Notizen zu Bomblin / Bąblin Schloss

Schloss Bomblin, hier schon als Eisenbahner Erholungsheim / Aus dem Posener Lande

„In der Nähe, nur durch die Warthe und einen großen, prächtigen Wald von Ruxmühle getrennt, lag die „Herrschaft Bomblin“. Der Besitzer, Herr von Dobrzycki, übertrug im Jahre 1842 meinem Vater, der sich kurz vorher in Samter niedergelassen hatte, den Bau eines Schlosses und der dazu gehörenden Wirtschaftsgebäude.“

Diese Zeilen sind zu finden in dem Buch des Xaver Scharwenka – „Klänge aus meinem Leben“ – Erinnerungen eines Musikers (Verlag Koehler, Leipzig 1922). Scharwenka … die Brüder Philipp Louis und Xaver Franz waren beide später weltbekannte Komponisten, Pianisten und Musikpädagogen, welche in den Jahren 1847 und 1850 zu Samter geboren worden waren.

Ihr Vater war der Baumeister und Architekt Wilhelm August Scharwenka (1811-1879) und ihre Mutter die Emilie Apollonia geborene Golisch (ca 1823-1894) aus Ruxmühle.

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Die Warthe bei Bomblin / Aus dem Posener Lande

Wilhelm August Scharwenka war gebürtig aus Letschin, gelegen im heutigen Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg und cirka 190 km von Samter / Szamotuly entfernt. Wir haben in Berichten über Letschin keine weiteren Erwähnungen zu ihm gefunden, sodass zu vermuten ist, dass er dort längst in Vergessenheit geraten ist.

Es wurde geschrieben, dass Wilhelm August Scharwenka den Weg von Samter / Szamotuly zur Baustelle nach Bomblin / Bąblin über Rux Mühle / Ruks Mlyn nutzte (ca. 10 km und dann über die Warthe nochmals annähernd 5 km).

Professor Karl Graeter beschrieb den Weg, der ihn bei einer seiner Wanderungen von Ruxmühle über die Warthe führte … „Der Wald bei der Mühle gehört zu den schönsten, die ich gesehen: Kiefern, Eichen, Fichten und Birken drängen sich dicht aneinander, hohe Wacholder und zierliche Farren, Blau- und Erdbeeren verhüllen den Boden. Von der steilen Waldeshöhe bietet sich ein recht hübscher Blick auf die Warthe und dem aus dichtem Waldeslaube hervorragenden Schloßturm von Bomblin. Bei dem Forsthause Warthekrug nehme ich Abschied von meinen freundlichen Begleiterinnen und eilte zum Ufer der Warthe, wo auf hohem Rande eine stolze Eiche thront. Wohl eine Viertelstunde muß ich warten, bis der Fährmann mich herüberholt. 1)

Über Bomblin / Bąblin selbst ist wenig bekannt. Das Anwesen selbst ist sehr alt, erste Erwähnungen sollen sich bereits im 15. Jahrhundert finden. Wie bei vielen Herrschafts-Sitzen fanden zahlreiche Besitzwechsel statt.

Die Norddeutsche allgemeine Zeitung, berichtete in ihrer Abend Ausgabe vom Samstag, d. 04. Januar 1896 „Das Rittergut Bomblin bei Obornik mit den Vorwerken Marianowo und Krug, etwa 1.500 Hektar groß, ist für 590.000 M(ark) in den Besitz des Ingenieurs Albert Schmidt aus Berlin übergegangen. Bisher gehörte es Herrn Heinrich (Henryk) von Dobrzycki.

(Albert Carl Robert Schmidt, geb. 1859 zu Fraustadt, später den Namen Schmidtbomblin führend)

In der Ausgabe o. g. Zeitung vom 24. November 1903 heißt es dann: „Das Rittergut Bomblin bei Obornik , 6.600 Morgen, bisher dem Patentanwalt Schmidt in Berlin gehörend, ist von der Ansiedlungskommission für 800.000 M(ark) gekauft worden.

Obornik – Eisenbahner-Erholungsheim – Schloss Bomblin / AK

Die Ansiedlungskommission hat das Anwesen parzelliert.

Auch hier hat die Norddeutsche allgemeine Zeitung in ihrer Ausgabe vom Sonntag, d. 07. Februar 1909 die Berichterstattung fortgeführt: „Der Bezirks-Eisenbahnverein Bromberg hat, wie die Eisenbahn mitteilt, von der Ansiedlungskommission in Posen das Schloß Bomblin für die Zwecke eines Erholungsheims für Eisenbahner, das eine neu zu gründende Genossenschaft einrichten will, für den Preis von 40.000 M(ark) angekauft. Das Schloß, das in seinen älteren Teilen etwa 75 Jahre alt ist, liegt an der Warthe, 10 Kilometer von der Stadt Obornik entfernt, unmittelbar bei der Station Bomblin der im Bau begriffenen Nebenbahnstrecke Wronke-Obornik mitten in einem schönen 2,86 Hektar großen Park, dem sich ein Gemüsegarten von 1,22 Hektar Größe anschließt. Außerdem ist ein 3,52 Hektar großes, unmittelbar an den Ufern der Warthe gelegenes Wäldchen mit Kiefernbeständen gleichzeitig mit dem Schlosse erworben worden. Nach ärztlichen Gutachten eignet sich das Schloß wegen seiner gesunden Lage an Wasser und Wald, die zur Folge hat, daß die Luft auch im Sommer vollkommen staubfrei sein wird, vorzüglich für ein Erholungsheim….“

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Erwähnung findet der Ort auch durch Mikołaj Dobrzycki, einem Major der polnischen und napoleonischen Armee. Letzlich führte er 1848 während des Aufstandes die Bauernarmee an. Er wurde bei der Erstürmung der Brücke bei Obornik getötet. Ein Obelisk, welcher die Grabstätte des Mikołaj Dobrzycki markiert, findet sich noch heute auf dem Anwesen

Am Ende dieses Artikels finden Sie einen Ausschnitt aus den Erinnerungen des Generals der Infanterie z. D. Dr. Heinrich von Brandt. In diesem wurde der Name zwar „Dobczynski“ geschrieben, es handelte sich aber wohl um oben erwähnten Mikołaj Dobrzycki.

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Heute, nach Umbauten, welche das eigentliche Gebäude nur noch erahnen lasseb, beherbergt das Schloss Missionare der Heiligen Familie, eine Ordensgemeinschaft in der römisch-katholischen Kirche.

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Erinnerungen des Generals der Infanterie z. D. Dr. Heinrich von Brandt

„… Er bat zugleich um Erlaubniß, eine Deputation der Nationalgarde von Schroda einführen zu dürfen. Es erschienen auch bald darauf drei Männer von einem fabelhaften Aeußern, ein ungemein dicker Fleischer mit einem Schnurrbart à al Sobieski und einem Schleppsäbel von enormer Länge, aber sonst traktabel und nachgebend, als Kommandant derselben; eine kleiner Mann mit gewölbtem Nacken, mit einem vollen grauen Barte aber sonst fein geschnittenem Gesichte, aus dem ein Paar blitzende Augen hervorleuchteten, reinlich aber ärmlich gekleidet, mit einer Krabele (Säbel ohne Bügel) an der Seite und endlich eine dritte weniger markante Person. – Nachdem wir einen Augenblick über den Zustand der Dinge in Schroda gesprochen und nun auf Besetzung der Stadt kamen, näherte sich mir der Mann mit dem gewölbtem Nacken und sagte zu mir: „Ich hoffe, Herr Oberst, Sie gewähren einem alten Bekannten Alles, was mit Ihrer Pflicht verträglich ist.“ „Sie sind wohl so gütig“, antwortete ich ihm, „meinem Gedächtniß zu Hülfe zu kommen; ich entsinne mich nicht des Vergnügens Ihrer Bekanntschaft.“ „Und doch“, war die Antwort, „sind wir Regimentskameraden. Ich heiße Dobczynski!“ „Dobczynski?“ antwortete ich mit Erstaunen, „von der zweiten Boltiguer-Kompagnie, der bei Monzón (ca. 1809) gefangen ward? Das ist unmöglich!“ „Und doch“, entgegnete der Pole, „mein Haar ist auf den Pontons in England gebleicht, Kummer und Sorgen haben mir die Stirn und Wangen gefurcht, Ketten mir die Glieder verunstaltet und in den Kasematten am Zamość und Bobruysk (Bobruisk) bin ich zum Krüppel geworden.“ – Es war der derselbe Dobczynski, der seit 1831 eine Hauptfigur in allen polnischen Verschwörungen bildet und dessen Name mit dem Krzynonowski’s in stetem Zusammenhange genannt und der als besonderes Opfer russischer Tyrannei bezeichnet wurde. Er war in seiner Jugend ebenso liebenswürdig als tapfer, war für sein ausgezeichnetes Betragen bei der Wegnahme von San José bei Saragossa im Tagesbefehl genannt worden und hatte später das Unglück, nach dem verunglückten Cinca-Uebergange unter General Hubert bei Monzón gefangen zu werden.

Nach Tarragona und von hier nach den Balearen geführt, hatte er auf dem Felsenriff Cabrera mehrere Jahre gesessen, war dann nach England auf ein Ponton gekommen und hatte hier 1815 seine Freiheit erhalten.

In seine Heimath zurückgekehrt, war ihm eine Stelle im Zollwesen (in anderen Quellen Gründung der Filialloge der Nationalen Freimaurerei) im Kalischer Departement geworden. Bald (1821) in Umtriebe verwickelt, ward er eingezogen, in Ketten gelegt (1822) und brachte, später verurtheilt, mehrere Jahre in Zamość als Festungsarbeiter zu, bis er kurz vor 1831 befreit ward. 1831 trat er wieder in Dienst und ward Major. Bei Grochow und Bialotecka fiel unter Kurkowiecki Verrath vor, weswegen dieser ein Pistol auf ihn abschoß; aber später verwundet und gefangen, saß er darauf mehrere Jahre in Bobruysk, entfloh von hier und entkam als Bettler, Tagelöhner und vagirender Musikus verkleidet glücklich nach dem Großherzogthum, wo er lange Zeit unter fremden Namen bei entfernten Verwandten in Bablin bei Obornik ein Unterkommen fand. Hier fanden ihn die Ereignisse von 1846 und 1848. „Glaube mir“, sagte mir der gebeugte Mann im Vertrauen, „ich bin der Sache herzlich überdrüssig; doch, einmal den revolutionären Mächten verfallen, treibt mich mein Unstern von Unternehmung zu Unternehmung; Du siehst meine gebrochenen Kräfte, meine verunstalteten Glieder – wie gern wäre ich zu Hause geblieben, aber der Terrorismus der öffentlichen Meinung hat mich in diesen Strudel gezogen.“ Ich bat meinem Jugendfreunde an, bei mir zu bleiben; ich versprach ihm Sicherheit und Ruhe, wenn er dem revolutionären Treiben entsagen wolle; ich erbot mich, mit ihm meine Baarschaft zu theilen. Aber er schlug Alles aus. „Ich mache mein Buch zu“, sagte er „ich sagen Allem Valet und“, fügte er mit einem schmerzlichen Lächeln hinzu, „wären die Klöster nicht aufgehoben, ich nähme noch heute die Kutte.“ Wir schieden als alte Freunde und Bekannte und ich bat ihn, mich später in Posen zu besuchen. Als ich ihn aufforderte, seinen Einfluß zur Beruhigung der Gemüther in Schroda anzuwenden, sagte er mir, „lieber Brandt, die Bürger sind in der Mehrzahl ganz ruhig; die Unruhigen sind die Holota (Gesindel), die man dort zusammengetrieben und die man Soldaten nennt. Mit der zweiten Boltigeur-Kompagnie (bei dieser hatte er im Regiment gestanden) hätte ich die ganze Gesellschaft auseinander gesprengt.“ Wie es schien, war er etwas darüber erzürnt, daß man ihm einen zu untergeordneten Wirkungskreis angewiesen, daß man seine Brauchbarkeit zu niedrig angeschlagen. Er versprach, mich noch mal zu besuchen, aber die Ereignisse brachten uns bald weiter auseinander. Nach Beendigung der Unruhen erkundigte ich mich nach ihm und erfuhr, daß er in dem kleinen Gefecht bei Obornik erschossen worden. …

Ich habe Nikolay Dobczynski in seinen jüngeren Jahren schön, liebenswürdig, tapfer, gefühlvoll, schwärmerisch, für romantische Poesien, Gesang und schöne Mädchen eingenommen gekannt; als Greis, gebrandmarkt, gebeugt und gedrückt, zerfallen mit Allem, was ihn umgab, und ohne Hoffnung, als Verschwörer verfolgt und geächtet, sah ich ihn wieder. …. – Sanft ruhe seine Asche!“

Passage entnommen aus: „Aus dem Leben des Generals der Infanterie z. D. Dr. Heinrich von Brandt“ – Dritter Theil – Aus den Tagebüchern und Aufzeichnungen seines verstorbenen Vaters zusammengestellt von Heinrich v. Brandt, Oberst z. D. / Berlin 1882 / Seite 103-105

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Quellen soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt: Wanderbericht und Bilder Aus dem Posener Lande – Heft 6 / 1915; Norddeutsche allgemeine Zeitung bei deutsche-digitale-bibliothek.de