Nachtwächter – Anstellungsvertrag aus dem Jahr 1835

Nowy Tomysl bei Nacht - Aufn. PM

Es ist dunkel in Neutomischel – Aufn. PM

Im Jahr 1835 bildete die Posener Straße, der Alte Markt, dann als Verbindung zum Neuen Markt die Goldstraße das komplette Straßennetz der Stadt Neu Tomysl. Es war allerdings sehr dunkel in der Stadt, Straßenbeleuchtung gab es in jenen frühen Jahren noch keine, und in den umliegenden Hauländereien sah es wohl nicht anders aus.

Die Bewohner der Stadt und des Umlandes mussten um 22:00 Uhr, zu Beginn der von Amtswegen angeordneten Sperrstunde, „die Bürgersteige“, soweit es sie schon gab, „hochklappen und die Häuser reinholen“. Niemand hatte nach dieser Stunde mehr etwas in den Straßen zu suchen.

Eine der Aufgaben der Nachtwächter, welche seitens der Stadtverwaltung ihren Dienst versahen um eben die Ruhe und Ordnung in der Nacht zu überwachen und ggfls. herzustellen, war es Fremde oder Herumtreiber anzuhalten, diese bis zu  dem Wachfeuer zu bringen, um dort im Feuerschein, sonst war es eben zu dunkel, deren Identität zu prüfen und sie gegebenenfalls festzusetzen. Jedoch bleibt hier die Frage: wer, der Böses plante, sich von 2 einzelnen Personen in dunkler Nacht erwischen ließ ?

Vielmehr galt es vermutlich, zu überwachen, dass die Kneipen und Wirtschaften schlossen; dass Niemand, weder der Wirt noch der Gast, sich widersetzte und vielleicht doch noch ein Bier oder Schnaps nach 22:00 Uhr ausschenkte oder zu sich nahm.

Es galt die Ordnung im Namen der Regierung und der Kirche aufrecht zu erhalten.

Für diese Aufgabe waren seitens der Stadtverwaltung Nowy Tomysl’s im Jahr 1835 zwei Nachtwächter, jeder mit einem Jahresgehalt von 16 Thalern, Urlaub wurde in dem Vertrag keiner erwähnt,  bei 1/4 jährlicher nachträglicher Auszahlung befristet auf 1 Jahr, eingestellt. In diesem Vertrag findet sich jedoch, dass beide Nachtwächter die Genehmigung für eine Sammlung von Barspenden bei jedem Bürger der Stadt zum Jahreswechsel erhielten, also somit ihr Gehalt aufbessern konnten; nicht bekannt ist, wie hoch dieses Nebeneinkommen gewesen sein könnte.

Nachstehend die Transkription, soweit erhalten und entzifferbar, der im Jahre 1835 getroffenen Vereinbarung:

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„Zwischen dem Magistrat und dem Stadtamth hierselbst  an einem und dem Häusler Friedrich Fechner zu Glinau und dem Bürger und Schuhmachermeister Gottlieb Kurz hierselbst zum anderen Theile ist unterm heutigen Tage nachstehender Kontrakt wohlbedächtig verabredet und geschloßen worden.

§ 1.

Stadtplan 1836 - GT

Stadtplan 1836 – GT

Der Häusler Friedrich Fechner und Schuhmachermeister Gottlieb Kurz übernehmen mit dem heutigen Tage die Verwaltung des Nachtwächter Postens in hiesiger Stadt in einer Person und konstituieren dieses Verhältniß ein Jahr hierdurch und zwar bis zum 4 Februar achtzehnhundert sechs und dreißig. – Dieselben verpflichten sich

                                                                                                     § 2.

ferner jede Nacht hindurch fünf Stunden Wache zu halten und zwar von des Abends zehn bis Morgens drei Uhr, es möge im Winter oder Sommer sein, als die Stunden gehörig durch Rufen und Pfeifen bekannt zu machen. Auch sich jeden Abend bei der Ortspolizeibehörde und zwar bei dem Bürgermeister um 10 Uhr zu melden.

§3.

Sie sind verpflichtet die Stadt (innerorts) und außerhalb zu bewachen … Augenmerk auch muß die …. zu berichten. Vor allen Dingen haben sie unter Zuziehung der Nachtpatrouille dafür zu sorgen, daß die Schänken und Wirthshäuser um Punkt zehn Uhr Abend geschloßen werden; und sollen sie befugt sein diejenigen, welche das Wirthshaus auf  gütliches Ansuchen um die gedachte Stunde nicht verlassen wollen gewaltsamerweise herauszubringen und etwaige Widersetzlichkeit dem Bürgermeister zur Untersuchung anzeigen.  Unbekannten Personen welche sie nach 10 Uhr Abends antreffen, sollen sie anhalten, ans Wachfeuer führen wo sie sich zu legitimieren haben. Über jeden nur einigermaßen wichtigen Vorfall haben sie des Morgens dem Bürgermeister Anzeige zu leisten.

§ 4.

Für die getreue und pünktliche Bewachung der hiesigen Stadt verpflichtet sich der hiesige Magistrat und Stadtrath einen jeden der genannten Wächter einen jährlichen Gehalt von 16 Th. schreibe sechszehn Thaler zu zahlen, welches vierteljährigen Raten postnumerando zahlbar sein soll und die Wächter aus der Kämmerei Kasse zu erheben haben. Außer diesem sollen sie noch von jedem Bürger ein Neujahrsgeschenk in baarem Gelde erhalten, welches sie sich jedoch selbst von den Bürgern abholen müssen.

§ 5.

Sollten sich die Wächter Vernachläßigungen zu Schulden kommen lassen, so haben diese ihre sofortige Entlassung ohne vorherige Kündigung zur Folge.

Mehr ist nicht festzusetzen gewesen.

Neut. d. 4 Feb. 1835″

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Im Kirchenbuch von Neutomischel wurde hierzu gefunden:

  • Johann Friedrich Fechner ca. 1792 geboren, 1855 zu Glinau verstorben, Sohn des Johann Friedrich Fechner,
    • Bürger u Schuhmachermeister zu Neutomischel, Eigentümer zu Glinau, verehelicht 1818 in Neutomischel mit
    • Johanna Carolina Liebegott Laube geb. ca. 1785, 1850 zu Glinau verstorben,
    • Tochter des Andreas Laube und dessen Ehefrau Anna Dorothea geborene Zachert
  • Johann Gottlieb Kurz, 1807 zu Scherlanke geboren, 1880 zu Neutomischel verstorben,
    • Sohn des Gottfried Kurz und dessen Ehefrau Anna Rosina Maria geborene Rausch
    • Bürger u Schuhmachermeister zu Neutomischel,verehelicht 1827 in Neutomischel in erster Ehe mit
    • Johanna Juliana Kukowska, 1807 geboren zu Scherlanke, 1846 zu Glinau verstorben
    • Tochter von Friedrich Ignatz Kukowski und dessen Ehefrau Charlotta Constantia Philippina Johanna geborene Driessner
    • verehelicht 1846 in Neutomischel  in zweiter Ehe mit
    • Johanna Dorothea Heinrich, 1822 geboren zu Kuschlin, 1901 zu Neutomischel verstorben
    • Tochter des Johann Gottfried Heinrich und dessen Ehefrau Maria Elisabeth geborene Zibull

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Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu – Fond: Akta miasta Nowy Tomyśl [Stadtakten] [Anstellung der Nachtwächter in der Stadt Neutomischel]    http://szukajwarchiwach.pl/53/4385/0035