Der 3. Teil des berühmten Artikels von Karl Eduard Goldmann, der in der Bücherreihe „Aus dem Posener Lande“ /10.1912 veröffentlicht wurde. Goldmann beschreibt die Wassermühlen, die sich in Umgegend befanden.
Auch die nahe gelegenen Wassermühlen von Mischke und Bobrowke, wohin bisher von den anwohnenden Hauländern das Mahlgut geschafft wurde, hatten inzwischen längst ihren Betrieb eingestellt. Der damalige Besitzer der Herrschaft Altomischel, Eduard Grabs von Haugsdorf (1839/43), [hier wahrscheinlich ein Fehler : vermutliches Datum des Verkaufs 1845] hatte die von großem Kiefernwald umschlossenen beiden Mühlen angekauft, die Seen abgelassen und zu Acker und Wiesenland umgewandelt. Diese Kulturarbeiten wurden unter den folgenden Besitzern noch fortgeführt. Die beiden Mühlen, welche schon vor 350 Jahren bestanden haben sollen [Die erste Erwähnung über Mischker Mühle stammt aus 1569 , und die über Bobrowke aus 1545], dürften zu den ältesten deutschen Kulturstätten der hiesigen Gegend gehören. Ihre Privilegien (Bis etwa zur Mitte des 17. Jahrhunderts war der ganze Güterkomplex der größeren Umgegend in der Hand der v. Bnin-Opalinski, dazu gehörten „Tomysl, Witomysl, Santop, Rosa“, Bobrowker und Mischker Mühle bis 1751 (1755?) den v. Unruh, Alt-und Witomischel, Rose alsdann bis 1834 dem Grafen Szoldrski.) geben ein ungefähres Bild von den damaligen Verhältnissen des Landes, indem es in ihnen heißt: „Solltet ihr von Zigeunern oder anderem Gesindel von der Mühle vertrieben werden, so habt ihr das ganze Jahr keine Abgaben zu zahlen.“
In Mischke, südlich des zur Herrschaft Altomischel (v. Poncet) gehörigen Vorwerks, erinnerte noch vor wenigen Jahren eine altersschwache strohgedeckte Bohlenscheune an das einstmalige Mühlengehöft. Eine anmutige Gruppe von Kastanienbäumen sowie die alten Mühlgräben mit den vermorschten Pfählen der früheren Stau- und Wehranlagen lassen noch heute zwischen kiefernbewachsenen Höhe und saftiggrünen Wiesen, die vor etwa 60 Jahren den See bildeten, die einstige Mühlenanlage erkennen. Kaum anders in Bobrowke, wo das Mühlengehöft am Abhang westlich der Brücke des Fließes (Scharne oder Schwarzwasser) an der alten Landstraße Bentschen – Neustadt b. P. malerisch gelagert war. Hier soll, beiläufig erwähnt, Napoleon I. auf einer seiner Reisen nach dem Osten kurze Rast gemacht haben. [Falls diese Begebenheit wirklich passierte, dann kommt nur der 26 XI 1806 in Betracht, als Zwischenaufenthalt seiner Reise von Meseritz nach Posen]. Die verwitterten Grabmäler des in nächster Nähe auf der Anhöhe gelegenen winzigkleinen Friedhofes, er fasst nur wenige Meter im Geviert, vermögen kaum noch Aufschluß über die früheren Besitzer der Mühle (der letzte war Händschke) zu geben. Jetzt gehört das Vorwerk Bobrowke zum Rittergut Rose. Die zu ersterem gehörigen waldumschlossenen Wiesen und buschigen Gründe sind seit Jahren ein beliebter Jagdausflug des jetzigen Oberpräsidenten, Exzellenz Schwartzkopff, dem die hiesige Gegend durch etwa 50jährigen Familienbesitz zur zweiten Heimat geworden ist.
Die benachbarten Wassermühlen von Sempolno und Mitrenge dürften schon seit Jahrhunderten bestehen. Jedenfalls werden sie mit den vorher genannten 1649 erwähnt. [Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1545, aber aus dieser Erwähnung wiederum ist zu entnehmen, dass diese Muhle schon in im Jahr 1442 existierte -> Teki Dworzaczka – Mitrenge ist auf der Karte aus dem Jahr 1442 zu sehen] Sie waren der Herrschaft Neustadt b. P. noch 1855 zu Abgaben verpflichtet. Die Besitzer von Sempolno haben öfter im Laufe der Jahre gewechselt. Aber gute deutsche Namen, wie Hildebrandt, Händschke, Herzog, Giese, Fitzner finden wir hier. Die Mühle in Mitrenge, nebenbei von altersher mit Sägewerk versehen, hat in neuerer Zeit auch Dampfbetrieb. Das im vorigen Jahre abgebrannte alte Mühlgebäude führte auf einem Balken die Jahreszahl 1773. Seit Menschengedenken befindet sich der freundlich gelegene Besitz in der Familie Müller. Manch idyllische gelegene Platz bietet der zwischen kiefernbewachsenen Höhe, Erlengruppen und Weidenplanzungen in den Wiesen sich hinschlängelnde kleine Mühlenfluß.
Es würde zu weit führen, auf die übrigen nach Tirschtiegel zu liegenden und noch bestehenden Mühlen des Schwarzwassern, wie Papiermühle, die als solche schon seit langem nicht mehr besteht, Kupferhammer, Hammeritzke und Klein- oder Neumühle näher einzugehen. [Kleinmühle – wurde bis jetzt auf keiner Karte gefunden]. Die alten Wasserräder sind meist verschwunden, und moderner Turbinenbetrieb ist eingerichtet. Zur Mühle in Kupferhammer möchte ich noch anführen, dass dort auch vor Jahren eine Walkmühle, deren Gebäude heute noch vorhanden ist, ferner, wie schon der Name kennzeichnet, ein Kupfer- und wahrscheinlich auch ein Eisenhammer bestanden haben. Der Kupferhammer war 1859 noch in Betrieb. Die nächstgelegenen alten Mühlstraßen sind von früher her mit diesen Schlackenresten chaussiert. Viele tausend Zentner Metallschlacken sind in den letzten Jahrzehnten aus den alten Schlackenablagerungen gewonnen und nach den Schmelzwerken Schlesiens zur nochmaligen Ausnützung zum Versand gebracht. Ein Schlackenlager in Hammeritzke war weniger ergiebig. Die seit einigen Jahrzehnten an diesen alten Industriestätten vorüberführende Chaussee hat auf die Entwickelung der Mühlen keinen besonderen Einfluß mehr auszuüben vermocht.
In manchen Fällen hatten die Wassermühlen auch Schankgerechtigkeit. Durch den andauernden Verkehr der Mahlgäste lohnte ein solcher Betrieb, andererseits hatten sie durch vorüberführende Landstraßen öfter Gelegenheit, auch den Durchreisenden Unterkunft zu gewähren. Sonst hielten sich die auf das Mahlgut Wartenden in den so genannten Mühlstuben auf, wo sie sich die Zeit durch allerlei Kurzweil vertrieben; andere wieder leisteten in der Mühle oder dem Gesellen beim Scharwerken hilfreiche Hand oder verkürzten sich die Zeit durch Fischen oder Krebsen, ohne dass der Besitzer etwas dagegen gehabt hätte, da die Mühlgräben damals noch sehr fischreich waren. Bei Wirtschaftsübergaben oder Verschreibungen der Hauländer wurden so genannte „frei Mühlfuhren“ von den „ins Ausgedinge“ Gehenden als Altenteil stets vorgesehen bzw. ausbedungen.
Auch in der weiteren Umgegend verschwanden vor etwa 50 bis 60 Jahren an dem oberen Schwarzwasser (hier Neustädter Wasser genannt) die Wassermühle von Wengielno (jetzt Waldtal) sowie vor wenigen Jahrzehnten die an der oberen Doyza gelegenen Mühlen in Hammer und Boruike. Die Lage der abgebrochenen Hofreten (Hofret = hofreite, hofreit, hofrait. „Die Bauern nennen ihren mit einem Zaun eingefassten Platz beim Hause die Hofreui“ (Grimm, Deutsches Wörterbuch) lässt sich mehr oder weniger noch erkennen. Die Mahlkundschaft letzterer Mühlen bestand zumeist aus den Eigentümern der näher gelegenen Hauländereien. Durch alte Landkarten wird man hin und wieder auf die einstige Existenz dieser Wassermühlen hingewiesen, von der mancher kaum noch in der näheren Heimat heute etwas weiß.
Mit dem Verschwinden der Mühlen musste selbstverständlich auch das Innungswesen der Müller leiden. Die Müllerinnung Neutomischel, deren Willkür Felix Szoldrski, Erbherr auf Neutomischel, 1786 bestätigt, ist wohl die älteste unter den hiesigen Gewerken. Sie galt einstmals als die größte und vornehmste in der Stadt, ihr gehörten auch die Berufgenossen aus der Umgegend an. Auf den Festlichkeiten, „Müllerquartalen“ , ging es hoch her. Es kamen aber, wie schon erwähnt , andere Zeiten. Das Interesse für die Innung schwand, und die Mitgliederzahl verringert sich von Jahr zu Jahr. Bedauerlich ist es, dass ein alter Willkommbecher aus der ältesten Zeit der Innung verloren gegangen ist (siehe Zeitschrift d. Hist. Ges. f. d. Prov. Posen, Jg IV, S. 215). Wo blieben die alte Innungsfahne, wo die mit dem Stadtwappen ausgelegte Innungslade ? Heute sind die wenigen Müller von Neutomischel und Umgegend der hiesigen Bäckerinnung angeschlossen.
Charakteristisch ist es, dass mit dem Rückgange der Müllerei auch die vor Jahrzehnten sonst typisch gewesene Figur des „fechtenden“ Müllergesellen in Stadt und Land verschwunden ist. „Das Wandern ist des Müllers Lust“ gilt nicht mehr; höchst selten bestätigt noch ein „auf der Walze“ grau gewordener Müllergeselle jenes Dichterwort, und kaum vernimmt man hier noch den alten Zunftgruß:
„Klapperschütz ?! – Hoischütz ! „