
Rackwitz Marktplatz mit evgl. Kirche – Foto einer alten Aufnahme im Feuerwehr-Museum der Stadt, http://www.wmp-muzeum.psp.wlkp.pl/ – 2010
In dem Buch „Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen“ – Erscheinungsdatum 1898 – verfasst von Albert Werner, früherem Pastor in Tremessen und überarbeitet von Johannes Steffani, Diakonius an der St. Petrikirche zu Posen, welches von dem königlichen Consistorium der Provinz Posen herausgegeben wurde, wurde versucht in kurzer Übersicht die Einrichtung der evangelischen Gemeinden in ihren Anfängen darzustellen.
Die digitale Version dieses Buches findet sich unter Großpolnische Digitale Bibliothek .
(in Klammern wurden Anmerkungen eingefügt, die sich aus noch erhaltenen Aufzeichnungen verfilmt im Archiwum Panstowe, Poznan ergeben haben; kirchliche Aufzeichnungen der Stadt Rackwitz beginnen mit dem Jahr 1662 unter Prediger Christoph Eccard – Stand 2010 GT)
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Die Stiftung der Pfarre in Rakwitz, früher auch Polnisch Freystadt benannt, fällt mit der Gründung dieses Städtchens zusammen, welche kraft eines Freiheitsbriefes des Königs Johann Casimir auf dem Reichstage zu Warschau vom 24. Februar 1662 zur Erbauung einer Stadt für deutsche Einwohner durch das Privileg vom 17. Mai 1762 seitens des Kastellan von Posen Christoph Grzymultowski erfolgte. Gleichzeitig wurde die noch stehende Kirche erbaut. Die ersten Einwohner waren ausschließlich evangelisch-lutherische Deutsche. Sie wurden im Jahre 1708, in welchem auch eine Feuersbrunst einen großen Teil der Stadt vernichtete, von der Pest so schwer betroffen, dass von der ganzen Gemeinde nur fünf Familien übrig geblieben sein sollen. Die Gemeinde ergänzte sich durch Ankömmlinge aus Schlesien und Sachsen. Vor Bedrückung blieb sie verschont, nur musste sie ihr Dasein mehrmals durch bedeutende Geldsummen erkaufen. So zahlte sie für die Erneuerung ihres Privilegiums am 27. Mai 1729 an den Erbherrn Georg Felician von Sapieha 1.200 Mark, für Bestätigung des Pfarrers Vechner 100 Dukaten und für die des Pfarrers Krumbholtz 125 Dukaten an die Gutsherrschaft. Für Genehmigung des Umbaues der baufällig gewordenen Kirche mussten 1763 an das Posener katholische Konsistorium 200 Dukaten, an zwei zur Besichtigung des Umbaues gesandte bischöfliche Kommissarien 24 Dukaten und an die Erbfrau 100 Dukaten gezahlt werden. Bei diesem Umbau haben, wie es ausdrücklich in den Kirchenakten heißt: „Die katholischen Mitbürger fleißig und unentgeltlich geholfen“. Die Kirche wurde 1781 mit einem Turme versehen. Unter Zuzahlung von 1470 poln. Gulden wurde 1779 das alte Pfarrhaus gegen ein der Kirche näher belegenes Haus eingetauscht. 1877 wurde für 21.000 Mark ein neues Pfarrhaus erbaut.
Das Kirchspiel umfasste ursprünglich auch die Ortschaften der später entstandenen Parochien Hammer Boruy (s.d. 1777), Neutomischel (s.d. 1778), Grätz (s.d. 1776), Rostarschewo (s.d. 1785) und Jablone (s.d. 1848). Das Synodalschreiben d.d. Lissa, den 1. Dezember 1778 setzte den späteren Bestand fest. Jetzt besteht es aus der Stadt und dem Dorf Rakwitz, der Stadt Wielichowo und 26 Ortschaften, u.a. Rattay, Gloden, Podgradowitz, Guzdzyn, Guzdyn, Prochy mit zusammen 3.569 Seelen. In Wielichowo und Rattay finden Aussengottesdienste statt.
Die Pfarrer waren (Thomas „Altes u. Neues“ S. 81) :
- Christoph Eccard, aus Ramslau in Schlesien gebürtig, verwaltete das Pfarramt am 12. Feb 1662 – 10. Mai 1665 und gab es auf, weil ihm die Gemeinde seinen Lebensunterhalt zu gewähren nicht im Stande war.
(es findet sich: Kirchenbuch vom Jahr 1662 bis 1714 – angefangen von Christoph Eccard – ersten hiesigen Predigers, der aber wegen hochst widrigem Schicksals und wegen Mangel des nothdürftigen Lebensunterhaltes sein Amt verlaßen mußte. – ob diese Eintragung von Christoph Eccard selbst vorgenommen und später (1714 wäre Pfarrer Kirstein im Amt gewesen) nur ergänzt wurde, ist nicht vermerkt und erscheint nach den Handschriften eher unwahrscheinlich. Unbestätigt aber wahrscheinlicher ist ihm der zum Teil unleserliche ca. aus dem Jahr 1665 stammende Eintrag: Taufbuch – darinnen aufgezeichnet … die Kinder Christlicher Leute in der Kirchen … Freystadt in … Polen getaufet worden! Von dem Jahr Christi MDCLXII den 12. Feb. biß zum MDCLXV den 10 Maij meines geführten Predigeramtes haben die & Taufe ? empfangen. Was das widrige Schicksal gewesen sein mag, war nicht zu ermitteln)
- Gideon Bretag, vorher Kantor hierselbst, 1665-69 (1765 ist Frau Elisabeth Bretagin – Pfarrfrau als Taufpatin am 08 Juli genannt)
- Tobias Büttner, aus Hirschberg, trat sein Amt 1669 an und ging 1672 nach Wollstein (s.d.)
- Gottfried Unger, 1672 berufen, ging 1684 nach Wollstein (s.d.)
- Samuel Reich, aus Freistadt in Schlesien, war Rektor in Schlichtingsheim, 1684 hierher berufen, starb 1696
- Daniel John, aus Rawitsch gebürtig, wurde Rektor daselbst, 1696 als Pfarrer hierher berufen, wurde 1703 durch Unvorsichtigkeit eines Schützenbürgers Namens Schwarz erschossen
- Christian Peuker, aus Fraustadt, 1703 hierher berufen, starb am 15. November 1709, 28 Jahre als, an der Pest.
- Christian Gottlob Kirstein, aus Dietrichsbach in der Oberlausitz, trat 1710 sein Amt an, starb 1735.
- Samuel Steigemann, kam 1735 aus Weißensee (s.d.) hierher und ging 1742 nach Waschke (s.d.)
- Johann Georg Vechner, aus Lüben in Schlesien gebürtig, Kantor in Brätz, 1742 hier berufen, starb 1752.
- Johann Christian Krumbholtz, geb. 1720 in Weida in Voigtlande, Sohn des dortigen Archidiakonus Johann Friedrich Krumbholz, studierte zuerst Rechtswissenschaft, dann Theologie, 1743 von dem Erbherrn auf Bauchwitz, Alexander von Unruh, als Hofmeister berufen, erlernte hier die polnische Sprache, wurde 1748 Diakonus und Rektor in Karge (s.d.), erhielt 1752 den Ruf ins hiesige Pastorat. Seine am 16. Mai 1762 gehaltene Jubelpredigt zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Gemeinde erschien in Züllichau im Druck; sie enthält schätzbare Notizen zur Geschichte von Rakwitz. Er ging 1765 nach Bojanowo (s.d), wo er 1789 starb.
- Martin Kuciewski oder Kutschewski, aus Preußen gebürtig, 1764 Diakonus in Karge (s.d), 1766 hierher berufen, folgte 1778 einem Rufe nach Korzec, wo er 1786 starb
- Johann Georg Reder, 1746 nach Rakwitz geboren wurde, nachdem er 1775 zweiter Prediger in Schmiegel (s.d.) und 1777 Pfarrer in Bnin (s.d.) geworden war, 1778 hierher berufen, trat alsbald eine fast zweijährige Reise durch Deutschland und Holland an, um im Auftrage der Unität eine Kollekte einzusammeln. Inzwischen vertraten ihn die General-Substituten Ismer und Kochlovius. Er legt 1792 sein Amt freiwillig nieder und starb am 30. August 1827 bei seinem Sohne zu Senkowo bei Bythin, 81 Jahre alt.
- Boguslaw Christian Nickisch, geb. 1761 zu Wollstein, Sohn des dortigen Seniors Gottfried Nikisch, wurde 1787 Pfarrer zu Weißensee (s.d), doch schon im folgenden Jahre an seines Vaters Stelle nach Wollstein (s.d.) berufen. Er gab das Pfarramt 1789 auf und wurde 1790 Referendarius und Sekretär bei der Königlichen Kriegs- und Domänenkammer in Glogau. Nach der Amtsentsagung des Pfarrers Reder bewarb er sich um die hiesige Pfarrstelle, trat mit Bewilligung des Fraustädter Konsistoriums in den geistlichen Stand zurück und wurde 1792 hierher berufen. Er starb am 22. Juli 1806.
- Andreas Ehregott Kliche, geb. 1772 zu Birnbaum, wurde 1793 Kantor, 1801 Rektor und Hilfsprediger in Birnbaum und 1807 Pfarrer hierselbst, erhielt 1843 zum fünfzigjähren Jubiläum den Rothen Adler-Order. Er starb am 9. November 1847.
- Karl Friedrich Überfeld, geb. 1816 zu Lissa, 1848 Pfarrer, starb am 15. April 1857.
- Carl Constantin Ewald Bürger, aus Hirtendorf in Schlesien, trat 1858 ins hiesige Pfarramt und starb am 1. April 1887, 66 Jahre alt.
- Friedrich Witte, 1887 Hilfsprediger in Wollstein, wurde 1888 Pfarrer