
1903 erstrahlte in Neutomischel erstmalig die Gasbeleuchtung in den Straßen – Bild: Postkartenausschnitte
1814 in London wurde das Verfahren der Gasgewinnung aus Steinkohle erfunden und die erste Gaslicht Straßenbeleuchtung eingerichtet,
1817 folgte Paris mit der Beleuchtung seiner Straßen
1818 Brüssel und Wien
1825 Hamburg
1826 Berlin
1827 Dresden
1846 Nürnberg
1848 Augsburg
1854 Lübeck
1903 erstrahlten auch in Neutomischel erstmals die Kandelaber
Das Kreisblatt Neutomischel berichtete über dieses Ereignis am 18. September 1903:
„Am vergangenen Dienstag (15.09.1903) abend erstrahlte Neutomischel zum ersten Male im Glanze der neuen Gasbeleuchtung.
In den Abendstunden nahm die Stadtkapelle auf dem alten Markt, welcher sich ganz besonders vorteilhaft während der Beleuchtung ausnahm, Aufstellung, um dem bedeutungsvollen Tage durch Vortrag einiger Musikstücke eine besondere Weihe zu geben.
Alt und Jung waren auf den Beinen, um in den hellerleuchteten Straßen eine Abendpromenade zu machen. Auch das neuerrichtete Gaswerk hatte sich mancher auf seinem Gange als Ziel erwählt.
Dieser oberflächlichen Besichtigung seitens der Einwohnerschaft ging im Laufe des genannten Tages eine Abnahme des Gaswerkes durch eine dazu berufene Kommission voraus. Zu derselben gehörten:
1. Herr Bürgermeister Witte,
2. Herr Stadtverordneter Paech, als Vertreter der Stadtgemeinde
3. Herr Ingenieur Zacker
4. Herr Bauführer Pieper, für die Firma Carl Franke-Bremen,
5. Herr Gasanstalts-Inspektor Dürrast-Fraustadt, als von der Stadt geladener Sachverständiger,
6. Herr Gasmeister Mahn
Die gesamten Betriebseinrichtungen wurden einer eingehenden Besichtigung unterzogen und die Ausführung der sämtlichen Apparate und Anlagen mit den Kostenanschlägen und Erläuterungs-Berichten übereinstimmend gefunden. Einige noch nicht vollständig beendete Arbeiten werden bis zur offiziellen Uebernahme, die in einigen Wochen erfolgen wird, fertiggestellt sein.
Im Anschluß an die allgemeine Besichtigung wurde das gesamte Straßen-Rohrnetz einer einstündigen Druckprobe unterzogen. Begonnen wurde dieselbe um 11 Uhr vormittags und bei ihrer Beendigung um 12 Uhr mittags stellte sich ein Gasverlust von 65 Litern bei einer Rohrnetzlänge von 6.000 m, das sind 13 Ltr. p. Kilom., heraus. Da gute Leitungen durchschnittlich pro Stunde und Kilometer nicht mehr als 150 Ltr. Verlust haben sollen, darf das erzielte Resultat als ein besonders gutes bezeichnet werden, zumal nach den mit der Baufirma getroffenen Vereinbarungen 80 Ltr. pro Kilom. und Stunde gestattet waren. Es muß daher der Firma Carl Franke-Bremen volle Zufriedenheit für die sorgfältige Ausführung ausgesprochen werden. Die Gesamtanlage des neuen Gaswerkes ist vollständig fachgemäß und allen Regeln der Neuzeit entsprechend ausgeführt und kann auch hierin der genannten Firma nur Anerkennung gezollt werden.
Das vollendete Werk kann somit, wie aus vorstehendem zur Genüge erkennbar ist, als ein wohlgelungenes bezeichnet werden und ist unstreitig ein bedeutsamer Fortschritt in der kulturellen Entwickelung unseres Städtchens, ein ehrendes Denkmal für alle Zeiten für diejenigen, deren unermüdlichem Streben wir hauptsächlich seine Entstehung (die des Gaswerks und der Beleuchtung) verdanken.
Die rege Beteiligung durch Anschlüsse von Seiten der Bürgerschaft lassen auf eine Speisung von ca. 800 Flammen und ca. 150 Kochern sowie 3 Motoren durch das Gaswerk schließen, sodaß auch die Rentabilität des Werkes gesichert ist, wenn nur 60 % der angeschlossenen Flammen 2 Stunden täglich brennen.
Möge die Anlage dem lebenden und kommenden Geschlechtern zum Segen dienen !“
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