Gebäude der Stadt Neutomischel – No. 52 u. 53 Besitzerin bis 1845 Wittwe Anna Rosina Maennel geb. Kannewischer

Blick auf die Häuser, ehemalig Neuer Markt No. 52 und Goldstr. No. 53 - Aufn. PM

Blick auf die Häuser, ehemalig Neuer Markt No. 52 und Goldstr. No. 53 – Aufn. PM

Auf dem Hausgrundstück No. 52, früher am ehemaligen Neuen Markt gelegen, stand, so die Gebäudebeschreibung der Provinzial Feuerversicherung aus dem Jahr 1836, ein Wohnhaus mit vier Nebengebäuden.

Das Wohnhaus selbst war aus Ziegeln errichtet und mit Kalk verputzt gewesen. 68 Fuß lang, 36 breit und 10 hoch (ca. 20,70×11,00×3,00m), wobei selbst die Giebel als aus Ziegel gemauert beschrieben worden waren und nicht wie sonst üblich aus Holz oder Fachwerk. Auf dem stehendem doppelten Dachstuhl war das Dach selbst mit Biberschwanzziegeln eingedeckt gewesen.

Im Inneren hatten sich 1 Flur von dem die 3 Stuben, 1 Küchenstube und 1 Kammer zu erreichen gewesen waren, befunden. Darüber hinaus hatten die Bewohner weiterhin noch über 1 Laden, 1 Vorratskammer und 1 Keller verfügt. Beheizt wurde das Gebäude über 2 „Ofen von Kacheln“ und „1 Ofen von Ziegeln“.

Das Gebäude wurde 1836 als im besten Zustande beschrieben und hatte mit dem angegebenen Alter von nur 13 Jahren noch keine Reparatur nötig gehabt. Mit diesem Alter war es wiederum eines der Gebäude, welches nach dem „großen Brand“ im Jahr 1822 am südlichen Neuen Mark in Neu Tomysl errichtet worden waren.

Auf dem Grundstück hatte sich außerdem noch eine „Waarenremise“, 36 Fuß lang, 18 breit und 15 hoch (ca. 11,00×5,50×4,60m) befunden, welche ebenfalls mit einem stehenden doppelten Dachstuhl und auch mit einen Keller ausgestattet gewesen war. Das Gebäude war mit 4 eisernen Türen zu verschließen gewesen. Es hatte frei auf dem Gelände in einer Entfernung von ca. 1 m zum nächsten Gebäude gestanden.

Weiterhin hatte man über einen Stall, er war ca. 16,00 Meter lang, 5,30 breit und 2,20 hoch gewesen, verfügt. Er hatte einen Torweg mit 2 Flügeln besessen und in ihm waren 1 Siedekammer, 1 Pferdestall, 1 Kuhstall und eine Wagenremise untergebracht gewesen.

Sein Standort wurde als mit unmittelbar neben der Scheune stehend beschrieben. Letztere hatte über die Abmessungen von ca. 15,20 Metern in der Länge, 7,00 in der Breite und 2,80 in der Höhe verfügt.

Der Stall und auch die Scheune wurden als lediglich als im „mittelmäßigem Zustande“ beschrieben.

Ehe wir zum letzten Bauwerk auf dem Hausgrundstück No. 52 kommen, müssen wir einen kurzen Blick auf die Familie Carl Maennel und seine Ehefrau Anna Rosina geborene Kannewischer werfen.

Der anlässlich des Todes des Carl Maennel im Jahr 1824 von seiner Familie gestiftete Taufstein - er ist noch heute als Weihwasserbecken in der Kirche am Chopin Platz zu finden - Bild: Maennel Archiv

Der anlässlich des Todes des Carl Maennel im Jahr 1824 von seiner Familie gestiftete Taufstein – er ist noch heute als Weihwasserbecken in der Kirche am Chopin Platz zu finden – Bild: Maennel Archiv

Carl Maennel war im Jahr 1762 in Schönheyde im Erzgebirge geboren worden. Er, sein Bruder Michael Maennel und deren Schwester Johanna Christina verwittwete Hertel sind vermutlich kurz vor dem Jahr 1800 nach Neu Tomysl gekommen. Carl Maennel war in erster Ehe mit Christina Viehweg verheiratet gewesen. Es ist nicht bekannt wo und wann diese verstarb; der aus dieser Ehe stammende einzige Sohn Carl Friedrich, geboren um 1798, verstarb im Jahr 1808 in Neu Tomysl.

Anna Rosina Kannewischer war im Jahr 1780 in Glinau geboren worden. Ihre Eltern Johann George Kannewischer und Anna Dorothea geborene Schäfer galten in den ersten Aufzeichnungen als Einwohner in Glinau, waren also eigentlich „Hauländer“ gewesen.

Jedoch haben sie den Bau der evangelischen Kirche auf „dem bey Pietschen Nachbar in der Glinauischen Gemeinde gelegenen Kirchen-Platze“ und die Entstehung der Stadt direkt miterlebt.

Da ihr Anwesen in Glinau am Kirchenringe, dem späteren Alten Markt gelegen hatte, wurde dieses durch die Ereignisse der Geschichte der Entstehung Neu Tomysl’s eines der ersten, der Stadt zugehörigen Gebäude (No. 11) und aus der „Hauländer-Familie“ Kannewischer wurden Stadtbewohner.

Diese Veränderungen spiegeln sich auch in den Kirchenbuchaufzeichnungen der Kinder der Familie Kannewischer wieder. Während der Wohnort der Eltern in den ersten Aufzeichnungen der Geburts-/Taufeinträge in den Jahren 1780 und 1782 noch mit Glinau angegeben worden war, hieß es in dem Geburts-/Taufeintrag des dritten im Jahr 1785, dass der Wohnort „auf dem Kirchplatze“ gewesen sei.

• 1778 Erteilung des Tomys’ler Kirchen Privilegie
• 1779/1780 war die evangelische Kirche errichtet worden,
• 1786 war die Genehmigung durch den König von Polen zur Stadtgründung erteilt worden und im Jahr
• 1788 erteilte Graf Felix Szołdrski das Stadtprivilegium.

Im Jahr 1801 heirateten der 39 jährige Bürger und Eisenhändler Carl Maennel , ein Wittwer und die 22 jährige Bürger- und Bäckertochter Anna Rosina Kannewischer.

In den Jahren 1802 bis 1822 wurden 8 Kinder geboren. In den Aufzeichnungen der Geburten der Kinder wurde Carl Maennel ab dem Jahr 1807 als Bürger und Handelsmann bezeichnet. Der „Ehrbare Carl Mennel“ wurde am 15. November 1819 auch in das Stammbuch der Meister des Löblichen Gewerks der Müller in Neu Tomysl eingetragen und aufgenommen.

Mit diesem Eintrag, dass Carl Maennel in die Innung der Müller aufgenommen worden war, sind wir nun wieder bei dem letzten noch im Jahr 1836 auf dem Grundstück No. 52 vorhanden gewesenen beschriebenen Gebäude – einer Bockwindmühle.

Sie war ein aus kiefernen Balken errichteter, mit Bretter von außen verschlagener Fachwerkbau gewesen, welcher zudem auf der Wetterseite noch zusätzlich mit Schindeln verkleidet gewesen war. Das Grundmaß war ca. 5,50 x 5,00 Meter gewesen, dieses bei einer Höhe von knapp 8 Metern. Im Inneren verbanden 2 Treppen die Ober- und die Untermühle. Sie hatte über einen Mahlgang und 2 Stampfen verfügt und war als in einem guten Zustande beschrieben worden. Ihr Alter wurde mit etwa 40 Jahren angegeben, rechnerisch also im Jahr 1796 erbaut.

Carl Maennel verstarb im Jahr 1824. Er hinterließ seine Wittwe Anna Rosina Maennel geborene Kannewischer und 7 Kinder im Alter von 2 bis 22 Jahren; nur die älteste im Jahr 1802 geborene Tochter war zu diesem Zeitpunkt verheiratet und „außer Haus“ gewesen.

Die verwittwete Anna Rosina Maennel findet sich somit in der Gebäudebeschreibung des Jahres 1836 als Besitzerin des Hausgrundstücks No. 52 am Neuen Markt.

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Blick auf die Häuser, ehemalig Neuer Markt No. 52 und Goldstr. No. 53 - eingezeichnet die ehemalige offene Einfahrt, die bei Errichtung der späteren Gebäude bebaut wurde - Aufn. PM

Blick auf die Häuser, ehemalig Neuer Markt No. 52 und Goldstr. No. 53 – eingezeichnet die ehemalige offene Einfahrt, die bei Errichtung der späteren Gebäude bebaut wurde – Aufn. PM

Ein weiteres Hausgrundstück welches sie ebenfalls als Besitzerin auswies war das der No. 53. Während die No. 52 noch am Neuen Markt gelegen war, befand sich No. 53 bereits in der der Goldstraße.

Auf dem Gelände hatte ein Wohnhaus von 51 Fuß Länge, 36 Fuß Breite und 7 Fuß Höhe (ca. 15,5x11x2,10m) gestanden. Drei der Außenwände waren von Ziegel erbaut und mit Kalk verputzt gewesen, während die 4te von Fachwerk welches mit Lehm ausgefüllt worden war errichtet gewesen war. Mit den Giebeln verhielt es sich ebenso, einer war mit Ziegeln hochgezogen gewesen, der andere war von mit Lehm ausgefülltem Fachwerk. Auf dem mit 16 Gebinden stehenden doppelten Dachstuhl hatte ein Ziegeldach geruht.

Im Gebäude hatten sich vom Flur abgehend, welcher über 1 zweiflügelige Tür zu betreten gewesen war, 2 Stuben, 2 Kammern, 1 Laden, 1 Schüttboden und 2 Küchen befunden. Die Räume hatten über 11 Türen verfügt und über 5 vierflügelige und 1 zweiflügeliges Fenster war Licht in sie gelangt. Beheizt wurde das Gebäude über 2 „Ofen von Kacheln“. Einer der schon erwähnten Giebel stieß an das Haus des Gottlieb Pflaum, der andere auf die offene Einfuhr des Nachbargrundstücks No. 52.

An der hinteren Seite war das Hauptgebäudes mit einem Anbau von 15 Fuß Länge, 15 Fuß Breite und 7 Fuß Höhe (ca. 4,60×4,60×2,10m) versehen worden. In ihm waren 1 Stube und 1 Keller eingerichtet gewesen.

Das Hauptgebäude befand sich 1836 in einem mittelmäßigem Zustand, obwohl es nur 2 Jahre zuvor durchweg repariert worden war; der Anbau wurde beschrieben mit „befindet sich in bestem Zustande“. Das Alter beider Bauten wurde mit „etwa 30 Jahre alt„, ca. Baujahr 1806, eingeschätzt. Es kann vermutet werden, dass hier im Jahr 1822 die Brandgrenze gewesen war.

Laut alten Familienüberlieferungen soll die Wittwe Anna Rosina Maennel, sie schloss keine weitere Ehe, bis der jüngste Sohn Alexander, geboren 1813, seine Ausbildung beendet hatte und alt genug gewesen war um in das Handelsgeschäft einzutreten, das Familienunternehmen geleitet haben.

Bis zu ihrem Tod im Jahr 1845 lebte sie in Neu Tomysl als angesehene Frau.

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Eine letzte Erinnerung an die Carl und Anna Rosina geb. Kannewischer Maennel'schen Eheleute - Zeichnung der einstigen Grabstätte auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Neu Tomysl von F. Biehler, einem Urgroßenkel, aus dem Jahr 1906 welche im Original im Maennel Archiv verwahrt wird

Eine letzte Erinnerung an die Carl und Anna Rosina geb. Kannewischer Maennel’schen Eheleute – Zeichnung der einstigen Grabstätte auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Neu Tomysl von F. Biehler, einem Urgroßenkel, aus dem Jahr 1906 welche im Original im Maennel Archiv verwahrt wird

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  • Quellen soweit nicht im Text direkt genannt:
  • Akten des Staatsarchivs Poznan (http://szukajwarchiwach.pl/) – hier: Stadtakten – Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt und Kirchenbücher der Gemeinde Neu Tomysl – Neu Tomischl – Neutomischel

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Weiterführende Artikel zu dieser Ausarbeitung:

  1. Kopie des Tomyl’er Kirchen Privilegie 1778 – veröffentlicht 2010 – http://hauland.de/kopie-des-tomysler-kirchen-privilegie-1778/
  2. Das Privileg von Felix Szoldrski vom 18 Feb 1788 – veröffentlicht 2007 – http://hauland.de/das-privileg-von-felix-szoldrski-18-februar-1788/
  3. 1787 Das Stammbuch der Meister – veröffentlicht 2010 – http://hauland.de/1787-das-stammbuch-der-meister-2010-die-bockwindmuhle-im-freilichtmuseum-fur-volksbaukunst-in-wollstein/
  4. Das Taufbecken aus der Kirche am Chopinplatz – veröffentlich 2010 – http://hauland.de/das-taufbecken-aus-der-kirche-am-chopinplatz/

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Eine letzte Anmerkung:

  • Johann George Kannewischer geb. 1751 war verehelicht mit Anna Dorothea Schäfer geb. ca 1759
  • ihre gemeinsame Tochter Anna Rosina Kannewischer wurde am 11. April 1780 geboren
  • Gottfried Kannewischer geb. 1760 war verehelicht mit Christina Schäfer geb. 1763
  • ihre gemeinsame Tochter Anna Rosina wurde am 17. März 1784 geboren
  • Johann George und Gottfried Kannewischer waren Brüder, Anna Dorothea und Christina Schäfer waren Schwestern