Pastor Knispel – 1. Pastor zu Hammer Boruy – um 1777

Die Kirche zu Boruja Kościelna - Kirche des Heiligen Adalbert - Eigenaufn. 2007

Die Kirche zu Boruja Kościelna – Kirche des Heiligen Adalbert – Eigenaufn. 2007

Zur Kirche Hammer Boruy später auch Kirchplatz Boruy genannt, findet sich in „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“ (1), Verfasser Albert Werner aus dem Jahre 1904 folgendes:

„Die Stiftung des Kirchspiels Hammer Boruy ist erfolgt auf Grund der Erektionsurkunde vom 3. November 1775, welche am 15. Januar 1776 von dem Provinzial-Konsistorium zu Lissa bestätigt wurde. Vor diesen Jahren hatten die Evangelischen Augsburgischer Konfession in der Herrschaft Hammer nur ein Schulhause, in dem ein Lehrer die Predigt kraft des der Gemeinde erteilten Privilegs von 1705 verlas; einigemale im Jahre besucht sie der Prediger Krone aus Züllichau, um das heilige Abendmahl zu spenden, die kirchlichen Akte verrichteten bald der katholische Probst in Bentschen, bald die evangelischen Pfarrer in Wollstein, Chlastawe und Kranz. Zu einem eigenen Pfarrsystem verhalf diesen Evangelischen vornehmlich der evangelische-reformierte Besitzer der Hammerschen Güter Ludwig von Mielecki, indem er nicht nur Grund Boden und einen Teil des Bauholzes zu einer Kirche und einem Pfarrhause nebst einer Summe von 100 Dukaten schenkte, sondern auch die Erlaubnis zum Bau des Gotteshauses auswirkte. Die Kirche wurde am 1. Juni 1777 durch den Pastor Nikisch aus Wollstein feierlich geweiht; sie ist bis jetzt (1904) erhalten. “

 

Boruy und Umgebung 1893 - Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25_list.cgi?show=3762;sort=w

Boruy und Umgebung 1893 – Karte: http://mapy.amzp.pl/tk25_list.cgi?show=3762;sort=w

Als weitere Quelle zu diesem Kirchspiel nutzen wir jetzt die im Jahr 1840 von Pastor Robert Adolph Rohrmann angelegte Kirchenchronik (2) . Er begann sie im Jahr seiner Amtseinführung als 3ter Pastor der Gemeinde, welches er bis zum seinem Tode 1865 inne hatte.  Vorstehende Ausführungen finden sich mit etwas anderen Worten auch in seiner Aufzeichnung. Interessanterweise führte er an, dass er wiederum in einem Schulbuche, welches mit dem Jahr 1743 begonnen hatte, gefunden hatte, dass dem Probst der römisch-katholischen Kirche zu Bentschen, für seine Handlungen Gebühren entrichtet worden waren. Über den Verbleib dieses erwähnten Schulbuches ist leider nichts bekannt.

Pastor Rohrmann, stellte in der Kirchenchronik auch Kurzbiographien seiner Amtsvorgänger zusammen. Er führte aus, dass er von seinem Vorgänger  Pastor Johann Friedrich August Schulze (2ter Pastor in Boruy in den Jahren von 1825-1838) folgende, wie er schrieb, eigenhändigen Notizen zu Pastor Knipsel, dem 1sten Pastor der gegründeten Gemeinde, welche er in Unterlagen aufgefunden hatte, genutzt hatte:

“ Der bisherige erste Prediger an der hiesigen evangelischen Kirche, Herr Superintendent Christoph Knispel starb am 24. Juni 1824 zu Lindenruh bei Glogau am Schlagflusse in einem Alter von 73 Jahren vier Monaten und sechszehn Tagen. Über seine Berufung und Einführung, welche noch etwas früher erfolgt sein soll, als der Bau der Kirche beendigt war, findet sich nichts bei den Akten und Papieren der Kirche, die mir sämtlich von dem zeitigen Cantor Rau übergeben worden sind. Nicht einmal die Nachweisung der Emolumente, welche seiner Vocation beigefügt war, konnte aus wiederholten Nachfragens von Seiten der Herrschaft und der Gemeine, so wie der königl. Regierung … vorgefunden werden. Dafür konnte aber der verstorbene g. Knispel nicht; denn bei seinem unerwartet erfolgten Hinscheiden hatte er keine Zeit, seine Papiere in Ordnung u Sicherheit zu bringen. Übrigens war er ein sehr treuer Seelsorger und ein sehr beliebter Kanzel-Redner. Weshalb es die Gemeine, welche bereits schon Ziegel-Steine zu seiner Gruft angefahren hatte, sehr tief betrauerte, daß es die Knispelschen Erben nicht möglich machten, seine sterblichen Überreste hier zu bestatten.“

Als einen weiteren Punkt führte PastorRohrmann das Patronatsverhältnis im Hinblick auf die Predigerwahl an.

“ Über die erste Predigerwahl (fehlt) selbst in den Kirchenakten die schriftliche Nachricht gänzlich und die mündliche wiederspricht sich so sehr, daß ich, um nicht offenbare Unwahrheiten hier aufzuzeichnen, lieber ganz davon schweige.

Die Kirche zu Borui nach 1900 - Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft

Die Kirche zu Borui mit dem 1900 angebauten Turm, deutlich erkennbar aber der alte Fachwerkbau – Postkartenausschnitt Sammlung A. Kraft

Soviel soll jedoch gewiß sein, daß der erste Kirchenpatron Herr Ludwig v. Mielecki auf diese Wahl einen entschiedenen Einfluß ausgeübt habe“

Die Aussagen in den Aufzeichnungen von Pastor Schulze und Pastor Rohrmann stimmen also dahingehend überein, dass etwaige Unterlagen zum ersten Pastor der Gemeinde vor 1840 schon nicht mehr zur Verfügung standen.

Aus den dürftigen Daten, welche ihm zugängig waren, stellte Pastor Rohrmann letztlich folgende Biographie zusammen:

„Der erste Prediger zu Hammer-Boruy hieß Johann Christoph Knispel, geboren in Neudamm am 8ten Februar 1750. Er studierte auf der Universität zu Frankfurt a/O. von Ostern 1770 bis 1773. Ehe derselbe das hiesige Pfarramt antrat, war er Hauslehrer bei den Kindern des Herr Hauptmanns von Brause zu Stoppanowo und wurde am 3ten April 1776 zu Bojanowo von dem Herrn General Consenior Krumbholz ordiniert. Im Jahr 1790 wurde ihm die Verwaltung der Superintendantur des damaligen Karger-Kirchenkreises übertragen, die er im Jahre 1817 freiwillig niederlegte. Im Jahre 1824 besuchte er seine in Gr. Glogau verheiratete Tochter, woselbst er, vom Schlage plötzlich getroffen, am 24. Junius in Lindenruh starb und auf dem evangelischen Gottesacker zu Glogau, woselbst ihm der Prediger und Superintendent Herr Koehler die Leichenrede hielt, beerdigt wurde.“

Ergänzend aus Kirchenbuchaufzeichnungen (3) fügen wir noch hinzu, das sich aus Eintragungen der Eheschließungen der Töchter als Mutter und somit Ehefrau des Pastor Knispel Marianna Henriette geborene Scheunstuhl fand, welche vermutlich vor 1815 verstarb. Die Töchter, soweit dieses aus Eintragungen notiert wurde, waren:

  • Friederike Louise Knispel, geb. ca. 1776, als älteste Tochter ehelichte sie 1800 Carl Ludewig Marmelstein, königlicher Justizangestellter aus Kosten
  • Amalie Wilhelmine Knispel, geb. ca. 1780, als 2te Tochter ehelichte sie 1802 Daniel Schmidt welcher vermutlich aus Santomysl stammte und in Schrimm als Kaufmann tätig war
  • Charlotte Philippina Knispel, geb. ca. 1786, schloss als 3te Tochter 1810 mit Carl Christian Friedrich Busse welcher als Administrator der Herrschaft Hammer Boruy im Amt war die Ehe
  • Johanna Henriette Juliane Knispel, geb. ca. 1792, ging 1815 als jüngste Tochter mit Carl Friedrich Ludwig Heinrich Müller die Ehe ein, er war als Sekretär beim Landrätlichen Offizier des Grünberger Kreises tätig

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Die Verwendung der Kirchenchronik von Hammer Boruy erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Probstes von Boruja Kościelna – Krystjan Grabijas – Parochie des St. Wojciech (Heiliger Adalbert)

An dieser Stelle nochmals Vielen Dank !

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Quellen:

  • (1) „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“, Verfasser Albert Werner aus dem Jahre 1904 – Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa – Digitale Bibliothek Poznan – http://www.wbc.poznan.pl/dlibra
  • (2) Kirchenchronik der evangelischen Kirche zu Hammer Boruy
  • (3) Kirchenbuch/Standesamtsaufzeichnungen Staatsarchiv Poznan – http://szukajwarchiwach.pl/