Falscher Verdacht / 1908

Rudnik Ortsdurchfahrt; rechts Mauer zum Areal des alten Herrenhauses von Andrzeja und Władysława Niegolewskich, welches heute eine Schule ist / Bild: EF

Rudnik Ortsdurchfahrt; rechts Mauer zum Areal des alten Herrenhauses von Andrzeja und Władysława Niegolewskich, welches heute eine Schule ist / Bild: EF

Am 28. August 1908 berichtigte das Neutomischeler Kreisblatt:

„Bei Gastwirt Ignatz Filipowski (verehelicht gewesen mit Stanislawa geborene Röhr) in Rudnik kehrte ein Landstreicher ein, trank eine Limonade und entfernte sich hierauf.

Gegen 6 Uhr nachmittags bemerkte ein im Gasthause weilender Gast, wie der Schober des Filipowski, welcher unweit des Gehöftes steht, von demselben Landstreicher in Brand gesetzt wurde. Der Strolch, namens Johann Gajewski, ist sofort auf frischer Tat verhaftet und nach dem Königlichen Amtsgericht zu Grätz überführt worden. Gajewski will russischer Staatsangehöriger sein.“

Es dauerte bis zum Oktober des Jahres 1908 ehe sich aufklärte, dass der bei der Brandstiftung beobachtete und auf frischer Tat verhaftete „Landstreicher“ Johann Gajewski mit der Brandstiftung nichts zu tun hatte und aus der Haft entlassen werden konnte; es fand sich kein Hinweis auf ein Bedauern, noch dahingehend, dass die falsche Beschuldigung in irgendeiner Weise verurteilt wurde.

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In der Ausgabe des 13. Oktober des Jahr 1908 fand sich nachfolgende kurze Berichterstattung, in welcher die tatsächlichen Umstände zum Hergang der Brandstiftung geschildert wurden:

*Seine Aufklärung hat der am 18. August d. Js. bei dem Gastwirt Filipowski in Rudnik stattgefundene Strohschoberbrand gefunden.

Wie seinerzeit berichtet, wurde der Landstreicher Gajewski als mutmaßlicher Brandstifter in Haft genommen, der sich auch jetzt noch in Untersuchungshaft befindet.

Nunmehr hat die bis zum 1. Oktober bei Filipowski bedienstet gewesene Magd Sophie Nowacka nach vorherigem ernstlichen Verhör ein Geständnis abgelegt, worin sie zugab, den Brand aus Rache gegen ihren Brotherrn, der sie wegen Diebstahls zur Anzeige gebracht und weswegen sie zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt wurde, angelegt zu haben.

Einen Brief, worin sie ihre Verfehlungen u. a. auch die von ihr begangene Brandstiftung, zum Zwecke der kirchlichen Beichte niedergeschrieben hatte, den sie aber bei ihrem am 1. Oktober erfolgtem Umzuge vergessen hatte und der nunmehr bei Filipowski gefunden wurde, hatte ihre zunächst erfolgte verantwortliche Vernehmung und demnächstige Verhaftung zur Folge.

Der bis jetzt in Untersuchungshaft gehaltene Gajewski wird nunmehr seine Entlassung erwarten können.“

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 Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1908; Personenstandsunterlagen Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)