Dieses Kapitel beschreibt, wie die Familie Flegel Grätz nach einem Brand, der der Verfolgung der „Dissidenten“ galt, nach Rakwitz übersiedelte. Da sie aber wohl auch dort Repressalien, dieses Mal durch die adeligen polnischen Besitzer der Stadt ausgesetzt waren, sich entschlossen aufgrund eines ihnen erteilten Privileges doch wieder nach Grätz zurückzuziehen.
Inhalt der Chroniken – Abkürzungen: A = ältere Chronik, B = jüngere Chronik
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1. Von Grätz nach Freistadt (Rakwitz)
a) Karl Flegel
Um das Jahr 1735 verließ Karl Flegel, der Vater des älteren Chronisten, seine Heimatstadt Grätz, wo die Familie seit mehr als 60 Jahren ansässig gewesen war, und siedelte nach dem benachbarten, nur 12 Kilometer entfernten Rakwitz oder Polnisch-Freistadt über. Die ältere Chronik, die diese Übersiedelung erzählt und sie 1736 (das Jahr 1736 scheint nicht richtig zu sein. In dem Rechnungsbericht vom 28. Dezember 1733 nehmen Christian Prifer und Karl Flegel die zweite bzw. dritte Stelle ein, ebenso 1734; aber im letzten Jahre sind ihre Namen wieder ausgestrichen und zwar mit derselben rötlichen Tinte, mit welcher der Bericht von 1735 geschrieben ist, während derjenige von 1734 blassere Tinte hat. Somit war Flegel um Weihnachten 1734, als die Jahresrechnung abgehalten wurde, wohl nicht mehr in Grätz, sondern schon nach Freistadt verzogen. Der Name Flegel taucht dann erst 1762 wieder im Rechnungsbuch auf) setzt, fügt hinzu, dass die Familie in Grätz nicht wenig Religionsverfolgungen erlitt, bis 1736 zur damaligen Konföderationszeit (Nach dem Tode Friedrich Augusts II. 1733 bewarb sich Stanislaus Leszczynski mit französischer Hilfe um den Trohn, während Augusts gleichnamiger Sohn von Russland und Österreich unterstützt wurde. Dieser wurde 1736 auf dem Warschauer Friedenkongress auch wirklich allgemein als König von Polen unter dem Namen Friedrich August III. anerkannt. Welche von beiden Parteien, ob die französische oder die russisch-österreichische, mit der Konföderation gemeint ist, ergibt sich aus der Chronik nicht.) die Stadt „nicht von ohngefähr“ eingeäschert wurde, wobei auch Flegel sein Haus und einen großen Teil seines Vermögens durch den Brand verlor. In Freistadt kaufte Flegel von dem Gelde, das er gerettet hatte, ein baufälliges Haus, baute es aus und konnte noch dem damaligen Grundherrn von Freistadt, dem Woiwoden Sapieha, 90 Thaler borgen, worüber ihm dieser einen Schuldschein ausstellte. Der Herr Woiwode scheint aber in dauernden Geldnot gewesen zu sein, dann auch der Woiwode von Paczynski hatte eine Forderung an ihn und dafür Freistadt als eine Art Pfandschilling erhalten. Flegels Hoffnung, dass er unter dem Schutze seines vornehmen Schuldners werde ruhiger leben können, sollte sich nicht erfüllen; vielmehr bestätigte sich das Wort, welches der Chronist anführt, dass in Polen alles auf zwei Augen ankomme.
Der Woiwode Sapieha verheiratete nämlich seine Tochter an den Besitzer von Fraustadt, den Starosten von Kozminski, einen Mann von üblem Rufe und hartem, habsüchtigem Sinne. Es scheint, dass der Woiwode bald nachher starb; jedenfalls kam Kozminski in den Besitz von Freistadt und drückte, obwohl die Stadt noch verpfändet und er noch nicht unbeschränkter Besitzer war, schon jetzt die Bürger durch allerlei Umlagen und Steuern, wobei er es auf die Wohlhabenden am meisten absah. Flegel schloss hieraus richtig, dass die Willkür noch schlimmer werden würde, wenn Kozminski erst in den unbeschränkten Besitz gelangt wäre. Er ergriff daher wiederum den Wanderstab und zog 1743 nach Fraustadt und von dort nach Lissa, wo er auch sein Leben beschloss.
Aber in Freistadt hatte er noch sein Haus als er fortzog. Obwohl er nun nicht einen Pfennig Schulden hinterließ, sondern noch außenstehende Forderungen hatte, so betrachtete doch der Starost das Haus als sein Eigentum und erlaubte trotz aller Bitten und Vorstellungen nicht, dass dasselbe verkauft würde. Die Starostin war anscheinend milder gesinnt und vertröstete die Familie mit Versprechungen. Es scheint, als ob ihr Gatte bedeutend älter als sie war, und sie sein Ableben für eine nicht zu ferne Zeit annahm; jedenfalls erklärte sie, sie werde, sobald sie die Güter übernommen habe, das Haus zurückgeben und auch den ihrem Vater geleisteten Vorschuss (90 Thaler) bezahlen; aber sie hielt nicht Wort. Denn als ihr Mann nachher ums Leben kam und sie selber die Rakwitzer Güter übernahm und nun an ihre Zusage erinnert wurde, da gab sie die merkwürdige Antwort: „Was mein seliger Herr gethan, das halte ich auch“ d.h.: „Ich bezahle die Schulden ebenso wenig wie mein Mann“. Das Haus allein, das sie natürlich auch behielt, hatte laut Baurechnung 484 Thaler gekostet und hätte nach des Chronisten Schätzung, wenn es zum Verkauf gekommen wäre, 500 Thaler gebracht.
b) Samuel Flegel, Kaufmann und Bürgermeister in Rakwitz
Unterdessen hatte sich Samuel Flegel, der Bruder des in Lissa Verstorbenen, in Freistadt niedergelassen und dort für 200 Thaller ein Haus gekauft. Als Karl Ehrenfried, der Sohn Karls, nun einmal seinen Oheim besuchte, machte ihm Samuel den Vorschlag, mit ihm gemeinschaftlich ein Geschäft zu eröffnen. Dieser ging darauf ein; sie nahmen bauliche Veränderungen vor, bauten einen steinernen Brunnen, gemauerte und gewölbte Keller, ein Branntwein-Brennhaus und Stallungen, sodass das Hausjetzt 653 statt 200 Thaler kostete.
Aber diese Unternehmungslust sollten sie bald mit allerlei Widerwärtigkeiten bezahlen. Im Jahr 1754 starb nämlich ein gewisser Haushalter (Haushalter und Kause sind die Namen zweier evangelischer Familien in Grätz und werden in den Grätzer Rechnungsbüchern der dortigen evangelischen Gemeinde des 18. Jahrhundert oft genannt) in Freistadt und hinterließ, da er kinderlos war, als einzige Erbin seines Hauses und eines kleinen Kapitals seine Frau. Diese war eine geborene Kause aus Grätz und die Tante der Frau Samuel Flegels, die auch eine geborene Kause war. Sogleich ließ die verwitwete Starostin Kisten und Kasten abholen, dieselben durch den Schlosser öffnen und nahm die Barschaft von 200 harten Thalern und 900 Timpfen (1=35Pfg.) als ihre Erbschaft in Anspruch. Auf Bitten der Witwe Haushalters gab sie ihr 500 Timpfe = 166 Mk. zurück. Die Thalerstücke, die nach der Chronik meist berändert und beöhrt waren, wurde bei Grätzer Juden, das Stück zu 2 Reichsthalern, eingewechselt, und die erhaltene Summe nebst 400 Timpfen der gräflichen Kasse einverleibt.
Noch mehr als durch diesen unerhörten Raub an Witwengut wurde Samuel Flegel der Aufenthalt in Freistadt durch seine Ernennung zum Bürgermeister verbittert. Sein Neffe, der ältere Chronist, bemerkt hierbei, es sei leicht nachzuweisen, dass die meisten polnischen Herrschaften, wenn sie sonst keine Ursache zur Bestrafung eines Bürgers fanden, ihm ein Amt übertrugen, und dass dies auch seinem Oheim widerfahren sei. Nach einem Jahre wurde letzterer zum Stadtrichter ernannt. Schon während seiner Bürgermeisterzeit war ein evangelischer Fleischer Namens Meisner beschuldigt worden, er hätte Gott und die Jungfrau Maria gelästert. Er sollte um Tode verurteilt werden, war aber durch Verwendung verschiedener Personen, darunter auch eines Grätzer Mönches, von der Starostin begnadigt worden und mit geringeren Strafen davongekommen, worauf er sich nach Schlawa in Schlesien begab. Im folgenden Jahre, als Flegel Stadtrichter war, tauchte Meisner zu seinem Unglück wieder auf. Man beschuldigte ihn, er habe gedroht, die Stadt Freistadt anzuzünden. Er wurde im anstoßenden Dorfe Rakwitz ergriffen und auf das Zeugnis einiger betrunkener Bauern hin zum Tode (in den Städten des heutigen Posens galt bis 1772 bzw. 1793 das sächsische oder Magdeburger Recht. Die Verwaltung wurde vom Magistrat geführt, an dessen Spitze der Bürgermeister stand; die Rechtsprechung dagegen war Sache des Stadtgerichtes, in welchem der erste Richter den Vorsitz führte, der daher auch kurzweg der Richter genannt wurde. Die Mitglieder des Magistrats und des Gerichts wurden jährlich neu gewählt und aus den Bürgern genommen. In den Städten, welche unter einem adligen Grundherrn standen, wie es bei Grätz und Freistadt der Fall war, bedurfte die Wahl der Bestätigung des Grundherrn (Ztschr. d. Hist. Gesellsch. VII (1892) 271 ff.) Bei der bekannten Gewalttätigkeit des Adels ist es wahrscheinlich, dass sich die Starostin oder ihr Gemahl die Ernennung des Bürgermeister und des Richters einfach anmaßten. – Auch die sogenannten peinliche Gerichtsbarkeit war Sache des Stadtrichters. Einen ähnlichen Fall wie in Freistadt erfahren wir von der kleinen Stadt Cammin im Netzedistrikt aus dem Jahre 1772, als derselbe unter preußische Herrschaft kam. In dieser Stadt, die damals nur 300 Einwohner zählte, hatte wenige Tage vor der Besitznahme das Gericht, welches aus Handwerks- und Ackersleuten bestand, einen Pferdedieb durchs Schwert hinrichten lassen, weil er die Stadt Zempelburg mit Feuer bedroht hatte. Vergl. Ztschr. d. Hist. Ges. VII 272 F Jahrg. 1892) verurteilt, ohne dass alle Vorstellungen etwas nützten. Flegel musste, wenn er nicht selber um sein Vermögen kommen und sich die größten Unannehmlichkeiten bereiten wollte, das Todesurteil sprechen und es auch vollziehen lassen. Meisner, dem man zuredete, seine Konfession zu wechseln, blieb standhaft, obwohl ihm die Starostin nicht einmal erlaubt hatte, sich durch seinen evangelischen Geistlichen zum Todesgange vorbereiten zu lassen, und starb durch das Schwert.
Durch solche Erfahrungen war Freistadt der Familie Flegel verleidet worden, und sie siedelte deshalb wieder nach Grätz über, von wo auch Samuels Frau, eine geborene Kause, stammte. Hierzu wurde sie vor allem noch durch den Erbherrn von Grätz, Graf Adam Opalinski ermuntert, der Samuel allerlei Versprechungen gab und vorteilhafte Privilegien zusicherte, um ihn nach Grätz zu ziehen. Aber sein Haus durfte Samuel nicht verkaufen. Die Starostin ließ es vielmehr mit Arrest belegen und eignete es sich unter dem Vorwande an, dass sie noch allerlei Forderungen an den Besitzer habe. So wiederholte sich in Freistadt 1761 dasselbe Schauspiel wie 1743.
2. Von Freistadt nach Grätz
a) Enttäuschungen
Bevor Samuel Flegel und sein Neffe Karl Ehrenfried nach Grätz übersiedelten (die jüngere Chronik gibt dafür das Jahr 1760 an, dies ist aber unrichtig. Denn das Privileg ist vom 10. September 1761 ausgestellt und wurde, wie die ältere Chronik S.3 sagt, den beiden Flegel gegeben, ehe sie nach Grätz zogen. Nach A S.3 wurde 1761 das Holz gefällt, welches zum Baue nötig war. Das kann doch wohl nur geschehen sein, nachdem das Privileg ausgestellt war, also im Herbst 1761. Beide Flegel werden in den Grätzer Rechnungsbüchern im Jahre 1761 auch noch nicht genannt; dagegen sind sie im Rechnungsbericht vom 28. Dezember 1762 schon eingetragen, ihre Namen sind aber, wie auch der des Joh. Dan. Flekeiß, mit dunklerer Tinte als die vorhergehenden und nachfolgenden geschrieben, wahrscheinlich weil sie später eingetragen wurden, nachdem man für die neuzugezogenen Gemeindemitglieder in dem Verzeichnis eine Lücke gelassen hatte. Somit ist Flegel und sein Neffe wohl 1761/1762 im Winter nach Grätz gezogen, sodass sie für 1762 schon ihre Kirchbeiträge zahlten.) , hatte ihnen Graf Adam Opalinski, der Erbherr von Grätz ein vorteilhaftes Privilegium (das Privileg, deutsch und polnisch geschrieben, befindet sich im Kgl. Staats-Archiv zu Posen (Grätz B 2) zum Wein-, Eisen- und Materialhandel ausgestellt, in welchem ihnen viele Versprechungen gemacht, beide aber auch verpflichtet wurden, nach den Vorschriften der Herrschaft ein Wohnhaus zu bauen. Sie erfüllten ihre Verpflichtungen trotz der ungünstigsten Umstände. Als sie nämlich im Jahre 1761 anfingen, das Holz zum zukünftigen Hause zu fällen, war teure Zeit, die natürlich auch den Bau verteuerte. Der Getreidepreis stieg so hoch, dass das Viertel Korn 42 Timpfe oder 12 Mark kostete. Aber sie ließen den Mut nicht sinken, sondern waren der Hoffnung, dass nach der Aussaat auch die Ernte folgt, wie die ältere Chronik sagt. Darin hatten sie sich jedoch getäuscht.
Der Bau des Hauses, das auf der Posener Straße lag, wo jetzt das sogenannte Klosesche Haus steht, das jedoch jünger und kleiner ist und mit jenem nicht verwechselt werden darf, wurde 1762 vollendet. Nun begannen allerlei Belästigungen der Familie Flegel, wie der Evangelischen überhaupt. Diese sollten nämlich in der sogenannten Betwoche (wahrscheinlich Frohnleichnamswoche) dem katholischen Gottesdienste beiwohnen. Die meisten taten es auch, nicht aber Samuel Flegel und Karl, die beide ein starkes evangelisches Bewusstsein hatten und später noch wiederholt als Vorkämpfer der evangelischen Sache auftraten und litten. Die Schwäger Samuels, die Brüder Kause, weigerten sich gleichfalls, dem katholischen Gottesdienst beizuwohnen, wurden daher verhaftet und sollten zur Strafe gezogen werden. Samuel und Karl wandten sich daher an den Erbherrn und den Stadtprobst, wohl den milden Herrn von Konarski, der von 1766 ab in der jüngeren Chronik nach öfter genannt wird, und fanden auch Gehör; sie sollten sich jedoch verpflichten, dreimal des Jahres an der Prozession teilzunehmen, auch wollte man ihnen Ämter übertragen, die sie zu jener Teilnahme verpflichteten; aber sie schlugen das Angebot aus und wussten auch der sonstigen Beteiligung an der Prozession aus dem Wege zu gehen.
Von da an galten sie als ausgemachte, trotzige Verächter der katholischen Konfession, und die Gegner suchten sich an ihnen durch jegliche Art von Quälereien und Scherereien zu rächen. Der Graf schien duldsam zu sein, aber er bereitete dem Flegelschen Hause geschäftliche Unannehmlichkeiten.
Samuel und Karl wurden nämlich vom Hofe genötigt, dem gräflichen Hofsattler Mühlberg Eisen auf Kredit zu geben, wofür der Graf selber Bürgschaft leistete, der auch, als die Schuld auf 1.825 Timpfe angewachsen war, eine Abschlagszahlung von 600 Timpfen bewilligte. Als aber der Sattler später auf preußisches Gebiet entwich und man den Grafen um Erstattung des Restes von 1.225 Timpfen ersuchte, wies er die Gläubiger unter leeren Vorwänden ab, und noch als Karl Flegel seine Chronik schrieb (um 1796), hatte die Firma nichts erhalten. Geld schien also der Graf in Grätz ebenso wenig zu haben, als er Woiwode in Freistadt.
Eine bedeutende Vergünstigung brachte den Evangelischen das Jahr 1766; aber sie sie eröffnet uns zugleich einen Blick auf die drückende Lage, in welcher sie sich bis dahin befunden hatten. In diesem Jahre starb nämlich Samuel Flegel, der Geschäftsteilhaber und Oheim Karl Ehrenfrieds, der Vater des jüngeren Chronisten, und der Sohn beginnt auch seine Erzählung mit dem Begräbnis des Vaters, weil dieses für die Evangelischen in Grätz von geschichtlicher Bedeutung wurde.
(Die ältere Chronik schweigt von Samuels Tod und Begräbnis ganz und geht sofort zum Jahre 1768 über. Das Jahr 1766 in der jüngeren Chronik als Todesjahr Samuels stimmt anscheinend nicht mit den Rechnungsbüchern. In dem Bericht von 1766 stehen noch Samuel und Karl Flegel, bei letzterem ein NB. Im Bericht von 1767 steht sonderbarer Weise Samuel Flegel, nicht aber Karl; in demjenigen von 1768 lesen wir gar nur Flegelische. Wenn Samuel 1766 starb, konnte er zwar allenfalls noch für das Rechnungsjahr 1766, nicht aber mehr für 1767 genannt werden; für dieses Jahr sollte man vielmehr Karl Flegel erwarten, der aber nicht genannt wird. Wahrscheinlich steht hier der Name des verstorbenen Ehemannes Samuel gleichsam als Bezeichnung der Firma; denn die Witwe führte nach Angabe der älteren Chronik mit ihrem Neffen Karl das Geschäft weiter. Damit stimmt auch, dass 1768 und im Gesamtbericht 1769-1771 statt Karl Flegel und Witwe Flegel einfach Flegelische d.i. Karl und die Witwe Samuels steht.)
Diesen war es nämlich nicht erlaubt, ihre Leichen unter den sonst üblichen Zeremonien, Gesang und Begleitung eines Geistlichen, durch die Stadt und die Bukowiecer (jetzt Buker) Straße zu tragen; vielmehr war nur ein stiller Leichenzug erlaubt, der auch einen ganz anderen Weg an der sogenannten Evangelischen Gerechtigkeit vorüber nahm. Mit diesem Namen bezeichnete man einen großen Stein, den der Bürgermeister Brummer zur südpreußischen Zeit (1793-1806) hat sprengen lassen. Nach der jüngeren Chronik nun lag das sogenannte Armenhospital „rechts dem Kloster und rechts vor dem jüdischen Begräbnis“ und machte die Ecke der Straße, die vor dem Neuen Ringe und der evangelischen Kirche aus der Breiten Straße links herauf nach dem evangelischen Begräbnis zu geht. Vor diesem Hospital lag jener Stein. Danach lag das Hospital entweder auf dem heutigen Stadtpark zwischen der jüdischen Leichenhalle und dem Kicinskischen Hause oder dort, wo heute das Hoffmannsche Haus steht, also an der Ecke der Kloster- und Entenstraße. Dieser Stein bezeichnete die Grenze des Stadtgebietes, denn das Kloster lag, wie die jüngere Chronik hervorhebt, auf Doktorowoer Grunde.
An jenem Stein vorüber, zwischen Kloster und jüdischem Begräbnis, nahmen die evangelischen Leichenzüge ihren Weg; erst von ihm an waren alle üblichen Zeremonien erlaubt, weil dort Doktorowo anfing.
(Fischer verlegt in einer handschriftlichen Bemerkung zu S. 18 seines Handexemplars der schon erwähnten Gedenkblätter den Stein irrtümlich auf die Buker Straße an die Stelle des jetzigen Stahnschen Hauses. Jenen Stein oder die Evangelische Gerechtigkeit erwähnt auch ein Beschluss der evangelischen Gemeinde aus dem Jahre 1817, den das ältere Rechnungsbuch anführt. Danach sollten die jüngsten sechs Bürger den Sarg von dem Stein an bis auf den Kirchhof tragen. Derselbe Beschluss steht auch im jüngeren Rechnungsbuch, aber ohne Nennung des Steines, unter dem Jahr 1713.)
Als nun 1766 Flegel starb, wurde auf die Vorstellungen der Witwe und Karl Flegels vom Stadtpfarrer Herrn von Konarski und dem Erbherrn von Grätz, Kanonikus Adam von Opalinski, erlaubt, dass die Leiche unter Gesang und Begleitung des Geistlichen, den man aus Rakwitz geholt hatte, vom Flegelschen Hause aus durch die Stadt getragen wurde. Wie die jüngere Chronik bemerkt, war dies der erste Fall eines öffentlichen evangelischen Begräbnisses seit dem 16. Jahrhundert.