Fünfter Jahresbericht der Landwirtschaftlichen Winterschule Winterhalbjahr 1908/1909

Die Landwirtschaftliche Schule, auch kurz „Bauernakademie“ genannt / AK Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Fünfter Jahresbericht der Landwirtschaftl. Winterschule der Landwirtschaftskammer für die Provinz Posen in Neutomischel – Winterhalbjahr 1908 – 1909; zugleich Einladung zu der am Freitag, den 26. März 1909 stattfindenden öffentlichen Schlußprüfung – Neutomischel  – Druck von Wilhelm Busch – 1909

Inhalts-Verzeichnis

                1. Zweck und Aufgaben der landwirtschaftlichen Winterschule
                2. Schulnachrichten
                3. Ausschuss VII für landw. Schul- und Unterrichtswesen
                4. Das Kuratorium
                5. Das Lehrerkollegium
                6. Schülerverzeichnis
                7. Lehrplan
                8. Schulordnung
                9. Unterrichtsbeginn – Aufnahmebedingungen – Kosten des Schulbesuchs
                10. Prüfungsfolge zur Schlussprüfung

1. Zweck und Aufgaben der landwirtschaftlichen Winterschule

Unter den Landwirten herrschen über das Wesen und die Ziele der landwirtschaftlichen Winterschule noch so verschiedenartige und entgegensetzte Ansichten, dass immer wieder auf die Einrichtungen und Zwecke dieser Schulen aufmerksam gemacht werden muss.

Apfelbäume wurden in und um Neutomischel häufig kultiviert - Bildquelle: http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84pfel

Die landwirtschaftliche Winterschule will ihren Schülern eine bessere, allgemeine Bildung und alle die Kenntnisse beibringen, welche zum rationellen Betriebe einer Landwirtschaft notwendig sind. Aber nur solche jungen Leute werden in der verhältnismäßig kurzen Unterrichtszeit einen wirklichen Nutzen aus dem Schulbesuche ziehen können, die mit der Überzeugung in die Anstalt eintreten, dass nicht für die Schule, sondern für das Leben gelernt wird; der junge Mann soll aus der Schule die Überzeugung nehmen, dass zur Handhabung des landwirtschaftlichen Gewerbes mehr gehört, als die schablonenmäßige und gedankenlose Verrichtung der einzelnen Arbeiten, dass nicht bloß die reine Praxis oder reine Theorie die höchsten Erfolge sichert, sondern, dass beide miteinander innig verbunden sich gegenseitig ergänzen müssen. Die Schule soll den angehenden Landwirt befähigen, sich Auskunft zur geben über das „Warum“; mit gereifterem Verstande, mit erweitertem Gesichtskreis soll er in die Praxis zurückkehren, ihm sollen die wissenschaftlichen Grundlagen der Landwirtschaft aufgeschlossen werden, er soll urteilen, denken und rechnen lernen. Natürlich darf der junge Mang auf der Anstalt den praktischen Arbeiten nicht entfremdet werden, was auch nicht anzunehmen ist, da der Kursus in jedem der beiden Winter nur eine fünfmonatige Dauer hat und Gelegenheit zur Entfremdung in so kurzer Zeit nicht gegeben wird.

Die landwirtschaftlichen Winterschulen sollen in erster Linie Fachschulen, in zweiter auch Fortbildungsschulen sein; neben der Fachbildung hat die Schule auch die Fortbildung in den Elementar- und Realfächern nicht außer acht zu lassen, das in der Dorfschule erlernte und meist wieder Vergessene soll wieder aufgefrischt, ergänzt und erweitert werden. Diese für die Bauern eingerichteten Schulen sollen einen Bauernstand schaffen, der seine Stelle im Berufsleben nach jeder Richtung hin vertritt; brauchbare Gemeindemitglieder, tüchtige Staatsbürger sollen sie heranbilden.

Welche jungen Leute sollen sich die landwirtschaftliche Winterschule zu ihrer Ausbildung erwählen ? – Diese Frage ist dahin zu beantworten, dass wohl im allgemeinen jeder, der sich dem landwirtschaftlichen Berufe zuwendet, Vorteile aus dem Besuche einer solchen Schule ziehen kann, dass aber im besonderen und in erster Linie die Winterschule von Söhnen bemittelter und da der Besuch mit nur geringen Kosten verknüpft ist, auch weniger bemittelter Bauerngutsbesitzer besucht werden soll, dass endlich auch diejenigen Aufnahme suchen können, die sich zu Wirtschaftsbeamten ausbilden wollen. – Es ist eine unumstößliche Tatsache, dass bemittelte, ja selbst reiche Kleingrundbesitzer eher zu andern Zwecken, als zur Ausbildung ihrer Söhne Geldausgaben machen und aus dem Grunde „weil es zu viel Geld kostet“, diese in der Wirtschaft zurückbehalten. Alle Bauernsöhne, welche für den Winter in der väterlichen Wirtschaft entbehrlich sind, sollen sich der Winterschule zuwenden.

Der umfangreiche Unterrichtsstoff ist auf zwei Winter verteilt und zwar werden im ersten Winter mehr die grundlegenden naturwissenschaftlichen Fächer behandelt. Nur derjenige junge Mann wir aus dem Besuch der Winterschule den vollen Nutzen ziehen, der beide Kurse der Schule besucht und den dazwischenliegenden Sommer dazu benutzt, in der Praxis der väterlichen Wirtschaft Beobachtungen anzustellen und das im Winter Gelernte überall anzuwenden.

2. Schulnachrichten

Das vierte Winterhalbjahr im Bestehen der hiesigen Winterschule wurde am Sonnabend, den 28. März 1908 mit einer öffentlichen Schlussprüfung geschlossen. An derselben nahmen der Vorsitzende des Kuratoriums, Herr Landrat von Daniels, das Lehrerkollegium, die Eltern der Schüler, sowie eine Anzahl Mitglieder des Vereins ehemaliger Schüler, Freunde und Gönner der landwirtschaftlichen Winterschule teil. Die an die Prüfung sich anschließende Zeugnisverteilung und Entlassung der Schüler der Oberklasse erfolgte mit einer entsprechenden  Ansprache durch den Vorsitzenden des Kuratoriums Herrn Landrat von Daniels. An nachbenannte Schüler wurden Preise, bestehend in einem Buche nebst Diplom, verteilt:

  1. Paul Heinrich – Rakwitz-Dorf
  2. Reinhold Muster – Friedheim
  3. Otto Lehmann – Königsfelde
  4. Franz Weimann – Königsfelde
  5. Otto Schlecht – Neudombrowo
  6. Oswald Prüfer – Komorowo-Hauland

Die übrigen zur Entlassung kommenden Schüler der Oberklasse erhielten je ein Diplom als Belobigung überreicht.

Der Abend desselben Tages vereinigte nochmals das Lehrerkollegium mit den Schülern im Schülerverein zu einer Sitzung im Hohenzollernsaale, wobei von einigen Schülern Vorträge gehalten wurden. Es sprachen der Schüler der Oberklasse Paul Mettchen über „Kartoffelbau“, Franz Weimann über „Landwirtschaft früher und heute“, Gustav Wolff über „Auswahl des Saatgutes“ und Nikodemus Szymanski über „Bestäubung und Befruchtung der Pflanzen“.

Am Dienstag, den 3. November 1908 begann die Winterschule ihr 5. Winterhalbjahr. Es traten in die Unterklasse 12 Schüler ein, während von den vorjährigen 14 Schülern 10 in die Oberklasse zurückkehrten; außerdem nahm 1 Hospitant am Unterrichte, teils in der Ober-, teils in der Unterklasse teil.

Im Lehrerkollegium traten folgende Änderungen ein: Herr Polizeirat Roll trat aus Gesundheitsrücksichten von seinem Amte als Lehrer zurück und (es) übernahm den Unterricht in Gesetzeskunde Herr Rechtsanwalt und Notar Arndts – Neutomischel. Leider war es Herrn Polizeirat Roll nicht mehr vergönnt, sich von seiner Erkrankung zu erholen; am 29. Januar 1909 schloss er für immer die Augen und wurde am 1. Februar zur ewigen Ruhe bestattet. An seinem Grabe legt der Direktor der Winterschule einen Kranz namens des Schülervereins nieder. Nicht nur die jetzigen, sondern auch eine Anzahl früherer Schüler gaben mit dem gesamten Lehrerkollegium ihrem geliebten Lehrer und Mitkollegen das letzte Geleit. – Möge er in Frieden ruhen, die Schule wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren. –

An einigen Nachmittagen wurden mit den Schülern der Oberklasse einige Exkursionen per Rad gemacht und zwar nach Alt-Borui und Friedenhorst zum Ausmessen bzw. zur Besichtigung der Moorversuche, nach Zembowo zur Teilnahme an einer Vereinssitzung und nach Sontop zur Besichtigung der Ausrückevorrichtungen an landw.  Maschinen. Auch in diesem Jahre veranstaltete die Maggi Gesellschaft durch ihren Posener Vertreter eine unentgeltliche Kostprobe für die Schüler, die großen Anklang fand.

Das Gebäude der Winterschule 1942 - Foto Sammlung des Wojtek Szkudlarski

An den Sitzungen des hiesigen Rustikalvereins, sowie den Versammlungen des Vereins für Kunst- und Wissenschaft nahmen die Schüler mit Erlaubnis der betr. Herren Vorsitzenden stets teil.

Im Verein ehemaliger Schüler, Freunde und Gönner der landw. Winterschule wurden u. a. auch von Schülern der Oberklasse einige Vorträge gehalten und zwar sprach Szymanski über „Gründüngung“, Fenske über „Pferdeinfluenza“, Niedermeyer über „Familien- und Erbrecht“.

Über die Tätigkeit des Schülervereins gibt der bereits erschienene besondere Jahresbericht näheren Aufschluss.

Während des Sommers 1908 war der Direktor der Schule als Wanderlehrer in den Kreisen Neutomischel, Grätz, Bomst und in der südlichen Hälfte des Kreises Meseritz tätig.

Die Lehrmittelsammlung und die Bücherei wurden im laufenden Jahre durch Neuanschaffung bedeutend erweitert und tragen diese Sammlungen wesentlich zum Verständnis und zur Erklärung des im Unterrichtes behandelten Stoffes bei.

Das laufende Wintersemester findet am 26. März 1909 durch eine öffentliche Schlussprüfung seinen Abschluss.

3. Ausschuss VII der Landwirtschaftskammer

Unterrichts- und Schulwesen.

  1. Landeshauptmann Dr. von Dziembowski – Posen, Vorsitzender
  2. Professor Dr. Peters – Posen, stellv. Vorsitzender
  3. Oberregierungsrat Daum – Posen
  4. Landrat Dr. Buresch – Hohensalza
  5. Rittergutsbesitzer Leonhardt – Rucewko bei Güldenhof
  6. Rittergutsbesitzer Reinecke – Gußwiß bei Bojanowo
  7. Erbscholtiseibesitzer (schlesischer Ausdruck für den Besitz als solches in Verbindung mit dem Schulzenamt) Schubert – Grune bei Lissa i. P.
  8. Erster Landesrat Nötel – Posen
  9. Ober-Regierungs-Rat von Both – Posen

 

4. Das Kuratorium

setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen:

  1. Vorsitzender:  Herr Landrat von Daniels – Neutomischel
  2. Vertreter der Landwirtschaftskammer: Herr Rittergutsbesitzer von Poncet – Alttomischel
  3. Vertreter des landwirtschaftlichen Kreisvereins: Herr Rittergutsbesitzer von Beyme – Eichenhorst
  4. Vertreter der Stadt: Herr Bürgermeister Franke
  5. Vertreter der Schule: Herr Direktor Foß

 

Bienenkunde - älteste überlieferte Zeichnung - Bildquelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Honigbiene

5. Das Lehrerkollegium

umfasst foldgende Herren:

  1. Direktor Foß für Naturwissenschaft und Landwirtschaft
  2. Landwirtschaftslehrer Frech für Naturwissenschaft und Landwirtschaft
  3. Kreisarzt Dr. Buddee für Erste Hilfe in Unglücksfällen
  4. Kreistierarzt Hasselmann für Tierheilkunde
  5. Rechtsanwalt und Notar Arndts für Gesetzeskunde
  6. Rektor Glitscher für Raumlehre
  7. Lehrer Kroll für Zeichnen und Baukunde
  8. Lehrer Paetzold für Rechnen und Schönschreiben
  9. Lehrer Stegemeier für Bienenkunde, Geschäftsaufsätze und Obstbau
  10. Lehrer Bölsch für Deutsch und Heimatkunde
  11. Sattlermeister Knoll für Sattlerei
  12. Stellmachermeister Saage für Stellmacherei

 

6. Schülerverzeichnis

Lfd. Nr. Namen des Schülers Alter Stand des Vaters Wohnort Kreis

A) Oberklasse

1 Fenske, Richard 17 Landwirt Sontop Neutomischel
2 Gröger, Karl 16 3/4 Landwirt Paprotsch Neutomischel
3. Hirt, Otto 17 Kaufmann Alttomischel Neutomischel
4. Jaeschke, Bruno 17 1/2 Gastwirt Blenke Bomst
5. Lehmann, Miezeslaus 16 3/4 Gastwirt Siedler Bomst
6. Löchel, Hermann 17 1/2 Landwirt Glinau Neutomischel
7. Szymanski, Nikodemus 19 Landwirt Duschnik Samter
8. Thomas, Paul 16 3/4 Landwirt Grubske Meseritz
9. Wittchen, Gustav 16 3/4 Landwirt Paprotsch Neutomischel
10. Wolff, Gustav 19 3/4 Landwirt Wilschin Samter
11. Niedermeyer, Rudolf – Hospitant 22 1/4 Gastwirt Paprotsch Neutomischel

B ) Unterklasse

1. Baehr, Paul 17 Landwirt Grätz Grätz
2. Chudak, Thomas 17 Landwirt Klichow Jarotschin
3. Fischer, Hermann 16 Landwirt Alt-Borui Bomst
4. Freier, Wilhelm 17 Landwirt Glinau Neutomischel
5. Kara, Stefan 15 Först. u. Landw. Waldtal Neutomischel
6. Rausch, Hermann 15 Landwirt Friedenhorst Meseritz
7. Roy, Bruno 17 1/2 Landwirt Scherlanke Neutomischel
8. Schulz, Hermann 21 3/4 Landwirt Neu-Borui Bomst
9. Trapp, Gustav 15 3/4 Kaufmann Alttomischel Neutomischel
10. Winkler, Max 18 Landwirt Scherlanke Neutomischel
11. Filip, Cheslaus 15 1/2 Molkereiverw. Neustadt Schloß Neutomischel
12. Hauch, Gustav 19 3/4 Landwirt Albertoske Neutomischel

 

Übersicht der Schüler nach dem Wohnort

  1. Aus dem Kreise Neutomischel stammen 13 Schüler
  2. Aus dem Kreise Bomst stammen 4 Schüler
  3. Aus dem Kreise Meseritz stammen 2 Schüler
  4. Aus dem Kreise Grätz stammt 1 Schüler
  5. Aus dem Kreise Samter stammen 2 Schüler
  6. Aus dem Kreise Jarotschin stammt 1 Schüler

Summa 23 Schüler

Das Durchschnittsalter beim Eintritt in die Unterklasse betrug 17 Jahre. Das Durchschnittsalter beim Eintritt in die Oberklasse betrug 17 3/4 Jahre

7. Lehrplan 

Der Unterricht im Unterkursus erstreckt sich auf folgende Lehrgegenstände:

  • Chemie: 4 Stunden wöchentlich; anorganischer Teil: Lehrziel: Erwerbung der zur Dünger- und Fütterungslehre nötigen Kenntnisse
    • Lehrbuch: Dr. Wilbrand, Grundzüge der Chemie Ausgabe B.
    • Direktor Foß
  • Physik: 3 Stunden wöchentlich; Eigenschaft der Körper, Mechanik der festen, flüssigen und luftförmigen Körper, Wärmelehre, Witterungskunde.
    • Lehrbuch: Prieß, Physik für niedere Schulen
    • Landwirtschaftslehrer Frech
  • Pflanzenkunde: 2 Stunden wöchentlich. Äußere Gestalt, innerer Bau und Lebensfunktionen der Pflanze, pflanzliche Schädlinge
    • Lehrbuch: Weber, Leitfaden für landw. Pflanzenkunde
    • Landwirtschaftslehrer Frech
  • Tierkunde: 1 Stunde wöchentlich: Freunde und Feinde der Landwirtschaft aus dem Tierreich
    • Direktor Foß
  • Tierzuchtlehre: 3 Stunden. Lehrziel: Kenntnis vom Bau und Verrichtung des Tierkörpers; Lehre von der Züchtung.
    • Lehrbuch: Neye, Bau und Leben der landw. Haussäugetiere
    • Direktor Foß
  • Ackerbaulehre: 5 Stunden. Entstehung und Zusammensetzung des Boden, Bodenbearbeitung, Saat, Pflege und Ernte der Kulturpflanzen, Bodenverbesserung
    • Lehrbuch: Ney, Ackerbaulehre
    • Landwirtschaftslehrer Frech
  • Deutsch und Heimatkunde: 6 Stunden
    • a) Sprachlehre: Wort- und Satzlehre
    • b) Aufsätze: erzählenden, beschreibenden und schildernden Inhalts
    • c) Lesen: fließendes, richtiges und sinngemäßes Lesen
    • d) Rechtschreibung: Sicherheit in der richtigen Schreibweise
    • e) Heimatkunde. Nähere Bekanntschaft mit der Provinz Posen und dem deutschen Vaterlande. Allgemeines über Europa
      • Lehrer Völsch
  • Stellmacherwerkstatt - Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Noe_wainwright.jpg

    Rechnen: 4 Stunden. Die vier Grundrechenarten in ganzen Zahlen, gewöhnlichen und dezimalen Brüchen, Regeldetrie (Dreisatz), Prozent- und Zinsrechnung

    • Lehrer Paetzold
  • Raumlehre: 2 Stunden. Lehre von den Linien und Winkeln, Dreieck, Viereck, Kreis, Berechnung von Körpern.
    • Rektor Glitscher
  • Zeichnen: 1 Stunde. Freihandzeichnen nach landwirtschaftlichen Vorlagen
    • Lehrer Kroll
  • Schönschreiben: 1 Stunde. Lehrziel: Erlangung einer gefälligen Handschrift
    • Lehrer Paetzold
  • Erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen: 1 Stunde. Menschliche Anatomie, Hilfestellung bei Unglücksfällen, Grundsätze der Volkshygiene
    • Kreisarzt Dr. Buddee
  • Handfertigkeitsunterrichts: 2 Stunden. Anfertigung von Pferdehalftern und Zäumen, Ausführen kleiner Reparaturen.
    • Sattlermeister Knoll

 

Oberkursus

  • Chemie: 2 Stunden wöchentlich: Aneignung der Kenntnisse, die bei der Fütterung, Pflanzenernährung und den landwirtschaftlichen technischen Nebengewerben nötig sind.
    • Lehrbuch: Wilbrand
    • Direktor Foß
  • Physik: 1 Stunde. Witterungskunde, Lehre vom Schall, Magnetismus und der Elektrizität
    • Lehrbuch: Prieß, Physik für niedere Schulen
    • Lehrer Völsch
  • Tierzuchtlehre:  5 Stunden. Fütterungslehre, Rinder-, Pferde-, Schweine-, Schaft-, Geflügel-, und Fischzucht. Molkereiwesen.
    • Lehrbuch: Biedenkopf
    • Direktor Foß
  • Ackerbaulehre:
    • a) Pflanzenbaulehre: 4 Stunden. Düngerlehre, Besprechung der Anbauverhältnisse  von Getreidearten, Hülsenfrüchten, Hackfrüchten, Futterpflanzen und Handelsgewächsen.
      • Lehrbuch: Neye, Ackerbaulehre und Pflanzenbaulehre
      • Direktor Foß und Landwirtschaftslehrer Frech
    • b) Wiesenbau: 2 Stunden. Wiesengräser und -kräuter, Düngung, Pflege und Behandlung der Wiesen, insbesondere der Moorwiesen. Neuanlage von Wiesen.
      • Lehrbuch: Neye, Pflanzenbaulehre
      • Landwirtschaftlehrer Frech.
    • c) Obstbau: 1 Stunde. Pflanzung und Pflege der Obstbäume. Veredeln, Obstverwertung, Anbau der wichtigsten Gemüsearten
      • Lehrbuch Kümmerlen, Obstbau
      • Lehrer Stegemeyer
  • Betriebslehre: 3 Stunden. Bedeutung und Stellung der Landwirtschaft, Betriebsmittel und Betriebssysteme, Landwirtschaftliches Genossenschafts- und Versicherungswesen
    • Lehrbuch: Luberg, Betriebslehre
    • Direktor Foß
  • Buchführung: 2 Stunden. Die Hauptbücher der einfachen, landwirtschaftlichen Buchführung. Feststellung des Reinertrages des steuerpflichtigen Einkommens und Vermögens
    • Geweniger’s Buchführungs-Formulare
    • Landwirtschaftslehrer Frech
  • Feldmessen: 2 Stunden. Messen von Linien, Ausmessen und Aufnahme von Grundstücken, Flächenberechnung, Nivellieren.
    • Landwirtschaftslehrer Frech
  • Rechnen: 3 Stunden. Landwirtschaftliche Berechnungen, meist im Anschluss an Ackerbaulehre, Dünger- und Fütterungslehre, Betriebs- und Versicherungsweden
    • Landwirtschaftslehrer Frech
  • Geschäftsaufsätze: 3 Stunden. Lehrziel: Gewandtheit in der Abfassung von Briefen und Geschäftsaufsätzen
    • Lehrer Stegemeier
  • Gesetzeskunde: 2 Stunden. Verfassung, Behörden, Arbeiterfürsorge, Gesinderecht, Grundbuch und Steuern.
    • Lehrbuch: Kollath-Petri, Gesetzeskunde
    • Rechtsanwalt  Arndts
  • Tierärztlicher Unterricht: 2 Stunden. Gesundheitslehre, Geburtshilfe, Gewährsfehler, die wichtigsten Krankheiten und Seuchen und deren Bekämpfung
    • Lehrbuch: Kohlhepp, Tierärztlicher Unterricht
    • Kreistierarzt Hasselmann
  • Baukunde: 1 Stunde. Materialienkunde.
    • Lehrbuch: Schubert, Baukunde
    • Lehrer Kroll
  • Bienenkunde: 1 Stunde. Lebensweise und Vermehrung der Bienen, ihre Krankheiten und deren Bekämpfung, das Ein- und Auswintern derselben und die Verwertung ihrer Produkte
    • Lehrer: Stegemeier
  • Handfertigkeitsunterricht: 2 Stunden. Stellmachern, Anfertigen einfacher Geräte
    • Stellmachermeister Saage

 

Das Gebäude der ehemaligen Winterschule 1966 - AK aus der Sammlung P. Mierzejewski

8. Schulordnung

                    1. Jeder Schüler ist jedem Lehrer Gehorsam und Aufmerksamkeit beim Unterricht schuldig und zum Besuche sämtlicher Unterrichtsstunden verpflichtet
                    2. Die Schüler haben pünktlich zum Unterricht zu kommen und sich sofort auf den ihnen angewiesenen Platz zu verfügen
                    3. Die Schüler haben sich stets und überall eines gesitteten, anständigen und bescheidenen Betragens zu befleißigen und sich in jeder Weise zu bemühen, der Schule Ehre zu machen
                    4. Untereinander haben sich die Schüler freundschaftlich und gefällig zu benehmen. Neckereien sind streng verboten.
                    5. Für jedes Schulzimmer wir ein Zimmerwart ernannt, der jede Woche nach einer bestimmten Reihenfolge wechselt. Dieser hat für Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen.
                    6. Schüler, welche Eigentum der Schule mutwillig oder fahrlässig beschädigen, haben den entstandenen Schaden zu ersetzen
                    7. Ohne Erlaubnis des Direktors darf ein Schüler von den Schulausflügen oder Schülervereinssitzungen und Schulfeiern nicht fern bleiben
                    8. Ist ein Schüler durch Krankheit verhindert, dem Unterricht beizuwohnen, so haben die Eltern oder der Hauswirt sofort dem Direktor mündliche oder schriftliche Mitteilung davon zu machen
                    9. Urlaub kann nur in den dringendsten Fällen erteilt werden. Werden durch den Urlaub Unterrichtsstunden versäumt, so hängt die Genehmigung von einem schriftlichen Einverständnis der Eltern ab
                    10. Das Rauchen in und vor der Schule, auch auf dem Wege zur Schule ist nicht gestattet
                    11. Nach 9 Uhr abends dürfen  die Schüler ihre Wohnungen nicht mehr verlassen. Ihre mündlichen und schriftlichen häuslichen Aufgaben haben sie gewissenhaft zu erledigen. Von Seitens der Lehrer wird eine diesbezügliche Kontrolle geübt.
                    12. Der Besuch von Wirtschaften innerhalb des Schulortes ist nicht gestattet
                    13. Auswärtige Schüler dürfen nur unter Zustimmung des Direktors eine Wohnung wählen oder wechseln
                    14. Der Besuch von öffentlichen Tanzlustbarkeiten ist verboten
                    15. Jedes Spiel um Geld ist streng untersagt
                    16. Jeder Schüler erhält bei seiner Aufnahme ein Exemplar dieser Schulordnung. Dieselbe ist den Eltern oder Pensionshaltern zur Einsicht vorzulegen und während des Kursus aufzubewahren
                    17. Über Führung, Fleiß und Fortschritte wird jedem Schüler nach Schluss des Schuljahres ein Zeugnis ausgestellt
                    18. Übertretungen der Schulordnung werden bestraft und zwar durch Ermahnung, Erteilung eines Verweises, Benachrichtigen der Eltern durch den Direktor und endlich Entlassung aus der Schule.

9. Unterrichtsbeginn – Aufnahmebedingungen – Kosten des Schulbesuches

Das nächste Winterhalbjahr beginnt am 3. November 1909, vormittags 9 Uhr.

Anmeldungen zum Besuch der Winterschule nimmt jederzeit der Direktor der landwirtschaftlichen Winterschule Foß – Neutomischel entgegen. Wiederkehrende Schüler des Unterkursus bedürfen keiner neuen Anmeldung, da es als selbstverständlich gilt, dass dieselben in ihrem eigensten Interesse auch den Oberkursus der Schule besuchen.

Bei der Aufnahme sind vorzulegen:

  1. Das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Volksschule
  2. Ein polizeiliches Führungszeugnis

Erwünscht ist ein Mindestalter von 15 Jahren und eine vorherige praktische landwirtschaftliche Tätigkeit.

An Schulgeld sind für das erste Winterhalbjahr 40 Mk., für das zweite nur 30 Mark zu entrichten. Wenig bemittelte Schüler können reichliche Unterstützung erhalten.

Für das Schuljahr 1909/10 erhält jeder würdige Schüler, dem eine Staatsunterstützung nicht zuteil wird, aus der Kasse des Schülervereins zur Beschaffung der Schulbücher, Hefte usw. eine Unterstützung in Höhe von 10 Mk.

Auswärtige Schüler finden bei hiesigen Bürgern gute Unterkunft für ca. 40 Mark pro Monat. Der Schuldirektor weist Schülerquartiere gerne nach, ist auch zu weiteren Auskünften jederzeit bereit.

Neutomischel, im März 1909

Der Vorsitzende des Kuratoriums           Der Direktor der landw. Winterschule

von Daniels                                                   Foß

 

* * *

Prüfungsfolge für die am Freitag, den 26. März 1909, vorm. 10 Uhr, beginnende Schlussprüfung

1. Oberklasse

  • 10.00-10.15 Vorträge von Schüler über „Feld- und Forstpolizeigesetz und „Scheidenkartarrh der Rinder“
  • 10.15-10.30 Tierärztlicher Unterricht – Kreistierarzt Hasselmann
  • 10.30-10.45 Pflanzenbaulehre – Landw. Lehrer Frech
  • 10.45-11.00 Tierzuchtlehre – Direktor Foß

2. Unterklasse

  • 11.00-11.15 Raumlehrer – Rektor Glitscher
  • 11.15-11.30 Ackerbaulehre – Landw. Lehrer Frech
  • 11.30-11.45 Chemie – Direktor Foß
  • 11.45-12.00 Rechnen – Lehrer Paetzold

Verteilung der Zeugnisse und Prämien. – Entlassung der Schüler der Oberklasse

Die Zeichnungen und schriftlichen Arbeiten der Schüler liegen während der Prüfung zur Einsicht aus; ebenso die im Handfertigkeitsunterricht hergestellten Gegenstände.

* * *

Text-Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu, Dokumentacja aktowa, Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl – 53/4385//0/11.1/7 – Der jährlich zu erstattende Hauptverwaltungsbericht 1907-1917