Orzeszkowo – der Beginn als evgl. Parochie

Orzeszkowo Kapelle – Aufn. 2009/09 GT

In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen “ – Erscheinungsdatum 1898 –  verfasst von Albert Werner, früher Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.

Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek .

S. Lukaszewicz O braci czeskich

 

Im Jahre 1644 wurde, wahrscheinlich auf Betrieb des Bischofs von Posen Andr. Szoldrski, das Gesetz vom Jahr 1588, welches die Restitution der ehemaligen katholischen Kirchen anbefahl, in dem Dorfe Kwilcz (im Birnbaumer Kreise) in Ausführung gebracht, und die dortige seit 1577 im Besitze der böhmischen Brüder befindliche Kirche musste dem vom Bischof ernannten Probste Joh. Dombrowski übergeben werden. (Dieses Dorf ist das Stammgut der gegenwärtig gräflichen Familie v. Kwilecki, der auch Orzeszkowo gehört. Joh. Kwilecki übergab nach seinem Übertritte zu den böhmischen Brüdern diesen im Jahre 1577 die katholische Ortskirche nebst allen Einkünften. Sie verblieb den böhmischen Brüdern 67 Jahre hindurch. Während dieser Zeit fungierten hier als Geistliche:

  1. 1. Jh. Baldowski, starb hierselbst 1602 nach 30-jähriger Amtsführung.
  2. 2. Joh. Musonius, war auch polnischer Prediger an der Johanniskirche in Lissa (s.d.)
  3. 3. Paul Orlicz, Sohn des Konseniors Sam. Orlicz, geboren 1599 in Wyszyna, einem Dorfe im Posenschen, studiert in Frankfurt, ward Pfarrer in Kwilcz, 1629 polnischer Prediger in Thorn, wo er 1649 starb. Er wurde 1629 Konsenior der böhmischen Brüdergemeinden von Groß-Polen. In Thorn hielt er 1636 bei dem Begräbnisse der schwedischen Königin Anna, einer Schwester des Königs Sigismund III., die polnische Grabrede, welche auch im Druck erschienen ist.
  4. 4. Der Senior Joh., Wybinski, (s. Lissa Johanniskirche) 5. Paul Perscius (Perski), geboren zu Scharfenort, war 15 Jahre hindurch Pfarrer in Kwilcz und starb am 9. Februar 1644. Er gab die Gedichte: „Justa Funebria“ 1625, beim Tode des Ostrorog und „Monumentum Exequiale“ 1625, beim Tode des Georg Zawadzki’s heraus. Nach seinem Tode nahmen die Katholiken die Kwilczer Kirche wieder in Besitz, obgleich der Gutsherr Kwilecki dem hussitischen Bekenntnisse angehörte. Lukaszewicz O Braci Czeskich S. 299

1819 – Wetterfahne – Orzeszkowo – Aufn 2009/09 GT

Orzeszkowo Calvinisten Friedhof – Aufn. 2009/09 PM

Um den Verlust dieser Kirche zu ersetzen, traten 30 in der Umgegend wohnende polnische Adlige hussitischer Konfession mit dem Gutsherrn des unweit Kwilcz gelegenen Dorfes Orzeszkowo zusammen und errichteten in Orzeszkowo aus eigenen Mitteln eine neue hölzerne Kirche, welche am 17. Juni 1646 durch die großpolnischen Senioren M. Gertich und Joh. Bythner, den böhmischen Senior Paul Fabricius und den berufenen ersten Pfarrer Plorth, welcher den Bau geleitet hatte, die Weihe erhielt. Zugleich ließen die erwähnten Patrone bis 1648 ein Pfarrhaus erbauen und statteten überhaupt zwar mühsam und kärglich, aber doch den wesentlichen Bedürfnissen entsprechend von 1644-48 ein neues Kirchensystem in Orzeszkowo aus, sorgten auch nachher für Erhaltung desselben. Als am 21. Juni 1721 der Blitz in die Kirche einschlug und dieselbe bis auf den Grund abbrannte, untersagte das katholisch-bischöfliche Konsistorium in Posen den Wiederaufbau, und der Gottesdienst konnte fernerhin nur in einer Stube des beschränkten und bereits baufälligen Pfarrhauses gehalten werden. Das Konsistorium verlangte zwar zugleich von dem damaligen Besitzer von Orzeszkowo Andreas Bronikowski, dass er diese gottesdienstlichen Versammlungen im Pfarrhause unterlassen sollte; doch kam dieser Befehl nicht zur Ausführung, was vornehmlich in der milden Gesinnung der Bischöfe von Posen Peter und Bartholomäus Tarlo seinen Grund hatte. Im Jahre 1732 verklagte Alex. Cajetan v. Rozbicki, dessen Vorfahren sich um die Orzeszkower Kirche sehr verdient gemacht hatten, nach seinem Übertritte zum Katholizismus die Orzeszkower Gemeinde bei dem Reichstribunal in Petrikau und drang auf das Verbot des dortigen Gottesdienstes. Die Sache kam wieder an das Posener Konsistorium, das dem Gutsherrn Bronikowski abermals bei Strafe die Unterlassung des Gottesdienstes und die Entfernung des Pfarrers Majewski anbefahl. Bronikowski appellierte an das erzbischöfliche Konsistorium zu Gnesen; dieses unterließ entscheidende Schritte, und so konnte die Gemeinde nicht nur das 100-jährige Bestehen des Kirchensystems am 27 September 1744 feierlich begehen, sondern es fand auch der Gottesdienst in dem Pfarrhause zu Orzeszkowo ununterbrochen und zwar bis zur südpreußischen Zeit stets in polnischer Sprache statt. Im Jahre 1784 wurde das noch jetzt stehende gemauerte Pfarrhaus und 1788 die jetzige Kirche, in Fachwerk mit Ziegeln ausgeflochten und mit einem Türmchen versehen, erbaut. Zu letzterem Bau waren sehr reichliche Gaben eingegangen; besonders zeichnete sich dabei die Familie Mielecki aus. Der Gutsherr Adam v. Kurnatowski, Michael v. Ziemiecki auf Altgörzig und der Pfarrer Behr leiteten den Bau. An der allmählich baufällig gewordenen Kirche wurde 1861 eine Reparatur vorgenommen, die sich fast zu einem Neubau gestaltete. Zu der Kirche in Orzeszkowo halten sich die Mitglieder der Ortschaften Orzeszkowo, Dombrowo, Kubowo, Kwilcz, Rosbitek, Urbanowko, Josephowo, Mechnatsch Chausseehaus, Moschiejewo, Wituchowo, Kopanino, Gnuschin Dominium mit im ganzen 334 Seelen.

Eine Schule ist Orzeszkowo.

Die Pfarrer dieses unter Privatpatronat der Erbherrschaft von Orzeszkowo stehenden Kirchspiels waren:

  1. Martin Plorth, aus Scharfenort gebürtig, leitete unter großen Mühseligkeiten den Bau der ersten Kirche. Später entstandene Misshelligkeiten zwischen ihm und der Gemeinde veranlassten 1647 seine Versetzung nach Scharfenort (s. Samter), später fungierte er in Schocken (s.d)
  2. Georg Gleinig, aus Lissa, von 1647-1661, vorher Pfarrer in Adelnau (s.d.)
  3. Martin Plorth, nochmals von 1661-1664
  4. Sam. Chodowiecki, aus Chocz an der Prosna in der Wojewodschaft Kalisch, wurde 1664 hierher berufen, 1675 zum Konsenior erwählt und starb am 21. November 1691. Seiner Familie gehörte der berühmte Kupferstecher Dan. Chodowiecki an.
  5. Franz Sam. Majewski, von 1692 an, starb hier am 8. März 1713
  6. Joh. Sam. Musonis, 1713-1719
  7. Franz Sam. Prüfer, trat 1719 das hiesige Amt an. Er mußte dasselbe im Jahre 1723 aufgeben, angeblich weil er das durch einen Blitzstrahl in der Kirche entstandene Feuer als vom Himmel gefallen zu löschen verhindert hatte und deshalb in Misshelligkeiten mit dem Gutsherrn geraten war. Er begab sich nach Königswalde.

    Kirchensiegel Orzeszkowo

  8. Georg Ernst Majewski, von 1723-1735, ward polnischer Prediger, Subrektor des Gymnasiums und Notarius der Unität in Lissa (s.d.), wo er am 31 Juli 1757 starb.
  9. Johann Alex. Cassius, 1735-1737, wurde polnischer Prediger in Lissa (s.d.); starb dort als Senior der Unität.
  10. Paul Ludwig Cassius, ein Sohn des Seniors David Cassius in Schocken (s.d.), geb. 1715, stieg zum Senior der Unität und starb in Orzeszkowo am 20. Aug. 1774,.
  11. Georg Wilh. Behr, aus Breslau gebürtig, wurde Vicarius bei der Lissaer deutschen Johannisgemeinde und kam 1776 nach Orzeszkowo. Bei Errichtung des großpolnischen evangelischen Konsistoriums wurde er Beisitzer desselben. Er starb hierselbst im Jahre 1808.
  12. Joh. Wilh. Cassius, geboren 1787 in Posen, ein Enkel des Seniors Joh. Alex. Cassius, wurde 1810 Pfarrer in Orzeszkowo, war von 1813-1824 zugleich Professor der griechischen und lateinischen Sprache am Gymnasium zu Posen und starb daselbst am 8. Nov. 1848. – Er war ein gelehrter Mann, der sich auch mit der Geschichte der Brüdergemeinde vielfach beschäftigt hat. Aufsätze von ihm sind in den Programmen des Posener Mariengymnasiums enthalten.
  13. Joh. Carl Jul. Hartnik, geboren am 20. Januar 1815 zu Fraustadt, studierte in Breslau und wurde 1849 hierher berufen. Er starb am 10. September 1887
  14. Arthur Pflegel, wurde 1888 Pfarrverweser und 1889 Pfarrer.