Vor 111 Jahren – Einweihung des ehemaligen evangelischen Pfarrhauses zu Kirchplatz Boruy / 1904

Früher und Heute - Bild: Zusammenstellung Postkartenausschnitt und Foto PM

Früher und Heute – Bild: Zusammenstellung Postkartenausschnitt und Foto PM

1904 schrieb Pastor Wilhelm Bochat in der Kirchenchronik von Boruy: „Das alte Pfarrhaus, ein Fachwerkbau, welches über 150 Jahre den hiesigen Pfarrern als Heim gedient und bedeutende Reparaturkosten verschlungen hatte, mußte allmählig dem Neubau Platz machen, weil viele Bestandteile desselben so morsch geworden waren, daß es gefährlich war, darin zu wohnen.“

Ein Beispiel zu den erwähnten bedeutenden Reparaturkosten ist eine kurze Notiz aus der Anfangszeit des 7ten Pfarrers in Boruy Wilhelm Bochat. Er hatte sein Amt im April 1885 nach einer Vakanz, welche durch das Ausscheiden seines Vorgänger Pastor Johann Ernst Schulze im September 1883 eingetreten war, aufgenommen. Er schrieb: Während der Vakanz war das Pfarrhaus wenig gelüftet worden, und hatte der Schwamm infolge dessen die meisten Dielen zerfressen und auch anderes Holzwerk morsch gemacht, so daß im Jahre 1887 ein umfangreicher Reparaturbau des Pfarrhauses notwendig war, der 1.455 Mark gekostet hat, wovon der Fiscus als Patron 970 Mark gezahlt hat und 272 Mark mußte die Gemeinde für die Hand- und Spanndienst aufbringen.“

Weiter ist dann in dem Eintrag des Jahres 1904 zu lesen:

* * *

Der Kirchplatz in Boruy, links im Vordergrund die ehemalige Schule, im Hintergrund das ehemalige Pfarrhaus - Bild aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

Der Kirchplatz in Boruy, links im Vordergrund die ehemalige Schule, im Hintergrund das ehemalige Pfarrhaus – Bild aus der Sammlung des Wojtek Szkudlarski

„Freilich die Mehrheit der Parochianer glaubte nicht daran, und meinte, das alte Pfarrhaus könne noch 50 Jahre seinem Zwecke dienen. Beim Abbruch desselben, wobei zwei Arbeiter durch die Dielen der Studierstube gebrochen waren, ohne sich Schaden zuzufügen, erhärtete das Resolut der Regierung, daß ein Neubau dringend notwendig sei. Der Käufer des alten Pfarrhauses, welcher 1.850 Mark für selbiges gegeben hatte, glaubte vor dem Abbruch ein gutes Geschäft gemacht zu haben und alle Teile desselben zum Bau seines Hauses in Neu Borui verwenden zu können. Nun stellte der betrübte Käufer, Eigentümer Gottlieb Deutschmann zu Neu Borui den Antrag beim G. K. R., ihm einen Teil des Kaufgeldes herauszugeben, und begründete seinen Antrag mit dem Hinweis, daß sehr viele Balken wurmstichig seien und nur wenige Fundamentsteine sowie Ziegelsteine vorgefunden wären. Leider wurde sein Antrag abgewiesen.

Bald nach Vollendung des Turmbaues begannen die Verhandlungen der Gemeindeorgane mit den der vorgesetzten Behörden. Jene lehnten das Project „Reparaturbau des alten Hauses mit einem Anbau“ ab, und nachdem die Regierung sich überzeugt hatte, daß sämtliches Geld für Reparaturen des alten baufälligen Hauses nur fortgeworfenes sei und der Anbau unpraktisch sei, so nötigten sie durch ein Resolut die Gemeindevertretung, welche nur eine winzige Reparatur wollte, zum Neubau des Pfarrhauses und die vereinigten Gemeindekörperschaften bewilligten den Neubau desselben nach den vorgelegten Plänen der Regierung sowie die auf die Gemeinde entstehenden Kosten im Betrage von 9.900 Mark am 8. December 1903.

Heute findet sich im  Gebäude das kath. Pfarramt von Boruja Kościelna mit Probst Krystjan Grabijas - Foto: PM

Heute findet sich im Gebäude das kath. Pfarramt von Boruja Kościelna mit Probst Krystjan Grabijas – Foto: PM

Die Gesamtkosten waren berechnet mit 21.300 M. Inzwischen waren vom Oberkirchenrat 2.500 M., von der Provinzialsynode 600 M. und als Allerhöchstes Gnadengeschenk 600 Mark bewilligt, und 6.000 Mark aus der Kreissparkasse zu Neutomischel mit 4 % Zinsen und 1 % zur Tilgung des Kapitals geliehen worden.

Nachdem der Bau ausgeschrieben war und der Baumeister Link zu Rakwitz mit seinem Gebot von 19.307,01 M. Mindestfordernder geworden war, wurde Mitte März 1903 das Fundament gelegt in dem kleinen Baumgarten vor den Wirtschaftsgebäuden gegenüber der Kirche mit einer feierlichen Handlung in Form eines kurzen Gebetes.

Das alte Pfarrhaus stand früher dem Kantorhause gegenüber hinter den stehen gebliebenen Linden.

Am 10. Mai 1904 wurde das Richtfest gefeiert. Da der Zimmerpolier der Rede nicht kundig war, ließ er vier Musikanten kommen, welche gerade im Dorfe waren. Letztere spielten nun von oben herab „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ und zwei muntere Stücke. Der Rohbau wurde bis Mitte October verblendet.

Im Winter von 1903 bis 1904 wurden sämtliche Zimmer tapeziert und die Dielen gestrichen.

Am 20. April 1904 erfolgte der Auszug aus dem alten und der Einzug in das neue schöne und practisch erbaute Pfarrhaus, welches am 30. Juni 1904 durch ein Gustav-Adolfsfest eingeweiht wurde.

Vor dem Pfarrhause wurde ein Schmuckgarten angelegt und durch einen Staketenzaun nach der vorbeiführenden Straße zu geschützt. Der hiergegen von Seiten einiger Mitglieder unserer Dorfgemeinden erhobene Einspruch wurde von Seiten des Kreisausschusse abgewiesen weil Grund und Boden vor dem Pfarrhause ebenfalls der Kirchen- und nicht der politischen Gemeinde gehört.“

 * * *

Quelle:

Kirchenchronik der evangelischen Kirche zu Hammer Boruy – teil- und auszugsweise Veröffentlichung/-en mit der Erlaubnis des Probstes von Boruja Kościelna – Krystjan Grabijas – Parochie des St. Wojciech (Heiliger Adalbert)