Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 10 Alter Markt – Seide, Dampmann, Friedlaender, Hecke u. A.

Neutomischel – Alter Markt Haus No. 10

Im Jahr 1836 findet sich in der Gebäudebeschreibung für die Provinzial Feuerversicherung das Haus des Gottfried Seide.

Das 36 Fuß breite, 21 ½ Fuß tiefe und 6 ¾ Fuß hohe Gebäude war durchgehend von Bohlen errichtet und auswendig mit Lehm beworfen, sowie innwendig mit Brettern verschalt. Die Giebel waren mit Brettern verschlagen. Das Dach war ein gewöhnliches Schindeldach gewesen, es hatte einen Erker nach vorn gegeben, welcher rechts und links jeweils eine hölzerne Rinne zum Ablauf des Regenwassers hatte. Die Feuer Esse war aus Holz errichtet und mit Lehm ausgeflochten und der Schornstein massiv gewesen.

Im Innern haben waren die Stuben und Kammern, sie hatten Dielenboden, durch 3 Türen zu 2 Flügeln und 7 einfachen Türen zu erreichen gewesen bzw. getrennt. Licht in das Gebäude kam durch 1 Fenster zu 3 Flügeln, 2 Fenster zu 2 Flügeln und 1 Fenster, welches nur einflügelig gewesen war.

Ein Keller wurde in der Beschreibung nicht erwähnt, jedoch hatte das Häuschen über einen Boden verfügt.

Alle Räumlichkeiten waren über 1nen Kachelofen beheizt worden.

1836 war das Gebäude seit mehreren Jahren nicht mehr repariert worden; bei der Zustandsaufnahme waren die Decken und das Dach als fehlerhaft, das Übrige des Hauses jedoch als gut befunden worden.

Im Hof der Stadtparzelle No. 10 gab es noch einen Stall; 22 x 12 x 6 Fuß in den Abmessungen. Dieser war durchweg von Bohlen, welche mit Brettern verschlagen worden waren, errichtet worden. Er war mit einem Strohdach gedeckt gewesen. Über 2 Türen gelangte man ins Innere, wo sich eine Pferde- und ein Kuhstall für je 2 Tiere befunden hatte.

Für dieses Gebäude war das Dach als schlecht und das Holz im Gebäude für gut befunden worden

Das Alter der Gebäude war mit 45 Jahren notiert worden, d. h., dass das Bau ca. im Jahr 1791 errichtet worden sein müsste. Der 1836 genannte Besitzer Johann Gottfried Schneider, geboren 1784 kann somit nicht der Bauherr gewesen sein.

Das Wohnhaus und der Stall wurden im Jahr 1845 abgetragen.

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Johann Gottfried Seide – Bürger und Schneider zu Neu Tomysl war verehelicht mit Dorothea Elisabeth Kannewischer

Als ihre Kinder waren geboren worden:

  • 1813 Johanna Amalie, lebte mit ihrer außerehelich geborenen Tochter zu Panwitz
  • 1816 Johann Gotthilf (+1824)
  • 1821 Johanna Juliane, ehelichte Ernst Ferdinand Ruppin zu Tirschtiegel
  • 1826 Johanna Friederike Wilhelmine Louise (+1827)
  • 1829 Friederika Ernestine, verwittwete Johann Gottlieb Matschke, wiederverehelichte Johann Christian Lange

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Direkter Blick auf das Gebäude No. 10 (unten roter Backstein, oben weiß verputzt) – AK Sammlung Kraft

Im Jahr 1845 hat der Kaufmann Carl Jonathan Dampmann mit seiner Ehefrau Auguste Caroline Hampel (Hempel) das Grundstück No. 10 gelegen am Alten Markt zu Nowy Tomysl neu bebaut.

Das Hauptgebäude war von Beginn an zweistöckig. Als bebaute Grundfläche galten 38×36 Fuß (ca 127 m2); mit einer Deckenhöhe im Erdgeschoss von 10 Fuß (ca 3,04m) und im 1sten Stock von 11 Fuß (ca. 3,35m). Die Wände waren massiv, die Böden gedielt, lediglich der Hausflur war mit Ziegeln gepflastert, das Gebäude besaß ein Ziegeldach, wobei in der Gebäudebeschreibung auch 3 Fledermausdachfester Erwähnung fanden. Die Feueresse des Gebäudes war von massiver Bauweise.

Im Erdgeschoss befand sich abgehend vom Flur der Kramladen, sowie 3 Stuben und der Zugang zum Keller. Im Obergeschoss waren wiederum über einen Hausflur weitere 4 Stuben und der Bodenraum erreichbar.

Das Gebäude hatte über 3 doppelte Haustüren verfügt, ferner fanden sich 13 einflügelige und 2 zweiflügelige Fenster im Haus, welche alle über 15 vierflügelige Fensterläden verschlossen werden konnten.

Im Haus selbst haben sich 3 Doppeltüren mit Glas, 7 einfache Türen, 5 Kachelöfen zur Beheizung und 1 Kochherd befunden. Der Keller war über 1 doppelte Kellertür zu verschließen gewesen. Die einzelnen Etagen waren über 3 Treppen erreichbar gewesen.

Schon im Jahr 1850 wurde an das südliche Ende des Wohnhauses ein Anbau angefügt. Ein Fachwerkbau mit Mauerziegel, das Ganze unter einem Zinkdach. Im Inneren war 1 Stube und 1 Küche untergebracht und das Ganze war unterkellert.

Der Anbau bildete mit dem Wohnhaus letztlich ein bauliches Ganzes.

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Gebäude No. 10 links / Blick Richtung der ehemaligen Posener Str – AK Ausschnitt

Als weiteres Gebäude wurde im Jahr 1845 eine Warenremise auf dem Grundstück errichtet. 27 ½‘ lang, 21‘ tief, 7 ½‘ hoch (ca 8,38×6,40×2,28m). Die Wände waren massiv erbaut und der Fußboden mit Feldsteinen gepflastert worden; die Remise hatte ein Ziegeldach bekommen. Im Inneren befanden sich 2 Abteilungen und der Raum unter dem Dach.

Im Jahr 1854 waren umfangreiche Ausbaumaßnahmen vorgenommen worden. Das Gebäude war auf 17,5‘ (ca. 5,33m) aufgestockt worden. Im Obergeschoß waren 3 weitere Stuben und 2 weitere Kammern eingerichtet worden.

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1845 war auch ein Stall erbaut worden, 37‘ lang, 12‘ tief, 6 ½‘ hoch (ca 11,27×3,65×1,98m).  In ihm war der Pferde- und der Schweinestall untergebracht worden, sowie auch eine Siedekammer und ein Abteil zur Holzlagerung. Das Gebäude hatte über einen Torweg verfügt.

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1850 waren ein Kegelstand 26 x 15 ½ x 8 Fuß (ca 7,92×4,72×2,43m) und eine Kegelbahn 100x5x6 Fuß (ca 30,48×1,52×1,82m) freistehend auf dem Grundstück errichtet worden.

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1854 wurde weiterhin vom Anbau aus im Winkel ein Verbindungsgang gestaltet. Ein Flügel war 14×5 Fuß (ca 4,26×1,52m), der Andere hatte die Masse von 13×4 Fuß (ca 3,96×1,21m); die Höhe betrug 7 ½ Fuß (ca. 2,28m), der Gang selbst war mit einem Zinkdach versehen gewesen.Über diesen Gang war der Kegelstand bzw. die Kegelbahn vermutlich „trockenen Fußes“ zu erreichen gewesen.

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1853 folgte dann noch die Errichtung einer Scheune; 23 ½ x 20 ½ x 10 Fuß (ca 7,16×6,24×3,04m). Die Wände waren mit Bohlen erbaut, und das Gebäude hatte ein Ziegeldach gehabt. Über 2 Doppeltore waren 1 Tenne und 1 Bansen zu erreichen gewesen. Das nördliche Ende der Scheune schloss sich an die Kegelbahn an.

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Carl Jonathan Dampmann, Bürger und Kaufmann zu Neu Tomysl war verehelicht mit Auguste Caroline Emilie Hampel (Hempel)

Ihre Kinder waren gewesen:

  • 1844 Clara Auguste (+1844)
  • 1846 Johann Heinrich
  • 1849 Anna Emilie
  • 1852 Arthur Emil
  • 1856 Friederike Minna Alwine (+1859)
  • 1859 Alma Emma (+1880)
  • 1860 Maria Paulina später verehelichte Laengert
  • 1861 Maria Auguste später verehelichte Füllgraf
  • 1863 Helene Elisabeth Martha (+1864)
  • 1865 Carl Bruno (+1865)

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Das Königliche Kreis-Gericht; 99. Abtheilung zu Grätz teilte am 22ten November 1870 mit, dass

der Kaufmann Hirsch Friedlaender das zu Neutomysl sub Nro. 10 belegene Grundstück durch Adjudicatoria vom 17. September 1870 in der nothwendigen Subhastation für 4.356 Taler erworben hat.

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No. 10, links im Vordergrund noch erkennbar – AK Ausschntt

Hirsch Friedlaender fand in unserem Beitrag „Schlechte Erträge mit dem Handel der Hopfenernte des Jahres 1870 – die Hopfenhändler Friedlaender“ schon Erwähnung. Er galt als einer der bedeutendsten Hopfenhändler der Stadt – über welchen sich leider kaum Informationen finden.

Es wird vermutet, dass die Familien Friedlaender Neutomischel im Jahr 1897 verliessen und sich in Berlin niederließen.

In Berlin verstarb im Januar 1904 nach langem schwerem Leiden Hirsch Friedländer, Das Neutomischeler Kreisblatt meldete, dass derselbe der Neutomischeler Synagogengemeinde zu Wohltätigkeitszwecken ein Legat von 5.000 Mark aussetzte.

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 1913/1914 in der Auflistung der Grundstücke mit den jeweiligen Eigentümern aus der Zeit der bevorstehenden Inbetriebnahme des Wasserwerkes findet sich für das Grundstück No. 10 Alter Markt der Schneidermeister Reinhold Hecke.

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Schneidermeister Reinhold Paul Bruno Hecke, geb. im Okt 1876, Sohn der Eheleute Johann Carl Heinrich Hecke und Albertina Maria Amalie geborene Fenske

ehelichte im Okt 1906 zu Neutomischel

Hermine Lucilie Frieda Tepper, geb März 1887, Tochter der Eheleute Johann Carl Heinrich Tepper und Maria Henriette geborene Fischer

Ganz links (nicht erkennbar) Lewy, mittig Saegenschnitter und rechts Hecke – Bild Sammlung Kraft

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Anzeige vom 07. Januar 1902 – Adolf Saegenschnitter ließ sich als Tischler in Neutomischel nieder – Meldung Neutomischeler Kreisblatt 07. Jan 1902

Ein weiterer Bewohner des Hauses waren der Tischlermeister Adolf Saegenschnitter, geb im Juni 1869, Sohn der Eheleute Johann Christian Saegenschnitter und Rosina Dorothea Wilhelmine geb Jachmann

welcher im März 1901 zu Neutomischel die Ehe mit

Emma Maria Ida Hecke, geb im Februar 1879 geschlossen hatte. Sie war eine Schwester des vorgenannten Schneidermeister Reinhold Paul Bruno Hecke.

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Sal. Lewy Schriftzug erkennbar – AK Ausschnittsvergrößerung

Ebenfalls war der Kaufmann Sal. Lewy im Haus wohnhaft. Bei ihm handelte es sich vermutlich um Salomon Siegismund Lewy, sei 1879 verheiratet gewesen mit Johanna geborene Wittkowsky.

Dieses Paar ist ca 1912 von Neutomischel nach Berlin verzogen

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: 1) Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/): Stadtakten / Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neu Tomysl; 2) Personenstandsunterlagen  Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/)