Zeitungsmitteilung 1913 bzgl. der Bauvergabe für das Wasserwerk; und ein kritischer Leserbrief hinsichtlich der Unterrichtung der Bürger zu diesem Projekt

Wasserturm - Bild: Halina Patalas

„Kreisblatt für den Kreis Neutomischel zugleich Neutomischeler Hopfenzeitung“ vom 24. Juni 1913

Der Bau des hiesigen städtischen Wasserwerkes ist an die Firma Carl Francke, Bremen, für den Preis von 122.000 Mark vergeben worden. Mit den Arbeiten wird Anfang Juli begonnen. Das Werk soll bis 1. Dezember betriebsfertig hergestellt sein.

Die Zweigleitungen vom Hauptrohr bis zur Grundstücksgrenze werden seitens der Stadt gelegt.

Die Hausinstallation, die bis zum 1. November bereits fertig sein soll und zur der Bleirohre nicht verwendet werden dürfen, liegt den Hausbesitzern ob.

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In selbiger Zeitung findet sich dann ebenfalls der Abdruck nachfolgenden kritischen Leserbriefes bzgl. der zu späten und verzögerten, und wohl auch nicht ausführlichen Information und Unterrichtung seitens des Magistrats gegenüber den, nach Fertigstellung des Bauvorhabens zur Wassergeldzahlung verpflichteten Eigentümern der Stadt. (sh. auch http://oledry.pl/de/polizeiverordnung-uber-den-anschluss-an-die-stadtische-wasserleitung-19131914/)

Der Leserbrief wurde unter dem Titel Eingesandt – Ein offenes Wort! veröffentlicht, wobei der Einsender nicht namentlich genannt wurde:

Die Tagesordnung zur letzten Stadtverordnetensitzung, die am Freitag, den 20. Juni stattfand, wurde in der am selben Tag erscheinenden Ausgabe des Kreisblattes erst zur Kenntnis der Bürgerschaft gebracht. Das Blatt erscheint gewöhnlich um 5 Uhr, während die Sitzung auf 4 1/4 Uhr angesetzt war. Als erster Punkt war der Bau der Wasserleitung zur Beratung gestellt. Bei der hohen Wichtigkeit dieser Anlage für unsere Stadt würde vielleicht mancher Bürger die Gelegenheit wahrgenommen haben, persönlich dem Gang der Verhandlungen beizuwohnen, wenn er nur rechtzeitig von der Tagung des Stadtparlaments in Kenntnis gesetzt worden wäre. Es ist jedenfalls sehr wünschenswert, dass der Herr Bürgermeister und die Herren Stadtverordneten dafür Sorge tragen, dass in Zukunft die Tagesordnungen der Sitzungen drei Tage vorher bekannt gegeben werden. Auch die Stunde der Sitzung könnte man auf abends 8 Uhr verlegen, denn dann haben unsere Geschäftsleute eher Zeit den Verhandlungen, die doch mehr oder weniger tief in das städtische Wohl und Wehe einschneiden, beizuwohnen und sich von ihrem Gang zu überzeugen. In unserer jetzigen Zeit, in der alle Lebensmittelpreise eine nie zuvor gekannte Höhe erreichten und wir auch sonst genügend Lasten zu tragen haben, ist es nicht allein des Bürgers gutes Recht, sondern der Selbsterhaltungstrieb macht es ihm zur Pflicht, sich über alle öffentlichen Vorkommnisse auf dem Laufenden zu erhalten. Hier würde der neu gegründete Bürgerverein ein fruchtbares Feld finden, wenn er seine Mitglieder zum Besuch der Stadtverordneten-Versammlungen anspornen würde, eine Maßnahme, die nicht etwa gegen das städtische Kollegium gerichtet sein soll, wie dies vielleicht den Anschein haben könnte, nein, im Gegenteil würde zuweilen anders gearteten Meinungen der Boden entzogen, wenn sich die Bürger persönlich vom Stand, der Dinge überführten. Auch die Berichte, die über die jeweiligen Stadtverordneten-Sitzungen im hiesigen Kreisblatt erscheinen , lassen manchmal lange auf sich warten und sind oft in lakonischer Kürze gehalten; hier möge doch die Redaktion dafür sorgen, dass etwas ausführlicher berichtet wird, denn nicht alle Leser haben zum Besuch der Versammlungen jedesmal die nötige Zeit.

Schreiber dieser Zeilen hat auf Wunsch mehrere seiner Mitbürger hier in offenen schlichten Worten seine Ansichten der Öffentlichkeit unterbreitet in der Hoffnung, dass sie befruchtend wirken mögen.

e.