Die Spende zum Turmbau der Kirche in Boruy – 1896

Die Brauerei E. Haase in Breslau - Quelle (2)

Die Brauerei E. Haase in Breslau – Quelle (2)

Der Turmbau der Kirche zu Boruy, so wurde es der Kirchenchronik entnommen , wurde realisiert durch eine Schenkung in den Jahren 1896-1898 in Höhe von 12.000 Mark seitens des Brauereibesitzers George Haase aus Breslau. Dieser erfüllte mit dieser Schenkung einen Wunsch seines Vaters.

Dieser Wunsch wurde, so ist es in der Festurkunde  anlässlich der Grundsteinlegung am 22. Mai 1900 festgehalten worden, damit erklärt, dass dem Vater (Eduard) Kirchplatz und Umgegend  stets gefallen hat.“

Im Artikel  Ein Kirchplatz für deutsche Siedler ist eine dazu abweichende Information zu finden, die Aussage darin ist:  „Der Bau erfolgte mit Hilfe einer Spende des kinderlosen Brauereibesitzers Georg Haase aus Breslau, die erst 1898 genehmigt wurde und 9500 M betrug.“

Im Kreis-Blatt Neutomischel vom 28.12.1900 wiederum wurde die Kirche am 1. Juni 1771 eingeweiht, welches abweichend von den Chronikdaten, die den Bau in die Jahre 1776/1777 datierten, ist. Desweiteren heißt es in der Berichterstattung zur Turmeinweihung, dass „Herr Haase, der Besitzer der bekannten Brauerei in Breslau, der Kirchgemeinde Kirchplatz, woselbst er öfter und gern geweilt, zum Baue eines Kirchthurmes 10.000 Mark geschenkt hatte.“

Wir sind diesen Aussagen einmal nachgegangen  …

  • zu der Höhe der Spende kann nur gesagt werden, dass sie für damalige Zeit beträchtlich gewesen sein muss, es war nicht zu finden ob sie 9.500, 10.000 oder sogar 12.000 Mark betragen hatte
  • Eduard Haase, Brauereibesitzer in Breslau (ca. 1832-1896 – oo mit Dorothea geb. Preuß) und Vater von George Haase war der Urheber dieser Schenkung
    • George Haase, Brauereibesitzer und späterer Kommerzienrath (1859-1931 – oo mit Helene geb. Schlick) zu Breslau als sein Sohn, erfüllte diesen Wunsch nach dessen Tod; unter Umständen war die Schenkung sogar eine testamentarische Verfügung, der Vater verstarb im Jahr 1896
      • In den Jahren 1911 traten Dr. Eduard und 1912 Herbert Haase in die Verwaltung des Unternehmens ein, beide wurden im Jahr 1913 stille Teilhaber der Haase-Brauerei. Sie waren die Enkel von erstgenanntem und Söhne von letzterem.
  • (Eduard) Haase Kirchplatz und Umgegend stets gefallen hat.Diese Aussage lässt die unterschiedlichsten Interpretationsmöglichkeiten zu. Folgende Punkte können hierzu aufgelistet werden:
    • Eduard Haase hatte seine Brauerei im Jahr 1858 in Breslau gekauft.
    • In dieser Zeit um 1858 erlebte auch die Gegend um Neutomischel ihren Höhepunkt im Hopfenanbau. Die unter und mit J.J. Flatau eingeführten Veredelungsmethoden der Fechser, die Verbesserungen in der Düngung der Böden der Hopfenplantagen und vor Allem die weltweite Vermarktung  hatte der Gegend Ansehen gebracht und den „Hopfenbauern“ zu Wohlstand verholfen. Der Neutomischler Hopfen gewann in jenen Jahren zahlreiche Auszeichnungen.   
    • In den vielen Beiträgen über den Hopfenanbau sind nur wenige Informationen über die in dem Wirtschaftskreislauf involvierten Endabnehmer, die Brauereien, zu finden, meist ist nur geschrieben, dass „Hopfenhändler“ den An- und Verkauf  tätigten.
      • Eine Erklärung für den Aufenthalt der Brauereibesitzer Haase wäre, dass sie in bzw. von Boruy aus, ihre Ankäufe für den von ihnen benötigten Hopfen tätigten, dieses direkt ohne Einschaltung Dritter. Unterstützt wird diese Annahme durch das in Berlin im Jahr 1930 seitens der Gesellschaft für die Geschichte und Bibliographie des Brauwesen E.V. veröffentlichte Buch mit dem Titel „Beiträge zur Entwicklung des Braugewerbes in den städtischen Gemeinwesen – Teil 2. Das Brauwesen der Stadt Breslau“.
        • Auf Seite 293 dieser Veröffentlichung findet sich: „An Hopfen bezog die Brauerei bis zum (I.) Weltkriege auch größere Mengen aus der Neutomischeler Gegend im Posenschen, besonders den aus Borui-Kirchplatz(*), zu dessen Veredelung Eduard und George Haase wesentlich beigetragen haben. Ebenso wurde die Verwendung von Saazer Fechser in Erwägung gezogen. Die Abtretung des für den Hopfenmarkt so wichtigen Gebietes in Neutomischel an Polen hat diese Hoffnungen zerstört …“
        • ((*) im Original Text wurde Borni-Kirchplatz geschrieben)

Abschließend kann man sagen, dass ein Grund für die Anwesenheit der Brauereibesitzer Haase in Boruy der „Hopfen“ war. Welchen Umfang aber die Geschäfte mit diesem tatsächlich gehabt haben und ob daraus die Finanzierung des Kirchturmes zu realisieren gewesen war, ist nicht bekannt.

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  • Quellen:
  • (1) Kirchenchronik der evangelischen Kirche zu Hammer Boruy – mit der Erlaubnis des Probstes von Boruja Kościelna – Krystjan Grabijas – Parochie des St. Wojciech (Heiliger Adalbert)
  • (2) „Beiträge zur Entwicklung des Braugewerbes in den städtischen Gemeinwesen – Teil 2. Das Brauwesen der Stadt Breslau“.  – Biblioteka Cyfrowa Uniwersytetu Wrocławskiego  
  • (3) Kreis-Blatt für den Kreis Neutomischel vom 28.12.1900 – Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa Poznan (http://www.wbc.poznan.pl/dlibra)