Polizei-Verordnung betreffend die Regelung des Wochen- und Jahrmarktverkehrs in der Stadt Neutomischel – 1909

Markttag in Neutomischel ca. 1900 - Quelle: Privatbesitz Fam. Goldmann

Markttag in Neutomischel ca. 1900 – Quelle: Privatbesitz Fam. Goldmann

Auf Grund der §§ 5 und 6 des Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 (Gesetz-Sammlung Seite 265) in Verbindung mit § 143 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz-Sammlung Seite 195) und der §§ 64 bis 71 der Reichsgewerbeordnung vom 1. Juli 1883 in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juli 1900 (Reichs-Gesetz-Blatt Seite 871 ff.) wird im Einverständnis mit dem Magistrat zur Reglung des Wochen- und Jahrmarkt-Verkehrs für den Umfang des Stadtbezirks Neutomischel nachstehende Polizei-Verordnung über den Marktverkehr erlassen.

§ 1. Gegenstände des Wochenmarkt-Verkehrs

Gegenstände des Wochenmarkt-Verkehrs sind die im § 55 der Reichsgewerbeordnung bezeichneten Artikel nämlich:

iiI.   rohe Natur-Erzeugnisse mit Einschluß von Schweinen, Ziegen und Schafen
iII.   Fabrikate, deren Erzeugung mit der Land- und Forstwirtschaft, dem Garten- und Obstbau oder der Fischerei in unmittelbarer Verbindung steht oder zu den Nebenbeschäftigungen der Landleute der Gegend gehört oder durch Tagelöhnerarbeit bewirkt wird mit Ausschluß der geistigen Getränke und der im § 56 der Reichs-Gewerbeordnung genannten Waren – cfr. auch § 55, 42a der Reichs-Gewerbeordnung.
III.    Frische Lebensmittel aller Art.

Außerdem dürfen in Berücksichtigung des örtlichen Bedürfnisse und gemäß der bisherigen Ortsgewohnheit auf den Wochenmärkten feilgeboten werden; nur seitens der Ortseinwohner

  1. Back- und Fleischwaren aller Art sowie allerlei Wild- und Eßwaren
  2. Schuhmacherwaren
  3. Schneiderwaren
  4. Seilerwaren
  5. Klempnerwaren
  6. Böttcherwaren
  7. Buchbinderwaren
  8. Töpferwaren
  9. weibliche Handarbeiten einschließlich Putzwaren
  10. Kurz-, Spiel-, Woll- und Schnittwaren
  11. Kürschnerwaren
  12. Drechslerwaren
  13. Sattlerwaren
  14. Tischlerwaren
  15. Bürstenbinderwaren
Noch kleines "Federvieh"

Noch kleines „Federvieh“

Zulässig ist ferner der Verkauf von gekochtem Kaffee und gekochtem Tee.

Frische Lebensmittel als Fleisch, Fische, Wild, Geflügel, Milch, Käse, Butter, Eier, Obst und Gemüse dürfen an jedem Wochentage auf den Hauptmarktplätzen (Alter und Neuer Markt) feilgeboten werden.

§ 2. Wochenmarkttage und Wochenmarktplätze

Die Wochenmärkte finden allwöchentlich am Donnerstag statt. Fällt der Wochenmarkt auf den Geburtstag des Kaisers und Königs oder einen anderen gebotenen Feiertag, so wird der Wochenmarkt am vorhergehenden Tage abgehalten werden.

Alle zulässigen Gegenstände des Wochenmarktverkehrs dürfen nur auf den dazu bestimmten Plätzen feilgehalten und verkauft werden und zwar:

a. Auf dem Alten Markt:
die im § 1 unter Nr. II genannten Erzeugnisse des Garten- und Obstbaues und der Fischerei, ferner die im § 1 unter Nr. III genannten Erzeugnisse bezw. Waren.

b. Auf dem Neuen Markt:
die im § 1 genannten Erzeugnisse mit Ausschluß von Schweinen, Ziegen und Schafen. Die im § 1 unter Nr. II genannten Erzeugnisse soweit dieselben vom Wagen aus erfolgen mit Ausschluß der Erzeugnisse der Fischerei sowie des Federviehs.

c. Auf dem Viehmarktplatze:
Schweine, Ziegen und Schafe.

Das Verlosen, Auswürfeln, Auskegeln oder sonstige Ausspielen lebender Tiere ist untersagt. Untersagt ist ferner das Ausrufen und öffentliche Versteigern von Waren auf den Märkten mit Ausnahme der von Behörden veranlaßten Verkäufe.

Der Verkauf von geistigen Getränken zum Genuß auf der Stelle auf dem Viehmarkt wird ausdrücklich verboten.

§ 3. Beginn und Dauer der Wochenmärkte

Die Wochenmärkte beginnen:
a. in den Monaten vom 1. Oktober bis 1. April um 8 Uhr vormittags und endigen um 2 Uhr nachmittags
b. in den Monaten vom 1. April bis 1. Oktober um 7 Uhr vormittags und endigen um 1 Uhr nachmittags.

Sollte in besonderen Fällen die frühere Räumung der Marktplätze oder eines Teils derselben für notwendig befunden und polizeilich angeordnet werden, so haben die Verkäufer den desfallsigen Anordnungen unweigerlich Folge zu leisten.

Sämtliche Händler müssen nach Beendigung der vorstehend festgesetzten Marktzeit den von ihnen innegehabten Platz mit allen Waren und Gerätschaften verlassen und diejenigen Marktbesucher, welche mit einem Fuhrwerk Aufstellung genommen, müssen sich zum Schluß der Marktzeit mit dem Fuhrwerk vom Marktplatz oder den Straßen entfernt haben.

Für jede Beschädigung des Straßenpflasters pp. haftet der Marktbesucher, sobald er hieran eine Schuld trägt.

§ 4. Verbot des Handelsverkehr auf den Wochenmärkten außer der Marktzeit

Eine Auswahl an Gemüse auf dem Wochenmarkt

Eine Auswahl an Gemüse auf dem Wochenmarkt

Vor Beginn und nach Ablauf der festgesetzten Stunde darf auf den Wochenmärkten kein Handel mit Gegenständen des Wochenmarktverkehrs betrieben werden. Den einheimischen und auswärtigen Handelsleuten wird es untersagt, auf den Wochenmärkten im Sommer vor 7 und im Winter vor 8 Uhr vormittags Wochenmarktsartikel feilzubieten.

§ 5. Verbot des Aufhaltens und des Verkaufes pp. von Wochenmarktgegenständen vor der Stadt und auf den Straßen

Das Anhalten der zum Wochenmarkte kommenden Verkäufer vor der Stadt und auf den Straßen innerhalb der Stadt, sowie die Unterbrechung des Fuhr- und sonstigen Transports der Wochenmarktsartikel, das unbefugte Aufsteigen auf die Fuhrwerke, das Herunternehmen der Artikel von den Wagen zur Besichtigung oder zum Zwecke des Feilbietens durch Handelsleute, Höker und andere Personen, sowie das Feilhalten von Wochenmarktsartikeln daselbst ist verboten.

Der Wochenmarkt findet ausschließlich auf den Marktplätzen statt und darf daher niemand an den Markttagen während der Marktzeit Gegenstände des Wochenmarktverkehrs im Umherziehen oder an anderen Orten des Stadtbezirks als auf dem Marktplatz marktmäßig feilbieten. Ausgenommen hiervon sind solche Gegenstände, welche, was in jedem einzelnen Falle nachzuweisen bleibt, schon vorher bestellt sind und dem Käufer auf dem kürzesten Wege zugebracht werden.

Der Handel auf öffentlichen Wegen – städtischen oder Landstraßen – wird aus verkehrspolizeilichen Gründen gemäß § 366 Absatz 9 bezw. 10 des Reichs-Straf-Gesetz-Buchs verboten.

§ 6. Art des Viehtransports zu und von den Wochenmarktplätzen

Das Knebeln der Schweine, Kälber und Schafe ist nicht gestattet. Lebendes Geflügel jeder Art darf an den Flügeln oder an den Füßen nicht gefesselt werden. Das Heben und Tragen der Tiere an den Füßen oder an einem Flügel ist verboten. Lebendes Federvieh darf nur in luftigen und geräumigen Behältern, Körben pp. zu Markte gebracht werden, daß die Tiere nebeneinander Platz haben und bequem darin stehen können.

§ 7. Verkauf gewisser Wochenmarktsgegenstände nach Gewicht bezw. nach Stückzahl oder Gewicht unter Ausschließung aller Hohlmaße

Im Wochenmarktsverkehr darf der Verkauf von Fleisch, Fischen, Getreide, Hülsenfrüchten, Roggen, Mehl, Stroh, Heu nur nach Gewicht, der Verkauf von Gemüse jeder Art, Obst und sonstigen Lebensmitteln nur nach Stückzahl oder Gewicht unter Ausschließung aller Hohlmaße stattfinden. Diesen Verkäufern ist verboten, auf ihren Verkaufsstellen auf dem Wochenmarktplatze Gemäße mit sich zu führen. Ausgenommen sind hierbei Leinöl und Sämereien, welche nach Maß verkauft werden können.

§ 8. Normalgewicht des Sackes Kartoffeln

Von den auf den Wochenmärkten sackweise zum Verkauf gestellten Kartoffeln muß ein jeder Sack ein Normalgewicht von mindestens 50 kg = 1 Zentner oder 25 kg = 1/2 Zentner haben.

Frühkartoffeln können im Sommer in kleinen Partien von 12 1/2 kg = 1/4 Zentner verkauft werden.

§ 9. Normalgewicht der Butter in Stücken oder in Gefäßen

Butter, welche dem Käufer nicht direkt vorgewogen, darf entweder nur in Stücken zum Gewichte von 500 g, 250 g und 125 g, oder in Gefäßen mit einem Inhalt von mindestens 1 kg oder 1/2 kg feilgehalten und verkauft werden.

Alle nicht vollwiegenden Butterstücke werden von den Aufsichtsbeamten durch Zerschneiden kenntlich gemacht. Ranzige Butter darf nicht zum Verkauf gebracht werden.

§ 10. Verbot der Benutzung ein und derselben Waagen, Gemäße pp. beim Zuwiegen oder Zumessen sowohl trockener als auch fetter, feuchter oder fleischiger Genußmittel

Tomaten, Gurken, Bohnen und Aepfel im Wochenmarkt-Angebot

Tomaten, Gurken, Bohnen und Aepfel im Wochenmarkt-Angebot

Auf den Wochenmärkten dürfen trockene Nahrungs- und Genußmittel nicht auf derselben Waage, in demselben Gemäße oder mit demselben Gefäße gewogen, gemessen oder verabfolgt werden, welche zum Wiegen, Messen oder Verabreichen fetter, feuchter oder fleischiger Nahrungs- oder Genußmittel Verwendung finden.

Der Gebrauch anderer als gehörig geaichter und gestempelter Maße und Gewichte wird nach § 369 Nr. 2 des Strafgesetzbuches für das deutsche Reich geahndet und soweit dieser Paragraph nicht Platz greift, findet § 15 dieser Polizei-Verordnung Anwendung.

§ 11. Verbot des ungehörigen und anstößigen Benehmens der Verkäufer und Käufer

Der Einkauf von Waren auf den Wochenmärkten steht einem Jeden mit gleichem Rechte zu.

Handelsleute, Höker und andere Personen, welche Käufer von der Verkaufsstelle bezw. ihrem innehabenden Platze auf den Wochenmärkten zurückdrängen oder durch ungehöriges Benehmen vom Einkaufe ihrer Bedürfnisse abhalten oder daran stören, sind strafbar.

Den Zwischenhändlern und Wiederverkäufern ist es untersagt, die Wagen der Landleute, Produzenten und Verkäufer dergestalt zu umstellen und zu besetzen, daß hierdurch das übrige den Markt besuchende Publikum verhindert wird, sich den Wagen zu nähern und seine Einkäufe zu machen.

Käufer wie Verkäufer haben sich so zu verhalten, daß der Anstand nicht verletzt wird und die öffentliche Ruhe nicht gestört wird.

Auch darf niemand einem die in den Händen gehaltenen Waren entreißen, oder denselben durch Zurückdrängen oder auf andere Weise von dem beabsichtigten Kauf und Handel abhalten oder darin stören. Hat jemand Gegenstände des Wochenmarktverkehrs behandelt, ist aber hinsichtlich des Preises mit dem Verkäufer nicht einig geworden, so darf er nicht vor den behandelten Gegenständen stehen bleiben, oder diese gar an sich nehmen, muß vielmehr soweit bei Seite treten, daß sie auch anderen Kauflustigen zugänglich sind und darf diese nicht durch Redensarten, die besagen sollten, daß er bezüglich des Ankaufs mit dem Verkäufer noch unterhandelt, von den Verkaufs-Gegenständen fern zu halten suchen.

Das Herausnehmen des zu Markt gebrachten Viehes aus Körben oder aus anderen Behältnissen seitens der Käufer ist untersagt, dieselben haben vielmehr abzuwarten, bis ihnen das Gewünschte vom Verkäufer zugereicht wird. Ingleichen haben die Verkäufer von solchen Nahrungs- und Genußmitteln, die zum Verzehren fertig sind, die Waren den Käufern selbst zuzuteilen und dürfen nicht dulden, daß letztere die zu kaufenden Waren betasten und aussuchen.

Das aufdringliche oder laute Anrufen und Einladen des Publikums seitens der Verkäufer oder ihrer Angestellten bezw. Handelstreibenden durch Worte und Zeichen ist verboten. Gewerbsmäßige Aufkäufer, welche sonstige Käufer auf dem Wochenmarkt zurückdrängen oder durch falsche Vorspiegelungen von dem Einkaufe ihrer Bedürfnisse abzuhalten suchen, werden sofort von dem Markte verwiesen und nach Bewandtnis der Umstände zur Strafe gezogen.

§ 12. Beschaffenheit pp. der zum menschlichen Genuß dienenden Nahrungsmittel

Sämtliche zum menschlichen Genuß dienenden Nahrungsmittel (Eßwaren und Getränke) müssen in vollständig sauberem und untadelhaften, die Gesundheit in keiner Weise gefährdenden Zustande zu Markt gebracht werden. Wenn unreine, verfälschte, verdorbene oder sonstige der Gesundheit nachteilige Lebensmittel auf dem Markte vorgefunden werden, so hat der Verkäufer außer der Bestrafung die Wegnahme dieser Gegenstände zu gewärtigen. Bei der Untersuchung der Lebensmittel soll in zweifelhaften Fällen auf Verlangen der Verkäufer die Entscheidung durch Sachverständige nach Anordnung der Polizeiverwaltung erfolgen. Die für den menschlichen Genuß bestimmten Marktgegenstände sollen nur in Buden oder auf Bänken, Tischen oder ähnlichen tragbaren Unterlagen, nicht aber durch dazwischen gelegte Decken, Säcke, Laken oder dergl. Unterlagen vom Boden getrennt oder auf der Erde zum Verkauf ausgelegt werden.

Das Schlachten und Rupfen von Federvieh sowie das Abhäuten von Hasen und Kaninchen auf dem Marktplatze ist verboten. Geschlachtetes Geflügel darf nur in gerupftem Zustande feilgeboten werden.

Alle Fleisch-, Fisch- und Backwaren, welche innerhalb des Stadtbezirks auf offenen Wagen oder sonstigen Transportmitteln transportiert werden, müssen mit einer sauberen, weißen Verdeckung versehen sein. Werden kleinere Fleischteile transportiert, wie dies z. B. beim Austragen an die Kunden geschieht, so muß das Fleisch vollständig weiß eingehüllt oder in Mulden in der gleichen Art verdeckt getragen werden.

Butter und Käse dürfen nur in dichten jedes Eindringen von Staub oder sonstigen Unreinlichkeiten verhindernden Gefäßen, welche mit einem reingehaltenen, weißen Tuch überdeckt sein müssen, feilgehalten werden. Die Butter muß reine Naturbutter sein und darf keinerlei andere Beimengungen als Wasser und Kochsalz enthalten; letzteres darf nicht mehr als 3 % betragen. Maßgebend für den Verkehr mit Margarine sind lediglich die Bestimmungen des Reichsgesetzes, betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmittel vom 15. Juni 1897 (R.-G.-Bl. S. 475) und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen (Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 4. Juli 1897 R.-G.Bl. S. 591).

Diejenigen Käufer, welche den Geschmack der Butter probieren wollen, haben sich zur Entnahme kleiner Proben eines sauberen Messers zu bedienen und sind die Verkäufer verpflichtet, darauf zu halten, daß die Entnahme von Proben nur in dieser Weise erfolgt. Das Bekratzen der Butter mit den Fingern ist streng verboten.

Den Polizeibeamten muß auf Verlangen jede Auskunft über Menge und erzielten Preis der Ware erteilt werden.

Nahrungs- und Genußmittel aller Art einschließlich Fisch, Wild und Geflügel, welche feilgeboten werden, müssen auf Gestellen, Tischen, Unterlagen usw. von mindestens 0,75m Höhe gelegt oder so aufgehängt werden, daß die tiefsten Teile mindestens 0,75m vom Boden entfernt bleiben.

Alles für den Garten

Alles für den Garten

Das Ausstellen, Aushängen und Befördern von Waren hat so zu geschehen, daß flüssige Abgänge nicht auf den Erdboden gelangen, auch müssen die zum Aufstellen und Befördern verwendeten Unterlagen, Körbe, Kisten, Gestelle, Mulden, Fuhrwerke und andere Behältnisse in sauberem Zustande erhalten werden.

Es ist verboten, in Verkaufsstellen und Lagerräumen, in welchen Nahrungs- und Genußmittel offen ausgestellt sind, Hunde mitzubringen. Der Verkäufer darf in solchen keinen Hund halten oder dulden.

Wer solche Nahrungs- und Genußmittel, welche nicht völlig trocken sind, oder eine nur teilweise feuchte oder fette oder überzuckerte Oberfläche besitzen, feilhält, darf bei ihrer Verpackung in Papier nur reines, unbeschmutztes, zu keinem Zwecke vorher gebrauchtes Papier verwenden.

Verboten ist insbesondere die Verwendung beschriebenen Papiers (Schreibhefte) oder von Druckschriften (z. B. von Zeitungen). Für die Befolgung dieser letzten Vorschriften ist sowohl der Verkäufer als auch dessen Angehörige, Gehilfen oder sonstige Beauftragte verantwortlich.

§ 13. Verpflichtung zur Befolgung der Anordnungen der Marktpolizeibeamten

Den Anordnungen der Polizeibeamten zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung auf den Wochenmarktplätzen ist unverzüglich Folge zu leisten.

Das Auffahren der Wagen, Aufstellung der Verkäufer und die Anweisung der Verkaufsfläche regeln die Gendarmerie-Wachtmeister bezw. Polizeibeamten und die Aufseher, deren Weisungen unbedingt Folge geleistet werden muß. Personen, welche sich den getroffenen Anordnungen widersetzen, können sofort vom Platze verwiesen werden.

Das Auffahren der Wagen und Aufstellen beim Verkauf seitens der auswärtigen Marktbesucher geschieht nach der Zeit und Reihenfolge des Erscheinens auf den Marktplätzen, und zwar in Reihen nach Anweisung der Polizeibeamten. Zwischen jeder Wagenreihe bleibt freier Raum zur Durchfahrt.

§ 14. Jahrmärkte

Die Bestimmungen in §§ 1 bis einschl. 13 finden auf die in hiesiger Stadt abzuhaltenden Jahrmärkte mit der Maßgabe Anwendung, daß die im § 1 unter III aufgezählten Warengattungen mit Ausnahme der weiblichen Handarbeiten einschließlich Putzwaren, Sattler- und Tischlerwaren auch von auswärtigen Gewerbetreibenden feilgeboten werden dürfen. Das sonst in § 14 „Jahrmärkte“ Gesagte gilt auch für die Wochenmärkte.

Das Belegen der Plätze darf erst an dem Jahrmarktstage vorhergehenden Tage und zwar von 4 Uhr nachmittags ab erfolgen. Die Zugänge zu den Häusern und Läden dürfen nicht versperrt, insbesondere dürfen Wagen auf der Straße vor öffentlichen Verkaufshäusern (Läden) nicht aufgestellt werden. Die Belegung bezw. das Befahren der Bürgersteige mit Wagen, Buden, Waren pp. ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Ortspolizeibehörde zulässig. Pferde dürfen nur auf dem Pferdemarktplatze feilgeboten werden. Auf den Jahrmärkten dürfen außer den im § 1 dieser Verordnung genannten Waren Verkaufsgegenstände aller Art feilgeboten werden.

Jede Marktbude oder Verkaufsstelle ist mit einem Schild, welches den Namen und Heimatort des Inhabers in deutlicher Schrift zeigt, zu versehen.

Zum Spielen in Wirtschaften seitens umherziehender Orgelspieler und Musikanten ist sowohl an Markt- als auch an anderen Tagen die ausdrückliche Erlaubnis der Polizei-Behörde erforderlich. Im Uebertretungsfalle wird der Wirt wie auch der Spieler bestraft.

Die Bestimmungen des § 12 dieser Polizei-Verordnung greifen auch bei dem Handel mit Nahrungsmitteln außerhalb des Marktverkehrs Platz.

Der Jahrmarktsverkehr findet auf den bisher üblichen Plätzen mit der Maßgabe statt, daß die auf dem alten Markte zu erbauenden Buden dergestalt in Reihen aufgestellt werden, daß der Eingang zu den Reihen vor der nach der Posener Straße führenden Hauptstraße aus stattfinden kann. Die Eckbuden dürfen daher nicht mit der Front nach dieser Straße stehen.

Leere Wagen dürfen auf dem Alten Markte nicht stehen bleiben, können aber innerhalb der Stadt auf den Viehmarktplätzen und der Hinterstraße, bei großem Andrang auch in der Posener Straße aufgestellt werden, in der letzteren jedoch nur dergestalt, daß die Hauseingänge, Ladentüren und Schaufenster nicht verstellt bezw. nicht verdeckt werden.

Das Jahrmarktsstandgeld wird von Einheimischen und Fremden nach dem bestehenden Tarif gleichmäßig entrichtet.

Den hiesigen Gewerbetreibenden kommen die ersten Plätze zu.

Niemand darf sich eigenmächtig einen anderen Stand oder Platz zum Verkauf oder dergleichen wählen, jeder Verkäufer ist vielmehr verbunden, den ihm angewiesenen Platz einzunehmen.

Das Verkaufen im Umherziehen zwischen den Marktreihen pp. auf den zur Abhaltung der Märkte dienenden Plätzen und Straßen ist untersagt, es hat ein jeder vielmehr seine Verkaufsartikel nur auf der ihm angewiesenen Verkaufsstelle feilzubieten.

Die Pferde und auch das Rindvieh müssen in Reihen aufgestellt und von den Führern dergestalt überwacht werden, daß jede Beschädigungen von Personen und fremden Eigentum vermieden wird.

Das Straßenpflaster ist zur Passage für das Publikum frei zu lassen.

Eine Auswahl an "High Heels"

Eine Auswahl an „High Heels“

Mehr als drei Pferde dürfen beim Transport nicht zusammen gekoppelt sein. Bissige oder schlagende Pferde sind mit Maulkörben oder Schlagtauen zu versehen. Bullen sind stets einzeln und mit den nötigen Schutzvorrichtungen versehen durch die Stadt ohne Aufenthalt nach dem Viehmarkt zu treiben. In gleicher Weise hat der Transport von sonstigem Vieh zu erfolgen, wenn dasselbe bösartig oder aufgeregt ist.

Rindvieh muß bei einem oder zwei Stück mindestens von einem erwachsenen Treiber begleitet werden.

Mastschweine und Ferkel dürfen nur auf Wagen befördert werden. Kinder dürfen zum Viehtreiben nicht verwendet werden.

Während der Jahr- und Wochenmärkte darf über die den Verkehrsplatz durchschneidenden Straßen sowie auf den Marktplätzen selbst nur im Schritt gefahren werden. Auf Zuruf ist dem Wagen und geführten Vieh auszuweichen.

§ 15. Straf- und Schlußbestimmungen

Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Polizei-Verordnung ziehen, soweit die Strafbestimmungen des Strafgesetzbuchs, des § 149 Nr. 6 der Reichsgewerbeordnung oder sonstiger Gesetze Anwendung finden, die dort vorgesehenen Strafen, in den anderen Fällen aber Geldstrafe bis zu 30 Mark und im Unvermögensfalle verhältnismäßige Haft nach sich.

Diese Polizei-Verordnung tritt mit dem Tage der Veröffentlichung in Kraft.

Mit demselben Zeitpunkte ist die Markt-Verordnung vom 4. November 1879 aufgehoben.

Neutomischel, den 10. Mai 1907. – Die Polizei-Verwaltung – Franke

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Auf den Bericht vom 21. September d. Jr. – 3612/08 – genehmige ich nunmehr den Erlaß der Polizei-Verordnung, betreffend die Regelung des Wochen- und Jahrmarktverkehrs in der dortigen Stadt.

Posen, den 14. Oktober 1908 – Der Königliche Regierungs-Präsident – I. V.: gez. Klotzsch – I.-Nr. 2280/08 I. G.

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Vorstehende Polizei-Verordnung, betreffend die Regelung des Wochen- und Jahrmarktverkehr in der Stadt Neutomischel, wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht.

Neutomischel, den 24. Februar 1909 – Die Polizei-Verwaltung – Franke

Quellen soweit nicht direkt im Text oder in den Bildbeschreibungen genannt: Großpolnische digitale Bibliothek Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra) – “Amtliches Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel” 1909-03-23 / Photos: Aufnahmen GT