Gegenstände, als Revolver, Taschentesching, Zigarren, Messer u. a. m., sie erbrachen auch die Ladenkasse, welcher sie etwa 12 Mark entnahmen.

Alle drei Verbrecher sind heute dem Justizgefängniß überliefert worden

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1902-05-06 Neutomischeler KreisblattPosen, 3. Mai.

Drei recht rohe und trotz ihrer Jugend bereits sittlich verkommene Patrone, die Arbeiter Zbytowski, Ludwig und Johann Komorowicz aus Neustadt b. P. haben sich wegen Mordes zu verantworten.

Zbytowski hat am Abend des 4. Februar die hochtbetagte Kaufmannswittwe Bormas ermordet, während die beiden Anderen „Schmiere“ standen. Alle drei haben nach verübter That die Wohnung der Ermordeten durchwühlt, es fiel denn auch Geld sowie andere Werthgegenstände den Verbrechern als Beute zu. Die Angeklagten machen einen unsympathischen Eindruck, sie tragen meist zynische Rohheit zur Schau, nur zuweilen regt sich das Schuldbewußtsein auch in ihren verwilderten, verkommenen Gemüthern. Die Hergänge der scheußlichen That erzählen sie mit widerlicher Umständlichkeit.

Schon am 3. Februar faßte Zbytowski den Entschluß die Frau Bormas zu ermorden, die seine Eltern aus der Wohnung im Bormas’schen Hause hatte gerichtlich entfernen lassen. Die drei Angeklagten hofften, eine größere Geldsumme bei der alten Frau zu finden. Am Abend des 4. Februar drang Z. bei der Todten ein, warf sie zu Boden und schlug sie mit einem länglichen, zugespitzten Seine mehrere Male auf den Kopf. Die beiden Komorowicz standen unter dem Fenster, durch welches Zbytowski eingestiegen war.

Das Schwurgericht verurtheilte den Arbeiter Stanislaus Zbytowski aus Neustadt b. P. wegen Mordes und schweren Diebstahls zum Tode und dauernden Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte, die Arbeitsburschen Ludwig und Johann Komorowicz wegen schweren Diebstahls zu drei bezw. zwei Jahren Gefängniß.

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1902-05-23 Neutomischler Kreisblatt

Der in der letzten Schwurgerichtsperiode in Posen zum Tode verurtheilte Raubmörder Stanislaus Zbytowski aus Neustadt b. P., welcher unlängst im Untersuchungsgefängnis einen Selbstmordversuch verübte, hat durch seinen Verteidiger Rechtsanwalt Salz gegen das Todesurtheil das Rechtsmittel der Revision einlegen lassen; es wird sich also noch das Reichsgericht mit dem Fall zu beschäftigen haben.

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1902-06-24 Neutomischeler Kreisblatt

Der vom Posener Schwurgericht wegen Mordes und schweren Diebstahls zum Tode verurtheilte „Arbeiter“ Stanislaus Zbytowski aus Neustadt bei Pinne hatte gegen dieses Urtheil Revision eingelegt, welche am Freitag vor dem 4. Strafsenat des Reichsgerichts zur Verhandlung gelangte.

Der Verurtheilte hatte, wie wir s. Z. ausführlich mittheilten, am 4. Februar mit zwei Kumpanen bei der Wittwe Bormas in Neustadt bei Pinne eingebrochen und die Frau mit einem Feldsteine erschlagen. Die beiden Mitangeklagten wurden s. Z. zu drei bezw. zwei Jahren Gefängnis verurtheilt, und haben ihre Strafe gleich angetreten. – In seiner Revision rügte der Mörder unrichtige Fragestellung und Beantwortung der Frage durch die Geschworenen. Nach dem Antrag des Rechtsanwaltes verwarf das Reichsgerichts die eingelegte Revision.

Das Todesurtheil gegen Zbytowski ist hiermit rechtskräftig geworden, und findet die Hinrichtung des Verurtheilten statt, sobald vom Civilkabinet die Nachricht eingeht, daß der Kaiser von seinem Begnadigungsrechte keinen Gebrauch mache.

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1902-10-03 Thorner Presse – Posen, 2. Oktober

Der 20 jährige Arbeiter Stanislaus Zbytowski aus Neustadt bei Pinne, der wegen Ermordung der 70 jährigen Wittwe Bormas zum Tode verurtheilt worden war, ist heute früh um 6 1/2 Uhr im kleinen Hofe des hiesigen Gerichtsgefängnisses durch den Scharfrichter Schwietz aus Breslau hingerichtet worden.

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/); Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1902