Dieser Text stammt aus dem Buch „Aus dem Posener Land 1910“ (Seite 564 – 567) und wurde mit den am Ende eingefügten Fotos versehen. Auf diesen alten Bildern ist zu sehen, dass diese Berge damals kaum bewaldet oder mit Büschen bewachsen waren. Die Autorin erzählt über die Glinauer Berge aus der Sicht der ehemaligen Bewohnerin und, wie man vermuten kann, stammen die Erinnerungen aus ihrer frühen Zeit in Neutomischel. Meta Klumbies Beschreibung erinnert bei der beschriebenen Größe der Glinauer Berge eher einem tatsächlichen Gebirge als den „sanften“ Erhebungen, die sie eigentlich sind. Die Familie Klumbies wohnte in der heutigen Piłsudskiego Str (damals Bahnhof Str). Noch heute ist dieser Name bei uns in Nowy Tomysl bekannt durch den hier geborenen Heinrich Klumbies (1905 – 1994).
Die Fotos stammen aus der Originalveröffentlichung. Dieser Text findet sich auch im Buch von Arno Kraft „… und dazwischen Neutomischel”.
Eingeschoben wurde in die Beschreibung der ursprünglich winterlichen Wanderung, die von Przemek und Piotr Mierzejewski per Fahrrad im Sommer nachgefahrene Strecke dieses Ausflugs.
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Auf obiger Karte ist die vermutliche Strecke des Spaziergangs nach der Erzählung von Meta Klumbies nachvollzogen worden. Mehr Fotos zu dem Fahrradausflug, soweit als möglich auf den gleichen Wegen jedoch in sommerlicher Szenerie und ein fotografischer Bericht dieser Tour ist zu finden auf der Seite „Fahrradausflüge“.
Für diesen Ausflug benötigten PM und sein Sohn gute 3 Stunden. Davon betrug die reine Fahrtzeit 1 Stunde 18 Min, die gefahrene Distanz waren 8,6 km. Manches an dem Ausflug erinnerte eher an eine Bergsteigerwanderung. Die sich heute darbietende Landschaft kann man am ehesten vergleichen mit einer von Dünen durchzogenen Küstenregion. Die theoretisch eigentlich schönen seinerzeit beschriebenen Aussichten sind heute durch hoch gewachsene Bäume verstellt, der Blick über die Landschaft nicht mehr möglich. Trotz des heute vorhandenen Waldes ist den beiden Radfahrern gelungen auf ihrem Ausflug einige hübsche Szenerien auf den von ihnen gemachten Fotos festzuhalten. Als besonders schön gilt der Weg nach Westen (von der Asphaltstraße aus gesehen), wo sich die Strecke auf dem Dünenkamm, also dem höchsten Punkt in der Landschaft, fortsetzt und der Blick in die Ferne von keinem Hindernis behindert wird. Beschreibung: Przemek Mierzejewski
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Über Nacht war tiefer Schnee gefallen, hatte alles in ein weißes Gewand gehüllt, und doch grüßte die Sonne am Tage durch die Fensterscheiben, lockte uns gewaltsam hinaus zu einem Spaziergang in die schöne Winterwelt. Als Ziel nahmen wir die Glinauer Berge, deren Anfang etwa 20 Minuten von der Stadt entfernt liegt.
Die Neustädter Chaussee durchschneidet eigentlich diesen Höhenzug, doch wählten wir den am Landgraben entlang führenden Weg über die Felder. Es war am Sonntag Nachmittag. Den Fußsteg fanden wir bereits ausgetreten, wir konnten daher ohne Beschwer unsre Wanderung fortsetzen. Und wie freuten wir uns über die schönen Winterbilder, die abwechselnd unsre Blicke fesselten! Bald waren es die hohen Erlen, die den Landgraben einsäumen — sie hatten auf der einen Seite einen langen weißen Schleier angelegt —, bald die mit Schnee bedeckten Sträucher, bald die Gehöfte in ihrem Winterschmuck.
So erreichten wir unser Ziel, stiegen durch den tiefen Schnee auf die erste Höhe, und unser Auge schaute in eine liebliche kleine Bergwelt hinein. — Märchenhaft schön hoben sich von dem blauen Himmel die weißen Schneehöhen ab, zwischen ihnen lagen geheimnisvoll die grünen, mit Kiefern bestandenen Schluchten, und hier und da lugten einzelne kleine Häuser aus ihrem Versteck hervor und grüßten wie Bauden zu uns herüber. — Und auf der andern Seite breitete sich zu unsern Füßen ein prächtiges weißes Tal aus, in dessen Hintergrunde unser Städtchen feiernd lag.
Wir setzten unsre Wanderung auf dem Höhenkamm fort: die Aussicht blieb fast dieselbe und doch wieder anders — wieder schön! — Da erscholl von dem gleichmäßig ins Tal geneigten Abhang der einen Höhe jauchzendes Leben von einer fröhlichen Rodlerschar uns entgegen. Hier wurde ein wenig Halt gemacht, und wir nahmen teil an diesen köstlichen, reinen Winterfreuden. Dann ging es weiter — immer noch auf dem Kamm der Höhen. So stießen wir auf den eigenartigen Bergeskessel, der in seiner Mitte eine Reihe kleiner Wirtschaften birgt. Wir ließen ihn links liegen und schritten um ihn herum bis zu dem sogenannten „Finkenbusch“ [gehorte der Familie Kraft].
Dieser schöne, mit Erlen bewachsene Busch breitet sich am Ende dieser Höhenkette aus. Ein Hauch des Friedens wehte von ihm zu uns herüber, — oder kam er von dem am Abhange des Berges gelegenen Friedhof her? Schlicht und schön liegt dieser kleine Gottesacker da, recht geschaffen zu der Stätte des Friedens, auf der die Freude
stumm liegt und das Leid. —
In fast schwermütiger Stimmung stiegen mir hinab in das Tal, schritten am „Knochenkrug“ vorüber — eine Besitzung, die früher einmal ein Krug war und aus dieser Zeit den vielsagenden Namen sich bewahrt hat —, an der Hartsteinfabrik über die Chaussee in den andern Teil dieser Höhenkette, der zu Scherlanke gehört.
Hier kamen wir zuerst in einen Kiefernwald. Herrlich sah der anspruchslose Baum heut aus: er hatte ein silbergraues Gewand angelegt und bot einen gar vornehmen Anblick.
Es ging wieder bergauf. Links schauten wir auf das Glinauer Hauland, rechts verdeckte eine grüne Kiefernwand uns jeden Fernblick. — Doch als wir den Gipfel der Höhe erreichten, schauten wir durch eine Lichtung über eine grüne Schlucht hinein in das schöne Scherlanker Tal, weit über weiße Fluren, auf die Gehöfte des Haulands, die friedlich wie schlummernd in ihrem Winterkleide dalagen. Den Rahmen dieser prächtigen Winterlandschaft bildeten dunkle Föhrenwälder, und hinter dem zu Alttomischel gehörigen Nadelwalde ragten die herrlichen hohen Eichen der Königlichen Forst herüber.
Trinkenden Auges schauten wir in all den Überfluß schneeiger Winterpracht und atmeten lautlos die feierliche Stille der Sonntagseinsamkeit ein. Da ging die Sonne hinter jenem Hügel unter, glühendrot, und warf, wie eine leuchtende Fackel, einen rötlichen Schein auf die weißen Höhen, auf die grünen Schluchten und die weiten Täler. Und droben am Himmel zogen schimmernde Wolken gleitend dahin.
Glänzendes Gold war auch ihr Rand. — Es war, als wollte die scheidende Sonne der im Winterschlaf erstarrten Erde im tröstenden Abschiedskuß die Hoffnung einhauchen auf ein baldiges, fröhliches Wiederbeleben. Und vor meinen Augen entstand aus den winterlichen Gefilden das mir so traute Frühlingsbild: ich sah die zarten Dünen, sah aus den dunklen Tannengrotten das lichte Grün der Birke leuchten, sah die lang gedehnten, mit Bäumen eingesäumten Wiesenflächen, sah die Gehöfte im schimmernden Blütenkranz.
Zu jeder Jahreszeit ist der Blick von diesen Höhen schön, und allen, die über dem Alltagsleben das Verlangen sich bewahrt haben, die schlichte Schönheit unsers Posener Landes kennen zu lernen und zu genießen, rufe ich von diesem lieblichen Flecken Erde einen Heimatsgruß zu!