Schlechte Erträge mit dem Handel der Hopfenernte des Jahres 1870 – die Hopfenhändler Friedlaender

links oben: Hopfenverladung in Neu Tomysl links unten: Hopfenmarkt in Nürnberg rechts: Angebot des H. Friedlaender aus dem Jahr 1870

links oben: Hopfenverladung in Neu Tomysl
links unten: Hopfenmarkt in Nürnberg
rechts: Angebot des H. Friedlaender aus dem Jahr 1870

Dieser Artikel gibt einen kleinen Einblick zum Hopfenhandel des Jahres 1870. Die Qualität war unbefriedigend, ob es die erwähnten schlechten Wetterverhältnisse oder die Ausbeutung des Bodens gewesen waren, die dazu geführt hatten, ist heute, 145 Jahre später, nicht mehr zu sagen. Letzlich war aber noch 1 1/2- 2 Jahre nach der Ernte Hopfen aus dem Jahr 1870 zu beziehen.

Einen besonderen Einblick liefert ein Angebot des Hopfenhändlers Friedlaender an die Fa. Rosenfeld & Comp. in Nürnberg. Er versandte dieses per Faltbrief am 23. November 1870 aus Neutomischel. Den Abstempelungen des Briefes folgend lag dieses bereits am Folgetag, dem 24. November 1870 beim Empfänger vor.

Der Original Angebotsbrief wird im Maennel Archiv verwahrt und wurde uns in Kopie für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Hier nochmalsVielen Dank !

* * *

Im Jahr 1870 erzielte der Verkauf des Hopfens keine die Anbauer befriedigenden Preise. Bei Interpretation einer Veröffentlichung vom 16. Januar 1872 in der es hieß:

„Bei wenig Vorräthen ruhiger Geschäftsgang. Prima werden immer noch mit 72-75 Thlr. bezahlt, sind aber nur selten anzutreffen. Für 70er wenig Nachfrage, man kauft solche für 10-12 Thlr., in bester Qualität zu 14-15 Thlr.“ (1)

muss die Ernte des Jahres in der Qualität weit hinter der des Folgejahres 1871 zurückgelegen haben. Die Ware wurde nicht verkauft und war letztlich noch Mitte des Jahre 1872 zu haben.

Bestätigt findet sich dieses auch in einem Angebot, welches der Hopfenhändler H. Friedlaender an die Fa. Rosenfeld & Comp., Nürnberg versandte:

Herrn Rosenfeld & Comp. Nürnberg
Neutomysl den 23 Novber 70
Seit meinem Jüngsten ist es hier noch immer
sehr flau im Geschäft, & daher jetzt sehr gut anzukommen
da nur hier Export von Rothbarth Comp., Strauss, Ullmann
gekauft wird. Ersterer kauft ziemliche von 8 bis 9 cm.
Letztere kaufen gelbliche von 5 bis 6 cm. Man kann gelbe
schwere Qualität von 4 bis 5 cm & gewönliche Mittel
von 7 bis 8 cm, z Preise von 11 bis 12 (Taler) ankommen zu
kauft. Hoffentlich werden Ihnen diese Preise
Gelegenheit geben mir einen Auftrag zu ertheilen
& können Sie versichert sein, daß selben alsdenn
bestens ausführen werden. In der angenehmen
Erwartung zeichnet

Mit aller Achtung
H. Friedlaender

Das seitens des Herrn H. Friedlaender erwähnte Unternehmen Ullmann, stammte ebenfalls aus Nürnberg. Bereits 1839 war der für sie seinerzeit tätige Handlungsreisende Adolph Rosenthal anlässlich des Hopfenmarktes in der Stadt Neutomischel anwesend gewesen. Es findet sich hierin bestätigt, dass „Neutomischler Hopfen“ über lange Jahre durch Nürnberger Unternehmen angekauft wurden.

In der Veröffentlichung des Jos. Jac. Flatau „Nachrichten über den Hopfen von Neu Tomysl“ aus dem Jahr 1873 finden sich die Hopfenhändler J. und H. Friedlaender unter der Rubrik „bedeutendste Hopfenhändler“ der Stadt.

Ansässig waren in Neu Tomysl in jenen Jahren Hirsch und Israel Friedlaender. Leider haben wir über sie und ihre Familien nur wenige Details in Erfahrung bringen können.

Israel Friedlaenders Name findet sich erstmalig im Jahr 1864 erwähnt. In diesem Jahr wurde unter seinem Namen auf dem Anwesen No. 40, welches sich im Besitz des Färbermeister Krönert befand, ein Speicher errichtet.

Das Gebäude war 50 Fuß lang und 38 Fuß breit (ca. 15,2×11,6 m). In der 1sten Etage 10, in der 2ten und in der 3ten je 8,5 Fuß hoch, worauf dann noch der Trempel mit einer Höhe von 4 Fuß aufgesetzt war (ca. 3+2,5+2,5+1,2m = ca. 9,2m Gesamthöhe). Es stand mit der Hinterfront längs des Landgrabens und grenzte mit dem südlichen Giebel an das Färbereigebäude No. 41 des Krönert. Über eine Auffahrt wurden Lagerräume und 1 Pferdestall erreicht. Desweiteren befanden sich im Speicher 1 sogenannte Schwefeldarre und 3 Böden.

Das alte auf dem Areal des Anwesen No. 40 stehende Wohnhaus, es war etwa 1805 erbaut worden, wurde ca. 1868 gründlich renoviert. Zu wann es von Krönert in die Hände des Israel Friedlaender überging ist nicht bekannt, mit dem Jahr 1875 findet sich letzterer jedoch als Besitzer.

Hirsch Friedlaender wurde erstmalig in Verbindung mit dem Haus No. 50 in Neu Tomysl erwähnt. Er wurde der Nachbesitzer des um 1824 errichteten Hauses des Carl Lemberg am damaligen Neuen Markt. In den Jahren 1868 und 1869 führte er an diesem „vollständige“ Reparaturarbeiten durch.

Eine letzte Erwähnung fand sich mit dem Geburtseintrag des Hugo Friedländer im Dezember 1876 als Sohn von Israel und seiner Frau Johanna geborene Levy.

Eine Vermutung ist, dass beide Friedländer Familien um 1878 Neutomischel verließen. Basieren tut diese Annahme darauf, dass in Archivunterlagen zu finden ist, dass im November 1877 Carl August Weinert und Maria Ida Fenske heirateten, sie waren die späteren Besitzer des Anwesens No. 50; desgleichen zog um 1877/1878 die Familie Friedrich und Amalie Dorothea (geb. Kahl) Bräutigam über Berlin in die Stadt, diese findet sich dann in Dokumenten jener Zeit als Besitzer des Anwesens No. 40.

Neu Tomysl - Stadtplan 1836, erstellt nach den “Akta miasta Nowy Tomyśl“ [Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2)

Neu Tomysl – Stadtplan 1836, erstellt nach den “Akta miasta Nowy Tomyśl“ [Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2)

* * *

Allgemein wurde über den Hopfenanbau im Februar 1872 unter der Überschrift: „Der Hopfenbau Preußens.“ wie folgt berichtet:

„Im preußischen Staate ist der Hopfenbau von jeher in vielen Gegenden betrieben worden, ohne daß er indeß bisher einen sehr bedeutenden Umfang erreicht hätte, und er steht noch jetzt in keinem Verhältniß zu der Größe des Landes und dem starken Verbrauch.

In früherer Zeit waren die Hauptsitze der Hopfenkultur die Provinzen Sachsen und Brandenburg; letztere hat indeß in neuerer Zeit an Bedeutung verloren und man findet da, wo der Hopfenbau noch betrieben wird, nur schwache Ueberreste einst großer Anlagen, die theilweise durch Friedrich den Großen ins Leben gerufen waren. Dagegen ist seit Ende der dreißiger Jahre die Provinz Posen für den Hopfenbau von größerer Bedeutung geworden und wir wollen, indem wir den gegenwärtigen Zustand und die Ausbreitung dieser Kultur in Preußen einer kurzen Betrachtung unterziehen, zunächst mit dieser Provinz beginnen.

In der Provinz Posen hatte sich bereits im Jahre 1692 unter der Herrschaft der Krone Polen der Anbau des Hopfens eingebürgert, indeß nie zu einer besonderen Ausdehnung gelangen können. Bis zum Jahr 1837 überstieg der durchschnittliche Hopfenertrag nicht 500 Ctr. zum Preis von ca. 9 Thlr.

Dieser Stand der Dinge änderte sich indeß bald, als seit 1837 mit einsichtsvoller Energie durch den Kaufmann Jakob Flatau der Versuch gemacht wurde, im Buker Kreise des Großherzogthums Posen, in der Umgegend von Neutomysl den Hopfenbau nicht allein zu verbessern und von seinen bisherigen Mängel n zu befreien, sondern auch extensiv zu erweitern und in Schwung zu bringen.

Dies ist denn auch in jeder Beziehung gelungen und ist die Ausdehnung der Kultur im Kreise Buk allein eine so bedeutende gewesen, daß dort in neuerer Zeit jährlich 20.000 Ctr, auf 4.000 Morgen gewonnen werden. Nach den darüber vorliegenden statistischen Notizen umfaßte der Posener Hopfenbau 8 Distrikte mit 133.781 Schock (*) Hopfenstöcken, nämlich:

  • 1) im Kreis Buk:
    Neutomischel mit 19 verschiedenen Orten und 68.807 Schock
    Grätz mit 22 Orten und 7.336 Schock
    Neutstadt mit 24 Orten und 5.076 Schock
    Buk mit 9 Ortschaften und 3.954 Schock
  • 2) im Kreise Meseritz:
    Bentschen mit 22 Orten und 20.802 Schock
    Tirschtiegel mit 21 Orten und 6.120 Schock
  • 3) im Kreis Bomst:
    Hammer mit 13 Orten und 12.125 Schock
    Rakwitz mit 21 Orten und 9.561 Schock

Zu den Orten, welche sich durch den Umfang ihres Hopfenbaues besonders auszeichnen, gehören im

  • Kreise Buk namentlich: Paprotsch, Glinau, Scherlanke, Wognowice
  • Kreise Meseritz: Neu-Jastrzembsky, Grubske, Alt-Jastrzembsky
  • Kreise Bomst: Neu-Boruy, Hauland Wioske, Alt-Boruy und Scharke.

So hat diese Gegend bewiesen, daß auch Norddeutschland und die Ebene in geeigneten Lagen und bei sorgsamer Kultur einen guten Hopfen erzeugen kann. In jüngster Zeit soll übrigens der Posener Hopfenbau theils in Folge nachtheiliger Witterungsverhältnisse, theils durch Erschöpfung des seit einer Reihe von Jahren nur mit Hopfen bebaut gewesenen Bodens, einen nicht unbedeutenden Rückschlage erlitten haben, weshalb auch der Handel, welcher mit demselben bis ins Ausland betrieben wurde, etwas ins Stocken gerathen ist. Der Preis ist in Folge dessen so bedeutend gesunken, daß im Jahre 1870 je nach der Güte des Erzeugnisse nur 5, 6, 10, 14, 15 bis 25 Thlr. pro Ctr. bezahlt worden sind, während böhmischer und bayrischer Hopfen 35, 36, 38 bis 50 Thlr. galt.“ (2)

Am 14. Mai 1872 wurde aus Grätz vermeldet:

„Die Vorräthe der 71er Ernte sind sehr zusammengeschmolzen, die letzten Käufe wurden zu 50 bis 55 Thlr. gemacht. In größeren Quantitäten sind dagegen 70er Hopfen vorhanden, die Preise derselben sind wie die Waare, sehr verschieden und lauten von 8-12 Thlr.“ (3)

* * *

Quellenangaben soweit nicht direkt im Text oder in der Bildbeschreibung genannt:
(*) Schock als Maßeinheit: 60 Stück – (1 Schock = 3 Stiegen = 4 Mandel = 5 Dutzend)
(1) Allgemeine Hopfen-Zeitung – Für Hopfenbau und Hopfenhandel, Brauwesen und Landwirthschaft. – No. 8 – Nürnberg, Donnerstag, den 18. Januar 1872
(2) Allgemeine Hopfen-Zeitung – Für Hopfenbau und Hopfenhandel, Brauwesen und Landwirthschaft. – No. 23 – Nürnberg, Donnerstag, den 22. Februar 1872
(3) Allgemeine Hopfen-Zeitung – Für Hopfenbau und Hopfenhandel, Brauwesen und Landwirthschaft. – No. 57 – Nürnberg, Donnerstag, den 16. Mai 1872
Bauliche Beschreibungen mit Ihren Besitzern: Stadtakten von Nowy Tomyśl „Beschreibung sämtlicher Gebäude in der Stadt Neutomischel“ Quelle: Staatsarchiv Poznań http: //szukajwarchiwach.pl/53/4385/0/1.1/2